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Full text of "Centralblatt Für Bakteriologie, Parasitenkunde Und Infektionskrankheiten. 1. Abt. ORIGINALE. Band 34.1903"

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Centralblatt fur Bakteriologie, 
Parasitenkunde und ... 


THE LIBRARY 
OF 

THE UNIVERSITY 
OF CALIFORNIA 
DAVIS 


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CENTRALBLATT 


far 

Bakteriologie, Parasitenkunde und Mektionskrankheiten. 


Erste Abtellang. XXXIV. Band. 


Originale. 


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Googl 


CENTRALBLATT 

far 

Bakteriologie, Paras it e n ku n d e 

ini lifektioiskraikkeitei. 


In Verbindnng mit 

Geh. Med.-Bat Professor Dr. Loeffler 

in Greifswald, 

Professor Dr. R. Pfeiffer 

in Kdnigsberg 
and 

Staatsrat Professor Dr. M. Braun 

in Kdnigsberg 

herausgegehen von 

Prof. Dr. Oscar Ulilworm in Berlin. 

Erste Abtellung. XXXIV. Band. 

Medizmiscb-liyeieiiisGlie Batteriologje null tierisclie PaMeiMe. 

Original©. 

Mit 81 Tafeln and 59 Abbildangen im Text©. 


—C—--O- 

Jena, 

Verlag von Gustav Fischer. 
1903 

LWivsRsrrY of California, 

LIBRARY 

DAvtf' 9 ' tized by Google 



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Cntralbl. f. Ball etc. I. ttt Origiaale. H. XXXIV. Ni. I. 


Nachdruck verboten. 

Beitrage zur Differentialdiagnostik einiger pathogener 

Bakterienarten. 

[Aus dem Laboratorium von Prof. Dr. S. Winogradsky im Kaiserl. 

Institute fdr experimentelle Medizin in St Petersburg.] 

Von W. Omellanskl. 

In der vorliegenden-Notiz beabsichtigen wir, die Aufmerksamkeit 
auf einen neuen Nahrboden zu lenken, der ein gutes diagnostisches 
Hilfsmittel zur Unterscheidung vieler nahe verwandter Bakterienarten 
abgibt. Die Bedeutung derartiger Untersuchungen, zumal wenn die- 
selben klinisch wichtige Mikroben betreffen, ist eine so augenscheinliche, 
daB es wohl unnfltz sein diirfte, hierflber viel Worte zu verlieren. 

Mit der Frage von der Zersetzung der Ameisensfiure durch Mikroben 
beschfiftigt *), haben wir zu speziellen Zwecken vielfach einen Nahrboden 
angewandt, welcher aus gewdhnlicher Fleischbrtihe, versetzt mit 0,5 bis 
1 Proz. ameisensaurem Natron und Phenolphthalein, bestand und durch 
Agar (2 Proz.) gelatiniert wurde. 

Schon frQher sind Versuche gemacht worden, das Phenolphthalein 
zu diagnostischen Zwecken zu verwerten, doch ist es erst in letzter Zeit 
Zielleczky 2 ) gelungen, befriedigende Resultate zu erzielen. Den Urn- 
stand benutzend, dafi die Bakterien in verschiedenem Grade befahigt 
sind, eine Saureentwickelung hervorzurufen, zQchtete Zielleczky diverse 
Bakterienarten auf alkalischen Nahrbdden, welche mit Phenolphthalein 
versetzt und mithin gefarbt waren. Wahrend des Wachstums einiger 
Bakterien wurde ein schnelles Schwinden dieser Ffirbung durch Saurung 
des Nahrbodens wahrgenommen. So trat bei parallelen Kulturen von 
B. coli und B. typhi in der ersteren schon nach 5—8 Stunden eine 
Abnahme der Farbung, nach 24 Stunden aber ganzliche Entfarbung auf, 
wahrend die Kultur des Typhusbacillus in den ersten 8 Stunden ihre 
Farbe ilberhaupt nicht verfinderte und nach 24 Stunden nur eine geringe 
Abnahme der Farbung zeigte (geringer als die Kultur des.B. coli nach 
8 Stunden). Liefi man die Kulturen weiter im Brutschranke stehen, so 
begannen die des B. coli nach 3 Tagen wieder rot zu werden, wahrend 
der Typhusbacillus dieselbe Erscheinung erst einen Tag spater erkennen 
liefi. 

Wie gleich gezeigt werden soli, haben wir das Phenolphthalein in 
entgegengesetztem Sinne angewandt, d. h. bei uns bestand das positive 
Resultat im Auftreten der alkalischen Reaktion, also in der Farbung 
des Nahrbodens, was viel deutlicher und schfirfer wahrnehmbar ist als 
die Entfarbung des Nahrbodens, wie sie bei Zielleczky stattfand. 

Das Phenolphthalein setzten wir unserem Nahrboden gemafi den 
Angaben Zielleczkys zu. Die Stamml5sung des Phenolphthalelns 
wurde durch Losen von 0,5 g dieser Substanz in 100 ccm eines Ge- 

1) Eine ausfuhrliche Mitteilung fiber diese Frage soli in nicht ferner Zeit ver- 
offentlicht werden. 

2) Zielleczky, R., Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXII. p. 752. 

Erete Abt. Orig. Bd. XXXIV. 1 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 1. 


menges gleicher Teile von Alkohol und Wasser hergestellt. Diese 
LOsung wurde vor der Anwendung mit dem 20-fachen Volumen Wasser 
verdOnnt und dann in einer Quantitat von 1 ccm auf 5 ccm Agar resp. 
0,7 ccm auf 5 ccm Bouillon zugesetzt. 

Die Bouillon war lackmusneutral bereitet, so daB sie ihre urspriing- 
liche Farbe durch den Zusatz von Phenolphthalein nicht anderte. 

Die Zersetzung der Ameisensaure durch die Mikroben fiihrt zur 
Entwickelung von Wasserstoif und Kohlensaure. Wurden ameisensaure 
Alkalisalze der Zersetzung unterworfen, so bleibt ein Teil der aus- 
geschiedenen Kohlensaure an das Alkali gebunden. Es haufen sich auf 
diese Weise im Nahrboden losliche Karbonate an, und mit fortschreiten- 
dem Wachstum der Bakterien wird derselbe mehr und mehr alkalisch, 
was sich durch das Auftreten einer Rosafarbung durch Phenolphthalein 
kenntlich macht 

Der hierbei beobachtete Farbenwechsel erfolgte in unserem Falle, 
wo wir ameisensaures Natron durch den von uns isolierten Mikro- 
organismus zersetzten, so schnell und der Uebergang von der normalen 
Farbe der Bouillon zur hochroten Phenolphthaleinfarbung trat so scharf 
hervor, daB wir auf den Gedanken kamen, diesen Nahrboden dazu zu 
verwenden, um verschiedene Mikroben durch ihr ungleiches Verhalten 
zur Ameisensaure zu charakterisieren. 

Hinsichtlich des letzteren Punktes besitzen wir bereits ziemlich 
ausfuhrliche Kenntnisse, welche wir hauptsachlich den sorgfaitigen 
Untersuchungen Maassens 1 ) verdanken. Dieser Forscher ziichtete 
verschiedene Mikroben in 1-proz. Peptonlosung unter Zusatz der nbtigen 
Mineralsalze sowie Vio normaler LOsungen von Salzen verschiedener 
Sauren, unter anderem auch von ameisensaurem Natron. Doch konnen 
die SchluBfolgerungen, die der genannte Forscher betreffs des ungleichen 
Verhaltens verschiedener Bakterien gegen Ameisensaure formuliert hat, 
naturlich nur mit gewissen Einschrankungen acceptiert werden, da es 
wohl mbglich ist, daB bei anderer Beschaifenheit des Nahrbodens, anderer 
Temperatur u. dgl. ein anderes Verhalten der Bakterien gegen Ameisen¬ 
saure zu Tage treten wurde. 

Wir haben daher, ungeachtet der iiber diesen Gegenstand bereits 
bekannten Daten, beschlossen, auf unserem Nahrboden das Wachstum 
einiger Gruppen nahe verwandter Mikroben zu priifen, und zu diesen 
Versuchen diejenigen unter denselben gewahlt, deren Differentialdiagnostik 
ein klinisches Interesse bietet. 

Als Priifstein der Methode wahlten wir die Unterscheidung von 
Bac. typhi abdominalis und Bact. coli commune, und nahmen 
von jeder dieser beiden Arten je 2 Kulturen verschiedener Provenienz 
in Arbeit. Da in beiden Versuchsreihen die namlichen Resultate er- 
halten wurden, wollen wir dieselben gleichzeitig beschreiben. In diesen, 
wie auch in alien iibrigen Fallen wurde die Impfung auf schrager Agar- 
flache in Reagenzgiasern vorgenommen, und zwar so, daB die Platinose 
mit der ihr anhaftenden Kultur nicht nur die ganze Oberflache des 
schrag erstarrten Agars, sondern auch das Kondensationswasser infizierte, 
was, wie wir sehen werden, fiir die Charakteristik der Mikroben von 
Bedeutung ist. Unser Nahrboden erwies sich als gunstiger fiir das 
B. coli, welches auf demselben Qberaus uppig emporwuchs, und weniger 
giinstig fiir den B. typhi, dessen Wachstum etwas schwacher ausfiel 


1) Maas sen, A., Arb. aus dem KaiserL Gesundheitsamte. Bd. XII. 1896. p. 340. 


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Omelianski, Beitrfige zur Differentialdiagnostik einiger pathogener Bakterienarten. 3 


als auf dem flblichen Agar. Die ersten Anzeichen der eingetretenen Zer- 
setzung der Ameisens&ure machen sich beim B. coli meist schon nach 
3—4-stflndigem Stehen im Thermostaten bei 37° bemerkbar und SuBern 
sich in einer G&rung der Eondensflflssigkeit. Iu diesem Moment ist noch 
keine FSrbung des N&hrbodens vorhanden, dieselbe erscheint erst nach 
5—8 Stunden. Die ersten Spuren der F&rbung werden gewdhnlich im 
oberen Teile des Gl&schens, wo die Agarschicht am diinnsten ist, wahr- 
genommen, sodann breitet sich dieselbe allm&hlich nach unten hin aus, 
indem sie unmittelbar unter dem Impfstriche auftritt, urn nach 2—3 
Tagen die ganze Gallerte dnrchzuf&rben. Am l&ngsten bleibt die ur- 
sprflngliche Farbe des N&hrbodens unten erhalten, insbesondere wenn 
die Abschragung des Agars nicht unmittelbar am Boden beginnt, sondern 
in einiger Entfernnng von demselben. Im letzteren Falle ist der untere 
Teil des Agars h&ufig von Gasblasen zerrissen, welche sich durch G&rung 
der auf den Boden des Glases durchgesickerten Flflssigkeit bilden. Hat 
der N&hrboden einmal seine intensiv rote Farbe angenommen, so be- 
wahrt er dieselbe, solange man die Eultur auch stehen lassen mag. 

Ganz anders verhielt sich der Typhusbacillus. Erstens, konnte nie- 
mals eine G&rung der EondensflQssigkeit beobachtet werden. Dann er- 
schien die RosafSrbung des N&hrbodens zuerst am 2.-3. Tage, bisweilen 
auch sp&ter, und hatte, was besonders wichtig ist, einen ganz anderen 
Charakter als beim Bact. coli, so dafl man die beiden Eulturen 
in keinem der Wachstumsstadien miteinander verwech- 
seln kann. Die unter Einflufi des Typhusbacillus hervorgebrachte 
F&rbung ist n&mlich anfangs eine schwach rosa-gelbliche, welche mit 
zunehmendem Alter der Eultur einen etwas ges&ttigteren ziegel- oder 
fleischroten Ton annimmt. Eine gleichalterige Eultur des Bact. coli 
dagegen, die etwa 10 Tage bei 37° gestanden hat, nimmt einen satt 
roten, etwa dem Safte roter Rflben fihnlichen Ton an. 

Stellen wir nun das Qber Bac. typhi und Bact. coli Gesagte 
zusammen, so konstatieren wir zwischen denselben folgende Unter- 
schiede: 

1. Tag. a) Bac. typhi: SchwScheres Wachstum als beim Bact. 
coli mit Wahrung der ursprUnglichen Farbe des N&hrbodens. Ab- 
wesenheit von G&rung im Eondenswasser. 

b) Bact. coli: Ueppiges Wachstum, welches dem Wachstum auf 
gewdhnlichem Agar nicht nachsteht. Deutliche Rosaf&rbung des N&hr¬ 
bodens. G&rung des Eondenswassers. 

Folgende Tage. a) Bac. typhi: Allm&hlich, am 2.—3. Tage 
erscheinende und sehr langsam zunehmende ziegelrote F&rbung des 
Agars. G&rung tritt nicht ein. 

b) Bact. coli: Schnelle Rotf&rbung des Nahrbodens in 2—3 Tagen 
bis zu ges&ttigter roter Farbe. StQrmische G&rung im Eondenswasser, 
wobei das untere Ende der Agarmasse von den Gasbl&schen zerrissen 
wird. Die G&rung steht erst still, wenn aller Agar durch und durch 
rot gef&rbt ist 

Die von uns beschriebene Methode unterscheidet sich vorteilhaft 
von der Methode Zielleczkys darin, dafl 1) der Farbenwechsel von 
Gelb zu Rot unvergleichlich deutlicher ist als der umgekehrte, dafi wir 
2) bier ein neues Merkmal in der G&rung des Eondenswassers haben, 
und dafl 3) der Farbenton, den die Typhuskultur annimmt, sich von 
demjenigen deutlich unterscheidet, der fflr das Bact coli charakte- 
ristisch ist 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 1. 


Es ist bemerkenswert, daB bei Zielleczky die Entffirbung des 
Agars bedeutend sp&ter vor sich ging als die Entf&rbung der Bouillon. 
In unserem Falle wurde gerade das Gegenteil beobachtet. Doch kommt 
in Bouillonkultur ein anderes Merkmal zu Hilfe, welches ebenso leicht 
die beiden Mikroorganismen zu unterscheiden gestattet: das ist die reich- 
liche Gasentwickelung in den Kulturen des Bact. coli, die bereits 
3—4 Stunden nach der Impfung beginnt 1 2 ). In Bouillonkulturen des Bac. 
typhi gelang es uns nicht, Gasbildung zu konstatieren. Der Unter- 
schied tritt besonders scbarf hervor, wenn man die Kulturen schfittelt 
Die Typhuskultur sch&umt hierbei nicht, die Kultur des Bact. coli 
dagegen bedeckt sich mit einer dicken Schaumschicht. Die Proben 
lassen sich besser in Reagenzgl&sern mit hoher Bouillonschicht anstellen. 

Setzten wir statt Phenolphtalel'n Methylenblauldsung (1 : 100), 
5 Tropfen zu 500 ccm Agar, so gewahrten wir in den Kulturen des Bact 
coli eine fast vollst&ndige Entf&rbung nach Ablauf von 6—7 Stunden 
(bei 37°), w&hrend die Typhuskulturen zu dieser Zeit ihre Farbe noch 
bewahren (bisweilen wird dieselbe etwas blasser). Auch in diesem Falle 
empfiehlt es sich, die Kulturen durchzuschiitteln. In der Typhuskultur 
wird dadurch die Farbe, welche eben beginnt, zu erblassen, wieder her- 
gestellt, wahrend das SchQtteln die Kulturen des Bact. coli, die mit 
Gasen gesattigt sind, nur wenig beeinfluBt. 

Gute Resultate haben wir auch mit Indigokarmin erhalten: eine 
2-proz. L5sung des Farbstoffes wurde gesondert sterilisiert und 0,1 ccm 
davon zu 10 ccm flflssigem, aber nicht mehr heifiem Agar zugesetzt 
Der Umschlag von Blau ins Gelb ist mit Bact. coli bereits nach 15 
bis 20 Stunden bemerkbar. Auf Bouillon tritt die Entf&rbung viel sp&ter 
ein. Bac. typhi zeigt dieselbe Erschbinung erst am 3.-4. Tage der 
Kultur. 

Vollkommen analog dem Bact. coli verhalt sich Bac. Neapoli- 
tanus Emmerichs, welcher als eine der Abarten des Bact. coli 
angesehen wird. Es wiederholen sich nicht nur dieselben Erscheinungen 
(Rotf&rbung des Nahrbodens, G&rung etc.), sondern es geschieht auch in 
derselben Frist. 

Ferner verglichen wir das Verhalten von Bac. diphtheriae und 
von Bac. pseudodiphthericus auf demselben N&hrboden. Auch 
hier arbeiteten wir mit je 2 Kulturen verschiedener Provenienz. Der 
Bac. diphtheriae w&chst zwar deutlich auf diesem N&hrboden, doch 
ist seine Entwickelung im ganzen eine schwache und die F&rbung bleibt 
aus. Dagegen w&chst der Bac. pseudodiphthericus auBerordent- 
lich ttppig, als dicker Belag von gelblicher Farbe, und ruft am 2.—3. Tage 
eine F&rbung hervor, die allerdings nicht so intensiv ist, wie beim 
Bact. coli. Eine G&rung des Kondenswassers wird hier nicht be¬ 
obachtet 

Bei vergleichender Priifung von Diphtherie- und Pseudodiphtherie- 
kulturen empfiehlt es sich, weniger Natr. form, zuzusetzen, n&mlich 
0,5 Proz. oder sogar noch weniger. In der Pseudodiphtheriekultur tritt 
dann die FSrbung friiher auf (vor Ablauf von 24 Stunden) als in N&hr- 
bOden mit 1 Proz. Natr. form., dabei aber wird auch das Wachstum der 

1) Das Gas, welches Kulturen des Bact. coli in Bouillon mit Zusatz yon 
ameisensaurem Natron entwickeln, besteht aus Wasserstoff und Kohlensaure. Bei an- 
aerober Garunc setzte sich das Gas zweier Portionen folgendermaflen zusammen: 

H 2 C0 2 

1) 76,9 Proz. 23,1 Proz. 

2) 78,3 „ 21,7 * 


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Omelianski, Beitr&ge zur Differentialdiagnostik einiger pathogener Bakterienarten. 5 


Diphtheriekultur bedeutend erleichtert, ohne daB dieselbe sich dadurch 
fSxbt. AuBerdem scbadet es nicht, wenn man dabei auch das Neutrali- 
sieren der Bouillon viel genauer, namlich mit Phenolphthalein als In- 
dikator ausfUhrt. Dagegen ist eine solche Neutralisation bei Versuchen 
mit Bac. typhi und Bact. coli gar nicht vorteilhaft, da in diesem 
Falle bald nach dem Bact. coli auch die Typhuskultur sich, wenn auch 
schwacher, zu farben beginnt. Der Diphtheriebacillus hat namlich auf 
Ameisensaure gar keine Wirkung, der Typhusbacillus dagegen eine 
schwache, aber deutliche, und so erklart es sich, daft eine ganz scharfe 
Einstellung der Nahrldsung auf Phenolphtale'in im ersten Falle nichts 
schaden kann, im zweiten aber (Typhusbacillus versus Coli comm.) 
die Differenzen eher an Scharfe einbafien. Diese Beobachtung stimmte 
vollkommen mit den diesbezuglichen Daten von M a a s s e n flberein. So 
gibt er an: 

Bac. typhi abdominalis: Deutlicher Ameisensaureverbrauch. 

Bact coli commune: Ziemlich starker Ameisensaureverbrauch. 

Bact diphtheriae hominum: Eein Ameisensaureverbrauch. 

Der Bac. pseudodiphthericus ist von Maassen nicht unter- 
sucht worden. Nach unseren Versuchen zu urteilen, miiBte man in 
seiner Rubrik vermerken: „Deutlicher Ameisensaureverbrauch 14 . 

Dank der freundlichen Mitwirkung von Prof. Dr. D. Zabolotny 
wurde es uns ermdglicht, auch das Wachstum des Bac. pestis ver- 
schiedener Provenienz auf unserem Nahrboden zu erproben. Zu diesen 
Versuchen wurden verwandt: 

a) Pestbacillen verschiedener Provenienz, isoliert aus Menschen bei 
den Epidemieen in Mongolei, Wladimirowka, Batum, Odessa, Glasgow, 
Bombay und Rosario. 

b) Ein Pestbacillus, der aus Rattenleichen in Odessa isoliert 
worden war. 

c) Ein Pestbacillus, welcher ebenfalls aus Ratten in Kapstadt er- 
halten worden war (Bac. Edingtoni). 

Parallel wurde verwandt: 

d) Bac. pseudotuberculosis rodentium (Pfeiffer), welcher 
dem Pestbacillus nahe steht und leicht mit demselben verwechselt werden 
kann, da er unter den Nagetieren eine pestahnliche Erkrankung hervorruft. 

Alle die erwahnten Pestbacillen ohne Ausnahme entwickeln sich 
auf unserem Agar schw&cher als auf gewohnlichem, und rufen keine 
Ffirbung hervor. Bac. pseudotuberculosis rodentium dagegen 
f&rbt den Nahrboden rot. 

Weiter haben wir dasselbe Substrat (mit 0,5-proz. Natr. form.) zur 
Diagnose einiger Bacillen der Anthraxgruppe angewandt. Wir nahmen 
B. anthracis, B. anthracoides, einen Anthrax-ahnlichen, aus Mist 
von uns isolierten Bacillus und B. subtilis. 

B. anthracis w&chst schwach und ruft keine Spur von Farbung 
hervor. 

B. anthracoides entwickelt sich dagegen sehr flppig und farbt 
nach 30 — 40 Stunden den NShrboden rosa, nicht rein, sondern mit 
einem braunlichen Ton. 

B. subtilis endlich und der Anthrax-ahnliche Bacillus aus Mist 
wachsen mafiig gut, wobei auch eine schwache Rosafarbung des Bodens 
eintritt, aber viel spater als mit B. anthracoides, namlich am 4—5.Tage. 

Der Choleravibrio und die ihm nahe stehenden Arten verhielten 
sich samtlich gegcn unseren Nahrboden negativ, was ja auch nach den 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV - No. 1. 


Daten von Maassen vorauszusetzen war. Wenn auch einige unter 
denselben, wie z. B. Vibrio Finkler-Priori, deutliches Wachstnm 
zeigen, so rufen sie doch keine F&rbung hervor. Wir haben gepruft: 
Vibrio cholerae asiaticae, V. Milleri, V. Finkler-Priori 
and V. Metschnikovi. 

Ebenso negative Resultate haben wir auf unserem NShrboden (0,5- 
proz. Natr. form.) mit einigen sSurefesten Bakterien erhalten: 1) B. tu¬ 
berculosis, 2) B. von L. Rabinowitsch, 3) B. Mdlleri, 4) einem 
aus verschiedenem Unkraut im Jurjewer Veterinftr - Institut isolierten 
Bacillus, 5) einem auf Timotheusgras in Jurjew und der Erim gefundenen 
Bacillus. Der Boden erwies sich als ftir diese Arten vollst&ndig un- 
tauglich, obgleich wir ihn in einigen Versuchsreihen auch mit Zusatz 
von 7 Proz. Glycerin anwandten. 

Zum Schlusse erwahnen wir, daC man, urn dasselbe Prinzip der 
Begilnstigung der alkalischen Reaktion zu differentialdiagnostischen 
Zwecken anzuwenden, auch andere FettsSuren statt Ameisens&ure be- 
nutzen kOnnte. Wir gebrauchten auch 1-proz. Natr. acet. mit Phenol- 
phthale'in bei Versuchen mit 1) B. typhi abd. und B. coli, 2) B. 
diphth. und B. pseudodiphth. Es ging dabei ahnlich wie mit 
Natr. form., nur war die F&rbung der B. coli- und B. pseudodiphth.- 
Kulturen 1) nicht so intensiv, 2) trat dieselbe etwas spater ein und 
3) war keine Garung des Kondenswassers in C o 1 i - Kulturen bemerkbar. 


Nachdruck vcrboten. 

Tuberkulosestudien. 

Von Dr. A. KOppen in Norden. 

I. Hethode fur die AgglatlnationsprKftuig der Tb 1 ). 

Bei dem zuerst an eigenbeweglichen Bakterien beobachteten Agglu- 
tinationsphanomen waren zwei Phasen zu unterscheiden, das Stadium des 
Unbeweglichwerdens der Bakterien und dasjenige der Verklebung (Ver- 
klumpung) jener. Als die Agglutinationsprflfung auch auf Bakterien 
ohne Eigenbewegung ausgedehnt wurde, liefien sich selbstverstiindlich 
keine zwei Stadien unterscheiden; es konnte lediglich die Verklumpung 
zur Wahrnehmung gelangen. Bei Bakterien, welche, wie die Tb, in 
festen Verbanden wuchsen, mufite dieser Zusammenhang zun&chst ge- 
16st werden, wenn von einem Eintritt der Verklumpung die Rede sein 
sollte. Arloing (Mitt. a. d. Kongr. f. inn. Med. in Montpellier. 1898) 
erreichte dies, indem er tuberkuloses Material nach Passage durch den 
Tierkorper auf Kartoffel und von dort auf Bouillon, welche tAglich ge- 
schflttelt wurde, impfte. So wuchsen die Tb einzeln, hatten aber an 
Virulenz bedeutend eingebtiflt. 

Von deutschen Forschern ist aufier Koch (1) auch Beck und 
Lydia Rabinowitsch (2) die Zuchtung des Arloingschen Stammes 
gelungen; doch haben sie wegen einiger Abweichungen der ihrigen die 
Ursprungskultur des Lyoner Bakteriologen zu ihren Versuchen vor- 
gezogen; ebenso haben sich Bendix (3), Rumpf-Guinard (4). Moel¬ 
ler (5) und Ruitinga (5a) derselben bedient. Moeller gibt aus- 

1) Dieselbe war bereits vor langer als einem Jahre im Prinzip fertig. 


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KOppen, Tuberkulosestadien. 


7 


drUcklich an, daB er die erforderliche GleichmQBigkeit nicht selbst habe 
erzielen konnen. Auch Gebhard und von Torday (6) betonen den 
leichten MiBerfolg des Arloingschen Verfahrens. Neuerdings hat 
Gourmont (7) die Kulturen verdQnnt und formolisiert, wodurch die 
Anwendbarkeit zwar erleichtert, die UmstUndlichkeit der Gewinnung der 
AgglutinationsflQssigkeit aber nicht abgeschafft wird. Das MiBliche ist, 
daB trotz genanester Beachtung der Vorschrift die Kultur nach des Er- 
finders (8) eigenem ZugestQndnis nicht immer gleichmaBig ausfQUt. Dies ist 
nicht verwunderlich, denn das Wachstum des Arloingschen Tuberkel- 
bacillus ist ein so abnormes, daB dieser als ein reines Kunstprodukt an- 
zusehen ist. Die ZQchter nennen ihn mit Recht eine kflnstlich geschaffene 
Varietat des Kochschen Bacillus. Wenn sie dann aber hinzufiigen, 
daB diese ihr Analogon in der Natur finden konne, so fehlt fQr diese 
Vermutung jeder Anhalt. Wenn die NachzQchtung solcher Spielarten 
noch einigermaBen gleichmaBig ausfallt, so ist dies grOBtenteils einem 
gliicklichen Zufall zu verdanken. 

Die berQhrten Uebelstande veranlassten v. Behring und Koch, 
eine andere AgglutinationsflQssigkeit herzustellen. 

v. Behring (9) verwandte abgetotete Tb, welche zerkleinert in 
alkalischem Wasser emulsioniert wnrden. Am zweckm&fiigsten erwies 
sich die Einwirkung von 1 Liter '/*-proz. Natronlauge auf 10 g getrockneter 
und zerkleinerter Tb wahrend 8 Tage bei 37®. Die alkalische Reaktion 
wurde durch Essigsaure abgestumpft. 

In ahnlicher Weise ging Koch (1. c.) vor, der die zu Staub ge- 
mahlenen Tb in der 100-fachen Menge Karbolkochsalzlosung auf- 
schwemmte, 6 Minuten zentrifugierte und dann zum Gebrauch auf das 
10000-fache verdflnnte. 

Beiden Verfahren gemeinsam ist, daB die Tb nicht vereinzelt, son- 
dern zerstUckelt werden. 

Als Mangel beider Verfahren ist die Veranderlichkeit des Agglutina- 
tionstitres zu nennen. Letzterer steigt im Laufe der Zeit in erheblicher 
Weise; nach Romberg (10), dem ich beipflichte, bei der v. Behring- 
schen FlQssigkeit durch Ausfallen der wachsartigen Bestandteile der Tb, 
bei der Kochschen FlQssigkeit vielleicht noch aufierdem zufolge des 
KarbolsQurezusatzes. Diese Unbestandigkeit muB notvendigerweise die 
Beantwortung der Frage, ob eine zu prflfende Substanz nach einiger 
Zeit an agglutinierender Wirkung gewonnen hat Oder nicht, erschweren. 

Ein weiterer Uebelstand der Kochschen FlQssigkeit ist ihre geringe 
Haltbarkeit; die StammflQssigkeit halt sich im Eisschrank nicht langer 
als 14 Tage. Welche Unbequemlichkeit dies mit sich bringt, braucht 
nicht weiter ausgefuhrt zu werden. SchlieBlich ddrfte es wohl auch 
zweifelhaft sein, ob durch das Zentrifugieren immer dieselbe Menge 
fester Substanz eliminiert wird. Wenn dies aber nicht geschieht, kann die 
Zusammensetzung der FlQssigkeit jedesmal nicht gleichmaBig ausfallen. 

Ich komme nnnmehr auf die Anstellung der Probe zu sprechen. 
Wahrend Arloing und v. Behring bezw. Romberg die Kia- 
r u n g der AgglutinationsflQssigkeit als Zeichen der eingetretenen Agglu¬ 
tination ansprechen, nimmt Koch, genotigt durch die geringe Opales- 
zenz seiner Probeflflssigkeit als unterste Grenze das Vorkommen eines 
bei makroskopischer Betrachtung eben noch deutlich erkennbaren schwe- 
benden und gleichmaBig verteilten Niederschlages an. 

Dieser Niederschlag beweist aber noch keine Agglutination! Wenn 
man ein mikroskopisches Praparat von einem Tropfen einer derart be- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 1. 


einfluBten Probeflflssigkeit mit erkennbaren, also nicht zu Staub gemah- 
lenen Tb untersucht, so liegen nur ganz wenige Tb in ganz kleinen 
lockeren H&ufchen zusammen; die weitaus meisten Tb liegen einzeln. 
Von den H&ufchen ist es noch zweifelhaft, ob sie wirklich agglutiniert 
sind oder ob nicht vielmehr die Tb im Praparat zusamraengetrieben 
sind. Man darf wohl annehmen, daB diese makroskopische „grisselige 
Trttbung“, wie ich den Niederschlag nennen mochte, keine Agglutinations-, 
sondern eine Pr&zipitationserscheinung ist. 

Auch durch vergleichsweise Prflfung zeigt es sich, daB grisselige 
Trfibung und Agglutination nicht identisch sein konnen. Ein Blick auf 
die von Rumpf und Guinard veroffentlichte Tafel, welche den gleich- 
zeitigen Ausfall der Agglutinationspriifung nach Arloing und Koch 
darstellt, lehrt, daB, eingerechnet einer leichteren Agglutinierbarkeit der 
Kochschen Flflssigkeit, unmdglich dieselbe Probe vorliegen kann. 

Dieselbe Beobachtung machte Th el lung (11), welcher beide Probe- 
flflssigkeiten auf ihre Agglutinierbarkeit durch das Serum von mit Neu- 
tuberkulin behandelten Meerschweinchen prflfte. Es reagierten auf die 
Lyoner Eultur mehrere Tiere negativ, welche die Kochsche Flflssigkeit 
zum Toil stark agglutinierten. 

Beweisend ffir den positiven Ausfall der Probe ist nur die 
K1 & r u n g. 

Fflr den Verlauf der Agglutination von Wichtigkeit ist die Konzen- 
tration, in welcher die agglutinierbare Substanz vorhanden ist, indem 
je nach dem Verh&ltnis, in dem die zu prflfende Substanz zu der agglu- 
tinierbaren steht, die Bindungsverh&ltnisse sich flndern 1 ). A lie Methoden 
aber arbeiten mit gleichmSBig zusammengesetzter Flflssigkeit, welcher 
die zu prflfende Substanz in wechselnder Menge zugesetzt wird. Da- 
durch kommen grofie Unterschiede in dem Gehalt der Gesamtflflssigkeit 
an agglutinierbarer Substanz zu stande, und es kann auf diese 
Weise vorkommen, daB eine Probe mit weniger Serum die Reaktion 
zeigt, eine solche mit mehr Serum aber nicht. 

Nicht ohne Bedeutung ist, wie auch Romberg ausfflhrt, die Re¬ 
aktion der Flflssigkeit. Da nun das Blut mit dem Stehen immer mehr 
an Alkaleszenz einbfifit, das Serum bereits nach kurzer Zeit sauer rea- 
giert, so muB auch die Agglutinationsflflssigkeit mit steigendem Serum- 
zusatz sauer, zum mindesten in seiner Reaktion ver&ndert werden, da 
die bisherigen Methoden die Aenderung des Alkaleszenzgrades nicht be- 
rflcksichtigen. Denn die ProbeflQssigkeit hat flberall die gleichgradige 
Reaktion. Hierdurch wird die Gleichm&Bigkeit der Probe beeintr&chtigt. 

Die Aufgabe, welche ich mir gestellt hatte, war die: Eine Agglu¬ 
tinationsflflssigkeit herzustellen, welche die Tb vereinzelt enthielt, welche 
leicht und stets gleichmafiig zu bereiten und die nicht nur haltbar, son¬ 
dern auch unverSnderlich und in einer solchen Konzentration brauchbar 
war, dafi sie nach Ablauf der Reaktion eine Kl&rung sicher erkennen 
lieB. Aufierdem sollten bei Anstellung der Probe Unterschiede im Vo- 
lumen und des Alkaleszenzgrades wegfallen bezw. ausgeglichen werden. 

Es war klar, daB als Ausgangsmaterial nur die gewflhnliche Tb-Kultur 
in Betracht kommen konnte. 

Zun&chst hatte ich versucht, durch sorgf&ltiges Verreiben der Tb 
mit purer Kalilauge im Achatmorser und bis 12-stflndiges Kochen die 
Tb zu isolieren. Dies gelang aber erst nach h&ufigem Filtrieren durch 


1) Wegen der Einzelheiten mufi ich auf die einschlagige Literatur verweisen. 


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KOppen, Tuberkulosestudien, 


9 


feinstes Filtrierpapier. Zwar lieB sich die so bereitete Aufschwemmung 
als Agglutinationsflflssigkeit verwerten; es fehlte aber jeder sichere An- 
haltspnnkt, wieviel Tb auf dem Filter zuflckblieben und wie viele 
schliefilich zur Prflfung kamen, da das Anfangsgewicht der Tb wegen 
der erlittenen Ver&nderung dieser dnrch das Kochen nicht in Rechnung 
gestellt werden durfte. 

Tabelle. 


No. 

I 

II 

“3 

Jfl 

v i 

yi| 

VII 

vmj 

IX 

X 

XI 

XTT 

XIII 

XIV 

Serum 

500 

400 1 

300 

250 

20 o! 

T5ol 

100 

75 

50 

25 

20 

15 

10 

5 

AgFl 

AgE 

500 

600 ] 

700 

750 

800 

850 

900 

925 

950 

975 

980 

985 

990 

995 

3 

3,75 

5 

6 

7^ 

10 

15 

20 

30 

60 

75 

100 

150 

300 

Ungefahr. Ver- 
haltnis von 














Serum: AgFl 

i 


* 

i 

i 

i 

4 


A 

A 

A 


rftr 

t4tt 


So konnte die erste Forderung nach der Gleichm&fiigkeit der dar- 
gestellten Probeflflssigkeit auf diese Weise nicht erfiillt werden. 

Diese Versnche batten gezeigt, daft die Lockerung der die Bacillen 
zusammenhaltenden Substanz auf diesem Wege nur unvollkommen er- 
folgte. Dieser Kitt besteht aus einer wachsartigen Masse nnd es mufite 
mflglich sein, dieselbe auf physikalischem oder chemischem Wege zu 
entfernen und dadurch die Tb zu vereinzeln. 

Die Behandlung mit Aether fflhrte zu halbwegs befriedigendem 
Ergebnis. Was aber storte, war der Umstand, dafi die Tb nach ihrer 
Entfettung und Aufschwemmung in Kochsalzldsung jede Emulgierungs- 
fahigkeit vermissen liefien; sie sanken sehr bald zu Boden. Dadurch 
konnten bei mehrstflndigem Stehenlassen der Proben leicht Irrtflmer 
entstehen. 

Deshalb entschloB ich mich fflr die Verseifung. 

Die ganze Glycerinbouillonkultur wird auf ein feines Faltenfilter ge- 
schflttet Nach Ablaufen der Fliissigkeit werden die Tb, von denen man 
wegen ihres engen Zusammenbalts nur einen unmerkbaren Verlust hat, 
einigemal mit physiologischer (0,85 Proz.) Kochsalzlflsung ttbergossen, 
um durch die Entfernung des anbaftenden Glycerins ein vollkommenes 
Trocknen zu ermoglichen. Dies geschieht nach Aufschutten der Tb auf 
eine flache Schale im Brfltofen unter gelegentlichem Umkehren der Tb 
im Laufe eines bis mehrerer Tage, je nach Menge der Tb 1 ). 

Es wird nun von den durchaus trockenen Tb ein Quantum, z. B. 
1 g, abgewogen, mit der 3-fachen Menge (3 ccm) warmer 33 1 /,-proz. 
w&sseriger Kalilauge Obergossen und nach gutem Durchgezogensein, 
wozu mehrere Stunden notig sind, portionsweise im Achatmdrser auf 
das sorgf&ltigste zu einem durchaus gleichm&fiigen Brei verrieben, der 
gar keine Kdrnung mehr zeigen darf. 1 g Tb verreibt man am besten 
in 4 Portionen. Die dem Mflrser und Pistill anhaftenden Reste werden 
mit einem weiteren Kubikzentimeter ‘/s Kalilauge aufgenommen; das 
Ganze wird in einer passenden, gut zugedeckten Abdampfschale fflr 
mehrere Stunden in den Brfltofen gestellt. 

Diese starke Kalilauge, welche das Zellprotoplasma nicht angreift, 
soil w&hrend dieser Zeit die Kittsubstanz gleichm&fiig durchdringen. 


1 ) Bevor man die Tb trocknet, kann man sie, um jeder Gefahr vorzubeugen, in 
der flachen Schale durch 10—15 Minuten lange Einwirkung des stromenden Wasser- 
dampfes abtoten. 


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Centralbl. f. Bajtt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


Danach wird die Schale mit dem Brei auf das kalte Wasserbad ge- 
setzt, in welchem das Wasser im Verlaufe von etwa 15 Minuten zum 
Sieden gebracht wird. W&hrend dieser Zeit wird der Brei unter fleifiigem 
Umrflhren mit dem Glasstabe durch Wasserzusatz auf dickflflssige Eon- 
sistenz gebracht und wShrend der n&chsten 15 Minuten, in denen die 
Verseifung, auch unter fortgesetztem Umrflhren, vor sich gehen soli, 
erhalten, was man dadurch erreicht, dafi das verdampfte Wasser durch 
tropfenweisen Zusatz von Spiritus ersetzt wird. Die fertige Seife wird 
durch allmflhliches Zusetzen von heifiem destillierten Wasser ad 100,0 
geldst 

Natronlauge gibt feste Seifen und eignet sich deshalb nicht so gut 
fflr den vorliegenden Zweck. 

Das fertige Pr&parat nenne ich Agglutinationsstam mflflssig- 
keit. Sie ist von milchigem Aussehen, gibt beim Schfltteln einen 
Schaum und l&Bt dabei die Tb — wie die Colibacillen im Bakterien- 
urin — in Wolkenbildung erkennen. Im fibrigen hat sie ein gleich- 
mflfiiges Aussehen und darf vor allem keine Brflckel enthalten. Die Re- 
aktion ist alkalisch. Sie zeigt, jedenfalls infolge des Seifengehaltes, 
keine Neigung zu faulen Oder zu schimmeln und ist deshalb, da sie 
steril hergestellt werden und unbeschadet ihrer Brauchbarkeit auch 
hinterher nochmals kurz sterilisiert werden kann, unbegrenzt haltbar. 
Deshalb sind antiseptische Zusfltze, welche sie in ihrer Beschaffenheit 
findern kflnnten, flberflttssig; ein Ausfallen der wachsartigen Bestandteile 
der Tb kann ebenfalls nicht mehr statthaben, da das Fett, welches als 
Mantel und Kitt diente, verseift ist Man kann deshalb sagen, dafi fflr 
absehbare Zeit eine Aenderung des Agglutinationswertes nicht eintritt 

Eine Spur dieser Stammflflssigkeit in einen Tropfen Wasser ge¬ 
bracht, in bekannter Weise gefflrbt und mikroskopisch untersucht, zeigt 
die Tb vereinzelt, in ihrer Form unverflndert und gut gef&rbt, wenn 
der S&urealkohol (25-proz. alkoholische Salpetersaure) nicht zu lange ein- 
wirkte. Da man annimmt, dafi die Tb ihre S&ure-Alkoholfestigkeit ihrem 
Fettgehalt verdanken, so ist ihre erhaltene spezifische Farbf&higkeit 
ein Zeichen dafflr, dafi das im Innern der Bacillenleiber enthaltene Fett 
unbeeinflufit geblieben, dafi also nur das Mantel- und Klebefett verseift 
wurde. 

Die gebrauchsfertigen Agglutinationsprobeflttssig- 
keiten werden so hergestellt, dafi je 1 1 / 2 ccm der Stammflflssigkeit ad 
50,0, 60,0, 70,0, 75,0, 80,0, 85,0, 90,0, 92,5, 95,0, 97,5, 98,0, 98,5, 99,0, 
99,5 ccm 0,85-proz. Eochsalzlflsung gebracht wird — AgFl I—XIV. 

In alien GlSsern ist der prozentuarische Kochsalzgehalt derselbe; 
das Volumen, die Konzentration und der Alkaleszenzgrad sind ver- 
schieden und zwar je kleiner das Volumen, desto grflfier die Alkales- 
zenz und die Dichte. Das bereits bei der Stammflflssigkeit beschriebene 
„Schflttelph&nomen“ tritt hier besonders gut hervor; im flbrigen zeigen 
die Flflssigkeiten ausgeprflgte Opaleszenz, deren Stflrke sich nach der 
Dichte richtet. 

Von diesen Flflssigkeiten werden aus den verschiedenen GlSsern 
(I—XIV) in kleine sterile Eprouvetten 500, 600 u. s. w. bis 995 cmm ge- 
rflllt. Ich bediene mich der in den Apotheken zum Aufnehmen von 
Zahnwatte viel benutzten Gl&ser, welche 7 cm lang, s / 4 cm weit und 
einen gewfllbten Boden haben. Zum Verschlufi nehme ich statt Watte 
Edrke, weil bei ersterer ein gehflriges Mischen kaum mdglich ist. Leichter 
im Gebrauch sind Glaser mit eingeschliifenem Glasstdpsel und einge- 


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Kflppen, Tuberkulosestudien. 


11 


brannter Bezeichnnng, die man sonst jedesmal aufkleben mufi. Jedes 
derartige Glas kommt aber auf ca. 40 Pfg. zu stehen. 

Bei Anstellung der Probe wird der Inhalt der Glaser mit der zu 
priifenden FlQssigkeit ad 1000 cmm aufgefullt und durch mehrmaliges 
Umkehren gut vermischt. Man erhait dadurch die Verhaltnisse des 
Serums zu AgglutinationsflQssigkeit 1:1 bis 1:200 (cf. Tabelle). Man 
wird jedoch nicht samtliche Proben anzusetzen brauchen. Vermutet 
man ein schwaches Agglutinationsvermdgen, so stellt man eine Reihe 
der unteren Proben an, von den hdheren nur einige, und umgekehrt. 

Wabrend vor dem Serumzusatz die Konzentration und die Alkales- 
zenz des Inhalts der Probeglaschen dem jeweiligen Inhalt der Glaser 
mit den AgglutinationsflQssigkeiten entsprach, also verschieden stark 
und groB war, ist nunmehr — nach dem Zusatz des Serums bezw. 
der zu priifenden FlQssigkeit — das Volumen sowohl wie der Gehalt 
an Tb in alien Giasern derselbe; ebenso der Salzgehalt, da Serum und 
AgglutinationsflQssigkeit isotonisch sind. Aber auch der Alkaleszenz- 
grad wird Qberall, soweit mflglich, derselbe, indem die durch die grSfiere 
Serummenge herabgedruckte Alkalinitat durch die hohere Alkalinitat der 
AgglutinationsflQssigkeit jedesmal ausgeglichen wird. Dieser Ausgleich 
kann ohne Verschiebung der normalen Verhaltnisse nur unter der Be- 
dingung zu stande kommen, daB der Alkaleszenzgrad der grdfiten Ver- 
dQnnung annahernd dem des Blutes entspricht Dies ist tatsachlich der 
Fall, wovon man sich Qberzeugen kann, wenn man Blut in die Probe- 
rohrchen einbringt. Das Blut wird nicht lackfarben, die roten Blut- 
korperchen werden nicht zerstort, sondern sie senken sich zu Boden. 
Aus demselben Grunde lafit sich diese AgglutinationsflQssigkeit auch zur 
Prflfung des Blutes selbst verwenden. 

Die Proberohrchen werden in den Brutschrank gestellt und ruhig 
stehen gelassen, bis die Reaktion beendet ist 

Da der Inhalt der Glaser sich nur durch die Farbung infolge des 
geringeren Oder starkeren Serumzusatzes, nicht aber durch die Dichtig- 
keit, welche Qberall gleich ist, unterscheidet, so sind Veranderungen 
durch den Vergleich der Glaser leicht zu erkennen. Man bedarf, und 
das ist ein weiterer Vorzug dieser Methode, zum Vergleich keines agglu- 
tinierenden Serums als Kontrolle. 

Der Ablauf der Reaktion gestaltet sich nunmehr so, daB der Inhalt 
einiger Glaser sich trQbt, er ist opak, undurchsichtig geworden; das 
SchQttelphanomen ist nicht mehr sicher zu erkennen. Etwas spater 
werden diese FlQssigkeiten grisselig (fein bis grobkdrnig getrflbt) und 
trennen sich dann noch in solche, bei denen die suspendierende Flussig- 
keit klar wird, und in solche, bei denen dies nicht stattfindet In den 
ersteren ist die Reaktion vollkommen positiv, d. h. samtliche agglutinier- 
bare Substanz ist durch die agglutinierende gebunden. Diesem chemi- 
schen Vorgange schlieBt sich dann der physikalische des Sedimentierens 
an; wartet man das Ende dieses letzteren ab, so ist die Beurteilung 
des Ausfalles der Reaktion sehr leicht. Ich verfahre zu diesem Zwecke 
so, daB ich die Rdhrchen, welche Qber Nacht im Brutofen gestanden 
haben, am anderen Morgen ins Zimmer stelle. Bei dieser Temperatur 
scheint mir das Sedimentieren schneller zu gehen. Spaterhin am Abend 
desselben Tages ist auch diese Phase abgelaufen. 

Von den anderen Giasern verandern einige ihren Inhalt gar nicht; 
einige trflben sich noch. Man darf hierin wohl eine PrBzipitations- 
erscheinung sehen; hierzu reicht die im Serum befindliche bindende 


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12 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


Substanz noch aus, w&hrend in den Gl&sern, deren Inbalt bei nnklar 
bleibender FlQssigkeit grisselig wird, noch ein fiber die Pr&zipitation 
hinansreichender Ueberschufi an bindender Substanz eine unvollstfindige 
Agglutination verursacht. Dies l&Bt sich auch durch die mikroskopische 
Untersuchung zeigen. 

In den hellgebliebenen oder lediglich getrfibten Gl&sern liegen alle 
Tb, einerlei aus welcher Hohe des Inhalts man die Probe nimmt, ein- 
zeln. Untersucht man eins von den Gl&sern, in denen ein grisseliger 
Niederschlag sich in der unklaren Flfissigkeit zu Boden gesenkt hat, 
so findet man in den oberen Schichten viele einzelne und manche in 
kleinen Haufen liegende Tb; das Sediment enth&lt meist kleine H&ufchen 
von Tb, wenig einzelne — unvollkommene Agglutination. In den Gl&sern 
mit ganz klarer FlQssigkeit befinden sich nach vollendetem Sedimentieren 
in den oberen Schichten keine Tb, bei ungenfige'nder Sedimentation 
grfifiere Haufen von Tb, welche auch in beiden F&llen den Boden be- 
decken — vollkommene Agglutination. 

Der einmal gebildete Niederschlag, welcher bei der unvollkommenen 
Agglutination fein, bei der vollkommenen massig ist, verteilt sich durch 
Umkehren der Gl&ser nicht in frfiherer Weise, d. h. er ldst sich nicht, 
sondern er bleibt deutlich erkennbar. 

Reicbt die makroskopische Betrachtung auch ffir alle die F&lle aus, 
wo das Serum vfillig klar zur Verwendung kommt, so ist die mikrosko¬ 
pische Untersuchung doch da notwendig und allein noch im stande, eine 
Antwort zu geben, wo das Serum bezw. die zu prfifende Flfissigkeit 
aus einem unglficklichen Zufall oder aus anderen Grfinden mehr oder 
weniger getrfibt benutzt wird. 

Bei der Prfifung des Agglutinationswertes des Blutes hat man 
mit der Schwierigkeit zu rechnen, dieses ohne jede Spur von Gerinnung 
in die Proberdhrchen hineinzubringen. Zu diesem Zwecke mufi man 
das Blut direkt aus der Wunde mittels der vorher mit physiologischer 
Kochsalzldsung ausgespfilten Pipette entnehmen und ohne Verzug in 
die durch Umschfitteln wandbenetzten Gl&schen verbringen, worauf 
durch mehrmaliges Umkehren das Blut gut verteilt wird. 

Die Rdhrchen mflssen senkrecht im Brutschrank stehen. Bei einem 
Verh&ltnis von Blut zu Probedfissigkeit wie 1:50 ist nach 2 Stunden 
ca. V 8 , nach 4 Stunden sind ca. */s und nach 6 Stunden ist die Ge- 
samtheit der roten BlutkOrperchen sedimentiert und liegt als Kuchen am 
Boden des Glases. Bei geringeren Blutmengen nimmt dieser Vorgang 
natfirlich etwas weniger, bei groCeren Blutmengen etwas mehr Zeit in 
Anspruch. Man kdnnte denken, dad die sich niedersetzenden Blut- 
kdrperchen die Tb mitreifien mfifiten. Das ist aber nicht der Fall; 
denn wenn man einen Tropfen der obenstehenden Flfissigkeit unter¬ 
sucht, findet man die Tb wie sonst. 

Nach vollendetem Sedimentieren kann man die Reaktion an der 
darfiber befindlichen Flfissigkeit in gewohnter Weise beurteilen. 

Den Agglutinationswert berechne ich nicht nach dem Ver¬ 
h&ltnis, in dem die geprfifte Flfissigkeit zur Menge der Agglutinations- 
flfissigkeit steht, sondern nach der Menge der festen Substanz, welche 
durch ein gewisses Quantum der zu prfifenden Flfissigkeit agglutiniert 
wird und zwar bezeichne ich als Agglutinationseinheit (AgE) das Ver¬ 
h&ltnis von 1 ccm der zu prfifenden Flfissigkeit zu 1 mg feste Substanz. 

Diese Berechnung setzt eine exakte Bearbeitung der festen Substanz 
voraus, wie sie in dieser Methode durchgeffihrt ist, und macht zugleich 


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KOppen, Tubarkulosestudien. 


13 


alien Ungleichheiten der Testflflssigkeiten, wie sie nach den bisherigen 
Metboden unumgflnglich waren, ein Ende. (Vergleichsweise habe ich in 
der Tab elle die alte Bezeichnnng nebenbei mitaufgefflhrt.) 

Die Handlichkeit der Metbode ist wohl ohne weiteres einleuchtend. 
Hat man einmal mehrere Reihen von Proberohrchen mit Agglutinations- 
flflssigkeit beschickt, so ist man jederzeit, die Probe anzustellen, in der 
Lage. Auch die Sparsamkeit ist nicht gering zu achten and zwar nicht 
sowohl in betreff der Probeflflssigkeit — (man kann mit 1,0 Tb */ 3 Mil- 
lionen Prflfungen vornehmen) — als besonders in betreff des Sernms, 
da man mit 1 ccm derselben und weniger auskommt. 

Um die Vorziige meiner Metbode knrz zusammenznfassen, so l&Bt 
sich von ihr sagen, daB sie bei stets leicht und gleichmaBig herzustellen- 
der, sowie haltbarer und unver&nderlicher Probeflflssigkeit die Fehler, 
welche durch Aenderung des Volumens, der Konzentration und der 
Alkaleszenz veranlafit werden, vermeidet und dafi sie handlich und 
sparsam ist 

Ich gebe mich dem Wunsche und der Hoffnung hin, daB diese 
meine Methode sich bei der Nachprflfung bew&hren und dafi sie auch 
bei der Agglutinationsprflfung anderer Mikroorganismen als prinzipielles 
Vorbild dienen moge. 


Literatur. 

1) Koch, R., Ueber die Agglutination der Tuberkelbacillen und iiber die Verwertung 
dieser Reaktion. (Deutsche med. Wochenschr. 1901. No. 48.; 

2) Beck, M. u. Rabinowi tsch, L., Ueber den Wert der Courmontschen Serura- 
reaktion fiir die Fruhdiagnose der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr. 1900. 
No. 25.) 

3) Bendix, E., Zur Serodiagnostik der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr. 

1900. No. 14.) 

4) Rumpf, E. u. Guinard, L., Ueber die Agglutination der Tuberkelbacillen und 
die Verwertung dieser Reaktion. (Deutsche med. Wochenschr. 1902. No. 8.) 

5) Moeller, A., Zur Fruhdiagnose der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr. 

1901. No. 50.) 

5a) Rutin ga, P., Zur Berumdiagnose der Tuberkulose. (Zeitschr. f. Tuberkulose etc. 
Bd. III. 1902. Heft 6.) 

6 ) v. Gebhardt, Fr. u. v. Torday, A., Ueber die Berumdiagnose der Tuberkulose. 
(Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 28.) 

7) Courmont, P., Comparaison des r&ultats du s6ro-diagnostic tuberculeux et de la 
cytologie dans les £panchements pleuraux. (Compt. rend, de la Soc. m4d. des 
h6pitaux de Lyon. 1902. No. 3. Centralbl. f. Bakt Bd. XXXI. 1902. No. 21/22.) 

8 ) Arloing, S. u. Courmont, P., Ueber den Wert der Serumreaktion fiir die friih- 
zeitige Diagnose der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr. 1900. No. 48.) 

9) Romberg, E., Zur Berumdiagnose der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr. 
1901. No. 18, 19.) 

10) -, Weitere Mitteilungen zur Berumdiagnose der Tuberkulose. (Munch, med. 

Wochenschr. 1902. No. 35 

11) Thellung, Fr., Experimenteller Beitrag zur Frage der Agglutination und zur 
Behandlung der Tuberkulose. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXIL 1902. Orig. No. 1.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 1. 


Nachdruck verboten. 

Beitrag zur Frage der Bedeutung anaerober Bakterien bei 

Dannkrankheiten. 

[Aus dem Hygiene-Institut der Universitat Zfirich.] 

Von Dr. A. Bodella, Assistenten am Institute. 

Mit 1 Figur. 

In unmittelbarem Zusammenhange mit meinen Publikationen fiber 
anaerobe Bakterien des Sauglingsstuhles*) steht die nachfolgende Mit- 
teilung, welche als eine vorlaufige zu betrachten ist. 

Die schon frflher wiederholt gemachte Erfahrung, dafi in den nach 
der Methode der Tuberkelbacillenfarbung angefertigten Stuhlpr&paraten 

von an chronischem Darm- 
kartarrhe leidenden Pa- 
tienten sich rundliche 
saurefeste Gebilde mikro- 
skopisch nachweisen lie- 
Ben, gab mir Veranlas- 
sung, auch bei Sauglin- 
gen ahnliche Versuche 
anznstellen. Das Material 
wurde auf Objekttrager 
nicht sehr diinn aufge- 
strichen, in der fiblichen 
Weise fixiert und dann 
in heiBer Fuchsinlbsung 
(Ziehlscbe Losung) 1 / 1 
Stunde lang gefarbt Die 
Entfarbnng in 5 - proz. 
Schwefelskure und nach- 
traglicher AbspQlung mit 
konzentriertem Alkohol 
war etwas schwacher, als 
dieselbe bei der Tuberkelbacillenfarbung zu sein pflegt. Die Grun- 
dierung des Praparates mit Methylenblau geschah auch hier in der 
fiblichen Weise. 

Ffir verschiedene chronische und subakute Falle von Darmkrank- 
heiten kann das hier gezeichnete Praparat als Muster dienen. 

Dafi die rotgefarbten Gebilde nichts anderes als Sporen von an- 
airoben Bacillen sind, konnten wir sehr leicht feststellen, dank der grofien 
Widerstandsfahigkeit derselben gegen Warmeeinwirkung. 

Wir liefien in der Tat das mit steriler Bouillon aufgeschwemmte 
Material 3—4 Minuten bei der Temperatur des siedenden Wassers und 
impften nachher dasselbe in einige RShrchen mit flfissigem Agar. Es 
kamen immer nur anaerobe Mikroorganismen zur Entwickelung. 

Dafi auch in normalen Stuhlg&ngen sich regelm&fiig sporentragende 
anaerobe Bacillen befinden, haben wir schon in den oben erwahnten 
Arbeiten mitgeteilt. Doch zeigten bei unseren damaligen Untersuchungen 


1 ) Zeitechr. f. Hygiene. Bd. XXXIX. p. 201 u. Bd. XLI. p. 466. 





Im Original sind die grOBeren Punkte rot, das ilbrige 
ist Islau gefSrbt. 


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Jochmann u. Moltrecht, Bronchopneumonie bei Keuchhustenkindem etc. 15 

die direkten mikroskopischen Stuhlprfiparate nie so reichliche freie 
Sporen von anaSroben Bacillen. 

Ohne hier an die Frage herantreten zu kCnnen, ob die hier ge- 
schilderte Erscheinnng in kausalem Zusammenhange mit den Krankheits- 
prozessen steht, wSiren wir zufrieden, die Anregung, die hier kurz be- 
schriebene Methode bei Untersuchung pathologischer StuhlgSnge syste- 
matisch einzufflbren, gegeben zu haben. 


Nachdruck verboten. 


20 FaUe von Bronchopneumonie hei KeuchhustenMndem, 
hervorgerufen durch ein inflnenzaahnliches Stabchen: 
Bacillus pertussis Eppendorf, 

[Aus dem allgemeinen Krankenhause Hamburg-Eppendorf, medizinische 
Abteilung (Oberarzt Dr. Rumpel).] 

BeitrSge zur Aetiologle des Keuchhustens. 

Von 


Dr. Georg Jochmann, und 

Assistenzarzt der medizinischeo Univerfii- 
tatsklinik Breslau, friiher Assistenzarzt am 
Allgemeinen Krankenhause Hamburg- 
Eppendorf. 


Dr. Moltrecht, 

Assistenzarzt am Hamburg-Eppendorfer 
Krankenhause. 


In einer Mitteilung aus dem Jahre 1901 von Georg Jochmann 
und Paul Krause 1 ) wurde festgestellt, daB bei der bakteriologischen 
Untersuchung des Auswurfes von Keuchhustenkindem in der Mehrzahl 
der Falle ein influenza&hnliches Stabchen gefunden wird, das ausschliefilich 
auf hamoglobinhaltigen NahrbSden gedeiht. Dasselbe wurde damals 
zum Unterschiede von anderen in der Literatur beschriebenen Pertussis- 
Bacillen Bacillus pertussis Eppendorf genannt, weil es im 
Hamburg-Eppendorfer Krankenhause in tiberwiegender Menge im Keuch- 
hustensputum gesehen wurde. » 

Es ist ovalar, von der Grgfie und Form des Influenzabacillus, mit- 
unter zu zweien liegend, nie in Ketten. Es zeigt sehr geringe Neigung 
zur Scheinfadenbildung; bei schwacher Farbung ist eine Andeutung 
von Polfarbung vorhanden, da dann die Mitte oft ungefarbt bleibt. Es 
ist unbeweglich, farbt sich nicht nach Gram und gedeiht nur auf 
hamoglobinhaltigen Nahrboden in der Form von Tautrdpfchen- 
kolonieen, die von denen des Influenzabacillus nicht unterschieden 
werden konnen und die bei durchfallendem Lichte stark Licht brechen 
und bei auffallendem Lichte zart blafigrau aussehen. 

Gelegentlich jener Mitteilung wurde bereits darauf hingewiesen, daB 
dieses Stabchen kein harmloser Sputumbewohner ist, sondern ffir den 
kindlichen K5rper, der ihn beherbergt, verderblich zu werden vermag. 
Als Beweis dafflr konnten 3 Falle mit Sektionsbefund aufgefilhrt werden, 
in denen es gelang, aus bronchopneumonisch infiltrierten Lungenpartieen 
durch die Kulturmethode den beschriebenen Bacillus zu gewinnen und 
in 2 Fallen auch mit Sicherheit im mikroskopischen Schnitt nachzuweisen. 
Die Aussaat von 1 oder 2 Oesen des blutigen Parenchymsaftes der in¬ 
filtrierten Lungenbezirke auf Glycerinagarplatten fflhrte jedesmal zu 
dem flberraschenden Resultat, daB der Bac. pertussis Eppendorf be- 


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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


reits auf der Originalplatte nahezu in Reinkultur gedieh. Nach 24 Stunden 
Bebriitung bei 37 0 waren die Platten fibers&t mit den charakteristischen 
Tautrdpfchenkolonieen des Bacillus pertussis, zwischen denen nur 
selten vereinzelte Kolonieen des Diplococcus lanceolatus sich 
zeigten. 

Seitdem wurden die Beobachtungen im Hamburg - Eppendorfer 
Erankenhause weiter fortgesetzt und aufier systematisch fortgeftthrten 
regelmaBigen Sputumuntersuchungen bei jedem zur Sektion kommenden 
Eeuchhustenkinde, das an einer Bronchopneumonie erkrankt war, eine 
genaue bakteriologische Untersuchung der erkrankten Luugenpartieen 
durch das Eulturverfahren, sowie eine pathologisch-anatomische Unter¬ 
suchung an Schnittprfiparaten vorgenommen. Bei alien den zur Sektion 
gekommenen Eeuchhnstenkindern war bereits in vivo in dem Sputum der 
Bac. pertussis Eppendorf in Masse gefunden und durch die Eultur- 
methode isoliert worden. Die bakteriologische Untersuchung geschah in 
der Weise, daB oberhalb der infiltrierten Lungenpartie die Pleura mit 
einem glfihenden Messer abgesengt wurde, worauf mit einem sterilen 
Skalpell auf den bronchopneumonischen Herd eingeschnitten wurde. Von 
dem Parenchymsaft dieses Bezirkes wnrden dann mehrere Oesen auf 
Glycerinagarplatten ausgestrichen. Ein Hinzufiigen von Blut zu den 
Nfihrbflden war flberflflssig, da der ausgestrichne Lungensaft selbst schon 
genfigend Hfiraoglobin enthielt. Auf diese Weise gelang es in 20 Fallen 
unter 22 Bronchopneumonieen jenesinfluenzaBhnliche Stabchen zu isolieren. 
Die bekannten strukturlosen transparenten Tautrfipfchenkolonieen, die 
denen des Influenzabacillus znm verwechseln gleichen, waren jedesmal 
in ganz enormer Menge auf den Platten verbreitet und fanden sich in den 
meisten Fallen nahezu in Reinkultnr. Als Begleiter sahen wir in einzelnen 
Fallen auf den Platten vereinzelte Eolonieen von Diplococcus lan¬ 
ceolatus, Streptococcus pyogenes, Staphylococcusalbus, 
Micrococcus catarrhalis (Pfeiffer). Dabei konnte jedesmal 
wieder jenes Phanomen beobachtet werden, auf das wir schon gelegentlich 
der ersten Arbeit fiber den Bac. pertussis Eppendorf aufmerksam 
gemacht wurden, daB nfimlich in der Umgebung derartiger vereinzelter 
fremder Eolonieen der Bac. pertussis ein ganz anderes Wachstum wie 
gewfihnlich erkennen lieB. Wahrend sonst die Eolonieen desselben sehr klein 
sind, von tautrfipfchenartigem Ansehen und gar keine Neigung zeigen zu kon- 
fluieren, wachsen sie in der Umgebung fremder Eolonieen, z. B. des 
Streptococcus, zu groBen Eolonieen heran bis zu 2 mm Durchmesser 
und konfluieren auch zum Teil. Von den Originalplatten aus wurden 
jedesmal Uebertragungsversuche auf hamoglobinfreie Nahrbfiden: hfimo- 
globinfreien Glycerinagar, Gelatine, Ascitesserum, Ameisenagar, Milch, 
Lackmusmolke, Bouillon gemacht, jedesmal ohne Erfolg. Dagegen 
konnte der gefundene Bacillus auf hamoglobinhaltigen Nahrboden, so 
z. B. auf Glycerinagar mit menschlichem Placentablut jedesmal in meh- 
reren Generationen fortgezuchtet werden. 

Das durch das Eulturverfahren aus den bronchopneumonischen 
Herden isolierte Stabchen unterschied sich in keiner Weise von dem so 
haufig — bis jetzt 60mal — aus dem Sputum von Eeuchhustenkindern 
gezfichteten influenzaahnlichen Stabchen. Die einzelnen Stamme wichen 
in ihren morphologischen Eigentfimlichkeiten nur wenig voueinander 
ab, fast stets war eine gewisse Regelmafiigkeit in der Form und GrfiBe 
der einzelnen Individuen vorhanden, nur bei 3 Starn men, die aus broncho¬ 
pneumonischen Lungenpartieen gezfichtet waren, sahen wir ein Abweichen 


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Jochmann u. Moltrecht, Bronchopneumonie bei Keuchhustenkindem etc. 17 


von dieser RegelmSBigkeit, indem dfinnerc und plumpere, kfirzere und 
lfingere Individuen miteinander abwechselten. 

Untersucht man systematisch etappenweise den ganzen Bronchial- 
baum so wie es Pfeiffer (2) gelegentlich seiner Untersuchnngen fiber 
Influenzapneumonie beschreibt, so findet sich ganz fihnlich wie bei der 
Influenzapneumonie in dem Ausstrichprfiparat des Schleimhantsekretes 
der Trachea nnd des Kehlkopfes ein Gemisch von Streptokokken, Lanceo- 
latus und Bac. pertussis, nnd je weiter man nach abw&rts in die 
feineien Ver&stelungen der Bronchien geht, desto mehr fiberwiegt der 
Bac. pertussis, bis er im Lungengewebe fast allein in Reinknltur 
an getr often wird. 

Makroskopisch wich der Befund der nntersuchten Lungen nicht 
von den gewohnlichen Formen der katarrhalischen Bronchopneumonie 
ab. Graue Oder geblichgraue fiber die Schnittfl&che leicht prominierende 
Herde von verschiedenster GrfiBe, derber Konsistenz und herabgesetztem 
Luftgehalt zeigten sicb in grofier Anzahl innerhalb blutreicher Lungen- 
partieen. Auf Drnck liefi sich aus den Lumina der kleinsten Bronchioli 
ein gelbliches Exsudat ausquetschen. 

H&ufig war eine Anzahl bronchopneumonischer Herde konfluiert 
und es fanden sich dann groBere Infiltrationen von grauroter Farbe 
und stark herabgesetztem Luftgehalt mit glatter Schnittfl&che. Dort wo 
die Herde bis an die Pleura heranreichten, fanden sich zarte graue 
Auflagerungen auf derselben. Wo das nicht der Fall war, blieb sie glatt 
und spiegelnd. 

Mikroskopisch wurden die Lungen an Schnittpr&paraten unter- 
sucht, die mit H&matoxilineosin, nach van Gieson, nach Weigerts 
Fibrinf&rbemethode, ferner mit Orcein gef&rbt worden waren. Zur 
Differenzierung der Bakterien wurde aufierdem jedesmal eine Ffirbung 
mit polychromem Methylenblau vorgenommen und mit Tanninorange 
gebeizt. 

Die mikroskopische Untersuchung der Lungen ergab im wesentlichen 
die gleichen Ver&nderungen, wie sie Pfeiffer bei der Beschreibung der 
Influenzapneumonie schildert. 

Es handelt sich stets um bronchopneumonische, znm Teil zu grd- 
fieren, ja zu lob&ren konfluierende Erkrankungsherde in den Lungen. 
Bei schwacher VergroBerung heben sich die einzelnen Herde durch ein 
kernreicheres Zentrum, in welchem die Lungenstruktur fast vdllig ver- 
wischt ist, und eine hellere Peripherie deutlich voneinander ab. 

Die Bronchien sind selbst in den erkrankten Lungenabschnitten zum 
Teil vdllig intakt, meist dagegen mehr oder weniger hochgradig ver- 
findert. Oft flndet man, und zwar in einzelnen F&llen fast ansschlieBlich, 
eine stellenweise oder vfillige Desquamation des Epithels ohne tiefer 
greifende Ver&nderungen, an anderen Stellen eine Abhebung des Epithels 
durch Runzelleninfiltration. In vorgeschritteneren Stadien geht dann 
diese Infiltration in die Tiefe der Bronchialwand nm endlich noch auf 
das peribronchiale Gewebe fiberzugreifen, w&hrend letzteres bei weniger 
vorgescbrittener Affektion der Bronchialwand, keine Zeichen einer Er- 
krankung oder nur verschiedene Grade der Hyper&mie zeigt. 

Der Inhalt der Bronchien und der gleichartig erkrankten Bronchiolen 
ist meist ein eitriger, seltener ein blntiger. Zwischen und in den Zellen 
des Bronchialinhalts findet man auch die oben nfiher beschriebenen 
Bakterien, doch bei weitem nicht in der Menge, wie das Pfeiffer fflr 
seine Influenzaf&lle beschreibt nnd abbildet. 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 2 


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Ig Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 

Die an einigen Stellen recht reichliche Durchsetzung des peripronchi- 
alen Gewebes mit Rundzellen laBt sich vielfach weit in die benachbarten 
Alveolarsepta hinein verfolgen, welche hierdurch und dnrch die Er- 
weiternng der GefaBe stellenweise eine sehr erheblicbe Breite ange- 
nomraen baben. Nahert man sich dem Zentrum der lobularen Herde, 
so kann man dort bisweilen einen Schwund der Alveolarsepten be- 
obachten. 

Die erkrankten Alveolen verhalten sich sowohl im selben Praparat, 
als besonders bei den verschiedenen Lungen auBerst different. Dem 
schon bei schwacher VergrbBerung erkennbaren Unterschied zwischen 
Zentrum und Peripherie der Erkrankungsherde entspricht auch der Zell- 
reichtum der Alveolen sowohl wie ihrer Septa. Wahrend man in jenen 
an der Peripherie oft nur wenige Epithelien und im wesentlichen eine 
serbse Flflssigkeit vorfindet, sind die Alveolen, je weiter nach dem 
Zentrum, um so dichter mit EiterkOrperchen gefiillt, bis schliefilich die 
mit zelligem Exsudat vollgepfropften Alveolen mit ihren ebenfalls dicht 
infiltrierten Septen die Lungenstruktur kaum mehr erkennen lassen. 

Neben solchem, vom Bilde der gewdhnlichen Bronchopneumonieen 
kaum abweichenden Verhalten linden sich nun viel haufiger und ausge- 
dehnter als bei ihr regelmaBig in den untersuchten Lungen grbBere und 
kleinere Bezirke, in denen der Alveolarinhalt vollig oder zum grdBten 
Teile aus roten Blutkdrperchen besteht. Letztere finden sich dann 
auch, wie erwahnt, in den zugehSrigen Bronchien. Die hamorrhagischen 
Lungenabschnitte zeigen meist nur geringe entzflndliche Veranderungen. 

Auch in den Alveolen findet sich der Bacillus pertussis Eppen- 
dorf nur in einzelnen Exemplaren, meist frei, mitunter in Zellen liegend. 
Andere Bakterien wurden nicht gefunden. 

Die Farbung auf Fibrin ergibt ein sehr geringes Vorhandensein 
desselben. Es lokalisiert sich ausschliefilich in der Peripherie der Krank- 
heitsherde, und ist auch hier nur in sehr geringer Menge nachweisbar. 

Das Verhalten der elastischen Fasern ergab, wie nach neueren 
Untersuchungen (3) zu erwarten war, keine Veranderungen. 

Fassen wir noch einmal das Resultat zusammen, indem wir die drei 
Beobachtungen der ersten Arbeit (1) hinzurechnen: In 2 3 unter 25 unter¬ 
suchten Fallen gelingt es aus bronchopneumonischen Herden, die im 
Verlauf des Keuchhustens aufgetreten sind und zum Tode der Kinder 
geffihrt haben, in Qberwkltigender Menge, meist in Reinkultur, als Erreger 
dieser Bronchopneumonie ein morphologisch und biologisch vom In- 
fluenzabacillus nicht zu unterscheidendes Stabchen nachzuweisen, das 
bereits in vivo bei den betreffenden Keuchhustenkindern im Sputum in 
grofier Menge gefunden worden war. Dieses namliche Stabchen hat der 
eine von uns (Jochmann) wahrend einer 2-jahrigen Untersuchungs- 
periode bereits in 60 Stammen aus dem Auswurf von Pertussis- 
Patienten isoliert und zwar hat er dasselbe, wie in der Zeitschrift f. 
Hygiene u. Infektionskrankh. 1903 genauer ausgefiihrt wird, bei der 
letzten fortlaufenden Untersuchungsreihe von 40 Fallen in jedem Falle 
im Stadium convulsivum ohne Ausnahme gefunden. 

Man kdnnte hier vielleicht einwenden, daB bei den im Kranken- 
haus behandelten Kindern eine Hausinfektion vorliegen kann, so daB 
dadurch die gleichartigen Befunde bei so vielen Kindern erklart werden 
warden. Dagegen ist jedoch zu bemerken, daB die Sputumuntersuchungen 
stets sofort nach dem Einliefern der Kinder ins Krankenhaus vorge- 
nommen wurden und daB einige von den verstorbenen Kindern, bei 


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Jochmann u. Moltrecht, Bronchopneumonie bei Keuchhustenkindern etc. 19 


denen in bronchopneumonischen Harden die Bacillen in Reinkultur ge- 
funden wurden, bereits rait diesen Bronchopneumonieen ins Krankenbans 
kamen und nach wenigen Tagen daran zu Grnnde gingen. 

Es erhebt sich nun die Frage: 1st dieses influenza&hnliche 
St&bchen, das als Bacillus pertussis Eppendorf (Joch¬ 
mann und Krause) beschrieben wurde, der spezifische 
Erreger des Keuchhustens oder ist er identisch mit dem 
Pfeifferschen Influenzabacillus? 

DaB er eine grofie Rolle w&hrend der Keuchhustenerkrankung 
spielt, darfiber besteht nach diesen Untersuchungen kein Zweifel mehr. 
Ihra gegenuber tritt der Diplococcus lanceolatus zum Beispiel 
vollkommen in den Hintergrund. Wenn wir den letzteren auch h&ufig 
im Sputum der Keuchhustenkinder finden, so ist er an Zahl jenen in- 
fluenza&hnlichen St&bchen doch stets sehr unterlegen, vor allem aber 
f&llt ins Gewicht, dafi er unter 25 Fallen nur 2mal als Erreger der die 
Tussis convulsiva komplizierenden Bronchopneumonie nachgewiesen wurde 
wahrend der Bacillus pertussis sich 23mal fand. 

Mit dem von Pfeiffer beschriebenen Pseudoinfluenzaba- 
cillus hat unser influenzaahnliches Stabchen nichts zu tun, da niemals 
eine derartig ausgesprochene Scheinfadenbildung, wie sie P f e i f f e r be- 
schreibt und abbildet, in den Kulturen des Bacillus pertussis be- 
obachtet wurde. 

Sehr nahe jedoch steht er dem echten Influenzabacillus. 
Die Form und GrSBe, die Art der Lagerung im Sputum, das Verhalten 
gegenfiber der Gram-Farbung, die mangelnde Beweglichkeit, sowie das 
biologische Verhalten ist vollig dasselbe. Selbst die Neigung, auf Blut- 
agarplatten in Gegenwart von anderen Bakterien in der Nahe fremder 
Kolonieen sogenannte „Riesenkolonieen“ zu bilden, wie sie Grass- 
berger (4) fiir die Influenzabacillen beschreibt, ist ihm zu eigen. Dazu 
kommt nun auch, dafi er ganz ahnliche pathologisch-anatomische Ver- 
anderungen setzt wie der Influenzabacillus, wie wir aus den oben ange- 
fuhrten Lungenbefunden ersahen. Dafi er auch ahnlich wie der Influenza¬ 
bacillus noch andere Komplikationen bedingen kann, so zum Beispiel 
Entziindungen des Mittelohres, beweist ein Fall, bei dem der eine von 
uns (Jochmann) aus dem Eiter der aufgemeifielten Paukenhdhle den 
Bac. pertussis in Reinkultur nachweisen konnte. Bei demselben 
Fall fand sich auch eine durch den gleichen Erreger bedingte Broncho¬ 
pneumonie. 

Pfeiffer hat die echten Influenzabacillen stets nur bei Influenza- 
kranken und Influenzarekonvaleszenten angetroffen. Er betonte aus- 
driicklich diese Tatsache als Beweis ftir die spezifische Natur der von 
ihm gefundenen Mikroorganismen. Demgegen fiber finden sich in den 
letzten Jahren Angaben in der Literatur, die gerade ffir das Kindes- 
alter die Influenzabacillen als eine h&ufig vorkommende Ursache ffir 
Sekundarinfektionen hinstellen. 

Meunier (5) gibt an, in 15 Fallen von infantiler Bronchopneumonie, 
zum Teil im Anschlufi an eine herrschende Influenzaepidemie, zum Teil 
prim&r nach Angina oder Masern teils aus dem Venenblut, teils aus 
punktiertem Lungensaft Influenzabacillen erhalten zu haben. 

Leiner (6) beschreibt 11 von ihn beobachtete Diphtherief&lle, die 
zur Sektion kamen und die alle als Komplikation schwere durch In¬ 
fluenzabacillen bedingte Bronchitiden und Pneumonieen zeigten. Bei der 
mikroskopischen und kulturellen Untersuchung fanden sich bis in die 

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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


feinsten Bronchien hinab ebenso wie in den pneumonischen Herden In- 
fluenzabacillen, vielfach vermengt mit Diphtheriebacillen. 

Sflsswein (7) hat bei 21 Fallen lOmal den Influenzabacillus bei 
Masernerkrankungen gefnnden. Er untersuchte bei Lebenden das Sekret 
der Nasengange, bei Sektionen den Bronchialinhalt nnd pneumonisches 
Exsudat. Er schliefit daraus, daB Influenza eine sehr haufige Neben- 
erkrankung bei Masern ist 

Jehle (8) ist auf Grand seiner Untersuchungen der Ansicht, daB die 
Influenza im Kindesalter hfiufig als sekund&re Infektion zu beobachten 
ist. Sie sei meist im tiefercn Respirationstraktus lokalisiert, kdnne jedoch 
auch auf den Tonsillen allein vorkommen, ohne daB es zu einer In¬ 
fektion der Bronchien kommt. Bei den akuten Exanthemen komme es 
nahezu regelmaBig zu einem Eindringen der nebenbei vorkommenden 
Influenzabacillen in die Blutbahn, so zum Beispiel bei Scharlach. 

Halten wir zu diesen Literaturangaben noch unsere Befunde hinzu, 
so geht jedenfalls daraus hervor, daB die Bacillen aus der Influenza- 
gruppe bei den Erkrankungen des Respirationstraktus des Kindesalters 
eine groBe Rolle spielen. 

Ob aber der von uns beobachtete Bacillus pertussis Eppen- 
dorf, welcher morphologisch und biologisch mit dem Influenzabacillus 
(ibereinstimmt, nun auch identisch ist mit dem Pfeifferschen In¬ 
fluenzabacillus, miissen wir dahingestellt sein lassen, solange wir nicht 
in der Lage sind, mit unserem Bacillus pertussis auch das klinische 
Bild der Influenza erzeugen zu kdnnen — die Spezifizit&t des 
Pfeifferschen Bacillus fiir die Entstehung der Influenza vorausgesetzt. 

Nachdem jetzt feststeht, dafi der Bacillus pertussis fast konstant 
im Keuchhustensputum gefunden wird, w&re es daher immerhin von 
Interesse, festzustellen, ob in der N&he von Keuchhustenkindern h&uflg 
bei Erwachsenen Influenzaerkrankungen vorkommen Oder ob umgekehrt 
bei geh&ufterem Auftreten von Influenzaerkrankungen nun auch eine 
Zunahme an Keuchhustenf&llen in der Nfthe der Influenzakranken zu 
konstatieren ist. 

Jedenfalls ist nach unseren Befunden die Wahrschein- 
lichkeitsannahme nicht mehr unberechtigt, daB dem in- 
fluenza&hnlichen St&bchen Bacillus pertussis Eppendorf 
(Jochmann und Krause) bei der Keuchhustenerkrankung 
eine Stiologische Rolle zukommt, da er fast konstant im 
Keuchhustensputum vorkommt und fast in alien Fallen 
die komplizierenden Bronchopneumonieen bedingt. 

Belege fur die bakteriologischen Befunde. 

1) Peters, Fritz, 2 Jahr. Diagnose: Pertussis, Rhachitis, Bronchopneumonie, 
Otitis media duplex. Aus dem Parencnymsaft der Bronchopneumonie in Beinkultur 
Bacillus pertussis Eppendorf. Auf Blutagar fortgezuchtet in 2 Generationen. 

2) Stein, 3 Jahr. Diagnose: Pertussis, Brechdurchfali, Bronchopneumonie. Aus 
letzterer neben wenig Lanceolatus massenhaft Bac. pertussis. Auf Blutagar in 

1 Generation fortgezuchtet. 

3) Pahl, Franz, 5 Jahr. Diagnose: Pertussis, Enteritis, Bronchopneumoniae 
confluentes. Aus don Safte der infiltnerten Partieen Bac. pertussis in Beinkultur. 
3 Generationen. 

4) Bremer, 3 Jahr. Diagnose: Pertussis, Scarlatina, Bronchopneumonie. Aus 
letzterer Bac. pertussis in uberwiegender Menge neben Streptococcus pyogenes. 

2 Generationen. 

5) Schiller, 1 */, Jahr. Diagnose: Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer 
einzelne Kolonieen von Staphylococcus aureus und massenhaft Ba c. pertussis. 
1 Generation. 


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Jochmann u. Moltrecht, Bronchopneumonie bei Keuchhustenkindern etc. 21 

6) Men the, 3 Jahr. Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer neben einigen 
Staphylokokkenkolonieen massenhaft Bac. pertussis. In der Umgebung der Strepto- 
kokkenkolonieen bildet der Bac. pertussis „Riesenkolonien“. 2 Generationen. 

7) Sc hate, Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer viel Bac. pertussis 
neben einigen Kolonieen Micrococcus catarrhalis (Pfeiffer). 1 Generation. 

8) Paust, Elisabeth, 4 Jahr. Pertussis, Otitis media duplex, Bronchopneu¬ 
monie. Aus letzterer massenhaft Bac. pertussis. 3 Generationen. 

9) Widmann, Pertussis, Broncnitis, Spasmus glottidis, Bronchopneumonie. 
Aus letzterer neben Streptokokkenkolonieen massenhaft Bacillus pertussis. 
4 Generationen. 

10) Muller, Amandus, 7 Monate, Pertussis, Renes cysticae congenit. Broncho¬ 
pneumonie. Aus letzterer massenhaft Bac. pertussis in Reinkultur. 2 Generationen. 

11) Leise, Else, Pertussis, Bronchopneumonie lobi inferioris pulmonum. 

Aus dem Parenchymsaft der infiltrierten Lungenbezirke viel Bac. pertussis neben 
einzelnen Streptokokkenkolonieen, in deren Kolonieen er „Riesenkolonieen“ zeigt. 

12) Schau, Carl, V 4 Jahr, Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer viel 
Bacillus pertussis. 2 Generationen. 

13) Lesche, Amanda, 3 Jahr. Pertussis Bronchopneumonie. Aus letzterer 
viel Bac. pertussis neben einzelnen Streptokokkenkolonieen. 

14) Wendt, Ernst, 2% Jahr, Pertussis, Bronchopneumonie. Neben Staphylo¬ 
coccus albus aus dem Saft der letzteren viel Bac. pertussis. 2 Generationen. 
Etwas unregelmafiigere Formen als gewohnlich. 

15) Schmidt, Eduard, 1 Jahr. Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer 
neben einzelnen Streptokokkenkolonieen massenhaft Bac. pertussis. 1 Generation. 

16) Wange, Marie, 2 l / 2 Jahr. Pertussis, Bronchopneumonie. Reinkultur von 
Bac. pertussis aus dem Parenchymsaft der infiltrierten Lunge. 3 Generationen. 
Etwas unregelmafiige Formen. 

17) Busch, Elsa, 1 Jahr. Pertussis, Bronchopneumonie beider Unterlappen. 
Bac. pertussis in Reinkultur aus dem Parenchymsaft isoliert. 2 Generationen. 

18) Koch, Ernst, 2 1 /* Jahr. Pertussis, Bronchopneumoniae. Aus letzterer neben 
einzelnen Streptokokkenkolonieen massenhaft Bac. pertussis. 1 Generation. 

19) Meyer, Rudolf, 3 Jahr. Pertussis, Tuberculosis peritonei et glaudul mesent. 
Bronchopneumoniae. Aus letzterer Reinkultur von Bac. pertussis. Der Stamm zeigt 
unregelmafiige Formen, diinnere und plumpere Stabchen wechseln ab. 2 Generationen. 

20) Carstens,5Monate. Pertussis,Bronchitis,Gastroenteritis, Bronchopneumoniae 
Aus letzterer massenhaft Bac. pertussis. 3 Generationen. 

Xdter&tur. 

1) Jochmann, Georg und Krause, Paul, Zur Aetiologie des Keuchhustens. 
(Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh. Bd. XXXVI. 1901?) 

2) Pfeiffer, R., Die Aetiologie der Influenza. (Zeitschr. f. Hygiene und Infektions¬ 
krankh. Bd. XIII. 1893.) 

3) Sawada, K., Virchows Archiv. Bd. CLXIX. 1902. p. 263. 

4) Grassbeirger, R., Beitrage zur Bakteriologie der Influenza. (Zeitschrift f. Hygiene 
u. Infektionskrankh. Bd. XXV.) 

• 5) Meunier, H., Dix cas de bronchopneumonies infantiles dues au bacille de Pfeiffer 
(Influenzabacillus). (Arch. g4ndr. de m4d. 1897. F^vrier.) 

6) Leiner, Karl, Ueber Influenza als Mischinfektion bei Diphtherie. (Wiener klin. 
Wochenschr. 1901. No. 41.) 

7) Suss we in, J., Die Influenza bei Masern. (Wiener klin. Wochenschr. 1901. No. 47.) 

8) Jehle, L., Ueber die Rolle der Influenza als Mischinfektion bei den exanthe- 
matischen Erkrankungen und das Vorkommen von Influenzabacillen im BLut. 
(Zeitschr. f. Heilkunde. Bd. XXII. 1901. Heft 5.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


Nachdruck verboten. 

Die Bierhefe bei eiperimentell erzeugter Streptokokken- und 
Staphylokokkeninfektion. 

[Aus dem Laboratorium der Academia de Ciencias m6dicas de Catalufla.} 
Von Prof. Dr. B. Turrd, J. Tarruclla und Dr. A. Presta. 

Aus dem Spanischen fibertragen von Dr. Alfred Berliner, Berlin. 

Zahlreiche klinische Beobachtungen, welche zwei von uus fiber die 
Behandlung der Staphylokokken- und Streptokokkeninfektionen mittelst 
Bierhefe gemacht und verfiffentlicht J ) haben, gaben den Anlafi zu vor- 
liegender experimenteller Arbeit 


I. Tell. 

a) Die Streptokokkeninfektionen. 

Aus einer Eiterpustel wurde ein Streptococcus isoliert und nach 
dem Marmorekschen Verfahren seine Virulenz bis zu einem ge- 
wissen Grade gesteigert, alsdann ein Tropfen aus einer Bouillonkultur 
6 Kaninchen von annfihrend gleicher Grdfie, Ffirbung und Gewicht 
in die Ohrmuschel eingeimpft Nach 24 Stunden bereits gab sich eine 
deutliche Entzfindung der Impfstelle zu erkennen, am markantesten, 
wenn man die Ohren im auffallenden Oder durchfallenden Lichte be- 
trachtete; bei gleichzeitigem Berfihren beider Ohren war die lokale 
Temperatursteigerung gut abzuschfitzen. 2 Kaninchen verbleiben 
als Kontrolltiere; die fibrigen 4 erhalten jedes eine Einspritzung von 
10 ccm Saccharomyces cerevisiae unter die Rfickenhaut. Zur 
Verwendung kommt aus einer Mfinchener Stammkultur durch 6-tSgige 
Zfichtung in Malzbrfihe erhaltene Hefe, nach Aspiration des Bodensatzes, 
woselbst die Kultur am dichtesten ist. 

Drei Tage nach der Impfung: Es besteht kein bemerkens- 
werter Unterschied zwischen den 4 geimpften Tieren und den Kon- 
trolltieren. Das Erysipel entwickelt sich bei alien durchg&ngig in gleicher 
Stfirke; die LOfTel hfingen bereits herab, kdnnen jedoch von den Tieren 
selbstfindig wieder aufgerichtet werden. Die subkutane Hefeinjektion 
hat in situ anscheinend keine Reaktion erzeugt. Bei jedem der 4 
Kaninchen wird an anderer Stelle die Hefeeinspritzung wiederholt, 
wiederum 10 ccm. 

Vier Tage nach der Impfung: Sichtliches Fortschreiten des 
Erysipels bei den beiden Kontrolltieren: Es besteht deutliche teigig- 
serfise Infiltration, die Haut schwillt an und ist feucht, die Ohrlappen 
sind vollig herabgesunken. Eines der Tiere weist bei Rektalmessung 
eine Temperatursteigerung von 1,7° fiber die Norm auf, das andere von 
0,9°. Dagegen hat bei den 4 anderen Tieren die Entzfindung gegen 
den vorangegangenen Tag kaum Fortschritte gemacht, die Hautdecken 
bleiben trocken, Oedem und Hyperamie sind anscheinend nicht so stark, 
die Ohren sinken spontan herab, konnen aber bei Berfihrungen aufge- 


1) Tarruella, J. und Presta, A., Die Bierhefe in der Behandlung der Exan- 
themerkrankungen sowie der Staphylokokken- und Streptokokkeninfektionen: 

I. MitteUung: Revista de JVledicina y Cirurgia. Juni 1901. No. 6. 

II. Mitteilung: Revista Ihero-Americana 1902. No. 6—9. 


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Turr<5, Tarruella u. Presta, Bierhefe bei Strepto- u. Staphylokokkeninfektion. 23 


richtet werden. Die Temperatur schwankt bei ihoen zwiscben 0,3 and 0,8° 
fiber der Norm. Jedes Tier erhUlt wieder eine Injektion von 10 ccm 
Hefe. 

Ffinf Tage nach der Impfnng: Intensives Erjsipel bei beiden 
Kontrolltieren, das eine derselben lfiBt das Obr nachschleifen, es sickert 
eine klare, gelblicbe Flfissigkeit hervor; bei dem anderen ist die 
Schwellung nicht so betrlichtlich, jedoch die fieberhafte Reaktion starker; 
sie fiberschreitet die Norm um 1,9°, wfihrend sie bei seinem Genossen 
nur 1° fiber dem Normalen zeigt. Was die 4 mit 30 ccm Hefe be- 
handelten Tiere anbelangt, so weisen sie eine unzweifelhafte Besserung 
auf: Ihre Ohren schwellen sichtlich ab, richten sich leicht auf, die 
Epidermis wird trocken und blfitiert ab; fast alle zeigen normale 
Temperatur. Nach 2-tSgiger Zwischenpause erhalten sie wieder eine 
Injektion von 10 ccm. 

Sieben Tage nach der Impfnng: Das eine der Kontroll- 
Kaninchen zeigt stfindiges Aussickern seroser Flfissigkeit, der innere 
Ohrrand beginnt sich abzustofien, die Hantdecken sind nicht mehr so 
geschwollen wie zuvor. Bei dem zweiten Tiere beginnt das Erysipel 
abzuklingen, doch bleibt die Temperatur danernd hoch, sie fiberschreitet 
noch 1,5° die Norm; das Tier friBt nicht und zeigt sich schl&frig. Die 
fibrigen 4 kfinnen als geheilt gelten. Nach Ablauf von weiteren 4 
Tagen erhalten sie noch 10 ccm Hefe injiziert, um die Heilung zu 
verbfirgen. 

Zehn Tage nach der Impfung: Einem der Kontrolltiere geht 
es besser; der fiuBere Ohrrand beginnt zu vernarben unter Zurficklassung 
eines zackigen Saumes. Bei dem zweiten verschlimmert sich das Befinden, 
es stirbt am folgenden Tage, dem elften nach der Impfung, an allge- 
meiner Streptokokkeninfektion. Aus der serosen Flfissigkeit des Herz- 
beutels werden Reinkulturen des Mikroorganistnus gezfichtet. Was die 
4 mit Hefe behandelten Kaninchen anbelangt, so bieten sie keinerlei 
Zeichen einer Infektion mehr. 

Injiziert man 4 Oder 6 Tage hindurch Kaninchen je 10 ccm 
einer Bierhefekultur, so erlangen die Tiere eine Widerstandskraft gegen 
die Wirksamkeit des Streptococcus, derart, daB sie temporarimmun 
gegen das infektidse Agens erscheinen. Es wurden also 4 Kaninchen, 
die alles in allem 40—60 ccm Hefe erhalten halten, 2 Tropfen einer 
Streptokokkenkolonie eingeimpft, wahrend 2 Kontrolltiere nicht vor- 
behandelt waren. Bei den letzteren entwickelt sich ein Symptomenbild, 
analog dem oben beschriebenen, dagegen kommt von den 4 praventiv 
behandelten Kaninchen nur bei einem eine lokale Hyperfimie obne 
spfitere Folgen zu stande, die drei anderen zeigen weder lokal noch all¬ 
gem ein irgendwelche bemerkenswerte Reaktion. Dieses refraktare Ver- 
halten ist jedoch nur ein vorttbergehendes; wir sind aufier stande, die 
Grenzen seiner Dauer weder nach oben noch nach unten hin zu be- 
stimmen, da sie individuellen Schwankungen zu unterliegen scheint. 

Die gleiche Widerstandskraft besteht gegen fiber der intravenosen 
Einimpfung virulenter Streptokokkenkulturen: Wfihrend die Kontroll¬ 
tiere einer Allgemeininfektion erliegen, zeigen Kaninchen nach Prfiventiv- 
behandlung mit 40—60 ccm Saccharomyces-Kultur, wenn man tfiglich 
um 10 ccm successiv steigt, in der Mehrzahl keine Entwickelung einer 
Infektion, hfichstens sehr abgeschwacht im Vergleich zu der typischen 
Infektion der Kontrolltiere. 


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24 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


b) Die Staphylokokkeninfektionen. 

Unsere diesbeziiglichen Versuche trugen mehr den Stempel des Zu- 
falligen als die vorangegangenen: Einmal war der geringe Virulenzgrad 
des Staphylococcus pyogenes aureus Oder albus die Ursache, 
daB nur ein lokaler Abscefi entstand, der rasch zur Heilung kam, ohne 
daB man auch nur mit einiger Sicherheit die Wirkung der Bierhefe 
hatte erkennen konnen, ein andermal hatte die hohe Virulenz des 
Mikroorganismus eine so akute Septikamie zur Folge, daB die Heilkraft 
des Mittels nicht genau zu beurteilen war. Trotzdem fallt es, nach 
wiederholten Versuchen, nicht schwer, Kulturen des Staphylococcus 
aureus von einem mittleren Virulenzgrad zu erhalten, der weder in 
wenigen Tagen zum Tode fOhrt, noch auch zu abgeschwacht ist, urn 
nicht binnen 15—25 Tagen unter Bildung multipier Eiterherde den 
exitus letalis zu bewirken. Impft man eine bestimmte Dosis dieser 
Kulturen ein, sei es durch intravendse Injektion, sei es in die Bauchhohle, 
so bildet sich im ersten Falle eine PyUmie heraus, unter Entstehung 
multipier Abscesse der Bauchorgane, speziell in der Leber und den 
Nieren, im zweiten Falle kommt es zu einer eitrigen Peritonitis, 
deren Dauer nach der Beschaffenheit der Falle wechselt. Die Heilkraft 
der Bierhefe, deren Anwendung, wie oben beschrieben, erfolgt, ist unbe- 
streitbar aus dem Krankheitsverlauf der behandelten Kaninchen, ver- 
glichen mit dem der Kontrolltiere, zu erkennen. Totet man ein be- 
handeltes Tier und ein Kontrolltier zwischen dem 4. und 5. Tage, 
so ergeben sich sehr instruktive Bilder bei der Autopsie: Wahrend 
bei dem ersten die Entzllndungserscheinungen an den Baucheingeweiden 
in Abnahme begriffen sind und die Eiteransammlung verringert und ab- 
gekapselt ist, sehen wir bei dem Kontrolltiere den EntziindungsprozeB 
immer weiter vordringen und viel reichlichere Eitermassen Qberall; 
zwischen dem 8. und 10. Tage kann man beobachten, daB der 
Eiter dicker und konsistenter geworden ist und daB sich deutliche 
Absorptionsvorgange abspielen, die den EntziindungsprozeB abklingen 
lassen. Bei den Kontrolltieren dagegen tritt gerade das Gegenteil ein. 

Die Praventivbehandlung von Kaninchen mittelst taglicher Hefe- 
injektionen aus Kulturen des Saccharomyces cerevisiae bedingt 
eine gewisse zeitliche Immunitat Oder grSBere Widerstandskraft gegen 
den Staphylococcus pyogenes albus und aureus. Impft man 
zwischen dem 6. und 7. Behandlungstage die Tiere subkutan mit einer 
gleichen Dosis derselben Kultur, so bilden sich bei dem Kontrolltiere 
Abscesse, bei den praventiv behandelten kommt es entweder gar nicht 
zu Veranderungen oder es bildet sich eine gutartige Entztindung, ohne 
daB wir je eine Vereiterung beobachtet hatten. 

II. Tell. 

Die soeben geschilderten Versuche zeigen uns bei einem Vergleich 
mit den klinischen Beobachtungen, iiber die wir ausftthrlich in den 
beiden oben genannten Mitteilungen berichtet haben, daB die 
Heilwirkung der Hefe beim Kaninchen langsamer eintritt als beim 
Menschen, vielleicht tragt daran der Umstand Schuld, daB bei letzterem 
die Einfuhr des Mittels durch den Verdauungstraktus erfolgt, beim 
Kaninchen auf hypodermatischem Wege. Bei der Behandlung der 
Furunkulose, der Phlegmonen, des Erysipels, der Blattern wahrend ihrer 
Periode der Eiterbildung tritt rasche Heilung nach Beginn der Be- 


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Turr<5, Tarruella u. Presta, Bierhefebei Strepto- u. Staphylokokkeninfektion. 25 

handlang ein, desgleichen sind bei Masern, Scharlach u. s. w. die 
Wirkungen der Hefe deutlich zwischen dem 2. und 3. Tage er- 
kennbar. Bei den Pocken lafit sich im Stadium serOser Blasenbildung 
durch rechtzeitige Anwendung der Hefe der Uebergang in das Stadium 
der Pustelbildung vermeiden. Beim Haninchen hingegen erfolgt die 
Wirkung langsamer, erst zwischen dem 4. und 5. Tage; sie ist 
jedoch nicht veranlafit durch ldsliche Stoffe, die die Hefe in ihrem 
Kulturmedium hinterl&fit. Filtriert man nSmlich unter Druck die Fltlssig- 
keit aufs genauste, so iibt sie keinerlei Heilkraft mehr aus; dagegen 
wirken die Hefezellen, auch wenn man sie zweimal in destilliertem 
Wasser wascht, noch immer in gleicher Weise. Diese Tatsache beweist 
zur Evidenz, dafi das wirksame Prinzip im Protoplasma des Saccha- 
romyces wurzelt und erst in gelostem Zustande in die Erscheinung 
tritt, sobald es ungehindert in den Organismus dbergehen kann. 

Nach Injektion von Hefekulturen in das Unterhautzellgewebe 
kommt es zu einer „aktiven“ Hyper&mie mit seroser Exsudation und 
reichlicher Auswanderung weiBer Blutkorperchen; von letzteren werden 
die Hefezellen eingekapselt, aufgelost und schliefilich verdaut. Die frei 
in der Lymphe umherschwimmenden Zellen werden von dieser ange- 
griffen, zeigen fortschreitende Vakuolenbildung, bis sich ihr Protoplasma 
in eine durchscheinende Masse verwandelt, die weder mit sauren noch 
basischen Farbstoffen tingierbar ist; schliefilich verschwinden sie ganz. 
Dieses Phfinomen ist v611ig identisch mit den von dem einen von uns 1 2 ) 
beschriebenen Vorgfingen bei der Einwirkung des Schilddrttsen-, Muskel- 
und Nierensaftes auf den Milzbrandbacillus. Desgleichen hat D u c 1 o m e *) 
derartige Vorg&nge von Zellaufldsungen nach Injektionen in die Bauch- 
hohle beschrieben, wobei sie jedoch r'ascher verlaufen. Dadurch, dafi das 
wirksame Prinzip im Protoplasma der Hefezellen frei wird und in 
Losung geht, erwirbt das Blutserum der Kaninchen eine Eigenschaft, 
die es normalerweise nicht besitzt, namlich auf Streptokokken sowie 
auf Staphylococcus aureus und albus agglutinierend zu wirken; 
nur auf diese Bakterien erstreckten sich unsere Versuche. Diese Eigen¬ 
schaft wird um so ausgesprochener, je weiter die Behandlung fort- 
schreitet. 

Die Agglutination des Strep toco ecus und S tap hylococcusbleibt 
ebenso deutlich bei Anwendung von Hefekulturen in Rinderbouillon oder 
in der Wtirze des Darrmalzes, wie es zur Fabrikation des Bieres be- 
nutzt wird. In kaum 24 Stunden ist der Prozefi schon ganz deutlich. 
Bei dem Streptococcus tritt sogar die Agglutination so rasch auf 
wie beim B. Eberth nach Zufiigung des agglutinierenden Tropfens 
zwischen Objekttrfiger und Deckglfischen. 

„In vitro“ sieht man die nicht mehr keimf&higen Streptokokkenver- 
b&nde sich zu Klumpen an den W&nden des Reagensrdhrchens zu- 
sammenballen; allmfihlich senken sie sich zu Boden unter gleichmafiiger 
Verteilung, ohne die Flflssigkeit zu truben. Die Agglutination erfolgt 
schon nach Zusatz weniger Tropfen der Hefekultur. 

Die agglutinierende Substanz der Saccharomyces - Eulturen scheint 
ihrer Natur nach den Enzymen anzugehoren; durch Erw&rmung auf 55° 
verliert sie ihre Wirksamkeit, in alten Eulturen schon bei 45°. Wahr- 


1) Turr6, R., Zur Bakterienverdauung. (Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 
XXXII. 1902. No. 2.) 

2) Duciome, Traits de microbiologie. Bd. III. Cap. XXXVI. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. -1. 


scheinlich stellt das von Duclaux beschriebene Phanomen der „Selbst- 
verdauung“ in alten Hefekulturen eine Auflosung der Protoplasmasub- 
stanz in der Fliissigkeit dar; das Protoplasma enthalt die agglutinierende- 
Materie, deren Wirksamkeit sicb schon in 48-stilndigen Kulturen ein- 
stellt und nach Erwarmung bis zur Gerinnung aufhort. 

Legt man eine Kultur des Streptococcus und der Hefe in demselben 
Medium an, so lafit sich folgendes beobacbten: Erstlich entwickelt sich 
der Streptococcus bereits in agglutinierter Form oder in Knftuelform, 
zweitens verliert er rasch die Eigenschaft, auf Gelose oder Gelatine 
fibertragen, weiter zu wachsen; endlicb schwficht sich seine Virulenz 
rascher ab als auf den gewohnlichen Eulturmedien. 

Das Verschwinden der Virulenz des Staphylococcus aureus 
und a 1 b us bei gemeinschaftlichem Wachstummit dem Saccharomyces- 
Pilz lafit sich gleicbfalls als untrtigliches Faktum durch Vergleich mit 
Kontrollversuchen nachweisen. 

Aus der oben angedeuteten Versuchsreihe glauben wir zwar nicht 
den Schlufi ziehen zu kdnnen, dafi mit dem noch so dunklen Pha- 
nomen der Agglutination die Heilwirkung der Hefe bei Streptokokken- 
und Stapbylokokkeninfektionen genugend aufgekiart ist, sondern wir 
wollen nur damit feststellen, dafi die Eigenschaften dieser Bakterien- 
gattungen in Gegenwart der Hefe eine tiefgreifende Aenderung er- 
fahren. Wenn wir ein Mittel besfifien, das Protoplasma der Hefezellen 
loslich zu machen, so wiirde vielleicht der Nachweis gelingen, dafi 
gegeniiber den genannten Bakterienarten, wenigstens in vitro, das Proto¬ 
plasma ein machtiges Antiseptikum darstellt; so aber mflssen wir uns 
begniigen, diese Behauptung auf iudirektem Wege nachzuweisen. 

So konnten wir beispielsweise bei einer eitrigen Erkrankung des 
Warzenfortsatzes folgende Beobachtung machen: Am 4. Tage der 
Bierhefebehandlung — zu der wir uns berechtigt halten, auf Grund 
zahlreicher klinischer Beobachtungen in alien Fallen, wo fitiologisch 
Staphylokokken oder Streptokokken nachweisbar sind — war eine 
Geloseaussaat des Eiters gemacht worden, versehentlich nicht zu Beginn 
der Kur. Tags darauf fanden wir das GeloserShrchen vbllig steril, 
obwohl es mit einer geniigenden Quantitat Eiter beschickt worden war. 
Von diesem ROhrchen impften wir mit der Nadel auf ein zweites (iber 
und sahen nach 24 Stunden typische, isolierte Kulturen des Staphylo¬ 
coccus aureus aufgehen. Dieser unerwartete Ausgang des Versuches 
ftthrte uns dazu, ihn in anderen Fallen zu wiederholen, und konstant 
konnten wir die Beobachtung bestatigen, dafi Eiter, im Ueberschufi aus- 
gesat, das Aufgehen der Kolonieen sowohl des Streptococcus wie des 
Staphylococcus verzSgert, und dafi die Zahl der Kolonieen sich ver- 
ringert, in gleichem Mafie, wie die Behandlung fortschreitet; nicht selten 
trifft man nach 10oder 12Tagen auf sterilen Eiter. Streptokokken, die 
von Kaninchen stammen, welche eine Hefebehandlung durchgemacht 
haben, verlieren die Ffihigkeit, sich auf den gewohnlichen Eulturmedien 
fortzupflanzen und zeigen rasche Abschwfichung ihrer Virulenz; auch 
die Staphylokokken schwachen sich ab, ohne jedoch die Fort- 
pflanzungsfahigkeit einzubufien. 

Aus diesen Beobachtungen lassen sich folgende Schliisse ableiten: 

1) Der Eiter von Individuen, die mit Bierhefe behandelt sind, ent- 
halt eine Substanz, welche die Keimfahigkeit der betreffenden Bakterien- 
spezies hindert, indem sie nach Art eines Antiseptikums wirkt. 


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Turr<5, Tarruella u. Presta, Bierhefe bei Strepto-u. Staphylokokkeninfektion. 27 

2) Diese Substanz wirkt bakterizid gegen die betreffenden Bakterien- 
arten, denn die Zahl der Keime verringert sich von Tag zu Tag. 

3) Die Substanz schw&cht auch die Virulenz der Keime ab. Dem- 
zufolge mflssen wir im Protoplasma der Saccharomyces- Zellen 
wirksame Pinzipien Oder Substanzen annehmen, die der Keimfahigkeit 
der Staphylokokken und Streptokokken entgegenwirken, indem 
sie gleichzeitig ihren Yirulenzgrad abschw&chen und sie selbst vernichten, 
vorausgesetzt daB diese Stoffe gelost sind und sich in dem LQsungs- 
mittel verbreiten kOnnen. Die verdauende TStigkeit der Leukocyten 
gibt uns einen Fingerzeig, wie die LOsung dieser Substanzen vor sich 
geht, sobald sie auf hypodermatischem Wege in den Organismus flber- 
gehen. Im Bbrigen, wenn man die Bierhefe durch den Digestionstraktus 
einverleibt, geht die Yerdauung ihrer Zellen auf ganz andere Weise vor 
sich: Hochwertige Pepsinlosungen flben keine Wirkung auf die Zellen 
aus, ebenso werden sie von Pankreasldsungen, die nach Heiden- 
h a i n scher Methode hergestellt sind, wenig beeinfluBt; auch der direkt aus 
dem Ductus Wirsungianus gewonnenePankreassaft ist wirkungslos. 
Lediglich der durch Selbstverdauung des Pankreas 1 ) erhaltene 
Saft scheint einigermaBen auf die Hefezellen einzuwirken, und auch 
dieser nur langsam. Wie werden sie also im Digestionsapparate ver- 
daut? Wahrscheinlich ist dabei die Bakterienflora des Darmkanals im 
Spiele, die in gleicher Weise auf sie wie auf zellulosehaltige Substanzen 
einwirkt. Wir stellten nun folgenden Versuch an: Hundert Kolben mit 
Malzbriihe, die mit Saccharomyces-Pilzen beschickt waren, wurden 
mit menschlichen Exkrementen geimpft. Natflrlich entwickelten sich die 
verschiedenartigsten Bakterien, doch so, daB einige Spezies uberwogen. 
Die methodische Untersuchung dieser Kulturen ergab nun zur Evidenz, 
daB die Zahl der Hefezellen in 60 Proz. der Proben auf weniger als 
die Halfe zurOckgegangen war, in 30 Proz. waren sie fast vdllig ver- 
schwunden. 

Es lag schlieBlich in unserer Absicht, einige Spezies, die eine 
besonders inteusiv verdauende Kraft auf die Hefezellen auszuUben 
schienen, zu isolieren, jedoch sind unsere diesbezuglichen Beobachtungen 
fOr eine Veroffentlichung noch nicht genGgend spruchreif. 

Immerhin scheint uns die Tatsache, daB die Hefezellen unter der 
Einwirkung der Darmbakterien verschwinden, einiges Licht zu verbreiten 
iiber den Mechanismus, welcher die LGsung und Assimilierung der im 
Protoplasma der Bierhefe enthaltenen streptokokken- und staphylokokken- 
feindlichen Prinzipien vermittelt. 


SchluBfolgerungen: 

I. Die Bierhefe Gbt bei experimenteller Anwendung 
eine deutliche Heilwirkung gegenOber einer Strepto- 
kokkeninfektion des Kaninchens aus, sowohl bei lokaler 
wieAllgemeinerkrankung; dieAnwendung erfolgt subku- 
tan in Dosen von lOccm aus einer gut entwickelten Kultur; 
sie ist 5 Tage mindestens, 12 Tage in maximo zu wieder- 
holen. Die gleichen Verhaltnisse herrschen bei der 
Staphylokokkeninfektion. 


1) Pi y Slinger, A., Sociedad de Biologia. Barcelona 1902. 


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Centraibl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


II. Nach Subkutaninjektion von 10 ccm Bierkefe 4—6 
TagehindurcherzieltmanbeimKanincheneinetemporfire 
Immunitfit gegen experimentell erzeugte Streptokokken- 
and Staphylokokkeninfektion. 

III. Das wirksame Prinzip des Saccharomyces cere- 
visiae ist nicht in seiner Kulturfltissigkeit enthalten; es 
wurzelt im Zellprotoplasma und tritt in Tatigkeit, sobald 
es durch vorhergehende Verdauung seitens der Leuko- 
cyten der Kfirperlympke gelfist ist. 

IV. DasBlutserumdermitHefebehandeltenEaninchen 
zeigt agglutinierende Eigenschaften gegenflber dem 
Streptococcus und Staphylococcus aureus und albus. 

V. MitHefebeschickteRinderbouillonoderMalzbrflhe 
wirken vom 2. Tage an agglutinierend auf die genannten 
Bakterienarten; bei der Erwfirmung auf 55 0 erlischt diese 
Eigenschaft. 

VI. In dem Eiter eines mit Bierhefe behandelten In* 
dividuums verringert sich die Zahl der pyogenen 
Keime, je lfinger die Behandlung dauert; der Eiter wird 
schliefilich steril, gleichzeitig nimmt der Virulenzgrad 
immer mehr ab. 

VII. Das wirksame Prinzip der per os aufgenommenen 
Bierhefe wird lfislich und assimilationsffihig unter der 
verdauendenWirkunggewisser Bakterienarten der Darm- 
flora, die noch nicht genau bestimmt sind. 


Nachdruck verboten. 

Experimentelle Untersuchungen iiber Krebs bei Mausen. 

Von C. 0. Jensen, 

Prof, an der tierarztlicben und landwirtschaftlichen Hochschule zu {Copenhagen. 

Mit 4 Tafeln. 

Nachdem das Wesen der ansteckenden Krankheiten jetzt in den Haupt- 
stucken klargelegt worden ist, hat die pathologische Forschung sich mit 
Eifer auf die Fragen nach der Aetiologie und Genese der bosartigen 
Geschwfllste geworfen; und die wi«htigen Entdeckungen der jfingsten 
Jahre auf dem Gebiete der Immunitfitslehre, besonders der Nachweis 
von Hfimolysinen, Cytotoxinen und Pracipitinen, im Verein mit der hier- 
durch erregten Hoffnung, auf dem hier betretenen Wege nun auch wirk¬ 
same Mittel gegen die Krebskrankheit zu linden, haben diesen Be- 
strebungen einen machtigen StoB vorwarts gegeben. Betrachtet man 
das Ergebnis der zahlreichen und umfassenden Arbeiten, so muB man 
indes eingestehen, daB dasselbe nur ein durftiges ist. Wir wissen jetzt 
nicht mehr als vor 20 Jahren fiber die ursfichlichen Verhfiltnisse der 
malignen Tumoren. 

Anhanger der Theorie von der parasitfiren Entstehung der Ge- 
schwfilste haben fitters behauptet, man werde vermutlich schon allein 
durch die Entwickelung der mikroskopischen Technik und durch um- 
fassende genaue mikroskopische Untersuchungen zur Klarlegung der 
ursfichlichen Verhfiltnisse des Cancers gelangen kfinnen, indem sie auf 
lie eingehende Kenntnis der Entstehungsursachen der Malariakrank- 


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Jensen, Experimentelle Untereuchungen iiber Krebs bei Mfiusen. 


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heiten hinwiesen, die man fast einzig und allein auf diesem Wege er- 
worben hat. Es lfiBt sich wohl nicht bestreiten, daB eine entwickelte 
mikroskopische Technik uns anch auf diesem Gebiete wird vorwfirts 
bringen konnen; die zahlreichen bis jetzt vorliegenden Untersuchungen 
warnen uns aber, allzu fest darauf zu vertrauen, daB es uns auf diesem 
Wege gelingen sollte, die Frage nach der Aetiologie und Pathogenese 
der Geschwfilste zu lOsen. Es kommt mir als hochst wahrscheinlich 
vor, daB man, um Klarheit nicht nur fiber die ursachlichen Verh&ltnisse, 
sondern auch fiber eine Reihe anderer, noch nicht geldster Fragen mit 
Bezug auf die Pathogenese und die fibrigen Verhfiltnisse der Geschwfilste 
zu erlangen, seine Zuflucht zur experimentellen Forschung nehmen mufi. 
Dies ist jedoch nicht so zu verstehen, als ob man diesen Weg nicht 
schon frflher eingeschlagen hfitte; im Gegenteil, es liegen nicht nur aus 
den letzten Jahren, sondern auch aus frfiherer Zeit sogar recht um- 
fassende Versuche vor, speziell fiber die Mdglichkeit einer Uebertragung 
der Geschwfilste von Individuum auf Individuum. Die Resultate dieser 
Versuche waren im groBen und ganzen jedoch nur wenig befriedigend 
und wesentlich negativen Charakters, indem es sich fiuBerst schwierig 
erwiesen hat, ein Material zu beschaffen, das sich fiberhaupt ffir solche 
experimentelle Forschung eignete. Weitaus die meisten Sarkome und 
Carcinome lassen sich bekanntlich nur fiuBerst schwierig auf andere In- 
dividuen fibertragen, und selbst wenn dies bei einem einzelnen der ge- 
impften Tiere gelingt, ist es selbstverstfindlich, daB man nicht im stande 
ist, aus einzelnen derartigen Versuchen weitergehende Schlflsse zu ziehen. 

Um zu grfifierer Klarheit zu gelangen, muB man solche Geschwulst- 
formen aufsuchen, die siGh mit Leichtigkeit auf andere Individuen fiber¬ 
tragen lassen, und zwar am liebsten bei kleineren Versuchstieren, die 
in so grofier Anzahl, wie erforderlich ist, herbeigeschafft werden kOnnen, 
speziell also bei Ratten und Mfiusen. Es liegen nun auch Beobach- 
tungen fiber Geschwfilste bei diesen Tieren vor, die sich mit grfifierer 
Oder geringerer Leichtigkeit auf andere Individuen derselben Gattung 
transplantieren lieBen; so verweise ich auf Han aus (1) Transplan- 
tationen eines unzweifelhaften Hautcarcinoms einer Ratte, auf M o r a u s (2) 
zahlreiche Uebertragungen des Adenocarcinoms einer weifien Maus und 
auf L o e b s (3) und V e 1 i c h s (4) Rattensarkome. 

Ich selbst babe eine lfingere Reihe von Jahren hindurch solchen 
Geschwfilsten nachgespfirt und nach und nach mehrere MSuse mit car- 
cinomatfisen Tumoren gefunden, eine Uebertragung derselben auf andere 
Mfiuse gelang aber nicht. Erst vor reichlich 2 Jahren kam ich in Be- 
sitz eines solchen transplantabeln Tumors einer weiBen Maus, die einst 
mit Melanosarkomzellen eines Pferdes geimpft worden war und, von 
dieser Impfung unabhfingig, eine ca. haselnufigroBe Geschwulst am Rttcken 
bekam, welche an die Haut adhfirent war und ihren Ausgang offenbar 
aus dieser genommen hatte, sich aber zugleich abwfirts erstreckte und 
ihren wesentlichsten Sitz im subkutanen Gewebe hatte. Diese Ge¬ 
schwulst lieB sich auf andere Mfiuse fibertragen, indem sich bei 3 unter 
5 geimpften Mfiusen Tumoren von ganz fihnlicher Beschaffenheit wie 
bei der ersten entwickelten, und aus diesen Mfiusen gelang es mir spfiter, 
durch fortgesetzte Impfung die Geschwulst auf eine sehr groBe Anzahl 
anderer Mfiuse zu fibertragen. Im Dezember 1901 gab ich in einem 
Vortrag in der Biologischen Gesellschaft (zu Kopenhagen) (5, 7) eine 
kurz gefafite Uebersicht fiber die damals vorliegenden Resultate; so 
konnte ich mitteilen, daB es gelungen sei, die Geschwulst durch 8 Gene- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original?. Bd. XXXIV. No. 1. 


rationen hindurch von Maus auf Maus zu transplantieren, daB es nicht 
geglfickt sei, das Vorhandensein von Schmarotzern im Geschwulstgewebe 
zu konstatieren, und daB einige Versuche in betreff der Widerstands- 
fahigkeit der Zellen angestellt worden seien. Ueber letzteren Punkt 
gab ich spater im April 1902 an demselben Orte (6) eine raehr um- 
fassende Uebersicht. Endlich teilte ich in meinem ersteren Vortrage 
das Ergebnis einiger Heilungsversuche ausfiihrlich mit, indem ich an- 
ffihrte, daB ich ein Kaninchen mit steigenden Mengen zerstofiener 
Cancermasse geimpft hatte, und daB das Blutserum dieses Kaninchens 
sich im Besitze heilender Eigenschaften gezeigt habe, so daB einige 
M&use mit ziemlich groBen Geschwfilsten durch Behandlung mit dem¬ 
selben vbllig geheilt worden wSren, indem die Geschwttlste einschrumpften 
and resorbiert worden seien. 

Seitdem habe ich die Versuche in verh&ltnism&Big groBem MaB- 
stabe in vielen verschiedenen Richtungen fortgesetzt Mehrere dieser 
Versuchsreihen sind beendigt oder wenigstens zum voriaufigen AbschluB 
gebracht worden, und im folgenden werde ich nach einer Schilderung 
der groberen Verhaltnisse und des histiologischen Baues der Geschwulst 
Versuche ausfiihrlich besprechen, die angestellt sind, um die biologischen 
Verhaltnisse der Geschwulstzellen aufzuklaren. Dagegen sind die Ver¬ 
suche fiber das Vorkommen einer natiirlichen Immunitat und die Mog- 
lichkeit der Erzeugung einer kiinstlichen Immunitat bei den Mausen noch 
nicht abgeschlossen, was auch von den Heilungsversuchen gilt. 

Hinsichtlich der letzteren hebe ich jedoch schon hier folgendes her- 
vor: Unsere Bemfihungen bezwecken ja das Auffinden eines Mittels 
gegen den Krebs, das nicht nur die lokale Behandlung der Geschwulst 
gestattet, sondern auch auf den ganzen Organismus universelle Ein- 
wirkung hat, mithin auch auf eventuell vorhandene Metastasen — eines 
Mittels, welches die weitere Verbreitung des Leidens im Organismus 
verhindern und auf die Geschwulstkrankheit, wo diese sich auch lokalisiert 
haben mochte, heilend wirken kdnnte. Abgesehen von den im wesent- 
lichsten verlassenen Versuchen, dieses Resultat durch Bakterien oder 
Bakterienprodukte zu erzielen, erblicken wir ffir den Augenblick nur 
zwei Wege: 

Wir kdnnen versuchen, eine aktive Immunitat bei 
dem Patienten dadurch hervorzurufen, daB wir ihn mit 
seinen eigenen Geschwulstzellen behandeln, so dafi sich 
im Blute Stoffe (Cytotoxine) bilden, welche die fernere Verbreitung der 
Geschwulstzellen, eventuell auch deren fortgesetztes Leben und Wachs- 
tum an der prim&r angegriffenen Stelle verhindern. Meines Wissens 
liegen in der Literatur nur Mitteilungen von v. Leyden und Blumen- 
thal (8) fiber ein paar derartige Versuche an Menschen vor, das Re¬ 
sultat lfiBt sich aber nicht zur Entscheidung fiber die Brauchbarkeit der 
Methode verwerten. Meine an Mausen angestellten Versuche in dieser 
Richtung, deren Anzahl freilich nur noch gering ist, d e u t e n darauf hin, 
daB es nicht nur moglich ist, bei gesunden Mausen eine aktive . Immu¬ 
nitat den Geschwulstzellen gegenfiber hervorzurufen, sondern daB es auch 
mdglich ist, bei einer bereits von einem Tumor angegriffenen Maus eine 
aktive Immunitat durch Behandlung mit losgetrennten Geschwulstzellen 
zu erzeugen, so daB das fortgesetzte Wachstum der Geschwulst ver- 
hindert und das Geschwulstgewebe nach und nach getdtet und resor¬ 
biert wird. 

Der andere Weg, den wir einschlagen kdnnen, ist der, dem Pa- 


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Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei Mftusen. 


31 


tienten dadurch eine passive Immunit&t beizubringen, 
•da6 wir ihn mit einem Immunserum behandeln, welches 
mittelsfortgesetzterEinimpfungvonGeschwulstmaterial 
-auf ein anderes Tier dargestellt wurde. Es liegen, wie in 
meiner vorl&ufigen Mitteilung beriihrt, ziemlich zahlreiche Versuche am 
Menschen in dieser Kichtung vor, durchweg jedoch nur Versuche von 
sehr geringem Werte. Was ich in meinem ersten Vortrage ttber die 
Serumbehandlung von M&usen mit KrebsgeschwQlsten QuBerte, kann ich 
in allem Wesentlichen festhalten; es scheint indes mit gewissen Schwierig- 
keiten verbunden zu sein, ein solches Heilsernm herzustellen, und die 
Resultate waren bisher noch unsicher (d. h. bisweilen Qberraschend gut, 
bisweilen aber auch vollst&ndig negativ), weshalb ich die n&here Be- 
-sprechung dieser Versuche aufschiebe, bis ich grSBere Elarheit und zu- 
verl&ssigere Resultate erlangt haben werde. 

Gleich nach Veroffentlichung meines ersten Vortrags wurde der- 
selbe in verschiedenen Tagesbl&ttern referiert, und aus diesen fand der 
Inhalt den Weg nach dem Auslande. Mehrere der Blatter gaben ein 
unrichtiges Referat, und speziell wurde meinen Versuchen gar zu grofie 
Tragweite beigelegt, so dafi es den Anschein erhielt, als ob ein Mittel 
gefuuden ware, welches sich auf angegriffene Menschen anwenden lieSe. 
Da es wohl nicht zu vermeiden ist, dafi auch diese ausfQhrliche Mit¬ 
teilung in den Blattern besprochen wird, sehe ich mich zu folgender 
Aeufierung veranlafit: Selbst wenn es gelingen sollte, ein Serum mit 
absolut heilender Wirkung auf Geschwulstformen bei Mausen darzu- 
stellen, oder selbst wenn es gelingen sollte, auf die oben erwahnte Weise 
cine aktive Immunitat gegen die Geschwulst zu erzeugen, dQrfen wir 
darum doch nicht ohne weiteres feststellen, wir hatten sichere Mittel 
zur Behandlung der Krebskrankheit beim Menschen gefunden, da es in 
hohem Grade Qbereilt sein wQrde, aus Versuchen an kleinen Tieren in 
dieser Richtung Folgerungen rQcksichtlich des Menschen zu ziehen. 
Ich glaube nicht, dad wir vorlaufig grofie Hoffnung auf 
die Serumbehandlung der Krebskrankheit beim Menschen 
setzen dQrfen. Die Darstellung eines solchen Serums wird namlich 
auBerst schwierig fallen, und es wird nichts weniger als leicht sein, ge- 
eignetes und hinl&ngliches Impfmaterial fQr die Sernmtiere zu beschaffen; 
ferner wird man sich nicht mit einem einzelnen Serum begnQgen kSnnen, 
sondern muB wahrscheinlich eine grofie Reihe von Sera gegen die ein¬ 
zelnen Formen des Krebses haben. Hierzu kommt Qberdies, dafi alle 
bisher dargestellten Cytotoxine (mit Ausnahme der Hfimolysine) nur ge- 
ringe Wirkung besitzen, so dafi diejenige Menge Serums, die in den 
Organismus eingefuhrt werden mufi, um die spezifische Wirkung zu er¬ 
zeugen, eine unverhfiltnismfifiig grofie wird. Hiermit ist nicht gesagt, 
dafi mir die Arbeit in dieser Richtung hoffnungslos erscheinen sollte; 
im Gegenteil, die Arbeiten der letzteren Jahre auf den Gebieten der 
Bakterien- und ZellenimmunitQt haben uns so viele Ueberraschungen 
bereitet, dafi ein wirksames Cancerserum nicht als ein Unerreichbares 
betrachtet werden kann, und Qberdies steht uns fQr den Augenblick 
wohl kein anderer gangbarer Weg offen; nur darf man nicht sogleich 
gar zu grofie Erwartungen und Hoffnungen hegen. Wir haben gewifi 
noch einen weiten und mfihevollen Weg bis zum Ziel, und unsere bis- 
herige Kenntnis der Cytotoxine ist noch sehr gering. 

Die Mitteilungen, die ich im folgenden geben werde, betreffen teils 
den Bau der Geschwulst, mit welcher ich arbeitete, teils die Versuche, 


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32 


Central!)], f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


dieselbe auf andere Mfiuse vie auch auf andere Tierarten zu fibertragen, 
ferner die wichtigen Fragen nach der parasit&ren oder nichtparasitfiren 
Entstehung der Geschwulst und nach dem Vorkommen der Immunitfit bei 
den Mfiusen gegen die Geschwulstzellen. Endlich werde ich eine Ueber- 
sicht fiber die biologischen Verhfiltnisse der Geschwulstzellen geben: 
fiber ihre Lebensffihigkeit (Vita propria), nachdem sie aus der Verbindung 
mit dem angegriffenen Organism us getrennt sind, und ihre W ider stands- 
ffihigkeit gegen eine Reihe fiufierer Einwirkungen wie Wfirme, Kfilte, 
Licht, Eintrocknung und Antiseptica. 

Das Vorkommen bdsartiger Geschwttlste bei Mfiusen. 

Ueber das Vorkommen von Geschwfilsten bei Mfiusen liegen sonder- 
barerweise, wenn man die ungeheuere Anzahl von Mfiusen bedenkt, die 
heutzutage in den Laboratorien benutzt werden, nur verhfiltnismfifiig 
wenige Mitteilungen vor. Li v in good (9) hat in einer kleinen Arbeit 
5 Ffille von Geschwfilsten bei weifien und grauen Mfiusen beschrieben, 
nfimlich ein Adenocarcinom in der Lunge einer weifien Maus, ein Adeno- 
carcinom im subkutanen Gewebe, ebenfalls bei einer weifien Maus — 
dieser Tumor rezidivierte nach Exstirpation und verursachte Metasta- 
sierung nach der Lunge — ferner ein vom Vorderbeine einer weifien 
Maus ausgehendes Adenocarcinom, gleichfalls mit Metastasen in der 
Lunge, ein Adenocarcinom aus der Axilla einer grauen Maus und endlich 
ein Adenom, das von der Haut am Beine einer grauen Maus ausging. 

Loeb (3a) berfihrt in Kfirze das Vorkommen eines Carcinoms bei 
einer weifien Maus. 

Morau (2) endlich fand bei einer weifien Maus ein Adenocarcinom, 
dessen Uebertragung von Tier auf Tier ihm 5 Jahre hindurch gelang. 
Die Geschwfilste der einzelnen geimpften Tiere boten im wesentlichen 
denselben mikroskopischen Bau dar wie die ursprfingliche Geschwulst, 
wenngleich bei einigen Tieren kleine Verschiedenheiten anzutreffen waren. 
Die Geschwulst veranlafite keine Metastasenbildungen; nach partieller 
Exstirpation entstanden indes Rezidive, zuweilen mit stfirkerer subkutaner 
Verbreitung. 

Ganz neulich (wfihrend der Korrektur) hat Bor re 1 (10 b) ein meta- 
stasierendes Adenocarcinom beschrieben, welches sich auf andere Mfiuse 
transplantieren liefi; ein positives Resultat wurde allerdings nur bei ca. 
10 Proz. der geimpften Tiere erreicht. 

Ich selbst habe im Laufe der Jahre mehrere Ffille von Carcinomen 
bei Mfiusen untersucht; so fand ich in der Haut und Subkutis einer 
weifien Maus eine Reihe erbsengrofier Tumoren, die sich bei mikro- 
skopischer Untersuchung wie Plattenzellencarcinome gebaut erwiesen. 
Metastasen fanden sich nicht Bei einer anderen weifien Maus fand 
ich an einem Hinterbein eine reichlich haselnufigrofie Geschwulst, die 
unter dem Mikroskop einen adenocarcinomatdsen Bau mit kleinen cysti- 
schen Hfihlen zeigte. Es bot sich mir die Gelegenheit, noch ein paar 
andere Geschwfilste zu untersuchen, fiber deren Verhfiltnisse ich jedoch 
keine nfiheren Aufzeichnungen gemacht habe. Transplantationsversuche 
mit den hier genannten Tumoren mifilangen. 

Hierzu kommt die Geschwulstform, die ich im folgenden nfiher be- 
sprechen werde, und die ich bei meinen Arbeiten benutzte. Es kfinnte 
vielleicht sogleich die Frage erhoben werden: Spricht die Leichtigkeit, 
mit welcher M or aus Adenocarcinom und meine Geschwulst sich auf 
andere Individuen fibertragen liefien, wie auch der Mangel an Metastasen- 


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Jensen,,Experimentelle Untereuchungen fiber Krebs bei Mftusen. 


33 


bildung nicht entschieden gegen die Diagnose Carcinom? An diesem 
Orte verveise ich nur darauf, daB die von Hanau bei einer Ratte ge- 
fundene Geschwulst, die ja ohne Zweifel als ein Plattenzellencarcinom 
aufzufassen ist, da sie nfimlich von Verhornungsprozessen begleitet war, 
sich ebenfalls mit Leichtigkeit auf andere Individuen transplantieren lieB, 
und daB der Mangel an Metastasenbildung ja auch gewissen Krebsge- 
schwfilsten des Menschen eigentiimlich ist. 

Der Bau der Geschwulst 

Die ursprfingliche Geschwulst erwies sich als ein ca. haselnu&groBer, 
unter der Haut gelegener und an diese stark adh&renter Tumor. Das 
Geschwulstgewebe war von heller, weifigelblicher Farbe; an den Schnitt- 
fl&chen fan dan sich einige ganz kleine, noch hellere Flecke, die augen- 
scheinlicb von Degeneration und Zerfall herrfihrten. Die Konsistenz 
war ziemlich weich, das Stroma des Bindegewebes augenscheinlich spftr- 
lich. Die Geschwulst war von einer ziemlich gef&Breichen Bindegewebs- 
masse urageben; die nahe gelegenen Glandeln waren angeschwollen, zu- 
. sehends aber nicht angegriffen. Von dieser Maus wurde Impfung auf 
5 andere M&use unternommen auf folgende Weise: 

Ein Teil der Geschwulst wurde in einem Mdrser zerstofien, mit 
steriler physiologischer Kochsalzlosuug gemischt, und ein wenig dieser 
Fltissigkeit wurde den M&usen subkutan eingespritzt Wie oben genannt, 
erschienen bei drei der auf diese Weise geimpften Tiere subkulane Ge- 
schwfilste, die sich hinsichtlich ihres Baues in allem Wesentlichen eben- 
so wie die primfire Geschwulst verhielten. Die ursprttngliche Geschwulst 
wurde sogleich einer oberfl&chlichen Untersuchung unterworfen, welche 
die Diagnose Carcinom ergab. Leider ging der Rest dieses Tumors 
zu Grunde, indem die Formalinflflssigkeit, in welcher derselbe aufbe- 
wahrt wurde, verdampfte, so da# eine sp&ter angestellte Untersuchung 
keine so genauen Resultate gab, wie man hfitte wflnschen mogen. Die 
Geschwulst war, wie gesagt, an die Haut adherent, und es ist wahr- 
scheinlich, daB sie ursprttnglich von den Hautdrflsen oder vielleicht von 
der Epidermis selbst ausgegangen war; der schlechte Konservierungs- 
zustand des Materials gestattete aber nicht, einen unumstofilichen Beweis 
zu ffihren, daB dies sich wirklich so verhielt. Die mikroskopische 
Untersuchung der ursprflnglichen Geschwulst zeigt, soweit sich aus der 
ziemlich fibeln Beschaffenheit des Gewebes schlieBen l&Bt, einen typisch 
carcinomatdsen Bau. Dagegen wurden die Geschwiilste der 3 obenge- 
nannten M&use zum Gegenstand einer genauen mikroskopischen Unter¬ 
suchung gemacht. Sie scheinen sich, histologisch betrachtet, in allem 
Wesentlichen ebenso wie die ursprUngliche Geschwulst zu verhalten und 
unterscheiden sich in ihrem Bau in keiner Beziehung von denjenigen 
Gesch wills ten, welche wir sp&ter durch fortgesetzte Impfung von Tier 
auf Tier erzeugten oder welche wir noch jetzt nach Verlauf von zwei 
Jahren durch Transplantation erregen; die Geschwulst scheint mit an- 
deren Worten trotz der unabl&ssigen Uebertragung von Individuum auf 
Individuum im Verlaufe der beiden Jahre ihren Charakter nicht ver- 
tndert zu haben. 

Nach Einimpfung von Geschwulstteilen einer Maus in das subkutane 
Bindegewebe einer anderen Maus entsteht nach Verlauf kiirzerer oder 
l&ngerer Zeit, gewdhnlich nach 14 Tagen, ein kleines Knfitchen, das in 
der Regel lose, in der Subkutis ein wenig verschiebbar liegt. Dieses 
w&chst mit verschiedener Geschwindigkeit an. Es kann im Laufe einiger 

Erate Abt. Orig. Bd. XXXIV. 3 


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34 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV, No. 1. 


Monate ganz langsam an GrbBe zunehmen, so dafi es nur die GroBe 
einer Bohne Oder einer HaselnuB erreicht, in weitaus den meisten Fallen 
hat es aber w&hrend des genannten Zeitraums eine GrbBe erreicht, die 
zwischen der einer halben WalnuB und der eines halben Hflhnereies 
schwankt, und ein Gewicht, das bis auf 15—20 g ansteigen kann (Taf. I. 
Fig. 1 u. 2). 

Betrachtet man die kleineren Geschwtilste, so findet man sie von 
einer gewbhnlich gefafireichen, ziemlich diinnen Bindegewebsra embran 
umgeben; das Gewebe ist meistens gleichfbrmig ohne makroskopische 
Zerfallsprodukte, von grauweifiem feuchtem Aussehen. Die groBeren Ge- 
schwttlste kbnnen sowohl nach der Haut als nach dem unterliegenden 
Gewebe vbllig verschiebbar sein, kdnnen andererseits aber auch sekundfir 
auf die Haut fibergreifen, diese so durchwachsen, dafi Ulcerationsprozesse 
entstehen. Aeltere Geschwfilste bieten h&ufig ein grobes, lappiges Aeufiere 
dar, sie sind meistens von einem mehr oder weniger hfimorrhagischen 
Oedem umgeben und ebenso wie die kleineren durch ein Bindegewebs- 
hautchen gegen die Umgebungen abgegrenzt Die Farbe ist je nach der 
Blutfulle bald rbtlich, bald heller, grauweifi oder gelblichweifi; an den 
Schnittflachen sieht man nur sparliches Bindegewebe, hie und da Gefafie 
und Injektionsrbte; das Gewebe ist sonst einigermafien fest mit ge- 
sprenkelten weifien Zerfallsflecken. Nur ausnahmsweise treten ein- 
greifendere Zerfallsprozesse ein, so dafi grdfiere Teile der Geschwulst 
in eine breiige, fettige Masse umgebildet sein kdnnen. 

Die nahe gelegenen Glandeln sind ziemlich oft angeschwollen; nur 
in einem einzigen Falle zeigten sie makroskopische Veranderungen, die 
auf eine Metastasenbildung hindeuten konnten; leider gingen diese 
Glandeln aber verloren, ohne vorher mikroskopisch untersucht worden zu 
sein. Metastasierung nach inneren Organen wurde nie beobachtet. 

Was den mikroskopischen Bau betrifft, so ist dieser je nach der 
Altersstufe der Geschwulst ein wenig verschieden. In nicht gar zu 
grofien Geschwfilsten findet man einen typisch carcinomatbsen Bau (Taf. II. 
Fig. 3). In einem relativ sparlichen Bindegewebsstroma, das einige ge- 
wbhnliche Bindegewebszellen enthalt, in der Regel aber keine Rund- 
zelleninfiltrationen birgt, findet man eine grofie Anzahl Krebsalveolen, 
oft von ziemlich unregelmafiiger Form, die mit Krebszellen angefiillt 
sind. Die Versorgung mit Gefafien scheint nicht besonders reichlich zu 
sein, in den Bildern tritt dieselbe gewohnlich nicht hervor. Die Form 
der Zellen erweist sich bei naherer Untersuchung als etwas verschieden, 
sie sind rundlich, polygonal oder auch ganz unregelmafiig. Der Zell- 
kbrper ist grofi, gewbhnlich ziemlich homogen, der Zellkern ist ebenfalls 
grofi, rund oder oval mit hervortretendem Chromatingerttste und Kern- 
korperchen. In der Regel findet man Mi to sen in ziemlich bedeuten- 
dem Umfange, und diese zeigen meistens vbllig normale Verhfiltnisse, 
zuweilen sieht man jedoch auch atypische Mitosen von verschiedener 
Form. (SchluB folgt.) 


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Cohn, Zur Kenntnis einiger Trem&toden. 


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Nachdruck verboten, 

Zur Eenntnis einiger Trem&toden. 

Mit 4 Figuren. 

Von Dr. Lndwlg Cohn-Greifswald. 

JToploderma mesocoeUum n. g. n. sp. 

Im DOnndarm eines Draco volans aus dem dstlichen Java (ftlteres 
Spiritusexemplar) fand ich drei kleine Trematoden, fflr welche ich die 
oben genannte neue Gattung aufstellen 
muB. Im Schnitte erwiesen sich die 
anatomischen Details als genflgend er- 
halten, wie ich denn jetzt schon mehr- 
fach die Beobachtung machen konnte, 
daB altes, unter ungttnstigen Bedin- 
gungen konserviertes Fasciolidenmate- 
rial (Alkoholkonserviernng des ganzen 
Wirtstieres) oft unerwartet gut er- 
halten ist, so daB sich die Unter- 
suchung alter Doubletten (Schlangen, 

Eidechsen u. s. w.) wohl lohnt. Am 
Totalpr&parate war nicht mehr zu 
sehen, als ich in Fig. 1 eingezeichnet 
habe, weil die Genitaldrflsen fast ganz 
durch die Uterusschlingen und den 
Bauchsaugnapf verdeckt werden; auch 
die Lage des Genitalporus liefi sich 
nicht feststellen nnd ist nach der 
Schnittserie eingezeichnet. 

Die Fascioliden haben eine Total- 
linge von 1,8—1,9 mm und etwa in 
der Mitte der Lange die groBte Breite 
von 0,61 mm. Nach dem Hinterende 
zu, das breit abgerundet ist, ver- 
schmalern sie sich kaum, wahrend die 
Breite nach dem nur 0,3 mm breiten 
Vorderende hin langsam abnimmt. 

Der vordere, kleinere Teil vor dem 
Bauchsaugnapf ist hell und sehr durch- 
sichtig, der hintere durch die immen- 
sen Eimassen dunkelbraun gefarbt. 

Der Mundsaugnapf, in der Auf- Ep 

sicht eifdrmig und 0,2 mm lang, hat Fig. l. Hopioderma mesocoeiium n. sp. 

dorsoventral eine Tiefe von nur Totalprftparat 60/1. 

0,12 mm; am vordersten Ende gelegen, 

Offnet er sich rein ventral. An ihn setzt sich ein kleiner, 0,07 mm 
messender Pharynx an, dann folgt ein langer Oesophagus von 0,19 mm, 
der sich durch sehr starke Muskulatur, insbesondere Ringfasern, aus- 
zeichnet, so daB er wohl die geringe saugende Kraft des Pharynx zu 
unterstiitzen geeignet ist. Dicht hinter der Stelle, wo er in Fig. 2 eben 
noch getroffen ist, liegt die Gabelung der Darmschenkel. Diese verlaufen 
der dorsalen Seite gen&hert und treten nur mit ihrer stark konvexen 

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36 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 1. 


Krfimmung nfiher an den Seitenrand heran. Sie ziehen wenig fiber die 
Mitte der Kdrperl&nge hinaus; sie reichen ganz wenig weiter als die 
Dotterstdcke (Fig. 1) nach hinten. In Fig. 2 ist, ebenso wie das hinterste 
Ende des Dotterstockes, so auch dasjenige des gleichseitigen Darm- 
schenkels getroffen. 

Die Haut ist bei meinen Exemplaren nur streckenweise erhalten; 
wo sie aber am Vorderende erhalten ist, zeigt sie sich mit zahlreichen 
kleinen, dichtstehenden Stacheln durchsetzt. Das hintere Ende scheint 
nnbewehrt zn sein. Das Wasser gefSBsy stem weist am Hinderende eine 
langgestreckte, schief dorsoventral verlaufende Exkretionsblase auf, die, 
kurz vor der Ausmfindung am hintersten Ende, zu einer muskuldsen 
Vesicula anschwillt; der dickwandige Kanal, durch welchen diese aus- 
mfindet, ist von grofien Zellen (Drfisen?) umlagert 

Der Bauchsaugnapf liegt wenig hinter dem ersten Kdrperviertel, 
ist kuglig nnd hat einen Durchmesser von 0,13 mm, also kleiner als der 
Mundsaugnapf. Dorsal von ibm liegt der hintere Hoden; der vordere, 

der direkt vor dem anderen liegt, 
befindet sich zum Teil auch noch 
im Bereich des Bauchsangnapfes. 
Die Vasa efferentia mfinden in 
einen birnfBrmigen Girrhusbeutel, 
der fast Hoden gro Be hat und 
direkt vor dem Saugnapf, ventral 
vom vorderen Hoden liegt Zu 
hinterst findet sich im Cirrhus- 
beutel eine einmal im Knie ge- 
knickte Vesicula, mehr als die 
Hfilfte des Hohlraumes ausffil- 
lend. Der Cirrhus ist dfinn und 
lang. Der Genitalporus (seine 
Lage ist in Fig. 2 nach Nachbar- 
schnitten durch Punktierung an- 
gegeben) liegt fast genau in der 
Mitte zwischen beiden Saug- 
nfipfen. 

Hinter dem hinteren Hoden, 
und zwar ebenso weit von ibm entfernt, als er es von dem vorderen 
Hoden ist, liegt das nach vorn zugespitzte, birnfdrmige Ovarium von 
0,2 mm. Es liegt ebenfalls dorsal, doch nicht in einer Linie mit den 
Hoden, sondern nach der anderen Seite etwas verschoben, so daB ich 
in Fig. 2 seine Lage nur andeuten konnte. Der Ovidukt entspringt 
dorsal am Hinterende und wendet sich alsbald ruckwfirts, uin den 
Ausffihrungsgang des Receptaculum aufzunehmen, das, 0,12 mm groB, 
dicht hinter dem Ovar liegt. Der Laurersche Kanal beginnt (Fig. 2) 
bereits auf der Hdhe des hinteren Hodens und zieht aufien am Ovarium 
vorfiber. Die Schalendrflse liegt nach innen vom Receptaculum. Der 
Uterus steigt in anfangs ganz, spllter Oberwiegend quer verlaufenden 
Windungen nach hinten und ffillt die ganze hintere Korperhalfte bis 
zur Exkretionsblase dicht aus. Der aufsteigende Ast windet sich dann 
ventral zwischen Hoden und Cirrhusbeutel einerseits, dem Bauchsaug- 
napfe andererseits durch und mfindet hinter dem Cirrhus. Die Eier 
sind fiberaus zahlreich und recht klein, 0,06:0,048 mm. 

Die Dotterstdcke bestehen aus dicht gedriingten zahlreichen Follikeln 


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Cohn, Zur Kenntnis einiger Trematoden. 


37 


und ziehen an beiden R&ndern bis knrz vor das Ende der Darmschenkel; 
sie liegen nach auCen zu von diesen und umfassen sie. Vorn reicht 
der eine Dotterstock bis dicht an das Hinterende des Mundsangnapfes, 
wfihrend der andere an diesem seitlich vorflber bis fast an das &uBerste 
Vorderende zieht. Der Verbindungsgang beider DotterstOcke liegt wenig 
hinter der Schalendrflse. 

Obgleich mit Dicrdtoelium Dnj. part. (Looss 1899, p. 633) verwandt, 
ist die vorstehend beschriebene Art Reprasentant eines neuen Genus, 
das hauptsachlich durch die noch starkere Verlagerung der Keimdrfise 
und der Hoden nach vorn gekennzeichnet ist Die Diagnose der Gattung 
ware: Bestachelte Fascioliden mit einander genaherten Saugnapfen, von 
denen der Mundsaugnapf grOBer ist. Die Hoden dorsal vom Bauch- 
saugnapf, auf gleicher Hdhe mit diesem, hinter einander; Ovarium dicht 
hinter den Hoden. Laurerscher Kanal vorhanden, ebenso Begattungs- 
organ. Darmschenkel wenig fiber die Mitte der Kdrperlfinge reichend, 
Oesophagus lang. Dotterstdcke stark entwickelt und bis zum Mund¬ 
saugnapf reichend. Uterus in der hinteren Korperhalfte. 

Amphistomum dolichocotyle n. sp. 

In demselben Exemplare von Herpetodryas fuscus , in welchem ich 
das von mir beschriebene Leptophyllum stenocotyle fand, war im End- 
darm noch ein zweiter Trematode enthalten. 0,9—1,0 mm lang, waren 
die Exemplare birnfdrmig, am Hinterende, der breitesten Stelle, 0,42 mm 
breit wahrend die Breite vorn, gleich hinter dem Mundsaugnapf ge- 
messen, nur 0,22 mm betrug. Der dorsoventrale Durchmesser war dem 
queren etwa gleich, so daB Querschnitte durch alle Teile der Lange 
etwa kreisfOrmig wurden. 

Das Vorderende wird von dem grofien Mundsaugnapf eingenommen, 
an dessen zentrale Hfihlung sich zwei groBe, seitliche Taschen ansetzen, 
die am Kreosotprfiparate in toto gut zu sehen sind. Der gesamte Saug- 
apparat miBt 0,16:0,13 mm. Die Scheidewand zwischen beiden aneinander 
grenzenden Taschen sondert dieselben bis oben, so daB sie nur mit dem 
eigentlichen Saugnapflumen, das sich in den Oesophagus fortsetzt, 
kommunizieren. Die Wandung der Taschen ist dick, aber von sehr 
loser Textur und von nur sparlichen Radifirfasern durchsetzt, zwischen 
welchen zahlreiche groBe Muskelzellen liegen. Einige Exemplare 
zeigen, daB der Mundsaugnapf mit Hilfe der Taschenmuskulatnr etwas 
vorgestfilpt werden kann, so daB er dann lippenformig fiber das Vorder¬ 
ende hinausragt. Der Hohlraum der Taschen ist, je nach dem Kon- 
traktionszustande, bald rund, bald verengt bis spaltfdrmig, am Hinterende 
stets enger als vorn. Ein Faktum, das ich mir nicht zu deuten weifi, 
das ich aber auf Schnitten mehrfach konstatieren konnte, ist, daB die 
Saugnapftaschen nach hinten zu eine Durchbohrung ihrer Wandung auf- 
weisen. Ich konnte aber nirgends den Zusammenhang des hier durch- 
tretenden Eanals mit irgend etwas anderem auffinden, — das Lumen 
der Taschen fiffnet sich hinten durch den Gang einfach jederseit ins 
Parenchyn; der Erhaltungszustand war zur sicheren Verfolgung der 
einschl&gigen histologischen Verhfiltnisse doch nicht gut genug. Aus- 
geschlossen ist die Verbindung dieser Gfinge mit den (weiter unten 
beschriebenen) Auftreibungen der Exkretionsgeffifie, die hier in der N&he 
dicht am Mundsaugnapf liegen. 

Auf den Mundsaugnapf folgt ein ansehnlicher Oesophagus von 
0,12 mm Lange und geringer Breite, dessen Hinterende, dicht der 


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38 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV, No. 1. 

Darmgabelung aufsitzend, der kleine kuglige Pharynx von 0,06 mm 
Durchmesser umgibt. Die Darmschenkel haben die mehrfache Breite 
des Oesophagus, sind aber nur kurz; sie durchziehen noch nicht das 
ganze mittlere Drittel der KOrperl&nge und enden schon vor den Dotter- 
stficken, in einer H6he etwa mit dem Hinterrande des Hodens (Fig. 3). 
Das Darmlumen ist mit einem recht hohen Epithel ausgekleidet 

Der Exkretionsporus liegt nahe dem Hinterende auf der dorsalen 
Fl&che (etwa auf der Hfihe der Mitte des Endsaugnapfes). Die kurze, 
weite Exkretionsblase geht erst gerade nach vorn, teilt sich aber bald 
in zwei L&ngskanSle, die in starken Windungen nach dem Vorderende 
hinziehen. Sie verlaufen innerhalb der Darmschenkel, dorsal und beider- 
seits der Mittellinie genahert, im vordersten Teil nahe am Oesophagus 
und parallel demselben. Nahe am Hinterrande des Mundsaugnapfes 
biegen dann die G&nge beiderseits nach aufien, den hinteren Rand der 

Taschen umziehend, und enden nach aufien 
von den letzteren mit einer langgestreckten 
Verbreiterung, welche durch Muskelfasern 
am Hautmuskelschlauch aufgehangt sind. 
Die Exkretionskan&le sind in ihrem Ver- 
laufe von sehr wechselnder Breite, selbst 
auf Querschnitten aber nicht zu verken- 
nen, da ihr charakteristischer Inhalt aus 
tiefdunkeln, kleinen Kugeln besteht, welche 
auch am Totalpraparate in Kreosot die 
Exkretionskan&le als dunkle Streifen und 
ebenso die Auftreibungen im Vorderkorper 
erkennen lassen. 

bo Mehr als doppelt so grofi, wie der 
Mundsaugnapf samt Taschen, ist der kr&f- 
tige Endsaugnapf. Wie ich in Fig. 3 an- 
zudeuten suchte, liegt dieser Saugnapf 
zum Teil noch auf der ventralen Fl&che, 
greift aber schon bedeutend nach der 
terminalen Fl&che fiber. Er ist 0,3 mm 
breit bei 0,37 mm L&nge. Er hat zwei, 
hintereinander liegende Sauggruben, von 
denen die vordere noch ganz ventralw&rts, 
die hintere schon mehr terminalw&rts gewendet ist. Die aufiere Um- 
randung des Gesamtnapfes verl&uft, eine Einkerbung zwischen beiden 
Gruben ausgenommen, kontinuierlich um beide, die innen durch eine 
niedrige, die H3he der Umwallung nicht erreichende Scheidewand von 
einander getrennt sind. 

Ein charakteristisches Merkmal des Genitalsystems ist das Vor- 
handensein nur eines Hodens. In der Mittellinie, von der Darmgabelung 
nur durch den Genitalporus getrennt und der ventralen Fl&che gen&hert, 
liegt der kuglige Hoden von 0,17 mm Durchmesser. Das Vas deferens 
geht am hinteren Ende des Hodens dorsal ab, verl&uft erst, stark ge- 
wunden, ventralw&rts, um dann nach vorn zu umzubiegen. Der Cirrhus- 
beutel ist kolbenf5rmig und seine Richtung ist fast ganz dorsoventral. 
Sein dorsales, erweitertes Ende enth&lt eine m&Big grofie Vesicula semi- 
nalis. Die Ausmfindung des Cirrhus liegt in einem flachen Genitalatrium 
neben dem weiblichen Porus. 

Hinter dem Hoden liegen die weiblichen Genitaldrfisen, die nicht 



Fig. 3. Amphistamum dolichocotyle 
n. sp. TotalprSparat 65/1. 


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Cohn, Zur Kenntnis einiger Trematoden. 


39 


weiter als bis zur Mitte des Endsaugnapfes nach hinten reichen. Das 
etwa kuglige Ovarium ist klein, nur 0,075 mm im Durchmesser, und 
enth&lt wenig zahlreiche Eizellen. Es liegt rechts von der Mittellinie, 
zum Toil noch auf einer Hohe mit dem Hinterende des Hodens. Seitlich 
den R^ndern des Endsaugnapfes sind die Dotterst5cke angelagert, deren 
jederseits wenige Follikel durch eine breite Brticke in Verbindung 
treten, so daB man fast den Eindruck eines zweiflflgeligen Organes 
erhalt. Ganz dorsal und auf der linken Seite liegt das langgestreckte, 
gewundene Receptaculum seminis auf einer Hdhe mit dem Ovarium; 
der Laurersche Kanal ist kurz und miindet median etwa in einer^Hdhe 
mit dem Hinterende des Hodens. Die kompakte runde Schalendrflse 
liegt median warts neben dem Ovarium (zwischen diesem und dem Re¬ 
ceptaculum) und hat etwa die GrOBe des Ovariums. Der Uterus wendet 
sich, von der Schalendriise aus, dorsalw&rts, zieht zuerst mit einer 
kurzen Schlinge nach dem hinteren Korperende zu, wendet sich dann 
nach vorn und verlfiuft dorsal und in starken Querwindungen zum 
Genitalporus. Die Eier sind wenig zahlreich und sehr grofi; sie messen 
0,073:0,036 mm. 

Die Verwandtschaft der eben beschriebenen Art mit Diplodiscus 
subclavatus (G.) ist aus einigen Punkten der Organisation unverkennbar. 
Die Konfiguration des Mundsaugnapfes, die Einzahl des Hodens, die 
Lagerung des Ovariums sind entsprechend, ebenso die Bildung des 
Darmtraktus. An diesen Froschparasiten erinnert auch durchaus der 
Verlauf und das optiscbe Verhalten des Exkretionsapparates sowie der 
Verlauf des Uterus mit den wenigen, grofien Eiern. Ganz abweichend 
verhalten sich aber, abgesehen vom Endsaugnapfe, die Dotterstbcke, die 
bei meiner Species karg, bei Dipl, subclavatus sehr stark entwickelt 
sind. Jedenfalls ist dem Amph. brachycoelium eine Stellung in der N&he 
jener Art anzuweisen, wenn es auch wohl ein anderes Genus vertritt. 
Ich stelle dieses nicht auf, da sich die Begriindung neuer Genera auf 
einzeln stehende Arten ftir diese Gruppe noch nicht empfiehlt, solange 
eine allgemeine Uebersicht und somit ein Einblick fehlt, welches die 
wichtigen, zur generischen Einteilung geeigneten Merkmale sind. 

Ueber Kopulatlon durch den Laurerschen Kanal. 

In No. 12. Bd. XXXII. 1902 dieser Zeitschrift beschrieb ich einen 
Fund unter den Originalexemplaren von Liolope copulans C., den ich als 
Kopulation zweier Exemplars durch den Laurerschen Kanal deutete; 
ich gab auch eine Abbildung der beiden zusammenh&ngenden Individuen 
nach einem TotalprSparate. DaB es sich urn eine Kopulation handelte, 
schloB ich aus der gegenseitigen Lagerung der Fascioliden; die eine 
batte ihre BauchflSche der Rtickenfl&che der anderen zugekehrt und war 
mit ihr in der Hdhe etwa, wo der Laurersche Kanal der zweiten 
liegen muBte, durch eine Brflcke, die ich als Cirrhus deutete, verbunden. 
Seitdem ist mir der Zweifel ausgesprochen worden, die Abbildung ergebe 
denn doch nicht mit genttgender Sicherheit den Beweis fur eine Kopu¬ 
lation der Art. Ich entschloB mich daher, eine Schnittserie (sagittal) 
durch beide Exemplars zu legen. Bei der Kleinheit des Objektes und 
der verschiedenen Kriimmung der Exemplars war die Orientierung 
schwer, so daB die Schnitte nur subsagittal gingen, doch lSBt sich 
immerhin aus der Serie mit Sicherheit nachweisen, daB meine erste 
Deutung den Tatsachen entsprach. Zum Beweise reproduziere ich aus 
der Serie vier Schnitte (Fig. 4 a—e). Das in den Abbildungen oben 


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40 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


liegende Individuum wendet seine konkav eingebogene Bauchseite nach 
oben; das untere kehrt der Rftckenseite des ersteren seine Bauchseite 
zu (Fig. 3 1. c. ist also um 90° nach links gedreht). In Fig. 4a ist der 




Fig. 4a—e. 

Liolope copulans C. 

Schnitte aus einer 
schiefen Sagittalserie. Die 
Schnitte folgen auf einan- 
der, zwiscnen b und c 
liegen 3 Schnitte, zwischen 
c und d 1 Schnitt, e = 
Detail zu c. 

Lk Laurerscher Kanal 
H Hoden 
Cr Cirrhus 

Oh Genitalhaken des Cir¬ 
rhus 

Vt Vesicula seminalis. 




/ 

e Gh 


Laurersche Kanal eben angeschnitten, in 4b, dem n&chstfolgenden 
Schnitte der Serie (zu 10 /«) steht er often. Vergleiche mit normalen 
Exemplaren zeigen, dafi die Kanalmiindung gegenttber dem Ruhezustande 
stark gedehnt ist, was, wie weiter unten folgt, auch ftlr die anderen Teile 


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Cohn, Zur Kenntnis einiger Trematoden. 


41 


des Laurerschen Kanals der Fall ist. Zwischen 4b und c liegen drei 
Schnitte. In 4c sehen wir am unteren, aktiven Exemplar den Cirrhus 
oberfl&chlich an der Wurzel angeschnitten, in 4d ist er schon besser 
getroffen, so daB sein Tangentialschnitt schon bis an das obere Indi- 
vidunm heranreicht; er war es, der die beiden Exemplare zusammen- 
hielt. In meiner ersten Notiz (1. c. p. 879) schrieh ich: „Die Basis liegt 
zwar frei, doch ist bei der groBen Ltinge des’Cirrhus das versenkte 
Ende lang genug, um tief im Laurerschen Kanal zu haften“. Und so 
finden wir auch in 4c am Kanaleingang Haken des Cirrhus (Gh.) haften 
(Fig. 4e gibt das Detail bei st&rkerer VergroBerung), und sehen dann in 
4d im Innern des ganz schief angeschnittenen Kanals gleiche Cirrhus* 
haken. 

Aus der Beschreibung und Fig. 2e der vorigen Notiz geht hervor, 
das Liolope copulans kein Receptaculum seminis besitzt; hier hingegen 
sehen wir im Zusammenhang mit dem Laurerschen Kanal (ein anderer 
Schnitt zeigt die Verbindungsstelle) eine grofie, prall mit Sperma gefiillte 
Hdhlung. Es ist das ein tempor&res Receptaculum, — eine passive Auf- 
treibung des inneren Endabschnittes des Kanals, der ja, wie meist die 
Genitalg5nge der Plathelminthen, stark dehnbar ist So ist bei Liolope 
copulans bei jungen Exemplaren auch die Vesicula nur klein, sp&ter aber, 
auf der H6he der Entwickelung, von kolossaler GroBe. 

Auf Grund des Vorstehenden kann jetzt, glaube ich, kein Zweifel 
bestehen, daB hier eine Kopulation durch den Laurerschen Kanal vorlag. 
Mit Rucksicht auf das N&chstfolgende mOolite ich noch bemerken, daB 
auch bei dem passiven Exemplare, wie benachbarte Schnitte zeigen, der 
Cirrhus voll ausgestulpt ist. 

Ich babe n&mlich noch einen zweiten Fall zu erw&hnen, der mir 
sonst wohl nicht deutlich genug gewesen ware, um ihn zu beschreiben, 
im AnschluB an das Vorhergehende aber wohl als weiterer Beleg dienen 
kann. Unter zahlreichen Exemplaren von Echinostmoum spinulosum (Rud.) 
aus Alca torda fand ich zwei, die fest aneinander hafteten. Das eine 
kehrte, ganz wie in dem oben beschriebenen Fall, seine Bauchseite nach 
aufien, das andere hatte seine Bauchseite auf den Riicken des ersteren 
gelegt das Vorderende herumgebogen und sich mit dem Mundsaugnapf 
befestigt; beide lagen aber nicht wie bei L. copulans , von einander 
fortgebogen, sondern einander dicht an. Eine Querschnittserie durch 
beide gemeinsam zeigte nun, daB das festgesogene den Cirrhus hervor- 
gestiilpt hat <l^r hier zwar nicht im Laurerschen Kanal des anderen 
steckt aber dicht daneben liegt: 40 p vor dem Schnitte, der bei dem 
passiven Exemplare den Laurerschen Kanal offen zeigt, erscheint 
genau an derselben Stelle bei dem aktiven der ausgestfilpte Cirrhus. 
Da Laurerscher Kanal und Cirrhus nur ^ mm voneinander ent- 
fernt sind, so darf man wohl das bei dem passiven Exemplare prall mit 
Sperma gefiillte Receptaculum dahin deuten, dafi hier soeben die Kopu¬ 
lation stattgefunden hat. Und auch das passive Exemplar hat den 
Cirrhus vorgestiilpt — ganz wie bei L. copulans, was wohl mit der 
Erregung bei der Kopulation durch den Laurerschen Kanal im Zu- 
sammenhange steht. 

Aus dem oben Beschriebenen folgt: 

1) Eine Begattung durch den Laurerschen Kanal findet bei Fas- 
cioliden statt, und zwar als dritter Modus neben der Befruchtung 
zwischen zwei Individuen durch das Uterusende einerseits, der Selbst- 
befruchtung auf gleichem Wege andererseits (fur diesen letzten Modus 


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42 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 1. 

liegt mir in Brack. crassicoUe ein Beleg vor, indem man auf Sagittal- 
schnitten den in den eigenen Uterus eingefflhrten Cirrhus sieht). 

2) Das Vorhandensein oder Fehlen des Receptaculum seminis im 
Verlaufe des Laurerschen Kanals sowie die GrSBe des Receptaculum 
sind keine zuverl&ssigen systematischen Merkmale, da ein solches be 
L. copulans, wo ein Receptaculum sonst fehlt, zeitweilig auftreten kanni 


Nachdruck verboten. 

Ein neuer Fall von Dipylidium caninum (L) beim Menschen. 

Von F. Zschokke, Basel. 

Der Bandwurm Dipylidium caninum (L.), der vielleicht besser unter 
den Namen Taenia canina L., T. cucumerina Bl., T. elliptica Batsch be- 
kannt ist, gehort zu den allerhSufigsten Darmschmarotzern von Hund 
und Katze. Besonders regelmaBig und oft massenhaft bewohnt er die 
in Haus und Zimmer gehaltenen Tiere. Viel seltener verirrt sich die 
Tanie auf den Menschen; immerhin ist ihr Vorkommen im menschlichen 
Darm in etwa 34 Fallen festgestellt worden. 

Die Falle verteilen sich geographisch in folgender Weise: RuBland 
3 Falle, Schweden 4 Falle, abgesehen von den Angaben Linnds und 
seines Schulers God. Dubois, die den Bandwurm als den Menschen 
haufig bewohnend bezeichnen, Danemark 7 Falle, Schottland 1 Fall, 
Frankreich 2 Falle, Deutschland ca. 11 Falle, Schweiz 6 Falle. 

Es darf indessen als sicher gelten, daft sich der Parasit im Menschen 
viel hauliger einstellt und unbeachtet bleibt, da er entweder nennens- 
werte Krankheitserscheinungen nicht hervorruft Oder die Aerzte "seine 
Gegenwart nicht zu entdecken wissen. 

In der kasuistischen Zusammenstellung iiber das Vorkommen von 
D. caninum im Menschen nimmt die Schweiz eine ziemlich ungiinstige 
Stellung ein. 

Schoch-Bolley fand den Bandwurm in einem Kind; H. Mflller 
zitiert sein Auftreten in drei erwachsenen Personen von 38, 40 und 45 
Jahren und in einem 13 Monate alten Kind 1 ). Zu diesen 5 in Ziirich 
und Umgebung beobachteten Fallen kann ich einen Fall aus Basel ffigen. 
Ein Studierender der Medizin sammelte im Dickdarm einer mannlichen 
Leiche (Alter 35—40 Jahre) bei Gelegenheit der Sezierflbungen eine An- 
zahl freier Glieder des Hundebandwurms. Die Proglottiden erreichten eine 
Lange von 10 und eine Breite von 1,5 mm; sie waren mit Eipaketen gefiillL 

Bemerkenswert sind die schweizer Falle der Gegenwart von D. caninum 
im Menschen auch dadurch, daB sie sich zum groBeren Teil auf er- 
wachsene Personen beziehen.' Nur zweimal wurde der Wurm in Kindern, 
in vier Fallen dagegen in Mannern und Frauen von 35—40 Jahren 
gefunden. 

Dieses Verhaitnis steht im Widerspruch zu den an anderen Orten 
gemachten Erfahrungen. Im erwachsenen Menschen wurde D. caninum 
aufierbalb der Schweiz nur zweimal, von Blanchard in Frankreich und 
von Cobbold in Schottland, nachgewiesen. Dem stehen 24 sichere 
Mitteilungen iiber das Vorkommen des Schmarotzers in Kindern von 


1) Er traf den Wurm dreimal in demselben Jahre im Menschen an. 


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Zschokke, Ein neuer Fall von Dipylidium caninum (L.) beim Menschen. 43 


7 Wochen bis 14 Jahren gegenflber. Von den 24 Fallen beziehen sich 
21 auf die Infektion im zartesten Alter von hochstens 3 Jahren, die 
librigen 3 verteilen sich auf Kinder von 8, 13 und 14 Jahren. In min- 
destens 9 Fallen bewohnte D. caninum Kinder, welche das erste halbe 
Lebensjahr noch nicht zurtickgelegt hatten. Die T&nie kdnnte also 
beinahe der Bandwurm der kleinen Kinder genannt werden, wenn nicht 
die in der Schweiz gemachten Erfahrungen auch fdr ihr h&ufigeres Vor- 
kommen bei Erwachsenen sprechen wilrden. 

Ueber die Lebensgeschichte von Dipylidium caninum sind wir 
genflgend aufgekl&rt. Melnik off zeigte vor geraumer Zeit, dafi die 
Hundelaus, Trichodectes canis, dem Bandwurm als Zwischenwirt dient; 
Grassi undRovelli bewiesen sp&ter, daB der Hundfloh, Pulex serra- 
ticeps, noch viel haufiger die Rolle des Zwischentrllgers Qbernimmt und 
daB auch im Menschenfloh, P. irritans, das cysticerkoide Stadium der 
Tanie zur Entwickelung gelangt. Dagegeu scheint die frliher von ver- 
schiedenen Autoren vertretene Ansicht direkter Uebertragung des Para- 
siten, ohneBenfitzung eines Zwischenwirts, sich nach neueren Erfahrungen 
nicht halten zu lassen. Eingeschlossen in die Epizoen des Hundes 
wdrden also die Larvenstadien von D. caninum in den Darm des defini- 
tiven Wirts — Hund, Katze, Mensch — Einkehr halten 1 ). 

Bei Hunden bringt die Gegenwart zahlreicher Exemplare des 
Cestoden nicht selten schwere digestive und nervdse Stdrungen hervor. 
So erscheint es durchaus nicht ausgeschlossen, dafi der Schmarotzer 
auch fdr den Menschen gelegentlich pathogene Bedeutung gewinnen kann. 

Eine Kontrolle des Vorkommens der Tanie bei Hund und Katze 
ddrfte wohl geboten sein. Nach meinen Erfahrungen bewohnt der 
Parasit die Hunde von Basel und Umgebung auBerst h&ufig, die Katzen 
etwas seltener. Die lastig grofie Zahl iiberflflssiger Hunde, die hier ge- 
halten werden, leistet der Verbreitung des Bandwurms alien nur wfinsch- 
baren Vorschub. 

DaB eine scharfere Ueberwachung der Hunde angezeigt ware, beweist 
das in letzter Zeit wiederholt beobachtete Auftreten von Echinococcus- 
Infektion des Menschen in Basel. Ein Fall des Vorkommens des Para- 
siten war besonders typisch und furchtbar. Es handelt sich urn einen 
im BQrgerspital verstorbenen 35-jahrigen Mann, der Basel selten, die 
Schweiz nie verlassen hatte. Im Netz behcrbergte er, wie die Sektion 
zeigte, 30—35 Echinokokkencysten von Erbsen- bis Faustgrbfie; der 
Beckenraum war von den Blasen erfullt Aufierdem lag in der Leber 
ein Echinococcus cysticus. Den verhangnisvollen Parasiten verdanken 
wir bekanntlich ebenfalls dem treuen Freund, Hund genannt 

Die Literatur Uber Dipylidium caninum hat Huber in seiner 
„Bibliographic der klin. Helminthologie“ sehr gut zusammengestellt; 
derselbe Autor gibt im Anschlufi an eine Notiz von As am, der den 
Bandwurm bei einem Kind in Murnau beobachtete, ein kasuistisches Ver- 
zeichnis, dem ich nur weniges beifttgte. Gleichzeitig erg&nzte er die biblio- 
graphischen Angaben. (Miinchner mediz. Wochenschr. 1903. No. 8.) 


1) Ricerche cmbriologiche sui Cestodi. (Atti dell’ accademia Gioenia di scienze 
naturali in Catania. Vol. IV. 1892.) 

Anmerkung. Durcb Herrn Dr. VV. Bulloch erhielt der Unterzeichnete vor 
wenigen Tagen ein Glaschen mit reifen Gliedern von Dipylidium caninum, die einem im 
^London Hospital Medical College 11 polikliuiscb behandelten Kinde zu mehreren Hundert 
abgegangen waren. 

Konigsbeerg i. Pr., 10. Mai 1903. M. Braun. 


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44 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIY. No. 1. 


Nachdruck verboten. 

Weitere Beitrage zur Agglutination der Staphylokokken. 

[Aus dem Institut fflr Iufektionskrankheiten in Berlin. 

(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. R. Koch.)] 

Von Dr. R. Otto, Oberarzt beim 1. Garde-Feldartillerie-Regiment, 
Assistenten am Institute. 

Als im vergangenen Jahre Prof. W. Kolle und ich 1 ) den Nach- 
weis fflhrten, dal hochwertig agglutinierendes, suit menschenpathogenen 
Traubenkokken hergestelltes Serum als ein Differenzierungsmittel der 
echten menschenpathogenen Staphylokokken und der saprophytischen 
Kokkenarten benutzt werden kann, war es uns — bei dem verhaltuis- 
maBig seltenen Vorkommen des Staphy). citreus in Eiterherden des 
Menschen — nicht gegliickt, in den Besitz eines aus Eiter stammenden 
Staph, pyogenes citreus zu gelangen, der von unserem Serum 
agglutiniert wurde und somit sich als echter menschenpathogener 
Staphylococcus erwiesen h£tte. Erst anfangs dieses Jahres erhielten 
wir dnrch die Liebenswurdigkeit des Herrn Dr. Czaplewski (C61n) 
einen Staph, citreus, den er fast in Reinkultur neben einzelnen 
Streptokokken in Furunkeleiter gefunden und aus demselben isoliert 
hatte. Auf Anreguug des Herrn Prof. Kolle benutzte ich daher diese 
Gelegenheit, um die Zugehorigkeit dieses Citreus zur Klasse der 
menschenpathogenen Traubenkokken nachzuweisen, zumal auch aus der 
Arbeit von Neisser und Wechsberg 2 ) liber das Staphylotoxin hervor- 
geht, daB ihnen bei ihren Untersuchungen kein Staph, citreus zur 
Verftigung gestanden hat. 

Die morphologische und kulturelle Prflfung ergab, daB sich der 
tibersandte Citreus, aufier durch seine schone, saftige, citronengelbe 
Farbbildung, beim Wachstum auf schwach alkalischem Agar, in Gelatine 
etc. in nichts von Aureus - und Albus-St&mmen unterschied. Er war 
nnbeweglich, f&rbte sich mit den gebr&uchlichen Farblosungen gut und 
behielt, nach Gram gef&rbt, die ViolettfSrbung. Die Gelatine wurde 
von ihm ziemlich stark verfllissigt, Bouillon gleichm&Big getrfibt und in 
Traubenzuckerbouillon kein Gas gebildet. Ffir Mause und Meerschweinchen 
zeigte er sich wenig pathogen, dagegen totete 1 / in Oese, intravends 
Kaninchen eingespritzt, dieselben prompt in 36—48 Stunden. Im Ver- 
gleich zu dem Staph, aureus I und albus XII unserer Sammlung 
erwies sich der neue Citreus in Bezug auf H&molysinbildung als in 
der Mitte stehend. Die Menge des von diesen 3 Traubenkokken beim 
Wachstum in schwach alkalischer Bouillon (13 Tage lang bei 37°) ge- 
bildeten Staphylohamolysins verhielt sich fur den Aureus-, Citreus- 
und Albus- Stamm wie 1:2:5. Die PrQfung der Quantitat der gebil- 
deten Lysine ergab namlich, daB die einfache, komplett Blutkdrperchen 
ldsende Dosis bei dem 

Staph, aureus I 0,1 ccm 

„ citreus XXXV 0,2 „ 

_,, albus XII 0,5 „ 


1) Kolle, W. und Otto, R., Die Differenzierung der Staphylokokken mittels der 
Agglutination. (Zeitsehr. f. Hyg. u. Infektionakrankh. Bd. XLl. 1902.) 

2) Neisser, M. und Wechs berg, F., Ueber das Staphylotoxin. (Zeitsehr. f. 
Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXXVI.) 


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Otto, Weitere BeitrSge zur Agglutination der Staphylokokken. 


45 


betrug. Aehnlich verhielten sich die 3 Staphylokokken in Bezug auf 
die Leukocidinbildung, indem auch bier der Citreus in der Mitte stand. 
Durch Benutzung eines Aureus- und eines Citreus-Antihfimolysins 
liefi sich leicht durcb die bei Einstellung des Aureus-Toxins mit dem 
Citreus-Antitoxin (und umgekehrt) erfolgende Neutralisierung der 
Nachweis flir die Identitfit der von dem Citreus und dem Aureus 
gebildeten Toxine liefern, wie dies bereits von Neisser und Wechs- 
berg ffir die Alb us- und Aureus-Toxine geschehen ist. Wenn nun 
hierdnrch schon mit groBer Wahrscheinlichkeit die Arteinheit der 3 pyo- 
genen Staphylokokken erwiesen war, so war doch der sichere Beweis 
daffir noch nicht erbracht, dafi es sich im vorliegenden Falle urn einen 
echten menschenpathogenen Staphylococcus handelte. Zur Zeit ist 
dieser nur auf Grund der Agglutination m5glich. Es fehlte bisher noch 
die Beweisfflhrung, dafi nur die echten menschenpathogenen, von spezi- 
fischem Serum agglutinierten Traubenkokken, Staphylotoxin bilden. 

Zur Anstellung der folgenden Versuche benutzte ich aufier dem 
tibersandten Citreus-Stamm (No. XXXV) einen nicht pathogenen 
Citreus unserer Sammlung (No. XXVI), sowie je 1 echten pyogenen 
Aureus und A lb us (No. I und XII) und je 1 nicht pathogenen 
Aureus- und Alb us-Stamm (VIII und IX). Wfihrend mir fiir die 
Kulturen I, XII, XXXV und VIII die homologen Serumproben 
zur Verfiigung standen, ist es mir bisher nicht gelungen, mit dem 
Staphylococcus IXund XXVI ein hochwertig agglutinierendes Serum 
zu gewinnen. Hierauf mufi besonders Wert gelegt werden, denn aus der 
UnmOglichkeit mit den genannten Kulturen IX und XXVI ein hoch¬ 
wertig agglutinierendes Serum herzustellen, gelit mit Sicherheit bervor, 
dafi diese Kokken nicht in die Gruppe der echten pathogenen Trauben¬ 
kokken gehoren. Es wird dadurch der Einwand entkrfiftet, dafi dieselben 
schwer agglutinable bezw. inagglutinable Kokkenstamme 
wiiren. Die Untersuchungen fiber die Agglutinationseigenschaften der 
Staphylokokken, mit welchen Herr Prof. Kolle und ich uns noch 
dauernd beschfiftigt haben, lassen keine Zweifel darfiber, dafi es Unter- 
schiede in der Agglutinabilitfit der einzelnen Kokkenstamme gibt. Man 
findet unter den echten pathogenen Kokken schwer und leicht aggluti- 
nierbare Kulturen. Ich hatte erst neuerdings Gelegenheit, einen aus 
einem Osteomyelitisherde stammenden, auffallend schwer agglutinierbaren 
A u r e u s - Stamm zu erhalten. Dieser wurde von einem Serum, das alle 
unseren pathogenen Kulturen mindestens bei 1:1000 deutlich agglutiniert, 
nur bis 1:100 agglutiniert, wfihrend allerdings normales Serum derselben 
Tierart ihn auch bei Verdfinnungen von 1:20 in keiner Weise beeinflufite. 
Es wurde nun mit dieser Kultur ein Serum an Kaninchen hergestellt 
und es zeigte sich, dafi das Tier nach knrzer Vorbehandlung ein 
stark agglutinierendes Serum gab, welches unsere pyogenen Trauben- 
kokkenkulturen bis 1:1000 deutlich agglutinierte und natfirlich auch 
den — homologen — schwer agglutinierbaren Stamm, aber diesen wieder 
nur bis 1:200. Die folgende Tabelle zeigt ferner, dafi von demselben 
Serum (No. XXXVI) die nicht menschenpathogenen Stfimme selbst bei 
Konzentrationen von 1:50 nicht beeinflufit wurden. 

Um nun auf den Staph, citreus zurfickzukommen, so gebe ich 
hier zunfichst noch einmal eine Tabelle mit Angaben fiber die Herkunft 
der bei den folgenden Agglutinationen verwandten Stfimme. Alles 
nfihere, insbesondere fiber die Ausffihrung der Agglutinationen ergibt 
sich aus der bereits oben erwfihnten Arbeit „Ueber die Differenzierung 


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46 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


Tabelle I. 

Einstellung eines Kaninchen-Staphylokokkenserums (XXXVI) mit 
Traubenkokken verschiedener Herkunft. 









Kontrolle mit 

Lfd. 

Kultur 


Verdiinnung 


normalem 
Kan.-Serum 

No. 







Verdiinnung 



V50 

V I 

/too 

7,00 

VftOO | 

Viooo 

Vso 

1/ 

7 100 

1 

Aureus I 

+ 

4- 

+ 

+ 

+ 

0 

0 

2 

,, VIH 
Albus IX 

0 

0 

0 

0 

0 

0 1 

0 

3 

0 

0 

0 

0 | 

0 

0 i 

0 

4 

„ XII 

+ 

+ 

+ 

+ 1 

+ 

0 1 

0 

5 

Citreus XXVI 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

6 

„ XXXV 

+ 

+ 

-f 

+ 

+ 

0 

0 





Or«nze 





7 

Aureus XXXVI 

+ 

+ 

+ 1 

0 

0 

o 

0 


der Staphylokokken mittels der Agglutination 11 . Bemerkt sei noch, daB 
das Serum von Kaninchen mittels intravenOser Injektionen gewonnen 
wurde. Die Tabellen III bis VI lassen die Ausftihrung der einzelnen 
Untersuckungen erkennen. 


Tabelle II. 


Herkunft und Hamolysinbildung. 


Lfd. 

No. 

Kultur 

Herkunft 

Hamolysin¬ 

bildung 

1 

Aureus I 

Peritonitis purul. 

+ 

2 

„ VIII 

Luft 

0 

3 

Albus IX 

Haut 

0 

4 

„ XII 

Abscefl 

+ 

5 

Citreus XXVI 

Kralsche Sammlung 

0 

6 

„ XXXV 

Furunkel 

+ 


Aus dieser Tabelle geht hervor, daB die 3 pyogenen (aus Eiter vom 
Menschen stammenden) Kulturen H&molysin bildeten, wahrend bei den 
Stammen No. VIII (Luft), IX (Haut) und XXVI (Krai) keine Spur von 
Hamolysinbildung nachzuweisen war. Weitere Untersuchungen bestatigten 
bei alien bisher von mir daraufhin gepriiften Staphylokokkenkulturen, 
daB alle agglutiniert werdenden Stamme Hamolysin bildeten, wahrend 
dies bei den nicht agglutiniert werdenden nicht der Fall war. 

Tabelle III. 


Agglutination mit Aureus-Serum I. Titre: 0,0005. 


Lfd. 


Staphylokokkenserum I (Kaninchen) 

Normales 

Kan.-Serum 

No. 

Kultur 



Verdiinnung 



Verdiinnung 


Vbo 

Vtoo 

i/ 

/too 

V# 00 

Viooo 

/tooo 

i/ 

/5000 

7 .. 

7,00 

1 

Aureus I 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

0 

0 

0 

2 

„ VIII 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

3 

Albus IX 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

4 

„ XII 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

0 

0 

0 

0 

5 

Citreus XXVI 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

6 

„ XXXV 

+ 

+ 

+ 

1 + 

+ 

0 

0 

0 

0 


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Otto, Weitere Beitrilge znr Agglutination der Staphylokokken. 


47 


Tabelle IV. 


Agglutination mit Aureus-Serum VIII. Titre: 0,002. 


Lfd. 

KuJtur 

Staphylokokkenserura (Kaninchen) 

Normales 

Kaninchenserum 

No. 


Verdiinnung 


Verdunnung 



VsO 

7,00 

7,00 j 

V 500 

Vtooo 

V 50 

7,00 

1/ 

/too 

1 

Aureus I 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

2 

„ VIII 

4- 

4- 

4- 

4" 

0 

0 

0 

0 

3 

Albus IX 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

4 

„ XII 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

5 

Citreus XXVI 

0 

0 

0 

0 

o 1 

0 

0 

0 

6 

„ XXXV 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 


Tabelle V. 

Agglutination mit Albus-Serum XII. Titre: 0,0002. 


Lfd. 

Kultur 


Staphylokokkenserum (Kaninchen) 

Normales 

Kaninchenserum 

No. 




Verdunnung 



Verdunnung 



1/ 

/ 50 

_ 

Vioo 

V 

/too 

7,00 

V1000 

Vtooo 

Voooo 

V10000 

7,o 

7,00 

Vtoo 

1 

Aureus I 

1 + 

4- 

4" 

4- 

4- 

4* 

+ 

0 

0 

0 

0 

2 

„ VIII 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

3 

Albus IX 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

4 

XII 

Citreus XXVI 

+ 

+ 

4“ 

4“ 

4- 

4- 

0 

0 

0 

0 

0 

5 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

6 

„ XXXV 

4- 

4- 

4- 

+ 

4- 

4* 

0 

1 o 

0 

0 

0 


Tabelle VI. 

Agglutination mit Citreus-Serum XXXV. Titre: 0,005. 


Lfd. 

Kultur 

Staphylokokkenserum XXXV (Kaninchen) 

Normales 

Kaninchenserum 

No. 




Verdunnung 



Verdunnung 



I Vso 

1 Vioo 

Vtoo | 

' Vfioo j 

VlOOO 

Vtooo | 

Voooo 

V 10000 

| 7, 0 

| V 100 

Vtoo 








Grenze 


1 1 




1 

Aureus I 

4- 

4- 

4- 

+ 

4- 

4- 

0 

0 

0 

0 

0 

2 

„ VIII 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

3 

Albus IX 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

4 

„ XII 

+ 

4- 

4“ 

4~ 

4- 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

5 

Citreus XXVI 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

6 

„ XXXV 

4- | 

4- | 

1 4- 

1 4- | 

4- 

o 

o I 

0 

0 

0 

0 


Aus diesen Agglutinationsreihen geht wieder hervor, daft die 3 aus 
Eiterungen stammenden Staphylokokken (vergl. Tabelle II) sich voll- 
kommen homolog verhalten, namlich der Aureus I, Albus XII und 
Citrous XXXV. Die 3 anderen nicht aus Eiterungen stammenden 
Traubenkokken (VIII, IX, XXVI) sind sowohl von den ersten 3 art- 
verschieden, wie die Versuche der Tabelle III, V und VI beweisen, als 
auch untereinander nicht identisch, wie aus Tabelle IV hervorgeht. 

Es ergibt sich aus diesen Untersuchungen folgendes Resultat: 

1) Gerade wie es z. B. unter den zahlreichen Vibrionen nur einen 
speziellen Vibrio cholerae asiaticae gibt, der allerdings in den 
einzelnen St&mmen wieder weitgehende morphologische Unterschiede 
zeigen kann, so findet sich unter den zahlreichen in der Natur vor- 
kommenden Staphylokokken nur eine Art der echten menschenpathogenen 


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48 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


Traubenkokken. Die einzelnen St&mme dieser Art kOnnen sich durch 
verschiedene Farbbildung unterscheiden. 

2) Mit Hilfe eines hochwertig agglutinierenden, mit menschenpatho- 
genen Eokken hergestellten Serums ist eine strenge, spezifische Differen- 
zierung der pathogenen und der saprophytischen Traubenkokken mOglich. 

3) Es gibt leicht und schwer agglutinierbare Staphylokokkenkulturen, 
die man mit Hilfe der Serumreaktion trotzdem streng differenzieren kann. 

4) Auch mit Hilfe der schwer agglutinierbaren, echten menschen- 
pathogenen Stapliylokokkenst&mme l&Bt sich ein stark agglutinierendes 
Serum hervorrufen, welches die echten menschenpathogenen Trauben¬ 
kokken verschiedener Herkunft agglutiniert. Dagegen gelingt es nicht 
mit Hilfe der nicht agglutinierten St&mme der saprophytischen Kokken 
ein Serum herzustellen, welches pathogens Staphylokokken agglutiniert 

5) Die agglutiniert werdenden, also pathogenen Kokken bilden 
H&molysin (Staphylotoxin), die nicht agglutiniert werdenden, sapro¬ 
phytischen StSmme dagegen nicht 


Nachdruck verboten. 

Weitere Studien liber das Laktoserum. 

[Aus dem hygienischen Institute der Universit&t Graz.J 
III. Mitteilung. 

Von Dr. Paul Theodor Mttller, Privatdozent u. Assistent am Institute. 

Mit 1 Kurve. 

In zwei vorhergehenden Studien fiber das Laktoserum und dessen 
kasei'nfallende Wirkung 1 2 ) suchte ich einerseits n&heren Aufschlufi fiber 
das Wesen dieses F&llungsvorganges und fiber die Eigenschaften des 
hierbei entstehenden Reaktionsproduktes zu erlangen, andererseits fest- 
zustellen, wie weit das Kasei'n ver&ndert bezw. gespalten werden kann, 
ohne seine pr&zipitinerzeugende Kraft im Organismus einzubfifien. Um 
nun unsere Kenntnisse fiber das Laktoserum zu einem gewissen vor- 
l&ufigen AbschluB zu bringen, erfibrigte noch ein genaueres Studium 
der quantitativen Seite dieses Vorganges und ein Vergleich der 
erhaltenen Ergebnisse mit dem, was wir fiber die anderen verwandten 
Pr&zipitinreaktionen in dieser Hinsicht wissen, eine Aufgabe, deren 
Bearbeitung den Gegenstand der vorliegenden Mitteilung bildet. 

I. Die pr&zipitinbindende Kraft des Kaselns. 

Die schfinen Untersuchungen von Eisenberg und Volk 3 ) haben 
gezeigt, dafi die Bakterien imstande sind, weit mehr der spezifisch auf sie 
abgestimmten Agglutinine zu absorbieren als zu ihrer Agglutination er- 
forderlich w&re, daB sie also sich mit Agglutinin zu fibers&ttigen trachten. 

Es war von Interesse, zu untersuchen, ob ahnliche Verh&ltnisse 
auch bei dem Laktopr&zipitin beobachtet werden konnen und ob also 
das Kase'in ein Vielfaches der zu seiner F&llung erforderlichen Pr&zipitin- 
menge zu binden vermag Oder nicht. 


1) Arch. f. Hyg. Bd. XLIV. 1902. Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXII. 

1902. 

2) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XL. 1902. 


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Mtiller, Weitere Studien fiber das Laktoserum* 49 

Diese Versuche warden in folgender Weise angestellt. Je 10 ccm 
Laktoseram warden mit steigenden Milchmengen (0,5, 0,75, 1,0, 2,0 etc. 
bis 8,0 ccm) versetzt, auf 20 ccm mit destilliertem Wasser aufgefllllt 
und die Entstehung des Prftzipitates abgewartet x ). Hierauf wurde das 
letztere durch Zentrifugieren von der Fliissigkeit getrennt. Je 2 ccm 

Verauch I. 

Serum von 3 K an inches , die innerhalb 14 Tagen 40 ccm Milch 
intraperitoneal erhalten batten. 


Serum 

Milch 

Bemerkung 

Zentrifugat 

Milch 


10 ccm 

0,5 ccm 

Zentrifugat klar 

2 ccm 

0,1 ccm 

Fallung 

4- 



2 


Q? „ 

4- 

9,5 ccm H t O 



2 


0,3 ,, 

TT 




4 

>» 

0,1 „ 

Fallung 




6 

,, 

0,1 „ 

„ 

10 ccm 

0,75 ccm 

klar 

2 


0,1 „ 

0 

4- 



2 

,, 

0^ „ 

0 

9,25 ccm H,0 



2 

,, 

0,3 „ 

0 




4 

,, 

0,1 „ 

0 




6 

„ 

0,1 „ 

Fallung 

10 ccm 

1,0 ccm 

klar 

2 


0,1 „ 

0 

4- 



2 

,, 

0^ „ 

0 

9,0 ccm H,0 



2 

,, 

0,3 „ 

0 




4 

,, 

0,1 „ 

0 




6 

,, 

0,1 „ 

0 

10 ccm 

2,0 ccm 

klar 

2 


0,1 „ 

0 

4- 



2 

,, 

045 » 

0 

8,0 ccm H^O 



2 

,, 

0,3 „ 

0 




4 

,, 

0,1 „ 

0 




6 

,, 

0,1 „ 

0 

10 ccm 

3,0 ccm 

klar 

2 


0,1 ., 

0 

4* 



2 

,, 

0^ „ 

0 

7,0 ccm H,0 



2 


0,3 „ 

0 




4 

,» 

0,1 „ 

0 




6 

»» 

0,1 „ 

0 

10 ccm 

4,0 ccm 

schwach triib 

2 

,, 

0,1 ., 

0 

4- 



2 

,, 

0? „ 

0 

6,0 ccm H,0 



2 

,, 

0,3 ,, 

0 




4 

it 

0,1 „ 

0 




6 

ii 

0,1 „ 

0 

10 ccm Serum 4- 5 ccm Milch 4- 5 ccm ILO 

Zentrifugat: triibe 


10 „ „ 4-6 „ „ 

4“ 4 „ ,« 



stark triibe 


19 „ „ 4“ 7 „ „ 

4* 3 „ „ 

,, 


sehr stark milchig getriibi 

19 „ „ 4" 8 ,, ,, 

4- 2 „ „ 

,, 


do. 



Bestimmul 

ig der Wirksamkeit des Serums: 



1 ccm Serum 4- 0,2 ccm 

Milch 





1 ,, 

1 >i 

a 4- 0,4 „ 

„ 4- 0,6 „ 

„ 1 
„ 

Fallung 



1 >i 

„ 4- 0,7 „ 

,, 





1 „ 

„ + 0,8 „ 

” 





1 „ 

„ 4- 0,9 „ 

„ 

0 




1 „ 

v + 1,0 „ 

J 





Ergebnis: 0,75 ccm Milch haben aus 10 ccm Serum soviet Prazipitin absorbiert, 
dafl 2 ccm des Zentrifugates («= 1 ccm Serum) nicht mehr 0,1 ccm Milch zu fallen 
vermochten, d. i., da 10 ccm Serum 7 ccm Milch fallen, etwa das 8-fache der- 
jenigen Prazipitinmenge, welche zur Fallung der 0,75 ccm Milch 
ausreichte. 


1) Gewdhnlich wurden die Proben 1—2 Stunden stehen gelassen. 
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


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4 














50 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


Versuch II. 


Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 50 ccm Milch 
intraperitoneal erhalten hatten. 


Serum 

Milch 

Bemerkung 

Zentrifugat 

Milch 


10 ccm 

0,25 ccm 

I Zentrifugat klar 

1 ccm 

0,1 

ccm 

0 

4- 



2 


0,1 

11 

Fallung 

9,75 ccm 11,0 



2 


0,2 

11 

0 




2 

» 

0,3 

11 

0 




4 

11 

6,1 

11 

Fallung 




6 

11 

0,1 

11 

»• 

10 ccm 

0,5 ccm 

klar 

1 

11 

0,1 

11 

0 

4- 



2 

11 

0,1 

11 

0 

9,5 ccm 11*0 



2 

11 

0,2 

11 

0 




2 

11 

0,3 

11 

0 




4 

11 

0,1 

11 

Fallung 




6 

11 

0,1 

11 

ii 

10 ccm 

0,75 ccm 

klar 

1 


0,1 


0 

4“ 



2 

11 

0,1 

11 

0 

9,25 ccm H,0 



2 

11 

0* 

11 

0 




2 


0,3 


0 




4 

11 

0,1 

11 

0 




6 

11 

0,1 

11 

Fallung 

10 ccm 

1,0 ccm 

klar 

1 

11 1 

0,1 

11 

0 

4- 



2 

11 

0,1 

11 

0 

9,0 ccm H,0 



2 

11 

02 

11 

0 




2 

11 

03 

11 

0 




4 

11 

0,1 

11 

0 




6 

11 

0,1 

11 

0 

10 ccm 

2,0 ccm 

klar 

1 

11 

o.l 

11 

0 

4- 



2 

11 

0,1 

11 

0 

8,0 ccm H,0 



2 

11 

0,2 

11 

0 




2 

11 

03 

11 

0 




4 

11 

0,1 

11 

0 




6 

11 

0,1 

11 

0 


10 ccm Serum + 3,0 ccm Milch + 7,0 ccm Wasser Zentrifugat: klar (Spur?) 

10 „ „ + 4,0 „ „ 4- 6,0 „ „ „ schwach triib 

10 „ „ 4 - 5,0 „ „ 4- 5,0 „ „ „ stark milchig 

10 „ „ 4- 6,0 „ „ 4- 4,0 „ „ „ sehr stark milchig 

Wirksamkeit des Serums: 


1 ccm Serum 
1 
1 
1 
1 
1 


0i3 ccm Milch 

OS „ „ 

6>5 „ „ 

6,6 ,, ,, 

6.7 „ „ 

6.8 „ ,, 


Fallung 

6 

0 


Ergebnis: 0,5 ccm Milch absorbierten aus 10 ccm Serum soviel Prazipitin, dafi 
2 ccm Zentrifugat (= 1 ccm Serum) nicht mehr 0,1 ccm Milch fallen konnten: da 
10 ccm Serum 6 ccm Milch pr&zipitieren, eomit etwa die 10-fache Prazipitin- 
menge von derjenigen, aie fiir die Fallung von 0,5 ccm ausreichte. 


derselben, welche also einem Kubikcentimeter des ursprilnglichen Lakto- 
serums entsprachen, warden dann durch Zusatz von 0,1, 0,2 ccm Milch 
auf die Anwesenheit von Prazipitin gepriift Gleichzeitig wurde in einer 
besonderen Versuchsreihe die failende Kraft des Laktoserams bestimmt 
(Versuch I a. II). 

H&tte nan das zugesetzte Casein nur so viel Prazipitin an sich 
gerissen als zu seiner Fallung erforderlich war, so hatte also z. B. in 
Versuch I der Zusatz von 1 ccm Milch zu 10 ccm Laktoserum, welche 
etwa 7,5 ccm Milch zu fallen vermochten, darin noch solche Mengen 


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Mfiller, Wei tare Studien fiber das Laktoserum. 


51 


PrSzipitin zurttcklassen mussen, dafi dieselben far 6 ccm Milch noch 
eben ausreichten. 2 ccm des Zentrifugates (= 1 ccm Serum) h&tten 
dann noch imstande sein mttssen, 0,6 ccm Milch zu pr&zipitieren. Wie 
aus unseren Versuchen hervorgeht, ist dies jedoch durchaus nicht der 
Fall. In dem zitierten Beispiele wurde nicht einmal 0,1 ccm Milch 
mehr dnrch die 2 ccm des Zentrifugates abgeschieden, womit also be- 
wiesen ist, dafi in der Tat weit mehr Pr&zipitin durch das 
Kaseln absorbiert wird, als dasselbe zu seiner F&llung 
braucht. Eine ann&hernde Vorstellung von der Hdhe des absorbierten 
Multiplums gibt die Tatsache, dafi 0,5 ccm Milch noch genhgend 
Pr&zipitin in 10 ccm Serum zurdckliefien, urn 1,0 ccm Milch zu fallen, 
0,75 ccm hingegen nicht mehr; die Menge von 0,75 ccm Milch hat 
somit so viel Pr&zipitin gebunden, dafi davon weniger in unserem 
Gemisch zurflckblieb als far die F&llung von 1 ccm Milch erforderlich 
ware, d. i. also mindestens die far 6 — 6,5 ccm Milch not- 
wendige Pr&zipitinmenge Oder ein etwa 8 — 10-faches Mul¬ 
tiplum. Aehnlich verlief Versuch II *). Bekanntlich ist die agglutinin- 
bindende Kraft der Bakterienleiber eine bei weitem grOBere. Im wesent- 
lichen verh&lt sich jedoch, wie wir eben gesehen haben, das Laktopr&zipitin 
in dieser Hinsicht ganz analog wie das Agglutinin, und stimmt auch 
mit dem von Eisenberg studierten Verhalten anderer Pr&zipitinarten 
(die gegen Hfihnereiweifi und normales Pferdeserum wirksam waren) 
aufs beste fiberein. Erw&hnt sei noch, dafi nach Versuchen von Ehr¬ 
lich und Morgenroth auch die Erythrocyten hohe Multipla der zur 
Ldsung ausreichenden Minimaldosis des h&molytischen Zwischenkorpers 
zu binden vermdgen. 

II. Wird das Kaseln durch Laktoserum stets vollst&ndig 

gef&llt oder nicht? 

Eine weitere fUr das Verst&ndnis des uns besch&ftigenden F&llungs- 
vorganges &ufierst wichtige Frage ist die, ob derselbe stets zu einer 
vollkommenen Abscheidung des Kaseins ftthrt, Oder ob mehr oder minder 
grofie Mengen des letzteren der F&llung entgehen kdnnen, ob mit anderen 
Worten die F&llungsreaktion eine vollst&ndige ist oder nicht. 

Schon aus den im vorigen Abschnitte wiedergegebenen Versuchen I 
und II l&Bt sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit der Schlufi ab- 
leiten, dafi die Pr&zipitation besonders bei Zusatz grofierer Milchdosen 
keine vollst&ndige sein kann. Denn w&hrend die vom Niederschlage 
durch die Zentrifuge befreiten Flfissigkeiten vollkommen klar und durcn- 
sichtig waren, solange sich die zugesetzten Milchmengen unter einer 
gewissen Grenze (in unserem Falle unter 4 ccm) hielten, war von 
dieser Grenze aufw&rts eine stets zunehmende, erst opaleszierende, dann 
milchige Trttbung derselben zu beobachten, welche kaum auf etwas 
anderes zu beziehen sein konnte als aut in Ldsung gebliebenes Kaseln. 
Dafi diese Vermutung in der Tat zutrefifend war, geht aus den folgenden 
Versuchen (III u. IV) hervor. Die Anordnung desselben war eine ganz 
ahnliche wie bei Versuch I und II, nur mit dem Unterschiede, dafi zu 
den erhaltenen Zentrifugaten nicht Milch, sondern geringe Mengen (0,05, 
0,1, 0,2) von Laktoserum hiuzugefugt wurden. Ueberall da nun, 


1) let die Zeitdauer, wahrend welcher Kaaei'u und Prazipitin aufeinander ein- 
wirken, eine langere (12—24 Stunden), so wird das letztere noch vollstandiger absorbiert, 
wie Versuche gezeigt haben. 

4* 


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52 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1. 


wo die86 Flflssigkeiten klar waren, blieb dieser Zusatz 
ohne jede Wirkung, war also das Kaseln anscheinend 
vollst&ndig durch das Laktoserum ausgef&llt worden; 
da jedoch, wo die Zentrifugate die erw&hnte Trflbung 
aufwiesen, trat sofort Pr flzipi tation ein, ein Beweis 
dafflr, dafi dieselben noch dentliche Mengen von Kaseln 
in Ldsnng enthielten. Zugleich liefi sich zeigen, dafi mit der 
Znnahme der zn dem Laktoserum hinzugefflgten Milchmengen und somit 
auch mit der zunehmenden Trflbung der erhaltenen Zentrifugate immer 
grOBere Mengen von Laktoserum notwendig wurden, urn noch Fflllung 
zu erzeugen; dafi mit anderen Worten die in Lflsung bleibenden Kaseln- 
mengen hierbei immer grflBer wurden. Je mehr Kaseln also zu 
dem Laktoserum zugesetzt wird, desto unvollstfindiger 


Versuch III. 

Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 50 ccm Milch 
intraperitoneal erhalten hatten. 


Serum 

Milch 

Bemerkung 

Zentrifugat 

Serum 

Nach 

2 Stunden 

10 ccm 

1 ccm 

klar 

2 ccm 

0,05 ccm 

0 

4- 



2 „ 

0,1 „ 

0 

9 ccm H,0 



2 „ 

0,2 „ 

0 




2 „ 

0,3 „ 

0 

10 ccm 

2 ccm 

klar 

2 „ 

0,05 „ 

0 

4- 



2 „ 

0,1 „ 

0 

8 ccm H,0 



2 „ 

0,2 „ 

0 




2 ,, 

0,3 „ 

0 

10 ccm 

3 ccm 

klar 

2 „ 

0,05 „ 

0 

4* 



2 „ 

0,1 „ 

0 

7 ccm H,0 



l » 

0*2 n 

0 




2 a 

0,3 „ 

0 

10 ccm 

4 ccm 

leicht triib 

2 „ 

0,05 u 

Fallung 

4“ 



2 » 

0,1 „ 

tt 

6 ccm H,0 



2 » 

0,2 „ 

tt 




2 » 

0,3 ,, 

tt 

10 ccm 

5 ccm 

triib 

2 » 

0,05 ,, 

a 

4- 



2 ” 

0,1 „ 

tt 

5 ccm H,0 



2 „ 

0,2 „ 

if 




2 „ 

0,3 „ 

tt 

10 ccm 

6 ccm 

stark triib 

2 „ 

0,05 „ 

a 

4” 



o 

6 a 

0,1 „ 

ft 

4 ccm H,0 



2 ” 

^ it 

0,2 „ 

0,3 „ 

ft 

tt 

10 ccm 

7 ccm 

milchig getriibt 

2 „ 

0,05 ,, 

0 

4“ 



2 

0,1 „ 

Fallung 

3 ccm H,0 



2 ,, . 

0,2 „ 

a 




2 „ 

0,3 „ 

tt 

10 ccm 

8 ccm 

milchig getrubt 

2 » 

0,05 „ 

0 

4~ 



2 » 

0,1 „ 

0 

2 ccm H,0 



2 „ 

0,2 „ 

Fallung 




2 a 

0,3 ,, 

»> 


Beetimmung der Wirkeamkeit 
1 ccm Serum + 0,6 ccm Milch 
1 ,» »» "i" 0,1 » », 

1 » „ + 0,8 >, „ 

1 ,i a “b 0,9 ,, „ 

1 ,» ,» 1,0 », ,, 


dee Serums: 
| F&llung 
0 


Ergebnis: Mit der Zunahme der zugesetzten Milchmenge nimmt auch die in. 
Lfeung meibende Menge zn, so dafi also die Fallung immer unvollstandiger wird. 


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Mil Her, Weitere Studien fiber das Laktoserum. 


53 


Vereuch IV. 

Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 40 com Milch 

erhalten hatten. 


Serum 


Bemerkung 

Zentrifugat 

Serum 

Nach 

2 Stunden 

10 ccm 

2 ccm 

klar 

2 

ccm 

0,05 ccm 

0 

+ 



2 


0,1 

yy 

0 

8 ccm H t O 



2 


0,2 

yy 

0 



2 


0,3 


0 

10 ccm 

3 ccm 

klar 

2 

>> 

0,05 

yj 

0 

+ 



2 

>» 

0,1 

yy 

0 

7 ccm H s O 



2 

V 

0,2 

yy 

0 



2 

» 

03 

yy 

0 

10 ccm 
+ 

4 ccm 

Spur von 
Triibung 

2 

2 

V 

it 

0,05 

0,1 

yy 

yy 

Failung 

yy 

6 ccm H 2 0 


2 

V 

0,2 

yy 

yy 




2 

V 

03 

yy 


10 ccm 

5 ccm • 

trub 

2 

»> 

0,05 

yy 

0 




2 

»> 

0,1 

03 

yy 

Failung 

5 ccm H 2 0 



2 

»» 

yy 

yy 




2 

»» 

0,3 

yy 


10 ccm 

6 ccm 

stark trub 

2 

1) 

0,05 

yy 

0 




2 

» 

0,1 

03 

yy 

0 

4 ccm H a O 



2 

n 

yy 

Failung 



2 


0,3 

0,05 

yy 

10 ccm 

7 ccm 

stark milchig 

2 


yy 

0 

+ 


getrubt 

2 

yy 

0,1 
i 03 

yy 

0 

3 ccm HjO 


2 


yy 

0 




2 

»» 

i 03 

yy 

Failung 


Wirksamkeit des Serums: 


1 ccm Serum + 0,4 ccm Milch 
1 »> u -f" 0,5 ,, ,, 

1 yy yy 0,6 „ ,, 

1 » ,* “h 0,7 ,, ,, 

1 » » + 0,8 


| Failung 

0 


wird, von einer gewissen Grenze ab, die Failung; von 
einer bestimmten, noch grSBeren Kaseinmenge an bleibt die Failung 
schlieBlich vollkommen ans. 

Wir haben somit bei dem Laktoserum zwei verscbiedene Grenz- 
punkte zu unterscheiden: 1) denjenigen, bei welchem das Kaseln noch 
eben anscheinend vollstandig ausgefallt wird und 2) denjenigen, bei 
welchem (Iberhaupt keine sichtbare Abscheidung desselben rnehr erfolgt. 
Der letztere dieser beiden Grenzpunkte ist es, den wir unseren Be- 
stimmungen der „failenden Kraft“ des Laktoserums in der vorliegenden 
wie in einer frflheren Mitteilung zu Grunde gelegt haben. 

Der eben dargelegte Befund steht nun in einem gewissen Wider- 
spruch mit den Beobachtungen, die Eisenberg an den von ihm 
untersuchten PrBzipitinen gemacht hat. Eisenberg 1 ) schreibt: „Bei 
jeder Prazipitinreaktion sind neben dem Reaktions- 
produkt in der oberen Fliissigkeit Ueberschflsse beider 
reagierender Substanzen nachweisbar, die nebeneinander 
reaktionslos kogxistieren. Auf Grund eines allgemeinen 
Gesetzesderchemischen Energetikistein Gleichgewichts- 
zustand zwischen den Komponenten des Systems ein- 


1) CentralbL f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXI. 1902. 


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54 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


getreten und erst durch neuerlichen Zusatz einer der 
reagierenden Substanzen kann dieser Zustand urage- 
stflrzt und die Reaktion wieder in Gang gebracht werden., 
Durch grofie Zusfitze der einen Substanz kann die 
Reaktion in der Weise beeinflufit werden, dafi die andere 
bis auf geringe Reste aufgebraucht wird; doch lassen 
sich selbst dann noch mittels geeigneter Methoden diese 
Reste nachweisen ui ). 

Hatten nun diese Beobachtungen Eisenbergs auch fflr das Lakto- 
serum und dessen Prfizipitin ihre Gfiltigkeit, so ware demnach zu er- 
warten, dafi sowohl durch Zusatz von Milch als von Serum zu unseren 
vom Niederschlage befreiten Gemischen neuerdings eine Failung hervor- 
gerufen wiirde. Statt dessen haben wir jedoch im Vorhergegangenen 
gesehen, dafi einerseits die klar gebliebenen Zentrifugate mit Serum 
nicht mehr reagierten und dafi andererseits in denjenigen Proben, bei 
welchen der ursprttngliche Milchzusatz ein grOBerer war, kein Prazipitin 
mehr nachgewiesen werden konnte. Da jedoch gegen diese Proben der 
Einwand erhoben werden konnte, dafi die hierbei verwendeten Flflssig- 
keitsmengen (2 ccm) vielleicht zu geringe waren, um Spuren von Prazipitin 
oder Kase'in zu entdecken und dafi ferner auch der Zeitraum von 
2 Stunden, nach welchem die Untersuchung vorgenommen wurde, fiir 
die Abscheidung dieser geringen Mengen ein zu kurzer war, wurden 
noch die folgenden Experimente angestellt. Wie frflher, wurden zu 
10 ccm Serum steigende Mengen von Milch und die zur Erganzung auf 
20 ccm ndtige Wassermenge hinzugefiigt. Nachdem die Gemische 
12 Stunden bei Zimmertemperatur gestanden hatten und sich eine 
mdglichst vollstfindige Abscheidung des Kaselns vollzogen hatte, wurden 
die Proben grfindlich zentrifugiert, die obenstehende FlQssigkeit dann, 
zur Entfernung etwaiger grOberer FlOckchen, durch ein Filter durch- 
geschickt und in toto zu den Yersuchen verwendet. 

Jene Proben, die ein absolut klares Zentrifugat ergaben, oder nur 
jene minim ale Opaleszenz zeigten, die vielen Seren zukommt, wurden 
dann mit je 2 ccm Laktoserum versetzt; jene Mischungen, die bereits 
nach dem Zentrifugieren eine wenn auch nur schwache milchige 
Opaleszenz aufwiesen, wurden stets doppelt angesetzt, und zwar wurde 
die eine davon mit 2 ccm Laktoserum, die andere mit 0,05 ccm Milch 
beschickt; die starker getriibten Zentrifugate endlich, deren Kaseingehalt 
nach ihrem Aussehen und nach dem fruher Auseinandergesetzten keinem 
Zweifel unterliegen konnte, wurden nur durch Milchzusatz auf die 
Anwesenheit von Prfizipitin geprilft. Nach 2, 4 und 24 Stunden wurden 
die ROhrchen zentrifugiert und daraufhin untersucht, ob sich ein Boden- 
satz von Kase'in gebildet hatte. 

Diese Experimente ergaben nun folgendes: Die ursprflnglich vOllig 
klaren Fltissigkeiten hatten nach 4-stiindigem Kontakt mit dem Lakto¬ 
serum ihr Aussehen nicht wesentlich verfindert, hochstens hatte die 
erwfihnte Opaleszenz um ein eben Merkliches zugenommen. Nach dem 
Zentrifugieren zeigte sich entweder gar kein Bodensatz oder nur einige 
minimale weifie FlOckchen, die mit einigem guten Willen noch als Kasein- 
flOckchen angesprochen werden konnten. Nach 24-stflndigem Stehen 


1) Analoge Befunde beschreiben Linossier und Lemoine, Compt. rend, de la 
soc. de biol. 1902; ferner Michaelis und Oppenheimer, Arch. f. Anat. u. Physio¬ 
logic 1902. 


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> Milller, Weiiere Stndien fiber das Laktoseram. 


55 


war die Opaleszenz bezw. die Abscheidang des Kasei'ns entschieden 
deutlicher and nicht mehr zweifelhaft, immechin aber doch noch auBer- 
ordentlich gering. In den stSrker opaleszenten und milchig getrflbten 
Flflssigkeiten hatte sich unter dem Einflusse des Serums, wie zu er- 
warten war, eine dentliche starke F&llung gebildet, die nach dem Zentri- 
fugieren als weiBlicher Belag an der Kuppe des Reagenzglases haftete. 

Der Milchznsatz zu diesen an und filr sich schon kasel'nhaltigen 
Proben war jedoch ganz erfolglos geblieben (Versuch V—VII). 

Versuch V. 


Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tageu 50 ccm Milch 
intraperitoneal erhalten hatten. 

Grenze der Wirksamkeit: 1 ccm Serum fallt uoch 0,7 ccm Milch, nicht mehr 0,8 ccm. 


Serum 

Milch 

Wasser 


Zentrifugat 

■+■ 0,05 ccm 
Milch 

-f 2 ccm Serum 

l 

10 ccm 

1,0 ccm 

9,0 ccm 

Fallung 

klar 


Spur (?) 

10 „ 

2,0 „ 

8,0 „ 

>> 

*» 

— 

it 

10 „ 

3,0 ,, 

7,0 „ 

»» 

Spur 

Opaleszenz 

0 

geringe Fallung 

10 „ 

4,0 „ 

6,0 „ 


leicht triib 

0 

starke Fallung 

10 „ 

5,0 „ 

5,0 „ 

,» 

stark triib 

0 



10 „ 

6,0 „ 

4,0 „ 

n 

stark milchig 

0 

tt 

tt 


Versuch VI. 

Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 30 ccm Milch 
erhalten hatten. 

Grenze: 1 ccm Serum fallt 0,2 ccm Milch, nicht mehr 0,3 ccm. 


Serum 

Milch 

Wasser 


Zentrifugat 

+ 0,05 ccm . o 

Milch |+ 2 ccm feerom 

10 ccm 
10 „ 

10 „ 

10 „ 

10 „ 

0,4 ccm 
0,6 „ 

1,0 „ 
2,0 „ 
3,0 „ 

9,6 ccm 
9,4 „ 

9,0 „ 

8,0 „ 
7,0 „ 

Fallung 

tt 

tt 

tt 

0 

klar 

Spur 

Opaleszenz 
leicht triib 
stark triib 

geringe Fallung 
Spur (?) 

0 (Spur?) 

0 (Spur?) 

0 

Spur 

geringe Fallung 
starke Fallung 


Versuch VII. 

Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 50 ccm Milch 
intraperitoneal erhalten hatten. 

Grenze: 1 ccm Serum fallt noch 0,7 Milch, nicht mehr 0,8 ccm. 


Serum 

Milch 

Wasser 


Zentrifugat 

+ 0,05 ccm 
Milch 

-f 2 ccm Serum 

10 ccm 

0,6 ccm 

9,4 ccm 

Fallung 

klar 


0 

10 „ 

1,0 „ 

9,0 „ 

8,5 „ 

it 

tt 

0 

0 (Spur?) 

10 „ j 

1,5 „ 

a 

tt 

0 

0 (Spur?) 

10 „ 

2,0 „ 

8,0 „ 

tt 

Spur triib 

0 

Spur 

10 „ 

3,0 „ 

7,0 „ 

tt 

triib 

0 

starke Fallung 

10 „ 

4,0 „ 

6,0 „ 

tt 

stark triib 

0 

sehr starke 
Fallung 

. 10 „ 

5,0 „ 

5,0 „ 

tt 

stark milchig 

0 


Es waren somit in alien jenen Proben, bei welchen 
sich klare Zentrifugate ergeben hatten und somit das zu- 


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56 


CentnlbL f. Bakt etc. L Abt. Original e, Bd. XXXIV. No. 1. 


gesetzte Milchquantum nnter jenem erv&hnten Grenz- 
werte geblieben var, bestenfalls our minimale Mengen 
von Kaseln nachzuweisen. Alle ROhrchen bingegen mit 
hdherem Milchznsatze enthielten zwar reichlich Kaseln, 
aber keine oder hOchstens ganz minimale Spnren von 
freiem (dnrch weiteren Milchznsatz nachveisbarem) Prfi- 
zipitin. Eine Zone also, innerhalb velcher, vie bei den 
von Eisenberg stndierten Prfizipitinen, ffillende und 
ffillbare Snbstanz in grOfierer Menge frei nebeneinander 
bestehen, ohne sich gegenseitig zn beeinflussen, ist bei 
dem Laktosernm nicht dentlich ausgepr&gt Es ist viel- 
mehr die F&llnng des Kaselns auch bei geringem Pr&zi- 
pitinflberschuB stets eine fast vollstfindige. 

Um alien Mifiverst&ndnissen vorzubeugen, mdchte ich hier sofort 
bemerken, dafi ich weit davon entfernt bin, hierin einen vesentlichen 
Unterschied zwischen dem Laktopr&zipitin nnd den anderen Prizipitin- 
arten zn sehen. Dann ist es ja sehr naheliegend, die grOBere Voll- 
stfindigkeit der Laktoserumffillung (einen geringen PrfizipitinflberschuB 
voransgesetzt) gegenflber den anderen spezifischen FSJlungsreaktionen 
sich einfach dadnrch zn erklfiren, daB dem Laktoprfizipitat eine geringere 
Ldslichkeit zukommt als den anderen Eiweififfillungen; ist es ja doch 
ein allgemeines Grnndgesetz der Chemie, dafi unter sonst ahnlichen 
VerhSltnissen diejenigen Reaktionen am vollst&ndigsten verlanfen, deren 
Reaktionsprodukt am nnldslichsten ist Diese Annahme hat aber am 
so grQBere Wahrscheinlichkeit fttr sich, als ja der eine Bestandteil des 
Laktoprfizipitates, nfimlich das Kaseln, dnrch die verschiedensten Agen- 
tien aufierordentlich leicht aus seiner Ldsnng abgeschieden werden 
kann; jedenfalls viel leichter als die moisten anderen EiweifikOrper. 

Das von nns beobachtete Verhalten des Laktoserums gegenflber 
dem Kaseln steht somit von diesem Gesichtspankte aus gar nicht im 
Widerspruche mit den Eisenbergschen Befunden, sondern ordnet sich 
denselben als spezieller extremer Grenzfall nnter. Die minimalen 
Kaselnmengen, (he, wie wir gesehen haben, auch in den klaren Proben 
enthalten sind, bestfltigen diese Anffassung vollkommen. Will man die 
so gewonnenen Ergebnisse in Kurvenform Qbersichtlicher darstellen, so 
kann man etwa folgendermafien verfahren. Man vShle als Abscisse 
die Anzahl der Knbikcentimeter Milch, welche zu 10 ccm des Lakto¬ 
serums hinzugefflgt wurden. Als Ordinaten werden einerseits die Ka¬ 
selnmengen, andererseits die Prfizipitinmengen aufgetragen, 
welche nach Abzentrifugieren des entstandenen Laktoprfizipitates noch 
in Ldsung nachzu weisen sind. Ein Mafi fQr die ersteren besitzen wir 
in der Menge Laktosernm, welche diese Caselnmengen eben zu fallen 
vermag; umgekehrt messen wir die zurfickgebliebenen Prizipitinquanta 
durch die Milchmengen, mit welchen dieselben noch eine Ffillung zu 
geben vermogen, d. i. durch ihre obere Flllungsgrenze. Ein bestimmtes 
Quantum Prfizipitin und die von demselben eben noch geffillte Milch- 
menge kommen also in unserer Kurve durch gleiche Ordinatenhdhen 
zum Ausdruck. 

Der Anfangspunkt der Prazipitinkurve wird durch die „ffillende 
Kraft u des betreffenden Serums reprasentiert (in Versuch I, der dieser 
Kurve zu Grunde gelegt ist, also durch die Milchmenge von 7,5 ccm). 
Der Endpunkt derselben (Ordinate 0) liegt nach dem frliher Auseinander- 
^esetzten da, wo die erhaltenen Zentrifugate sich zu trflben beginnen, 


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Mfiller, Weitere Studien fiber das Laktosenim. 


57 


also in unserem Beispiel zwischen 
3 und 4 ccm Milch. Eben hier 
befindet sich auch der Anfang der 
Kase'inkurve (Ordinate 0), da 
die erw&hnten Spuren von Kaseln, 
welche sich auch in den klaren 
Zentrifngaten nachweisen lassen, 
natflrlich zu gering sind, am in 
dieser Darstellung zum Ansdrnck 
zu kommen. Der Endpnnkt der 
Kase'inkurve ist dadurch gegeben, 
dafi von der oberen F&llungsgrenze 
ab alles Kaseln in L5sung bleibt; 
es ist also die zu der Abscisse 7,5 
gehOrige Ordinate ebenfalls gleich 
7,5. Einzelne zwischen diesen Grenz- 
punkten gelegene Werte ergeben 
sich aus Versuch I und Versuch IV, 
welche je mit gleich stark wirks- 
amen Serum gemischen angestellt 
wurden und daher wohl ohne 


8 
7 
6 
5 
4 
3 
2 
1 
0 

012345678 Anzahl 
der Kubikcentimeter Milch, die zu 10 ccm 
Serum zugesetzt wurden. 

- Eurre des in Lfisung gebliebenen 

Prfizipitins. 

-- Kurve des in Lfisung gebliebenen 

Easelns. 



weiteres miteinander verglichen 

werden kOnnen. Natflrlich beansprucht die so erhaltene Kurve nicht 
mehr, als ein ungef&hres Bild von den quantitativen Verhaltnissen bei 
der Lak toser urn fall un g zu geben. Fflr eine wirklich exakte Ermittelung 
des diesen Verhaltnissen zu Grunde liegenden Gesetzes reicht hingegen 
weder die Zahl der gewonnenen Werte noch auch, wie aus dem folgenden 
Abschnitte deutlicher hervorgehoben wird, die angewendete Methodik 
aus. Es lag jedoch die Ldsung dieser Aufgabe auch gar nicht im Plane 
der vorliegenden, mehr orientierenden Versuche. 


III. Die partielle F&llung des Kaselns durch 
Laktoserum. 

Fassen wir nunmehr unsere bisherigen Versuchsergebnisse flber den 
quantitativen Verlauf der LaktoserumMlung zusammeu, so kdnnen wir 
dieselben folgendermafien darstellen. Bei Zusatz steigender Milchmengen 
zu einem gegebenen Quantum Laktoserum beobachtet man zun&chst eine 
Zone, innerhalb welcher das Kaseln bis auf Spuren vollst&ndig gefailt 
wird. Da das Kase'in vie! grofiere Prazipitin mengen absorbiert, als zu 
seiner Fflllung erforderlich sind, so linden sich in den hierbei erhaltenen 
klaren Filtraten nur geringe Mengen desselben vor neben den erw&hnten 
Spuren von Kaseln. Steigert man die zugesetzte Milchmenge weiter, 
so bleiben von einer gewissen Grenze ab immer grdBere Kaseinmengen 
in Ldsung; daneben finden sich nur Spuren freien Pr&zipitins. Endlich 
erreicht man eine weitere Grenze, bei der flberhaupt keine F&llung mehr 
zu beobachten ist. 

Es trat nun die Aufgabe an uns heran, die Vorg&nge bei dieser 
unvollst&ndigen Fallung, die sich zwischen den beiden genannten Grenz- 
werten abspielt, nflher zu untersuchen. Vor allera war es von Interesse, 
zu ermitteln, welche Mengen Laktoserum zur vollst&ndigen Ffillung des 
in Ldsung gebliebenen Kasel'ns erforderlich sind undob man v er - 
schiedene Serummengen bendtigt, wenn man einerseits 
eine bestimmte Milchquantitflt durch sofortigen Zusatz 


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.58 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


der gesamten erforderlichen Sernmmenge ausf&llt, und 
andererseits zuerst eine partielle F&llung erzeugt, 
welche man erst durch weiteren Znsatz von Seram zu dem 
trttben Zentrifugat vervollst&ndigt. Denn da, wie wir im 
vorigen gesehen haben, das Kase'in bei seiner F&llung im stande ist, 
viel mehr Pr&zipitin zu binden, als unbedingt zu seiner Abscheidung 
erforderlich ist, so kann es durchaus nicht als selbstverst&ndlich an- 
geseben werden, dafi die beiden genannten Wege zu demselben Resul- 
tate ftthren. 

Die Versuchsanordnung war folgende: Wie frflher, wurden je 5 ccm 
Laktoserum mit steigenden Milchmengen versetzt und auf 10 ccm Ge- 
samtflflssigkeit erg&nzt. Nach 2-stttndigem Stehen wurden die Proben 
zentrifugiert und einerseits die „untere F&llungsgrenze“ bestimmt, bei 
welcher eben noch vollst&ndige Abscheidung des Kaseins erzielt worden 
und somit das erhaltene Zentrifugat klar war, andererseits je 1 ccm 
der trttben Zentrifugate mit steigenden Serummengen zusammen- 
gebracbt. Nach etwa 1 / i Stunde wurden die letzteren Proben neuer- 
dings ausgeschleudert und beobachtet, bei welchem Serum- 
zusatz das noch in Ldsung befindliche Kase'in eben 
vollkommen ausgef&llt war 1 ); durch Multiplikation mit 
10 erhielt man aus dem beobachteten Serumwerte jene 
Menge, welche zur Abscheidung des gesamten, der ersten 
F&llung entgangenen Kaseins erforderlich war, und 
dieser Wert, um 5 (d. i. die ursprttnglich verwendete 
Serummenge) vermehrt, ergab die gesamte zur F&llung 
verbrauchte Serumquantit&t. 

Diejenige Serummenge, welche erforderlich war, die gleiche Milch- 
menge auf einmal zu fallen, ergab sich auf einfache Weise durch 
Umrechnung aus der genannten „unteren F&llungsgrenze u . 

Vergleichen wir nun die aus Versuch VIII sich ergebenden und in 
Tabelle IX ttbersichtlich zusammengestellten Werte der Serummengen 
miteinander, welche bei den beiden in Rede stehenden F&llungsverfahren 
zur Abscheidung gleich grofier Milchquanta erforderlich waren, so sehen 
wir, dafi die Unterschiede nur ganz unbetr&ch tliche sind 
und dafi somit beide Arten der F&llung, die sofortige 
totale und die fraktionierte, in 2 Abschnitten sich voll- 
ziehende, ungef&hr gleich grofie Mengen von Laktoserum 
bentttigten. Wenn nun auch schon dieser Versuch die 
Existenz bedeutenderer, sofort in dieAugen springender 
Differenzen mit Sicherheit auszuschliefien gestattet, so 
kdnnten doch noch immerhin kleinere, konstant in dieselbe Richtung 
fallende Unterschiede bei den beiden F&llungsverfahren bestehen. Da 
n&mlich die Auffindung der Grenze, von welcher ab die Zentrifugate 
sich zu trttben beginnen, begreiflicherweise mit unvermeidlichen Beob- 
achtungsfehlern verknttpft ist, und da ttberdies dieser Fehler bei obiger 

1) Zeigt das Serum, wie dies nicht selten der Fall ist, an und fur sich schon 
einen gewissen Grad von Opaleszenz Oder Trubung, so sind auch die bei vollkommener 
AusfalTung des Kaseins erhaltenen Zentrifugate nicht imm$r ganz klar; man mutt dann 
jene Grenze feststellen, von welcher ab die Triibung eben zuzunehmen beginnt, was bei 
einiger Uebung und bei giinstiger Beleuchtung keine besonderen Schwierigkeiten hat. 
Um Qbrigens Selbsttauschungen nach Moglienkeit auszuschliefien, habe ich stets die 
Bdhrchen in der Weise nach mrem Triibungsgrade geordnet, dafi ich ihre Etiquettierung 
zugedeckt hielt und also nicht wissen konnte, welche Probe ich vor mir hatte; uberdiea 
wurde dieses Verfahren stets 2—3mal wiederholt. 


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M tiller, Weitere Studien tiber das Laktoseram. 
Vereuch VIII. 


59 


Serum 

Milch 

JBemerkung. 

Zen trifug. 

Serum | 

i 

Zentrifugat 

5 + 

2,5 ccm 

Zentrifugat 

_ 




23 H.O 


klar 


— 

— 

_ 


(Grenze: 


— 

— 

— 



2,75 ccm) 


— 

— 

— 

5 + 

2 H.O 

3,0 ccm 

Spur von 
Trubimg 

je 1 ccm 

0,05 ccm 
04 „ 

Fallung 

n 

triib 

klar 




0,15 * 
0,2 , 

V 

77 





n 

77 

5 + 

3j5 ccm 

stark txub 

do. 

0,05 , 


triib 

13 H.O 



0,1 , 

0,16 , 

V 

Spur getriibt 





it 

klar 





02 . 

71 

77 

5 + 

4,0 ccm 

stark milchig 

do. 

0,1 „ 
0,2 „ 
0,25 . 


triib 

1,0 H.O 

getriibt 


77 

77 

Spur 

klar 





0,3 , 

77 

77 

5 + 

4,5 ccm 

do. 

do. 

0,1 „ 


triib 

0,5 H.O 



02 „ 

77 

schwach triib 




025 . 

77 

Spur 





036 , 

77 

klar 

5 + e 

5,0 ccm 

do. 

do. 

02 , 

77 

triib 




03 , 

77 

77 





0.4 , 

0,45 , 

77 

77 

Spur 

klar 

5 + 

5,5 ccm 

sehr stark 

je 1,2 ccm 

0,4 , 

77 

triib 

1,5 H.O 

milchig 


03 n 

77 

Spur vonTriibg. 



getriibt 


0,56 , 

77 

klar 




0,6 „ 

77 

77 

5 + 

6,0 ccm 

do. 

do. 

0,5 , 

77 

triib 

1,0 H.O 



0,6 „ 

77 

Spur triib 




0,05 jj 

77 

klar 





0,7 , 

77 

77 

5 + 

6,5 ccm 

do. 

do. 

0,6 „ 

77 

triib 

0,5 H.O 



0,7 „ 

77 

Spur 




0,75 „ 

77 

klar 





03 , 

77 

77 


Tabelle IX. 


Die zur Fallung von x ccm Milch notige Serummenge in ccm 


Milch 

bei sofortigem Zu- 
satz der ganzen 
Menge 

bei fraktioniertem 
Zusatz 

2,5 ccm 

5,0 ccm 

5,0 ccm 

3,0 „ 

5,4 „ 

63 „ 

5,75 ,, 

3,5 ,, 

625 „ 

4,0 „ 

72 ,, 

72 

4,5 „ 

8,1 „ 

8,0 „ 

5,0 „ 

9,1 „ 

9,25 „ 

5,5 „ 

9,95 „ 

10,25 ,, 

6,0 „ 

10,9 „ 

1125 „ 

63 „ 

113 „ 

1225 „ 


Berechnung sich verzehnfacht, so sind die erhaltenen Serumwerte nattir- 
licherweise mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, welche sicb jedoch 


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60 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


durch VergrOBerung der benutzten Fliissigkeitsmengen bis zu einem ge- 
wissen Grade herabdrtlcken laBt. Es wurden daher noch die folgenden 
Versnche (X—XIII) angestellt, bei welchen etwas grOBere Zentrifugat- 
mengen in Verwendung kamen. Auch bier zeigte sich im all- 
gemeinen wieder eine recht gute Uebereinstimmung 
zwischen den zur totalen Fftllung auf den beiden ver- 
schiedenen Wegen erforderlichen Serummengen. Etwas 


Versuch X. 

Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 40 ccm Milch 
A erhalten batten. 


Serum 

Milch 

Wasser 

Nach 2 Stunden zentrifugiert 

5 ccm 

0,5 ccm 

4,5 ccm 

leicht opaleszent 

5 „ 

1,0 „ 

4,0 „ 

unverandert leicht opaleszent 

5 „ 

1,1 „ 

3,9 f t 

ti a a ■ 

5 „ 

1,2 „ 

33 „ 

Spur starker opaleszent (?) (Grenze 1,2 ccm) 

5 „ 

13 ., 

3,7 „ 

deutlich triib 

5 „ 

1,4 „ 

3,6 „ 

starker triib 

5 „ 

1,5 „ 

33 „ 

noch starker trub 


B 30 ccm Serum -f- 15 ccm Milch 4- 15 ccm Wasser. 


Zentrifugat 

Serum 

Nach 2 Stunden zentrifugiert 

5 ccm 

2,5 ccm 

trub 

5 „ 

2,6 „ 

leicht opaleszent (Grenze 2,55 ccm) 

5 „ 

2,7 „ 

„ „ (etwas weniger) 

5 „ 

2,8 „ 

unverandert 

5 „ 

2,9 „ 

>1 


Serum men ge fiirf bei sofortiger Totalfallung 10,25 ccm 

2,5 ccm Milch\ bei Fraktionsfallung 10,1 „ 


Versuch XL 


A Serum von 4 mifc Milch vorbehandelten Hasen. 


Serum 

Milch 

Wasser 

Zentrifugiert nach 2 Stunden 

5 ccm 

1,55 ccm 

3,45 ccm 

klar 

5 „ 

1,6 „ 

3,4 „ 

ii 

5 „ 

1,65 „ 

3,35 „ 

ii 

5 „ 

1,70 „ 

33 „ 

ii ^ 

5 „ 

1,75 „ 

3,25 „ 

Spur? (Grenze 1,72 ccm) 

5 „ 

2,0 „ 

3,0 „ 

leicht triib 

5 „ 

2,5 „ 

2,5 „ 

starker triib 

B 

25 ccm Serum + 20 ccm Milch -f 5 cccm H,0. 

Zentrifugat 

Serum 

Zentrifugiert nach 2 Stunden 

5 ccm 

3,6 ccm 

klar 


5 „ 

3,4 „ 

ii 


5 „ 

3,2 „ 

Spur (Grenze 3,2 ccm) 

5 „ 

3,0 „ 

deutliche Spur 

5 „ 

23 „ 

sehr geringe Triibung 

5 „ 

2,6 „ 

triib 



Serummenge fiirf a) bei sofortiger Totalfallung 11,7 ccm 

4 ccm Milch \ b) „ fraktionierter Fallung 11,4 „ 


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Miiller, Weitere Studien fiber das L&ktoserum. 


61 


Versuch XIL 

A Serum von 4 mit Milch behandelten Hasen. 


Serum 

Milch 

Wasser 

Nach 2 Stun den zentrifugiert 

2 ccm 

0,6 ccm 

1,4 ccm 

klar 

2 „ 

0,7 „ 

13 * 

y> 

2 „ 

03 „ 

13 ,, 

,, (?) (Grenze 0,8 ccm) 

2 „ 

0,9 „ 

l,l „ 

Spur triib 

2 „ 

1,0 „ 

1,0 „ 

deutlich triib 

2 „ 

1,1 „ 

0,9 „ 

1 starker „ 

2 „ 

13 ,, 

03 „ 

t) ii 

2 „ 

13 „ 

0,7 „ 

II 19 


B 30 ccm Serum •+• 20 cm Milch + 10 ccm H,0. 


Zentrifugat 

Serum 

Nach 2 Stunden zentrifugiert 

4 ccm 

0,7 ccm 

triib 

4 „ 

03 „ 

schwach triib 

4 „ 

0,9 „ 

ii ii 

4 „ 

4 

1,0 „ 

1,1 ,, 

Sj?ur triib (Grenze 1,05 ccm) 

4 „ 

13 „ 

»i 

4 „ 

13 „ 

klar 

4 „ 

1,4 „ 

ii 

4 „ 

13 ,, 

91 


Serummenge fur f a) bei sofortiger Totalfallung 8,2 ccm 

3,3 ccm Milch\ b) „ fraktiooierter Fallung 7,6 „ 


Vereuch XIII. 

A Serum von 5 mit Milch vorbehandelten Kanincheu. 


Serum 

Milch 

Wasser 

Nach 2 Stunden zentrifugiert 

2 ccm 

0,5 ccm 

1^ ccm 

klar 

2 „ 

0,6 „ 

1,4 „ 

ii 

2 „ 

0,7 „ 

13 „ 

ii 

2 „ 

0,8 ,, 

13 „ 

leicht triib (Grenze 0,75 ccm) 

2 „ 

0,9 „ 

1,1 „ 

starker trub 

2 „ 

1,0 „ 

1,0 „ 

ii ii 

2 „ 

1,1 „ 

0,9 „ 

ii ii 

2 „ 

13 » 

03 „ 

ii ii 


B 25 ccm Serum + 7,5 ccm H,0 4- 17,5 ccm Milch. 


. Zentrifugat 


Nach 4 Stunden zentrifugiert 

4 ccm 

0,6 ccm 

stark trub 

• 4 „ 

03 * 

ii ii 

4 „ 

1,0 „ 

ii ii 

4 „ 

13 „ 

schwach triib 

4 „ 

1,4 „ 

ii ii 

4 „ 

1,6 „ 

Spur starker wie die folgende (?) Probe 

4 „ 

W „ 

opaleszent (Grenze 1,7 ccm) 

4 „ 

2,0 „ 

unverandert opaleszent 


Serummenge furl a) bei sofortiger Totalfallung 9,32 ccm 

3,5 ccm Milchj b) „ fraktionierter Fallung 9,25 „ 


grdfier waren die Differenzen our bei Versuch XII, wo 
zur fraktionierten Fallung 0,6 ccm Laktoserum weniger 


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62 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


erforderlich waren als zur einzeitigen totalen Abschei- 
dung des Kaseins. Aucb bei den anderen Versuchen lagen 
flbrigens die Differenzen stets nach derselben Richtung 
und niemals war die zur fraktionierten Fallung ge- 
brauchte Serummenge grdfier als die andere. DaB es sich 
hierbei nicht um einen Zufall des Experiments gehandelt haben dfirfte, 
geht aus der Wiederholung dieser Versuche hervor, welche stets ein 
identisches Resultat ergaben. Wir werden auf diese anscheinend para- 
doxe Tatsache, dafi die fraktionierte Fallung zuweilen eher etwas ge- 
ringere Serummengen erfordert, 'als die sofortige Totalfallung, und auf 
ihre mutmafiliche ErklSrung noch in dem nSchsten Abschnitte dieser 
Abhandlung zurQckzukommen haben. 

Nach dem eben Dargelegten kdnnen wir somit behaupten, dafi die 
zur fraktionierten Fallung einer bestimmten KaseYn- 
menge erforderliche Serumquantitat jedenfalls nicht 
grdfier ist als jene, welche zur sofortigen totalen Ab- 
scheidung derselben eben hinreicht Daraus folgt aber 
mit Notwendigkeit weiter, daB auch der in der ersten 
Fraktion ausfallende Kasein an teil hdchstens diejenige 
Prazipitinmenge absorbiert haben kann, welche zu seiner 
totalen Fallung eben n5tig war. 

Ist es nun moglich, so wollen wir uns weiter fragen, auf Grand 
der bis jetzt bekannten Daten die Kaseinmengen zu berechnen, welche 
bei der partiellen Fallung abgeschieden werden. Die GrSBen, die uns 
zu dieser Berechnung zur Verfugung stehen, sind: 1) diejenige Serum¬ 
menge, welche die gesamte Kaseinmenge abzuscheiden vermag, und 
2) diejenige, welche den in L6sung gebliebenen Anted des Kaseins aus- 
fallt. Kdnnen wir nun, etwa durch einfache Subtraktion der zweiteh 
Grofie von der ersten, die dem gefailten Anted entsprechende Prazi¬ 
pitinmenge ermitteln? 

Um diese Frage zu beantworten, mflssen wir folgende Ueberlegung 
anstellen. Wir haben zwar im zweiten Abschnitte dieser Arbeit ge- 
sehen, dafi die kaselnhaltigen Zentrifugate, die durch partielle Ausfaliung 
des Kaseins erhalten werden, kein (oder nur spurenweise) freies Pra- 
zipitin enthalten. Wenn nun aber KaseYn und Prazipitin, wie gesagt, 
nicht frei nebeneinander in Losung zu bestehen verm6gen, so ist da- 
mit naturlich nicht ausgeschlossen, dafi unter Umstanden eine 
Verbindung beider geldst bleiben kann. Dafi diese MOglich- 
keit in der Tat besteht, beweist schon das bereits mehrfach erwahnte 
Ausbleiben jeder Fallung 1 ) bei Ueberschreitung der „oberen Grenze“ 
des Milchzusatzes. Hierbei ist das Prazipitin sicher nicht im freien Zu- 
stande vorhanden, sondern an KaseYn gebunden, da sonst weiterer Ka- 
seYnzusatz eben eine Fallung hervorrufen mttfite, was nicht der Fall ist 
Ueberdies kann man durch Essigsaurezusatz nicht nur das KaseYn, son¬ 
dern gleichzeitig auch das Prazipitin aus dem Gemisch entfernen, wah- 
rend, wie ich in einer friiheren Arbeit zeigen konnte, das freie Prazi- 

1) Es set hier besondere hervorgehoben, dafi auch Ei sen berg bei semen Prazi- 
pitinstudien gefunden hat, dafi ein Ueberschufi prazipitabler Substanz das Auftreten der 
Ileaktion hemmt, und dafi dieser Autor ebenfalls annimmt, „dafi der spezifische Nieder- 
schlag bis zu einem gewissen Grade im LJeberschusse der Eiweifildsung lbslich ist, etwa 
wie Alkalialbuminat mit Sauren Niederschlag gibt, der sich im Ueberschufi der Saure 
auflost". (Bullet, de l’acad. scienc. de Cracovie. 1902. Mai.) Aehnliches berichtet Ca¬ 
mus. (Compt. rend, de la soc. de biol. 1902.) 


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Mttller, Weitere Studien aber das L&ktoserum. 


63 


pitin (auch bei Gegenwart von Parakaseln) nicht durcb Essigs&ure 
geffillt wird. Es ist somit zweifellos, dafi die in diesem Ge- 
mische entbaltene Verbindung vonKaseln und Prazipitin 
ldslicherNaturist. 

Unter diesen Umstfinden liegt aber die Vermutung aufierst nahe, 
dafi auch in jenen Proben, bei welchen eine unvollstfindige Fallung des 
Kaselns stattgefunden hatte, nicht reines Kaseln, sondern eine derartige 
Verbindung von Kaseln und Prfizipitin in Ldsung geblieben ist. Ist 
dem so, dann kann aber begreiflicherweise der Kaseln- 
gehalt dieser Zentrifugate durch Serumzusatz gar nicht 
ermittelt werden, da wir ja die in Ldsung gehaltene Prft- 
zipitinmenge nicht kennen und nur bestimmen, wie viel 
Prazipitin zur vollkommenen Fallung fehlt: das ist die 
Differenz der zur Fallung erforderlichen und der tat- 
sachlich vorhandenen Prazipitinmenge ermitteln. Aus dem 
oben Gesagten geht hervor, dafi daher die Berechnung, welclie der Kon- 
struktion unserer im zweiten Abschnitte dieser Abhandlung reprodu- 
zierten KaseTnkurve zu Grunde gelegt wurde, nicht einwandsfrei ist, 
wenn dieselbe auch immerhin ein ungeffihres Bild von dem quantitativen 
Verlauf der partiellen Fallung zu geben vermag. 

IV. Weitere Versuche fiber die partielle Fallung des 

Kaselns. 

Urn nun einen noch genaueren Einblick in die quantitativen Ver- 
haltnisse der Laktoserumffillung zu gewinnen und speziell die absoluten 
Mengen des ausgeschiedenen Kaselns zu bestimmen, wurde der folgende 
Weg eingeschlagen. Es wurde eine mdglichst grofie Quantitfit (Serum 
von 5—6 Tieren) Laktoserum gesammelt und nach grfindlicher Durch- 
mischung dessen Stickstoffgehalt nach Kjeldahl bestimmt. Ebenso 
wurde der N-Gehalt einer grofieren Portion Milch, welche fttr die ganze 
Versuchsreihe ausreichend war, festgestellt. 

Hierauf wurden zu je 5 ccm Serum, wie frfiher, steigende Milch- 
mengen hinzugeffigt, nach erfolgter Fallung (ca. 2 Stunden) zentrifugiert, 
und in 5 ccm der mehr minder milchig getrfibten Flfissigkeit der Stick¬ 
stoffgehalt bestimmt. Die Differenz des Gesamtstickstoffes und des — 
auf Volumen berechneten — Zentrifugatstickstoffes (d) gibt dann die 
Menge des gefallten (Kaseln-) Stickstoffes. Um nun diesen so erhaltenen 
Wert auf Kubikcentimeter Milch umrechnen zu kdnnen, mufite noch fol¬ 
gende Korrektur angebracht werden: da namlich durch das Laktoprazi- 
pitin nicht die gesamte N-Substanz der Milch gefailt wird, sondern im 
wesentlichen nur das Kaseln, so bleibt also ein Teil des Milchstickstoffes 
hierbei in Ldsung, und dieser Anteil mufi proportional der gefallten 
Milchmenge sein. Seien also z. B. x die Anzahl der Kubikcentimeter 
Milch, deren Kaseln geffillt worden ist, so ist ax deren gesamter N- 
Gehalt und bx jene N-Menge, die hierbei in Ldsung geblieben ist. Die 
Differenz dieser beiden Werte: ax — bx ist dann gleich dem Stickstoff (d) 
des gefallten Kaselns, also jenem Werte, den wir experimentell ermittelt 
haben. Da wir nun a, den Stickstoffgehalt der Milch, kennen, b aber 
leicht bestimmen kdnnen, so ergibt sich x einfach aus der Gleichung 

d = ax — bx 
d 


a- u. 

Da der nicht auf Kaseln zu beziehende Teil des Milchstickstoffes 


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64 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. BA. XXXITT - No. 10. 


bekannilich ca. 10 — 16 Proz. betr&gt, so h&tten wir b einfach als = 
10 — 16 setzen kflnnen. Wir zogen es jedoch vor, b direkt dadurch zu 
ermitteln, daJB wir zu 5 ccm Serum ein Milchquantum hinzusetzten, 
welches sicher total gefallt wurde, uud in dem klaren Zentrifugat den 
N bestimmten. Die DiiFerenz zwischen dem Gesamt-N und dem Zentri- 
fugat-N gab hier, wo alles Casein entfernt war, direkt den in L5sung 
gebliebenen Anteil des Stickstoffes. Wie man aus den Versuchsproto- 
kollen ersehen wird, stimmt der so erhaltene Wert iibrigens meistens 
ziemlich gut mit dem obigen flberein. 

Versuch XIV. 

Serum von 5 Kaninchen, welche innerhalb 14 Tagen je 40 ccm Milch 
intraperitoneal erhalten batten, 

Klargrenze fur 2 ccm Serum: 0,6 ccm Milch. 

a) 4 ccm Milch =* 18,00 ccm NaOH 

1 “ 4,50 ,, „ 

b) 5 „ Serum 40,35 „ „ 

I. 5 ccm Serum + 1,5 ccm Milch 4- 3,5 ccm H,0; Zentrifugat klar. 

Total© Fallung dee Kaseins. 

Ges.-N (5 ccm Serum + 1,5 ccm Milch) 47,10 ccm NaOH 

N des Zentrifugates _ 42,00 „ „ 

N gefallt 5,10 ccm NaOH 

Von 1,5 ccm Milch somit in Losung geblieben 6,75 — 5,10 = 1,65 ccm NaOH 
fur 1 „ n ,, ,i „ » = 1,0 a „ x ) 


Gefallt: das Kasein von 
1,5 ccm Milch. 


II. 5 ccm Serum + 1,75 + 3,25 H,0; Zentrifugat leicht triib. 

Ges.-N 48^2 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 43,70 „ „ 

N gefallt 4,52 ccm NaOH 

Korrektur 4,52 = 4,5 x — 1,0 x ) 

mm 3,5 X I 

4*2 > Gefallt: das Kasein von 1,3 ccm Milch. 

x =^- 1 ’ 3ccm ) 

III. 5 ccm Serum + 2,0 ccm Milch + 3,0 ccm H,0; Zentrifugat starker triib. 
Ges.-N 49,25 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 44,60 „ „ 

N gefallt 4^5wm NaOH 

Korrektur 4,65 = 3,5 x \ 

4,65 - 0 > Gefallt: das Kasein von 13 ccm Milch. 

x = #‘ =1 - 3ccm / 


IV. 5 ccm Serum + 2,25 ccm Milch + 2,75 ccm H g O; Zentrifugat stark triib. 
Ges.-N 50,48 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 47,30 „ „ 

N gefallt 3,18 ccm NaOH 

Korrektur 3,18 -= 3,5 x 
3,18 

x = 0,9 ccm 


Gefallt: das Kasein von 0,9 ccm Milch. 


V. 5 ccm Serum -f- 2,5 ccm Milch + 2,5 ccm H 2 0. 
Ges.-N 51,60 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 50,16 „ „ 

W gefallt 1,44 ccm NaOH 

Korrektur 1,44 = 33 x 

nil 

x = «= 0,41 ccm 

DyO 

1 ) Dieser Wert ist auffallend hoch (22 Proz. des Ges.-N der Milch). 


| Gefallt: das Kasein von 0,4 ccm Milch. 


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MGller, Weitere Studien liber das Laktoserum. 


65 


VI. 5 ccm Serum + 3,0 ccm Milch + 2,0 ccm H^O. 
Ges.-N 53,85 ccm NaOH 

N dee Zentrifugates 53,50 


N gefallt 


0,35 ccm NaOH 
x 1 q 
0,1 ccm / 

VII. 5 ccm Serum + 3,5 ccm Milch + 1,5 ccm H,0: Fallung? 


sretailt 0,35 ccm JNaUH 

Korrektur 0,35 = \ Gefallt: das Kasein von 0,1 ccm Milch, 

x = 0,1 ccm j 


Ges.-N 56,10 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 55,80 


N gefallt 


gelailt 0,3 

Korrektur 0,3 = 3,5 


0,30 ccm NaOH 


x = jjy ■= 0,08 ccm j 


Gefallt: das Kasein von 0,08 ccm Milch 


Versuch XV. 

Serum von 6 Kaninchen, die innerhalb 3 Wochen 50 ccm Milch 
intraperitoneal erhalten hatten. 

Klargrenze des Serums: 0,8 — 0,85 ccm Milch (fur 2 ccm Serum). 

a) 3 ccm Milch = 12,63 ccm NaOH 

1 v n “* n n 

b) 2 „ Serum = 14,28 „ „ 

1 » V ~ „ ,, 

I. 5 ccm Serum + 2 ccm Milch + 3 ccm H«0; Zentrifugat vollkommen klar. 
Totale Fallung des Kaseins. 


Ges.-N (5 ccm Serum + 2 ccm Milch) 44,12 ccm NaOH 
N des Zentrifugates 36,C~ 


44,12 ccm NaOH \ 
36,66 „ } 

7,46 ccm NaOH / 


Gefallt: das Kasein von 
2 ccm Milch. 


N gefallt 

Von 2 ccm Milch somit in Ldsung geblieben 8,42 — 7,46 = 0,96 ccm NaOH 

fhr 1 ,, ,, ,, ,, ,, ,, == 0,40 „ „ 

II. 5 ccm Serum + 2,5 ccm Milch + 2,5 ccm H a O; Zentrifugat leicht triib. 
Ges.-N (5 ccm Serum + 2,5 ccm Milch) 46,23 ccm NaOH 

N des Zentrifugates _36,96 „ „ 

N gefallt 9,27 ccm NaOH 

x «= die Milchmenge, deren Kasein gefallt wurde. 

Korrektur 9,27 = 4,21 x — 0,48 x 
= 3,73 x 
9,27 o. 

x - m - 2,4 ccm 


Gefallt: das Kasein von 2,4 ccm Milch. 


III. 5 ccm Serum + 3,0 ccm Milch + 2 ccm H 2 0; Zentrifugat triibe. 
Ges.-N (5 ccm Serum + 3,0 ccm Milch) 48,33 ccm NaOH 
N des Zentrifugates_38,56 „ „ 


N gefallt 

Korrektur 9,77 


3,73 x 

9,77 o * 
m = 2,6 ccm 


9,77 ccm NaOH 

Gefallt: das Kasein von 2,4 ccm Milch. 


IV. 5 ccm Serum + 3,5 ccm Milch +1,5 ccm H a O. 
Ges.-N (5 ccm Serum + 3,5 ccm Milch) 50,44 ccm NaOH 
N des Zentrifugates_ 39,92 „ „ 


N gefallt 


get 

Korrektur 10,52 = 3,73 x 
10,72 

X = 3,73 = 


10,52 ccm NaOH 

I Gefallt: das Kasein von 2,8 ccm 
2,8 ccm ! Milch. 


V. 5 ccm Serum + 4,0 ccm Milch + 1,0 ccm H,0. 
Ges.-N 52,54 ccm NaOH 

d es Zentrifugates 43,82 

N gefallt 


geiani' 8,72 ccm NaOH 

Korrektur 8,72 = 3,73 x 1 


8^72 
" “ 3,73 = 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV 


* 2,3 ccm 


Gefallt: das Kasein von 2,3 ccm Milch. 

5 


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66 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 1. 


VI. 5 ccm Serum + 4,5 ccm Milch + 0,5 ccm 11,0. 

Ges.-N 54,64 ccm NaOH 

N dee Zentrifugates 47,22 „ „ 

N gefallt 7,42 ccm NaOH 

Korrektur 7,42 3,73 x \ Gefallt: das Kasein von 2,0 ccm Milch, 

x = 1,98 ccm J ’ 

VII. 5 ccm Serum + 5,0 ccm Milch. 

Ges.-N 56,75 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 49,56 „ „ 

N gefallt 7,19 ccm NaOH 

Korrektur 7,19 —■ 192 ccm} Oei&llt: das Kase'in von 1,9 ccm Milch. 

VIII. 5 ccm Serum + 5,5 ccm Milch. 

Ges.-N 58,85 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 56,64 „ „ 

N gefallt 2,21 ccm NaOH 

Korrektur 1 = Gefallt: das Kasein von 0,6 ccm Milch. 

Versuch XVI. 

Serum von 6 Kaninchen, die innerhalb 3 Wochen je 60 ccm Milch 
intraperitoneal erhalten halten. 

Klargrenze fur 5 ccm Serum 1,5 ccm Milch. 

a) 5 ccm Milch = 21,17 ccm NaOH 

1 >1 » 4,23 „ „ 

b) 5 „ Serum ■= 36,25 „ „ 


I. 5 ccm Serum + 1,5 ccm Milch + 3,5 ccm H t O; klar. 
Totale Ffillung des Kaseins. 

Ges.-N 42,59 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 37,00 


N gefallt 


5,59 ccm NaOH 


Von 1,5 ccm Milch somit in Losung geblieben 6,34 — 5,59 
fur 1 11 «« 11 M 11 «t 


0,75 ccm NaOH 
0)5 „ „ 


II. 5 ccm Serum + 2,0 ccm Milch + 3,0 ccm H,0; Zentrifugat triib. 
Ges.-N 44,71 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 38,00 „_„ 


N gefallt 

Korrektur 6,71 


6,71 ccm NaOH 
> 3,73 x 

:g--l ( 79ccm 


Gefallt: das Kasein von l, 8 ccm Milch. 


III. 5 ccm Serum + 2,25 ccm Milch + 2,75 ccm H,0; Zentrifugat trilb. 
Ges.-N 45,76 ccm NaOH 

N dee Zentrifugates 39,20 „ „ 

N gefallt 6,56 ccm NaOH 

Korrektur 6,56 3,73 x 1 

0)56 - _ K >Gefallt: das Kasein von 1,8 ccm Milch. 

x ■“ 3^3 = 1 * 75ocm / 

IV. 5 ccm Serum + 2,5 ccm Milch + 2,5 ccm H*0. 

Ges.-N 46,82 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 40,86 „ „ 

N gefallt 5,96 ccm NaOH 

Korrektur 5,96 ** 3,73 x 1 

5,96 , > Gefallt: das Kasein von 1,6 ccm Milch. 

X “ 3773 - 1 - 59 ocm / 


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M filler, Weitere Studien fiber das Laktoserum. 


67 


V. 5 ccm Serum 4- 2,75 ccm Milch -f 2,25 ccra H,0. 

Ges.-N 47,88 ccm NaOH 

N dee Zentrifugates 4336 „ „ 

N gefallt 4,52 ccm NaOH 

Korrektur 4,52 - 3,73^ J Gefallt: das Kasein von 1,2 ccm Milch. 

VI. 5 ccm Serum + 3,0 ccm Milch + 2,0 ccm H^O. 

Ges.-N 48,94 ccm NaOH 

N dee Zentrifuga tes 46,60 „ „ 

N gefallt 2,34 ccm NaOH 

Korrektur 2,34 = j Gefallt: das Kasein von 0,6 ccm Milch. 

VII. 5 ccm Serum + 3,5 ccm Milch + 1,5 ccm H,0. 

Ges.-N 51,05 ccm NaOH 

N des Zentrifugates 50,40 „ „ 

N gefallt 0,65 „ „ 

Korrektur 0,65 = J Gefallt: das Kasein von 0,2 ccm Milch. 


Tabelle XVII. 


Serum 

Milch 

Davon ge- 
gefallt 

In Lfisung 
geblieben 

Prozent Milch 
gefallt 

Prozent Milch 
in Losung 

5 ccm 

1,5 ccm 

1,5 ccm 

0 ccm 

100 

0 

5 „ 

1,75 „ 

13 


0,45 „ 

74 

26 

5 „ 

2,0 „ 

1,3 


0,7 „ 

65 

35 

5 „ 

235 „ 

0,9 


135 „ 

40 

60 

5 „ 

23 „ 

0,4 


2,1 „ 

16 

84 

5 „ 

3,0 „ 

0,1 


2,9 „ 

3,3 

96,7 

5 „ 

33 „ 

0,08 


3,42 „ 

2,0 

98,0 


TabeUe XVIII. 


Serum 

Milch 

Davon ge¬ 
fallt 

In Losung 
geblieben 

Prozent Milch 
gefaUt 

Prozent Milch 
in Losung 

5 ccm 

2,0 ccm 

2,0 ccm 

0 ccm 

100 

0 

5 „ 

23 . 

2,4 „ 

0,1 „ 

96 

4 

5 „ 

3,0 , 

33 . 

2,6 „ 

0,4 , 

03 , 

86 

14 

5 » 

2,7 „ 

77 

23 

5 „ 

4,0 * 

43 . 

23 „ 

1,7 „ 

57 

43 

5 . 

2,0 „ 

•2,5 „ 

44 

56 

5 , 

5,0 „ 

1,9 „ 

3,1 . 

38 

62 

5 „ 

5,5 „ 

0,6 „ 

4,9 „ 

10 

90 


Tabelle XIX. 


Serum 

MUch 

Davon ge¬ 
faUt 

In Losung 
geblieben 

Prozent Milch 
gefallt 

Prozent Milch 
in Losung 

5 ccm 

1,5 

ccm 

1,5 ccm 

13 „ 

0 ccm 

100 

0 

5 . 

2,0 

>» 

03 ,, 

90 

10 

5 „ 

2,25 

»» 

13 „ 

0,45 „ 

80 

20 

5 . 

2,50 


1,6 „ 

0,90 „ 

64 

36 

5 , 

2,75 


13 „ 

135 „ 

43 

57 

5 , 

3,00 

ii 

0,6 „ 

2,4 „ 

20 

80 

5 * 

3,5 

ii 

03 „ 

3,3 ,, 

6 

94 


In den Tabellen XVII bis XIX finden sich die zahlenm&Bigen Er- 
gebnisse der Versuche XIV bis XVI nochmals flbersichtlicher zusammen- 
gestellt. Der 2. Stab dieser Tabellen enth&lt die zu 5 ccm Serum hin- 



















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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1. 


zugeftigten, stufenweise ansteigenden Milchmengen in Kubikcentimeter; 
der 3. die gef&llte, der 4. die in Ldsung gebliebene Milcbmenge, eben- 
falls in Kubikcentimeter. Im 5. und 6. Stab sind endlicb dieselben 
Grdfien in Prozenten der zugesetzten Milchmengen ausgedrflckt. 

Betrachten wir nun zun&chst die 3 letzten Kolumnen, so bemerken 
wir folgendes: Wir sehen, wie die in Ldsung bleibenden 
Kaseinmengen von der Klargrenze ab immer grdBer 
werden, und zwar sowohl absolut als prozentuell, eine Tat- 
sache, die wir bereits in einem frflheren Abschnitte auf anderem Wege 
gefunden hatten. Mit zunehmendem Milchzusatz wird also die Lakto- 
serumf&Ilung immer unvollstindiger. Dementsprechend nimmt, wie 
Stab 5 zeigt, die prozentische Menge des gef&llten Kaselns bei Ueber- 
schreiten der unteren Grenze stetig ab. — Daraus ergibt sich nun aber 
sofort eine wichtige SchluBfolgerung und zugleich die Beantwortung 
einer im vorigen Abschnitte aufgeworfenen Frage. Wie wir n&mlich 
daselbst auseinandergesetzt haben, kann das gef&llte Kaseln hdchstens 
soviel Pr&zipitin absorbiert haben, als zu seiner Abscheidung eben er- 
forderlich ist. Da nun aber, wie eben gezeigt, mit wachsendem Milch¬ 
zusatz ein immer kleinerer Bruchteil des Kase'ins abgeschieden wird, so 
folgt daraus, daB gleichzeitig ein immer grdBerer Bruchteil 
des vorhandenen Pr&zipitins in Ldsung bleiben muB, und 
zwar, wie wir schon hervorgehoben haben, nicht in 
freiem, sondern in gebundenem Zustand. 

Es erfibrigt noch, die absoluten Mengen der gef&llten Milch, 
die sich in Stab 3 zusammengestellt linden, zu diskutieren. Bei Ver- 
such XVII werden dieselben von der Klargrenze aufw&rts immer kleiner 
und kleiner, bis schlieBlich keine merkliche F&llung mehr eintritt, die 
obere F&llungsgrenze also erreicht wird. Etwas verschieden hiervon zeigt 
sich jedoch der Verlauf der Kaselnabscheidung in Versuch XVIII und 
XIX, hier nimmt n&mlich die gef&llte Milchmenge mit steigendem Milch¬ 
zusatz zun&chst noch etwas zu, um erst nach Erreichung dieses Maxi- 
mums wieder allm&hlich bis zur Null herabzusinken. Mit anderen 
Worten: die maximale Milchmenge, die durch eine be- 
stimmte Serumquantit&t uberhaupt gef&llt werden kann, 
ist bei den letzterw&hnten Versuchen etwas grdBer, als 
diejenige Milchmenge die noch eben vollkommen ausge- 
f&lltwird, also die Klargrenze bildet; bei den erstbesprochenen 
Versuchen hingegen fallen diese beiden GroBen, die maximale und die 
vollkommen gef&llte Milchmenge, zusammen. 

Wir wollen nicht auf die Frage eingehen, wie diese Unterschiede 
zwischen den verschiedenen Laktoseren (oder den verschiedenen Milch- 
proben?) zu deuten sind; wir wollen hier nur eine Konsequenz be- 
sprechen, die sich aus diesen Tatsachen ergibt und vermutlich die Er- 
kl&rung filr die auffallende, bereits im vorigen Abschnitt mitgeteilte Be- 
obachtung bildet, daB unter Umst&nden zu fraktionierten, in zwei Zeiten 
erfolgenden F&llung einer gegebenen Milchmenge weniger Pr&zipitin 
erforderlich ist, als zur sofortigen vollkommenen F&llung. 

Wenn n&mlich, wie wir eben gesehen haben, eine bestimmte Serum- 
menge im stande ist, bei par tie Her F&llung eine groBere absolute 
Case'inmenge abzuscheiden, als sie vollkommen (d. i. bis zur Erzie- 
lung klarer, casei'nfreier Zentrifugate) zu f&llen vermag, so ist natilr- 
lich umgekehrt zur F&llung ein und derselben Milchquan- 
tit&t eine grbBere Serumquantit&t erforderlich, wenn 
dieselbe totaliter gefallt werden soli, als wenn gleich- 


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Milller, Weitere Studien fiber das Laktoserum. 


69 


zeitig noch ein bestimmter Milchfiberschufi vorhanden 
ist, der in Lbsung bleibt, wobei also zwar nur eine par- 
tielle F&llung eintritt, aber doch dieselbe absolute 
Kase'inquantitfit niedergeschlagen wird. Da nun in dem 
Falle der fraktionierten F&llung, wie wir sie im vorigen Abschnitte aus- 
geffihrt haben, die erste Fraktion durch partielle Abscheidung ent- 
steht, nnd nur die zweite Fraktion vollkommen, ohne Rest, 
ausgef&llt werden mull, so ist klar, dafi nach dem eben Auseinander- 
gesetzten die im ganzen bei diesem Verfahren verbrauchte Serum- 
menge geringer sein mud resp. sein kann, als wenn das ganze Kasei'n 
auf einmal vollst&ndig entfernt wird, eine Folgerung, die mit den beobach- 
teten Tatsachen bestens fibereinstimmt. 

Fassen wir die Hauptergebnisse dieser Arbeit nochmals kurz zusammen: 

1) DasKaseln vermaguntergfinstigenUmst&nden weit 
raehr Pr&zipitin zu binden, als zu seiner F&llung er- 
forderlich ist 

2) Bei stufenweisem Milchzusatz zu einer bestimmten 
Serumquantit&tkbnnen wir eine erste Zone unterscheiden, 
innerhalb welcher das Kasei'n bis auf minimale Spuren 
vollstfindig ausgef&llt wird, und eine zweite Zone, inner¬ 
halb welcher eine gewisse, mit steigendem Zusatz grdlier 
werden deKasel'nmenge in Losung bleibt. 

3) Innerhalb dieser Zone der partiellen F&llung ist in 
den vom Niederschlage befreiten Flflssigkeiten kein oder 
nur spurenweise freies Pr&zipitin nachzuweisen. 

4) Mit der zugesetzten Milchmenge w&chst nicht nur 
der absolute Wert der in Ldsung bleibenden Kasei'n - 
menge, sondern auch deren relative GrbBe, so dafi also 
hierbei die F&llung immer unvollst&ndiger wird, bis end- 
lich eine Grenze erreicht wird, von welcher ab fiberhaupt 
keine merkliche Abscheidung des Kaseins mehr eintritt. 

5) Das bei der partiellen F&llung sich abscheidende 
Kasei'n absorbiert nicht mehr Pr&zipitin, als zu seiner 
F&llung erforderlich ist 

6) Da der hierbei in Lbsung bleibende Rest des Pr&- 
zipitins, wie gesagt, nicht im freien Zustande nachweis- 
bar ist, so mull man annehmen, dafi er mit dem zurfick- 
bleibenden Kasei'n eine lbsliche Verbindung einge- 
gangen ist. 

7) Mit zunehmendem Milchzusatz w&chst auch die 
Menge des in Lbsung bleibenden Pr&zipitins. 

Aus alledem ergibt sich, dafi sich die quantitativen Verh&ltnisse der 
Laktoserumf&llung zwar im allgemeinen den fiir die anderen Pr&zipitine 
ermittelten Gesetzen anschlieden, dafi aber andererseits doch gewisse, 
durch den besonderen Charakter der fsllbaren Komponente, des Kaseins, 
bedingte Differenzen bestehen. Jedenfalls haben sich aber auch 
bei diesen Untersuchungen keinerlei Tatsachen ergeben, 
die mit der Annahme einer chemischen Bindung zwischen 
Kasei'n und Pr&zipitin unvereinbar w&ren, so dafi wir uns 
also in dieser Beziehung vollkommen der Ansicht von Eisenberg und 
Volk, bezw. Eisenberg anschlieden kbnnen. Auch Joos ist flbrigens 
bei seinen Untersuchungen fiber den Mechanismus der Agglutination zu 
einer analogen Auffassung gelangt 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Origin&le. Bd. XXXIV. No. 1. 


Nachdruck verboten . 

Weitere Beitrage zur Theorie der bakteriolytischen 

Immunitat 

[Aus dem hygienischen Institut der Universit&t Kdnigsberg i. Pr.] 
Von B. Pfeiffer und E. Frledberger. 

I. Zur Frage der Bildung von Immunkdrpern gegen bak- 
teriolytische Ambozeptoren. 

In einer frflheren Arbeit „Ueber Antikdrper gegen die bakteriolyti¬ 
schen Immunkdrper der Cholera 11 hatten wir gezeigt, dad das Serum 
von Kaninchen, die mit Ziegencholeraimmunserum vorbehandelt wurden, 
die Eigenschaft erworben hatte, die bakteriolytische Wirkung der Ziegen- 
choleraambozeptoren im Meerschweinchenperitoneum zu hemmen resp. 
vSllig aufzuheben. 

Wir fanden, dad genaue quantitative Beziehungen bestehen zwischen 
der Menge des Immunserums und der paralysierenden Dosis des Anti- 
immunserums, ferner dad diese Wirkung des Antiserums eine spezifische 
war, indem sie nur gegen die von der Ziege stammenden Cholera- 
ambozeptoren sich geltend machte, gleichgiiltig, ob das Serum normaler 
oder aber das mit Cholerabakterien immunisierter Ziegen benutzt wurde, 
w&hrend das Serum choleraimmunisierter Kaninchen durch das Anti¬ 
serum nicht beeinfludt wurde. 

Wir zogen aus den von uns beobachteten Tatsachen den Schlud, 
dad es sich hier nicht um die Wirkung von Antikomplementen, sondern 
urn echte Antiambozeptoren handeln mlisse, obwohl theoretisch die Exi- 
stenz der letzteren Art von KQrpern nur schwer verst&ndlich erschien, 
da, wie Ehrlich mit Recht hervorhebt, man kaum erwarten konnte, 
entsprechende Gegengruppen, die den Rezeptoren der Bakterien analog 
sein miidten, in den Zellen hoherer Tiere anzutreffen. 

Diese theoretischen Schwierigkeiten haben uns veranladt, die Frage 
der Antiimmunkorperbildung gegen bakteriolytische Ambozeptoren einer 
erneuten Prflfung zu unterziehen, zumal inzwischen Tatsachen bekannt 
geworden sind, welche einer eingehenden Berucksichtigung bedurften. 

Hier ist zun&chst an die Moglichkeit eines Abbaues der Cholera- 
ambozeptoren der Ziege im Organismus des Kaninchens in dem Sinne 
zu denken, dad zwar die cytophile Gruppe erhalten bleibt, die komple- 
mentophilen Gruppen aber verloren gehen. Ein derartig ver&nderter 
Ambozeptor wflrde die Rezeptoren des Choleravibrio verstopfen kbnnen 
und dadurch die hemmende Wirkung des Antiimmunserums erkl&ren, 
vorausgesetzt, dad die Aviditat dieser Ambozeptoroide zum mindesten 
gleich ist derjenigen normaler Ambozeptoren. 

An sich ist diese Auffassung von vornherein recht unwahrscheinlich 
mit Riicksicht auf die enorme Zahl von Rezeptoren, die wir an Cholera¬ 
bakterien nachweisen konnten, und in Anbetracht der Tatsache, dad die 
Besetzung von einer sehr geringen Zahl derselben mit intakten Ambo¬ 
zeptoren ausreichend ist, um bei Gegenwart passenden Komplementes 
die Bakteriolyse herbeizufUhren. Ferner wiirden die quantitativen Ver- 
hSltnisse bei unserer Versuchsanordnung von diesem Standpunkt aus kaum 
verstandlich erscheinen. 

Da namlich in unseren Versuchen die Bakteriendosis stets die 
gleiche war (eine Normalose), so mudte ein Serum, welches durch seinen 


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Pfeiffer u. Friedberger, BeitrSge zurTheorie der bakteriolyt Immunitat. 71 


Ambozeptoroidgehalt die Bakteriolyse infolge von Verstopfung der Re¬ 
zeptoren des Bakteriums hinderte, diese Wirksamkeit entfalten, jeder 
beliebigen Dosis des Choleraimmunserums gegenflber, w&hrend unser 
Antiimmunserum in seiner hemmenden Dosis genau parallel ging der 
Quantitfit des Choleraimmunserums. Auch ware die spezifische Wirkung 
unseres Antiserums gegenflber den Ziegencholeraambozeptoren bei der 
Ambozeptoroidhypothese nur in dem Falle verstandlicb, wenn wir bei 
den Choleravibrionen Rezeptoren annehmen, welche spezifisch gegen die 
aus den verschiedenen Tierspecies stammenden Choleraambozeptoren 
abgestimmt sind, mit anderen Worten: Der Choleravibrio mflsste 
einen ungeheuer reichhaltigen Rezeptorenapparat besitzen, von denen 
einzelne Gruppen z. B. nur fflr Ziegen, andere fflr Kaninchen, wieder 
andere nur fflr Meerschweinchen u. s. w. bestimmt wfiren. Wir werden 
weiterhin Versuche anfflhren, welche gegen die hier supponierte, das 
Vorstellungsvermogen flberschreitende Kompliziertheit des Bakterien- 
baues sprechen. 

Bedeutungsvoll fflr die uns beschaftigende Frage war ferner eine Arbeit 
von Morgenrotb und Sachs „Ueber die quantitativen Beziehungen 
von Ambozeptor, Komplement und Antikomplement“ (Berl. klin. 
Wochenschr. 1902. No. 35). 

Hier wurden von den Autoren Beispiele angefflhrt, in welchen der 
Antikomplementbedarf keine einfacbe Funktion der Komplementmenge 
darstelhe, sondern von der vorhandenen Menge des Ambozeptoren ab- 
hangig war, also ahnliche Verhaltnisse, wie in unseren eigenen Versuchen 
zur Beobachtung kamen. 

Wir wollen auf eine nahere Diskussion dieser theoretisch hoch- 
interessanten und sehr schwierigen Fragen hier nicht naher eingehen, 
zumal wir unsere Auffassung der Existenz bakteriolytischer Antiambo- 
zeptoren durch die nun im folgenden wiederzugebenden Versuche wesent- 
lich stfltzen kOnnen. 

Wir legten uns namlich die Frage vor, ob im Experiment eine 
Differenz hervortreten wflrde, 1) wenn das Antiimmunserum zuerst mit 
den Choleraambozeptoren und dann erst mit Cholerabakterien versetzt 
wflrden oder 2) wenn das Antiimmunserum mit Choleraambozeptoren 
in Beziehungen gebracht wflrde, welche bereits vorher an die Rezep¬ 
toren der Bakterien herangetreten waren. 

Im ersteren Falle mufite die Hemmung der Bakteriolyse eintreten, 
da ja die Bedingungen fflr eine Vereinigung des Antiambozeptors an 
den Ambozeptor besonders gflnstig lagen, gleichgflltig, ob durch diese 
Verbindung die cytophile oder die komplementophile Gruppe des Ambo- 
zeptors verstopft war. 

Im zweiten Falle waren a priori zwei Moglichkeiten vorhanden. 

A. Der Antiimmunkdrper steht im Aviditatsverhaltnis zur cyto- 
philen Gruppe des Ambozeptors, dann mufite, da der Ambozeptor schon 
an die Rezeptoren des Bakteriums gebunden war, das Antiimmunserum 
aufier stande sein, seine hemmende Wirkung zu entfalten, oder 

B. der Antiambozeptor hat als Angriffspunkt die komplementophile 
Gruppe des Ambozeptors; dann war trotz der vorherigen Bindung von 
Choleravibrio und Ambozeptor eine Hemmung der Bakteriolyse zu er- 
warten. 

Die Versuche zur Entscheidung dieser Frage wurden in folgender 
Weise angestellt: 

Verwendet wurde als Antiimmunserum das Serum von Kaninchen, 
die mit Choleraziegenimmunserum vorbehandelt waren. Die Wirksam- 


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72 


Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


keit dieses Serums entsprach fast genau den Werten, welche wir in 
unserer ersten Arbeit (Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 1) fflr das da- 
mals verwendete Antiserum angegeben haben. 

Das Choleraziegenserum hatte einen Titer von 1 / 16 mg, die Cho- 
lerakultur die Virulenz von 1 I 10 Normaldse. 

Wir wollen eine der Versuchsreihen ausfiihrlich schildern. 

Versuch A. 

0,50 mg Choleraziegenserum (= 7,5 I.E.), werden mit einer Oeee Cholera in 
1 ccm physiologischer Kochsalzlosung gemischt und 40 Minuten bei Zimmertemperatur 
gehalten. Nunmehr wird 0,02 des Antiserums zugesetzt und die Mischung einem Meer- 
schweinchen von 245 g intraperitoneal injiziert. Sofort nach der Injektion massenhaft 
Vibrionen. Aber schon nach 1 Stunde sind nur noch Kornchen zu finden. Das Tier 
bleibt am Leben. 

Versuch B. 

Im entsprechenden Parallelversuch wird die gleiche Dosis [0,5 mg Choleraziegen¬ 
serum (- 7,5 I.E.)] mit 0,02 Antiserum und 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung ge¬ 
mischt und 40 Minuten bei Zimmertemperatur gehalten. Jetzt wird 1 Oese Cholera 
hinzugefdgt und diese Mischung einem Meerschweinchen von 250 g Gewicht intra¬ 
peritoneal injiziert. 

Verlauf der Infektion. 

Sofort nach der Injektion: sehr viel Vibrionen; 

nach 35 Minuten: massenhaft Vibrionen neben reichlichen Kornchen; 

nach 4 Stunden: massenhaft Vibrionen, keine Granula; 

folgender Tag: Tier tot mit typhischem Cholerabefund. 

Wir sehen also, daB in der Tat die Wirkung der drei Komponenten 
Choleravibrio, Antiimmunkdrper und Ambozeptor ganz auffallige Diffe- 
renzen zeigt je nachdem man erst den Vibrio mit dem Ambozeptor zu- 
sammenbringt oder vorher den Ambozeptor mit dem Antiserum mischt. 

Die Versuche verliefen demnach genau so, wie wir es 
erwarten durften, wenn in dem Antiimmunserum ein 
Antiambozeptor mit Affinit&t ftlr die cytophile Gruppe 
des Ambozeptors vorhanden ware. Die Antikomplementhypo- 
these wiirde unserer Auffassung nach hier ganz im Stich lassen. 

Derartig glatte und beweisende Versuchsresultate, wie sie eben ge- 
schildert wurden, sind allerdings nur dann zu beobachten, wenn ein 
ganz bestimmtes, fflr jeden Fall auszuprobierendes Verhaltnis von Im- 
munserum und Antiserum getroffen wird. 

Wird die Quantitat des Antiimmunserums vergrdBert resp. die 
Menge des Choleraimmunserums verringert, so tritt die Hemmung der 
Bakteriolyse wieder hervor, so daB die Tiere sterben. 

Ein derartiger Versuch folgt nunmehr. 

Versuch C. 

7- mg Choleraziegenserum (= 2 I.E.) wird mit 1 Oese Cholera gemischt, 40 Mi¬ 
nuten bei Zimmertemperatur gehalten, dann nach Zusatz von 0,02 Antiserum einem 
Meerschweinchen von 210 g Gewicht intraperitoneal injiziert. 

Verlauf der Injektion. J 

Sofort nach der Injektion: sehr viel Vibrionen; 

nach 45 Minuten: massenhaft Kornchen, sparlich Vibrionen; 

nach 2 Stunden: Zunahme der Bakterien; 

folgender Tag: Tier tot. 

In alien solchen Fallen, auch wenn die Tiere schlieBlich sterben, 
beobachteten wir eine deutliche Differenz in der Schnelligkeit und dem 
Umfang der Vibrionenzerstdrung, je nach den Versuchsbedingungen und 
zwar stets in dem Sinne, daB die Bildung der Granula im Meerschwein- 
chenperitoneum bei vorheriger Bindung des Ambozeptors an dem 


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Pfeiffer u. Friedberger, Beitr&ge zurTheorie der bakteriolyt Immunit&t 73 


Vibrio sehr viel intensiver in Erscheinung trat, als wenn umgekehrt 
Ambozeptor und Antiserum zuerst in Beziehung treten konnten. 

Die Tatsache, daB bei einem relativen Ueberwiegen des Anti- 
immunserums der Tod der Tiere durch Hemmung der Bakteriolyse, 
auch wenn die Ambozeptoren am Vibrio schon vorher verankert waren, 
eintrat, erkl&ren wir uns durch eine Art Massenwirkung der Antiambo- 
zeptoren, wobei die Bindung Rezeptor-Ambozeptor gesprengt wird zu 
Gunsten der Verbindung Ambozeptor-Antiambozeptor. 

Weitere Versuche belehrten uns, daB die Choleravibrionen 
zu den wirksamen Bestandteilen des Antiserums keine 
direkte Affinitfit besitzen. 

Wir wiesen dies dadurch nach, daB wir im Verh&ltnis 1:20 ver- 
diinntes Antiimmunserum mit Cholerabakterien zusammenbrachten und 
zwar pro Kubikcentimeter mit einer Normalose Bakterien. 

Nach 20 Minuten langem Stehen bei Zimmertemperatur wurde zen- 
trifugiert und dann die von Bakterien befreite Flflssigkeit auf ihren Ge- 
halt an Antiambozeptoren gepriift. 

Es ergab sich hierbei keine Verringerung der die Bakteriolyse 
hemmenden Wirkung. 

Zur Kontrolle wurden die abzentrifugierten Bakterien dann mehr- 
mals mit stets erneuten Mengen physiologischer Kochsalzlbsung ge- 
waschen. Von dem Bodensatz wurde eine Menge, die etwa 1 •/* Oesen 
entsprach, in 1 ccm physiologischer Kochsalzldsung aufgeschwemmt und 
nach Zusatz von nur ‘/io mg Choleraziegenserum (= 1,5 I.E.) einem 
Meerschweinchen intraperitoneal injiziert. Es trat prompte Aufldsung 
der Vibrionen ein; das Tier blieb am Leben, w&hrend das Kontrolltier, 
welches dieselbe Menge des Bodensatzes ohne Zusatz von Cholera¬ 
ziegenserum erhalten hatte, typisch an Choleraperitonitis zu Grunde 
ging. 

Ferner untersuchten wir, wie sich das Antiserum beim Erhitzen 
verhalten wflrde. 

Ein Antiserum, welches in der Dosis von 0,03 die Wirkung von 
15 I.E. der Choleraziegenambozeptoren aufhob, wurde l 1 /* Stunden in 
einen auf 60° eingestellten Thermostaten gebracht; tianach zeigte sich 
eine deutliche Verminderung der hemmenden Wirkung, indem 0,03 des 
auf 60° erhitzten Antiserums nicht mehr die bakteriolytische Wirkung 
von 15, sondern nur noch von 8 I.E. Ziegencholeraambozeptoren para- 
lysierte. 

Es geht aus diesem Versuch hervor, dafi die wirk¬ 
samen Substanzen des Choleraantiambozeptorenserums 
relativ stabile Gruppen sein mflssen und sich der Hitze- 
einwirkung gegenflber analog den Serumsubstanzen vom 
Ambozeptorentypus verhalten. 

Unsere friiheren Arbeiten hatten uns zu der Vorstellung gefilhrt, 
daB die im normalen Ziegenserum vorhandenen Choleraambozeptoren 
mit denen bei der Immunisierung sich anh&ufenden, mit hdchster Wahr- 
scheinlichkeit als identisch aufzufassen sind. Hiernach durften wir er- 
warten, dafi es uns gelingen wflrde, auch durch Verimpfung normalen 
Serums die Bildung von Antiambozeptoren anzuregen. 

In der Tat hat diese Voraussetzung durch das Experiment ihre 
Bestatigung gefunden. 

Wir behandelten Kaninchen in genau derselben Weise, wie wir dies 
mit Ziegencholeraimmunserum getan hatten, mit normalem Ziegenserum, 
welches eine so stark schiitzende Wirkung zeigte, daB schon 5 mg da- 


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74 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIY. No. 1. 

von im Meerschweinchenperitoneum eine Oese Cholera zur Auflosung 
brachte. 

Von diesen Kaninchen erhielten wir ein Serum, welches eine 
deutlich hemmende Wirkung entfaltete, und zwar so, daB 
0,1 Antiambozeptorenserum bis zu 5 I.E. von Choleraziegenimmunserum 
komplett paralysierte. Dieses mit normalem Ziegensernm erhaltene 
Antiimmunserum war demnach mindestens lOmal schwficher als die 
durch Vorbehandlung mit Choleraziegenimmunserum friiher erhaltenen. 

Auch dieses Resultat steht in voller Uebereinstimmung mit unserer 
Auffassung, wonach es sich bei unseren Versuchen um das Auftreten 
von Antiambozeptoren, nicht aber urn das von Antikomplement handelt, 
da der Komplementgehalt des Normalserums sich nicht unterscheidet 
von dem des immunserums, wohl aber die Quantitat der darin enthaltenen 
Ambozeptoren. 

Wire der Komplementgehalt des zur Vorbehandlung benutzten 
Serums das Entscheidende, so mtiBten, gleichgfiltig ob Normal- oder 
Immunserum zur Vorbehandlung diente, die entstehenden Antisera an- 
nahernd gleichwertig gewesen sein. 

Die beobacbtete tats&chliche Differenz ist unter diesen Umst&nden 
ein wichtiges Argument fur die Existenz von Antiambozeptoren. 

Es muB hier erwahnt werden, daB es nicht unter alien Umst£nden 
und bei alien Tierspecies gelingt, Antiimmunkdrper gleich leicht und 
sicher in nachweisbaren Mengen zu erzeugen. Eine Taube z. B., die 
5 ccm Ziegencholeraimmunserum (Tit. Vs mg) in den Brustmuskel in- 
jiziert erhalten hatte, lieferte ein Serum, von dem selbst 0,1 3 Immu- 
nitatseinheiten von Ziegencholeraserum nicht tangierte. 

Auch die Vorbehandlung eines Foxterriers mit sehr wirksamem 
Kaninchencholeraimmunserum (Tit. 1 / 16 mg) lieferte kein deutlich hem- 
mendes Serum, da 0,05 Serum des vorbehandelten Hundes nicht einmal 
1,5 I.E. Choleraziegenserum paralysierte. 

Wir wollen hier hervorheben, daB es uns auch mit Typhusimmun- 
serum gelungen ist, entsprechende Antiimmunsera zu erzeugen. 

Wir behandelten 2 Kaninchen genau in derselben Weise in 8-tagigen 
Intervallen mit 3 Injektionen von je 10 ccm Typhushundeimmunserum 
(Titer 1 mg). 

Nur bei dem Serum des einen Kaninchens zeigte sich eine deut- 
liche, wenn auch schwache, Wirksamkeit, indem 0,1 des Antiimmun- 
serums 2 IE. des Immunserums in ihrer Wirkung aufhob. 

Die Resultate einer Reihe derartiger Versuche sind ersichtlich aus 
der nebenstehenden tabellarischen Zusammenstellung. 

Es ist nun die Frage zu er3rtern, wie wir uns die Konstitution 
dieser Antiambozeptoren zu denken haben. 

Die nachstliegende Vorstellung ist die, daB sie den Rezeptoren der 
Bakterien, mit welchen die cytophile Gruppe der Ambozeptoren sich 
verbindet, entsprechen. Man wiirde dann gewissermaBen freie Rezep¬ 
toren des Kochschen Vibrio im Serum der mit Ambozeptoren im- 
munisierten Tiere zu erwarten haben; bei dieser Voraussetzung miifite 
die Moglichkeit bestehen, mit derartigen Antiimmunseris ebenso wie mit 
der Bakteriensubstanz selbst eine aktive Immunisierung zu erzeugen. 

Diese Vorstellung ist von vornherein sehr unwahrscheinlich. Trotz- 
dem haben wir sie durch ein Experiment zu prufen gesucht, indem wir 
eine kleine junge Ziege mit erheblichen Quantit&ten des Serums von 
Kaninchen vorbehandelten, welchen wir zur Erzeugung von Antiimmun- 
korpern vorher Ziegencholeraimmunserum injiziert hatten. 


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Pfeiffer u. Friedberger, BeitrSge zur Theone der bakteriolyt IramunitSt 75 


T abelle. 


Gewicht des 
Meerschweinchens 
in Gramm 

Infektions- 
dosis von 
Typhus. 
Virulenz 

V 10 Oese 

Dosis des 
Typhusimmum- 
serums vom Hund 

Dosis des Anti- 
immunserums 
vom Kaninchen 

Besultat 

1 

320 

1 

1 Oese | 

5 

mg 

0,1 

lebt 

290 

i „ 

3 


o.l 

lebt 

290 

i „ 

2 


0,1 

tot 

Prozefi abgelau- 
fen. (Grenze der 
Wirkung.) 

250 

i „ 

3 

»» 

0,2 

tot mit typischem 
Typhusbefund 

310 

i „ 

2 


0» 

do. 

250 

i „ 

3 


0,3 

do. 

240 

i 

1,0 

)> 

0,3 Normal- 
serum des 
Kaninchens 
vor der Be¬ 
ll and lung ent- 
nommen. 

lebt. Kontrolle. 


Das Serum dieser Ziege wurde vor und nach dem Versuche titriert. 
Das Resultat war ein vollstandig negatives, indem der Titer des Serums 
dieser Ziege gegeniiber Choleravibrionen sich vollig unverfindert zeigte, 
eine aktive Immunisierung also nicht nachweisbar war. Da in diesem 
Fall das uns fur die Vorbehandlung zur Verfligung stehende Antiserum 
leider relativ geringwertig war, so halten wir diese Frage noch nicht 
fflr defiriitiv abgeschlossen. Wir sind mit weiteren Versuchen nach 
dieser Richtung hin zur Zeit beschfiftigt. 

Aus theoretischen Grflnden sind wir aber zu einer anderen Auf- 
fassung fiber die Natur der Antiambozeptoren geneigt. Es mfissen 
die Antiambozeptoren Zellbestandteile sein, welch e 
eine haptophore Gruppe von analogem Bau, wie die Bak- 
terienrezeptoren haben, die im ttbrigen aber von diesen different 
sein kfinnen. 

Bei der genauen Verfolgung der immunisierenden Kraft des Serums 
von Mensch und Tier, welche eine aktive Oder passive Immunitat gegen 
Cholera erworben haben, sehen wir, daB die im Serum in einem ge- 
gebenen Moment so reichlich vorhandenen Choleraambozeptoren mehr 
oder weniger schnelt wieder verschwinden, besonders rasch ist dies der 
Fall nach der Einverleibung von heterologem Immunserum. 

Wo bleiben diese Ambozeptoren des Serums? Unter den normalen 
Sekreten linden wir nur in der Milch eine erhebliche Ausscheidung 
von Immunsubstanzen. Da aber auch bei den nicht milchenden Tieren 
die Immunkfirper ebenso rasch verschwinden, so mfissen wir uns nach 
anderen Moglichkeiten umsehen, und da liegt der Gedanke nahe, daB 
sie einfach an die Zellen zurttckkehren, von denen sie sezerniert sind. 
Diejenigen Gruppen, an welche die Ambozeptoren des Serums sich 
wieder anheften, konnten unter bestimmten, nicht stets realisierten Ver- 
haltnissen gewissermafien hypertrophieren und ihrerseits als Antiambozep¬ 
toren in die Blutbahn fibergehen. Ihr freies Auftreten im Serum wfirde 
dadurch als ein Specialfall zu betrachten sein. 

Wenn infolgedessen andere Autoren auf Antiimmunwirkung des 
Serums nicht gestoBen sind, bei Tieren, welche beispielsweise mit Tetanus 
oder Diphtherietoxin vorbehandelt waren, so erscheint dies nun nicht 


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76 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 

allzu wunderbar. Vielleicht k5nnte man aber auf indirektem Wege 
dieser Frage n&her kommen. 

Man muBte Tiere z. B. mit Diphtherieantitoxin vorbehandeln und 
von Tag zu Tag den Grad der noch vorhandenen passiven Immunitat 
quantitativ verfolgen. Wflrde sich herausstellen, daB bei sp&teren, 
wiederbolten Injektionen von Antitoxin das Verschwinden der Antikdrper 
rascher und vollst&ndiger sich vollzieht, wie bei der ersten Injektion, 
so wflrde diese Tatsache in unserem Sinne zu deuten sein. 

Man sieht andererseits, welch groBe praktische Konsequenz der L5- 
sung dieser Frage fflr den Gebrauch antitoxischer und bakteriolytischer 
Sera zu Immunisierungszwecken beizumessen ist. Es ist n&mlich die 
Mdglichkeit ins Auge zu fassen ist, daB durch voraufgehende passive 
Immunisierung der Organismus so ver&ndert werden kann, daB er spater 
auBer stande ist, im Ernstfalle sich der gleichen Antikflrper, z. B. der 
Diphtherieantitoxine des Pferdeserums, zur Neutralisierung des Toxins 
Oder zur Vernichtung der Krankheitserreger zu bedienen. 

II. Ueber den Rezeptorenapparat des Choleravibrio. 

Wir hatten frflher (Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 25) nach- 
gewiesen. daB die Bindungsfahigkeit der Choleravibrionen fflr die Immun- 
korper des Gholeraserums in weiten Grenzen schwankt und daB sie, so 
weit wir aus unseren bisherigen Versuchen urteilen konnen, mit der 
Virulenz der Bakterien in Beziehung steht in dem Sinne, daB mit Er- 
hohung der Virulenz auch die Affinit&t der Vibrionenrezeptoren fflr die 
Choleraambozeptoren sich steigert. 

Damit im Zusammenhang stehend erschien uns die Tatsache, daB 
auch die immunisierende Wirkung der Cholerabakterien der Virulenz 
parallel ging. Wir muBten aus diesen Beobachtungen den Schlufi ziehen, 
daB die Zahl der am Vibrio vorhandenen Rezeptoren eine sehr grofie sei, 
wahrend die Besetzung eines kleinen Bruchteiles derselben mit Ambo- 
zeptor und Komplement schon genflgt, um die Auflosung herbeizufflhren. 

Wir zeigten ferner, daB bei reichlichem UeberschuB von Ambo- 
zeptoren die immunisierende Wirkung der so mit Choleraambozeptoren 
vollstandig beladenen Choleravibrionen erheblich geschw&cht oder sogar 
vflllig ausgeschaltet war. 

Man konnte sich nun fragen, ob die Korn pi exi tat der Verhaltnisse 
noch weiter geht und ob die Rezeptoren des Cholerabakteriums, welche 
mit den Choleraambozeptoren der verschiedenen Tierspecies sich ver- 
binden, unter sich wieder different sind. 

Die Beantwortung dieser Frage geht eigentlich schon aus unseren 
frfiheren Arbeiten hervor. War die letzterw&hnte Annahme richtig, so 
muBten zur Aufhebung der immunisierenden Wirkung ausschliefilich 
Isoambozeptoren befflhigt sein, wflhrend die Choleravibrionen nach Be- 
ladung mit Heteroambozeptoren ihre immunisierende Wirkung behalten 
sollten. Nun haben wir schon Beobachtungen publiziert (Berl. klin. 
Wochenschr. 1902. No. 25. S.-A. p. 12. Tab. IV), wonach der immunisierende 
Effekt der Choleravibrionen fflr Kaninchen nicht allein durch Kaninchen- 
immunserum, sondern auch durch Ziegenimmunserum in fast der gleichen 
Weise ausgeschaltet wird. Wir haben diese Experimente nochmals 
wiederholt unter Versuchsbedingungen, die uns besonders beweisend 
erscheinen. Wir injizierten Je 2 Oesen Choleravibrionen in das Meer- 
schweinchenperitoneum. im Versuch A mit 2500, im Versuch B mit 
25 000 IE. (entsprechend 0.1 resp. 1,0 Z i e g e n choleraserum vom Titer 
1 / 2 5 mg)- 


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Pfeiffer u. Friedberger, Beitr&ge zur Theorie der bakteriolyt Immunitftt 77 

Nach etwa 40 Minuten, als die Zerstorung der Vibrionen schon fast 
vollstandig war, wurden die beiden Meerschweinchen getotet, ihr Peritoneum 
mit physiologischer KochsalzlOsung ausgewaschen und dann die Wasch- 
fltissigkeiten, wie in den friiheren Versuchen (Pfeiffer, Deutsche med. 
Wochenschr. 1901. No. 50/51. S.*A. p. 5), durch Berkefeld-Liliput- 
kerzen filtriert. Die vollkommen klaren, kulturell auf Sterilit&t geprflften 
Filtrate wurden Kaninchen in die Ohrvene injiziert. 

Das nach 8 Tagen abgenommene Serum dieser Kaninchen zeigte 
in Versuch A (2500 IE.) einen Titer von 9 mg und in Versuch B 
(25 000 IE.) den noch geringeren Titer zwischen 0,05 und 0,01, wobei 
mdglicherweise ein Teil des Wertes durch noch im Blute zirkulierende 
Reste der enorm hohen Menge von passiv flbertragenen Ziegencholera- 
ambozeptoren bedingt war. 

Vergleichen wir diese Versuchsergebnisse mit den friiheren bei der 
gleichen Versuchsanordnung nach Abs&ttigung mit einem UeberschuB 
von Kaninchencholeraambozeptoren erhaltenen Titerwerten (Berl. klin. 
Wochenschr. 1902. No. 25. S.-A. p. 11. Tab. IV), so finden wir eine sehr 
befriedigende Uebereinstimmung. 

Esist demnach wohlkaum mehr daran zu zweifeln, daB Kaninchen¬ 
choleraambozeptoren und Ziegencholeraambozeptoren an 
denselben Rezeptoren des Kochschen Vibrio angreifen 
und sich deshalb auch gegenseitig vertreten konnen. 

III. Ueber die Art der Bindung der Choleraambozeptoren 

an die Gholerabakterien und ihr Verhalten bei der 

Bakteriolyse. 

Wir wissen, wie auch in dieser Arbeit schon mehrfach betont ist, 
daB die Gholerabakterien abh&ngig von ihrer Virulenz ein sehr groBes 
Multiplum derjenigen Ambozeptorenmenge, welche zu ihrer AuflSsung 
notwendig ist, an sich binden kSnnen. Die Bakterien sind ihrerseits 
lebende Gebilde und man konnte daher sich fragen: Was wird aus 
den an die Bakterien gebundenen Choleraambozeptoren 
beim weiteren LebensprozeB der Bakterien? 

Der Gedanke war von vornherein nicht von der Hand zu weisen, 
daB die lebenden Bakterien eine zerstorende Wirkung auf die an sie 
geketteten Ambozeptoren auszuQben vermochten und es wiirde eine 
derartige Konstatierung mit unseren bisherigen Vorstellungen ilber das 
Wesen der Virulenz gut vertr&glich gewesen sein. 

Zur Prflfung dieser Frage bes&ten wir eine Mischung von 0,1 Ziegen- 
choleraserum = 2500 IE. in 5 ccm Bouillon mit virulenter Cholera, 
brachten diese Mischung, urn eine mdglichste Entwickelung der Cholera- 
bakterien herbeizuftihren, 2 Tage in den Brutschrank bei 37 0 und bewahrten 
sie dann bei Zimmertemperatur weitere 4 Wochen auf. Die resultierende 
Kulturfliissigkeit prflften wir nach dieser Zeit auf die Zahl der darin noch 
vorhandenen Immunit&tseinheiten, indem wir die getrQbte Bouillon mit 
dem darin befindlichen Bodensatze durch langdauerndes Schfltteln mit 
einer abgemessenen Menge physiologischer Kochsalzldsung moglichst 
gleichm&fiig emulsionierten und von der Emulsion in der gewdhnlichen 
Weise weitere Verdtlnnungen anlegten. Eine Verdttnnung, welche einem 
Gehalt von 2,5 IE. entsprach, hatte im Meerschweinchenversuch noch 
prompte bakterienaufldsende Wirkung. 

Leider wurde bei diesem Versuche die untere Grenze der Wirksam- 
keit nicht ermittelt. 

Immerhin ist zu folgern, daB selbst nach 32-tBgigem 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


tippigem Wachstum der Cholerabakterien in verdiinntem 
Immunserum noch mindestens die H&lfte der ursprfing- 
lich der Bouillon zugesetzten Choleraambozeptoren vor- 
handen war. 

In einem zweiten Versuche wurde 0,1 Gholeraziegenserum (Titer 
*/, 6 mg = 1500 IE.) mit 5 ccm Bouillon versetzt und mit virulenter 
Cholera infiziert. Das Rdhrchen wurde 2 Tage im Brfltschranke bei 
37° und dann weitere 16 Tage bei Zimmertemperatur, vor Licht ge- 
schfitzt, aufbewahrt. Es wurde dann die durch Cholerabakterien stark 
getrfibte Flfissigkeit durch krfiftiges Schfltteln sorgffiltig emulsioniert und 
1500-fach verdfinnt, so daft jeder Kubikcentimeter nur noch 1 IE. enthielt 

In 1 ccm = IE. wurde dann 1 Oese normal virulenter frischer 
Cholera aufgeschwemmt und einem Meerschweinchen von 210 g in die 
Bauchhdhle gespritzt 

Das Tier bleibt unter normalem Ablaufe der Vibrionenzerstdrung 
am Leben. Ein zweites Tier mit 1,5 IE. (= 115 ccm der Verdflnnung), 
in gleicher Weise behandelt, verhfilt sich ebenso. Damit ist bewiesen, 
daB nach 18-tSgigem Wachstume der Cholerabakterien in verdiinntem 
Choleraimmunserum die ursprfinglich eingebrachte Menge von Immuni- 
tatseinheiten noch quantitativ nachweisbar war. 

Hier konnte man immerhin den Einwand erheben, daB ein etwaiger, 
wenn auch geringer, Verlust durch die unvermeidlichen, auf einige Pro- 
zent zu schatzenden Versuchsfehler verdeckt sein konnte. So hatten 


von den eingebrachten ursprfinglichen 1500 IE. beispielsweise 50 bis 
100 IE. verschwinden konnen, ohne daB dies in den Versuchen zu Tage 
getreten ware. Deshalb wurde auch folgendes Experiment angestellt: 

7,5 IE. wurden zu 5 ccm Bouillon aufgeftillt, mit lebender viru¬ 
lenter Cholera infiziert und 2 Tage in den Brfltschrank gestellt. Von 
dieser fippig gewachsenen Cholerabouillon vermochte 1 ccm = 1,5 IE. 
eine voile Oese neu zugesetzter frischer virulenter Cholerakultur prompt 
zur Auflosung zu bringen. Es waren also noch mindestens 5 IE. vor- 
handen, wahrscheinlich aber, wie aus dem schnellen Verlaufe des Auf- 
ldsungsprozesses geschlossen werden darf, noch die Gesamtmenge von 
7,5 IE. 

Wir kommen somit zu dem nunmehr unabweislichen Schlusse, daB 
die Choleravibrionen aufier stande sind, bei ihrem Lebens- 
prozesse Choleraimmunkorper zu zerstdren. 

Dieses Besultat diente uns als Ausgangspunkt fflr die Priifung einer 
anderen wichtigen Frage, wie sich nfimlich die an die Choleravibrionen 
gebundenen Choleraambozeptoren verhalten, wenn in der Bauchhdhle 
des Meerschweinchens die Bakteriolyse eintritt. 

Zunfichst versetzten wir Verdfinnungen 1 : 100 des Ziegencholera- 
serums vom Titer 1 / 2B mg mit solchen Mengen frischer virulenter 
Cholera, daB pro Kubikcentimeter eine Normaldse emulsioniert war. 
2 ccm dieser Emulsion, enthaltend 500 I.E., und 2 Oesen Cholera kamen 
Vj Stunde in den Briitschrank bei 37°. Es wurde danach zentrifugiert, 
die zuriickbleibenden gut agglutinierten Bakterien wurden dann 5mal 
mit je 5 ccm physiologischer Kochsalzldsung ausgewaschen, indem immer 
wieder von neuem zentrifugiert und das fiberstehende Waschwasser ab- 
gegossen wurde zur Entfernung jeden Restes ungebundener Ambo- 
zeptoren. Der so grflndlich gewaschene Rfickstand wurde in einem ge- 
messenen Volumen Kochsalzldsung aufgeschfittelt und mdglichst gleich- 
m&fiig wieder emulsioniert. Von dieser Stammemulsion wurden dann 


weitere Verdfinnungen angelegt zur Ermittelung deijenigen Dosis, welche 

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Pfeiffer u. Friedberger, BeitrSge zurTheorie der bakteriolyt Immunitat. 79 


noch gerade eine Oese frisch zugesetzter virulenter Cholera im Meer- 
schweinchenperitoneum zur AuflSsung zu bringen vermochte. 

So wurde festgestellt, dafi in der kleinen Menge von 
•Cholerabakterien, welche infolge der bei den verschie- 
denen Manipulationen unvermeidlichen Verluste nur 
als ein nicht unerheblich veringerter Bruchteil der 
ursprfinglich einges&ten 2 Oesen veranzuschlagen war, 
1 50 I.E., kondensiert waren, d. h. die Bakterien, welche die Tr&ger 
dieser Immunit&tseinheiten waren, warden nicht allein selbst aufgeldst, 
sondern setzten bei ihrer Destruction im Peritoneum des Meerschwein- 
chens noch so viel gebundene Ambozeptoren in Freiheit, dafi sie fflr 
die Bakteriolyse von 150 Oesen virulenter Cholera ausgereicht hfitten. 

Eine Wiederbolung des Versuches ergab vflllig identische Resultate. 

Immerhin war bei den eben dargelegten Experimenten nur etwa 
Vs der ursprfinglich vorhandenen Ambozeptoren wiedergefunden worden, 
w&hrend der Rest in dem Waschwasser vermutet werden konnte. Anderer- 
seits war doch die MQglichkeit vorhanden, dafi ein gewisser Bruchteil 
der Ambozeptoren deshalb nicht ermittelt werden konnte, weil er zwar 
gebunden, aber nachtr&glich bei der Bakteriolyse der damit beladenen 
Vibrionen verbraucht worden war. 

Dieser Erwfigung nachgehend, stellten wir den folgenden Ver- 
such an: 

Wir bereiteten eine Verdiinnung desselben Choleraziegenserums 
(Titer Vss mg) im Verhfiltnis 1 : 1000, so dafi pro Kubikcentimeter 
25 I.E. vorhanden waren. 2 ccm dieser letzteren Verdiinnung versetzten 
wir mit 2 Oesen Cholera und liefien diese Mischung 25 Minuten bei 
37°. Jetzt wurde wieder gut geschilttelt und nun durch Titrierung die 
Menge der in toto noch nachweisbaren Choleraambozeptoren festgestellt, wo- 
bei ganz davon abgesehen wurde, was gebunden, was noch frei davon war. 
Es ergab sich, dafi 0,04 der Emulsion gerade noch 1 Oese neu zuge¬ 
setzter virulenter Cholera im Meerschweinchenperitoneum bakteriolysierte, 
d. h. es war jetzt die Gesamtmenge der ursprfinglich ein- 
gebrachten Ambozeptoren noch nachweisbar, eine Zer- 
stdrung von Ambozeptoren bei der Aufldsung der mit 
ihnen verbundenen Cholerabakterien war in diesem 
Versuche nicht festzustellen, wobei zu berficksichtigen ist, dafi 
Verluste von wenigen Prozenten der Ambozeptoren durch die Fehler- 
quellen verdeckt werden konnten. 

Wir mfissen daraus schliefien, dafi zum mindesten die 
fiber eine Immunitfitseinheit hinausgehende Menge von 
Antikdrpern, auch wenn sie vor der Bakteriolyse an die 
Bakterienrezeptoren verankert war, bei der durch das 
Komplement verursachten vollst&ndigen Aufldsung wie¬ 
der frei und aktlonsf&hig wird 1 ). 

Eine gute Bestfitigung dieser Auffassung geben auch die folgenden 
Versuche, die wir der Wichtigkeit dieser Frage entsprechend in extenso 
reproduzieren. 


1 ) Diese von uns feetgestellte Tateache scheint zunachst in Widerepruch zu stehen 
mit der Arbeit Morgenroths, Ueber die Bindunghimolytischer Ambozeptoren. (Munch, 
med. Wochenschr. 1903. No. 2), wonach die Fahigkeit hamolytischer Ambozeptoren, von 
dem Rezeptor eines Blutkdrperchens auf den Kezeptor eines anderen Blutkorperchens 
iiberzuspnngen, nur so lange besteht, als dieselben nicht auch Komplemente verankert 
haben. 


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80 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


Versuch A. 

v, Oese Cholera wird mit 1 I.E. Choleraziegenserum gemischt und 10 Minufcen 
im Eisschranke gehalten, um einerseits eine Vermehrung der Vibrionen mfiglichst zu 
verhindern, andererseits aber doch die Bindung des Ambozeptors an den Vibrio zu er- 
moglichen. Dieses Gemisch wurde danach in 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung 
einem Meerschweinchen von 230 g intraperitoneal injiziert. Nach 20 Minuten wurde 
7* Oese Cholera, in 0,4 ccm physiologischer Kochsalzlosung emulsioniert, nachgespritzt 
und durch Kneten gut in der Bauchhohle verteilt. Die Bakteriolyse nahm ihren nor- 
malen Verlauf; das Tier blieb am Leben. 

Versuch B. 

1 Oese Cholera wird mit 2,5 IE. gemischt, wieder 10 Minuten im Eisschranke 
gehalten, dann einem Meerschweinchen von 250 g Gewicht intraperitoneal injiziert; nach 
20 Minuten sehr viel Granula, viel weniger gut erhaltene Vibrionen. Jetzt wird eine 
zweite voile Oese Cholerakultur nachgespritzt. Trotz dieser enormen Choleradosis bleibt 
das Tier am Leben. 

Diese Versuche geben zu folgenden Betrachtungen Veranlassung: 

Selbst 1 / 2 und sogar eine ganze Oese Cholera verbrauchen, wenn 
sie 1 resp. 2 1 /* I.E. fixiert haben, zur Bakteriolyse offenbar hfichstens 
nur V 2 resp. 1 I.E., so dafi die zweite Hftlfte der Ambozeptorenmenge 
wieder disponibel wird, um nochmals die gleiche von neuem zugeffihrte 
Menge von Cholerabakterien zu losen. Man konnte hier auf den Ge- 
danken kommen, ob denn fiberhaupt beim bakteriolytischen Prozefi 
Ambozeptoren verbraucht werden oder ob dieselben immer von neuem 
sich regenerierend wie eine katalytisch wirkende Substanz die Ver- 
einigung von Vibrio und Komplement herbeiffihren A ). Ein Versuch diese 
Hypothese exakt zu prfifen, trifft auf erhebliche Schwierigkeiten, da die 
Bakterien lebende und sich vermehrende Gebilde sind, die in die 
Bauchhohle eingebrachten Ambozeptoren aber im Laufe des fiber gewisse 
Zeit sich hinziehenden Auflfisungsprozesses durch Resorption zum Teil 
verschwinden, woffir dann die eigenen normalen Ambozeptoren der betref- 
fenden Tierspecies in gar nicht zu kontrollierenden Mengen mit dem Saft- 
strom in die Bauchhohle geffihrt werden, Bedingungen, durch welche ab- 
solut quantitative Messungen, die zur Entscheidung dieser Frage erforder- 
lich sind, sehr erschwert werden. Es ist zu ffirchten, dafi auch das 
Studium der Hfimolyse, das in den Hfinden Ehrlichs und seiner 
Schiller so fiberraschende Aufschltisse gegeben hat, bei der Losung 
dieses Problems im Stich lassen wird, da eben im Reagenzglase keine 
echte Hamolyse, sondern nur eine Abtotung der Erythrocyten, die mit 
einem Austritt des Hemoglobins verbunden ist, in Erscheinung tritt, 
wfihrend das Stroma erhalten bleibt und daher voraussichtlich die an 
dasselbe einmal verankerten h&molytischen Ambozeptoren nicht mehr 
frei gibt. Ffir diese AufFassung spricht auch der bekannte Versuch von 
Bordet, wonach eine bestimmte Menge hfimolytischen Immunseruras 
verschiedene Mengen von Erythrocyten totet, je nachdem die letzteren 
auf einmal oder portionsweise zugesetzt werden. 

Im letzteren Falle verankert die erste Portion der roten Blutzellen 
die Gesamtmenge der hfimolytischen Ambozeptoren durch Ueberbindung t 
so dafi ffir die spfiter zugesetzten Erythrocyten nichts mehr fibrig bleibt. 


1) Die Tateache, dafi zur Aufloeung einer Oese Cholera doch immerhin eine 
Immunitdtseinheit notwendig ist, wird allerdings mit dieser von uns nur rein hypothetisch 
betrachteten Annahme zunachst unvereinbar erscheinen, da auch die kleinsten Mengen 
immer wieder von neuem sich regenerierender Ambozeptoren schliefilich die grofiten 
Mengen von Cholerabakterien bakteriolysieren miifiten. Dabei aber ist nicht beriick- 
sichtigt, dafi die Bakterien sich vermehren und dafi bei nicht zureichenden Mengen des 
Immunkorpers die Wuchenmg der Vibrionen rascher fortschreiten kann wie ihre Zer- 
storung. 


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Pfeiffer u. Friedberger, BeitrSge zur Theorie der bakteriolyt Immunit&t 81 


Der Widerspruch zwischen diesem Versuch Bordets and unseren 
Resultaten erkl&rt sich eben dadurch, daB im Reagenzglasversuch fiber- 
haupt keine ecbte H&molyse eintritt, deshalb die .einmal fixierten Ambo- 
zeptoren nicht mehr von neuem aktionsf&hig werden kdnnen. Auch die 
Angabe von Morgenrotb, velche wir oben erw&hnt baben, wflrde 
von diesem Standpunkte aus verst&ndlich werden. 

Trotz der eben dargelegten theoretiscb konstruierten Schwierigkeiten 
ist es uns docb, wie wir glauben, gelungen, die wicbtige Frage, ob bei 
der Bakteriolyse ein Verbrauch von Ambozeptoren eintritt, bis zu einem 
gewissen Grade zu Idsen und zwar durch folgende Versuchsanordnung, 
die, der Wichtigkeit des Experimentes entsprechend, in extenso mit- 
geteilt werden soil: 

Versuch I. 

5 IE. Choleraziegenserum werden in 2,5 ccm pbysiologischer Koch- 
salzlosung gelQst und mit 5 Oesen virulenter Cholera, welche gleichfalls 
in 2,5 ccm pbysiologischer Kocbsalzldsung aufgeschwemmt und um die 
Vermehrung der Vibrionen auszuschalten, bei 60° 2 Stunden lang sicher 
sterilisiert waren, zusammengebracht, so daB jeder Kubikcentimeter der 
Mischung 1 IE. und 1 Oese abgetflteter Cholera enthielt. Diese Mischung 
wurde darauf 6 Stunden im Brfltschranke bei 37° gehalten und dann 
austitriert. 

Titrierung der Emulsion: 

No. 67, Meerschweinchen 220 g, erhalt 

{If oZ cSto“* } toWpaitoDOl 

10 „ 30 Min. viel Granula; ziemlich sparlich Vibrionen 

1 „ noch wenig Vibrionen; viel Granula 

3 „ vereinzelte Granula 

5 „ Prozefi abgelaufen 

No. 63, Meerschweinchen 190 g erhalt 

6 Ob 30 Mia.{‘ 

7 „ ®/ 4 Vibrionen, l / 4 Granula 

9 „ ziemlich Vibrionen, weniger Granula 

Folgenden Tag: Prozefi abgelaufen; Peritoneum mikroskopisch steriL 

Zu diesen Versuchen wurden folgende Kontrollen angestellt: 

I. Kontrolle: Um zu entscheiden, ob nicht vielleicht abgetdtete Cho¬ 
lera in entsprechender Menge an sich schfltzt, wurde folgender Versuch 
gemacht: 

No. 70, Meenchweinchen 190 g, erhalt 
>2 Ob 5 MO, * bge ““‘ (,Kdl) } 

3 „ 15 „ ziemlich viel Vibrionen 

4 „ 30 r do. 

Folgenden Tag: Tier f, Vibrionen massenhaft in Beinkultur. 

II. Kontrolle: Es muBte ferner festgestellt werden, ob die abge- 
tQteten Cholerabakterien tats&chlich die eingebrachten 5 IE. vollst&ndig 
verankert hatten, oder ob ein Teil derselben frei in der ZwischenflQssig- 
keit noch nachweisbar war. Es wurde daher die Emulsion scharf zentri- 
fugiert und die absolut klare Flflssigkeit vorsichtig (ohne Bakterien) vom 
Bodensatze abgegossen. 

Titrierung der Flflssigkeit: 

No. 65, Meerschweinchen 240 g, erhalt 
10 Ob 30 Min. {{’ 6 <CaS“.' U8 “ } “■**■*««»• 


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Erste AM. Orig. Bd. XXXIV. 


6 



82 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 

11 Uhr 30 Min. ziemlich viele Vibrionen; sparliche Granula 

12 „ 20 „ massenhafte Vibrionen; sear sparliche Granula 

3 „ a ii 

1. V +. Vibrionen massenhaft in Beinkultur. 

Versuch II. 

Ffir eine weitere Versuchsreihe wurde wiederum eine Emulsion von 
5 ccm Flflssigkeit, enthaltend 5 Oesen abgetdteter Cholera und 5 IE. 
des gleichen Immunserums, hergestellL Der einzige Unterschied gegen 
die Versuchsanordnung im vorigen Experiments bestand darin, daB die 
Emulsion 14 Stunden (statt 6 im vorigen Versuche) im Brdtschranke 
bei 37° gehalten wurde. 

Titrierung der Emulsion: 

No. 71, Meerechweinchen 190 g, erhalt 

10 Uhr 15 Mia. {'£ «- IE -> j 

11 „ 20 „ sehr viele Granula; wenige Vibrionen 

12 „ „ „ „ noch immer sparliche Vibrionen 

3 „ abgelaufen. 

No. 75, Meerechweinchen 200 g, erhalt 

11 Uhr 40 Min. Injektion wie bei Meerechweinchen No. 71 

12 „ 50 „ 2 / 8 Granula, 1 / 8 Vibrionen 

3 „ fast abgelaufen (nur sparliche Granula) 

Am folgenden Tage stirbt das Tier an einer Sekundarinfektion mit B. ooli. Das 
Peritoneum ist jedoch mikroskopisch frei von Choleravibrionen. 

No. 71a, Meerechweinchen 200 g, erhalt 

5 Uhl 40 Min. {P o r<*K“' > " } 

6 „ 50 „ */ f Vibrionen, */• Granula 

Folgenden Tag: Tier tot, Vibrionen massenhaft in Beinkultur. 

Wir dtirfen aus diesen Versuchen den (iberraschenden SchluB ziehen, 
daB 1 IE. der Choleraimmunkdrper, auch wenn sie an bei 60° abge- 
toteten Choleravibrionen festgebunden ist, bei der Aufldsung derselben 
im Peritoneum des Meerschweinchens nicht verschwindet, sondern in 
einer Form wiedererscheint, welche die Aufldsung bis zu vollen s / 4 Oesen 
lebender virulenter Cholera von l /io OeseVirulenz herbeizufflhren ver- 
mag. Wird eine gauze Oese Cholera gegeben, so sterben die Tiere, 
auch wenn theoretisch sogar 1,2 IE., an tote Cholerabakterien gebunden, 
ihnen zur Verfugung stehen. Es hingt dies unserer Auffassung nach 
damit zusammen, daB die Aufldsung der Choleravibrionen und das da- 
durch bedingte Freiwerden der an sie gebundenen Ambozeptormengen 
eine gewisse Zeit erfordert, wUhrend welcher die lebenden Vibrionen 
eine nicht unbetrachtliche Vermehrung erfahren. 

Wir miissen nun weiter fragen: Was niitzt den virulenten Bakterien 
ihre gesteigerte Affinitat ffir die Ambozeptoren, wenn sie dieselben weder 
durch ihren Lebensprozefi vernichten kdnnen noch auch bei ihrer eigenen 
Zerstdrung verbrauchen? Demgegeniiber mdchten wir auf die schdne 
Arbeit von Radziewsky, Untersuchungen zur Theorie der bakteriellen 
Infektion (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVII. 1901) verweisen, wo diese 
Verhaltnisse sehr lichtvoll auseinandergesetzt sind. Wir fiihren einige 
Stellen der Arbeit wortlich an. 

„In der Wirklichkeit ist sowohl die Bauchhohle als auch das Blut- 
gefaBsystem ihrem Umfang nach fiir den mikroskopischen Mikroben 
unendlich grofi. Schon bei normalen Bedingungen ist es unmdglich 
anzunehmen, daB jede Volumeinheit der Bauchhohle unbedingt gleich- 
wertig sei einer jeden anderen Einheit nach ihrem Inhalte, nach dem 


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Pfeiffer u. Friedberger, Beitrfige zurTheorie der bakteriolyt.Immunitftt 83 


Gharakter der darin enthaltenen Elemente. Die Ern&hrung der Zellen 
der darin enthaltenen Organe, der Stoffwechsel im allgemeinen, d. h. die 
Assimilation gewisser Stoffe, die Dissimilation anderer schaffen solche 
Bedingungen, welchen zufolge an einer Stelle der Baucbhdhle sich gar 
nicbt ganz dasselbe abspielt als an einer anderen Stelle.“ 

„Die bakterizide Substanz wirkt auf den Mikroben, indem sie mit 
ihm eine Verbindung eingeht. Das ist der zweite Punkt der gegen- 
w&rtigen Vorstellungen von der Wirkung der bakteriziden Stoffe. Stellen 
wir uns vor, dad in einer gewissen Volumeinheit der peritonealen 
Fliissigkeit sich ein gevisses Quantum bakterizider Stoffe einerseits und 
eine gewisse Menge Mikroben andererseits findet. Die bakteriziden 
Stoffe gehen — dank ihrer spezifischen Eigenschaften — eine Verbindung 
ein mit den sich daselbst befindenden Mikroben, die Mikroben — wie 
man sich auszudrticken pflegt — fixieren auf sich diese Substanzen. 
Infolgedessen wird die genannte Volumeinheit von bakteriziden Stoffen 
frei, d. h. es werden sich darin wieder Bedingungen herstellen, welche 
fttr die weitere Vermehrung von stttrkeren Mikroben, die sich eben 
daselbst oder in der benachbarten Volumeinheit vorfinden, gttnstig sind. 
Auf solche Weise ist es leicht denkbar, daB in den verschiedenen Punkten 
der Bauchhdhle, des Blutes oder eines beliebigen anderen Organes eine 
best&ndige Schwankung in der Spannung der bakteriziden Stoffe statt- 
finden muB. u 

„Eben wegen der Anpassungsf&higkeit der Mikroben genflgt schon 
die blofie Schwankung in der Spannung der bakteriolytischen Substanzen 
dazu, daB die st&rkeren Individuen sich vermehren kdnnten, ungeachtet 
der Zerstdrung anderer Individuen in der Nachbarschaft u 

Zum SchluB dieser Abhandlung wollen wir noch der Frage nSher 
treten, ob. die Fixierung der Ambozeptoren an die Bakterien eine sehr 
feste ist — eine Bindung im chemischen Sinne — oder nur eine lockere 
Adsorption durch Fl&chenattraktion. 

Um uns hiertiber ein Urteil zu bilden, fall ten wir Ziegencholeraserum 
mit frischen Cholerakulturen aus, wuschen dann die abzentrifugierten 
Vibrionen mit immer neuen Mengen steriler physiologischer Kochsalz- 
lttsung, wobei selbstverstandlich nach jeder Waschung von neuem 
zentrifugiert wurde, bis der Berechnung nach jede Spur der ungebundenen 
Ambozeptoren entfernt sein mnBte. Den schliefilich erhaltenen Boden- 
satz emulsionierten wir in einem gemessenen Quantum Kochsalzlosung 
und liefien die Emulsion dann l&ngere Zeit im Eisschranke resp. bei 
Zimmertemperatur stehen; darauf wurde von neuem scharf zentrifugiert, 
die ganze klare Flttssigkeit vorsichtigst abgegossen und dann in einem 
Spitzglas ttber Nacht der spontanen Sedimentation tiberlassen. Es ge- 
schah dies, um auch den letzten Rest von eventuell in der Flttssigkeit 
vorhandenen mit Ambozeptoren beladenen Choleravibrionen zu entfernen '). 

Der naheliegende Weg, diese Aufschwemmung durch Berkefeld- 
Kerzen zu filtrieren, konnte nicht beschritten werden, da Kontrollversuche 
ergaben, daB ein nicht zu vernachlttssigender Bruchteil von Ambo¬ 
zeptoren im Filter zurttckbehalten wurde. 

Wir ttberzeugten uns, daB unter diesen Versuchsbedingungen aus 
den mit Ambozeptoren ges&ttigten Vibrionen nur sehr geringe Mengen 
von Ambozeptoren wieder abgegeben wurden, was sehr wahrscheinlich 

1) Die An wend ling des Sedimentationaverfahrens war zulassig. da die benutzte 
Cholerakuitur ihre Bewegung«fahigkeit eingebuSt hat. (cfr. Berl. klin. Wochenschr. 
1902. No. 25.) 

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Centralbl. f Bakt. etc I.. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 1. 


auch noch auf die letzten Spuren von in der scheinbar klaren FlQssigkeit 
zurflckgebliebenen ambozeptorbeladenen Bakterien zurflckzufflhren sein 
dflrfte. 

Nach unserer Ansicht sprechen die Resultate eher far eine ziemlich 
feste Bindung als far eine rein physikalische Adsorptionswirkung. 

Unsere Untersuchungen fahrten zu folgenden Ergebnissen: 

1) Die im Serum eines mit Choleraimmunserum vorbehandelten 
Tieres auftretenden Antiambozeptoren greifen in die cytophile Grnppe 
des Ambozeptors ein. 

2) Die Antiambozeptoren gegen Choleraimmunkdrper besitzen keine 
Affinitat far die Rezeptoren des Choleravibrio. 

3) Die Gholeraantiambozeptoren sind relativ stabile Kdrper, die 
durch '/j-standige Erhitzung auf 60° nicht zerstdrt werden. 

4) Auch die Ambozeptoren des Normalserums vermbgen die Bildung 
von Antiambozeptoren im Tierkdrper anzuregen. 

5) Die Erzeugung von Antiambozeptoren gelingt nicht bei alien 
Tierspecies gleich leicht und sicher. 

6) Die Erzeugung von Antiambozeptoren gelingt auch gegen die 
Ambozeptoren des Typhusimmun(hunde)serums. 

7) Die Antiambozeptoren sind hdchst wahrscheinlich als Zellbestand- 
teile aufzufassen, welche eine haptophore Gruppe von analogem Ban 
wie die Bakterienrezeptoren haben, im abrigen aber in ihrer Konstitution 
von diesen different sind. 

8) Der Rezeptorenapparat des Choleravibrio ist wahrscheinlich nicht 
far die Ambozeptoren der verschiedenen Tierspecies spezifisch different. 

9) Ueberschflssig an Choleravibrionen verankerte Choleraambo- 
zeptoren werden bei der Bakteriolyse wieder frei und aktionsf&hig. 

10) Die Cholerabakterien sind auBer stande durch ihren Lebens- 
prozefi die Choleraimmunkdrper zu zerstdren. 

11) Bei der Bakteriolyse der Cholerabakterien ist ein Verbrauch 
von Choleraimmunkdrpern nicht nachzuweisen. 

Kdnigsberg i. Pr., 9. April 1903. 


Nachdruck verboten . 

Einige HMedesinfektionsversuche nach vorheriger 
kiinstlicher Infektion der lade mit Micrococcus tetragenus 
und Staphylococcus pyogenes aureus. 

[Aus dem Institut far Hygiene und experimentelle Therapie zu Marburg. 
Abteilung far Hygiene. Vorstand: Prof. Bonhoff.] 

Von Dr. Engels, z. Z. 1. Assistent am hygienischen Institute zu Posen. 

Die Versuche zur bakteriologischen Prafung von HSndedesinfizien- 
tien waren bisher von mir so ausgefahrt worden, daB ich nach Far- 
bringers Vorgange die gewdhnliche Tageshand mit ihrem jeweiligen 
Bakteriengehalte dem von Paul und Sarwey eingefabrten Nach- 
prafungsverfahren mit Hilfe des sterilen Fastens aussetzte 1 ). 

Es erschien nun angebracht, festzustellen, ob die durch die fraheren 
Versuche erprobten Lysoform-, Bacillol- und Sublaminalkoholldsungen, 

1 ) Engels, Arch. f. Hygiene. Bd. XLV. Heft 3 u. 4. 


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Engelg, Elnige Hftndedesinfektionaverouche nach kfinstlicber Infektion etc. 85 


insbesondere wiederum in ihrer 2-proz. reap. 2-prom. Konzentration, 
auch anderen Prflfungsmethoden standzuhalten im stande seien. 

Es sollte in erster Linie die neuerdings von Krdnig and Blum- 
berg eingefflhrte Methodik mitEinschiebung des Tierexperimentes ver- 
sncht werden. 

Krdnig and B lam berg 1 ) waren es, welche wiederholt gegen die 
Uebertragang der Haatabscbabsel auf kfinstliche N&hrboden nach er- 
folgter Desinfektion als ein nicht den praktischen Verh&ltnissen ent- 
sprechendes Verfahren Front gemacht batten. Sie setzten daher an ihre 
Stelle die Ueberimpfang auf empfangliche Versuchstiere. Dazu war es 
natfirlich notwendig, dafi vor der Desinfektion die H&nde mit bestimmten 
Bakterienarten beschickt wurden, welche ffir unsere Laboratoriumstiere 
hdchst pathogen, fQr den Menschen sich aber als unsch&dlich erwiesen. 
Zu diesem Zwecke w&hlten Krdnig and Blamb erg den diesen An- 
forderangen gerecht werdenden Micrococcus tetragenas. 

In ihrer gemeinsamen Arbeit: Vergleichende Untersuchungen fiber 
den Wert der mechanischen and Alkoholdesinfektion der H&nde gegen- 
fiber der Desinfektion mit Quecksilbersalzen, speziell dem Quecksilber- 
fithylendiamin *) heifit es auf p. 3: „ Da das Tierexperiment alien 
Verhfiltnissen, wie sie bei der Operation in Frage kommen, vollst&ndig 
nachkommt, so brauchen wir daher bei anserer Versachsanordnang das 
Desinficiens nicht vorher chemisch unwirksam zu machen, sondern wir 
dflrfen fihnlich wie bei der Operation, so auch hier beim Tierexperiment, 
die Hfinde dann als genfigend desinfiziert ansehen, wenn auf den Tier- 
korper fibertragene Hautabschabsel keine im Tierkdrper mehr entwicke- 
lungsfShigen Keime enthalten. Durch die Einschaltung des Tierversuchs 
ist also die ganze Methode der Prflfung der H&ndedesinfektionsverfahren 
den praktischen Verh&ltnissen eng angepafit.“ 

Diese soeben beschriebene Krfinig-Blumbergsche Methodik wurde 
auch bei unserem sogleich zu erw&hnenden Versuche zu Grunde gelegt 

Die Tetragenus-Kultur, welche in unserem Versuche verwandt 
werden sollte, wurde mir durch Herrn Prof. Krdnig resp. Herrn Dr. 
Fflth in Leipzig in dankenswerter Weise fibermittelt, so dafi wir mit 
demselben Materiale zu arbeiten im stande waren, wie Kronig und 
Blumberg. 

Um eine hdchstmdgliche Virulenz zu erzielen, wurde die Kultur 
zun&chst mehrere Male hintereinander durch eine Maus geschickt. Trotz 
Verimpfung grofier Men gen Materials trat indes der Tod infolge Tetra¬ 
gon u s -Septik&mie erst nach 3 Tagen regelm&fiig ein. Ich mufite mich 
mit diesem Virulenzgrade zufrieden geben, da es mir nicht gelang, durch 
noch weitere Ueberimpfungen die Pathogenit&t dieses Tetragenus ffir 
M&use zu steigern. 

Ca. 10 Tage nach Eingehen der letzten Maus wurde mit der aus 
Milz gewonnenen Tetragenus-Reinkultur, und zwar mit frischer 24- 
stfindiger Kultur, der erste Versuch gemacht. 

Herr Prof. Bonhoff hatte die Freundlichkeit, denselben vorzu- 
nehmen. Geprfift wurde der 2-prom. Sublaminalkohol. 

Die Versuchsanordnung war genau dieselbe, deren sich Krdnig 
und Blumberg bedient hatten. 

Nach der Antrocknung der Tetragenus-Traubenzuckerbouillon- 
aufschwetmmung an den H&nden wurden letztere 5 Minuten long kr&ftig 

1 ) Kr*3nig, Centralbl. f. Gvnak. 1899. No. 45. — Krdnig und Blumberg, 
Bei trace zur Handedesinfektion. Monographie. Leipzig (Georgi) 1900. 

2 ) Miinch. med. Wochenachr. 1900. No. 29 u. 30. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


mit steriler Seife und steriler Bflrste in sterilem heifien Wasser ge- 
waschen, darauf die Seife mit sterilem Wasser von den Hftnden ent- 
fernt und nun wfthrend 5 Minuten die Desinfektion mit 2-prom. Sub- 
laminalkohel mit Hilfe eines sterilen Flanelllappens vorgenommen. 

Die mSglichste Entfernnng der Desinfizientien geschah durch Ab- 
spfilen der HSnde mit sterilem Wasser (2 1) and darauffolgender steriler 
1-proz. Pcptonkochsalzldsung (1 1). 

Die Entnahme geschah in der Krfinig-Blumbergschen Form 
(1. c.): 

„Es wird in die eine Hohlhand ein Teeldffel voll sterilisierten 
Marmorstaubes geschflttet und eine kleine Menge neutraler sterilisierter 
Traubenzuckerbouillon hinzugetan, dann wird der mit Flfissigkeit ver- 
setzte Marmorstaub auf beiden HSnden energisch verrieben, nngefShr 
5 Minuten lang, schlieBlich wird unter allm&hlichem Zusatz von Trauben¬ 
zuckerbouillon der Marmorstaubbrei durch festes Aneinanderdrflcken 
der Hfinde ausgeprefit und in einer sterilen Schale aufgefangen.“ 

Diese Marmorstaubaufschwemmung wurde zu gleichen Teilen 
5 M&usen (jeder ca. 1 ccm) unter die Rfickenhaut gebracht. 

Zur Kontrolle wurde mit einem Hdlzchen vor Beginn der Hinder 
waschung und der Desinfektion ein Teil der Tetragenus-Kultur von 
den H9nden abgekratzt, dieses Hdlzchen in ca. 2 ccm sterilen Wassers 
grflndlich abgespfilt und diese Spulflussigkeit einer Maus subkutan inji- 
ziert. Gleichzeitig wurde von dieser FlQssigkeit ein Ausstrich auf Agar 
gemacht. 

Das Resultat war folgendes: 

Keine der 5 M&use, welche mit derTetragenus-Marmorstaubauf¬ 
schwemmung geimpft waren, ging ein. 

Das ware ja ein gunstiges Ergebnis gewesen, wenn uns nicht die 
Kontrollmaus im Stiche gelassen hStte. Trotzdem auf dem schrag er- 
starrten Agar Tetragenus iippig gewachsen war, blieb die mit dem- 
selben Materiale geimpfte Maus am Leben. * 

Die Virulenz des Tetragenus war demnach viel zu gering, als 
daB man bei Verwendung der Krdnigschen Methode Resultate hatte 
erhalten kdnnen. Die Methode setzt voraus, daB zum mindesten einige 
wenige Tetragenus-Keime, auf die Maus verimpft, den Tod derselben 
mit Sicherheit herbeifflhren. Unsere Kultur vermochte nur in sehr 
grofien Dosen, 1 / 1 0 24-stfindiger Agarkultur, die meisten MQuse bei sub- 
kutaner Impfung prompt zu tdten. 

Trotz nachheriger wochenlanger Bemfihungen gelang es mir nicht, 
durch Tierpassagen, durch Ueberimpfungen von Maus auf Maus, von 
Maus auf Meerschweinchen, von Meerschweinchen auf Maus, von Meer- 
schweinchen auf Meerschweinchen etc., die auch augenblicklich noch fort- 
gesetzt werden, eine hinreichende Virulenz des Tetragenus zu erreichen. 

Es muBte deshalb von den Versuchen nach KrSnig-Blumberg- 
scher Methode einstweilen Abstand genommen werden. 

Indes die Ansichten fiber die Verwendbarkeit des Tierexperimentes 
gegenfiber den kulturellen Verfahren gehen weit auseinander. 

Schon im Jahre 1891 fiufierte sich Behring 1 ) in einer Kontroverse 
gegen Geppert fiber diese Frage mit folgenden Worten: 

„Nun kOnnen wir durch das Tierexperiment nicht soviel erfahren, 
als durch den Kulturversuch, n&mlich nur, ob die Bakterien noch in- 

1 ) Behring, Die Sublimatfrage nnd Herr Geppert. (Dteche med. Wochenschr. 
1891. No. 29 u. 30. — Weiterhin siehe Behring, Berl. klin. Wochenschr. 1890. p.240; 
dann: Bckampfung der Infektionskrankheiten. p. 41. 


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Engels, Einige H&ndedesinfektionsversuche nach kiinstlicher Infektion etc. 87 


fektids sind, nicht aber, ob sie auch abgetdtet sind; und bekanntlich 
kfinnen unter Umstfinden pathogene Bakterien noch leben, ohne zu in- 
fizieren ... Hieraus kann man auch entnehmen, daft man tatsfichlich 
die Infektionsgefahr nur dann mit Sicherheit ausschlieGen kann, wenn 
durch schnell wirkende Desinfektionsmittel eine Abtdtung der in Frage 
kommenden Infektionserreger erzielt wird. Daruber kann aber, wie ge- 
sagt, nur der Kulturversuch, nicht das Tierexperiment entscheiden. u 
Weiterhin sagt Behring an einer anderen Stelle derselben Arbeit: 
„Aus den spater zu erwahnenden Versuchen geht mit Sicherheit her- 
vor, daC man nach der Sublimatbehandlung der Sporen noch Kulturen 
bekommt, wenn die geimpften Tiere ganz gesund bleiben; und es ist 
ja von vornherein klar, dafi es so sein muB. Der vdlligen Abtdtung 
geht eben ein Stadium der beeintrachtigten Lebensfunktionen der Bak¬ 
terien voraus, zu denen auch die Fahigkeit gehfirt, Tiere zu infizieren. 
Wir kennen zwar Zustande der Bakterien, in denen sie noch lebens- 
fahig, aber nicht mehr virulent sind; wir kennen jedoch nicht das Um- 
gekehrte.“ 

Es wflrde zu weit ffihren, wollte ich an dieser Stelle noch naher 
auf die angeschnittene Frage eingehen. Wir haben gehdrt, daB Beh¬ 
ring sehr gewichtige Einwendungen gegen das Tierexperiment gegen- 
fiber den kulturellen Methoden erhoben hat, dabei gestfitzt auf seine 
Versuche und seine Erfahrungen. 

Ich konnte mich also mit Erfolg der kflnstlichen Infektion der 
Hande mit diesem Tetragenus-Stamme in einer Reihe von Versuchen 
bedienen, bei denen an Stelle des Tierexperimentes wieder das kul- 
turelle Verfahren zum Nachweise lebensffihiger Bakterien nach erfolgter 
Desinfektion trat. Es kam wiederum, wie auch in meinen oben ange- 
gebenen Arbeiten, die Paul Sarweysche Nachpriifungsmethodik mit 
Hilfe des sterilen Kastens zur Verwendung, nur mit der Abweichung, 
dal! statt der normalen Tageshand jetzt die kiinstlich mit Tetrageaus 
infizierte Hand als Testobjekt diente. 

Mit Hilfe kleiner Quantitaten von Traubenzuckerbouillon wurden 5 
24-stiindige Agarkulturen mit einer starken, grofien, sterilen PlatinOse 
vom Nahrboden abgekratzt und in ein kleines steriles Schalchen gebracht. 
Diese Bakterienaufschwemmung verrieb ich auf der Oberhaut meiner 
Hande, indem ich durch mittelkraftig ausgeffihrte Waschbewegungen fur 
eine gleichmaCige Verteilung der Kulturen an Handen und Fingern 
sorgte. Die Kulturen lieB ich sodann 5 Minuten antrocknen. 

Als Kontrolle diente mir mit regelmafiig positivem Erfolge die Ab- 
impfung von der trockenen Hand (siehe folgende Tabelle). 

In einem Punkte trat nun noch eine kleine Aenderung in dem bis- 
herigen Verfahren ein. Bislang waren von dem Wasch- resp. dem 
Sandbadewasser nur geringe Quantitaten (2 ccm) zur Verarbeitung zu 
Platten und somit zur Prfifung auf Keimen gekommen. 

Hier lieB ich das in meinen Abhandlungen fiber Wassersterilisation*) 
beschriebene und vorher erprobte Verfahren eintreten, wo ich den 
Nachweis noch lebender Mikroorganismen im Wasser derart ffihrte, dafi 
ich die gesamte Versuchsmenge in einem Nahrboden, in 1-proz. Pepton- 
kochsalzldsung umwandelte und so die eventuell vorhandenen Keime 
sofort unter gfinstige Ernfihrungs- und Wachstumsbedingungen setzte. 


1) Engels, Das Schumburgsche Verfahren der Trinkwasserreinigung mittels Brom. 
(Centralbl. f. Bakt etc. Abt I. Ba. XXXI. 1902. No. 13.) — Weitere Studien fiber die 
Sterilisation von Trinkwasser auf chemischem Wege. (Traubesches Verfahren mit Hilfe 
von Chlorkalk.) (Ibid.) 


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Tabelle 1 . 

Bak teriologische Untersuehung desin fizierter Hande mit Hilfe des Paul Sarweyschen sterilen Kastens 

nach kiinstlicher Infektio’n beider Hande mit Tetragen us-Keim an. 

□ CO = steril, : : = wenig Keime ( 1 — 20 ), = viele Keime ( 20 — 80 ), ■■■ = sehr viele Keime (fiber 80 ). 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1. 


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2-proz. Bacillolalkohol. 


Engels, Einige Hftndedesinfektionsversuche nach kfinstlicher Infektion etc. 89 




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90 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 1. 


In genau derselben Weise fiigte ich bei den vorliegenden Versuchen 
dem gesamten Wasch- resp. dem Sandbadewasser so viel einer sterilen 
konzentrierten und im sterilen Kasten befindlichen Peptonkochsalzlbsung 
zu, bis ich das gewiinschte Nkhrsubstrat erhielt. Die dazu nStigen 
Utensilien befanden sich natflrlich im sterilen Kasten, in dem ja auch 
der ganze ProzeB vor sich ging. Vorbedingung fflr dieses Vorgehen 
war natfirlich, dafi der Micrococcus tetragenus sich in Pepton- 
wasser reichlich vermehrt, auch wenn er nur in wenigen Exemplaren in 
diesen N&hrboden gelangt Wir haben uns durch eigene Versuche da- 
von fiberzeugt, dafi das wirklich der Fall ist. 

Wie alle gegossenen Platten, so kamen auch die beiden Kolbchen 
eines jeden Versuches in den Brtltschrank bei 37 0 C. Nach 2-tfigigem 
Verweilen bei Briittemperatur wurden 2 ccm des Inhaltes eines jeden 
Kdlbchens zur Agarplatte verarbeitet und letztere bis zum Schlufi der 
Beobachtungszeit (8 Tage) der tibrigen Platten des Versuches bei 37° C 
aufbewahrt. 

Nach dieser soeben beschriebenen Versuchsanordnung wurden die 
nachfolgenden 15 Versuche von mir angestellt, und zwar je 5 
mit 2-proz. Lysoformalkohol 
„ 2- „ Bacillolalkohol und 
„ 2-prom. Sublaminalkohol. 

Tabelle 2. 



Phase der Versuchsanordnung solche Keime mehr nach- 
gewiesen werden. Wie Tabelle 2 zeigt, waren auch die Pepton- 
waschwasser- und Peptonsandbadlosungen in alien Versuchen frei von 
Tetragenus. In zwei Fallen waren auf den gegossenen Platten des 
betreffenden Kolbcheninhaltes (Versuch 1 der Lysoformalkoholreihe 
— Peptonsandbad und Versuch 4 derselben Reihe — Pepton wasch wasser) 
Kartoffelbacillen gewachsen. 

Im flbrigen waren neben „sterilen“ Platten in einzelnen Fallen 
(siehe Tabelle 1) noch Platten mit „wenigen u Keimen zu konstatieren. 
Die jedesmal gefundene Keimzahl gibt Tabelle 1 wieder. Ich betone 
nochmals, dafi es sich hier in keinem Falle um Tetragenus-Kokken 
gehandelt hat. 

Unter den gewachsenen Kolonieen befanden sich auch Staphylo- 


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Engels, Einige H&ndedesinfektionsversuohe nach kttnstlicher Infektion etc. 91 


kokkenkolonieen, die ich in der Tabelle absichtlich nicht besonders mar- 
kiert habe, da es sich bier nur um den Nachweis von eventuellen 
Tetragenus-Keimen handeln and nar solche Keime ausdrflcklich her- 
vorgehoben werden sollten, falls sie zur Entwickelung gekommen wfiren. 

Der Ausfall der Versuche ist daher als positiv zu bezeichnen. 

Prozentuarisch verhielt sich das Resultat folgendermafien: 


Desinficiens 

Sterile 

Platten 

Wenige 

Keime 

(1-20) 

Vide Keime 
(20- 80) 

Sehr viele 
Keime 
(iiber 80) 

2-proz. Lysoformalkohol 

2-proz. Bacillolalkohol 

2-prom. Sublaminalkohol 

Mit 2-proz. Lysoformall 

83,1 Proz. 
81,5 „ 

93,9 „ 

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10,9 Proz. — 

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6,1 „ : - 

f-proz. Bacillolalkohol < 

erzielte ich 


in diesem Falle bedeutend mehr sterile Platten als bei meinen frfiheren 
Versuchen. 

Ein Gleiches konnte ich ffir den 2-prom. Sublaminalkohol fest- 
stellen, wenngleich hier nur ein geringes Plus gegen frflher verzeichnet 
werden konnte. 

Schluliergebnis dieser Versuchsreihe: 

Nach kfinstlicher Infektion der Hfinde mit Micrococcus tetra- 
genus gelingt es mit Hilfe der drei gepriiften Desinfektionslfisungen, 
dem 2-proz. Lysoformalkohol, dem 2-proz. Bacillolalkohol und dem 2- 
prom. Sublaminalkohol, mit Sicherheit diese Keime an den Handen zu 
vernichten und unschfidlich zih machen. 

Die zweite Reihe von Versuchen, deren Resultate ich hier kurz 
wiedergeben mochte, beschfiftigte sich mit der kfinstlichen Infektion der 
Hfinde mit einem Eitererreger, dem Staphylococcus pyogenes 
aureus, vor der Desinfektion. 

Es war mir aufgefallen, daB durch keines der von mir gepriiften 
Desinfizientien die Staphylokokken von den H fin den mit Sicherheit ent- 
fernt werden konnten. Allerdings waren in einer Anzahl von Versuchen 
keine eitererregenden Keime nachgewiesen; in der Mehrzahl jedoch 
liellen sich durch unsere Kulturverfahren solche konstatieren, freilich 
nach Benutzung der alkoholischen Ldsungen von Lysoform, Bacillol und 
Sublamin in 2-proz. resp. 2-prom. Konzentration stets nur einige wenige. 
Besonders kamen dieselben bei Verwendung des Sublaminalkohols so 
vereinzelt vor, dafi ich geneigt war, anzunehmen, diese Keime seien 
zuffillig nicht von meinen Hfinden, sondern beim GieBen der Platten 
- aus der Umgebung auf den Nfihrboden gekommen, zumal die Kolonieen 
schon meist 24 Stunden nach dem Versuche ganz oberflfichlich lagen. 

Um mir fiber diesen Punkt Aufklfirung zu verschaffen, stellte ich 
die folgenden Versuche an. 

Die kfinstliche Imprfignierung der Haut, der Hfinde und Finger 
geschah mit dem Staphylococcus pyogenes aureus. 

Aus einem Furunkel wurde derselbe frisch rein gezfichtet. Zum 
Beschicken der Hfinde wurde gleich die erste, also die virulenteste 
Generation benutzt. Die Traubenzuckerbouillonaufschwemmung von 
' meist 4 Agarrfihrchen wurde durch Waschbewegungen wiederum gleich- 
mfiBig auf Hfinden und Fin gem verteilt 

Auch im Verlaufe dieser Versuchsreihe wurde das Waschwasser 
und das Sandbadewasser regelmfifiig im sterilen Kasten in 1-proz. Pepton- 
kochsalzldsung fibergeffihrt und nachher weiter behandelt, wie ich bei 
-den Tetragon us-Versuchen schon erwfihnt habe. 


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Tabelle 3. 

Bakieriologische Prufung desinfizierter Hande mit Hilfe des Paul Sarweyschen sterilen fastens 
nach vorheriger Infektion der Hande mit Staphylococcus p yogenes aureus. 

□ □□ = steril, 'I::::;;;;;; = wenig Keime (1—20), <^0^> = viele Keime (20—80), ■■■1 = sehr viele Keime (iiber 80). 


92 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1. 





























2-proz. Bacillolalkohol. 


Engel8, Einige Hindedesinfektionsversuche nach kiinstlicher Infektion etc. 93 


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94 


Centralbl. f. Bakt etc, I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1. 


Der Gang der fibrigen Versuchsanordnung blieb derselbe vie in 
der ersten Versuchsreihe mit Hilfe des Paul Sarweyschen Kastens. 

Tabelle 3 und 4 mdgen die Resultate dieser Versucbsreihe veran- 
schaulichen. 


Tabelle 4. 



2-pro 

z. Lysoformalkohol | 

2-proz. Bacillolwasser 

2-prom. Sublaminalkohol 

1 

o 

Pepton- 

waschwasser 

Pepton- 

sandbad 

Pepton- 

waschwasser 

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sandbad 

Pep ton- 
waschwasser 

Pepton- 

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Kart.- 
| Baciil. 

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— 

— 

— 

5 

— 

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— 

— 

— 

— 

- 1 - 

— 

— 

— 

— 


Das Resultat war demnach folgendes: 

Zunachst fiel die Kontrolle, die Entnahme von Keimen von der 

trockenen Hand, stets positiv aus. 

Was den Desinfektionserfolg selbst angeht, so waren in der Lysoform- 
alkoholreihe in 4 von 5 Versuchen Staphylokokkenkolonieen trotz der 
Desinfektion der H&nde noch zur Entwickelung gekommen. 

Versuch 1 zahlreiche Kolonieen 

„ 2 1 Eolonie 

„ 3 2 Kolonieen 

rt 5 2 „ 

Auffallend ist, dafi im ersten Versucbe der Keimgebalt des Sand- 
bades ein relativ hober ist. Die Ursacbe dieser mit den frflheren Des- 
infektionsergebnissen nicht Qbereinstimmenden hohen Keimzahl konnte 
nicht eruiert werden. 

In der zweiten Versuchsreibe mit 2-proz. Bacillolalkohol erwiesen 
sich 4 Versuche vfillig frei von Staphylokokken. Dagegen waren in 
einem Versuche — Versuch 1—3 Kolonieen gewachsen. 

Der 2-prom. Sublaminalkohol hatte in 2 Versuchen je 1 Kolonie des 
Staphylococcus pyogenes aureus noch zur Entwickelung kommen 
lassen. 

In den Peptonkdlbchen konnten nur lmal (Peptonsandbadewasser des 
ersten Versuches der 2-proz. Lysoformalkoholreihe) Staphylokokken nach- 
gewiesen werden, in zwei anderen Fallen dagegen der Kartoffelbacillus 
(Peptonwascbwasser in Versuch 1 und 3 der Lysoformalkoholreihe). 

Im ubrigen waren die Keimzahlen nach der Desinfektion, in Pro- 
zenten ausgerechnet, folgende: 


Desinficiens 


Sterile 

Platten 


Wenige 

Keirae 

( 1 - 20 ) 


Viele Keime 
(20-80) 


Sehr viele 
Keiine 
(fiber 80) 


2-proz. Lysoformalkohol 72,3 Proz. 20,2 Proz. 1,5 Proz. — 

2-proz. Bacillolalkohol 84,6 „ 15,4 „ — — 

2-prom. Sublaminalkohol 92,3 * 7,7 „ — —• 

Blicken wir nun zuriick auf die Ergebnisse der letzten 15 Versuche, 


so muB ich zugeben, dafi es mir nicht gelungen ist, durch eine der drei 


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Engels, Einige HAndedesinfektionsverauche nach kfinstlicher Infektion etc. 95 


geprfiften Desinfektionsldsungen s&mtliche Staphylokokkenkeime mit 
Sicherheit auf der Haut der Hfinde zu vernichten. Die Resultate meiner 
flbrigen Desinfektionsversuche baben demnach bezfiglich des Staphylo- 
kokkenbefundes sowohl als aoch der einzelnen Prozentzahlen, wie sie 
in oben stehender, kleiner Tabelle ftir die verschiedenen Platten auf- 
gezeichnet sind, Beatatigung gefunden. 

Bedenken wir, dafi bis jetzt noch kein chemiaches Desinficiens be- 
kannt ist, welches in einer ftir den menschlichen Organismus unsch&d- 
lichen Konzentration mit absoluter Gewifiheit s&mtliche Eitererreger der 
H&nde w&hrend einer Desinfektion abtOtet oder unschfidlich macht, so 
ist, jedenfalls von diesem Standpunkte aus, der immerhin verschwindend 
kleine Stapbylokokkenbefnnd nach der Desinfektion mit Lysoform-, 
Bacillol- und Sublaminalkobol in 2-proz. resp. 2-prom. L5sung nicht von 
wesentlicber Bedeutung. Ich glaube, wir kdnnten und wflrden es mit 
Freuden begrtiBen, wenn alle in der Praxis bisher gebr&uchlichen Des- 
inficientien imstande w&ren, einen derartig hoben desinfektorischen Effekt 
zu zeitigen, wie er den drei gepriiften Ldsungen, dem 2-proz. Lysotorm- 
alkohol, dem 2-proz. Bacillolalkohol und dem 2-prom. Sublaminalkohol, 
nach meinen Versuchen in der Tat zukommt 

Unterdessen hat aber meine schon frflher ausgesprochene Ueber- 
zcugung, dafi es sich bei den wenigen auf den Platten nach der Des¬ 
infektion auftretenden Staphylokokkenkolonieen nicht um die zur Infektion 
der Handoberfl&chen benutzten, sondern um andere, aus der Luft Oder 
von der Eleidung stammende Keime handelt, sich entschieden vertieft, 
und es erschien mir wfinschenswert, wenigstens einen Versuch der 
Differenzierung dieser Kokken vorzunehmen. Der Umstand, dafi die auf 
den Platten auftretenden Staphylokokkenkolonieen sich morphologisch 
und kulturell von den verwendeten Reinkulturen nicht unterscheiden 
lassen, spricht noch nicht ftir Identit&t derselben. Wir haben aber 
Methoden, die in viel feinerer Weise eine Wiedererkennung bestimmter 
Bakterienarten gestatten. Um kurz zu sein, will ich hier nur auf die 
Arbeit von Kolle und Otto 1 ) verweisen, in der festgestellt ist, dafi es 
durch Immunisierung von Kaninchen mit verschiedenartigen Kokken, 
z. B. aus der Luft Oder aus Eiterungsprozessen stammenden, gelingt, 
Sera zu erhalten, die in starken Verdttnnungen agglutinierend nur wirken 
auf Arten von Kokken, welche mit den zur Immunisierung der Tiere 
verwendeten identisch sind. Dieser Tatsache kann man sich in aus- 
gezeichneter Weise zur Feststellung des Umstandes bedienen, ob die 
nach der Hfindedesinfektion auf meinen Platten wachsenden vereinzelten 
Kokkenkolonieen von den zur Infektion der Handoberfl&che verwendeten 
oder aus der Umgebung, aus der Luft Oder von meiner Kleidung stammen. 

Ich babe also seit einiger Zeit mehrere Kaninchen mit verschieden¬ 
artigen Stapbylokokken immunisiert, um agglutinierende Sera zu er¬ 
halten. Bei den nicht aus Eiterungsprozessen stammenden Kokken hat 
das Verfahren auch nach kurzer Zeit zur Gewinnung von Blutsera 
gefflhrt, die in einer Verdfinnung von 1:200 bereits agglutinierend auf 
die zur Immunisierung verwendete Bakterienart wirken. Bei den aus 
Eiterungsprozessen stammenden Kokken bin ich bisher nicht zu einem 
Erfolg gelangt Nach mehrfachen Einspritzungen steigender Dosen der 
Eiterkokken war in dem gewonnenen Blutserum auch nicht einmal in 
Verdflnnung von 1:20 eine agglutinierende Wirkung nachzuweisen. Da 
dieser Befund in Uebereinstimmung ist mit den anderwfirts gewonnenen 


1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XLI. 


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96 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1. 


Erfahrungen, so muB ich ab war ten, bis anch bei den mit Eiterkokken be- 
handelten Tieren Agglutinationswirkung des Blutes sich einstellt, nm dann 
meine letzten Versuche der H&ndedesinfektion noch einmal zn wiederholen. 

Ich mdchte nun diese Arbeit nicht beschlieBen, ohne einer unglflck- 
lichen Folgeerscheinung der ktlnstlichen Infektion mit dem frisch aus 
einem Furunkel geziichteten und in 1. Generation benutzten Staphylo¬ 
coccus pyogenes aureus Erw&hnung getan zu haben. Ich hatte 
mir dabei eine Furunkulose beider H&nde mit teilweiser Beteiligung 
des rechten Unter- und Oberarmes und beiderseitige Lymphangitis und 
Lymphadenitis bis in die Achselhohle hinein zugezogen, die ein chirur- 
gisches Eingreifen in der Klinik notwendig machte. Es hatten sich 
36 Furunkel nacheinander gebildet. Die Folgen in Gestalt bl&ulichroter 
Flecken sind zum Teil jetzt noch sichtbar. Die neuen Nachschflbe, 
welche ununterbrochen auftraten, zeitigten stets kleinere Furunkel, 
schliefilich nur noch pustelartige Gebilde, so daB man an eine allmShlich 
eingetretene Immunit&t denken kdnnte. 

Nun kOnnte man leicht geneigt sein, in diesem Falle einer un- 
geniigenden Wirksamkeit der 3 Desinfektionsldsungen die Schuld zuzu- 
schreiben. Ich stehe in keiner Weise auf diesem Standpunkte; es ist 
bekannt, daB bei Desinfektionsprflfungen ein grofies Gewicht auf eine 
gut gepflegte, nicht l&dierte Haut gelegt werden mufi. Dem Umstande, 
daB ich diese Versuche etwas zu sehr forciert habe, und dadurch mir 
die Gelegenheit genommen war, die nach jedem Versuche alterierte 
Haut sich erst wieder erholen zu lassen, ist die Entstehung der 
Furunkulose einzig und allein zuzuschieben. 

Meist wurden an einem Tage zwei Versuche ausgeffihrt, der eine 
vormittags und der andere gegen Abend. Dabei konnte von einer 
Schonung der Haut nicht die Rede sein; sie wurde vielmehr an vielen 
Stellen rissig, und der Staphylococcus fand einen bequemen und 
sicheren Schlupfwinkel gegenuber den Desinfizientien, um so mehr, als 
ich leider unterlassen habe, die irritierte Haut meiner H&nde durch 
Behandlung mit indifferenten Pasten etc. in der richtigen Weise vor 
Schaden zu bewahren. 

Es spricht diese Folgeerscheinung der ktlnstlichen Infektion als 
Resultat einer Desinfektionsprflfung von dem eben prBzisierten Gesichts- 
punkte aus meines Erachtens durchaus nicht gegen die bisher mit den 
gleichen Desinfektionsldsungen erzielten Erfolge. 


Inhalt. 


Colin, Ludwig, Zur Kenntnis einiger Tre- 
matoden, p. 35. 

Engels, Eimge Hftndedesinfektionsversuche 
nach vorheriger kunstlicher Infektion der 
H&nde mit Micrococcus tetragenus und 
Staphylococcus pyogenes aureus, p. 84. 

Jensen, C. O., Experimen telle Unter- 
suchungen uber Krebs bei M&usen, p. 28. 

Jochmann, Georg u. Moltrecht, 20 F&lle 
von Bronchopneumonie bei Keuchhusten- 
kindern, hervorgerufen durch ein in- 
fluenza&hnliches St&bchen: Bacillus per¬ 
tussis Eppendorf, p. 15. 

XOppen, A., Tuberkulosestudien, p. 6. 

Mftller, Paul Theodor, Weitere Studien 
iiber das Laktoserum. III, p. 48. 

Omelianski, V., Beitr&ge zur Differential- 


diagnostik einiger pathogener Bakterien- 
arten, p. 1. 

Otto, R., Weitere Beitr&ge zur Aggluti¬ 
nation der Staphylokokken, p. 44. 

Pfeiffer, R. u. Priedberger, E., Weitere 
Beitr&ge zur Theorie der bakteriolyti- 
schen Immunitftt, p. 70. 

Rodella, A., Beitrag zur Frage der Be- 
deutung anaerober Bakterien bei Darm- 
krankheiten, p. 14. 

Turrd, R., Tarruella, J. u. Presta, A. r 

Die Bierhefe bei experimentell erzeugter 
Streptokokken- una Staphylokokkenin- 
fektion, p. 22. 

Zsohokke, F., Ein neuer Fall von Dipy- 
lidium caninum (L.) beim Menschen^ 
p. 42. 


Fromnunnach« Bochdruckerei (Hennann Pohle) In Jena. 

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le) in Jena. 

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tmtnlil. i. Bakt etc. I. JUrt. Irigiiali. H. XXXIV. Ha. 2. 


Nachdruck verboten. 

Beobacbtungen liber die Geisseln des Tetanusbacillus. 

[Aus dem hygienischen Institut d. Kgl. Universitat Turin. Direktor: 

Prof. Dr. L. Pagliani.] 

Von Dr. Silvio de Grand!. 

(Ins Deutsche libertragen von Dozent A. Wihlfahrt, Turin.) 

Mit 12 Figuren. 

Eine morphologische Eigentfimlichkeit des Tetanusbacillus, die 
GeiBeln, einer PrQfung zu unterziehen und sie auch in Verbindung mit 
ihrem funktionellen Aequivalent, der Bewegung, ins Auge zu fassen, schien 
mir eines gewissen Interesses nicht bar zu sein, eine Annahme, die ihre 
Berechtigung schon in der Tatsache findet, daB die wenigen Forscher, 
die sich bisher mit diesem Argument beschaftigt haben, zu sehr un- 
gleichen Schlflssen gekommen sind. 

Rudolf Schwarz beschrieb als erster im Jahre 1891 den Tetanus- 
bacillus und seine GeiBeln 1 2 ). Mit Material des Herrn Prof. Tizzoni, 
aus Bouillonkulturen unter H nach Fraenkel, forderte er mit der 
Loefflerschen Fftrbungsmethode eine einzige GeiBel zu Tage, die 
gebuchtet und 1—4mal so lang war, wie der Mikrobenkorper, und an 
einer seiner Extremitfiten oder aber seitwirts in ihrer Nahe sich vor- 
fand, leicht losgelost werden konnte und zur Zeit der Sporenbildung 
verschwand. 

Dieser Befund wurde erst 1895 von Kanthack und Connell 
nachgepriift. Ihre dabei erhaltenen, von den vorigen stark abweichenden 
Resultate kamen sozusagen erst 2 Jahre sp&ter durch ihre Publikation 
im Journal of Pathology and Bacteriology 1 ) zur allgemeinen Kenntnis 
und waren seiner Zeit auf Basis eines Agarstrichkulturen in Buchner- 
schen Rdhren entstammenden Materials erhalten worden, und dies in 
zwei verschiedenen Entwickelungsperioden, 4 und 14 Tage nach erfolgter 
Eins&ung. Nach diesen Autoren sind die Tetanusbacillen reich an GeiBeln, 
die zahlreicher (20—30) sind und feiner gekrummt, aber im Vergleich 
mit dem Bacillenkdrper weniger lang als die des Typhusbacillus. 

Einige dieser besitzen zwischen so beschaffenen GeiBeln, die unter- 
schiedshalber PrimhrgeiBeln genannt werden, noch 2 Oder 3 st&rkere 
und deutlich spirale GeiBelprozesse, die sogenannten Sekund&rgeiBeln. 

Wahrend erstere in jungen Kulturen zahlreicher zu sein scheinen, 
zeigen sich letztere in grSBerer Anzahl in den alten Kulturen, in welchen 
nach den genannten Autoren sich zuletzt nur noch Bacillen befinden 
mit einer einzigen SekundBrgeiBel und sp&rlichen, schattenahnlichen 
Ueberresten der PrimargeiBeln. Die gesporte Form ist gewOhnlich ohne 
GeiBeln oder weist nur in seltenen Fallen deren Spuren auf. 

Im Jahre 1898 kam W. Votteler beim Studium der Differential- 


1) Schwarz, R., Lo Bperimentale. 1891. No. 18. p. 378. 

2) Kanthack and Connell, The flagella of the tetanus bacillus and other 
contributions to the morphology of the tetanus bacillus. (The Journal of Path, and 
Bact. Vol. IV. 1897. No. 4 p. 462.) 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 7 


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98 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


diagnose der pathogenen Anaflroben*) bezflglich der Geifieln des 
Tetanusbacillus zu Schlflssen, die mit denen Kanthacks und Connells 
flbereinstimmten, doch schreibt er dem Bacillus eine bedeutend grofiere 
Anzahl (50—100) Geifieln zu, unterl&fit es aber auch gleichzeitig nicht, 
zuzugeben, dafi diese starken Schwankungen unterworfen ist. 

Bei diesem Pnnkte ist man stehen geblieben, und meines Wissens 
hat sich bis heute kein anderer Forscher direkt mit diesem Argumente 
beschaftigt. 

Die Verfasser der Lehrbflcher von 1891 bis heute stfltzen sich nun, 
wenn sie diese morphologische Eigentflmlichkeit nicht fiberhaupt voll- 
stfindig unbeachtet lassen, entweder auf die von dem einen Oder dem 
anderen Verfasser geaufierte Ansicht 

Nicht nnr vor 1895, sondern auch spater und selbst noch vor ganz 
knrzer Zeit linden wir Verfasser, die mit oder ohne Zitieren von Schwarz 
die Existenz einer einzigen Endgeifiel feststellten. Andere dann, die 
der Ansicht von der Vielfaltigkeit der Geifieln zuneigen, tun es mit 
Mifitrauen, ohne die Einzelheiten der Struktur und der Disposition der 
englischen Autoren zu acceptieren. 

So z. B. — um nur bei den bekannteren Autoren zu bleiben — 
spricht Flflgge in seinem Lehrbuch aus dem Jahre 1896 *) nicht von 
den Geifieln des Tetanusbacillus; ebenso schweigen sich hier fiber voll- 
stfindig aus: das Lehrbuch von Miquel und Cam bier 1 2 3 ) und das 
andere von Besson 4 ), beide aus dem Jahre 1896. Lehmann und 
Neumann bringen in ihrem Lehrwerke aus demselben Jahre beide 
Ansichten vor, unterlassen es dabei 5 ) aber, sich zu Gunsten der einen 
oder der anderen zu erkiaren. 

In dem klassischen System der Bakterien von Migula steht da- 
gegen ausdrflcklich, dafi der Tetanusbacillus mehrgeifielig sei, es aber 
seine besonderen Schwierigkeiten habe, dies zu beweisen, da die Geifieln 
an der Luft verloren gingen. 

Auf der anderen Seite haben wir dann das neueste Beispiel 
Gfinthers 6 ) und das samtlicher italienischer Autoren, ich zitiere nur 
z. B. Abba 7 ) und Perroncito 8 ), deren Lehrbflcher in diesem Jahre 
noch neu aufgelegt wurden und die samtlich von einer einzigen Geifiel 
reden. _ 


Angesichts einer solchen Meinungsverschiedenheit hielt ich es, wie 
ich bereits sagte, fflr angebracht, das Argument wieder aufzunehmen 
und es genaueren und weitgehenden Prflfungen zu unterziehen. 

Schwarz hatte sich bei seinen Experimenten nur der Bouillon- 
kulturen und einer einzigen Farbemethode, der Loefflerschen, bedient, 
wAhrend Kanthacks und Connells Versuche nur auf 4—14tagigen 
Agarstrichkulturen und der Farbemethode van Ermengems und der 
weniger bekannten Pitfields basiert waren. Beide arbeiteten nur mit 
einer Abstammung des Tetanusbacillus. 

1) Votteler, Wilhelm, Differentialdiagnose der pathogenen Anaeroben. (Zeit- 
schrift f. Hygiene. 1898. p. 480.) 

2) Flflgge, Die Mikroorganismen. Leipzig 1896. 

3) Miquel, P. et Cambier, R. Paris 1902. 

4) Besson, A., Technique microbiologique et s6rotherapique. Paris 1902. 

5) Lehmann und Neumann. Mflnchen 1896. 

6) Gtinther, Awiamento alio studio della batteriologia. Torino 1902. 

7) Abba, Manuale tecnico di microscopica e bacteriologia. Torino 1902. 

8) Perroncito, E., I parassiti deU’uomo e degli animali utrili. 1902. 


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Silvio de Grandi, Beobachtungen fiber die Geifieln des Tetanusbacillus. 99 


Meine Untersuchungen im hygienischen Institute des Herrn Prof. 
Dr. Pagliani erfolgten successiv an 2 verschiedenen Stammen von 
Tetanusbacillen. Der eine war seit ungefahr 1 Jabre im Institute und 
kam aus dem Laboratorium von Kr41, der andere wurde mir freund- 
lichst vom Institut fflr pathologische Anatomie des Herrn Prof. Dr. Foa 
flberlassen. Icb verwandte bei meinen Versuchen Bouillon- und Agar- 
strichkulturen, die unter H und in Bucbnerschen Rdhren entwickelt 
worden waren. Hiervon bereitete icb in den verschiedenen Entwicke- 
lungsperioden 20 Stunden bis 14 Tage alte Pr&parate — aus Bouillon- 
und Kulturpatine —; praparierte bis zum 6. Tage von 24 zu 24 Stunden, 
nachber sprungweise und mit grOfieren Zeitabstflnden. Die Beobachtungen 
wurden methodisch ausgefflhrt und bezflglich beider Tetanusbacillen ver- 
schiedener Abstammung wiederholt. 

Urn nun von vornherein Praparationsfehler zu vermeiden, bediente ich 
mich verschiedener Farbemethoden: namlich derjenigen von Loeffler, 
Morax und Nicolle, Gino de Rossi und Trenkmann einerseits 
und der van Ermengemscben andererseits. Wie bekannt, ist das 
Verfahren dieses letzten Autors und der iibrigen vollstandig verschieden, 
flberdies ist in denen von Gino de Rossi, Trenkmann und van 
Ermengem die Warmeeinwirkung vollstandig ausgescblossen. 

Gleichviel mit welcber Methode, waren die Resultate konstant und 
fflr jede Prflparatserie vergleichbar, d. h. fflr alle Prflparate, die Kul- 
turen eines bestimmten Alters in einem bestimmten Medium entstammten. 
Die erbaltenen Bilder wechselten von Methode zu Methode nur hinsieht- 
lich der Elarheit und Deutlichkeit, im flbrigen waren sie bis ins Einzelne 
identisch. In jeder Hinsicht die besten Ergebnisse erhielt ich mit der 
van Ermengemschen Methode, die auf der Reduktion der Silbersalze 
beruht, was der von Golgi zur Farbung der Geifieln verwendeten 
schwarzen Reaktion entspricht Sehr gute Resultate gab auch die 
Moraxsche Methode, wobei bemerkt sei, dafi die Zugabe eines Tropfens 
1-proz. Schwefelsaurelosung in die Moraxsche Beize ihre Wirkung be- 
deutend steigerte. 

Im Nachstehenden die Resultate: 

Der Tetanusbacillus ist bezflglich des Vorhandenseins und der Form 
der Geifieln sehr verschieden gestaltet, je nach seinem Alter und dem 
Mittel, in dem er gewachsen ist. 

In der ersten Zeit und in seiner vollstfindigsten Form prfisentiert er 
sich vollstandig von Geifieln umlagert, die an Zahl und Feinheit alle 
die der anderen Mikroorganismen flbertreffen. Sie finden sich auf der 
Lfingsseite des Mikrobenkflrpers und sind 1—l 1 / 1 mal so lang wie dieser. 
Gewohnlich stehen sie perpendikulfir zur Achse des Kdrpers und sind 
teils leicht gekrflmmt und fast gerade, teils gekrflmmt mit kurzen und 
naheliegenden Well ungen und schliefilich auch teilweise ausgesprochen 
spiral (s. Photogr. 1, 2, 3, 4). 

Was bei den Prfiparationen nach den verschiedenen Methoden noch 
am haufigsten ist, ist das Antreffen von Formen, die weit entfernt sind, 
ein flberzeugendes und klares Bild zu bieten. Gewohnlich sehen wir die 
Geifieln unter der Form einer konfusen Masse um den Bacillus herum, 
die die Farbung und der Metallniederschlag en bloc traf, oder unter 
Form eines verwirrten Knauels, der hier und da Verzweigungen zu 
besitzen scheint (s. Photogr. 5). Angesichts der Anzahl und der Dflnne 
der Geifieln ist dies ja leicht verstandlich. In den sorgsam ausgefflhrten 
Praparaten bleibt einem aber immer ein Feld, in dem die Bacillen- 

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Fig. 1 und 2. Bac. tet. mit zahlreichen feinen Geifieln (I. Form). — Isolierte 
Elemente verechiedener Lange. — Aus 2-tagigen Agarstrichkulturen. — Farbung nach 
Morax und Nicolle. 

Fig. 3. Bac. tet. mit Geifieln (I. Form). — Vollstandig entwickeltes Element. 
— Aus 44-stiindiger Bouillonkultur (innerhalb Buchnerscher Tuben). — Farbemethode 
van Ermengem. 

Fig. 4. Kurzer, wahrscheinlich aus 2 Elementen zusammengesetzter Faden 
(Geifieln I. Form). — Aus 44-stiindiger Bouillonkultur. — Farbemetnode van Er¬ 
mengem. 

Fig. 5. Zwei kurze Bac. tet. (Geifieln der I. Form mit anscheinender Veraste- 
lung). — Aus 48-stiindigen Agarstrichkulturen. — Farbung nach Morax und Nicolle. 

Fig. 6. Faden verschiMener Lange (Geifieln der I. Form). — Aus 20-stiindiger 
Bouillonkultur. — Farbung mit moditizierter van Erinengemscher Methode (sear 
starker Niederschlag des Metallsilbers auf den MikrobenkSrper und die Geifieln). 


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Silvio de Grandi, Beobachtungen iiber die GeiBeln des Tetanusbacillus. 1Q1 







Fig. 7. Langer Faden (GeiBeln der I. Form). — 44-stundige Bouillonkultur. — 
Farbemethode van Ermengem. 

Fig. 8. Bac. tet. mit gelichteten GeiBeln (II. Form). — Aus 3-tagiger Agarstrich- 
kultur. — Koloration van Ermengem. 

Fig. 9. Bac. tet. (II. Form). — Einzelne Elemente und rechts kurzes Filament. 

— Aus 4-tagiger Agaretrichkultur. — Farbung nach Morax und Nicolle. 

Fig. 10. Bac. tet., in dem die Flagellen zu Tage treten (III. Form). — Aus 4- 
tagiger Agaretrichkultur. — Farbung nach van Ermengem. 

Fig. 11. Bac. tet. mit Flagellen (III. Form). — Aus 4-tagigen Bouillonkulturen. 

— Farbung nach van Ermengem. 

Fig. 12. Bac. tet. mit beginnender Sporenbildung (GeiBeln, die das Uebergangs- 
stadium von der I. zur II. Form zum Ausdrucke bringen). — Aus 44-stiindigen Bouil¬ 
lonkulturen. — Farbemethode van Ermengem. 


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102 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


formen vollst&ndig ausgestreckte und regelmafiig disponierte Geifieln 
haben, was ermoglicht, ihrem Laufe zu folgen. 

Verwandte ich bei der Methode van Ermengems eine bedeutend 
stflrkere SilbernitratlQsung, als solche der Erfinder selbst angiebt (2-proz.), 
so erhielt ich Pr&parate, in denen die Geifieln in ihrer vollen Grdfie 
erhalten blieben und die Eigentflmlichkeiten einer jeden einzelnen wahr- 
zunebmen waren. Es sind dies Formen, bei denen der MikrobenkOrper 
infolge des aufiergewflhnlichen Niederschlages des Silbermetalles un- 
gemein angewachsen ist, wobei dasselbe, indent es den besagten Korper 
quasi wie in eine Scheide einhflllt, den Ursprung und das erste Stflck 
der Geifieln verdeckt. Das unbedeckt bleibende Stflck der Geifieln tritt 
infolge seiner aufierordentlich intensiven F&rbung deutlich individualisiert 
hervor, ohne Spur von Verzweigung und mit den obengenannten Eigen- 
tfimlichkeiten (s. Photogr. 6). 

Es hS.lt sehr scbwer, die Zahl solcher Geifieln festzustellen, beson- 
ders da der Tetanusbacillus sehr verschieden lang ist; besonderen 
Schwierigkeiten begegnet aber eine solche Aufstellung, wenn der Ba¬ 
cillus die oben beschriebene Form angenommen hat, da er sich dann zu 
kurzen oder langen Fflden vereinigt, in denen die einzelnen Elemente in 
keiner Weise mehr zu unterscheiden sind. Will man also eine Berech- 
nung anstellen, so begegnet man nicht nur Schwierigkeiten und Irr- 
tfimern, die durch die Anzahl und die Dflnne der Geifieln bedingt sind, 
sondern man verf&llt auch leicht in den Fehler, sich bei dieser Berechnung 
insofern zu irren, als man zu diesem Zwecke eine nicht vollsUndig ent- 
wickelte oder eine aus mehreren Elementen zusammengesetzte Form 
untersucht. — Trotzdem aber glaube ich nicht zu fibertreiben, wenn ich 
einem Tetanusbacillus in voller Entwickelung 50—70 Geifieln zuweise 
(s. Photogr. 1 u. 3). 

In einer zweiten Periode nimmt der Tetanusbacillus bezflglich der 
Geifieln gradweise, aber rasch ein anderes Aussehen an. Ein Teil der- 
selben trennt sich ab und verliert sich; die fibrigen, ungefahr 20—30, 
werdeu allmahlich dflnner, verlflngern sich bis zur 2—3fachen Lfinge des 
Bacillus, verlieren die erwflhnte spirale oder enggebogene Disposition 
vollstandig und bieten vielmehr ein stark gewundenes Aussehen dar (s. 
Photogr. 7 u. 8). Alles in allem nflhert sich der Tetanusbacillus in 
diesem Moment seiner Form nach dem Typhusbacillus, unterscheidet sich 
aber von ihm durch die Anzahl und die grdfiere Dflnne der Geifieln. 

In den diese zweite Form aufweisenden Praparaten linden sich 
zahllose abgetrennte und im Felde zerstreute Geifieln, die in den gut 
angefertigten Praparaten der ersten Form fehlen. 

Eine dritte Form des Tetanusbacillus wird durch das Erscheinen 

4 'ener Elemente charakterisiert, die Kanthack und Connell „se- 
cun dare Geifieln u nannten. Es handelt sich dabei um jene Pro- 
dukte, die als Ergebnis der Vereinigung verschiedener Geifieln oder der 
bedeutenden Verdickung einzelner Geifieln erklflrt werden und nach 
Loeffler 1 ) seit dem Jahre 1900 unter dem Namen „Wimperhaare“ 
und „Haarzopfe“ gefflhrt werden, wahrend sich in Italien der Name 
„Flagellen u eingebflrgert hat, der leider unrechterweise auf alle Geifiel- 
prozesse ausgedehnt wurde. Genau wie der Uebergang von der ersten 
zur zweiten Form, geht auch das Erscheinen solcher Flagellen im Tetanus- 


1) Loeffler, Eine neue Methode zum Farben der Mikroorganismen und besondera 
ihrer Wimperhaare und Geifieln. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 1899. August.) 


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Silvio de Grandi, Beobachtungen fiber die GeiBeln des Tetanusbacillus. IQS 


bacillus gradweise vor sich. Das Pbotogr. 10 zeigt, wie in einem Tetanus- 
bacillus der zweiten Gruppe sich Geifielbiischel in 4 Richtungen verteilen 
und dies derart, daB sie sich schlieBlich nach erfolgter Verstrickung und 
Yerwirrung zu separaten Elementen ausbilden. Unten und rechts tritt 
eine dieser schon klar individualisierten Flagellen deutlich hervor. Sie 
sehen aus wie Faden, doch sind sie viel dicker und langer als die 
GeiBeln, engspiralformig, wie verwickelt, steif und haben eine einzige 
korkzieherartige Richtung. Bei ihrem Erscheinen sind sie zahlreich, 
niemals aber mehr als 4 pro Bacillus; spater nehmen sie in einer Weise 
an Zahl ab, daB schlieBlich zu einem gewissen Zeitpunkte die meisten 
Bacillen nur eine einzige aufweisen. Gleich bei ihrem Erscheinen er- 
fahren die GeiBeln eine bedeutende Verminderung, was sich aus ihrem 
wahrscheinlichen Formationsmodus leicht erklaren laBt. Ihr Verschwinden 
Oder das langsame ZerflieBen in dickere Flagellen bedeutet das voll- 
standige Verschwinden der GeiBeln, so dafi man also in den alten Ele¬ 
menten mit einem einzigen Wimperhaar gewdhnlich keine Spuren von 
GeiBeln entdeckt. 

In dieser Periode sind die GeiBeln vollstandig verschwunden, und 
die Bacillen nahe daran, der Sporenbildung anheimzufallen. 

Wahrend nun ein Anfang von Sporenbildung sich nicht nur bei 
den Flagellenformen zeigen kann, sondern sogar selbst in Uebergangs- 
formen aus der ersten in die zweite Gruppe (s. Photogr. 12), so ist da- 
gegen die vollstandige Sporifikation ein Kennzeichen der absolut glatten 
Formen. 

Wir sehen also, daB der Tetanusbacillus in der Periode, die der 
Sporenbildung vorangeht, mit GeiBeln erscheint, die sich, sei es nun 
durch Verlust oder durch Veranderung der Elemente, modifizieren und 
uns also gestatten, drei aufeinanderfolgende, genau unterschiedene und 
unter sich durch Uebergangsformen verbundene Formationen zu er- 
kennen, die da sind: 

Eine erste Form mit zahlreichen und feinsten GeiBeln an den Langs- 
seiten des Mikrobenkorpers. 

Eine zweite Form mit gelichteten und nicht so feinen, aber langeren 
und gewundenen GeiBeln. 

Eine dritte Form mit langen, verschlungenen, steif aussehenden Fla¬ 
gellen (Wimperhaaren) und immer sparlicheren GeiBeln. 

Die erste Form beobachtet man in den Eulturen innerhalb der 
Buchner sehen Rohren bis zum 2. Tage in Bouillon und bis zum 3. 
im Agarausstrich. Gerade wie es nun zu einer Seltenheit gehdrt, diese 
Form auch spater zu linden, ist es auch aufierst selten, in der ersten 
Periode Formen der anderen Gruppen zu begegnen. Von der ersten 
Periode an schliefien sich die anderen Formen direkt an, in einer Weise 
aber, dafi man folgende Perioden unterscheiden kann, in denen die ein- 
zelnen Formen vorherrschen. So z. B. sind am 3. Tage in Bouillon 
und am 4. Tage in Agar die Formen mit gewundenen GeiBeln vor- 
herrschend, wahrend am 4. Tage in Bouillon und am 5. und 6. Tage in 
Agar die Formen mit grofien Flagellen fast exklusiv sind. Danach erhalt 
man nur noch Bacillen, die immer schwacher und schwacher mit Geifiel- 
prozessen besetzt sind, so daB am 10. Tage in den beiden Kulturboden 
nur noch einige Elemente eine oder mehrere Flagellen oder ein BQschel 
kurzer und undeutlicher GeiBeln aufweisen. 

Die Zeitdifferenz, welche sich zwischen den beiden Befunden der in 
den zwei Bdden befindlichen Eulturen ergeben hat, scheint mir wohl dem 


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104 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Umst&nde zugeschrieben werden zu mflssen, dafi bei den Bouillonkulturen 
der anaerobische Zustand eher und vollst&ndiger erreicht wird. In der 
Tat bemerkte ich nnn auch, dafi die angefflhrte Differenz verschwand, 
sobald icb die Agarausstricbkulturen in den Bucbnerschen Rdhren 
vor Einsetzung in den Brntapparat 24 Stnnden lang im Kflhlen hielt, 
derart, dafi der Sauerstoff in gebiihrender Weise in dem Moment ab- 
sorbiert wurde, in welchem die Entwickelung der Kultur begann. Aufier- 
dem fand ich, sobald ich die Kulturen in Bouillon unter H, anstatt in 
den Buchnerschen Rdhren, entwickelte, dafi in ihnen scbon nach 
40 Stnnden die Flagellenformen in grofier Zahl existierten, die, wie ich 
schon sagte, in den in Buchnerschen Rdhren stehenden Kulturen erst 
am 3. Tage erscheinen und nicht frtther als am 4. Tage vorherrschen. 

Die exklusive Gegenwart der Formen mit zahlreichen Geifieln in 
den ersten Tagen, das Vorherrschen der anderen in den nachfolgenden 
Perioden der Kulturentwickelung, der zu Tage getretene Zusaramenhang 
zwischen dem Erscheinen solcher Formen und der Beschleunigung oder 
Versp&tung in der kulturellen Entwickelung machen es klar, dafi es sich 
hier nicht urn verschiedene Formen handelt, die der Tetanusbacillus ohne 
Unterschied annehmen kann (wie dies Votteler glaubte), sondern 
urn wirkliche, aufeinander folgende Entwickelungsstadien (wahrscheinlich 
involutive), von denen das erste auch zeitlich genau unterschieden ist, 
wflhrend die iibrigen zu rasch aufeinander folgen und wahrscheinlich in 
ungleicher Weise bei den einzelnen Bacillenelementen. 

Diesem scheint aber die bekannte Tatsache zu widersprechen, dafi 
nfimlich in den Kulturen schon nach 36 oder 48 Stunden (unter H) sponge 
Formen auftreten, welche also in dieser kurzen Zeit die ganze vor- 
beschriebene involutive Entwickelung hfitten durchmachen mflssen. Ab- 
gesehen aber ganz davon, dafi es mir gar nicht so schwer ankommt, 
zu glauben, dafi einige Elemente den anderen gegenflber eine raschere 
Entwickelung aufweisen konnten, mufi ich noch erwflhnen, dafi fast alle 
von mir in dieser Periode beobachteten sogenannten gesporten Bacillen 
weit davon entfernt waren, das wahre Aussehen der resistenten Form 
des Tetanusbacillus zu bieten. Es handelt sich um St&bchen, die fast 
immer 1 anger als gewdhnlich sind und gegen das eine Ende zu eine 
keilfdrmige, nicht stark hervortretende Schwellung zeigen, mit einem 
starker lichtbrechenden Punkt. Jenseits dieser Schwellung ist haufig 
noch das letzte glatt abgeschnittene Ende des Bacillus sichtbar. Diese 
Formen mit einfachen Anzeichen von Sporenbildung folgen, wie ich schon 
erwflhnte, bezflglich der Geifieln der Evolution der anderen Bacillen 
(Photogr. 12). _ 


Die Beobachtungen von Kanthack und Connell bleiben im 
wesentlichen bestfltigt, werden teilweise aber erweitert und in einigen 
Einzelheiten modifiziert. 

Der Tetanusbacillus ist wirklich vielgeifielig und zeigt sich in den 
nachfolgenden Perioden unter den von ihnen beschriebenen Formen; 
doch sind diese Formen nicht die einzigen, noch sind sie in alien Einzel¬ 
heiten genau zur Geltung gebracht. 

Die erste, wahre und vollstflndige Form des gegeifielten Tetanus¬ 
bacillus mufite notwendigerweise den beiden zitierten Autoren entgehen, 
die 4- und mehrtflgige Agarstrichkulturen verwandten. Tats&chlich 
existiert in ihrer Arbeit keine diesbezflgliche Andeutung, und die von 
ihnen als vollstMndig erachtete Form entspricht hinsichtlich Beschreibung 


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Silvio de Grandi, Beobachtungen aber die GeiBeln dee Tetanusbacillns. 105 

ond Photogramm g&nzlich derjenigen, die ich die Form mit gelichteten 
GeiBeln nannte. 

Da sie nun aber ihre Beobachtungen auf Kulturen in einem ein- 
zigen N&hrboden ausgefflhrt batten, welche ziemlich fernliegenden Ent- 
wickelungsperioden (4 und 14 Tage) angehbrten, so erlaubte gerade 
dieser Umstand ihnen nicht, mit der gebflhrenden Sicherheit 1 ) das zeit- 
liche Aufeinanderfolgen der verschiedenen Formen darzulegen und um 
so weniger die Perioden der kulturellen Entwickelung zu pr&zisieren, die 
sie durchmachen. 

Wenn sie dann behaupten, dafi die F&den weiter auseinander 
stehende und feinere GeiBeln haben als die isolierten Bacillen, so ver- 
fallen sie einer Ungenauigkeit. Die Pbotogramme 4, 6, 7 zeigen fflr die 
erste Form und das Photogramm 9 fflr die zweite deutlich, daB die 
FSden den ihnen eigenen kulturellen Entwickelungseigentfimlichkeiten 
entsprechen. 

Auch scheint mir ihre Vermutung, daB einige Formen der Flagellen- 
bildung entgehen, indem sie aus der fflr sie vollst&ndigen Form mit 
gelichteten GeiBeln in die gesporte, glatte flbergehen, nicht bestfitigt; 
eine Vermutung, die sie fflr berechtigt hielten, weil sie Bacillen mit 
Anzeichen von Sporenbildung angetroffen hatten, die nur von dflnnen 
GeiBeln besetzt waren. Ich fflr meinen Teil habe gefunden, wie ich 
wiederhole, daB solche Formen die gewohnliche StraBe wandeln und zur 
bestimmten Zeit auch Flagellen aufweisen. 

Dagegen habe ich keine Elemente gehabt, die es mir gestattet 
batten, ihre Beobachtungen zu best&tigen oder zu bek&mpfen, die sie 
auf der Basis von mit der van Ermengemschen Methode erhaltenen 
Befunden (die auch ich sebr oft anwandte) gemacht hatten, nach welchen 
Befunden es vollst&ndig klar ware, dafi der Tetanusbacillns von einer 
von den GeiBeln perforierten Kapsel umgeben ist, welche eine direkte 
Dependenz des Protoplasmas der Bakterienzellen darstellt. 

Votteler, der offenbar seine Nachforschungen angestellt hat, ohne 
die Arbeit von Kanthack und Connell zu kennen, und flberdies 
keine systematischen Beobachtungen ausfflhrte, gibt uns ziemlich unvoll- 
stfindige Beschreibungen. Aus ihnen und besser noch aus seinen Photo* 
grammen entnehmen wir, daB es ihm gelungen ist, die erste Form mit 
zahlreichen — dichten — GeiBeln und die zweite mit stark gelichteten 
GeiBeln zu beschreiben, aber nicht die dritte mit GeiBeln. Aufierdem 
kam er zu dem Schlusse, daB man bezfiglich derselben an einen Poly- 
morphismus des Tetanusbacillus glauben mflsse, womit er es also unter- 
liefi, den Zusammenhang hervorzuheben, der zwischen den einzelnen 
Formen existiert. 

Die Resultate von Schwarz kann man nicht dadurch erkl&ren, dafi 
man einfach annimmt (wie dies Kanthack tut), daB er auf ein- 
flagellige Formen geraten sei, und auch nicht, indem man einfach be- 
hauptet — wie dies Votteler sich gestattet — daB die von ihm ver- 
wandte F&rbemethode ungenflgend sei; eher schon, wenn man beide 
Punkte zusammenfafit. Schwarz gebrauchte in der Tat 2-t&gige 
Bouillonkulturen unter H. Unter solchen Verhfiltnissen kann der Te* 
tanusbacillus wohl Flagellen aufweisen, aber immer auch GeiBeln, die 


1) Kanthack and Connell, loc. cit p. 454: „so far as we are able to judge, 
the young'est forms possess only the thin, primary processes: subsequently thicker ones 
appear . . . . It seems that the primary flagella are the first to disappear . . . 


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Contralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


eine gute Ffirbemethode ans Tageslicht geffirdert hfitte. Nun steht es 
aber aufier Frage, dafi die Loefflersche Methods in der Gestalt, wie 
sie von Schwarz angewandt wurde, d. h. mit dem Zusatze von Natrium- 
hydrat zur Beize, zur Ffirbung der fiufierst feinen Geifieln des Tetanus- 
bacillus durcbaus nicbt geeignet ist. Die Kulturen dieses Bacillus haben 
eine scbarfe alkaliscbe Reaktion, und da ist es natfirlich, daran zu 
denken, dafi die Beizung der Bacillenelemente dann starker eintritt, 
wenn die Beize sauere Reaktion besitzt. Icb habe aucb bereits darauf 
hingewiesen, dafi der Zusatz von H 2 S0 4 zur Moraxscben Beize (die 
auch die Loefflersche ist) die Einwirkung stark fhrdert. Schwarz 
befand sich somit in ungfinstigeren Beobachtungsverhaltnissen, und das 
wird wohl der Grund gewesen sein, weshalb es ihm nur gelang, einige 
der grofien Flagellen des Tetanusbacillus zu farben, nie aber die dfinnen 
Geifieln. _ 


Angebracbt scheint es mir auch, einige Worte fiber die Prfiparations- 
technik vorzubringen, nicht nur weil in dieser Hinsicht ein Satz Mi- 
gulas (in Migulas System der Bakterien) „viele Geifieln, peritrich 
geordnet, aber nicht sichtbar, da sie, wie es scheint, an der Luft ab- 
geworfen werden ...ins Auge ffillt, mit anderen Worten gesagt, dafi 
es fast unmdglich ist, die Geifieln des Tetanusbacillus nachzuweisen, 
sondern auch, weil mir einige im Laufe meiner Untersuchungen ge- 
machte technische Erfahrungen bemerkenswert zu sein scheinen. 

Vor allem kann ich hier nicht umhin, den Resultaten Migulas 
gegenfiber zu bemerken, dafi der Nachweis der Tetanusgeifieln keine 
grfifieren Schwierigkeiten hat als der anderer, und dafi ich konstatieren 
konnte, dafi man auch aus Material, das .bis zu 3 Tagen im Wasser und 
an der freien Luft suspendiert war, noch sehr gute Resultate zu erhalten 
vermochte. 

Alle von mir streng nach Angabe der Erfinder gehandhabten Me- 
thoden gaben zum mindesten gute Resultate. 

Eine wichtige Rolle schien mir die Vorsorge zu spielen, mit der 
das Material, auf dem Deckglfischen gesammelt, ausgebreitet wird. Es 
kann nie genug wiederholt werden, dafi die Verdfinnung der Kultur- 
patine oder des Bouillontropfens mit der grfifiten Geschicklichkeit und 
in den ndtigen Proportionen ausgeffihrt werden soli, da man im fertigen 
Prfiparate nur wenige und isolierte Formen haben mufi, dafi ferner das 
Deckglfischen vollstfindig rein gehalten werde, derart, dafi der Flfissig- 
keitstropfen sich fiber seine ganze Oberflfiche gleichmfifiig verteilt und 
die Eintrocknung des Materials langsam an der Luft oder im Brfitkasten 
vor sich geht, und dafi schliefilich die Fixation mittels der Flamme ver- 
mieden werden mufi. 

Eine besondere Berficksichtigung verdient die Prfiparationstechnik 
der Bouillonkulturen. Allerseits wurde darfiber geklagt, dafi solche Prfi- 
parationen schlechte Resultate ergeben, und zwar wegen der albuminoiden 
Substanz, welche nfitigerweise die Bacillen begleitet und deren Form 
entstellt, indera sie sich auf sie und urn sie herum niederschl&gt und 
ffirbt. Ich dagegen habe festzustellen vermocht, dafi dies in keiner 
Weise der wirklichen Tatsache entspricht, oder wenigstens, dafi wir zur 
fast vollstfindigen Vermeidung des vorgenannten Uebelstandes ein ganz 
einfaches und sicherlich nicht nur beim Tetanusbacillus verwendbares 
Mittel besitzen. Den Beweis hierffir erbringen die Photogramme 3, 4, 
6, 7, 11, 12, welche Bouillonkulturprfiparaten entstammen, die aller- 


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Silvio de Grand i, Beobachtungen fiber die GeiBeln des Tetanusbacillus. 107 

dings keinen sauberen Grand haben, in denen aber trotzdem die Beob- 
achtnng der Elemente mir nicht im geringsten gestdrt erschien, wenn- 
gleich weder an den Elementen noch am Grunde die geringste Re- 
touche vorgenommen worden ist. Um dies zu erreichen, gentigt es, 
dafi der zur Beobachtung verwandte Kulturtropfen so reich an Bacillen 
ist, dafi er eine ziemlich starke VerdQnnnng gestattet. Nach solchem 
Vorgehen wird man im Prfiparate eine nicht zu spfirliche Anzahl von 
Bacillenformen und fiufierst geringes albuminoides Material haben. Eul- 
turen, die solches Material liefern, werden wir erhalten, wenn wir be- 
sonders zwei Punkte beachten, d. h. dieselben ausgiebig einsfien und 
sie unter den besten Verhfiltnissen (entsprechende Bouillonreaktion, 
Temperaturoptimum etc.) sich entwickeln lassen. 


Im Verlaufe dieser Beobachtungen habe ich nicht verfehlt, von jeder 
Eultur solche Prfiparate im hfingenden Tropfen zuzubereiten, die im 
stande waren, die Bewegungsffihigkeit des Tetanusbacillus darzutun. 
Wie bekannt. wird allgemein angenommen, dafi derselbe nur wenig be- 
weglich ist; einige Autoren (z. B. Vasseler) gehen sogar so weit, 
diese Bewegungsffihigkeit fast auf ein Nichts zu reduzieren. Aus 
meinen Beobachtungen hingegen geht hervor, dafi die meisten Tetanus- 
bacillen, abgesehen von der Molekularbewegung, vollstfindig immobil 
sind, auch in nicht gesportem Zustande, dafi einige wenige Formen eine 
langsame and unbedeutende Bewegung haben, nfimlich den Lagewechsel 
eines ihrer Enden und eine leichte seitliche Oscillation, und dafi es 
schliefilich nur ganz ausnahmsweise mbglich ist, einige gewdhnliche kurze 
Formen anzutreffen, die mit wirklicher Translations-Bewegungsffihigkeit 
ausgestattet sind. 

Angesichts der grofien Anzahl von Geifieln, die als Bewegungs- 
organe angesehen werden, und ihres Bestehens auch in Zeitperioden, 
in denen die anderen Bakterien solche nicht mehr aufweisen, stfifit eine 
Erklfirung auf nicht unbedeutende Schwierigkeiten. 

Es kam mir der Gedanke, dafi diese Tatsache von den Beobach- 
tungsbedingungen abhfingen kdnne. Ich wechselte also Natur und Re- 
fiktion des Suspensionsliquids, sowie Temperatur, aber ohne Resultat 
Daraufhin entschlofi ich mich, meine Zuflucht zur Beobachtung und 
Eultur im hfingenden Tropfen im anaeroben Zustande zu nehmen. Es 
ist bekannt, dafi andere Anaeroben und absolute Anaeroben sich unter den 
gewbhnlichen aSroben Beobachtungsverhfiltnissen im hfingenden Tropfen 
fiir einige Zeit mobil zeigen; deshalb mufite ich selbstverstfindlich den 
Erfolg bezweifeln. Doch versuchte ich es angesichts der von Eanthack- 
Connell gefiufierten Ansicht 1 ), dafi nfimlich ein Apparat, der die Beob¬ 
achtung im hfingenden Tropfen unter anaSroben Verhfiltnissen gestatten 
wfirde, wahrscheinlich die Beweglichkeit des Tetanusbacillus dartun 
kdnnte. 

Die gewbhnlichen Versuche bezQglich Absorbierung des Sauerstoffs 
vermittelst Natriumpjrogallsfiure erwiesen sich sofort als ungenfigend; 
Afiroben und Anaeroben verhalten sich dabei fast ganz wie in den ge- 
wohnlichen Objekttrfigern, weil in ihnen die Absorbierung des Sauer¬ 
stoffs langsam, gradweise und niemals vollstfindig ist. 

Ich habe darum die Probe mit einer kleinen Zelle wiederholt und 


1) loc. cit. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2. 


meine Beobachtungen dabei in Wasserstoffatmosph&re angestellt, die 
meiner Ansicht nach vollstfindig zweckentsprechend ist und von mir in 
der Rivista d’lgiene. 1902 bescbrieben wurde. Ich babe da tagelang die 
Entwickelung und die Mnltiplikation der in den Bouillontropfen einge- 
sftten Tetanuskeime bis zur Sporenbildung verfolgt und konnte niemals 
eine Vermehrung ihrer Beweglichkeit konstatieren. 

Die Tatsache bleibt also sonderbar und schwierig zu erklfiren, wenn- 
gleich nicht allein dastehend. Es scheint in der Tat, dafi unter den nicht 
pathogenen Bakterien einige Geifieln sich mit geringem oder keinem Be- 
wegungsvermflgen ausgestattet erweisen (Klein). Das kann aber doch die 
allgemeine Ansicht nicht entkr&ften, dafi nfimlich die Geifieln Bewegungs- 
organe seien, verdiente aber meines Erachtens immerhin zur allgetneinen 
Kenntnis gebracht zu werden, und zwar nicht zum wenigsten, weil es 
einen logischerweise auf den Gedanken bringen kann, dafi in bestimmten 
Bakterien die Geifieln ihre Funktion ganz oder teilweise verloren haben, 
und schlieBUch dartut, wenn dies erforderlich ware, dafi die Anzahl der 
Geifieln nicht die geringste Beziehung hat zur Bewegungsstarke. 

Ich betrachte es zum Schlusse als einen Akt dankbarer Pflicht- 
erfflllung, wenn ich an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Pagliani und 
seinem Assistenten, Herrn Prof. Dr. Batarelli, fflr die mir im Laufe 
meiner Arbeit erteilten Ratschlfige und Hilfeleistungen meinen besten 
Dank abstatte. 


Nachdruck verboten. 

Ueber eine bewimperte Micrococcusform, welche in einer 
Septikamie der Kaninchen gefunden wurde. 

Von 6. Catterina, Priv.-Doz. fflr Bakteriologie an der kgl. Universitat 

Padua. 

Mit 4 Figuren. 

Mehrere Jahre sind seit den ersten Befunden von verschiedenen 
pathogenen Formen, welche Septikamieen bei Kaninchen erregen, bereijtg 
verstrichen. 1872 impfte Davaine 1 2 ) in Ffiulnis flbergegangenes Rinder- 
blut den genannten Tieren ein und erhielt eine Septikamie, welche audi 
Koch*) 6 Jahre spater nach Inokulation von Saft faulenden Fleisches bei 
denselben Objekten hervorzurufen vermochte. Das rings um die Impfstelle 
sich bildende Oedem sowie das Blut enthielten Haufen von eifdrmigen 
Mikrokokken, welche im stande waren, die Krankheit auf andere Kaninchen 
und auf Mause zu flbertragen; der von den genannten Autoren bei beiden 
Tierarten beobachtete klinische Zustand stimmte vollkommen mit jenem 
flberein, den man erhalt, wenn man den Micrococcus cholerae 
gallinarum diesen Tieren einimpft. 

Eine weitere Septikamie, welche in ihren Wirkungen der oben er- 
wahnten sehr ahnlich ist, erhielt Daren berg 3 ), als er Tuberkelprodukte 
einigen Kaninchen einimpfte. Diese Septikamie von epidemischem Charakter 
war einem eifdrmigen Micrococcus zuzuschreiben, der haufenweise 


1) Davaine, Rdcherchee but quelques questions relatives & la septic&nie. (Bullet, 
de l’Acad. de m4d. 1872.) 

2) Koch, Ueber die Aetiologie der Wundinfektionskrankheiteu. Leipzig 1878. 

3) Darenberg, Note sur une septic^mie du lapin. (Soc. de biol. 1886. p. 457.) 


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C atterin a, Ueber eine bewimperte Micrococcusform etc. 


109 


oder aach zu Ketten aneinandergereiht auftritt, Gelatine nicht verflQssigt 
nnd einer Temperatur von 55 0 C, ohne seine Virulenz einzubfifien, recht 
gat zu widersteben vermag. 

Eine spontane Kaninchenseptikamie wurde im Jahre 1887 von 
Smith 1 ) und eine andere 1888 von Thoinot und Masselin 2 3 ) studiert; 
beide waren von dem gleichen Mikroorganismus hervorgerufen, dessen 
Wirkungsweise jener des oben genannten Micrococcus cholerae 
gallinarum sehr ahnlich ist. 

Im Jahre 1888 beschrieben Eberth und Schimmelbusch 8 ) eine 
Septikamie bei Wieseln und wilden Kaninchen, die ahnlich den von den 
frfiheren Autoren beobachteten war und gleichfalls von einem eiformigen 
Micrococcus hervorgerufen war, der bei Hfihnern nicht pathogen ist 
Endlich wurde das Jahr darauf von L u c e t 4 ) eine Septikamie beobachtet, 
welche, den frfiheren ahnlich, ebenfalls von einem Micrococcus be- 
dingt war, der bald einzeln, bald paarweise auftreten kann und Gram 
widersteht 1890 studierte Eberth selbst mit Maudry 5 * ) eine Kanin- 
chenseptikamie, die mit jener oben erwahnten von Smith und von 
Thoinot und Masselin beobachteten vollkommen identisch war. 


Im Dezember vorigen Jahres bot sich nun auch mir Gelegenheit, 
eine Kaninchenseptikamie zu studieren, deren besondere Merkmale, 
namentlich was den pathogenen Erreger betrifft, mir einer Mitteilung 
wert erscheinen. Damals wurden mir zu wiederholten Malen tote Kaninchen 
gebracht, bei welchen ich folgende pathologisch-anatomische Verletzungen 
vorfand: Hypertrophie und Schwarzfarbung der Milz; reichliches Coagulum 
in den Herzhdhlen und braune Farbung des Blutes. Die Parenchym- 
gewebe aller untersuchten Organe und das Blut zeigten unter dem 
Mikroskope reichliche Mengen von Mikrokokken, welche vorwiegend isoliert 
auftraten. 

Bei den Kulturen, welche mit dem den verschiedensten Organen 
entnommenen Material angestellt wurden, erhielt ich die Entwickelung 
des bereits in den toten Kaninchen beobachteten Micrococcus. Die 
verschiedenen Kulturmerkmale lassen sich nachstehend zusammenfassen: 

Die durch Einstich in Gelatine vorgenommenen Kulturen sind 
charakteristisch; schon nach 3 Tagen erschienen bei 22° C langs der 
von der Nadel durchsetzten Strecke ganz winzige, zu dieser mehr oder 
weniger schrfig gestellte Faden, die starker in den tieferen Schichten 
des Substrates entwickelt waren. Die weifiliche Kolonie an der Ober- 
flSche erschien unregelmfifiig warzig und ihre Mitte erhob sich fiber die 
Gelatineflache, welche niemals verflQssigt. Auf Gelatineplatten bekommt 
man bei 22° C binnen 3—5 Tagen eine Entwickelung von Kolonieen 
sowohl in den oberflfichlichen als auch in den tieferen Schichten; die- 
selben sind unregelmafiig, amdboid; von ihrer Peripherie gehen zahl- 


1) Smith, Th., A contribution to the study of the microbe of rabbit septicoemia. 
(The Journ. of comp. med. T. VIII. 1887. p. 24.) 

2) Thoinot et Masselin, Septicoemie spontan£e des lapins. (Precis de micro- 
biologie. Ed. II. 1894. p. 402.) 

3) Eberth und Schimmelbusch, Fortschr. d. Med. Bd. VI. 1888. p.295, und 
Virchows Archiv. Bd. CXVI. 1889. p. 327. 

4) Lucet, Bur une nouvelle septicoemie du lapin. (Annal. de l’lnstit. Pasteur. 
1889. No. 8.) 

5) Eberth und Mandry, Die spontane Kaninchenseptikamie. (Fortschr. d. Med. 

Bd. VIII. 1890.) 


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110 


Centralbl. f.JBakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


reiche kurze F&dchen aus. Die Oberfifichenkolonieen erbeben sich mit 
dem Zentrum des Nahrsubstrates und wachsen auch rascher. 

Eine Auss&ung auf Agaragar gibt bei 37 0 C schon nach 24 Stunden 
isolierte Kolonieen, welche eine ausgesprochener weiBliche Farbe besitzen 
als die Gelatinekolonieen; sie sind unregelm&fiig, aufierordentlich klein and 
erheben sich mehr oder weniger fiber die freie Flftche des Substrates. 



Fig. 1. Fig. 4. Fig. 2. 


Fig. 1. Gelatinekultur nach 3 Tagen, bei 22° C. 

„ 2. Gelosekultur nach 24 Stunden, bei 37° C. 

„ 3. Farbung mit Lbfflers Beagens (Oc. 4, Obj. Im. hom. ernes C. Reichert- 

schen Mikroskopes). 

„ 4. Farbung mit den Losungen von Nicolie und Morax (Oc. 4, Obj. */i» 

Im. hom., Mikr. Reichert). 

In peptonisierter Brfihe werden bei 37° C kleine Flocken gebildet, 
w&hrend die Nahrlosung ungetrfibt bleibt; die Flocken sind sehr zart, 
so dafi dieselben beim Schfitteln der Flfissigkeit darin sich gewissermaBen 
aufzulosen scheinen und die Brfihe trfiben, indent sie ihr die ihnen 
eigene Farbe verleihen. In der Brahe selbst wurde nie die geringste 
Bildung eines Oberflachenhautchens wahrgenomuien. 

In geronnenem Blutserum, mit Oder ohne Glyzerinzusatz, erhSlt man 
bei 37° C nach 24 Stunden die gleichen Kulturerfolge wie bei Agar- 
kulturen; auf Kartoffeln hat man hingegen eine Entwickelung von un- 


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Catterina, Ueber eine bewimperte Micrococcusform etc. 


Ill 


regelm&Bigen, am Bande gelappten Kolonieen von der gleicben weiClichen 
Farbe wie auf den ftbrigen NahrbSden. 

Die Entwickelnng geht auch in der Milch recbt gut vor sicb, wenn 
auch die letztere sich makroskopisch nicht im geringsten zu andern 
scheint, selbst wenn sie tagelang bei einer Temperatur von 37 0 C be- 
lassen wird. 

Die Indolprflfung fiel negativ aus. 

Bei anafiroben Eulturen wird die Entwickelnng, besonders in den 
ersten Kolonieen, einigermafien verzOgert. 

Dieser Micrococcus farbt sich mit den gewObnlichen Farbungs- 
mitteln gut und widersteht Gram. 

Er tritt fast immer isoliert auf, hat einen Durchmesser von 1,5 fi 
und nur selten sind Diplokokkenformen an ihm zu beobacbten. 

Seinen inneren Bau betreffend, last sicb ein zentraler, starker ge- 
farbter Teil ganz deutlich wahrnehmen, und wenn der Mikroorganismus 
in Vermehrung begriffen ist, dann streckt sich der zentrale Teil und 
nimmt die Gestalt eines kleinen Stabchens an. 

Bings um den zentralen Teil findet sich ein Hof, der sich weniger 
intensiv farbt und von einer Membran oder Guticula begrenzt wird, rings 
um welcher wiederum ein zweiter Hof bemerkbar wird, der sich aber 
nicht farben last. 

Nach dem Verhalten dieses zentralen Teiles sowohl den Tinktionen 
gegenflber, als auch betreffs der Form, die er bei der Vermehrung an- 
nimmt, glaube ich, daS derselbe als Zellkern anzusprechen sei. 

Bei der Beobachtung im hangenden Tropfen nimmt man eine leb- 
hafte eigene Bewegung an ihm wahr; welcher Umstand meine Aufmerk- 
samkeit desto mehr auf sich zog, als ich gleich anfangs vermutete, daS 
jene Bewegung von flimmernden Wimpern bedingt ware, wahrend bis 
jetzt bekanntermaSen nur bei sehr wenigen Mikrokokken derartige Organe 
wieder gefunden wurden. 

Der erste diesbezOgliche Mikroorganismus wurde im Jahre 1889 von 
Ali Cohen 1 ) beschrieben, der ihn aus dem Trinkwasser isolierte und 
Micrococcus agilis benannte. An demselben fand der genannte 
Autor normal nur einen Wimperfortsatz, wahrend L3ffler spater ihrer 
mehrere an dem namlichen Mikroorganismus beobachtete. Nachtraglich 
beobachtete Ldffler 2 3 ) einen anderen mit BewegungsvermSgen ausge- 
statteten Micrococcus, den er auch kultivierte und beschrieb; einen 
dritten fand Menge 8 ) und nannte ihn Micrococcus agilis citreus. 

Mit Anwendung der gewdhnlichen eigenen Wimper-Tinktionsmethoden 
gelang es mir, an der beschriebenen Micrococcusart 2 Wimpern, die 
an zwei entgegengesetzten Stellen vorkommen, ersichtlich zu machen. 

Was die Natur der Wimpern betrifft, so glaube ich nicht, daS die- 
selben einfache Fortsetzungen der den Mikroorganismus umhfillenden 
Membran sind, sondern ich glaube, daft sie als Fortsatze des Zellproto- 
plasmas angesehen werden milssen. Denn eine genaue Beobachtung lehrt, 
dafi die eigentliche Membran sich am Grande der Wimper unterbricht, 
ja sogar auf diese zurtickfaltet und sie kappenartig umhtillt. Dieses Be- 
wegungsorgan diirfte somit, meiner Meinung nach, aus zwei wohl ge- 
schiedenen Teilen bestehen, namlich aus Protoplasma als Ausflufi des 


1) Ali Cohen, Centralbl. f. Bakteriol. Bd. VI. 1889. p. 33. 

2) Ldffler, Ibid. Bd. VI. 1889. p. 219 und Bd. VII. 1890. p. 634—637. 

3) Menge, Ibid. Bd. XII. 1892. jtto. 2—3. • 


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112 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 2. 

Zellprotoplasraas, und dieser Teil wtirde die eigentliche Wimper bilden, 
und aus jenem erwahnten kutikularen, kappenartigen Ueberzuge. 


Wenn man etwas von den Kulturobjekten mit einer Platindse Kanincben 
unter die Oberhaut bringt, so sterben die Tiere nacb ca. 48 Stunden 
nnter den krankhaften Erscheinungen von HaarstrSuben, Anorexic und 
allgemeiner Erstarrung. 

Der autoptische Befund weist an der Impfstelle keinerlei Ver&nde- 
rungen auf; die Milz ist hypertrophisch und schw&rzlich geffirbt, braunes 
Coagulum liegt in den Herzkammern, das Blut ist gleicbfalls braun; 
ganz derselbe Befund wie bei den Kanincben, die man mir gebracht 
nnd in denen icb den in Rede stehenden Micrococcus gefunden 
hatte. 

Im Blute kommt dieser Mikroorganismus in reichlicben Mengen, 
isoliert und nur selten gepaart, vor. 

Meerschweinchen und M&use sterben binnen 40—60 Stunden unter 
denselben Erscheinungen, die man an den inokulierten Kanincben be- 
obachten kann. 

Bei Htihnern erhalt man keine pathologische Erscheinung, selbst 
dann nicht, wenn 0,5 cm von Bouillonkulturen denselben eingeimpft 
wurden. 

Die Wirkungsweise des Micrococcus bleibt in Kulturen durch 
ungefahr Monatsdauer erhalten. 

Die in Bouillon zur Entwickelung gelangten und durcb 15 Tage 
bei 37° C gehaltenen, nachber mit Cbamberlands Filter filtrierten 
Kulturen wurden in einer steigenden Menge, von 2—20 ccm der filtrierten 
Brfihe, 5 Kanincben inokuliert und ich erbielt damit innerhalb eines 
Monats gewissermafien eine Vaccination, so dafi 2 derselben einer 
Impfung mit dem Virus micrococcus widerstanden, das 3. starb w&brend 
des Experimentes nach 20 Tagen und die flbrigen erlagen 3 Tage nach 
der Impfung des virulenten Micrococcus, obwohl dieselben ganz so 
behandelt worden waren, wie die beiden (lberlebenden. 

Aus den vorgelegten Beobachtungen glaube ich nun schliefien zu 
kdnnen: 

1) Der von mir isolierte Micrococcus ruft bei Kanincben, Meer¬ 
schweinchen und weifien Mausen eine echte Septik&mie hervor. 

2) Kraft seiner Eigenschaften ist dieser Micrococcus als eine 
von den bisher bekannten verschiedene Art anzusehen und ich werde 
ihn Micrococcus agilis albus benennen. 

3) Die Filtrate der Kulturprodukte dieses Micrococcus verleihen 
in gewissen Fallen den Kanincben eine Immunitat gegenflber dem viru¬ 
lenten Micrococcus. 


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Lucksch, Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. H3 


Nachdruck verboten. 

Ein Beitrag znr pathologischen Anatomie des Paratyphus. 

[Aus Prof. Chiaris pathol.-anatom. Institute an der deutschen 
Universitat in Prag.] 

Von Dr. Franz Lucksch, I. Assistenten am Institute. 

Bei der in diesem Winter in Prag aufgetretenen grfifieren Epidemie 
von Typhus abdominalis hatten wir fitters Gelegenheit, solche F&lle in 
unserem Institute zu obduzieren. Die anatomischen Befunde waren 
dabei im allgemeinen die gewfihnlichen. Am 29. Dezember 1902 kam 
wieder ein Fall zur Sektion, der dabei gemachte Befund war jedoch 
ein so verschiedener von dem, was wir in solchen Fallen zu linden ge- 
wohnt sind, daft ich nach der Sektion den Herren Klinikern gegenflber 
erklaren mufite, daft es sich hier wahrscheinlich nicht urn einen Typhus 
abdominalis handeln dfirfte. Die, wie in jedem Falle, so auch hier, vor- 
genommene bakteriologische Untersuchung ergab weitere Anhaltspunkte 
daffir und ffihrte schlieftlich zu dem Resultate, daft es sich im vorliegen- 
den Falle um eine Infektion mit einem Paratyphusbacillus handle. Da 
die durch diese Bacillen hervorgerufenen Erkrankungen gewfihnlich 
leichterer Natur sind und selten zum Tode fflhren, ist es begreifUch, 
daft wir fiber die anatomischen Veranderungen, welche sich im Verlaufe 
dieser Infektionskrankheit bilden, noch sehr wenig wissen. Es liegen 
bis jetzt erst drei Obduktionsbefunde vor, der von Longcope, Sion 
und Negel und der von R. Schmidt. Ich glaube daher, den von 
mir beobachteten Fall zur weiteren Kenntnis bringen zu mfissen, um 
so einen Beitrag zur pathologischen Anatomie dieser Erkrankung zu 
liefern. Ich will zunachst das Wichtigste aus der Krankengeschichte, 
sodann das Sektionsprotokoll und die sich daran anschliefiende bakterio¬ 
logische und histologische Untersuchung des Falles bringen. 

Aus der Krankengeschichte, die ich der Liebenswfirdigkeit des 
Herrn Hofrats Prof. Dr. Pribram verdanke, ware anzuffihren: 


Anamnese (24. Dezember 1902): 

Patient, 25 Jahre alt, wird in bewufitlosem Zustande eingebracht. Sein Begleiter 
gibt an, dafi derselbe vor einer Woche unter Mattigkeit, Abgescnlagenheit und Schwache 
erkrankt sei; er habe kein Flufiwasser getrunken, sondern Sodawasser; der Stuhl war 
in letzter Zeit diarrhoisch; seit 4 Tagen lag er zu Bette, seit 2 Tagen war er be- 
wufitlos. 

Status: Conjunctiva des rechten Auges gerotet. Das Gesicht blaulich. Lippen 
trocken, mit gelben Borken bedeckt. Zunge ebenfalls trocken, braunschwarz. Mund 
wird often gehalten. Patient atmet ziemlicn oberflachlich. Ueber den Lungen iiberall 
Pfeifen und Giemen. Abdomen stark aufgetrieben. Bauchdecken sehr stark gespannt. 
Durch Perkussion ist eine mafiige Milzvergrofierung nachweisbar. Milz aber nicht 
tastbar. In der Haut des Abdomens einzelne verstreute Roseolen. An den Unter- 
schenkeln stecknadelkopfgrofie, dunkelrote Flecken in der Haut Patient ist benommen 
und Jafit Harn und Stuhl unter sich. Im Harn Eiweifi und Indikan. 

Decursus: Die Temperatur betrug am ersten Tage 38° C, an den folgenden bis 
zum Tode 39 0 C. Das Rasseln liber den Lungen nimmt zu, ebenso die Benommenheit, 
und im Kollaps stirbt der Kranke am 28. Dezember 1902. 

Am 26. Dezember 1902 war dem Patienten Blut entnommen worden und die mit 


diesem Serum vorgenommene Gruber-Vidalsche Reaktion ergab mit 3 Typhus ab- 
dominalis-Stammen in der Konzentration von 1:40 ein positives Resultat. 

Die klinische Diagnose lautete daher: Typhus abdominalis, Bronchitis diffusa, 
Pneumonia lobul. bilat., Albuminuria, Petechiae ped. utr., Suffusio antibrachii p. in- 

jectionem^(C^^ nac ^ d em T 0 d e nahm ich die Obduktion vor. 


Erstc Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


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114 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 2. 


Sektlonsprotokoil. 

Der Korper 175 cm laog, von mittlerem Knochenbau, schwachlicher Muskulatur, 
mager. Die allgemeine Deck© blaS mit blassen Hypostasen ruckwarts. Totenstarre vor- 
handen. Haupthaar dunkel. Pupillen mittelweifc, gleich. Die sichtbaren Schleim- 
h&ute blafi. Hals und Brust schmal. Abdomen aufgetrieben. Aeufieres Genitale 
normaL An den unteren Extremitfiten punktformige dunlrelrote Fleckchen. 

Die weichen Schadeldecken blafi. Sena del, Meningen und Gehirn 
ohne Besonderheiten. 

Das Zwerchfell beiderseits bis zur 5. Rippe reichend. Die Schilddriise ge- 
wohnlich. Die Schleimhaut der Halsorgane olafi. Die Lungen an der Spitze 
leicht fixiert, in ihren Unterlappen mit einzelnen rotlichen bis erbsengrofien Anscnop- 
pungsherden durchsetzt, sonst etwas geblaht und starker blutreich und durchfeuchtet. 
1m Herzbeutel klares Serum. Das Herz ziemlich grofi, reichlich fettbewachsen, 
sein Fleisch sehr blafi und weich. Die Klappen und die Intima der Aorta zart, die 
Schleimhaut der Luft- und Speiserbhre blafi. 

Im Abdomen der Darm sehr stark meteoristisch. Die Leber eher etwas kleiner, 
sehr weich, blafi und leicht zerreifilich. In der Gallenblase blasse Galle, erstere nicht 
weiter verandert. Die Milz leicht geschwollen, dunkelrot, weich. Die Nieren blafi 
und schlaff. Die Schleimhaut der Hamblase blafi. Am Genitale nichts Abnormes. 
Die Schleimhaut des Mage ns mit einzelnen bis linsengrofien Blutungen versehen. Der 
Dunndarm stark ausgeaehnt, seine Schleimhaut allenthalben blafi; weder seine Eio- 
zelfollikel noch die Peyerschen Plaques geschwollen. Die Schleimhaute dee Dick- 
darmes im allgemeinen ebenfalls blafi, im Coecum und CJolon ascendens mehrere 
Stellen, wo sich unregelmafiige quergestellte Geschwiire, einzelne mit nekrotischen Ge- 
websfetzen, in der Mitle finden. Dieselben stehen in Gruppen von zweien und dreien, 
ihre Bander zeigen keine besondere Schwellung, sie haben eine Ausdehnung bis zu 1 qcm. 
Im Colon transversum die Follikel, 1—2 mm im Durchmesser messend, graugelblich 

f efSrbt, mit einem 1 mm breiten, roten Hofe umgeben. Im Rectum und der S-Schlinge 
eine pathologische Veranderung. Samtliche mesenterialen Lymphdriisen von 
dunkelroter Parbe, nicht vergrofiert; auch die des Dickdarmes nicht geschwollen, mit 
Ausnahme einer in der Nahe des Coecums, die Kirschgrbfie hat. Pankreas und 
Nebennieren normal. 

Da die sofort vorgenommene bakteriologische Untersuchung der 
Ausstrichprfiparate von der Galle und vom Milzsafte keine sicheren An- 
haltspunkte ffir Typhus abdominalis gab, wurde die pathologisch-anato- 
mische Diagnose vorlS,ufig in suspenso gelassen. 

Die gleich nach der Sektion hergestellten AbstrichprSparate von den 
Pneumonieherden in der Lunge zeigten sp&rliche G r a m - best&ndige 
Kokken zu zweien und hier und da ein nicht Gram-best&ndiges St&b- 
chen. In den von der Galle aus der Gallenblase stammenden fanden 
sich vereinzelte, nicht G r a m - bestAndige, kurze Bacillen und ein paar 
Gram-bestandige Kokken. In denen von der Milz konnte ich keine 
Mikroorganismen finden. 

Es wurde weiter von der Galle aus der Gallenblase und dem Milz¬ 
safte auf Agarplatten gestrichen. Nach 8 Stunden zeigte sich auf den 
mit Galle bestrichenen ein reichliches Wachstum weifilicher, ziemlich 
dicker Kolonieen in s&mtlichen Strichen. Diese Kolonieen bestanden 
aus nicht Gram-bestAndigen, gut beweglichen Bacillen, die etwas lAnger 
waren als Typhus abdominalis-Bacillen. Auf der von der Milz be- 
schickten Platte zeigte sich auch nach mehreren Tagen kein Wachstum. 

Bei der weiteren Kultivierung der Bacillen auf Zuckerglycerinagar, 
in Milch und auf Kartoffeln zeigte es sich, daB diese weder mit Typhus 
abdominalis noch mit Coli stimmten, und es wurden daher noch ver- 
schiedene andere NAhrbbden beschickt, um die Natur des Bacillus fest- 
zustellen. Ich lasse nun die geordneten Resultate dieser Untersuchungen 
folgen: 

Der Bacillus, um den es sich handelte, war ein kurzes, gut beweg- 
liches StAbchen, das die Gramsche FArbung nicht annahm, es besaB 
mehrere GeiBeln. 


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Lucksch, Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. U5 


Auf Agar wuchs derselbe etwas fippiger als Typhus abdominalis 
und hatte eine weiBlich-graue Farbe. 

Im Agarstiche zeigte sich Wachstum im Stiche und an der Ober- 
fl&che. 

Im Zuckerglycerinagarstiche konnte man leichte Gasentwickelung 
wahrnehmen. 

Die Kolonieen in Gelatine waren rund und zeigten eine leichte 
braune Farbung und KSrnung; eine Aderung, wie bei Typhus abdomi- 
nalis-Kolonieen, war nicht zu erkennen. 

Auf schrager Gelatine entwickelte sich ein weifilich-grauer, etwas 
durchscheinender, schleimiger Belag, der hauptsachlich im Striche wuchs 
ohne besondere Breitenausdehnung. 

Im Gelatinestiche erfolgte Wachstum in der Gelatine und an der 
Oberflache. 

In Bouillon trat leichte Trflbung auf. 

Auf Eartoffeln entwickelte sich schon nach einem Tage ein brUun- 
licher, schleimiger Belag, der nach einiger Zeit eine ziemliche Dicke er- 
reichte. 

Die Milch gerann nicht, sondern wurde nach wochenlangem Stehen 
heller. 

Indol konnte selbst in 4—5 Wochen alten Bouillonkulturen nicht 
nachgewiesen werden. 

Auf dem Nahrboden von Drigalski und Conradi entwickelten 
sich rasch blaue, ziemlich dichte Kolonieen. 

In Lackmusmolke bildete der Bacillus in den ersten 4—5 Tagen 
Sfiure, dieselbe erschien wahrend dieser Zeit rot, spater jedoch trat eine 
blauviolette Farbung auf, die fortan bestehen blieb. 

In Neutralrotagar zeigte sich schon nach einem Tage gelbliche 
Fluorescenz. 

Auf der Klinik des Herrn Hofrats Pfibram war ebenfalls von der 
Sektion weg von der Milz geimpft worden und zwar mit Erfolg. Eine 
daher stammende Kultur, die mir freundlichst tiberlassen wurde, zeigte 
dieselben kulturellen Eigenschaften, wie die von mir aus der Gallen- 
blase erhaltene. 

Es wurde nun auch die Gruber-Vidalsche Reaktion vorge- 
nommen, wie dies aus den folgenden Tabellen (p. 116) ersichtlich ist 

Ich will zu diesen Untersuchungen gleich bemerken, daB ich infolge 
Mangels von Serum die Autoagglutination nicht weiter fortsetzen konnte, 
dagegen wurde dieselbe an der Klinik fortgesetzt und in der Konzen- 
tration von 1 :1000 positiv gefunden, wobei jedoch ebenfalls die obere 
Grenze noch nicht erreicht war. Die von mir vorgenommenen Gruber- 
Vidalschen Proben waren mikroskopisch untersucht worden, die auf 
der Klinik nur makroskopisch. 

Es erflbrigt nun noch, die Ergebnisse der histologischen Unter- 
suchung anzufflhren. Es wurden geschnitten Leber, Milz, Nieren, ver- 
schiedene Stellen des Dickdarmes und die vergroBerte mesenteriale 
Lymphdrflse. 

In der Leber war mikroskopisch leichte fettige Infiltration zu er¬ 
kennen, namentlich im Zentrum der L&ppchen, es fanden sich in den 
Leberzellen kleinere und grdBere Fetttropfen. AuBerdem war das Proto¬ 
plasma der Zellen leicht gekQrnt. 

* j n der Milz fand sich geringe Vermehrung der Pulpaelemente, eine 
besondere Hyperkmie konnte nicht konstatiert werden. 

8* 


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116 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


TabeUe I. 

Gruber-Vidal mit den Bacillen dee Falles und: 


eigenem 

Serum 

Serum von 
einer Sektion 
von T. a. vom 
3. I. 1903 



Serum von 
einer Sektion 
von T. a. vom 
10. I. 1903 


1:50 + 

1:100 + 
1:200 + 
1:400 + 

1:50 4- 
1:100 +? 

1:50 + 
1:100 - 

1:50 + 
1:100 + ? 

1:50 + 

1:100 + ? 

1:40 — 


TabeUe II. 

Gruber-Vidal mit dem Serum dee Falles und: 


eigenen 

Bacillen 

Bac. T. a. 
aus der 
Sammlg. 
A 

Bac. T. a. aus 
der Sammlg. 
B 

Bac. T. a. aus 
der Sammlg. 
C 

Bac. T. a. von 
einer Sektion 
vom 

15. XII. 1902 

Bac. T. a. von 
einer Sektion 
vom 

3. I. 1903 

Bac. T. a. von 
einer Sektion 
vom 

5. I. 1903 

1:50 + 

1:50 +? 

1:50 + 

1:50 + 

1:50 + 

1:50 + 

1:50 + 

1:100 +! 

1:100- 
nach 5 St. 

1:100 + 

1:100 + 

1:100 +? 

1:100 + 

1:100 + ? 

1:200 + 
1 :400 + 


1:200 + ? 

1:200 +? 

1:200 — 

1:200 +? 

1 :200 +? 


Die Nieren zeigten geringe Kfirnung des Protoplasmas ihrer Zellen, 
sonst war an ihnen keine Veranderung zu erkennen. 

In der vergrdBerten Lymphdriise lieJJ sich Vermehrung der Lymph- 
zellen nachweisen, auBerdem fanden sich in ihr auch zahlreiche ver- 
grdfierte Endothelien mit einem, zwei Oder mehreren Eernen, die stellen- 
weise eine betrfichtliche GroBe erreicht hatten. Eine Ansdehnung Oder 
stfirkere Fflllung der Blutgef&Be war nicht zn erkennen. 

Was die Verfinderungen des Darmes betrifft, will ich zun&cbst mit 
denjenigen Stellen beginnen, wo die Follikel deutlicher hervortraten und 
dann die Beschreibung der Geschwfire anschliefien. 

Man fand auf Schnitten durch die Wand des Colon ascendens die 
Follikel zum Teil getroffen, zum Teil bloB angeschnitten. Dieselben 
waren nicht vergrofiert, doch enthielten sie, ebenso wie die oben genannte 
Lymphdriise, reichliche vergrOfierte Endothelien. In der Nachbarschaft 
der Follikel sah man eine leichte kleinzellige Infiltration der Submucosa. 
Die Schleimhaut fiber den Follikeln war fiberall kleinzellig infiltriert, doch 
konnte man an ihr stellenweise noch gut erhaltenes Epithel erkennen. 
Die Submucosa zeigte in den von den Follikeln entfernten Stellen keine 
entzfindliche Reaktion, die Muscularis war vollkommen frei davon. Unter- 
halb der Follikel waren die Gef&Be der Submucosa dilatiert und mit 
Blut geffillt. 

Dort, wo Geschwfire vorhanden waren, war die Mucosa und Sub- 
mucosa zum Teil ganz geschwunden, zum Teil fanden sich noch Reste 
der Lieberkfihnschen Krypten mit ziemlich gut erhaltenem Epithel. 
Wo dies der Fall war, zeigten sich Submucosa, Muscularis und Serosa 
in gleicher Weise in mittlerem Grade von Rundzellen durchsetzt, ebenso 
war dies in der nfichsten Nachbarschaft der Geschwfire der Fall, jedoch 
nur auf eine kurze Strecke. Eine besondere Schwellung der Follikel an 
diesen Stellen war nicht zu erkennen; die Blutgef&Be waren etwas di¬ 
latiert. 


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Lucksch, Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. U7 


Dasselbe Bild fand sich auch dort, wo die GeschwQre bis zur Mus- 
cularis reicbten, nur daB dort eben Mucosa und Submucosa fehlten. 

Diese Verhfiltnisse zeigen, daB die Ver&nderungen, die hier vor- 
lagen, denen, wie wir sie bei Typhus abdominalis zu finden gewohnt 
sind, ganz unfihnlich waren, denn es feblte ihnen das haupts&chlichste 
Gharakteristikum derselben, die markige Infiltration des lymphatischen 
Apparates; eher fihnelte das Bild dem der Dysenteric, obwohl es auch 
diesem nicht ganz entsprach. 

In Bezug auf den Befund von Bakterien in den Schnitten gelang 
es mir nicht mit Sicherheit, solche in der Leber, der Milz, den Nieren 
und der Lymphdrfise nachzuweisen. Dagegen fanden sich in den Darm- 
geschwfiren, in der Mucosa und Submucosa kurze Bacillen in geringer 
Anzahl, die sich nacb Gram nicht farbten, auBerdem aber auch in 
den oberfl&chlichen Schichten Gr a m - bestfindige Kokken und grdBere 
Bacillen. 

Aus dem Gesagten ergibt sich wohl ohne weiteres, daB es sich in 
dem hier besprochenen Falle um einen Fall von Paratyphus handelt. 
Ich glaube, nach der neuesten zusammenfassenden Arbeit von Brion 1 ) 
nicht erst ausffihrlich auf die Literatur zuriickkommen zu mtissen und 
mich mit einem Hinweise auf diese Publikation begnfigen zu kfinnen. 

Bezflglich der klinischen Angaben trifft das zu, was Brion hin- 
sichtlich der Symptomatologie anffihrt, nfimlich, daB der Paratyphus vom 
Typhus kliniscb nicht zu trennen sei. Die Krankheit trat bei unserem 
Patienten unter Mattigkeit und Abgeschlagenheit auf, es bestanden Diar- 
rhoen, leichter Milztumor und Roseolen, die Zunge war belegt. Das 
Fieber war eine Con tin ua. Als Komplikationen traten auf Conjunctivitis 
und Bronchitis — alles Symptome, die fttr Abdominaltyphus sprechen, 
und, zusammengehalten mit dem positiven Ausfalle der Serumreaktion, 
unbedingt zur Diagnose Typhus abdominalis fiihren muBten. Dieselben 
Symptome finden sich aber auch bei Paratyphus, und es spricht daher 
von den klinischen Angaben nichts gegen die Auffassung der Erkran- 
kung als solchen. 

Die Diagnose konnte jedoch, trotzdem der anatomische Befund 
bereits den Verdacht erweckt hatte, daB es sich hier nicht um Abdo¬ 
minaltyphus handeln dfirfte, nur durcb die bakteriologische Untersuchung 
gestellt werden, durch welche die Identitat des Erregers der Erkran- 
kung mit dem von Feyfer und Kayser aufgestellten Typus B der 
Paratyphusbacillen festgestellt werden konnte. Die Beweglichkeit, das 
Aussehen der Kulturen auf Agar und Gelatine, das braune Wachstum 
auf Kartoffeln, die fehlende Milchgerinnung, die Verg&rung von Zucker, 
das Wachstum auf dem Drigalskischen Nahrboden, in Neutralrotagar 
und in Lackmusmolke stimmten aufs genaueste mit den fiber den Para¬ 
typhus B gemachten Angaben. Damit ffillt auch der Verdacht, der 
durch den anatoniischen Befund etwa rege werden konnte, daB es sich 
um den Kruseschen Dysenteriebacillus gehandelt haben konnte, weg. 

Auch die Agglutinationsresultate sind vollkommen mit denen bei 
Paratyphus ttbereinstimmend. Die Autoagglutination ging bis 1 : 1000 
makroskopisch, wfihrend die Agglutination von Typhus abdominalis-Ba- 
cillen durch das Serum des Falles nur bis 1:200 mikroskopisch gelang, 
wobei auch noch nach mehreren Stunden immer noch Bacillen beweg- 
lich blieben, die Reaktion also nicht als eine vollstfindig positive ange- 
sehen werden konnte. 

1) Brion, Deutsche Klinik. Bd. II. 1903. 


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CentralbL f. Bakt etc. L Abt Originate. B<L XXXIV. No. 2. 


Wie verhfilt sich nun das anatomische Bild dazu? Wie schon ge- 
sagt, verlfiuft der Paratyphus nur in seltenen Ffillen letal. Die Angaben 
fiber die Obduktionsbefunde sind daher sebr spfirlich. Brion ffihrt 
4 Autoren an, die TodesfaUe an Paratyphus beobachtet haben, schliefit 
aber sofort die Ffille von Lie pm an d und Strong, nnd, wie ich 
glaube, mit vollem Rechte, aus, da es sich bei dem ersteren augen- 
scheinlich nach dem Ausfalle der Sernmreaktion um eine Mischinfektion 
mit Typhus abdominalis handelte — es fanden sich dabei typische, in 
Abheilung begriffene Typhusgeschwfire im Darme — bei dem zweiten 
ein Bacillus 42 Stunden nach dem Tode aus der stark zersetzten Leiche 
isoliert wurde, der nicht einmal vom eigenen Serum agglutiniert wurde. 
Es bleiben also nur die bei Brion zitierten Ffille von Longcope und 
von Sion und Negel, sowie ein dritter, von R. Schmidt 1 ) zur 
selben Zeit publizierter, bei Brion noch nicht erw&hnter Fall fibrig. 
In dem Falle von Longcope handelte es sich um einen 22-jfihrigen 
Mann, der unter den klinischen Erscheinungen von Typhus abdominalis 
gestorben war. Der Bacillus, der dabei gefunden worden war, entsprach 
dem Paratyphus B von Kayser. Als Sektionsbefund gibt Longcope 
an: leichte Milzschwellung, allgemeine parenchymatose Degeneration, 
herdweise Nekrose in der Leber (mikroskopisch nachgewiesen), am 
Darme nur deutlicheres Hervortreten der Follikel im Dickdarme, sonst 
nirgends Schwellung oder Geschwfirsbildung, auch an den mesenterialen 
Lymphdrfisen nichts Abnormes. 

Die Beobachtung von Sion und Negel bezog sich auf einen 24* 
jfihrigen Mann, der unter den Symptomen von Typhus abdominalis er- 
krankt war. AuBer diesen waren aber noch Erscheinungen von seiten 
des Gehirns aufgetreten, nfimlich Trismus, Opisthotonus, Lfihmung der 
rechten Korperhfilfte und Aphasie. Der bakteriologische Befund stimmte 
mit dem Typus B der Paratyphusbacillen. Anatomisch fand sich: Milz- 
tumor, parenchymatose Degeneration, Enteritis mit dysenterieartigem 
Character im untersten Ileum, eine Laennecsche Vegetation im linken 
Herzventrikel, embolische Erweichungsherde im Gehirn, Infarkte der 
Milz und der Nieren, Bronchitis und Pneumonie. In Bezug auf den 
Darm ist angegeben, daB die gesamte Darmschleimhaut leicht, die des 
untersten Ileum und des Colon ascendens stfirker gerotet war, daselbst 
fanden sich anch hirsekorngroB hervortretende Follikel. Im Endteile 
des Ileums zeigten die Schleimhautfalten in einer Ausdehnung von 10 cm 
graue, schmutzige, 1 mm breite Streifen, die auf eine gleichfarbige, 
kleienartige Ablagerung zurfickzuffihren waren, dieselben liefien sich 
leicht abschaben und unter ihnen war die Schleimhaut etwas weniger 
gl&nzend und stfirker rot. Es war keine Spur von Intumeszenz oder 
Ulceration der Peyerschen Plaques und der Solitfirfollikel, nicht die 
geringste Prominenz oder Injektion dieses Lymphapparates vorhanden; 
ebensowenig war dies bei den mesenterialen Drfisen der Fall. 

In Bezug auf den Fall von R. Schmidt wfire hervorzuheben, daB 
der 33-jfihrige Patient unter pyfimischen Symptomen erkrankte, die gar 
keine Anhaltspunkte ffir Typhus abdominalis boten. Die bakteriologische 
Untersuchung ergab einen Bacillus, der sich kulturell vollkommen wie 
Bacillus typhi abdominalis verhielt, nur daB er Spuren von Indol 
bildete, sich aber durch die Sernmreaktion von diesem unterschied; 
Typhus abdominalis-Serum agglutinierte nfimlich die Bacillen des Falles 


1) Schmidt, R*, Wien. klin. Wochenschr. 1902. 


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Lucksch, Bin Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. 1X9 


auch nicht im Verh&ltnisse von 1:10, w&hrend es die Bacillen eines 
Typhus abdominalis-Falles noch in der Konzentration von 1 : 16000 ag- 
glutinierte. Die Sektion ergab Endocarditis der Trikuspidalklappe nnd 
Embolie der Arterie des rechten unteren Lungenlappens, weiter eiterige 
Lnngenabscesse nnd Pleuritis, h&morrhagische Nephritis, Milztumor, 
Cholangitis suppurativa in der Leber, Gallensteine und EntzQndung der 
Gallenblase. Vom Darme und von den MesenterialdrQsen ist in dem 
Sektionsbefunde nichts angegeben. 

Nach dem Gesagten handelt es sich in dem Falle von Longcope 
urn eine in Bezug auf klinische Symptome und bakteriologischen Befund 
typische Erkrankung von Paratyphus, ebenso scheint dies in dem Falle 
von Sion und Negel gewesen zu sein, dieser war aber aufterdem 
kompliziert durch die klinischen Symptome von seiten des Gehirnes; der 
bakteriologische Befund stimmt mit dem bei Paratyphus B. Hingegen 
geht aus der Beschreibung des Falles von R. Schmidt hervor, daft 
derselbe klinisch als Pyohamie verlief und weiter der bakteriologische 
Befund nicht mit den von Kayser aufgestellten Typen A und B des 
Paratyphus in Einklang zu bringen ist Ich glaube daher auch, die dabei 
beobachteten anatomischen Befunde bei meinen weiteren Ausfflhrungen 
nicht weiter beriicksichtigen zu mtlssen. 

Vergleiche ich nun die drei Falle von Longcope, Sion und Negel 
und mir, so zeigt sich zunachst eine Uebereinstimmung beztiglich der 
klinischen Symptome, sie boten samtlich die des Typhus abdominalis, in 
dem Falle von Longcope und mir rein, in dem von Sion und Negel 
mit den obengenannten Komplikationen. Es zeigt sich weiter, daft auch 
der bakteriologische Befund derselbe war; in alien 3 Fallen konnte 
ein Bacillus geziichtet werden, der dem Typus B des Paratyphusbacillus 
entsprach. Diese Uebereinstimmung erstreckt sich nun auch auf die 
anatomischen Befunde. Es findet sich in alien 3 Fallen Milztumor, 
parenchymatose Degeneration der Organe und ein durchaus nicht ffir 
Typhus abdominalis sprechender Befund im Darmkanale. In Long- 
copes Falle waren nur die Follikel des Dickdarms leicht geschwollen, 
in dem von Sion und Negel war der Diinndarm leicht gerbtet, Coecum 
und Colon ascendens starker, im untersten Ileum leichte dysenterieartige 
Veranderung der Schleimhaut, im obersten Dickdarme die Follikel leicht 
geschwollen. In meinem Falle deutlicheres Hervortreten der Follikel 
im Dickdarme und dysenterieartige Geschwiirsbildung daselbst; alien 
dreien ist gemeinsam das Fehlen einer typhus&hnlichen Affektion be- 
sonders im Dunndarme und der Schwellung der mesenterialen Lymph- 
driisen. Beztiglich der weiteren Befunde von Sion und Negel mdchte 
ich bier nur in Kiirze bemerken, daft ich die Laennecsche Vegetation 
im linken Ventrikel mit den konsekutiven Embolieen als eine Komplika- 
tion auffassen mdchte, wie sie bei jeder schwereren Erkrankung vor- 
kommen kann. 

Darf man sich nun aus diesen drei Obduktionsfallen einen Schlufi 
auf die pathologische Anatomie des Paratyphus erlauben, so wflrde der¬ 
selbe lauten: Der Paratyphus ist eine Krankheit, die in anatomischer 
Hinsicht mit den (ibrigen Infektionskrankheiten gemeinsam hat den Milz¬ 
tumor und die parenchymatdse Degeneration der Organe, bei der aber 
im Gegensatz zu dem verwandten Typhus abdominalis besonders hervor- 
sticht das Fehlen einer besonderen Ergriffenheit des gesamten lympha- 
tischen Apparates des Darmes. Es kommt dabei im Darme hochstens 
zu einer dysenterieartigen Affektion. 


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120 


Centralbl. f. Bakt etc. I. A.bt Originale. Bd. XXXIV. No. 2. 


Nun gibt es ja ohne Zweifel auch sichere F&lle von Typhus abdo- 
minalis, die ohne jede Darmver&nderung und speziell ohne Schwellung 
des Lymphapparates des Darmes verlaufen, wie dies durchGhiari und 
Kraus, Opie, Blumenthal, Henoch u. a. schon seinerzeit her- 
vorgehoben wurde. Sion und Negel bezweifeln dieses, sie wollen 
alle Typhen ohne Darmlokalisation auf die Infektion mit den Para- 
colibacillen, wie sie sie nennen, zurfickgefiihrt wissen und sagen, daB 
zu der Zeit, als jene obengenannten Autoren ihre F&lle verdffentlichten, 
der Paratyphus noch nicht bekannt war, also eine Verwechselung mit 
diesem vorkommen konnte. Ich bin nun aber in der Lage, aus der 
allerletzten Zeit, w&hrend der ich mich schon mit der Bearbeitung 
dieses Falles von Paratyphus besch&ftigte, 2 sichere F&lle von Typhus 
abdominalis ohne Darmlokalisation anzuftthren. 

In dem ersten Falle handelte es sich um eine 26-j&hrige Frau, die 
bei ihrer Aufnabme in die Klinik des Herrn Ober-San.-Rats Prof. Dr. 
v. Jaksch am 12. Dezember 1902 positive Gruber-Vidalsche Re- 
aktion gezeigt hatte. 6 Wochen darauf starb sie. Bei der Sektion am 
20. Januar 1903 fand sich eine Suffusion der Kopfhaut, im rechten Stirn- 
lappen ein htthnereigroBer AbsceB, parenchymatdse Degeneration der 
Organe; am Darme nur leichte RStung und Schwellung der Schleimhaut 
ira untersten Ileum, die mesenterialen Drttsen waren leicht geschwollen, 
eine davon taubeneigrofi und verk&st. Als Erkl&rung fflr die Suffusion 
der Kopfhaut und den Gehirnabscefi sei angeftthrt, daB die Patientin vor 
ihrer Aufnahme ins Krankenhaus im Fieberdelirium aus dem ersten 
Stocke in den Hof gesprungen war und sich dabei am Kopfe verletzt 
hatte. 

Die bakteriologische Untersuchung des Falles ergab kulturell aus 
dem Gehirnabscesse Gram-bestandige Kokken und nicht Gram-be- 
st&ndige St&bchen, die nicht weiter verfolgt wurden. Aus der Gallen- 
blase konnte ein Bacillus in Reinkultur gezttchtet werden, der sich 
kulturell wie Bacillus typhi abdominalis verhielt, z. B. in Gly- 
cerinzuckeragar kein Gas bildete. Die mit dem Serum des Falles und 
Typhus abdominalis-Bacillen angestellte Gruber-Vidalsche Reaktion 
war positiv im Verh&ltnisse von 1:40, diesel be mit den Bacillen des 
Falles und Typhus abdominalis-Serum in der Konzentration von 1 :80 
positiv. 

Der zweite hier zu erw&hnende Fall betraf ein 12-jahriges Madchen. 
Dasselbe hatte ebenfalls in der Klinik des Herrn Hofrat Prof. Dr. Pri¬ 
bram eine positive Gruber-Vidalsche Reaktion gezeigt im Verh&lt¬ 
nisse von 1 :40. Dann war aber eine bulbSse Dermatitis und Haut- 
h&morrhagieen aufgetreten, so daB der Verdacht auf Sepsis rege wurde. 
Patientin starb am 4. Februar 1903. Die klinische Diagnose lautete: 
Typhus abdominalis. Pneumonia lobularis. Bronchitis diffusa. Sepsis? 
Dermatitis bullosa. Haemorrhagiae cutis. Decubitus multiplex. Oedema 
pedum. 

Bei der Sektion 13 Stunden nach dem Tode fand sich akuter Milz- 
tumor leichteren Grades mit einem an&mischen Infarkte, leichte paren- 
chymatOse Degeneration der Leber, katarrhalische Bronchitis und Lobul&r- 
pneumonie beiderseits, die Pusteln, H&morrhagieen der Haut und mehrere 
Dekubitusgeschwttre. In Bezug auf den Darm erwies sich die Schleim¬ 
haut desselben leicht gerotet, die Follikel etwas hervortretend, die mesen¬ 
terialen Drttsen leicht geschwollen. 

Aus den Hautpusteln wuchs ein Streptococcus, aus der Gallen- 


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Lucksch, Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. 121 

blase wuchs ein Bacillus, der sich kulturell ganz wie Bacillus typhi 
abdominalis verhielt, in ZuckernahrbSden kein Gas bildete. Die 
Gruber-Vidalsche Reaktion war positiv mit Bacillen und Serum des 
Falles in der Konzentration von 1 : 80, mit den Bacillen des Falles und 
Typhusimmunserum von 1 : 80 und mit dem Serum des Falles und zwei 
Typhus abdominalis-St&mmen von 1: 80. 

Ich glaube, daft aus diesen Untersuchungen schon hervorgeht, daft 
es sich in beiden Fallen um sicheren Typhus abdominalis ohne Darm- 
lokalisation gehandelt habe. Diese Falle von sogenannter primarer 
Typhusseptikamie sind aber dock als Ausnahmen zu bezeichnen, und ich 
habe in den letzten 4 Jahren, obwohl wir jahrlich gegen 20 Typhus 
abdominalis-Falle ‘) im Institute sezieren, keinen weiteren beobachten 
kbnnen. 

Wahrend derartige Befunde also beim Typhus abdominalis zu den 
Ausnahmen gehbren, scheint das Fehlen oder die geringe Ausbildung 
einer Darmaffektion nach den bisher gemachten Beobachtungen bei 
Paratyphus die Regel zu sein. Und es scheint mir weiter, daft diese 
Annahme in den klinischen Symptomen eine Sttitze finde. Es zeigt sich 
namlich, daft der Paratyphus eine leichtere Erkrankung als der Typhus 
abdominalis darstellt, und es scheint zweitens diese Tatsache darauf zu 
beruhen, daft der Darmkanal nicht immer oder wenn dann in leichterem 
Grade und andersartig dabei affiziert erscheint Fur diese Auffassung 
spricht, daft eigentlich ziemlich selten Diarrhden dabei auftreten, bloft 
in 18 Proz. der Falle, wie Brion angibt, und dann die sehr selten zu 
beobachtenden Darmhamorrhagieen — bis jetzt bloft in 5 Proz. der 
Falle beobachtet. Ich glaube, daB diese klinisch beobachteten Tat- 
sachen wirklich fflr die geringere Beteiligung des Darmes bei Para¬ 
typhus sprechen, denn sonst mhftten doch die Diarrhden dfters auftreten, 
und ferner dafflr, daft, wenn der Darm auch dabei in Mitleidenschaft 
gezogen wird, die Veranderungen desselben geringfflgigerer Natur sein 
dttrften, da so selten Blutungen auftreten, die ja auch bei anderen 
leichteren Darmaffektionen gelegentlich beobachtet werden oder aber 
auch bei irgendwelchen anderen septikamischen Prozessen. 

Ich glaube daher, daft Falle, bei denen klinisch die Symptome des 
Abdominaltyphus aufgetreten waren und in denen anatom isch eine 
Darmaffektion fehlt oder dieselbe vom typischen Charakter der bei 
Typhus abdominalis vorkommenden abweicht, den Verdacht auf Para¬ 
typhus werden erwecken mflssen. Es wird aber auch dann immer nur 
die bakteriologische Untersuchung die Diagnose sichern kdnnen und 
durch diese eine Infektion mit Typhus abdominalis- oder Kruseschen 
Dysenteriebacillen auszuschliefien sein. 


1) Im Jahre 1899 17, 1900 15, 1901 27, 1902 28 Falle. Im Januar und Februar 
1903 zusammen 15. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2. 


Nachdruck verboten . 

Experimentelle Untersuchungen iiber Krebs bei Mausen, 

Von C. 0. Jensen, 

Prof, an der tierarztlichen und landwirtechaftlichen Hochschule zu Kopenhagen. 

Mit 4 Tafeln. 

(SchluB.) 

Untersucht man die Zellen in frischem Zustande, so findet man in 
nicht gar wenigen kleine Fetttropfen eingelagert, nnd einzelne Zellen 
scheinen das Objekt einer entschieden fettigen Degeneration zn 
sein. In einigen der grdBeren Krebsalveolen trifft man in der mittleren 
Partie haufig einen ZerfallprozeB an, so daB samtliche Zellen ab- 
gestorben sind; diese haben zum Teil ihre auBere Form behalten, zeigen 
aber keine bestimmte Struktur und keinen deutlichen Kern mehr, wie 
sie sich auch nicht mittels der gewohnlichen Kernf&rbungsmethoden 
f&rben lassen. Ihr AeuBeres erinnert an kolloid degenerierte Zellen, von 
denen sie sich aber durch ihr Verhalten gegen mehrere Farbstoffe (z. B. 
Malachitgrfln) unterscheiden. Oft ist die Grenze zwischen den lebenden 
and den zerfallenen Zellenschichten eine sehr scharfe. Mitnnter findet 
man eine Grenzschicht, die sich in geffirbten Pr&paraten durch ihre 
intensive Farbe hervorhebt, die dadurch entsteht, daB der oft zerfallene 
Kern sich diffus und besonders intensiv ffirbt. Rundzellen kommen in 
den zerfallenen Partien gewohnlich nicht Oder nur vereinzelt vor, da- 
gegen sieht man dann und wann homogene rundliche Korperchen in 
nnd zwischen den Zellleibern liegen, welche die Farbstoffe, z. B. Hfima- 
toxylin, aufnehmen und sich diffus farben (Pseudoparasiten, s. sp&ter). 

In den groBeren Geschwtilsten sind die Krebsalveolen bedeutend 
grCBer, die Bindegewebsziige zwischen denselben sind oft ganz diinn und 
schmal, und fast ohne Ausnahme findet man im Innern der Alveolen 
erhebliche Zerfallprozesse, so zwar, daB die Randpartie stets frische, 
lebensfahige Zellen, gewohnlich mit ziemlich reichlichen Mitosen, zeigt 
Sehr allgemein findet man in den SuBeren Teilen der Zellen des Krebs- 
alveols zahlreiche rote Blutkorperchen, die zwischen den Krebszellen 
liegen oder auch, worauf ich spater zuruckkommen werde, haufig in 
diese aufgenommen sind. 

In seltenen Fallen (besonders bei grauen Mausen), wo die Geschwulst 
aus irgend einem Grunde sehr langsam angewachsen ist, kann man das 
Bindegewebe stark entwickelt und zwischen den verhfiltnismafiig sp&teren 
Krebsalveolen breite Ziige bildend finden. Die Zerfallvorgfinge treten 
dann gewohnlich etwas weniger hervor, auch ist die Anzahl der Mitosen 
meistens eine geringere. 

In einzelnen Geschwtilsten fand ich Abiinderungen, die sich in ge~ 
wissen Beziehungen von den hier besprochenen unterscheiden. So 
stiefien mir ein paarmal Bilder auf, die alien mbglichen Grund zu der 
Annahme gaben, daB die Druckverh&ltnisse den lebhaft proliferierenden 
Zellen recht ungiinstig gewesen waren, so daB diese stellenweise eine 
von der gewohnlichen abweichende Form angenommen batten, indem 
sie d(Inner, mehr langgestreckt, zum Teil sogar spulenformig geworden 
worden, so zwar, daB ihre iibrigen Eigenschaften wie auch ihre eigen- 
tiimliche Lagerung ganz dieselben geblieben waren wie in den anderen 
Geschwtilsten. Einzelne Geschwttlste boten ein anderes eigentfimliches 


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Jensen, Experimentelle Untersuchungen.fiber Krebs bei Mftusen. 


123 


Verhalten dar, indem in grofiem Umfange Ver&nderungen gefunden 
warden, die ganz denjenigen entsprechen, welche unter anderem von 
Pianese(9) unter der Bezeichnung „Keratohyalindegeneration u 
beschrieben sind. Die von dieser Degeneration angegriffenen Zellen 
liegen teils in den peripheren Partien der Krebsalveolen in der N&he 
des Bindegewebsstromas, teils auch einzeln, fleckweise oder als diinne 
Zfige tiefer im Innern oder sogar in der Mitte der Krebsalveolen. Die 
Zellen sind an Form viel unregelm&fiiger als gewdhnlich, oft sehr lang- 
gestreckt, zuweilen stundenglasffirmig and nehmen z. B. nach F&rbung 
nach van Giesons Methode im Gegensatz zu den normalen Ge- 
schwulstzellen S&urefuchsin and H&matoxylin in ihren Zellleibern auf, so 
dafi sie als braunrote Zellen mit einem meist d iff us geffirbten Kern 
hervortreten. Auch gegen andere Farbstoffe wie H&matoxylin, Alaun- 
karmin, Pianeses Martiusgelb-S&urefuchsin-MalachitgrQn zeigen diese 
Zellen die der Keratohyalinbildung eigentflmlichen Farbenreaktionen. In 
ganz geringer Anzahl lassen derartig ver&nderte Zellen sich in den 
meisten der nntersuchten GeschwQlste nachweisen. Vollig verhornte 
Zellen kommen, wie wir spfiter sehen werden, nur fiufierst selten vor. 

Die auf Tafel II wiedergegebenen Mikrophotographien werden flb- 
rigens das mikroskopische Bild der Geschwulst veranschaulichen. 

Wie ist diese Geschwulst nun aufzufassen, ist sie mit Recht als ein 
Carcinom zu betrachten? 

Der Umstand, dafi keine Metastasen vorkommen, kann in dieser 
Beziehung nicht entscheidend sein, da wir ja auch z. B. beim Menschen 
unzweifelhafte carcinomatdse GeschwQlste antreffen, die nicht von Meta- 
stasenbildung begleitet sind, und, wie oben berflhrt, konnen wir auch 
nicht aus dem Umstande, dafi die Geschwulst sich so leicht auf andere 
Individuen Qbertragen l&fit, den Schlufi ziehen, es handle sich nicht um 
ein echtes Carcinom. Da die ursprflngliche Geschwulst, wie bereits be- 
merkt, nicht zu so eingehender Untersuchung kam, wie erwttnscht ge- 
wesen ware, l&fit sich der sichere Beweis, dafi die Geschwulst ursprflng- 
lich vom epithelialen Gewebe ausging, nicht mit absoluter Gewifiheit 
fQhren. Der vQllig carcinomartige Bau, die scharfe Grenze zwischen 
den Zellenhaufen und den Bindegewebszfigen, die kolloidahnliche Um- 
bildung der Zellen in den zentralen Teilen der Krebsalveolen und nicht 
zum wenigsten die keratohyaline Degeneration der Zellen sprechen jedoch 
entschieden dafflr, dafi die Geschwulst wirklich epithelialen Ursprungs 
ist. Uebrigens scheint es mir fflr die folgenden Arbeiten von ziemlich 
untergeordneter Bedeutung, ob wir die Geschwulst als ein Carcinom 
oder als ein Endotheliom betrachten wollen; dieselbe ist jedenfalls eine 
wesentlichst aus Zellen gebaute Geschwulst, die sich durch stets fort- 
schreitendes Wachstum auszeichnet, eine Geschwulst, die mithin ihrem 
ganzen Charakter zufolge bdsartig ist und den malignen GeschwQlsten, 
die wir am Menschen und an unseren Haustieren kennen, an die Seite 
gestellt werden mull. Und es mag wohl ganz sicher sein, dafi die Er- 
gebnisse, die sich durch experimentelle Untersuchungen 
dieser Geschwulst gewinnen liefien, auch bei sp&teren 
Untersuchungen fiber andere Gesch wulstform en Anlei- 
tung zu geben vermOchten. 

Uebertragung der Geschwulst auf andere weifie Mfiuse. 

Aus der ursprfinglichen Maus wurden, wie schon gesagt, Impfungen 
an 5 M&usen unternommen, deren drei von der Geschwulst angegriffen 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 2. 


wurden. Die eine dieser drei starb 2 Monate nach der Irapfung und 
hatte eine haselnuBgroBe, ziemlich weiche, etwa3 lappige Geschwulst an 
der Impfstelle unter der RQckenhaut; es fanden sich keine Metastasen. 
Die zweite vurde 3 1 ', Monate nach der Impfung getotet. Maus und 
Geschwulst zusammen wogen 34 g, die Geschwulst allein 20. Diese 
erstreckte sich fiber den groilten Teil des Rttckens als eine groBe knotige 
Anschwellung; sie war der Haut adhfirent, diese war aber nicht durch- 
ulceriert. Auch bei dieser Maus wurden keine Metastasen gefunden. 
Die dritte Maus wurde l 1 /* Monate nach der Impfung getotet. Sie 
hatte am Riicken eine Geschwulst von der GrSBe einer kleinen WalnuB; 
dieselbe war stark lappig, etwas weich und in der Mitte ein wenig zer- 
fallen; auch bei dieser Maus fanden sich keine Metastasen. Aus den 
beiden zuletzt genannten Mfiusen wurden nun 10, resp. 6 Mause geimpft. 
Bei 6 der 10 Mause entwickelte sich eine Geschwulst; aus der anderen 
Abteilung wurden zwei 8 Monate nach der Impfung getotet, ohne Ge- 
schwulstbildung zu zeigen, wkhrend sich bei den iibrigen vier Geschwfllste 
von gewohnlichem Aussehen und betrachtlicher Gr8Be entwickelten. 

Die Impfung geschah in alien diesen Fallen auf folgende Weise: 
Die erkrankten Mause wurden durch Chloroform getotet, in Lysol- 
wasser gelegt, mit einem reinen Tuche abgetrocknet und auf einem 
Brette ausgespannt, worauf die Rtlckenhaut mittels steriler Instrumente 
losdisseziert wurde. Man schnitt ein Stuck der Geschwulst heraus und zer- 
quetschte dasselbe in einem sterilen M8rser, worauf man die zerquetschte 
Geschwulst mit physiologischer Kochsalzlosung mischte. Von dieser 
Fliissigkeit, die sich unter dem Mikroskope als viele freie Zellen und ganz 
kleine Gewebsstuckchen enthaltend erwies, spritzte man darauf den Mausen 
eine geringe Menge unter die Haut ein. Auf diese Weise haben wir 
im Laboratorium eine groBe Anzahl Impfungen auf Mause unternommen. 
In der letzten Zeit wandten wir dagegen moistens eine andere Impf- 
methode an, indem wir ca. stecknadelkopfgroBe Stficke der Geschwulst- 
masse abschnitten und diese mittels einer scharf geschlilfenen, einer In- 
jektionsspritze angepaBten Kaniile im subkutanen Gewebe anbrachten; 
die Stficke steckten wir in die Kaniile, fQhrten diese in die Subcutis 
hinein und schoben darauf das Stfick mittels eines Stiletts hinaus. 
Letztere Methode brachten wir in Anwendung, teils weil es gleich den 
Anschein hatte, als gabe sie zuveriassigere Resultate, teils weil wir auf 
diese Weise leichter zu verfolgen vermochten, was mit den eingefiihrten 
Stuckchen geschah, und speziell brauchbares Material zur mikroskopischen 
Untersuchung der Entwickelung der neuen Geschwulst beschaffen konnten. 
Beim Zusammenzahlen der vorliegenden Resultate erwies es sich jedoch, 
dafi die Injektion der zerquetschten Geschwulstmasse etwas bessere 
Ergebnisse geliefert hat als die andere Methode. 

Nehmen wir nur solche Versuche mit, wo es sich um einfache 
Transplantation handelt, ohne daB das Gewebe vorher besonderer Be- 
handlung unterworfen worden ware, so sind bis Ende Dezember 1902 
im ganzen 844 Mause geimpft worden. 232 derselben starben im Laufe 
der ersten 14 Tage, zu einem Zeitpunkte also, da das Resultat der Im¬ 
pfung sich noch nicht mit Sicherheit feststellen lieB (meistens wegen 
beschwerlicher Geburt, an infektiosen Darmleiden, zuweilen an anderen 
Infektionen). Unter den zurttckgebliebenen wurden 274 mittels Injek¬ 
tion der zerquetschten Geschwulstmasse geimpft, und bei 121 derselben 
kam es zur Geschwulstbildung; an 338 wurde Impfung mittels einver- 
leibter Stttckchen unternommen, und unter diesen wurden 128 von Ge- 


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Jansen, Experimentelle Untereuchungen uber Krebs bei Mausen. 


125 


scbwfilsten angegriffen. Lassen wir in diesen Reihen aber einige einzelne 
Impfungen an einer ziemlich grofien Anzahl von Tieren weg, wo das 
Resultat ein vfillig negatives war, so stellt sich das Verhaltnis so, dafi 
ungeffihr die Hfilfte der geimpften Tiere von Geschwulst- 
bildung angegriffen wurde. Wie die genannten Ffille, in welchen 
die Impfung ein vfillig negatives Resultat gab, zu erklaren sind, lfifit 
sich noch nicht mit Bestimmtheit entscheiden. Es scheint nur wenig 
wahrscheinlich, dies dem Umstande zuzuschreiben, dafi die Geschwulst 
desjenigen Tieres, aus welchem geimpft wurde, plfitzlich gegen andere 
Individuen vbllig „avirulent“ geworden sein sollte, wahrscheinliclier ist 
die Annahme, dafi die geimpften M&use einem Stanime angehdrten, der 
gegen die Einwirkung der Geschwulstzellen besonders widerstandsfahig 
war, ein Verhalten, auf welches ich spfiter zurfickkommen werde. 

Die Versuche erstrecken sich fiber 2 1 /* Jahre und die Uebertragung 
von Tier auf Tier umfafit augenblicklich (Januar 1903) 19 Generationen. 

In fast alien Fallen, wo es fiberhaupt zur Gescbwulstbildung kam, 
war der Erfolg der Transplantation derselbe. Die einverleibten Stfick- 
chen verschwinden im Laufe weniger Tage; in ca. 14 Tagen, ausnahms- 
weise schon in 6—8 Tagen, kann man die Haut hindurch aufs neue ein 
kleines Knotchen finden. Dieses wfichst wahrend der nfichsten Wochen 
und erreicht in 2—3 Wochen die GrOfie einer Erbse bis die einer Bohne. 
um darauf im folgenden Monat so grofi wie eine Walnufi oder darfiber 
zu werden. Nach Verlauf von 2—3 Monaten kann die Geschwulst sehr 
betrfichtlichen Umfang erlangen, so dafi sie den grofiten Teil des Rfickens 
des Tieres einnimmt und sich bis auf die Seite erstreckt, und nicht 
selten fibertrifl't ihr Gewicht, wie das oben angeffihrte Beispiel zeigt, 
sogar erheblich das der Maus selbst In ganz einzelnen Fallen war das 
Wachstum noch weit scbneller, so dafi sich in 4—6 Wochen riesige Ge- 
schwfilste entwickelten; in anderen, ebenfalls aber nur ganz einzelnen 
Fallen war das Wachstum ein ganz langsames, so dafi noch nach Ver¬ 
lauf mehrerer Monate nur erbsen- bis bohnengrofie Geschwfilste von 
ziemlich fester Konsistenz gefunden wurden. Wfihrend die Geschwfilste 
anfangs das Tier nicht zu genieren scheinen, tritt, wenn diese eine be- 
deutende Grfifie erreicht haben, Abmagerung ein, und gewohnlich stirbt 
das Tier in kachektischem Zustande. Nicht so gar selten wird die Ge¬ 
schwulst allmfihlich an die Haut adhfirent werden, dieselbe durchwacbsen 
und durchsetzen, so dafi mehr oder weniger umfassende Ulcerationsbil- 
dungen entstehen und die MS use an von diesen ausgehenden Infektionen 
sterben konnen. 

Es scheint, dafi die Beschaffenheit des eingeimpften Materials einen 
nicht ganz geringen Einflufi auf das Resultat hat. Soweit ich zu sehen 
vermag, wird das Resultat weniger sicher, wenn zur Impfung kleinere, 
jfingere Geschwfilste benutzt werden, die noch in lebhaftem Wachstum 
begriffen sind, wfihrend die Uebertragung sicherer zu sein scheint, wenn 
man noch nicht zerfallene Stficke bereits grofi gewordener Geschwfilste 
benutzt. Die Erklfirung ist vermutlich in dem Umstande zu suchen, dafi 
man in jungen Geschwfilsten Massen von Zellen in Teilung findet, und 
dafi solcbe Zellen besonders empfindlich sind und wahrscheinlich die 
wenn auch kurze Unterbrechung des Stoffwechsels nicht ertragen kfinnen, 
wfihrend man in den filteren Geschwfilsten weniger Mitosen und ver¬ 
mutlich mehr Zellen im „Stadium der Ruhe“ antrifft, wenn dieser Aus- 
druck zulfissig ist 

Es drfingt sich selbstverstfindlich eine Frage hervor: Wie kann 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXX TV. No. 2 . 


es zugehen, dafi mehr als dieHfilfte der geimpfte n M&use 
nicht von Geschwfllsten angegriffen werden? Rfihrt dies 
einzig und allein von Zufalligkeiten her, so dafi keine genflgende Ver- 
wachsung des einverleibten Stflckes mit dem lebenden Gewebe zu rechter 
Zeit zn stande kam, oder beruht es anf Fehlern bei der eigentlichen 
Impfung. anf eingedrnngenen Infektionsstoffen u. dgl., Oder ist die Ur- 
sache endlich anderswo zu suchen? Ich bemerke hier, dafi kleine Zu- 
ffilligkeiten naturlich gewifi eine Rolle spielen wie bei alien anderen 
Transplantationen. Ferner geschieht es selbstverst&ndlich dann and 
wann, dafi zugleich mit dem Stfickchen Mikroben eingefflhrt werden, and 
mitunter kann man sehen, dafi die kleinen eingefflhrten Stflckchen, statt 
resorbiert zu werden, sich nach und nach in eine dicke, breiige Masse 
verwandeln, die von einer Bindegewebskapsel umgeben ist und in der 
sich Bakterien nachweisen lassen. Im grofien und ganzen rflhren die 
negativen Resultate aber gewifi von dem Umstande her, dafi eine grofie 
Anzahl der M&use von vornherein immun sind, was ver- 
mutlich heifit, dafi ihre Gewebss&fte auf die eingefflhrten Geschwulst- 
zellen todliche Wirkung haben; wenigstens geht aus unseren Versuchen 
hervor, dafi diejenigen M&use, die einmal geimpft wurden, ohne Ge- 
schwfilste zu bekommen, durch sp&tere Impfungen nicht angegriffen 
werden. Dieses Ergebnis ist indes nicht als ein absolut sicherer Beweis 
aufzufassen, dafi die M&use von Anfang an immun gewesen seien, indem 
ja sehr wohl denkbar ist, dafi die einmalige Impfung einen gewissen 
Grad der Immunit&t erzeugt h&tte, so dafi die negativen Resultate 
sp&terer Impfungen sich auf diese Weise erkl&ren liefien. Die Versuche 
hinsichtlich dieses Punktes sind noch nicht abgeschlossen, weshalb ich 
mich auf deren Besprechung nicht n&her einlassen werde, ich habe aber 
guten Grund, zu hoffen, dafi sie fiber dieses Verh&ltnis hinl&ngliches 
Licht verbreiten werden, das mir unter anderem fflr die Wertsch&tzung 
der zahlreichen negativen, von anderen Forschern an Hunden und an¬ 
deren Tieren angestellten Transplantationen von grofier Wichtigkeit zu 
sein scheint. Verh&lt es sich so, dafi eine Geschwulst, die wie die vor- 
liegende sehr leicht flbertragbar ist, nur die H&lfte der geimpften Tiere 
angreift, so kflnnte man sich ja sehr wohl denken, dafi andere Ge- 
schwulstformen nur 1 / i , */io oder eine noch weit geringere Anzahl der 
mit denselben geimpften Tiere angriffen; und dies fordert uns auf, uns 
bei Versuchen in dieser Richtung nicht mit Impfung ganz weniger Tiere 
zu begnflgen, sondern stets eine mflglichst grofie Anzahl anzuwenden. 
Verschiedene Beobachtungen, auf die ich mich indes nicht n&her ein¬ 
lassen werde, scheinen denn auch anzudeuten, dafi vielleicht eine Art 
Familiendisposition zur Geschwulst Oder umgekehrt eine Familienimmu- 
nit&t gegen dieselbe vorliegt. Es dflrfte deshalb bei sp&teren Transplan- 
tationsversuchen an Hunden guter Grund vorhanden sein, die Trans¬ 
plantationen soweit raoglich an Individuen zu unternehmen, die zu der- 
selben Rasse gehdren wie der krebskranke Hund, Oder besser noch die 
Versuche an Tieren anzustellen, die mit dem angegriffenen in naher 
Verwandtschaft stehen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dafi wir auf diese 
Weise im stande sein werden, weit sicherere Resultate zu erzielen, als 
dies bisher mflglich war. 

Uebertragung der Geschwulst auf Hausm&use. 

Aufier an weifien M&usen wurden auch Impfungen auf graue Haus¬ 
m&use (Mus museulus) unternommen, von welchen die weifien be- 


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Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei M&usen. 


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kanntlich eine Variet&t bilden. An fangs war es mit Schwierigkeiten ver- 
bunden, die Geschwulst auf dieselben zu Qbertragen, indent mehrere 
Impfungen an einer grofien Anzahl von M&usen ein vollig negatives 
Resultat lieferten. Bei sp&teren Versuchen gelang die Impfung zu 
wiederholten Malen, bei Transplantation aus einer weifien Maus wurde 
aber nur eine geringe Anzahl angegriffen. So fiihre ich an, dad in 
einer Versuchsreihe unter 10 grauen M&usen nur eine einzige angegriffen 
wurde. Nachdem die Geschwulst erst einmal auf graue M&use Qber¬ 
tragen worden war, geschah die Uebertragung von grauer Maus auf 
graue Maus etwas leichter; im grofien und ganzen wird jedoch unter 
den grauen M&usen eine bedeutend geringere Anzahl angegriffen als 
unter den weifien. Unter 84 derartigen Transplantationen gaben nur 27 
ein positives Resultat. 

Die Geschwulstbildung verl&uft Qbrigens bei den grauen M&usen in 
allem wesentlichen ebenso wie bei den weifien, jedoch ist das Wachs- 
tum h&ufig etwas langsamer; die Geschwulst erweist sich oft als etwas 
reicher an Bindegewebe, wie sie auch nicht immer so betr&chtliche Grbfie 
erreicht, als es bei weifien M&usen der Fall ist 

Eine Uebertragung der Geschwulst von grauen M&usen auf weifie 
zurQck erwies sich als sehr leicht, und die Geschwulst erlitt hierdurch 
gar keine Ver&nderung. 

Versuche der Uebertragung auf andere Tierarten. 

Es wurden aufierdem Versuche angestellt, die Geschwulst auf andere 
Tierarten zu Qbertragen, z. B. auf die W a 1 d m a u s (Mus sylvaticus), 
die der Hausmaus aufierordentlich nahe steht. Leider war es mir nicht 
mdglich, mir mehr als 2 Exemplare dieser M&useart zu verschaffen, und 
das Resultat wiederholter Impfung war negativ. Die Uebertragung auf 
Brandm&use (Mus agrarius ) (12 Exemplare) gab ebenfalls negatives 
Resultat, und dasselbe gilt von Versuchen einer Uebertragung der Ge¬ 
schwulst auf Feldm&use (Arvicola agrestis ), Rotm&use ( Arvicola 
glareola), Haselm&use (Myoxus aveUanarius ), weifie Ratten ver- 
schiedenen Alters, Meerschweinchen, Kaninchen, Ziegen und 
Enten. Bei s&mtlichen diesen Tieren wurden die einverleibten StQck- 
chen, wie es scheint, im Verlaufe ganz kurzer Zeit reaktionslos resobiert; 
nur ausnahmsweise erhielt sich eine Zeitlang ein kleines bindegewebs- 
artiges Knotchen an der Impfstelle. 

Transplantation Oder Infektion? 

Es dr&ngt sich selbstverst&ndlich sogleich die Frage in den Vorder- 
grund: Ist eine Geschwulst wie die vorliegende infektidsen Ursprunges? 
Sind die besprochenen Uebertragungen von Tier auf Tier als Transplan¬ 
tationen zu betrachten, Oder liegt die Uebertragung eines Infektions- 
stoffes vor, so dafi die neue Geschwulst von der reizenden Einwirkung 
des Infektionsstoffes eben auf das Gewebe des Tieres herrQhrt? 

Um diese Frage ins reine zu bringen, verfolgte ich sorgf&ltig den 
Verlauf der Impfung w&hrend der n&chsten Tage nach dieser an einer 
grbfieren Anzahl von M&usen. Zu diesem Zweck legte ich wiederholt 
kleine, stecknadelknopfgrofie GeschwulststQckchen in das subkutane Ge¬ 
webe. Die M&use wurden darauf mit dem Zwischenraum von einem 
Tage getdtet, so dafi ich im stande war, GeschwulststQcke zu unter- 
suchen, die 1, 2, 3, 4 u. s. w. Tage am neuen Aufenthaltsorte gelegen 
hatten. Es zeigte sich nun bei diesen Untersuchungen, dafi die statt- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 2. 


findenden Prozesse freilich stets dieselben sind, daB sie aber geschwinder 
oder langsamer verlaufen kdnnen. In Kflrze wird man folgendes wahr- 
n eh men: 

Nach Verlauf von 1—2 Tagen findet man das eingelegte Stack fast 
v611ig nekrotisch, die Zellen schwellen an and werden hydropisch, die 
Kerne verlieren ihr Chromatin. Die Zellen lassen sich nicht mehr f&rben, 
kdnnen aber noch 1 Oder 2 Tage als rundliche, eckige Kdrperchen ohne 
bestimmte Struktur aussehen, um darauf zn einer Detritusmasse zu zer- 
fallen (Taf. Ill, Fig. 5). Zwischen diesen zerfallenen Gewebsmassen 
bemerkt man indes gewohnlich hie und da kleine Ansammlungen von 
Zellen, die ihr normales AeuBere vollstandig behalten haben und sich 
wie normale Zellen fSrben lassen (Fig. 9). Es kann keinem Zweifel unter- 
liegen, daB diese Zellenhaufen, die nicht mit dem Qbrigen Gewebe zn 
Grunde gegangen sind, ihre Lebensffihigkeit bewahrt haben. Die Detritus¬ 
masse verschwindet nun sehr schnell durch Resorption. Schon nach 
Verlauf von 3—4 Tagen beobachtet man oft, daB das einverleibte Stflck- 
chen bedeutend kleiner geworden ist; man findet, daB es jetzt wesentlich 
aus Bindegewebe besteht, welches ein wenig hyalin umgebildet ist und 
in grdBerer Anzahl Risse umschlieBt, die den nunmehr leeren, einge- 
fallenen Krebsalveolen entsprechen. Hie und da findet man in den 
Rissen noch ein wenig Detritusmasse, wie man auch an einzelnen Stellen 
grdfiere Ansammlungen derselben sehen kann (Fig. 6). Die erhaltenen 
Zellen liegen nun mehr oder weniger von dem dergestalt eingefallenen 
Bindegewebe umschlossen. Ist das Stuckchen groBer, so trifft man er- 
haltene Zellenhaufen nur in der Peripherie, nie in der Mitte an. 

Wieder nach ein paar Tagen wird alles abgestorbene Gewebe resorbiert 
sein, das Bindegewebe hat einen noch entschiedeneren hyalinen Charakter 
angenommen, und fast alle Bindegewebszellen im zentralen Teile des 
StQckes sind verschwunden. Zugleich beginnen im Umkreis und in den 
peripheren Teilen des Stttckes eine Menge neugebildeter GefSBe wie auch 
zahlreiche Fibroblaste aufzutreten. Die Oberlebenden Krebszellen befinden 
sich in lebhafter Proliferation (Fig. 7); die Zellen sind kleiner als fruher, 
die Kerne durchweg groB; Mitosen scheinen um diesen Zeitpunkt nicht 
vorzukommen, eine Teilung der Zellen durch direkte Kernteilung oder 
durch Fragmentation vermochte ich indes nicht sicher nachzuweisen. 
Die Zellenhaufen sind stets von dem umliegenden Gewebe scharf abge- 
grenzt (Fig. 10), und nie bemerkt man Bilder, die andeuten konnten, 
daB solche Zellenhaufen von einer Proliferation von Fibroblasten oder 
von anderen, dem Tiere selbst angehorenden Zellen herrOhrten. Was 
aus dem ursprfinglichen, jetzt hyalin umgebildeten Bindegewebe wird, 
das mit absoluter Sicherheit festzustellen war mir nicht mdglich. Es 
scheint, als ob dasselbe allmahlich von der Peripherie an nach innen 
von Fibroblasten und kleinen Gef&Ben durchwachsen wird, und aller 
Wahrscheinlichkeit nach verfallt es deshalb gradweise der Resorption; 
mfiglicherweise bleibt ein Teil desselben doch auch erhalten. 

Wahrend der folgenden Tage dauert die Proliferation der Zellen- 
massen an, so daB man 8—10 Tage spater oft eine ca. stecknadelknopf- 
groBe Geschwulst von typisch carcinomatosem Bau antreffen kann, mit 
zahlreichen, kleineren, von Zellen angefullten Krebsalveolen und spar- 
lichen, jedoch deutlichen untermischten Bindegewebszagen (Fig. 8). 

Nach aufien ist eine derartige kleine Geschwulst von zellenreichem 
Bindegewebe umgeben, das sich ohne scharfe Abgrenzung bis ins um- 
liegende Gewebe fortsetzt. Um diesen Zeitpunkt findet man in den 


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Jensen, Experimentelle Untereuchungen fiber Krebs bei M&usen. 


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Zellen zahlreiche Mitosen, gewdhnlich tod vollig typischem normalen 
AeuBeren. Die Krebsalveolen wachsen nun an, nnd nach Verlauf von 
12—14 Tagen ist es nicht ungewohnlicb, in der Mitte der grdBeren be- 
ginnende Zerfallsprozesse, wie oben erwahnt, anzutreffen. 

Es l&Bt sichalsonicht bestreiten, dafiwires beidiesen 
Uebertragungen der Gescbwulst von Tier auf Tier mit 
einer echten Transplantation zu tun haben. Der grdfite Teil 
des Gewebes wird allerdings nekrotisch, es bleiben aber kleine Zellen- 
h&ufchen zurQck, die fQr die Entwickelung der neuen Geschwulst die 
Grundlage bilden. Dies entspricht flbrigens ganz dem, was M o’r a u 
rQcksichtlich seiner Carcinome fand und ebenfalls dem, was Loeb bei 
seinen Rattensarkomen konstatierte. 

In guter Uebereinstimmung hiermit stehen auch die Resultate von 
Impfversuchen mit stark zerquetschter Geschwulstmasse. 
Die Versuche wnrden auf etwas verscbiedene Weise angestellt Bei 
einigen derselben wurde die Geschwulstmasse wie gewdhnlich in einem 
Mdrser ausgerieben, darauf mit Kieselguhr gemischt und in einem znr 
Pulverisierung von Bakterien konstruierten Walzenapparat zerquetscht, 
am mit Sicherheit davon ansgehen zu kdnnen, daB keine lebenden Zellen 
Qbrig geblieben waren; die Masse wurde hierauf den M&usen teils in 
die exkoriierte Oberhaut eingerieben, teils in die Haut, unter dieser und 
in die Bauchhdhle eingespritzt, stets aber mit negativem Resultat. Selbst 
in solchen F&llen, wo ich die Geschwulstmasse nur stark in einem Mdrser 
ausrieb und nach VerdQnnung mit Kochsalzldsung die FlQssigkeit durch 
mehrere Schichten feiner Gaze filtrierte, so daB keine zusammenh&ngen* 
den GewebsstQckchen mit hindurchschlupften, wurde das Ergebnis der 
Impfung ein unsicheres, ja fast immer ein negatives. 

Obgleich es folglich keinem Zweifel unterliegen konnte, daB die Ueber- 
tragungen als wirkliche Transplantationen zu betrachten waren, hielt ich 
meine Aufmerksamkeit selbstverst&ndlich dennoch auf die Frage ge- 
richtet, ob sich in den GeschwQlsten nachweisbare Parasiten vor- 
fanden. 

Pr&parate gut fixierter Geschwulststflcke (wesentlich mit Zenkers 
FlQssigkeit behandelt) wurden auf mannigfachste Weise gef&rbt: mit 
Karbolmethylenblau, Karbolfuchsin mit nachfolgender Entf&rbung, nach 
der von Russell angegebenen Methode, nach Gram, van Gieson, 
Pianese u. s. w. An Pr&paraten, die nach diesen verschiedenen 
Methoden behandelt worden waren, lieBen sich in einigen GeschwQlsten 
Qberhaupt keine Bildungen konstatieren, die sich als Parasiten deuten 
Oder solche auch nur vermuten lassen konnten. In anderen GeschwQlsten 
dagegen fand ich, bald in sp&rlichen, bald in SuBerst grofien Mengen 
verschiedene Kdrperchen, die zu den sog. „Zelleinschlttssen u zu z&hlen 
sind. Einzelne derselben lagen frei, die meisten in den Zellen einge- 
schlossen, in einzelnen GeschwQlsten kamen diese Kdrperchen auch im 
Bindegewebe vor. In einigen Fallen handelte es sich urn runde, scharf- 
begrenzte Kdrper, deren nahere Untersuchung sie mit Sicherheit als 
rote Blutkdrperchen erkennen lieB (Fig. 11), indem sie die GrdBe 
der letzteren hatten, auf dieselbe Weise wie diese gegen Farbstoffe 
reagierten und eisenhaltig waren; naufig konnte man denn auch, wie 
Olt dies bereits an Hundecarcinomen getan hatte, Mengen von roten, 
freiliegenden Blutkdrperchen zwischen den Krebszellen nachweisen. 

Die Hauptmenge der gefundenen Korper war jedoch anderer Art. 
Nach van Giesons Methode gef&rbte Pr&parate zeigten oft im Innern 


Eme Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. BiL XXXIV. No. 2. 


der Zellen kleine kugelige, homogene KSrperchen oder Trdpfchen, die 
sich schwach braunlich-gelb f&rbten. Die kleinsten derselben waren 
selbst bei ImmersionsvergrdBerung nicht viel mehr als punktformig, 
andere dagegen von bedeutenderer Grofie. In einigen GeschwQlsten 
fand sich eine geringere Anzahl derartiger Bildungen, die dafQr dann 
erheblich groBer waren (Fig. 12). Meistens lagen sie innerhalb der 
Zellen, h&ufig aber auch zwischen diesen; sie stellten homogene, kngelige 
oder etwas unregelmaBig gestaltete Korper ohne Spur eines Kerns dar. 
Sie f&rbten sich nach van Giesons Methode br&unlichgelb. In einigen 
derselben konnte man im Innern kernahnliche Flecke nachweisen (Fig. 13); 
diese Flecke waren ebenfalls vollig homogen ohne Spar von Struktur, 
zeichneten sich aber dadurch aus, daB sie sich bei der erw&hnten Ffirbung 
dunkelbraun farbten. Einige dieser Flecke waren von geringer Gr8Be, 
andere von recht bedeutendem Umfang, so daB sie den gelblichen Kdrper 
fast ganz ausfflllten. H&ufig fand man 2 oder noch mehr, langgestreckte, 
unregelm&Bige oder rundliche Flecke der genannten Art, die man mit 
etwas gutem Willen vielleicht als Kerne deuten konnte. In einzelnen 
Fallen traf ich in besonders groBen Korperchen sogar eine Anzahl runder 
Kfigelchen an, so daB der ganze Kdrper einem Schmarotzer mit Sporen 
ahnlich sein konnte (Fig. 14). Wie diese ZelleinscklQsse eigentlich zu 
deuten sind, muB ich dahingestellt sein lassen; von Blastomyceten 
kann hier jedenfalls nicht die Rede sein, obschon diese 
Korperchen ja grofie Aehnlichkeit mit denjenigen Bildungen darbieten, 
die in den Geschwiilsten gefunden und als solche beschrieben worden 
sind. Verfolgt man diese Bildungen von den ganz kleinen Punkten und 
Tropfchen in den Zellen an bis sie betr&chtlichere Grofie erreicht haben, 
so erhalt man mehr den Eindruck, daB es sich um eine Art intra- 
zellularer Sekretion oder, wenn man so will, um eine kolloidahnliche 
Degeneration handelt. Diese Korperchen behalten zum Teil ihre Fuchsin- 
farbe bei Entfarbung mit Saure und verbleiben farbig nach Grams 
Methode, wahrend sie dagegen, nach Russ ells Methode gef&rbt, sich 
h&ufig mehr oder weniger entfarben. Von kollolden Bildungen unter- 
scheiden sie sich u. a. dadurch, daB sie mit Malachitgrun nicht stark ge¬ 
farbt werden. 

In Praparaten, die nach der von B o r r e 1 (10) angegebenen Methode 
gefarbt worden waren, wies ich in einzelnen Geschwiilsten eine aller- 
dings nur ganz geringe Anzahl Bildungen nach, die den von Sawtchenko 
und Borrel angegebenen entsprechen, und die den Untersuchungen 
des letzteren zufolge vermutlich ja als blofie Zentrosomen zu 
deuten sind. 

Wie friiher erwahnt, fand in einzelnen Geschwiilsten eine Kerato- 
hyalindegeneration statt. Die von dieser Umbildung betroffenen Zellen 
haben, wie oben bertihrt, ein ziemlich unregelmaBiges, oft langgestrecktes, 
ja keulen- oder stundenglasfdrmiges AeuBere, wie sie sich auch durch 
die recht homogene Beschaffenheit des Kerns von den gewohnlichen 
Zellen wesentlich unterscheiden. Diese Zellen, die teils zerstreut zwischen 
den anderen Krebszellen lagen, teils in grofierer Anzahl gesammelt waren, 
namentlich in den peripheren Teilen der Krebsalveolen, ahneln v8llig 
den von Pianese (11) abgebildeten kerato-hyalin degenerierten Zellen, 
die er mit Korotnefs „Schmarotzern“ :Rhopalocephalus carcino- 
matosus identifiziert. Einzelne der solchergestalt umgebildeten Zellen 
waren abgeplattet und gekriimmt und lagen unmittelbar an einer anderen 
Zelle (Fig. 15); mitunter fand sich eine Krebszelle von zwei solchen ab- 


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Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei Mfiusen. 


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geplatteten, gekrflmmten Zellen umgeben, die eine Art Kapsel am die 
Krebszelle bildeten (Fig. 16); die vdllige Verhornung derartiger Zellen 
kann die Bildung von Pseudococcidien veranlassen. Auch in 
•einer anderen Weise kdnnen coccidien&hnliche Kdrpercben entstehen; 
so fand ich wenige Male in den Geschwfllsten eine eigentQmliche Um- 
bildung einzelner Zellen; der Korper derselben war homogen, licht- 
brecbend geworden and zagleich stark verkleinert, so daft die Zelle als 
ein freies, ovales KQrperchen zwischen den gewdhnlichen Zellen liegt; 
die Kerne kQnnen eine Zeitlang ihre ursprQngliche Gestalt behalten, 
werden aber nach und nach homogen. 

Bakterien liefien sich bei mikroskopischer Untersuchnng nie in 
den GeschwQlsten konstatieren. Die verschiedenen GeschwQlste ent- 
hielten, wie oben berflhrt, eine verschiedene Anzahl der genannten 
Pseudoschmarotzer. In einigen waren diese iiberhaupt nicht zu kon¬ 
statieren, in anderen aber in groBer Menge vorhanden. In grSBter 
Menge fand ich sie in einer ganz frischen Geschwulst, die ich ca. 10 Tage 
nach der Impfnng untersuchte, ferner in einer Geschwulst, die sich in- 
folge einer Serumbehandlung teilweise in Zerfall nnd Resorption befand, 
and endlich bei einer grauen Mans in einer Geschwulst, die sich sehr 
langsam entwickelte, reich an Bindegewebe war und keratohyaline Urn- 
bildung eines grofien Teiles der Krebszellen zeigte. 

Aufier diesen mikroskopischen Untersuchungen wurden ziemlich um- 
fassende ZQchtungsversuche mit aseptisch herausgenommenen Ge¬ 
schwiilsten angestellt, indem zur Verwendung kamen: gewdhnliche Gelatine, 
Agar-Agar, Serumagar, Agar mit Zusatz von AscitesflQssigkeit, erstarrtes 
Serum, Zwetschengelatine, Bouillon und Bouillon mit Zusatz von Serum, 
bezw. AscitesflQssigkeit. Die besaeten Glaser wurden teils bei Kdrper- 
temperatur, teils bei Zimmertemperatur erhalten; es wurden Methoden 
angewandt. die aerobes Wachstum gestatteten, auBerdem aber auch solche, 
die zur Zflchtung anaerober Formen benutzt werden. Nur wenige 
Male entstanden Kulturen einer kleinen Bacillenart, die sich als fur 
M&use durchaus unschadlich erwies, und die vermutlich'einige Generationen 
hindurch von Geschwulst auf Geschwulst mitgeschleppt worden war. 
Sp&ter wurde die Bacillenform nicht wieder beobachtet. Kulturen 
von Blastomyceten kamen nie vor. 

Die mikroskopischen Untersuchungen und die ZQchtungsversuche 
leisteten also der Annahme, daB die Geschwulst infektiOser Entstehung 
sein sollte, durchaus keinen Anhaltspunkt. Der Nachweis der Persistenz 
der Zellenhaufen bei der Uebertragung und die negativen Resultate 
nach Einimpfung der zerquetschten Geschwulstmasse widersprechen ent- 
schieden der parasit&ren Entstehung der Geschwulst, wenn sie auch nicht 
vdllig ausschlieBen, daB es sich urn eine Symbiose von Zellen mit einem 
vermutlichen Schmarotzer handeln kann. Die zahlreichen, im folgenden 
zu referierenden Versuche Qber die Widerstandsfahigkeit des Schwulst- 
gewebes gegen Qufiere Einwirkungen zeigen, daB das Geschwulstgewebe 
sich in dieser Beziehung wesentlich wie anderes tierisches Gewebe ver- 
halt und sprechen mithin ebenfalls gegen die parasit&re Entstehung der 
Geschwulst 


Vita propria der Zellen. 

Da es mir von nicht geringem Interesse schien, zu sehen, wie wider- 
standsf&hig gegen verschiedene QuBere Einwirkungen das Krebsgewebe 

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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 2. 


ist, warden ziemlich amfassende Reihen von Versuchen angestellt, toils 
fiber die Lebensffihigkeit des Gewebes, nachdem es vom Organismus 
getrennt worden war, toils fiber dessen Wider standsffihigkeit gegen 
Wfirme, Kfilte, intensives Licht, Eintrocknen und gegen die Einwirkung 
gewisser Antiseptica. 

Die Versncbe hinsicbtlich der „Vita propria“ des Krebsgewebes 
warden folgendermafien ansgeffibrt: 

Nach Tdtnng der Maas darch Chloroform schnitt man nnter anti- 
septischen Mafiregeln Geschwalststficke aas, die in sterilen Reagenz- 
gl&sern angebracht warden, wo sie verscbiedene Zeitr&ume hindurch 
blieben; daraaf fand Impfung statt and in der Regel warden za jedem 
Versucbe 5 Mfiuse benutzt. In den meisten Fallen wurde die Geschwulst- 
masse zerqnetscht, mit KocbsalzlOsang aasgerieben and auf obengenannte 
Weise eingespritzt; nur bei einzelnen Versuchen geschah die Impfung 
mittels Einverleibang kleiner Geschwalststficke. Da es von vornherein 
wahrscheinlich war, daB die Lebensffihigkeit der Zellen sich als ver- 
schieden erweisen wfirde, je nachdem dieselben sich in hdherer oder 
niederer Temperatnr befanden, warden 3 Reihen von Versuchen an¬ 
gestellt. In der einen warden die Glfiser bei Kdrpertemperatar aufbewahrt, 
bei der zweiten standen sie im Laboratorium bei ca. 16—18° C, wfihrend 
sie in der dritten Reihe bei einer Temperatur, die zwischen 1 and 3 
bis 4° C variierte, in einem Eisschrank anfgehoben waren. 

Zur Impfung wandte man bei den Versuchen, die man zu vergleichen 
wfinschte, soweit mfiglich Stficke derselben Geschwulst an, die, aaf 
Reagenzglftser verteilt, z. B. 2, 4, 6, 8, 12, 20 Tage lang aufbewahrt 
warden. In sfimtlichen Fallen gaben Kontrollimpfungen mit dem zum 
Versuche angewandten Geschwulstgewebe ein positves Resultat. 

Das Ergebnis der ersten Reihe von Versuchen ist aus beigeffigtem 


Tab. I. Versuche mit bei 37° C aufbewahrtem Geschwulstgewebe. 


Das Ge¬ 
schwulstge¬ 
webe hatte 
gelegen 

Anzahl der 
geimpften 
Mause 

Zu friih ge- 
storbene 
Mause 

Mause mit 
negativem 
Resultat 

Mause mit 
positivem 
Resultat 


24 Stunden 

4 

4 

_ 

__ 

Das Gewebe vol- 

48 „ { 

4 

4 

— 

4 

4 

0 

; o 

lig zerfalien 

72 „ 

4 

2 

2 

o 



Schema zu ersehen and war in Kflrze folgendes: Das Geschwulstgewebe 
erwies sich auCer stande, sich 24 Standen lebend za erhalten, indem 
keine der mit solchem Gewebe geimpften Mfiuse von Geschwfilsten an- 
gegriflFen wurde. 

Wurde das Geschwulstgewebe bei gewdhnlicher Zimmertemperatur 
aufbewahrt, so zeigte es sich im Besitze bedeutend grofierer selbstfindiger 
Lebensffihigkeit. Wie die Uebersichtstabelle angibt, war nicht nur Ge¬ 
schwulstgewebe, das 24 Stunden gelegen hatte, im stande, nach Ein- 
impfung GeschwUlste zu erregen, sondern auch nach 2—12-tfigigem Auf- 
bewahren hatte die Lebensffihigkeit des Gewebes sich erhalten, so daB 
nach Impfung auf Tiere positive Resultate erschienen. Bei lfingerem 
Aufbewahren starben die Zellen und die Transplantationsversuche mit 
solchem Gewebe gaben negatives Resultat. 


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Jensen, Experimentelle Untersuchungen liber Krebs bei Mftusen. 133 
Tab. II. Das Geschwulstgewebe bei Zimmertemperatur aufbewahrt. 


Das Ge¬ 
schwulstge¬ 
webe hatte 
gelegen 

Anzahl der 

Zu friih ge- 

Mause mit 

Mause mit 

geimpften 

storbene 

negativem , 

positivem 

Mause 

Mause 

Besultat 

Besultat 

1 Tag 

5 

2 

0 

3 

2 Tage { 

4 

4 

— 

3 

2 

1 

2 

4 „ 

4 

— 

4 

0 

8 „ 

4 

— 

1 

3 

12 • { 

4 

4 

— 

3 

2 

1 

2 

13 „ 

4 

1 

3 

0 

14 . { 

5 

_ 

5 

0 

4 

— 

4 

0 

16 , 

4 

— 

4 

0 

18 , 

4 

— 

4 

0 


Wurde das Gewebe im Eisschranke aufbewahrt, so erhielt es sich 
noch linger lebend, indem ich noch, nachdem es 18 Tage lang gelegen 
hatte, positiven Ausfall der Impfung erhielt. 

Tab. III. Dae Geachwuletgewabe bei 1—3° C im Eisschrank aufbe¬ 
wahrt. 


Das Ge¬ 
schwulstge¬ 
webe hatte 
gelegen 

Anzahl der 

Zu friih ge- 

Mause mit 

Mause mit 

geimpften 

Mause 

storbene 

Mause 

negativem 

Besultat 

positivem 

Besultat 

24 StundenJ 

5 

6 

3 

2 

2 

3 

1 

30 „ 

5 

— 

2 

3 

2 Tage 

4 

— 

2 

2 

3 - 

4 

— 

2 

2 


4 

— 

2 

o 

id 


6 

— ! 

3 

3 

5 „ 

4 

— 

1 

3 

6 , 

* 4 

— 

3 

1 

7 „ 

4 

— 

3 

1 

8 , 

4 

2 

1 

l 

9 . 

5 

— 

4 

1 

10 , 

4 

— 

4 

0 

12 „ 

4 

2 

1 

1 

14 , 

4 

— 

2 

2 

16 , 

4 

1 

1 

2 

18 „ { 

4 

— 

2 

2 

4 

1 

3 

0 

20 . { 

4 

4 

— 

4 

4 

0 

0 

22 , 

4 

1 

3 

0 

24 , 1 

4 

— 

4 

0 


Dieser in die Augen fallende Unterschied der Versuchsreihen l&fit 
sichziemlichsicherfolgenderweiseerkl&ren: DieZellen sind, solange 
siebeiEdrpertemperatnrgehaltenwerden, nicht im stande, 
den Stoffwechsel zu entbehren, und wird dieser unler- 
brochen, wieimVersnche, fallen sie schnell demTodean- 
heim; werden sie dagegen bei niederenTemperaturen auf¬ 
bewahrt, so fallen sie in eine Art Ruhezustand, w&hrend 


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134 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIY. No. 2. 

dessen sie den Stoffwechsel lange zu entbehren ver- 

radgen x ). 

SelbstverstSndlich erhalten wir bei einer Versuchsanordnung wie 
dieser keine vdllig klare und genaue Auskunft darilber, wie lange die 
Zellen sich nach dem Tode der Mans unter den verschiedenen Verhfilt- 
nissen am Leben erhalten haben, indem man ja nicht behaupten darf, 
die Zellen seien in den Fallen, wo man negatives Resultat der Impfung 
erhielt, schon vor dieser abgestorben; es ist ja sehr wahrscheinlich, dafi 
Zellen, die noch lebend sind, sich aber in geschwachtem Znstande be- 
finden, sich unter den nenen Umgebungen nach der Transplantation 
weit schwieriger zurechtfinden und deshalb auch leichter unterliegen 
werden. Die Versuche geben aber doch leidliche Haltepunkte fiir die 
Beurteilnng der selbst&ndigen Lebensfahigkeit der Zellen. 

Vergleichen wir die hier mit dem Geschwulstgewebe erreichten 
Resultate mit dem, was wir fiber die Lebensfahigkeit der normalen 
Epidermis wissen, wie Transplanstationsversuche dieselbe dargelegt haben, 
so linden wir, dafi das Geschwulstgewebe im Besitz einer etwas ge- 
ringeren Lebensfahigkeit ist als die normale Oberhaut. So 
kann angeffihrt werden, dafi Wentscher (12) mit Hfilfe von Trans- 
plantationsversuchen nachwies, wie die Epidermis 22 Tage lang ihre 
Lebensfahigkeit zu erhalten vermag, und dafi Ljunggren (13), der 
Epidermisstfickchen in steriler Ascitesflfissigkeit aufbewahrte, noch nach 
Verlauf eines Monats das Gewebe lebend fand, so dafi Transplantation 
mit demselben positives Resultat lieferte. Unter anderen Versuchen, die 
sich zum Vergleich heranziehen lassen, kdnnen wir besonders Donatis 
und Solieris (14) Experimente mit Periost von Hiihnern nennen; sie 
erlangten positives Resultat, wenn das Gewebe nicht fiber 192 Stunden 
bei 3—6°, 168 Stunden bei Zimmertemperatur oder 100 Stunden bei 
40—41° gelegen hatte. 

Die Einwirkung hdherer Temperaturen auf die Lebens¬ 
fahigkeit des Geschwulstgewebes. 

Die Versuche wurden folgendermafien angestellt: Das Geschwulst¬ 
gewebe wurde in einem Mdrser zerquetscht, in Kochsalzldsung ausge- 
rieben und in dfinnen Reagenzglasern angebracht, die ein Thermometer 
enthielten. Darauf tauchte man die Reagenzglaser in heifies Wasser, bis 
die erwfinschte Temperatur erreicht war, was gewdhnlich nur l / 4 Minute 
dauerte, und brachte dieselben nun in einem Wasserbade von deijenigen 
Temperatur an, deren Einwirkung man zu untersuchen wfinschte. Um 
den Versuch nicht gar zu umfassend zu machen, wurden nur Unter- 
suchungen fiber die 5 Minuten dauernde Einwirkung der verschiedenen 
Temperaturen angestellt, und die gewfihlten Temperaturen waren 45, 46, 
47, 48, 50 und 55°. 

Wie aus dem Schema hervorgeht, war die Einwirkung von 
45—46° nicht im stande, das Geschwulstgewebe zu tdten, 
w&hrend wir dagegen bei Temperaturen von 47° oder 
darttber stets ein negatives Resultat der Impfung er- 
hielten. 

Des Vergleiches wegen ffihren wir rficksichtlich des normalen Ge- 


lj Bei der Aufbewahmng bei Korpertemperalur tritt eine teilweiae Selbstverdauung 
ein; die Fermententmckelung steht aber walirscheinlich in Verbindung mit dem Ab¬ 
ater ben der Zellen. 


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Jen gen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei Mftusen. 135 


Tab. IV. Das Geschwulstgewebe erwarmt und darauf eingeimpft 


Temperatur 

Dauer 

Anzahl der 
geimpften 
Mause 

Zu friih ge- 
storbene 
Mause 

Anzahl der 
M&use mit 
negativem 
Resultat 

Anzahl der 
Mause mit 
positivem 
Resultat 

45 0 

5 Min. 

4 

_ 

2 

2 

46° 

— 

4 

2 

1 

1 

46 0 

— 

4 

1 

3 

0 

47 0 

— 

4 

1 

3 1 

0 

48° 

— 

4 

— 

4 

0 

50° 

— 

5 

— 

5 

0 

55° 

— 

4 

— 

4 1 

1 0 


vebes an, daB Wentscher durch Transplantationsversuche zu kon- 
statieren vermochte, daB die Epidermis noch nach 14-stiindiger Erhitznng 
auf 50° lebensffihig war. Auch gegen diese Einwirkung ist das Ge- 
schwulstgewebe also weniger widerstandsfahig als das normale Gewebe. 

Der EinfluB starker Abkfihlung auf die Lebensf&higkeit 
des Geschwulstgewebes. 

Besonderes Interesse dttrften die Untersuchungen fiber die Ein¬ 
wirkung der Kfilte auf das Geschwulstgewebe darbieten, da das Gefrieren 
bekanntlich als Heilmittel gewisser Geschwulstformen in Vorschlag ge- 
bracht worden ist (Howitz). 

Die Versuche wurden folgendermaBen ausgefiihrt: Man rfihrte die 
zerriebene Geschwulstmasse in physiologischer Kochsalzlosung aus und 
brachte sie in dfinnwandigen Reagenzgl&sern an, die mit einem Thermo¬ 
meter versehen in die verschiedenen K&ltemischungen getaucht wurden; 
es war mit ziemlich grofien Schwierigkeiten verbunden, die Glfiser mehrere 
Minuten lang bei derselben Temperatur zu erhalten, soweit moglich wurde 
dies jedoch durchgeffihrt, und groBe Schwankungen traten nicht ein. Man 
benutzte zu hdheren Temperaturen Mischungen von Salz, Eis und Wasser, 
zu groBeren Kfiltegraden Mischungen von Schnee und Chlorcalcium, ferner 
Kohlens&ureschnee und Mischungen desselben mit Alkohol, bezw. Aether, 
und endlich zu einem einzelnen Versuche flfissige Luft. Auf diese Weise 
erreichte man Temperaturen zwischen -f- 1 und wahrscheinlich ca. h- 180°. 

Das Resultat der Versuche geht aus untenstehender tabellarischer 


Tab. V. Das Gesch wulstgewebe stark abgekuhlt und darauf einge¬ 
impft 


Temperatur 

Dauer 

Anzahl der 
geimpften 
Mause 

Zu friih ge- 
storbene 
Mause 

Anzahl der 
Mause mit 
negativem 
Resultat 

Anzahl der 
Mause mit 
positivem 
Resultat 

ca. -f- 180° 

4—5 Min. 

4 

_ 

4 

0 

ca. -r 100 » 

ca. 10 „ 

4 

1 _ 

4 

0 

o 

O 

•1- 

ca. 10 v 

4 

— 

4 

0 

-f- 20° 

3 , 

4 

— 

4 

0 

-r 18° 

5 n 

4 

— 

2 

2 

~ 16—17° 

5 » 

4 

1 

2 

1 

~ 12° 

5 - 

4 

— 

2 

2 

| 

30 , 

4 

1 

3 

0 

-7- 10° { 

10 , 

4 

— 

3 

1 

1 

3 . 

4 

— 

4 

0 

— 5° 

3 , 

4 

1 

2 

1 

2° 

2 . 

4 

1 

2 

1 


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136 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Uebersicht hervor, aus der zu ersehen ist, daB eine 10 Minuten dauernde 
Abkfihlung auf -f- 10® das Gewebe nicht zu tOten vermochte, wfihrend 
die 30 Minuten dauernde Einwirkung derselben Temperatur dazu im 
stande war. Eine kurze oder sogar 5 Minuten lange AbkUhlung auf 
Temperaturen von -f- 12, 16 und 18° vermochte ebenso wenig das Ge¬ 
webe zu t5ten, wkhrend dies dagegen durch eine 5 Minuten anhaltende 
Abktthlung auf niedrigere Temperatur, wie es schien, mit Sicherheit be- 
wirkt wurde. 

Es ist selbstverstandlich schwer, mittels derartiger Versuche durch- 
aus genaue und zuverlassige Resultate zu erzielen, weil man wohl kaum 
sicher sein kann, daft samtliche Teile der Geschwulstmasse genau gleich 
stark abgekfihlt sind, ferner weil die Impfungen ohnehin nicht immer 
ein absolut zuverlassiges Resultat geben, indem, wie frtiher hervor- 
gehoben, mitunter Falle vorkommen, wo man nach Impfung von z. B. 
5—10 Mausen nicht einmal bei der Halfte, sondern nur bei ganz einzelnen 
Anschlag erhalt Da die Versuchsresultate aber in so guter Ueberein- 
stimmung miteinander stehen, wird man den obengenannten SchluB jedoch 
mit ziemlicher Sicherheit ziehen kdnnen. Was hier von den Abkflhlungs- 
versuchen gesagt wurde, gilt im wesentlicben natttrlich auch von den 
Erhitzungsversuchen und anderen Versuchsreihen, die im folgenden ge- 
nannt werden. 

Die todliche Wirkung des Lichtes auf das Geschwulst- 

gewebe. 

Versuche fiber die todliche Wirkung des Lichtes auf die Geschwulst- 
zellen wurden in Finsens medizinischem Lichtinstitute unter 
Leitung des Dr. Hans Jansen, Assistenten am Laboratorium an- 
gestellt. 

Zur Beleuchtung wurde ein Finsenscher Konzentrationsapparat 
(15) angewandt, wie dieser zur Behandlung der Lupuspatienten benutzt 
wird. Die Lichtquelle war eine Kohlenbogenlampe von ca. 70 (65 —70) 
Amp&res, die Stromstfirke ca. 50 (48—51) Volt; die Dicke der Kohle 

^ mm ; der Diameter der Frontlinse war 8 cm, deren Entfernung von 
22 mm ° 

der Lichtquelle 13 cm. Die Lichtst&rke entsprach im wesentlichen der 
bei der Behandlung des Lupus zur Anwendung kommenden. 

Die Versuche geschahen folgendermafien: Die Maus wurde ge- 
tOtet; die Geschwulst wurde losdisseziert und in einer sterilen Glas- 
schale angebracht, und aus den am wenigsten zerfallenen Teilen der¬ 
selben wurden kleine Stfickchen ausgeschnitten. Zur Beleuchtung wurde 
ein von Dr. Jansen (16) konstruierter und abgebildeter Apparat an¬ 
gewandt, welcher aus 2 Quarzplatten besteht, die dergestalt in einer 
Einfassung von Messing angebracht sind, daB sie sich mehr oder weniger 
eng aneinander pressen lassen. Wir legten die Gewebsstttckchen zwischen 
die Quarzplatten und drfickten diese gegeneinander, so daB wir # eine 
gleichmfiBige, dttnne Schicht halbzerquetschter Geschwulstmasse be- 
kamen. Soweit moglich, vermieden wir die Benutzung von Geschwulst- 
stficken, welche zerfallene Stellen oder sichtbare Mengen Blutes ent- 
hielten. Die kleine Quarzkapsel mit dem Geschwulstgewebe brachten 
wir im Lichtkegel des Konzentrationsapparats an und zwar in solcher 
Entfernung von letzterem, dafi sie sich ein wenig hinter dem Brenn- 
punkte an einer Stelle befand, wo der Kegel einen Durchmesser von 
18 mm hatte, Durch Ueberrieselung beider Seiten der Quarzschachtel 


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Jensen, Experimentelle Untersuchungen flber Krebs bei Mftusen. 


137 


mit Wasser verhinderten wir die Erw&rmung der Gewebsstiicke auf 
Temperaturen flber 25—30° C. 

Nach verschiedene Zeit andauernder Beleuchtung impften wir die 
Geschwalstteile auf gewdhuliche Weise in die Subcutis weifier Mause 
ein; zu jedem Versuche wurden in der Regel 5 Mause benutzt, und der 
Sicherheit wegen wurde stets zugleich Impfung mit nichtbeleuchteten 
Teilen des Geschwulstgewebes an einer gleichen Anzabl M&usen unter- 
nommen. 

Es wurden 5 Reihen von Versuchen ausgefflhrt; die erste mit 
dickeren Schichten Geschwulstmasse, die flbrigen mit 0,2 mm dicken 
Schichten; in den beiden ersten Versuchsreihen wurde das Gewebe nur 
von der einen Seite beleuchtet, in den flbrigen wurde die Quarzkapsel 
dagegen nach Verlauf der halben Beleuchtungsdauer so gedreht, dad 
nun die entgegengesetzte Flflche der Lichtquelle zugekehrt war; hier- 
durch erzielte man die gleichm&fiigere Beleuchtung der gesamten Ge- 
websmasse. 

Das Ergebnis der Versuche ist aus untenstehenden Tabellen zu er- 
sehen. 


Tab. VI. Einwirkung des Lichtes. — Die Versuchsreihen I — II. 


Dicke 

Dauer 

der 

Beleuchtung 

Anzahl 

Zu friih 

Mause 

Mause j 


der 

der 

j gestor- 

mit 

1 mit 


Gewebs- 

masse 

geimpften 

Mause 

bene 
Mause j 

negativem 
Res ul tat 

positivem 
Resultat ! 


1 mm 

1 Stunde 

5 

4 

0 i 

1 

Versuchsreihe I. 

0,5 „ 

15 Minuten 

5 

1 

1 

3 

(Die Stromstarke bei 

5 „ 

5 

_ 

4 

1 

► diesem Versuche 

Kontrolle 

(nicht be¬ 





schwacher, ca. 60 Am¬ 


leuchtet) 

5 

1 

1 

3 

peres.) 

0,2 mm 

2 Stunden 

5 

— 

5 1 

0 


1 Stunde 

5 

— 

5 

0 



V 

/ >2 )) 

4 

— 

4 

0 

> Versuchsreihe 11. 

Kontrolle 

(nicht be¬ 
leuchtet) 

1 5 

_ 

2 

1 3 



War das Gewebe 1 mm dick, so vermochten die Lichtstrahlen also 
nicht, dasselbe in dem Umfange zu durchdringen, dafi das Gewebe ge- 
tOtet wurde, selbst bei lange andauernder Beleuchtung. Bei einer Ge- 
websdicke von 0,5 mm war auch eine 15 Minuten dauernde Einwirkung 
des Lichtes hierzu nicht genflgend, w&hrend eine Va-stfindige Beleuch¬ 
tung nur 0,2 mm dicker Gewebsscheiben mit Sicherheit tddlich auf die 
Zellen wirkte. 

Die folgenden Versuchsreihen wurden alle drei auf dieselbe Weise, 
mit derselben Dicke des Gewebes und mit Beleuchtung beider Seiten 
(s. oben) ausgefflhrt. 

Es geht hieraus hervor, dafi das intensive Licht die Ge- 
schwulstzellen leicht totet. Es lfifit sich nicht entscheiden, wie 
kurz die Einwirkung zu sein braucht, um die einzelnen Zellen zu toten; 
aus den beiden letzten Versuchsreihen ist indes ersichtlich, dafi samt- 
liche Gewebsteile einer 0,2 mm starken Schicht nach Verlauf von 1—2 
Minuten getotet waren, wenn die Beleuchtung, wie angeftthrt, abwechselnd 
beide Fl&chen der Schicht getroffen hatte. In Uebereinstimmung mit 
frflheren Erfahrungen und Beobachtungen haben die Versuche zugleich 
dargetan, dafi die wirksamen Lichtstrahlen nur in verhaltnism&fiig ge- 
ringem Grade im stande sind, in die Gewebe einzudringen, und dafi 


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138 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Tab. VII. Die Versuchsreihen III—V. 


Dicke 

Dauer 

der 

Beleuchtung 

Anzahl 

Zu friih 

Mause 

Miiuse 1 


der 

der 

gestor- 

mit 

mit 


Gewebs¬ 

masse 

geimpften 

Miiuse 

bene 

Miiuse 

negativem 

Resultat 

positivem 
Resultat | 


0,2 mm 

30 Minuten 

5 

_ 

5 

o 


20 „ 

5 

1 

4 

0 



10 „ 

5 

— 

5 

0 

Versuchsreihe III 

Kontrolle 

(nicht be- 
leuchtet) 

5 

_ 

4 

1 


0,2 ram 

10 Minuten 

5 

3 

2 

0 


5 „ 

5 

1 

4 

0 



2 V 

1 Minute 

4 

4 


4 

1 

0 

3 

> Versuchsreihe IV 

Kontrolle 

(nicht be- 
leuchtet) 

5 

3 

0 

I 

2 


0,2 mm 

10 Minuten 

5 

— 

5 

0 


5 „ 

5 

4 

1 

0 



2 » 

1 Minute 

5 

5 

2 

1 

3 

4 

0 

0 

Versuchsreihe V 

Kontrolle 

j (nicht be- 
l leuchtet) 

5 

— 

3 

2 



ihre Wirkung auf die Zellen, nachdem sie eine nur 0,5 mm dicke Ge- 
websschicht passiert haben, schon erheblich abgeschw&cht ist, wenn man 
auch bei mehr als 15 Minuten andauernder Beleuchtung wahrscheinlich 
die Destruktion einer Gewebsschicht von dieser Dicke erreichen wird. 

Das Resultat der Versuche bietet gewisses Interesse dar, weil man 
noch nicht ganz dariiber im Reinen ist, inwiefern man bei Behandlung 
des Lupus (und des Cancer) mit Licht wesentlichst mit einer direkt 
todlichen Wirkung auf die Schmarotzer und die patbologischen Zellen 
Oder nur mit einer indirekten Wirkung mittels hervorgerufener Zirkula- 
tionsanderungen zu schaffen hat, eine Frage, die gegenw&rtig im Licbt- 
institute naherer Untersuchung unterworfen wird. 

Die Wirkung der Eintrocknung des Geschwulstgewebes. 

Es war sehr wahrscheinlich, daC das Geschwulstgewebe — wie die 
tierischen Zellen fiberhaupt — sich sehr empfindlich gegen Eintrock¬ 
nung zeigen wfirde. Es wurden, um dies zu illustrieren, 3 Versuche 
angestellt 

Ein Stttck einer Geschwulst wurde im Morser verrieben; die Masse 
wurde in 2 sterilen Glasschalen ausgebreitet; die eine wurde 3 1 /, Stun- 
den im Exsiccator Uber Schwefelsaure angebracht, wahrend die andere 
1 1 /2 Stunden lang der Luft ausgesetzt wurde, bis die Gewebsmasse trocken 
war. Von einer anderen Geschwulst wurde in Uhnlicher Weise die ge- 
quetschte Gewebsmasse ca. V 2 Stunde der Einwirkung der Luft aus¬ 
gesetzt, so daR die Gewebsmasse halbtrocken war. Die so behandelten 
Gewebsteile wurden dann in Kochsalzlosung verteilt und an MUusen 
subkutan injiziert. Zu jedem Versuche wurden 5 M&use angewandt 
und nicht eingetrocknete Teile derselben Geschwulst wurden zur Kon- 
trolle an anderen M&usen in derselben Weise eingeimpft. Die Resultate 
der Impfungen mit der eingetrockneten Masse war, wie Tab. VIII zeigt, 
vollig negativ; die Zellen hatten selbst eine nur teilweise Eintrocknung 
nicht ertragen konnen. 


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Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei Mftusen. 139 


Tab. VIII. Wirkung der Eintrocknung. 


Behandlungsweise dee Gewebes 

Anzahl 

der 

geimpften 

Mause 

Zu friih 
gestor- 
bene 
Mause j 

Mause 

mit 

negativem 

Kesultat 

Mause 

mit 

poeitivem 
i Kesultat 

i 

a) (iber Sehwefelsaure getrocknet 

5 


5 

0 

b) an der Luft getrocknet 

5 

— 

5 

0 

c) nicht volletandig eingetrocknet 

5 

— 

5 

0 

Kontrolle 

16 

5 

6 

5 


Einwirkung von Antiseptica auf das Geachwulstgewebe. 

Es schien mir von gewissem Interesse zu sein, zu untersuchen, 
wie verschiedene antiseptische Flussigkeiten auf das Geschwulstgewebe 
wirken, teils am hierdurch fQr oder wider die Annahme, die Geschwulst 
konne von Infektionsstoffen herruhren, Anhaltspunkte zu bekommen, 
teils weil mehrere Antiseptica unter der Form von Injektionen in die 
Geschwulstmasse selbst ja beim Menschen therapeutische Anwendung 
gefunden haben. Diese Versuche bieten indes noch groBere Schwierig- 
keiten dar als die bereits genannten. Zerquetscht man die Geschwulst¬ 
masse so fein, dad man nur losgerissene Zellen und keine zusammen- 
h&ngender kleinen Gewebsstflckchen hat, so wird das Resultat der Im- 
pfung nSmlich ein ziemlich unsicheres, wahrend andererseits, wenn sich in 
der Aufschlemmung kleine Gewebsstiicke befinden, die Einwirkung der 
antiseptischen Stoffe auf die ganz kleinen und auf die etwas groBeren 
KlQmpchen eine verschiedene werden muB. 

Die Versuche wurden folgendermafien ausgefflhrt: Nach sorgf&ltigem 
Ausreiben der Geschwulst mit Kochsalzlosung in einem Morser filtrierte 
man dieselbe durch Gaze, so daB jedenfalls nur ganz kleine Gewebs- 
stQckchen mit hindurchpassieren konnten, und mischte sie darauf vor- 
sichtig mit ebenso viel Teilen einer antiseptischen Losung. Wiinschte 
man z. B. die Wirkung von 1 Proz. Karbolsaure zu priifen, so mischte 
man gleiche Teile der Geschwulstaufschlemmung und 2-proz. Karbol- 
wassers zusammen. Nachdem man das Geschwulstgewebe der Einwir¬ 
kung dieser FlQssigkeit so lange, wie man wunschte, ausgesetzt hatte, 
goB man eine groBe Menge steriler Kochsalzlosung hinzu, worauf die 
FlQssigkeit ein paar Minuten lang geschuttelt und zentrifugiert wurde. 
Die klare FlQssigkeit wurde abgegossen, der Bodensatz dagegen mittels 
abermaliger Aufschlemmung in steriler Kochsalzlosung ausgewaschen, 
um nach nochmaligem Zentrifugieren auf Tiere geimpft zu werden. 

Zu den Versuchen wurde teils Karbolsaure, teils Pyoktanin 
benutzt, letzteres wesentlichst, weil es bekanntlich therapeutische An¬ 
wendung gefunden hat. 

Karbolsaure wurde in Losungen von 1, '/j, ‘/ 4 und 1 / 8 Proz. 
gebraucht. 

Es zeigte sich, daB die 5 Minuten dauernde Einwirkung einer J / 4 — 
1-proz. Karbolsaurelosung das Gewebe tStete, so daB die Einimpfung 
des solchergestalt behandelten Gewebes ein vollig negatives Resultat 
gab, wShrend dagegen eine x / s -proz. Karbolsaure nach 5 Minuten langer 
Einwirkung nicht im stande war, das Geschwulstgewebe zu tQten. 

Die Geschwulstzellen werden also viel leichter durch 
Karbolldsungen geschadigt als die in dieser Beziehung 
bisher untersuchten Schmarotzer. 


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140 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Tab. IX. Wirkang der Karbollttsungen auf das Geschwuls tgewebe. 


Starke der 
Los un gen 

Dauer der 
Einwirkung 

Anzahl 

dergeimpften 

Mause 

Zu friih 
gestorbene 
Mause 

Mause mit 
negativem 
Besultat 

Mause mit 

positivem 

Resultat 

1 Proz. 

5 Minuten 

5 


5 

0 

Vt » 

5 „ 

4 

— 

4 

0 

V/4 » 

5 „ 

4 

2 

2 

0 

| 

5 

4 

— 

l 

3 

Vs „ | 

2 „ 

4 

— 

3 

1 

1 Minute 

4 

2 

2 

! o 


Die Pyoktaninversuche wurden auf ganz dieselbe Weise aus- 
gefiihrt. Zur Anwendung kam nur eine */t<rP roz - LSsung, deren Ein- 
wirkung das Gewebe 1, 2 und 5 Minuten laug ausgesetzt wurde. Die 
Versuche gaben ein ziemlich unsicheres Resultat und sind hier nur der 
Vollst&ndigkeit wegen mitgenommen. Nach der 

Tab. X. Wirkung der Pyoktaninloeungen auf das Geschwulstgewebe. 


Starke 
der Lftsung 

Dauer der 
Einwirkung 

Anzahl der 
geimpften 
Mause 

Zu friih 
gestorbene 
Mause 

Mause mit 
negativem 
Resultat 

Mause mit 
positivem 
Resultat 

1 Promille 

5 Minuten 

4 i 

1 

3 

0 

1 „ 

5 „ 

4 

— 

3 

1 

1 » 1 

2 

4 

1 

2 

1 

1 » 

; 2 

4 

— 

4 

0 

1 » 

1 1 Minute 

4 

1 

3 

0 

1 „ 1 

1 1 .. 

4 

— 

4 

0 


1 Minute andauernden Einwirkung erschifcn in beiden Versuchsreihen 
negatives Resultat, w&hrend wir dagegen nach 2 Minuten langer Ein¬ 
wirkung in beiden Fallen einen einzelnen positiven Ausschlag erhielten. 
Der Grund, weshalb die Pyoktaninversuche ein so unsicheres Resultat 
gaben, ist wahrscheinlich in dem Umstande zu suchen, daB Pyoktanin 
die losgerissenen Zellen sehr schnell f&rbt, w&hrend es nur langsamer 
bis in die Mitte sogar ganz kleiner Gewebsstucke eindringt, so daB ein 
geringer Unterschied der Gr5Be derselben bei den einzelnen Versuchen 
auf den Ausfall entscheidenden EinfluB erhalten kann. 


Fassen wir die Ergebnisse dieser verschiedenen Versuchsreihen zu- 
sammen, so sehen wir, daB das Geschwulstge webe sich in allem Wesent- 
lichen ziemlich so wie normale Epidermis und andere normale tierische 
Gewebe zu verhalten scheint, insoweit wir deren Widerstandsf&higkeit 
Clberhaupt kennen, daB dasselbe im ganzen aber doch etwas weniger 
widerstandsfahig zu sein scheint. Dagegen erweist sich ein bedeutender 
Unterschied zwischen der Widerstandsf&higkeit der Geschwulstzellen 
gegen die verschiedenen Einwirkungen im Vergleich mit der Wider- 
standsf&higkeit der Bakterien, der Blastomyceten und anderer Pflanzen- 
schmarotzer, und schon dieser Umstand allein macht es hdchst unwahr- 
scheinlich, daB wir die Ursache einer Geschwulstbildung wie der vor- 
liegenden in Pflanzenschmarotzern sollten finden kdnnen. Auch die in 
den letzten Jahren nachgewiesenen, der mikroskopischen Untersuchung 


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Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei M&usen. 


141 


unsichtbaren Schmarotzer zeigen den verschiedenen hier in Betracht 
kommenden Einwirkungen gegenflber anderes Verhalten. So haben 
Marx und Sticker neuerdings einen derartigen Ansteckungsstoff als 
Ursache der beim Federvieh vorkommenden Geschwulstbildung Epi¬ 
thelioma contagiosum nachgewiesen und gefunden, daB derselbe 
im stande ist, ein liingere Zeit andauerndes Eintrocknen zu ertragen, 
wie auch, daB er im Besitz einer sehr bedeutenden Resistenz gegen die 
Einwirkung der War me, der Kaite und des Sonnenlichtes ist und durch 
£/ 2 -stflndige Einwirkung 1-proz. Karbolwassers nicht beeinfluBt wird. 
Man darf deshalb wohl auch davon als wahrscheinlich ausgehen, daB 
auch diese Gruppe von Ansteckungsstoffen bei der Aetiologie dieser Ge- 
schwulst nicht in Betracht kommen kann. Dagegen ist es wahrschein¬ 
lich, daB nackte Amdben und ahnliche 1-zellige tierische Schmarotzer 
sich im wesentlichen auf ahnliche Weise gegen Erwarmung, Eintrocknen 
und vielleicht Abkiihlung verhalten werden, wie die Geschwulslzellen 
meinen Untersuchungen zufolge dies tun, und es laBt sich deswegen 
wohl nicht von vornherein ausschlieBen, dafi man derartige Schmarotzer 
als Erreger der Geschwulst linden konnte; die frflher beriihrten Unter¬ 
suchungen fiber den Verlauf der Transplantation wie auch das negative 
Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung sprechen aber entschieden 
daffir, daB auch keine solchen Schmarotzer vorhanden sind und die Ur¬ 
sache der Geschwulst reprfisentieren. 

Die Hauptresultate der hier referierten Untersuchun¬ 
gen sind in Kttrze folgende: 

1) Die Geschwulst zeigt einen entschieden carcinomatfisen Bau, gibt 
jedoch keine Metastasen. Sie setzt stets ihr Wachstum fort, bis die 
Maus an Kachexie oder infolge einer Durchulceration der Haut stirbt 

2) Die Geschwulst liefi sich bis jetzt 19 Generationen hindurch auf 
weifie Mftuse fibertragen; die Uebertragungen gelangen bei 40—50 Proz, 
der geimpften Tiere. Die Uebertragung auf graue Mfiuse glfickte; es 
wird aber nur eine geringere Anzahl derselben nach Impfung ange- 
griffen. Auf keine andere Tierart ist die Geschwulst tibertragbar. 

3) Die Uebertragung ist eine einfache Transplantation; das einfache 
Zerquetschen der Gcschwulstzellen vor der Einimpfung bewirkt ein nega¬ 
tives Resultat der Impfversuche. Es kommen bei einigen Mausen im 
Geschwulstgewebe Pseudoschmarotzer vor. Ein Anhaltspunkt ffir die 
Annahme einer parasitfiren Entstehung der Geschwulst wurde nicht ge¬ 
funden. 

4) Das Geschwulstgewebe vermag sich in isoliertem Zustande bei 
einer Temperatur von 1—3° ca. 18 Tage, bei Zimmertemperatur ca. 12 
Tage lang lebend zu erhalten, w&hrend es bei Kfirpertemperatur kaum 
24 Stunden leben bleibt. 

5) Das Geschwulstgewebe wird durch 5 Minuten dauernde Erwar¬ 
mung auf 47 0 und durch die wenige Minuten dauernde Einwirkung von 
h- 20° getotet. Ebenfalls wird es leicht durch intensives Licht getotet, 
-die Lichtstrahlen kfinnen aber nur bis zu sehr geringer Tiefe ins Gewebe 
eindringen. Partielles Eintrocknen wirkt gleichfalls tfitend, und eine 
1 U~ proz. Karbollosung vermag im Laufe von 5 Minuten die Lebens- 
i&higkeit der Zellen aufzuheben. 


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142 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 2. 


Erkl&mng der Tafeln. 


Fig. 1. Graue Hausmaus mit Tumor, vor 2 1 /^ Monaten geimpft. 

Fig. 2. Weifie Maua mit lappigem Tumor. Die Haut am Riicken entfernt. Vor 
ca. 2 Monaten geimpft. 

Fig. 3. Schnitt einer jungeren Geschwulst. Kleinere Krebsalveolen. Die schwarzen 
Korperchen sind Mitosen. 

Fig. 4. Schnitt einer etwas alteren Geschwulst. Grdfiere Krebsalveolen, in deren 
Innerem die Zellen stark zerfallen sind. Sparliches Bindegewebe. 

Fig. 5. Transplantiertes Geschwulststiickchen 2 Tage nach der Uebertragung. Die 
Krebszeilen grofitenteils zerfallen (a), an einigen Stellen zum Teil erhalten (6). Wegen 
des Zerfalls und der begin nenden Resorption der Zellmasse ist das Gewebe eingefalien 
und die Bindqgewebsziige scheinen verdickt. Schwache VergroBerung. 

Fig. 6. Transplantiertes Gewebsstiickchen 4—5 Tage nach der Uebertragung. Bei 
a Haufen teilweise erhaltener Krebszeilen; bei b ein Rifi des Gewebes als Ueberbleibsel 
einer Krebsalveole, deren Inhalt resobiert ist. Nur die Bindegewebsmasse hat sich er¬ 
halten. Schwache VergroBerung. 

Fig. 7. Transplantiertes Gewebsstiickchen 6—7 Tage nach der Uebertragung. Das 
Gewebe mit den Umgebungen verwachsen. Bei a Ueberreste des eingefiihrten, jetzt 
hyalin umgebildeten Bindegewebes. b neugebildetes Bindegewebe. Das Krebsgewebe 
vollig resorbiert, mit Ausnahme kleiner prohferierender Zellenhaufen (c). Schwache Ver- 
grofierung. 

Fig. 8. Transplantation. Hanfkorngrofier Tumor 9—10 Tage nach der Ueber¬ 
tragung. Schwache Vergrdfierung. 

Fig. 9. Transplantation. 2 Tage nach der Impfung. Das Gewebe zerfallen, ein- 
zelne Zellenhaufen erhalten. Stark vergroBert. 

Fig. 10. Transplantation. 6—7 Tage nach der Uebertragung. Proliferierende Zellen- 
haufchen (siehe Fig. 7 c\ Stark vergroBert. 

Fig. 11. Krebszelle mit eingeschlossenen roten Blutkdrperchen. 

Fig. 12. Pseudoschmarotzer. GroBe, runde, homogene, zum Teil intracellulare 
KOrper. 

Fig. 13. Pseudoschmarotzer. Rundliche Korper mit kernahnlichen Bildungen. 

Fig. 14. Pseudoschmarotzer. Zerstreute, rundliche Korper; in einer Kreoszelle 
ein wenig oberhalb der Mitte ein groBer, runder Korper mit mehreren kugeligen, dunkel- 
farbigen „Pseudosporen u . 

Fig. 15. Keratohyalin degenerierte Krebszeilen (dunkel), zwischen den gewohn- 
lichen Krebszeilen gelegen. Bei a eine sichelformig gebogene, degenerierte Zelle, un- 
mittelbar an einer normalen Krebszelle liegend. Bei b ein rotes Blutkdrperchen. 

Fig. 16. Bei a eine von 2 gekrummten, keratohyalin umgebildeten Zellen um- 
schlossene Krebszelle (beginnende Pseudococcidienbildung). 

Die Mikrophotograpnieen sind nicht retouchiert; nur an Fig. 2 sind 2 schwarze 
Flecken weggenommen. Samtliche Praparate sind in Zenkers Fliissigkeit fixiert und 
nach van Gieson gefarbt. 


Literatnr. 

1) Hanau, Erfolgreiche Uebertragung von Carcinom. (Fortschr. d. Med. Bd. VII. 
1889. p. 321.) 

2) Morau, Recherches exp^rimentales sur la transmissibilit4 de certains n£oplasmes. 
(Arch, de m4d. exp6r. et d’anat. pathoL T. VI. 1894. p. 677.) 

3) Loeb, a) On transplantations of tumors. (Joum. of med. research. VoL VI. 1901. 
p. 28. — b) Virch. Arch. Bd. CLXVII. d. 175.) 

4) Velich, Beitrag zur Frage nach der Uebertragung des Sarkomes. (Wien. med. 
Blatter. 1898. d. 711 u. 729. — Ref. Baumgartens Jahresber. 1898.) 

5) Jensen, C. 0., Forsdg med Kreeftsvulster. (Biologisk Selskabs Forhandlinger. 
Kobenhavn 1901—02. p. 6.) 

6) -, Forsdg med Musecancer. (1. c. p. 20.) 

7) -, Nogle Forsdg med Krseftsvulster. (Hospitalstidende. 1902. No. 19.) 

8) v. Leyden u. Blumenthal, Vorlaufige Mitteilungen uber einige Ergebnisse der 
Krebsforschung auf der 1. medizinischen Klinik. (Deutsche med. Wochenschr. 1902. 
p. 637.) 

9) Livingood, Tumors in the mouse. (The John Hopkins Hospital Bulletin. 1896. 
No. 66-67.) 

10) Borrel, a) Les theories parasitaires du cancer. (Ann. de PInst. Pasteur. T. XV. 
1901. p. 49.) — b) Epithdlioses infectieuses et epitn^liomas. (Ibid. T. XVII. 1803. 

p. 112.) 


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Bonhoff, Zum Streit um den Meningococcus. 143 

11) Pianese, G., Beitrag zur Histologie und Aetiologie dee Carcinoms. (Zieglers Beitr. 
z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. 1896. 1. SuppL-Heft.) 

12) Wentscher, J., Wie lange und unter welchen Umstanden bleibt die Lebensfahig- 
keit der menschlichen Epiaermiszellen aufierh&lb des Organismus erhalten? (Cen¬ 
tralbl. f. Chir. 1898. No. 1.) 

13) Lj unggren, Om hudepitelets form&ga att utanfdr manniskeorganismen kunna 
bibeh&Ua lifvet, med sarskild hansyn till hudtransplantation. (Nordisk med. Arkiv. 
1998. No. 8.) 

14) Morpurgo, Die Vita propria der Zellen des Periosts. (Virch. Arch. Bd. CLVII. 
p. 172.) 

15) Fin sen, N. R., La phototh^rapie 1899. (Meddelelser fra Finsens medicinske 
Lysinstitut. Bd. IV. Kbbenhavn 1902. p. 32.) 

16) Jansen, Hans, Undersogelser over de Daktericide Lysstraalers Evne til at traenge 

f ennem Huden. (Meddelelser fra Finsens medicinske Lysinstitut. Bd. V. Kdben- 
avn 1903. p. 44.) 


Nachdruck verboten. 

Zum Streit um den Meningococcus. 

Von Prof. H. Bonhoff in Marburg a. L. 

Die im Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. 1903. 
No. 1 n. 7 gefflhrte Kontroverse zwischen Weichselbaum and Al¬ 
brecht und Ghon einerseits, H. Jaeger andererseits gibt mir Ge- 
legenheit, einen Irrtum der Herren Albrecht und Ghon richtig zu 
stellen, der sich schon in ihrer ersten Arbeit in der Wien. klin. Wochen- 
schrift. No. 41. p. 18 des Sonderabdruckes findet und in der Arbeit 
H. Jaegers sowohl wie der Entgegnung Albrecht und Ghons im 
Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXIII wiederkehrt. Nachdem Albrecht 
und Ghon unter den biologischen Merkmalen des Meningococcus 
auf p. 9 des Sonderabdruckes auch die Bildung einer Kahmhaut in 
Fleischbrtthe erw&hnt haben, folgt auf p. 18 der Satz: „Ebenso kann 
der Umstand, dafi die Kahmhautbildung in FleischbrOhekultur nie- 
mals erwahnt wird, nicht dazu herangezogen werden, die von den 
erw&hnten Autoren beschriebenen Kokken als andere Arten hinzustellen. 
Eine Erklarung fttr das Nichtbeobachten dieses kulturellen Merkmales 
haben wir bereits oben zu geben versucht." 

H. Jaeger sagt in seiner Streitschrift zur Frage der morphologi- 
schen und biologischen Charakterisierung des Meningococcus intra¬ 
cellular is auf p. 27: „Mit der Behauptung, dafi Kahmhautbildung zu 
den charakteristischen Merkmalen der Meningokokken gehore, stehen 
Albrecht und Ghon ganz isoliert. Wie meine Tabelle p. 128—131 
zeigt, ist diese Erscheinung nicht einmal von denjenigen Forschern be- 
obachtet worden, deren Untersuchungen vor den Augen der Herren 
Albrecht und Ghon Gnade gefunden haben." 

Und in ihrer Entgegnung hierauf lassen sich auf p. 504/505 Al¬ 
brecht und Ghon dahin vernehmen: „Zu Punkt 5, der die aller- 
dings neue Beobachtung der Kahmhautbildung in Fleischbrdhe- 
kulturen bringt, beschrankt sich Jaeger auf die Bemerkung, dafi wir 
mit dieser Beobachtung isoliert dastehen. Er verspricht darauf zurtick- 
zukommen, was aber nicht geschieht. Dem darfiber in unserer Arbeit vom 
Jahre 1901 Gesagten haben wir hinzuzuffigen, dafi auch alle inzwischen 
neu erhaltenen St&mme diese Eigentflmlichkeit... zeigen.... Wir kdnnen 
Herrn Jaeger iibrigens die Versicherung geben, dafi wir mit der Be¬ 
obachtung dieser Eigentttmlichkeit auch nicht mehr isoliert dastehen etc." 


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144 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Nicht veil mir diese Angelegenheit von grofier Wichtigkeit schiene, 
sondern zur Feststellung einer unzweifelhaften Tatsache will ich hier 
einige Sfitze aus meiner Arbeit: „Ueber einen Fall von Cerebrospinal- 
meningitis und den Diplococcus intracellularis“ anfGhren, zumal ich 
zu denen gehdre, die vor den Angen der Herren Albrecht und 
Ghon Gnade gefunden haben. Auf p. 5 des Sonderabdruckes, p. 90 
der Mfinch. mediz. Wochenschrift. 1901. No. 3 (15. Januar) ist zu 
lesen: „Vor allem die fltissigen NfihrbQden ... zeigten in iiberraschend 
schneller und haufiger Weise die Eigentflmlichkeit des Meningo¬ 
coccus, auf kfinstlichem Nahrboden rasch abzusterben. Meist liefi 
sich schon von der 1. Generation auf flussigem Nahrboden, die vom 
Agar geimpft war, eine 2. Generation in flfissigem Materiale nicht mehr 
erzielen. Die Bouillon trtibte sich meist gar nicht, selten nur ganz 
gering. Die 3. Generation — immer bei 2-tfigiger Abimpfung — blieb 
immer aus und man mufite von neuem vom Agar abimpfen, um flQssige 
Kulturen zu erhalten. Es gelingt nun aber doch auch, auf flQssigem 
NShrmateriale fortdauernde Kulturen zu erhalten, wenn man dafQr 
sorgt, daft das Qbergeimpfte Material an der OberflSche der FlQssigkeit 
haften bleibt. Bringt man von dem auf dem Agar befindlichen Kultur- 
materiale etwas an die Wand des Reagenzglases an der Stelle, an 
welcher sich beim Stehen der Rdhrchen im BrQtschranke der Rand der 
Fltissigkeitsoberflfiche befindet, so sieht man, dafi sich in 24—48 Stunden 
ein zerbrecbliches graues Hautchen auf der Oberfl&che der N&hrlQsung 
entwickelt, das allerdings sehr die Neigung hat, beim geringsten SchQtteln 
in einzelnen Brocken zu Boden zu sinken. Aufierdem sieht man die 
Bouillon in toto getrQbt und einen ziemlichen Bodensatz von grauem 
Materiale. Von dem erw&hnten H&utchen auf neues flfissiges N&hr- 
material flbertragene Stflcke lassen unter alien Umstfinden, wenn man 
dafQr sorgt, dafi die StUckchen wenigstens zum Teil an der Oberflache 
bleiben, eine ncue Kultur aufgehen; man braucht sogar nur etwa jeden 
4. Tag abzuimpfen. Spfiter allerdings findet man auf den AusgangsrQhr-' 
chen meist keine HautstQckchen mehr.“ 

Da die Herren Albrecht und Ghon doch, wie sie bewiesen 
haben, sehr aufmerksam zu lesen verstehen, wundert es mich, dafi ihnen 
dieser Passus meiner a / t Jahr vor der ihrigen erschienenen und von 
ihnen zitierten Arbeit entgangen ist. 

Marburg, 27. Mfirz 1903. 


Nachdruck verboten. 

Zur Kenntnis des Tropicaparasiten (Plasmodium praecox 

Gr. u. FeL). 

Die Thpfelung der Wirtszellen der Halbmonde. 

Von Prof. P. Argutinsky, Kasan. 

Mit 1 Tafel. 

In meiner letzten Mitteilung fiber das Plasmodium vivax Gr. n. Fel. 0 
habe ich eine Methode beschrieben, um Malariaparasiten lebend, also 

1) Malariaetudien. Zweite Mitteilung. (Archiv f. mikroek. Anat. Bd. LXI. 1002). 


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Centralblatt f. Bacteriologie Abt. I Bd. XXXIIII. 


Jensen, Krebs bei Mausen. Taf. II. 




0. Jensen, phot. 


Crayondruck von J. B. Obernetter, Miinchen. 


Verlag von Gustav Fischer in 


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Jena . 








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nraioiatt f. Bacteriologie Abt. I Bd. XXXIIII. 


Jensen , Krebs bei M&usen. Taf. 1 



O .Tpn«*n nhnf 



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Argutinsky, Zur Kenntnis des Tropicaparasiten. 


145 


im frischeD, flfissigen Blute, zu fixieren 1 ) und zur Fftrbung der so ge- 
wonnenen Prfiparate nur altes, l&ngere Zeit im Zimmer gestandenes 
Sodamethylenblau (und Eosin) empfohlen. 

Die erhaltenen Resultate macbten es wfinschenswert, die angegebene 
Methode auch bei anderen Malariaparasiten zu versuchen. Eine be- 
sonders gfinstige Gelegenheit zum Studium des Tropicaparasiten wurde 
mir in den verflossenen Herbst- und Wintermonaten geboten, da ich 
eine Reihe von leichten Tropicaerkrankungen (bei Kindern) in lingerer 
Beobachtung hatte. Ich will in den folgenden Zeilen fiber ein Ergebnis 
dieser Studien kurz berichten: 

Durchmustert man ein, nach obiger Methode gewonnenes Tropica- 
pr&parat, so f&llt, falls es Garaeten enthfilt, eine interessante und uner- 
wartete Tatsache auf*: Die halbmondtragenden Blutkorperchen zeigen 
nfimlich eine ausgesprochene Tfipfelung ihres freien, den Halbmond 
umgebenden Randes; sie sind mit denselben Tfipfeln besetzt, wie solchc, 
seit Schfiffners Entdeckung, an den mit Tertianaparasiten infizierten 
Blutzellen allgemein bekannt sind 2 ). 


1) Weitere Versuche mit dieser Methode haben ergeben, dafi es von bedeutendem 
Vorteil ist, zur Raucherung eine etwas grofiere Menge Essigosmiumsauregemiseh, im 
ganzen etwa 20 Tropfen (16—24 Tropfen) zu n eh men, die Praparate etwa 20—30 Minuten 
mit WasserstoffsupJgroxydlOsung zu behandeln und das Auswaschen (nach H a O,) 12— 
24 Stunden dauern zu lassen, bei mehrmaligem Wechseln des Wassers. 

2) In einer im November v. J. erschienenen Arbeit [Die Malaria perniciosa. 
(Centralbl. f. B&kt I. Abt. Originale. Bd. XXXII. 1902. No. 10)1 berichtet Maurer 
fiber eine eigentfimljche Veranderung mancher infizierter Blutkorpercnen bei derTropica- 
erkrankung. Er findet bei den „gro2en Ringen" und reifen Formen der Tropicaschizonten 
an den von ihnen befallenen Blutkorperchen „eine Anzahl intensiv roter Flecken". Er 
sagt: „Die Anzahl dieser Flecken ist in verschiedenen Blutkorperchen verechieden 

§ rofi; neben solchen, die nur 1, 2 oder mehr tragen, finden wir andere, welche reichlich 
amit ausgestattet, immer jedoch ist ihre Zahl eine leicht zahlbare. 41 

Diesen Flecken werden von Maurer die Tertianatupfel gegenfibergestellt. Von 
ihnen (den Tertian tfipfeln) wiederholt er auch in dieser Arbeit: „oie erscheinen von An- 
fang an durch die ganze Blutscheibe verteilt als feine Tfipfel; sie wachsen mit dem 
Grofierwerden des Blutkorperchens resp. mit dem des Parasiten, nicht an Zahl, sondern 
an Masse." Im Gegensatz hierzu heifit es von den Flecken der Tropica: „Wahrend an 
den, von kleinen Ringen bewohnten Blutkorperchen nichts zu beobachten auffiel, sehen 
wir die Flecken erecneinen, sobald die Parasiten grofier werden, und zwar sind sie 
sparlicher oder zahlreicher auf einem Blutkorperchen, je nachdem der Parasit kleiner 
cxier grofier ist; daraus geht hervor, dafi die Iiecken nicht auf einmal auftauchen, son¬ 
dern einer nach dem anderen entstehen, ein ganz prinzipieller Unterschied von der Enl- 
stehung der Tfipfelung beim Tertianparasiten." 

Die Tropicaflecken beschreibt Maurer folgendermafien: „alB Punkte, feinste Ringel- 

chen, als Schleifen und Streifen.vorherrschend sind die kleinen Ringelchen" *). 

Er erklart die Flecken als oberflachliche Substanzverluste des Blutkorpercnens, ver- 
ursacht durch den Tropicaparasiten. Er meint: „Wir mfissen die beschriebenen, in ud- 
seren Praparaten rot gefarbten Punkte, Ringelchen, Striche betrachten als Substanz- 
veranderungen resp. -verluste auf der Oberflache des Erythrocyten, die eine Folge 
sind von Angriffen des Parasiten, welche dieser unternimmt, um sich an seinem Trager 

festzuhalten, oder sich Nahrung zu verschaffen.so lange er (der Tropicaparasit) 

Mein ist, sind seine Ansprfiche gering, und die Verletzungen, die er seinem Wirt bei- 
bringt, dementsprechend unbedeutena und ffir uris nicht sichtbar; mit seinem Wachs- 
tum andert sich beides und die letzteren werden so eingreifend, dai£ wir im stande sind, 
sie durch Farbung nachzuweisen." 


*) Solche Ringelchen, und zwar in den namlichen Entwickelungsstadien des Tropica¬ 
schizonten hat bereits Schfiffner [Beitrag zur Kenntnis der Malaria. (Deutsches Arch, 
f. klin. Med. Bd. LXIV. 1899)| gesehen una abgebildet. Man vergleiche die Figg. 8—15 
bei Maurer mit der Fig. 29 bei Schfiffner. Letzterer hielt diese Ringelchen ebenso 
wie die Tfipfelung des Tertianparasiten ffir „Ausscheidung8produkte u oder „abgeschnfirte 
Teile" des Parasiten. 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 10 


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146 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Da hier, in Kasan, keine schweren, pernici5sen Tropicaerkrankungen 
zu beobachten sind, so finde ich im peripherischen Blute der Tropica- 
kranken entweder nur Halbmonde oder Halbmonde und „Ringe u , seltener 
„Ringe tt allein, dagegen keine mittelgroBen und erwachsenen Tropica- 
schizonten. 

Bei den jungen Formen, den sogenannten „Ringen“, habe ich nie 
eine Tiipfelung der von ihnen infizierten Erythrocyten wahrnehmen 
kfinnen. Ueber das Verhalten der Blutkorperchen, welche mit mittel¬ 
groBen oder reifen Tropicaschizonten behaftet sind, kann ich dagegen 
nichts berichten, weil ich nie eine Milzpunktion gemacht und auch nie 
einem Todesfall bei Tropica begegnet bin. 

In einem nach der oben erw&hnten Methode fixierten und sorgf&ltig 
mit altem Sodamethylenblau (und Eosin) gef&rbten Tropicablutpr&parat 
ist die Tiipfelung der halbmondtragenden Erythrocyten — dieTropica- 
tttpfelung — mit einer Sch&rfe und Pr&gnanz zu beobachten, die 
nichts zu wtinschen tibrig l&Bt, aber sie tritt nur dann hervor, wenn das 
Pr&parat intensiv gefarbt wird. Bei einer schwachen, ungenligenden 
F&rbung fehlt sie dagegen ganz, wie es auch bei der Darstellung der 
Tertianatupfelung nach der gewOhnlichen Methode der Fall ist. Wahrend 
aber die Tertianatupfelung so leicht bei der liblichen Fixierung und bei 
Farbung mit wenig gereiftem Sodamethylenblau nachzuweisen ist, habe 
ich bis jetzt an den im Alkohol, Alkohoiather oder Sublimat fixierten, 
getrockneten Tropicablutausstrichen, welche allerdings mit nur wenige 
Wochen altem Sodamethylenblau gefarbt wurden, nichts von einer TQpfe- 
lung der Wirtszellen der Halbmonde wahrnehmen kOnnen*). Es scheint 
auch alien anderen Beobachtern ebenso ergangen zu sein 2 ). 


Gerade bei den Gameten — sowohl bei Jugendformen ale auch bei reifen Halb- 
monden — findet Maurer diese Flecken nie, und sucht hierfur eine Erklarung (in 
Uebereinstimmung mit seiner Theorie der Flecken bildung) darin, dafi „der Tropica- 
gamet wahrend seines Wachstums sich passiv verhalt, keine amoboiden Bewegungen 
ausfiihrt und das Blutkorperchen selbst nicht angreift.“ Mehrmals betont er das Fehlen 
der Flecken bei den Gameten. So sagt er an einer Stelle: „lch betonenochmals, 
dafi der freie Teil des Blutkorperchens bei alien diesen Formen, d. h. 
bei den Gameten, Btets vollkommen fleckenlos ist.“ (Gesperrt im Original.) 

Aus dem Angefuhrten ersieht man, daU Maurer die bei „grofien Ringen** und 
reifen Schizonten aes Tropicaparasiten von ihm beobachteten Flecken als kleine Ringel- 
chen, Streifen, Schleifen etc. beschreibt und abbildet, und auf das bestimmteste he- 
hauptet, dafi sie bei den Halbmonden ausnahmslos fehlen und nie beobachtet werden. 

Nun, da es mir gelungen, bei den halbmondtragenden Blutkorperchen eine un- 
zweifelhafte Tiipfelung nachzuweisen, welche sich als eine der Tertianatupfelung ganz 
analoge erwiesen hat, so liegt es nahe, jene von Maurer in „grofien Ringen“ und reifen 
Schizonten beobachteten Flecken ebenfalls als Tiipfelung aufzufassen. Hiermit wird 
Maurers Auffassung, dafi seine Flecken „Verluste auf der Oberflache der Erythro¬ 
cyten, infolge von Angriffen von Parasiten“, seien, unhaltbar und mufi der Ansicht 
weichen, dafi man es mit derselben Erscheinung zu tun hat, wie bei der Tertiana¬ 
tupfelung, die allgemein als Folge der Einwirkung des Parasiten auf den ganzen Erythro¬ 
cyten auigefafit wird*). 

1) ldi behalte mir vor, nachzuweisen, ob nicht auch in den so fixierten, getrock¬ 
neten Tropicalblutausstrichen mit altem, stark gereiftem Sodamethylenblau die oben 
beschriebene Tiipfelung der Halbmonde zu erhalten ist. Wahrscheinlich ist das der Fall. 

2) Auch die Autoren, welche an lebenden Tropicaparasiten gearbeitet haben, be¬ 
richten nichts von einer Tiipfelung der halbmondtragenden BlutzeUen. 


*) Es sei mir hier gestattet, zugleich der Vermutung Ausdruck zu geben, dafi die 
von Maurer an der Hand der stark tingierten Praparate beschriebene „Kapsel des 
Halbmonde8“ ein Kunstprodukt, eine Folge von Ueberfarbung ist, und dafi sie sich 
beim vorsichtigen Ausziehen der Farbe als getupfelter Saum erweisen wird, eben, als 
die von mir beschriebene Tiipfelung des Erythrocyten im Umkreise de6 Halbmondes. 


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Argutinski, Zur Eenntnis des Tropicaparasiten. 


147 


Entgegen der Mufigen Angabe, daB die Jugendstadien der Halb¬ 
monde nur bei schwerer Tropicainfektion im peripherischen Blute ge- 
funden werden, waren in mehreren unserer ganz leichten Tropicafalle 
(bei Kindern) aufier den reifen Halbmonden auch ihre Entwickelungs- 
stadien zu beobachten, allerdings keine Fruhstadien. 

In unseren Dauerprfiparaten weisen alle Halbmonde eine so aus- 
gezeichnete Kernffirbung, eine so scharfe Differenzierung der Protoplasma- 
ffirbung bei beiden Arten von Gameten auf, daB man in alien vorkom- 
meDden Stadien der Entwickelung die weiblichen und die mannlichen 
Gameten stets auf den ersten Blick unterscheiden kann. Die Tiipfelung 
ist bei weiblichen Halbmonden, bei reifen wie bei unreifen, fast stets 
viel mehr in die Augen springend als bei mannlichen, zum Teil gewiB 
deshalb, weil der Erythrocytensaum um den schm&leren, weiblichen 
Halbmond etwas breiter ist, w&hrend er beim breiteren mannlichen 
Halbmond ganz fein ausfallt. 

Die reifen mannlichen Halbmonde sind kiirzer und breiter, haben 
weniger verschm&lerte Enden als die weiblichen, besitzen ein hyalines, 
blaBblSulich gefarbtes, manchmal fast farbloses Protoplasma und einen 
grofien, l&nglichen, oft hockerigen, leuchtend karminrot gefarbten Kern, 
der den grdBten Teil des Halbmondes einnimmt und auf dessen Ober- 
flSche die Pigmentkorner sitzen. Der Erythrocytensaum ist, wie bereits 
erwahnt, fast immer schmaler, als beim weiblichen Halbmond und ent- 
halt meist nur eine 1-reihige Tiipfelung um den Halbmond, auch sind die 
Tfipfeln feiner und weniger intensiv gefarbt als beim weiblichen Gameten. 

Die reifen weiblichen Halbmonde erscheinen mit einem dunk- 
leren, gesattigt blaugefarbten Protoplasma, das an den Enden noch 
dunkler gefarbt ist und in guten Praparaten hSufig einen alveolaren 
Bau zeigt. Der weibliche Garnet ist schmaler, gewohnlich etwas langer 
als der mannliche und meist ein wenig eingebogen; auch haben die 
weiblichen Halbmonde einen breiteren Erythrocytensaum. Der kleine 
runde oder ovale karminrot gefarbte Kern, der zuweilen eine leicht 
granulierte Oberflache darbietet, ist von Pigmentkornchen oder -stabchen 
besetzt, die entweder gleichmaBig auf demselben verteilt oder mehr an 
einem Kernpol angehauft sind. Die Lage dieses Kernes im Halbmonde 
ist eine verschiedene, am haufigsten eine zentrale oder dem einen Ende 
des Halbmondes etwas genahert, seltener liegt der Kern ganz nahe an 
einem Zellende. In anderen wenigen Fallen schmiegt er sich, gleich 
entfernt von beiden Halbmondenden, der konvexen Langsseite des Halb¬ 
mondes an. 

Der Erythrocytensaum um den weiblichen Halbmond zeigt bei 
starker Farbung des Praparates eine ausgesprochene rotviolette Tflpfe- 
lung. Der Saum selbst hat eine blassere, manchmal viel biassere Farbe 
als die nicht infizierten Erythrocyten, ja er kann fast entfarbt sein. Die 
rotviolett gefarbten Tiipfel sind ziemlich zahlreich, gewohnlich unregel- 
mafiig im Saum verteilt und weisen keine auffallenden GroBenunter- 
schiede auf. In Blutpraparaten, deren Farbung dunkler als sonst aus- 
gefallen ist, in denen die nicht infizierten Erythrocyten einen blaulichen 
Farbenton angenommen haben und auch das Protoplasma der weiblichen 
Halbmonde eine gesattigtere Blaufarbung als sonst zeigt, hebt sich die 
Umsaumung des Halbmondes mit rotvioletten Tiipfeln auBerordentlich 
scharf hervor. Sind auch in den meisten Fallen die Tflpfel auf den 
Erythrocytensaum beschrankt, so trifft man hie und da auch weibliche 
Halbmonde, an denen auBerdem noch zahlreiche Tflpfel fiber dem 

10* 


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148 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 

Halbraond selbst nachzuweisen sind, allerdings meist nicht ganz so 
zahlreich. 

Vergleicht man im mikroskopischen Bilde die Tropica- und Tertiana- 
tQpfelung miteinander, so Qberzeugt man sich bald von der groBen 
Aehnlichkeit derselben. EigentQmlieh ist aber ihr oben erwfihntes ver- 
schiedenes Verhalten gegenOber der F&rbung mit Sodamethylenblau and 
Eosin, was besonders augenf&llig wird, wenn in einem und demselben 
Malariablutpr&parat Tertianaparasiten und zugleich auch Tropicagameten 
vorhanden sind. Stellt man in einem solchen Prftparat durch gewOhn- 
liche Fixierung und FSrbung die TertianatQpfelung dar, so zeigt sich 
hierbei keine Spur einer TQpfelung um die Halbmonde. Fixiert man 
dagegen solches Blut ganz frisch und noch flilssig nach der oben er- 
wahnten Methode, f&rbt es mitsehr altem Sodamethylenblau (und Eosin) 
und stellt so die TropicatQpfelung dar, so ist dann wiederum von der 
TertianatQpfelung nichts zu sehen, weil sie sich nun bereits entf&rbt hat. 
Die TropicatQpfel f&rben sich also schwerer als die der Tertiana, aber 
einmal gefarbt, halten sie bei Differenzierung der F&rbung mit saurem 
Alkohol die Farbe starker zurQck und entf&rben sich schwerer als die 
TertianatQpfel, was vielleicht mit der Aufquellung der von Tertianpara- 
siten befallenen Erythrocyten und der etwaigen Schrumpfung der Blut- 
zellen bei Tropicainfektion im Zusamraenbang stehen mag. 

Zum Schlufi mochte ich noch die Bemerkung hinzufQgen, daB nun 
sorgfaltig zu untersuchen wfire, ob beim dritteu menschlichen Malaria- 
parasiten, dem Plasmodium malariae Lav., ebenfalls eine TQpfelung nach¬ 
zuweisen ist Oder ob der Quartanaparasit in dieser Hinsicht, gegenuber 
den anderen zwei Parasiten, einen auffallenden Unterschied zeigt. In 
jedem Falle wird ein entscheidendes Ergebnis einer solchen ITnter- 
suchung auch theoretisch von grofiem Interesse sein. 


Erkl&rung der Abbildungen. 

Die Figg. 10—15, welche Tertianaparasiten darsteilen, Bind mit in die Tafel auf- 
genommen, um die Differenzierung der verschiedenen Arten von Parasitenzellen der 
Tertiana durch die jetzt etwas modifizierte Essigosmiumsauremethode zu zeigen. Das 
verschiedene farberische Verhalten des Protoplasmas beim Schizonten, Makrogameten und 
Mikrogametocyten wird durch diese Methode besonders deutlich zum Ausdruck ge- 
bracht Vor allem ist hervorzuheben, wie aufierordentlich scharf das Protoplasma des 
Makrogameten. dessen Eigentiimlichkeiten ganz besonders von Schaudinn genau 
ermittelt und oeschrieben sind, sich bei dieser Methode vom Protoplasma des Scnizonten 
unterscheidet, wahrend dieser Unterschied bei der ublichen Untersuchungsmethode der 
Malariaparasiten meist recht undeutlich oder gar nicht ins Auge fallt. 

Untersuchungsmethode: Fixierung der noch fliissigen Blutausstriche in Dampfen 
des Essigosmiumsauregemisches wahrend einer halben Minute. Trockenwerdenlassen. 
Behandeln der Ausstriche mit offizineller Wasserstoffsuperoxydlbsung 30 Minuten lang 
und Auswaschen wahrend 12—24 Stunden mit einigemal gewechseltem destiUierten 
Wasser. Farben mit altem Sodamethylenblau und Ek)sin. Differenzierung mit an- 
gesauertem Alkohol. 

Zeiss, Apoch. homog. 1mm. 2 mm, Komp.-Ocul. 18. Vergrofierung ca. 2250. 
Abbes Zeichenapparat. 

Figg. 1, 2, 3. Junge mannliche Halbmonde mit feiner Tupfelung des schmalen 
Erythrocytensaumes. 


1) Ueber den Generationswechsel der Coccidien und die neuere Malariaforschung. 
(Sitzung8berichte Ges. naturf. Freunde Berlin. 1899.) — Der Generationswechsel der 
Coccidien und Hamosporidien; eine Zusammenfassung der neueren Forschungsergebnisse. 
(Zool. Centralbl. Bd. IV. 1899.) — Studien fiber krankheitserregende Protozoen. II. Plas¬ 
modium vivax (Gr. et FeL). (Arbeiten a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. XLX. 1902. 
Heft 2.) 


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Centralblattf Bakteriologie Abt. I Bd. XXXIV. 


P. Argutinsky, ZurKenntnissdes Tropieaparastten. 



Dm Argutuaky go. 


Vertag tod Gustav Fischer, Jena. 


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P. Wait*, Lith., Jana. 




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Silberstein, Ueber die Entstehung yon jungen Malariaparasiten etc. 149 

Fig. 4 f 5. Reife weibliche Halbmonde mit Tupfelung des Erythrocytensaumee. 

Fig. 6. Weiblicher Halbmond. Tupfelung um und ubcr demselben. 

Fig. 7 ebenso wie Fig. 6, aber die Tupfelung ist im Praparat nicht gut ausgepragt 

Fig. 8, 9. Weibliche Halbmonde mit Tupielung des Erythrocytensaumee. 

Fig. 10. Junger ambboider Tertianaechizont 

Fig. 18. Reiier Tertianaschizont. 

Fig. 11, 14. Tertianamikrogametocyten. 

Fig. 12, 15. Tertianamakrogameten. 

An der Fig. 15 sieht man eme scharf ausgeeprochene Tertianatiipfelung, die ganz 
denselben Character zeigt, wie die Tropicatupfelung. Man vergleiche diese Figur nament- 
lich mit den Figg. 4 und 5. 

Die Figg. 10, 11, 12 sind einem und demselben Blutausstrich entnommen, einem 
anderen die Ingg. 13, 14, 15. 

Jedem infizierten Erythrocyten ist ein nicht infiziertee rotes Blutk&rperchen bei- 
gegeben, als Indikator der erzielten Farbungeintensitat des Prfiparates. 


Nachdruck verbot&n. 

Beobachtungen liber die Entstehung von jnngen Malaria- 
parasiten aus alteren. 

Von Horltz Silberstein, Schiffsarzt, Amsterdam. 

Seitdem Go 1 gi fiir die Tertian-und Quartanparasiten, Marchiafa va 
and Bignatni far die kleinen Parasiten einen im wesentlichen gleichen 
Modus der Entwickelung der jungen Generationen aus alteren nacbge- 
wiesen haben, namlich den durch Sporulation, ist derselbe allgemein von 
den Malariaforscbern acceptiert worden. Spatere Untersucher, wie 
Mannaberg, namentlicbaber Ziemann, haben die feineren Verh&lt- 
nisse dieses Vorganges richtiggestellt. Auch kommt ihnen das Ver- 
dienst zu, gewisse andere Modalitfiten der Sporulation, die von Golgi 
neben seiner ursprflnglichen, gleichsam klassischen aufgestellt waren, als 
irrtamliche zurQckgewiesen zu haben. 

Danach besteht die Sporulation kurz darin, dafi in dem herange- 
wachsenen und einen soliden Klumpen von Protoplasma darstellenden 
Mutterparasiten sich das Pigment in der Mitte konzentriert, dafi das 
Chromatin in eine bei den verschiedenen Arten der Parasiten ver- 
schieden grofie Zahl von TeilstQcken zerffillt, von denen jedes ein Stack 
der protoplasmatischen Substanz an sich zieht und mit dieser einen 
jungen Parasiten bildet Die Anordnung, welche die jungen Gebilde 
vor ihrer Trennung wahrnehmen lassen, hat man bald als einer Marga- 
retenblume, bald als einer Sonnenblume, bald als einer Morula gleiehend 
unterschieden. 

Wahrend nun aber bei der Tertiana, namentlich aber der Quartana, 
Sporulationsformen im peripherischen Blute deutlicb beobachtet werden 
kdnnen, sollen nach dem abereinstimmenden Zeugnis der Autoren die 
Sporulationsvorgange bei kleinen Parasiten sich in den inneren Organen 
allein abspielen. Und in der Tat sind sie dort auch haufig genug ge- 
funden worden. Es ziemt sich demnach, den eben beschriebenen Modus 
far die Bildung der jugendlichen Formen aus alteren als einen wissen- 
schaftlich feststehenden zu betrachten und festzuhalten. 

Indessen ist neuerdings die Allgemeingaltigkeit dieses Prozesses 
von A. Plehn in einer Monographic (Die Malaria der afrikanischen 


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150 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 2. 

Negerbevolkerung, besonders mit Bezug auf die Immunit&tsfrage) in 
Zweifel gezogen worden. Zwar weiB man, daB viele Parasiten es nicht 
bis zar Sporulation bringen, indem sie entweder frdh zu Grunde gehen, 
oder von vornherein steril sind, was sich durch das Fehlen oder ge- 
ringe Vorhandensein der Chromatinsubstanz kund gibt, oder endlicb, in¬ 
dem sie sich in einer noch nicht hinreichend erkannten Weise zu 
Sph&ren und Halbmonden umwandeln und als Geschlechtszellen einem 
anderen Schicksal entgegengehen. Davon abgesehen aber, muBte nach 
den bisherigen Theorieen jeder entwickelungsf&hige Parasit denselben ein- 
heitlichen Weg wandeln, der zu seiner oben skizzierten Art der Sporu¬ 
lation fuhrte. 

Plehn nun 13.fit eine Sporulation nur bei den protoplasmareichen 
Tertian- und Quartanparasiten zu. Fiir die kleinen Parasiten der tro- 
pischen Fieber dagegen nur insofern, als sich einzelne Exemplare der- 
selben morphologisch den grofien Parasiten naheren, also auch reich an 
Protoplasma sind. Wo dieses nicht zutreffe, wo das Protoplasma an 
Masse gering sei, also bei den typischen Ringformen der kleinen Para¬ 
siten, da leugnet er das Vorkommen einer Sporulation. Diese sollen, 
nachdem sie eine gewisse GroBe erreicht, einfach samt ihrem BlutkOrper- 
chen zerfallen. Hdchstens soil unter Umst&nden ihr Kern erhalten 
bleiben und dann die Grundelemente fttr einen neuen Parasiten her- 
geben kdnnen. Es ware also hiermit ein neuer Weg fiir die Bildung 
jugendlicher Formen aus alteren gefunden. Die Resorption der Zerfalls- 
produkte von Blutkdrperchen und Parasit, und nicht die Sporulation, sei 
es, die den Fieberanfall ausldse. Gestfltzt wird diese Behauptung durch 
die Tatsache, daB Plehn auch trotz eifrigen Bern Aliens haufig genug 
bei der Untersuchung innerer Organe von Patienten, die an tropischer 
Malaria gestorben waren, keine Spur von Sporulationsformen gefunden 
hat DaB die tropischen Ringe, wie die Erfahrung zeige, vor einem 
nenen Fieberanfall aus dem Blute schwinden, rflhre nicht daher, daB sie 
sich zur Sporulation in innere Organe zurAckziehen, sondern daB sie 
eben in grofiem Mafistabe zu Grunde gehen. 

Ich habe die Arbeit PI eh ns zu einer Zeit gelesen, wo ich selbst 
mit Untersuchungen iiber das Schicksal der Malariaparasiten im mensch- 
lichen Blute beschaftigt war. Unter anderem suchte ich die Entstehung 
der jungen Parasitengeneration aus ihrem Mutterparasiten zu studieren. 
Hierzu veranlaBten mich einige eigentiimliche Falle von tropischer 
Malaria sowie Erfahrungen iiber Tertiana, die in mir die Ueberzeugung 
erweckten, daB junge Parasiten nicht immer dem Vorgange der Sporu¬ 
lation ihren Ursprung verdanken, und ferner, daB da, wo es zur Sporu¬ 
lation kommt, diese nicht immer nach dem althergebrachten Schema er- 
folgt sondern durch das h&ufige Vorhandensein von wenig Protoplasma 
nicht unwesentlich modifiziert wird. In dem ersten Punkte allein be- 
riihren sich meine Konklusionen einigermafien mit denen P1 e h n s. In 
alien anderen Beziehungen aber differieren sie. 

Um dies von vornherein deutlich zu machen, stelle ich sogleich 
voran, daB ich mehrere Wege der Entwickelung fiir eine ganze, um- 
schriebene Gruppe protoplasmaarmer tropischer Ringformen zu jungen 
Formen zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, wahrend diese nach 
Plehn einem friihzeitigen Untergange geweiht sind. Ferner, wo es 
nicht zur Bildung einer Vielheit von Parasiten nach einem mit der 
typischen Sporulation identischen oder ihr verwandten Prozesse kommt, 
da kann aus einem Mutterparasiten ein einziger neuer Parasit entstehen. 


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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 151 


aber nicht nur nach dem Modus von Plehn, wonach die Ringsubstanz 
g&nzlich zu Grunde gehe und unter Uinstanden das Chromatin allein 
der Ausgangspunkt f(ir einen neuen Parasiten werde — ein Modus, der 
mirtrotz eigener Erfahrungen noch nicht sichergestellt genug erscheint 
— sondern vorwiegend in einer anderen, weiter unten zu beschreibenden 
Weise. Endlich soil gezeigt werden, daB dieselben Verhattnisse, welche 
die Entstehung der Jugendforraen gewisser kleiner Parasiten beherrschen, 
auch bei grofien Tertianparasiten zu finden sind, daB es also nicht er- 
laubt ist, in dieser Beziehung eine scharfe Grenze zwischen kleinen 
Parasiten und groBen zu ziehen, daB es auch nicht angeht, die einen 
als arm an Protoplasma zu bezeichnen und die anderen als reich daran, 
da es auch groBe Tertianparasitenformen gibt, die ebenfalls relativ arm 
an Protoplasma sind. Wer h&tte nicht auch bei Tertiana simplex feine 
Ringe im Jugendzustande und im herangewachsenen ganz phantastisch 
gestaltete, ein Maschenwerk feiner Faden darstellende Formen gesehen, 
mit nur stellenweise st&rkerer Anhaufung protoplasmatischer Substanz 
innerhalb dieses Maschenwerkes ? 

Den folgenden Ausfflhrungen sind, soweit sie tropische Malaria be- 
treffen, vor allem einige durch kleine Parasiten bedingte, bemerkens- 
werte Erkrankungen zu Grunde gelegt. In der Mehrzahl derselben 
konnte nicht mit Sicherheit ausgemacht werden, ob sie den halbmond- 
oder den sph&renbildenden kleinen Formen angehbrten. Da ich indes 
die zu besprechenden Teilungsvorg&nge wohl an zweifellos spharenbilden- 
den Parasiten beobachtet babe, dagegen an zweifellos halbmondbildenden 
bisher nicht, so ist es wohl gestattet, die Qbrigen Falle, welche analoge 
Erscheinungen, wie die zweifellos sph&renbildenden kleinen Parasiten 
darboten, gleichfalls als solche zu betrachten. 

Was die Falle von Tertiana simplex, bedingt durch den groBen 
Golgischen Parasiten, betrifft, so liegen den folgenden Untersuchungen 
meist solche von Tertiana duplicata zu Grunde, der beinahe ausschliefi- 
lichen Form, unter der sich in meiner Umgebung diese Fieberform 
manifestiert. 

Das EigentQmliche, sozusagen Exceptionelle, der zu Grunde ge- 
legten Falle lag nun darin, daB bei ihnen schon in der peripheren Zirku- 
lation auch an kleinen Parasiten Erscheinungen auftraten, die als Teilungs- 
vorgange aufgefaBt werden muBten, was bei kleinen Formen nicht vor- 
kommen soil. 

Wir wollen nun im folgenden nacheinander erst die feinen, sodann 
die grdberen Ringformen betrachten. 

1. Ringformen mit minitnaler Protoplasmamenge. 

Diese finden sich bei tropischer Malaria aufierordentlich haufig. Ihr 
Kontur ist wie mit der Feder gezeichnet, und in ihren GroBenverhalt- 
nissen schwanken sie von den allerkleinsten Formen bis zu ‘/ B Blut- 
kSrperchengroBe und dariiber. Ihre Ringform ist sehr regelmafiig, ihr 
Chromatinkorn meist einfach. Manchmal indes, vor allem bei Tertiana 
maligna, sind die mittleren Formen auch blatt- und bandfdrmig. Was 
nun ihre Vermehrung betrifft, so kann man sich an geeigneten Fallen 
leicht fiberzeugen, daB sie nicht, kaum geboren, dem Untergange geweiht 
sind, sondern im Gegenteil eine oft aufierordentliche, auf ihre Reproduk- 
tion gerichtete Lebenstatigkeit zeigen. Und zwar beginnt dieselbe ent- 
weder schon friih, indem gleichsam noch im Jugendalter der Parasiten 


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152 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIY. No. 2. 


bereits Teilungsformen auftreten, oder solche treten erst sp&ter auf, nach- 
dem der Ring eine gewisse Grfifie erreicht hat 

a) Fruhzeitige Teilung. 

Es beginnt zunfichst eine Wucherung des Chromatins. Dieses 
wftchst anfEnglich in die Lange and wird st&bchen- oder vielmehr bogen- 
fOrmig. Ein solcher Bogen amgreift oft die halbe Peripherie des Ringes, 
manchmal selbst mehr. Hin und wieder bleibt das Korn ancb erbalten, 
and sitzt das verl&ngerte Stflck Chromatin wie ein Kometenschweif an 
seinem Kern. In diesem Anfangsstadium der Teilnng ist die Ringform 
noch stets erhalten. Bald darauf jedoch fangt auch der feine Proto¬ 
plasmaring an, sich zu verandern, indem er sich streckt and noch dflnner 
wird. Die Ringform bietet nun schnell alle Zeichen ihrer morpbologischen 
AuflOsung. Sie ist zerrissen und bangt an einem oder beiden Enden 
ihrem Chromatinkdrper als ein feiner, oft wellig gestalteter oder un- 
regelm&fiig geknickter Faden an. In derselben Zeit hat das Chromatin 
seinen WucherungsprozeB fortgesetzt. Jetzt beginnt seine Teilung. Das 
Stabchen spaltet sich, die Bogenformen zerfallen in oft treppenartig 
tibereinanderliegende Teilstucke, es treten noch AbschnQrungen einzeln^r 
KOrner auf etc. Der Endzustand ist eine ZerschnQrung des gewucherten 
Chromatins in einzelne Ahscbnitte, wahrend die Ringsubstanz, da sie 
sich an dem Wucherungsprozesse des Chromatins kaum aktiv beteiligt, 
neben der Chromatinmasse beinahe verschwindet. 

Jetzt nehmen die einzelnen Chromatinstficke je eine gewisse 
Quantitat des Protoplasmas der Ringsubstanz und bilden mit ihr einen 
neuen Parasiten. Dieser ist im Beginne oft nicht ringformig, sondern 
den Verhaitnissen seiner Entstehung entsprechend, im gefarbten PrSparate 
vielfach kometenartig: ein kleines Korn mit einem bogig gekrUmmten 
Protoplasmafaden. Die Anzahl der so entstandenen jungen Parasiten 
ist natflrlich den Chrom atinteilstucken entsprechend. 

DaB die protoplasmatische Ringsubstanz bei dieser Form der Teilung 
eine so geringe Rolle spielt, liegt wohl haupts&chlich an der Schnellig- 
keit, womit sich der ProzeB der Teilung bei diesen jungen Formen ab- 
spielt. Demgemafi kommt es auch nicht zu einer Pigmententwickelung. 
Haufig ist der Anteil an protoplasmatischer Substanz, welcher einem 
der Teilsttlcke des Chromatins zugefallen ist, so aufierordentlich klein, 
daB derselbe sich farberisch nicht nachweisen laBt. Wir haben dann 
scheinbar ein einfaches Chromatinkorn, aber mit einem Hof, einem Blut- 
kOrperchen aufliegend. 

Von einer organischen Zersthrung der Ringformen, ihrem Unter- 
gange, ist also bei diesem Teilungsmodus keine Rede. Allein morpho- 
logisch verschwindet der Ring, indein er durch die andrangende, in 
Wucherung begriffene Chromatinmasse offenbar zersprengt und zerrissen 
wird. Er nimmt aber am Aufbau des neuen Parasiten seinen legitimen 
Anteil. Dies wird auch aus der Farbenreaktion seines Protoplasmas 
deutlich, das sich in alien Phasen mit der Romanowsky-Ziemann- 
schen Methode schhn blau farbt, wahrend abgestorbenes Protoplasma 
dabei schwarzlich khrnig erscheint. 

Was nun die Ursache dieses Teilungsmodus, den ich einen frflh- 
zeitigen genannt und genauer noch einen Qberstilrzten heiBen mdchte, 
so weiB ich dieselbe nicht. In einem meiner diesen Untersuchungen zu 
Grunde gelegten Falle, der von Anfang an beobachtet werden konnte, 
nahm man in den ersten 24 Stunden den gewOhnlichen Entwickelungs- 


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Silberstein, Ueber die Entstehung yon jungen Malariaparasiten etc. 153 


vorgang der Parasiten wahr von kleinsten zu grSBeren, das Blutkdrper- 
chen Vs — 7s ausfflllenden Formen, welche letzteren im wesentlichen 
Ringformen oder Modifikationen derselben waren. Von da an bis kurz 
vor der Akme des Fiebers, welche nach weiteren 16 Stunden erreicht 
wurde, waren mehr kleine und mittlere Formen vorherrschend. Aber 
von dor 40. Stunde an bis gegen den 24 Stunden sp&ter beginnenden 
Temperaturabfall waren ausschlieBlich die eben beschriebenen in iiber- 
stttrzter Teilung begriffenen feinen Formen vorhanden. Es kam also von 
einem gewissen Zeitpunkt an hier nicht mehr zur Ausbildung proto- 
plasmareicher, Slterer Gebilde. 

Ebenso verhielt es sich wahrscheinlich bei einem Soldaten der N.-I. 
Armee, welcher erst in Behandlung kam, nachdem er schon mehrere 
Tage gefiebert hatte. Die bei ihm vorgenommenen Blutuntersuchungen 
umfaBten den letzten Fiebertag und boten ahnliche Befunde, wie im 
vorhergehenden Falle, d. h. nur kleine Teilungsformen. 

In einem anderen Falle, der gleichfalls einen Soldaten betraf, und 
dessen Attacke nur 12 Stunden dauerte, waren w&hrend der ganzen 
Zeit bei den wiederholten Blutuntersuchungen nur kleinste und groBere, 
in lehhaftester Cbromatinteilung begriffene, sehr protoplasmaarme, wie 
mit der Feder gezeichnete Formen zu finden. 

In einem vierten Falle endlich traf man typische Teilungsformen 
junger protoplasmaarmer Ringformen nur im Beginn des Fiebers und 
zwar mit derselben Intensity und Deutlichkeit, wie bei den vorhergehen¬ 
den. Sp&ter dagegen grobe, kleine und mittlere sowie protoplasmareiche, 
groBe Parasiten in vergrdfierten und getUpfelten Blutkorperchen. Dem- 
nach hat es sich hier urn eine Tertiana simplex gehandelt, und geht 
daraus hervor, daB auch bei groBen Parasiten sehr feine, protoplasma¬ 
arme Formen auftreten, und daB diese ein ahnliches Verhalten, wie ge- 
wisse Formen kleiner Parasiten zeigen konnen. Bemerkenswert ist 
ferner, daB hier zu Beginn lediglich protoplasmaarme, in lebhaftester 
Chromatinteilnng begriffene Formen vorhanden waren, und dafi erst aus 
diesen sich die protoplasmareichen und alle Charaktere der Golgi schen 
Parasiten darbietenden Formen entwickelten, woraus gefolgert werden 
mag, daB die Protoplasmaarmut junger Parasiten durchaus nicht bedeutet, 
daB dies auch im weiteren Verlaufe so bleiben werde. 

Es geht also aus obigen Beobachtungen so viel hervor, daB kleine 
Ringformen mit wenig Protoplasma keine so verg&nglichen Gebilde sind, 
daB sie im Gegenteil unter Umst&nden, und zwar sowohl bei tropischen 
wic Golgi schen Parasiten, eine groBe vitale Energie besitzen, und daB 
die Behauptung Plehns bezuglich derselben: „Teilungsvorgange im 
Kern sind nicht zu beobachten u 1. c. p. 26 in ihrer Allgemeinheit nicht 
aufrecht zu erhalten ist Allerdings trifft man ihren eben beschriebenen 
Teilungsmodus namentlich bei tropischen Formen nicht unter alien Urn- 
standen im peripheren Blute an. Das schliefit aber nicht aus, daB er 
bei anderen Arten tropischer Parasiten vielleicht in inneren Organen 
stattfindet, wie der typische SporulationsprozeB auch. Das kOnnte viel¬ 
leicht fflr die kleinen, Halbmonde bildenden Parasiten der Fall sein, bei 
denen man ganz gewohnlich Wucherungszustanden des Chromatins in 
der peripheren Zirkulation, aber keinen Teilungsvorg&ngen begegnet. 
Indes ist dies eine bloBe Vermutung, auf die vorlBufig weiter kein Wert 
gelegt werden soli. Tatsache ist jedenfalls, daB dieser Entwickelungs- 
typus kleiner Ringformen, da bisher nicht beschrieben, nicht allzu haufig 
vorkommt, obwohl es verwunderlich ist, daB mir wenigstens vier derartige 


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154 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 

F&lle in kurzer Zeit begegnet sind. Mfiglicherweise liegt das an der 
Malariaform. Meine F&lle stain men von Java, und soweit sie durch 
kleine Parasiten bedingt sind, gehOren sie wahrscheinlich sfimtlich einer 
ganz besonderen Gruppe an, n&mlich, wie schon bemerkt und wie weiter 
unten noch ausfUhrlicb an der Hand einer genau verfolgten Kranken- 
geschichte gezeigt werden soli, den kleinen spharenbildenden an, einer 
Art, die noch in anderen Hinsicht gleichfalls Interesse verdient, weil sie 
wenigstens eine Stfltze fflr die sogenannte, unter deutschen Autoren 
namentlich von Plehn betonte, Unitatstheorie der Malariaparasiten zu 
bieten scheint. 

Wenn demnach die groBe Abteilung der halbmondbildenden Para¬ 
siten vorl&ufig anBerbalb der bisherigen Erfirterungen fiber Teilungs- 
modalitfiten und Schicksalsgestaltungen junger protoplasmaarmer Ring- 
formen zu fallen scheint, so ist damit nicht gesagt, dafi sie es nun sind, 
welche vorwiegend in den Rahmen der von Plehn aufgestellten und 
in ihren wesentlichen Zfigen schon angeftthrten Hypothese fallen. Auch 
hier ist Weiterentwickelung die Regel, Stillstand und Untergang die 
Ausnahme. Nur scheint — wie ttbrigens vielfach bei der anderen 
Gruppe auch — die Entwickelung feiner Ringformen sich im wesent¬ 
lichen derart zu vollziehen, dafi sie zu groberen Formen mit reichlichem 
Protoplasma auswachsen. Dies geht z. B. aus folgenden abgekttrzt wieder- 
gegebenen Fallen hervor: 

Ein javanischer Kellner, Sakiman, erkrankt um 12 Uhr mittags 
mit Schfittelfrost. Im Blute zahlreiche kleinste Ringe von allerfeinster 
Zeichnung mit winzigem Chromatinkorn. Abends fieberfrei. Am folgen¬ 
den Morgen starke Dosis Chinin, gleichzeitig Blutuntersuchung. Im 
Blute viele schfinste Ringformen von ca. 1 / ft Blutkfirpergrfifie mit reich¬ 
lichem Protoplasma und st&rkerem Korn. Keine einzige Form des vor- 
hergehenden Tages. Um 3 Uhr neuer Anfall. Im Blute keine Parasiten. 
Am n&chsten Tage gesund. 

Es unterliegt hier wohl keinem Zweifel, dafi die prim&ren feinsten 
Ringe im weiteren Verlaufe zu den grofieren und grfiberen ausgewachsen 
sind. 

Zur selben Annahme mufi man im folgenden Falle kommen: 

Eine javan. Frau aus Deli erkrankt mit Frost, heftigen Kopfschmerzen 
und akuter Gastroenteritis, Temperatur 39,3. Im Blute nur allerkleinste, 
sehr feme Ringe von ca. Vie Blutkfirpergrfifie. Solit&re Chromatin- 
kfirner mit Hof. Kleinste, randst&ndige Formen. Nachts fieberfrei, eben- 
so den ganzen folgenden Tag. In der fieberfreien Periode findet man 
im Blute nur protoplasmareiche, grfibere Ringe von 1 / B —'/* Blutkorper- 
grfifie. Da man bei der ersten Blutuntersuchung nur allerkleinste, 
feine, bei der zweiten nur grfifiere, grdbere Formen fand, so kfinnen 
letztere nur aus ersteren hervorgegangen sein. 

b) Sp&tere Teilung. 

Haben sich die kleinen Parasiten mit minimaler Protoplasmamenge 
nicht durch frfihzeitige Teilung vermehrt, so kfinnen sie, falls sie durch 
kontinuierliche Weiterentwickelung ihrer konstitutiven Elemente nicht in 
grfibere Ringformen mit reichlichem Protoplasma fibergegangen sind, 
ihren Gharakter als feine Ringformen bewahren und zun&chst weiter- 
wachsen, wobei die achromatische Zone immer grfifier wird, wfihrend die 
basiseh gef&rbte peripherische Zone dftnn bleibt. Nun kfinnen sich in 
einem gegebenen Augenblicke die oben geschilderten Vorg&nge wieder- 


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Silberstein, Ueber dia Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 156 


holen, d. h. unter vorwiegender Beteiligung des Chromatins an dem Zer- 
scbnfirungsprozefi wird der Ring gesprengt, und die einzelnen Teilstttcke 
treten mit je einem Chromatinstficke zu einem neuen Parasiten zusam- 
men. Dies war vor allem in meinem dritten Falle gat zu sehen. Hier 
erreichten die grofien Formen l /s — V* BlutkorpergroBe, blieben aber 
auBerordentlich protoplasm aarm, wihrend die Teilungsvorgdnge am Chro¬ 
matin durch ihre besondere Intensity auffielen. 

In anderen Fallen jedoch vollziehen sich die Dinge, infolge einer 
weniger passiven Beteiligung des Protoplasmas, etwas komplizierter. 

In dem ersten meiner Falle, der spater ausfilhrlich mitgeteilt werden 
soli, sah man haufig von dem Cbromatinkorn entgegengesetzten Pol des 
Binges einen feinen Fortsatz ausgehen. Nicht selten waren es selbst 
mehrere Fortsatze, die von verschiedenen Punkten der Peripherie des 
Ringes ausstrahlten. Etwas spater wurde die Ringform durch einen 
Protoplasmafaden, der quer von einer Peripherie zur anderen durch die 
achromatische Zone ging, in zwei meist ungleiche Halften zerlegt, w&h- 
rend zwischen den Fortsatzen sich quere Verbindungsfaden ausbildeten. 
War nur ein Fortsatz vorhanden, so spaltete er sich erst gabelfbrmig, 
sodann trat gleichfalls zwischen den divergierenden Faden eine Verb in¬ 
dung auf. So kam es zu inaschenformigen Bildungen, von denen viele 
sehr fein gezeichnet blieben, andere jedoch etwas reichlicher mit Proto¬ 
plasma versehen waren. Im weiteren Verlauf traten dann deutliche 
Zeichen der Chromatin beteiligung auf, indem sich nicht selten groBere 
maschenformig konstruierte Parasiten mit 5—6 Chromatinkornern zeigten, 
welche fiber ihre Oberflfiche ausgestreut waren. Es ist wohl gestattet, 
diese letzteren aus dem vorhergehenden Zustande abzuleiten und hierin 
die Einleitung zur Teilung dieser Parasiten zu erblicken, deren weitere 
Phasen sich aber im peripheren Blute nicht mehr beobachten lieBen. 
Doch ist so viel wohl mit einiger Sicherheit zu sagen, dafi es hier nicht 
mehr zu einer klumpigen Gestaltung des Protoplasmas, wie beim typischen 
Sporulationsprozesse, kommen dilrfte, da die Chromatinspaltung ja schon 
zugleich mit dem Beginne der Teilung auch die Endphase der Ent- 
wickelung des Protoplasmas des Mutterparasiten ankfindigt Eine Pig- 
mententwickelung war neben der Chromatinteilung auch hier nicht zu 
konstatieren, da die protoplasmatische Substanz so gering war. Dagegen 
war eine solche bei analogen Bildungen etwas protoplasmareicherer 
kleiner sowie Golgischer Parasiten, wie wir gleich sehen werden, haufig 
sehr deutlich zu beobachten. 

Es besteht endlich noch eine eigentfimliche Art der Entwickelung 
junger Parasiten aus filteren protoplasmaarmen Ringformen, die jedoch 
bei den grdberen Formen abgehandelt werden soil, da sie unter Um- 
stfinden beiden gemeinsam ist. (Fortsetzung folgt) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Nachdruck verboten. 

Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 

[Aus dem Institute far allgemeine und experimentelle Pathologic der 
k. k. Universitat Innsbruck.] 

Von Prof. Dr. H. Ltiwlt, Innsbruck. 

Mit 1 Tafel. 

Die vorliegende Untersuchung wurde durch Beobachtungen Qber die 
bakterizide und agglutinierende Wirkung des Vogelplasma ohne Zusatz 
und das Vogelserum angeregt, die an einer anderen Stelle 1 2 3 ) mitgeteilt 
sind. Dort hatte sich gezeigt, dafi bei der Impfung des Plasma nnd 
Serum einer Ente und einer Gans mit verschiedenen Mikroben nach 
kurzem Aufenthalte im Thermostaten bei 37° C, manchmal aber auch 
bei Zimmertemperatur, ein fein- bis grobflockiger Niederschlag entstand. 
der makroskopisch vollig den Eindruck einer intensiven Agglutination 
machte. Bei der mikroskopischen Untersuchung im hangenden Tropfen 
ttberzeugte man sich jedoch sofort, dafi die einzelnen Flocken nicht, wie 
bei der Agglutination im Saugetierblute, aus den zu Haufen vereinigten 
Mikroben bestehen, sondern dafi die Hauptmasse der Flocken aus kuge- 
ligen oder ovalen, schwach glfinzenden plattchenartigen Gebilden ge- 
bildet wird, zwischen denen auch im nativen Praparat vereinzelte oder 
grdfiere Mengen von Mikroben erkannt werden konnten. Hier stellte 
sich also die Agglutination zweifellos als eine Niederschlagsbildung mit 
eingeschlossenen Mikroben dar und bildete auf diese Weise einen inter- 
essanten Beleg ffir die von Paltauf und seinen Schulern *) vertretene 
Theorie der Agglutination, welche ja in ihrer gegenwOrtigen Fassung 
im wesentlichen dahin geht, dafi die Mikroorganismen durch spezifische 
frei in der FlQssigkeit, aber auch an den Bakterienleibern selbst ent- 
stehende Niederschl&ge eingeschlossen und daher agglutiniert werden. 
Am Vogelblute war also in diesen Fallen die Darstellung und Sichtbar- 
machung des die Mikroben agglutinierenden Niederschlages in Qber- 
raschend einfacher Weise gelungen, w&hrend ja bekanntlich die Unsicht- 
barkeit des die Mikroben verbindenden Niederschlages bei der Agglu¬ 
tination im Saugetierblute, abgesehen von den direkt erzeugten spezi- 
fischen Niederschiagen und einigen anderen von Kraus 8 ) bereits ange- 
fahrten Fallen, der allseitigen Anerkennung der sonst so plausibeln 
Paltaufschen Hypothese hindernd im Wege steht [Bordet 4 ), Di- 
neur 5 ), Nicolle 6 ), Harrison 7 )]. 

BezUglich dieses aus plattchenartigen Elementen zusammengesetzten 
Niederschlages in dem untersuchten Enten- und Gansplasma und Serum 
kann nur gesagt werden, dafi derselbe in verdunntem Alkali, nicht aber 


1) Vergl. Lowit, M. u. Schwarz, C., Ueber Bakterizidie und Agglutination im 
Normalblute. I. Bakterizidie und Agglutination im Normalserum und im kiinstlichen 
Plasma. (Zeitschr. f. Heilkunde. Abt. f. interne Med. 1903.) 

2) Vergl. Kraus, R., Zur Theorie der Agglutination. (Zeitschr. f. Heilkunde. 
Bd. XXIII. 1902. Abt. f. interne Med. p. 369 f.) 

3) a. a. O. p. 379 und Kraus, R. u. Seng, W., Wien. klin. Wochenschr. 
1899. p. 1.) 

4) AnnaL de l’Institut Pasteur. T. XIII. 1899. p. 225. 

5) Bulletin de l’acad&nie royale de m£decine de Belgique. T. XI. 1897. p. 705. 

6) Annal. de l’lnstitut Pasteur. T. XII. 1898. p. 161. 

7 ) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXX. 1901. p. 115. 


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Low it, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


157 


in verdttnnter Sfinre nnd nicht bei erhObter Temperatur (60° C) lSslich 
war, dafi dagegen ans dem ungeimpften Plasma und Serum durch ver- 
diinnte Essigsfiure und auch noch durch manche andere Substanzen ein 
analoger Niederschlag ausgef&llt werden konnte, der sich im wesent- 
lichen wie der durch Bakterien gebildete Niederschlag verhielt. In- 
dessen konnte man sich leicht davon flberzeugen, dafi der durch Sfiure 
ausgefallte Niederschlag aus dem Vogelplasma und Serum nicht mit der 
durch die Bakterien in Plfittchenform niedergeschlagenen Substanz 
identisch war, oder zum mindesten nicht die gesamte Menge derselben 
enthielt, denn nach der Abzentrifugierung des durch S&ure gebildeten 
Niederschlages zeigte das entsprechend neutralisierte Vogelplasma und 
Serum noch starke Ffillung durch die betreffenden Mikroben. 

Von besonderem Interesse erschien aber die Eigenschaft dieses eigen- 
artigen Niederschlages aus dem Vogelplasma und Serum zu sein, dafi 
eine entsprechende F&rbung desselben bei mannigfacher Variation der Ver- 
suchsbedingungen nicht gelingen wollte. Weder im angetrockneten noch 
im feuchten Zustande, in der Flttssigkeit suspendiert und mehrfach zentri- 
fugiert und gewaschen, war hier mit den verschiedensten F&rbungen ein 
halbwegs brauchbares Resultat zu erzielen. Am besten wirkte noch 
wfisserige konzentrierte Methylenblauldsung, welche dem abzentrifugierten 
und 2 — 3mal mit 1-proz. Kochsalzlosung gewaschenen Niederschlage in 
geringer Menge zugesetzt wurde, worauf nach 24-stflndigem Stehen im 
Thermostaten bei 37° C eine leichte metachromatische F&rbung (rosa 
bis rotviolett) der einzelnen plfittchenartigen Elemente und eine dunkle 
Blauf&rbung der vorhandenen Mikroben, im hfingenden Tropfen unter- 
sucht, konstatiert werden konnte. Doch war die Farbung des Nieder¬ 
schlages immer nur sehr blafi; eine Antrocknung und Fixierung des¬ 
selben am Deckglase erwies sich als untunlich, weil dabei die charakte- 
ristische aus plfittchenartigen Elementen bestehende Form des Nieder¬ 
schlages nicht erhalten blieb, derselbe vielmehr nur in Form einer 
blafirosa bis blafivioletten amorphen Wolke zwischen den Mikroben und 
um dieselben herum erkannt werden konnte. 

Weitere chemische und morphologische Untersuchungen liber den 
eben erwfihnten bei dieser Art der F&llung im Vogelplasma und Serum 
beobachteten Niederschlag konnten aber nicht vorgenommen werden, 
weil bei der Verfolgung dieses Gegenstandes an zwei weiteren G&nsen 
dieser Niederschlag im Plasma ohne Zusatz und im Normalserum (gegen 
Typhus- und Coli-Bacillen, gegen Vibr. cholerae u. Metschni- 
koff, gegen den B. pyocyaneus) unter den gleichen Versuchsbedin- 
gungen nicht entstand, unter welchen derselbe an der ersten Ente und 
Gans bei wiederholten Versuchen mit grofier Leichtigkeit und Pr&gnanz 
zu stande gekommen war. 

Es hatte sich also bei diesen beiden Tieren um eine zuf&llige, viel- 
leicht durch individuelle Verh&ltnisse bedingte Niederschlagsbildung in 
dem geimpften Plasma und Serum gehandelt, welche hdchst wahrschein- 
lich durch F&llung eines im Plasma und Serum der beiden genannten 
Tiere enthaltenen Korpers bedingt worden war, welche aber nicht ein- 
mal eine Verallgemeinerung f&r das Vogelblut flberhaupt, geschweige 
denn fttr das S&ugetierblut gestattete. Immerhin war durch diese Be- 
obachtungen der Wunsch angeregt worden, die Frage der Niederschlags¬ 
bildung bei der Agglutination einer erneuerten Prttfung zu unterziehen. 

Gowifi ist jedem Beobachter, der sich mit der mikroskopischen Unter- 
suchung agglutinierter Mikroben im h&ngenden Tropfen eingehend be- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originals. Bd, XXXIV. No. 2. 


sch&ftigt hat, die Erfahrung bekannt, daB die in einem Haafen aggluti- 
nierten Organism en zwar in der Regel dicht aneinander gedrangt sind 
and einen Zwischenraum zwischeneinander nicht frei lassen, aber gar 
nicht so selten kommen sowohl im Normalserum als auch im Immun- 
serum solche Haafen vor, bei welchen die agglutinierten Mikroben nicht 
dicht nebeneinander liegen, sondern durch groBere oder kleinere helle 
and scheinbar leere Zwischenr&ume voneinander getrennt sind, welche 
gewissermaBen eine Verbindung zwischen den einzelnen Mikroben im 
Haafen herzastellen scheinen. Gerade solche Haufen legen doch den 
Gedanken ungemein nahe, daB hier zwischen den im Haafen befindlichen 
Mikroorganismen eine homogene, amorphe Substanz als Verbindung 
oder als Niederschlag vorhanden sein miisse, welche sich wahrscheinlich 
wegen ihrer besonderen Lichtbrechungsverhaltnisse von der umspfilenden 
Fltlssigkeit oder von dem umgebenden Medium tiberhaupt nicht abhebt, 
and daher als solche nicht erkannt werden kann. 

Aber alle Versuche, diese supponierte, die Mikroben im agglutinierten 
Haufen untereinander verbindende, sie gewissermaBen einschlieBende 
Substanz im h&ngenden Tropfen oder am angetrockneten Deckglas- 
praparate *) zur Darstellung zu bringen, schlugen mir anfangs vollstfindig 
fehl, wie sie ja auch vor mir bereits von zahlreichen anderen Beobachtern 
nicht zur Darstellung gebracht werden konnte. Immerhin hatten diese 
Bemtthungen am Hunde- und Kaninichenserum den Erfolg, daB man bei 
Vornahme der Farbung mit konzentrierter w&sseriger Methylenblaulosung 
in der oben am G&nseplasma und Serum angefQhrten Weise auBerst 
blasse metachromatische F&rbungen einer zwischen den agglutinierten 
Mikroben befindlichen homogenen Substanz erzielen konnte, welche aber 
entscheidende Bilder ftlr die hier verfolgte Frage nicht lieferten. 

Erst der mehr gelegentlich gemachte Befund, daB man mit ver- 
dfinnter w&sseriger Eosinlbsung und mit rotstichigem w&sserigem Me* 
thylenblau, namentlich mit der nach Nocht 1 2 3 ) hergestellten stark rot* 
stichigen Methylenblaulosung gute F&rbungen der supponierten Zwischen- 
substanz zwischen den agglutinierten Mikroben erhalt, ftihrte zur Aus- 
arbeitung einer Methode, mit welcher die farberische Darstellung dieser 
Zwischensubstanz gut gelungen ist. Diese Methode besteht in folgendem: 

In dem Normalserum oder Immunserum verschiedener Tiere — es 
wurde an Kaninchen, Hunden, Meerschweinchen und Affen (Hamadryas 
macncus ) *) gearbeitet — wurde im unverdOnnten oder in entsprechend 
verdiinntem Zustande des Serum Agglutination verschiedener Mikroben 
hervorgerufen; Typhusbacillen und Vibrio cholerae kamen dabei 
vorwiegend in Verwendung, doch wurden auch andere bewegliche Mikro¬ 
organismen (B. coli, B. pyocyaneus, V. Metschnikoff) gelegent¬ 
lich geprQft. Sobald die im Thermostaten bei 37° C vor sich gehende 
Agglutination makroskopisch gut kenntlich war, oder auch friiher, wenn 


1) Will man mikroskopische Praparate agglutinierter Bakterien herstellen, so wird 
man, aa die agglutinierten Mikroben namentlicn bei Verwendung des Kaninchenserum 
in der Warme aesagglutiniert werden (im Meerschweinchenserum ist das nicht der Fall), 
beiin Antrocknen der agglutinierten Haufen an das Deckglas die Warmewirkung ganz 
vermeiden mussen, oder sie doch jedenfalls den Wert von 40— 50° C nicht iiberstagcn 
lassen diirfen. 

2) Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Bd. XXV. 1899. p. 704. 

3) Prof. Bernheimer hatte die groBe Liebenswiirdigkeit, die Benutzung des 
Blutes zweier von ihm im Institute am GroBhirn operierter, sonst aber ganz gesunder 
Affen fur den vorliegenden Zweck zu gestatten, wofflr ihm auch an dieser Stelle mein 
besonderer Dank ausgesprochen sei. 


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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


159 


es sich darum handelte, die der fertigen Agglutination vorausgehenden 
Ver&nderungen im Serum und an den Mikroben festzustellen, wurden 
im SpitzrOhrchen 10—15 ccm sterilen destillierten Wassers zugesetzt 
und durch eine kraftige Zentrifugierung die agglutinierten Mikroben 
abgetrennt, was meistens nach 10—20 Minuten erfolgt war. Hierauf 
wird die ttberstehende Flfissigkeit abgegossen und die Zentrifugierung 
mit der gleichen Fliissigkeitsmenge noch 2mal wiederholt, um sfimtliche 
Beimengungen des Serums zu entfernen. Die nach jeder Zentrifugierung 
von neuem aufgerfihrten Mikroben kdnnen dann, in wenig Fliissigkeit 
suspendiert, entweder sofort Oder nach einiger Zeit zu den folgenden 
F&rbungen verwendet werden. 

Es sei gleich an dieser Stelle betont, dak mit s&mtlichen verwen- 
deten Mikroben Kontrollversuche in der Weise angestellt wurden, daB 
von einer frischen, hfichstens IS—20 Stunden alten Agarkultur des be- 
treffenden Stammes eine entsprechend kleine Menge abgestrichen, in 
0,75-proz. Kochsalzlosung fein verteilt und nach einem Aufenthalte von 
10—15 Minuten im Thermostaten bei 37° C sofort der 3maligen Zentri¬ 
fugierung mit destilliertem Wasser unterzogen wurde. Mit den auf diese 
Weise abgesetzten Mikroben wurden (zur Kontrolle) jeweilig die gleichen 
FSrbungen wie mit den agglutinierten in folgender Weise vor- 
genommen. 

Eine Oese der 3mal zentrifugierten, gewaschenen und in wenig 
destilliertem Wasser aufgeschwemmten Mikroben wird auf das Deckglas 
flbertragen, hier etwas ausgebreitet und dann an der Luft oder unter 
zeitweiligem schwachem ErwSrmen am Deckglase angetrocknet Hierauf 
werden auf die beschickte Seite des Deckglases 1—2 Tropfen der 
Nochtschen Methylenblauldsung gebracht, das Deckglas wird dann bis 
zur Rauchentwickelung an der Flamme erhitzt und dann erkalten ge- 
lassen. Nach wenigen Minuten wird die uberschussige Farbe vom 
Deckglase vollstandig abgespfilt und das Pr&parat neuerdings in analoger 
Weise wie oben getrocknet Untersucht man die Pr&parate von agglu¬ 
tinierten Mikroben nach EinschluB in Balsam in diesem Zustande mit 
starken Systemen, so wird man jetzt bereits, da wo Agglutination zu 
stande gekommen war, in der Regel neben den gut gef&rbten, gut er- 
haltenen Oder in gewissem Sinne veranderten Mikroben, eine mehr oder 
weniger deutliche blafibl&uliche bis blaBrotviolette Zwischensubstanz in 
und an den agglutinierten Haufen erkennen kdnnen, in welcher die 
Mikroben eingebettet erscheinen, und welche in den in analoger Weise 
hergestellten, aber in Ldfflers Methylenblau gefilrbten Praparaten ent¬ 
weder gar nicht oder nur andeutungsweise kenntlich ist. Es liegt also 
eine Zwischensubstanz vor, welche in der basischen Farbe allein nicht 
oder nur sehr unvollkommen f&rbbar ist, welche dagegen bereits dem 
Rot aus Methylenblau [Methylen-Azur 1 )] gegenfiber in der N ochtschen 
Farbenlfisung eine weit bessere Ffirbbarkeit aufweist. Namentlich ist 
dies bei agglutinierten Choleravibrionen der Fall, bei welchcn die mit 
Nocht-Blau allein gefilrbten Praparate die Zwischensubstanz in weit 
besserem Grade als bei agglutinierten Typhusbacillen erkenuen lassen. 

Untersucht man nun Kon trollpr&parate normaler (nicht agglutinierter) 
Mikroben, welche direkt vom Agar abgestrichen, in der oben angegebeneu 
Weise hergestellt und dann der gleichen Ffirbungsbehandlung unter- 


1) Vergl. Michaelis, L., Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXIX. 1901. p. 763, sowie 
L. Michaelis und Wolff, A., Virchows Archiv etc. Bd. CLXVII. 1902. p. 151 f. 


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C«ntnilbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2. 


worfen warden, so sind weder makro- noch mikroskopisch Zeichen der 
Agglutination nachweisbar und von der angefilhrten Zwischensnbstanz ist 
nichts zn sehen. Veranderungen des Mikrobenleibes sind aber an diesen 
Kontrollpraparaten, wenn auch nur sehr sp&rlich, jedenfalls vorbanden; 
einzelne Mikroben erweisen sich nur als schwacb f&rbbar, andere zeigen 
abnorme, geblahte Formen, auch sind an einzelnen Mikroben die Zeichen 
der Plasmolyse und Plasmoptyse [A. Fischer ')] zweifellos kenntlich, 
aber diese Veranderungen sind doch nur recht selten konstatierbar, die 
bei weitem grdBte Zahl der vorhandenen Mikroben bietet in diesen 
Kontrollpraparaten beziiglich Farbbarkeit und Aussehen vdllig normale 
Verhaltnisse dar. Diese Beobachtung steht in Uebereinstimmung mit 
der Angabe von A. Fischer 1 2 3 * * * * 8 ), daB beim Uebertragen plasmolysier- 
barer Bakterien (anBer Cholera) vom Agar in Kochsalzldsung von 0,75 
oder 2 Proz. die Plasmoptyse nicht sofort eintritt, daB vielmehr zum 
mindesten ein Aufenthalt von Stunde in der Salzldsung notig ist, 
um bei der darauffolgenden Uebertragung in Wasser die sofortigen 
Erscheinungen der Plasmolyse und Plasmoptyse zu erhalten, wahrend in 
den obigen Versuchen die Mikroben hdchstens 10—15 Minuten in der 
Kochsalzldsung verblieben und dann sofort wieder in Wasser zentrifu- 
giert wurden. Jedenfalls kann gesagt werden, daB die durch FMrbung 
darstellbaren Erscheinungen der Plasmolyse und Plasmoptyse an den der 
gleichen Behandlung unterzogenen Kontrollpraparaten normaler (nicht 
agglutinierter) Mikroben, namentlich bei Bac. typhi, B. coli com¬ 
mune, nur sehr geringgradige sind 8 ), daB liier, soweit das mit den 
verwendeten Methoden uberhaupt erkennbar ist, so gut wie normale 
Verhaltnisse beziiglich Aussehen und Farbbarkeit der Mikroben herr- 
schen, und dafi an ihnen niemals die im folgenden zu beschreibenden 
Erscheinungen der Niederschlagsbildung zur Beobachtung kamen, welche 
mit den gleichen Methoden an den der Agglutination unterworfenen 
Mikroben erkannt werden konnten. Damit ist wohl zur Geniige dar- 
getan, daB diese letzteren nicht durch die angewendeten Untersuchungs- 
methoden fur sich allein bedingt sein konnen. 

Wenn nun auch die angegebene Farbung der agglutinierten Mikroben 
mit N o c h t blau bereits die zwischen den Mikroben befindliche Zwischen- 
substanz ziemlich deutlich erkennen laBt, so erschien es doch wfinschens- 
wert, diese Substanz in morphologischer Beziehung noch scharfer und 
klarer hervortreten zu lassen. Dieses Ziel wurde durch Nachfarbung 
mit Eosin erreicht, das auch in starken Verdflnnungen eine groBe farbe- 
rische Affinitat zu jener Zwischensubstanz besitzt. Da aber auch stark 
verdiinnte wasserige Eosinldsungen die mit Methylenblau Oder Nocht- 
blau vorgefarbten Praparate sehr rasch entfarben und auf diese Weise 
eine gleichzeitige Darstellung der durch Methylenblau gefarbten Mikroben 
und der durch Eosin gefarbten Zwischensubstanz nur unter besonders 
gQnstigen, dabei aber immerhin vom Zufall abhangigen Bedingungen 
gestatten, so stieB die angestrebte Doppelfarhung anfangs auf grofie 

1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionsk. Bd. XXXV. 1900. p. 1. 

2) a. a. O. p. 25 n. 

3) Bei nicht agglutinierten (normalen) in analoger Weise bchandelten Cholera- 

vibrionen sind die angefiihrten Veranderungen, wahrscheinlich infolge groflerer Empfind- 

lichkcit dicser Mikroben gegen osmotische Einwirkungen (A. Fischer), etwas starker 

ausgebildet, aber auch hier findet sich normales Aussehen und normale Farbbarkeit bei 

der Ueberzahl der vorhandenen Mikroben. B. pyocyaneus hingegen wurde durch 

die angewandte Methode weit starker verandert und erwies sich mithin zu den vor- 
liegenden Untcrsuchuugen nicht recht brauchbar. 


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LA wit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


161 


Scbwierigkeiten, die erst ftberwunden warden, als es gelang, eine 
passende Mischung von N ochtblau-Eosin fiir die Nachffirbung mit 
Eosin darzustellen. 

Diese Miscbung bestebt aus 2 ccm der von mir verwendeten stark 
alkalischen and rotstichigen Nochtblauldsung, der 3 Tropfen einer 
konzentrierten (gesfittigten) wfisserigen Ldsung von wasserldslichem Eosin 
(GrAbler) beigesetzt werden. Die Mischung nimmt einen blauvioletten 
Farbenton an und enth&lt keinen Niederschlag, wfihrend beispielsweise 
eine Miscbung von 2 ccm der gleichen Nochtblauldsung und 2 Tropfen 
der wfisserigen EosinlOsung einen starken Niederschlag enthalt. Im 
Dunkeln aufbewahrt, bleibt die erstere Mischung lange in ihrem anffing- 
lichen Zustande erhalten, am Lichte bildet sich nach 1—3 Wochen ein 
deutlicher Niederschlag, worauf dann die Mischung an Ffirbekraft ver- 
liert. Es ist sehr wahrscheinlich, dad der jeweilige Alkaligehalt und die 
jeweilige Beschaffenheit der verwendeten Nochtblauldsung auf das Zu- 
standekommen einer niederschlagsfreien Mischung von Einflnfi ist, wes- 
halb wohl verschiedene Nochtblauldsungen eines differenten Zusatzes 
der Eosinldsung bedflrfen werden. Wahrscheinlich ist in dieser Mischung 
das sogenannte eosinsaure Methylenazur (Michaelis und Wolff) bei 
der Farbung beteiligt, doch kdnnen hieriiber bestimmte Angaben nicht 
gemacht werden. 

Diese Mischung wird nun in der Weise verwendet, dad ein oder 
zwei Tropfen derselben auf das mit Nochtblau vorgefarbte und wieder 
vdllig trockene Prfiparat gebracht und mdglichst rasch wieder abgespdlt 
werden, worauf nach neuerlicher Trocknung des Prfiparates der Einschlufi 
in Balsam erfolgt. Die Dauer der Einwirkung der Nochtblau-Eosin- 
mischung darf nur eine sehr kurze, wenige Sekunden betragende sein, 
da auch diese Mischung noch ein sehr starkes EntffirbungsvermOgen 
gegen die mit Methylenblau und Nochtblau gef&rbten Prfiparate besitzt. 
Hier hangt alles von der Ffirbungsdauer der Nochtblau-Eosinmischung 
ab, einige Sekunden zu viel oder zu wenig kdnnen dabei fflr den er- 
zielten Ffirbungscharakter des Praparates von Bedeutung sein. Es ist 
Sache der Uebung, hier das richtige ZeitmaB zu finden, das in meinen 
Beobachtungen etwa zwischen 2—10 Sekunden lag, wobei zu berttck- 
sichtigen ist, dafi sich aueh die verschiedenen Mikrobenarten in verschie- 
denem Grade resistent gegen die Entfarbung bei der nachtraglichen 
Behandlung mit der Nochtblau-Eosinmischung zeigten, und dafi auch 
die Zwischensubstanz in den agglutinierten Haufen bei Verwendung ver- 
schiedener Mikrobenarten ein verschiedenes FfirbungsvermSgen der ge- 
nannten Mischung gegenflber besitzt. So hat es sich beispielsweise ge- 
zeigt, dafi die Zwischensubstanz in den agglutinierten Haufen der 
Choleravibrionen, die sich mit Nochtblau bereits gut zar Darstellung 
bringen lafit, die nachtragliche Eosinfarbung weit schwerer annimmt, als 
jene der Typhus- und Co 1 i-Bacillen, sowie des V. Metschnikoff. 
In jedem Falle aber wird man wohl mit dem Umstande zu rechnen 
haben, dafi auch in gnt gelungenen Doppelffirbungen von Mikroben- und 
Zwischensubstanz in den agglutinierten Haufen ein Teil der Mikroben 
bereits entfarbt sein dflrfte; je kleiner und dilnner der Haufen ist, desto 
grdfier ist namentlich an den Randpartieen desselben die Gefahr der 
Mikrobenentffirbung daselbst. 

Ob nun die bei den Doppelffirbungen erzielte Tinktion der Zwischen¬ 
substanz in den agglutinierten Haufen eine reine Eosinf&rbung oder eine 

Bnte Abt. Orig. Bd. XXXIV. 11 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV, No, 2. 


FSrbung mit einer besonderen in dem Gemenge erst entstandenen Misch- 
farbe (eosinsaures Methylenazur nach Michaelis und Wolff) dar- 
stellt, wurde nicht weiter geprflft; es kann in dieser Beziehnng nur ge- 
sagt werden, dafi man, wie bereits erw&hnt wurde, auch mit reiner 
wfisseriger, stark verdflnnter Eosinldsung eine deutlicbe EosinfSrbung 
der Zwischensubstanz bei vorausgegangener Methylenblauf&rbung der 
Mikroben in den agglutinierten Haufen erzielen kann. 


Die mit der eben beschriebenen Methode augstellten Untersuchungen 
erstrecken sich auf die Agglutination des Typhus und Coli-Bacillus, 
des B. pyocyaneus, des Vibrio cholerae und V. Metschnikoff 
bei Einwirkung des Normalserums von Rind, Kaninchen, Katze, Meer- 
schweinchen, Hunden, Affen, Enten und Gansen, ferner des Typhus- und 
Choleraimmunserums von Kaninchen und Meerschweinchen, sowie der 
zugehorigen Kontrolluntersuchungen an den nicht agglutinierten, sonst 
aber in gleicher Weise behandelten Mikroben. Es wurde ferner auch 
die Agglutination der durch W&rme (bis zu 60° C) abgetoteten Typhus- 
bacillen durch die verschiedenen Sera, sowie die sogenannte chemische 
Agglutination (Malvoz) 1 ) des Typhusbacillus durch Sfiurewirkung in 
das Bereich der Untersuchung gezogen. Am eingehendsten wurde die 
Wirkuug der Normalsera vom Kaninchen, Meerschweinchen, Rind und 
Affen gegen die genannten Mikroben geprflft. 

In dieser Beziehung kann nun gesagt werden, daft auch im Normal- 
serum vom Kaninchen, Meerschweinchen, Rind und der Katze die Ag¬ 
glutination der genannten Mikroben bei geringer Verdflnnung des Serums 
(1:0—1:10) in der Regel nicht vermiBt wird und nach wechselndem 
Aufenthalte bei 37 0 C (von 10 Minuten bis zu 24 Stunden) makro- und 
mikroskopisch, manchmal namentlich bei schwacher Agglutination aber 
nur mikroskopisch konstatiert werden kann. In der Literatur findet sich 
vielfach die Angabe, daB die Normalsera von Kaninchen und Meer¬ 
schweinchen gegen Typhus, Cholera und andere Mikroben nicht aggluti- 
nierend wirken; dieses negative Resultat dflrfte nach meinen Erfahrungen 
vor allem durch den gewflhlten Verdttnnungsgrad und auch durch den 
verwendeten Mikrobenstamm veranlaBt sein. Auch ich habe Typhus- 
und Coli-St&mme in der Hand gehabt, welche auch bei schwacher 
Verdflnnung des Normalserums inagglutinabel waren, wAhrend andere 
Stflmme im gleichen Serum und bei gleicher Verdflnnung sehr schone 
Agglutination darboten. Im allgemeinen wurde durch derartige Ver- 
haitnisse die Regel nicht beeintr&chtigt, daB auch das Normalserum die 
Erscheinung der Agglutination darbietet, die sich nicht wesentlich von 
der gleichen Erscheinung im Immunserum unterscheidet. 

Dagegen konnten wohl in dem Verhalten der agglutinierten Mikroben- 
haufen bei Verwendung der Normalsera verschiedener Tierarten gewisse 
chemische Differenzen gefunden werden, die zwar nicht allseitig durch- 
geprflft und mit den Verh&ltnissen im Immunserum verglichen worden 
sind, welche aber doch auf gewisse, wenn auch nicht prinzipielle che¬ 
mische Differenzen des unter dem Einflusse verschiedener Tiersera zu- 
stande gekommenen Agglutinationsvorganges hinweisen. So erscheinen 

1) Annales de l’Institut Pasteur T. XI. 1897. p. 582. Ibid. T. XII. 1898. p. 857 
et T. XIII. 1899. p. 630. 


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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


163 


die im normalen Kaninchenserum agglutinierten Typhusbacillen (Typhus S) 
nach kurzer Einwirkung (2—5 Minuten) einer Temperatur von 55--60° C 
wieder desagglutiniert, ja vielfach erwiesen sich unter diesen Verh&lt- 
nissen die wieder frei gewordenen Typhusbacillen vbllig normal beweg- 
lich, was auch von anderer Seite bereits beobachtet wurde. Die im 
Normalserum von Meerschweinchen agglutinierten Typhusbacillen (Ty¬ 
phus S) werden aber auch nach einer 10 Minuten langen Einwirkung 
von 55—60° C nicht mehr desagglutiniert; das Gleiche gilt bezttglich 
der Agglutination von Coli-Bacillen (Coli III) und Choleravibrionen 
(Cholera M) im Meerschweinchenserum. Hier scheint also die Bindung 
zwischen Agglutinin und agglutinabler Substanz eine festere, und die 
Desagglutination der agglutinierten Mikroben eine schwerere als im 
Kaninchenserum zu sein. 

AuBerdem liegen auch gewisse Differenzen bezttglich der Desagglu¬ 
tination der agglutinierten Haufen in verdiinnten S&uren und Alkalien 
vor, je nach yerwendung verschiedener normaler Tiersera. So genttgt 
eine geringe Menge verdiinnter S&ure (Essigsfiure, Salzs&ure), um die 
im Kaninchenserum agglutinierten Haufen der verschiedenen Mikroben 
wieder zu desagglutinieren, w&hrend verdttnnte Lauge (1-proz. NaOH) 
hier manchmal versagt, manchmal aber erst bei starkerem Zusatz die 
Desagglutination hervorruft. Im Meerschweinchenserum hingegen ver¬ 
sagt vielfach die verdttnnte S&ure, w&hrend das verdttnnte Alkali meist 
leicht und sicher die Desagglutination bewirkt; im Katzenserum wieder- 
um erweisen sich verdttnnte S&ure und verdttnntes Alkali nahezu gleich 
wirksam und bedingen beide in gleichem Grade Desagglutination. Ob 
hier wirklich differente Losungsverh&ltnisse der agglutinierten Substanz 
vorliegen, oder ob hierbei nur der verschiedene Salzgehalt der verwen- 
deten Tiersera, eventuell sonstige Differenzen derselben, an der verschie¬ 
denen Desagglutinierbarkeit beteiligt sind, wurde nicht n&her geprttft. 
Jedenfalls weisen derartige Beobachtungen darauf hin, daB die Aggluti¬ 
nation der Mikroben nicht ausschlieBlich durch die Mikroben selbst be- 
einfluBt wird, sondern daB noch andere durch das umgebende Medium 
bedingte Umst&nde auf dieselbe einwirken. Eisenberg und Volk 1 ), 
Eisenberg 2 3 ), Pick 8 ) haben gleichfalls Angaben fiber die Einwirkung 
von WiLrme, von Sauren und Alkali etc. auf die Agglutination und die 
dabei mitwirkenden Komponenten vorwiegend im Immunserum gemacht 
und ftthren die gefundenen Ver&nderungen haupts&chlich auf Alteration 
des Agglutinins und der agglutinierbaren Substanz, weniger auf solche 
der agglutinierten Substanz zurttck. 

Das morphologische Verhalten der agglutinierten Mikrobenhaufen, 
soweit dasselbe mit der frtther beschriebenen Methode erkannt werden 
kann, wurde der Hauptsache nach im Normal- und Immunserum als 
gleichartig befunden; es laBt sich kurz dahin charakterisieren, daB 
zwischen den agglutinierten Mikroben stets eine homo¬ 
gene, die Mikroben untereinander verbindende und in 
wechselnder Menge vorhandene Zwischensubstanz sicher 
nachgewiesen werden kann, welche eine deutliche farbe- 
rische Affinit&t zu Eosin und vielleicht auch zu gewissen 


1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionsk. Bd. XL. 1902. p. 155 f. 

2) Centralbl. f. Balit. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXI. 1902. p. 773 f. 

3) Hofmeieters Beitrage z. cbem. Physiol, u. Pathol. Bd ( I. 1901. p. 351 ff. 

11* 


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164 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Mischfarben (eosinsaures Methylenazur) besitzt. Die aggluti- 
nierten Mikroben sind raithin in einem Niederschlage 
eingeschlossen und es erscbeint damit auch der morpho- 
logiscbe Nachweis far die Annabme, daB (in den untersuchten 
Fallen) die Agglutination der Bakterien dem Wesen nach 
als eine Niederschlagsbildung aufzufassen ist, erbracht. 
(Vergl. Tafel, Fig. 1, 2, 3, 4, 5.) 

Bezfiglich dieses Niederschlages Oder dieser Zwischensubstanz ist 
nun zu sagen, dafi sie im gefarbten Praparate — im ungefarbten ist sie 
in diesem Mafie uberhaupt nicht sichtbar — den Eindruck einer mehr 
Oder weniger vbllig homogenen Masse macht, an welcher aber ab und 
zu auch eine gewisse Gitterung hervortreten kann; jedenfalls ist die 
Substanz meistens vbllig strukturlos und macht auch in dieser Beziehung 
den Eindruck eines amorphen Niederschlages. Dieser Niederschlag findet 
sich in der Regel stets mit eingeschlossenen Bakterien vergesellschaftet, 
ab und zu, wenn auch sehr selten, konnen bakterienfreie. rosa gef&rbte 
Niederschlage im Praparate gefunden werden, doch muB gleich an dieser 
Stelle betont werden, daB derartige Befunde nicht als Beweis fflr die 
freie Entstehung der Niederschlage, das ist fflr ihre unabhangig von den 
Bakterien erfolgende Bildung angesprochen werden kbnnen, da dem 
frflher Erwahnten entsprechend, nur eine scheinbare Abwesenheit der 
Bakterien, durch Entfarbung derselben, vorliegen kann. 

Die Form des Niederschlages schlieBt sich in der Regel eng an die 
durch die gefarbten Mikroben begrenzte und durch dieselben deutlich 
kenntliche Haufenbildung an, dabei sind die Mikroben in diesen Haufen 
bald dichter, bald dtinner gesat, gelegentlich kbnnen auch mitten im 
Haufen oder am Rande bakterienfreie Stellen des Niederschlages vor- 
handen sein (Fig. 1, 2, 3, 4 a, 6), die aber, wie der Bakteriengehalt der 
Haufen im Praparate iiberhaupt, durch die bei der geschilderten Far- 
bung wohl unvermeidliche Entfarbung der Mikroben mitbedingt sein 
kbnnen. Die innige Beziehung des roten oder blaulichen Niederschlages 
zu den Mikroben in den Prkparaten schiitzt wohl vor dem Einwande. 
daB man es dabei nur mit einem aus der verwendeten Mischfarbe 
(Nochtblau-Eosin) stammenden Niederschlage zu tun hat, eine Annahme 
Obrigens, welche gegeniiber den Resultaten an den Kontrollpraparaten, 
an welchen der gefarbte Niederschlag vbllig fehlt, und gegenfiber den 
sofort zu erwahnenden Befunden an den isolierten, auBerhalb der ag- 
glutinierten Haufen liegenden Mikroben nicht aufrecht erhalten werden 
kbnnte. 

Es fragt sich nun, ob wir durch die geschilderte Farbungsmethode 
einen Aufschlufi fiber die Entstehung des die Bacillen agglutinierenden 
Niederschlages erhalten kbnnen. Bekanntlich vertrat Paltauf 1 2 3 ) auf 
Grund der von Kraus*) entdeckten spezifischen Niederschlagsbildungen 
die Anschauung, daB die Agglutination durch frei im Serum wahrschein- 
lich durch Gerinuungsvorgfinge zu stande kommende spezifische Nieder¬ 
schlage entsteht, welche die vorhandenen Mikroben gewissermaBen ab- 
fangen und einschlieBen, wobei also den Mikroben eine mehr passive 
Rolle zufallt Spater hat Paltauf 8 ) seine Anschauung dahin modifi- 


1) Wien. klin. Wochenschr. 1897. p. 431. 

2) Ebenda. 1897. No. 32. p. 736. 

3) Vergl. bei Kraus, R., Zeitschr. f. Heilk. Bd. XXIII. 1902. p. 379. 


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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


165 


ziert, dafi er die Agglutination nicht bloB auf freie, unabhfingig von den 
Mikroben entstehende, spezifische Niederschlage zurflckftthrt, sondern 
daB er die Bildung der Niederschlage in die Bakterien selbst verlegt, 
und neben den frei entstehenden auch die an den Bakterien selbst ent- 
stehenden Niederschlage als Ursache der Agglutination anspricht. Zahl- 
reiche andere Autoren hatten dann gleichfalls auf die Abstaromung der 
agglutinablen Substanz aus den Mikroben (oder aus den agglutinierten 
zelligen Elementen, Elfstrandt) 1 ) und auf den Umstand hingewiesen, 
daB die Mikroben bei der Agglutination keine rein passive Rolle spielen 
(Bordet 2 3 ); doch soil auf die naheren Literaturangaben hier mit Rflck- 
sicht auf die zahlreichen vorhandenen Literaturzusammenstellungen nicbt 
eingegangen werden. Es sei hier nur darauf hingewiesen, daB Fr. 
Milller s ) das Austreten von Inhaltsmasse bei der Agglutination von 
Kaninchenerythrocyten unter dem Einflusse von Rizin direkt beobachten 
konnte, und daB E. P. Pick 4 5 ) die aus den Bakterien stammende (Bak- 
terienkoagulin) und die aus dem Serum stammende Komponente (Serum- 
koagulin) gesondert prufen und das Bakterienkoagulin als das chemisch 
aktive wesentliche Agens, das Serumkoagulin hingegen als den passiven 
Komplex der ganzen Erscheinung ansprechen konnte 6 ). Ebenso raumt 
die Annahme von Nolf 6 ), daB bei der Agglutination die Sufiere Schicht 
der Mikkroorganismen in einen kolloiden, erstarrungsBhnlichen Zustand 
(g61ification) fibergeffihrt wird, sowie jene von Gruber 7 ), dafi durch 
die Immunsera gewisse Stoffe in den Bakterienmembranen unloslicher 
gemacht, verschrumpft und zur Auscheidung gebracht werden, wodurch 
auf der Oberfl&che der Bakterien klebrige Rauhigkeiten entstehen, den 
Mikroorganismen eine aktive Rolle beim Zustandekommen der Aggluti¬ 
nation ein, ohne dieselbe jedoch schftrfer zu prUzisieren. 

Die im folgenden mitzuteilenden Beobachtungen stehen mit der 
Anschauung in guter Uebereinstimmung, daB den Bakterienleibern selbst 
eine nicht unwesentliche Rolle bei der Bildung des durch die ange- 
fflhrte FUrbungsmethode darstellbaren Niederschlages zufallt, und er- 
bringen morphologische Anhaltspunkte fiber die Art der Niederschlags- 
bildung an den Mikroorganismen. 

Untersucht man nimlich die grOBeren, nach der angegebenen Me- 
thode in den Praparaten gefarbten Haufen (Fig. 1, 2, 3, 5), so wird 
man an diesen keinen Anhaltspunkt fiber die Beziehung der Mikroben 
zu der gefarbten Zwischensubstanz gewinnen konnen. Die Mikroben 
bieten zwar hier haufig Veranderungen ihrer Beschaffenheit dar, auf die 
wir noch zurttckkommen, allein diese Veranderungen gewahren zunachst 
keinen Einblick in die Entstehung der gefarbten Zwischensubstanz. Das 
Gleiche gilt auch ftir die kleineren Haufen, kurz ffir alle Mikroben- 
ballen, in denen die Agglutination abgelaufen und fertig vorliegt. 

Ueber die Beziehung der Mikroben zu dem bei der Agglutination 
nachgewiesenen Niederschlage gewahrten dagegen in manchen nach Ab- 


1) Gorbersdorfer VerOffentlichungen, herausgegeben von R. Robert, Bd. I. Stutt¬ 
gart 1898. p. 48. 

2) Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XIII. 1899. p. 225 s. 

3 ) Arch. f. exper. Path. etc. Bd. XLII. 1899. p. 302. 

4) Hofmeisters Beitrage z. chem. Phys. u. Path. Bd. I. 1901. p. 351 f. 

5) a. a. O. p. 464. 

6) Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XIV. 1900- p. 297 s. 

7) Vergl. bei Kraus, R., 1. c. p. 373. 


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166 Centralbl. f Bakt etc I* Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2 . 

lauf der Agglutination hergestellten Praparaten die isolierten, nicht in den 
agglutinierten Haufen eingeschlossenen Mikroben bereits einen gewissen 
AufschluB, noch besser aber konnte man sich iiber die hier in Betracht 
kommenden Verh£ltnisse orientieren, wenn man den Vorgang der Agglu¬ 
tination im Reagenzrohrchen nicht vollst&ndig ablaufen lieB, dieselbe 
vielmehr zu verschiedenen Zeiten ihres Ablaufes unterbrach und nun 
mikroskopische Pr&parate nach der angeftihrten Methode w&hrend ver- 
schiedener Perioden der noch nicht vollendeten Agglutination herstellte. 
Ich verfuhr zu diesem Behufe in der Weise, daB ich mehrere R5hrchen 
des gleichen Serums (Normal- und Immunserum) rasch hintereinander 
und mflglichst gleichm&Big mit dem gleichen Mikrobenstamme impfte 
und gleichzeitig in den Thermostaten bei 37° C stellte. Das Normal- 
serum wurde dabei unverdiinnt oder in schwachen Verdiinnungen (1 : 4 
bis 1:10), das Immunserum A ) gleichfalls unverdiinnt Oder in starken Ver- 
diinnungen (bis 1 : 15625) verwendet. In kurzen Zwischenr&umen (an- 
n&hernd alle 5 Minuten) wurde ein Rohrchen dem Thermostaten ent- 
nommen, rasch mit Wasser in dem friiher erw&hnten MaBe verdiinnt, 
zentrifugiert und in der obigen Weise Pr&parate aus demselben ange- 
fertigt. Im allgemeinen stellte sich dabei heraus, daB, je hochwertiger 
das Serum war, auch in so kflrzerer Zeit die ersten Erscheinungen der 
mikroskopischen Niederschlagsbildung an den Mikroben bereits nach- 
weisbar waren. Die Immunsera vom Kaninchen und Meerschweinchen 
zeigten dementsprechend die gleichen Erscheinungen der Niederschlags¬ 
bildung an den isolierten Mikroben viel friiher als die Normalsera der 
gleichen Tierart. Indessen erwies sich auch das unverdunnte Normal- 
serum vom Rinde als im hohen Grade agglutinierend gegen Typhus- 
bacillen und Choleravibrionen; es konnten mit diesem Normalserum 
ganz analoge Resultate wie mit dem Immunserum erzielt werden, so 
daB tats&chlich die aus dem Normal- und Immunserum gewonnenen 
mikroskopischen Bilder untereinander keine irgendwie wesentlichen Ver- 
schiedenheiten erkennen lieBen. 


I) Es wurde mit zwei Kaninchentyphus-Immunseris, von denen das eine noch bei 
einer Verdiinnung von 1:50 000 nach 24 Stunden noch deutliche Agglutination zeigte, 
und mit zwei Meerschweinchencholera-Immunseris gearbeitet, von denen das eine noch 
bei Verdiinnung von 1:15 625 agglulinierte. 

(Schlufi folgt.) 


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Bail u. Pettersson, Naturliche und ktinstliche Milzbrandimmunit&t V. u. YI. 167 


Nachdruck verboten. 

TJntersuchimgen liber naturliche nnd ktinstliche Milz- 
brandimmuiiitat Y. und YI 

[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universit&t Prag 
(Vorstand: Prof. Hueppe).] 

Mit Untersttitzung der Gesellschaft zur FOrderung deutscher Wissen- 
schaft, Kunst und Literatur in BOhmen. 

Von 

Dozent Dr. Oskar Ball und Dozent Dr. Alfred Pettersson 

Assistenten dee Institutes. Stockholm. 

V. Das Verhalten des Pferde- und Rattenserums gegen 
Milzbrandbacillen. 

Von den in den frtiheren Abschnitten untersuchten Serumarten war 
das Kaninchenserum allein im stande, sowohl an sich Milzbrandbacillen 
abzutoten, als auch andere an sich unwirksame Sera zu erg&nzen; mit 
anderen Worten, enthielt einzig das Kaninchenblut die zur AbtStung 
der Bacillen ndtigen Komplemente, w&hrend Immunkorper (Ambozeptoren) 
bei den verschiedensten, nattirlich widerstandsf&higen und empfanglichen 
Tieren nachgewiesen werden konnten. Nur selten fand sich eine hSchst 
geringffigige milzbrandtotende Wirkung im Ochsenserum und auch im 
Hiihnerserum A ). 

AuBer dem Kaninchen liefern noch 2 Tiere in ihrem Blute reichlich 
Komplemente: die Ratte und das Pferd. Beide Blutarten enthalten 
auBerdem entsprechende Iramunkbrper, so daB sie und zwar meist recht 
stark milzbrandtOtend wirken. Daneben erganzen sie, mehr Oder minder 
gut, die gleichen Sera, welche auch durch Kaninchenblut sich aktivieren 
lassen. 

Tabelle I. 

Pferdeeerum C, Rattenserum B fur sich und mit Huhner-, Schweine- und Kinderserum 

gemiecht untersucht. Als Kontrolle auch Mischungen mit Kaninchenserum 
(auszugsweise wiedergegebener Versuch). 


Sofort Nach 4 Std. 


1) 1 

ccm 

Pferdeserum 





0 

2) 1 

71 

77 

V, 

Std. 58‘ 



33 

3) 1 

7) 

Rattenserum 





3 

4) 1 

71 

77 

V, 

Std. 58° 



5000 

5) 1 

71 

Kaninchenserum 





0 

6) 1 

71 

77 

V, 

Std. 58° 



0 

7) 1 

77 

Huhnerserum 




2 

ca. 10000 

8) 1 

71 

77 

+ 

0,05 ccm 

Pferdeserum 


224 

9) 2 

77 

77 

+ 

0,05 „ 

Rattenserum 


0 

10) 1 

77 

77 

+ 

0,05 „ 

Kaninchenserum 

a 

32 

H) 1 

71 

Ochsenserum 




.a 

4000 

12) 1 

77 

77 

+ 

0,05 „ 

Pferdeserum 

!>• 

2 

13) 1 

77 

77 

+ 

0,05 ,, 

Rattenserum 

w 

0 

14) 1 

77 

*77 

+ 

0,05 „ • 

Kaninchenserum 


0 

15) 1 

77 

Schweineserum 





1120 

16) 1 

7» 

77 

+ 

0,05 „ 

Pferdeserum 


1 

17) 1 

77 

77 

+ 

0,05 „ 

Rattenserum 


0 

18) 1 

77 

77 

+ 

0,05 „ 

Kaninchenserum 


3 


1) Dies beobachtete Pettersson bei Versuchen mit Hiihnera in Stockholm. Bei 
den Prager Versuchen fehlte jede Bakterizidie. Rasseneigentumlichkeit ? 


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168 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


Erwfihnung verdient noch das Verhalten dieser beiden Serumarten 
beim Va'St^digen Erwfirmen auf die ubliche „Inaktivierungstempe- 
ratur“ von 56—60°. Bei Untersuchung einer grQBeren Anzahl Sera 
findet man die gleicben Abweichungen wie beim Eaninchensernm: 
manchmal gelingt die Inaktivierung, ein anderes Mai aber nicht. Gerade 
in dem angelfihrten Versuche wurde das Rattenserum bei 58° unwirk- 
sam, das Pferdeserum ertrug diese Temperatur ohne wesentliche Schfidi- 
gung. Ganz entsprecbend ergfinzte auch das erhitzte Pferdeserum nocb 
die anderen Serumarten (gleichgfiltig ob diese ebenfalls erwfirmt waren 
Oder nicht), wfihrend das Rattenserum diese Wirkung verloren hatte. 

Es scheint aber, als ob das regelmfifiige Verhalten gerade umge- 
kehrt ware. Meist enthalt das Blut von Pferden keine hitzebestandigen 
Komplemente, wohl aber das von Batten. Ein durch Erhitzen unwirk- 
sam gemachtes Pferdeserum wird durch Zusatz geringer Mengen frischen 
Serums der gleichen Tierart sofort wieder milzbrandtStend. 


Tabelle II. 


2 ) 1 

3) 1 

4) 1 

5) 1 

6 ) 1 

7) 1 

8 ) 1 


ccm 

tt 

Pferdeserum D 

ii ii 

V, 

Std. 58° 1 

yt 

ii 

yy 

l 

„ 58 0 + 0,05 ccm Pferdeeer. D akt. I 

yy 

yj 

yy 

„ 58° + 0,02 „ „ „ „ ) 

»» 

V 

ii 

E 

yy 

V, 

„ 58° \ 


n 

yy 

V, 

„ 58° + 0,05 ccm Pferdeeer. E akt. ( 

i) 

V 

yy 

7 

„ 58° + 0,02 „ „ „ „ J 


Sofort 

)I 


Nach 4 Std. 
0 

ca. 10000 
12 
288 
0 

ca. 8000 
20 
27 


TabeUe HI. 

1) l ccm Rattenserum D 

2) 1 „ „ „ V, Std. 58° 

3) 1 „ „ E 

4) 1 „ „ „ % „ 58® 

5) 1 „ Ochsenserum 7t „ 58° 

6) 1 „ „ V* » 58® 4- 0,02 ccm Rattens. D akt. 

7) 1 „ „ V, „ 58® + 0,02 „ ,i DY.St.58® 

8) 1 „ „ V, „ 58° + 0,02 „ „ E it. 

9) 1 „ „ V, » 58® + 0,02 „ „ „V,St58® 


Sofort 


1 

§ 

M 


Nach 4 Std. 
0 
0 
0 
0 

ca. 8000 
0 
4 
1 
0 


Die Erscheinung, dafi Rattenserum die halbstfludige Erhitzung aut 
liber 55° vertrkgt, ist bereits lange bekannt. Die erste Erwfihnung 
diirfte sich bei Savtschenko 1 ) finden. 

Wieso gerade diese 3 voneinander so abweichenden Tiere den 
gleichzeitigen Reichtum ihres Blutes an Immunkdrper und Komplement 
fOr Milzbrand erlangt haben, lfiBt sich vorlfiufig nicht einmal vermuten. 
DaB kein Zusammenhang der milzbrandtdtenden Kraft des Blutes mit 
der natflrlichen Immunitfit der blutliefernden Tiere besteht, wird aber 
dadurch neuerdings wieder klar. 


VI. Die Menge des Immunkdrpers im normalen Serum 
verschiedener Tiere. 

Da das Verhalten des Serums verschiedener Tiere gegen Milz- 
brandbacillen ganz offenbar in keinem Zusammenhange mit der Empfind- 
lichkeit dieser Tiere gegen die Milzbrandinfektion steht, so lag es nahe, 
in dem Gehalte eines Serums an Immunkbrpern einen solchen Zusammen¬ 
hang festzustellen. Es hatte sich sehr frUhzeitig (zuerst beim Schafe) 

1) Ann. de Flnst Pasteur. 1897. No. 12. 


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Bailu. Petter88on, Natflrliche und kiinstliche Milzbrandimmunit&t. V u. YI. 169 


herausgestellt, dafi nicbt nur das Serum relativ immuner Tiere (Hund, 
Huhn), sondern auch das hochempf&nglicher sich glatt durch Kaninchen- 
serum erg&nzen l&Bt, also Ambozeptoren besitzt, die einerseits in den 
entsprechenden Rezeptor des Milzbrandbacillus eingreifen, andererseits 
dem Komplemente des Kaninchen-, Ratten- und Pferdeserums Anlage- 
rung ermoglichen. Aber — und dieser Gedanke, der zuf&llig durch 
einige Versuche am Anfange best&tigt schier, wurde lange Zeit vergeb- 
lich verfolgt — es ware denkbar gewesen, dafi ein grdfierer Gehalt an 
solchen Ambozeptoren dem Serum natttrlich immuner Tiere eigen sei 
und in Zusamnienhang mit ihrer Unempfindlichkeit st&nde. 

Ein Mittel, diesen Gehalt quantitativ zu bestimmen, bietet die Ab¬ 
sorption mittels Milzbrandkulturen dar, auf welche schon wiederholt ver- 
wiesen wurde 1 ). 

Es stellte sich beraus, dafi diese Menge der (meist bei 100° abge- 
toteten) Milzbrandkulturen, welche man einem immunkdrperhaltigen, 
normalen Serum zusetzen mufi, urn demselben die Erg&nzungsf&higkeit 
durch Kaninchenserum zu nehmen, eine sehr schwankende ist, nicht nur 
ffir verschiedene Arten, sondern auch fOr Individuen der gleichen Art, 
dafi aber auch hier eine Beziehung zur natflrlichen Immunitat nicht ge- 
sucht werden kann 2 ). 

Das auffailigste Verbal ten zeigt dabei das Rinderserum, also das 
eines Tieres, das nach dem Schafe vielleicht am allermeisten der Milz- 
brandinfektion ausgesetzt ist Mit Ausnahme eines einzigen Falles gelang 
es niemals, 1 ccm Rinderserum durch Milzbrandbacillen zu erschdpfen. 
Auch eine ganze Agarkultur auf 1 ccm genugte nicht Selbst dann, wenn 
Milzbrandbacillen im Serum 12—20 Stunden gewachsen waren, liefi sich 
dasselbe nacb Entfernung der Bacillen auf der Zentrifuge nocb erganzen. 

Umgekehrt wurde das Serum des sehr widerstandsfkhigen Schweines 
meist durch viel geringere Mengen, 1 / ia — 1 / s tote Agarkultur fOr 1 ccm, 
seines Immunkdrpergehaltes beraubt 

Hundeserum zeigte die allergrOfiten Schwankungen, ebenso Schaf- 
serum. Nur das Hahnerserum stimmte einigermafien zu der Annahme, 
in welcher die Versuche begonnen wurden. Denn fast immer war es 
nur sehr schwer seiner Immunkdrper zu berauben. 


Tabelle I. 

Zur Absorption werden je 3 ccm Ochsenserum mit bei 100° abgetfiteten Milzbrand- 
agarkulturen behandelt und zwar: 

wkam 31 

b) 3 


Ochsenserum a) 3 ccm + ®/ l0 ] 


ii d) 3 „ 

Nach 1-stdndigem Aufenthalte bei 37‘ 
werden die Bakterien abzentrifugiert: 


) 


Agarkulturen 


1 ) 1 
2 ) 1 

3) 1 

4) 1 

5) 1 

6 ) 1 
7) 1 


ccm Ochsenserum 


+ 0,05 CCm ITftninr.hftna ftr iim 
a 

a + 0,05 ccm Kaninchenserum 

b + 0,05 „ „ 

c + 0,05 „ „ 

d 4 - 0,05 „ „ 


+ 

+ 

+ 

wobei starke, typische Agglutinatiotf erfolgt, 
Sofort 

3 
li 
a 


<M 

s 


Nach 4 Std. 
10000 
0 

10000 
0 
0 
0 
0 


1) Bail, Dieses Centralbl. 1903. No. 5. — Petterson, Ibid. No. 8. 

2) Jedenfalls sind die Kulturmassen, die man zur Erschopfung braucht, sehr gjrofi, 
wenn man sie mit den geringen Mengen yon z. B. Staphylokokkenkulturen vergleicht, 
welche die Sera unwirksam machen konnen. 


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170 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale Bd. XXXIV. No. 2. 


Tabelle II. 

Zur Absorption werden, wie in der yorigen Tabelle, hergestellt 
Schweinesera a) 2 ccm + % j Agarkulturen 


b) 2 


+ 7» 


1) 1 ccm Schweineeerum 

2 ) 1 
3 ) 1 


Sofort 


Nach 4 Std. 
10000 


4) 1 

5) 1 

6 ) 1 


>) 

7i 

-t- 0,05 ccm Kaninchenserum 


0 


if 

a 

cS 

10000 


ft 

a + 0,05 ccm Kaninchenserum 


250 

V 

>1 

tf 

ft 

b 

b + 0,05 ccm Kaninchenserum 


| ca. 10 000 


Tabelle III. 


Zur Absorption werden, wie in der ersten Tabelle, hergestellt: 
Hiihnerserum a) 2 ccm + 2 / B | 

„ b) 2 „ 4 - Vi > Agarkulturen 

„ c) 2 „ + 2 J 

Sofort 


1) 1 ccm Hiihnerserum 

2 ) 1 „ 

3 ) 1 „ 

4) 1 „ 

5) 1 „ 


+ 0,1 ccm Eaninchenserum 
a -f 0,1 ccm Kaninchenserum 
b + 0,1 „ 

c + 0,1 „ „ 


I 

lO 


Nach 4 Std. 
10000 
6 
149 
168 
29 


Nachdruek verboten . 

Experimentelle Beitrage zur Formaldehyd-Wasserdampf- 

desinfektioiL 

[Aus dem hygienischen Institute der Universitat Zflrich.] 

Von Hans Herzog. 

Mit 2 Figuren. 

Unsere einfachsten Desinfektionsmittel sind der strdmende Wasser¬ 
dampf und die heiBe Luft. Das eigentliche Agens ist hierbei nicht die 
Temperaturerhohung an und fflr sich, sondern im ersteren Falle ist es 
das Wasser, denn „heiBes Wasser darf mit Recht als ein mit starken 
chemischen Kraften ausgestatteter Kdrper betrachtet werden, der auf 
sehr viele organische Verbindungen zersetzend einwirkt“ (Behring); 
im zweiten Fall wirkt nicht die trockene Hitze, sondern die heifie 
Luft und speziell der SauerstofF. 

Der strdmende Wasserdampf hat den Nachteil, daft er die Objekte 
stark durchnaBt, viele Gegenstknde beschadigt und Blut- und Eiterflecken 
durch Eiweifigerinnung einbrennt. Die heiBe Luft ruiniert ebenfalls 
viele GegenstSnde und wirkt zudem weuiger bakterizid. Ausgehend 
von diesen beiden Prinzipien, dem strdmenden Wasserdampf und der 
erhitzten Luft, suchte man die Desinfektionsmethoden zu verbessern. 

Statt des Wasserdampfes nur kaltes Wasser, welchem chemisch 
wirkende Desinfizientien zugesetzt wurden, zu nehmen, erwies sich in 
den meisten Fallen als irrationell. Walter (38) taucht Kleidungs- 
stflcke und Ledersachen 24 Stunden lang in eine 1-proz. Formollbsung. 
Fbrster (10) empfiehlt das Einlegen der Wasche in eine 10-fache Ver- 
dunnung von Kreosolwasser. 

Nachdem Koch (18), Behring (4), Heider (15), Pottevin (26) 
u. a. nachgewiesen, daB mit einer Steigerung der Temperatur die des- 


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Herzog, Experiment Beitrftge zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. 17} 


infizierende Kraft solcher w&sserigen Losungen rapid zunimmt, traten 
auch diese in die Reihen der brauchbaren Desinfektionsmittel ein. 
Behring empfiehlt 1,4 Proz. Soda enthaltende Wascblaugen, Heider 
heiBe LysollSsungen von 0,5—2 Proz., Nocht (23) eine 3—5-proz. 
Karbolsaureldsung von 40—50°. Zur Desinfektion von mit Blut, Eiter 
und Kot beschmutzter Wksche sind diese Verfahren entscbieden von 
Vorteil, indem Verunreinigungen sich losen, so dafi, falls die W&sche 
kalt eingeweicht wird, keine Flecken eingebrannt werden. 

Da die heiBe Luft erst bei hoher Temperatur und bei langer 
Dauer sicher keimtotend wirkt, beschadigt sie die zu desinfizierenden 
Objekte. 

Nun hat aber Schumburg (32) in neuerer Zeit ein Desinfektions- 
verfahren empfohlen, mittels dessen er auch feinere Kleider, Leder u. s. w., 
ohne sie zu schfidigen, desinfizieren will, solange keine sporentragenden 
Bakterien (Milzbrand und Tetanus) in Betracht kommen. Der genannte 
Forscher geht vora Prinzip der HeiBluftsterilisation aus; statt der 
trockenen heiBen Luft kommt aber feuchte heiBe Luft zur Anwendung. 
Durch gleichzeitiges Verdunsten von Wasser soil die mechanische Be- 
wegung der Luft und infolgedessen ihr Eindringen in die Objekte be- 
fordert werden. Immerhin darf der Feuchtigkeitsgehalt der Luft gewisse 
Grenzen nicht tiberschreiten, da sonst Ledersachen schrurnpfen. „Bei 
einer relativen Feuchtigkeit von 60 Proz. scbeint die Zone ftir die 
feuchte Luft von 100° getroffen zu sein, in welcher einerseits die sporen- 
freien pathogenen Keime zu Grunde gehen, andererseits Leder nicht 
angegriifen wird.“ Die Methode wird zur Zeit noch weiter geprflft. 

Schon frflher wurden statt der heiBen Luft verschiedene chemisch 
wirkende Gase zu Desinfektionszwecken benutzt, so das Chlor, die 
schweflige S&ure und das Broin. Von der schwefligen Saure, welche 
ganz besonders von der Hamburger Cholerakommission empfohlen worden 
war, sagt Behring (4), „daB das Gas bei einer Versuchsdauer und 
Dosis, welche die Praxis im tiufiersten Falle noch zul&Bt, in die groBeren 
Verkehrsgegenstande wie Ballen und Bunde nicht tief genug eindringt“. 

Die genannten Gase wurden mit der Zeit aus der Desinfektions- 
praxis verdr&ngt durch das Formaldehydgas, welches sich speziell ftir 
die Zimmerdesinfektion als geeignet erwies. Es kommt hierbei neben 
der spezifisch bakteriziden Wirkung dieses Gases noch besonders die 
ann&hernde Gleichheit der spezifischen Gewichte von Luft und Form- 
aldehyd in Betracht, wodurch die Verteilung desselben im Raume er- 
leichtert wird. Die unz&hligen Versuche, welche mit dem Trillatschen 
Autoklaven, dem Scheringschen Aeskulap, dem Lingnerschen Glyko- 
formalapparat, den Karboformalgltihblocks, den Sprayapparaten von 
Prausnitz und von Czaplewski und dem Apparat von Fltigge 
angestellt worden sind, ergaben gute Resultate, aber nur was die Ober- 
fl&chendesinfektion anbelangt. 

Urn nun mit gasformigen Desinfizientien Tiefenwirkung zu erzielen, 
wurde das Vakuum zu Hilfe genommen. Man hoffte, daB, nachdem die 
Luft aus den zu desinfizierenden Objekten herausgezogen ware, das 
Gas in gentigender Menge in die Tiefe derselben eindringen wflrde; 
allein auch hier entsprach, wie wir sp&ter sehen werden, der Erfolg den 
Erwartungen selbst dann nicht, wenn das Gas unter erhohtem Drucke 
in einen luftverdtinnten Raum einstrtimte. 

Einen prinzipiell wichtigen Fortschritt stellt die Methode von 
Esmarch (8) dar. An die Stelle des trockenen Fornialdehyddampfes 


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172 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


tritt der strdmende Formaldehydwasserdampf, eventuell in Verbindung 
mit dem Vakuum. 

Bevor wir n&her auf die Metbode eintreten, werfen wir einen kurzen 
Ueberblick auf die Entwickelung und den gegenw&rtigen Stand der 
Formalindesinfektion mit Ausschlufi der Zimmerdesinfektion. 

Der im Jahre 1869 von Hofmann entdeckte Aldehyd der Ameisen- 
sSure oder Formaldehyd (CH 2 0) ist ein farbloses, stechend riechendes 
Gas, welches beim Abkflhlen sich zu einer farblosen, bei — 21 0 sieden- 
den Fltlssigkeit verdichtet und das leicht in Wasser lOslich ist Seine 
antiseptischen Eigenschaften wurden erst 1892 fast gleichzeitig von 
Trillat und von Aronson gepriift. Wie die Aldehyde im allgemeinen, 
polymerisiert auch der Formaldehyd sehr leicht; hierdurch entstehen 
feste Korper, der Paraformaldehyd (CH 3 0) 2 und das Trioxymethylen 
(CH s O) ? ; die aktive Substanz hat sich in eine inaktive verwandelt 
(Bombicci) [5J. Das Formalin des Handels ist die konzentrierte 
40-proz. Formaldehydlosung. Sobald diese Lbsung fiber 40 Proz. hinaus 
eingedampft wird, scheidet sich eine weifie Masse aus, bestehend aus 
den eben genannten Polymeren. Urn diese fiir die Praxis hdchst un- 
angenehme Polymerisation zu verhdten, wurden dem Formalin gewisse 
Substanzen zugesetzt wie Chlorcalcium (Chloroformol von Trillat), 
Menthol (Holzin von Rosenberg), Glycerin (Glykoformal von Wa 11her- 
Schlossmann), Oder es wurde das Formalin unter hohen Druck ge- 
setzt (Trillat) oder stark verdfinnt (Flfigge). Basierend auf diesem 
grofien Fortschritte, nahm dann die Zimmerdesinfektion einen raschen 
Aufschwung und gab befriedigende Resultate. 

Nicht dasselbe kann man behaupten betreffs Desinfektion von 
Kleidern, Leder, Pelzwaren, Seidenstoffen, Buchern, Biirsten, K&mmen 
und einer Menge anderer Gegenst&nde, welche den strdmenden Wasser- 
dampf nicht vertragen. Zum grofien Teil werden solche Gegenst&nde 
vor der Ankunft der Desinfektoren von den Leuten verborgen, weil 
diese ffirchten, dafi ihr Eigen turn im Wasserdampfe verdorben werde. 
L&fit man aber genannte Objekte in dem mit Formaldehyd zu des- 
infizierenden Zimmer zurflck, so werden sie nur unvollst&ndig sterilisiert 
und halbe Desinfektion ist unter Umst&nden schlimmer als gar keine. 

Im Jahre 1893, also noch zur Zeit der ersten Formalinbegeisterung, 
gab Lehmann (20) eine Methode der Kleiderdesinfektion an, welche 
jedermann gestatten wiirde, zu Hause die Eleider auf die einfachste 
VVeise selbst zu sterilisieren. Die Kleider wurden von Lehmann in 
eine Kiste gebracht und hier 12 Stunden lang bei gewbhnlicher Zimmer- 
temperatur D&mpfen ausgesetzt, welche sich aus 15 g Formalin ent- 
wickelten, oder es wurden mit Formalin getrfinkte Tilcher zwischen die 
Kleider gelegt. Milzbrandsporen, welche in stromendem Wasserdampf 
7—8 Minuten lebend geblieben waren, sollen hierbei abgetotet worden 
sein. Das Verfahren war auch fttr Lederwaren, Biirsten, Bflcher u. s. w. 
berechnet. 

Frank (11 u. 12) empfiehlt zur Desinfektion von tierischen Haaren, 
Fellen u. s. w. Alkohold&mpfe oder als noch besser wirkend, Dampfe 
des Spiritusvorlaufs, welchen er ein ganz besonders intensives Pene- 
trationsvermdgen zuschreibt. Das zu desinfizierende Material befindet 
sich in einem metallenen Behklter, welcher auf 65—70° erw&rmt wird 
und in welchem Alkohold&mpfe 4 Stunden lang auf die Objekte ein* 
wirken. Am wirksamsten zeigten sich D&mpfe, welche aus 40*proz. 
Alkohol entwickelt wurden. 


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Herzog, Experiment. Beitr&ge zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. 173 


Abba and Bondelli (1) desinfizieren Frauenkleider, Pelzsachen, 
HQte u. s. w. in einem besonderen Raume derart, daB jene an einem 
von der Decke herabh&ngenden rotierenden Metallkranze aufgeh&ngt 
und so den Formaldehydd&mpfen ausgesetzt werden; der Raum selbst 
kann bis auf 80° erhitzt werden. 

Nach der Methode von Petruschky (25) werden alle wertvollen 
Kleider and andere Gegenst&nde, welche den strdmenden Wasserdampf 
nicht vertragen, in einem fest verschlossenen Schranke durch eine sehr 
groBe Menge Formaldehyd (400 g = 1000 ccm Formalin), welcher dnrch 
eine Oeffnung von aufien eingeleitet wird, desinfiziert Hinz (18), 
welcher die Methode prQfte, fand bei Anwendung von 2 1 Formalin 
nach 2-sthndiger Einwirkang Kleider and auch Pelzsachen keimfrei; 
dagegen waren trotz der groBen Formalinmenge Milzbrandsporen in 
einer Stiefelspitze und in einem Besen lebend geblieben. Aehnliche 
Versuche wurden mit dem Sprayapparat von Prausnitz gemacht 
Nicht sporentragende Bakterien wurden abgetotet, Sporen aber, sowie 
auch Pediculi, blieben am Leben. 

Das Verfahren von Petruschky wurde wesentlich vereinfacht 
von Rositzky (29). Statt des teuren Trillatschen Autoklaven be- 
nutzt letzterer einen einfachen Dampftopf. Vom diesem aus wird der 
Dampf in das Innere eines Schrankes zu einem Gef&B mit Spray* 
vorrichtung geleitet; im Gef&Be befindet sich Formalin, welches durch 
den unter einer gewissen Strdmung eindringenden Dampf direkt nach 
aufw&rts versprayt wird. Die Desinfektionsdauer betr&gt 9 Stunden; 
far einen Schrank von 1 cbm Rauminhalt braucht es 100 ccm 40-proz. 
Formaldehydldsung. Das Verfahren kommt in Danzig und, mit geringen 
Modifikationen, in der Grazer Desinfektionsanstalt zur Anwendung. 

Walter (37 u. 38) beschreibt einen Apparat. mittels dessen er 
Kleider, besonders Uniformen, bei 50—70° desinfiziert. Aus einem 
Autoklaven mit 3—3 1 /* Atmosph&ren Ueberdruck werden D&mpfe von 
Formochlorol in einen Blechkasten (130:50 cm) eingeleitet. Der Blech- 
kasten ist von einem Mantel aus demselben Material umgeben und kann 
durch Einleiten von Wasserdampf aus einem Maschinenkessel erw&rmt 
werden. Das Verfahren ergab gute Resultate und diese zeigten keine 
bedeutende Differenz, ob gleichzeitig noch Luft abgesogen wurde oder 
nicht 

Merkel (22) prOfte die Methode einer franzdsischen Gesellschaft 
in Marseille nach (wohl das Verfahren der Soci6t6 chimique des Usines 
du Rhone). Er benutzte zu seinen Versuchen den gewdhnlichen Des- 
infektionsapparat (3:2 m) einer Pinselfabrik. Es wurden Borsten mit 
Milzbrandsporen impr&gniert und ins Innere von groBen Borsten- und 
RoBhaarpaketen gesteckt Im Apparate wurde ein Vakuum, entsprechend 
680 mm Quecksilberdruck, geschaffen und aus einem Autoklaven wurden 
3 Stunden lang unter 3 Atmosph&ren Ueberdruck Formaldehydd&mpfe 
eingeleitet. Trotz dieser komplizierten Einrichtung bekam Merkel 
ein v5llig negatives Resultat. 

Dasselbe Verfahren wurde auch nachgeprfift von Dunbar und 
Musehold (7). Die zu desinfizierenden RoBhaare wurden in losem 
Zustande unter gew5hnlichem Druck, in Ballen unter vermindertem 
Druck (60 statt 760 mm) den Dampfen von Formochlorol ausgesetzt. 
Sobald der Desinfektionsraum (10 cbm) mit Formaldehydd&mpfen ge- 
s&ttigt war, wurde das Einstr5men der D&mpfe untprbrochen; die 
Borsten- und Rofihaarbandel blieben noch 12—16 Stunden in Kontakt 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 2. 


mit den Formaldehydd£mpfen. Die Resultate stimmen mit denjenigen 
von Merkel iiberein. Die in einer Tiefe von 10 cm in Rofihaar- 
paketen untergebracbten Milzbrandsporen von mittlerer Resistenz waren 
nicht abgetotet worden. Das Innere der Borstenbiindel hatte sich fur 
Formaldehydd&mpfe leichter zuganglich erwiesen. Die Mangel des Ver- 
fahrens beruhen nach Dunbar und Musehold darauf, „daB durch 
die Anwendung des Vakuums das Eindringungsvermdgen des Form- 
aldehyds nicht in einem fOr den besonderen Zweck ausreichenden Grade 
gesteigert wird, und dafi der in den Desinfektionsraum zustromende 
Dampf sich ungleichmaBig verteilt, namlich in der Hauptsache sich in 
den unteren Teilen des Desinfektionsraumes sammelt“. 

Einen Apparat auf demselben Prinzip beruhend und wohl das Vor- 
bild ftir denjenigen der Socidtd chimique des Usines du Rhone, beschrieb 
1897 der Amerikaner Kinyoun (17) als Modifikation seines schon 1895 
konstruierten Desinfektionsapparates. Auch hier soli das Vakuum es 
gestatten, das Formaldehydgas zur Desinfektion dichterer, schwer durch- 
dringbarer Objekte zu verwenden. Da der von Kinyoun angegebene 
Apparat, soviel ich ersehen konnte, in der deutschen Literatur bis jetzt 
keine Erwahnung gefunden hat, lasse ich eine kurze Beschreibung des- 
selben folgen: An der Seite eines cylinderformigen Desinfektionsraumes 
befinden sich 2 kleine Cylinder; der eine derselben ist aus Kupfer, der 
andere aus Eisen; damit die darin enthaltenen Fltissigkeiten bequem 
erhitzt werden ktinnen, sind beide kleinen Cylinder, die sogenannten 
„boilers“, mit Dampfrbhren umwickelt; tiberdies sind sie mit Ein- und 
Ausflufirdhren sowie mit Manometern versehen. Die AusfluBrohren 
beider boilers miinden durch eine gemeinsame Oeffnung in den Be- 
hSlter. Der Kupfercylinder wird mit Formochlorol, der eiserne mit 
Ammoniak gefiillt; mit letzterem sollen nach vollendeter Desinfektion 
die Objekte desodoriert werden. Nachdem der Desinfektionsraum mit 
den zu desinfizierenden Gegenstanden beschickt und gut verschlossen 
worden, wird die Luft aus demselben abgesogen, bis der Atmospharen- 
druck auf die Halfte gesunken ist. Wahrend dieser Zeit lafit man durch 
die Dampfrohrenrolle, welche den kleinen kupfernen Cylinder umgibt, 
Dampf stromen, bis das Manometer den gewiinschten Druck angibt; 
alsdann wird der Hahn geoffnet und das Formaldehydgas sttirzt mit 
Vehemenz in den Desinfektionsraum. Auf diese Weise kann man in 
letzterem leicht jeden beliebigen Prozentsatz Formaldehyd erhalten und 
daher auch die Desinfektionszeit nach Wunsch regulieren. Vor allem 
unterscheidet sich der Apparat Kinyouns von denjenigen, welche von 
Dunbar und Musehold sowie von Merke 1 benutzt wurden, dadurch, 
dalS durch Vorwarmung des Mantels die Temperatur im Innern des Des¬ 
infektionsapparates bis auf 85° gesteigert werden kann, eine Temperatur, 
welche man mit den in Europa gebrauchlichen Apparaten nicht erreicht. 
Kinyoun benutzt seinen Apparat besonders zur Desinfektion von 
gepolsterten Mobeln, Matratzen, Biichern, Pelzen und feineren Textil- 
arbeiten. 

Diese kurz beschriebenen Methoden sind entweder zu wenig wirksam 
Oder sie arbeiten mit zu teuren Apparaten, wie dasjenige von Walter, 
von der Society des Usines du Rh6ne, von Petruschky, welch letztere 
Methode zudem sehr teuer im Betriebe ist, da der Apparat kolossale 
Mengen Formaldehyd verbraucht, auch das Franksche Verfahren dflrfte 
ziemlich kostspielig sein. Schon mehr ftir die Praxis geeignet scheinen 
die Verfahren von Abba und Rondelli sowie dasjenige von Rositzky; 


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Herzog, Experiment. Beitr&ge zur Formaldehyd AVasserdampfdesinfektion. 175 


allein auch diese arbeiten zu langsam, unter Umstfinden auch zu un- 
sicher und wurden mit zu wenig resistenten Testobjekten gepriift. Bei 
der amerikanischen Methode ist der teure Trillatsche Autoklav durch 
einen kleinen kupferuen Cylinder ersetzt Um eine Temperatur von 
85° im Innenraum zu erhalten, ist es erforderlich, einen dickeren, wider- 
standsfahigeren Mantel an dem Desinfektionsapparat anzubringen, was 
den Preis der Anlage etwas erhfiht. 

Alle genannten Desinfektionsverfahren nehmen zum Ausgangspunkte 
das Formaldehydgas; demselben werden zur Verstfirkung seiner Wirkung 
Wasserdampfe beigegeben. Kokubo (19), ein Schuler v. Esmarchs, 
geht umgekehrt vom 100-grSdigen Wasserdampfe aus, dessen des- 
infizierende Kraft er durch Zusatz verschiedener Substanzen zu erhfihen 
sucht. Kokubo kommt zu dem ilberraschenden Resultate, daft durch 
Zusatz minimaler Mengen von Formaldehyd zum stromenden Wasser- 
dainpf die Desinfektionswirkung des letzteren kolossal gesteigert wird. 
Ein KartofFelbacillus, der dem strdmenden Wasserdampfe 130 Minuten 
widerstanden hatte, ging nach Zusatz von 0,1 Proz. Formaldehyd bereits 
nach 7 Minuten zu Grunde. 

v. Esmarch (8) hat nun auf diesem Prinzipe die neue Methode 
aufgebaut. Seine Versuche ergaben: 

Dafi man durch Formaldehydzusatz zum 100-grfidigen Wasserdampf 
die Desinfektionszeit fur umfangreiche, dichte und zusammengeprefite 
Objekte bedeutend abkfirzen konne; 

dafi auch blofi 70—80-grSdiger Wasserdampf bei Zusatz geringer 
Mengen von Formaldehyd freie Sporenfaden sehr rasch sterilisiert; 

dafi durch 70—80-gradigen Formaldehydwasserdampf eine bedeutende 
Tiefenwirkung erzielt werden kann, falls gleichzeitig die Luft mit gewisser 
Intensity abgesogen wird. 

Auf Grund dieser Resultate empfiehlt v. Esmarch die Verwendung 
von 70—80-gradigem Formaldehydwasserdampf in Verbindung mit einem 
geringen Vakuum als allgemeine Desinfektionsmethode. v. Esmarch 
selbst hat seine Methode mit weniger widerstandsfahigem Materiale 
gepriift, und ich folgte daher gern der Einladung meines verehrten 
Lehrers, Herrn Dozent Dr. Silberschmidt, die Resultate der beiden 
Forscher, v. Esmarch und Kokubo, nachzuprfifen. 


I. 

Nachdem mehrere Vorversuche in einem improvisierten Apparate 
ermutigende Resultate gegeben, ging ich zuerst an die Prfifung freier, 
d.h. nicht eingewickelter Seidenffiden. Letztere wurden nach Behring (4) 
so hergestellt, dafi 5—6 Tage alte Kartoffel- oder Agarreinkulturen mit 
einem ausgegltthten Platinspatel abgeschabt und in sterilem destillierten 
Wasser verrieben wurden. In diese Aufschwemmung kamen Seidenf&den, 
die im Autoklaven sterilisiert worden waren, fiber 1 Stunde lang zu 
liegen; dann wurden sie einzeln herausgenommen, in sterile mit Filtrier- 
papier austapezierte P e t r i - Schalen gelegt und mehrere Tage bei 40° 
im Brutschrank gelassen. Zur Prfifung der so hergestellten Sporenfaden 
stand mir ein kleiner Desinfektionsapparat, eine Art Kochscher Topf, 
zur Verffigung, der seiner Zeit von Prof. Roth zu seinen Versuchen 
benutzt worden war. Die Seidenfaden wurden zu 4—5 zwischen zwei 
sterile Klotzchen aus Hartholz dadurch eingekeilt, dafi die beiden 
Klfitzchen durch Klammern zusammengeprefit wurden. In der Mitte 


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176 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


der einen Klammer war ein Bindfaden befestigt, und am Ende dieses 
Bindfadens hing ein Gegengewicht. 



Sobald das im Deckel des Apparates steckende Thermometer die 
Siedetemperatur zeigte (in Zurich 98,5°), wurden die Kldtzchen mit den 
eingekeilten Seidenfftden rasch und unter mSglichst wenig Dampfverlust 
der Innenwand des Apparates nach bis zu halber H5he hinabgelassen, 
so dafi die Fftden frei in das Lnmen des Apparates hineinragten. Das 
Gegengewicht hing an der AuBenwand herunter. Nach Ablanf einer 
bestimmten Anzahl Minuten wurde der Deckel auf der betreffenden Seite 
gelflftet und ein bestimmtes Kldtzchen herausgezogen. Die Sporenfftden 
wurden mit ausgegluhter Schere abgeschnitten, in sterile Bouillon ge- 
bracht und 10 Tage lang tftglich im Brutschranke kontrolliert. 

Es wurden auf diese Weise gepriift: Ein Milzbrandbacillus vom 
Pferd (Milzbrand — Pferd), ein Milzbrandbacillus gewonnen aus der 
Pustula maligna eines Patienten und auf eine Maus Uberimpft (Milz¬ 
brand—Maus). ferner Seidenfftden, welche Herr Prof. Egli im Jahre 
1893 mit Subtilis imprftgniert hatte (Subtilis 1893) und endlich ein 
Kartoffelbacillus, der vor einiger Zeit aus einer 8 Jahre lang auf- 
bewahrten BQchse mit unversehrter kondensierter Milch isoliert worden 
war (Mesentericus vulgatus II aus Milch). 

Seidenfftden, mit Sporen der genannten Bakterienarten infiziert, 
wurden im kochenden Wasser, im strdmenden Wasserdampf und in 
Formaldehydwasserdampf verschiedener Konzentration geprUft. Die Re- 
sultate, mit denjenigen von Kokubo iibereinstimmend, veranschaulicht 
folgende Tabelle I: 

Tabelle 1. 

Versuche mit freien SporenfSden. 


Bakterienart 

stromender 

Wasser¬ 

dampf 

kochendes 

Wasser 

Formaldehydwasserdampf 

0,1 Proz. | 0,5 Proz. | 1,0 Proz. 

Milzbrand—Pferd 

4— 5 Min. 

Kein Wachstum mehr nach: 

1 2 Min. 1 1 Min. 1 1 Min. 1 

1 Min. 

Milzbrand—Mane 

9-10 „ 

4-5 „ 

2- 3 „ 

1 „ 

1 

Subtil is 1893 

130 „ 

45 „ 

8-10 „ 

3—5 „ 

2-3 „ 

Mesent. aus Milch II 

150 „ 

60 „ 

10-15 w 

5-6 „ 

2-3 M 


Zu diesen Versuchen wurde 40 Proz. Formalin (Originalflasche von 
Schering) verwendet Die Fftden wurden immer in Bouillon Qber- 
impft, da nachgewiesen ist, daft die Resultate genauer sind als bei Ver- 
wendung fester N&hrboden. R. Koch (18) gibt die Vorschrift, man 
solle, damit nicht die Probe dem Nfthrboden zu viel von dem Des- 
infektionsmittel zuffihrt, wodurch das Bakterienwachstnm verhindert 
werden kann, einerseits die Probe moglichst klein nehmen und anderer- 
seits das Desinficiens vor dem Ueberimpfen aus der Probe zu entfernen 
suchen. Trotz diesem Rate zog ich es vor, zu jedem Versuche 4—5 
Sporenfftden zu verwenden, um rascheres Wachstum und mdglichst 
flbereinstimmende Resultate zu erhalten. Ueber letzteren Punkt bemerkt 


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Herzog, Experiment Beitr&ge zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. 177 

Behring (4) in Uebereinstimmnng mit Pottevin und Geppert: 
„Auch die Zahl der an dem Seidenfaden haftenden Sporen ist auf das 
Resultat der Prfifung von EinfluB, weil die einzelnen Sporen nicht die 
gleiche Wider standsf&higkeit besitzen und weil die Wahrscheinlichkeit, 
sehr widerstandsffihige Exemplare am Seidenfaden vorzufinden, um so 
grfiBer ist, je mehr Sporen demselben anhaften“. Um die Sporenf&den 
von etwa noch anhaftendem Formaldehyd zu befreien, wurden sie vor 
der Ueberimpfung in sterilem destillierten Wasser, dem wenig Ammoniak 
beigefQgt war, geschwemmt. Auf diese Weise soil unwirksames Hexa- 
methylentetramin entstehen nach der Formel: 

6 CH 2 0 + 4 NH S = 6 H,0 + (CH,),N 4 . 

Bei den spateren Versuchen mit Paketen, Sckuhen u. s. w. wurden 
die Faden direkt fiberimpft, da besonders angestellte Versuche keine 
Wachstumsdifferenz zwischen neutralisierten und nicht neutralisierten 
Sporenfaden ergaben. Schumburg (31) behauptet tibrigens, gesttttzt 
auf zahlreiche Experimente, dafi Formaldehyd mehrere Stunden in Be- 
rfihrung mit Ammoniak bleiben miisse, bis Hexamethylentetramin ent- 
stehe. Das einzige Mittel, um einen EinfluB des iibertragenen Form- 
aldehyds auf das Versuchsergebnis auszuschlieBen, bleibt demnach die 
alte Kochsche Empfehlung einer gehorigen Verdfinnung durch An- 
wendung kleiner Objekte (Faden, Glasperlen) und groBer Mengen flfissigen 
Nfihrmaterials. Der Prozentgehalt der verwendeten Losungen bezieht 
sich stets auf das darin enthaltene Formaldehydgas, nicht auf das 
Formalin. Wenn z. B. von 1-proz. Formaldehyd wasserdampfen gesprochen 
wird, so ist dies so zu verstehen, dafi auf 1 1 der zu verdampfenden 
Losung 25 ccm Formalin (40-proz.) kommen. Die Versuche von Brunn (6) 
geben des weiteren darfiber Auskunft, in welchem Verhaitnis Form¬ 
aldehyd einerseits und Wasserdampf andererseits aus einer stark ver- 
dfinnten Formaldehydlosung verdampfen. Bei einer Konzentration fiber 
8 Proz. verdunstet mehr Wasser als Formaldehyd, bei Konzentration 
unter 8 Proz. mehr Formaldehyd. „Je verdfinnter die Ausgangslfisung, 
um so mehr Formaldehyd entweicht und kann fur die Desinfektion 
nutzbar gemacht werden. 11 Dieser Satz erklfirt zum Teil die 6fter 
beobachtete Tatsache, daB fflr kurz dauernde Versuche mit schwachen 
Formaldehydldsungen die Konzentration wenig in Betracht kommt. So 
fand auch Kokubo (19) die Widerstandsf&higkeit seines Kartoffelbacillus 
gegen Formaldehydwasserdampfe von 0,5, 1,0, 2,0 und 3,0 Proz. kaum 
1 Minute variierend. 


II. 

In zweiter Linie haudelte es sich darum, festzustellen, ob auch bei 
niedrigerer Temperatur bedeutende Unterschiede bestehen in der keim- 
totenden Wirkung des Wasserdampfes und des Formaldehydwasserdampfes. 
Als Testobjekte wurden auBer den schon genannten Bakterienarten noch 
benutzt: Ein gewohnlicher Kartoffelbacillus (Mesentericus I), ein 
Staphylococcus pyogenes aureus und ein Subtilis, gewonnen 
aus einer nach Eisensplitterverletzung entstandenen Panophthalmie und 
als deren spezifischer Erreger beschrieben von B&nziger und Silber- 
schmidt (33). Ich wfihlte zu diesen Versuchen die Temperatur von 
70°, weil diese ffir die spfiter zu erorternde Frage der Desinfektion von 
Leder, Seide und Pelzsachen besonders in Betracht kommt. Die Resultate 
linden sich in der folgenden Tabelle. 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 12 


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178 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 2 . 


TabeUe II. 

Widerstandsfahigkeit von infizierten Seidenfaden in Wasserdampf 
von 70° mit und ohne Formaldehyd. 


Bakterienart 

30 Min. in 
Wasser¬ 
dampf 

30 Min. in 

0,1-proz. Forin- 
aldehydwasser- 
dampf 

3 Stdn. in 
Wasser¬ 
dampf 

15 Min. in 
1,0-proz. Form- 
aldehydwasser- 
dampf 

Staphylococcus aureus 

+ 




Milzbrand—Pferd 

+ 

— 



Milzbrand—Maus 

+ 

— 



Mesent. vulg. I 

+ 

— 



Subtil.—Panophthalm. 

+ 

+ 

— 

— 

Subtilis 1893 

+ 

+ 

+ 

— 

Mesent vulg. II.—Milch 

+ 

+ 

+ 

— 


Milzbrand—Maus in 1,0 Proz. Forraaldehydwasserdampf von 70°: 
nach 3 Minuten + 

4 — 

V ^ T) 


III. 

Behufs Prfifung der Tiefenwirkung von Formaldehydwasserdfimpfen 
verschiedener Konzentration benutzte ich moglichst widerstandsffihige 
Testobjekte, namlich Sporen vom Milzbrandbacillus—Maus, welche im 
strOmenden Wasserdampf 9 Minuten, im kocbenden Wasser 4 Minuten 
lang lebend geblieben waren, und den Subtilis 1893, dessen Sporen 
im Wasserdampf erst nach 130 Minuten, im kochenden Wasser erst 
nach 45 Minuten abgetdtet wurden. Der Mesentericus — Milch II, 
welcher bei den frflheren Versuchen die resistentesten Sporen gezeigt 
hatte, erwies sich in Aufschwemmungen anderer Kulturen als weniger 
widerstandsffihig. Was die Wahl der Testobjekte fur Formaldehyd- 
versuche betrifft, sind die Ansichten der Autoren wesentlich verschieden. 
Die Mehrzahl derselben erklart sporenhaltiges Material und unter den 
pathogenen Mikroorganismen den Milzbrand als am widerstandsfahig- 
sten gegeniiber Formaldehydeinwirkung. Im Gegensatz hierzu wollen 
Hammer und F e i 11 e r (14) geradezu eine elektive Wirkung des Form- 
aldehyds auf Milzbrand beobachtet haben. Abba und Rond elli (1) 
sowie auch Reichenbach (27), Walter (37) u. a. fanden eine mangel* 
hafte bakterizide Wirkung des Formaldehyds gegeniiber nicht fiber 
4 Wochen alten Staphylokokkenfaden. Ottolenghi (24) fand die 
Wirkung einer Formalinlosung 10 : 100 auf tuberkulfisen Auswurf 
mangelhaft. Spengler(35) halt eineVernichtung der Tuberkelbacillen 
nach der F1 fi g g e schen Formalindesinfektionsmethode ffir ausgeschlossen 
und verlangt, daB Tuberkelbacillen als Testobjekte benutzt werden. 
(Nach Spenglers Ansicht ist der Tuberkelbacillus im Gegensatz zu 
anderen Sputumbakterien so widerstandsffihig gegen Formaldehyd, daB 
sich letzterer zur Isolierung von Tuberkelbacillen und Tuberkelbacillen- 
splittern aus Bakteriengemischen sowie zu deren Zfichtung eignet). 
Sit sen (34) betont, „daB die Widerstandsfahigkeit der vegetativen 
Formen der Bakterien (lurch das Trocknen anfangs zunimmt und erst 
bei fortschreitender Austrocknung wieder abnimmt. Die Zunahme der 
Widerstandsfahigkeit ist um so grfiBer, je besser der Organismus das 
Trocknen aushfilt“. Es liegt die Annahme nahe, daB die Beobachter, 
welche nicht sporentragende Bakterien, wie Staphylokokken, dem Form- 
aldehyd gegeniiber widerstandsfahiger fanden als Milzbrandsporen, mit 


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Herzog, Experiment Beitr&ge zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. 179 


sehr wenig resistenten Milzbrandsporen gearbeitet haben. Die mir zur 
Verftigung stehenden Staphylokokken gingen sowohl im stromenden 
Wasserdampf als auch im Formaldehydwasserdampf von 70° rasch zu 
Grunde. 

Neben den Sporen von Milzbrand—Maus wurden stets noch solche 
von dem viel resistenteren Subtilis 1893 verwendet, um den Grad der 
desinfizierenden Wirkung da noch weiter kontrollieren zu kSnnen, wo 
jener abgetQtet wurde. Ueber diesen Punkt bemerkt Reischauer (28): 
„Jetzt aber, wo man weiB, daB die Erreger der Pest, der Cholera, der 
Diphtherie, der Tuberkulose, der Influenza und des Typhus viel weniger 
resistent sind als die Milzbrandsporen, braucht man von einem Des- 
infektionsmittel nicht zu verlangen, daB es auch Sporen von Kartoffel- 
und Heubacillen abt5tet, sondern kann sich mit einer sicheren Wirkung 
auf die praktisch in Betracht kommenden begntigen. Unter diesen kennt 
man freilich die Erreger der Pocken, des Scharlachs und der Masern 
noch nicht; aber einmal spielen sie doch im allgemeinen nicht die 
Rolle der erstgenannten und andererseits hat man begriindetes Recht 
zu der Annahme, daB sie eine besonders hohe, fiber die anderen In- 
fektionserreger hinausgehende Widerstandskraft nicht besitzen tt . Im 
Gegensatz hierzu verlangt Behring (4), „daB allgemeine Desinfektions- 
mittel, wenn sie die Gewfihr bieten sollen, daB sie auch die noch nicht 
entdeckten Krankheitserreger unschadlich machen, der Anforderung ent- 
sprechen muBten, daB die bekannten Lebewesen samtlich durch sie ihre 
Vitalitat einbtiBen u . 

Zu unseren Versuchen mit einem kleinen Paket wurde der 
schon frfiher erw&hnte kleine Desinfektionsapparat von Roth benutzt. 


1. Versuchsreihe. 

Das Paket selbst wurde in 3 Schichten eingeteilt, um das Ver- 
halten der Sporen in verschiedener Tiefe beobachten zu kfinnen. Es 
umfafite: 

1) Die innere Schicht: 3-fach Baumwolldamast; 

2) die mittlere Schicht: 3-fache Wollschicht; 

3) die fiuBere Schicht: 4-fache Wollschicht; 

so daB z. B. die F&den der inneren Schicht in 3-fach Baumwolldamast 


Tabelle III. 

Kleines Paket in stromendem Wasserdampf von 98,5° mit und ohne 

Formaldehy d. 


Bakterienart 


10 Min. in 
Wasserdampf 


30 Min. in 
Wasserdampf 


10 Min. in 
Formaldehyd¬ 
wasserdampf 


30 Min. in 
Formaldehyd¬ 
wasserdampf 



»- * 

O XJ o 

||s 

Mittlere 

Schicht 

o 

fe .q 

ca o 

Innere 

Schicht 

101° 

Mittlere 

Schicht 

Aeufiere 

Schicht 

Innere 

Schicht 

94° 

Mittlere 

Schicht 

Aeufiere 

Schicht 

Innere 

Schicht 

100° 

Mittlere 

Schicht 

Aeufiere 

Schicht 

Staphyloc. p. aur. 












Milzbrand— Pferd 

+ 

+ 

_ 

_ ' _ 

_ 

_ 

• _ 

_ 

_ 

_ 

_ 

Milzbrand—Maus 

+ 

+ 

4- 

_ _ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

Subtilis 1893 

+ 

+ 

+ 

+ ‘+ 

+ 

4- 

+ 

— 

— 

— 

_ 

Mesent. vulg. II 



-L 

+ 1 + 


+ 

4- 

4- 

— 

— 

— 


Temperaturangabe eines Maximal thermometers. 


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12 * 


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180 


Centraibl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2. 


und 7-fach Wolle eingewickelt waren. AuBerdem waren die Sporenfaden, 
je 4—5 an der Zahl, in sterile Filtrierpapierkapseln eingehflllt. 

Die Faden wurden vor dem Ueberimpfen in Ammoniakwasser ge- 
schwemmt. 

2. Versnchsreihe. 

(Mit dem kleinen Desinfektionsapparat) 

Das Paket, fester verschnflrt, besteht aus: 

1) Innere Schicht: 270 g RoBhaar, fest verschnflrt. 

2) Mittlere Schicht: 1-fach Filz und 4-fach Leinwand. 

3) Aeufiere Schicht: 4-fach Wolle. 

Als Testobjekte kommen Sporenfaden von Milzbrand—Maus und 
Subtilis 1893 zur Verwendung. 


Tabelle IV. 


Paket in stromendem Wasserdampf von 98,5° mit und ohne 
Formaldehyd. 


Bakterienart 


Milzbr.—Maus 
gubtilis 1893 


10 Min. in 
Wasserdampf 

30 Min. in 
Wasserdampf 

10 Min. in 
0,1-proz. 
Formaldehyd- 
wasserdampf 

10 Min. in 
0,5-proz. 
Formaldehyd- 
wasserdampf 

10 Min. in 
1,0-proz. 
Formaldehyd- 
wasserdampf 

Innere 

Schicht 

1 Mittlere 
Schicht 

i! 

Innere 

Schicht 

Mittlere 

Schicht 

Aeufiere 

Schicht 

Innere 

Schicht 

Mittlere 

Schicht 

i Aeufiere 
j Schicht 

Innere | 
Schicht ' 

Mittlere 

Schicht 

! Aeufiere 
| Schicht 

Innere 

Schicht 

Mittlere 

Schicht 

Aeufiere 

Schicht 

+ 
+ | 

i 

1 + + 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+* 

+ 

+* 

+* 

+* 

+* 

— 

* 

1 l + 

+1 
* 

— 


+* bedeutet stark verzdgertes Wacbstum. 


Die Sporenfaden wurden vor dem Ueberimpfen in Ammoniakwasser 
geschwemmt. 


3. Versuchsreihe. 


Nachdem die Versuche mit kleinen Paketen eine bedeutend inten- 
sivere Desinfektionswirkung der 98,5 - gradigen Formalinwasserdampfe 
gegenflber dem einfach strflmenden Wasserdampfe ergeben hatten, 
wurden dieselben mit einem voluminoseren Pakete wiederholt. Diesmal 
benutzte ich einen grflBeren Apparat von Roth (30) (50 cm HOhe und 
32 cm Durchmesser, innen gemessen), der in hiesiger Augenklinik zum 
Sterilisieren von Verbandstoffen benutzt wird. Es wurden die gleichen 
Sporenfaden als Testobjekte benutzt, wie bei der 2. Versuchsreihe. 


Tabelle V. 


GroBes Paket in strdmendem Wasserdampf von 98,5° mit und ohne 

Formaldehyd. 


Bakterienart 

15 Min. in 
Wasserdampf 

30 Min. in 
Wasserdampf 

15 Min. in 
0,1-proz. Form- 
aldehydwasser- 
cfampf 

10 Min. in 
1-proz. Form- 
alaehydwasser- 
dampf 

Innere 

Schicht 

2. Schicht 

3. Schicht 

Aeufiere 

Schicht 

Innere 

Schicht 

-4^ 

u 

o 

OQ 

3. Schicht 

Aeufiere 

Schicht 

Innere 

Schicht 

■+* 

a 

| 

CO 

Aeufiere 

Schicht 

Innere 

Schicht 

1 

-*■» 

l 

n 

Aeufiere 

Schicht 

Milzbrand—Maus 
Subtilis 1893 

+ 1 
+ 

+ 

! + 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ ; 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

“h 

— 

+ 

+ 

+ 

— 


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Herzog, Experiment Beitrfige zur Fonnaldehyd-Waseerdampfdeeinfektion. 181 

Das Paket war in 4 Schichten eingeteilt: 

1) Innerste Schicht: 5-fach Filz. 

2) 2. Schicht: 1 Wolldecke (24-fache Wollschicht). 

3) 3. Schicht: 1 Wolldecke (16-fache Wollschicht). 

4) AeuBerste Schicht: 1 Wolldecke (8-fache Wollschicht). 

Sporenf&den vor dem Ueberimpfen in Ammoniakwasser geschwemmt. 

IV. 

Zn den Versuchen bei niedrigerer Temperatur wurde ein eigens zu 
diesem Zwecke konstruierter Apparat (Fig. 2 A) benutzt. Derselbe be- 
steht aus starkem Zinkblech, hat Cylinderform, eine Hohe von 35 cm 
and einen Durchmesser von 25 cm. Um eine allzu rasche Abkuhlung 
des Apparates zu verhtiten, wurde derselbe mit einer 3-fachen Woll¬ 
schicht umgeben. Der im Apparate (s. Fig. 2) sich befindende Teil des 



Dampfzuleitungsrohres ist an dem leicht nach oben konvexen Deckel 
befestigt; der fiber dem Hahn befindliche Teil dagegen ist abschraubbar. 
In der Mitte des Deckels steckt ein Thermometer. Eine kleine AbfluB- 
rShre nahe dem Boden des Apparates wurde mittels eines Gummi- 
schlauches mit einem Vakuummeter verbunden. Von der dem Zuleitungs- 
rohr entgegeDgesetzten Seite des Deckels ffihrt ein druckfester Gummi- 
schlauch zur Wasserstrahlpumpe. Behufs luftdichtem Abschlufi befindet 
sich zwischen Deckel und oberem Rand des Cylinders ein Gummiring; 
der Deckel selbst wird mittels abnehmbarer Schrauben am Cylinder 
befestigt. 

Die Temperatur im Innern des Cylinders lieB sich leicht durch 
Handregulierung des Bunsenbrenners ziemlich konstant erhalten. Die 
Versachsanordnung war derart, daB die Formaldehydwasserd&mpfe direkt 
aus dem kleinen Apparat Roth (Fig. 2 B) in den Blechcylinder hinfiber- 
geleitet warden (4. Versuchsreihe); oder es wurden aus dem genannten 
Apparate nur Wasserd&mpfe eingeleitet, w&hrend eine Formaldehyd- 
lOsung im Cylinder aufgestellt war (5. Versuchsreihe); oder endlich es 


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182 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 2. 

wurde die FormaldehydlOsung direkt im Blechcylinder A verdampft 
(6. Versuchsreihe). 

Versuchsreihe 4a. 

Um zunachst die Tiefenwirkung von Wasserd&mpfen und Form- 
aldehydwasserdampfen zu prflfen, wurde wieder ein Paket gewahlt, 
dessen innere und BuBere Schicht Sporenfaden einschlossen. Es bestand: 
die innere Schicht aus 5-fach Filz und 8-fach Wolle; 

„ dufiere „ „ 2 „ Wolle. 

Tabelle VI. 


Paket in Wasserdampf von 80° mit und ohne Formaldehyd. 


Bakterienart 

a 

30 Min. 
in 

Wasser- 

dampf 

b 

30 Min. 
in 

0,5-proz. 

Form- 

aldehyd- 

wasaer- 

dampf 

ohne 

Vakuuin 

c 

30 Min. 
in 

0,5-proz. 
Form- 
aldehyd- 
wasser- . 
dampf 
300 mm 
Druck¬ 
differenz 

d 

30 Min. 
in 

1-proz. 
Forru- 
aldehyd- 
wasser- 
dampf 
250 mm 
Druck¬ 
differenz 

e 

60 Min. 
in 

1-proz. 
Form- 
aldehyd- 
wasser- 
dampf 
280 mm 
Druck¬ 
differenz 

f 

60 Min. 
in 

4-proz. 
Form- 
aldchyd- 
wasser- 
dampf 
430 mm 
Druck¬ 
differenz 

c 

<N 

««> 

Is 

§.2 

o 

Aeufiere 
Schicht 82° 

Innere 
Schicht 73° 

AeuBere 
Schicht 83° 

Innere 
Schicht 76° 

Aeufiere 
Schicht 78° 

Innere 
Schicht 76° 

gS 

s - 

3 ij 

O-- 

Innere 
Schicht 76° 

gS 

ti 

CO 

Innere 
Schicht 78° 

AeuBere 
Schicht 81° 

Staphylococcus aureus 

+ 




_ 

_ 

_ 

_ 

_ 

| 

_ 

Milzbrand—Maus 

+ 

+ 

+ + 

+ 

— 

+ 

— 

+ 

— 

+ 

— 

Subtilis 1803 

+ 

+ 

+ 1 + 

+ 

+ 

4- 

+ 

+ 

— 

+ 

— 


NB. Unter Vakuum verstehen wir bier die Differenz zwischen dcra Luftdruck 
innerhalb und demjenigen auBerhalb des Apparates, ausgedriickt in Millimetem, und 
welche Dmckdifferenz von der Quecksilbersaule des Vakuuinmeters angezeigt wird. 


Wir sehen, besonders aus c und f, daB die Tiefenwirkung 80-gradiger 
Formalinwasserdampfe nicht eine sehr betrachtliche ist, da selbst beim 
Verdampfen einer 4-proz. Losung Milzbrand—Maus in der inneren 
Schicht nicht abgetOtet wurde. 

Die Versuchsanordnung war folgende: Im Dampfentwickelungsapparat 
wurde mittels einer Bunsenflamme Wasser zum Sieden gebracht und 
bei Anwendung des Vakuums gleichzeitig die Luft aus dem Cylinder 
abgesogen und letzterer leicht vorgewBrmt, um eine {Condensation des 
einstromenden Dampfes an den W&nden des Cylinders zu vermeiden. 
Zeigte das Vakuummeter die gewdnschte Druckdifferenz, so wurde das 
Formalin in den Verdampfungsapparat gegossen, dann der Hahn des 
Dampfzustrdmungsrohres ganz leicht geSffnet, so daB der Dampf langsam 
einstromte. Die Zeitrechnung begann mit dem Momente, da das Thermo¬ 
meter des Cylinders die gewdnschte Temperatur anzeigte. Nach Ablauf 
der Versuchszeit wurde das Vakuum durch weiteres Zuleiten von Form- 
aldehydwasserd&mpfen ausgeglichen und der Apparat noch 1 Stunde 
unerbffnet gelassen; alsdann wurden die Objekte herausgenommen und 
die Seidenflden tlberimpft. 


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Herzog, Experiment. Beitr&ge zur Formaldehy d-Wasserdampf desinfektion. 183 


Versuchsreihe 4b. 

Nachdem, wie aus vorhergehendem ersichtlich, die Paketversuche 
nicht allzu gtinstige Resultate ergeben hatten, wurden nun, den Ver- 
haltnissen der Praxis moglichst angepafit, infizierte Seidenfaden in ver- 
schiedene Gegenst&nde gesteckt Es kommt bei diesen letzteren Ver- 
suchen weniger auf die Durchdringnng dichter Gegenstande an als 
■vielmehr auf die Wirkung gegenttber sogenannten „ to ten Winkeln“. 
DaB letztere sehr ungilnstige Verhaltnisse darbieten, zeigen die Resultate, 
welche mit den in der Stiefelspitze untergebrachten Seidenfaden erlangt 
wurden. Die Versuchsanordnung ist die gleiche wie bei der Versuchs- 
reihe 4a. 

Tabelle VII. 


Sporenfaden lose in verschiedenen Oegenstiinden untergebracht und 
Formaidehydwasserdarapfen ausgcsetzt bei 70°. 


Form- 
aldehyd- 
wasser- 
dampf 
in Proz. 

Zcit 

in 

Min. 

Vakuum 
in Milli- 
metern 

Verpackung 

Bac. 

coli 

Milz¬ 

brand— 

Maus 

Subtilis 

1893 

1 

' 30 

500 

Glac4handschuh 



+ 

— 

— 


Stiefelspitze, Schaft umgebogen 

+ 

+ 

+ - 

— 

60 

300 

Glac6handschuh 

— 

— 

— 

— 

— 

300 

Stiefelspitze, Schaft umgebogen 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

300 

270 KoOhaar, verschniirt 

+ 

+ 

+ 

— 

— 

— 

2 Peizstreifen, ubereinander gelegt 


+ 

+ 

2 

— 

360 

Stiefelspitze, Schaft umgebogen 

— 

+ 

+ 

— 

— 

— 

Peizstreifen, ubereinander gelegt 

— 



— 

— 

— 

270 g RoBliaar 

— 

— 

— 

— 

1 — 

— 

Buch, geschlosscn 

+ 

+ 

+ 

4 

— 

430 

Schuhspitze, Schaft offen * l 

— 

— 

— 

— 

— 

_ 1 

Schuhspitze, Schaft umgebogen * 2 

— 

+ 

+ 


*' ** Els waren in beiden Schuhen gleichzeitig Seidenfaden sterilisiert worden, 
welche mit Subtilis-Panophthalmie, Staphylococcus pyogenes aureus und 
Milzbrand—Pferd infiziert waren. 


5. Versuchsreihe. 

In dieser Versuchsreihe wurde nur Wasserdampf eingeleitet; eine 
Porzellanschale auf dem Boden des Blechcylinders B war gefllllt mit 

Tabelle VTII. 


Sporenfaden lose in yerschiedenen Gegenstanden untergebracht und 
Formaldehyd wasserdampf en von 70° ausgesetzt. 


Vakuum 
in Milli¬ 
meter 

Verpackung 

Milz¬ 

brand— 

Pferd 

Milz¬ 

brand— 

Maus 

Subtilis 

1893 

400 

4-fach Wolle 

+ 

-1- 

+ 

380 

AeuBere Rocktasche, nach unten schauend 


— 


— 

» n oben „ 

— 

— 

+ 

— 

Brusttasche des verschnurten Rockes 

_ 

+ 

+ 

450 

Schuhspitze 

_ 

+ 

+ 

— 

KleiderDhrste 

_ 


_* 

— 

Pelz 

— 

— 

+ 


* Die in der Biirete versteckten Sporenfaden waren nicht in Filtrierpapierkapseln 
eingewickelt, sondern lagen frei auf dem Boden der Biirste. 


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184 


Centralbl. f. Bait, etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


400 ccm einer 10-proz. FormaldehydlOsung. Aus dem Verdampfungs- 
apparate A werden 60 Minuten lang WasserdSmpfe eingeleitet. Die 
Temperatur im Cylinder wird auf 70° gehalten. 

Diese 5. Versnchsreihe war unternommen worden, um zu sehen, ob 
man nicht durch bloBes Hineinstellen einer Formaldehydldsung in einen 
gewohnlichen Desinfektionsapparat mit Hilfe des Luftabsaugens befrie- 
digende Resultate erzielen konnte. Trotz des relativ starken Vakunms 
ist aber der Effekt kein besonders guter, weil auf diese Art zu wenig 
Formaldehyd verdampft. 


6. Versuchsreihe. 

Die Formaldehydldsung wird direkt in dem Blechcylinder verdampft, 
und zwar werden zuerst das Wasser und die Objekte hineingetan, dann 
wird die Luft abgesogen und das Wasser im Cylinder gleichzeitig er- 
hitzt Sobald das Thermometer auf 70° steht, wird das Formalin in ab- 
gemessener Menge durch das Dampfzuleitungsrohr, dessen oberer Teil 
abgeschraubt worden, hineingegossen; die Temperatur wurde 60 Min. 
bei 70° gehalten. 

Die Sporenfaden kamen in das gleiche Paket wie bei der 4. Ver¬ 
suchsreihe: Innere Schicht — 5-fach Filz und 8-fach Wolle; 

SuBere „ — 2-fach Wolle. 

Tabelle IX. 


Paket in 70-gradigera Wasserdampf mit und ohne Formaldehyd. 


Vakuum 

60 Min. in 
Wasserdampf 

400 mm 

30 Min. in 2-proz. 
Formaldehyd- 
wasserdampfen 

350 mm 

60 Min. in 2-proz. 
Formaldehyd- 
wasserdampfen 

380 mm 


Innere 

Aeufiere 

Innere 

Aeufiere 

Innere 

AeuBere 

B&ktenen &rt> 

Schicht 

Schicht | 

Schicht 

Schicht 

Schicht 

Schicht 

Milzbrand—Pferd 

+ 

_. 

•f 

_ 

_ 

_ 

„ — Maue 

+ 

+■ 

+ 

— 

— 


Subtilis 1893 

+ 

+ 

+ 

— 

+ 

— 


NB. Das Maximalthermometer in der Fliissigkeit auf dem Boden des Cylinders 
stand jeweilen bei 90°. 


Tabelle X. 


Sporenfaden in verschiedenen Gegenstanden untergebracht und 
70-gradigen Wasserdampf en mit und ohne Formaldehyd ausgesetzt. 


Formaldehyd- 
wasserdampf 
in Prozent 

Zeit in 
Minuten 

Vakuum 
in Milli¬ 
meter 

Verpackung 

Milz¬ 

brand— 

Maus 

Subtilis 

1893 

_ 

60 

360 

Kocktasche (R. verschniirt) 

+ 

+ 

— 

60 

360 

Schuhsjpitze 

+ 

-r 

— 

60 

360 

270 g Rofihaare 

+ 


— 

60 

360 

Pelz, zusammengelegt 

- 

+ 

1 

30 

380 

Rocktasche 

— 

+ 

1 

30 

380 

Schuhspitze 

— 

+ 

1 

30 

380 

270 g llobhaare 

— 

+ 

1 

30 

380 

Pelz 

+ 

-f 

1 

60 

360 

Rock 



1 

60 

360 

Schuhspitze 

— 

— 

1 

60 

360 

270 g RoOhaare 

— 

— 

1 

60 

360 

Pelz 

— 

— 


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Herzog, Experiment BeitrSge znr Fonnaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. Jg5 


Bei den Versuchen der 5. and 6. Versnchsreibe waren die Objekte 
aach Ablauf der eigentlichen Desinfektionszeit noch 2 Stnnden im Cy¬ 
linder gelassen worden. Der Apparat kfihlte sich w&hrend dieser Zeit 
-etwas ab (die Temperatur sank meist von 70° auf 40°); das Vakunm 
aber blieb beinahe gleich. 

Neben den eigentlichen Versuchsobjekten warden stets noch Seiden- 
master, Leder and Pelzwaren und zwar stets wieder die gleichen in 
den Desinfektionscylinder gelegt. Ich konnte makroskopisch weder eine 
Aendernng in der Farbe noch irgend sonst eine Sch&digung der ge- 
nannten Gegenst&nde nachweisen. 

Fassen wir nnsere Resultate zusammen, so kfinnen wir wohl sagen, 
daB die Tiefenwirkang der Formaldehydwasserd&mpfe eine bedeutendere 
ist, als sie das Formaldehydgas trotz der vielen Methoden seiner Anwen- 
dnng bis hente hat erreichen kOnnen. 

Fflr die Erklfirung dieser Wirkung lieBe sich vielleicht folgendes 
geltend machen: Nach der Fli egnerschen (9) „Tabelle fflr ges&ttigten 
Wasserdampfe brancht es, urn Wasser znm Sieden zn bringen: 

bei 45° einen Druck von */ 10 Atmosphare 
60 ® •/ 

" ” ” ” •r 

» O»o ,, » » U 

tf ft tf tf /10 ft 

Urn also bei 69° Wasser znm Sieden zn bringen, muB der Luft- 
drnck statt 700 nnr 210 mm betragen, d. h. er braucht eine Druck- 
differenz von 490 mm. Sobald wir 70-grfidiges Wasser oder eine Forma- 
linlfisung unter einen Druck von 210 mm setzen, haben wir es folglich 
mit „str6mendem Dampfe“ zn thun, welcher eben viel gleichm&fiiger 
and viel tiefer in die Objekte eindringt, als nicht strfimender. 

SchluBs&tze: 

1) Wie aus den mitgeteilten Versuchen ersichtlich, wird die Wir¬ 
kung des str6menden Wasserdampfes durch gleichzeitiges Verdampfen 
von Formaldehyd bedeutend gesteigert. 

2) Eine besonders intensive Steigerung der desinfizierenden Kraft 
fiuBert sich in den Versuchsresultaten mit 100 resp. 98,6-gradigem Form- 
aldehydwasserdampf. So gin gen beim Verdampfen einer 0,1-proz. 
Formaldehydldsung Sporen von Bacillus mesenterius II, welche 
im einfach strfimenden Wasserdampfe nach 145 Min. noch lebend waren, 
bereits nach 10—15 Min. zu Grunde. 

3) Eine so bedeutende Steigerung der Desinfektionswirkung in der 
Tiefe volumindser Objekte, wie v. Esmarch sie beobachtet hat, konnten 
wir nicht beobachten. Der Formaldehyd scheint von den feuchten 
SuBeren Schichten der Objekte absorbiert zu werden, so daB sich hier 
wftsserige Formaldehydlbsung ansammelt und relativ wenig Formaldehyd 
in die Tiefe dringt; immerhin iiben schon geringe Mengen desselben 
eine nicht unbedeutende bakterientdtende Wirkung aus. 

4) Die Versuche mit Formaldehydwasserdampf von nur 70—80® 
ergaben sehr intensive bakterizide Wirkung gegenttber freien Sporen- 
f&den. So gingen Sporen von Milzbrand—Maus, welche dem strfimenden 
Wasserdampfe von 98.5° 9 Min. widerstanden hatten, in 1-proz. Form- 
aldehydwasserdampf von 70° schon nach 4 Min. zn Grunde. 

5) Die Anwendung von 70-grftdigem Formaldehydwasserdampf unter 
Zuhilfenahme des Vakuums behufs Desinfektion der verschiedensten Ob¬ 
jekte, hat nicht durchgehends zu befriedigenden Resultaten gefUhrt. 


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186 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 2. 

Am gfinstigsten waren die Versuchsergebnisse, wenn die Verdampfung 
der Formaldehydlfisung in demselben Apparate vorgenommen wurde, 
welche die zn desinfizierenden Objekte enthielt. Es darf dieser Unter- 
scbied in den Versuchsergebnissen wohl hervorgehoben werden, damit 
bei weiteren Forschungen die Frage der Art und Weise der Formalin- 
wasserdampfentwickelung Beriicksichtigung findet. 

6) Die eine Tatsache verdient besonders betont zu werden, wie dies 
schon v. Esmarch hervorhebt, daB bei richtiger Versuchsanordnung 
Formaldehydwasserdfimpfe ■von 70—80 0 im stande sind, auch die wider- 
standsf&higsten Sporen zu vernichten, d. h. bei einer Temperatur, 
welche ffir Gegenstande wie Leder, Pelz, Seidenstoffe u. s. w. nicht 
sch&dlich wirkt. 

7) Eine wichtige Frage, welche der Lfisung noch harrt, ist die der 
Desinfektion groBer Ballen, speziell von RoBhaarballen; und so w&re 
die Einffthrung einer Methode, welche statt der teuren, unter erhohtem 
Druck arbeitenden Desinfektionsapparate mit billigeren zu demselben 
Resultate kommen wflrde, sehr zu begrttBen. 

Wir dttrfen uns wohl dem Wunsche v. Esmarchs anschliefien und 
hoffen, daB diese neue vielversprechende Methode durcb weitere experi- 
mentelle Beitr&ge unterstfltzt werde, da noch viele praktische Fragen 
der Erledigung bedflrfen und erst durch zahlreiche, mit verschiedenen 
Apparaten und unter verschiedenen Bedingungen ausgefiihrte Labora- 
toriumsversuche aufgeklfirt werden kdnnen. Hoffen wir also, daB der 
Ausspruch Martins (21): „Wenn es einen Punkt gibt, fiber den alle 
Untersucher einig sind, so ist es der, daB das Formol ein Oberflfichen- 
desinficiens ist“, bald seine Richtigkeit eingebfifit haben werde. 

Am Schlusse meiner Arbeit sei es mir vergonnt, Herrn Prof. Dr. 
O. Wyss ffir die Ueberlassung des Materials des hygienischen Insti¬ 
tutes, sowie besonders Herrn Dozent Dr. Silberschmidt ffir die An- 
regung zu dieser Arbeit, sowie ffir den allzeit gfitigst gespendeten Rat 
meinen herzlichsten Dank auszudrficken. 


Liters, tur. 

1) Abba und Rondelli, Weitere behufs Desinfektion von Wohnraumen mit dem 
Scheringschen formogenen Apparat ausgefiihrte Versuche. (Centralbl. f. Bakt. 
Bd. XXVIII. No. 12/13. p. 337.) 

2) Aronson, Ueber die antiseptische Eigenschaften des Formaldehyde. (Berliner 
kleine Wochenschr. 1892. p. 749.) 

3) —, Ueber eine neue Methode zur Desinfektion von grofieren Raumen mittels 
Formalin. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXV. 1897. p. 168.) 

4) Behring, Bekampfung der Infektionskrankheiten. Infektion und Desinfektion. 
Leipzig (G. Thieme) 1894. 

5) Bombicci, Contributo alio studio della disinfezione colla Formaldeide. (Ufficio 
d’lgiene di Padova Giornale della Reale SocietA Italiana d^giene. Anno 1902.) 

6) v. Brunn, Formaldehyddesinfektion durch Verdampfung verdiinnten Formalins. 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXX. 1899. p. 201.) 

7) Dunbar und Musehold, Untereuehungen iiber das von der Soci6t4 Chimique 
des Usines du Rh6ne fur Haare und Borsten erapfohlene Desinfektionsverfahren 
mit Formaldehyd im luftverdiinnten Raume. (Arbeiten aus dem kaiserl. Gesund- 
heitsamte. Bd. XV. 1899. p. 144.) 

8) v. Esmarch, Die Wirkung von Formal in wasserdampfen im Desinfektionsapparate. 
(Hyg. Rundschau. 1902. No. 19. p. 961.) 

9) Fliegner, „Tabelle fur gesattigten Wasserdampf“. Des Ingenieurs Taschenbuch. 
Berlin (W. Ernst & Sohn) 1899. 

10) For8ter, Versuche iiber Waschedesinfektion. (Hyg. Rundschau. Bd. XX 1900. 
p. 513.) 

11) Frank, Ueber Desinfektionswirkung des Alkohols, insbesondere der Alkoholdampfe. 
(Miinch. med. Wochenschr. 1901. No. 4. p. 139.) 


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Herzog, Experiment. Beitrflge zur Formaldehyd-Wasserclampfdesinfektion. 187 


12) Verfahren zum Deeinfizieren tierischer Haare des Spiritusvorlaufes. (Ref. in der 
Hyg. Rundschau. 1901. d. 711.) 

13) Geppert, Ueber desinnzierende Mittel und Methoden. (Berlin, klin. Wochenschr. 
1890. No. 11.) 

14) Hammer und Feitler, Ueber elektive Wirkung des Formalins auf Milzbrand- 
bacillen. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXIV. 1898. p. 349.) 

15) Heider, Ueber die Wirksamkeit der Desinfektionsmittel bei hoheren Temperaturen. • 
(Arch. f. Hyg. Bd. XV. 1892. p. 341.) 

16) Hinz, Experimentelle Untersuchungen zur Frage der Verwendbarkeit des Formal- 
dehyds zur Desinfektion von Kleiaungsstucken und von Wohnraumen. Inaug.- 
Diss. Kiel, 1900. 

17) Kinyoun, Formaldehyd as a desinfecting agent and its practical application. 
(Public Health Reports. Vol. XII. 1897. No. 5. p. 89.) 

18) Koch, R., Ueber Desinfektion. (Mitteilungen aus dem kaiserl. Gesundheitsamte. 
Bd. I. 1881. p. 234.) 

19) Kokubo Keisatu, Die kombinierte Wirkung chemischer Desinfektionsmittel und 
heifier Wasserdampfe. (Centralbl f. Bakt. Bd. XXXII. 1902. No. 3. p. 234.) 

20) Lehmann, Vorlaufige Mitteilungen iiber die Desinfektion von Kleidern, Leder- 
waren, Biirsten und Bfichern mit Formaldehyd. (Munch, med. Wochenschr. 1893. 
No. 32. p. 597.) 

21) Martin, La disinfection pour Paldihyde formique gazeuse. (Rev. d’hyg. 1899. 

^ 613.) ' 

erkel, Ein Desinfektionsversuch mittels dee Trillatschen Apparates und des 
Vakuums bei Formalinentwickelung. (Munch, med. Wochenschr. 1898. No. 46. 
p. 1484.) 

23) Nocht, Ueber die Verwendung von Karbolseifen zu desinfizierenden Zwecken. 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. VH. p. 521.) 

24) Ottolenghi, Ueber Desinfektion von tuberkulosen Sputa in Wohnrfiumen. 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXIV. p. 259.) 

25) Petruschy und Hinz, Ueber Desinfektion von Kleidungsstiicken mittels str6- 
menden Formaldehyde. (Dtsche med. Wochenschr. 1898. p. 527.) 

26) Pottevin, Recherches sur le Pouvoir antiseptique de F aldehyde formique. (Annales 
de FInstitut Pasteur. 1894. p. 796/) 

27) Reichenbach, Versuche fiber Formalindesinfektion von Eisenbahnwagen. 

28) Reischauer, Vergeichende Untersuchungen fiber die Brauchbarkeit verschiedener 
Verfahren zur Ausrtihrung der Wohnungsdesinfektion mit Formaldehyd. (Hyg. 
Rundschau. 1900. p. 577.) 

29) Rositzky, Ueber ein einfaches, fiir den praktischen Arzt bestimmtes Verfahren 
zur Kleiderdesinfektion mittels Formaldehyde.' (Munch, med. Wochenschr. 1899. 
p. 1372.) 

30) Roth, Ein Desinfektionsapparat fur Kleider und Verbandstoffe. (Korresp.-Blatt f. 
Schweizer Aerzte. 1890. p. 208.) 

31) Schumburg, Zur Tecnnik der Untersuchung bei der Formaldehyddesinfektion. 

(Deutsche mS. Wochenschr. 1898. No. 52. p. 834.) 

32) —, Ueber die Desinfektionskraft der heifien Luft. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XU. 
1902. p. 167.) 

33) Silberschmidt und Banziger, Zur Aetiologie der Panophthalmie nach Hacken- 
splitterverletzungen. (Bericht fiber die 30. Versammlung der ophthalmolog. Gesell- 
schaft, Heidelberg 1902.) 

34) Sitsen, Ueber den Einflufi des Trocknens auf die Wideretandsfahigkeit der 
Mikrobien Desinfektionsmitteln gegenfiber. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXVI. p. 65.) 

35) Spengler, TuberkelbaciUenzfichtung aus Bakteriengemischen und Formalaehyd- 
desinfektion. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII. 1903. p. 90.) 

36) Trillat, Sur les propri4t4s antiseptiques de la formaldehyde. (Compt. rend. etc. 
1892. No. 114. p. 1278.) 

37) Walter, Zur Bedeutung des Formalins (resp. Formols) als Desinfektionsmittel. 
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXI. 1896. p. 421.) 

38) —, Formaldehyd als Desinfektionsmittel. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVI. 1897 
p. 454.) 


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188 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt, Original©. Bd. XXXIV. No. 2. 


Nachdruck verbot&n . 

A modification of the Romanowsky stain 

* [From the Laboratories of Pathology and Bacteriology of the Atlanta 
College of physicians and surgeons.] 

By H. F. Harris, M. D., of Atlanta, 6a. 

Since the publication by Homan owsky (1) in 1890 of his method 
of differential staining of the protoplasm and nucleus of the malarial 
parasite, many modifications of his process have been proposed with 
the object of simplifying the stain, and making the results more certain. 
Among those who have made notable advances in this direction are 
Ziemann (2), Nocht (3), Ruge (4), Maurer (5), Renter (6), Mi- 
chaelis (7), Leishman (8), Wright (9) and Giemsa (10). The 
method, a recommended by Romanowsky, was so uncertain in its 
results that it proved to be of but little practical value, though great 
credit is due to this investigator for having first discovered it. The 
stain was consequently not very generally employed until the matter was 
taken up by Ziemann, who, after a number of careful experiments, 
succeeded in working out a formula for its preparation that gives fairly 
satisfactory results. The next important step forward was the discovery 
of Nocht that the characteristic nuclear coloration cannot be secured 
by absolutely pure methylen blue, but that this effect is produced as a 
result of the presence in solutions of this stain of a substance that he 
called “red from methylen blue”, and that the latter is formed as a 
result of the decomposition of the former, particularly when it is ex¬ 
posed to the prolonged action of watery alkaline solutions. This “red 
from methylen blue” was found by him to be present to a considerable 
extent in Unna’s alkaline methylen blue. Michaelis showed later 
that the staining principle produced in these alkaline methylen blue 
solutions is a substance called methylen azure, and Giemsa has 
recently succeeded in preparing this dye in a pure state, though its cost 
is quite considerable. Giemsa does not recommend the employment 
of methylen azure alone for staining blood, but advises a mixture of 
it with methylen blue before adding it to the eosin solution. Maurer 
made a valuable contribution to this subject when he showed that by ' 
using different proportions of eosin and alkaline methylen blue the depth 
of the coloration secured could be controlled. He also proved that the 
optimum time for placing the blood films in the staining solution is at 
the moment when the protoplasmic and nuclear dyes are mixed. A new 
departure in preparing the Romanowsky stain was made by Reuter 
in 1901; this investigator discovered the fact that when solutions of 
eosin and old alkaline methylen blue are mixed, a precipitate occurs, 
which, when filtered out of the mixture and dissolved in alcohol, will 
color the parasite in a characteristic manner. Leishman, a short 
time after this, recommended that the stain be prepared in practically 
the same way, with the exception only that he dissolves the precipitate 
in pure methylic alcohol in place of ethylic alcohol. Wright has also 
recommended a stain prepared in a similar way, the only difference being 
that he has shown that a sufficient quantity of methylen azure may be 
formed from solutions of alkaline methylen blue by simply heating 


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Harris, A modification of the Romanowsky stain. 


189 


in an Arnold sterilizer for an hour. In a more recent paper Reuter 
has accepted the modifications of Leishman and Wright. 

While studying malaria during the past autumn, I prepared stain¬ 
ing solutions after the various formulae that have been above referred 
to, and succeeded in a number of instances in getting most excellent 
results, but was early struck with the fact that all of these mixtures 
are in a measure uncertain, — the results obtained from specimens of 
blood from the same individual with the same staining fluid being at 
times quite different, and old blood films usually fail entirely the react 
in a proper manner. Perhaps the most certain and best of the modifi¬ 
cations of this method heretofore proposed are those of Reuter, 
Leishman and Wright, but I find that the stain, even when pre¬ 
pared in this way, is not altogether certain in its action. The solution 
prepared according to the formula of Giemsa (the stain was procured 
directly from Gruebler) gives excellent results when it is freshly 
made, but I have found that after a short time the azure undergoes 
some change, and in order to secure a proper effect the proportions in 
which it is mixed with the eosin solution have to be changed. This is 
very annoying, and carries us back to the original difficulties that we 
encountered when working with this stain. Giemsa says that the 
solutions of this dye are permanent, and that we do not have to change 
the proportions when mixing with eosin, but whatever be the cause my 
experience fails to substantiate his claim, though when the stain is 
freshly prepared the results are faint but excellent. Another matter of 
some importance in connection with all of these stains is that properly 
color the parasites after the preparations have been made for some 
months, which for the purpose of class demonstration is quite annoying. 

While working with these modifications of the original method it 
occurred to me that it might be possible that the stain could be pro¬ 
duced by putting the preparation first in either the eosin or methylen 
blue, and later transferring it to the other. It seemed that if this could 
be done that we would be saved the annoyance of constantly mixing 
the solutions, and might be able to escape the uncertainty in results by 
which they are all more or less marred. A few experiments demon¬ 
strated that this is quite feasible, and that most excellent and powerful 
results could be produced when the preparations are made in this way. 
A 1—1000 solution of Gruebler’s water soluble eosin was prepared, 
and another consisting of one part of Unia’s alkaline methylen blue 
(made from Gruebler’s methylen blue, med. pur.) in nine parts of 
water. The blood films were stained for a minute in the former solu¬ 
tion, and from five to ten minutes in the latter. When the preparations 
were made in this way it was generally found that they were a trifle 
too blue; this difficulty may be readily removed by pouring upon the 
films a solution of U n n a’s glycerine-ether mixture made by adding one 
drop of this compound to 10 ccm of water, allowing it to act for a few 
seconds, and then washing thoroughly with distilled water. The excess 
of color may also be removed of Maurer suggested, by drying, and 
then washing a second time in water. When the blood was treated in 
this way it was found that it exhibits all of the effects produced by the 
other modifications of the Romanowsky method, with the difference 
only that the coloration of the nucleus is decidedly more powerful, and 
when the stain is allowed to act sufficiently long Maurer’s “nuclear 
remains of the erythrocytes” are beautifully shown. It must, however, 


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190 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


be admitted that while a characteristic stain can be always secured by 
this method the intensity of the effect is rarely precisely the same in two 
preparations. As the result of further experimentation it was determined 
that when the preparations are old they should be allowed to remain in 
the second solution somewhat longer than the time above given, — 
twenty to thirty minutes being necessary in order to secure the best 
results. It may be mentioned that the granules in the red cells that 
have been attacked by the parasite of tertian fever are beautifully shown 
by this method — somewhat older blood films that were stained from 
twenty to thirty minutes giving exceptionally fine effects. At this point 
it may be noted that these granulations appear to be increased in size 
by the action of alkalies upon the more or less degenerated cells, since 
the longer the preparations stay in the solution — which is decidedly 
alkaline in reaction — the more pronounced are the granules, and if 
they remain in contact with the reagent sufficiently long the corpuscles 
containing parasites become greatly distorted, and would apparently in 
the course of time be entirely destroyed. After a number of experi¬ 
ments it was determined that the proportion of Unna’s methylen blue 
solution, as first used, was greater than necessary, and that the addition 
of pure methylen blue to the stain was of advantage. 

Solutions of Giemsa’s “Azur I (pur.)” and his „Azur II zur Blut- 
farbung” were also experimented with, they having been used just as 
was the alkaline methylen blue after the blood was stained with the 
eosin; in both instances a characteristic nuclear coloration was secured, 
but the effect obtained from the pure azure was not so good as that 
gotten from the stain especially recommended for blood work. Neither 
of these stains act so powerfully as the alkaline solutions; they do not 
color the chromatin of the sexual forms except very slightly, and old 
blood films are scarcely stained at all. 

Some attention has also been given to the different methods of 
fixing the blood, and while alcohol alone; or in combination with ether 
gives in from ten to twenty minutes excellent results, or methylic alcohol 
in a much shorter time, I am satisfied that the quickest and best pro¬ 
cess for clinical purposes in that of Reuter, which is to fix the blood 
for a few seconds in a mixture of ninety parts of alcohol and ten parts 
of formalin. The method of Janscd and Rosenberger (11) for 
spreading blood is for general purposes much superior to the older pro- 
ceedures, and particularly on account of the greater rapidity with which 
it may be done is to be highly recommended. As the blood is spread 
on slides when this method is used it is much more convenient to plunge 
the preparation directly in the stain than to attempt to cover them with 
the fluid while being held in the forceps. I have found the Coplin 
jar, as in all cases where staining is to be done in this way, almost in¬ 
dispensable. The steps in the staining of blood according to the method 
I have proposed is then as follows: 

1) Spread the blood by means of the method of Janscd and 
Rosenberger. 

2) Fix for a few seconds in Reuter’s formalin alcohol mixture, 
and rinse with water. 

3) Place the preparation in a 1—1000 solution of Gruebler’s 
water-soluble eosin, and allow to remain from thirty seconds to two 
minutes; they may remain longer, but the blood cells are then colored 


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Harris, A modification of the Romanowsky stain. 191 

so deeply that the red nuclei of the parasites do not present a decided 
contrast. 

4) Remove from the staining solution, and wash several times in 
distilled water. 

5) Place in a solution consisting of 2,5—5 parts of Unna’s al¬ 
kaline methylen blue to which is added sufficient distilled water to 
make one hundred parts; 2,5 parts of a 1 % sulution of methylen 
blue may be combined with the above with advantage. The slide 
remains in the stain from 5—30 minutes depending upon the age of 
the preparation. 

6) Remove from the staining solution and wash in distilled water 
If the blood appear too dark, pour on it a solution of Unna’s glycerine 
ether mixture made by adding one drop to 10 ccm of distilled water, 
and after this acts for a few seconds rinse off with water. 

7) Dry without the application of heat. 

8) Mount in acid-free balsam. 

This method has the advantage that after the solutions are prepared 
they may be used indefinitely, that we are saved the annoyance of having 
to constantly mix the stains, that the proper degree of coloration can 
be secured in a short time, and that very old preparations may be 
stained. Notwithstanding the fact that when the process is carried out 
as above directed the nuclear staining of the parasite is very powerful 
all of Maurer’s degrees of coloration may be obtained by regulating 
the stay of the preparation in the solutions depending upon the age of 
the films. 


Bibliography. 

1) Romanowsky, Zur Frage liber den Bau der Malariaparasiten. (Wracz. 1890. 
p. 1171 ff.) 

2) Ziemann, Ueber Malaria und andere Blutparasiten. 1898. 

3) Nocht, Zur Farbung der Malariaparasiten. (Centralbl. f. Baht. etc. Abt. I. 
Bd. XXVIII.) 

4) Ruge, Ein Beitrag zur Chromatinfarbung. (Zeitscbr. f. Hyg. u. Inf. Bd. XXXIII. 
1900. p. 178.) 

5) Maurer, Die Tiipfelung der Wirtszelle des Tertianparasiten. (Centralbl. f. Bakt. 
etc. Abt. I. Bd. XXVIIL 1900.) 

6) Reuter, Ueber den farbenden Bestandteil der Romano wsky-Nochtschen Malaria- 
plasmodienfarbung etc. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt I. Bd. !XXX. 1901.) 

7) Michael is, Das Methylen blau und seine Zersetzungsprodukte. (Centralbl. f. Bakt. 
etc. Abt. I. Bd. XXIX. 1901.) 

8) Leishman, A rapid, and simple method of producing Romanowsky staining in 
malarial and other Diood films. (Brit med. Journ. 1901. Sept. 21.) 

9) Wright, A rapid method for the differential staining of blood films and malarial 
parasites. (Journ. med. research. Vol. VII. No. 1.) 

10) Gliemsa, Farbemethoden fur Malariaparasiten. (Centralbl. f. Bakt etc. Abt. I. 
Bd. XXVIII. 1902.) 

11) Janscd u. Rosenberger, Arch. f. klin. Med. Bd. XXI. p. 449. 


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192 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2. 


Die Redaktion des „Centralblatts filr Bakteriologie und Paremitenkmtdf' 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um 
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufsdtxe entweaer bei der Ein- 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben mu 
wollen oder spdtestens nach Empfanjg der ersten Korrekturabzilge direkt an 
den Verleger, Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen . 


Inhalt 


Argutinsky, P., Zur Kenntnis des Tro- 
picaparasiten (Plasmodium praecox Gr. 
u. Fel.), p. 144. 

Bail, Oskar u. Pettersson, Alfred, Unter- 
suchungen fiber natdrliche und ktinstliche 
Milzbrandimmunit&t V. u. VI., p. 167. 

Bonkoff, H., Zum Streit um den Meningo¬ 
coccus, p. 143. 

Catterina, CL, Ueber eine bewimperte 
Micrococcusform, welche in einer Septi- 
k&mie der Kanincben gefunden wurde, 

p. 108. 

de Chrandi, Silvio, Beobachtungen fiber 
die Geifieln des Tetanusbacillus, p. 97. 

Harris, H. F., A modification of the Ro- 
manowsky stain, p. 188. 


Hersog, Hans, Experimentelle Beitrftge 
zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfek- 
tion, p. 170. 

Jensen, C. O., Experimentelle Unter- 
suchungen fiber Krebs bei M&usen. 
[Schlufi.], p. 122. 

L5wit, M. , Ueber Niederschlagsbildung 
bei der Agglutination, p. 156. 

Lncksch, Frans, Ein Beitrag zur patho- 
logischen Anatom ie des Paratyphus, 
p. 113. 

Silberstein, Morits, Beobachtungen fiber 
die Entstehung von jungen Malariapara- 
siten aus ftlteren, p. 149. 


Prommaniuche Bochdrockeret (Hermann Pohle) in Jena. 


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CentnlH. f. hkl etc. I. Abt Originals. II. miY. Hi. 3. 


Nachdruck verboten. 

TJntersuchungen und Beobachtungen iiber die Biologie 
und Pathogenitat des Bacillus prodigiosus. 

[Ans dem hygienischen Institute der kgl. Universitfit Turin unter 
Leitung des Herrn Prof. Dr. Pagliani.] 

Von Dr. E. Bertarelli, Privatdozent und Assistant. 

Ins Deutsche fibertragen von Dozent A. Wihlfahrt, Turin. 

Zahlreich sind die Nachforschungen und Studien fiber den B. pro¬ 
digiosus, und es lohnte sich nicht der Muhe, noch fiber seine Biologie 
zu sprechen, wenn nicht nachstehende, dieses Thema bertthrende Unter- 
suchungen wohl zu einer genaueren Kenntnis einiger ffir die Biologie 
dieses Keimes interessanter Tatsachen fuhrten. 

Um WeitlSufigkeiten zu vermeiden und nicht oft Erw&hntes zu 
wiederholen, erspare ich mir die Geschichte des B. prodigiosus. 
Scheurlen hat schon seit dem Jahre 1896 einen guten Teil der 
Notizen, die wir fiber diesen Keim besitzen, im Auszuge zusammen- 
gestellt und dabei auch, und zwar in vorzfiglicher Weise, des geschichtlich 
bekannten, sozusagen epidemischen Auftretens des B. prodigiosus 
gedacht. 

Anstatt die zahlreichen, den B. prodigiosus behandelnden Arbeiten 
hier aufzuffihren, dessen Bibliographic ich ans Ende dieser Studie ver- 
legt habe, dfirfte es wohl genttgen, hier in grofien Zfigen aller jener 
Erw&hnung zu tun, die sich mit ihm ex professo abgaben, und alle jene 
Arbeiten zu fibergehen, in denen dieser Keim nur beil&ufig — speziell 
bei Gelegenheit systematischer Nachsuchungen fiber Desinfektionsmittel — 
hinsichtlich seiner Resistenz und Aktivitfit erwfihnt wird. 

Nach Ehrenbergs Entdeckung des B. prodigiosus im Jahre 
1839 (was nicht ausschlieBt, daB der Venezianer Bartolomeo Bizio 
seiner schon 1819 Erwfihnung tat) beschrieb ihn dann Cohn als Micro¬ 
coccus. Schottelius studierte ihn neuerdings und analysierte als 
Erster die Pigmentsubstanz desselben. Spfiter kehrte Kuntze zu diesem 
Argumente zurfick, bezfiglich dessen dann auch Kfibler und Rosen¬ 
berg, SchrOter, H. Marx, Schlfiter, Schneider, Mflller, 
Kowalewski, Spica, Kraft u. a. wertvolle Publikationen machten. 

Der grdfite Teil dieser Autoren beschfiftigte sich haupts&chlich mit 
der Morphologic des B. prodigiosus, der Natur seines Pigmentes 
und den Umst&nden, die die Pigmentation modifizieren konnten. 

So behandelt Schneider in seiner Studie chemische Differential- 
eigenschaften des Prodigiosus-Pigmentes; Schottelius zeigt uns, 
unter welchen UmstSnden und durch welche Einwirkungen sich das 
Pigment ver&ndert und wie leicht es ist, pigmentlose Kulturen zu er- 
halten, die nicht einmal nach Uebertragung auf Kartoffeln ihre charak- 
teristische Farbe zurfickerhalten. 

Kuntze dagegen interessierte sich besonders ffir das Studium 
des Einflusses der verschiedenen dem Kulturboden beigeffigten Salze 
und die damit zusammenh&ngenden pigmentarischen und morphologischen 

Ercte Abt. Orig. Bd. XXXIV. 13 


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194 


Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3. 


Ver&nderungen dieses Eeimes. Auch KAbler trat einigen Problemen 
der Morphologic des 6. prodigiosus n&her, besonders seiner Ent- 
wickelung unter besonderen Verh&ltnissen, wShrend Rosenberg die 
verschiedenen Eigenschaften und die Natur der farbigen Substanzen 
eingehend behandelte, ein Argument, bezQglich dessen Spica und 
neuerdings Kraft interessante Beitr&ge verOffentlichten, letzterer be¬ 
sonders behandelte in seiner Doktoratsthese fast alle Punkte der che- 
mischen Konstitution des Pigmentes. Analoge Nachforschungen hat 
Schlfiter angestellt liber die Entwickelung in sauern und AlkalibOden, 
w&hrend Wasserzug mit seinen interessanten Studien Aufkl&rung zu 
bringen suchte fiber die morphologischen Modifikationen, die dieser Keim 
bei Zfichtung auf antiseptische Mittel enthaltendem Boden aufweist. 
Scheurlen trat in seiner vorgenannten Arbeit der Mobilit&t und den 
GeiJieln des Prodigiosus n&her. F. MQ11 or studiertc die reduzierende 
Kraft dieser Bakterien; Gorini konzentrierte seine Nachforschungen 
auf das koagulierende Ferment derselben. Kowalevski rflckte den 
Stoffwechselprodukten n&her, w&hrend H. Marx und Woithe ihre Auf- 
merksamkeit einigen morphologischen Besonderheiten zuwandten, die 
sich vor allem auf die Anwesenheit der Babes-Ernst-KOrperchen in 
dem Prodigiosus bezogen. 

Hier sei es mir gestattet, einige weniger interessierende Arbeiten 
zu fibergehen, wie z. B. die Fermis iiber die peptonisierende Kraft 
der Keime, die von Wolfenden und Rost, Galeotti u. a. fiber die 
Einwirkung des Lichtes auf das Pigment des Prodigiosus, und jene 
Stagnitta-Balistreris fiber die Formation von Schwefelwasser- 
stoff etc. 

Weniger zahlreich sind die Forschungen, die die pathogene und 
toxische Aktion des B. prodigiosus ins Auge fassen. 

In einer systematischen Studie fiber die Ursachen der Eiterung 
haben zuerst Grawitz und de Bary beobachtet, daft die subkutane 
Inokulation von Hunden, Ratten und Kaninchen mit Prodigiosus- 
Kulturen nach Verlauf von 3—6 Tagen an der Inokulationsstelle AbsceC- 
bildung bewirkte. Zu demselben Resultate gelangten sie nach Inokulation 
getOteter Prodigiosus-Kulturen und Terpentin. 

Die Beobachtung Grawitz’ und de Barys ffihrte sogar zu den 
Versuchen, den B. prodigiosus zur Heilung des Garcinoms zu ver- 
wenden. W. B. Colies und Friedrich haben zu diesem Zwecke in 
die nicht operierbaren Carcinommassen Prodigiosus-Kulturen in- 
okuliert, um in der vom Neoplasma betroffenen Gewebezone eine krfiftige 
Eiterung hervorzurufen. Die Erfolge waren indes wenig ermutigend 
und es wurden daher die Versuche nicht wiederholt 

J. Steinhaus hat die Nachforschungen fiber die Eiterungsf&higkeit 
des Prodigiosus kontrolliert und dabei beobachtet, daft die in Hund 
und Katze inokulierten lebenden oder toten Kulturen dieses Keimes 
Abscesse ergeben, w&hrend die Eiterung im Kaninchen nur schwer zu 
stande kommt. 

Nach den Arbeiten von Grawitz und de Bary verdienen hier 
die zahlreichen Untersuchungen Rogers und anderer Franzosen in 
Erinnerung gebracht zu werden fiber die Einwirkung des B. pro¬ 
digiosus und die dementsprechende Verst&rkung der pathogenen Eigen¬ 
schaften geschw&chter oder an und ffir sich inoffensiver Keime. 

Roger inokulierte dem Kaninchen subkutan 1—2 ccm Pro- 
digiosus-Kultur und bemerkte dabei nur das Entstehen lokaler 


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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 195 


Erscheinungen; darauf injizierte er mit dem Prodigiosus einige 
Tropfen gangr&nOser Serositfit (septischer Vibrio?) und erzielte den Tod 
des Tieres in weniger als 24 Stunden. Niemals fand er aber im Blute 
den Prodigiosus; er schlofi daraus, daB dieser Eeim ein Gift 
bildet, das ein der Entwickelung des septischen Vibrio gfinstiges Terrain 
erzeugt. Mit den in Alkobol unlQslichen, in geeigneter Weise separierten 
und dem Kaninchen zusammen mit dem gangr&ndsen Serum injizierten 
Prodigiosus - Substanzen beobacbtete er analog eine immediate 
Steigerung des septischen Vibrio. 

Roger kam mehrmals auf dieses Argument zurfick und beschrieb 
in einigen Arbeiten verschiedene fQr die Biologie des B. prodigiosus 
und die Kenntnis von den mikrobiscben Assoziationen fiufierst inter- 
essante VorgSnge. So bemerkte er z. B., daB die Inokulation von 
4—5 Tropfen Prodigiosus in die Blutbahn des Kaninchens hSchstens 
SchlBfrigkeit, Anorexie und transitorische Hyperthermie erzeugte. In¬ 
jizierte er kleine Quantitfiten Prodigiosus und hfimatischen MUzbrand- 
bacillus, so gelang es ihm, die Wirkung des Milzbrandbacillus zu re- 
duzieren, so dafi also die mit reinem Milzbrandbacillus geimpften frflher 
starben als jene Tiere, denen B. prodigiosus mit Milzbrandbacillus 
inokuliert worden war. Bei den Meerschweinchen zeigte sich ein ent- 
gegengesetztes PhBnomen. 

Mit kleinen Dosen soli es diesem Autor Qberdies gelungen sein, 
die Virulenz des Streptococcus zu steigern, ohne mehr als die 16s- 
baren Produkte der Bakterien dazu zu verwenden. 

Vail lard und Vincent batten beziiglich des Tetanus identische 
Resultate und Besson beziiglich des septischen Vibrio, alles Ergebnisse, 
die schon von Monti in Italien fur andere Keime und andere mikro- 
bische Assoziationen erhalten worden waren. 

No card ging auf der Basis der Rogerschen Beobachtungen weiter 
und wies darauf hin, dafi die Substanz, welche im Prodigiosus ganz 
besonders die Eigenschaft besitzt, die Virulenz des symptomatischen Milz¬ 
brandbacillus zu steigern, das Trimethylamin sei. 

In Italien versuchte es C. Mass a mittels des B. prodigiosus 
Saprophyten zu verst&rken und verdffentlichte dann, dafi es ihm mit 
Inokulation von an und fQr sich unsch&dlichen Mischungen von B. pro¬ 
digiosus und violaceus gelungen sei, die Tiere durch eine 
Mischung von Prodigiosus und Violaceus zu t5ten. Ein ziemlich 
zweifelhaftes Resultat und derart, dafi Baumgarten, als er diese 
Arbeiten in seinem Jahresberichte vorbrachte, es fQr n8tig hielt, eine 
besondere Notiz beizufQgen, die besagte, dafi die Resultate mit Reserve 
aufgenommen werden mQssen, nicht zum mindesten wegen der Unzu- 
l&nglichkeit der Kontrollversuche. 

Neuerdings hat H. Marx das Studium der Pathogenit&t des Pro¬ 
digiosus von neuen Gesichtspunkten an wieder aufgenommen, und es 
ist ihm auch wirklich nach Inokulation von B. prodigiosus und 
B. oedematis maligni gelungen, im Frosche den Prodigiosus 
virulent zu machen, in einer Weise, dafi er fQr weifie M&use pathogen 
wurde. Es verlor jedoch der Prodigiosus sein Pigment, so dafi dann 
bei den mit den M&usen vorgenommenen Isolierungen eine der haupt- 
s&chlichsten Differentialeigenschaften des Keimes fehlte, Eben deshalb 
weist Czaplewski, der die Arbeit in Baumgartens Jahresbericht 
besprochen hat, darauf hin, dafi diese Beobachtungen mit Reserve auf- 
zunehmen seien. 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Aus alledem erhellt schliefilich, dafi nach Ansicht fast aller Autoren 
(sowohl beziiglich lebender wie toter Kulturen) der B. prodigiosus 
ffir die Versuchstiere nicht pathogen ist. Nur einige der Autoren 
hsdten daffir, dafi der Bacillus im stande ist, EiterungsvorgSnge zu be- 
wirken, die besonders von dem bakterischen Protein erzeugt werden, 
welch letzteres ein bemerkenswertes chemotaktisches Vermdgen haben 
soil. Demgem&fi finden wir in vielen Lehrbflchern und Wfirterbfichern 
der Bakteriologie nichts fiber eine mdgliche toxische oder septikfimische 
Wirkung des B. prodigiosus, sei es auch nur experimentell und 
nicht spontan. 

Einige Handbficher besagen sogar ohne weiteres, dafi der Pro¬ 
digiosus geradezu inaktiv ist(Miquel, Gambier, Abba, Lustig, 
Eisenberg, Migula etc.), einige andere, Flfigge, Lehmann- 
Neumann, glauben, dafi der B. prodigiosus als solcher inaktiv ist, 
dagegen die Pathogenitfit anderer Keime verst&rken kann. Wenige 
Lehrbflcher nur (Gfinther, Fraenkel) erwfihnen, dafi grofie Dosen 
dieses Keimes bei subkutaner Inokulation eine Lokalentzfindung mit 
nachfolgender Suppuration und gleichzeitigen allgemeinen transitorischen 
Erscheinungen hervorrufen kfinnen. Deshalb pflegt roan also im allge¬ 
meinen der Anschauung zu huldigen, dafi der Prodigiosus ent- 
weder absolut inoffensiv oder hochstens ffir die Versuchstiere schwach 
toxisch ist. 


Vorliegende Untersuchungen verdanken ihren Ursprung dem Zufalle. 
Im Begriffe, den Meningococcus W eichselbaums, der in Turin von 
V an z etti isoliert worden ist, virulent zu machen, hatte ich diesen Kokken 
mit den verschiedensten pathogenen Keimen und Saprophyten in Meer- 
schweinchen und Kaninchen verimpft, ohne wirklich positive Resultate zu 
erhalten. Zwei der mit starken Dosen (2 ccm Mischung zu gleichen Teilen 
Bouillonkultur von Meningococcus und Prodigiosus) auf intra- 
venfisem Wege geimpften Kaninchen erlagen nach 24 Stunden. Der mikro- 
skopische Befund legte klar, dafi der Tod infolge toxischer Septikamie ein- 
getreten war. Das parietale und viscerale Peritoneum war hyperfimisch, 
ebenso die Nebennieren, die Milz dagegen etwas angeschwollen und tiefrot 
gef&rbt, sowie etwas weicher als gewohnlich. Die mit diesem Organ 
angestellten Versuche ergaben die Gegenwart zahlreicher nach Gram 
sich ffirbender Kokken. Die Kulturen der Milz, des Blutes und der 
anderen Organe sprachen ffir die Gegenwart einer grofien Quantitat 
von Bacillen, die sowohl morphologisch wie auch hinsichtlich ihres Ver- 
haltens dem Gramschen Verfahren gegenfiber an den inokulierten 
Prodigiosus erinnerten. Angesichts eines solchen Autoren und Lehr- 
hfichern zuwiderlaufenden Befundes habe ich versucht, den B. pro¬ 
digiosus den verschiedensten Tieren auf verschiedenen Wegen einzu- 
impfen. 

Zu diesen Proben habe ich sowohl Laboratoriums-Prodigiosus, 
der vor einigen Jahren aus dem Trinkwasser Turins isoliert worden 
war (kurze Zeit, nachdem betrfichtliche Massen Prodigiosus zwecks 
Prfifung der Filterkraft dieser Terrains fiber die Zone ausgegossen 
worden waren, in der sich das betreffende Wasser ansammelte), wie auch 
solchen aus den Laboratorien des Dr. Kr41, Prof. Fo& und Prof. 
S o r m a n i verwandt. 

Die 4 Sorten des Prodigiosus zeigten nun ein sehr fihnliches 
Verhalten, waren aber von verschiedener IntensitSt Die im Labo- 


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Bertarelli, Ueber die Biologie nnd Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 197 


ratorium konservierte Sorte hat sich am aktivsten erwiesen and es 
wurden also die nachstehend beschriebenen Untersuchungen hauptsfichlich 
mit ihr ausgeffihrt. Ich halte es fQr Qberflflssig, hier noch besonders 
zu bemerken, daB hierbei die morphologischen und kulturellen Kenn- 
zeichen der angewandten Keime genau kontrolliert wurden und genau 
denen entsprachen, die in alien Atlanten und Lehrbfichern dem Pro¬ 
digiosus zugeschrieben werden. 

Wirkung des Prodigiosus in den Tieren: Der B. pro¬ 
digiosus hat bei Laboratoriumstieren diskrete pathogene Kraft. 

Die Einimpfung von Bouillonkulturen oder wfisserigen Agarkultur- 
emulsionen auf intraperitonealem Wege ffihrt beim Meerschweinchen 
nach kfirzester Zeit den Tod herbei, sobald man sich nur einer st&rkeren 
Dosis bedient. Von wenig aktiven Kulturen sind hochstens 2 ccm er- 
forderlich; von stfirkeren geniigen 0,8—1 ccm. So tdteten die im 
Laboratorium vorhandenen Kulturen das Meerschweinchen in 18—36 
Stunden. 

Die subkutane Inokulation ist beim Meerschweinchen weniger wir- 
kungsvoll; doch gelingt es zuweilen, das Tier bei Verwendung von 
2—2,5 ccm zu tdten. Einige Stfimme des Prodigiosus aber bewirken 
auf diesem Wege niemals den Tod des Tieres. 

Die intravenOse Injizierung ist beim Tiere bei einer Dosis von 
1—1,5 ccm Bouillonkultur nach 12—24 Stunden t5dlich. 

Der Tierbefund ist konstant: Akute EntzUndung des ganzen Perito- 
neums, dfirftiges serOses Exsudat, Ausdehnung der Intestinalkrflmmungen, 
hyperfimische Nieren und Nebennieren, zuweilen mit hfimorrhagischen 
Flecken, normale oder wenig vergrOBerte Milz, lebhafte Ffirbung mit 
rotbraunen hfimorrhagischen Flecken. An den Lungen und an der Leber 
nichts Bemerken swertes. 

Der Befund kommt also im groBen und ganzen einer schweren 
akuten Vergiftung gleich. Die mikroskopische Untersuchung der Milz 
ergibt im ganzen Organ zerstreute Kokken. Dieselben Bakterien- 
formen, wenn auch in geringerer Anzahl, so doch immer noch in be- 
deutenden Quantitfiten, finden sich im Blute. Auch in der Leber sind 
besagte Keime, ebenso in den Nieren (doch in geringerer Anzahl) und 
im Eierstock. In alien diesen Organen begegnen wir jedoch keinen 
beachtenswerten Lfisionen, abgesehen von Hyperfimie und eventuellen 
hfimorrhagischen Infarkten. In ganz seltenen Fallen, bei denen der Tod 
36 Stunden nach erfolgter Inokulation eintritt, wird makroskopisch und 
mikroskopisch eine beginnende Fettdegeneration der Leber sichtbar. 

Die Kulturenprflfung ergab ebenfalls die Gegenwart zahlreicher 
Bacillen in der Blutbahn, Bacillen, denen wir stets an den Extremitfiten 
der Blutwege begegnen und die in den isolierten Kulturen zahlreiche 
und typische Prodigiosus-Kulturen zu stande bringen. 

Die Mikroorganismen konnen auch fiber die Placenta hinansgehen; 
so findet man bei tragenden Meerschweinchen nach Prodigiosus- 
Inokulationen zahlreiche Bacillen in den Organen des FOtus. 

Das Bemerkenswerteste bei diesen Kulturen ist, daB sie fast immer 
rot erscheinen (zuweilen rosa, feuerrot und auch selbst fuchsinrot), auch 
dann, wenn sie bei 37° auf alkalischem Agar gezfichtet wurden. Dieses 
sich fast konstant darbietende Phfinomen wird noch augenscheinlicher, 
wenn man die Kulturen zuerst 24 Stunden lang auf 37° halt (wfihrend 
welcher Zeit sie bereits eine deutlich rote Ffirbung aufweisen) und sie 
dann auf 25° bringt. Ueberdies erwerben die seit geraumer Zeit pigment- 


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198 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 3. 

losen Laboratoriumskulturen, die sich, selbst auf Kartoffeln geziichtet, 
sehr schlecht pigmentieren, mit der Tierpassage das VermOgen, die 
chromogene Substanz stark zurttckzubilden. Dieser Vorgang ist nicht 
nur deshalb interessant, weil er nicht nur ein kleines biologisches Problem 
ldst, nm dessen Ldsung sich Schottelius resultatlos bemuht hat (da 
die seit langer Zeit pigmentlosen Prodigiosus-Massen auf keinem 
Wege Pigment erwerben, auch nicht bei Zflchtung auf Kartoffeln und 
den verschiedensten Bdden), sondern auch, weil es dem entspricht, was 
Gessard ganz kurzlich betreffs des Pyocyaneus beobachtete. Dieser 
Verfasser hat in der Tat wahrgenommen, daft der B. pyocyaneus unter 
gewissen Umst&nden des parasit&ren Lebens im lebenden Organism us die 
Eigenschaft erwerben kann, ein fluorescentes und ein rotbraunes Pigment 
zu erzeugen. 

Die Serieninokulation erhdht beim Meerschweinchen die Pathogenit&t 
des Prodigiosus nur unbedeutend. Niemals jedoch gelingt es, den 
Tod des Tieres mit Dosen von weniger als 0,5—0,5 ccm herbeizuffihren, 
selbst wenn die Kulturen 12 Tage alt sind. 

In dieser Hinsicht mOchte ich auf die grofte Wirksamkeit hinweisen, 
die die alten Kulturen im Vergleiche zu den neuen haben. Es kommt 
dies vor allem daher, dafi die den Tod der Versuchstiere veranlassenden 
Erscheinungen zum grOBten Teile toxische sind und die Toxizitfit mit 
dem Alter der Kulturen w&chst. 

Ist die inokulierte Dosis nicht tddlich, so kann roan den B. pro¬ 
digiosus auch nach 3—4 Tagen in der Blutbahn der geopferten 
Tiere vorfinden; selten nur kann man Bakterien enthaltende Phagocyten 
antreffen. 

Nach subkutaner Inokulation zeigt sich dagegen fast immer eine 
Lokalreaktion (wenn die inokulierte Dosis nicht tddlich ist), die durch 
ein wenig reichliches purulentes Exsudat charakterisiert ist. Nur in 
SuBerst seltenen Fallen kommt es zu einer AbsceBbildung, wie solche 
Grawitz und de Bary beschreiben. 

Das Kaninchen ist weniger empfanglich als das Meerschweinchen, 
doch tritt auch bei ersteren nach Injizierungen mit 2—2,5 ccm 8—12 Tage 
alter Bouillonkultur leicht der Tod ein, wobei der Befund wie gewdhnlich 
auf Toxikamie und dazu noch auf Gegenwart von Keimen in Milz und 
Blut lauten wird. Zu demselben Resultate gelangt man mit Inokulation 
geringerer Dosen in die Blutbahn. 

Die Ratte (Decumanus albinus ) ist ebenfalls dem Prodigiosus 
gegentiber sehr empfindlich, was in einem gewissen Widerspruche steht 
mit ihrem sonstigen Verhalten gegentiber anderen Keimen, die fQr 
andere Tiere weit pathogener sind. Eine Peritonealinokulation von 
0,2—0,3 und zuweilen auch 0,1 ccm Bouillonkultur tdtet das Tier in 
weniger als 24 Stunden mit Erscheinungen und Befund wie beim Meer¬ 
schweinchen. Auch die subkutane Injizierung einer Dosis von 0,3—0,4 ccm 
wirkt fast sofort tddlich. 

Noch empfindlicher ist die kleine Maus (Musculus albinus ), die stets 
schon bei subkutaner Einimpfung von 0,1 ccm 6 Tage alter Bouillon¬ 
kultur erliegt. 

Die Kennzeichen der aus der Milz, den anderen Organen und dem. 
Blute der durch Prodigiosus verendeten Tiere erhaltenen Kulturen 
sind fast konstant, womit also gesagt ist, daB nicht allein pigmentlose 
St&mme des B. prodigiosus sofort das Pigment zurfickerwerben, 
sondern sich sehr oft auch bei 37° pigmentiert zu erhalten vermogen. 


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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 199 


Mit der Zeit und nach zahlreichen Durchg&ngen habe ich schliedlich 
einen Prodigiosus erhalten, der auf 37-gradigem Agar wfihrend 2 
oder 3 Kulturpassagen rot wuchs, wihrend er ziemlich bladrosa blieb, 
wenn man ihn in der gewShnlichen Zimmertemperatur ztichtete. 

Isoliert man dann den Prodigiosus aus den Organen der nach 
Injektionen mit diesem Eeime erlegenen Tiere, so zeigt er etwas ver- 
finderte Form und sieht wie ein echter plumper Bacillus aus, aber be- 
deutend weniger kokkenfdrmig als in den gewShnlichen Eulturen. 

Fassen wir also alles zusammen, so kommen wir zu folgendem 
Resultat: Der Prodigiosus kann in einigen Tieren (beson- 
ders im Meerschweinchen, in der Ratte und der Maus) 
eine tddliche toxische Septik&mie erzeugen, sobald er 
in raittelstarken Dosen inokuliert wird. Der Befund so 
bebandelter Tiere ist der einer fiberwiegenden Intoxi- 
kation, doch beobachtet man unterm Mikroskop und ver- 
mittelst der Eulturen eine unzweifelhafte Gegenwart 
und Vermehrung des B. prodigiosus im Blute und den 
Organen. 

Ueberdies erh&lt der Prodigiosus nach Durchg&ngen 
durch das Tier, falls er pigmentlos, das Pigment zurfick 
und das auch, wenn es nicht gelingt, ihm das nach Ear- 
toffelkulturencharakteristische Pigment wiederzugeben. 
Ist er pigmentiert, so kann er das Pigment verst&rken, 
und sich auch h&ufig bei 37° G pigmentiert erhalten. 


Handelt es sich nun wirklich urn eine Form von sekund&rer Septi- 
kfimie Oder um akute Intoxikation, oder wird etwa die Gegenwart von 
Bacillen in der Blutbahn und der Milz nicht von einer agonischen oder 
postmortalen Invasion inokulierter Eeime bedingt, einer Invasion, die 
durch eine akute Intoxikation ermOglicht wird, die ihrerseits wieder den 
bakterischen Protelnen oder den inokulierten ldslichen Produktefi ihre 
Entstehung verdankt? 

Die Tatsache, mit subkutanen Injektionen einen gleichen Befund 
erhalten zu haben, wfirde nun wirklich innerhalb gewisser Grenzen die 
Mdglichkeit ausschlieden, dad es sich um eine zuf&llige Gegenwart der 
inokulierten Eeime handelt Ueberdies wiesen die auf peritonealem 
Wege mit 1 ccm Bouillonkultur geimpften und 6 Stunden nach der 
Injektion getdteten Tiere schon grode Quantit&ten B. prodigiosus in 
der Milz auf. 

Um aber darzutun, daft das Vorhandensein der Bacillen in der 
Blutbahn nicht nur keine passive Erscheinung ist, sondern im Gegenteil 
einer gewissen Bedeutung nicht entbehrt (bedeutungsvoll, wenngleich 
sekund&r nach Intoxikation), kann man noch andere fiberzeugende Be- 
weise heranziehen. 

Vor allem fallt es nicht schwer, zuzugeben, dad die Eeime in der 
Blutbahn des noch lebenden Tieres auderordentlich vervielf&ltigt sind. 
Zu diesem Zwecke habe ich aus dem inokulierten Material isolierte 
Pr&parate hergestellt und die Zahl der Eeime und approximate auch die 
der inokulierten Bacillen berechnet Ebenso wurde mit einer aus Blut- 
und Milzsaft bereiteten Normallosung verfahren und dann zu isolierenden 
Eulturen geschritten. Nimmt man auch hier eine approximative Be- 
rechnung der angetroffenen Eeime vor, so ergibt sich, dad das Ver- 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Origin&le. Bd. XXXIV. No. 3. 


hfiltnis zwischen inokulierten und vorgefundenen Keimen mindestens 
1:100 ist So ist es alsdann moglich, die toxische von der septikfimischen 
Wirkung zu trennen. Zu diesem Zwecke habe ich die Toxizitat der 
filtrierten Bouillonkulturen, der durch die Warme getdteten Bouillon- 
und Agarkulturen geprfift. 

Die mit der Eerze filtrierten Prodigiosus-Bouillonkulturen sind 
nicht sehr giftig, was schon daraus hervorgeht, daB das Meerschweinchen 

4— 8—10 und 20 Tage alte filtrierte Bouillonkulturen in Dosen von 

5— 8 und oft auch von 10 ccm folgenlos vertragt. 

Die durch Hitze getoteten Bouillonkulturen (der Prodigiosus ist 
sehr widerstandsffihig, seine, nach zahlreichen Seriendurchgangen er- 
haltenen Kulturen widerstehen noch 1 Stunde lang bei selbst 80°) haben 
eine schon ausgeprfigtere toxische Wirkung. Mit 6—8-tfigigen Kulturen 
tfitet man aber ein Meerschweinchen nur nach Dosen, die den doppelten 
und 3-fachen der lebenden Kulturen entsprechen; mit 15— 20-tagigen 
Kulturen erhait man dasselbe Resultat auch mit solchen, die nur wenig 
unter dem Doppelten der lebenden Kultur stehen. Doch tritt der Tod 
in keinem Falle so rasch ein wie nach Verwendung lebender Kulturen. 
Urn diese Tatsachen nun besser zu beleuchten, trachtete ich danach, die 
pathogenen Eigenschaften des Prodigiosus ffir einige Tiere, besonders 
ffir das Meerschweinchen, zu verstarken. 

Die Serienpassagen steigerten nun aber den Keim nur sehr wenig, 
und niemals gelingt es, Kulturen (nicht mehr als 48-stflndige) zu er- 
halten, die unter 0,8—0,9 ccm ttidlich sind. In diesem Falle jedoch 
zeigen die 10—12-tagigen Kulturen eine groBere Toxizitat, derart, dall 
man mit ihnen Meerschweinchen auch mit 0,5 ccm lebender Kultur tdten 
kann. 

Die Passagen durch verschiedenartige Tiere, wie Mause, Ratten, 
Meerschweinchen und Kaninchen, geben auch kein besseres Resultat, 
ebenso bleibt die Assoziation des Prodigiosus mit Keimen, die sich 
anderen Tieren gegeniiber ohne Beimischung inaktiv erweisen (Proteus, 
Menln gococcus intracellularis, Staphylococcus aureus 
[abgeschwacht], Choleravibrio etc.) wenig erfolgreich. 

Bessere Resultate habe ich erzielt mit Passagen im Peritoneum 
mittels Celloidinsackchen. Nach 6 Durchgfingen erhielt ich einen Pro¬ 
digiosus, dessen 24-stfindige Kultur (erhalten durch Einsaung des 
Produktes des letzten Seriensackchens in Bouillon) ein Meerschweinchen 
bei einer Dosis von 0,4 ccm in 24 Stunden tdtete. Dieselbe 24-stfindige 
Bouillonkultur, einmal bei 80° getOtet, bewirkte erst bei einer Dosis von 
0,3 ccm letalen Ausgang, wfihrend hingegen dieselbe 36-stfindige Kultur, 
mit der Kerze filtriert, auch dann inaktiv war, wenn sie in starken 
Dosen — 8 ccm — ins Peritoneum des Meerschweinchens injiziert 
wurde. 

Mit anderen Worten, es war gelungen, mit dieser 24-stflndigen Kultur 
die septikfimische Kraft zu verstarken, wahrend das toxische Vermfigen 
eher schwach blieb. 

Diese Steigerung ist also bei den Celloidinsackdurchgfingen fast 
konstant, wenn sie auch nicht immer einen so hohen Wert erreicht. 

Giftige Produkte des Prodigiosus. Nach alledem ist es also 
unzweifelhaft, daB die hauptsfichlichste Ein wirkung des Prodigiosus 
auf die Versuchstiere die toxische ist Aller Wahrscheinlichkeit nach 
wird das mit lebenden Kulturen inokulierte Tier rasch vergiftet und 
gestattet eine rasche und reiche Entwickelung des Keimes, der so die 


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Bertarelli, Ueber die Biologie nnd Pathogenitftt des Bacillus prodigiosus. 201 


toxische Substanz yermehrt and den Tod herbeif&hrt Es ging also der 
Tod in Wirklichkeit immer yon einer Toxikfimie aus, bei Gegenwart 
von zahlreich yermehrten Keimen in der Blutbahn, die dann auch noch 
ihrerseits, dnrch Verstftrkung der Toxikfimie, schaden. 

Eine solche Tatsache, die nan freilich nicht ganz mit dem flberein- 
stimmt, was nach Radziewski bei dem grOfiten Teile der Infektionen 
geschieht, wflrde es erklfiren, warum trotz weitgehender Verbreitung des 
Prodigiosus in der Natur and seiner bedeutenden Resistenz niemals 
weder beim Menschen noch beim Tiere spontane Prodigiosus* Infek¬ 
tionen beobachtet warden, n&mlich, weil eben die Inokulation starker 
Keimquantit&ten erforderlich ist, um eine beachtenswerte Einwirkung zu 
erzielen. 

Auf jeden Fall geht darans hervor, dafi der Prodigiosus eine 
wirklich sehr bedeutende toxische Kraft besitzt and in dem vergifteten 
Organismus eine rapide Multiplikation im Kreislanfe bewirken kann. Es 
tritt dies auch effektiv mit einer solchen Beharrlichkeit ein, dafi ich 
mich beim Unterrichte zur Darlegnng einer Septik&mie im Laboratorium 
(besonders aber zur einfachen Demonstration der im Kreislaaf and der 
Milz befindlichen Keime) stets des Prodigiosus bediene, der, wenig- 
stens von diesem Gesichtspankte aus, bessere and konstantere Resultate 
abgibt als andere Keime mit grOfierer pathogener Kraft 

Aus einigen der yorerwfthnten Untersuchangen (Roger, Vaillard 
etc.) erhellte, dafi die Tom Prodigiosus gebildeten ldslichen Sub- 
stanzen die Eigenschaft besafien, die Virulenz sonst wenig wirkungSToller 
Keime zu Terstfirken und dies in derselben Weise wie der Pro¬ 
digiosus. Meine Versuche ffihrten mich jedoch zu anderen Resultaten. 
Ich hielt es daher fflr angebracht, einige der yom Prodigiosus 
gebildeten oder in ihm enthaltenen toxischen Substanzen genau zu 
untersuchen, um zu erfahren, welchen Ton beiden die bei den Versuchs- 
tieren beobachtete rapide Intoxikation zuzuschreiben ist 

Lbsbare Produkte: Mit der Kerze filtrierte Prodigiosus- 
Bouillonkulturen yerschiedenen Alters besitzen ein schwaches toxisches 
VermQgen. 

Zum Beweise dieser Tatsache nachstehend einige Daten aus dem 
Laboratoriumsprotokoll: 


Mai 1902. Filtrierte 10-tagige Bouillonkulturen. 

Gewicht in g Injektion 
Meenchweinchen 300 Bauchhdhle 

» 320 „ 

„ 310 „ 

„ 300 

320 „ 

„ 350 

„ 320 


ccm 

4 

7 
6 

8 
10 

8 

6 


Beeultat 

lebend nach 10 Tagen 

lebend 

do. 

stirbt in 24 Stunden 
do. 

lebend 

stirbt in 36 Stunden 


Im allgemeinen gelingt es, selbst mit 10—12 —15-tfigigen ins Peri¬ 
toneum injizierten Bouillonkulturen in Dosen unter 6 ccm nicht das 
Meerschweinchen zu t5ten. 2 —3-tfigige Bouillonkulturen sind fast ab- 
solut kraftlos, auch wenn sie aus mit verst&rktem Material pr&parierten 
Kulturen erhalten warden, die den in der BauchhOhle des Meerschweinchens 
gehaltenen Celloidins&ckchen entstammten. Das alte BouUlonkulturen- 
filtrat ist bei weitem wirksamer. Zweifellos ist es sicher, dafi eine 
direkte Beziehung existiert zwischen Alter und Wirksamkeit des Fil- 
trats. 


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202 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 3. 

Diese filtrierten Bouillonkulturen enthalten nun auch chemotaktische 
Substanzen, dergestalt, daB man nach Bauchhdhleninjektionen das Auf- 
treten eines dfirftigen, ziemlich leukocytenreichen Exsudats wahrzunehmen 
vermag nnd aufierdem eine diskrete Quantitfit h&molytischer Substanzen. 
Diese Tatsache ist schon von Pasquini in einigen seiner Studien fiber 
die hfimolytische Kraft der Kulturfiltrate verschiedenster Keime fest- 
gestellt worden. 

Die hfimolytische Wirkung habe ich an den roten Blutkdrperchen 
des Meerschweinchens und des Kaninchens sowohl nach der Methode 
Londons wie auch mit der direkten Probe an nicht gewaschenen Ery- 
throcyten untersucht, mit dem Ergebnisse, daB die hfimolytische Wirkung 
der Prodigiosus-Bouillonkulturen bezfiglich der Erythrocyten des 
Meerschweinchens sehr stark ist, dagegen hinsichtlich der des Ka¬ 
ninchens fast nicht existiert. Das erhaltene Hfimolysin weist eine 
den {Oxischen Bakterien sehr fihnliche Beschaffenheit auf. 

Bringt man das Filtrat bei 0° in Berfihrung mit den roten 
Blutkdrperchen des Meerschweinchens und fibertrfigt man dann von 
neuem die Erythrocyten in eine Losung von NaCI von 0,85 Proz. bei 37°, 
so emulsionieren sich die Erythrocyten, d. h. es existierte in dem Hfimo¬ 
lysin eine haptophore Gruppe, die im stande ist, sich bei niederer Tem- 
peratur auf den Erythrocyten zu fixieren. 

Bakterienprotelne: Die durch*Hitze getdteten und von 
den ldsbaren Produkten mittels wiederholter Filtration und Waschungen 
mit physiologischen Ldsungen getrennten Bakterienkdrper erweisen 
sich Tieren gegenfiber bedeutend wirksamer als die lQslichen Produkte. 
Mit 1 mg dieser bakterischen Kadaver kann man den Tod des Meer¬ 
schweinchens in weniger als 36 Stunden nach vollendeter peritonealer 
Inokulation herbeiffihren. 

Gegenfiber den verschiedenen Kulturen ergibt sich jedoch ein ganz 
anderes Verhalten. 

Um nun die Wirkung des Bakterienprote'ins und seinen Effekt 
bei Tieren zu studieren, babe ich mich weniger Extraktionsmethoden 
bedient, da mir die geeigneten Mittel fehlten, die es mir ermoglichten, 
die Proteine nach alien auf Kompression basierenden Systemen herauszu- 
ziehen. (SchluB folgt) 


Nachdruck verboten. 

Ueber die Einwirkung der Bakterien auf verschiedene 

Zuckerarten. 

[Aus der bakteriologischen Untersuchungsstation des Garnisonlazarettes 

Wflrzburg.] 

Von Apotheker Adalbert Segin. 

In einer unter der Leitung des Herrn Stabsarztes und Privat- 
dozenten Dr. DieudonnS ausgeffihrten Arbeit hat Barsikow 1 ) zur 
Differenzierung von Typhus- und Coli-Bacillen zwei mit Lackmus ver- 
setzte NfihrbOden empfohlen, von denen der eine aus Nutrose, Milch- 


1902 %, ^44)^° ZUt des Typhusbacillus. (Wiener klin. Rundsch. 


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Begin, Ueber die Einwirkung der Bakterien auf verschiedene Zuckerarten. 203 


zucker SS 1,0, Nad 0,5, Aq. dest. ad 100 besteht, der andere an Stelle 
von Milchzucker Traubenzucker enthlllt. Auf beiden N&hrbOden ruft 
B. coli nach 24 Stunden eine starke S&urebildung und eine massige 
Ansscheidnng von Kasein hervor; B. typhi zeigt in der Traubenzucker- 
15sung dasselbe Verhalten, w&hrend es den Milchzuckern&hrboden un- 
verftndert lfifit. Klopstock 1 ) empfahl diesen N&hrboden zur Unter- 
scheidung von Typhus-, Coli- und Ruhrbacillen. Sowohl der Typhus- 
wie der Ruhrbacillus lfifit den Milchzucker enthaltenden N&hrboden 
dauernd unverfindert, w&hrend B. c o 1 i innerhalb 24 Stunden das Kasein 
ausf&llt. In dem mit Traubenzucker versetzten N&hrboden ruft B. typhi 
und B coli nach 24 Stunden S&urebildung und Gerinnung hervor, da- 
gegen bewirkt der Ruhrbacillus nur eine geringere S&urebildung und 
keine Gerinnung, wenigstens nicht in den ersten Tagen. Mittelst des 
Milchzucker enthaltenden N&hrbodens lfifit sich also Typhus und Coli, 
mittelst des mit Traubenzucker versetzten Typhus und Ruhr differen- 
zieren. 

Auf Anregung des Herrn Stabsarztes und Privatdozenten Dr. Dieu- 
donnd untersuchte ich eine weitere Reihe von Bakterien, und zwar 
wurden hierzu aufier Milch- und Traubenzucker mehrere andere 
Zuckerarten (Maltose, Galaktose, Fruktose, Raffinose) und diesen fihnlich 
zusammengesetzte hdherwertige Alkohole (Erythrit, Dulcit, Mannit) ver- 
wendet. Die N&hrbdden hatten, entsprechend den Angaben von Bar- 
sikow, folgende Zusammensetzung: Zucker (bezw. Alkohol), Nutrose 
afi 1,0, NaCl 0,5, Lackmustinktur 10, Aq. dest. ad 100. Die Herstel- 
lung geschah stets in der Weise, dafi zun&chst die Ldsung der Nutrose 
und des Chlornatriums eine Stunde lang sterilisiert, und dann die ent- 
sprechende Zucker- bezw. Alkoholart zugefiigt wurde. Die in Mengen 
von ca. 10 ccm abgefiillte N&hrflussigkeit wurde in den Reagenzrdhrchen 
abermals */ 4 Stunde lang dem strdmenden Dampfe ausgesetzt. Diese 
fraktionierte Sterilisation sollte eine durch zu langes Erhitzen bewirkte, 
mehr oder weniger tiefgreifende Zersetzung des Zuckermolekflls ver- 
hindern, wie eine solche bereits mehrfach bei Milch- und Traubenzucker 
vermutet wurde. Zu den Milch- und Traubenzuckern&hrbdden, sowie zu 
denen mit Erythrit und Maltose versetzten verwendete ich eine Lackmus¬ 
tinktur von Kahlbaum-Berlin, zu den tibrigen eine von Merck-Darm¬ 
stadt bezogene. 

Tabelle A gibt eine Uebersicht- iiber die gewiihlten Bakterien und Nahrboden. 
Die auf eine Zeitdauer von 8 Tagen sich erstreckenden Beobachtungen suchte ich durch 
entsprechend gewahlte Zeichen mftglichst genau wiederzugeben. So bedeutet das Zeichen 
—, urS der betr. Nahrboden vollig unverandert blieb, braw. aufier dem Wachstum keine 
bemerkenswerten Veranderungen vor sich gin gen, das Zeichen + dafi eine ausge- 
sprochene Koagulation des Kaseins eintrat. Tb — bezeichnet eine Trubung, deren In- 
tensitat es zweifelhaft erscheinen liefi, ob sie lediglich durch das Wachstum des Bak- 
teriums oder durch eine gleichzeitige unvollstandige Kaseinausscheidung hervorgerufen 
wurde. Wurde oder war gleich von An fang an diese Trubung so intensiv, dafi ihre 
Entstehung durch Koagulation mehr Wahrscheinlichkeit fiir sich hatte, so bezeichnete 
ich diesen Fall mit +. Einige Bakterien verursachten eine eigentiimliche, an lilablau 
erinnernde Farbung Hes Nahroodens (in der Tabelle durch 1 bezeichnet), die sehr oft 
mit der durch das Zeichen + sjmbolisierten Trubung verbunden war; t. El. bedeutet 
teilweise, v. EL vdllige EntfarCung des Nahrbodens, s s schwach saure, s stark saure 
Reaktion. Die Kulturen wurden wahrend der Dauer der Versuche auf 37° gehalten 
und aus dem Brutschrank entfernt, sobald eine zweifellose Koagulation eingetreten war. 


1) Beitrag zur Differenzierung von Typhus-, Coli- und Ruhrbacillus. (Berl. klin. 
Wochenschr. 1902. No. 34.) 


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204 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Aus Tabelle A geht hervor, daft Milcbzucker von verh&ltnism&tiig 
wenig Bakterien angegriffen wird; einzelne verarsachen zwar saure Re- 
aktion, doch genflgt die erzengte Sfiure anscheinend nichl zur F&llung 
des Kaseins (Vibr. choler., Pneumon. Friedl&nder). In viel 
hdherem MaBe wie Milchzucker wird Traubenzucker zersetzt Mit 
Ausnahme einiger wenigen (Tetrag. L6de, B. faecal. alcalig. r 
Staphyl. pyogen. citr.) war entweder S&urebildung allein oder, 
gleichzeitig mit dieser, Koagulation zu konstatieren. Bemerkenswert ist 
die Tatsache, daB keines der zu den Versuchen herangezogenen Bak¬ 
terien Erythrit unter Sfiurebildung angriff, wie sie bei den anderen 
N&hrbdden eintrat; es entstanden wohl Trflbungen nnd mehr oder weniger 
intensive Niederschlftge, doch waren sie stets von dem bereits oben er- 
w&hnten Farbennmschlag in Lila begleitet (B. pyocyan., B. sub til is) 
und verschwanden bisweilen wieder (S arc in a lutea). Anf Mai to so 
wirkt eine erhebliche Anzahl Bakterien unter S&urebildung; die saure 
Reaktion tritt jedoch bei verschiedenen nur vorflbergehend ein (B. en¬ 
ter it., Staphyl. pyog. alb.). Auffallend ist der vollstandig einer 
Koagulation Shnliche starke Niederschlag ohne gleichzeitige saure Reak¬ 
tion (Typhus, B. coli, B. icteroi'des). Er l&Bt sich vielleicht auf die 
Weise erkl&ren, daB die erzeugte Saure durch das Natrium der Nutrose 
(dieselbe ist eine lOsliche Kaseinnatriumverbindung) nach der Koagulation 
nentralisiert wird; dafflr spricht auch der Umstand, daB der Ausf&llung 
des Kaseins stets eine S&urebildung vorausging. Eine Koagulation 
ohne gleichzeitige saure Reaktion konnte ich nur bei Maltose feststellen. 
Dnlcit wurde Shnlich dem Erythrit sehr wenig angegriffen; eine aus- 
gesprochene Koagulation trat nicht ein. Saure Reaktion war nur ver- 
einzelt wahrzunehmen (B. acid, lact., B. enterit.. Psittacosis). 
Die uppig wuchernde Sarcina lutea und Staphyl. pyogen. aur. 
ausgenommen, war das Wachstum gering. Galaktose setzt der Ein- 
wirknng der Bakterien keinen groBen Widerstand entgegen und verh&lt 
sich in dieser Beziehung Bhnlich dem Traubenzucker und der Fruktose; 
doch verursacht die aus letzterer Zuckerart erzeugte S&ure h&ufiger 
Koagulation wie diejenige aus Galaktose. Mannit zeigt insofern ein 
der Maltose fihnliches Verhalten, als bei ihm sich ebenfalls bisweilen 
voriibergehende saure Reaktion zeigte (B. lact. a grog., Pneura. 
Friedl.) ohne gleichzeitige Kaseinausscheidung; doch war, wenn eine 
solche eintrat, dies stets, im Gegensatz zur Maltose, in saurer LGsung 
der Fall. Raffinose verhielt sich insofern analog dem Dnlcit -und 
Erythrit, als sie ebenfalls von sehr wenig Bakterien in erheblichem 
MaBe angegriffen wurde und wie die beiden zuletzt genannten keine 
zweifellose Koagulation aufwies. Bei Tetrag. L5de und Vibr. pro- 
teus Finkler-Prior verschwand die eingetretene Trtlbung wieder. 
Hefe Hofbrauhaus (Wflrzburg) zeigte eine Schichtung, deren obere 
schwach saner war, w&hrend die untere farblos erschien mit neutraler 
Reaktion. 

Wie ein Blick auf die Tabelle A zeigt, wurden die mit Merckscher 
Lackraustinktur bereiteten N&hrb0den sehr h&ufig und bald entf&rbt, 
wfihrend dies bei den Kulturen, die Kahlbaumsche Lackraustinktur 
enthielten, nur selten der Fall war; ftir derartige Versnche ist daher der 
bereits von Drigalski und Conradi 1 ) empfohlenen Kahlbaumschen 
Tinktur der Vorzug zu geben. 


1) Drigalski und Conradi, Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXXIX. 


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Segin, Ueber die Einwirkung der Bakterien auf verschiedene Zirckerarten. 205 


Tab el l e A. (Erklarung der Zeichen und Abktirzungen siehe Text.) 
Nutrosenahrboden enthaltend: 



Milchzucker 



Traubenzueker 



Beobachtung nach Tagen 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

i j 

u 

3 1 

A\ 

5 

t) 

7 

8 

Staphyl. pyogenes albus 

— 

s 

8 

8 

6 

8 

s 

8 

— 

8 

8 

8 

8 

8 

8 

8 

Staphyl. pyogenes aureus 

— 

s 

+ 

8 






— 

8 

8 

8 

+ 

S 




Staphyl. pyogenes citreus 

— 

— 

— 

8 

8 

S 

8 

8 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

— 

Tetragen. Lode 

— 

— 


— 

— 

1 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Sarcina lutea 

— 



— 

— 

— 

1 

1 

8 

8 

8 

8 

8 

8 

8 

3 

Bac. anthrac. 

— 



— 

— 

— 

— 

— 

— 

8 

8 

8 

8 

_L 

8 

+ 

8 


Bact. acid. lact. 

+ 

s 


| 






+ 

8 

| | 







Bact. coli 

+ 

s 








+ 

8 








Bact. typhi 

— 


— ; 

— 

— 

— 

— 

— 

8 

± 

S 

+ 

8 






Paratvphus „ Bremen" 

— 




— 


— 

— 

+ 

8 







1 

Paratyphus Brion-Kayser 





8 

8 

8 

8 

8 

8 

Tb 

8 

+ 

8 





Paratyphus Schottmiiller 


— 

— 

_ 

— 

; — 

— 

— 

8 

4- 

j 8 







Paratyphus Stamm-Pelzer 

8 

s 

8 

8 

6 

, 8 

8 

8 

+ 

8 








Bact. faecal, alcalig. 

— 

, — 

— 

. 1 

1 

1 

1 

l 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

— 


Bac. dy sen ter. 

ss 

S 8 

88 

S 8 

68 

ss 

88 

SS 

S 

+ 

8 







Bact. enteritidis 

— 

1 — 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

8 








Bact. lactis aerog. 

+ 

s 


| 






8 

! + 

3 





: 


Bact. icteroides 




- 

— 


— 

— 

+ 

8 








Psittacosis 

— 


j 

— 


— 

— 

— 

+ 

8 








Pneumon. Friedlander 

s 

8 

1 8 

8 

| 8 

s 

1 s 

8 

8 

1 .8 







Bact. fluoresc. liquef. 

— 

— 


_• 

; — 

— 

| _ 


— 

— 


1 — 

1 — 

8 8 

! 8 8 

S3 

Bact. fluor. non liquef. 

— 

— 

— 

1 _ 

8 8 

88 

| 88 

8 

± 

8 

+ 

8 






Bact. prodigios. 

— 

— 

— 

8 

! + 

8 




8 

+ 

8 







Bact. pyocyan. 

— 

— 



tE. 

t. E. 

t. E. 

t. E. 

±1 

8 

8 

± 

8 

±i 
' 8 

4~ 

s 

— 

1 8 

St 


Bact. syncyan. 

— 

— 

— 

— 1 


— 

— 

— 

— 

— 

8 

' 8 

8 

8 

8 

1 8 

Bact. subtilis 

— 

— 

— 

— 

- 

t. E. 

t. E. 

t. E. 

8 ' 

T 

± 

8 

+ 

8 


8 

|± 

8 


Bact. vulg. protens 

— 

— 

— 

— 


s 

8 

8 

~ 

8 ! 

8 

8 

8 

. + 

, 8 

Bact. vulg. rairabilis 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

8 8 

1 88 

— 

— 1 

S 

8 

3 

1 ~ 

8 

- 

s 

8 

Vibrio cholerae 

— 

8 

S 

S 

8 

8 

8 

8 

— 

8 

8 

8 i 

8 

8 

8 

> | 

8 

Vibr. prot. Finkler-Prior 

— 

— 

— 

in 

i gell) ubergehend 

— 

3 

8 

8 j 

j_l 

8 

8 

8 

Hefe Hofbrauhaus 

— 

• - 

-L 

— 

1 — 

— 

— 

( — 

6 

8 

8 

1 8 

1 s 

1 8 

3 

1 8 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV No. 3. 


Nutrosenahrboden 


Beobachtung nach Tagen 1 


Erythrit 

4 rr 


_ Maltose _ 

8~ 1 I 2 3!4 5|b'7 I 8 


Staphyl. pyogenes albus 
Staphyl. pyogenes aureus 
Staphyl. pyogenes citreus 
Tetragen. Lode 
Sarcina lutea 
Bac. anthrac. 

Bact. acid, lact: 

Bact. coli 
Bact. typhi 
Paratyphus „Bremen“ 


Paratvphus Brion-Kayser — 


i i + 4- + + +M" ■+■ 4- 4* 

“ ± ± T T “ “-iTTTiTTT T 


Iss 1 s L r 


s — 

ix 


; S 61 8 8 8 8 8 


Paratyphus Schottmuller — — — 

Paratyphus Stamm-Pelzer — — — 

Bact. faecal, alcalig. — — — 

Bac. dysenter. — — — 


Bact. enteritidis 
Bact. lactis aerogen. 
Bact. icteroides 
Psittacosis 

Pneumon. Friedlander 
Bact. fluoresc. liquef. 


Bact. fluor. non liquef. I — 


88 88 

-1-+ + + + 

” 8 8 8 TTT T 

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8 8 8 8 ' 

- ±±±±± i 

88 888886 B 


± + + ± ± ± 

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T t.~E. t. E. t. E. t.~E. 8 s 


;S8 88 8 8 8 8 


+ ± + + ± + + , ± 
“TTTTTTT ±ii± + 


Bact. prodigioe. 

Bact. pyocyan. 

Bact. syncyan. 

Bact. subtilis 

Bact. vulg. proteus _______ - 88geB888 

Bact. vulg. mirabilis _______ -“ ~ 7 7 T T 

Vibrio cholerae — — — — — — — — — 

Vibr. pro.. Finkta.ftio, - - - f f f f +-±±+f + f 

Hefe Hofbrauhaus ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^-1- 


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I 3H+“ I H+ 





























Segin, Ueber die Einwirkung der B&kterien auf verschiedene Zuckerarten. 207 

enthaltend: 

Dulcit I Galaktose 


1 j 2 I 3 I 4 I 5 I 6 7 I 8 1 | 2 I 3 I 4 I 5 I 6 I 7 I 8 


















208 


Centraibl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Nutrosenahrboden 



Fruktose 

Beobachtung nach Tagen 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

L 7 1 

| 8 

Staphyl. pyogenes albus 

— 

8 

Tb 

8 

_Tb 

8 

Tb 
t. E. 

Tb 
t. E. 

Tb 
_ t. E. 

_ Tb 
t. E. 

Staphyl. pyogenes aureus 

88 

88 

88 

88 

8 

8 

8 

8 

Staphyl. pyogenes citreus 

— i 

+ 

8 







Tetragon. Lode 

— 

88 

i 

i 88 

t. E. 

t E. 

t E. 

Tb 
~t. E. 

Tb 
t. E. 

Sarcina lutea 

1 

_Tb 

8 

_Tb 

8 

_Tb 

8 

Tb 
~t. E. 

Tb 
t. E. 

Tb 
! — t. E. 

Tb 
v. E. 

Bac. anthrac. 

— 

ss 

1 88 

t. E. 

t. E. 

t. E. 

i tE. 

t. E. 

Bact. add. lact. 

8 

+ 

8 







Bact. coli 

— 

8 

+ 

8 




1 


Bact. typhi 

— 

+ 

8 

1 




I 


Paratyphus „Bremen u 

8 

+ 

8 

i 






Paratyphus Brion-Kayser 

— 

— , 

+ 

8 






Paratyphus Schottmuller 

— 

S 

+ 

B 

+ 

s 

+ 

8 




Paratyphus Stamm-Pelzer 

8 

+ 

8 







Bact. faecal, alcalig. 

— 

— 

t. E. 

t. E. 

t. E. 

v. E. 

_ 

V. E. 

v. E. 

Bac. dysenter. 

— 


s 

8 

+ 

8 




Bact. enteritidis 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

± 

± 

8 8 

8 

8 

8 

8 

8 

8 

8 

Bact. lactis aerogen. 

— 

88 

8 

8 

8 

8 

6 

8 

Bact. icteroidcs 

88 

+ 

8 







Psittacosis 

6 

+ 

8 







Pneumon. Friedlander 

— 

± 

+ 







88 

8 

8 


± 

8 



± 

8 

Bact. fluoresc. liquef. 

— 

— 

8 

8 

± 

8 

± 

8 

Bact. fluor. non liquef. 

— 

— 

t. E. 

t. E. 

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88 

88 

86 

Bact prodigios. 

— 

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4 

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Bact. pyocyan. 

— 


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Bact. syncyan. 

— 

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± 

8 

± 

8 

± 

8 

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8 

Bact subtilis 


± 

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± 

+ 






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8 

8 

8 

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8 

__Tb 

8 

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Bact. vulg. proteus 

88 

88 

88 

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Bact. vulg. mirabilis 

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± 

± 

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8 

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Vibrio proteus Finkler-Prior 

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Segin, Ueber die Einwirkung der Bakterien auf verechiedene Zuckerarten. 209 


enthaltend: 


Mannit 

Raffinose 

1 

1 2 

3 

4 

5 

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8 

8 













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+ 

+ 











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8 

8 









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8 

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+ 

4 







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8 

8 

8 

8 

8 

8 

8 







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88 





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4 

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± 

± 

± 

+ 

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88 

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8 

8 

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88 

8 

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— 

— 

88 

88 

88 

8 

— 

— 

— 

88 

88 

88 

88 

88 





_ 

_ 

Tb 

Tb 











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— 

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— 

— 

— 

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— 

± 

± 




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— 

— 

Tb 

Tb 


8 

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8 

8 

8 

8 

8 




88 

88 

88 

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8 

8 

6 

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— 

— 

— 

— 


Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 14 


Digitized by t^.ooQle 








210 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3. 


In dem Verhalten von Typhus und Paratyphus gegen fiber den ver- 
schiedenen Znckerarten zeigten sich im allgemeinen keine scharfen 
Gegens&tze. Im Milchzucker-, Dulcit- und Raffinosen&hrboden trat 
weder bei B. typhi noch bei den verschiedenen Paratyphusst&mmen 
(Paratyphus Bremen, P. Brion-Kayser, P. Schottmfiller, 
P. Stamm-Pelzer) ausgesprochene Koagulation ein, nur bei einigen 
Saurebildung; andererseits verursachten in Traubenzucker-, Fruktose- 
und Mannitn&hrbdden s&mtlich vollst&ndige Easeinausscheidung, in Galak- 
tosen&hrboden nur Typhus, Paratyphus Bremen und P. Stamm- 
Pelzer vollst&ndige, die beiden anderen nur unvollst&ndige Koagulation. 
Erythrit greifen sie fiberhaupt nicht an, und nur in ihrem Verhalten zu 
Maltose war insofern ein bemerkenswerter Unterschied festzustellen, als 
P. Stamm-Pelzer und P. Schottmfiller diese Zuckerart nicht 
zersetzten, P. Brion-Kayer teilweise, Typhus und P. Bremen voll- 
stfindige Koagulation bewirkten. 

Urn einen Anhaltspunkt fiber die Menge der gebildeten Sfture zu 
erhalten, wurden einige Kulturen, die S&urebildung ohne Koagulation 
zeigten, und einige andere, die beide Erscheinungen gleichzeitig auf- 
100 

wiesen, mit Kalilauge titriert. Von den nicht koagulierten pipet- 

tierte ich 5 ccm ab, die koagulierten wurden zuerst filtriert. Die in 
Tabelle B angegebenen Zahlen beziehen sich auf 100 ccm Kultur. 


Tabelle B. (Zeichen und Abkiirzungen wie bei Tab. A.) 

Titration der nach 8 Tagen gebildeten Sauremenge mit ?-^-KOH 

Nutrosenahrboden. 



11 

i 

Trauben 

zucker 

Erythrit 

Maltose 

Dnlcit 

Galak- 

tose 

Frak- 

tose 

Mannit 

£ § 

Staphyl. pyog. alb. 
Bact. acid, lact 

— s 3,4 
+ s 3,4 

-8 33 
+ 8 53 

be 

§ 


±8 2,4 


i 

-f* 8 2,11 -f* 8 1,5 


Bact. coli 

+ 8 4,5 

+ s 4,2 



— s 4,8 

14* 8 1,6 


Parat. „ Bremen u 

2 



+ s 3,2 



— s 2,6 

Bact. enterit. 



z 


— 8 1,8 



Bact. lact aerog. 



S3 

MS 



— a 0,8 

1 


Bact icteroi'des 



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"f* 8 1,6 


Pneum. FriedL 

Bact fluor. liq. 

■ 


0? 

l 

-s 2,6 



I 

— 8 23 


Bact vulff. prot. 

Vibr. cholerae 

m 

— s 4,4 

— 8 2,9 


-s 2,8 

l 

-8 1 fi 

— s 2,4 


Diese Beispiele zeigen, dafi die Menge der erzeugten S&ure bei den 
geprfiften Bakterien nicht allzusehr differiert; da trotzdem die S&ure¬ 
bildung nicht immer Koagulation verursachte, so dflrfte der Grund 
dieser Erscheinung wohl darin liegen, dafi ffir die Kaseinf&llung nicht 
allein die Menge, sondern auch die Art der gebildeten S&ure mafi- 
gebend ist. In fihnlichem Sinne haben sich bereits Blachstein 1 ) und 
P4r6*) ge&ufiert. 


1) Archivee dee eciencee biologiques pubL par l’lnstitut imp4r. & St. P4terebourg. 
T. L No. 1, 2 et 3. 

2) Annalee de l’lnetitut Pasteur. 1892 et 1893. Compt. raid, de la eoc. de biolog. 
1897. p. 446. 


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Segin, Ueber*die Einwirkung der Bakterien auf verschiedene Zuckerarten. 211 


Tabelle C. (Zeichen und Abkiirzungen wie bei Tab. A.) 

Serumnahrboden, entnaltend:_ 



Milchzucker 

Traubenzucker 

Beobachtung nach Tageu 

1 

2 

3 

4 

5 

() 

7 

8 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

[7_ 

8 

Staphyl. pyog. alb. 

88 

± 

8 

+ 

8 






88 

+ 

8 







Staphyl. pyog. aur. 

— 

+ 

8 







8 

+ 

8 







Staphyl. pyog. citr. 

— 


~ 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

8 






Tetrag. Lode 

— 

8 

8 

8 

+ 

8 

+ 

8 



8 

+ 

8 







Sarcina lutea 

- 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

8 

+ 

8 







Bact. anthracis 

— 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

8 

+ 

8 







Bact. acid, lactic. 

+ 

8 








+ 

6 • 








Bact. coli 

+ 

S 








+ 

8 








Bact. typhi 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

+ 

8 








Paratyphus Bremen 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

8 








Parat. Brion-Kayser 

— 

— 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

+ 

8 








Parat. Schottmuller 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

8 








Parat. Stamm-Pelzer 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

+ 

S 








Bact. faecal, alcalig. 

Bac. dysenteriae 


— 

— 

— 

8 

8 

8 

8 

+ 

8 

— 

— 

— 

— 


— 

— 

Bact. enteritidis 

— 

— 

— 

— 1 

— 

— 

_ 

— 

+ 

s 








Bact. lact. aerogen. 

8 

8 

± 

8 

+ 

8 





+ 

8 








Bact. icteroides 

— 

— 

u 

— 

— 


— 

— 

+ 

8 








Psittacosis 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

+ 

8 








Pneumon. Friecllander 

— 

— 

— 

S 8 

68 

8 

8 

8 

+ 

8 








Bact. fluor. liquef. 

Bact. fluor. non liquef. 

_ 

8 

8 

8 

8 

6 

8 

8 

8 

± 

8 

+ 

8 


— 

— 



Bact. prodigios. 

— 

— 

— 

8 

8 

8 

+ 

8 


88 

| + 

8 







Bact. pyocyan. 

8 

8 

8 

8 

8 

8 

t. E. 

vTe. 

— 

+ 

8 







Bact. syncyan. 

— 

8 a 

8 

+ 

8 





8 

+ 

8 







Bact. subtilia 

— 

— 


— 

— 

— 

— 

— 

_ 1 

± 

8 

8 

+ 

8 






Bact. vulgare proteus 

— 

— 

— 

— 

B 

8 

8 

8 

+ 

8 







Bact. vulgare mirabilis 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

8 

8 

± 

8 

+ 

8 





Vibrio cholerae 

— 

— 

86 

88 

8 8 

8 

8 

8 

8 

± 

8 

+ 

S 






Vibr. prot. Finkler-Prior 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


8 

+ 

8 







Hefe Hofbrauhaus 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

8 

+ 

8 








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212 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd XXXIV. No. 3. 


Nachdem, wie Hanna 1 ), Dieudonn6 4 ), Hanson und Bussell 3 ) 
gezeigt haben, auch in verdiinnten, mit Zucker versetzten Blutserum- 
nfihrbdden durch Einwirkung der von B. coli nnd anderen Bakterien- 
arten gebildeten Sauremengen eine intensive F&llung des Eiweifies ein- 
tritt, benntzte ich zum Vergleiche zwei NahrbOden folgender Zusammen- 
setzung: Rinderblutserum, Lackmnstinktur (Kahlbaum) fia 10, Aq. 
dest. 79,0 Milch- bezw. Traubenzucker 1,0. Dieselben wurden in der 
gleichen Weise wie die Nutrosen&hrbOden hergestellt, eine Koagulation 
wfihrend des Sterilisierens trat nie ein. Zu den Versuchen benutzte ich 
dieselben Bakterien wie bei NutrosenShrbOden. Tabelle C gibt die ge- 
machten Beobachtungen wieder. 

Ein Vergleich des Ser u m milchzuckernfihrbodens mit dem Nutrose- 
milchzuckernahrboden zeigt bei den meisten Bakterien ahnliches Ver- 
halten. Die Sfturebildung des Serumnahrbodens fQhrt jedoch dfters znr 
vollstandigen Koagnlation wie diejenige des Nutrosen&hrbodens (Tetrag. 
Ldde, B. syncyan., Staphyl. pyog. alb.). In noch hSherem Mafie 
ist dies in den entsprechenden Traubenzuckern&hrboden der Fall; so 
findet sich im N u t r o s e traubenzuckernShrboden eine Reihe von Bak¬ 
terien (Vibr. choler., Tetrag. L5de, Sarcina lutea, B. vulg. 
mirab., B. syncyan., Staphyl. pyog. citr. und alb., Vibr. prot. 
Finkler-Prior, Hefe Hofbrauhaus), die nur Sfiurebildung bewirken, 
wahrend sie im Serum traubenzuckernahrboden vollstandige Koagulation 
verursachen. Da die verschiedenen Nahrbbden mit denselben Rein- 
kulturen geimpft waren, und stets unter den gleichen Bedingungen kon- 
trolliert wurden, so bleibt fflr die Tatsache, dafi in den SerumnahrbOden 
die Koagulation haufiger war als in den korrespondierenden Nutrose- 
nahrboden, nur die Annahme iibrig, dafi die im Rinderblutserum ent- 
haltenen EiweifikOrper durch Saure weit leichter ausfallbar sind als das 
Kasein der Nutrose. 


Nachdruck verbolen* 

Ueber saurefeste Bacillen bei Python veticularis. 

Von Prof. v. Hansemann. 

Das gesteigerte Interesse, das man neuerdings saurefesten Bakterien 
entgegenbringt und besonders eine Untersuchung von Lydia Rabino- 
witsch in diesem Centralbl. (Bd. XXXIII. 1903. No. 8) veranlassen 
mich zu folgender, leider nicht erschOpfender Mitteilung. Es handelt 
sich um den Befund solcher Bacillen bei einer Python veticularis, die im 
hiesigen Aquarium gestorben und die mir von Herrn Direktor Hermes 
freundlichst flberlassen wurde zu vergleichend anatomischen Unter- 
suchungen. 

Bei der Sektion fand sich in der BauchhOhle, mit dem Netz zu- 
sammenhfingend in der Nahe des Pankreas ein traubenfdrmiger Korper, 
der aus einer grofien Zahl bis erbsengrofier Knoten bestand. Die Aehn- 
lichkeit, die makroskopisch mit Perlsucht bestand, veranlafite mich zu 


1) Journal PathoL Bacteriol. 5. 

2) Hygien. Rundschau. 1902. 

3) The Medical News, 1903. febr. 


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Zupnjik, Bacterium muris. 


213 


'weiterer mikroskopischer Untersuchnng. Dabei stellte sich zuerst her- 
aus, dafi mikroskopisch diese Aehnlichkeit mit Perlsucht keineswegs 
bestand, vielmehr erwies sich das Gewebe als ein von Rundzellen reich- 
lich durchsetztes Granulationsgewebe, in dem sich keine Verkasung, 
keine Riesenzellen nnd auch keine Verkalkung erkennen liefi. Wohl 
fanden sich einige nekrotische Herde, die durch eiterigen Zerfall hervor- 
gebracht waren, aber nicht durch Verkasung. Schon bei schwacher Ver* 
grdfierung konnte man in der Umgebung der eiterig zerfallenen Partie 
grfifiere Zellen erkennen mit eigentfimlich kSrnigem Protoplasma. Mit 
den gewbhnlichen Ffirbungsmethoden liefien sich Bakterien nicht darin 
nachweisen, dagegen zeigten sich nun bei Anwendung Ziehlscher 
LOsung und Nachbehandlung mit Gabbetscher Losung eine grofie 
Menge rot geffirbter Stabchen, die in Form und Grfifie durchaus den 
Tuberkelbacillen glichen. Dieselben sind einzeln oder in Gruppen zu- 
sammengelagert, zum Teil auch mit ihrem Ende sich berflhrend. Die 
meisten Stabchen sind in ganzer Ausdehnung rot gefarbt, einige aber 
zeigen punktfdrmige Unterbrechungen, wie solche bei Tuberkelbacillen 
so hfiufig sind. Durch diese Farbung liefi sich nun feststellen, dafi die 
eigentfimlichen Granulationen, die man bei gewdhnlicher Zellffirbung in 
den grofien Zellen sah, auf die Anhaufung saurefester Bacillen in diesen 
Zellen zurflckzufiihren ist. 

Diese grofien Zellen mit ihrem Bakteriengehalt erwiesen sich als 
morphologisch fibereinstimmend mit den Leprazellen. Leider war dieser 
Bacillenfund erst erhoben, als das gesamte Material schon gehartet war, 
so dafi Impfversuche nicht mehr angestellt werden konnten. Es bleibt 
daher unaufgeklart, ob diese Bacillen mit Tuberkelbacillen identisch 
sind oder ob es sich hier urn einen von dem Tuberkelbacillus differenten 
saurefesten Bacillus handelt. Das erstere ist besonders deswegen 
zweifelhaft, weil ein von der Tuberkulose gfinzlich differentes Krankheits- 
bild entstanden war. In beiden Fallen aber ist dieser Befund be* 
merkenswert, da auch Tuberkulose bei den Kaltblfltern nicht zu den 
haufigen Erscheinungen gehOrt. Vielleicht gelingt es bei weiteren Unter- 
suchungen, die gleiche Affektion wieder aufzufinden und dann die hier 
bestehenden Lflcken auszufQUen. 


Nachdruck verboten. 

Bacterium muris. 

[Aus der I. deutschen medizinischen Klinik in Prag. 

(Vorstand: Hofrat Prof. Pribram.)] 

Von Dr. L. Zupnlk, klin. Assistenten. 

In Bezug auf die in No. 7 dies. Centralbl. (Bd. XXXIII) erschienene 
Publikation von E. Klein: „Ein neuer pathogener Mikrobe zur Gruppe 
der Diphtheriebacillen gehSrig = Bacterium muris" erlaube ich mir 
darauf hinzuweisen, dafi wir im Jahre 1897 im hiesigen hygienischen 
Institute (Prof. Hueppe) eine Epidemic unter weifien Ratten zu ver- 
zeichnen batten, als deren Erreger sich ein plasmolysiertes Stabchen 
herausgestellt hat Es bildete das letztere den Ausgangspunkt einer 
Reihe von experimentellen Untersuchungen fiber Diphtheriebacillen, deren 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Endergebnis im vorigen Jahre in der Prager med. Wochenschrift unter 
dem Titel: „Die Aetiologie der Diphtherie" niedergelegt wurde. 

Die plasmolysierten Bakterien wurden daselbst in zwei natflrliche 
Grnppen oder, wie icb es heute rich tiger zu nennen glaube 1 ), in zwei 
Gattungen eingeteilt, und zwar die Loefflersche undHoffmann- 
Wellenhoffsche. Jede derselben enthSlt eine grdBere Anzahl von 
natflrlich verwandten Arten. Die Erreger unserer Rattenseuche gehdrten 
der Loefflerschen Gattung an. 


Nachdruek verboten. 

Massenerkrankung bei Enten mit eigenartigem Diphtherie- 
bacillenbefund der Conjunctiva. 

[Aus dem Kdnigl. bygienischen Institute in Posen. 

Direktor: Medizinalrat Prof. Dr. Wernicke.] 

Von Dr. Kampmann, Dr. Hlrschbruch nnd Dr. Lange, 

Kgl. Kreistierarzt, Posen. Assistenten des Institutes. 

Anfangs August 1902 trat unter den Enten des Rittergutes Poklatki, 
Kr. Schroda, eine eigenartige Krankheit auf, indem zu Anfang einige 
Tiere trfibe Augen zeigten, eine gewissermaBen nervose Unruhe bekun- 
deten, fortwahrend mit dem Kopf unter das Geiieder fuhren und den- 
selben best&ndig zu reinigen sich bemiihten. 

ZunSchst wurde dem Auftreten der krankhaften Erscheinungen wenig 
Bedeutung zugemessen, da bei einem groBeren Geflflgelbestande sich 
immer Storungen der Gesundheit in dieser oder jener Form sowohl im 
Friihjahr wahrend der Brutzeit als- auch im Sommer und bis in den 
Herbst hinein bei dem jungen Nachwuchs einzustellen pflegen, welche, 
wenn sie nicht in seuchenartiger Weise und unter grOBerer Sterblichkeit 
auftreten, als ein notwendiges Uebel bei jeder Gefltigelzucht angesehen 
werden. 

Der krankbafte Zustand nahm indessen mit jedem Tage an Verbrei- 
tung zu, und zwar befiel derselbe merkwflrdigerweise ausschlieBlich die 
Enten, obschon dieselben mit anderem Geflflgel, mit Hflhnern, Perl- 
bflhnern und Puten zusammenlebten, denselben Futterplatz und zum 
Teil dieselben Futtertroge benutzten, und sogar mit dem genannten Ge¬ 
flflgel denselben Stall bewohnten. Zun&chst wurden die jflngeren Tiere 
im Alter von 3—4 Wochen befallen; allmflhlich erkrankten auch die 2 
—3 Monate alten Tiere, ja selbst auf flltere Zuchtenten erstreckte sich 
das Leiden, so daB von dem ca. 240 Stflck starken Bestande mehr als 
40 Proz., also etwa 100 Tiere erkrankten und von diesen etwa 25 Proz. 
der Krankheit erlagen. 

Bezflglich der Entstehung der Krankheit muBte es zweifelhaft er- 
scheinen, ob dieselbe als eine seuchenhafte resp. speziflsch ansteckende 
Geflflgelkrankheit zu betrachten sei, weil die Tatsache vorlag, daB nur 
die Enten erkrankten, wahrend das andere Geflflgel von der Krankheit 
verschont blieb; es wurde dem klinischen Krankheitsbilde entsprechend 
die Diagnose: „eitrige nekrotische Conjunctivitis" gestellt. 

1) cf. Ueber die Tuberkulinreaktion. (Dtsch. Archiv f. klin. Med. Bd. LXXVI. 
1903. Heft 1—*3.) 


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Kampmann, Hirschbruch u. Lange, Massenerkrankung bei Enten etc. 215 


Das Kr&nkheitsbild ist folgendes: 

Nach den oben beschriebenen Anfangsstadien, der Trflbang der 
Aagen, der Unruhe, dem ewigen Putzen des Kopfes, zeigt sich nach 
wenigen Tagen schon sine entzfindliche Affektion des Lidsackes der 
Angen und des Augapfels; es beginnt sich im Lidsack zun&chst flttssiges, 
weifigelbes, getrflbtes Sekret anzusammeln, welches aus den Augen ab- 
flieBt, und am Schnabel entlang bis zum Schnabelrande herabrinnt, oft- 
mals in die Nasendffnung gelangt, auch wohl in die Mundhohle. 

Mit der zunehmenden Sekretabsonderung tritt bald eine Aenderung 
in der Beschaffenheit des Sekrets ein; dasselbe wird an der Luft dicker 
und nimmt eine erst mehr gelbe, dann mehr schmutzigbraune Farbe an, 
es wird trockener, und die kranken Tiere bemflhen sich in einemfort, 
diese Absonderungsmassen aus den Augen zu entfernen, sie schlagen 
mit dem Kopfe seitw&rts und schleudern so die Augensekrete fort, 
schieben den Kopf unter die Fidget und zeigen eine dauernde Unruhe; 
merkwdrdigerweise sieht man die Tiere fast nie sich mit den FuBzehen 
die Augen putzen. 

Mit der zunehmenden Sekretabsonderung stellen sich dann Begleit- 
erkrankungen am Augapfel ein, es entstehen entzdndliche Reizungen 
der Cornea, des Blinzknorpels, die Augenlider verkleben und das Sekret 
wirkt zerstdrend auf die durchsichtige Hornhaut; es kommt zur Ge- 
schwdrsbildung, die Cornea wird oftmals perforiert, die vordere Augen- 
kammer entleert ihren Inhalt, es tritt Kollaps der Cornea ein und da- 
mit ist ein Grad der Krankheit erreicht, der fur das Tier verhangnisvoll 
wird, weil es zur Verodung des Augapfels, zur Blindheit fiihrt. 

Mit den ersten Erkrankungen der Conjunctiva stellen sich dann 
noch weitere Begleiterscheinungen ein; das Sekret der Augen wird 
durch das Schleudern mit dem Kopfe aus den Lidspalten wohl mdglichst 
entfernt, es bleibt aber meistens am Kbrper des Tieres haften und zwar 
zum grfiBten Teile an den Flfigeln, so wohl an deren oberen als auch an 
den unteren Fl&chen; es klebt im Gefieder fest, trocknet ein, reizt die 
SuBere Haut, bringt eine Entzfindung der Oberhaut zu stande, diese 
pflanzt sich fort auf die Unterhaut und die Wurzeln der Federn, es ent- 
steht ein Ekzem, welches groCe Ausdehnung gewinnt. Es fallen zu¬ 
n&chst die Flaumfedern, sp&ter auch die Flugfedern aus, die Fliigel 
werden schlieBlieh kahl und sind mit harten borkigen Krusten bedeckt 

Je intensiver die Conjunctivitis sieh zeigt, je mehr Sekret abgeson- 
dert wird, je grbBer der Reizzustand ist, der sich am erkrankten Auge 
und um dasselbe herum abspielt, um so umfangreicher ist auch die se- 
kund&re ekzematOse Erkrankung der Fliigel bezw. der BuBeren Haut, 
die sich nicht selten fiber den ganzen Rficken hin ausdehnt und sich an 
der oberen Halsseite bis zum Kopfe fortsetzt 

Mit der heftigen Erkrankung der Augen tritt nun ein natfirlicher 
Vorgang in die Erscheinung; die kranken Tiere beginnen sehr schnell 
abzumagern; zun&chst, wenn erst die katarrhalische Form der Conjunc¬ 
tivitis eingetreten ist, gehen die Patienten noch ins Wasser. F&ngt aber 
der Zustand der Verklebung der Lidspalten an sich einzufinden, dann 
linden sieh die Tiere nicht mehr zurecht, sie kdnnen nicht sehen, stol- 
pern fiber den Weg, stoBen an Str&uchern etc. an und vermeiden das 
Wasser, sie sitzen dann vorzugsweise auf trockenem Boden, wenns geht 
im Sonnenschein und sind ununterbrochen besch&ftigt, sich des Augen- 
sekrets resp. der eingetrockneten Massen zu entledigen. 

Damit ist dann das Stadium erreicht, welches ffir die Tiere das 


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216 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 3. 

kritische wird, da die selbstredend eintretende mangelnde Ernfihrung 
schliefilich zum Tode fuhren mud. 

Der Verlauf der Krankheit ist demnach kein rascher, im Gegenteil, 
es gehen Tage und Wochen hin, bis die Krankheit sich entwickelt, ihre 
H5he erreicht, sich zum Bessern wendet und in Heilung ausgeht Oder 
einen tddiichen Ausgang nimmt 

Bei einer Anzahl kranker Tiere beschr&nkten sich die Sekund&r- 
erscheinungen aber nicht allein auf die oben beschriebenen Hautaffek- 
tionen, sondern es treten noch schwere Stdrungen in den Werkzeugen 
der Futteraufnahme ein, insbesondere zeigt sich der Schnabel der Enten 
fflr die Einwirkungen des Augensekrets sehr empfindlich. Besonders 
der Oberschnabel zeigt h&ufig Erkrankung in seiner Substanz. 

Es treten Deformationen auf, der Rand des Schnabels zerf&llt gan- 
gr&nartig, der Schnabel nimmt eine andere Form an, biegt sich oben 
oder seitwSrts urn, die R&nder schlieCen nicht mehr mit dem Unter- 
schnabel, und so wird das kranke Tier auch an der normalen Futterauf¬ 
nahme gehindert 

Erkrankungen an den Schleimh&uten der Schnabelhdhle, des Rachens 
oder des Schlundes sieht man nicht auftreten, auch Stdrungen in den 
Absonderungen, wie man solche bei krupds-diphtheritischen Darmaffek- 
tionen, als Durchfall und dergl. auftreten sehen kann, sind nicht be- 
obachtet worden 

Es kann der Verlauf der Krankheit etwa in drei Stadien eingeteilt 
werden: 

1) das ansteigende Stadium, welches einen Zeitraum von 4—10 Tagen 
umfafit; 

2) das Hdhenstadium von der zweiten Woche bis zum hdchsten und 
oftmals tddiichen Grad der Krankheit; 

3) das Rekonvaleszentenstadium; dies umfafit eine verschieden grofie 
Zeitspanne und richtet sich je nach dem Grade, wie das befallene Indi- 
viduum durch die Krankheit in seinem Ern&hrungszustande zurflck- 
gekommen ist. 

Hat ein krankes Tier im Verlaufe der Krankheit wenigstens eine 
unversehrte durchsichtige Hornhaut behalten, oder ist wenigstens eine 
nicht perforiert oder total getrubt worden, dann tritt mit Aufhdren 
der Sekretbildung auch in verh&ltnism&fiig kurzer Zeit das Stadium 
quod antea ein. 

Die Tiere, welche sterben, sind natdrlich ausnahmslos sehr abge- 
raagert und blutarm. 

Die inneren Organe sind ziemlich unver&ndert, haben ein normales 
Aussehen und sind hdchstens mehr oder weniger atrophiert, leichte 
parenchymatdse Trflbungen der Leber sind das einzige Augenffillige. 

Die Krankheit hat im Verlaufe des Sommers bis in den Herbst 
hinein unter den Enten des genannten Dominiums bestanden. Von den 
ca. 240 vorhandenen Enten waren bis zum Herbst, wie oben schon er- 
wtlhnt, ca. 100 Tiere erkrankt und von diesen 25 Proz. gestorben, 
15 Proz. der erkrankten Tiere wurden im Initialstadium geschlachtet 
und ca. 60 Proz. sind wieder gesund geworden. Im Herbst ist dann 
die Krankheit erloschen bezw. es sind keine neuen Erkrankungsf&lle 
vorgekommen. 

Von gleichen Erkrankungen unter den Enten anderer Besitzer in 
der Gegend ist nichts bekannt geworden. Auch die angestellten Nach- 
forschungen haben ein negatives Resultat gehabt 


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Kampmann, Hirschbruch u. Lange, Massenerkrankung bei Enten etc. 217 


Die kranken Enten haben, wie gesagt, trotz innigster Berfihrung mit 
dem sonstigen Geflflgel des Gehdfts, dieses uicht infiziert, eine Erschei- 
nnng, die mit groBer Wahrscheinlichkeit zu dem Schlnsse berechtigt, dafi 
die Ursache der Krankheit an einem Ort zu snchen ist, welcher von 
dem sonstigen Geflflgel nicht besucht wird, nnd die kann nnr in Frage 
kommen, ob von den Teichen des Gutes, in welchen die Enten sich auf- 
gehalten haben, die Erankheitsnrsache abznleiten ist. 

Diese Vermutnng hatte urn so mehr ihre Berechtigung, als die ge- 
samten Stallungen, in denen das Geflflgel untergebracht war, nnd welche 
frfiher als Schweinest&lle benutzt worden waren, bald nach den ersten 
schweren Krankheitsf&llen grflndlich desinfiziert wurden und wochenlang 
nicht zur Aufnahme des Geflflgels dienten. 

Das ganze Krankheitsbild, der Verlauf und das Wesen der Krank¬ 
heit liefien darauf schlieBen, daB eine Erkrankung vorliege, welche bak- 
teriellen Ursprungs ist. 

Entsprechend der Vermutung, dafi die Grundlage fflr das ganze 
Krankheitsbild in der Erkrankung der Augen liege, haben wir uns auch 
zun&chst der Untersuchung des Augensekrets zugewandt. In Ausstrich- 
pr&paraten der dflnnflflssigen, ein wenig fadenziehenden, kleine gelbweise 
Brflckel enthaltenden Flflssigkeit fiel vor allem der v&llige Mangel von 
Eiterkflrperchen auf. Urn so reichlicher war der Gehalt an Bakterien. 
Eine einzige das Bild beherrschende Bakterienart war nicht zu linden. 
Der Hauptsache nach handelte es sich urn Kurzstflbchen, hie und da 
mit Andeutung von Keilform, und urn Diplokokken. Die Fflrbung nach 
Gram ergab ebenfalls vorlSufig noch kein irgendwie verwertbares 
Resultat. 

Mit dem Material wurden Glycerinagarplatten gegossen und einige 
Serumplatten bestrichen. Aufierdem wurde eine weifie Maus mit einer 
Oese Sekret subkutan geimpft Da sich auf den Serumplatten am n&ch- 
sten Morgen gutes Wachstum verschiedener Bakterienarten zeigte, nnd 
da sich auf den Glycerinagarplatten keine Art vorfand, die nicht auf dem 
LSffler-Serum besser gewachsen ist, haben wir fflr die Weiter- 
bearbeitung unserer Aufgabe die Serumplatten benutzt. 

Die Maus blieb gesund. 

Unter im ganzen fflnf verschiedenen Arten, die nach der Hflufigkeit 
der von ihnen gebildeten Kolonieen flberhaupt als mutmafiliche Erreger 
in Betracht kommen konnten, erregte ein Stamm nnser besonderes In- 
teresse. Es waren kurze, keilfflrmige Stflbchen mit diphtheriebacillen- 
fihnlicher Anordnnng im Prfiparate, die auf gewohnlichem Bouillonagar 
gut wachsen und einen matten, graugelblichen Belag bilden. Sie fiber- 
ziehen das Kondenswasser des Rdhrchens mit einem leicht gekrfiuselten, 
sich an der Glaswand emporschiebenden H&utchen. 

Diese Aehnlichkeit des Agarstriches mit der bekannten Wachstums- 
form vieler sSurefester Bacillen liefi uns zunflchst vermuten, dafi es sich 
urn derartige Mikroorganismen handle. Die weitere Untersuchung ergab 
nach dieser Richtung ein negatives Resultat Die schon in der Lagerung 
ausgesprochene Aehnlichkeit mit den Diphtheriebacillen veranlafite uns, 
in zweiter Linie die eventuelle Zugehorigkeit unseres Stammes znr Diph- 
theriegruppe genauer zu studieren. 

Dabei fanden wir, dafi sich besonders auf LOffler-Serum sehr viel 
grflfiere St&bchen als auf Agar bilden, welche sehr sch&ne Keulenform 
und Bfinderung (wflsseriges Methylenblau) bei typischer Lagernng auf- 
weisen. Auch die Babes-Ernstschen Kdrperchen sind durch die 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 3. 


Neissersche Ffirbung prompt nachweisbar, and zwar schon zu einer 
Zeit, in der ibr Auftreten als fiQr echte Diphtheriebacillen charakteristisch 
bezeichnet wird. Wir glanbten anf unserer Serumplatte, da wir stets 
nur diphtherolde Stabchen im mikroskopischen Prfiparate sahen, mit 
einer Reinkultnr zn arbeiten. Als wir dann zum Zwecke der Beobachtung 
des Kolonieenwachstums Glycerinagarplatten gossen, traten zu unserem 
Erstaunen dreierlei wohldifferenzierte Arten von Kolonieen zn Tage. 

ZunSchst f&nden wir nach 24 Stunden bis linsengrofie, flache, grau- 
weifie, matte Kolonieen mit unregelm&Big gekrfiuseltem Rand, die nur 
durch ihren matten Glanz entfernt an Kolonieen echter Diphtheriebacillen 
erinnerten. Ein Nabel war meist deutlich ausgebildet Bei schwacher 
VergrOfierung sahen wir grobgranuliertes Gefflge, scharfzackigen Rand. 
Die Kolonieen waren mfiBig lichtdurchlassig bei grauweiBer Ffirbung. 
Die Untersuchung der einzelnen Bakterien im hangenden Tropfen und 
im geffirbten Praparate ergab, daB es sich um Mitglieder der Diphtherie- 
gruppe handelte. 

Von diesem Typus A war leicht eine zweite Art von Kolonieen zu 
trennen. Es handelte sich um knopffdrmig fiber die Oberflfiche des 
Agars emporragende, sehr kleine, glfinzende, glattrandige Kolonieen, die 
schwache, graugelbe Ffirbung besitzen (Typus B). 

Bei genauer Durchforschung der Platten lieB sich noch ein dritter 
Typus (G) auffinden, der sich in seinen Agarkolonieen von B nur durch 
seine etwas groBeren Ansiedelungen von deutlich gelber Farbe unterschied, 
die bei schwacher VergroBerung (ebenso wie B) wenig Licht durchliefien 
und dunkelgrau-braunlich waren. 

Typus B und C bestanden im Gegensatz zu A aus verhfiltnismfifiig 
kleinen Formen, die aber nach Form und Lagerung ebenfalls deutlich 
diphthero'ides Geprfige besaBen. Die Unterscheidung von B und G auf 
der Agarplatte erforderte aber doch recht genaue Beobachtung und war 
nicht immer mit absoluter Genauigkeit moglich trotz der oben ange- 
gebenen Merkmale. 

Ganz anders und sehr leicht war im Gegensatz hierzu die Unter- 
scheidungsmoglichkeit auf der L6ffl erschen Blutserumplatte. A wfichst 
hier viel fippiger als echte Diphtherie und hat gegeuflber dem leicht 
gelblichen Ton dieser Bakterien eine ausgesprochen weiBgraue Ffirbung. 
Auch der Glanz ist bei unserem Stamm A um ein geringes weniger 
matt, als bei den L6ff 1 erschen Bacillen. 

B und C sind auf der Serumplatte ohne weiteres vom Typus A zu 
unterscheiden, da sie hier in ganz besonders intensiver Weise Farbstoff 
bilden. Die Kolonieen vom Stamm B sind deutlich strohgelb bis wachs- 
farben, wfihrend die Ansiedelungen von G schon von den kleinsten an 
eine erheblich sattere Ffirbung als die ersteren besitzen. Bei grdBeren 
Kolonieen ist der Unterschied der Farbe besonders schOn. Die Bakterien- 
rasen vom Diphtheroid G sind dann durch ein schfines leuchtendes Gold- 
orange ausgezeichnet. B kommt auch an ganz alten Kolonieen nie fiber 
eine — wenn auch etwas krfiftigere — wachsgelbe Ffirbung hinaus. 

Eine Serumplatte, die mit Bouillonaufschwemmung eines Gemisches 
von alien 3 Stfimmen beschickt ist, gewfihrt aber nicht bloB durch die 
verschiedenartige Ffirbung der einzelnen Kolonieen, sondern noch mehr 
fast bei dichter Besfiung durch das von Tag zu Tag wechselnde Kolorit 
ein ganz eigenartiges und hfichst interessantes Bild. Die Schnelligkeit 
des Wachstums der drei Stfimme erfolgt in derselben Reihenfolge, wie 
wir sie aufgezfihlt haben. Der Abstand zwischen A und den farbstoff- 


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Kampmann, Hirschbrucb n. Lange, Massenerkranknng bei Enten etc. 219 


bildenden Pseudodiphtheriebacillen ist hierbei ein besonders groCer; 
weniger deutlich ist der Unterschied zwischen B und C. Eine Platte 
mit Mischkultur durchlfiuft allmfihlich alle Schattierungen vom leichtestea 
hellgrau fiber gelbgran, strohgelb und orange bis zum krfiftigen gold- 
orange. 

Beim genanen morphologischen Studium der auf Serum gewachsenen 
Arten wurden folgende Unterscbiede festgestellt; 

Die Bacillen des Typus A zeichnen sich dadurch aus, dafi sie be¬ 
sonders groBe Formen mit ausgeprfigter Keulenbildung zeigen. Das 
Einzelbakterium ist etwa lV t mal bis doppelt so lang wie das echte 
Corynebacterium diphtherias und zeigt sich ihm bei Klatsch- 
prfiparaten in der Lagerung ganz analog. Hierher rechnen wir in erster 
Linie die bekannte staketenartige Anordnung in Reihen; aber auch die 
Aneinanderffigung zweier oder dreier Keulen, die sich mit ihren schmalen 
Enden zu berflhren scheinen, ist oft und schon zu finden. Dabei zeigt 
das Bakterium vom Stamme A schon bei einfacher Methylenblauffirbung 
eine schfine Bfinderung. Die einzelnen Binder sind verhfiltnismaBig 
breit und scharf abgegrenzt. Wir haben — wie das ja fttr viele Ver- 
treter der Diphtheriegruppe schon bekannt ist — die grofien und eigen- 
artigsten Formen in Prfiparaten von alten Kulturen gesehen. Die 
Babes-Ernstschen Korperchen treten in erheblicher Zahl und als 
grofie Gebilde schon auf 13-stfindigen Rinderblutserumplatten (37 °) auf, 
leicht nachweisbar durch die bekannte Neissersche Ffirbung. Auf 
23-stfindigen Kulturen ist es fast schwer, einen Bacillus ohne Polkdrper- 
chen zu finden. Bei ganz alten Kulturen, die nach ein- bis mehrtfigigem 
Stehen im Brfitschranke im Zimmer aufbewahrt worden sind, geht die 
relative Zahl der Korperchen wieder zurfick bis zu fast volligem Ver- 
schwinden. 

Im Gegensatz zu diesem Typus A besitzt der 2. Stamm die kleinsten 
Formen. Die auf Serum gewachsenen Bakterien sind nur x / 8 bis 1 / t 
so groB wie echte Diphtheriebacillen gleichen Alters, die sich auf dem- 
selben Nfihrboden entwickelt haben. Die Bakterien des Stammes C sind 
wieder etwas grofier und plumper als B, so daB auch im geffirbten 
Klatschprfiparate einer Mischkulturplatte ohne zu groBe Schwierigkeit 
die Kolonieen der farbstoffbildenden Bakterien voneinander unterschieden 
werden konnen. Keulenbildung und typische Lagerung sind bezeichnend 
ffir die Zugehorigkeit zur Diphtheriegruppe. Auch die gelegentliche 
Lagerung in zwei Gliedern, die mit den schmalen Enden sich berfihren 
und die Schenkel eines stumpfen Winkels bilden, fehlt ebensowenig wie 
die allerdings noch seltenere Bildung eines dreistrahligen Sterns. Die 
Bfinderung und septierte Ffirbung bei Typus B und G ist nicht so deut¬ 
lich wie bei den echten Diphtheriebacillen und noch weniger wie bei 
unserem Stamme A. Bei beiden farbstoffbildenden Arten konnen von 
23 Stunden an sehr vereinzelte Polkorperchen durch Ffirbung nach 
Neisser nachgewiesen werden. , 

Alle Merkmale, welche der Diphtheriegruppe eigentfimlich sind, ge- 
horen auch unseren 3 Arten an, insbesondere die Ffirbbarkeit nach 
Gram und die mangelnde Beweglichkeit; Milch wird nicht zur Gerinnung 
gebracht, Gelatine nicht verflfissigt. 

Die erste Form zeigt auf alien Nfihrbdden ein schwficheres Wachs- 
tum, wenn das Impfmaterial aus einer alten Bouillonkultur stammt, als 
wenn die Kultur noch jung ist. Ein Unterschied zwischen dem Wachs- 
tum von altem und jungem Impfmaterial IfiBt sich beim Typus A in 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Bouillon feststellen. Wahrend nhmlich frische und lebenskraftige Bacillen 
in der Bouillon ein schOnes Hautchen an der Oberflache bilden, das 
bald in kleinere Schuppen zerfallt, die dann zum Teil zu Boden sinken, 
wahrend die Flfissigkeit im groBen und ganzen klar bleibt und nur ver- 
einzelte Br&ckel aufweist, ist die Hautbildung in Bouillon, die mit altem 
Material beschickt ist, gegenflber der Ansammlung von Bacillen am 
Boden sehr geringfflgig. Auf dem Glycerinagarstrich zeigt der Stamm 
A einen grauweiB lichen, mattglfinzenden Belag; Stamm B und C konnen 
in diesem Kulturverfahren nur schwer voneinander unterschieden 
werden: beide wacbsen ziemlich flppig, der Rasen besitzt eine glanzende 
Oberflache (B starker als C) und in den unteren Partieen gegen das 
Kondenswasser hin, tritt bald gelblicbe Farbung auf, die bei beiden 
Stammen mehr strohgelb ist Ein deutlicher begunstigender EinfluB 
von Glycerinzusatz zum Agar auf das Wachstum konnte nicht beobachtet 
werden. 

In der Bouillonkultur unterscheiden sich die Starame 2 und 3 deut- 
lich von dem oben beschriebenen Bilde des Stammes A dadurch, daB 
die Hautchenbildung fehlt. Die Bouillon wird von diesen beiden im 
Gegensatz zn der geringen Brdckelbildung (A) sehr bald — wenn auch 
in geringem Mafie, aber doch gleichmfiBig — getrQbt Diese TrObung 
verschwindet dann nach einigen Tagen unter Ansammlung eines sandigen, 
mehr oder weniger gelb gefarbten Bodensatzes. 

Die Reaktion der Bouillonkultur ist beim Stamm A anfangs sauer, 
wird aber spater wieder alkalisch, wahrend sie bei den Stammen B und 
G ganz schwach alkalisch ist. 

In der Milch wachsen alle 3 Stamme bei 37° gut, bringen die Milch 
nicht zur Gerinnung bei neutraler Reaktion. Die gewachsene Bakterien- 
menge sammelt sich bei alien drei am Boden des Rdhrchens und bildet 
bei B und C schon sehr bald die charakteristischen Farben, d. li. mehr 
wachsgelb bei B, mehr goldorange bei C, wahrend bei A die anfangs 
graue Masse erst nach einigen Wochen einen leicht gelben Farben- 
schimmer annimmt. In Traubenzuckerbouillon tritt bei alien Stammen 
keine Gasbildung auf; wahrend auf Kartoffeln auch bei Bruttemperatur 
Stamm A und B tiberhaupt nicht, Stamm C nur auBerst schwach an- 
gehen, ist auf Gelatine bei samtlichen Stammen (22°) ein wenn auch 
sehr schwaches, so doch deutliches Wachstum erkennbar. Die FarbstofF- 
bildung tritt nur bei Stamm 3 in geringem Grade auf. Ein proteoly- 
tisches . Ferment wird nicht gebildet. Im Gelatinestich fanden wir bei 
A, B und C auf der Oberflache ein kleines KnOpfchen, wahrend im 
Stichkanal nur in den obersten Abschnitten Wachstum stattfindet. 

Auch nach ihrem Verhalten im tiefen Traubenzuckeragarstich halten 
wir alle drei Diphtherolde far obligate Aerobier; sicher aber sind sie 
Philaerobier. 

Der Gedanke, daB bei unseren 3 Stammen ein ahnliches Verhalten 
vorliege, wie es bei dem .Staphylococcus aureus von Neumann 
u. a. konstatiert wurde, daB namlich bei Verarbeitung einer gelben Ko- 
lonie zu Platten nicht nur wieder gelbe Kolonieen, sondern auch 
weiBe auftreten, daB es sich also urn Transformationsvorgange handle, 
lag nahe. 

Wir haben uns aber durch wiederholtes Plattengiefien davon flber- 
zeugt, daB stets nur Kolonieen des gleichen Typus erschienen. Auch 
war auf Serumplattenausstrichen die Erkennung des jeweilig vorliegen- 
den Typus mOglich. 


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Kampmann, Hirschbruch u. Lange, Massenerkrankung bei EDten etc. 221 


Unseres Wissens ist in der Literatur fiber das Vorkommen von 
Corynebakterien im Entenauge nichts verfiffentlicht. Die Saurebildung, 
welche eine Zeitlang als spezielle Eigentfimlichkeit ffir die echten Diph- 
theriebacillen in Anspruch genommen worden war, muBte als diagno- 
stisches Merkmal wieder fallen gelassen werden, nachdem die Beobach- 
tungen, wie die Kurthschen gezeigt hatten, daB es auch s&urebildende 
PseudodiphtheriestMmme gibt. K. fand 3 Arten, die er mit dem Namen 
B. pseudodiphtheriticns acidnmfaciens zu einer Gruppe zu- 
sammenfaBte. In diese Gruppe wfirde auch unser Typus A hinein- 
gehfiren. 

Ueber farbstoffbildende Mitglieder der Diphtheriegruppe ist in der 
Literatur nur wenig bekannt. So machen Lehmann-Neumann die 
Angabe, daB sie oft in alten Agarkulturen von Pseudodiphtheriebacillen 
braunrote bis braunschwarze Verf&rbung beobachtet haben. DaB es sich 
hierbei kaum um echte Farbstoffbildung gehandelt haben kann, geht 
aus der Bemerkung der genannten Autoren hervor, daB dieser Ffirbung 
auf Glycerinascitesagar bei einer Kultur nach 10—14 Tagen, bei drei 
anderen Stfimmen noch sp&ter auftrat. Es liegt hier also eine mit 
Alterserscheinungen zusammenhfingende Umfarbung nach der dunkleren 
Nuance hin vor. 

Das ist ja eine Eigenschaft sehr vieler Bakterien; die wir auch bei 
unseren farbigen Pseudodiphtheriest&mmen beobachtet haben. Was 
unsere Typen B und C von den Stfimmen unterscheidet, welche L. und 
N. beschreiben, ist die Eigenschaft, von Anfang an echte Farbstoffbildung 
zu zeigen. In fihnlicher Weise, wie unsere Stamme, verh&lt sich nur eine 
Pseudodiphtheriekultur, welche von Honl in Prag stainmt und die eben- 
falls von L. und N. beschrieben wurde; diese zeigte auf alien N&hrboden 
einen rfitlichen Ton, der besonders intensiv (rosa) in der obersten Schicht 
einer Milchkultur zu linden war. Der Vollst&ndigkeit halber sei hier 
das B. diphth. avium (Loir und Duclaux) erw&bnt, der auf Kar- 
toffeln fippig gelbweiB wSchst. Dieses Bakterium hat seinen Namen aber 
nur von seiner Eigenschaft, pathologisch-anatomisch und klinisch diph- 
therieartige Krankheitserscheinungen bei den verschiedensten Vfigeln 
hervorzurufen. Nach der Beschreibung, die wir bei Flfigge und nach 
dessen Angaben im Matzuschita fanden, ist dieser Bacillus eigenbe- 
weglich, nach Gram nicht f&rbbar und koagulierte die Milch. Es handelt 
sich selbstverstfindlich hierbei auch gar nicht um einen Diphtherie- 
(Coryne)bacillus. 

Flfigge ffihrt ihn unter der Gruppe der h&morrhagischen Septi- 
kfimie auf, fibrigens, wie wir glauben, mit Unrecht. Die Richtigkeit der 
Zupnikschen Beobachtung einer langsam eigenbeweglichen Gram- 
negativen, farbstoffbildenden angeblichen Varietfit des L 5 f f 1 e r schen 
Bacillus 1 ) ist von Sobernheim bestritten worden. 

Auch wir zweifeln an der Richtigkeit der Klassifizierung. 

Bei der auBerordentlichen Seltenheit von stark sfiurebildenden un- 
echten Diphtheriebacillen und der noch grdfieren Seltenheit von Pseudo- 
diphtheriestfimmen mit echter Farbstoffbildung glauben wir die Beschrei¬ 
bung unserer Stfimme schon jetzt verdffentlichen zu sollen, obwohl 
unsere Untersuchungen fiber den Zusammenhang des bakteriologischen 
Befundes mit dem klinisch-anatomischen Bilde noch nicht abge- 
schlossen sind. 


1) Zupnik, L., Ueber Variabilitat der Diphtheriebacillen. (Berl. klin. Wchschr. 
1897. No. 50. p. 1085.) 


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222 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

Da wir die drei verschiedenen Diphthero'idarten von Bacillen 1 2 zu- 
n&chst aus den Augen einer nns vom Gute Poklatki Qbersandten kranken 
Ente gezuchtet hatten, nnd alle drei Arten auch sp&ter noch bei einer 
zweiten kranken Ente wiederfanden, glanbten wir feststellen zu sollen, 
ob der graue and die beiden farbigen Pseudodiphtheriest&mme auch bei 
gesnnden Enten im Auge zu finden sind. Wir haben zu dem Zwecke 
auf dem Wochenmarkte zu Pudewitz die Augen von 10 Enten unter- 
sucht, die aus verschiedenen Bestfinden stammten. 

Hierzu haben wir sterile DiphtherieabstrichrOhrchen benutzt, indem 
wir den Tieren mit dem Watteb&uschchen die Tasche unter der Nickhaut 
auswischten. In Posen haben wir, wie bei der Diphtherieuntersuchung, 
Ausstriche auf L6ffler-Serumplatten angelegt und dort, wo gefarbte 
Klatschpr&parate uns das Vorhandensein von Diphtheroiden anzeigten, 
durch PlattengieBen die St&mme herausgezilchtet. Bei 2 Enten fanden 
wir unseren grauen Pseudodiphtheriestamm wieder, bei einer Ente den 
hellgelben und den orangefarbenen Stamm. 

In den Augen von 7 Enten fanden wir keine keilfdrmigen Bacillen. 
E3 m5ge hier noch gesagt sein, dafi die Augen der 3 Enten, welche 
Tr&ger der beschriebenen Pseudodiphtherieformen waren, bei der Unter- 
suchung v6llig gesund aussahen. 

Pseudodiphtheriebacillen sind sicher in der Natur noch viel starker 
verbreitet, als man in der Literatur bisher annahm; aber das Vorkommen 
von gleich drei verschiedenen Formen, von denen zwei sich durch eine 
schdne Farbstoffbildung auszeichnen, in den Augen verhaltnism&Big vieler 
Enten, gesunder und kranker, hat auch uns flberrascht, trotzdem einer 
von uns sich zur Zeit mit der Frage des Vorkommens von diphtheroiden 
Bakterien besonders beschaftigt. 

Eine besondere Frage ist es nun, inwieweit die geschilderten Bak¬ 
terien in einem ursachlichen Zusammenhang mit der massenhaften Er- 
krankung der Enten steht, und ob sie iiberhaupt pathogene Eigenschaften 
besitzen, mogen sie nun septisch Oder toxisch wirken. 

Auch die Untersuchung der Fahigkeit, im Serum vorbehandelter 
Tiere spezifische Agglutinine zu bilden, muB noch erortert werden. 

Mit der experimentellen Feststellung dieser und noch einiger anderer 
Fragen sind wir zur Zeit noch beschaftigt. 


Nachdruck verboten. 

A disease of the rat caused by an acid-fast bacillus. 

By George Dean, A.M., C.M., M.B., 
Bacteriologist-in-Charge, Serum Department, Jenner Institute of Preventive Medicine, 

London. 

The disease affecting the skin, musculature, and glands of the rat 
(Mus decumanus) caused by an acid-fast bacillus described by W. K. Ste¬ 
fan sky 1 ) at Odessa and Lydia Rabinowitsch*) at Berlin, is probably 
of wide distribution. 


1) Stefansky, Eine lepraahnliche Erkrankung bei Wanderratten. (CentralbL f. 
Bakt etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. No. 7.) 

2) Babinowitsch, Ueber eine Hauterkrankung der Batten. (Centralbl. t Bakt 
etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. No. 8.) 


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Dean, A disease of the rat caused bj an acid-fast bacillus. 


223 


It was observed here and its nature recognised by me quite in¬ 
dependently in February of this year. The Department here is situated 
on a small farm about 11 miles from London. In connection with 
certain work on plague the servants were instructed to destroy, or 
capture alive, as many rats as possible. At the end of February a rat 
was brought to me which had been found in a dying condition and 
killed. 

The animal was emaciated and was suffering from an extensive 
affection of the skin. A great part of the skin of the thorax and abdomen 
was denuded of hair, and projecting above the surface of this bare area 
were several nodules the size of peas or beans. Near these nodules 
there were several small ulcerated areas. The axillary glands were en¬ 
larged. There were no visceral lesions present. 

On cutting through the abdominal wall it was found to be greatly 
thickened; at one point reaching half an inch, and to have a cheese-like 
consistence. 

I do not propose to enter on a full description of the histological 
appearances observed; they are almost identical with those described 
by Stefan sky in his second form of the disease where the skin and 
muscle are chiefly involved (hautmuskul&re Form). At the point where 
the process had advanced furthest, near the ulcerated areas, there was 
a proliferation of the connective tissue elements, as well as infiltration 
of leucocytes, causing atrophy of the epithelial layer. The affeeted area 
of the abdominal wall was beset with small nodules with necrotic centres 
surrounded by leucocytes. There appeared rather more evidence of 
necrosis in this case than in those described by Stefansky. There 
was no evidence in the nodules of giant-cell formation but this was a 
marked feature in the lymphatic glands. The cell proliferation had ex¬ 
tended between the muscular fibres, a great many of which had lost 
their striation and become atrophied. 

The bacillus. 

Practically the whole area involved was packed with acid-fast ba¬ 
cilli. In sections which had been stained with Carbol-Fuchsin (Ziehl- 
N eel sen) and treated several times with 25 % sulphuric acid, washed 
with water, treated with methylated spirit, and counterstained with Me¬ 
thylene Blue or Haematoxylin, the great bulk of the section was found 
stained with Fuchsin, and on minute examination this was seen to be 
due to the enormous number of the “acid-fast” bacilli present. The 
bacilli lay not only in the necrotic areas, but were present also in large 
numbers in the cells. Many of the cells were so tightly packed with 
the bacilli that only the nuclei were visible. The resemblance of some 
of the larger cells to “lepra-cells” as described by Stefansky is 
striking. This occupation of the granulation cells by the acid-fast ba¬ 
cilli is a very marked feature of the condition. It extends to those lying 
between the atrophic muscular fibres, and many of the fibres themselves 
are replaced by masses of bacilli 

The bacilli are on an average about 5 (i in length; a few longer 
forms were observed. They have frequently the granular appearance 
found in the leprosy bacillus. No branching or clubshaped forms were 
found. In addition to being acid- and alcohol-fast the bacillus retains 
the colour when stained by Gram’s method. 


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224 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Cultivation. Attempts to cultivate the bacillus on the ordinary 
media failed. 

Inoculation. Two white rats were inoculated on the 21st February. 
A pocket was made in the skin of the abdomen, and a particle, the size 
of a hemp seed, from the diseased area, was inserted into the pocket. 
Two months later the rats showed no signs of infection. 

The disease, first described by Stefansky presents very distinct 
pathological characteristics. There can be little doubt that the acid-fast 
bacillus present is the pathogenic agent. As has been remarked by 
Rabinowitsch it is improbable that the bacillus is one of the “Mist- 
bakteria” which has secondarily infected a previously existing lesion; if 
that were the case one would not expect to find any difficulty in ob¬ 
taining pure cultures. 

The condition is one of interest 1 ) as being one of the very few 
diseases due to “acid-fast” bacilli which occur naturally in the animal 
body, as the glandular form might on superficial naked-eye exami¬ 
nation be mistaken for plague, as the disease has a wide distribution 
since it has been described as occurring in Odessa, in Berlin, and now in 
England. 

Elstree, Hertford,£ 18th! April 1903. 


Nachdruck verboten. 

Weitere Untersuchungen iiber die Kleinsche tierpathogene 

Hefe. 

Von E. Klein in London. 

Betreffs des von Dr. E. Cohn in Bd. XXXIII. 1903. No. 9 dieses 
Centralbl. unter obigem Titel erschienenen Aufsatzes erlaube ich mir, 
zu den verschiedenen von Dr. Cohn zitierten Autoren auch meine 
eigene ausfuhrliche Arbeit hinzuzuftlgen. Vor mehr als 2 Jahren habe 
ich in dem Report of the medical officer of the Local Government Board 
(fflr 1900—1901) das Vorkommen von Granulomata in den mit der 
obigen Hefe infizierten Meerschweinchen (Hoden, Darm) so wie von mit 
der Hefe intravenOs infizierten Kaninchen (Rfickenmark, Spinalganglien) 
beschrieben und durch 12 Photogramme illustriert 


1) Since the above was written three other examples of the disease have been met 
with in the district. An interesting additional feature of resemblance to leprosy was 
observed in the fact that in certain rats the nasal secretion contained the acid-fast 
bacillus. 


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Silberstein, Ueber die Entstehung yon jungen Malariaparasiten etc. 225 


Nachdruck verboten. 

Beobachtungen iiber die Entstehung von jungen Malaria- 
parasiten aus alteren. 

Von Moritz Silberstein, Schiffsarzt, Amsterdam. 

(Forteetzang und SchluB.) 

Bevor wir indes zu den grOberen Formen mit reichlichem Proto¬ 
plasms ubergehen, sei hier noch kurz auf Ver&nderungen hingewiesen, 
welche feine Ringformen zeigen, sobald sie zu Grunde gehen. Die Be- 
hauptung P1 ehn s, daB viele dieser Formen frtibzeitig zu Grunde gehen 
und sich nicht weiter entwickeln, ist sicherlich wahr. Als allgemeines 
Prinzip indessen entspricht es den Tatsachen, glaube ich, nicht. Dieser 
Untergang nun ist hier ein scheinbar spontaner, vielleicht durch ein 
MiBverh&ltnis zwischen der individuellen Lebensenergie vieler Parasiten 
und den reaktiven Kr&ften des Organismus bedingt. In manchen (nicht 
gerade zahlreichen) Fallen, findet man dieses Verhalten sehr ausge- 
sprochen, in anderen wieder wird das kaum wahrgenommen. Stirbt ein 
Parasit ab, so wird zunachst seine protoplasmatische Substanz betroffen. 
Sie erscheint aufgelockert, die Ringform ist teilweise verschwunden, oft 
bestehen nur noch einzelne, von ihrem Chromatinkorn getrennte Trlimmer. 
Solche abgestorbene protoplasmatische Substanz ist, wie oben gezeigt, 
mit der Romanowsky-Ziemannschen Methode deutlich zu erkennen. 
Die achromatische Zone, wo sie noch vorhanden ist, ist blendend weiB. 
Das Chromatinkorn widersteht am langsten und f&rbt sich noch schon 
rot, wenn das Protoplasma schon desorganisiert erscheint. Endlich 
stirbt es auch selhst ab, es f&rbt sich nunmehr dusterrot bis schwarz- 
lich. Merkwfirdigerweise scheinen solche absterbenden Parasiten bei- 
nahe stets mit dem Chromatinkorn voran nach der Peripherie des Blut- 
korperchens verschoben zu sein. Vielfach findet man den Parasiten, 
Oder was von ihm (ibrig geblieben ist, neben dem Blutkorperchen, mit 
dem er allein noch durch sein Chromatinkorn verbunden ist. Es ist, als 
ob der absterbende Parasit durch Verlust seines Haftungsvermogens 
gleichsam von der Fl&che des BlutkSrperchens herabsinkt. Noch spater 
trifft man nur noch schwarzliche, dem Rande des Blutkorperchens an- 
klebende, runde Chromatinkorner. Das Chromatin zeigt bei diesen frflh 
zu Grunde gehenden Formen keine Wucherungsvorgfinge. In einem 
Falle von Tertiana maligna traten solche Formen erst nach Chiningaben 
auf und waren in der fieberfreien Periode, welche ca. 5 Tage dauerte, 
im Blute zu finden. Einen Tag vor dem Rezidiv sah man neben solchen 
abgestorbenen Formen wieder auf einmal einzelne typische Ringformen 
mit blaugefarbtem Protoplasma und rotem Korn. In einem anderen 
fihnlichen Falle, bei- einem Javanen, traten viele absterbende und abge¬ 
storbene Formen schon vor der Chiningabe auf, so daB ein Abh&ngig- 
keitsverhaltnis zwischen beiden Dingen nicht zu bestehen braucht. Aehn- 
lich verhielt es sich bei einem Marinematrosen mit einem Rezidiv von 
tropischer Malaria, bei welchem einige Stunden vor der Apyrexie, gleich- 
falls vor irgend welcher Chiningabe, schon zahlreiche abgestorbene Formen 
im Blute vorhanden waren. Es soil aber schon hier hervorgehoben 
werden, daB man beim Absterben kleiner tropischer Ringformen in der 
Regel keinerlei strukturelle Verftnderungen an ihren Blutkorperchen 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 15 


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226 


Centr&lbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate Bd. XXXIV. No. 3. 


wahrnimmt. Eine Ausnahme scheinen unter Umst&nden kleine, sph&ren- 
bildende Parasiten zu machen, die sich manchmal in dieser Beziebung 
wie Golgische Parasiten verhalten kdnnen. 

Nach den Mitteilungen PI eh ns nun ist das gleichzeitige Zugrunde- 
gehen des Chromatins beim Zerfall des Parasiten keine Notwendigkeit, 
sondern, wie oben schon hingewiesen, soli es unter Umst&nden erhalten 
bleiben und selbst wieder der Ausgangspunkt eines neuen Parasiten 
werden. Meine eigenen Erfahrungen in dieser Hinsicht sind nun, wie 
weiter unten gezeigt werden soil, derartige, dad ich die Mdglichkeit eines 
solchen Vorganges nicht einfach von der Hand weisen mdchte. Viel- 
fach begegnet man bei kleinen wie Golgischen Parasiten Beziehungen 
zwischen Korn und Parasitenkfirper, die eine Deutung im Plehnschen 
Sinne nahelegen. Es bleibt aber immer der Zweifel, ob ein solches 
Korn, das scheinbar durcb sein tinktorielles Verhalten sehr lebenskrfiftig 
erscheint, nicbt noch nachtrfiglich doch bald abstirbt, ohne zur Ent- 
wickelung eines jungen Parasiten die Elemente geliefert zu haben. 

Die Erfirterungen fiber das Zngrundegehen protoplasmaarmer 
tropischer Ringformen legen es nahe, die dabei vorhandenen Verhfiltnisse 
mit denen bei grofien Parasiten zu vergleichen. Icb mud mich in dieser 
Beziebung auf Golgische beschranken. Es zeigt sich nun, dad ein 
Absterben von Parasiten, oft in groder Zahl, neben vielen intakt bleiben- 
den gerade hier ein sehr hfiufiges Vorkommnis ist, und zwar betrifft es 
nicht allein protoplasmaarme jfingere, sondern vielfach auch protoplasma- 
reiche erwachsene Formen und Sphfiren. Hier nun kann man einen 
Einblick gewinnen in die vermutliche Ursache, die unter Umst&nden, 
wenigstens bei Golgischen und ihnen verwandten Parasiten, ein Ab¬ 
sterben derselben bedingen kdnnen. Diese besteht darin, dad der Parasit 
sein Nahrungsterrain, das Hfimoglobin der Blutscheibe, aufgezehrt hat 
und nun keine Existenzm figlichkeit mehr besitzt. Es ist bekannt, dad 
Tertianparasiten eine sogenannte Tfipfelung der Blutscheibe bedingen. 
Diese Tfipfelung tritt am schfinsten auf, wo das Hfimoglobin ganz auf¬ 
gezehrt ist Dann sieht man von der ehemaligen Blutscheibe nur die 
den Zustand der Tfipfelung bedingenden Kfirner, die mit der Roma- 
nowskyschen Methode rfitlich-violett erscheinen. Wahrscheinlich sind 
diese Kfirner der Ausdruck von Knotenpunkten des Stromanetzes des 
Blutkfirperchens, an denen sich der Farbstoff niederschlfigt. In dieser 
Kfirneransammlung, deren Anordnung noch durch den Kontur des Blut¬ 
kfirperchens bestimmt ist und in der von Hfimoglobin oft keine Spur 
mehr vorhanden ist, liegt nun der abgestorbene Parasit oder seine Reste. 
Ist die desorganisierende Tfitigkeit des Parasiten eine sehr intensive, so 
kfinnen schon mittlere Formen mit ganz wenig Protoplasma den eben 
beschriebenen Zustand des Blutkfirperchens bedingen und so selbst mit 
absterben. Das Bild, welches ein solcher Parasit bietet, erinnert an die 
oben far die tropischen Ringe gegebene Darstellung. In vielen Ffillen 
weist ein winziger, etwas granulierter, schwach geffirbter Rest auf den 
ehemaligen Parasiten hin, in anderen ist auch dieser verschwunden. 
Dagegen bleibt das Chromatin, im Anfange wenigstens, wie bei den 
tropischen Formen, stets erhalten. Spfiter ist auch hier ein Absterben 
desBelben, unter gleichzeitiger Aenderung des tinktoriellen Verhalten s, 
hfiufig wahrzunehmen. Aehnlich sind die Erscheinungen, wenn grofie 
Parasiten absterben. Auch hier lfist sich die Verbindung mit dem 
Chromatin, das entweder als solitfires Korn, oder in Form mehrerer 
Stflcke, oder eines Stfibchens etc. oft weit von den Trfimmern des 


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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparaaiten etc. 227 

Parasiten entfernt liegt. 1st vom Parasitenleibe gar nichts mehr zu 
sehen, dann kflndet seine frtihere Existenz das Chromatin allein an, 
welches innerhalb des Stromas liegen bleibt. 

Gehen Sph&ren unter denselben Umst&nden vor ihrer vfilligen Reife 
zu Grunde, dann verhalten sie sicfa fihnlich. Ihr Chromatin, oft der 
einzig flbrig gebliebene Teil, ist dentlich aufgefasert. 

1st aber die Lebenst&tigkeit des Parasiten eine weniger intensive, 
bleibt neben der Tflpfelung des BlutkOrpers genfigend Hemoglobin flbrig, 
bis der Parasit seinen Reifezustand erreicht, dann allein kann es zur 
Bildung von Jugendformen kommen. 

Es ergiebt sich also, dafi ein Zugrundegehen von Parasiten in oft 
erheblicher Zahl kein auf tropische Formen allein beschr&nktes Ph&nomen 
ist, daB kleine nnd grofie, an Protoplasma reiche und arme Formen 
nnter geeigneten Verh&ltnissen davon betroffen werden kGnnen, dafi also 
anch flier kein Unterschied zwischen kleinen und grofien Parasiten be- 
steht. Nur scheint der Untergang Golgischer und manchmal kleiner, 
ihnen verwandter, sph&renbildender Parasiten mit dem gleichzeitigen 
Zerfall des BlutkOrpers verbunden oder durch ihn bedingt zu sein. Bei 
den eigentlichen tropischen Ringformen aber weist nichts, nicht einmal 
eine metachromatische Verf&rbung, auf ein Leiden des BlutkGrperchens 
bin. Wenn hierin ein Abweichen von dem Verhalten der Golgischen 
Formen vorhanden ist, so ist das eben ein Beweis dafflr, daC noch andere 
Bedingungen wie die erOrterten vorhanden sein kdnnen, welche ein Ab- 
sterben von Parasiten bedingen. An der Hand obiger Ausfflhrungen 
sind wir jetzt in der Lage, die Theorie Plehns zu beurteilen, nach 
welcher das Absterben der kleinen Tropenringe die Regel, und nach 
welcher die dabei sich bildenden Zerfallsprodukte im Verein mit denen 
des gleichfalls zerfallenden BlutkGrperchens und nicht der kaum vor- 
handene Sporulationsvorgang es sei, die bei kleinen Parasiten den neuen 
Fieberanfall bedingen und wodurch dieser den Charakter eines ein- 
fachen Resorptionsfiebers erhalten soli. Ware das wirklich die Regel, 
so ware damit ein bedeutungsvoller Gegensatz zu dem Verhalten grofier 
Parasiten gegeben, der urn so fremdartiger klingt, wenn man dabei an 
die Unitatsbestrebungen Plehns denkt. 

Die Plehnsche Theorie stfltzt sich nun auf zweiMomente: einmal 
das pldtzliche Schwinden der kleinen Ringe aus der Zirkulation kurz 
vor einem neuen Anfall und zweitens das haufige Fehlen von Sporulations- 
formen selbst in inneren Organen. 

Die erste Tatsache nun trifft durchaus nicht allgemein zu. Sehr 
haufig sieht man auch bei tropischen Parasiten in alien Stadien, auch 
kurz vor einem neuen Anfall, die Parasiten in der Zirkulation. Was 
aber das Fehlen der Sporulationsformen betrifft, so stehen hier wiederum 
Wahrnehmungen gegenfiber, die das Gegenteil beweisen. Nun sollen 
aber die diesbezQglichen Erfahrungen Plehns nicht in Zweifel gezogen 
werden. Es folgt daraus nur, dak junge Parasitengenerationen nicht 
immer dem typischen Sporulationsprozek ihren Ursprung danken. Wir 
haben diesen Umstand oben schon teilweise erbrtert und soil derselbe 
sogleich noch weiter verfolgt werden. 

Doch kehren wir zuvor noch zu der Frage des pldtzlichen Schwundes 
der Parasiten aus der Zirkulation zurflck. Derselbe soli sich so er- 
klkren, dafi das Absterben und Zerfallen von Parasiten und Blutkdrper 
gleichzeitig erfolge, sodak von dem Vorgang selbst nichts wahrgenommen 

15* 


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228 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

warden konne, nur sein Endresultat, das Schwinden der Parasiten, trete 
in die Erscheinung. 

Wenn man sich vergegenwartigt, was soeben (iber das Absterben 
von kleinen und Golgischen Parasiten ausgefiihrt worden ist, so wird 
man den Eindrnck gewonnen baben, da6 es sich hierbei nicht nm etwas 
Pldtzliches, gleichsam um ein mit Blitzesschnelle eintretendes PhSnomen 
handelt, wodurch ganze Parasitengenerationen mit ihrem Wirt anf einmal, 
sozusagen, aus dem Dasein weggefegt werden, sondern der Vorgang 
vollzieht sich allmahlich im Laufe des Fiebers Oder zwischen den An- 
fallen, 'bald an diesem, bald an jenem Parasiten und an anderen gar 
nicht Auch entzieht er sich nicht geheimnisvoll den Blicken, sondern, 
in der freien Zirkulation stattfindend, gestattet er auch, das Verhalten der 
Blutkorperchen dabei zu studieren, wobei sich, wie nochmals hervor- 
gehoben werden soil, zeigt, daB beim Zugrundegehen kleiner Ringformen 
die Blutkbrper gewdhnlich intakt bleiben. Sie kdnnen sich also an der 
Bildung der Zerfallsprodukte gar nicht beteiligen. 

Folgende kurz wiedergegebene Krankengeschichten sollen zur Stfitze 
obiger AusfQhrungen dienen: 

Ein Marinematrose, chronischer Malarialeidender, erkrankt mit Tem- 
peratur 39,5 im Indischen Ozean. Im Blute zahlreiche feine, kleine und 
mittelgroBe Tropenringe, Chromatin einfaches Korn oder doppelt, auch 
stabchenfOrmig oder einen grOBeren Abschnitt der Peripherie des Parasiten 
einnehmend. Solit&re Chromatinkdrner mit Hof, dem Blutkdrperchen auf- 
liegend. Sehr viele Blutkdrperchen mit basophilen Kdrnungen. 

Acht Stunden spSter Temperatur 38,G. Meistens im Zerfall begriffene 
Hinge. Blutkdrperchen dabei intakt. Solitare Kdrner. Andere, aber 
sp&rliche, feine Formen mit intensiver Chromatinteilung. Einzelne intakte 
Ringe. Am folgenden Morgen fieberfrei. Zahlreiche Parasitentrttmmer. 
Auch viele freie und aufgequollene Parasiten. Einzelne intakte Ringe. 

Abends Temperatursteigerung bis 37,8. Dann gesund. 

An diesem Falle sieht man erstens, daB ein weitgehender Zerfall 
von Parasiten sich den Blicken des Beobachters nicht entzieht, daB er 
ferner sehr viele Stunden lang andauert, daB die Blutkdrperchen dabei 
intakt erscheinen, daB endlich der Zerfall von Parasiten schon wahrend 
des Fieberzustandes stattfinden kann und durchaus nicht in der Apyrexie 
kurz vor einem neuen Anfall einsetzt. Auch sollte man meinen, daB 
hier durch den weitgehenden Zerfall von Parasiten soviel Resorptions- 
stoffe angeh&uft sind, daB ein folgender, mindestens gleich intensiver 
Anfall hatte eintreten mflssen. Anstatt dessen erfolgte eine abendliche 
Temperatursteigerung von nur 37,8° C. Dieselbe ist geniigend erkiart 
durch die geringe Anzahl der zeitlich noch vorhandenen Parasiten. 

• Der zweite Fall betriflFt einen Soldaten der N. J. Armee mit kleinen 
spharenbildenden Parasiten und Uebergangsformen zu groBen (siehe 
darflber noch weiter unten). Seit 3 Tagen intermittierende kurze, aber 
mit hoher Temperatur einsetzende Fieberanfalle, beginnend um 11 Uhr 
vormittags. Patient kommt erst am 4. Tage in Behandlung. 

1. Untersuchung: Temperatur 40,4. Kleine Ringformen mit kraftigem 
Korn. Mittlere, dQnn gezeichnete Formen = */« — 1 / 4 BlutkbrpergrSBe 
mit ein oder mehreren FortsStzen, auch Querfaden, die durch die achro- 
matische Zone ziehen. Einige dieser Formen zeigen Chromatinwucherung 
und Teilung. Auffallend viele Blutkorperschatten. Kleine Spharen. Hin 
und wieder eine groBe in getflpfelten BlutkSrperchen. 

2. Untersuchung, 4 Stunden spater. Temperatur 37,9. Mittlere 


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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariap&rasiten etc. 229 


Formen ahnlich wie oben, auch hier manchmal Chromatin in Teilung. 
Andere Formen von ahnlichem Bau, aber reicber an Protoplasma. Die 
sie enthaltenden Blutkorper sind ofters getflpfelt, aber nicht vergrOBert. 
Grdbere kleine Hinge, solit&re Chromatinkorner mit Hof. Sehr hflufig 
solitare Korner Oder Stabchen mit Spuren eines Parasiten oder ohne 
solche in stark getflpfelten, nicht vergrflBerten Blutkorperchen. GroBere 
protoplasmaarme, mit Fortsatzen versehene Ringformen oder maschen- 
fOrmige Bildungen von V*—'/« Blutkorperchen. Letzteres zeigt normale 
Dimensionen. Restkorperbildung bei mittleren, protoplasmaarmen Formen 
(die Bedeutung der Restkdrperbildung soli weiter unten dargelegt werden). 
Kleine zerfallene Spharen in stark getflpfelten Blutkorperchen. GroBe 
Spharen. Einige groBe Golgische Parasiten. Blutkdrperschatten. 

3. Untersuchung, 8 Stunden spater: Temperatur 37. Ganz ahnliche 
Befnnde wie oben. Grofie Parasiten nicht vorhanden. Die meisten er- 
reichen 1 / 3 —BlutkorpergrOfie. Anch jetzt viele zerfallene Parasiten 
and Blutkflrperschatten. 

4. Untersuchung. Am folgenden Morgen Temperatur 36,6. Einzelno 
grobe kleine Ringe, eine Sporulationsform in stark getflpfelten, nicht 
vergrflBerten Blutkorperchen. Spharen. Vielfach Parasiten im Zerfall. 
RestkOrperbildung. Blutschatten. Mittags und abends Temperatur 37,3. 
Seitdem gesund. Chininbehandlung. Auch hier also tritt der Zerfall 
schon im Stadium des abnehmenden Fiebers ein. In der Apyrexie 
dauert derselbe fort. Die Zerfallsprodukte werden durch ein konkomittieren- 
des Absterben vieler BlutkOrper, was sich durch die zahlreichen Schatten 
kundgibt, noch erheblich vermehrt. Auch jetzt sind eigentlich alle Be- 
dingungen far ein intensives Resorptionsfieber gegeben, trotzdem mittags 
urn 12 Uhr nur eine Temperatursteigerung von 37,3° C. 

Ganz ahnlich verhielt es sich in einem dritten, durch Golgische 
Parasiten bedingten Falle. Auch bei diesem, obwohl Zerfallsstoffe in 
groBer Menge im Stadium des abnehmenden Fiebers und in der Apyrexie 
vorhanden waren, erfolgte eine nur kurze zweite Temperaturerhebung 
von 37,6° C. 

Mit Absicht sind die obigen Falle so ausgewahlt worden, dafi sie 
verschiedenen Parasitenarten entsprechen, um namlich daran zu zeigen, 
daB trotzdem gleichartige Verhaltnisse und keine trennenden Unterschiede 
mit Bezug auf ihr biologisches Verhalten im menschlichen Blute be- 
stehen. Meiner Ansicht nach haben wir es bei samtlichen Parasiten¬ 
arten mit gleichen Schicksalsgestaltungen zu tun. Das will sagen: Viele 
Parasiten vollenden ihren Entwickelungscyklus nicht, indem sie frflher 
oder spater absterben, viele andere dagegen gelangen auf die eine oder 
andere Weise zur Reproduktion neuer Individuen, deren Schicksal sich 
ahnlich gestaltet wie das ihrer Eltern, wodurch in meist kurzer Zeit, 
vor allem durch therapeutische Eingriffe noch unterstfltzt, die Zahl der 
Parasiten so erheblich abnimmt, dafi sie zeitweise unschadlich werden. 

2. GrObere Ringformen. 

Ringformen mit reichlichem Protoplasma kOnnen, wie oben wahr- 
scheinlich gemacht, aus feinsten Ringformen durch kontinuierliches Wachs- 
tum direkt hervorgehen. Jedoch ist dies nicht der einzige Weg. In 
zahlreichen Fallen kann man sich fiberzeugen, dafi die grOberen Formen 
schon in der Anlage, in ihren jfingsten Exemplaren als solche kennbar 
sind. Diese bestehen aus einem soliden Klflmpchen Protoplasma und 
einem krfiftigen Chromatinkorn. Eine achromatische Zone ist hflufig in 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV, No. 3. 


diesem Stadium kaum zu erkennen Oder nur schwach angedeutet. Sie 
entsteht erst auf einer etwas spateren Stufe der Entwickelung und damit 
aucb die typische Ringform. Das sind nun auch die Formen, welche 
ihren Ursprung dem klassischen Sporulationsprozesse der Autoren ver- 
danken. Ihre weitere Entwickelung fflhrt sie wiederum diesem Sporu¬ 
lationsprozesse zu. Dabei wSLchst der protoplasmatische Teil, die achro- 
matische Zone, nachdem sie ein gewisses Maximum ihrer Ausdehnung 
erreicht, nimmt unter der Massenzunahme des Protoplasmas wieder ab. 
Der Parasit ist jetzt beinahe kugelig oder in die Breite gezogen, einem 
soliden Cylinder ahnlich. Eine schwache achromatische Zone trennt ihn 
jetzt von dem gleichfalls vergrSBerten oder in die Lange gezogenen 
Chromatinkorn. In diesem Stadium ist auch meist deutlich Pigment 
vorhanden. Die weiteren, zur Sporulation fflhrenden V or gauge entziehen 
sich in diesem Moment der Beobachtung im peripheren Blute, doch 
kdnnen sie in den inneren Organen weiter verfolgt werden. Dieser Ent- 
wickelungsgang war oft mit schoner RegelmaBigkeit vor allem bei Halb- 
monde bildenden kleinen Parasiten zu verfolgen. 

Wo indes das Protoplasma nicht reichlich vorhanden ist, sieht man 
Zustfinde, welche an diejenigen bei grSBeren Ringformen mit wenig 
Protoplasma erinnern. So findet man mittlere Ringformen, bei denen 
die eine Haifte des Ringes eine spindelfOrmige Verdickung zeigt, die 
andere ein rundes Korn. Die dazwischen liegenden Abschnitte sind 
ganz fein gezeichnet. In der weiteren Entwickelung vollzieht sich eine 
Verbindung zwischen Spindel und Korn, der Parasit nimmt an Masse 
zu und in einem Stadium, wo man die pigraentierten groben, vor der 
Sporulation stehenden Formen wahrnimmt, ist er als ein langliches, mit 
zwei Vakuolen versehenes Gebilde zu erkennen, das ca. 1 / J Blutkorperchen 
einnimmt und dessen Chromatinteil stark stabchenformig in die Lange 
gezogen ist. Weiterhin zerfailt der Cbromatinstab in 4—5 Teilstticke, 
wahrend das Protoplasma, obwohl noch mehr gewuchert, keine Neigung 
zeigt, sich zu einem soliden Klumpen zu gcstalten, sondern seinem Ent- 
stehungsmodus gemaB eine deutliche achromatische, durch einen mehr 
oder weniger entwickelten Protoplasmafaden in zwei Abschnitte zerlegte 
Zone aufweist. Auch zu maschenfSrinigen Bildungen, wie sie oben ffir 
die protoplasmaarmen grSBeren Ringformen beschrieben worden sind, 
kommt es haufig. Sie sind indes protoplasmareicher und enthalten 
gleichfalls 5—6 fiber ihre Oberflache zerstreute Chromatinkdrner. Es 
ist wohl kein Zweifel, daB solche Gebilde Teilungsformen reprfisentieren, 
um so mehr, als man hier haufig auch feine Pigmentierungen wahrnimmt. 

Auch begegnet man Formen, die ganz entschieden einer Verschmelzung 
zweier Parasiten gleichen. Zu beiden Seiten der Berfihrungsflache sieht 
man dort, wo diese die Peripherie schneidet, je ein gut entwickeltes 
Chromatinkorn. 

Eine sehr eigenartige Weise der Entstehung von jungen Parasiten 
aus alteren ist an erwachsenen protoplasmareichen sowie auch proto- 
plasmaarmen Parasiten zu beobachten, die man, oberflachlich betrachtet, 
fiberhaupt nicht mit irgend einer Form der Sporulation vergleichen kann. 
Denn wahrend bei einer solchen, wie sie auch beschaffen sein mag, das 
Endresultat die Bildung einer Vielheit von Individuen ist, kommt es 
hier nur zur Bildung eines einzigen. Ein groBer Teil des Mutterparasiten, 
ja sein grOBter Teil, stirbt ab und bildet einen Restkfirper, der gewOhn- 
lich in mehrere, nicht seiten pigmentierte Teilstticke zerfallen ist, die 
regellos an der Oberflache des Blutkdrpers liegen. Ein winziger, in der 


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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 231 


unmittelbaren N&he des Chromatiakorns gelegener Toil des Proto¬ 
plasmas vereinigt sich mit diesem zu eiaem neuen Parasiten. Es ist 
dieser Prozefi gewissermafien mit einer VerjQngung zu vergleichen. Auch 
an feinen Ringformen ist er zu beobachten. Der Restkorper oder seine 
Teilstlicke sind in diesem Falle nattirlich gering. Demgem&fi bildet auch 
das Chromatinkorn mit dem flbrig gebliebenen Teile des Parasitenleibes 
einen winzigen, kleinen Ring. Derartige feinste Ringe aber kdnnen sich 
auch von soliden, massigen Restkdrpern abschnfiren. Im allgemeinen 
jedoch sind die von bedeutenderen Restkdrpern abstammenden Parasiten 
auch von groberem Ban. Unter diesen letzteren wandeln sich auch 
manche zu Sph&ren um und kann man junge, kleine Spharen, kennbar 
an ihrem massigen Protoplasma mit den schwarzen Pigmentst&bchen, 
der zentralen achromatischen Zone, in der das stark entwickelte, schon 
aufgefaserte Chromatin liegt, beobachten, neben Stiicken des in der N&he 
liegenden Restkdrpers. 

Von diesen Vorg&ngen kann man sich an geeigneten Prfiparaten 
auf das deutlichste flberzeugen, besonders wiederum, wenn man sich 
der Romanowsky-Ziemannschen Methods bedient, welche Rest- 
kdrper von lebendigen Teilen des Protoplasmas genau zu differenzieren 
gestattet. Auch hier kann es wiederum geschehen, dafi der flbrig ge- 
bliebene, lebendige Teil des Protoplasmas so klein ist, dafi er sich 
farberisch nicht nachweisen lafit, und dafi wir neben den Trflmmern 
des Restkdrpers nur ein kraftiges, solitares Chromatinkorn fin den. In 
solchen Fallen jedoch weist ein haufig zu konstatierender Hof um ein 
solches Korn auf eine nichtsdestoweniger bestehende Differenzierung bin. 

Man wiirde meines Erachtens jedoch fehl gehen, wenn man alle 
solitfiren Chromatinkorner derart oder von dem bei kleinen Ringen be- 
schriebenen liberstflrzten Teilungsprozefi herleiten wollte. Die Mehrzahl 
dieser Kdrner sieht man ja gerade im Beginne oder kurz vor Ausbruch 
des prim&ren Fieberanfalles. Daraus ist zu entnehmen, dafi sie gewohn- 
lich allerjtlngsten Erstlingsformen entsprechen, von denen sie sich nur 
durch die minimale Menge ihres Protoplasmas unterscheiden, welches 
allein durch den hellen Hof um das Korn angedeutet ist. 

Diese Entstehung eines neuen Parasiten durch Losldsung von 
einem Restkdrper, der dem Untergange anheimfallt, ist ein Vorgang, der 
nicht allein auf gewisse tropische Parasiten beschrfinkt ist, denn in alien 
seinen Entwickelungen, selbst bis auf das solit&re Chromatinkorn, habe 
ich ihn auch bei grofien Tertianparasiten gefunden. Ja bei letzteren 
befand sich das Chromatinkorn fern von seinem RestkSrper. 

Hier allerdings konnte man oft den Eindruck gewinnen, als ob diese 
ChromatinkOrner nach dem Plehnschen Modus die lebensf&higen Ueber- 
reste eines im flbrigen ganz zu Grunde gegangenen Parasiten seien, ob- 
wohl vielfach in der Umgebung des Kornes oder der Kdrner kein Hof zu 
sehen war. Darauf aber mufi man meines Erachtens ein grofies Gewicht 
legen. Wo ein Hof vorhanden, da ist auch hdchst wahrscheinlich ein vom 
Korn gesondertes Protoplasma anwesend, das eben durch diesen Hof an¬ 
gedeutet wird, und man kann verstehen, dafi sich hier ein neuer Parasit 
bilden kann, da ja alle seine Grundelemente erhalten geblieben sind. 
Wo aber das Chromatinkorn, scharf begrenzt, ohne einen solchen Hof 
dem Blutkdrperchen aufliegt, da ist sicherlich auch keine vom Kern 
gesonderte protoplasmatische Substanz vorhanden, und bleibt es vor- 
laufig doch zweifelhaft, ob wir ein solches Korn, 30 lebenskr&ftig es auch 
durch sein tinktorielles Verhalten aussehen mag, mit einem von einem 


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232 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

Hofe umgebenen in seiner Bedeutung gleichstellen diirfen. Nicht un- 
wahrscheinlich ist es, dafi ein solches scharf umgrenztes Korn, ohne 
einen protoplasmatischen Restkorper, sei er auch noch so klein, noch 
nachtrfiglich abstirbt und keinen neuen Parasiten bildet. Indessen bier 
sind noch weitere Untersuchungen nfltig. 

Doch kehren wir zur Betrachtung der RestkOrperbildung zurflck. 
Auf den ersten Blick scheint sie ein sehr ungewOhnlicher Vorgang zn 
sein, und lohnt es sicherlich die Mtihe, das Wesen desselben zu er- 
grflnden and ihn womOglich auf bekannte VorgSnge zurflckzufflhren. 

Wenn ich mir nun die Umst&nde vergegenwfirtige, unter denen icb 
die mit RestkOrperbildung einhergehende Entstehung junger Parasiten 
am Mufigsten beobachtet babe, so trat diese gewOhnlich in der zweiten 
Hfilfte des Fieberzustandes Oder gegen das Ende desselben auf, zu ciner 
Zeit, wo sich bereits therapeutische Indikationen fflr die Darreichung 
von Chinin eingestellt hatten. Es lag daher nahe, eine ungenflgende 
Chininwirkung als Ursache zu betrachten. Das Chinin, als ein Proto- 
plasmagift, schadigt in erster Linie den protoplasmatischen KOrper des 
Parasiten, wfihrend das Chromatinkorn besser widersteht. Unter solchen 
Umst&nden kann es kommen, daB diejenigen Teile des Parasitenleibes, 
die in der unmittelbaren Nachbarschaft des Chromatinkorns gelegen 
sind, einen so starken nutritiven Einflufi von diesem erfahren, dafi der- 
selbe grofier ist wie die schadigende Wirkung des Chinins. Die peri- 
pherischer gelegenen Teile des ParasitenkOrpers dagegen, auf welche 
sich der nutritive Einflufi des Chromatinkorns nur in geringem Mafie 
erstreckt, unterliegen der abtOtenden Wirkung des Chinins und bilden 
den RestkOrper. In mehreren Fallen von Tertiana simplex, sowie 
von spharenbildenden kleinen Parasiten konnten diese Phfinomene indes 
noch vor der Verabreichung des Chinins wahrgenommen werden. Daraus 
folgt, dafi, wenn das Chinin flberhaupt einen Einflufi auf diese Art der 
Entstehung junger Parasiten besitzt, derselbe jedenfalls kein spezifischer, 
sondern hOchstens ein begflnstigender ist. Es scheint dieser Vorgang 
der RestkOrperbildung auf einer Art verminderter vitaler Energie der 
Parasiten zu beruhen, infolge deren sie im Reifezustande nicht mehr zu 
sporulieren vermOgen, und so erklart sich dann auch die Tatsache, dafi 
solche Formen — wo sie auftreten — erst gegen das Ende des Fieber¬ 
zustandes auftreten. Wir hatten hier also eine abortive Sporulation vor 
uns. Letztere Auffassung erhalt eine wesentliche Stiitze durch das 
Studium an Golgischen Parasiten, insofern aus ihm hervorgeht, dafi 
die RestkOrperbildung mit der Produktion eines einzigen Parasiten 
Uebergfinge aufweist zu Reproduktionsvorgfingen, welche zur Sporu¬ 
lation hiniiberleiten. Es kommen fflr das Studium dieser Verhaltnisse 
relativ protoplasmaarme erwachsene Golgi sche Parasiten in Betracht. 
Wir haben schon gesehen, dafi es auch bei diesen zu grofien, maschen- 
fOrmigen Formen kommt. Wfihrend aber bei tropischen Parasiten die 
maschenfGrmigen Bildungen aus ganz wenig Protoplasma bestehen, kommt 
es hier, innerhalb des feinen Fadennetzes, noch zu st&rkeren lokalen An- 
haufungen von Protoplasma, wodurch sie sich zum Studium der ein- 
schlflgigen Verhaltnisse mehr eignen. Hfiufig nun kann man sehen, 
dafi der junge Parasit sich innerhalb der starken Protoplasmaanhfiufung 
bildet, wobei das Chromatin dieser unmittelbar anliegt oder in ihr ein- 
gebettet erscheint, ohne eine Spur von achromatischer Zone. Spfiter 
schnflrt sich der grOfite Teil des Parasitenleibes ab und liegt, nicht 
selten durch einen grOfieren Zwischenraum getrennt und in mehrere 


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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 233 


Teilstflcke zerfallen, neben dem jungen Parasiten, der durcbaus und in 
jeder Hinsicht einer aus dem typischen Sporulationsprozefi hervor- 
gegangenen Form gleicht, n&mlich ein intensiv gef&rbtes, oft etwas in 
die L&nge gezogenes Chromatinkorn, eingebettet in einer kleinen rund- 
lichen Masse von Protoplasma. Wo aber die Verh&ltnisse giinstig sind, 
sieht man selbst 3—4 Ghromatinkdrner in einer groCeren Anh&ufung 
von Protoplasma eingebettet. Dieses enth&lt auch Pigmentkdrnchen. 
Der Qbrige Teil des Parasiten ist fein netzfdrmig gestaltet und zeigt 
durch seinen schwarzlichen Farbenton, daB er sich demnfichst zu einem 
Restkdrper umwandeln wird. Dann aber gleicht die massige Kon- 
zentration des pigmentffihrenden Protoplasmas mit den 3—4 in ihm 
eingebetteten Chromatinkdrnern schon sehr vielen Bildern, die man bei 
der typischen Sporulation findet So triift man auch Blutkdrperchen, 
die 3—4 junge Parasiten mit Spuren ernes Restkdrpers zwischen ihnen 
enthalten. Aus alledem geht wohl hervor, daB man im Rechte ist, wenn 
man die Entstehung von Parasiten mit RestkOrperbildung als eine abortive 
Sporulation auffaBt. 

In besonders schdner Weise trat die Restkdrperbildung in einem 
Falle von Tertiana simplex auf, der hier mitgeteilt werden soil. 

Patient erkrankt den 17. November 1902 um 8 Uhr morgens mit 
Frost, Temperatur 37,5. 

Im Blute echte Sporulationsformen, etwas grOBer als ein Blut¬ 
kdrperchen. In einigen noch der Rand des Blutkdrperchens als blasser, 
farbloser, ganz feine Pigmentkdrnchen enthaltender Saum zu erkennen. 
In den meisten Pigment zentral konzentriert, in einigen liegt ein Pigment- 
haufen in der Peripherie. 

Grobe kleine Ringformen mit achromatischer Zone. 

Runde oder eifdrmige kleine Formen, protoplasmareich, in denen 
die achromatische Zone fehlt oder nur angedeutet ist. Chromatinkorn 
stark entwickelt. 

Viele mittlere, schdn gezeichnete Ringe, mit m&Big entwickeltem 
Protoplasma = */# BlutkdrpergrdBe. 

Andere von derselben GrdBe, aber etwas unregelmaBig gezeichnet. 
Ihr Protoplasma ist vielfach etwas aufgefasert, durch die achromatische 
Zone ziehen h&ufig ein oder zwei F&den. 

Ringformen von */« BlutkdrpergrdBe mit wenig Protoplasma. Vom 
Rande des Ringes geht hier haufig ein Fortsatz aus. 

Sph&ren in getflpfelten, etwas vergroBerten Blutkdrperchen. Multiple 
Kdrnungen in vielen Blutkdrpern. 

Den 17. November 1 Uhr mittags Temperatur 39. 

Kleinste runde Formen mit reichlichem Protoplasma. Chromatin 
zentral, ohne achromatische Zone. Andere zeigen achromatische Zone, 
Chromatin peripherisch. 

Ringformen = */ 4 — l l h BlutkdrpergrdBe, protoplasmaarm, mitfeinem 
Fortsatz. Oft ist dieser Fortsatz netzfdrmig verzweigt. Vielfach achro¬ 
matische Zone durch einen Querfaden geteilt. 

Grdbere Ringe mit gut entwickelter achromatischer Zone und kr&ftigem 
Chromatinkorn. 

In den grdBeren Ringen h&ufig Ttipfelung der m&Big vergroBerten 
Blutkdrper zu linden. 

Den 17. November 8 Uhr abends fieberfrei. 

Durch Querf&denbildung, Aussenden von Forts&tzen, Verbindungs- 
f&den zwischen diesen, entstehen maschenfdrmig gestaltete Parasiten 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3. 


mit stellenweise grober, stellenweise allerfeinster Protoplasmazeichnung. 
Chromatin hierbei in Wncherung Oder in Teilung begriffen. Parasiten 
= 1 / 4 — l /» BlutkdrpergrdBe. Blutkdrper stark getflpfelt und m&fiig ver- 
grABert Hflufig scheinen die Parasiten desorganisiert, in Teilstflcke zer- 
fallen, die ganz schwach gef&rbt erscheinen. Chromatin dabei vielfach 
ganz isoliert oder mit einem krflftiger gefflrbten kleinen Protoplasma- 
abschnitt einen Ring biidend. 

Einige Male Doppelinfektion von BlutkOrperchen. Diese alsdann 
stark vergrdBert und getflpfelt. 

Vielfach sind die Blutkdrperchen derart affiziert, daB nur die die 
Tflpfelung bedingenden rdtlichen Kdrner flbrig bleiben, wflhrend das 
H&moglobin zerstort ist. In diesen Trfimmern schwach angedeutete 
Reste von Parasiten und Sphflren. Auch hier ist das Chromatin gut er- 
halten. 

Kleine protoplasmareiche Parasiten mit deutlicher achromatischer 
Zone und feinem Fortsatz in getflpfelten Blutkdrperchen. 

Den 18. November 7 Uhr morgens Temperatur 37,1. 

Kleine, sehr protoplasmareiche Ringe in getflpfelten, etwas ver- 
grdBerten Blutkdrperchen. 

Vielfach kleine Formen von elliptischer Gestalt mit reichlichem 
Protoplasma. Achromatische Zone in einem der Pole, darin das krflftige 
Chromatinkorn. 

Kleine, protoplasmareiche, runde oder eifdrmige Parasiten, Chromatin 
peripherisch oder zentral, ohne oder mit kleiner achromatischer Zone. 
Neben diesen Parasiten enthalten die Blutkdrperchen hflufig deutliche 
Restkorper, die ein einziges Oder mehrere Teilstflcke prflsentieren, meist 
dunkler gefflrbt, kdrnig und oft pigmentiert sind. Sie stehen mit den 
Parasiten in keinem Zusammenhang. 

Grofie maschenfdrmig gestaltete Parasiten mit stellenweise st&rkerer 
Protoplasmaanhflufung, in welcher 2—3 Chromatinkdrner eingebettet sind. 

Ein maschenfdrmig gestalteter groBer Parasit mit 5 Chromatinteil- 
stflcken, etwas pigmentiert. 

Ein vergrdfiertes Blutkdrperchen enthfllt 3 Parasiten, zwischen ihnen 
Restkdrper. Dies reprasentiert gewissermaBen ein weiteres Entwicke- 
lungsstadium der vorhergehenden Form. 

Restkdrper mit einem einzigen Parasiten sind im Pr&parate vor- 
herrschend. 

Den 18. November 1 Uhr mittags Temperatur 38,3. 

Kleine protoplasmareiche Parasiten ohne achromatische Zone. 

Sphflren. 

Vielfach kleine Parasiten mit reichlichem Protoplasma. Chromatin 
in diesem eingebettet oder durch schmale achromatische Zone getreunt 
Neben ihnen liegen mannigfach gestaltete Restkdrper. 

Feinste Ringformen mit krflftigem Chromatinkorn, daneben Restkdrper. 

Mittlere, protoplasmareiche, unregelmflfiig gestaltete Formen. 

Blutkdrperchen vergrdBert und getflpfelt 

Den 18. November 8 Uhr abends Temperatur 39. 

Protoplasmareiche, mittelgroBe Formen, ohne achromatische Zone, 
in mflBig vergrdBerten, aber stark getflpfelten Blutkdrperchen. 

Blutkdrperchen, deren Hflmoglobin gflnzlich aufgezehrt ist und die 
allein die den Tflpfelungen entsprechenden roten Kdrner zeigen, ent¬ 
halten neben Stflcken sehr blaBgefflrbter protoplasmatischer Substanz 
2—3 stark gefflrbte, isolierte Chromatinkdrner. Vielfach kleine, runde, 


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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 235 


protoplasmareiche Formen mit meist zentralem Chromatin und geringer 
BestkOrperbildung. BlutkOrper stark getttpfelt und wenig yergrdBert 

Den 19. November 7 Uhr morgens fieberfrei. 

Zahlreiche aufgequollene und desorganisierte Parasiten in der Mehr- 
zahl frei zwischen den Blutkdrperchen. 

Eeine getttpfelten BlutkOrper mehr zu sehen. 

Wenige metachromatische BlutkOrperchen. 

Obiger Fall wttrde bei oberfl&chlicher Betrachtung als eine gewOhn- 
liche Tertiana duplicata imponieren, wobei die zweite Generation 
um 24 Stunden in ihrer Entwickelnng hinter der ersten zurttcksteht. 
Einigermafien entspricht ihm auch der Parasitenbefund, indem zu Beginn 
des zweiten Fieberanfalles grofie Parasiten der ersten und kleinste Formen 
der zweiten Generation vorhanden zu sein scheinen. Indessen beherrscht 
dieses Verhfiltnis nicht den Zustand und gibt ihm nicht sein charak- 
teristisches Geprfige. Denn die Mehrzahl der grofien Formen ist in 
Chromatinteilung und BestkOrperbildung begriffen, wfihrend die fiber- 
wiegende Zahl der kleinen Parasiten durch Abschntirung von BestkOrpern, 
deren Trttmmer noch neben ihnen liegen, hervorgegangen sind. Es ist 
demnach anzunehmen, dafi diese kleinen Formen einen hervorragenden 
Anted an dem zweiten Fieberanfall nehmen und ihn mit bedingen. 
Daraus aber wttrde folgen, daft die erste Generation anstatt in 48 sich 
in 24 Stunden entwickelt habe und dafi die abortive Sporulation, als 
welche wir die BestkOrperbildung bezeichnet haben, nicht allein als ein 
unvollstfindiger, sondern auch als ein ttberstttrzter Prozefi aufzufassen 
ist Es wttre erwttnscht, Fade von Tertiana duplicata in dieser Hin- 
sicht einer Prttfung zu unterziehen. Nicht unwahrscheinlich ist es, dafi 
solche Verhaitnisse mehr angetroffen werden dttrften. 

Weiterhin zeigt unser Fall das Bemerkenswerte, dafi nur die erste 
Generation, welche den Ausbruch des durch einen Schttttelfrost einge- 
leiteten primfiren Anfalls veranlafit hat, ihre Existenz der typischen 
Sporulation verdankt. Spater waren keine Sporulationsformen mehr 
wahrzunehmen und erfolgte die Bildung junger Parasiten durch Ab- 
schnttrung von einem BestkOrper Oder vielleicht von solit&ren Chromatin- 
kOrnern nach Zugrundegehen des ganzen Parasitenleibes (Typus Plehn). 
Auch trat, obwohl die Temperatur im zweiten Anfall ebenso hoch stieg 
wie im ersten, kein Schttttelfrost mehr auf. Da unser Fall bezttglich 
seines Yerlaufes sich in nichts von anderen ahnlichen Fallen dieser Art 
unterscheidet, so ist auch hierin die Lehre von der Tertiana dupli¬ 
cata zu prttfen. Ja vielleicht hat die hier gemachte Erfahrung eine 
grOfiere Tragweite und findet sich ahnliches auch bei anderen Fieber- 
arten, womit zugleich auch das haufige Fehlen von Sporulationsvorgangen 
selbst in inneren Organen (Plehn) seine einfache Erklarung linden 
dttrfte. 

Es sei mir nun gestattet, die ausftthrliche Mitteilung des mikro- 
skopischen Blutbefundes bei einem meiner am genauesten beobachteten 
und obigen Ausftthrungen zu Grunde gelegten F&lle zu geben. 

Patient, ein europaischer Heizer, erkrankt zum erstenmal auf der 
Heimreise im Indischen Ozean. Auf der Kttstenreise hatte er eine 8-tagige 
Chininprophylaxe mit 0,5 g Chinin. sulf. taglich durchgemacht. Auf der 
Heimreise gleichfalls einer solchen Behandlung unterworfen, erkrankt 
er am 4. Tage der Prophylaxe abends 8 Uhr mit Gefttbl von Kalte und 
heftigen Kopfschmerzen. Es folgte nun ein Fieber, welches erst staffel- 
fOrmig anstieg, bis es nach ca. 45 Stunden sein Maximum erreichte 


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Centralbl. f. Bakt. etc I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


(40,7° C). Darauf fiel es in weiteren 24 Stunden bis 37,5°. Hieran 
schloB sich ein 44 Stunden dauernder Zustand schwankender Temperatur- 
verhaltnisse, wahrenddessen zweimal in 24 Stunden die Temperator 
die normale flberschritt und wieder unter die normale fiel. 

Den 1. September 8 Uhr morgens, 12 Stunden nach dem Fieber- 
anfall, erste Blutuntersuchung: 

Vereinzelte, allerkleinste, sehr fein gezeichnete Ringformen mit 
winzigem Chromatinkorn. Solitare ChromatinkOrner vielfach mit Hof. 

Viele regelmafiige protoplasmareiche Ringformen von ca. 1 / s Blnt- 
kOrpergrOBe. Chromatinkorn im schmalen Teile des Binges gelegen. 
Blutkorperchen mit multiplen basophilen KOrnungen sind hin und wieder 
vorhanden. Temperatur 38,3°. 

Den 1. September 1 Uhr mittags Temperatur 39,4. 

Allerfeinste, oft randstfindige Formen. Zahlreiche, schOne, proto¬ 
plasmareiche Ringformen ca. 1 /„— 1 / 6 BlutkOrpergrOBe. Chromatinkorn 
vergroBert, vielfach hakenfOrmig gestaltet und Ofters innerhalb der 
achromatischen Zone gelegen, indes mehr gegen den schmalen Abschnitt 
der Ringfigur hin gerichtet. Anderc Parasiten von l&nglicher Gestalt er- 
reichen ca. l /« BlutkorpergroBe. Sie haben eine durch einen Protoplasma- 
faden in zwei Abschnitte geteilte achromatische Zone. Ibr Chromatin ist 
stark stabchenfOrmig ausgezogen. 

Den 1. September 4 Uhr mittags Temperatur 38,6. 

Einzelne sehr feine kleinste Ringformen, auch randstSndig. Solitare 
KOrner. 

Mittlere Ringe ca. V« der BlutkOrperchen mit mSBiger Protoplasma- 
entwickelung. GroBe Parasiten mit reichlichem Protoplasma ca. Vs bis 
V* BlutkorpergroBe. Chromatin haufig gewuchert, achromatische Zone 
deutlich, aber Ringform unregelmaBig Oder modifiziert. 

Den 1. September 8 Uhr abends Temperatur 39,9. 

Ueberwiegend feinste kleine Ringe. Auch grdbere kleine Ring¬ 
formen vorhanden. Solitare KOrner. 

Sparliche mittlere und groBere protoplasmareiche Parasiten von 
*/#—V8 BlutkOrpergrOBe. 

Den 1. Oktober 1 Uhr nachts Temperatur 39,3. 

Praparat nicht gelungen, jedoch einzelne grObere Ringe von mittlerer 
GrOBe gut erkennbar. 

Den 1. Oktober 5 Uhr morgens Temperatur 39,4. 

Auch dieses Praparat nicht gelungen. Mittlere Formen, keine 
grOBeren erkennbar. 

Den 1. Oktober 1 Uhr mittags Temperatur 39,7. 

Viele randstandige allerfeinse Formen. Solitare KOrner. 

Kleine Formen mit sehr wenig Protoplasma. Vielfach Ringform 
dabei erhalten. Vielfach aber dieselbe zerrissen. Das Protoplasma er- 
scheint dann haufig fadenfOrmig, an einem Oder beiden Enden dem 
Chromatin anhangend, geknickt oder wellig gestaltet. Chromatin dabei 
in lebhaftester Wucherungund Spaltung begriffen. Oft ist diese Wucherung 
und Spaltung so intensiv, daB nur minimale Andeutungen des proto- 
plasmatischen Teiles vorhanden sind. 

Den 1. Oktober 5 Uhr nachmittags Temperatur 40,7. 

Zustand derselbe, womOglich noch ausgesprochener. 

Den 1. November 9 Uhr morgens Temperatur 38,2. 

Allerfeinste kleine Formen, grOBtenteils mit starker Chromatin- 


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Silberstein, Ueber die.Entstehung you jungen Malariaparasiten etc. 237 


wucherung und Teilung. Solit&re K5rner. Hin und wieder eine etwas 
grOBere, protoplasmareiche Form. 

Den 1. November 1 Uhr mittags Temperatur 38,2. 

Sp&rliche kleine Parasiten, wie oben. Seitdem trotz noch bestehen- 
der Temperaturschwankungen Parasitenbefnnd negativ. 

Ueberblicken wir aufmerksam die Resultate der Blutuntersuchung, 
so kann man mit ziemlicber Sicherheit eine Generation von Parasiten 
nnterscheiden, die ihren Entwickelungscyklns in 24 Stunden zu voll- 
ziehen scheint. Daneben aber sind in demselben. Zeitraum auch Parasiten 
in den verschiedensten Stadien der Entwickelung vorhanden. Sp&ter 
findet man nnr kleinere und mittlere Formen bis etwa zur 40. Stunde. 
Von da an aber, vom 1. Oktober 1 Uhr mittags bis 1. November 1 Uhr 
mittags finden sich nur kleine Formen mit sehr sparlichem Protoplasma 
und lebhafter Chromatinteilung. Daraus darf man wohl schliefien, dafi 
es von der 40. Stunde an nicht mehr zum Auswachsen der Parasiten 
kam, sondern dafi sie sich in Qberstiirzter Weise, kaum entstanden, immer 
wieder bis zum ErlOschen des Fiebers teilten. 

Ferner ist wohl unzweifelhaft, dafi die Parasiten, was ihre Zu- 
gehorigkeit, ihren Ort im System betrifft, den kleinen Parasiten zu- 
gerechnet werden mflssen. Selbst in ihren grOfiten Exemplaren er- 
reichten sie durchschnittlich nur l / 4 — x / a BlutkorpergrOBe. 

Nachdem unser Patient noch eine Zeit lang nach ErlOschen seines 
Fiebers t&glich mit */* gChinin, sp&ter ungefahr eine Woche lang einen 
Tag urn den anderen mit derselben Dosis behandelt worden war, erkrankt 
er am 18. Oktober 1902 an seinem ersten Rezidiv, vom Typus einer 
Febris intermittens quotidiana. Jedoch kam es nur zu zwei Anf&llen. 

Den 18. Oktober 4 Uhr mittags, 12 Stunden nach Beginn des Fiebers, 
erfolgte die erste Blutuntersuchung. Temperatur 40® C. 

Zahlreiche kleine und kleinste sehr protoplasmaarme Formen. 

Ebensolche mit viel Protoplasma. Bei manchen derselben ist keine 
achromatische Zone vorhanden. Solit&re KOrner mit Hof einzeln oder 
zu zweien. 

Mittlere feine und grbbere Ringe = 1 / s BlutkOrper. Basophile mul¬ 
tiple Kdrnungen von Blutkorperchen. 

Manche BlutkOrper zeigen 2—5-fache Infektion und sind dann 
deutlich vergrOBert 

Sph&ren in alien Stadien der Entwickelung: 1) Sph&ren in der Anlage. 
Sie bestehen aus einem Kliimpchen Protoplasma mit schw&rzlichem, 
st&bchenfOrmigem Pigment und starkem Chromatinkorn. 2) Junge Sph&ren, 
fallen ungef&hr die H&lfte eines BlutkOrpers, sind kugelrund, zeigen das 
charakteristische st&bchenfOrmige Pigment, haben eine etwas peripher- 
w&rts verschobene achromatische Zone, innerhalb deren das kr&ftige, 
schon aufgefaserte Chromatin. 3) In erwachsenen Sph&ren liegt das 
kr&ftig* gef&rbte, zerfaserte Chromatin an der Peripherie. Protoplasma- 
leib ebenfalls kr&ftig gef&rbt. Neben vielen schw&rzlichen Pigment- 
st&bchen ist auch einiges gelbes Pigment vorhanden. Achromatische 
Zone fehlt. Doch trifft man auch Sph&ren, die, obwohl die GrOfienver- 
h&ltnisse erwachsener aufweisend, ganz wie junge gebaut sind, nur ist 
die achromatische Zone genau zentral. Die erwachsenen Sph&ren iiber- 
schreiten nicht die GrOfie eines BlutkOrperchens, vielfach sind sie selbst 
kleiner, im Gegensatz zu denjenigen Gologischer Parasiten, die viel 
grOBer sind. 4) Alte Sph&ren. Ihr Protoplasmaleib f&rbt sich nur blafi. 
Ihr Chromatin, gleichfalls nur schwach gef&rbt, manchmal kaum ange- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 3. 


deutet, anfgefasert, liegt in einer grofien achromatischen Zone Oder 
Vaknole. Im weiteren Verlaufe treten 2—3 Vakuolen auf, zuletzt zer- 
fallt die Sphere in 3—4 blasse, unregelmaBig pigmentierte Teilstflcke, 
v&hrend das Chromatin nur angedeutet Oder verschwunden ist. 

Den 18. Oktober 9 Uhr abends Temperatur 37,5. 

Kleine protoplasmareiche Ringformen. GrObere Ringformen ca. 1 / 4 
BlutkCrpergrOBe. 

Ebensolche Ringformen mit sehr wenig Protoplasma. Unter diesen 
sind viele mit einem feinen Protoplasmafortsatz versehen. Andere 
weisen an ihrem ganzen Umfange auBer dem Hauptfortsatz noch kleinere 
Nebenfortsfttze auf. Bei anderen ver&stelt sich ein Hauptfortsatz und 
durch quere Verbindung der gabelfOrmigen Zweigstucke entsteht ein 
feines Maschenwerk. In vielen Fallen zieht ein Protoplasmafaden quer 
durch die achromatische Zone einer feinen Ringform und teilt sie ia 
zwei ungleiche Abschnitte. 

GroBe, maschenfOrmig gestaltete, ein vergrOBertes BlutkOrperchen 
beinahe ganz ausfiillende Parasiten mit 5—6 an ihrer Oberflache ver- 
teilten ChromatinkOrnern. 

Den 19. Oktober 7 Uhr morgens Temperatur 36,5. 

Beinahe ausschlieBlich BlutkOrperchen, welche neben kleinen feinsten 
Ringformen RestkOrper enthalten, kennbar an ihrer schwarzlichen Far- 
bung und daran, dafi sie in keinem Zusammenhange mit dem Parasiten 
stehen, sondern oft weit von ihm abgelegen und aus mehreren Teilstflcken 
bestehend erscheinen. 

Den 19. Oktober 12 Uhr mittags Temperatur 37,2. 

Wieder Parasiten mit Restkorpern, aber Parasiten etwas grOfier und 
protoplasmareicher als um 7 Uhr. 

Spharen. 

GroBe maschenfOrmige Parasiten in vergrOBerten BlutkOrperchen. 

Nachts Temperatur 33. 

Den 20. Oktober 7 Uhr morgens Temperatur 37,2. 

Blutbefund ahnlich, wie bei der vorhergehenden Untersuchung. 
Parasiten spBrlich. BlutkOrper mit basophilen KOrnungen. Viele Blut¬ 
kOrperchen mit anklebendem schwarzlichem Chromatinkorn. 

Gehen wir nun zu einer kritischen Betrachtung des Blutbefundes 
dieses Rezidivs iiber. Wir finden dabei bei einem Vergleiche mit der 
primkren Erkrankung einige sehr in die Augen fallende Unterschiede. 
Zimachst die Spharen. Sie waren im primBren Anfalle Oberhaupt nicht 
vorhanden. Das ist aber kein Wunder, denn die Spharen, wie die ihnen 
biologisch gleichwertigen Halbmonde, kommen bei einem Erstlingsfieber 
nicht vor. Sie finden sich erst nach einiger Zeit und ist ihr Auftreten 
zugleich mit einem Wiederausbruch des Fiebers verbunden. Bei Halb- 
monden konnte ich ihr Erscheinen im Mittel am 10. Tage beobachten. 
Auch Spharen zeigen ein ahnliches Verhalten. Allerdings hat e*s hier 
ca. 6 Wochen gedauert, bis sie zugleich mit dem ersten Rezidiv an 
den Tag kamen. Ihre Kleinheit — sie erreichten hOchstens die GrOBe 
eines BlutkOrpers — unterschied sie von denjenigen bei Golgischen 
Parasiten und gestattete zugleich, die Einreihung unserer Parasiten, die 
wir aus der prim Sr en Erkrankung schon als kleine kennen gelernt 
hatten, in die Klasse der spharenbildenden kleinen zu machen. Dagegen 
stimmten sie morphologisch mit groBen Spharen vOllig flberein. 

Ein zweiter Unterschied besteht darin, daB die frtihere, Oberstttrzte 
Teilung der kleinen und mittleren protoplasmaarmen Ringformen im 


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Silberstein, Ueber die Entstehung yon jnngen Malariaparasiten etc. 239 


Rezidiv nicht mehr auftritt. Im Gegenteil finden wir jetzt Entwickelungs- 
formen, die einen langsameren und weniger intensiven Modus andeuteu. 
Die Ringformen wachsen zu BlutkSrperchen heran und wandeln sich 
durch Aussendung von Forts&tzen zu maschigen Bildnngen uin, unter 
gleichzeitiger Teilnng des Chromatins. Die vorherrschende Vermehrungs- 
form aber ist die, dafi die Ringe, feine Oder grObere, nachdem sie eine 
gewisse GrSfie erreicht, zur RestkOrperbildung Obergehen, ein Vor- 
gang, dessen Bedeutung als abortive Sporulation infolge verminderter 
Vitalitfit wir oben wahrscheinlich zu machen gesucht haben. Alles das 
finden wir bei Golgischen Parasiten auch, so dafi, abgesehen von der 
Kleinheit unserer Parasitenform, die beobachteten Eigenschaften der* 
selben auf eine innere Verwandtschaft hindeuten. Demnach geht es nicht 
an, um es noch einmal zu wiederholen, zwischen kleinen Parasiten und 
grofien Tertianparasiten eine so scharfe Grenze zu ziehen, wie es Plehn 
tut, der doch an einer anderen Stelle seiner Monographic als Vertreter 
der Unit&tstheorie der Malariaparasiten auftritt 

Was nun letztere Theorie betrifft, so liefert unser erstes Rezidiv 
noch keine entscheidenden Tatsachen. Allerdings finden sich vereinzelte 
maschenfbrmige Parasiten, die in ihren Dimensionen ihre Genossen weit 
fibertreffen, in vergrOfierten BlutkOrperchen liegen und kaum von 
Golgischen Parasiten in demselben Stadium zu unterscheiden sind. 
Dagegen bieten sie niemals die Erscheinung der Tfipfelung, ein fQr die 
Diagnose echter grofier Tertianparasiten sehr wichtiges Moment Der 
einzige Schlufi, zu dem wir auf Grund einer Analyse des Blutbefundes 
in unserem ersten Rezidiv vorl&ufig berechtigt sind, ist der, dafi kleine, 
sph&renbildende Parasiten ein gewisses Variabilit&tsvermdgen besitzen, 
infolgedessen es geschehen kann, dafi einzelne Parasiten sich zu grofien 
Formen umwandeln. Aehnliches hat Plehn fQr afrikanische kleine Para¬ 
siten beobachtet und zwar vorwiegend bei Individuen, die nicht mit 
Chinin behandelt worden waren. Diese Aetiologie aber kann in unserem 
Falle nicht angefQhrt werden, da er reichlich genug Chinin erhalten hat 
Richtiger ist es vielleicht, dieses Ph&nomen auf inhfirente Eigenschaften 
gewisser kleiner sphfirenbildender Parasiten zurQckzufQhren, unabhfingig 
von irgend einer medikamentdsen Behandlung. Die Entwickelungsweise 
dieser kleinen Formen hat uns schon eine v511ige Uebereinstimmung mit 
gewissen Formen Golgischer Parasiten gezeigt woraus wir auf eine 
bestehende Verwandtschaft beider geschlossen haben. Das Studium des 
zweiten Rezidivs unseres Patienten jedoch, wovon der Blutbefund so- 
gleich gegeben werden soil, wirft ein solches Licht auf die hier 
herrschenden Verhaitnisse, dafi es den Wert eines Beweises im Sinne 
der von Plehn, Laveran u. a. verteidigten Uni tats theorie erreicht. 

Den 16. November 1902 12 Uhr mittags. Patient meldet sich erst 
16 Stunden nach Ausbruch seines Fiebers. Im Blute viele protoplasma- 
reiche kleine Ringformen. 

Grofie grbbere Ringe 1 I 4 —‘/» Blutkorpergrflfie. Ebensolche sehr 
feine, protoplasmaarme Ringe, achromatische Zone durch ein Oder zwei 
Querffiden in Abschnitte zerlegt 

Ebensolche Ringe mit lfingerem feinem Fortsatz. Vielfach ist 
letzterer so verfistelt dafi er ein maschenf5rmiges Gebilde darstellt 
das mit dem Ringe durch einen Stiel zusammenhangt. 

Viele kleinste Formen mit Restk5rpern. GrQfiere maschenformige 
Bildungen = '/s BlutkOrpergrbfie, mit starkerer Ansammlung von Proto- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 3. 


plasma in der Umgebung des Chromatins, welches in dem Protoplasma 
eingebettet erscheint 

Den 16. November 4 Uhr mittags. 

Kleinste feine und grObere Ringe. GrQBere Ringe, die sich wie die 
oben beschriebenen protoplasmaarmen verhalten. Kleine Parasiten mit 
RestkSrper. 

GroBe Parasiten = */* Blutk6rpergr8Be, BlutkSrper vergroBert. 
Protoplasma maschenformig, mit starkerer Anh&ufung in der Gegend des 
Chromatins, das in mehrere Teilstiicke zerfallen ist. 

Mehrfache Infektion eines Blutkorperchens durch kleine, protoplasma- 
reiche Parasiten. Blutkorperchen vergrOBert und getiipfelt. 

Sphere, ein vergrSBertes und gettlpfeltes Blutkorperchen 
zur Halfte fQllend. GroBe Sph&re, Blutkorperchen vergrOBert und 
getfipfeli 

Den 16. November 8 Uhr abends. 

Mehrzahl der Ringformen = l /<— Vs BlutkOrpergrOBe, feine und 
grObere Zeichnung. Ihr Verhalten wie oben. 

Maschenf5rmige Parasiten = Vs vergrSBertes Blutkorperchen. 
Chromatin bis in 5 Teilstiicke zerfallen. 

Sph&re in getiipfel tem Blutkorperchen. Feine kleine Ringe mit 
RestkOrpern. 

Ringformen an ihrem dem Chromatin gegentkberliegenden Teile 
stark verdickt, oft geht von dieser Stelle noch ein langer, dicker Fortsatz 
aus, welcher etwas pigmentiert ist GrOBe = 1 / s Blutkorperchen. 

Den 17. November 8 Uhr morgens. 

Vielfach kleine Parasiten mit RestkOrper. MaschenfSrmige Parasiten 
= V, Blutkorperchen mit stellenweise stfirkerer Protoplasmaanh&ufung. 
Chromatin gewuchert oder in Teilstiicke zerfallen. Protoplasma vielfach 
fein pigmentiert. Blutk5rperchen manchmal vergroBert und ge- 
t ii p f e 11. 

Kleine Formen, protoplasmareich, mit oft pigmentiertem RestkSrper. 
Chromatin zentral. BlutkOrper vergroBert und getiipfelt. 

Wir sehen also, daB unser Fall, den wir von seinem ersten Beginne 
haben verfolgen konnen, im Anfange nur kleine Parasitenformen erkennen 
lieB, daB schon im ersten Rezidiv sich grSBere, an Golgische Parasiten 
erinnernde Formen fanden, und dafi der Parasitenbefund im zweiten 
Rezidiv schon Golgischen Parasiten n&her steht wie den kleinen, von 
welchen sie ausgegangen. 

In der Tat finden sich vielfach ziemlich groBe Formen in ver- 
groBerten und getupfelten Blutkorperchen, so daB, wer den Patienten nicht 
gekannt und dieses zweite Rezidiv allein beobachtet h&tte, auf den Ge- 
danken h&tte kommen miissen, es hier mit einem Falle von Tertiana 
simplex zu tun zu haben. 

Wir sind demnach auf Grund dieser Erfahrung berechtigt, anzu- 
nehmen, daB kleine sph&renbildende tropische Formen im Laufe der Zeit 
in Golgische Formen flbergehen konnen, und dafi fur diese wenigstens 
die unitarische Auffassung einiger Malariaautoren (Plehn, Laveran) 
zu Recht besteht. 

Fassen wir zum Schlusse die obigen Ausflihrungen zusammen, so 
ergibt sich: 

1) Protoplasmaarme Ringformen sind h&ufig keine kurzstundigen 
Gebilde, sondern zeigen vielfach eine intensive, auf ihre Reproduktion 
gerichtete Vitalit&t. 


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Silberstein, Ueber die Entstehnng yon jungen Malariaparasiten etc. 241 


2) Protoplasmaarme Ringformen findet man nicht allein bei tropischen 
kleinen, sondern auch bei Golgischen Formen und es besteht in ihrem 
Verhalten bezfiglich ibrer Weiterentwickelung meist kein prinzipieller 
Unterschied. 

3) Protoplasmaarme Parasiten konnen sich zu protoplasmareichen 
umwandeln und verhalten sich dann wie diese. (cf. 4.) Bleiben sie proto- 
plasmaarm, so teilen sie sich in einer von der normalen Sporulation ab- 
weichenden Weise. Und zwar unterscheidet man die ttbersttlrzte Teilung 
junger und die sp&tere Teilung alterer Formen. In dem ersten Falle 
nimmt das Protoplasma, entsprechend seiner geringen Menge und der 
Schnelligkeit des Teilungsprozesses, keinen aktiven Anteil an dem damit 
verbundenen Wucherungs- und Spaltungsprozesse des Chromatins. Da- 
gegen erh9.lt jedes der Teilstiicke des Chromatins den seinen, wenn 
auch sehr geringen Anteil an protoplasmatischer Substanz. Oft ist dieser 
so gering, dafi man es scheinbar nur mit einem solit&ren Chromatinkorn 
zu tun hat, das aber in solchen Fallen von einem Hofe umgeben ist. 
Im zweiten Falle sind die Verhaltnisse dieselben, sobald das Protoplasma 
arm bleibt. Nimmt es aber an Masse zu, so bekommt es auch seinen 
Anteil am Teilungsprozesse. Es kommt dann zu maschenformigen Bil- 
dungen bei gleichzeitigem Zerfall des Chromatins in Teilstucke. Vielfach 
kommt es hier zur Restkorperbildung und zur Bildung solitarer Korner. 

4) Grobe Ringformen kommen zur typischen Sporulation oder sie 
wachsen gleichfalls zu maschenfdrmigen Bildungen aus, die sich wie 
sub 3 verhalten. Vielfach kommt es zur Restkorperbildung. 

5) Die Restkorperbildung ist ein sehr verbreiteter Vorgang und als 
abortive Sporulation aufzufassen. Sie findet sich bei kleinen spharen- 
bildenden wie bei groBen Tertianparasiten. 

6) Vielfach haben Ringformen nur ein kurzes Dasein. Sterben sie 
ab, so stirbt gewobnlich auch ihr Chromatin. Unter Umstanden soil 
dieses jedoch erhalten bleiben und der Ausgangspunkt eines neuen 
Parasiten werden (P1 e h n). Da aber ein solches Chromatinkorn keinen 
Hof besitzt, so ist es noch eine Frage, ob es nicht noch nachtraglich 
abstirbt, ohne einen Parasiten geliefert zu haben. 

7) Solitare Chromatinkorner mit einfem Hofe konnen bei alien Arten 
der Teilung entstehen und zu jungen Parasiten auswachsen. Sehr haufig 
aber sind sie, da sie oft schon zu Anfang oder selbst vor Ausbruch des 
Erstlingsfiebers vorhanden sind, allerkleinsten Erstlingsformen gleichwertig. 

8) Bei Tertianparasiten kommt es vor, daB nur die erste Generation 
durch typische Sporulation entsteht. Im weiteren Verlaufe entstehen 
junge Formen durch Abschniirung von einem RestkOrper. Dabei kommt 
es in der Regel nur zur Bildung eines einzigen Parasiten. Mdglicher- 
weise ist hierin ein allgemeines Prinzip zu finden, welches auch andere 
Parasiten arten umfaBt. 

9) Kleine spharenbildende Parasiten kdnnen im Laufe einer relativ 
kurzen Zeit in grofie Golgische iibergehen. 

10) Das Absterben von tropischen Ringformen laBt in der Regel keine 
sichtbaren Veranderungen an den sie beherbergenden Blutkorperchen 
erkennen. 

11) Die Hypothese, nach welcher ein neuer Malariaanfall bei tropischen 
Parasiten nicht durch den SporulationsprozeB oder ihm verwandte Vor- 
gange, sondern durch einen massenhaften plotzlichen Zerfall von Parasiten 
und Blutkdrperchen entstehen soli, scheint wenig wahrscheinlich. 


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Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Nachdruck verbolen. 

Studien liber den Vaccineerreger. I 

Von Prof. H. Bonhoff, Marburg a. L. 

Das Vierteljahrhundert der Entwickelung, welches hinter der bakterio- 
logischen Wissenschaft liegt, hat die grdfiten Errungenschaften gezeitigt. 
Es ist eine betr&chtlicbe Anzahl von Erkrankungen des Menschen und 
der Tiere in ihren Ursachen genau erkannt worden. Anch fiber das 
Vorkommen nnd Verhalten der Mikrobien dieser Infektionskrankheiten 
in unserer Umgebung, fiber die Art ihrer Wirkung im Kdrper, fiber die 
Einzelheiten des Eampfes zwischen Kdrper und Parasiten haben unsere 
Kenntnisse hervorragenden Zuwachs erfahren. 

Gegenfiber diesen grofien Errungenschaften ist. die Tatsache, daB 
wir fiber eine groBe Zahl von Infektionserregern so gut wie gar nichts 
wissen, von einer noch groBeren Zahl wenigstens die Form nicht kennen, 
in auffallender Weise in den Hintergrund getreten. 

Wenn wir uns in der menschlichen Pathologie zun&chst um- 
sehen, so sind als Infektionskrankheiten, deren Erreger wir nicht kennen, 
vor allem die akuten Exantheme und die Syphilis zu nennen. Eine 
weitere Gruppe umfaBt das groBe Gebiet der nicht durch Fadenpilze etc. 
bedingten infektiosen Hautkrankheiten. Als dritte Gruppe kommt in 
Betracht eine Anzahl von Krankheiten des Nervensystems, deren Gharakter 
als Infektionen schon lange bekannt ist, vor allem die spinale und 
cerebrale KinderlShmung und die Landrysche Paralyse; ferner die 
Arthrogryposis. An der Spitze einer vierten Gruppe, durch deren zu- 
sammenfassende Besprechung jedoch nichts pr&judiziert werden soli, sei 
der Keuchhusten genannt Dann die akute gelbe Leberatrophie, die 
primfire hypertrophische Lebercirrhose, die Leberabscesse der Tropen, 
soweit sie nicht durch Amdben bedingt sind, das Noma, der Mumps, 
die strumosen Erkrankungen, die Beri-Beri, die Schlafkrankheit der 
Tropen. Es bleiben eine ganze Anzahl von Erkrankungen des Menschen 
ttbrig, bei denen der Charaktei* als Infektionskrankheit zweifelhaft er- 
scheinen kann; die sogenannten Konstitutionskrankheiten, ferner Rhachitis 
und Osteomalacie und manches andere. 

Auch unter den tierischen Infektionen ist eine betrachtliche 
Anzahl solcher zu finden, fiber deren Ursachen wir nichts wissen. Ich 
nenne die Hundestaupe, die Rinderpest, die Lyssa, die ja auch auf den 
Menschen ttbergeht, die beiden verschiedenen Formen von Pocken bei 
Saugetieren, die Geflfigelpocken, die afrikanische Pferdesterbe, die 
Stomatitis pustulosa contagiosa, die Beschalseuche der Pferde, den 
Bl&schenausschlag des Pferdes und Rindes, das Petechialfieber (Morbus 
maculosus). Auch die Maul- und Klauenseuche des Rindes und Schweines, 
ferner die von Gentanni und von Lode und Gruber beobachtete 
und als Kyanolophiea bezeichnete Htthnerseucbe gehoren hierher. 

Gerade unter diesen tierischen Infektionskrankheiten existiert nun 
aber eine Anzahl, fiber deren Erreger wir, wenigstens hinsicht- 
lich ihrer Morphologie, in nfichster Zeit Neues unter keinen 
Umst&nden werden zu erwarten haben. Dazu sind zu rechnen auBer 
den beiden letztgenannten die sfldafrikanische Pferdesterbe und, wenn 
"ine Mitteilung von Nicolle und Adil-Bey sich bestfitigt, auch die 
i nderpest. 


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Bonhoff, Studien ttber den Vaccineerreger. I. 243 

Es gehoren dazu ferner nach den Untersachungen von Marx und 
Sticker die Geflttgelpocken und nach Borrels Mitteilungen die 
Schafpocken. Bei diesen Krankheiten, ebenso wie bei einer Erkrankung 
der Tabakpflanze, der sogenannten Mosaikkrankheit, handelt es sich urn 
Erreger, die jenseits der Sichtbarkeit liegen, also so klein sind, dafi wir 
sie auch mit unseren besten Vergrofierungen nicht erkennen kOnnen. 
Es war mir eine Zeit lang wahrscheinlich, dafi auch die Hundestaupe 
zu dieser Gruppe gehore, da Infektionsversuche an Hunden, die vor 
Jahren mit den Reichelt- und Berkefeld-Filtraten von Staupe- 
sekreten geimpft waren, in zahlreichen Fallen positive Resultate ergeben 
batten. Ich bin indes in dieser Auffassung wieder zweifelhaft geworden, 
da die Wiederholung der Versuche an Tieren, welche in einem niemals 
mit staupekranken Hunden belegten Stalle gehalten wurden, vollig 
negative Resultate ergeben hat Wenn die letztgenannten Tiere nicht 
eine Immunitfit gegen Staupe besessen haben — was nicht ausgeschlossen 
ist, da es sich nicht um ganz junge Hunde und nicht urn edlere Rassen 
handelte — so ware das zuerst erhaltene Resultat als durch Stallinfektion 
hervorgerufen anzusehen. 

In der menschlichen Pathologie sind durch unsichtbare Lebewesen 
bedingte Infektionen noch nicht festgestellt worden. Es ist aber bereits 
die Ansicht geaufiert, dafi ein Teil der in ihren Erregern unbekannten 
menschlichen Infektionskrankheiten durch wegen ihrer Kleinheit unsicht¬ 
bare Mikrobien hervorgerufen sei. So sagt z. B. Metschnikoff in 
seinem Buche fiber Immunitfit p. 2: „In dieser Kleinheit gewisser 
Bakterien ist sehr wahrscheinlich der Grund zu suchen, weshalb es 
bisher nicht gelungen ist, die Erreger einer ziemlich grofien Anzahl von 
Infektionskrankheiten zu finden, z. B. von Scharlach, Roteln .. . Pocken 
u. a. m.“ Es wird spfiter Gelegenheit genug sein, auf diese Anschauung 
zurttckzukommen. Hier genfigt es, festzustellen, dafi bisher der Beweis 
dafttr nicht erbracht ist, dafi eine der oben genannten menschlichen In¬ 
fektionskrankheiten durch mikroskopisch unsichtbare Lebewesen bedingt 
werde. 

Welch ein weites Feld zukfinftiger Tfitigkeit liegt vor uns! Fast 
kfinnte das Erreichte in seiner Grofie und Mannigfaltigkeit beeintrfichtigt 
erscheinen! Jedenfalls dttrfte es angemessen sein, weniger daran zu 
denken, wie herrlich weit wirs gebracht, als an das Buch mit sieben 
Siegeln, das vor uns liegt. 

Denn eine Aufklfirung fiber die Ursachen der oben genannten In¬ 
fektionskrankheiten hatte sowohl eine hohe theoretische als eine 
eminente praktische Bedeutung. Dies braucht eigentlich kaum des 
weiteren ausgeffihrt zu werden. Doch sei bezfiglich der praktischen 
Bedeutung erwfihnt, dafi die Auffindung des Erregers der Pocken viel- 
leicht auch Aufklfirungen fiber die Masern- und Scharlacherreger zur 
Folge haben wfirde. Aehnliches liefie sich innerhalb der oben ange- 
ffihrten Krankheitsgruppen auch von einigen anderen Erregern erwarten. 
Ferner, wenn wir auch vielleicht hinsichtlich der Prophylaxe bei manchen 
Infektionen, wie z. B. den Pocken, der Lyssa, so Vollkommenes erreicht 
haben, dafi die Sicherheit vor Erkrankung selbst durch genaueste 
Kenntnis der Parasiten kaum wird gesteigert werden konnen — bei 
anderen Erkrankungen fehlt uns doch bis heute auch jede primitivste 
Grundlage zu einer Vorbeugung, soweit sie nicht auf ganz allgemein 
anwendbaren Isolier- und Desinfektionsmafiregeln beruht Auch hin¬ 
sichtlich der Behandlung und Heilung dieser Erkrankungen dfirfen wir 

16 * 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

von genauerer Erkenntnis der Erreger, vielleicht wenigstens bei einigen 
derselben, gfinstige Erwartungen hegen. Und schliefilich wfirde doch 
auch der Erweiterung unserer Eenntnisse (iber Immunit&t, die sich im 
Gefolge der Erkenntnis der fraglichen Parasiten zweifellos einstellen 
wfirde, eine praktische Bedeutung nicht abzusprechen sein. 

Ehe ich meinen eigenen Untersachungen nfiher trete, mull noch die 
Frage erortert werden, ob nicht der dauernde MiBerfolg in der Auf- 
findung der mutmafilichen Mikrobien vielleicht darin seinen Grund hat, 
dafi kdrperliche Elemente, lebende, zellige Gebilde, eben gar nicht vor- 
liegen, dafi es sich bei der Aetiologie der betreffenden Erkrankungen u m 
cbemische Agentien, Enzyme z. B., handelt Diese Auffassung 
ist neuerdings nicht allzuselten und zwar von verscbiedenen Seiten 
ventiliert worden. Ich kann mich fiber diesen Punkt ganz kurz fassen. 
Zunachst ist meines Erachtens die Moglichkeit, dafi Enzyme den In- 
toxikationserkrankungen fihnliche Krankheiten erzeugen kfinnten, nicht 
von der Hand zu weisen. Es ist auch mdglich, dafi solche Erkrankungen 
einmal en- oder epidemisch oder wenigstens in gehfiufter Zahl auftreten 
konnen. Festzuhalten ist aber, dafi ein Beispiel ffir etwas Derartiges 
bisher in der Pathologie nicht vorliegt. Im fibrigen verweise ich hin- 
sichtlich dieses Punktes einmal auf die Darstellungen Henles in seinen 
„pathologischen Untersuchungen" aus dem Jahre 1840: „Wir treffen . . . 
zuerst auf eine allgemeine und charakteristische Eigen sch aft, welche nur 
der lebenden Materie zugeschrieben werden kann, das Vermogen namlich, 
sich auf Kosten und durch Assimilation fremder organischer Substanz 
zu multiplizieren". Weiterhin empfehle ich ein genaues Studium der 
Untersuchungen von Loeffler und Fro sch fiber die Maul- und 
Klauenseuche und eine im 31. Bande des Centralblattes ffir Bakteriologie 
und Parasitenkunde erschienene Arbeit von Ernst Joest fiber un- 
bekannte Infektionsstoffe, die die einschligigen Fragen fiufiert klar und 
grfindlich behandelt und in welcher der Verfasser auch hinsichtlich der 
meisten oben genannten Infektionskrankheiten schon auf Grund theo- 
retischer Erwagungen zu dem Schlusse kommt, dafi sie durch ein Con- 
tagium vivum, durch zellige Gebilde, erzeugt werden mfissen. 

Bei dem Bestreben, hinsichtlich der Aetiologie der oben aufgez&hlten 
zweifellosen Infektionen etwas weiter zu kommen, war die Auswahl des 
Materials, mit welchem die Versuche angestellt werden sollten, nicht 
ohne Bedeutung. Von vornherein auszuschliefien waren zunachst die- 
jenigen Erkrankungen des Menschen, die, auf Tiere fiberhaupt nicht 
fibertragbar, eine spezifische Plage des Genus humanum darstellen. 
Von den fibrig bleibenden Infektionskrankheiten sind zweifellos zwei 
am meisten zum Studium der unbekannten Erreger geeignet und haben 
tatsfichlich oft genug zu Untersuchungen gedient, weil einmal das In- 
fektionsmaterial sich verhfiltnismfifiig leicht beschaffen lfifit und zweitens 
empfangliche Tiere in genfigender Zahl zur Verffigung stehen: die Lyssa 
und die Kuhpockenerkrankung. Die Lyssa involviert immerhin bei 
der Verbreitung des Infektionsstofifes eine gewisse Gefabr ffir die Um- 
gebung des Untersuchenden, die bei Arbeiten mit Vaccine nicht vor- 
handen ist Mit letzterer schien also das geeignetste Versuchsobjekt 
gegeben zu sein. 


Die eigenen Untersuchungen, fiber welche nunmehr berichtet werden 
soil, erstrecken sich fiber einen Zeitraum von mehreren Jahren, ein- 


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Bonhoff, Studien fiber den Yaccineerreger. I. 


245 


gerechnet die Zeit, die aus irgend welchen Griinden zum Arbeiten an 
dem Thema nicht benutzt wurde. 

Zur Zeit des Beginns meiner Beschaftigung mit dem Gegenstand 
war bereits fur die meisten Bakteriologen feststehend, dafi es sich bei 
den Erregern der akuten Exantheme um Bakterien nicht handeln kdnne. 
Hatte doch eine tausendfach wiederholte Untersuchung, von den ver-. 
schiedensten Autoren mit aller Gew&hr der Genauigkeit und ZuverlSssig- 
keit ansgefiihrt, immer dasselbe eindeutige Resultat ergeben: Kulturelle 
Sterilitat der zur Uebertragung geeigneten Krankheitsprodukte, Un- 
mdglichkeit, durch mikroskopische Untersuchung, F&rbung etc. irgend 
etwas Spezifisches nachzuweisen. Skmtliche Methoden des kulturellen 
und mikroskopischen Bakteriennachweises, die bisher in irgend einem 
Falle von Erfolg gekrbnt gewesen wareD, hatten bereits Anwendung er- 
fahren, die neuen zum Experiment herangezogenen MOglichkeiten waren 
nach jeder Richtung hin variiert und in grofiter Mannigfaltigkeit aus- 
geprobt worden. 

Trotz alledem liefi sich damals fflr den, welcher anfing, sich mit 
dem Gegenstand zu besch&ftigen, die Moglichkeit, dafi sich ein pflanz- 
licher zQchtbarer Mikroorganismus auffinden lasse, nicht von vornherein 
ganz von der Hand weisen. Als Warnung vor einem allzu schnellen 
Aufgeben der Hoffnung, auf dem angegebenen Wege das Ziel zu er- 
reichen, mufite immer die Geschichte der Auffindung des Tuberkel- 
bacillus dienen. Vielleicht war es doch nicht so ganz ausgeschlossen, 
durch tunlichst enge Anlehnung an die Bedingungen der Vermehrung 
im Kdrper, durch Benutzung mdglichst frischen, noch „korperwarmen“ 
Aussaatmaterials, durch zahlreichste Variation der aufieren Verhaltnisse, 
vor allem der Temperatur- und Feuchtigkeitsverhaltnisse den Erfolg zu 
fassen. Auch die Tatsache, daB sich weder mikroskopisch noch 
kulturell etwas erreichen lieB, konnte zunachst an dieser Auffassung 
nichts andern. Man hatte ja denken kdnnen, daB sich, wenn auch eine 
Zflchtung unmoglich sei, doch mikroskopisch etwas mflsse auffinden 
lassen, ebensogut wie z. B. in Rekurrensfallen die mikroskopische Unter¬ 
suchung des Blutes zur rechten Zeit den Krankheitserreger sofort auf- 
deckt, wahrend seine Ziichtung unmoglich ist; und wenn ich nicht irre, 
ist dieser Ansicht, dafi man doch wenigstens mikroskopisch die eventuell 
vorhandenen Bakterien miisse nachweisen konnen, verschiedentlich, auch 
von autoritativer Seite Ausdruck verliehen worden. Aber wer hat vor 
dem Beginn der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Tuberkel- 
bacillen in tuberkuldsen Drflsen oder ihrem Einschmelzungsprodukt 
gesehen? Oder wie viele Untersucher haben auch heute noch an der 
Impfstelle des Starrkrampfes bei Fallen ohne Mischinfektion Tetanus- 
bazillen mikroskopisch nachgewiesen oder gar herausgezfichtet? Wenn 
es sich anch bei dem Inhalt der Vaccinepustel wahrscheinlich um weit 
zahlreichere Krankheitserreger als in den eben angefQhrten Beispielen 
handelt — der Mifierfolg hier konnte immerhin auch an einer Kleinig- 
keit, an der Nichterfiillung einer einzigen, vielleicht ganz nebensachlich 
erscheinenden oder einer bezw. mehrerer fundamentaler Bedingungen 
liegen. 

Bei meinen Untersuchungen ist deshalb die Moglichkeit, eine Ziich- 
tungsmethode zu finden, niemals aufier Acht gelassen und tatsachlich 
bis zum FrQhjahr 1902 eine unzahlige Menge von Einzelversuchen nach 
dieser Richtung ausgeffihrt worden. Was zunachst das Material be- 
trifift, an welchem die Untersuchung vor sich ging, so handelt es sich 


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246 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

in der Hauptsache urn frische menschliche oder K&lbervaccine. Daneben 
aber babe ich im Laufe der Zeit, von der festen Ueberzeugung durch- 
drungen, dafi der Erreger der Variola im groBen und ganzen identisch 
sein mflsse mit dem der Vaccine, eine betr&chtliche Zahl von Pocken- 
kranken, bezw. deren Krankheitsprodukte in den verschiedensten Stadien 
.des Pockenprozesses untersucht. Ferner sind im Laufe der Jahre fast 
alle mir zugSnglichen FSlle von Scharlach, Maseru und Syphilis und zwar 
deren Krankheitsprodukte, Rachenbelag, Bindehautsekret, Eiter der Ge- 
schwflre etc. und deren Blut zu verschiedenen Zeiten der Erkrankung 
toils zu Kontrollzwecken, teils aber auch, um vielleicht hier, wo, wie 
schon erw&hnt, nach meiner und gewifi auch anderer Ansicht dasselbe 
Genus von Erregern vorliegt, einen Fingerzeig zu erhalten, einer ge- 
nauen Prufung unterzogen worden. Auch das Sputum keuchhusten- 
kranker Kinder, so oft es rein erh&ltlich war, ferner die Krankheits¬ 
produkte einiger in ihrer Aetiologie unaufgekl&rter tierischer Infektionen, 
z. B. besonders der Hundestaupe, haben zu Kontrolluntersuchungen 
gedient. 

Bezflglich des methodischen Vorgehens wurde bei alien 
Untersuchungen nach dieser Richtung der Hauptwert gelegt und die 
meiste Zeit verwendet auf die mikroskopische Durchsuchung des frischen 
Materials im natflrlichen Zustande. Dabei wurde nicht nur mit Ver- 
grfifierungen bis 2250fach untersucht, sondern auch der Versuch ge- 
macht, durch Aenderungen im Brechungszustande der Medien, Dinge, 
die eventuell wegen ihrer mit dem umgebenden Medium vflllig gleichen 
LichtbrechungsverhSltnisse unsichtbar waren, fflr unser Auge sichtbar 
zu machen. Eine ges&ttigte Lavuloselosung diente zur Aenderung der 
Lichtbrechung, durch seitliche Beleuchtung und farbiges Licht wurde 
versucht, eine Verst&rkung der VergroBerung zu erreichen. 

Gleichzeitig mit diesen Untersuchungen des Materials im natflrlichen 
Zustande wurden selbstverstfindlich gef&rbte Prfiparate von demselben 
Material hergestellt, mit so ziemlich alien Einzelfarben und alien Farben- 
kombinationen, die bis zum Beginne der Arbeiten bekannt waren und 
im Laufe der letzten Jahre neu mitgeteilt worden sind. Auch war ich 
bemfiht, durch neue, mir zweckm&Big erscheinende Zusammenstellungen 
der verschiedensten Farbreagentien meinem Ziele nflher zu kommen. 

Neben diesen histologischen Untersuchungen gingen stetig Versuche 
einher, durch moglichste Anpassung des Nahrbodens an die natflrlichen 
VerhSltnisse eine Entwickelung des Krankheitserregers auf kflnstlichem 
Material zu erhalten. In frfihester Zeit habe ich unter zahlreichen 
Fehlversuchen zu leiden gehabt und bin, wie andere auch, mancher 
Bakterienart naher getreten, die sich bei genauerer Untersuchung als 
gleichgflltig erwies, weil die Vorbedingung fflr derartige Versuche, ein 
von fremden Bakterien freies, den Erreger aber in mflglichster Reich- 
lichkeit enthaltendes Aussaatmaterial, nicht so leicht zu erffillen war als 
heute. Jetzt kann man dieselbe bei der Pockenlymphe auf die aller- 
verschiedenste Weise, durch Zentrifugieren der Lymphe, durch Bebandeln 
derselben mit Glycerin bei Bruttemperatur, durch subtilste Desinfektion 
der Haut des Kalbes am Rflcken, Impfung an dieser Stelle und Okklusiv- 
verband, durch vierstfindigen Aufenthalt der Lympbe in der Bauchhdhle 
des Kaninchens und wahrscheinlich auch noch auf manche andere Weise 
weit leichter erffillen. 

In einem Falle ist auch Lymphe von der Firma Merck in Darm¬ 
stadt, durch freundliche Uebersendung seitens des Herrn Dr. Land- 


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247 


mann erhalten, verwendet worden. Dieselbe erwies sich als v611ig 
steril, war aber, wie auch bei Untersucbungen derselben Lymphe von 
anderer Seite festgestellt worden ist, entschieden in der Wirkung ab- 
geschwficht. Bei einem Erstimpfling entwickelten sich an drei von vier 
Impfschnitten nur abortive Pusteln, der vierte Schnitt blieb reaktionslos. 

Bei den ZUchtungsversuchen sind nun Menschen- und Kfilberserum 
im flttssigen und festen Zustande, natfirlich stets von empffinglichen, 
nicht irgendwie immun gewordenen Individuen, fttr sich allein oder 
kombiniert mit den allerverschiedensten Stoffen organischer und an- 
organischer Natur, hauptsficblich herangezogen worden. AuBerdem sind 
geprfift die tibrigen Bestandteile des Blutes von Kfilbern, vor allem 
Hfimoglobinldsungen moglichst frischer Bereitung; ferner frischer und 
filterer Muskelsaft des Kalbes, durch Bakterienfilter keimfrei gemacht, 
also unerwfirmt; frei von Zusatzen und in den verschiedensten Kom- 
binationen; auch diese Nfihrboden in fliissigem und festem Zustande. 
Endlich ist wiederholt dasjenige Material, in dem sich die Vaccineerreger 
doch zweifellos vermehren, der Inhalt der Epidermiszellen des Kalbes, 
in mbglichst wenig verfindertem Zustand in Verbindung mit Kalberserum 
zu den Versuchen benutzt worden. 

Die Resultate aller dieser sich fiber Jahre ausdehnenden Versuche 
sind, um es moglichst kurz zu sagen, vdllig negative. Ffir meine Person 
habe ich aus alien diesen eigenen Versuchen die Ueberzeugung ge- 
wonnen, daB es nicht gelingt, eine praktisch brauchbare Vermehrung 
der Vaccinekeime auf den genannten kfinstlichen Substraten zu erzielen 
und daB es sich bei den Erregern der Kuhpocken um 
pflanzliche Organismen, die eine engere Verwandtschaft 
mit den verschiedenen uns bekannten mikroskopisch 
sichtbaren Bakterien zeigen, nicht handeln kann. 


,,Lorsqu’on examine au microscope, avec les plus forts grossissements, 
de la lymphe vaccinale recueillie au 4e jour, en tubes capillaires, avec 
toutes les precautions de puret6 possibles, on n’y trouve que trbs peu 
et quelquefois pas de batteries colorables par les methodes usuelles. 
A l’etat frais, on y observe en revanche une multitude de grains ex- 
tremement petits, r4fringents, mobiles, qui semblent bien etre les elements 
virulents du vaccin, car on ne les rencontre jamais dans le sang, ni dans 
les exsudats recueillies chez les animaux enikat d’6ruption vaccinale“'). 

Von der Anwesenheit dieser sehr kleinen, stark lichtbrechenden und 
beweglichen Korner in jeder Lymphe und in dem Inhalt jeder Pustel 
der Menschen- und Kuhpocken haben sich schon zahlreiche Untersucher 
fiberzeugt und kann man sich in der Tat jederzeit sehr leicht fiberzeugen. 
Sie sind vom vierten Tage an mit Sicherheit in groBen Mengen in dem 
erw&hnten Material zu finden. 

Diesen Kfirnern bin ich wfihrend meiner Untersuchungen lfingere 
Zeit nachgegangen. Es war mir gelungen, dieselben Gebilde, wie ich 
glaubte, in groBeren Mengen in besonderem kfinstlichem Nfihrboden sich 
entwickeln zu sehen und mit der siebenten Generation derartigen 
Materials Pusteln beim Kalbe zu erzeugen. Die Art der Bereitung 
dieses Nfihrmaterials will ich zunfichst mitteilen, da es mir nicht ganz 


1) Calmette et Gu4rin, Kecherches sur la vaccine exp4rimentale. (Annales 
Pasteur 1901. p. 166.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


ausgeschlossen erscheint, daB auch von anderer Seite der Gedanke, auf 
dem anzugebenden Wege zum Ziele zu kommen, verfolgt werden kbnnte. 
Hat doch Babes bei der Zfichtung des Hundswaterregers Gehirnsubstanz 
in ahnlicher Weise, wie ich gleich beschreiben werde, verwendet; wie 
er glaubt, mit einem gewissen Erfolge. Und hat doch auch Loewit 
inzwischen bei seinen Leukfimieparasiten Versuche zur Zfichtung in 
Milz- und Lymphdrfisensubstanz gemacht (p. 236). 

Blut und Fleischbestandteile des Kalbes hatten sich bei meinen 
Untersuchungen bereits mehrfach als unzulanglich zu Zflchtungsversuchen 
erwiesen — auch die schon von Anfang an von mir gesehenen stark 
lichtbrechenden Eornchen waren nicht zur Entwickelung gekomuien. 
Es blieb der Versuch, die inneren Organe des Kalbes, die kernreichen, 
als N&hrmaterial zu verarbeiten. Viel Hoffnung wurde auf diesen Ver¬ 
such nicht gesetzt, da es sehr fraglich erschien, ob die in Lbsung ge- 
gangenen Nukleine und fihnliche Ebrper, die ja bekanntlich bei der 
Ernahrung des Menschen als Ersatz fiir Eiweifi nicht dienen kbnnen, 
imstande sein warden, den Nahrstoff fiir parasitfire niedere Organismen 
abzugeben. War doch sogar das Gegenteil, eine Abtbtung solcher 
parasitfirer Organismen, durch manche der zu verarbeitenden Organe, 
wie Milz, Knochenmark, nicht ausgeschlossen. Urn so grbBer war mein 
Erstaunen, als sich herauszustellen schien, dafi gerade dieses Material 
sich eignen sollte. 

Die Bereitung des NS.hrbodens war folgende: Von einer l /i o Normal- 
Natrium- oder Kaliumhydroxydlosung wurden mehrere Liter bereitet 
und sicher sterilisiert. Mit dieser Lbsung wurden die mbglichst steril 
zerkleinerten Organe der verschiedensten Tiere, hauptsfichlich von Rindern, 
Kfilbern, Kaninchen, Meerschweinchen und Hunden, und zwar vor allem 
h&ufig die Milz, etwas weniger oft Leber und Nieren, ganz selten Gehirn 
und Knochenmark abergossen, eine Zeit lang extrahiert, dann ausgeprefit 
und durch steriles Fliefipapier filtriert. Das Filtrat stellte, nachdem es 
mit steriler 0 -Normalsfiure auf brauchbare, Ubrigens verschieden hohe 
Alkalescenzgrade gebracht war, den N&hrboden vor, der also dadurch 
charakterisiert war, daB es sich um niemals Qber Kbrpertempe- 
ratur erwarmte Alkaliextrakte der lebenswichtigsten 
Organe handelte. Natfirlich war es nicht leicht, solche Nahrboden 
steril zu erhalten, da ja von dem Moment des Todes des Tieres an- 
dauernd Gelegenheit zur Infektion mit Mikroorganismen in reichstem 
MaBe gegeben war. Trotz der gebrauchten VorsichtsmaBregeln wurde 
es vielleicht niemals gelungen sein, zum Ziele zu kommen, wenn nicht 
aberall bester Wille und vor allem bei meinem damaligen Diener wahre 
Unermttdlichkeit vorhanden gewesen ware. Was die VorsichtsmaBregeln 
betrifft, so wurde, um das Material von den Schlachttieren zu erhalten, 
der Diener am Tage vorher von der Stunde des Schlachtens benach- 
richtigt, ging dann mit sterilisierter Doppelschale und einigen sterilen 
Messern zum Schlachthause, das betreffende Organ wurde mit gereinigten 
und nach damaliger Methode frisch desinfizierten Handen gefafit und 
mbglichst sofort nach Eroifnung der betreffenden Korperhbhle mit den 
mitgenommenen Messern herausgeschnitten. Nach der Herausnahme 
ging eine energische Abspiilung mit steriler physiologischer Kochsalz- 
losung an dem Organ vor sich. In der Doppelschale ins Laboratorium 
transportiert, wurde es sofort mit Fleischhackmaschine zerkleinert und 
zwar unter mehreren Lagen Fliefipapier, die fiber der Maschine aus- 
gespannt waren. Der aufgefangene Brei wurde mit der erwfihnten 


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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I. 


249 


Alkalildsung im Verhaltnis von 1:2, zuweilen auch mit mehr der Losung 
versetzt und nun zunachst in Flaschen, die mit Korken verschlossen 
waren, eine halbe bis ganze Stunde im Schflttelapparat kraftig durch- 
geschOttelt Die Flaschen warden dann in einen grofien Glastrichter 
der mit Seihtuch versehen war, entleert, das Seihtuch oben zusammen- 
gedreht und der Inhalt desselben mit den H&nden ausgepreBt. Ueber 
die pressenden Hfinde war vorher ein Paar Gummihandschuhe gezogen, 
das 2 Stunden in l%o Sublimat gelegen hatte, die Hande selbst waren 
natflrlich vorher griindlich nach FQr bringerscher Methode desinfiziert 
worden. Das in steriler Flasche aufgefangene Prefiergebnis wurde dann 
in mbglichst kleinen Portionen auf kleine in Fiaschchen steckende Papier- 
filter gebracht, die in mdglichst groBer Zahl vorhanden waren, so daB 
hOchstens immer 10—20 ccm des Extraktes auf ein Filter kamen. Das 
letztere war notwendig, weil besonders von den 1:2 Alkalildsung ver- 
setzten Breiextrakten, selbst nach 24 Stunden Filtrierens nur sehr wenig 
Filtrat erhalten wurde; die zahe, eiweiB- und mucinreiche Masse verlegte 
geradezu die Poren der Filter. Es war auch deshalb empfehlenswert, 
weil man hoffen konnte, aus mehreren kleinen Portionen spater eher 
eine keimfreie zu erhalten, als wenn die ganze Masse vereint stunden- 
lang in einem Filter filtriert hatte. 

Dann wurde die ganze Batterie der Filter und Fiaschchen mit 
mehreren Bogen Fliefipapiers bedeckt und bei mdglichst niedriger 
Temperatur sich selbst iiberlassen. Nach ca. 12—24 Stunden wurde 
das Filtrat aus den einzelnen Fiaschchen unter peinlichen Vorsichts- 
maBregeln, mit sterilen Pipetten, ohne Schfitteln, in Reagenzgiaser ge- 
fflllt, hier mit Vio’Normalsaure versetzt, derart, daB eben keine sichtbare 
Trflbung der ganz klaren braunlichen Flttssigkeit eintrat, und die 
Reagenzgiaser mit dem fertigen Nahrboden dann in den BrUtschrank 
gestellt. Nur solche Rdhrchen wurden zu den Versuchen benutzt, die 
nach 4-tagigem Aufenthalt bei 37° C im Agarausstrich sich steril er- 
wiesen. Ich brauche kaum besonders zu erwahnen, daB alle Gegenstande, 
mit denen das Material wahrend der Zubereitung in Beruhrung kam, 
also Fleischhackmaschine und dariiber gespanntes FlieBpapier, die Glaser, 
in denen der Brei aufgefangen wurde, alle Flaschen, Korken und Glas¬ 
trichter, Seihtuch, Reagenzgiaser etc. vorher auf das sorgfaltigste im 
strbmenden Dampfe sterilisiert waren. 

Trotz aller dieser VorsichtsmaBregeln erhielt ich weit haufiger in- 
fizierte, als sterile Nahrboden; und eine unendlicbe Geduld und Mflhe 
gehOrte dazu, nur von jedem Organ wenigstens einige Male keimfreies 
Material zu gewinnen. Mit Ausnahme des Kalbshirnextraktes, den ich 
nur einmal keimfrei erhielt, ist es mir indes bei samtlichen Organen 
ofter gelungen. 

Die auf die angegebene Weise steril erhaltenen Nahrboden wurden 
im fliissigen und festen Zustande (mit 3 Proz. Agar aa versetzt) mit 
steriler, aber den Krankheitserreger reichlich enthaltender Lymphe be- 
impft. Als Ausgangsmaterial kam dabei hauptsachlich der Inhalt der 
Pusteln erstgeimpfter Kinder zur Verwendung, ferner Kalberpusteln in 
den verschiedenen Zeitpunkten ihrer Entwickelung. Jede einzelne Probe, 
die zur Aussaat diente, wurde auf ihre Fahigkeit geprflft, beim Kalbe 
echte Vaccinepusteln zu erzeugen. Zur Kontrolle dienten, wie scbon 
erwahnt wurde, Blut von Kindern, die an akuten Exanthemen litten, so 
lange sie auf der H5he der Krankheitsentwickelung sich befanden; das 
Blut und die Krankheitsprodukte staupekranker Hunde etc. Nach der 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Impfung des N&hrbodens blieb derselbe 8 Tage im Brutschrank bei 
37° C stehen; dann wurde auf denselben N&hrboden abgeimpft von dem 
ersten Robrchen und damit die zweite ^Generation 14 hergestelit, die 
wieder 8 Tage im Briitschrank blieb, bis von ihr auf ein drittes Robrchen 
desselben N&brbodens als dritte „ Generation 44 abgeimpft wurde etc. 
Naturlich fand in der Zwischenzeit eine wiederholte Untersuchung des 
Materials im h&ngenden Tropfen und gef&rbten Zustande statt. Von 
der siebenten ^Generation 44 der auf diesem N&hrboden nfortgezfichteten 44 
Lympheerreger wurde ein Kalb in bekannter Weise in die Haut der 
rasierten Bauchdecken geimpft und von dem Erfolg der Impfung ge- 
schlossen auf die Mftglicbkeit, den N&hrboden als Zilchtungsmaterial 
ftir den Vaccinekeim zu benutzen. Die siebente Generation wurde als 
beweisend angesehen, weil in Vorversuchen festgestellt war, daft bei 
der Uebertragung von gleichen Mengen der Lympbe in Bouillon, Aufent- 
halt der letzteren im Brutscbrank fur 8 Tage und Abimpfung in weitere 
Bouillonrohrchen die Parasiten der Kuhpocken nur selten noch in dem 
funften Bouillonrohrchen, bei der fiinften „Generation tt nachweisbar, d. h. 
durch die F&higkeit dieser Bouillon, beim Kalbe Vaccinepusteln zu er- 
zeugen, feststellbar waren. In sechster ^Generation 44 habe ich niemals 
noch eine Wirkung dieser Bouillon beim Kalbe gesehcn. Wenn man 
also von der siebenten „Generation 44 auf dem Organextrakt-N&hrboden 
positive Resultate erhielt, so schien damit der Beweis einer Vermehrung 
der Krankheitserreger in diesem N&hrboden um so mehr erbracht, als 
ein Hineingelangen von Pockenkeimen in die Scbnittwunden auf andere 
Weise, etwa von dem von frfiher her infizierten Stallboden oder dem 
Futter der Tierst&nde her, als ausgeschlossen gelten konnte und gelten 
kann, wie (ibrigens auch v. Wasielewski neuerdings gezeigt hat. 

Die mikroskopischen Untersuchungen des Materiales im N&hrboden 
zu verschiedenen Zeiten w&hrend des Aufenthaltes im Brutschrank zeigten, 
dafi eine hdchst auffallende Ver&nderung in dem N&hrboden vor sich 
ging, die sich schon bei der Betrachtung mit bloBem Auge aufdr&ngte: 
der bis dahin vOllig homogene, braune, durchsichtige N&hrboden trflbte 
sich allm&hlich, wurde schmutziggrau und lieB eine groBe Anzahl kleinster 
Brbckchen beim Schfitteln erkennen. Wahrend des Aufenthalts im Brut¬ 
schrank trat diese Ver&nderung allmahlich und in immer zunehmendem 
Mafie ein, nicht ganz regelmaBig und nicht immer gleich deutlich, aber 
doch im ganzen in gleichm&Biger Weise. Die mikroskopische Betrachtung 
ergab, daB eine groBe Anzahl kleinster Gebilde, zum Teil das Licht sehr 
stark brechend und lebhafteste Molekularbewegung zeigend, Gebilde, die 
sich mit Farbstoffen nicht darstellen lieBen, in dem N&hrboden, und zwar 
ebenfalls in mit dem Aufenthalt bei 37° steigender Zahl, vorhanden 
waren. Da nun unglflcklicherweise bei den ersten Versuchen in un- 
beimpften Oder mit etwas Glycerinwasser versetzten Kontrollrohrchen, 
die ebenfalls im Brfltschrank gehalteu waren, diese Ver&nderung inner- 
halb 8 Tagen nicht eintrat oder wenigstens bei weitem nicht so deutlich 
-und ohne mikroskopisch nachweisbare stark lichtbrechende Kornchen, 
so glaubte ich in der Tat auf dem richtigen Wege zu sein und ein 
Mittel zur kiinstlichen Zfichtung des Vaccineerregers gefunden zu haben. 
In dieser Meinung wurde ich natfirlich besonders gefestigt durch den 
oben schon erw&hnten Versuch, bei welchem es mit der siebenten 
^Generation 44 meines ^N&hrbodens 44 gelang, beim Kalbe echte Kuhpocken 
zu erzeugen. 

Dieser positiv ausgefallene Versuch ist indes ganz vereinzelt geblieben, 


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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


251 


also wohl auf Zufalligkeiten. reichlicheres Aussaatmaterial, weit groBere 
Anzahl von Parasiten in der Ausgangslymphe oder dergleichen, zurtlck- 
zuftihren. Denn die mehrfache Wiederholung der oben auseinander- 
gesetzten Versuchsanordnung hat ergeben, daB, wenn auch vielleicht eine 
sehr gute Konservierung, doch eine wirkliche dauernde Vermehrung des 
Kuhpockenkeimes auf dem beschriebenen Nahrboden nicht stattfindet; 
daB der unbeimpfte Nahrboden an sich bei langerem oder 
kflrzerem Aufenthalt im Briitschrank, zuweilen, aus unbe- 
kannten GrOnden, schon nach ganz kurzer Zeit, Kdrnclien ver- 
dachtiger Beschaffenheit und sehr verschiedener GroBe er- 
zeugt, die auch ein sehr hohes LichtbrechungsvermSgen 
besitzen; und dafi also auf dem eingeschlagenen Wege ein Fortschritt 
nicht zu erhoffen ist. Mir ist darait auch die Anschauung, daB die in 
der Vaccinepustel vorkommenden Korner die Erreger der Kuhpocken 
sind, hinfallig geworden. Ich halte diese Korner fflr Produkte der Ein- 
schmelzung von Zellen, die in dem sehr eiweiBreichen Material allmahlich 
auftreten, gleichgflltig, wodurch die Einschmelzung bedingt wird. Eine 
Ziichtung des Pockenkeimes ist also auch auf diesen 
Nahrboden ausgeschlossen, ebensogut wie eine Zuchtung der 
Erreger der anderen in den Bereich dieser Untersuchungen einbezogenen 
Krankheiten. (SchluB folgt) 


Nachdruck verboten. 

Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 

[Aus dem Institute fflr allgemeine und experimentelle Pathologie der 
k. k. Universitat Innsbruck.] 

Von Prof. Dr. M. LOwit, Innsbruck. 

Mit 1 Tafel. 

(SchluB.) 

Bei diesen Untersuchungen stellte sich nun folgende gewiB beach- 
tenswerte Erscheinung heraus. Wurden nSmlich die mit dem aktiven 
Normal- oder Immunserum beschickten ROhrchen innerhalb der ersten 
5—8 Minuten nach der Impfung rasch wieder dem Thermostaten ent- 
nommen zu einer Zeit, wo weder makro- noch mikroskopisch (im hangen- 
den Tropfen) Zeichen der Agglutination vorhanden oder hdchstens erst 
kleinste mikroskopische Haufcben von 5—8 Mikroben nachweisbar waren, 
und nun in der obenerwahnten Weise der energischen Zentrifugierung 
unterworfen, so konnte bereits nach der ersten, 8—10 Minuten wahren- 
den Zentrifugierung in den vom Boden des Spitzglases wieder aufge- 
rflhrten Mikroben schon makroskopisch und dann auch mikroskopisch 
deutliche Agglutination erkannt werden, wahrend in analog behandelten 
Kontrollpraparaten der der Einwirkung der Sera nicht unterworfenen 
Mikroben keine Spur von Agglutination weder makro- noch mikrosko¬ 
pisch nachweisbar war. Da in entsprechend geimpften Kontrollrohrchen 
mit Normalserum, die wahrend der Dauer der Zentrifugierung anderer 
in gleicher Weise beschickter Rohrchen ruhig im Thermostaten geblieben 
waren, die Agglutination noch nicht oder nur viel geringgradiger einge- 
treten war, so muBte aus diesem Verhalten geschlossen 
werden, daB selbst nach der kurz dauernden Einwirkung 


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252 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


der Sera bereits eine Vorbereitung der Mikroben zur 
Agglutination eingetreten war, welche aber noch nicht 
hinreichte, um in dem sich selbst fiberlassenen Rohrchen 
uni diese Zeit die Agglutination hervortreten zu lassen, 
welche aber nach Hinzutritt der auch nur kurze Zeit 
w&hrenden Zentrifugierung genfigte, uni die Agglutinie- 
rung der vorbereiteten Mikroben zu bewirken. 

Durch diese Beobachtungen erscheint ein unraittelbarer Hinweis 
gegeben zu sein auf die beiden zuerst von Bordet 1 2 ) aufgestellten, 
dann von verschiedenen anderen Autoren acceptierten zwei Phasen des 
Agglutinationsprozesses. Bordet unterscheidet bekanntlich 1) jene 
Phase, in welcher die Mikroben (oder andere zellige Elemente) das Ag¬ 
glutinin in sich oder an sich fixieren, was von Ehrlich und Morgen- 
roth*) bereits vor Bordet erkannt worden war; und 2) jene Phase, 
wo infolge ge&nderter molekulfirer Attraktion in der Ldsung eine Be- 
rfihrung und Verbindung der Mikroben untereinander erfolgt. Beide 
Phasen des Prozesses konnten bereits von Bordet getrennt werden, 
und sie scheinen auch in unseren Versuchen durch die Wirkung der 
Zentrifugierung, wenn auch nicht in so scharfer Weise, wie bei Bor¬ 
det, markiert zu sein. Man kann sich wohl dahin aussprechen, daft 
die Aenderung der molekul&ren Attraktion in unseren Beobachtungen 
wahrscheinlich durch die Zentrifugierung erfolgte, indem dabei die Mikro- 
organismen der Wirkung der Zentrifugalkraft folgen, mithin nach einer 
bestimmten Richtung fortbewegt und auf diese Weise miteinander in 
Berfihrung gebracht werden. 

Allein welche Verfinderungen oder Vorbereitungen mfissen in den 
Mikroben stattgefunden haben, damit durch die Zentifugierung die Ag¬ 
glutination derselben vollzogen wird, da doch normale, durch die fehlende 
Einwirkung der Sera nicht ver&nderte Mikroben durch die Zentrifugie¬ 
rung allein nicht agglutiniert werden ? Diese Frage wird durch die bis- 
herigen Beobachtungen nicht beantwortet, indem der Nachweis der phy- 
sikalischen oder chemischen Fixierung des Agglutinins durch die Mikroben 
w&hrend der ersten Phase uns fiber jene Veranderungen der Mikroben 
(oder der zelligen Elemente Uberhaupt), die sie zur Agglutination ge- 
eignet machen, nicht orientiert. 

Untersucht man nun mit Typhus- oder Cholerabakterien beschickte 
Immun- oder Normalsera, die nur wenige Minuten im Thermostaten 
belassen und zu einer Zeit aus demselben entnommen wurden, da weder 
makroskopisch noch im hfingenden Tropfen irgendwelche oder nur ganz 
geringgradige Zeichen der Agglutination wahrnehmbar sind, in der oben 
auseinandergesetzten Weise, so findet man in den gefarbten Pr&paraten 
zwar vielfach groBere und kleiner agglutinierte Haufen in der bereits 
geschilderten Form, aber wechselnde Mengen der Mikroben liegen iso- 
liert, einzelweise, oder sind hochstens in ganz kleinen Gruppen von 2 
bis 4 Mikroben miteinander verbunden. Gerade diese isoliert liegenden 
Mikroben lassen nun in gelungenen Praparaten mit genttgender Deut- 
lichkeit erkennen, daB viele derselben sicher rosa oder rot- 
violett geffirbte Anhfingsel von verschiedener Form an 
dem Bakterienleibe besitzen (Fig. 4 c, d, e, Fig. 6 b, c), die man 
in Kontrollpr&paraten von der Agglutininwirkung nicht ausgesetzten 


1) L c. 

2) Berl. klin. Wochenschr. 1899. No. 1 u. 22; 1900. No. 21 u. 31. 


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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


253 


Mikroben niemals vorfindet, die aber auch an manchen der isoliert 
liegenden Mikroben in den obenerw&hnten Prfiparaten nach kurzer Ag¬ 
glutination fehlen konnen. 

Diese Anhingsel umschliefien entweder den Mikrobenleib vollst&ndig 
oder sie sitzen ihm nor von einer Seite mehr zipfelfOrmig auf und 
konnen recht mannigfache Formen darbieten. Immer aber handelt es 
sich dabei um ganz kurze und kleine Gebilde, die nur bei scharfer Ein- 
stellung und bei guter Beleuchtung') erkannt werden kOnnen. Diese 
Anh&ngsel erscheinen vollig strukturlos und amorph, wie die Zwischen- 
substanz in den agglutinierten Haufen flberhaupt, und es kann wohl 
einem Zweifel nicbt unterliegen, dafi diese Anh&ngsel an den isolierten 
Mikroben mit der Zwischensubstanz der agglutinierten Haufen in tinkto- 
rieller und auch sonst in chemischer Beziehung fibereinstimmen; a lie 
Einwirkungen n&mlich (WSrme, Sfiure, Alkali), welche Des- 
agglutination hervorrufen, bringen die Zwischensub¬ 
stanz in den agglutinierten Haufen und die eben erwahn- 
ten Anhangsel an den isolierten Mikroben zum Ver- 
schwinden, und es ist wohl sehr wahrscheinlich, dad dabei eine 
Losung der Zwischensubstanz in den Haufen und eine L5sung der ge- 
schilderten Anhangsel stattfindet; indessen sei doch besonders betont, 
dad das Verschwinden der Zwischensubstanz und der sogenannten An¬ 
hangsel sowie die Unmdglichkeit, dieselben nach der Desagglutination 
der Mikroben farberisch wieder darzustellen, nicht unbedingt der Aus- 
druck eines Losungsprozesses sein mud. 

Acceptiert man diese Annahme, dad die Zwischensubstanz in den 
agglutinierten Haufen und die sogenannten Anhangsel der isolierten 
Mikroben zusammengehorige und identische Gebilde sind, so erscheint 
dam it eine Grundlage fflr die Entstehung der Zwischensubstanz in den 
agglutinierten Haufen gewonnen zu sein. Die genannten Bilder weisen 
namlich darauf hin, dad unter Einwirkung der agglutinierenden Ursache 
aus dem Mikrobenleibe gewisse in tinktorieller und chemischer Beziehung 
vom Mikrobenleibe differente Substanzen austreten nnd mit dem Mi¬ 
krobenleibe als die sogenannten Anhangsel im Zusammenhang stehend 
nachgewiesen werden kOnnen. Ueber die chemische Beschaffenheit dieser 
ausgetretenen Substanz (Anhangsel) und fiber die Verfinderung, welche 
dieselbe unter der Einwirkung der agglutinierenden Ursache erleidet, 
geben die vorliegenden farberischen Untersuchungen keine Auskunft, 
doch ist es ja aus anderweitigen chemischen Untersuchungen im hohen 
Grade wahrscheinlich gemacht, dad die Wechselwirkung zwischen agglu- 
tinierender Ursache (Agglutinin) und agglutinierbarer Substanz als ein 
den Gerinnungsvorgangen nahestehender Prozed aufzufassen ist, dessen 
Substrat nun auch morphologisch in der Zwischensubstanz und den so¬ 
genannten Anhangseln wahrscheinlich nachgewiesen ist. 

Das Wesen der Agglutination im Normal- und Immunserum wird 
daher auf Grund der vorliegenden Beobachtungen in Uebereinstimmung 
mit der Theorie von Paltauf wohl als eine Niederschlagsbildung unter 
aktiver Mitbeteiligung des Bakterienleibes aufzufassen sein, wo bei aller- 
dings eine Entscheidung der Frage durch die vorliegenden Unter¬ 
suchungen nicht gegeben ist, ob die aus dem Bakterienleibe aus- 
tretenden Substanzen auch primfir am Bakterienleibe entstehen und 


1) Bei kiinstlicher Beleuchtung (Auerlicht und elektrisches Licht) sind die ge- 
schilderten farberischen Differenzen weit schlechter als bei Tageslicht zu erkennen. 


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254 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originals. Bd. XXXIV. No. 3. 


fixiert werden, oder ob diese Substanzen erst frei in die umgebende 
FKissigkeit fibertreten 1 ), hier niedergeschlagen werden und sich erst 
sekund&r am Bakterienleibe fixieren. Eine wesentliche Schadigung der 
Form und Beschaffenheit des Bakterienleibes muB, nach den hier- 
tlber bekannten Erfahrungen, durch diese die Agglutination bedingende 
Veriinderung des Bakterienleibes nicht eintreten, ob jedoch diese Ver- 
Snderung nicht in einer gewissen, die Einwirkung anderer schadigender 
Einflflsse (Alexin) fordernder Beziehung steht, ist auf Grund dieser Be- 
obachtungen nicht direkt zu entscheiden. 

Wir werden uus also beztiglich des Zustandekommens der Bak- 
terienagglutination im Normal- und Immunserum auf Grund der 
hier mitgeteilten Befunde dahin aussprechen kSnnen, 4aB bei der 
Agglutination Niederschlagsbildungen in und an den 
Mikroben und vielleicht auch frei in der umgebenden 
Fliissigkeit aus dem Bakterienleibe entstammenden Sub¬ 
stanzen zu stande kommen, die tinktoriell in den dies- 
bezuglichenPriparaten nachweisbar sind. Diese Nieder¬ 
schlagsbildungen dflrfen als die Ursache der Verbindung 
der Mikroben untereinander, mithin als ein wesentliches 
Moment der Agglutination angesprochen werden. Ob nun 
diese Verbindung in der Weise bewerkstelligt wird, daB die mit den 
Anhangseln (NiederschlSgen) behafteten Mikroben durch ge&nderte Gra¬ 
vitations- und Attraktionsverh&ltnisse einander genfihert und dann mit- 
einander vereinigt werden, oder ob dieselben durch freie, der gleichen 
Quelle entstammende NiederschlBge abgefangen werden, oder ob durch 
derartige Niederschlagsbildungen gefinderte Verh&ltnisse der molekularen 
Attraktion zwischen den Mikroben und der umgebenden Fliissigkeit im 
Sinne Bordets veranlaBt werden, oder ob alle drei Momente an dem 
Zustandekommen der Agglutination mitwirken, wird durch die vor- 
liegenden Beobachtungen nicht entschieden. Indessen wird durch diesen 
Umstand an der Auffassung der Agglutination als einer durch (spezi- 
fische) Niederschlagsbildungen bedingten Erscheinung nichts geSndert. 
Es ist ubrigens nicht ausgeschlossen, daB die von Gruber 2 3 ) zuerst be- 
schriebenen und als Ursache der Agglutination angesprochene Quellungs- 
bilder der Mikroben durch die im vorausgehenden geschilderten Nieder¬ 
schlagsbildungen an den Mikroben bei der Agglutination bis zu einem 
gewissen Grade mitveranlaBt wurden. Die von Neufeld 8 ) vor kurzem 
beschriebene Quellung der Pneumokokken bei der Agglutination der- 
selben durch ein Immunserum wird von Neufeld selbst nicht als eine 
Stutze der Gruberschen Quellungstheorie angesprochen, andererseits 
wird diese Erscheinung aber auch nicht auf Komplementwirkung zurflck- 
gefiihrt. Neufeld meint, daB es sich bei den Pneumokokken um einen 
ganz speziellen Fall handelt, indem nur bei diesen eine sichtbare Quel¬ 
lung mit den durch die Agglutininwirkung bedingten Gerinnungsvor- 
g&ngen in den oberfl&chlichen Schichten der Bakterienzelle zu stande 
kommt. 

Die im vorausgehenden angefilhrte F&rbung der bei der Bakterien- 


1) Der chemische Nachweis der aus den Mikroben stammenden sogenannten „Bak- 
terienkoaguline“ ist durch E. P. Pick (1. c.) erbracht worden. 

2) Miinch. med. Wochenschr. 1896 p. 285. Deutsche med. Wochenschr. 1896. 
p. 234. Wien. klin. Wochenschr. 1896. No. 11 u. 12. Munch, med. Wochenschr. 1899. 
p. 1329. 

3) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XL. 1902. p. 54. 


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Li)wit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


255 


agglutination zu stande kommenden Niederschlagsbildungen wurde auch 
an den nacb der Methode von R. Kraus hergestellten Pr&zipitinen 
(Koaguline) gepruft, und zwar wurde ausschlieBlich das durch Kaninchen- 
immunserura ausgefallte Pr&zipitin in einer filtrierten Typhusbouillon- 
kultur der angegebenen F&rbung unterzogen, wobei sich dieses letztere 
in tinktorieller Beziehung und auch in seinen Ldslichkeitsverh&ltnissen 
(gegen War me, Saure und Alkali) vollig gleich mit der sogenannten 
Zwischensubstanz der durch Immunserum agglutinierten Typhusbaeillen 
verhielt. Damit erscbeint wohl ein nicht unwichtiger Hinweis, gewiB 
aber kein unbedingter Beweis, fur die Identitat der Pr&zipitine und der 
agglutinabeln Substanz gegeben, die, wenn auch neuerdings noch durch 
Beljaeff 1 2 3 ) geleugnet, doch durch die Beobachtungen von Kraus und 
Pirko*), von Ford 8 ), Klein 4 ), Wassermann 5 6 ) und anderen gut 
gestutzt erscheint Man wird aber, wie auch Wassermann*) und 
Klein 7 ) hervorheben, bei der Beurteilung der Beziehungen zwischen 
Prazipitinen und agglutinabler Substanz immer darauf zu achten haben, 
daB in alten Kulturfiltraten neben der durch das Immunserum ausgefallten 
agglutinablen Substanz gewiB auch noch andere aus den ausgelaugten 
BakterienkOrpern herriihrende Substanzen als Bestandteil des Pr&zipitates 
vorhanden sein konnen, ein Moment, das bei der Beurteilung einer etwa 
vorhandenen Inkongruenz zwischen Prazipitinbildung und Agglutination 
gewiB im hohen Grade Beachtung verdient. Da mithin der bei der 
Prazipitation gebildete Niederschlag nicht ausschlieBlich aus der bei der 
Agglutination in Betracht kommenden agglutinablen Substanz des Bak- 
terienleibes bestehen muB, da ferner, wie namentlich Klein gezeigt hat, 
der bei der Prazipitierung entstehende Niederschlag mit jenem bei der 
Agglutination sich bildenden nicht identisch sein mufi, wenn sie auch 
nahe verwandt sein kdnnen, und da endlich nach den Untersuchungen 
von Eisenberg und Volk 8 ) ein sehr wechselndes Bindungsvermogen 
zwischen Agglutinin und agglutinierbarer Substanz besteht, so wird auch 
eine etwa vorhandene Inkongruenz zwischen Prazipitinbildung und Ag¬ 
glutination nicht als ein direkter Beweis gegen die Annahme ange- 
sehen werden konnen, dafi spezifische Niederschlagsbildungen bei der 
Entstehung der Agglutination und bei der Prazipitierung in Betracht 
kommen. 

Weitere Untersuchungen werden zu entscheiden haben, ob bei 
jeglicher Form der Agglutination und Haufenbildung von Mikroben eine 
Zwischensubstanz, wie bei der im Serum unter den geschilderten Be- 
dingungen zu stande kommenden Agglutination, vorhanden ist, oder ob 
es auch Zwischensubstanzen von verschiedener tinktorieller und dann 
wohl auch chemischer Beschaffenheit, eventuell Haufenbildung ohne 
Zwischensubstanz gibt, wortiber zunachst genii gen de Erfahrungen noch 
nicht gesammelt werden konnten. 


1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. 1903. p. 293, 309. 

2) Ebenda. Bd. XXXII. 1902. No. 1. 

3) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionkrankh. Bd. XL. 1902. p. 362. 

4) Wien. klin. Wochenschr. 1903. No. 5 u. 6. 

5) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XLII. 1903. p. 27(5 f. 

6) a. a. O. p. 281. 

7) a. a. 0. No. 6. 

8) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XL. 1902. p. 155 f. 


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256 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

Ein Blick auf die beigegebenen Abbildungen (Fig. 1—6) zeigt ein 
recht mannigfaches Aussdhen und ein verschiedenes Verhalten der Mi- 
kroben bei der Agglutination. So erscheinen die Typhusbacillen in den 
agglutinierten Haufen der Fig. 3 und 4 von vdllig normaler Beschaffen¬ 
heit, wfibrend dieselben in den Haufen der Fig. 1 und 2 mehr oder 
weniger hochgradige VerSnderungen ihrer Form und Beschaffenheit 
erkennen lassen. Ebenso erscheinen die Gholeravibrionen in den Haufen 
der Fig. 5 und 6 hochgradig verSndert, wShrend die isolierten, aber 
bereits mit NiederschlSgen versehenen Vibrionen der Fig. 6 bei c) noch 
vdllig normale VerhSltnisse erkennen lassen; auch typische Agglutination 
der Choleravibrionen bei vdllig normalem Aussehen derselben kann, wie 
sofort nSher zu erdrtern sein wird, erzielt werden. Gegenflber dieser 
verschiedenen Beschaffenheit der agglutinierten Mikroben selbst wird 
wohl die Frage aufzuwerfen sein, inwiefern derartige VerSnderungen des 
Bakterienleibes mit zum Zustandekommen der Agglutination gehdren 
oder ob dieselben nur eine mehr nebensSchliche, vielleicht durch ander- 
weitige Verhaltnisse bedingte Begleiterscheinung der Agglutination dar- 
stellen. 

In dieser Beziehung zeigten die Beobachtungen am Immunserum 
(Typhus- und Choleraimmunserum), daB hier, abgesehen von der 
charakteristischen Niederschlagsbildung, die Aggluti¬ 
nation bei vollstSndig normalem Aussehen der Mikroben 
zu stande kommen kann (Fig. 3 und 4). Derartige Bilder sind 
aber nur dann zu erzielen, wenn nach mdglichst kurzer Einwirkung des 
Serums die Agglutination bereits entwickelt Oder doch durch die vor- 
handenen Niederschlagsbildungen am Mikrobenleibe selbst bereits vor- 
bereitet ist, was ja tatsSchlich beim Immunserum der Fall ist, in 
welchem ja bekanntlich der spezifische Rezeptor (Agglutinin) in be- 
deutend verstSrktem Grade vorhanden ist. Auch bei mdglichst kurzer 
Einwirkung des Immunserums auf die Mikroben erhSlt man ab und zu 
agglutinierte Haufen, in welchen bereits VerSnderungen der Mikroben 
erkannt werden kdnnen, aber mehr oder weniger zahlreiche Haufen 
zeigen unter diesen VerhSltnissen doch dem Aussehen nach vdllig nor¬ 
male Mikroben, so daii man gerade aus derartigen Bildern die Ueber- 
zeugung gewinnt, daB zum Zustandekommen der Agglutina¬ 
tion (abgesehen von der Niederschlagsbildung) morphologisch 
nachweisbare VerSnderungen des Bakterienaussehens 
nicht gehdren. 

Je ISnger man aber das betreffende Serum (Immun- oder Normal- 
serum) auf die Mikroben einwirken lSBt, desto sicherer kann man das 
Vorhandensein von morphologisch nachweisbaren VerSnderungen der 
agglutinierten Mikroben erwarten, die zwar in den zu Haufen vereinigten 
Mikroben auch in den gefSrbten PrSparaten nicht im Detail verfolgt 
und erkannt werden kdnnen, als deren hervorstechendstes Merkmal aber 
die Anwesenheit deutlicher grober und feiner Granula bezeichnet werden 
muB, wie sie sowohl an den unter diesen VerhSltnissen agglutinierten 
Typhusbacillen (Fig. 1 und 2), noch besser aber an Choleravibrionen 
(Fig. 5 und 6) nachgewiesen werden konnen. Es sind also im wesent- 
lichen jene VerSnderungen der Mikroben, welche unter der Bezeichnung 
des Pfeifferschen PhSnomens zusammengefaBt werden, von welchem 
es ja bereits bekannt ist, daB es auch extra corpus unter der Einwirkung 
eines aktiven Serums als der Ausdruck der bakteriolytischen oder bak- 
teriziden Wirkung eintreten kann. 


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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination. 


257 


Da nan &uf Grand unserer gegenw&rtigen Kenntnisse im Immun- 
sernm doch vorwiegend der spezifische Ambozeptor, nicht aber das 
bereits normalerweise vorhandene Komplement (Alexin) vermehrt ist, so 
weisen wohl die oben mitgeteilten Befnnde darauf hin, dafi das Auf- 
treten der Pfeifferschen Granulabildung an den agglutinierten Mikroben 
vorwiegend als Komplementwirkung aufzufassen ist und nicht in direkter 
Beziehung zur Niederschlagsbildung als solcher mithin zur Agglutination 
steht. In Uebereinstimmung mit den Angaben zahlreicher Autoren 
weisen also auch diese Beobachtungen darauf hin, dafi Agglutinin- 
wirkung und Kornplementwirkung auf die Mikroben eine 
verschiedene ist, insofern beide Wirkungen eine verschiedene Be- 
einflussung der Mikroben hervorrufen, weshalb sie wohl als eine weitere 
Stutze der Annahme angesprochen werden dtirfen, dafi die Agglu¬ 
tinin- und die Komplementwirkung auch durch verschie¬ 
dene Ursachen veranlafit wird. 

Als weitere Stfltze dieser Auffassung kann darauf hingewiesen 
werden, dafi die Granulabildung im aktiven Serum fttr sich 
allein ohne jegliche Agglutination zu stande kommen 
kann. Stfinde tatsSchlich die Granulabildung in nfiherer Beziehung zur 
Agglutination, so wfiren in einem solchen Falle wohl die gilnstigsten 
Bedingungen fUr die Agglutination gegeben: allein eine solche fehlt hier 
in der Regel vollstSndig Oder sie ist nur in minimalen Ans&tzen neben 
der Granulabildung nachweisbar. In dieser Beziehung haben gerade die 
Studien am Affenserum ( Hamadryas macacus ) ergeben, dafi das Pfeif- 
fersche Ph&nomen im unverdiiunten aktiven Serum schon wenige Mi¬ 
ll u ten nach der Aussaat der Typhusbacillen in intensivem Grade vor- 
handen ist. W&hrend unmittelbar nach der Impfung die Typhusbacillen 
in den Pr&paraten aus dem Affenserum noch in v5llig normaler Be- 
schaffenheit angetroffen werden (Fig. 7 a), findet man schon nach einem 
Aufenthalte des geimpften Rohrcliens von 5—10 Minuten im Thermo- 
staten bei 37 0 C die Granulabildung sehr deutlich neben dem Aussehen 
nach normalen Typhusbacillen entwickelt (Fig. 7 b); die Granula sind 
dabei nach der Nocht-F£rbung gut, wenn auch schwach blau tingiert, 
zeigen verschiedene Grfifie und meist runde Form. Nach lingerer Ein- 
wirkung des Affenserums sind die Granula nahezu regelm&fiig im ge- 
farbten Prfiparate deutlich metachromatisch tingiert (Fig. 7 c). Derartige 
geimpfte Sera erwiesen sich in einzelnen Fallen nach 1—2-stiindigem 
Aufenthalte im Thermostaten auch bei Kulturversuchen vdllig steril, die 
Mikroben waren darin sfimtlich abgetdtet, in anderen Fallen gingen die 
auf Bouillon Qberimpften Kulturen nach 24 Stunden noch gut an, wie 
ja auch mehrfach im gefarbten Praparate aus Affenserum nach langerer 
Einwirkung noch vereinzelte gut erhaltene Typhusbacillen nachweisbar 
waren (Fig. 7 c). 

Choleravibrionen gegeniiber erwies sich das aktive Affenserum 
ebenso wirksam, die rasche und intensive Granulabildung kam auch 
hier in sehr deutlicher Weise zur Erscheinung (Fig. 7 d), doch fanden 
sich hier auch nach kurzer Einwirkung vielfach bereits geringgradige 
Zeichen der Agglutination (Fig. 7 d *). Die Sera beider Affen erwiesen 
sich in der geschilderten Beziehung vdllig gleichartig: starke Granula¬ 
bildung an Typhusbacillen ohne jegliche Agglutination; starke Granula¬ 
bildung an Choleravibrionen mit geringgradiger, auch weiterhin sich 

Ente Abt. Ori*. Bd. XXXIV. 17 


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258 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

nicht steigernder Agglutination *). Das normale aktive Affenserum ent- 
halt mithin ein sehr wirksames (dominantes *) Komplement gegen die 
beiden Mikrobenarten nebst den zugehdrigen wirksamen bakteriolytischen 
Ambozeptoren gegen die beiden Mikrobenarten, es ist aber nicht im 
stande, Agglutination der Typhusbacillen und nur sehr geringgradige 
Agglutination von Choleravibrionen zu erzielen. Diese Unabh&ngigkeit 
der beiden Wirkungen in dem gegebenen Beispiele dient als weitere 
Sttitze der oben angeftihrten Auffassung. 

Auch im normalen aktiven Rinderserum fand sich die Granula¬ 
bildung an Choleravibrionen (Komplementwirkung), hier aber stets mit 
Agglutination kombiniert (Fig. 6 a—c), stark entwickelt vor. Normales 
unverdflnntes Meerschweinchenserum zeigt gleichfalls bereits nach Ein- 
wirkung von & Minuten namentlich bei Choleravibrionen starke Granula- 
bildung, die nach einer Einwirkung von 10—12 Minuten noch an Inten¬ 
sity zunimmt; auch hier ist Agglutination stets gleichzeitig nachweisbar. 
UnverdQnntes normales Kaninchenserum wurde bezflglich der Granula- 
bildung weit weniger wirksam befunden; hier l&Bt sich moistens nach 
1 / g —1-stflndiger Einwirkung (auf Typhus und Cholera) ausgebildete 
Agglutination, aber nur geringgradige Granulabildung an den Mikroben 
erkennen. Doch kommen hierbei zahlreiche graduelle Schwankungen bei 
den verschiedenen Tieren vor. 

In dem durch War me inaktivierten Immunserum fehlt die Granula¬ 
bildung den Typhusbacillen gegentiber in der Regel vollstandig, wahrend 
Agglutination hier, wenn auch abgeschwScht, noch deutlich nachgewiesen 
werden kann; in dem inaktivierten Choleraimmunserum konnen hin- 
gegen immer noch auf Granulabildung hinweisende Bilder an Cholera¬ 
vibrionen, wenn auch sparlicher als am aktiven Immunserum, vor- 
kommen. Ganz analog verhQlt es sich auch am Normal serum. Die im 
normalen aktiven Affenserum so ausgepragte Granulabildung gegen 
Typhusbacillen fehlt im inaktivierten Affenserum vollst&ndig, ist aber in 
diesem gegen Choleravibrionen noch teilweise erhalten. Diese Verhfilt- 
nisse dflrften wohl mit der bereits hervorgehobenen, so leicht eintreten- 
den Plasmolyse und Plasmoptyse der Choleravibrionen in Zusammen- 
hang stehen, welche die Beurteilung der Granulabildung an den Cho¬ 
leravibrionen unter den hier gew&hlten Versuchsbedingungen nicht 
unwesentlich erschweren, wobei aufierdem die Mitwirkung differenter 
Teilkomplemente im Serum in Betracht gezogen werden kOnnte. Im 
inaktivierten Rinderserum (vom normalen Tiere) war flbrigens die Gra¬ 
nulabildung an Choleravibrionen gleichfalls nur sehr geringgradig ent¬ 
wickelt, wShrend sie am aktiven Serum sehr intensiv vorhanden war. 

Gelegentlich wurde am Normalserum vom Meerschweinchen, Affen 
und Rind die Beobachtung gemacht, dafi die nach kurzer Zeit der Ein¬ 
wirkung des Serums sehr deutlich nachweisbare Granulabildung an den 
Mikroben bei lingerer Dauer der Einwirkung derselben iiberhaupt nicht 
mehr konstatiert werden konnte, oder dafi doch neben den Granula- 
bildungen dem Aussehen nach vbllig normale Mikroben in grofier An- 
zahl vorhanden waren. Bei geniigendlangem Aufenthalte (15—24 Stunden) 
derartiger Sera im Thermostaten bei 37° C kdnnen dann nur noch 
normal aussehende Mikroben im Serum vorhanden sein. Es ist wohl 


1) Ein Coli-Stamm (Coli III) wurde durch das Affenserum morphologisch gar 
nicht affiziert und liefi nur sehr geringgradige Agglutination erkennen. 

2) Ehrlich u. Sachs , Berl. khn. Wochenschr. 1902. p. 297. 


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(hitmib/fittf.'IfaherioloyjeAbtJBd^XXXHH. Lotrit . ' 



: Gustav Fisrhrr ;. ’• 


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Eisenberg, Ueber die Bindnngsverh&ltnisse zwigchen Toxin and Antitoxin. 259 


sehr w&hrscheinlich, daC es sich dabei am eine nachtrSgliche Ver- 
mehrung von Mikroben im Serum handelt, die zur sekund&ren Ent- 
stehung normal beschaffener Mikroben Veranlassung gibt, sei es des- 
halb, weil diese Mikroben vielleicht Abkbmmlinge jener friiher erw&hnten 
normal gebliebenen Mikroben darstellen, welche der Granulabildung 
einen besonderen Widerstand entgegensetzten und ihr entgangen sind, 
sei es deshalb, weil mdglicherweise bei dem l&ngeren Aufenthalte im 
Thermostaten die Ursache der Granulabildung (Komplement) aufgebraucht 
oder in entsprechender Weise von den der Granulabildung unterlegenen 
Mikroben fixiert und chemisch gebunden wird, weshalb die neugebildeten 
Mikroben die Komplementwirkung nicht zeigen. Jedenfalls folgt aus 
diesen Beobachtungen, dafi man bei der FeststeUung der Granulabildung 
an den Mikroben unter den gewahlten Versuchsbedingungen der Unter- 
suchung der Mikroben nach verh&ltnism&Big kurzer Einwirkung des 
Serums (ca. 1 Stunde) das Hauptaugenmerk zuwenden muB. 

Erkl&nmg der Abbildunffen. 

Die Farbungsmethode ist im Texte beschrieben. Samtliche Abbildimgen sind mit 
Reicherts homog. Immersion Vi »7 Apert. 1,30, Komp.-Okular 4 vom akad. Maler 
Herm J. Durst angefertigt. 

Fig. 1. Agglutinierter Typhusbacillenhaufen (Typhus S) aus Typhusimmunserum 
1:125 vom Kaninchen; 12 Stunden bei 37° C. Nochtblau-Eosin. 

Fig. 2. Agglutinierter Haufen von Typhus 8 aus Rinderserum unverdiinnt; 7 Mi- 
nuten bei 37° C. Nochtblau-Eosin. 

Fig. 3. Agglutinierter Haufen von Typhus S, Typhusimmunserum vom Kanin¬ 
chen, unverdiinnt; 5 Minuten bei 37° C. Nochtblau-Eosin. 

Fig. 4. Wie vorausgehend. 

Fig. 5. Agglutinierter Haufen von Cholera-(Krakau-)Immunserum 1:125 Meer- 
schweinchen; 1 Btunde bei 37° C. Nochtblau. 

Fig. 6. Agglutinierter Haufen und isolierte Vibrionen Cholera-Kr. aus Rinder¬ 
serum unverdimnt, 8 Minuten bei 37° C. Nochtblau-Eosin. 

Fig. 7. 

a) Typhusbacillen aus Normalserum, unverdiinnt, Affe, sofort nach der Impfung. 

b) „ „ „ „ „ 12 Minuten bei 37° C. 

c) „ „ „ „ „ 60 „ „ 37° C. 

d) Choleravibrionen, „ „ „ „ 8 „ „ 37° C. 

a—d) Farbung mit Nochtblau. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die BMungsverMMsse zwischen Toxin und 

Antitoxin 1 ). 

[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Institute der Jagellonischen 
Universitat Krakau (Vorstand: Prof. 0. Bujwid).] 

Von Dr. Philipp Eisenberg, Assistenten am Institute. 

Die Frage nach dem Wesen der Wirkung der Antitoxins auf die 
Toxine hat seit der Entdeckung dieser merkwtlrdigen Stoffe die hervor- 
ragendsten Forscher besch&ftigt und gar manche Untersuchungen zu 
Tage gefbrdert, die fflr die ganze moderne Immunitatslehre von grbBter 
Bedeutung geworden sind. Nachdem im Anfange der 90er Jahre der 

1) Vorgele^t der mathem.-naturwiss. Sektion der Akademie der Wissenschaften zu 
Krakau in der Sitzung vom 4. Mai 1903. 

17* 


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260 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 3. 


Streit, ob die Antitoxine auf den zu schiitzenden Organismus oder aber 
direkt auf die Toxine einwirken, zu Gunsten dieser letzteren Anschauung 
entschieden war, kam in den letzten Jahren auf Grund zahlreicher 
Untersuchungen, unter denen in erster Linie die genialen Arbeiten 
Ehrlichs zu nennen sind, die Anschauung von Ehrlich und Beh¬ 
ring, wonach die Antitoxine mit den Toxinen nach einfachen chemi- 
schen Gesetzen zu neutralen Verbindungen zusammentreten, zu fast un- 
bestrittener Herrschaft. Diese Anschauung hat zweifellos das Verdienst, 
die naive Vorstellung von einer Zerstflrung des Toxins durch das Anti¬ 
toxin zurttckgedrflngt zu haben, andererseits schaffte sie fiir die Immu- 
nitatslehre eine feste Basis, indem sie den ProzeB der Giftneutralisation 
aus dem Gebiete unbekannter mystischer Vorgfinge im Organismus in 
dasjenige der Chemie verlegte. Es zeigte sich aber in der Folge, dafi 
diese Anschauung, die sich an die einfachsten Prozesse anlehnte, nicht 
im stande ist, alle komplizierten quantitativen Verhaltnisse der Gift- 
neutralisation hinreichend zu erklaren. Den ersten Beweis dafiir er- 
brachte Ehrlich selbst, indem er zur Erklarung der Neutralisations- 
verhaltnisse des Diphtheriegiftes die sehr geistreichen, aber auch sehr 
komplizierten Hypothesen tiber die Konstitution des Giftes heranziehen 
mufite. Eine Reihe von Untersuchungen der letzten zwei Jahre, die sich 
mit den Bindungsverhaltnissen verschiedener spezifischer Immunkorper 
befassen, sowie vor allem zwei hochst bedeutende Arbeiten, die die 
Frage der Toxin-Antitoxinbindung zum Gegenstande haben — ich meine 
die Arbeiten von Danysz und Bordet — scheinen neue Gesichts- 
punkte in dieser Frage zu erflffnen und versprechen fflr manche dunkle 
Tatsache auf diesem hochst interessanten Gebiete Aufkiarung zu schaffen. 
Im folgenden mochte ich eine Anschauung tiber diese Fragen zum Aus- 
drucke bringen, die sich bei mir seit mehr als einem Jahre entwickelt 
hat, und die, wenn ich auch leider bis jetzt keine Gelegenheit hatte, 
eine experimentelle Grundlage fiir sie zu schaffen, den Vorzug besitzt, 
die Bindungsverhaitnisse aller Immunkorper unter einem einheitlichen 
Gesichtspunkte aufzufassen und zur Erklarung mancher bisher unaufge- 
klarter Erscheinungen herangezogen werden zu konnen. 

Diese Untersuchungen Aber die Bindungsverhaitnisse von Toxin und 
Toxin auf Grund des Tierexperimentes sind selbst in der klassischen 
Form, wie sie durch die Arbeiten von Ehrlich und Behring statuiert 
wurde, wenig geeignet, uns iiber diese komplizierten Fragen exakte Auf- 
schltisse zu geben, zumal als Reagens ein lebender Organismus dient, 
der die Resultate in mannigfacher, uns oft unbekannter Weise beein- 
flussen kann. So erscheint es verstandlich, dafi man zunachst an anderen 
Immunkorpern diese Fragen eingehender studierte, wo das lebende 
Reagens entbehrlich war, um erst dann diese Resultate fiir die LOsung 
der Toxin-Antitoxinfrage zu verwerten. Durch seine schOnen Unter¬ 
suchungen iiber Ricinimmunitat einerseits, durch die grundlegenden 
Arbeiten iiber die Hamolyse andererseits hat uns Ehrlich diesen neuen 
Weg in der Immunitatslehre, denjenigen der Reagenzglasversuche, er- 
offnet, der sich in der Folge so fruchtbringend zeigen sollte. Diese 
Methode hat den grofien Vorteil, dafi sie ein ganz eingehendes Studium 
der betreffenden Vorgange ermoglicht und dabei oft ein so exaktes, n dafi 
man in einer spateren Zeit, wenn unsere chemischen Kenntnisse weiter 
vorgeschritten sein werden, nur die chemische Verbindung fflr die der- 
malige fragliche Substanz wird einzusetzen brauchen und die Tatsache 
bleibt vollstandig richtig u (P alt auf). Die ersten Versuche in dieser 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltnisse zwischen Toxin and Antitoxin. 261 


Richtung beziehen sich auf die Bindung der HSmolysine an die Erythro- 
cyten; in seinem bekannten Versuche hat Bordet gezeigt, dafi, wenn 
man einerseits zu einer gewissen Menge h&molytischen Serums, z. B. 
zu 0,4 ccm Serum 0,5 ccm Blutaufschwemmung, d. i. die Blutmenge, 
die eben gelost wird, zusetzt, so tritt nach einiger Zeit vollkommene 
Ldsung ein. Wenn man aber andererseits zu derselben Serummenge 
dieselbe Blutmenge, jedoch nicht auf einmal, sondern successive in 
5 Portionen von 0,1 ccm zusetzt, so werden nur die ersten zwei, also 
zusammen 0,2 ccm, geldst, die dritte bleibt schon intakt 

Diesen Versuch deutete Bordet ganz folgerichtig in der Weise, 
dafi im zweiten Falle die ersten Dosen mehr Httmolysin an sich reifien, 
als zu ihrer AuflSsung ndtig ist, wodurch das Hemolysin des Serums 
rasch erschopft wird. Es war dadurch gezeigt, dafi die Bindung des 
Hfimolysins an die Erythrocyten durchaus nicht den Gesetzen einfacher 
konstanter Proportionen folgt, wie sie far die Bindung des Toxins durch 
Antitoxin angenommen werden. Bordet verglich damals diese Vor- 
g&nge mit denjenigen bei der Farbung, stellte jedoch unnotigerweise 
einen Gegensatz auf zwischen ihnen und den chemischen Prozessen im 
eigentlichen Sinne des Wortes („reactions chimiques proprement dites u ), 
indem er fOr die letzteren das Bestehen klar ausgesprochener Propor¬ 
tionen postuliert. In fihnlichem Sinne, wie der Versuch Bordets, 
sprachen die leider nur nebenbei erhobenen quantitativen Befunde von 
Ehrlich und Morgenroth bezttglich der Bindung des hamolytischen 
Zwischenkorpers an die Erythrocyten. Von einigen in der V. und 
VI. Mitteilung enthaltenen Versuchen sei folgender angefiihrt: Gibt man 
zu 1 ccm Ziegenblutaufschwemmung wechselnde Mengen eines auf Ziegen- 
blut eingestellten Kaninchenimmunserums und untersucht nach einiger 
Zeit die von den Erythrocyten dekantierte obere Flttssigkeit auf ihren 
Hamolysinwert, so findet man, dafi bis zu 60 komplett ISsenden Dosen 
der ganze zugegebene Zwischenkorper gebunden wird, bei Zusatz von 
80 Dosen findet man in der oberen Flttssigkeit einen unverankerten 
Ueberschufi entsprechend l /q — l U lttsender Dosis, erst bei Zusatz von 
100 lttsenden Dosen bleibt eine losende Dosis frei. Es kann also 1 ccm 
Blutaufschwemmung bei wechselndem Zusatze von Immunserum 1—99 
losende Dosen binden, und zwar ist die Kapazit&t der Blutrezeptoren 
nicht etwa eine konstante, so dafi bis zu 99 losenden Dosen der ganze 
Zwischenkdrper gebunden wttrde und erst die 100. freibliebe, sondern 
von 60 Dosen an bleiben nicht gebundene Ueberschttsse, die immer 
grttfier werden. Als ein sehr dankbares Objekt fttr diese Art von Unter- 
suchungen erwiesen sich die quantitativen Bindungsverhaltnisse zwischen 
Agglutinin und agglutinierbarer Substanz der Bakterien; in einer darauf- 
hin gerichteten Arbeit, die ich gemeinsam mit Dr. R. Volk publiziert 
habe, konnten wir durch Anwendung der Ehrlichschen Absorptions- 
methode fiber diese Fragen recht genaue Aufschlttsse erhalten. Setzt 
man zu einer bestimmten Menge agglutinierbarer Substanz (d. i. Bak- 
terienaufschwemmung) eine gewisse Menge Agglutinin (d. i. spezifisches 
Immunserum) und dekantiert nach eingetretener Agglutination die klare 
obere Flttssigkeit von dem Bakterienbodensatze, so ergibt die Auswertung 
der oberen Flttssigkeit, dafi die agglutinierbare Substanz einen Teil des 
Agglutinins gebunden hat, wtthrend ein anderer frei in der oberen Fltts¬ 
sigkeit nachweisbar ist. Nichtsdestoweniger ist die Affinitat dieser ag- 
glutinierbaren Substanz fttr Agglutinin durchaus nicht gesattigt, trotz- 
dem sie einen Agglutininuberschufi ungebunden liefi; setzt man namlich 


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zum Bakterienbodensatze frisches Agglutinin zn, so wird neuerdings ein 
Teil davon gebunden. Wir sehen also, daft neben dem Reaktionsprodukt 
Ueberschflsse beider reagierender Substanzen nebeneinander reaktionslos 
verharren, trotzdem sie eine ausgesprocbene Affinit&t fflr einander be- 
sitzen (bei gflnstigen Verh&ltnissen ist die Bindung selbst bei 0° schon 
nach 5 Stunden vollendet). Gibt man nun zu einer Einheit agglutinier- 
barer Substanz steigende Mengen Agglutinin, so sieht man, daB bis zu 
einer gewissen Hdhe des Zusatzes scheinbar — wie wir spliter sehen 
werden — alles Agglutinin gebunden wird, bei noch hoheren Zusatzen 
bleibt der oben besprochene UeberschuB an Agglutinin ungebunden, so 
daB diese Einheit unter wechselnden Umstanden 1—22000 Agglutinin- 
einheiten binden kann (die obere Grenze gilt nattlrlich nur fflr einen 
besonderen Fall, bei einem hoherwertigen Serum kdnnte sie noch hdher 
liegen). Wenn wir dagegen nicht die absolute Bindung ins Auge fassen, 
sondern berflcksichtigen, welchen Teil der dargebotenen Agglutininmenge 
die agglutinierbare Substanz gebunden hat, finden wir, daB mit steigen- 
dem Agglutininzusatze das gebundene Agglutinin einen immer geringeren 
Teil der zugegebenen Menge ausmacht, oder, wie wir es ausdrflcken, 
daB der Absorptionskoflffizient dabei sinkt. Ein ahnliches Verhalten 
zeigt dabei die agglutinierbare Substanz; je mehr Agglutinin zugesetzt 
und gebunden wurde, desto mehr agglutinierbarer Substanz wird auch 
verankert und desto weniger nachtraglich zugesetzten Agglutinins wird 
sie dann binden kdnnen. Steigert man die Menge der agglutinierbaren 
Substanz bei gleichem Zusatze an Agglutinin und unver&ndertem Vo- 
lumen des Gemisches (d. i. steigert man die Konzentration der agglu¬ 
tinierbaren Substanz), so wird die Bindung des Agglutinins nicht etwa 
proportional gesteigert, sondern es tritt nur eine der relativen Ver- 
dflnnung des Agglutinins entsprechende Vermehrung der Absorption ein 
(bezfiglich dieses Punktes sei hier auf die betreffende Arbeit hingewiesen). 
Es ergibt sich also aus diesen Untersuchungen, daB nicht die absoluten 
Mengen der reagierenden Substanzen, sondern ihre relativen Konzentra- 
tionen den Bindungseffekt bestimmen, sodann als allgemeine Charakte- 
ristik dieser Reaktionen, daB zu Ende der Reaktion das Reaktions¬ 
produkt sowie Ueberschflsse beider reagierender Substanzen ein System 
bilden, dessen Gleichgewicht erst durch neuerlichen Zusatz einer der 
Substanzen zerstort werden kann. Aus ihren Untersuchungen flber die 
Bindung von Agglutinin durch die in Kulturfiltraten enthaltene agglu¬ 
tinierbare Substanz schlieBen Kraus und Pirquet in Anlehnung an 
die obigen Befunde, daB diese Bindung von dem relativen Verh&ltnisse 
der Filtrate zur Serummenge abh&ngig ist 1 ). In weiterer Verfolgung 


1) Soweit cich dies uberhaupt aus den angefiihrten Versuehen schlieflen lafit. Die 
Versuche vod Kraus, der Radziewsky ungeniigende Beachtung quantitativer Ver- 
haltnisse vorwirft, lassen nach dieser Richtung recht viel zu wiinscnen fibrig. So z. B. 
ist im Versuche auf p. 63 der Yerlust an Agglutinin infolge Nichtberiicksichtigung der 
Serummenge falschlich auf 30000 A.E. angegeben, wahrend er in Wirklichkeit nur 
3000 A.E. betragt. Durch ungenaue quantitative Auswertung der Agglutinationsverluste 
wurde Kraus zu dem widersinnigen Schlusse gefuhrt, dafi die Filtrate hoheren Kon- 
zentrationen gegeniiber n fast kein“ (?) Agglutinin binden. Hatte Kraus genauere und 
rationellere Auswertungen vorgenommen, so hatte er auch Verluste finden mSssen, und 
zwar absolut noch groBere, relativ kleinere, als bei geringeren Serumkonzentrationen. 

Ich mochte hier ferner bemerken, daB die Behauptung von Kraus, meine Prazi- 
pitinarbeit sei als Folge seiner Untersuchungen zu betrachten, durchaus der Wahrheit 
nicht entspricht, indem diese Arbeit, wie jeder literaturkundige Leser wird leicht ein- 
sehen kbnnen, eine direkte Fortsetzung der Arbeit von mir und Volk sowie derjenigen 
von E. P. Pick fiber die Immunkfirper bedeutet. 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltnisse zwischen Toxin und Antitoxin. 263 


der oben auseinandergesetzten Befunde konnte ich in meiner Arbeit fiber 
spezifische Prfizipitationsvorgfinge zeigen, daB die Bindnng zwischen 
Prfizipitin and prfizipitierbarer Substanz denselben Gesetzen unterliegt, 
wie sie oben ffir Agglutinin und agglutinierbare Substanz ausgeffihrt 
wurden; es erfibrigt daher wohl, sie hier nochmals zu wiederholen. 
Nur auf einen recht wichtigen Punkt mochte ich nfiher eingehen; gibt 
man relatiy viel prfizipitabler Substanz (EiweiBIBsung) zu einer gewissen 
Menge Prfizipitin, so wird man bei der gewohnlichen Untersuchungsart 
linden, daB das Prfizipitin — scheinbar — vollstfindig gebunden wurde. 
Doch nur scheinbar, denn, wenn man ein empfindlicheres Reagens be- 
nutzt, in diesem Falle also eine noch verdfinntere EiweiBlosung (konzen- 
trierte Losungen hemmen nfimlich die sichtbare Reaktion durch Ueber- 
schuB der prfizipitablen Substanz, kfinnen also geringe Mengen Prfizi¬ 
pitin nicht zur Geltung kommen lassen), so wird man auch hier sehr 
geringe Reste ungebundenen Prfizipitins entdecken, die nur den gewfihn- 
lichen Reagentien entgehen. Dasselbe gilt fibrigens von der prfizipi¬ 
tablen Substanz. Wenn man also, um kurz zu sein, von vollstfindiger 
Absorption spricht, so sollte es eigentlich, genauer gesprochen, „fast 
vollstfindige“ heiBen; eine wirklich vollstfindige ist theoretisch fiberhaupt 
undenkbar und wttrde den Grundgesetzen chemischer Reaktionen wider- 
sprechen. Ebenso erklfirt sich auch die „vollst&ndige u Absorption der 
Agglutinine, die vorhin erwfihnt wurde. Zu fihnlichen Anschauungen 
fiber die Bindung der Prfizipitine sind, unabhfingig von mir, auch Li- 
nossier und L4moine gelangt. Auch ffir die Cytotoxine ergaben 
sich in letzter Zeit Anhaltspunkte daffir, daB dieselben Bindungsgesetze 
auch dort Geltung haben dfirften. Aufier den oben zitierten Befunden 
von Bordet sowie von Ehrlich und Morgenroth konnten Pfeiffer 
und Friedberger feststellen, daB ein und dieselbe Menge Cholera- 
kultur verschiedene Mengen an Immunitatseinheiten binden, je nach der 
zugesetzten Menge des bakteriziden Immunserums. Der interessanten 
Arbeit Londons fiber die normalen und Immunspermolysine entnehme 
ich folgenden Versuch, der, nach Muster des eingangs zitierten Bor¬ 
det schen Versuchs angestellt, meiner Ansicht nach ganz deutlich ffir 
die Analogic dieser Bindungsgesetze mit den oben ausgeffihrten spricht. 
Verwendet wurde normales Kaninchenserum, von dem 0,05 ccm ge- 
nfigten, um die in 3 ccm einer gegebenen Emulsion enthaltenen Meer- 
schweinchenspermatozoen innerhalb ca. 4 Stunden vollstfindig zu immo- 
bilisieren. Wurden nun statt dessen zu 0,05 ccm Serum ebenfalls 3 ccm 
Emulsion, aber in 3 Teilen zu je 1 ccm, successive zugegeben, so zeigte 
es sich, daB die Spermatozoen der ersten zwei Portionen wohl noch 
vollstfindig immobilisiert wurden, die der dritten zeigten nur sehr ge¬ 
ringe Beeinflussung. Dasselbe Phfinomen zeigt das Rdhrchen R. I No. 6, wo 
zu 0,1 ccm zu je 1 ccm Emulsion successive zugegeben wurde; es zeigte 
sich, daB diese Serummenge, die nach dem oben Gesagten 6 ccm Emulsion 
immobilisieren sollte (0,05—3 ccm), sich schon gegenfiber dem 5. Kubik- 
centimeter unwirksam zeigte. Nun will zwar London ffir dieses Er- 
gebnis eine andere Erklfirung herbeiziehen, als die oben vertretene; er 
meint, daB aus den abgetdteten Spermatozoen der ersten Portionen Stoffe 
frei werden, die die Spermatolyse der letzten Portionen hemmen, nach- 
dem er tatsfichlich nachgewiesen hat, daB Extrakte aus Spermatozoen 
(normalen!) die Spermatolyse (Spermatozidie sollte wohl folgerichtig ge- 
sagt werden) hemmen. Ich glaube aber nicht, daB die an sich richtige 
nnd interessante Tatsache zur Erklfirung der erwfihnten Versuche an- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


gewandt warden kann; es dflrfte wohl sehr wahrscheinlich sein, dafl 
diese hemmenden Stoffe nichts anderes sind, als die freigewordenen 
Rezeptoren der Spermatozen fiir das Spermolysin, ahnlich wieNeisser 
und Shiga in Filtraten von Typhuskulturen freie Rezeptoren nach- 
weisen konnten, die durch Verankerung des Agglutinins die Agglutina¬ 
tion von Typhusbacillen durch Immunserum hemmen. Trifft diese An- 
nahme zu, so ist es wohl klar, daB in unserem Falle die abgetdteten 
Spermatozoen keine freien Rezeptoren an die Fliissigkeit abgeben 
kdnnen, da ja schon der Abtdtungsvorgang durch die Besetzung dieser 
Rezeptoren bedingt ist, urn so mehr als die erste Portion der Emulsion 
einen UeberschuB von Serum vorfindet. Und selbst wenn mau die 
Annahme Londons acceptieren wiirde, kame sie im Zusammenhange 
mit obiger Ausfflhrung wieder darauf hinaus, was ich annehme und was 
London bestreitet, daB namlich die Rezeptoren der Spermatozeen 
verschiedene Mengen Spermolysin binden kdnnen, je nach der Konzen- 
tration, in der es ihnen dargereicht wird. Weiterhin ist es wahr¬ 
scheinlich, daB auch Cytotoxine bakterieller Natur nach ahnlichen Ge- 
setzen an die empfindlichen Zellen gebunden werden, wenigstens scheinen 
die von Schur exakt erhobenen quantitativen Verhaltnisse bei der 
Hamolyse durch Staphylolysin in diesem Sinne zu sprechen. Auch 
ein chemisch wohldefiniertes Blutgift bietet nach den Untersuchungen 
von Ransom ahnliche Verhaltnisse: 0,002 g Saponin ldsen 0,7 ccm 
Hnndeblut, wird dagegen das Blut successive in Raten von 0,1 ccm zu- 
gegeben, so werden nur 0,5 ccm gelost. Aus diesem Versuche, der 
ein genaues Analogon des Bordetschen ist, muB man nicht nur 
schlieBen, wie Ransom dieses tut, daB das Saponin bei der Hamolyse 
verbraucht Oder gebunden wird, sondern auch daB die Bindungsfahigkeit 
der Blutrezeptoren fiir Saponin nach der relativen Konzentration der 
reagierenden Substanzen wechseln kann. Experiments, in denen ich fiir 
die Agglutination der Bakterien durch Vesuvin sowie far die Fallung 
von Eiweifilfisungen durch Pikrinsaure dieselben Bindungsgesetze nach- 
weisen konnte, wie fur die spezifischen Prazipitationsvorgange, bilden 
den Uebergang zu den Farbungsvorgangen, die, wie wir seit Bordet 
wissen, groBe Analogieen mit den uns beschaftigenden Reaktionen auf- 
weisen. Es war nun von groBer Bedeutung fiir die Entwickelung 
unserer Anschauungen, daB vor ungefahr einem Jahre Heidenhain 
in einer wichtigen Arbeit zeigte, daB die Farbung mit Anilinfarbstoff 
anf einer chemischen Reaktion zwischen Farbstoff und Protoplasma be- 
ruht, sowie dafi eine bestimmte Menge EiweiB verschiedene Mengen 
Farbsaure binden kann. Damit war der seinerzeit von Bordet aufge- 
stellte Vergleich zwar legitimiert, zugleich jedoch der Ansicht, dafi diese 
beiden Vorgange — Farbung und Bindung des Hamolysins — keine 
factions chimiques proprement dites“ (Bordet) seien, der Boden 
entzogen worden. 

Nach alledem, was bisher gesagt wurde, wird wohl der SchluB 
gerechtfertigt erscheinen, daB die fiir die Agglutinine nnd Prazipitine 
eruierten Bindungsgesetze auf alle spezifischen Reaktionen Anwendung 
haben. In meiner Prazipitinarbeit sagte ich vor einem Jahre: „Die¬ 
selben Gesetze gelten auch fiir die Bindung zwischen Toxin und Anti¬ 
toxin, eine Frage, an deren experimentelle Bearbeitung ich in nachster 
Zeit herantreten will“ (p. 8 des poln. Orig.). Es war ja von vornherein 
sehr wahrscheinlich, daB diese Korper, die so vielfache Analogieen 
beziiglich ihres Aufbaues und ihrer Wirkungsweise mit den oben er- 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltnisse zwischen Toxin und Antitoxin. 265 

w&hnten aufweisen, sich aoch in dieser Hinsicht ihnlich verhalten 
wflrden. Ich bin leider bis jetzt durch fiuBere Umstfinde verhindert 
gewesen, diese Frage selber experimentell zu bearbeiten, doch finde 
ich mich dnrch die Arbeiten von Danysz und Bordet veranlafit, 
einiges darfiber vorzubringen, da diese Autoren sich dem von mir 
oben bezeichneten Standpunkte wohl nfihern, in einigen wichtigen 
Punkten jedoch etwas abweichende Meinungen Sufiern und ich eine 
Diskussion fiber diese Punkte ffir prinzipiell sehr wichtig erachte. Die 
sehr interessante Arbeit von Danysz besch&ftigt sich mit der Wirkung 
von Antiricin auf Ricin und zwar sowohl auf dessen agglutinierende wie 
auch toxische Wirkungen. Da die Arbeit bisher zu wenig Beachtung 
fand, sei es mir erlaubt, hier die uns interessierenden Tatsachen in 
ihren Hauptzfigen wiederzugeben, urn dann auf ihre Deutung nfiher ein- 
zugehen. Wird als Ausgangspunkt das glatt neutrale Gemisch 1 ccm 
Ricin (= 500 DLM) + 0,80 Antiricin genommen, so findet man, dafi 
dieses Gemisch wohl ganz frei von toxischer Wirkung ist, aber zugleich 
deutliche antitoxische Wirkung offenbart. Das Gemisch von 1 ccm 
Ricin + 0,75 Antiricin ist schon etwas toxisch, indem es beim Meer- 
schweinchen ein grofies Oedem mit Induration hervorruft, dabei jedoch 
gleichzeitig antitoxisch, indem durch Zusatz von 1 DLM das Gemisch 
noch immer nicht letal wird. Das Gemisch von 1 ccm Ricin + 0,70 
Antiricin tfitet Meerschweinchen in 12 Tagen, nach Zusatz von 1 DLM 
(tfitet in 4 Tagen) erst in 8 Tagen. Ein Gemisch mit einem Ueber- 
schusse von Antiricin, und zwar 1 ccm Ricin + 0,85 Antiricin, ist 
atoxisch und wirkt stark antitoxisch sowohl simultan, indem es erst 
durch Zusatz von 100 DLM letal wird, wie auch prfiventiv gegen ca. 
5 DLM. Wir sehen also urn das sogenannte neutrale Gemisch herum 
eine Reihe von Gemischen, die zugleich toxisch und antitoxisch wirken. 
Bestimmt man die Neutralisation des Ricins ffir Kaninchen, so findet 
man, dafi nicht, wie vorher, 1 ccm Ricin + 0,80 Antiricin, sondern erst 
1 ccm Ricin -j- 0,84 Antiricin sich als neutral erweist (Ueber fihnliche 
Tatsachen berichten Dreyer und Madsen.) Nicht minder interessant 
ist wohl der Befund von Danysz, dafi Toxin-Antitoxingemische in 
pr&gnantester Weise das Bordetsche Phftnomen zeigen. Folgender 
Versuch moge das veranschaulichen: DLM = 0,005 ccm Ricin; neu- 
trales Gemisch: 0,1 ccm Antiricin + 0,15 ccm Ricin (= 30 DLM); der 
L + wird erreicht bei 0,1 ccm Antiricin + 0,40 Ricin (= 80 DLM), 
also D = 50 DLM. Nimmt man dagegen das dem L, entsprechende 
neutrale Gemisch und setzt den Ueberschufi von Ricin nach 24 Stunden 
zu, so wird schon das Gemisch (0,1 ccm Antiricin + 0,15 Ricin) + 
0,05 Ricin (= 10 DLM) zum L +, unter diesen Bedingungen ist also 
D = 10 DLM statt 5 0. Dieselbe Erscheinung kann man beobachten, 
wenn man als Reagens nicht den TierkOrper, sondern die Agglutination 
der Kaninchenerythrocyten wahlt; neutrales Gemisch: 0,2 Antiricin + 
0,1 Ricin gibt keine Agglutination, 0,2 Antiricin + 0,24 Ricin voll- 
st&ndige; setzt man nun zu 0,2 Antiricin nicht die ganze Ricindosis auf 
einmal, sondern zunfichst 0,1 Ricin und dann erst den Ueberschufi, so 
findet man, dafi schon das Gemisch: (0,2 Antiricin + 0,1 Ricin) + 0,08 
Ricin vollstfindige Agglutination gibt (also in Summa 0,18 Ricin statt 
0,24). Wie im Bordetschen Versuche die Erythrocyten sich mit 
Hfimolysin fibersfittigen, so tut es hier das Ricin der zuerst zugegebenen 
Portion mit Antiricin, so dafi spfiter zugesetztes nur mehr eine unge- 
nfigende Menge freies Antiricin zur Neutralisation vorfindet. Umgekehrt 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2. 


lfifit sich zeigen, dafi bei entsprechender Versuchsanordnung das Anti- 
ricin sich mit Ricin Qbers&ttigt: 15 Ricin + 10 Antiricin = L 0 , gibt 
man nun das Antiricin nicht anf einmal zum Ricin, sondern successive 
in Teildosen von je 2, so findet man, dafi dann 4 solche Dosen genflgen, 
urn 15 Ricin zu entgiften, also im ganzen 8 Ricin, statt, wie vorhin, 10. 
Aehnliche Befunde hat non Danysz auch fttr das Diphtherietoxin und 
Antitoxin erhoben: DiToxin DLM 0,01 ccm : L<, = 1 I.E. 4- 0,40 ccm 
Toxin, L 4- = 1 I.E. + 0,50 ccm Toxin, D = 0,1 ccm Toxin = 10 
DLM; gibt man zu 1 I.E. das Toxin in zwei Portionen successive zu, 
so ist schon bei (1 I.E. -t- 0,40 ccm Toxin) 4- 0,03 ccm Toxin der L 4- 
erreicht, es neutralisiert also im ersten Falle 1 I.E. bis 50 DLM, im 
zweiten nur bis 43 DLM. Auch beim Diphtherietoxin zeigt das neutrale 
Gemisch deutlich antitoxische Eigenschaften, indem es prfiventiv gegen 
1 DLM schfltzt und selbst unausgeglichene Gemische, die selber toxisch 
wirken, offenbaren daneben noch antitoxische Eigenschaften. 

Die Untersuchungen von Bordet haben die Einwirkung von Anti- 
komplement auf das hamolytische Komplement zum Gegenstande: zu- 
nfichst konnte Bordet konstatieren, dafi bei der Auswertung des Anti- 
komplementwertes das Ehrlichsche Phfinomen (grofie Distanz zwischen 
Lo und L 4-) deutlich zu Tage tritt. Wir haben beim Versuche fol- 
gende Konstanten: DL des Komplements = 0,05 ccm Serum, 0,3 Anti¬ 
komplement 4- 0,2 Komplement (= 4 DL) = Lo, 0,3 Antikomplement 
4- 1,2 Komplement (= 24 DL) = L +, folglich D = 24 DL—4 DL 
= 20 DL, d. h. in anderen Worten, dafi eine Serummenge, die nur 
4 DL glatt neutralisiert, erst durch Zusatz von 24 DL in seiner Neu- 
tralisationsffihigkeit erschfipft wird. Auch das von Bordet frflher bei 
der Hfimolyse beobachtete Phanomen tritt hier zu Tage: das Gemisch 
0,3 Antikomplement 4- 0,6 Komplement I6st eine gewisse Blutmenge 
innerhalb 105 Minuten, das Gemisch (0,3 Antikomplement 4- 0,5 Kom¬ 
plement) -1- 0,1 Komplement (in successiven Zusatzen) schon nach Ver- 
lauf von 60 Minuten, wirkt also starker toxisch als das erste mit ein- 
maligem Toxinzusatze. Das waren nun die von Danysz und Bordet 
erhobenen Tatsachen; welche Schlflsse in Bezug auf die Bindungsver- 
haltnisse ziehen nun diese Forscher daraus? Nach Danysz beweisen 
seine Versuche „unbestreitbar, dafi Toxin und Antitoxin einander in 
wechselnden Verhaltnissen bidden kdnnen. Werden sie also gemischt, 
so entsteht nicht etwa ein einziges Produkt, sondern es ist eine Reihe 
von Verbindungen moglich, in denen eine Substanz durch die andere 
mehr oder weniger gesattigt ist und die dementsprechend mehr oder 
weniger aktiv (i. e. toxisch) sind“. „Wenn also z. B. 1 ccm Ricin 4- 
0,85 Antiricin 100 Volumen der bestandigsten Verbindung geben, so er- 
halten wir bei 1 ccm Ricin 4- 0,425 Antiricin nicht etwa 50 Volumen 
derselben Verbindung und 50 Volumen freies Ricin, sondern 100 Vo¬ 
lumen einer Verbindung, in der das Ricin im Vergleiche zu obiger zur 
Halfte mit Antiricin impragniert ist“ Aehnliche Anschauungen teilt 
diesbeziiglich auch Bordet und vertritt sie in der ihm eigenen geist- 
reichen Weise. Mischt man Toxin mit Antitoxin „in beliebigem Ver- 
haltnisse, so wird das Antitoxin sich gleichmafiig auf alle Toxinmolektile 
verteilen. Je nach den gegebenen Mengenverhaltnissen wird man also 
verschiedene Verbindungen erhalten. Ein bestimmtes Gemisch wird 
natfirlich nur eine einzige Verbindung enthalten, gebildet durch das 
Toxin, dessen Aviditat fflr Antitoxin mehr oder weniger gesattigt sein 
wird. Daraus folgt, dafi man in solchen Gemischen nie ganz freies, 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltnisae zwischen Toxin und Antitoxin. 267 


intaktes Toxin neben vollst&ndig durch Antitoxin gebundenem 
finden kann.“ Die zugleich toxischen and antoxischen Wirkungen, 
die manche Gemische enthalten, sind eben der Ausdruck fflr den wech- 
selnden Sflttigungsgrad der jeweilig resultierenden Verbindung; je 
weniger gesattigt in einer Verbindung das Toxin erscheint, desto toxi- 
scher wird das betreffende Gemisch wirken, je mehr es mit Antitoxin 
fibers&ttigt wird, desto deutlicher wird die antitoxische Funktion der 
Verbindung hervortreten. Endlich nimrat Bordet an, daB das unvoll- 
kornmen gesattigte Toxin in den Gemischen auch qualitativ differente 
toxische Wirkungen aufweist, als das freie ungebundene Gift, und will 
auf diese Weise die von Ehrlich supponierten Toxonwirkungen erklart 
wissen. — Wie schon oben hervorgehoben wuide, kann ich die soeben 
auseinandergesetzte Erklarungsweise, deren experimentelle Grundlagen 
ich rtlckhaltslos anerkenne und fflr eine wichtige Bereicherung unseres 
Wissens halte, nicht ohne weiteres acceptieren, da sie mir in mancher 
Hinsicht yon dem durch den bisherigen Entwickelungsgang der Immu- 
nitatslehre vorgezeichneten Wege abzuweichen scheint. Den Arbeiten 
der letzten Jahre, unter denen diejenigen Ehrlichs und seiner Schule 
wohl an erster Stelle zu nennen sind, verdanken wir die fflr die ganze 
Immunitatslehre zum Hauptgrundsatze gewordene Erkenntnis, daB ein 
Gift nur kraft seiner Affinit&t zu den empfindlichen Elementen seine 
toxischen Wirkungen entfalten kann. Mit dieser Anschauung ist es nun 
meiner Einsicht nach unvereinbar, anzunehmen, wie Danysz und 
Bordet dies tun, daB ein Gift, das sich schon mit Antitoxin verbunden 
hat, noch immer toxische Wirkungen entfalten kann. Wenn Danysz 
und Bordet behaupten, das Antitoxin verteile sich jedesmal auf im 
Gemische vorhandene Toxinmolekflle, so kann die Folge davon nur die 
sein, daB das Gift entgiftet wird. N&hme man an, daB die Bindung des 
Toxins durch Antitoxin — und das nehmen ja die beiden Forscher fflr 
jedes beliebige Gemisch an — nicht gleichbedeutend ist mit der Ent- 
giftung, dann mflfite man folgerichtig wieder zur alten Annahme einer 
direkt zerstdrenden Wirkung des Antitoxins auf das Toxin zurfickkehren 
— das widersprache direkt einer der SchluBthesen von Danysz — 
Oder aber sich mit der Annahme einer undefinierten, mystischen, „neu- 
tralisierenden Kraft“ des Antitoxins begnflgen. Zweitens postuliert diese 
Anschauung eine Vorstellung, mit der man wohl nicht leicht sich wird 
vertraut machen konnen — die Vorstellung einer chemischen Verbin¬ 
dung, die gleichzeitig, in derselben Menge und auf demselben Applika- 
tionswege, zwei antagonistische biologische Funktionen ausflbt, eine 
Vorstellung, die meines Wissens ganz ohne ihresgleichen in der Chemie 
dastehen wflrde. Toxin und Antitoxin sind ja keine Korper, die uns 
wirklich bekannt und zug&nglich sind; beides sind eben nur Funktionen, 
die wir, einem Bedflrfnisse der Oekonomie des Denkens folgend, uns 
an ein kdrperliches Substrat gebunden denken. Wir kennen wohl Me- 
dien, an denen sie haften, kennen die VerSnderungen, die sie bei di- 
versen Einwirkungen auf diese Medien erleiden, zu allerletzt aber bleibt 
es doch nur die physiologische Funktion, die den Hauptinhalt unserer 
Begriffe von Toxin und Toxin ausmacht. Spricht man nun von einer 
Verbindung beider ESrper, so kann das eben nichts anderes bedeuten, 
als ein Verschwinden ihrer spezifischen Funktionen unter gegenseitiger 
Einwirkung. Eine andere Vorstellung dflrfte wenigstens bisher unserer 
Erkenntnis unzug&nglich sein, folglich muB Verbindung zugleich auch 
Entgiftung bedeuten. Unvollst&ndige Entgiftung, wie sie Danysz und 


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Centralbl. f.^Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 3. 


Bordet annebmen, kdnnte nnr zweierlei bedeuten: entweder quantitativ 
unvollst&ndige, dann mfiBte aber freies Toxin tibrig bleiben, was sie be- 
streiten, Oder aber eine labile Verbindung, die im empf&nglichen Tier- 
kdrper durch die Affinit&t der empf&nglichen Organe gesprengt werden 
kann, dann aber mfiBte man wieder eine vollstfindige Neutralisation in 
vitro annehmen, und diese ist ja fflr uns mafigebend. Eine Verbindung 
mit unvollst&ndiger Entgiftung scheint mir eine contradictio in adjecto 
zu sein. 

Im Anschlusse an das Ausgeffihrte mdchte ich hier einige Be- 
merkungen anknUpfen fiber eine Arbeit, die bezfiglich des Agglutinations- 
prozesses Anschauungen vertritt, die sich an die soeben analysierten 
eng anschlieBen. Im II. Teile seiner „Untersuchungen fiber den Mecha- 
nismus der Agglutination 11 glanbt J o o s annehmen zn konnen, dafi je 
nach den relativen Mengen des Agglutinins und der agglutinierbaren 
Substanz, die miteinander in Verbindung treten, verschiedene Verbin¬ 
dungen entstehen kdnnen, die je nach dem wechselnden Grade ihrer 
S&ttigung mit Agglutinin verschiedene Stabilit&t zeigen. Die Beweise 
jedocb, die Jo os ffir das Bestehen solcher differenter Verbindungen 
anftthrt, dfirften sich aber wohl kaum als stichhaltig erweisen; die ag- 
glutininreiche Verbindung (bei Verwendung hoher Serumkonzentrationen 
entstanden) soil am stabilsten sein, im destillierten Wasser am leich- 
testen reagglutinieren und kann angeblich „sich mit neuen Mengen ag- 
glutinierbarer Substanz vereinigen und so neue Verbindungen ergeben" 
(und dennoch heifien sie sehr stabil!). Was die Reagglutination anbe- 
langt, so genfigt schon die Annahme einer groBeren Menge der Ver¬ 
bindung, um die Bakterien leichter und schneller reagglutinieren zu 
lassen, wie ich in meiner Pr&zipitinarbeit zeigen konnte. Die andere 
Annahme wird vonJoos durch folgenden Versuch begrfindet: er agglu- 
tinierte dieselbe Bakterienmenge einmal mit einer geringen, das andere 
Mai mit einer groBen Agglutinin menge, die obere Flttssigkeit wird nun 
entfernt und die Niecferschlfige in physiologischer NaCl-LQsung aufge- 
schwemmt. Gibt man nun zu beiden Emulsionen eine neue Bakterien¬ 
menge, so sieht man nach einiger Zeit, dafi im Rfihrchen mit der ge¬ 
ringen Agglutininmenge die frisch zugesetzten Bakterien unbeeinfluBt 
bleiben, in demjenigen mit der groBen agglutiniert werden. Die an sich 
richtig beobachtete Erscheinung dfirfte wohl am besten dadurch zu er- 
klaren sein, daB mit Agglutinin fibersSttigte Bakterien an agglutinin- 
freie oder -arme Medien einen Tpil des Agglutinins wieder abgeben, 
d. h. dafi die agglutininreiche Verbindung leicht dissoziabel ist (siehe 
Eisenberg und Volk. p. 166. Tabelle XI). Dieses „abgeblutete“ 
Agglutinin ist es, das die frisch zugesetzten Bakterien im Joosschen 
Versuche agglutiniert, fihnlich wie dies Morgenroth ffir die Hfimolyse 
unl&ngst beschrieben hat. Wir kommen also zu der Ueberzeugung, daB 
gerade entgegen der Behauptung von Joos sein Versuch sowie die 
frflheren Befunde von mir und Volk die agglutininreiche Verbindung 
als leicht dissoziabel charakterisieren. Wieso fibrigens die „sehr sta¬ 
bile", also sicher an den Bakterien haftende agglutininreiche Verbindung 
„sich mit neuen Mengen agglutinierbarer Substanz vereinigen kann", 
ohne die Bakterien zu verlassen, kann ich mir schwer vorstellen. Wenn 
endlich Joos schon im Aussehen der verschiedenen Niederschlfige — 
ob „mehr Oder weniger schwer oder flockig" — einen Beweis der ver¬ 
schiedenen Konstitution der jeweilig entstandenen Verbindungen er- 
blicken will, so muB ich wieder daran crinnern, dafi einfach quantitative 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltnisse zwischen Toxin und Antitoxin. 269 


Unterschiede in der Menge der Niederschlflge resp. der an den Bakterien 
niedergeschlagenen Snbstanzen solche Differenzen vollauf erklSren. Vol- 
lends widersprechen mufi ich auch, wenn Joos die Existenz einer 
„Maximalverbindung“ annimmt, in der ein Maximum von Agglutinin an 
die agglutinierbare Substanz gebunden ist; dieses Maximum von Agglu¬ 
tinin soli „so vollstandig bestimmt sein, daB, wenn man noch mebr zu- 
setzt, der Ueberschufi unver&ndert in der Ldsung bleibt“. In der Arbeit 
von mir und Volk ist gezeigt worden, daB Bakterien, die schon von 
einer dargereichten Agglutininmenge einen ungebundenen Ueberschufi 
zurflckgelassen haben, bei neuerlichem Agglutininzusatz weiteres Agglu¬ 
tinin zu binden vermdgen, sowie daB die Menge des gebundenen Agglu¬ 
tinins immer steigt mit der Menge und Konzentration des dargereichten, 
daB es also flberhaupt keine Maximalverbindung geben kann. Sicher ist 
es aber unstatthaft, das Bestehen eines Agglutininflberschusses als Zeichen 
fflr die stattgehabte maximale S&ttigung anzusehen. Wie wir sehen, ist 
also auch in der Arbeit von Joos die Existenz einer Reihe von diffe- 
renten Verbindungen durchaus nicht bewiesen x ). 

Die Erkl&rungsweise von Danysz und Bordet — um zum eigent- 
lichen Thema zurflckzukehren — ist jedoch durchaus nicht die einzig 
zulassige; indem ich an ihrer Stelle eine etwas abweichende vorschlage, 
will ich zeigen, daB sie im stande ist, die von obigen Forschern ange- 
ffihrten experimentellen Tatsachen folgerichtig zu erklSren, daB sie ferner 
auch fflr Erkl&rung vieler anderer Tatsachen auf dem Gebiete der Im- 
munit&t erfolgreich herangezogen werden kann, sowie endlich, daB sie 
es erlaubt, die Bindungsgesetze zwischen Toxin und Antitoxin im Zu- 
sammenhange mit den fflr andere spezifische Immunkorper erhobenen 
Beziehungen einheitlich aufzufassen. Vorausschicken mochte ich in 
voller Uebereinstimmung mit Bordet, daB meine ErklSrung das soge- 
nannte Gesetz der Multiplain keiner Weise tangiert Dieses von Ehr¬ 
lich zuerst fur Ricin sowie fflr Diphtherietoxin, von Behring fflr 
Tetanustoxin, von No If fflr H&magglutinin, von Joos fflr Bakterio- 
agglutinin erhobene Gesetz besagt, daB, wenn man zur Neutralisation 
einer gewissen Menge eines spezifischen Kdrpers ein gewisses Minimum 
von seinem Antikflrper braucht, zur Neutralisation der doppelten Menge 
auch mindestens die doppelte Menge des Antikorpers notig ist. Dieses 
Gesetz — in obiger Fassung nur eine Umschreibung der einfachsten 
chemischen Vorstellungen — wurde leider dahin mifiverstanden, als ob 
es die Vorstellung einer nach konstanten Proportionen verlaufenden 
chemischen Reaktion in sich schliefien wflrde. Dies ist nun selbstver- 
stflndlich nicht der Fall; das Gesetz besagt ja nur, daB bei relativ 
gleicher Konzentration beider reagierender Substanzen der gleiche Bin- 
dungseffekt eintritt, schlieBt jedoch nicht aus, daB bei anderen Reak- 
tionsbedingungen die Reaktion anders verlaufen kdnnte. Man mufi sich 
darflber klar werden, daB das Gesetz der konstanten und definierten 
Proportionen durchaus nicht mit dem Begriffe einer chemischen Reak¬ 
tion zu identifizieren ist, daB es vielmehr nur fflr ein begrenztes Gebiet 
chemischer Umsetzungen zutrifft, so daB man einer Reaktion noch nicht 


1) Dasselbe gilt fibrigens auch yon dem behaupteten Einflusse der Konzentration 
nnd der Temperatnr auf die Schnelligkeit der Vereimgung der reagierenden Subetanzen. 
Die von Joos beobachteten Tatsachen berechtigen wohl nur zu dem Schlusse, dafi das 
Ausfallen der Verbindung, d. i. die sichtbare Reaktion von diesen Faktoren beeinflufit 
wird, das Eintreten der Verbindung diirfte sich in dieser Hinsicht anders verhalten, 
wofhr man in der Arbeit von mir und Volk Anhaltspunkte finden wird. 


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270 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

den Charakter einer chemischen Reaktion absprechen muB, wenn man 
erkennt, daB sie nach unkonstanten Proportionen verl&uft. Die Ver- 
kennung dieser Grundsfitze hat seinerzeit Bordet zu der Behauptung 
geffihrt, die Bindung des Hamolysins an die Erythrocyten ebenso wie 
die nahe verwandten FSrbungsprozesse seien keine chemischen Reak- 
tionen im eigentlichen Sinne des Wortes — ein Standpunkt, den der 
verdiente Forscher in seiner letzten Arbeit erfreulicherweise verlassen 
hat. Dagegen besitzen wir im Gesetze von Guldberg und Waage 
eine allgemeine Norm, die alle reserviblen chemischen Prozesse umfaBt 
und deren Feststellung im einzelnen Falle als Beweis der chemischen 
Natur der betreffenden Reaktion angesehen werden kann. Das Gesetz 
besagt, daB bei chemischen Umsetzungen zwischen zwei oder mehreren 
Kfirpern nach Eintritt des chemischen Gleichgewichts das Produkt der 
erzeugten Stoffmengen zum Produkte der unverfinderten Stoffmengen in 
einem festen Verhaltnisse steht (wo als aktive Menge die in der Vo- 
lumeneinheit enthaltene Menge eines Korpers gilt), insofern nicht einer 
der erzeugten Korper durch eine Zustandsfinderung oder Unlfislichwerden 
aus dem Reaktionsmedium ausscheidet, indem er dadurch einen ein- 
seitigen Verlauf der Reaktion ermfiglicht. Die uns interessierenden. 
Reaktionen gehdren naturlich auch in den Geltungsbereich dieses Ge- 
setzes: ihre chemische Natur dfirfte wohl nach den Errungenschaften 
der letzten Jahre fiber jeden Zweifel erhaben sein. Ffir die Reversibi¬ 
lity dieser Prozesse scheinen viele Tatsachen zu sprechen; die Unter- 
suchungen von Morgenroth beweisen, daB die Verbindung zwischen 
Erythrocytenrezeptor und h&molytischem ZwischenkOrper hydrolytischer 
Dissoziation zuganglich ist. Was die Verbindung zwischen Agglutinin 
und agglutinierbarer Substanz anbelangt, konnte ich mit Volk beob- 
achten, daB Bakterien, die eine grdBere Agglutininmenge gebunden 
hatten, nach Dekantierung der oberen Flfissigkeit und Ueberschichtung 
mit physiologischer NaCl-L5sung an dieses Milieu meBbare Agglutinin- 
mengen abgaben und zwar nicht einmal, sondern mehrere Male hinter- 
einander, wenn jedesmal die Flfissigkeit erneuert wurde. Ffir die M6g- 
lichkeit der Dissoziation der Toxin- und Antitoxinverbindung sprechen 
die bekannten Versuche von Calmette mit Schlangengift, von Wasser- 
mann mit Pyocyaneus-Gift, in denen unter dem Einflusse einer 
hfiheren Temperatur ein neutrales Toxin-Antitoxingemisch toxisch wurde; 
dabei wird wahrscheinlich durch die hdhere Temperatur die Verbindung 
dissoziiert und das thermostabilere Antitoxin zerstfirt, w&hrend das 
resistentere Toxin erhalten bleibt. Man kfinnte vielleicht den Einwand 
machen, daB im Falle der Agglutination sowie der Prfizipitation die 
resultierende Verbindung, indem sie niedergeschlagen wird, den Verlauf 
der Reaktion einseitig beeinflussen kfinnte. Das trifift jedoch nicht zu; 
wissen wir ja durch die Untersuchungen von Bordet und Joos, daB 
die Ausffillung der Verbindung eine sekundare Erscheinung ist, die mit 
der Bindung beider Substanzen nichts zu tun hat und nur von der 
Gegenwart gewisser Salze (richtiger Ionen) im Medium bedingt wird, 
sowie daB die chemische Verbindung auch dort eiutreten kann, wo die 
Bedingungen ffir die Ausf&llung fehlen. Andererseits zeigt das Experi¬ 
ment, daB die ausgeffillte Verbindung doch noch dissoziationsfahig ist, 
wodurch das Erreichen eines Gleichgewichtszustandes in obenerwfihntem 
Sinne ermoglicht wird. Ein weiterer Einwand gegen die vorgebrachte 
Erklarungsweise lieBe sich vielleicht aus einer oberflfichlichen Auffassung 
des Bordetschen Versuches konstruieren; wir sahen namlich, daB, 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltiiisse zwischen Toxin und Antitoxin. 271 


wenn wir zu einer bestimmten Serummenge eine gewisse Menge Blut 
auf einmal zusetzen, die ganze Blutmenge gelost wird, dafi dagegen bei 
successivem Zusatz ein Teil dieser Menge ungelost bleibt Man kOnnte 
also vielleicht aus diesem Versuche den Schlufi ziehen, dafi durch Ein- 
wirkung identischer Mengen zweier Korper zwei differente Gleich- 
gewichtszustande erreicht werden kdnnen, je nach den Phasen, die 
in beiden Fallen die Reaktion durchgemacht hat — ein Schlufi, der 
dem Guldberg-Waageschen Gesetz direkt zuwiderlaufen wflrde. 
Dieser Widerspruch ist aber nur scheinbar. Im Bordetschen Versuche 
interessiert uns vor allem die Bindungsreaktion zweier Kdrper, die 
Hamolyse gibt dafflr nur einen rein aufierlichen Ausdruck her. Die 
Bindung des Hfimolysins an einen gewissen Bestandteil der Erythro- 
cyten andert die darin bestehenden osmotischen Verhaltnisse in der 
Weise, dafi das Hamoglobin aus dem Erythrocyten austritt; dieses os- 
motische Phfinomen ist seiner Natur nach irreversibel und erfolgt schon, 
wenn nur ein geringer Anteil der Hamolysinrezeptoren des Erythrocyten 
besetzt wurde. Im ersten Falle also, wo die ganze Blutmenge auf ein¬ 
mal zugesetzt wird, besetzt das Hamolysin an jedem Erythrocyten nur 
einen geringen Teil seiner Rezeptoren und wird dabei erschopft; im 
anderen Falle dagegen binden die Erythrocyten der ersten Portionen 
fast das gesamte vorhandene Hamolysin, wobei ein betrachtlicherer Teil 
ihrer Rezeptoren besetzt wird, als im ersten Falle. Der resultierende 
Bindungseffekt bleibt in beiden Fallen derselbe, nur ist die Verteilung 
der Verbindung verschieden, im ersten Falle gleichmafiig in der ganzen 
Blutmenge, im anderen ist die ganze Masse der entstandenen Verbin¬ 
dung in den Erythrocyten der ersten Portionen aufgespeichert, so dafi 
der Zustand der Blutaufschwemmung nicht als direktes Mali der quan- 
titativen Bindungsverhaltnisse gelten kann. 

Es ist nun hdchst plausibel, anzunehmen, dafi auch die uns inter- 
essierenden Bindungsgesetze zwischen Toxin und Antitoxin fihnlich wie 
die anderer spezifischer Korper in dieselbe Kategorie gehoren. Man 
hatte sich dann vorzustellen, dafi, wenn gewisse Mengen Toxin und Anti¬ 
toxin zusammengebracht werden, neben dem Reaktionsprodukte — der 
nach meiner Ansicht vollkommen neutralen Verbindung — ungebundene 
Ueberschusse beider Substanzen in wechselnden Mengen ttbrig bleiben, 
die einander nicht weiter beeinflussen. Der Unterschied zwischen dieser 
Anschauung und der von Danysz und Bordet vertretenen braucht 
wohl nicht hervorgehoben zu werden; dort erhalten wir eine Ver¬ 
bindung der gesamten Mengen der Substanzen, die im Gemische vor- 
handen waren, eine Verbindung, deren Eigenschaften durch das Mengen- 
verhaltnis ihrer Komponenten bedingt wird, hier eine vollkommen neu- 
trale Verbindung mit Ueber schtissen von freiem Toxin und Antitoxin. 
Je nach den relativen Konzentrationen der reagierenden Substanzen 
kann die Reaktion in verschiedener Richtung verlaufen; bei starker 
Konzentration der einen wird die Bindung der anderen eine fast voll- 
standige sein konnen und der Ueberschufi im Verhaltnisse zur urspriing- 
lichen Menge ein verschwindend kleiner; bei relativ starker Konzentration 
der anderen Substanz wird ein umgekehrtes Verhalten zu erwarten sein. 
Bei Verwendung ein und derselben Menge der einen Substanz werden 
verschiedene Mengen der anderen gebunden werden kdnnen, je nach der 
Konzentration dieser Substanz. — Wie stimmt nun diese Erklarung zu 
den durch Experiment wie durch Erfahrung erhobenen Tatsachen? Da 
wir die Kdrper, um deren Reaktionen es sich hier handelt, eigentlich 


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272 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3. 

gar nicht kennen und als einzige Gharakteristik dafflr ihre biologische 
Wirkung verwenden mdssen, wird es leicht begreiflich erscheinen, daB 
man bei der Deutung der experimentellen Befunde besondere Vorsicht 
wird walten lassen mflssen. Der lebende Tierkbrper, der dabei die 
Rolle des Reagens auf Toxin and Antitoxin spielt., ist ein gar kompli- 
zierter Mechanismus, in dem mannigfaltige biologische Faktoren die von 
uns studierte Reaktion nach verschiedenen Seiten hin und in verschie- 
denem Mafie beeinflussen konnen. Die Hauptbedingung fflr ein chemiscbes 
Reagenz — die absolute Gleichm&fiigkeit und Konstanz der Reaktions- 
weise — wird sowohl durch individuelle Unterschiede wie durch physio- 
logische als auch pathologische Prozesse im Organismus stark beein- 
tr&chtigt. Eine auch nur halbwegs acceptable Konstanz ist nur in sehr 
wenigen Kombinationen und auch hier nur innerhalb enger Grenzen exakt 
eingehaltener, vielfacher Versuchsbedingungen zu erzielen. Urn sicht- und 
meBbare Wirkungen im Tierkorper hervorzubringen, muB ein Toxin in 
einer gewissen Menge wirken, darunter bleibt es unserer Erkenntnis 
unzug&nglich, indem die natiirlichen Widerstandskrafte des Organismus 
seine Existenz verdecken. Von dem MaBe dieser Widerstandskrafte so- 
wie von anderen Schwankungen des cellul&ren wie humoralen Chemis- 
mus wird die Empfindlichkeit dieses Reagens in hohem Grade beeinflufit 
werden kdnnen. Der Gehalt des Blutes an praformierten Antitoxinen, 
cellulare Ueber- und Unterempfanglichkeit werden daruber entscheiden, 
welche geringste Menge des Toxins sich noch durch eine pathogene 
Wirkung wird offenbaren konnen. In besonders gQnstigen Fallen wird 
es moglich sein, noch kleinere Toxinmengen, denen toxische Effekte ab- 
gehen, durch etwaige immunisierende Wirkungen sichtbar zu machen. 
Noch viel komplizierter miissen sich naturgem&B die Bedingungen fttr 
den Nachweis des Antitoxins gestalten, da wir hier auBer dem lebenden 
Organismus noch auch die Toxinwirkung zu berQcksichtigen haben. 
Dies vorausgeschickt, wenden wir uns nun zur Untersuchung der Wir¬ 
kungen von Toxin- und Antitoxin gemischen. Nach dem oben Gesagten 
ist es selbstverstandlich, daB es in Wirklichkeit kein neutrales Gemisch 
geben kann, da immer ein gewisser, wenn auch noch so kleiner, Ueber- 
schuB von Toxin vorhanden sein muB. Ich kann aber Bordet nicht 
beipflichten, wenn er behauptet, es gabe keine wirkliche Neutralisation 
des Toxins, nur eine groBere oder geringere Abschwachung je nach 
dem Grade der Sattigung durch Antitoxin; wie schon auseinandergesetzt 
wurde, glaube ich nicht, daB man die Annahme einer solchen unvoll- 
kommenen Neutralisation mit der einer chemischen Bindung, die doch 
sowohl von Danysz wie auch Bordet acceptiert wird, vereinigen 
kann. Wenn wir in der Praxis von volliger Neutralisation sprechen, 
so bedeutet das nur, daB der UeberschuB von Toxin im gegebenen Ge¬ 
misch im Tierexperiment unter gewissen Bedingungen nicht mehr zur 
Geltung kommt. Ein solches Gemisch ist in Wirklichkeit mit Antitoxin 
flbersattigt und wir sehen tatsachlich die antitoxische Wirkung des Anti- 
toxiniiberschusses in den Versuchen von Danysz klar hervortreten. 
Unsere Anschauung macht es auch erklarlich, daB es Gemische gibt, 
die gleichzeitig toxische und antitoxische Wirkungen entfalten; ja noch 
mehr, theoretisch mtiBte es eigentlich jedes Gemisch tun, nur sind zu- 
weilen die Toxin- resp. Antitoxinflberschflsse zu gering, um nachge- 
wiesen werden zu kdnnen. Ich glaube auch, daB diese Erklarung wohl 
am besten und klarsten die von Danysz und Bordet gefundenen 
Tatsachen ausdrttckt: was wir sehen, ist, daB die Toxin-Antitoxingemische 


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Eisen b erg, Ueber die BindungBYerh&ltniBse zwischen Toxin und Antitoxin. 273 


entweder toxische oder antitoxische oder auch beide Wirkungen zugleich 
entfalten. Nan setzen wir fflr die toxische Funktion ihr Symbol — den 
hypothetischen KSrper „Toxin“ — fflr die antitoxische das ebenfalls 
hypothetische „Antitoxin* — und wir kommen zu den Toxin-Antitoxin- 
flberschfissen — zu einer Erkl&rung, die auf allgemeinen chemischen 
Gesetzen basiert, statt unsere Zuflucht zu einem mysteridsen KSrper zu 
nehmen, der zu gleicher Zeit zwei antagonistische Funktionen austtbt. 
Den Beweis der Existenz eines solchen Kdrpers will Bordet darin 
erblicken, dafi die toxische Wirkung nicht ganz neutraler Gemische 
qualitativ anders sein soli, als die entsprechend verdflnnter reiner Gift- 
dosen. Vergleicht man ein Antikomplement-Komplementgemisch mit 
einer schwachen Dosis Komplement in Bezug auf ihre hfimolytische 
Wirkung, so findet man, daB das reine Komplement rascher wirkt, daB 
jedoch das Gemisch innerhalb einer lingeren Zeit eine viel grdfiere 
Menge Blut zerstOren kann. Die von Bordet gegebene Erkl&rung der 
zweifellos interessanten Erscheinung ist jedoch nicht die einzig m6g- 
liche; sie kOnnte ja ebensogut auf eine langsam vor sich gehende Dis- 
soziation der Antikomplement • Komplementverbindung zurflckgefflhrt 
werden, fihnlich wie sie Morgenroth bei der H&molyse, ich und Volk 
bei der Agglutination gesehen haben. Die Bedingungen zu einer solchen 
Dissoziation werden sich im Bordetschen Versuche leicht einstellen 
kbnnen; wir haben im Gemische die Komplement-Antikomplementver- 
bindung und daneben einen Komplementflberschufi. Die zugesetzten 
immunkorperbeladenen (sensibilisierten) Erythrocyten werden das freie 
Komplement sogleich verankern, wodurch das Medium sofort komple- 
mentarm wird und die Bedingungen zur Dissoziation eintreten und zwar 
zu einer andauernden Dissoziation, indem der jedesmal freigewordene 
Komplementanteil von den im Ueberschusse vorhandenen Erythrocyten 
abgefangen wird und dadurch das Milieu dauernd komplementarm bleibt. 
Die oben ausgesprochene Annahme, daB es in Wirklichkeit kein wirk- 
lich neutrales Gemisch geben kann, findet ihre Stdtzen in gar manchen 
Tatsachen, die in den letzten Jahren experimentell erhoben wurden. Die 
Versuche von Danysz sowie Bordet zeigen, daB solche Gemische 
dentlich antitoxisch wirken, was mit unserer Erkl&rung, daB solche Ge¬ 
mische , urn im Tierexperimente neutral zu erscheinen, mit Antitoxin 
flbers&ttigt sein mflssen, gut (ibereinstimmt Der jedenfalls &ufierst ge- 
ringe ToxinflberschuB in solchen Gemischen ist unter gewbhnlichen 
Versuchsbedingungen nicht nachweisbar — das drticken wir ja in der 
Bezeichnnng „neutral“ aus — wird jedoch entweder die Giftempf&ng- 
lichkeit des Tieres gesteigert oder znr Wertbestimmung ein empfind- 
licheres Reagens in Form einer empf&nglicheren Tierspecies verwendet 
oder aber der ToxinQberschufi gr5Ber, so kommt auch diese kleine Toxin 
menge zur Geltung. Dzierzgowski, der mit solchen neutralen 
Diphtherietoxin-Antitoxingemischen 4 Ziegen, 2 Hunde und 2 Pferde 
immunisierte, gibt an, in keinem Falle eine Antitoxinproduktion kon- 
statiert zu haben. Dieses Ergebnis spricht dafUr, dafi bei den betreffen- 
den Tieren die verschwindend kleinen Toxiniiberschtlsse in solchen Ge¬ 
mischen keine Reaktion haben ausldsen konnen; da wir jedoch wissen, 
daB die Reaktionsweise der Tiere von ihrer Individualit&t in hohem 
Grade bestimmt wird, wundert es uns kaum, daB Kretz, der 2 Pferde 
mit solchen Gemischen immunisierte, bei einem derselben ein 3-fach nor- 
males Serum erlangen konnte (Donar), also jedenfalls eine, wenn auch 
geringe Reaktion des Tieres auf die eingefiihrten Toxin Qberschfisse (unter 

Ento Abt. Ori*. Bd. XXXIV. 18 


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274 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


250 normalen Pferden, die Dzierzgowski auf ihren Antitoxingehalt 
untersuchte, fand er als hochsten Wert einmal ein 2-fach normales 
Serum). Viel prompter werden natilrlich auf solche minimale Giftfiber- 
schusse fiberempfindliche Tiere reagieren konnen und dementsprechend 
fand auch Kretz, dafi solche Tiere die Injektion von glatt neutralen 
(sogar iiberkompensierten) Gemiscben mit betrfichtlicher Antitoxinproduk- 
tion beantworten. Ebenso also wie geringe Toxindosen, die fflr normale 
Tiere noch unschfidlich sind, bei solcben Tieren toxische Erscheinungen 
hervorrufen, sind minimale Toxinliberschfisse, die bei normalen Tieren 
fOr gewohnlich keine Reaktion hervorrufen, fiir solche Tiere nicht irre¬ 
levant. Jedenfalls ist die Wirkung freien Toxins unentbehrlich zur Er- 
klfirung dieser hochst wichtigen Tatsache; wfthrend nun fttr mich die 
Existenz dieses freien Toxins als einfache Folge der Reaktion zwischen 
Toxin und Antitoxin erscheint, nimmt Kretz, ein Anhfinger der Gift- 
neutralisationstheorie, nach konstanter Proportion an, dafi die empfind- 
lichen Elemente im Organismus der ilberempfindlichen Tiere auf Grand 
ihres vermehrten Rezeptorengehaltes eine erhohte Giftavidit&t besitzen 
und dadurch beffihigt sind, die neutrale Verbindung zu sprengen und 
das freigewordene Toxin an sich zu reifien. Gegen diese Anschauungs- 
weise lassen sich jedoch manche Bedenken erheben; es ist nicht zu be- 
streiten, dafi Rezeptoren verschiedener Tierspecies demselben Gifte 
gegenuber verschiedene Aviditfitsgrade aufweisen kOnnen, so dafi die 
Verbindung des Giftes mit den Rezeptoren der einen Species durch die 
hOhere Aviditfit der Rezeptoren der anderen gegebenen Falles gesprengt 
werden konnte, es wird jedoch schwer fallen, sich die Moglichkeit einer 
solchen Sprengung vorzustellen in dem Falle, wo beide Arten von Re¬ 
zeptoren identisch sind. Andererseits sind wir nicht berechtigt, anzu- 
nehmen, dafi Rezeptoren in hoherer Konzentration eine hdhere Gift¬ 
aviditfit besitzen, also solche in geringerer Konzentration, dafi sie da¬ 
durch im stande waren, eine schon bestehende Verbindung zu sprengen. 
Hfitten wir freies Toxin vor uns und einerseits Giftrezeptoren in boher 
Konzentration, andererseits ebensolche in geringerer, dann kdnnten wir 
uns wohl vorstellen, dafi die ersteren dank ihrer grofieren Reaktions- 
geschwindigkeit das Toxin groBtenteils an sich reifien werden, doch 
kann die grofiere Reaktionsgeschwindigkeit einer schon bestehenden 
Verbindung gegenuber unmoglich etwas ausrichten. In unserem Falle, 
wo wir einem Pferde durch Pferdeantitoxin neutrales Gift injizierten, 
haben wir folglich keinen Anhaltspunkt zu der Annahme, dafi die Toxin- 
Antitoxinverbindung gesprengt und ein Anteil des Toxins frei werden 
kdnnte. Endlich mochte ich noch bemerken, dafi, wenn wir auch in 
Uebereinstimmung mit Cobett und Kretz bei ilberempfindlichen 
Tieren das Bestehen eines RezeptorenQberschusses an den empffinglichen 
Zellen annehmen konnen, wir noch nicht behaupten durfen, dafi die 
Konzentration dieser Zellrezeptoren grdfier ist als diejenige der Anti- 
toxine im Blute dieser hochimmunisierten Tiere, wie das von Kretz 
angenommen wird. Dafi auch aus anderen Ursachen entstandene nicht 
spezifische Giftiiberempfindlichkeit den Nachweis von Giftiiberschufi in 
anscheinend neutralen Gemiscben ermoglichen kann, zeigen die be- 
kannten Versuche von Roux und Vaillard, wonach Gemische von 
Tetanustoxin und Antitoxin, die von normalen Meerschweinchen reak- 
tionslos absorbiert werden, bei Tieren, die einige Zeit zuvor gegen den 
V. Massauah immunisiert wurden und anscheinend vollig gesund 
waren, typischen Tetanus hervorriefen. Ebenso dfirften wohl die neuer- 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltnisse zwischen Toxin und Antitoxin. 275 

dings publizierten interessanten Experiments von Marenghi zu er- 
kl&ren sein, in denen Meerschweincben, denen beide Nebennieren abge- 
tragen wurden, sich dem Dipbtheriegifte gegeniiber ttberempfindlich 
erweisen und auf Injektion von streng neutralen Gemischen eingehen. 
Es gelingt weiter, durch die Wahl einer geeigneten Tierart zu zeigen, 
daB Gemische, die, an einer anderen Species geprttft, neutral erscheinen, 
doch einen nicht zu vernachlassigenden ToxinflberschuB enthalten kdnnen; 
je empf&nglicher eine Species fflr das betreffende Gift ist, ein desto 
feineres Reagens fttr solches uberschflssige Gift wird sie abgeben kdnnen. 
So erzeugten in den vielumstrittenen Versuchen Buchners Gemische 
von Tetanustoxin und Antitoxin, die fflr Mfluse neutral Oder fast neutral 
waren, bei den empfanglicheren Meerschweincben typischen Tetanus. 
Ebenso sehen wir oben in den Experimenten von Danysz, daB fur 
Meerschweinchen neutrale Ricin - Antiricingemische es fflr Kaninchen 
nicht sind. In ahnlicher Weise rufen Diphtherietoxin-Antitoxingemische, 
die fflr Meerschweinchen glatt neutral sind, bei Kaninchen toxische Wir- 
kungen hervor, wie das seiner Zeit von Roux und Martin zuerst be- 
schrieben und neuerdings auf Grund exakter Bestimmungen von 
Dreyer und Madsen best&tigt wurde. Selbstverst&ndlich wird die 
GroBe der Wirkung solcher Gemische auch von der absoluten GroBe 
der Ueberschflsse abh&ngen: wahrend nun bei Toxin-Antitoxin die soge- 
nannten neutralen Gemische mit Antitoxin flbers&ttigt sein dflrften und 
deshalb der Toxinflberschufi so schwer nachweisbar erscheint, scheint dies 
bei analogen Versuchen, die von verschiedenen Seiten mit agglutinierten 
Bakterien sowie mit immunkdrperbeladenen Erythrocyten angestellt wurden, 
nicht immer der Fall gewesen zu sein. Die betreffenden Untersucher gingen 
von der Voraussetzung aus, daB, wenn tats&chlich die haptophore Gruppe 
der spezifischen Korper es ist, die im empf&nglichen Organismus die 
Bildung der Antikdrper veranlaBt, daB dann nach Verankerung dieser 
Gruppe in vitro die betreffenden Kflrper die F&higkeit verlieren sollten, 
Antikorperproduktion anzuregen. W&hrend nun v. Dun gem bei In¬ 
jektion von immunkdrperbeladenen Erythrocyten tatsSchlich keine H&mo- 
lysinproduktion auftreten sah, fand Sachs in einer ahnlichen Versuchs- 
anordnung unter 8 Versuchen nur 3mal dieses Resultat, w&hrend in 
5 Versuchen eine Produktion von Immunkdrpern, wenn auch in geringerer 
Menge als bei Kontrolltieren, beobachtet werden konnte. Aehnliche Er- 
gebnisse hatten Rehns, Nicolle und Tr4ne 1 sowie Neisser und 
Lubowski bei ihren Versuchen mit agglutinierten Bakterien. Sachs 
glaubte, durch den Nachweis von Immunkdrperflberschflssen bei der 
Bereitung seines Injektionsmaterials zu der Annahme berechtigt zu 
sein, „daB alle Rezeptoren gesattigt waren“, was durchaus nicht der 
Fall sein muB: hatte doch Ehrlich in seinem oben angefflhrten Ver- 
suche gezeigt, daB eine gewisse Blutmenge, die schon bei Zusatz von 
60 ldsenden Dosen einen freien UeberschuB ungebunden liefi, bei 
grdBerem ImmunkOrperzusatze auch 99 solche Dosen binden konnte. 
Auch Neisser und Lubowski bestrebten sich, bei der Herstellung 
der agglutinierenden Bakterien dieselben „init dem Agglutinin vollig 
abzusflttigen“. Doch selbst bei ihrer sehr zweckentsprechenden Ver- 
suchsanordnung (2malige successive Sattigung mit groBen Agglutinindosen) 
konnten sie keine GewShr haben, die betreffenden Rezeptoren tatsiich- 
lich verstopft zu haben; hat es sich doch in den Versuchen von mir 
und Volk gezeigt, daB selbst Bakterien, die nocli viel groBere Agglu- 
tininmengen absorbiert hatten (22000 A.E. statt der hier gebrauchten 

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276 ' Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 

1000) bei nochmaligem Agglutininzusatze noch immer betrfichtliche 
Agglutininmengen absorbieren konnten. Die einzig rationelle Kontrolle 
bei all diesen Versuchen ware nur die gewesen, zu zeigen, dab die be- 
trefienden verstopften Elemente tatsachlich nicht mebr im stande sind, 
den entsprechenden Immunkdrper zu binden; war diese Mdglichkeit nicht 
ausgeschlossen, so konnten sie im Tierkdrper verankert werden und die 
spezifiscben Reaktionen ausldsen. Als besonders demonstrativ in dieser 
Richtung mfichte ich die schfinen Untersuchungen von Pfeiffer fiber 
die immunisierenden Wirkungen von immunkfirperbeladenen Cholera- 
vibrionen anffihren; speziell beweiskrfiftig scheinen mir die Versuche, 
wo Kaninchen Choleravibrionen intravenfis injiziert wurden, die mit 
Kaninchenimmunkfirpern beladen waren und in denen ganz betr&cht- 
liche Immunkdrperproduktion erzielt wurde. In diesen Versuchen wird 
es wohl schwer fallen, etwa eine Spaltung der Verbindung Bakterien- 
rezeptor-Immunkdrper anzunehmen, da wir keinen Grund baben, an den 
Gewebsrezeptoren eine so hohe Aviditfit anzunehmen, dab eine solche 
Spaltung eintreten konnte. Es ist andererseits nicht zu verwundern, 
dab bei Verwendung von Kulturfiltraten, die relativ wenig Rezeptoren 
enthalten dflrften, durch Zusetzen eines groben Immunkdrperfiberschusses 
die Zahl der freibleibenden Rezeptoren so herabgedrfickt wird, dab sie 
im Tierkorper meistens keine mebbare Reaktion mehr auslosen konnen; 
doch auch hier kann es vorkommen, dab bei einem tfder dem anderen 
Tiere Immunkdrper auftreten (s. Pfeiffer, p. 893. Tab. V B. Tier 
No. 4). Selbstverstfindlich wird dabei die individuelle Ffihigkeit der 
Versuchstiere, auf geringe Mengen von spezifiscben Kdrpern mit Immun¬ 
kdrperproduktion zu reagieren, eine grobe Rolle spielen, was wir sowohl 
in den Versuchen von Pfeiffer, Sachs, wie von Neisser und Lu- 
bowski bestfitigt linden. Nach obigem wird wohl die Annahme von 
Sachs, „dab gewisse Tiere die individuelle Ffihigkeit haben, die be- 
setzten Rezeptoren trotzdem zu verankern", kraft der „hdheren Aviditfit 
ihrer Gewebsrezeptoren" zur Erklfirung der von ihm gefundenen Tat- 
sachen fiberflfissig erscheinen mfissen. Hier wird es vielleicht noch am 
Platze sein, die Versuche von Selinow zu erwfihnen, die ebenfalls fttr 
ein Bestehen von Toxin- und Antitoxinfiberschfissen in den Gemischen 
dieser KOrper zu sprechen scheinen. Dieser Forscher injizierte Diph- 
therietoxin resp. Antitoxin in das Kornealgewebe und konstatierte nach 
Verlauf einiger Tage ffir jeden dieser Kdrper charakteristische histo- 
logische Verfinderungen. Injizierte er nun ein Gemisch, in dem das 
Toxin nur zur Hfilfte mit Antitoxin gesfittigt war, so konnte er neben 
den vom Toxin herrtthrenden Verfinderungen auch solche linden, die auf 
die Wirkung von Antitoxin zurflckzuffihren waren. 

Wfihrend uns bisher das Schicksal des in vitro bewerkstelligten 
Toxin-Antitoxingemisches beschfiftigte, wollen wir uns nunmehr zur Be- 
trachtung der Verhfiltnisse wenden, die eintreten, wenn beide Kdrper 
im lebenden Organismus zusammentreffen. Wfihrend im ersten Falle 
nach den uns jetzt gelaufigen Vorstellungen die chemische Umsetzung 
schon in vitro vor sich geht und der Organismus nur einen Indikator ab- 
gibt ffir etwaige Ueberschfisse beider Substanzen, kann im zweiten Falle 
die Reaktion selbst von ihrem lebenden Milieu in verschiedener Weise in 
ihrem Ablaufe beeinflubt werden, wir mfissen uns also im vorhinein 
auf kompliziertere Verhfiltnisse gefabt machen. Tatsachlich kennen wir 
ja verschiedene Beispiele, in denen diese Reaktion im lebenden Kfirper 
ganz anders ablfiuft als in vitro; es sei hier nur hingewiesen auf das Aus- 


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Gisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltnisse zwischen Toxin und Antitoxin. 277 


bleiben der Agglutination von Cholerabacillen im immunen Tiere (Tau- 
relli-Salimbeni), das Ausbleiben der Hemagglutination nach Injek- 
tion von normalen (Bongiovannini) Oder Iramunh&magglutininen 
(Kraus und Sternberg) oder von vegetabilischen Toxalbuminen 
(Lau), endlich das Ausbleiben von Pr&zipitation nach Injektion von 
EiweiB bei einem dagegen immnnisierten Tiere (Rostoski). Die Re- 
aktion zwischen Toxin und Antitoxin im Tierkorper wird nun beobachtet, 
wenn Toxin entweder einem normalen oder einem immunisierten Tiere 
einverleibt wird. Bekanntlich besitzen ja verschiedene Tierspecies di¬ 
verse normale Antitoxine in ihrem Blute; was speziell das bestbekannte 
Gebiet der Diphtherieimmunit&t betrifft, wissen wir aus den Unter- 
suchungen von Roux und Martin, Cobbett, Meade Bolton und 
Dzierzgowski, daB normale Pferde in ihrem Blute nachweisbare 
Antitoxinmengen beherbergen, deren Werte z. B. nach Cobbett 
zwischen Vio — Vio» A.E. pro 1 ccm, nach Dzierzgowski zwischen 
Vioo~2 A.E., schwankt Injiziert man nun so einem Tiere, das in 
seinem Blute 200—2000 A.E. besitzt. selbst die hohe Dosis von einigen 
Kubikcentimetern Toxin, die zur glatten Neutralisierung einige A.E. be- 
dfirfen, so sollte die Injektion am Tiere reaktionslos vorbeigehen, wenn eine 
solche voile Neutralisation wirklich eintr&te. Und dennoch sehen wir, 
dafi die Dosis immunisierend wirkt oder aber — bei besonders empfind- 
lichen Tieren — bedrohliche toxische Erscheinungen hervorrufen kann, 
die zuweilen sogar letal ablaufen. So sind im Krakauer serotherapeuti- 
schen Institute des Herrn Prof. Bujwid zwei Pferde nach Injektion 
von 2 resp. 5 ccm Toxin eingegangen, und Dzierzgowski erwahnt 
ein Pferd (No. 57), bei dem die Injektion von 4 ccm Toxin = 40 DLM 
eine letale Intoxikation zur Folge hatte 1 ). Ganz ahnliche Verhaltnisse, 
wie soeben auseinandergesetzt, treten bei jedem immunisierten Tiere 
mit jeder neuen Giftinjektion ein. Die injizierte Giftmenge bildet hier 
nur einen kleinen Bruchteil derjenigen, die durch das im Tiere kreisende 
Antitoxin neutralisiert werden konnte, und dennoch bewirkt jede neue 
Giftinjektion eine Steigerung des Antitoxingehaltes und mull folglich 
eine gewisse Giftmenge zur Wirkung gelangen. Als erster hat meines 
Wissens auf diesen Punkt Kretz hingewiesen, ohne vorlaufig eine Er- 
klarung dafiir geben zu k5nnen; sodann hat Pfeiffer diese Frage mit 
Rflcksicht auf die bakterizide Immunitat bertthrt, und erst vor kurzem 
hat v. D ungern die Forderung ausgesprochen, daB bei einem gegen 
EiweiB immunisierten Tiere bei einer erneuten Injektion trotz des 
kreisenden PrUzipitinflberschusses freie prazipitable Substanz zur Wir¬ 
kung gelangen mflsse, wenn neuerliche Prazipitinproduktion eintreten 
soil. Der einzige, der bisher meines Wissens fflr diese fQr die ganze 
Immunit&tslehre grundlegende Tatsache eine Erkl&rung zu geben ver- 
sucht hat, ist Dzierzgowski. Dieser verdiente Forscher nimmt an, 
daB das subkutan injizierte Toxin vermdge des schwachen Antitoxin¬ 
gehaltes im subkutanen Gewebe nur zum Teil neutralisiert wird und daB 
der durch Antitoxin nicht gebundene Teil, von den Zellen der Subcutis 
lokal verankert, zur Antitoxinproduktion AnlaB gibt. Das in die Blut- 
bahn resorbierte Toxin ist nach Dzierzgowski fur die Immunisie- 
rung belanglos, da es dort vollst&ndig neutralisiert wird, ebenso kann 


1) Auf diesen Umstand hat mich mein verehrter Chef, Herr Prof. O. Bujwid, 
aufm’erksam gemacht, dem ich dafiir meinen verbindlichsten Dank auch an dieser Stelle 
auszusprechen mir erlaube. 


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278 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3. 


es auf diesem Wege nicht an andere Gewebselemente gelangen, nach- 
dem es ja unterwegs der Neutralisation unterliegt. Folgerichtig be- 
hauptet weiter Dzierzgowski, daB nach intravendser Gifteinverleibung 
keine Antitoxinproduktion beobachtet werden sollte, da doch das jeweilig 
injizierte Toxin jedesmal in der Blutbahn mit Antitoxin zusammentreffen 
und neutralisiert werden muB. Die soeben skizierte Anschauung, die 
in einzelnen Punkten wohl richtig sein diirfte, ist jedoch nicht im stande, 
alle beobachteten Tatsachen zu erkl&ren und findet zum Teil in manchen 
eine direkte Widerlegung. Es ist ja wohl anzunehmen, daB ira sub- 
kutanen Gewebe nach einer Giftinjektion die Neutralisationsbedingungen 
filr das Gift weniger gunstig sind, als etwa im Blute, man darf jedoch 
nicht vergessen, daB auch dieses Gewebe Antitoxin enth&lt, daB darin 
ein Netz von Blut- und LymphgefaBen sich ausbreitet, in dem konzen- 
triertes Antitoxin zirkuliert, sowie endlich daB infolge des durch die 
Giftinjektion gesetzten Reizes eine antitoxinreiche Exsudation stattfindet 
— lauter Bedingungen ftir die Neutralisation des Giftes selbst in der 
Subcutis. Und wie w&re dann die oben erw&hnte letale Wirkung kleiner 
Toxindosen bei normalen oder bei hochimmunen tiberempfindlichen 
Tieren? Dzierzgowski wird wohl kaum annehmen wollen, daB die 
Verankerung einer kleinen Toxindosis im subkutanen Gewebe den Tod 
des Tieres zur Folge haben kann — und doch kann ja nach seinen 
Anschauungen das Toxin auf dem Blutwege nicht an die lebenswichtigen 
Elemente gelangen, da es unterwegs neutralisiert werden mtiBte. End¬ 
lich stimmt die Behauptung, daB durch intravenose Giftzufuhr keine 
Immunisierung zu erlangen ist, durchaus nicht mit den Tatsachen iiber- 
ein; fiihrt doch Dzierzgowski selber in seinen Protokollen die Ge- 
schichte des Pferdes No. 163 (p. 359) an, daB nach 9 intravenosen 
Giftinjektionen (die noch in ihrer Wirkung durch gleichzeitige Antitoxin- 
einspritzung abgeschwacht wurden!) ein 20-fach normales Serum auf- 
wies. Ebenso zeigte Pferd No. 43 in der ersten Mitteilung von Dzierz¬ 
gowski nach intravenoser Giftapplikation ein 70-fach normales Serum. 
In der Arbeit von Kretz finden wir ebenfalls das Pferd Demagog er- 
w&hnt, das nach intravenoser Gifteinverleibung (trotz gleichzeitiger Anti- 
toxininjektionen!) einen Antitoxinwert von 20 A.E. in 1 ccm erlangt hat. 
Es diirfte also als feststehend angenommen werden, daB auch nach 
intravenoser Giftzufuhr Antitoxinproduktion eintritt, freilich eine ge- 
ringere, als nach subkutaner. Angesichts dieser Tatsache erweist sich 
natiirlich die Ansicht von Dzierzgowski als unzulfinglich, und wenn 
dieser Autor nun behauptet, „die in diesen Experimenten auftretende 
geringe Antitoxinproduktion sei auf eine unvollst&ndige Neutralisation 
des Giftes in der Blutbahn von seinem Eintritte in die Gewebe und 
Organe zuriickzufiihren u , so ist das vom Standpunkte der Ehrlich- 
schen Theorie von den konstanten Bindungsproportionen, zu der sich 
Dzierzgowski bekennt, eine Inkonsequenz, denn es sind wohl in 
diesem Falle, angesichts des groBen Antitoxinuberschusses im Blute, die 
besten Bedingungen fQr eine vollstandige Giftneutralisation gegeben. 
Die einzige Anschauungsweise, die im stande ist, diese Tatsachen zu 
erklaren, ist meines Erachtens die oben vertretene Auffassung der Bin- 
dungsgesetze zwischen Toxin und Antitoxin. Wenn wir annehmen, daB 
bei jeder Toxin-Antitoxinreaktion ein Teil des Giftes ungebunden bleibt, 
so wird dieser GifttiberschuB bei normalen wie bei immunisierten Tieren 
seine spezifischen Wirkungen entfalten konnen, und zwar toxische oder 
immunisierende, je nach den biologischen Bedingungen des gegebenen 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverhaltnisse zwischen Toxin und Antitoxin. 279 


Falles. Unumg&nglich erscheint diese Annahme in dem nahe ver- 
wandten Falle der bakteriziden Immunitat, wo wir aus den Unter- 
suchungen von Pfeiffer und Marx sowie Wassermann wissen, 
daB die Bildung der Immunkdrper in den blutbildenden Organen erfolgt; 
soli nun bei einem immunen Tiere bei einer neuerlichen Injektion 
ImmunkOrperprodnktion von nenem vor sich gehen, so iniissen die Bak- 
terienrezeptoren auf dem Blutwege in die Organe gelangen, d. i. es mull 
trotz der grofien Immunkdrpermenge im Blute ein freier UeberschuB an 
Bakterienrezeptoren znr Wirkung gelangen. Diese freien Ueberschttsse 
an Gift resp. Bakterienrezeptoren wird man sich als aufierst gering vor- 
zustellen haben; daB sie dennoch so pragnante immunisierende Effekte 
hervorrufen, wird auf die Ueberempfindlichkeit der immunisierten Tiere 
zurflckzufflhren sein, die durch mancherlei Tatsachen bewiesen wird. Es 
ist klar, daB fiir diesen Fall die Danysz-Bordetsche Erkl&rung sich 
kaum wird heranziehen lassen; wie konnte denn ein gebundenes und 
zwar durch einen grofien Antitoxinflberschufi gebundenes Toxin immuni- 
sierend wirken? — es sei denn, dafi man den Verbindungen auch im- 
mnnisierende Wirkungen zuschreiben wfirde, wodurch sie dann freilich 
bereits alle Eigenschaften eines Toxinttberschusses besafien — mit Aus- 
nahme der Benennung. 

Nach Injektion von Toxin bei schon immunisierten Tieren wurde 
noch eine interessante Beobachtung von einigen Forschern festgestellt, 
die erst im Lichte der bisher erorterten Anschauungen unserem Ver- 
standnisse naher gerfickt wird. Injiziert man einem solchen Tiere, 
dessen Serum einen bekannten Gehalt an Antitoxin aufweist, eine be- 
stimmte Menge Toxin, so muB natflrlicherweise unmittelbar nach der 
Injektion der antitoxische Wert des Serums sinken zum Ausdruck fiir 
die stattgehabte Bindung eines Teiles des Antitoxins durch das einge- 
fflhrte Toxin. Berechnet man aber den eingetretenen Antitoxinverlust 
im Verhaitnisse zum Toxin, so zeigt es sich, daB er unvergleichlich 
grofier ist, als dem kalkulierten Neutralisationswerte entsprechen wflrde, 
was sich auch im steilen Abfalle der Antitoxinkurve kundgibt. Um ein 
Beispiel herauszugreifen, will ich hier folgende Beobachtung von Salo¬ 
ns onsen und Madsen an einem gegeu Diphtherietoxin immunisierten 
Pferde anfflhren; das 665 kg wiegende Pferd hatte vor der betreffenden 
Injektion einen Antitoxingehalt von 100 I.E. pro 1 ccm, also im ganzen 
Blute 25000 X 100 I.E. = 2500000 I.E. Nach Injektion von 1 1 Toxin 
= 38 461 DLM sank der Antitoxinwert auf 65 I.E., folglich betrug der 

Verlust 25000 X 35 A.E. = 875000 I.E. (berechnet fiir = 50 1 

lo 

Blut = 25 1 Serum), wahrend zur Nentralisation des injizierten Toxins 
385 I.E. genflgt hatten. Wir sehen also, daB das eingeffihrte Toxin 
mehr als 2000mal soviel Antitoxin gebunden hat, als es nach dem 
Neutralisationswerte in vitro hatte tun sollen, wobei man noch bedenken 
muB, daB ein Teil des Toxins an der Bindung unbeteiligt sein muBte, 
um von den empfanglichen Elementen verankert werden und neuerliche 
Antitoxinproduktion anregen zu konnen. Eine ganze Reihe analoger 
Tatsachen lfiBt sich auch aus den von Dzierzgowski angefflhrten 
Tabellen herauslesen, welche die Geschichte seiner gegen Diphtherie 
immunisierten Pferde betreffen. Ueber ahnliche Befunde bei der Im- 
munisiernng von Ziegen gegen Botulismustoxin berichten Forssmann 
und Lundstrdm: die 36 kg schwere Ziege hatte einen solchen Anti¬ 
toxingehalt des Serums, daB 1 ccm davon 100000 DL neutralisierte, 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


folglich ihr ganzer Serumgehalt von ca. 1400 ccm 1400000 DL. Nach 
einer neuerlichen Giftinjektion von 100000 DL sinkt der Antitoxingehalt 
auf 600 DL = L®. d. i. der Antitoxinverlust betragt 1400.400 DL = 
560000 DL, w&hrend nur 100000 zur Neutralisation nStig waren. Aus 
diesen Befunden folgt unabweisbar, dad auch im TierkQrper das Toxin 
in Gegenwart eines Antitoxinflberschusses ein hohes Multiplum der- 
jenigen Antitoxinmenge zu binden vermag, die sich beim Neutralisations- 
versuche zu seiner Entgiftung notig erweist. DaB ubrigens dieses Ver- 
halten ein allgemeines sein durfte, beweist folgender von Bulloch bei 
einem mit Ochsenblut immunisierten Kaninchen erhobene Befund. Das 
ca. 5 kg schwere Tier hatte vor der Injektion einen derartigen Immun- 
korpergehalt, dafi 0,04 ccm Serum die komplett losende Dosis fflr 1 ccm 
5-proz. Ochsenblutes darstellte, folglich geniigte sein ganzes Serum (ca. 
180 ccm), um 25X180 ccm 5-proz. Ochsenblut = 225 unverdiinntes 
Ochsenblut komplett aufzuldsen. Nach einer Injektion von 13 ccm 
Ochsenblut hfitte nun das ganze Serum 225 —13 = 212 ccm Ochsen- 

180 

blut losen sollen, folglich fur 1 ccm 5-proz. Ochsenblut 212 X 20 CCm 

= 0,0425 ccm. In Wirklichkeit war der Verlust so grofi, daB erst 
0,3‘ccm zur kompletten L5sung von 1 ccm 5-proz. Ochsenblutes ge¬ 
niigte, also die ganze Serummenge zur Ldsung von 600 ccm 5-proz. 
Blutes = 30 ccm unverdunnten Blutes. Der Verlust entsprach also 
der Neutralisierungskraft von 225 — 30 ccm = 195 ccm Blut, wahrend 
in Wirklichkeit nur 13 ccm, also der 15. Teil dieser Menge, injiziert 
wurde. Es ist also klar, dail das eingefiihrte Blut sich mit Immun- 
kSrpern fibersfittigt hat, Shnlich wie es dies in den Ehrlichschen Ver- 
suchen in vitro tat 

Endlich mochte ich nicht verfehlen, auf eine praktische Konsequenz 
der hier vertretenen Anschauung aufmerksam zu machen, die speziell 
auf die Serotherapie des Tetanus Bezug hat Nimmt man an, wie es 
wohl berechtigt erscheint, dafi der bei der Toxin-Antitoxinbindung resul- 
tierende Toxiniiberschufi um so geringer ausfallt, je grOBer die reagie- 
rende Antitoxinmenge ist, so wird man in F&llen von menschlichem 
Tetanus den Rat Behrings, energische und grofie Serumdosen von 
vornherein zu verwenden, aufs warniste befflrworten miissen. Das an 
der Infektionsstelle sezernierte Gift gelangt successive in kleinen Mengen 
ins Blut und wird hier relativ grofie Antitoxinmengen binden k5nnen. 
Es besteht nun einerseits die Gefahr, daB dann der Antitoxingehalt er- 
schopft wird und dann die Intoxikation zuletzt noch die Oberhand gewinnt, 
Oder aber dafi geringe Giftttberschiisse gebunden werden und zwar mog- 
licherweise von durch vorherige Giftwirkung iiberempfindlichen Ele- 
menten. Jedenfalls wird es also geraten sein, gleich von vornherein 
grofie Antitoxindosen anzuwenden und nicht friiher mit der Antitoxin- 
zufuhr aufzuhOren, als die Tetanussymptome verschwunden sind. DaB 
die ausgesprochenen Moglichkeiten recht nahe liegen, zeigen ubrigens 
Versuche von Roux und Vaillard, in denen Meerschweinchen nach 
einer Infektion mit Tetanussporen grofie Dosen von Antitoxin bekamen 
und bei denen l&ngere Zeit hindurch die Krankheit unterdriickt zu sein 
schien, um dann pldtzlich aufzuflackern und binnen kurzer Zeit letal zu 
werden. Das Blut dieser Tiere enthielt aber nichtsdestoweniger freies 
nachweisbares Antitoxin selbst im Momente des Exitus. — Indem ich 
diese Zeilen schliefie, mdchte ich bemerken, dafi ich mir dessen wohl 
bewufit bin, dafi die hier vertretene Theorie noch manche Mfingel be- 


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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh&ltnisse zwischen Toxin und Antitoxin. 281 

sitzt, d&fi sie noch manche Frage offen l&fit und dafi damit auf diesem 
Gebiete noch lange nicht das letzte Wort gesprochen ist Ich glaubte 
mit ihr eine Reihe von Tatsachen am besten erklaren zu konnen und 
stelle sie hiermit zu Sffentlicher Diskussion sowie experimenteller Priifung, 
die iiber ihr Schicksal entscheiden mogen. 

Krakau, den 15. April 1903. 

Nachtrag. 

Wahrend der Drucklegung dieser Arbeit ist in der Mflnch. med. 
Wochensc.hr. 1903. No. 18 die interessante Arbeit von Landsteiner 
und Jagie „Ueber die Verbindungen und die Entstehung von Immun- 
k6rpern“ erschienen. Wenn ich auch die Ansichten der Autoren iiber 
die Existenz einer Mehrzahl verschieden zusammengesetzter Agglutinin- 
verbindungen von verschiedenen Eigenschaften nicht teilen kann und 
mir noch vorbehalte, darauf in Zukunft zuriickzukommen, will ich hier 
die in Uebereinstimmung mit dem oben Ausgefilhrten acceptierte Re- 
versibilitat der Agglutinationsreaktion hervorheben. 


Literatnr. 

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Pasteur. T. VII. 1893. No. 2. d. 65-140.) 

Rostoski, Zur Kenntnis der Prazipitine. (Verh. d. phys.-med. Gee. zu Wurzburg. 
N. F. Bd. XXXV. 1902. Sep.-Abdr.) 

Sachs, H., Immunisierungsversuche mit immunkorperbeladenen Erythrocyten. (Cen¬ 
tralbl. f. Bakt etc. Abt. I. Orig. Bd. XXX. No. 13.) 

Salomonsen, J. et Madsen, Th., Recherches sur la marche de Timmunisation 


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Noguchi, On the heat lability of the complements of cold-blooded animals. 283 


active contre la dipht£rie. (Ann. de l’lnst Pasteur. T. XI. 1897. No. 4. p. 315 
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Salimbeni. A. T., Recherches suj: l*imnmnit6 dans le cholera I. Sur l’agglutination. 

(Ann. de llnst. Pasteur. T. XI. 1897. No. 3. p. 277—286.) 

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(Arch. ruse, des sc. biolog. T. VII. 1899. p. 364—373.) [4d. russe.] 

Stephens, Ch. and Myers, W., The influence of cobra poison on the clotting of 
blood and the action of Calmette’s “antivenomous serum” upon the phenomen. (Journ. 
of Anat. Vol. XXIII. 1898. p. 1.) 

Wladimiroff, Ueber die immunisierende und anti toxin erzeugende Wirkung des 
Tetanusgiftes bei Tieren. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XV. 1893. p. 405 


Nachdruck verboten. 

On the heat lability of the complements of cold-blooded 

animals ')• 

[From the Marine Biological Laboratory, Woods Hole, Mass.] 

By Hldeyo Noguchi, M. D., Assistant in pathology, 
University of Pennsylvania. 

The study of serum complements of warm blooded animals has led 
to conflicting views upon their nature. According to some — Buchner (1), 
Wilde (2), Bordet (3), Gruber (4) — they are unitiotic bodies which, 
as alexines, act upon susceptible cells — bacteria, body-cells — and 
bring about their dissolution. According to this view a given serum 
contains a single complement or alexine which is brought into combi¬ 
nation with the foreign cells through the operation of certain interme¬ 
diate substances — substance sensibilisatrice, amboceptor — which differs 
for different kinds of cells. According to another view, that held by 
Ehrlich (5), his co-workers, and supporters, the complements are plu¬ 
ralistic bodies which differ in their [combining capacities whereby their 
action is restricted within definite limits, as de termined by this com¬ 
bining affinity with particular amboceptors. A given serum may contain 
several or even many complements and these in turn may exhibit, besides 
the distinction of combining power with amboceptors, other differences 
as in respect to their resistance to the injurious action of heat, acids, 
alkalies, and digestive ferments; and also as regards their ability to pass 
through unglazed porcelain filters. 

In the course of experiments upon the haemolysins of cold-blooded 
animals (6) carried out last summer a few experiments were conducted 
to test the variations in heat lability of the serum complements of a 
small number of the species used for the experiments. The results are 
of interest in themselves and bear upon the broader question of the 
multiplicity of serum complements wherefore they are presented at 
this time. 

For the purpose of the experiments to be given, the sera of four 
species of animals were employed. These were: Mustelus canis (dog 


1) This study was conducted under a grant from the Carnegie Institution of Wash¬ 
ington, D. C. 


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284 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


fish), Cynoscion regalis (squeteague), Amphiuma means (Congo eel) and 
liana catesbiana (bull frog). 

The fresh serum of Mustelus canis showed the following haemolytic 
powers when used in the proportion of 1 ccm of fresh serum and 5 % 
of defibrinated blood: 


Blood of Rana catesbiana 

Haemolysis: 15 minutes 

„ „ Amphiuma means 

„ 40 „ 

„ „ Cynoscion regalis 

»» 9 »» 

„ „ Chrysemys picta (painted turtle) 

jt 45 n 

,, „ Emys meleagris (box tortoise) 

,, io „ 


The fresh serum of Cynoscion regalis used in the same manner gave 
the following result: 


Blood of Rana catetbiana 

„ „ Amphiuma means 

„ „ Chrysemys picta 

„ „ Emys meleagris 


Haemolysis: 

V 


10 minutes 
40 „ 

30 „ 

20 „ 


The fresh serum of Amphiuma means gave the following result: 

Blood of Rana catesbiana Haemolysis: 15 minutes 

„ „ Chrysemys picta „ 25 „ . 

„ „ Emys meleagris „ 45 „ 


The fresh serum of Rana catesbiana gave the following result: 

Blood of Cynoscion regalis Haemolysis: 5 minutes 

„ „ Mustelus canis „ 1 „ 

„ „ Tautoga onitis (Tautog) „ 2 „ 

„ tJ Brevoortia tyrannus (Menhaden) „ 12 „ 

For the purpose of our experiments the blood sera were heated to 
temperatures of 40°, 45° and 50° C for 30 minutes, after which the 
haemolytic action was again tested. 


Experiment I. 

Serum of Muitelus cants heated for 30 minutes. 


5 % hlood of 

40° C 

45° C 50° C 

Haemolysis 

Unheated serum 

Rana catesbiana 

35 min. 

none 


15 min. 

Amphiuma means 

42 „ 

none 


40 „ 

Cynoscion regalis 

25 „ 

none 


5 „ 

Chrysemys picta 

52 „ 

partial 1 hr 

none 

45 „ 

Emys meleagris 

partial 1 hr 

none 


10 „ 


Experiment II. 


Serum 

of Synoscion regalis heated for 80 minutes. 

5 % blood of 

40° C 

45° C 50° C 

Unheated serum 



Haemolysis 


Rana catesbiana 

85 min. 

none 

10 min. 

Amphiuma means 

Imperfect 60 min. none 

40 „ 

Chrysemys picta 

40 mm. 

trace none 

30 „ 

Emys meleagris 

none 

Experiment III. 

20 „ 

Serum 

of Amphiuma means heated for 30 mi 

inutes. 

5 % blood of 

40° C 

45° C 50° C 

Unheated serum 



Haemolysis 


Rana catesbiana 

none 


15 min. 

Chrysemys picta 

partial 1 hr 

trace 1 hr none 

25 „ 

Emys meleagris 

partial 1 hr 

none 

45 „ 


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Noguchi, On the heat lability of the complements of cold-blooded animals. 285 


Experiment IV. 

Serum of Rana cateebiana heated for 30 minutes. 


5 0 0 blood of 

40° C 

45° C 

50° C 

Unheated serum 



Haemolysis 


Oynoscion regalis 

25 min. 

none 


5 min. 

Muttelus cania 

30 „ 

trace 

none 

i „ 

Tautoga onitu 

trace 

none 


2 „ 

Brevooriia tyrann us 

20 min. 

30 min. 

none 

12 „ 


Conclusions. 

1) The serum-complements of cold-blooded animals are highly labile 
bodies and are destroyed at temperatures below 50° C. 

2) The serum-complements of these animals would appear to be 
multiple in that their action upon different species of red corpuscles is 
not only different, but the destruction of the complement for one kind 
of red corpuscle may be effected without loss of the entire complement- 
content of the serum. 

3) The complements for given kinds of red corpuscles can be greatly 
reduced by heating the serum, without being entirely destroyed. When 
such reduction is brought about a slight ly higher temperature comple¬ 
tely abolishes the action of the complements. 

4) The complements occurring in different sera show, for a given 
species of red corpuscle, different degrees of heat lability. 

I wish to express my indebtedness to Professor Flexner for his 
kindness in suggesting this study to me. 

References. 

1 ) Buchner, Hans, Sind die Alexine einfache oder komplexe Korper? (Berl. klin. 
Wochenschr. Bd. XXXVIII. 1901. p. 855.) 

2) Wilde, M., Ueber die Absorption der Alexine durch abgetotete Bakterien. (Ibid. 

E . 878) Idem, Ueber die Beeinflussung der Alexinwirkung aurch Absorption. (Arch. 
Hyg. Bd. XLIV. 1902. p. 1.) 

3) Bordet, J., Les scrums n&nolytiques, leurs antitoxines et Ies theories dee scrums 
cytolytiques. (Annal. de PInstitut Pasteur. T. XIV. 1900. p. 257.) Idem, Sur le 
mode d’action des scrums cytolytiques et sur l’unite de alexine dans un m&ne s6rum. 
(Ibid. T. XV. 1901. p. 303.) 

4) Gruber, Max, ueber Bakteriolyse und Hamolyse. (Munch, med. Wochenschr. 
Bd. XIV. 1901. p. 1925, 1965.) 

5) Ehrlich u. Morgenroth, Ueber Hamolysine. (Berl. klin. Wchschr. Bd.XXXVII. 
1900. p. 681.) Ehrlich u. Sachs, Ueber die Vielheit der Komplemente des Serums. 
(Ibid. Bd. XXXIX. 1902. p. 298, 335.) Idem, Ueber den Mecnanismus der Ambo- 
ceptorenwirkung. (Ibid. p. 492.) Sachs, Gibt es einheitliche Alexinwirkungen ? 
(Ibid. p. 182,216.) Ehrlich and Marshall, Ueber die komplementophile Gruppe 
der Amboceptoren. (Ibid. p. 585.) Morgenroth u. Sachs, Ueber die Kompie¬ 
men tierbarkeit der Amboceptoren. (Ibid. p. 637.) Idem, Ueber die quantitativen 
Beziehungen von Amboceptor, Komplement und Antikomplement. (Ibid. p. 817.) 
Wendelstadt, Ueber die Vielheit der Amboceptoren und Komplemente bei Ha¬ 
molyse. (Centralbl. f. Bakt. u. Parasitenk. Abt. L Orig. Bd. XXXI. 1902. p. 469.) 
Lipstein, Die Komplementablenkung bei bakteriziden Reagenzglasversuchen und 
ihre Ursache. (Ibid. p. 560.) Marshall u. Morgenroth, Ueber Differenzierung 
von Komplementen durch ein Partialantikomplement (Ibid. p. 570.) Wechsberg, 
Ueber die Wirkung baktericider Immunsera. (Wien. klin. Wochenschr. Bd. XV. 
1902. p. 337, 720.) Longcope, Study of the bacteriolvtic serum-complements in 
disease, etc. (Univ. of Penna. med. Bulletin. Vol. XV. 1§02. p. 331.) 

6 ) Noguchi, Univ. Penna. med. Bulletin. Vol. XV. 1902. p. 295, 301. 


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286 


;Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3. 


Nachdruck verboten . 

On the multiplicity of the serum haemagglutinins of 
cold-blooded animals 1 ). 

[From the Marine Biological Laboratory, Woods Hole, Mass.] 

By Hideyo Noguchi, M. D., Assistant in pathology, Univ. of Pennsylvania. 

In the course of my studies of the action of the blood sera of cold¬ 
blooded animals upon the erythrocytes of those animals *) I took account 
of the coincident occurrence of agglutination. At the conclusion of the 
experiments upon those subjects Professor Flexner suggested that I 
study the heat lability of the agglutinins for erythrocytes of cold-blooded 
animals, and, also their behavior towards absorption tests. This I did 
in a few instances, the results of which I have thought of sufficient 
interest to warrant publication in a brief form. 

The experiments upon heat lability were conducted with the serum 
of Limulus polyphemus — the horse-shoe crab. The clear serum, ob¬ 
tained from the body cavity, is highly agglutinative for the corpuscles 
of many cold-blooded animals. The species used and the results attained 
are given in Table I. 

Table I. 

Agglutinating power of normal Limulut serum, 
of hlooH f Mustelus Emys Brevoortia Paralichthys Tautoga Oynoscion 

\ canis meleagris tyrannus dentatus onitis j regal is 

Degree of agglu-f Strong Strong Strong Mod. strong Strong Moderate 

tination \ 5 minutes 5 minutes 8 minutes 10 minutes 5 minutes |15 minutes 

The serum of Limulus was now heated for 30 minutes to tempera¬ 
tures varying from 45° to 65° C, after which the agglutination was 
again noted. The results are given in Table II. 

Table II. 

Serum of Limulus heated for 30 minutes. 


Species of 
blood 

40° C 

45° C 

1 

o 

o 

g 

] _ 

55° C 

60° C 65° C 

Mustelus ca- 





1 

nis 

Mod. strong 

Mod. strong 

Moderate 

Weak 

None | 

Emys melea- 



1 

gris 

Brevoortia ty¬ 

strong 

moderate 

weak 

i 

none 


rannus 

moderate 

weak 


n 


Paralichthys 





i 

dcntatus 

a 

trace 

none 


1 

I 

Tautoga onitis 
Cynoscion re- 

strong 

mod. strong 

weak 

trace 

none I 

gait's 

moderate 

moderate 

ri 

very weak 

trace | none 


The absorption experiments were made with Limulus serum and 
were conducted by adding to the serum an excess of the washed 
corpuscles of the several species of animals. These were allowed to 


1 ) This study was conducted under a grant from the Carnegie Institution of 
Washington, D. C. 

2) Univ. of Penna. Med. Bulletin. Vol. XV. 1902. p. 295, 301. 


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Noguchi, On the multiplicity of the serum haemagglutinins of cold-blooded animals. 287 


remain in contact for one hour after which the separation of corpuscles 
and serum was made by centrifugalization. The serum was now treated 
with another species of corpuscles in the same manner. The results 
are given in Table III in which 20 ccm of the serum of Limulus has 
been employed. 

Table III. 

First fraction: serum of Limulus treated with corpuscles of 

Mustelus cants 

^blood 1 ^)? 11 ^ ^ U8 } Mustelus Emys Brevoortia Paralichthys Tautoga 

Agglutination none strong 5 min. strong 10min. strong 15 min. strong 5 min. 

Second fraction: Serum of Limulus treated with Mustelus and 
Brevoortia corpuscles 

^ US } Brevoortia | Emys | Paralichthys | Tautoga 

Agglutination none (strong 8min.|strongl5min.|strong 8 min. 

Third fraction: Serum of Limulus treated with Mustelus, Brevoortia, 

and Emys corpuscles 

plus | Emys Paralichthys Tautoga 

Agglutination none strong20min. strong 10min. 

Fourth fraction: Serum of Limulus treated with Mustelus, Br evoortia. 
Emys , and Paralichthys corpuscles 

of nt PlU8 } I toraUchtKy, | Tautoga | 

Agglutination | none strong 15 min. 

Fifth fraction: Serum of Limulus treated with Mustelus, Brevoortia, 
Emys, Paralichthys , and Tautoga corpuscles 

1 bKr““ pl “) *»**■ 

Agglutination none 

The serum of Limulus is well adapted to experiments upon agglu¬ 
tination as it is almost without haemolytic power. Similar experiments 
conducted with the serum of Mustelus eanis are of interest, perhaps, 
but are not free from the serious drawback that comes from the neces¬ 
sity of first heating the serum to destroy its haemolytic complement. 
However, after heating to 50° C the serum shows agglutinating power 
over the corpuscles of Amphiuma means, Chelydra serpentina, und Pleu- 
ronectes Americanus. The abstraction of the agglutinin for one species 
leaves those for the others in practically undiminished quantities. 

On the basis of the experiments given the following conclusions seem 
warranted: 

1) The serum of Limulus polyphemus contains several and perhaps 
many agglutinins which are, in part at least, specific to certain erythro¬ 
cytes. 

2) The agglutinins show varying degrees of heat lability, although 
temperatures of 40° G, when continued for 30 minutes, diminish the 
activity of all the agglutinins. Temperatures approaching 65* C seem 
to destroy wholly the agglutinating power of the serum for erythro¬ 
cytes. 

3) The complete absorption of agglutinins for one or several species 
of corpuscles from Limulus serum leaves the remainder of the aggluti- 


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288 fCentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 3. 

nins in almost undiminished quantities. A slight difference has, in the 
case of certain erythrocytes, been noted in the rapidity with which the 
reaction is completed in the serum from which a part of the agglutinins 
has been removed. 

4) The serum of Mustelus canis , in so far as its agglutinins are 
concerned, agrees in its action probably with that of Limulus. 

5) Limulus and Mustelus sera contain a multiplicity of agglutinins 
for erythrocytes of cold-blooded animals. 


Die Redaktion des „Centra1blatt$ filr Bakteriologie und Parasitenkunde?' 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um 
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufs&txe entweaer bei der Ein - 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben zu 
wollen oder sPdtestens nach Empfang der ersten Korrekturabzilge direkt an 
den Verleger , Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen . 


Inhalt. 


Bertarelli, E., Untereuchungen und Be- 
obachtungen liber die Biologje und Patho- 
genitat des Bacillus prodigiosus, p. 193. 

BonhoiF, H., Studien ttber den Vaccine- 
erreger. I., p. 242. 

Dean, George, A disease of the rat caused 
by an acid-fast bacillus, p. 222. 

Eisenberg, Philipp, Ueber die Bindungs- 
verhaltnisse zwischen Toxin und Anti¬ 
toxin, p. 259. 

▼. Eansemann, Ueber s&urefeste Bacillen 
bei Python veticularis, p. 212. 

Kampmann, Hirschbrnch u. Lange, 
Massenerkrankung bei Enten mit eigen- 
artigem Diphtheriebacillenbefund der 
Conjunctiva, p. 214. 


Klein, E., Weitere Untersuchungen liber 
die Kleinsche tierpathogene Here, p. 224. 

L5wit, M., Ueber Niederschlagsbildung 
bei der Agglutination. (SchluB.), p. 251. 

Nognchi, Hideyo, On the heat lability of 
the complements of cold-blooded animals, 
p. 283. 

-, On the multiplicity of the serum 

haemagglutinins of cold-blooded animals, 

p. 286. 

Begin, Adalbert, Ueber die Einwirkung 
der Bakterien auf verschiedene Zucker- 
arten, p. 202. 

Silberstein, Morits, Beobachtungen fiber 
die Entstehung von iungen Malariapara- 
siten aus alteren. (SchluB.), p. 225. 

Znpnik, L., Bacterium muris, p. 213. 


Frommuintche Bnchdruckerd (Hermann PohJe) In Jena. 


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CartnUI. f. BakL ete. I. ttt triiiule. N. XXXIV. Ne.4. 


Nachdruck verboten. 

Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des 

Menschen. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien 
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).] 

II. Zur Aetiologie des Gasbrandes. 

Von Dr. Anton Crhon und Dr. Milan Sachs. 

(Erster Teil.) 

Mit 3 Tafeln. 

Josef Sch., Schuhmachermeister, 48 Jahre alt, aufgenommen am 19. Dez. 1901 au 
die II. chirurgische Abteilung dee k. k allgemeinen Krankenhauses (Prof. Dr. v. Mos e ti g) 
gestorben am 20. Dez. d. J. 1 Ubr nach Mitternacht. 

Anamneee: Patient hatte angeblich seit 8 Tagen Schmerzen in der Ileocokal- 
gegend. Habituelle Obstipation. Gennge Druckschmerzhaftigkeit des Abdomens. Aerzt- 
liche Diagnose: Cholelithiasis. Therapie: Aether sulf., 01. tnerebinth., Olivenbl, Karls- 
baderwasser. Darauf mehrere griin gefarbte Stiihle, in denen angeblich vom Arzt 
Gallensand konstatiert wnrde. 

4 Tage spater neuerliche Schmerzen in der Ileocokalgegend ohne Fieber. 

Am Tage der Spitalsaufnahme (19. Dez.) heftige Schmerzen in der rechten Wade 
bei vollkommener Beweglichkeit des Beines. Um 4 Uhr p. m. 7* Spritze Morphium in 
die Wade. Keine Druckschmerzhaftigkeit in der rechten Unterbauchgegend. Wegen 
zunehmender Schmerzen im rechten Beine um 7 Uhr p. m. wieder 7* Spritze Morphiiun 
und, da der Arzt gleichzeitig Schwellung der rechten Gesafibaeke bemerkte, Ueber- 
fuhrung in das Spital. 

Status praesens: 19. Dez. */ 4 8 Uhr p. m. Patient matt, verfallen. Rechte 
Glutaalgegend geschwollen, ein ungefahr handtellergrofier Bezirk 
derselben zeigt tympanitisch klingenden Schall und Gasknistern bei 
Druck. Luftpolstergefiihl. Per rectum ein etwa faustgrofier, zirkumskripter 
Tumor auf dem rechten Darmbeinteller tastbar. Pxils kraftig, 75. 

7 # 10 Uhr p. m.: Die knisternde Stelle in der rechten Glutaalgegend auf ca. 
3 Handtellergrofie angewachsen, blaulich gefarbt. An aer Inner? 
seite des rechten Oberschenkels, etwas unterhalb der Plica falcif., 
eine etwa euldenstiickgrofie, weifilich gefarbte Stelle von derselben 
Beschaffenheit. 

7,12 Uhr p. m.: Schwellung der ganzen Gesaflbacke vergrbfiert, 
tympanitischer Schall iiber den ganzen rechten Oberschenkel ver- 
breitet und handbreit nach aufwarts iiber das Poupartsche Band 
reichend. 

1 Uhr nach Mitternacht: Agonie, Exitus. Der tympanitische Schall 
reicht bis 2 Finger unter dem Nabel in die Linea aloa und im Bogen 
bis gegen die Spina anterior superior. 


Sektionsbefund (Dr. Ghon), 8 Stunden post mortem: 

Grofie mannliche Leiche von starkem Knochenbau, maBig gut genahrt. Haut 
grauwelfi, ebenso die sichtbaren Schleimhaute. Pupillen mittelweit, beiderseits gleich. 

Hals mafiig lang und schmal. 

Thorax lang, ziemlich breit, gut gewolbt. In den unteren Thoraxpartieen 
und im Bereiche des ganzen Abdomen reichlichst leicht verschiebliche klemere Gas- 
blasen tastbar. Das Unterhautbinde- und Fettgewebe dieser Partieen am Durchschnitte 
sehr reichlich von kleinen Gasblasen durchsetzt, die Muskulatur jedoch frei davon. 

Aehnlich beschaffen das Unterhautbinde- und Fettgewebe im Bereiche der vorderen 
Seite des linken Oberschenkels, bis ungefahr zum unteren Drittel desselben. An 
der Schnittflache auch hier die Muskulatur frei von Gasblasen. Im Bereiche des Unter- 


Erste Abt. Ong. Bd. XXXIV. 


19 

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290 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Bchenkete und dee Fufles dieser (linken) Extremitat Haut und Unterhautbindegewebe 
ohne Veranderungen. 

Dagegen an der ganzen rechten unteren Extremitat bis hinab zu den 
Zehen reichlichst grofiere und kleinere Gasblasen tastbar. Die Extremitat bedeutend 
voluminoser als die linke. Haut im Bereiche der vorderen Seite dieser Extremitat 
blafi. Auf der Schnittflache der Vorderseite des Fufirfickens, des Unterschenkels und 
der unteren Halfte des Oberschenkels nur das Unterhautbinde- und Fettgewebe reichlich 
von Gasblasen durchsetzt, wahrend in der oberen Halfte des Oberschenkels auch die 
Muskelscheiden und Muskeln selbst, die etwas dunkler gefarbt erscheiuen, grofiere und 
kleinere Gasblasen zeigen und von ihrer Schnittflache in sparlicher Menge eine serose, 
rStlich gefarbte Fliissigkeit abrinnt. Aus den durchschnittenen Gefafien dieser Partie 
traufelt in mafiig reicmicher Menge dunkelrotes fliissiges Blut, untermischt mit kleineren 
und grofieren Gasblasen. 

Hodensack ballonartig aufgetrieben durch reichlichst im Unterhautbindegewebe 
angesammeltes Gas. Nach aem Einschneiden fallt der Hodensack sofort stark zu- 
sammen. 

Die Hinterseite der linken unteren Extremitat zeigt keine Verande¬ 
rungen: Haut blafi, Unterhautbindegewebe und Muskulatur ohne Gasblasen. 

Haut der linken Glutaalgegend blafi, Unterhautbinde- und Fettgewebe der- 
selben sowie die Muskulatur jedoch von reichlichen kleinsten Gasblasen durchsetzt. 
Die Muskeln selbst bleich, wie gekocht, trocken, von ihrer Schnittflache kein Saft 
abstreifbar. 

Im Bereiche der unteren Riickenpartie, der rechten Glutaal- und 
Lumbalgegend, der Hinterflache des rechten Oberschenkels sowie 
des oberen Drittels des rechten Unterschenkels die Haut blauiichrot, die 
Epidermis stellenweise in kleinerer oder auch in grofierer Ausdehnung teils fehlend, 
teils fetzenartig abgelost, oder aber an einzelnen Partieen, so in der Lendengegend, um 
den Anus una an der Innenseite des rechten Oberschenkels in Form kleinerer oder 

f *ofierer, bis faustgrofier Blaschen und Blasen abgehoben, die mit seros-hamorrhagischer 
liissigkeit gefullt sind. Von der Schnittflache dieser Partieen fliefit reichlichst eine 
blutig-serdse Flussigkeit ab, untermengt mit kleineren Gasblasen. Das Unterhautbinde- 
und Fettgewebe ist rotlich, von zahlreichen Gasblasen durchsetzt, ebenso die Muskulatur, 
die wie gekocht aussieht, stellenweise dunkler, stellenweise lichter gefarbt ist und an 
anderen Stellen wieder, so namentlieh im Bereiche des rechten Oberschenkels, wie 
hamorrhagisch infiltriert erscheint. Aus den durchschnittenen Gefafien dieser Partieen 
entleert sich dunkles, fliissiges, mit Gasblasen durchsetztes Blut, Muskelstiicke von 
diesen Partieen verbreiten einen scharfen sauerlichen Geruch und schwimmen auf der 
Oberflache des Wassers. 

Innerhalb der zwei unteren Dritteile der Hinterflache des rechten Unterschenkels 
ist die Haut wieder blafi und nur mehr das Unterhautbinde- und Fettgewebe von Gas¬ 
blasen durchsetzt, die Muskeln hingegen frei davon und ohne Veranderungen. 

Weiche Schadeldecke wenig fettreich, in den hinteren Partieen sehr blutreich. 
Schadeldach 17:15 cm, bis zu 9 mm dick, Innenflache glatt. 
Leptomeningen an der Konvexitat ziemlich gut gespannt, entlang den Gefafien 
weifilich, verdickt, wenig blutreich. Hirnrinde gleichmafiig breit, graurot. Mark- 
substanz starker durchfeuchtet. Ventrikel nicht erweitert, Ependym zart. Stamm- 
ganglien, Medulla und Pons ohne Veranderungen. 

Schilddriise nicht vergrofiert, gekornt, mfifiig blutreich. 

Schleimhaut des Pharynx livid, die des Larynx und der Trachea blafi, 
glanzend. 

Linke Lunge in den hinteren Partieen des Oberiappens fixiert, Pleura daselbst 
mit bindcgewebigen Membranen bedeckt, verdickt, sonst zart und glatt. Lungenspitze 
schicfrig induriert und von kleinen graugelben Knotchen durchsetzt, die iibrigen Partieen 
des Oberiappens sowie der Unterlappen lufthaltig, starker durchfeuchtet, auf ihrer 
Schnittflache reichlich schaumige Flussigkeit vorquellend. 

Bechte Lunge an der Spitze und in den oberen Partieen des Unterlappens 
fixiert, Pleura liber diesen Teilen sowie uber den vorderen Partieen des Unterlappens 
verdickt und mit bindegewebigen Membranen bedeckt. Lungenspitze gleichfalls induriert 
und von kleinen graugelben Knotchen durchsetzt, die iibrigen Teile der Lunge gleich¬ 
mafiig lufthaltig, starker durchfeuchtet und blutreicher. 

Im Herzbeutel eine Spur seros-hamorrhagischer Flussigkeit. Herz nicht ver¬ 
grofiert, mafiig reichlich mit Fett bedeckt, in den Ventrikeln geronnene Blutmassen und 
von Gasblasen durchsetztes dunkles, fliissiges Blut. Klappenapparat zart und schlufi* 
fahig. Herzmuskel braungelb. 

In den abhangigen Partieen der Bauchhohle und im kleinen Becken dicker, 
rahmartiger Eiter. 


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Ghon u. Sachs, Beitr&ge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 291 


Leber nicht vergrflfiert, Kapsel zart, Oberflache glatt, Rander des linken Lappens 
scharf, die des rechten abgenmdet. Parenchym ziemlicn derb, wenig blutreich, heflgelb, 
Zeichnung erhalten. Von der Schnittflache fliefit aus den grofieren Gefafien in mafiiger 
Menge dunklee Blut ab, von Gasblaschen durchsetzt. Parenchym selbst frei von Gas- 
blasen. 

Milz 16 : 9 : 3,5 cm. Kapsel etwas gerunzelt, Pulpa braunrot, kaum abstreifbar, 
Stroma deutlich sichtbar. 

Nieren nicht vergrflfiert, Kapsel leicht abziehbar und zart, Oberflache glatt, 
Binde nicht verbreitert, blafi, ebenso die Marksubstanz. Schleimhaut des Beckens und 
der Kelche blafi und glanzend. 

Unterer Teil des Ileum und Coe cum mit dem Wurmfortsatz an die Bauchwand 
fixiert, in ihrer Umgebung Eiter und Kotmassen. Nach Losung dieser Adhasionen 
findet man sowohl das Coecum ale auch das untere Ileum in unmittelbarster Nahe der 


Klappe perforiert. Die Perforationsoffn ungen sind von mififarbigen fetzigen Randern 
umgeben. Wurmfortsatz seiner ganzen Lange nach nicht verdickt, sein Serosauberzug 
glatt, seine Schleimhaut blafi und zart. Im Lumen geringe Mengen grauweifien 


begrenztes Geschwiir umgewandelt, 
essen Grund und wallartig erhabene 


Schleimes. Ileocokalklappe in ein ue 
welches die ganze Zirkumferenz einnimmt und 
Binder aus grauweifien oder schwarzlichgrauen, vielfach hamorrhagisch infiltrierten, 
oberflachlich zerfetzten Gewebsmassen bestehen. In den Grund dieses Geschwiires 
mfinden die friiher erwahnten Perforationsoffnungen. 

Im unteren Ileum und Coecum reichlich braungelbe mit Gasblasen durchsetzte 
Fakalmassen. 

Serosa des unteren Ileum und des Dickdarmes starker gerotet und mit eiterigen 
Exsudatmassen bedeckt. Peritonealer Ueberzug der Baucnwand entsprechend den 
Partieen, an welchen Coecum und unterstes Ileum fixiert waren, mififarbig und reichlich 
mit fester haftenden fibrinosen Exsudatmassen bedeckt. In der Umgebung das Peri¬ 
toneum teilweise durch Gasblasen abgehoben, das subperitoneale Bmdegewebe sowie 
der Ileopsoas der rechten Seite reichlichst von grofieren und kleineren Gasblasen 
durchsetzt. 

Im ubrigen Peritoneum parietale und viscerale stark gerotet und teilweise mit 
eiterigem Exsudate bedeckt. 

Dchleimhant der ubrigen Teile des Darmes sowie des Magens blafi, sonat un- 
verandert. 

Vena cava inferior prall gefiillt mit dunklem fliissigen Blut, untermischt mit 
reichlichen Gasblasen. 

In der Harnblase grofiere Mengen sedimentierten gelblichen Harnes, Schleim¬ 
haut blafi. 


Prostata klein, derb. 

Schleimhaut der Urethra livid und zart. 

Schleimhaut des Rectum und des S Romanum blafi. 

Pankreas und Nebennieren unverandert. 

Anatomische Diagnose: Perityphlitis nach Perforation eines 
ulcerierten Carcinoms der Ileocokalklappe. Diffuse Peritonitis. Gas- 
brand. Fettleber. Chronische Tuberkulose beider Lungenspitzen mit 
Anwachsung derselben. Lungenodem. 


Bakteriologlscher Refund (Untersuchung unmittelbar nach der Sektion, ca. 10 
Stimden post mortem): 

I. DeckglasprUparate. 1) Muskelstuck (a) von der Hinterflache des rechten 
Oberschenkels (alter erkrankte Partie) steril entnommen (No. 11, Taf. I): 

Sehr reichlich Gram-positive Bacillen verschiedener LAnge, ungefahr von der 
Grofie der Anthraxbacillen, doch etwas schmaler, mit abgerundeten Enden. Vielfach 
endogene Sporenbildung und zwar bei den kiirzeren Formen meist mittelstandig mit 
Auftreibung des Bacillenleibes, bei den langeren Formen jedoch vorwiegend polstandig 
(== die Spore ist dem einen oder anderen Pole naher geriickt); vereinzelt an langeren 
Formen auch an beiden Polen Sporenbildung. Sparlich freie Sporen. Neben aiesen 
Formen in geringer Anzahl langere oder kiirzere Faden, von derselben Dicke wie die 
beschriebenen Bacillen, ohne Sporen, teile gleichmafiig Gram-positiv, seltener gleich- 
mafiig Gram-negativ oder aucn solche Formen, die teils Gram-positiv, teils Gram- 
negativ erscheinen, i. e. neben violett gefarbten noch rot tingierte (Fuchsinnachfarbung) 
Stellen zeigten (■= Uebergangsformen). Endlich kleinere und schmalere Gram- 
negative Bacillen, ebenfalls m geringerer Anzahl, teils gut, teils schwacher tingiert. An 
einzelnen dieser Formen findet man an den Polen noch Reste der Gram-Farbung 
(violette Pimkte). 

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Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Original©. Bd. XXXTV. No. 4. 


In mit Jod behandelten Praparaten erscheinen viele^der Bacillen segmentiert braun 
gefarbt. 

2) Musket (b) von der linken Glutaalgegend (jlinger erkrankte Partie) steril ent- 
nommen (No. 12, Taf. I): 

Weniger reichlich Bakterien als bei 1. Meist Gram-positive Bacillen, im all- 
gemeinen etwas plumper als die bei 1) beschriebenen und ohne Sporen. Einzelne dieser 
Formen mehr weniger aufgetrieben. Sparlicher langere Formen, entweder gleichmafiig 
Gram-positiv oder — seltener — gleichmafiig Gram-negativ oder Uebergangsformen. 
Endlich sparlich dunne, kurze Gram-negative und dunne Uebergangsformen. 

3) Herzblut: Ziemlich reichlich Gram-positive Bacillen, teils kurz und plump 
und dann oft aufgetrieben oder mit mittelstandigen Sporen, teils langer mit und ohne 
polstandigen Sporen, teils diinnere, kiirzere Formen oder endlich sparlich langere, 
dickere oder diinnere Faden. Vereinzelt schmale, verschieden lange Gram-negative 
Bacillen und Uebergangsformen. 

4) Dickdarminnait: Sehr reichlich Gram-positive Bacillen von verschiedener 
Form und Grofie, darunter in mafiiger Anzahl grofie plumpe Bacillen und Uebergangs¬ 
formen und sparlich kurze Formen mit mittelstandigen Sporen von demselben Aus- 
sehen wie die bei 1) gefundenen. Reichlich Gram - positive Kokken verschiedener Grofie 
und Gram-negative Bacillen verschiedener Grofie und Form. Sehr lange, dunne 
Gram-negative Faden in mafiig reichlicher Anzahl. 

5) Dunndarminhalt: Dieselben Bakterien formen wie bei 4), nur weniger reichlich, 
zumal die Gram-positiven plumpen und die sporen tragenden Formen. 

6 ) Inhalt einer Blase aer Ruckenhaut. Mafiig reichlich Gram-positive 
Bacillen verschiedener Dicke, meist in kurzen Formen, sparlicn Gram-negative Formen 
derselben Grofie und ovale Sporen. 

7) Exsudat der Bauchhohle: Aufierordentlich reichlich kleine Gram-negative 
Bacillen, sparlich lange, diinne Gram-negative Faden. In mafiiger Menge Gram- 
positive Kokken als Diplokokken oder in kiirzeren und langeren Ketten. Sehr sparlich 
teils diinnere, teils plumpere Gram-positive Bacillen. 


II. Kulturen. A. Aerobe Kulturen (Agarplattenstrichkulturen). 

1 ) Musk el a (steril entnommen): steril. 

2 ) Musk el b (steril entnommen): steril. 

3 ) Herzblut (nicht steril entnommen): unbrauchbar. 

4) Dickdarminhalt: vorwiegend Kolonieen eines Bacillus der Coli-Gruppe. 

5) Inhalt einer Blase der itiickenhaut (nicht steril entnommen): 4 Kolo¬ 
nieen eines Gram-negativen Bacillus, der Zucker vergor, Fleischbriihe diffus triibte 
und die Indolreaktion ergab. 

6 ) Exsudat der Bauchhohle: ziemlich reichlich Kolonieen eines Bacillus der 
Coli-Gruppe, sparlicher Kolonieen einer Streptokokkenart. 


B. Anaerobe Kulturen. 

a) Zuckeragarschiittelkulturen mit und ohne Ueberschichtung: 

1 ) Muskel a (steril entnommen): In den nicht erhitzten Kulturen reichliches 
Wachstum mit Gasbildung. 

Deckglaspraparate, nach 48-stundigem Wachstum, zeigen reichlich schlanke Faden, 
vielfach gewunden und meist Gram-positiv, vereinzelt Desonders zart und Gram- 
negativ, aann kurze und verschieden aicke Gram-positive Bacillen, manche in der 
Mitte oder an einem Ende aufgetrieben (pleomorphes Bild). 

In den Kulturen, die durch 10 Minuten auf 75° C erhitzt waren, gleich- 
falls Wachstum mit Gasbildung. Deckglaspraparate davon zeigen dasselbe Bild wie 
die aus den nicht erhitzten Kulturen. 

2) Muskel b (9teril entnommen): In den nicht erhitzten Kulturen Wachstum 
in isolierten Kolonieen ohne Gasbildung. Die Kolonieen sind rundlich mit braunlichem 
kleinen Kern und peripherem wolkenahnlichen Astwerk feiner Faden. 

Deckglaspraparate davon zeigen ira allgemeiuen dasselbe Bild wie bei 1), nur finden 
sich auch sporentragende Formen und freie Sporen in sparlicher Menge. 

In den auf 75° C durch 10 Minuten erhitzten Kulturen erfolgte erst nach 
6 Tagen Wachstum ohne Gasbildung. 

3) Herzblut (nicht steril entnommen): In den nicht erhitzten Kulturen 
reichliches Wachstum mit Gasbildung. In Deckgiaspraparaten davon zahlreiche plumpe, 
Gram-positive Bacillen, sparlicher Gram-negative kleine Bacillen und gegliederte 
Faden kleiner Gram - positiver Bacillen. 

In den auf 75° C durch 10 Minuten erhitzten Kulturen gleichfalls 
Wachstum mit Gasbildung. Deckglaspraparate davon zeigen Bacillen verschiedener 
Form und Grofie bis zu langen, schlaoken Faden mit klostridienartigen Formen und 
von weehseindem Verhalten gegeniiber der Methode von Gram. SporenbiIdung. 


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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 293 

4) Dunndarminhalt: In den nicht erhitzten und den auf 75° C durch 
10 Minuten erhitzten Kulturen reichliches Wachstum mit Gasbildung. In 
ersteren ein Bakteriengemenge, in letzteren reichlich Gram-positive plumpe Bacillen, 
sparlicher Gram-positive schlankere Formen mit Auftreibungen und sporen ahn lichen 
Gebilden und dickere und diinnere Gram-negative Formen mit Anschwellungen und 
und in Faden sowie Uebergangs formen. 

5) Dickdarminhalt: Die nicht erhitzten Kulturen wie bei 4. 

Die erhitzten zeigen Wachstum mit Gasbildung und in Deckglaspraparaten 
davon fast ausschlieBlich groBe, plumpe Gram-positive Bacillen und nur senr wenige 
kleine, schmale Gram-negative Formen. 

6 ) Exsudat der Bauchhdhle: In den nicht erhitzten Kulturen Wachstum 
mit Gasbildung, ebenso in den 10 Minuten auf 7 5° C erhitzten. Deckglas¬ 
praparate der ersteren zeigen ein Bakteriengemenge, darunter in sparlicher Menge auch 
plumpe Gram-positive Bacillen, die der letzteren schlanke Gram-positive Bacillen 
verschiedener GroBe und auch in Faden, die vielfach gewunden sind, sparlicher plumpe 
Gram-positive Formen und klostridienahnliche Gebilae und ebenfalls sparlich Gram¬ 
negative dickere und diinnere Bacillen. 

7) Inhalt einer Blase der Riickenhaut (nicht steril entnommen): In den 
nicht erhitzten Kulturen Wachstum mit Gasbildung und in den davon angelegten 
Deckglaspraparaten neben Gram-positiven etwas plumpen Bacillen gegliederte Faden 
von kleineren und schmaleren Gram-positiven Bacillen und Gram-negative kurze 
Stabchen. 

p) Anaerobe Plattenstrichkulturen (Zuckeragar) in Wasserstoff- 
atmosphare (4 Tage bei 37° C) voii: 

1 ) Musk el b (steril entnommen): GleichmaBiger, sehr zarter, grauer Ueberzug. 
Deckglaspraparate davon zeigten vorwiegend Gram-negative, ziemlich schlanke Bacillen 
verschiedener Lange von fast kokkenartigen Formen bis zu langeren Faden. Die 
Bacillen sind teils gerade, teils mehr weniger gekriimmt und verschieden stark gefarbt. 
raeist schwacher tingiert. Daneben groBere und dickere G r a m - negative Formen, und 
solche, die angeschwollen oder wie geblaht aussehen. Sparlicher Bacillenformen von 
demselben Aussehen, die teils violett, teils rot gefarbt sind und schlieBlich Formen, 
gleichfalls sparlicher, die gleichmafiig — und zwar stfirker oder schwacher — Gram- 
positiv sind. Unter letzteren haufig angeschwollene Formen oder solche mit kugeligen 
Auftreibungen. Zwischen alien beschriebenen Formen CJebergange. An manchen der 
Bacillenformen astformige Auswiichse. Vereinzelt freie ovale Sporen. 

2) 8-stundiger Zuckeragarschiittelkult ur von Muskel b: Platte zeigt 
dasselbe Aussehen wie bei 1), ebenso die Deckglaspraparate davon, nur pravalieren 
unter den Gram-negativen Formen langere Faden und unter den Gram-positiven die 
angeschwollenen, birn- oder keulenformig aussehenden Gebilde. Aufierdem sieht man 
in maBig reichlicher Menge Gram-positive Formen mit mittelstandigen oder polstandigen 
Sporen. 

3) 8-stundiger Zuckeragarschiittelkultur von Muskel a, 4. Generation 
(urspriingliche Kultur durch 10 Minuten auf 75° C erhitzt): Platte wie bei 2), ebenso 
die Deckglaspraparate davon. 

4) 8-stundiger Zuckeragarschiittelkultur vom Dunndarminhalt: 
Reichlich ziemlich groBe Kolonieen mit braunlichem Zentrum und grau glanzender 
Peripherie aus gleichmaBig plumpen Gram-positiven Bacillen bestehena una sparliche 
flache grauweifie Kolonieen aus G ram -negativen kurzen Bacillen bestehend. 

5) S-8tiindiger Zuckeragarschiittelkultur vom Exsudat aus der 
Bauchhohle. Diffuses Wachstum entlang den Impfstrichen, aus Gram-positiven 
Kokken, kurzen, Gram-negativen und plumpen, groBen Gram-positiven Bacillen be¬ 
stehend. 

Histologiseh-bakteriologiseher Refund (Fixierung in Miiller-Formol mit Nach- 
hartung in Alkohol, Einbettung in Paraffin und Celloidin, Farbung mit Hamalaun- 
Eosin, Boraxmethylenblau und polychromem Methylenblau von Unna, nach den 
Methoden von van Gieson, Gram, Gram-Weigert und Ziehl-Neelsen, sowie 
mit Weigerts Farbstoff fiir elastische Faserfarbung): 

1) Muskel: Zur Untersuchung gelangten Muskelstiicke der rechten Glutaalgegend, 
der Innenflache des rechten Oberscnenkels sowie der unteren Riickenpartie, una zwar 
sowohl Stiicke von hamorrhagisch infiltriert aussehenden Partieen als auch solche, die 
makroskopisch blaB und trocken sich zeigten — im ganzen 8 verschiedene Stiicke. 

Die veranderungen zeigen an alien untersuchten Schnitten einen mehr weniger 
einheitlichen Charakter. Nicht bloB die Muskelbiindel, sondem auch die Muskelfasern 
sind auseinandergedrangt durch Hohlraume, die verschieden groB und verschieden ge- 
staltet sind: bald rundlich oder mehr oval, bald wieder langlich oder ampullenartig, 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXX1Y. No. 4. 


bald ganz unregelmafiig geformt. Getrennt sind diese Hohlraume voneinander durch 
verschieden breite Muskel- oder BindegewebsbriickeD, die oft aufierordentlich schmal 
sind, mancbraal auch schon Liicken zeigen, so dafi dann die einzelnen Hohlraume 
untereinander kommunizieren. Die Hohlraume sind durchwegs ohne eigene Wand ungen, 
entweder ganz leer oder aber mehr weniger vollstandig erfiillt von einer fast homogenen, 
haufiger jedoch feinkornigen oder aber locker gefiigten fadig-netzigen Masse. Nicht 
selten nimmt letztere nur die Peripherie der Hohlraume ein, teils in ihrer ganzen 
Zirkumferenz, teils nur sichelartig, oder lagert sich bei langlich geformten an den 
Polen dieser ab und begrenzt nach innen zu scharf einen verschieden grofien rundlichen 
oder ovalen leeren Baum. In viele der Hohlraume, die an den breiteren Stellen des 
Bindegewebes der inneren Muskelscheiden sich befinden, ziehen vom Bande in das 
Innere Fortsatze des Bindegewebes, zarter oder dicker, gerade oder zackig, nicht selten 
auch aufgefasert. 

Neben den eben beschriebenen Hohlraumen sieht man in den schon makroskopisch 
hamorrhagisch infiltriert aussehenden Muskelpartieen verschieden grofie Blutungsherde 
zwischen den Muskelbiindeln und Muskelfasern, wodurch diese bald starker, bald 
weniger stark auseinandergedrangt werden. Die Blutungen setzen sich verschieden 
scharf von ihrer Umgebung ab und bestehen vorwiegend aus roten Blutkorperchen, 
welche in ihrer Form fast aurchaus gut erhalten sind. An vielen Stellen erscheinen 
sie auch mit Eosin noch stark gefarbt, an anderen hingegen blafi und wie ausgelaugt. 
Wei fie Blutkorperchen, ein- und mehrkemige, finden sich im allgemeinen sparlich, ihre 
Kerne sind immer dunkler gefarbt, ihr Protoplasma nicht oder nur angedeutet sichtbar. 
Sowohl in der Peripherie fis auch in den zentralen Partieen dieser Hamorrhagieen 
findet man frei zwischen den Blutkorperchen* verschieden reichlich elastische Fasem 
und langliche stark tingierte Kerne oder Kernreste (Beste des Perimysium). 

Das Gewebe des Perimysium internum ist mehr weniger aufgelockert und stellen- 
weise von einer fein gekomt aussehenden, mit Eosin rotlich gefarbten Masse durchsetzt. 
Die Kerne desselben fehlen an vielen Stellen vollstandig, oft iiber weite Strecken hin. 
An anderen Stellen wieder sind Kerne in meist geringer Menge noch sichtbar, distinkt 
stehend oder aber zu kleineren Gruppen vereinigt, dann meist m der Nahe von kleineren 
oder grofieren Gefafien. Sie sind langlich oder rund, seltener gelappt und meist dunkel 
gefarbt (Hamalaunb Daneben finden sich aber auch blassere oder ganz undeutlich 
tingierte Kerne und verschieden grofie Kernreste (Karyolysis). Wo letztere sich haufen, 
findet man in geringerer oder grofierer Ausdehnung das Bindegewebe feinkomig oder 
mehr homogen und blaulich gefarbt. Die elastischen Fasern (spezifische Farbung) des 
Perimysium internum sind meist auch dort noch gut erhalten, wo Kerne schon voll¬ 
standig und iiber weite Strecken hin fehlen. Die Gefafie der inneren Muskelscheiden 
sind mehr minder gut erhalten, im allgemeinen ziemlich gut gefiillt. Die roten Blut¬ 
korperchen erscheinen in vielen derselben noch gut geformt und gefarbt, in anderen 
wieder mehr undeutlich und wie ausgelaugt, die weifien vielfach vermehrt und in einieren 
der Gefafie in gehaufter Bandstellung. An solchen Stellen findet man zwischen aen 
Blutkorperchen auch schon streifige oder fein gekornte, mit Eosin hellrot gefarbte 
Masseu (Oedem). Im Lumen der Gefafie sieht man nicht selten ovale oder rundliche 
scharf begrenzte Hohlraume verschiedener Grofie, die ahnlich beschaffen sind wie die 
friiher zwischen den Muskelbiindeln und -fasem beschriebenen und die von einem ver¬ 
schieden breiten Mantel von Blutkorperchen umsaumt erscheinen. Die Adventitia der 
Gefafie ist dort, wo volliger Kemschwund dee Bindegewebes vorhanden ist, selbst an 
grofieren Arterien eben falls kernlos, ebenso meist schon die aufieren Schichten der 
Muscularis, die dann meist in starker glanzende und dunkler braun aussehende Schollen 
zerfallen erscheint. Noch schwerere Veranderungen findet man in den als Yenen er- 
kennbaren Gefafien und zwar auch an den grofieren, die nicht selten schon in ihrer 
ganzen Wand kernlos sein konnen oder doch nur mehr vereinzelt Kerne nachweisen 
lassen. Die Muscularis ist dann gleichfalls wie schollig zerfallen und dunkler braunrot 
und viele dieser Schollen zeigen braungelbe, unregelmafiige, kleine Korachen. An 
kleineren derart oder noch starker veranaerten Venen, die oft nur mehr Beste ihrer 
Wandung erkennen lassen, findet man entsprechend ihrem Lumen neben wenigen roten 
Blutkorperchen meist langlich geformte Haufen von Kernen und Kernresten, verschieden 
stark tingiert und gestaltet. Aber auch an solchen Gefafien sind die elastischen Fasem 
in den spezifisch gefarbten Praparaten noch gut erhalten und tingiert, desgleichen auch 
in der kernlosen Adventitia der grofieren Arterien, sowie an den kleinen und kleinsten 
Gefafien. Aehnliche Veranderungen wie die an den aufieren Gefafiwandschichten be¬ 
schriebenen sieht man auch am Perineurium der Nervenaste. 

Die Mu8kelprimitivbimdel selbst zeigen verschiedene Veranderungen. Meist korre- 
spondiert die Schwere derselben mit dcr in den Muskelscheiden. Wo volliger Kem¬ 
schwund der letzteren nachweisbar ist, sind auch die Primitivbiindel auf mehr weniger 
weite Strecken hin kernlos, und dann meist auseinandergedrangt durch feinkornige, mit 


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Ghon u. Sachs, Beitr&ge zur Kenntnis der anaSroben Bakterien des Menschen. 295 

Eosin rotlich gefarbte Massen oder durch schollenahnliche Gebilde verschiedener Grofie 
die meist staler glanzen, dunkler erscheinen und mi tun ter noch undeutliche Quer- 
streifung erkennen lassen, demnach zerfallenen Muskelfasem entsprechen. Die in ihren 
Umrissen noch erhaltenen Fasern sind verschieden dick, bald lichter, bald dunkler 
gefarbt, gequollen, oft wie von Vakuolen durchsetzt oder aber wie abgebrochen und 
zerfallen. Die dadurch entstandenen Teilstiicke erscheinen selbst wieder entweder vor- 
wiegend der Lange nach aufgefasert oder aber der Quere nach in mehr weniger un- 
regelmaBige Scheiben zerlegt oder endlich durch Zerfall der Lange und Quere nach in 
kleinste Einzelstiicke zerteilt. In diesen Zerfallsprodukten der Muskelfasem erkennt 
man von den letzterwahnten Einzeletiicken bis zu den friiher beschriebenen scholligen 
Muskelresten alle Uebergangsbilder. Die Querstreifung ist an den veranderten Muskel- 
fasern entweder vdllig verloren gegangen oder aber noch mehr minder deutlich sichtbar, 
dann aber auch noch an solchen Fasern, welche die beschriebenen schwersten Ver¬ 
anderungen aufweisen. Auch findet man manchmal in den Muskelfasern oder ihren 
Resten m sparlicher Menge braungelbe Pigmentkbrnchen. Analoge Veranderungen, nur 
im allgemeinen weniger hochgradig, finden sich in den Muskelfasem auch dort, wo die 
Kerne derselben noch mehr weniger deutlich erhalten sind. 

Schon in den mit Hamalaun-Eosin gefarbten Praparaten sind innerhalb der so 
veranderten Gewebspartieen reichlich Bacillen sichtbar, allerdings etwas undeutlich, 
wahrend sie in den spezifisch fiir Bakterien gefarbten Praparaten scharf und deutlich 
hervortreten. Die Bacillen sind in den Schnitten nicht gleichmafiig verteilt, im all¬ 
gemeinen aber sehr reichlich vorhanden, an vielen Stellen geradezu in enormen Mengen. 
Sie zeigen durchweg einen einheitlichen Charakter und 6ind Gram-positiv, obgleich 
sich in den nach Gram oder Gram-Weigert gefarbten Praparaten Unterschieae in 
der Fiirbungsintensitat wahrnehmen lassen, sowie auch in der Gleichmafligkeit der 
Farbung, inaem die Bacillen haufig wie vakuolisiert aussehen. Auch in den mit den 
verschiedenen Methylenblaulosungen tingierten Schnitten erscheinen sie nicht immer 
gleichmafiig gefarbt. Die Stabchen sind verschieden grofi, vorherrschend sind kurzere 
Formen, ungefahr 3mal so lang als breit Daneben finden sich aber auch langere 
Formen sowie Faden. Letztere sind meist kiirzer, seltener langer, doch finden sich 
auch sparlich auffallend lange Faden. Meist sind diese ungegliedert und nur selten 
trifft man gegliederte. Die Bacillen sind im allgemeinen etwas schmaler als Milzbrand- 
bacillen una variieren in der Dicke weniger, obwohl auch darin Unterschiede vorkommen. 
In den Methylenblaupraparaten findet man nicht selten das eine oder andere Polende 
der Stabchen, mitunter auch beide Pole starker gefarbt und dann meist etwas verdickt 
Auch sieht man sparlich kurze Bacillen formen, die in der Mitte oder an einem Ende 
aufgetrieben und daselbst untingiert erscheinen. In Praparaten, die nach Ziehl- 
N eel son behandelt waren, zeigen ziemlich vide der Bacillen meist an einem Ende eine 
ovale, leuchtend rot gefarbte Spore, die sich scharf von dem blau tingierten Bacillen- 
leib abhebt. Die Stabchen liegen vorwiegend im interstitiellen Bindegewebe, in den 
Blutungsherden auch zwischen den Blutkorperchen und dort, wo der Muskelzerfall 
schon stark vorgeschritten ist, in den Muskelfasem selbst, zwischen den 
Zerfallsstiicken der Faser. Ebenso finden sie sich in den veranderten Gefafi- 
wandpartieen, meist also in der Adventitia und den aufieren Sehichten der Muscularis, 
mitunter aber auch in der ganzen Wand und im Inneren der Gefafie selbst, hier 
allerdings meist sparlich und etwas reichlicher nur in solchen, die Gasblasen zeigen. 
Meist in grofieren Mengen sieht man sie auch am Rande der Gasblasen in den Muskel- 
scheiden. Im allgemeinen ist der Bacillenreichtum um so grofier, je starker ausgepragt 
die nachweisbaren Veranderungen sind. 

Andere Bakterien lassen sich in den untersuchten Schnitten nicht auffinden. 

2) Haut (Stucke aus der rechten Lendengegend mit verschieden crofien Blasen, 
die serds-hamorrhagischen Inhalt zeigen): Die Epidermis ist in Form kleinerer oder 
grofierer Blasen una Blaschen vom Corium abgehoben. In den Blasen und Blaschen 
findet sich eine homogene, mit Eosin hellrot gdfarbte Masse. Die Hornschicht der ab- 
gehobenen Epidermis ist streckenweise gequollen, die Kerne des Rete Malpighii sind 
meist gut gerarbt, die Umrisse der einzelnen Zellen noch deutlich sichtbar. An ein- 
zelnen Stellen allerdings findet man in den untersten Sehichten des abgehobenen Rete 
in kleinerer Ausdehnung Kernschwund oder man findet die Kerne blafi gefarbt und 
mehr weniger undeutlich. Die basalen Zellen des Rete erscheinen gleichmafiig braun 
pigmentiert und seine Zapfen ra^en verschieden weit frei in das Blaseninnere vor. 

Die Papillarschicht dee Conum ist fast kernlos, wie gequollen und nur die etwas 
erweiterten Gefafie der Papillen zeigen ihre Kerne noch menr minder deutlich gefarbt 
Die roten Blutkorperchen m den Gefafien sind zwar in ihren Konturen meist noch gut 
erhalten, aber vollstandig blafi tingiert und wie ausgelaugt, und um die Gefafie findet 
man hfiufig in Zellen eingeschlossenes, braungelbes, feinkorniges Pigment Auch in den 
tieferen Sehichten des Corium zeigt das Bindegewebe nicht selten vollstandigen Kern- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


mangel, an anderen Stellen wieder aind die Kerne erhalten, doch undeutlich oder blafi 
gefarbt. Aehnliches Verhalten zeigen auch die Kerne der glatten Muskelfasern und 
nur die Zellkerne der Gefafie erscheinen beeser erhalten. Die Bindegewebsfasem sind 
haufig wie aufgelockert oder wie schollig zerfalien, nicht selten au<m durch kleinere 
oder grbfiere, verschieden geformte Hohlfraiime auseinandergedrangt. Haarbalge and 
Talgdnisen zeigen sich meist noch gut erhalten, ebenso die SchweiSdruaen. 

Analoge Veranderungen zeigt das LJnterhautfettgewebe, besonders die bindegewebigen 
Septa der Fettlappchen, deren Fasern meist auseinandergedrangt sind durch eine fein- 
komig aussehenae Masse oder durch reichlicher vorhandene grofiere und kleinere Hohl- 
raume. Auch die Gefafie des Unterhautbinde- und Fettgewebes sind in ihren Wandungen 
zum Teil schon kernlos und zeigen nicht selten im Inneren meist grbfiere Gasblasen, 
welche die Blutkdrperchen ring- oder sichelfdrmig gegen die Wanaung pressen oder 
zwischen diesen und sich eine verschieden breite, ieinkomig oder aber homogen aus- 
sehende Zone erkennen lassen. In den kleineren der Blutgefafie findet man manchmal 
uberhaupt keine oder nur sparliche Blutkorperchen, dafiir aber eine homogen aussehende 
oder fein granulierte, mit Eosin sich blafirot farbende Masse oder man sieht neben 
wenigen noch erhaltenen roten Blutkorperchen blaS gefarbte und schon zerfallene, die 
dann zu einer fein granulierten Masse zusammengeballt erscheinen. 

Elastische Fasern lassen sich iiberall in der Haut, sowie im Unterhautbinde- und 
Fettgewebe, besonders auch in den Gefafien in reichlicher Weise durch die spezifische 
Farbungsmethode von Weigert nachweisen und erscheinen selbst in den Corium- 
papillen in ihren feinsten Verzweigungen scharf und deutlich gefarbt. 

Bakterien finden sich in alien Schichten der Schnitte, im allgemeinen jedoch 
weuiger reichlich als in den friiher beschriebenen veranderten Muskeln. Die Haut- 
blasen sind frei von Bakterien, wohl aber sieht man sie in den Randschichten der ent- 
blofiten Coriumpapillen und zwar vorwiegend in den an den Bandteilen des Blasen- 
grundes gelegenen. Im Corium, sowie im Unterhautbinde- und Fettgewebe liegen sie 
mehr zerstreut und nur dort reichlicher angehauft, wo das Gewebe lockerer gefiigt er- 
scheint. Gegen die tiefer liegende Muskelschicht zu wird ihre Anzahl eine grofiere, in 
den Gefafien finden sie sich im allgemeinen nur in sparlicher Menge. Die nachweisbaren 
Bakterien sind CTampositive Bacillen, die in ihrem Aussehen und Farbeverhalten voll- 
standig den frtiher bei den Muskelveranderungen beschriebenen gleichen. Andere Bak¬ 
terien lassen sich auch hier nicht auffinden. 

3) Leber: Neben ziemlich hochgradiger Fettinfiltration sieht man in geringerem 
Grade auch fettige Degeneration, sowie mafiig reichlich, braungelbes, komiges Pigment 
in der Glissonschen Kapeel und sparlicher in den Leberzellen. Die Kerne der Zellen, 
und zwar sowohl des Parenchyma als auch des interstitiellen Gewebes, sind gut erhalten 
und ziemlich gleichmafiig gut gefarbt Gasblasen lassen sich im Gewebe nicht nach¬ 
weisen, auch nicht in den kleineren Blutgefafien, wohl aber finden sich in einzelnen 
Blutgefafien in mafiig reichlicher Menge grampositive Bacillen, die den bei 1 und 2 
beschriebenen kurzenFormen entsprechen. 

4) Die Milz ist mafiig blutreich und ohne besondere Veranderungen und lafit 
Bakterien nicht nachweisen. 

5 ) Ileocokalklappe: Schnitte, die senkrecht auf die Klappe gefiihrt sind und 
sowohl Ileum als Coecum treffen, zeigen die Schleimhaut der Klappe in eine mehr oder 
weniger kernlose Gewebsmasse umgewandelt, in welcher die Lieberkiihnschen Driisen, 
im Ileum aufierdem auch noch cue Zotten ihren Umrissen nach oft nur mehr undeut¬ 
lich erkennbar Bind. Weiter gegen das Ileum zu werden die Zotten deutlicher siditbar, 
stellen weise treten auch gefarbte Kerne und Kernreste in denselben hervor, oft in ge- 
haufter Menge, und viele der Zotten erscheinen von grofieren und kleineren Blutungen 
durchsetzt, manche sind vollstandig hamorrhagisch innltriert. An der Klappenbasis der 
Ueumseite fehlen die Zotten vollstandig, ebenso die normalen Driisen, una die Mucosa 
sowie Submucosa sind in grofierer Ausdehnung substituiert durch eine teils kernlose, 
tells von ein- und mehrkernigen Leukocytes und roten Blutkdrperchen durchsetzte, 
teilweise detritusahnliche Gewebsmasse, in welcher verschieden reicnlich rundliche oder 
langliche oder auch verzweigte, grofiere und kleinere, an Tubuli mehr oder weniger er- 
innernde Zellstrange eingelagert sind sowie Beste derselben, die alle aus hohem cylindnschen 
Epithel bestehen, welches ein- oder mehrschichtig ist; die Kerne der Epithelzellen sind 
meist langlich oval, in den Randpartieen dieser Gewebsmasse blasser oder oft undeutlich 

g ifarbt, in den zentralen und tieferen Partieen jedoch intensiv tingiert. Die beschriebene 
e webs masse, deren Oberflache gegen das Ileum zu stellenweise fibrinose Exsudatmassen 
aufgelagert zeigt, dringt nach unten zu auch in die obersten Schichten der Muscularis. 
Die Schlauche erscheinen hier besonders reichlich verzweigt, die Kerne der Zellen in¬ 
tensiv gefarbt. In der Bandzone dieser Aftermasse sind Binde- und Muskelgewebe 
reichlich von meist mehrkernigen Leukocyten durchsetzt. 

Gegen das Coecum zu ningegen werden an der Klappe die Umrisse der Driisen 


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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anagroben Bakterien des Menschen. 297 

allmahlich deutlicher, ebenso die Zeilkonturen, die Kerne treten reichlicher und besser 
tingiert hervor, desgleichen die Becherzellen, die Bchleimhaut nimmt allmahlich ihr 
normalee Aussehen an, bleibt aber eine Strecke weit von ein- und mehrkernigen Leuko¬ 
cyten infiltriert. 

Follikel und Plaques in der Schleimhaut der Klappe sind dort, wo der Kem- 
schwund kein vollstandiger ist, noch mehr oder minder gut sichtbar und haufig von Blu- 
tungen durchsetzt. Ebenso ist die Submucosa und teilweise auch die Muscularis der 
Klappe, entsprechend den Veranderungen der Schleimhaut, streckenweise kernlos. Die 
Binaegewebstasern und zum Teil auch die Muskelfasern erscheinen wie gequollen und 
auseinandergedrangt durch grOBere und kleinere haraorrhagische Herde, in welchen die 
roten Blutkorperchen in ihren Konturen zwar meist erhaiten sind, aber blafi und wie 
ausgelaugt erscheinen. Dort wo Blutungen fehlen, findet sich zwischen den Fasem des 
Binde- und Muskelgewebes eine feingranulierte Masse, welche ubrigens ebenso wie die 
Blutungen auch in der Muscularis mucosae zu finden ist. AuBerdem aber finden sich 
in der ganzen Submucosa und auch in der Muscularis reichlich verschieden groBe Hohl¬ 
raume, teils rundlich, teils oval oder langlich, teils auch vollkommen unregelmaBig, nicht 
h el ten untereinander kommunizierend und dann wie von fetzigen Randero begrenzt, 
welche entweder leer sind oder mehr oder weniger ausgefiillt von einer homogenen oder 
granuliert aussehenden, rait Eosin hellrot sich farbenden Masse. Gleich aussehende, 
jedoch kleinere Hohlraume, trifft man auch in der Schleimhaut der Klappe selbst und 
zwar meist im Bereiche der Muscularis mucosae, um das lymphatische Gewebe oder in 
letzterem selbst, so dafl einzelne Plaques durch diese Lucken und die meist gleichzeitig 
vorhandenen Blutungen fast vollkommen zerstort erscheinen. Die beschriebenen Hohl¬ 
raume sind auch im Coecumanteile der Klappe dort noch zu finden, wo der Kernschwund 
schon gut gefarbten und geformten Kernen Platz macht, ebenso finden sie sich in der 
entzunalich infiltrierten Peripherie des oben erwahnten Carcinoms. 

Eine mitgeschnittene, groBere (6 mm im Durchmesser) Lymphdriise, dem lleum- 
anteile der Klappe zugehorig, zeigt histologisch bis auf Erscheinungen akuter Entzun- 
dung keine Veranderungen. 

Bakterien lassen sich in reichlicher, stelienweise iif enormer Menge nachweisen. 
Wahrend aber auf der Oberflache der veranderten Schleimhaut neben Bacillen verschie- 
dener Dicke auch Kokken nachweisbar sind, finden sich im Gewebe selbst, und zwar 
in der ganzen Darmwand, Bacillen von einheitlichem Aussehen, die im groBen und 
ganzen jenen Formen gleichen, wie wir sie friiher bei den Muskelveranderungen be- 
schrieben haben. Sie sind gleichfalls grampositiv und zeigen in der Mucosa und Sub¬ 
mucosa vorwiegend kiirzere Formen, jedoch reichlicher Sporenbildung, in der Muscularis 
aber auf fallen a reichlich kiirzere und langere, meist gewundene Paden. Die Bacillen 
finden sich in grofier Menge auch im lympnatischen Gewebe der Darmschleimhaut, am 
Rande der Gasblasen und vor allem auch im Carcinomgewebe, sowohl zwischen den 
Schlauchen als auch in diesen selbst. Besonders reichlich ist ihre Menge an der Ober¬ 
flache des Carcinoms und in den seitlichen Randpartieen desselben. 

Auch in der mitgeschnittenen Lymphdriise finden sich, wenn auch sparlich, ahn- 
liche Bacillen formen. 

6 ) Schnitte durch die Bauchwand aus der Umgebung des perity- 
phlitischen Abscesses zeigen zunachst eine dem Peritoneum aufgelagerte ver¬ 
schieden breite Schicht fibrinos-eiterigen Exsudates. Das Fibrinnetz dieser Exsudat- 
membran ist stelienweise undeutlich und dann mehr schmutzigrot (Eosin) gefarbt, in 
den Maschenraumen desselben finden sich verschieden reichlich meist mehrkernige 
Leukocyten, deren Kerne dunkel gefarbt erscheinen oder schon ausgesprochenen Zerfall 
zeigen und Kernreste. In den tieferen Schichten der Exsudatmembran finden sich 
streckenweise auch rote Blutkorperchen eingestreut. Der endotheliale Ueberzug des 
Peritoneum ist nicht sichtbar, letzteres sowie das subperitoneale Binde- und Fettgewebe 
teils von ein- und mehrkernigen Leukocyten, teils von einem zarten Fibrinnetz mit 
sparlichen mehrkernigen Leukocyten durchsetzt Stelienweise finden sich auch hier im 
Exsudate rote Blutkdrperchen, raitunter in groBeren Herden. An den nicht entziind- 
lich veranderten Stellen erscheint das Bindegewebe selbst ziemlich kernarm, die sicht- 
baren Kerne sind oft schwacher tingiert, die Bindegewebsbiindel wie gequollen und 
schollig zerfallen. Vereinzelt findet man im Peritoneum und dem aufliegenden Exsu¬ 
date runde und leere Hohlraume ohne eigene Wandungen. Das mitgeschnittene Muskel- 
gewebe zeigt die Kerne im allgeraeinen noch erhaiten, die Querstreifung der Muskel- 
iasern ist jedoch undeutlich oder schon ganz verloren gegangen, die Fasem selbst quer 
zerfallen oder der Lange nach aufgefasert. Haufig findet man die Muskelfasern aus¬ 
einandergedrangt durch eine homogene, mit Eosin lichtrot gefarbte Masse, seltener 
durch leere unregelmafiige Raume. Dieselbe homogene Masse ist auch im subperito- 
nealen Binde- und Fettgewebe zwischen den Fettlappchen und Bindegewebsbundeln 
sichtbar. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


In der dem Peritoneum aufliegenden Exsudatmembran findet sich ein Bakterien- 
gemenge, vorwiegend beetehend aus grampositiven Kokken und kleineren gramnegativen 
Bacillen. Sparlicher sieht man darin Bacillen, die in allem den sub 1) Deschnebenen 
gleichen. Im peritonealen und subperitonealen Bindegewebe ist das Bakterienbild jedoch 
ein einheitliches: es finden sich ausschliefiiich ziemlich schlanke grampositive ungeglie- 
derte Faden, oft von auffallender Lange und meist gewunden, wie sie auch im ober- 
flachlichen Exsudate in sparlicher Menge zu finden sind. Dieselben langen Formen 
sieht man auch im Muskelgewebe zwischen den Muskelfasern, daneben aber auch noch 
kurzere, sonst gleich aussehende Formen. 

Im Vordergrunde des Interesses unseres Falles stehen zweifellos 
die Veranderungen, die wir an der Haut, dem Unterhautbinde- und 
Fettgewebe und der Muskulatur des unteren Rumpfteiles und der 
unteren Extremitaten vorgefunden haben. 

Grob anatomisch waren diese Veranderungen an der Leiche 
gekennzeichnet durch bl&ulich-rote Farbung der Haut mit Blasenbildung 
und fetzenartiger Abschilferung in den abhangigen Korperpartien, durch 
Gasbildung in der Subcutis und Muskulatur, durch Blutungen in den 
Muskeln, sowie teilweiser Durchtrankung dieser und des subkutanen 
Gewebes mit fleischwasserahnlicher, gashaltiger Flussigkeit. 

Von diesen Veranderungen war Gasbildung, wir wie aus der Kranken- 
geschichte entnehmen, schon intra vitam mit Sicherheit nachweisbar 
(Luftpolstergefiihl und Gasknistern), desgleichen blauliche und weiB- 
liche Farbung der Haut in der rechten Glutaalgegend und am rechten 
Oberschenkel (Nekrose). Dazu gesellen sich noch die Blutungen, die 
von vorneherein nur all vital entstanden anzusehen sind. 

Es ist aber gleichfalls feststehend, daB der in vivo begonnene 
ProzeB auch nach dem Tode noch Fortschritte machte, denn die 
8 Stunden post mortem ausgeftihrte Sektion ergab eine wesentliche 
Verschiebung der Grenzen in den Veranderungen gegenflber dem beim 
Exitus erhobenen Befunde (siehe Sektionsbefund und Krankengeschichte). 

Nur darhber gibt uns die Krankengeschichte keinen AufschluB, ob 
die im Sektionsbefunde beschriebenen, so schweren und ausgedehnten 
Veranderungen der Haut und die machtige Durchtrankung der Cutis, 
Subcutis und Muskulatur auch noch wahrend des Lebens entstanden 
sind oder als rein postmortale Erscheinungen gedeutet werden mGssen. 
Der Umstand jedoch, daB schon ca. 3 Stunden ante mortem Nekrose 
der Haut sicher zu konstatieren war, daB femer die schwersten Ver¬ 
anderungen in cadavere gerade dort zu finden waren, wo schon in vivo 
Nekrose und Gasblasen nachgewiesen werden konnten, und daB schlieB- 
lich gerade in diesen Partieen — abgesehen von den Blutungen — die 
machtige seros-hamorrhagische Durchtrankung der Subcutis und Musku¬ 
latur auffiel gegeniiber dem fast volligen Fehlen derselben in den sicher 
postmortal veranderten Stellen, lafit wohl mit einiger Wahrscheinlich- 
keit die Annahme zu, daB auch von diesen Veranderungen ein Teil noch 
wahrend des Lebens entstanden sein durfte. 

Die zweifelsohne post mortem erst veranderten Teile zeigten nur 
Gasbildung und diese um so oberflachlicher, je jfinger die Veranderung 
war. War Gas an solchen Stellen auch in den Muskeln nachweisbar, 
so zeigten diese ein mehr trockenes, fast wie gekochtes Aussehen. Doch 
dfirfte es kaum angehen, daraus eine scharfe Grenzlinie zu konstruieren 
zwischen den in vivo entstandenen Veranderungen einerseits und den 
erst post mortem entstandenen andererseits. Diese Grenzlinie erscheint 
uns vielmehr verwischt. 

Was die histologischen Veranderungen anbelangt, so treten 


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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaSroben Baktorien des Menschen. 299 


in den Vordergrund derselben die reichliche Anwesenheit von Gasblasen 
im subkutanen Gewebe und in der Muskulatur, sowie die schweren Ver- 
Snderungen an den Muskelfasern und am Bindegewebe. Der meist aus- 
gedehnte Kernzerfall beherrscht im Vereine mit Queilung und Zerfall 
vorwiegend der Muskelfasern oft mehr Oder weniger vollst&ndig das histo- 
logische Bild. W&hrend aber diese Ver&nderungen an alien untersuchten 
Stticken bald st&rker bald schw&cher sichtbar sind, anscheinend ohne 
Unterschiede, ob nun die Stticke solchen Stellen entstammen, die sicher 
schon in vivo erkrankt waren oder solchen, die sich erst post mortem 
ver&nderten, findet man auffallend reichliche Durchtr&nkung des Gewebes 
(Oedemfliissigkeit) vorwiegend in den untersuchten Gewebspartieen, die 
schon w&hrend des Lebens Ver&nderungen gezeigt haben und Blutungen 
iiberhaupt nur in diesen. Vollig in den Hintergrund treten 
diesen Ver&nderungen gegenuber solche, die histologisch wohl als ent- 
zttndliche gedeutet werden miissen. Es sind dies gewdhnlich kleinere 
Anh&ufungen von ein- und mehrkernigen Leukocyten, meist mit ausge- 
sprochenem Kernzerfall. Diese entziindlichen Herde sind aber, wie schon 
hervorgehoben wurde, immer nur klein und fehlen in der Mehrzahl der 
untersuchten Pr&parate Uberhaupt. DaB sie nur als vital entstanden 
anzusehen sind, bedarf keiner weiteren ErSrterung. 

Als Ursache der geschilderten Ver&nderungen erkannte die bakte- 
riologische Untersuchung ein streng anaerobes, sporenbildendes 
Bakterium, dessen genauere morphologischc kulturelle und tierpathogene 
Eigenschaften spater ausfiihrlicher beschrieben werden sollen. Dieses 
Bakterium war in reichlicher Menge und ausschliefilich vor- 
handen. Weder durch anaerobe noch durch aerobe Ztich- 
tung konnte ein anderer Mikroorganismus nachgewiesen 
werden und die mit den Originalkulturen spater wieder- 
holt ausgefiihrte Prflfung auf die Reinheit der Kultur 
ergab immer nur die eineBacillenart. Damit stimmte auch das 
Ergebnis der Deckglaspraparatbefunde und der histologischen Unter¬ 
suchung liber ein. Es handelte sich also in unserem Falle um eine 
sichere Reininfektion. 

Die Eingangspforte ftir den Bacillus bildete zweifelsohne der 
Darm, in dessen Inhalt mikroskopisch morphologisch und farberisch 
analoge Bakterienformen nachgewiesen werden konnten, und zwar der 
durch das zerfallene Carcinom veranderte Teil desselben (Ileocokal- 
klappe). Das exulcerierte Carcinom hatte zun&chst zu lokalen Ver&nde- 
rungen in der Umgebung der Klappe gefiihrt, welche schliefilich die in 
der Leiche gefundenen Adhasionen und zirkumskripten entziindlichen 
Erscheinungen der Peritoneal wand zur Folge hatten. Dadurch war 
nunmehr die Moglichkeit einer Infektion per continuitatem mit dem ge¬ 
fundenen Bacillus gegeben. 

Zu welcher Zeit nun diese erfolgte, dariiber lassen sich bestimmte 
Angaben allerdings nicht machen. Die zeitlich alteste VerSnderung war 
dem pathologisch-anatomischen Befunde nach zweifelsohne die vom 
Carcinom aus entstandene Perityphlitis, die zeitlich jiingste der Gas- 
brand, der zuerst ca. 6 Stunden vor dem Tode beobachtet wurde, und 
dem nahezu sichtbaren foudroyanten Fortschreiten nach zu schlieBen, 
auch nicht allzulange vorher seinen Anfang genommen hatte. Wie alt 
die allgemeine, durch ein Bakteriengemenge bedingte Peritonitis war, 
l&Bt sich mangels ausgesprochener klinischer Erscheinungen genau nicht 
feststellen, doch geht aus dem anatomischen Bilde soviet wohl unzweifel- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


haft hervor, daB sie frflher als der Gasbrand entstanden war, wenn auch 
nicht langere Zeit vorher; ja, es ist sogar die Deutung nicht von der 
Hand zu weisen, daB die Peritonitis das auslflsende Moment ffir die 
Gasbrandinfektion bildete. 

Gleichfalls unsicher festzustellen ist der Weg, welchen die Gasbrand¬ 
infektion, nachdem sie einmal manifest war, eingeschlagen hat Sicher 
ist nur, daB an der rechten GesaBbacke die ersten Zeichen der Gas¬ 
brandinfektion nachzuweisen waren und dadurch gewinnt die Annahme 
eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daB vielleicht das Foramen ischiadicum 
den Weg fflr den Durchbruch der Infektion aus der Beckenhohle nach 
aufien gebildet haben dttrfte. 

Auf den bemerkenswerten stttrmischen Verlauf der Gasbrandinfek¬ 
tion noch in vivo haben wir bereits hingewiesen. 

Der sowohl makroskopisch anatomisch als auch histologisch erhobene 
Befund von Gasblasen im Herzen und den groBeren GefaBen und damit 
flbereinstimmend der Nachweis des Gasbranderregers im Blute — ist 
selbstverst&ndlich nicht als vitaler, sondern als postmortaler ProzeB 
aufzufassen. Dabei fehlen aber Schaumorgane vollig, was vorlaufig ein- 
fach als Tatsache hingestellt sein mag. 


Morphologlsehes und fSrberlsches Yerhalten. Der gefundene 
Mikroorganismus ist ein Bacillus, ausgezeichnet durch groBe Mannigfaltig- 
keit seiner Formen, mit echten Verzweigungen, beweglich, mit endogenen 
Sporen, im allgemeinen mit den gebrauchlichen Farbstoffen leicht sich 
fflrbend und grampositiv. 

Die einfachste Form ist die eines geraden Stabchens verschiedener 
GroBe. Neben fast kokkenflhnlichen kurzen Bacillenformen, die kaum 
1 fi im Langsdurchmesser halten, aber seltener zu linden sind, sieht 
man alle GrdBenflbergange bis zu solchen, anscheinend noch aus einem 
Individuum bestehenden Formen, die 5—6 (i und darflber lang sind. 
Von diesen langeren Stabchenformen gibt es nun alle Uebergange bis 
zu oft sehr langen Fadenformen, die zum Teil gerade sind, haufiger 
aber mehr oder weniger stark gewunden oder geschlangelt erscheinen. Die 
gebildeten Faden sind meist ungegliedert, weniger haufig gegliedert 
Gekrflmmte Formen linden sich flbrigens auch bei den ktirzeren Stab- 
chen. Die Breite der beschriebenen Formen betragt zumeist ca. 0,8 fi. 
Dochzeigenalle diese Formen auch mehr oder weniger starke Abweichungen 
von der angegebenen Breite. Man findet einerseits schmalere, kurzere 
und langere Formen bis zu oft auBerordentlich dfinnen Gebilden, die 
besonders dann auffallen, wenn sie langere Faden darstellen, anderer- 
seits findet man auch dickere Formen bis zu solchen, die den frflher 
angegebenen Breitendurchmesser fast um das Doppelte flberschreiten. 
Alle diese Formen kdnnen nun entweder gleichmafiig breit sein oder 
aber man findet grflBere und kleinere Unregelmflfiigkeiten in der Breite, 
indem im Verlaufe der Bacillen oder Fadenformen die Begrenzungs- 
linien der Lflngsseiten nicht strenge gerade verlaufen. Die Enden sind 
abgerundet. Neben diesen Formen findet man solche, die mehr oder weniger 
deutlich Auftreibungen zeigen. Betreffen diese kleinere Formen, so er¬ 
scheinen letztere wie angeschwollen, gebiaht. In langeren Formen oder 
Faden liegen diese Auftreibungen entweder mehr in der Mitte des Ge- 
bildes oder aber dem einen oder anderen Polende nahe; dadurch kommen 
Formen zustande, die einerseits ein mehr spindelfdrmiges Aussehen 


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Ghon u. Sacha, BeitrSge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 301 

zeigen, andererseits birnfQrmige oder keulenformige Gebilde darstellen 
(No. 16, Taf. II). Vielfach sind diese Auftreibungen besonders stark 
ausgebildet and die dadurch entstandenen Formen auffallend groB, fast 
unffirmig. Kflrzere Formen bekommen dadurch oft ein Aussehen, das 
man am besten als DisfowiMwi-ahnlich *) bezeichnen kann. Nicht selten 
erscheinen diese Formen unscharf begrenzt. Betreffen diese Auftrei¬ 
bungen gegliederte Faden, die aus kurzen Formen bestehen, so erhalten 
diese ein Rosenkranz-ahnliches Aussehen. 

Seltener findet man sowohl an kflrzeren wie an ISngeren Bacillen- 
und F&denformen echte Verzweigungen, Ast-, Dorn-, Sporn- Oder 
Y-artig, wodurch verschiedenartig aussehende, oft geweihahnliche Formen- 
bilder entstehen (No. 14, Taf. I). 

Haufig sind in den Pfaparaten (vom Menschen, Tieren und Kulturen) 
Sporen zu finden. Diese zeigen langlich-ovale Form und verschiedene 
GrflBe. Sie liegen entweder in der Mitte des Bacillus (mittelstandig) 
oder dem einen oder anderen Pole nahegeriickt (polstSndig), dabei oft 
nur von Resten des Bacillus umgeben, oder sie sind vbllig frei. Meist 
sind es die kurzen St&bchenformen, die Sporen zeigen (No. 11, Taf. I). 
Dieselben sind in ihrem Breitendurchmesser dann entweder ganz unver- 
andert oder der sporentragende Teil ist mehr oder weniger ausgebaucht. 
Seltener findet man Sporen in ungegliederten, meist dflnneren Faden, 
polstandig an einem oder beiden zumeist leicbt aufgetriebenen Enden, 
oder in grdBeren angeschwollenen Formen und dann gewflhnlich einem 
Pole derselben nahegeriickt. 

Bei geeigneter Untersuchungsmethode zeigt der Bacillus lebhafte 
Eigenbewegung. 

Es gelingt leicht, mit der von Loffler angegebenen Methode ftir 
die Darstellung von GeiBeln solche in groBer Zahl an den Bacillen nach- 
zuweisen. Die GeiBeln sind seitenstandig. 

Was nun das Vorkommen der beschriebenen verschiedenen Formen 
anlangt und ihr Mengenverhaltnis zueinander, so mflssen wir im allge- 
meinen dasselbe als ein variables bezeichnen. In den Prflparaten des 
untersuchten Falles (Muskelsaft, Mensch) fanden sich vorwiegend kurze 
Formen und reichlich Sporen, letztere allerdings nur in den Prflparaten 
aus alter erkrankten Partieen (No. 11, Taf. I). In den Praparaten aus 
den erkranken Randpartieen liefien sich Sporen nicht nachweisen (No. 12, 
Taf. I). Im Tierkflrper war das Verhalten ein verschiedenes: In der 
subkutanen Oedemflfissigkeit von Meerschweinchen fanden sich meist 
gerade oder gewundene, kflrzere oder langere Formen mit wechselnden 
Sporenmengen. In den Schnittpraparaten von diesen Tieren waren im 
Bereiche der verflnderten Muskeln hingegen auffallend lange, gewundene 
Faden zu finden (ahnliches war auch in den Schnitten vom M. ileo- 
psoas des Menschen zu sehen). Besonders lange Formen zeigten auch 
die Prflparate von Peritonealsaft der subkutan geimpften Tiere (Meer¬ 
schweinchen, auch Maus). Sehr reich an Sporen und angeschwollenen 
Formen waren die Prflparate vom Muskelsaft der intramuskular ge¬ 
impften Tauben (No. 13, Taf. I). In den Kulturen sah man manchmal 
ein oder die andere Form mehr oder weniger vorherrschen, Sporen oft 
vollig fehlen, doch fand sich andererseits in ein und derselben Kultur 
nicht selten ein Gemenge aller beschriebenen Formen ohne Vorherrschen 
einer Art. Ja, in Oberflachenkulturen fanden sich gar nicht so selten 


1) Distomurn hepat . 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 4. 


in einer Eolonie alle die beschriebenen verschiedenen Formen bnnt 
untermengt vor, manchmal auch in der Weise, dafi die Randpartieen 
kilrzere und langere, gerade und geschwungene Formen, die zentralen 
Partieen hauptsachlich Dtslomum-ahnliche, grofie und gebl&hte Formen 
und Sporen, neben detritus&hnlichen Massen zeigten (No. 17 u. 18, 
Taf. II). Auffallig reichlich war die Sporenbildung in Serum- und 
St&rkeagarkulturen (1 °/ 00 ). 

Aus unseren Versuchen, in den Eulturen durch Zusatz verschie- 
dener Substanzen zum gewohnlichen NShragar (wie Traubenzucker, 
ameisensaures Natrium, Glycerin, Eombinationen dieser Substanzen, 
Erhbhung des Eochsalzgehaltes u. a.) Anhaltspunkte zu gewinnen fflr das 
verschiedene morphologische Verhalten des Bacillus, konnten wir er- 
sehen, dafi, abgesehen von dem Alter der Eulturen und dem Feuchtig- 
keitsgehalte des Nahrbodens (Oberflachenkulturen), die Zusammensetzung 
desselben fOr die Formen des Bacillus nicht ohne Belang sei; denn wir 
fanden z. B. in einer Versuchsreihe mit Oberflachenkulturen, in welcher 
dieselbe Ausgangskultur beniitzt wurde und die Agarplatten unter 'sonst 
vbllig gleichen Bedingungen gehalten wurden, dafi bei Zusatz von Trauben¬ 
zucker (1 Proz.), sei es allein, sei es im Vereine mit anderen Substanzen, 
sich meist auffallend viele und lange F&den vorfanden, wahrend auf ge- 
wdhnlichem Agar ohne weiteren Zusatz oder auf letzterem mit Glycerin 
(2 Proz.) sich sehr reichlich Sporen und grofie, geschwollene, Disto- 
mww-ahnliche Formen vorfanden. Andererseits sahen wir in einer 
zweiten Versuchsreihe mit Oberflachenkulturen, bei welcher verschie¬ 
dene Ausgangskulturen verwendet wurden, jedoch derselbe Nahrboden, 
dafi die Formen in den einzelnen Eulturen sowohl in Bezug auf Ver- 
schiedenheiten der Formen als auf gegenseitige Mengenverhiltnisse 
keine auflalligen Unterschiede zeigten. Wir mdchten jedoch aus diesen 
unseren Versuchen keinerlei bestimmte Schliisse ziehen, da wir aus der 
aufierordentlich grofien Menge von Prkparaten, die wir beziiglich des 
morphologischen Verhaltens unseres Bacillus durchstudierten, im allge- 
meinen feststehende Gesetzmafiigkeiten nicht ersehen konnten. 

Die Lagerung der Bacillen ist keine gleichmafiige; sie liegen entweder 
vollstandig regellos durcheinander, namentlich dann, wenn alle Oder viele 
der beschriebenen Formen nebeneinander vorkommen, oder sie liegen 
parallel zu kleineren oder grdfieren gewundenen Strangen vereinigt. 
Letzteres gilt besonders fur Oberflachenkolonieen, in welchen zuweilen 
besonders lange gegliederte und ungegliederte Faden vorkommen. 
Eleinere Formen zeigen mitunter auch verschieden stumpfe Winkel- 
stellungen, wodurch dann, wenn gleichzeitig Anschwellung dieser Formen 
besteht, gekrtimmte Formen vorgetauscht werden konnen. 

Der Bacillus farbt sich leicht mit den gebrauchlichen Anilinfarb- 
stoffen, doch nicht gleichmafiig, indem meist neben gut und gleichmafiig 
tingierten Formen auch schwacher und undeutlich gefSrbte bald reich- 
licher bald nur sparlich sichtbar sind. 

Das Verhalten der Bacillen bei Anwendung der Gramschen Me- 
thode ist ein verschiedenes. Die Bacillen bleiben entweder gleichmafiig 
tief dunkelviolett tingiert (G r a m - positiv) oder sie entfarben sich vdllig 
und nehmen bei Nachfarbung mehr oder weniger intensiv die Eontrast- 
farbe an (Gram-negativ) oder sie zeigen endlich ein unausgesprochenes 
Verhalten, indem sie sich einerseits nur schwach violett tingieren und 
dann bei Nachfarbung mit Fuchsin einen rbtlich-violetten Ton annehmen, 
andererseits neben ausgesprochen dunkelviolett gefarbten Partieen solche 


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Ghon u. Sachs, Beitrftge zur Kenntnis der anaSroben Bakterien des Menscben. 303 


zeigen, die die Kontrastfarbe angenommen haben (Uebergangsformen). 
Und zwar zeigten die gleichmafiigen, kflrzeren UDd lfingeren Bacillen- 
forroen gewdhnlicher Dicke Gram-positive, seltener Uebergangsfarbung. 
Auch die dickeren Formen, sowohl die kflrzeren als auch lfingeren, er- 
scbienen meist Gram-positiv Oder zeigten Uebergangsfarbung, nur 
selten waren sie Gram - negativ. Die dfl’nneren Stfibchen und Ffiden 
zeigten sich vorwiegend Gram-negativ und dabei hfiufig auch mit der 
Kontrastfarbe schwficher ffirbbar (Degenerationsformen). Verschieden 
verhielten sich auch die frflher beschriebenen angeschwollenen Formen: 
wfihrend die kleineren entweder ausgesprochen Gram-positiv Oder 
Gram-negativ waren, seltener Uebergangsfarbung aufwiesen, erschienen 
die groBeren angeschwollenen Formen zumeist eigentflmlich schwach 
violett und dabei ungleichmfiBig gefarbt, oft mit intensiv gefarbten, 
kflrnchenartigen Einlagerungen (Taf. II, No. 18), nur selten verhielten 
sie sich mehr oder weniger ausgesprochen G r a m - negativ, vereinzelt 
aber auch deutlich und intensiv Gram-positiv. 

Was nun das Mengenverhaltnis der Gram-positiven und Gram- 
negativen sowie der Uebergangsformen zueinander betrifFt, so kdnnen 
wir mit Sicherheit das eine behaupten, dafi das Alter der Kulturen und 
bei Tierexperimenten die Erkrankungsdauer fflr dieses Verhalten aus- 
schlaggebend sind: je jflnger der Bacillus, urn so sicherer und urn so 
intensiver bleibt er bei Anwendung der Gramschen Methode tief dunkel- 
violett, je alter, um so eher entfarbt er sich. Wir mflssen demnach 
unseren Bacillus als einen Gram-positiven bezeichnen und ktinnen 
durch Anwendung dieser so wichtigen Ffirbungsmethode gewisse An- 
haltspunkte fflr das Alter der Bacillen und damit fflr seine Degenera¬ 
tionsformen gewinnen. 

Die vorher erwfihnten, auffallend dflnnen und langen Formen ver¬ 
hielten sich fast ausnahmslos Gram-negativ und nahmen haufig auch 
die Kontrastfarbe nur schwach an; wir konnen sie deshalb wohl als 
Degenerationsformen bezeichnen. Desgleichen sieht man auch unter den 
angeschwollenen grofien Distomum - ahnlichen Formen oft solche, die 
vAllig Gram -negativ sind Oder nur schwach violett gefarbt erscheinen; 
auch diese Formen mOchten wir als Degenerationsformen ansprechen, 
ohne Bestimmtes darflber aussprechen zu konnen, ob diese Gebilde mit 
der Sporenbildung in einen direkten Zusammenhang zu bringen sind oder 
nicht. 

Bei Behandlung der Prfiparate mit Jod (Lugolsche Ldsung oder 
Jodtinktur) zeigte sich ein verschiedenes Verhalten der Bakterien. Haufig 
nahmen samtliche Bacillenformen des Praparates eine gleichmafiig hell- 
gelbe FArbung an. In anderen Prfiparaten wieder fanden sich neben 
hellgelben Formen mehr oder weniger zahlreich solche, die Braun- 
farbung zeigten. Die Braunfarbung zeigte verschiedene Abstufungen 
von hellbraun bis dunkelbraun, in einzelnen Fallen war die Farbung 
eine fast schwarze. Dabei waren die Bacillen entweder gleichmafiig 
oder aber fleckigbraun gefarbt. Alle diese Verschiedenheiten kamen 
sehr haufig gleichzeitig in den Praparaten zum Ausdruck und brachten 
im Verein mit den vielgestaltigen Formen der Bacillen ein wechselvolles 
Bild hervor: So konnte man neben langeren und kflrzeren, gleichmafiig 
hellgelben Bacillen und Ffiden solche mit verschieden stark braun ge¬ 
farbten Flecken sehen, sowie solche, die gleichmafiig braun gefarbt 
waren. Die fleckig braun gefarbten erhielten Afters dadurch, dafi starker 
braungefarbte Partieen mit ungeffirbten, starker lichtbrechenden mehr 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 4. 


Oder weniger regelmUBig abwechselten, ein segmentiertes Aussehen. 
Oder man sah an kttrzeren Bacillenformen den mittleren Teil braun ge- 
f&rbt, an den beiden Enden aber je eine schmale, helle, glanzende 
Euppe, an anderen wieder die Polenden braun, und nur die Mitte hell 
and gl&nzend. Aehnliche Bilder zeigten auch die geschwollenen Formen. 
Es sei jedoch hier besonders hervorgehoben, dafi auch St&bchen und 
aufgetriebene Formen, die sicher erkennbare Sporen zeigten, vielfach 
ohne jegliche Braunf&rbung waren und gleichm&fiig hellgelb gefSrbt 
blieben, ja dafi auch in Kulturen, die aufierordentlich zahlreiche Sporen 
zeigten, jede Spur einer Braunf&rbung fehlte. Andererseits 
sahen wir, was gleichfalls betont werden soli, dafi in Kolonieen von Ober- 
fl&chenkulturen, die reichlich sporenlose, angeschwollene Formen neben 
reichlicben sporentragenden St&bchen und freien Sporen zeigten, die 
St&bchen gleichm&Big hellgelb erschienen, w&hrend die grofien ange- 
schwollenen Formen mehr Oder minder intensiv, aber gleichmfifiig braun 
gef&rbt waren. 

Eine Blauf&rbung konnten wir in den mit Jod behandelten Pr&pa- 
raten niemals sehen, auch nicht in 48-st(indigen und alteren St&rke- 
agarkulturen, welche ubrigens auch Braunf&rbung vermissen liefien. 

Kapseln konnten wir trotz vieler Versuche weder in Kulturen 
noch im Tierkorper mit den gebrauchlichen Methoden ftir die Kapsel- 
f&rbung mit Sicherheit nachweisen. Zuweilen aber sahen wir in Pr&pa- 
raten aus Kulturen, welche nach der Methode von Welch gef&rbt 
waren, besonders deutlich in einer alteren Traubenzucker-Bouillonkultur, 
um die Bacillen lichte Hofe, mehr oder weniger deutlich durch einen 
Kontur begrenzt, und bei den in grofieren Haufen gelagerten Formen 
die Einzelindividuen durch gleichmafiige Zwischenr&ume voneinander 
getrennt. 

Durch F&rbung mit essigsaurem Methylenblau konnten wir weder 
in Pr&paraten aus frischen Zuckeragarkulturen noch in solchen aus 
frischen Serumkulturen kornchenartige Einlagerungen darstellen. 

Kulturelles und biochemisches Ycrhalten. Der beschriebene 
Bacillus ist ein strenges Anaerobion. Reinkulturen desselben 
wachsen niemals bei Anwesenheit von Sauerstoff. 

Die nachstehende Beschreibung seiner kulturellen Eigenschaften 
bezieht sich demnach auf Kulturen, welche unter streng anaeroben Be- 
dingungen angelegt und gehalten wurden. 

1) OberflSchenkolonieen in Platte nstrichkulturen 
(Agar mit 1 —2-proz. Traubenzucker. Wasserstoffatmo- 
sph&re): 

Das Aussehen der Kolonieen ist ein verschiedenes. Gut isolierte 
Kolonieen konnen manchmal rundlich Oder vollig rund sein und er- 
reichen dann dort, wo sie dichter stehen, ungef&hr die GroBe von In- 
fluenzakolonieen. Stehen sie weiter voneinander ab, so werden sie auch 
grbfier, unter Umst&nden bis 2 mm im Durchmesser und dartiber. Im 
auffallenden Lichte sind solche Kolonieen zart grau oder weifilich-grau; 
im durchfallenden bl&ulich-grau. Bei LupenvergroBerung erscheinen sie 
transparent: wasserhell bei gerader, moireartig gl&nzend bei schiefer 
Beleuchtung. GroBere runde Kolonieen sind mehr weifigrau und zeigen 
steil abfallenden Rand (Taf. I, No. 2). Unter dem Mikroskop sind die 
Kolonieen bei schwacher VergroBerung mehr oder weniger erhaben, zart 
granuliert, fast farblos oder zart gelblich-weiB und zeigen leicht aufge- 


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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaSroben Bakterien des Menschen. 305 


faserten Rand. In diesen Formen sind sie oft nicbt un&hnlich Kolonieen 
des Diplococcus pneumoniae. 

H&ufiger zeigen die Kolonieen wellig begrenzten oder gebuchteten 
Rand. Auch in diesen Formen sind sie entweder mebr gleichmaBig 
flacb und dann grau oder weiBlich-grau und gl&nzend (Taf. I, No 1) 
oder sie zeigen mitunter ein etwas opakeres Zentrum. Letzteres bebt 
sich mitunter scbarf als weiBlicher, erhabener Teil von der flachen, grau- 
transparenten, peripberen Zone ab (Taf. I, No. 3). Solche Kolonieen 
sind in ihrer Form Pestkolonieen ahnlich und zeigen mikroskopisch 
einen starker brkunlicb gefarbten, zentralen Teil, der sich deutlich von 
dem gebuchteten, fast farblos erscheinenden und zartest granulierten, 
peripheren Teil abgrenzt. 

Je besser diese gebuchteten Kolonieen isoliert sind, urn so h&ufiger 
gewinnt der zentrale opakere Teil an Ausdehnung, wkhrend die peri- 
phere, zarte Randpartie gleichzeitig mehr und- mehr zurucktritt, bis 
schliefilich Kolonieenfornuen entstehen konnen, die fast gleichmaBig opak 
erscheinen. Zeigen derartige Kolonieen eine annahernd rundliche Form 
und dabei einen gleichmaBig gebuchteten Rand, so gewinnen sie ein 
rosettenartiges Aussehen (Taf. I, No. 4). 1st hingegen die Form eine 
unregelmafiige, der Rand ungleichmaBig und verschieden tief gebuchtet, 
so erhalt die Kolonie ein blattformiges Aussehen. Mikroskopisch er¬ 
scheinen solche Kolonieen mehr oder weniger gleichmaBig braunlich und 
bei starkerer VergrOBerung erkennt man an den verschieden tief ge¬ 
buchteten Randpartieen die ziemlich dicht gefiigten Bacillenformen, 
meist nur vereinzelt weiter in die Umgebung vorragend. 

Werden die Einbuchtungen an den Randpartieen noch unregel- 
mafiiger, die dadurch entstandenen kleineren und groBeren Segmente 
ausiauferartig und zackig, so entstehen Kolonieenformen, die wie zer- 
schlissen aussehen. Auch solche Kolonieen konnen mehr gleichmaBig 
flach sein (Taf. I, No. 5) oder aber ein grbBeres oder kleineres opakeres 
Zentrum zeigen, das sich mehr oder weniger gut abhebt (Taf. I, 
No. 6). 

Oder man sieht endlich groBere, fast blattformig aussehende Kolo¬ 
nieen, gleichmaBig flach und grau im auffallenden und durchfallenden 
Lichte mit ziemlich regelmafligen, wenig tiefen Einbuchtungen am Rande, 
der nicht selten etwas opaker erscheint und wieder korallenriffartig ge- 
staltete kiirzere Fortsatze aussenden kann. Von letzteren gehen manch- 
mal noch feinere Ausiaufer ab, die dendritisch verzweigt sind und wie 
Baumchen diesen korallenriffartigen Fortsatzen aufsitzen (Taf. I, No. 7). 
Sie verleihen den Kolonieen ein auBerst zierliches Aussehen. Mikro¬ 
skopisch erscheinen solche Kolonieen flach, licht gelblich, in den Rand¬ 
partieen oft etwas dunkler und grdber gekdrnt, die baumchenartigen 
Ausiaufer als ein dendritisch verzweigtes Geflecht zarter, fast struktur- 
loser Ausiaufer, die nach auBen zu immer zarter werden. 

Zwischen alien den im vorhergehenden geschilderten Kolonieen¬ 
formen gibt es nun Uebergknge, so daB die Mannigfaltigkeit der ober- 
flachlichen Kolonieenformen eine recht grofie ist. Manchmal finden sich 
mehr oder weniger alle diese Formen auf einer Platte zusammen vor, 
haufiger jedoch sieht man eine oder die andere der Formen vor- 
herrschen. 

Die Mannigfaltigkeit des Formenreichtums in den Kolonieenbildern 
wird aber noch dadurch erhdht, d&S vielfach die Kolonieen znsammen- 
fliefien, bald zu grdfieren, bald zu kleineren unregelmBBigen Gebilden 

Errte Abt. Orig. Bd. XXXIV. 20 


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Centralbl. £, Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


(Taf. I, No. 9). Dadurch entstehen proteusartige, hfiufig auch 
moosartige oder eisblumen&hnliche groBere und kleinere, flache 
Rasen. In Platten mit Kolonieenformen, die b&umchenartige Ausl&ufer- 
bildung zeigen, sieht man aus dem ZusammenflieBen dieser Ausl&ufer 
jenen zarten, diffusen Ueberzug hervorgehen, der sich manchen Kolonieen 
anschlieBt und oft einen groBeren oder kleineren Teil der N&hrboden- 
oberflache bedeckt (Taf. I, No. 8). 

Die Ursache dieses verschiedenen Aussehens der Oberfl&chenkolo- 
nieen diirfte keine einheitliche sein. Zweifellos spielt aber der Feuchtig- 
keitsgehalt der Oberflache des N&hrbodens dabei keine unwichtige Rolle. 
Auch die Beweglichkeit des Bacillus muB dabei berficksichtigt werden. 
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist diese nicht immer eine gleichmaBige. 
Ffir diese letztere Annahme sprechen unsere vielen einschlagigen Beob- 
achtungen fiber die Beweglichkeit dieses Bakteriums in Kulturen und 
im Tierkorper. Je feuchter demnach der benutzte Nfihrboden und je 
besser beweglich der ausgesate Stamm, urn so vielgestaltiger die Formen, 
die aus der Aussaat angehen — mit alien Uebergfingen bis zu jenen 
Flatten, die eine Isolierung von Kolonieen fiberhaupt nicht mehr er- 
kennen lassen, sondern mit einem gleichm&Big zarten, graugl&nzenden 
Ueberzug in toto bedeckt erscheinen. Je trockener hingegen die Platten 
und je weniger beweglich der ausgesate Stamm, urn so besser erscheinen 
die Kolonieen isoliert und urn so mehr nfihern sie sich den eingangs ge- 
schilderten rundlichen Formen. 

Aenderungen in der Zusammensetzung des Nfihrbodens nach der 
Richtung hin, daB man eine andere reduzierende Substanz als Zusatz 
benutzt oder diese fiberhaupt weglfiBt, scheinen ffir das verschiedene 
Aussehen der Oberflfichenkolonieen keine oder zum mindesten keine 
nennenswerte Bedeutung zu haben. Wir erhielten in unseren Versuchen 
keine anderen Resultate, wenn wir an Stelle von Traubenzucker (1 bis 
2 Proz.) ameisensaures Natron (0,3 Proz.), Milch- oder Rohrzucker (1 
bis 2 Proz.) oder Glycerin (2 Proz.) verwendeten. Auch ein Gemenge 
der genannten Substanzen in verschiedener Kombination war nach dieser 
Richtung hin ohne EinfluB, desgleichen das vollstfindige Fehlen jeder 
reduzierenden Substanz. 

Das Bild der Kolonieenformen finderte sich auch nicht, wenn wir 
ffir die Aussaat an Stelle der oben genannten NahrbSden Blutagar-N&hr- 
bdden nach R. Pfeiffer oder Serumagar (Agar mit Zusatz von serum- 
haltiger Flfissigkeit) benutzten. Nicht einmal die Ueppigkeit der Kolo¬ 
nieen wurde dadurch wesentlich beeinfluBt. 

2) Tiefenkolonieen in Plattenkulturen mit Trauben- 
zuckeragar. 

Die Kolonieen zeigen verschiedene Gr6Be. Bei Lupenbetrachtung 
erscheinen sie unregelmaBig, mit langeren und kfirzeren Auslfiufern, 
grau, in den zentralen Partieen leicht brfiunlich. Unter dem Mikroskop 
sind sie bei schwacher VergroBerung brfiunlich-gelb mit schw&rzlichem 
Stich, teils maulbeerartig, vorwiegend aber mit verschieden geformten 
und verschieden langen Ausl&ufern versehen. Diese sind mitunter zackig 
und zeigen oft rundliche oder ovale Anschwellungen. 

3) Stichkulturen in Agar mit 1 Proz. Traubenzucker 
(mit Ueberschichtung). 

Schon nach 8 Stunden kann entlang dem Impfstiche sich Wachs- 
tum in Form eines zarten, grau-transparenten Bandes zeigen (Stich mit 
der Oese). Tritt schon bald nach dieser Zeit — ungeffihr zwischen 16 


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Oh on u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anagroben Bakterien des Menschen. 307 


bis 18 Stunden — Gasbildung ein, so erfolgt diese meist stttrmisch. Der 
Agar wird dadurch mehr Oder weniger stark zerrissen, zeigt reichlichst 
Gasblasen und am Boden der Eprouvette sammelt sich stark getrQbte 
FlQssigkeit an. Der Impfsticb, der durch die Gasentwickelung vielfach 
auseinandergerissen ist, hat inzwischen an Ueppigkeit etwas zugenommen 
und zeigt nunmehr ein mehr weiBlich-graues Aussehen im durchfallenden 
Lichte. 

Zuweilen aber erfolgt die Gasbildung viel sp&ter und weniger 
stOrmisch. Dadurch gewinnt der Impfstich in solchen Eulturen an 
Ueppigkeit gegenflber den oben beschriebenen und zeigt sich als ein 
grauweiBes Band, welches an den Randpartieen leicht unregelm&Big be- 
grenzt erscheint. 

In nicht Oberschichteten Traubenzuckeragar-Stichkulturen ist das 
Wachstum ein gleiches wie in den Oberschichteten, nur beginnt dasselbe 
erst ungefahr 1—l 1 /* cm unterhalb der OberflSche, kann aber spfiter 
allmahlich noch etwas gegen die Oberfl&che zu fortschreiten, urn ca. 
1—V* cm von derselben entfernt, dauernd Halt zu machen. Nie- 
mals beobachteten wir in solchen Eulturen Wachstum auf der Ober- 
flache. 

4) SchQttelkulturen in Agar mit 1 Proz. Trauben- 
z u c k e r. 

Das Aussehen dieser Eulturen ist ein verschiedenes und richtet 
sich nach der Dichte der Aussaat. Stark beschickte Eulturen zeigen 
mehr Oder weniger stttrmische Gasentwickelung und diffuses Wachstum. 
In entsprechend verdunnten Eulturen kdnnen isolierte Eolonieen einen 
Durchmesser von 3—4 mm erreichen und darttber. Gewohnlich sind 
sie aber nur ca. stecknadelkopfgroB. Die Einzelkolonieen erscheinen bei 
makroskopischer Betrachtung rundlich, nicht scharf begrenzt, wolken- 
artig. Bei LupenvergrSBerung sieht man einen kleinen zentralen, br&un- 
lichen Eern und eine grQBere periphere Zone, die sich in ein dichtes, 
unregelmaBig radi&r angeordnetes Fadenwerk auflost. In solchen Eul¬ 
turen mit gut isolierten groBeren Eolonieen unterbleibt nicht selten die 
Gasbildung vollst&ndig Oder tritt sehr spat erst ein. Ueppig entwickelte 
Zuckeragarkulturen rochen schwach nach Butterskure. War die Gas¬ 
bildung eine besonders stiirmische, so konnte man das in der zer- 
sprengten Agarsaule angesammelte Gas an der Flamme unter zischendem 
Gerausch verbrennen. 

Stich- und SchGttelkulturen in gewbhnlichem Agar zeigen im 
allgemeinen kein abweichendes Verhalten von den Stich- und SchUttel- 
kulturen in Agar mit 1-proz. Traubenzucker, ebenso nicht Stich- und 
Schiittelkulturen in Agar mit 2-proz. Traubenzucker, Milch- und Rohr- 
zucker. Nur schien es uns, als ob die Entwickelung in den Eulturen 
mit Rohrznckerzusatz am wenigsten (ippig erfolgte. 

5) OberflBchenkulturen in Gelatineplatten, bei 18 bis 
21° C durch 7 Tage unter Wasserstoffatmosphare ge- 
halten. 

Die Eulturen wurden fur diesen Zweck teils als Oberflachenstrich- 
kulturen angelegt, teils derart, daB mit einer Oese das Material auf die 
Oberflache in entsprechenden Abstanden aufgetupft wurde. In alien 
Platten erfolgte Wachstum, welches sich bei Betrachtung mit freiem 
Auge zunachst durch Verfltissigung der besaten Nahrbodenoberflache 
kundgab. Die VerflOssigung erfolgte langsam und bewirkte dadurch 
seichte, rundliche oder strichformige Vertiefungen. Bei LupenvergrOBe- 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4. 


rung zeigte sich innerhalb dieser verflfissigten Partieen eine schleier- 
artige Trtibung und bei mikroskopischer Betrachtung (Zeiss A, Ok. 4) 
sah man entsprechend dieser Triibung granulierte Massen, welche sich 
bei st&rkerer VergrOJSerung (Zeiss C, Ok. 4) als Bacillen und Sporen 
zu erkennen gaben. 

6) Tiefenkolonieen in Gelatineplatten (ohne Zucker- 
zusatz, Wasserstoffatmosphfire, 18° C). 

Je nach der Dichte der Aussaat sind die Kolonieen verschieden 
grofi. Stehen sie dicbter gesfit, so sind sie meist unregelm&Big, sind sie 
gut isoliert, so zeigen sie rundlicbe oder scheibenartige Formen und 
werden ca. stecknadelkopfgrofi und dartiber. Bei Lupenbetrachtung sielit 
man einen braunlichen Kern und eine mebr scbleierartige, periphere 
Zone, die ohne scharfe Grenze sich in der Umgebung verliert. Bei 
mikroskopischer Betrachtung zeigen die Kolonieen ein verschieden groBes, 
gelbbraunes Zentrum, dem zunSchst eine etwas hellere, aber gleichfalls 
noch gekdrnt aussehende Zone folgt, die dann in eine breitere Rand- 
partie flbergeht. Diese besteht aus dichtgeftigten, radiar ausstrahlenden, 
im allgemeinen gerade verlaufenden Ffiden, welche strahlenkranzartig die 
zentralen Partieen umgeben. Einzelne dieser ausstrahlenden F&den sieht 
man besonders weit in die Umgebung vorragen. Diese Strahlenzone 
fehlt an manchen Kolonieen vollstandig. 

Die Kolonieen in Gelatine mit 1-proz. Traubenzucker 
zeigen im allgemeinen dieselben Formen, nur findet man h&ufig die zen¬ 
tralen Partieen der Kolonie von einer Gasblase eingenommen, deren 
Peripherie von dem beschriebenen Strahlenkranz auslaufender Ffiden um¬ 
geben wird. 

7) Stichkulturen in Gelatine (10-proz. Gelatine, Ueber- 
schichtung mit Agar, ca. 20° C). 

Schon nach 3—4 Tagen findet man Entwickelung entlang dem Impf- 
stiche, bestehend in einer dichten, schleierartigen Trtibung, oft unter- 
brochen von etwas dichten, wolkenartigen Einzelkolonieen. Oder aber 
man sieht vom Impfstich nach alien Seiten zarteste bflschelformige Aus- 
lfiufer ausstrahlen. An jenen Stellen des Impfstiches, an welchen sich 
das Wachstum in Einzelkolonieen aufldst, findet man die zarten, bfischel- 
fdrmigen Ausl&ufer von unregelmaBigen, schleierartigen oder aber glfin- 
zenden, scheibenfdrmigen, zentralen Gebilden ausstrahlen. Nach 7 bis 
8 Tagen, manchmal auch schon frtlher, erfolgt Gasbildung und von oben 
nach unten zu fortschreitende Verfltissigung, die weiterhin all- 
mfihlich zunimmt, bis schlieBlich nach mehreren Wochen (ca. 3—4) die 
ganze Kultur verflflssigt wird. 

In Gelatinestichkulturen mit Zusatz von 1 Proz. Traubenzucker ist 
das Wachstum ein Shnliches. 

8) Sch fittelkulturen in Gelatine (10 Proz.) ohne Ueber- 
schichtung, bei 20° G gehalten, zeigen ebenfalls nach 3—4 Tagen, 
ungef&hr Fingerbreite unterhalb der Oberflache beginnend, Wachstum. 
Bei dicbter Aussaat erkennt man nach dieser Zeit eine zarte, schleier- 
artige Trtibung, welche sich bei Lupenbetrachtung entweder in mehr oder 
weniger gleichm&Big verteilte, kleinste, wolkenartig aussehende Kolonieen 
von meist unregelmiBiger Form aufldst oder man sieht kleine, glfinzende, 
scheibenartige Kolonieen, von deren Randpartieen lufierst zarte FSserchen 
bttschelfdrmig ausstrahlen. Nadi und nach erfolgt auch in diesen Kul- 
turen analog den Stichkulturen Verflfissigung der Gelatine. 

Bei sehr sp&rlicher Aussaat kdnnen sich in der Gelatine langsam 


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<3hon u. Sachs, BeitrSLge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 309 


Eolonieen entwickeln, die sehr groB werden and ihrem Aussehen n&ch 
vollig denen gleichen, welche wir vorher bei den Agarschfittelkulturen 
beschrieben haben. Man bezeichnet solche Eolonieen am besten als 
„distelblumenartige“. Bei so isolierten Eolonieen konnten wir Verflfis- 
sigung auch bei l&ngerer Beobachtungsdauer nicht bemerken. 

Gelatineschflttelkulturen mit Zusatz von 1 Proz. Trauben- 
zucker oderO,3Proz. ameisensaurem Natron oderO,3Proz. 
ameisensaurem Natron und 1 Proz. Traubenzucker zeigen 
im allgemeinen keine Abweichungen von den Eultnren in gewdhnlicher 
Gelatine. 

Das Verhalten der Gelatinekulturen bezflglich der Verflflssigung ist 
demnach kein gleichmflBiges. Aber nicht bloB die verschiedene 
Dichte der Aussaat ist dabei von EinfluB, sondern auch der Prozent- 
gehalt des N&hrbodens an Gelatine, indem hoherprozentige Gelatine 
langsamer verflflssigt oder oft durch lflngere Zeit flberhaupt keine Ver- 
flflssigung oder nur ein Weicherwerden des Nflhrbodens erkennen lftBt. 

9) Gelatinen&hrboden (mit oder ohne Traubenzucker- 
zusatz), nach unserer Methode mit Agar (Iberschichtet 
<s. 1. Mitteilung) und bei 37° C gehalten, zeigen bereits nach 18 
bis 24 Stunden eine diffuse, mehr oder weniger flppige Trflbung. Bei 
weiterer Entwickelung verliert diese Trflbung ihr gleichmaBiges Aus¬ 
sehen, dafflr treten wolkenartige, an GrdBe zunehmende Flocken auf, 
welche sich meist schon nach 48-stfindiger Entwickelung als flppiger, locker 
gefflgter Bodensatz niedergeschlagen haben. Zucker - Gelatinekulturen, 
durch 48 Stunden bei 37° C gehalten, bleiben in der Ealte flflssig, 
werden dazu hflherprozentige Gelatinenflhrboden verwendet, so ist die 
Peptonisierung eine unvollst&ndige. 

10) Bouillon und Zuckerbouillon (1—2 Proz. Trauben- 
zucker). 

Sowohl in Eulturen, die unter Wasserstoffatmosphflre zur Entwickelung 
gelangten, als auch in solchen, welche mit Zuckeragar oder Wasseragar x ) 
nach der von uns in der 1. Mitteilung angegebenen Gefriermethode flber- 
schichtet wurden, zeigte sich meist schon in den ersten 24 Stunden eine 
mehr oder weniger flppige diffuse Trflbung mit gleichzeitiger geringerer 
oder st&rkerer Gasbildung. In Traubenzuckerbouillon war die Gasbildung 
immer eine st&rkere. Nach kflrzerer Zeit begannen sich wolkige Flocken 
zu bilden, die an GrflBe und Zahl rasch zunahmen und sich langsam zu 
Boden senkten. Gleichzeitig kl&rte sich die Bouillon oder Zuckerbouillon 
mehr und mehr. Nach einiger Zeit erschien der flflssige N&hrboden 
vollkommen klar und am Boden der Eprouvetten hatte sich ein reich- 
licher, bis 1—2 cm hoher, lockerer, weiBlicher Satz angesammelt. Das- 
selbe Wachstum zeigten auch Massenkulturen in langhalsigen Eolben, 
an welchen mitunter ein stflrkerer, lehmartiger, oft schon unangenehmer 
Geruch wahrnehmbar war. 

11) Peptonwasser (1 Proz. Pepton, 1 / i Proz. NaCl, 
schwach alkalisch), zeigte Wachstum in ahnlicher Weise wie die 
Bouillonkulturen, im allgemeinen nur etwas weniger flppig. Gasbildung 
war auch hier stets vorhanden, wenn auch nicht immer in reichlicherer 
Weise. 

Zusatz von 2 Proz. Trauben-, Milch- oder Rohrzucker und 2 Proz. 
Glycerin zum Peptonwasser anderte im Aussehen der Eulturen im groBen 


1) Wasseragar Agar (2 Proz.) in gewflhnlichem Wasser ohne jeden Zusatz gelflst. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. Ko. 4. 


und ganzen nichts, nur war in den mit Rohrzucker und Glycerin ver- 
setzten Peptonwassern&hrbdden das Wachstum weniger uppig. Mit dieser 
Beobachtnng stimmten auch die Resultate der diesbezflglichen Versuche 
mit Agarn&hrbOden tiberein. 

12) In eiweififreien N&hrbfiden, die nach den Angaben von 
Uschinsky bereitet wurden, erhielten wir kein Wachstum. 

13) Milch. Die Kulturen in Milch warden sowohl in Eprouvetten 
unter Wasserstoffatmosph&re oder mit Ueberschichtung (Gefriermethode) 
als auch in hoher Schicht in grofien Eolben (Erlenmeyer-Eolben) 
zur Entwickelung gebracht. Das Resultat war immer dasselbe: Nach 
verschiedenlangerZeit begann sich unterhalb der obersten (Rahm-) 
Schicht eine mehr oder weniger breite Zone zu bilden, welche aus trtiber, 
serdser Flussigkeit bestand. Nach und nach vergroBerte sich diese Zone, 
wahrend sich gleichzeitig in den unteren Teilen des Eolbens oder der 
Eprouvette ein ziemlich lockeres Gerinnsel ansammelte, welches sich 
entweder ungleichm&Big von den Wanden des GlasgefSBes zuriickzog 
oder aber ganz gleichm&Big und dann im allgemeinen die Form des be- 
treflenden GlasgefSBes beibehielt, nur in verkleinertem Mafistabe. Die 
fiber dem Gerinnsel stehende serose Schicht zeigte anfangs meist ein 
gelbgrfinliches Aussehen und blieb eine Zeit lang leicht getrfibt und 
untermengt mit kleineren Flocken. Nach und nach klfirte sie sich aber 
ganz. Gleichzeitig wurden aber auch die unteren Schichten des Gerinnsel 
etwas fester. 

Der Beginn der Veriinderun gen in der Milch erfolgte in unseren 
wiederholt ausgeffihrten Untersuchungen am frflhesten nach 5 Tagen, 
haufiger spfiter: nach 14 Tagen bis 3 Wochen oder noch spfiter. Die 
Menge des geimpften Materiales hatte in unseren Versuchen keinen 
EinfluB auf die Schnelligkeit des Eintretens der Gerinnung. Es war 
gleichgfiltig, ob wir nur einige Oesen des Eulturmateriales impften oder 
aber mehrere Eubikcentimeter. 

Niemals sahen wir Verflfissigung des Gerinnsels eintreten, 
trotzdem wir eine Reihe von Eulturen bis zu 7 Mon at en beobachteten. 

Die Reaktion der Milchkulturen war immer eine stark sauere, der 
Geruch nicht gleichmfiflig intensiv, meist nur schwach sfiuerlich und 
nicht gerade unangenehm, in manchen Fallen intensiver und an Butter- 
sfiure erinnernd. Nie war der Geruch ein fauliger. 

Gasbildung konnten wir in alien unseren zahlreichen Versuchen 
niemals mit Sicherheit konstatieren. 

Im allgemeinen scheint die Milch kein gfinstiges Nfihrsubstrat ffir 
den Bacillus zu sein; das Wachstum erfolgt langsam und ist ein 
sp&rliches. 

14) Eulturen auf erstarrtem tierischen Serum (Rinderserum) unter 
Wasserstoffatmosphare zeigten fibnliches Wachstum wie Agarplatten- 
kulturen. Nach 8-tfigiger Beobachtung (bei 37 0 C) war keine Verflfissi- 
gung nachweisbar. 4 

In Plattenkulturen mit Loefflers Nfihrboden war die Entwicke¬ 
lung der Eolonieen eine tippigere als in reinem Serum. Verflfissigung 
konnte auch hier nach 8-tSgigem Aufenthalte der Eulturen bei 37 0 C 
nicht beobachtet werden. 

Ueberschichtete Stichkulturen in erstarrter menschlicher Hydrocelen- 
flfissigkeit zeigten schon nach 24-sttindigem Wachstum bei 37° C Gas- 
entwickelung, die sich in den nfichsten 24 Stunden noch steigerte. Ver¬ 
flfissigung des Serums erfolgte nicht (Beobachtung 8 Wochen). 


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Ghon n. Sachs, BeitrSge zur Kenntnis der anaSroben Bukteiien des Menschen. 311 


15) Auf Kartoffeln konnten Oberflfichenkulturen bei Ztichtung 
unter WasserstoffatmosphUre nicht immer erhalten werden (8-tSgige Be- 
obachtung). Erfolgte Wachstum, so war es nur durch Abstreifpr&parate 
konstatierbar. 

16) Indolbildung konnten wir nicht nachweisen (Zusatz von 
Kaliumnitrit und SchwefelsSure zu Peptonwasser- und Bouillonkulturen). 

17) Schwefelwassers'toffbildung. Stichkulturen in Trauben- 
zuckeragar, dem 1 pro mille Bleizucker zugesetzt war (Morris), liefien 
wohl Wachstum, nicht aber Schw&rzung des Nahrbodens erkennen. 
Ebenso konnten wir auch keine Schwarzung in dem zur Ueberschichtung 
von Zuckergelatinekulturen verwendeten Traubenzuckeragar mit Zusatz 
von Bleizucker bemerken, obwohl in der Zuckergelatine uppige Entwicke- 
lung (bei 37° C) und lebhafte Gasbildung erfolgt war. 

Dagegen konnte in Zuckerbouillonkulturen „in hoher Schicht u , in 
denen zur PrQfung auf H 2 S Bleiacetatpapierstreifen gehangen wurden, 
intensive SchwSrzung der untersten Partieen der Streifen 
schon nach wenigen Tagen beobachtet werden. Die ffir dlese Versuche 
benutzten langhalsigen Kolbchen batten GuttaperchaverschluB. 

18) Zuckeragarschflttelkulturen, die mit 1—3 Tropfen konzentrierter 
Neutralrotlbsung nach Rotberger versetzt waren, zeigten Re- 
duktion des Farbstoffes. Bei Zusatz von 1 Tropfen der Farb- 
ldsung (zu ca. 20—25 ccm N&hrmaterial) erfolgte ziemlich rasche Reduk- 
tion bei noch kraftigem Wachstum. Schon bei 2, noch deutlicher aber 
bei 3 Tropfen Farblosungzusatz erfolgte nur mehr langsame und sp&r- 
liche Entwickelung des Bacillus und damit verzogerte sich auch das Ein- 
treten der Reduktion. 

19) Agar mit Zusatz von l / 10 Proz. indigoschwefelsaurem 
Natron lieB schon in den ersten 24 Stunden der Entwickelung voll- 
standige Entfarbung bis ungefahr 1—1 ‘/a ccm unterhalb der Oberflache 
erkennen. 

20) Die Gasanalyse von Zuckerbouillonkulturen (6 Tage bei 
37° C) im Smithschen Kblbchen, ausgefiihrt von Prof. v. Zeynek 1 ), 
ergab : 

„27,68 Proz. Kohlensaure, 

71,43 „ Wasserstoff, 

0,89 v Stickstoff. 

SauerstofF und Koblenwasserstoffe waren nicht vorhanden, der ge- 
ringe Stickstoifgehalt ist noch innerhalb der Versuchsgrenze. 

Die Analyse ist nach Bunsen durchgeffihrt.“ 

21) Bei der chemischen Untersuchung einer 22 Tage alten 
Zuckerbouillonkultur (in langhalsigen Kolben bei 37° gezQchtet) wurde 
vom Assistenten des Institutes fur medizinische Chemie, Dr. Zdarek 1 ), 
in der sauer reagierenden Flflssigkeit Milchsaure, Aethylalkohol 
und spurenweise Buttersaure nachgewiesen; Indol fehlte. 

22) Mit sporenhaltigem Eulturmaterial beschickte Zuckeragarrohr- 
chen zeigten noch Wachstum, wenn sie 5 Minuten und 1 / I Stunde lang 
auf 80° C und 2 Minuten lang auf 100° C erhitzt wurden, hingegen 
keines mehr, wenn die Erhitzung auf 100° C 10 Minuten lang wahrte. 

1) Heim Prof. v. Zeynek und Herrn Dr. Zdarek danken wir beetens fur 
die Ausfuhrung dieser Analysen. 

(Fortsetzung folgt.) 


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312 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4. 


Nachdruck verboten. 

Untersuchungen und Beobachtungen liber die Biologie 
und Pathogenitat des Bacillus prodigiosus. 

[Aus dem hygienischen Institute der kgl. University Turin unter 
Leitung des Herrn Prof. Dr. Pagliani.] 

Von Dr. E. Bertarelli, Privatdozent und Assistant. 

Ins Deutsche ttbertragen von Dozent A. Wihlfahrt, Turin. 

(SchluB.) 

Extraktion durch Austrocknung. Ich trocknete die Kultur- 
patinen aus, loste sie in 10 Volumen Wasser auf und liefi sie 1 Woche 
lang bei 0° mazerieren. Daraufhin wurde das Material mechanisch 
zentrifugiert. . Diese Zentrifugation geht wegen der Winzigkeit der 
Keime und ihrer relativ geringen Dichtigkeit langsam und schwer von 
statten (nach Rubner ist das spezifische Gewicht des Prodigiosus 
ungefahr 1,40, eine Ziffer, die wahrscheinlich zu hoch gegriffen ist). 
Nach mehrmals wiederholter Zentrifugation trennt man die beiden 
Schichten und inokuliert sie ins Peritoneum des Meerschweinchens und 
subkutan. 

Die obere Schicht der zentrifugierten Masse ist ohne jede nennens- 
werte Kraft; die schwerere Schicht ist beim Meerschweinchen auch nach 
relativ geringen Dosen ins Peritoneum letal und bewirkt eine transitorische 
Lokalreaktion, selten nur Suppuration nach subkutaner Einimpfung. 
Extraktion des Kernprotelden nach der Methode Wool¬ 
dridge wurde an Kulturpatinen vorgenommen, die in 6—7 Volumen 
1-proz. Natriumkarbonat aufgelbst wurden und deren Emulsion bei 4° 
3—4 Tage stehen blieb. 

Man filtrierte dann die Emulsion mehrmals durch den 3-fachen 
Filter und f&llte den Kernproteiden mit Essigsaure. Allerdings enthalt 
der so erhaltene Kernproteide auch Kernhistome. Nachstehend werde 
ich die nach der Methode Beccari ausgefdhrten Untersuchungen an- 
fQhren, mit welchen man einen reineren Kernproteiden erlangt: 

Der Niederschlag wird in Karbonat aufgelost, wieder niedergef&llt, 
gewaschen und zuletzt in Natriumkarbonat gelSst. Auch die von Casa- 
grandi empfohlene Mischung leistet gute Dienste, d. i. 1 Teil 0,25-proz. 
Natriumkarbonat und 4 Teile 0,85-proz. Kochsalzlbsung. 

Damit werden peritoneale und subkutane Inokulationen an Meer¬ 
schweinchen vorgenommen. Die Resultate erhellen aus dem Beispiele 
nachstehender 3 Faile (p. 313). 

In alien Fallen trifft man bei den verendeten Tieren ein reichliches 
dichtes, kompaktes und eitriges Exsudat an, und zwar im Bauchfell, 
wenn die Tiere peritoneale Inokulationen erhielten, und subkutan nach 
subkutaner Injektion. 

Extraktion des Kernproteiden nach der Methode von 
Beccari. Man gibt die Kulturpatinen in 1-proz. Soda (6—7 Volumen), 
laBt sie in kaltem Raume einige Tage stehen, filtriert dann mit dem 
3-fachen Filter und fallt sie mit Essigsaure. Den Niederschlag be- 
handelt man mit verdiinnten Ammoniaklosungen und f&llt ihn von 
neuem. Auf diese Weise gelingt es, einen guten Teil der Kernhistone 
zu entfernen. 


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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenitftt des Bacillus prodigiosus. 313 


Die mit den LSsungen des so prfiparierten Kernhistons subkutan 
oder peritoneal inokulierten Meerschweinchen ergaben einen von dem 
vorherzitierten wenig unfihnlichen Ausgang und Befund: 

I. Meerschweinchen. 


28. September 

Gewicht: 400 g 

Inokulation: 1 ccm subkutan 

4. Oktober 

w 350 ,, 

V 2 jf yy 

8. „ 

n 300 , 

w 2 ri rt 

12. , 

. 260 , 

das Tier stirbt. 


II. MeerschweiDcheD. 

28. September 

Gewicht: 370 g 

Inokulation: 1 ccm ins Peritoneum 

4. Oktober 

« 320 

It 2 yy yy yy 

8. , 

, 270 „ 

n 2 yy yy yy 

9. , 

. 260 „ 

das Tier verendet. 


III. Meerschweinchen. 

28. September 

Gewicht: 390 g 

Inokulation: 0,8 ccm subkutan 

4. Oktober 

>, 380 „ 

n 9,5 ,, „ 

8. „ 

yy 350 yy 

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10. „ 

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14. „ 

fi 300 yy 

9 

tt “ ft tt 

17. „ 

ff 275 „ 

letaler Ausgang. 


Hfimolytische Substanzen. Ich habe bereits auf die hfimo- 
lytische Kraft der mit der Kerze filtrierten Bouillonkulturen hingewiesen. 
Die nicht filtrierten besitzen ein noch stfirkeres hamolytisches Vermogen. 
Aber auch binsichtlich ihrer ist die Hamolysis verschwindend im Ver- 
gleicb zu den roten Blutkorperchen des Kaninchens, wahrend sie be- 
ztiglich des Meerschweincbens ziemlich bedeutend ist. Hamolysin findet 
sich in den Kulturen erst nach 30—36 Stunden; seine Quantitat und die 
Intensitat seiner Wirkung steigt in den Kulturen nach 4- oder 5-tfigiger 
Entwickelung ziemlich stark an, so dafi es sich also in dieser Hinsicht 
wie die anderen toxischen Produkte verhalt. 

Aus diesen Versuchen an einigen der giftigen Substanzen des 
Prodigiosus ergibt sich also, daft die Giftigkeit des Keimes 
speziell an die Bakterienzelle gebunden ist, daft die 18s- 
lichen Produkte schwach toxisch sind, aber hamolytische 
Substanzen enthalten, daB das nach der Methode Koch 
ausgezogene Protein eine toxische Wirkung hat, die der 
bakterischer Kadaver analog ist, und schliefilich, dafi der 
seines Kernhistons beraubte Kernproteid eine mittel- 
mafiige toxische Aktion besitzt. Die VergiftungsvorgSnge 
des Prodigiosus dtirfen also nicht, wiedies mancher Autor 
wollte, ganz besonders dem Trimethylamin oder anderen 
Stoffwecjiselprodukten des Keimes zugeschriebenwerden, 
sondern sie sind innigst mit dem Bakterienkfirper ver- 
knfipft. 


Wie sollen wir uns nun die vielen Versuche anderer Autoren er- 
klaren, die abgeschwfichte Keime zur Virulenz dem Prodigiosus 
assoziert haben, ohne die von dem Prodigiosus bewirkten beson- 
deren Vorgange wahrzunehmen, wie akute Intoxikation, Gegenwart des 
Prodigiosus in der Blutbahn? Studiert man nun die Literatur 
aufmerksam, so failt es leicht, sich davon zu Uberzeugeu, daB die 
Forscher, wo sie zu ihren Studien fiber die mikrobischen Assoziationen 
den Prodigiosus verwandt haben, entweder sich abgetoteter Kulturen 
bedienten (die dann in kleinen und immer in unter den Tod erzeugenden 


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314 


[Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Minimaldosen stehenden Quantitaten inokuliert wurden) oder aber lebender 
Kulturen in kleinsten Quantitaten. Roger gibt an, in die Blutbahn des 
Kaninchens lebende Prodigiosus -Kulturen geimpft und transitorische 
Erscbeinungen danach beobachtet zu haben — Schlafrigkeit, Anorexie — 
docb war auch hier die Dosis sicherlich ziemlich klein. Grawitz und 
de Bary beobachteten nach Inokulation starker Dosen in Hund, Ka- 
ninchen und Ratte nur eine lokale Eiterung. 

Es ist nicht leicht, zu erkl&ren, warum sie nicht wenigstens bei der 
Ratte letalen Ausgang zu verzeichnen hatten. Denn es steht zweifellos 
fest, dafi man mit alien zum Versuch berangezogenen StSmmen des 
Prodigiosus (und solche Proben wurden in Turin auf meinenWunsch 
von anderen wiederholt) bei der Ratte auch nach subkutanen Injektionen 
den Tod erzeugte. 

In jedem Falle war es mein Wunsch, nicht zum Zwecke einer 
kritischen Kontrolle, sondern des Interesses wegen, das das Argument 
nach den vorstehenden AusfUhrungen bot, die Versuche von Roger, 
Massa und der anderen Forscher, die den Prodigiosus zur Ver- 
st&rkung anderer Kulturen verwandt haben, neuerdings durchzufiihren. 

Vor allem habe ich den B. prodigiosus dem B. violaceus bei- 
gemengt, wie dies Massa getan, und dann Kaninchen und Meerschwein- 
chen auf verschiedenen Wegen injiziert. 

Der dazu dienende Prodigiosus tdtete Meerschweinchen von 
300 g nach Peritonealinokulation in einer Dosis von 1 ccm. Dagegen 
war der B. violaceus auf alien Einfiihrungswegen wirkungslos, selbst 
bei Dosen von 4 ccm. Die Mischung der Bouillonkulturen der beiden 
Keime zu gleichen Teilen totet das Meerschweinchen noch bei zwischen 
1,6—2 ccm schwankenden Dosen. Der Kulturbefund ist kon- 
stant, in dem Blute und der Milz findet man nichts anderes 
als B. prodigiosus. 

Inokuliert man 2 ccm B. violaceus mit wenigen Tropfen Pro¬ 
digiosus, so zeigen sich keinerlei Erscheinungen. Somit also verst&rkt 
der Prodigiosus den Violaceus nicht nur nicht, wie andere be- 
hauptet haben, sondern, wenn wirklich mit der Assoziation der beiden 
Keime eine Verstarkung eintritt, so betrifft diese — wenn auch in un- 
bedeutendem Grade — den B. prodigiosus. 

Weiterhin habe ich versucht, den B. prodigiosus dem Meningo¬ 
coccus Weichselbaums beizugesellen. Solche Mischungen aus 
kleinen Quantitaten (3—7 Tropfen) Prodigiosus und verschiedenen 
Dosen Meningococcus-Bouillonkulturen (von 0,5—3 ccm) wurden in 
das Bauchfell oder in die Venen von Kaninchen und Meerschweinchen 
eingeimpft, trotzdem aber gelang es niemals, den Meningococcus 
zu verstarken. 

Enthielt dann die Mischung eine grdfiere Quantitat von Prodigio¬ 
sus, so starben Meerschweinchen und Kaninchen an Prodigiosus- 
Septikamie, sobald die eingeimpften Quantitaten die D. m. mortales des 
Prodigiosus erreichten Oder ihnen nahe kamen. 

Bei den Assoziationsversuchen mit dem Streptococcus und dem 
Staphylococcus — die zuerst durch zahlreiche Innestationen abge- 
schwacht wurden — erhielt ich folgendes Resultat: Nach Verimpfung 
von kleinen Dosen erzeugen die beiden Keime keine Septikamie und 
keine bedeutenden Stdrungen. Sind die inokulierten Quantitaten reichlich, 
so gelingt es, das Tier zu toten. Doch ist es schwierig, dieses Resultat 
zu erzielen. 


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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 315 


Ftihrt man dagegen anstatt der Mischung eine hinreichende Quantitat 
■von Prodigiosus (0,8 ccm beim Meerschweinchen, 1—1,5 ccm beim 
Kaninchen) ein, so erhait man schnell (12—24 Stunden) den Tod des 
Tieres. Die entsprechenden Kulturen ergeben dann eine reiche Menge 
Prodigiosus im Kreislauf und weit geringere Quantitfiten von Sta¬ 
phylococcus und Streptococcus. 

Nur im Falle, dafl der Streptococcus schon vorher eine diskrete 
Virulenz besitzt, ist die Moglichkeit vorhanden, demselben durch Mischung 
mit dem Prodigiosus eine mittlere VerstSrkung zu geben. Da tritt 
dann der Tod wegen Streptoseptikfimie ein, wobei dieser Mikroorganis- 
mus in der Blutbahn existiert, wahrend der Prodigiosus sich nur 
vereinzelt findet oder ganz fehlt. 

Was nun die Vermengung des Prodigiosus mit dem Milzbrand- 
bacillus betrifft, so haben meine Untersuchungen zu noch viel inter- 
essanteren Ergebnissen gefiihrt. Bekanntlich will Roger gesehen haben, 
daft man durch Assoziation von Prodigiosus und Milzbrandbacillus 
den Milzbrandbacillus f(irs Kaninchen abzuschwachen im stande sei, wo- 
gegen dieser Keim beim Meerschweinchen eine Verstarkung erfahrt. 

Auch Pawlowsky bekraftigt, daB die mit Prodigiosus inokulier- 
ten Kaninchen den Milzbrand uberstehen kdnnen, also nicht spezifische 
Immunitatserscheinungen zeigen, die an die Versuche von Emmerich, 
Di Mattei, Zagari, Charrin und Guignard und besonders von 
Klein — auf diesem Felde bezfiglich anderer Keime — erinnern. 

Lange habe ich mit dem Meerschweinchen experimentiert, und meine 
dabei erhaltenen Resultate modifizieren die Angaben Rogers nicht 
unmerklich. Verwandt habe ich dazu einen wenig aktiven Laboratoriums- 
milzbrandbacillus, und demselben zu gleichen Teilen 2—3 Tage alte 
Milzbrand- und Prodigiosus-Bouillonkulturen beigemischt 

Anbei die erhaltenen Resultate: 

I. Meerschweinchen: Gewicht 320 g. Bauchinokulation mit 1 ccm 
der Mischung. 

Nach 18 Stunden verendet. 

Befund: Gegenwart des Prodigiosus im Kreislauf, aufierst spar- 
liche Milzbrandkolonieen. 

II. Meerschweinchen: Gewicht 350 g. Bauchfellinjektion mit 0,5 ccm 
der Mischung. 

Nach 18 Stunden letaler Ausgang. 

Befund: Reichliche Prodigiosus-Quantitaten im Kreislauf, fast 
nicht vertreten der Milzbrandbacillus (sparlichste Kolonieen nur linden 
sich auf den Agarplatten mit Milzsaft). 

III. Meerschweinchen: Gewicht 250 g. Bauchfellinjektion mit 0,5 ccm 
Milzbrandbacillen. 

Nach 48 Stunden verendet das Tier. 

IV. Meerschweinchen: Gewicht 340g. Bauchfellinjektion mit 0,8 ccm 
Prodigiosus-Bacillen. 

Tod nach 14 Stunden. 

V. Meerschweinchen: Gewicht 340 g. Subkutane Inokulation mit 
1 ccm der Mischung. 

Letal nach 20 Stunden. 

Befund: Prodigiosus in der Blutbahn, diskrete Quantitat Milz¬ 
brandbacillen. 

VI. Meerschweinchen: Gewicht 350 g. Einimpfung einer Mischung 


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316 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 

aus Milzbrandbacillen und Prodigiosus (Milzbrandbacillen 1 ccm, 
Prodigiosus 0,2 ccm). 

Nach 48 Stunden tot. 

Befund: An Milzbrand verendet. 

Und diese Resultate sind konstant. 

Fiigt man also zu dem stark abgeschw&chten Milzbrand den Pro¬ 
digiosus hinzu, so kann man einen verschiedenartigen Befund erhalten. 

War die zusammen mit virulenzlosem Milzbrand injizierte Pro- 
digiosus-Quantitat hinreichend, um den Tod des Tieres herbeizuftthren, 
so mull dieses an Pr odigiosus-Intoxikation und Septik&mie verenden, 
w&hrend alle auf den Milzbrandbacillus sich beziehenden Symptome 
fehlen mUssen, der fibrigens des rapiden Aufkommens der Vergiftung 
wegen keine Zeit gehabt hat, sich zu entwickeln. Fast ware man sogar 
dazu verfiihrt, zu glauben, dad der Milzbrandbacillus auch von der in 
dem Bauchfell befindlichen Serositat verschwunden sei. 

Injiziert man dagegen eine Mischung aus Milzbrand und Pro¬ 
digiosus in der Weise, dafi der Prodigiosus nicht in hinreichenden 
Quantitaten vorhanden ist, um die Vergiftung und nachfolgende Septi- 
kamie zu bewirken, dagegen der Milzbrand in bedeutenden Quantitaten, 
so muB das Tier an Milzbrand zu Grunde gehen und dabei hochstens 
im Kreislaufe den Prodigiosus mitfiihren. Wenn aber der Pro¬ 
digiosus im Mischungsverhaitnis sehr schwach vertreten war, so mull 
ein exklusiver Befund von Milzbrandbacillen resultieren. 

Was man aber nicht zu demonstrieren vermag, oder was mir zum 
mindesten bis heute nicht gelungen, ist die wirkliche und erfolgreiche 
Virulenzsteigerung des abgeschwachten Milzbrandbacillus. Im Gegenteil, 
durch die vorgenommenen Versuche bin ich eher dazu verleitet, eine 
Abschwachung der von der Milzbrand-Prodigiosus-Mischung gegebenen 
Effekte anzunehmen. 

Ueberdies habe ich dann eine Reihe Versuche mit einem wirksamen 
Milzbrandbacillus aus dem Laboratorium des Prof. Sclavo angestellt. 

Der in Rede stehende Milzbrandbacillus tdtete die Kontrolltiere in 
36 Stunden mit einem ganz typischen Befund nach subkutanen Inoku- 
lationen von 0,1 ccm. Einige Meerschweinchen erhielten Injektionen 
von einfachen Prodigiosus- Oder Milzbrandkulturen, andere eine 
Mischung zu gleichen Teilen aus Milzbrand und Prodigiosus, die erst 
im Augenblick des Innests selbst vorgenommen wurde. Nachstehend 
einige der Ergebnisse: 

I. Meerschweinchen: Gewicht 400 g. Subkutane Inokulation mit 
0,1 ccm Prodigiosus. 

Ueberlebt und zeigt keine St6rungen. 

II. Meerschweinchen: Gewicht 280 g. Subkutane Inokulation mit 
0,2 ccm Prodigiosus. 

Ueberlebt ohne jederlei Storungen. 

III. Meerschweinchen: Gewicht 390 g. Subkutane Inokulation mit 
0,1 ccm Milzbrandbacillen. 

Verendet in 36 Stunden. 

IV. Meerschweinchen: Gewicht 360 g. Subkutane Inokulation mit 
0,2 ccm Milzbrandbacillen. 

Verendet in 36 Stunden. 

V. Meerschweinchen: Gewicht 360 g. Subkutane Inokulation mit 
0,1 ccm Milzbrandbacillen. 

Verendet in 36 Stunden. 


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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 317 


VI. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,2 ccm der 
Mischung aus Milzbrandbacillus und Prodigiosus. 

Verendet nach 50 Stunden. 

Befund: Milzbrandseptikamie. Ueberdies beobachtet man sparliches 
gelatinoses Oedem. 

VII. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,2 ccm derselben 
Mischung. 

Verendet nach 48 Stunden. 

VIII. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,4 ccm vor- 
stehender Mischung. 

Verendet nach 48 Stunden. 

IX. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,4 ccm vor- 
stehender Mischung. 

Verendet nach 36 Stunden. Sparliches Oedem. 

X. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,6 ccm vorstehen- 
der Mischung. 

Verendet innerhalb 48 Stunden. 

Die anderen Proben gaben analoge Resultate, d. h. abgesehen von 
seltenen Fallen, beobachtete man, dafi die mit Milzbrandbacillen und 
Prodigiosus inokulierten Tiere nach jenen mit gleichen Dosen reinen 
Milzbrandes injizierten starben. Auf jeden Fall haben wir stets einen 
konstant auf Milzbrandseptikamie lautenden Befund, wobei wir in Milz 
und Blut nichts anderes als Milzbrand vorfinden. 

Das Ergebnis ahnelt also dem von Roger beim Kaninchen er- 
haltenen, wahrend es in vollem Widerspruche steht mit dem, welches 
dieser Autor beim Meerschweinchen erhalten haben will. Damit ist nun 
bewiesen, was auch andere Autoren schon hervorgehoben haben (Paw- 
low sky), dafi zwischen Milzbrandbacillus und Prodigiosus ein ge- 
wisser Antagonismus bestehen mufi. Der exklusive Milzbrandbefund 
wfirde nun allerdings dartun, dafi der Prodigiosus entweder in die 
Phagocyten inglobiert Oder allgemein zerstort ist; doch ergibt sich uns, 
dafi die Gegenwart dieses Mikroorganismus das Entstehen der Milzbrand- 
manifestationen zweifellos verzbgert 

Dafi aber der erwfihnte Antagonismus wirklich existiert, kann man 
viel leichter in vitro nachweisen. Sat man nfimlich in eine R5hre 
Bouillon gleichzeitig je eine Oese Prodigiosus nnd Milzbrand, so hat 
man nach 24 Stunden nur noch eine reine Prodigiosus-Kuhur, oder 
aber die Milzbrandbacillen sind aufierst sparlich. Sat man dann analoger- 
weise den Milzbrand in eine 24 Stunden alte Prodigiosus-Bouillon- 
kultur, so ist die Entwicikelung des Milzbrandes gleich null; wahrend 
man dagegen beobachten wird, dafi sich in der Kultur fast nur noch 
Prodigiosus findet und der Milzbrand auf wenige Exemplare reduziert 
ist, sobald man den Prodigiosus in eine krfiftige Milzbrand-Bouillon- 
kultur einsetzt. Es kommt sogar znweilen vor, dafi man in den mikro- 
skopischen Prfiparaten nur fiufierst sparliche Milzbrandfasern antrifft, 
wahrend die Agarplatten nur noch Prodigiosus-Kolonieen aufweisen. 

Es fibt sonach der B. prodigiosus eine aktive antagonistische 
Wirkung auf den Milzbrand aus, der in Gegenwart des ersteren in 
kurzer Zeit aufgequellt und aufgelost wird. 

Die bakterientdtende Einwirkung wird hauptsachlich von dem 
Bacillenkdrper bedingt, wahrend die mit der Kerze filtrierten Prodi¬ 
giosus- Bouillonkulturen eine bakterientdtende Wirkung in weit ge- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


ringerem Mafie besitzen. Nur die sehr alten Kulturfiltrate sind ein 
fflr die Milzbrandkultivirung verh&ngnisvolles Terrain 1 ). 

Dieser in-vitro klar zu Tage tretende und, soweit mir bekannt, bis 
heute noch nicht demonstrierte Antagonismus des Prodigiosus, 
sowie die im Tiere vom Prodigiosus gegen Milzbrand bewirkten, 
wenn auch nur mittelm&Bigen Abschwftchungserscheinungen, fflhrten 
logischerweise zu dem Versuche, mit dem Prodigiosus Oder seinen 
Produkten gegen Milzbrand in derselben Weise zu immunisieren, 
wie man es versucht hat, mit einigen Produkten des B. pyocyaneus 
— Pyocyanisis — die Tiere gegen Milzbrand zu immunisieren (mit 
nicht spezifischer Immunitfit). 

Zweifellos konnte dieser Versuch keinen, auch nicht den entferntesten 
Anspruch auf Praktizit&t machen, von dem Augenblick an, da wir in 
den Seris und besonders in dem von Sclavo spezifische und sichere 
Immunisationsmittel besitzen. 

Nur vom Gesichtspunkte des experimentellen Interesses aus habe 
ich in dieser Hinsicht einige Versuche angestellt. Weitere ausftlhrlichere 
Versuche sind im Gange. Ich behalte mir vor, spHter noch auf diesen 
Punkt zurfickzukommen. 

Vor allem habe ich versucht, die Versuchstiere, vornehmlich das 
Meerschweinchen, gegen die Prodigiosus-Vergiftung zu immunisieren, 
besonders um zu konstatieren, ob das gegen Prodigiosus immuni- 
sierte Tier der Milzbrandinfekion gegenuber ein besonderes Verhalten 
zeigte, dann um zu verifizieren, ob das Serum dieser Tiere im Leben 
und in vitro eine besondere Einwirkung auf den Milzbranderzeuger 
habe, und schliefilich in der Hoffnung, dafi man — wenn das Tier erst 
gegen Prodigiosus immunisiert ist — demselben bei sich entwickelnder 
oder schon eingetretener Milzbrandinfektion eine bedeutende Quantit&t 
Prodigiosus (oder seine Produkte) einimpfen kdnnte, eben um zu 
beobachten, ob in diesem Falle die Konkomitanz des Prodigiosus 
wirklich Erscheinungen zu Tage fdrderte, die mit den von mir in vitro 
beobachteten gleichartig w&ren. 

Die in dieser Richtung unternommenen Versuche sind jedoch auch 
vom Gesichtspunkte des experimentellen Interesses nicht sehr ermutigend. 

Sehr schwierig ist es vor allem, die Tiere vollst&ndig gegen 
Prodigiosus zu immunisieren. 

Zu diesem Zwecke habe ich verschiedene Wege betreten: 

1) Steigende Inokulationen ins Peritoneum mit 10—12 Tage alten, 
mit der Kerze filtrierten Bouillonkulturen. 

2) Subkutane und peritoneale Inokulationen mit durch Hitze (80® 
w&hrend wenigstens 1 Stunde) getdteten Bouillonkulturen. 

3) Inokulation von durch Hitze getdteten und in Wasser emulsio- 
nierten Agarplattenkulturen. 

4) Inokulation des Kernproteidin. 

5) Inokulation gradweise steigender Dosen lebender Bouillonkulturen. 

Die Inoknlation filtrierter Bouillonkulturen und des Kernproteidin 

fiihrte zu gar keinem Resultate. 


1) Es ist bekannt, dafi ahnliche Erscheinungen in vitro von Emmerich. 
Bouchard, Woodhead und Wood und Blagovetschevski nach Vermengung des 
Pyocyaneus mit dem Miizbrandbacillus; von Emmerich und di Mattei nach 
Assoziation des Streptococcus und des Miizbrandbacillus und von Czaplewski, 
Baumgarten und anderen nach Assoziation des Miizbrandbacillus mit Pneumobacillus 
und 8taphylococcus beobachtet worden sind. 


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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenitat des Bacillus prodigiosus. 319 


Die Inokulation getdteter (Agarpatinen- und Bouillonkulturen) und 
lebender Kulturen brachten ein unsicheres Ergebnis, denn mit 30 in- 
jizierten Tieren konnte ich nur bei 4 zu definitiven Resultaten gelangen. 

Nachstehend einige Angaben aus dem Protokoll bezflglich 4 Meer- 
schweincben mit positirem Resultat und 4 anderer Tiere. Des mangeln- 
den Interesses wegen unterlasse ich es, an dieser Stelle den ganzen 
Protokolltext wiederzugeben. 

Meerschweinchen a) Gewicht 330 g. Endoperitoneale Inoku¬ 
lation. 1. September 0,2 ccm durch Hitze getdteter Bouillonkulturen. 
(Die Bouillonkultur ist bei 1,2 ccm absterbend.) 


320 g. 

Endoperitoneale Inokulation: 6. Sept. 0,2 

ccm 

in Hitze getdteter Bouillonkultur 

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26. „ 

1 

ii 

ii ii 

a 

ii 

310 „ 

ii 

ii 

30. „ 

1 

n 

ii ii 

ii 

ii 

300 „ 

ii 

ii 

3. Okt. 1,4 

ii 

ii ii 

ii 

ii 

300 „ 

ii 

ii 

5. „ 

1,5 

ii 

ii ii 

ii 

ii 


Am 7. Oktober wird dem Meerschweinchen in das Bauchfell 1 ccm 
lebender Kultur eingeimpft, die bei der Kontrolle nach Dosen von 
0,8 ccm todlich wirkte. Das Tier resistiert, stirbt dann am 15. Oktober 
an Marasmus, mit negativem Resultat bez. des Prodigiosus. 

Meerschweinchen b. Gewicht 420 g. Endoperitoneale In¬ 
okulation vom 1. September bis 15. Oktober mit allm&hlich ansteigenden 
Dosen von 0,2—2 ccm derselben abgetoteten Bouillonkultur. Am 18. Ok¬ 
tober werden weitere 2 ccm abgetdteter Bouillonkultur eingeimpft. Das 
Meerschweinchen stirbt am 20. mit sp&rlichen Vergiftungssymptomen. 

Meerschweinchen c. Gewicht 400 g. Erh&lt subkutan wahrend 
des ganzen Septembers kleine Dosen abgetdteter Bouillonkulturen. Am 
4. Oktober wird eine toxische Dosis — minimal mortale — abgetdteter 
Bouillonkulturen in das Bauchfell eingeimpft. Das Tier stirbt in 
8 Stunden an akuter Vergiftung. 

Meerschweinchen d. Gewicht 370 g. Alle 3 Tage Inokulation 
lebender Bouillonkultur in Dosen von 0,2—0,3—0,5 ccm. Das Tier magert 
ab, aber nach einer Pause von einem Monat und einer Woche ertr&gt 
es 1,5 ccm lebender Kultur, die bei 0,8 ccm tddlich ist. Doch dauert 
das Abmagern an. 

Meerschweinchen e. Gewicht 400 g. Inokulation getdteter 
Kultur in kleinen Quantit&ten (0,2—0,3—0,4 ccm). Nach zweimonatlicher 
Behandlung stirbt es nach einer Injektion von 1 ccm lebender Kultur. 

Meerschweinchen f. Gewicht! 450 g. ErhSIt l&nger als einen 
Monat allm&hlich ansteigende Dosen zuerst toter und dann lebender 
Kultur. Nach 40 Tagen ertragt das Tier mit Leichtigkeit auch 1,5 ccm 
lebender Kultur. 

Meerschweinchen g. Gewicht 350 g. Endoperitoneale Injektion 
kleiner Dosen lebender Kultur. Stirbt nach einem Monat an Prodi¬ 
giosus- Septik&mie nach Inokulation von 0,8 ccm lebender Kultur. 

Meerschweinchen h. Gewicht 350 g. Inokulation getdteter 
Kultur in kleinen Dosen. Stirbt an Marasmus nach 20 Tagen (5 Injektionen 
von 0,3—0,5 ccm). 

Weitere Angaben lasse ich beiseite. Wie also hieraus ersichtlich, 
ist es keine leichte Sache, die Immunit&t gegen Prodigiosus zu ver- 


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320 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


leihen, und so habe ich denn darauf verzichten mfissen, schon jetzt das 
Verhalten des Milzbrandbacillus in diesen Tieren zu studieren. Nur 
mit Meerschweinchen f konnte ich einen Versuch anstellen, dem aber 
natfirlich venig Wert beizumessen ist, da weitere Kontrollen fehlen. 
Dasselbe erhielt 0,3 ccm aktiver Milzbrandbonillonkultnr in Dosen von 
0,1 ccm aktiver Eultur und Qberlebte das Kontrolltier, dessen Inokulation 
sich auf 0,1 ccm belief, um 30 Stunden. Docb kann dieser V or gang 
auch nur ganz zuf&llig sein; ich fiihre ihn also hier an des geringen 
Interesses wegen, das er beanspruchen kann. 

Etwas positivere Resultate ergaben sich nach Inokulation von Milz¬ 
brandbacillus zusammen mit Prodigiosus Oder von Milzbrandbacillus 
mit einigen Produkten des Prodigiosus. In mancher Hinsicht hat 
es nach einigen ersten Versuchen den Anschein gevonnen, dafi bezflglich 
der Prodigiosus -Produkte in gewissem Sinne dieselbenErscheinungen 
auftreten, vie wir solche bezflglich des Pyocyaneus festgestellt haben. 

Doch ist eben das gesammelte Beweismaterial noch so sparlich, 
dafi ich es mir ersparen zu mfissen glaube, hier veiter davon zu 
sprechen, um so mehr, als die unentbehrlichen auf sie bezfiglichen 
Kontrollen noch fehlen. Trotzdem habe ich sie vorgefflhrt, schon 
deswegen, veil schon vor einiger Zeit ein anderer Autor von einer 
(nicht spezifischen und augenblicklich noch stark problematischen) 
Immunisation gegen Milzbrandbacillus mittels Prodigiosus gesprochen 
hat, und weil schon vor einigen Jahren Klein mitgeteilt hat, mittels 
des Prodigiosus (und dann auch mit einigen anderen Keimen) Tiere 
gegen Choleravergiftung immunisiert zu haben. 

In spflteren Untersuchungen wird es mein Bemflhen sein, nach- 
zuforschen, ob es mflglich ist, mit einem anderen, weniger marantischen 
Pr odigiosus-Produkt als dem Protein eine experimentelle Immunitfit 
gegen einige pathogene Formen zu erreichen. 

Fur den Augenblick aber bleibt es erviesen, dafi man bei Assoziation 
abgeschvfichter pathogener Keime mit Prodigiosus mit fiufierster Vor- 
sicht nur von einer durch den Prodigiosus bewirkten Verstarkung 
reden darf, da in einigen Fallen jede Verstarkung fehlt oder problematisch 
ist, vfihrend man dagegen, vie das beim Milzbrandbacillus der Fall ist, 
eine Verminderung der Infektionseffekte auch bei bezflglich der Empfflng- 
lichkeit typischen Tieren, vie bei den Meerschveinclien, beobachten kann. 
AuBerdem ergibt sich aus den vorstehenden Darlegungen, dafi der 
Antagonismus zvischen Prodigiosus und Milzbrand in vitro aufierst 
hochgradig ist. _ 

Mit diesen Beobachtungen glaube ich nun nicht, die haupts&chlichsten 
Angaben vieler Forscher fiber die Biologie des Prodigiosus und fiber 
die Bedeutung der mikrotischen Assoziationen modifiziert zu haben, 
um so mehr, als der grofite Teil der zitierten Experimente (Roger, 
Klein etc.) unter ganz besonderen Verhfiltnissen gemacht vorden ist. 
Von meinen Studien ist fdr die Biologie von einigem Interesse vor 
allem der Gedanke, dafi der Prodigiosus, ohne ein pathogener Keim 
zu sein, ganz bedeutende toxische Substanzen besitzt und elaboriert, 
dafi er, einmal in diskreten, nicht sehr starken Quantitfiten in den 
Organismus eingefflhrt, eine virkliche Septikfimie erzeugen kann. Es 
mfissen demnach die allgemein hierfiber in den Lehrbfichern gegebenen 
Ansichten umgefindert verden in dem Sinne, dafi der Keim vom Gesichts- 
punkte mfiglicher Infektionen aus zvar als unschfidlich zu erachten ist. 


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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenitfit des Bacillus prodigiosus. 321 


aber als ziemlich toxisch — auch ohne zu sehr hohen Dosen zu greifen, 
wie einige Autoren glauben. — 

Von diesem Standpuukte, wenn auch nur entfernt, vermuten zu 
wollen, dafi der Prodigiosus fur den Menschen eine pathogene Be- 
deutung haben kdnne, w&re augenblicklich zu weit gegriffen. Denn die 
Geschichte des sozusagen epidemischen Auftretens des Prodigiosus 
hat niemals ein Opfer verzeichnet, was doch angesichts der Tatsache, 
dafi derselbe eine enorme Verbreitung aufweist (es sei hier daran 
erinnert, dafi der Prodigiosus von Houston hfiufig im Boden an- 
getroffen wurde, von Russell und Earnauth in den Pflanzen, wo er 
sich weiter entwickeln konnte, von Bor don i und zahlreichen anderen 
Beobachtern im Fleische, von Gar in den Eingeweiden der Insekten, 
und von Kelly in einem Falle von Appendicitis) und angesichts der 
Leichtigkeit, mit der er zu uns gelangt, jeden Zweifel zu heben im 
stande sein mflfite. Uebrigens habe auch ich selbst bei der Preparation 
der Proteine nach der Methode von Koch kleine Quantitfiten lebender 
Bacillen eingeatmet und zuweilen, auch ohne es zu bemerken, verschluckt, 
ohne jemals irgend welche Einwirkung zu verspiiren. Bei den Tieren 
hat mir dann weder die Einftthrung selbst bedeutender Kulturdosen 
noch die Applikationen geringer Quantit&ten Kulturpatina bei fort- 
w&hrenden Lasionen jemals nennenswerte Symptome geliefert. 

Nur bezflglich der Insekten war in mir der Zweifel aufgestiegen, 
ob nicht der Prodigiosus zuweilen einen schfidlichen Einflufi ausiiben 
kdnne, und dies gerade, weil er zuweilen in der Seidenraupe aufgefunden 
wurde und die Chrysalide der Seidenraupe sich nicht zu selten 
fuchsinrotahnlich zeigte, eine Farbe, die gerade an den Prodigiosus 
erinnert. Aber die von mir bis heute untersuchten Seidenraupen — 
ihrer Zahl nach gering infolge der ungflnstigen Jahreszeit, in der ich 
meine Nachsuchungen begann — haben mir keine positiven Ergebnisse 
geliefert. 

1st nun aber der Prodigiosus unter den gewdhnlichen Umstanden 
auch unschfidlich, so sind doch seine biologischen Eigenschaften, seine 
Vergiftungsffihigkeit, sein besonderes Verhalten anderen Keimen gegen- 
fiber, die Pigmentation, die er beim Durchgang durch andere Tiere 
erwirbt, immerhin interessante Tatsachen, die nach meiner Ansicht wohl 
verdienten, in Erwagung gezogen zu werden. 


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Carega, Ueber die aktiven Subatanzen des B..coli. 


323 


Nackdruck verboten . 

Ueber die aktiven Substanzen des B. coll 

[Aus d. hygienischen Institut d. Kgl. Universit&t Neapel. Direktor: 

Prof. V. de Giaxa.] 

Von Dr. Alessandro Carega. 

Von den Arbeiten von Paladino Blandini fiber die aktiven 
Substanzen des B. typhi ausgehend, habe ich dieselben Untersuchungen 
auf das B. Coli ausgedehnt. 

Das B. Coli wurde direkt aus dem Stuhle gezttchtet uud nach 
Bestimmung seiner Virulenz in einen Liter Bouillon geimpft und 
12 Tage bei 37° C im Brfitschrank gehalten. Nach Ablauf dieser Zeit 
lieB ich die Bouillon auf dem Wasserbade bei 45° C bis auf 100 ccm 
abdampfen uud ffigte zur Trennung der EiweiBstoffe 300 ccm absoluten 
Alkohols hinzu. Der Niederschlag wurde auf dem Filter gesammelt und 
nach Abdampfen des Alkohols 24 Stunden lang mit 50 ccm 0,5-proz. 
Natronlauge in Berfihrung gebracht. Hierauf wurde wieder filtriert, die 
ungelfisten Bestandteile wurden abgewaschen und bei 40° C getrocknet. 
Die klare durchfiltrierte Flfissigkeit wurde schwach mit Essigsfiure ange- 
sfiuert und der sich bildende Niederschlag auf dem Filter mit angesfiuertem 
Wasser abgewaschen und bei 40° C. getrocknet. Die zuerst gewofinene 
Substanz zeigte die Reaktionen desNukleins, die zweite die des Nukleo- 
albumins. Die von der Kultur erhaltene Menge des Nukleins blieb 
ziemlich konstant, da beinahe 20 eg auf einen Liter N&hrbouillon kamen. 
Anders war es mit dem Nukleoalbumin, welches zwischen 5 und 20 eg 
pro Liter der Kultur wechselte. 

Die biologische Wirkung beider Substanzen war sehr verschieden. 
Das fein gepulverte Nuklein rief, in sterilem Wasser aufgeschwemmt und 
drei Tage bei 60° C sterilisiert, bei den Kaninchen, wenn es subkutan 
einverleibt wurde, die Bildung eines Knfitchens hervor, das nach etwa 
5 Tagen auf brach, einen weililichen Brei entleerte, der mikroskopisch aus 
nekrotischen Fetzen bestand, aber kulturell sich steril erwies. Das Nukleo¬ 
albumin verursachte in schwacher, 0,25-proz. Kohlens&urenatronlauge ge- 
lfist, bei 60 0 C sterilisiert, subkutan Kaninchen eingespritzt, eine begrenzte 
Infiltration, die aus Anhfiufungen von polynuklearen Leukocyten bestand 
und nach etwa 5 Tagen verschwand. Die subkutanen Einspritzungen 
beider Substanzen wurden von den Kaninchen gut vertragen, da die 
durch sie verursachte Temperaturerhohung und Gewichtsabnahme gering 
und vorfibergehend war. Anders war es mit den. intravendsen Ein¬ 
spritzungen. Als ich einem Kaninchen etwas Nuklein in die Ohrvene 
einspritzte, blieb das Tier 2—10 Minuten wie niedergeschlagen, mit 
heftiger Atemnot, dann machte es unkoordinierte Bewegungen, fiel zu 
Boden und starb nach kurzer Zeit unter klonischen Krfimpfen. Gleich 
nach dem Tode trat eine intensive Leichenstarre ein. Bei der Autopsie 
fand sich Starke Blutstauung in den subdiaphragmatiseben Organen; die 
Lungen waren blutarm, der linke Ventrikel war leer und zusammenge- 
zogen, der rechte erweitert und mit einem groBen Blutgerinnsel ausge- 
ffillt, das sich bis in die V. cavae ausbreitete. Die geringste nfitige 
Menge Nuklein, um diese Wirkung hervorzubringen, war 2 eg pro kg 

1) Pal&di no-Bland ini, Biforma medica. 1901. 

21 * 


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324 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Tier, und diese Menge war konstant bei den verschiedenen Stfimmen 
und Graden der Virulenz des B. Coli. Der Tod des Kanincbens erfolgte 
ersichtlich durcb Gerinnung des Blutes in den Gef&Ben, und letztere 
hfingt nacb Paladino von der Tatsache ab, daB das Nuklein eine rasche 
Phagolysis verursacht, wodurch eine bedeutende Menge Plasma befreit 
wird. 

Auch das in die Venen eingespritzte Nukleoalbumin tfitete die 
Eanincben in wenigen Minuten, allein der Tod fand ohne Kr&mpfe statt 
Die Autopsie ergab leichte Blutstauung in alien Organen; im Herzen 
wenig schw&rzliches, flQssiges Blut. Die geringste Menge Nukleoalbumin, 
welches im stande ist, ein Kanincben in wenigen Minuten zu toten, 
scbwankt zwischen 6—15 eg pro kg Tier, je nach der Virulenz und 
dem Stamm der Bacillen. 

Das Nuklein behielt ganz seinen toxischen Wert auch nach der Er- 
hitzung bis 100° C wfihrend 15 Minuten. Nicht so das Nukleoalbumin, 
welches ganz indifferent wurde; jedoch daranf werde ich spfiter zurflek- 
kommen. 

Tiere, welche mit wiederholten Veneneinspritzungen von Nuklein 
in kleinen Mengen (0,25—1 eg) vorbehandelt wurden, zeigten merkliche 
Temperaturerhfihung, starke Abmagerung und starben in wenigen Tagen, 
ohne dafi es je gelang, die ganze Dosis von 2 eg pro kg. Gewicht zu 
fiberschreiten. Das Nuklein hatte also eine kumulative Wirkung. Bei 
der Autopsie zeigten die Kaninchen zwar bedeutende, aber keine spezi- 
fische Verfinderungen in den Nieren, in der Leber und dem Darme. Die 
Verfinderungen bestanden: In den Nieren aus mehr oder weniger be- 
deutender Stauung, kleiner punktformiger Koagulationsnekrose in einigen 
gewundenen Nierenkanfilchen, trfiber Schwellung des Epithels und an 
einigen Stellen Ablosung desselben. In der Leber: Stauung, trfibe 
Schwellung, Koagulationsnekrose. Im Darme: Diskrete Stauung, leichte 
Schwellung der Peyerschen Plaques. 

Das Blutserum der mit Nuklein vorbehandelten Kaninchen zeigte 
nie agglutinierende Eigenschaften auf die Kulturen des B. coli. 

Ganz anders verhielt sich das Nukleoalbumin. Ich behandelte damit 
einige Kaninchen vor, indem ich ihnen in die Ohrvene 5 eg der Substanz 
in 0,25-proz. NaC0 3 -Losung aufgelfist alle 4 Tage einspritzte. In den 
24 Stunden, die der ersten Einspritzung folgten, zeigte das Kaninchen 
leichte Temperaturerhohung, ungefahr 1° C, und eine kleine Gewichts- 
abnahme von 30—70 g. Gegen den 4. Tag wurde die Temperatur wieder 
ganz normal und das Gewicht stieg wieder zu seinem ursprfinglichen. 
Ich entnahm das Blut und untersuchte das spezifisch agglutinierende 
Vermogen des Serums. Es war sehr schwach: 1:50. Das Blutserum, 
das am 4. Tage fiach der 2. Injektion entnommen wurde, hatte ein 
agglutinierendes Vermogen von 1:100, das sich nach der 3. Injektion 
bis 1 :800 steigerte. Eine Prfifung der Agglutination nach der 4. Ein¬ 
spritzung ergab zu meiner groBen Ueberraschung einen Wert von 1:100, 
und nach der 5. Injektion verschwand die Agglutination, Oder, besser ge- 
sagt, sie war nicht mehr spezifisch, indem sie einen Wert von 1:30 hatte, 
wie sie im Blutserum normaler Kaninchen vorkommt. Ich wiederholte 
die Versuche mehrmals, sowohl mit den gleichen als auch mit kleineren 
Dosen Nukleoalbumins, aber die Resultate waren immer gleich. Die 
Kaninchen vertrugen die Injektionen ausgezeichnet; dieselben schadeten 
ihnen gar nichts; die Agglutination stieg bis zur 3. Injektion, ging bei 
der 4. herunter, und bei der fttnften verschwand sie vollstfindig. Ich 


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Carega, Ueber die aktiven Substanzen dee B. coli. 


325 


versucbte alsdann, das Nukleoalbumin zu injizieren, nachdem ich dasselbe 
aufgelSst 15 Minuten bis auf 100° C erhitzte. Das Resultat war das 
gleiche; nur zeigten in diesem Falle die Kaninchen keine Storungen. 
Ich spritzte ibnen auf einmal 15 eg ein und nach 4, 8, 12 Tagen unter- 
suchte ich die Agglutination, sie war nur 1:50. 

Daraus schloB ich, daB, wenn das Nukleoalbumin dem Blutserum 
agglutinierende Eigenschaften verleihen soli, es in kleinen Dosen injiziert 
werden mull, und aus meinen Versuchen ist zu ersehen, daB erst nach 
der 3. Injektion das Maximum erreicht wird. 

Die injizierte Menge war bei jeder Injektion bis zu bestimmten 
Grenzen durchaus indifferent, da ich das Maximum der Agglutination 
von 1:800 sowohl nach 3 Injektionen von 5 eg als nach 3 Injektionen 
von 0,25 eg erreichte. 

Die Wirkung des Nukleoalbumins ist doppelt toxisch und aggluti- 
nierend. Die Tatsache, daB das Nukleoalbumin, der War me ausgesetzt, 
das toxische VermOgen verliert, w&hrend es dagegen das agglutinierende 
beh&lt, kann beweisen, daB es, wie beim Typhus, aus 2 Gruppen ver- 
schiedener Substanzen besteht, aus einer durch W&rme zerstorbaren 
Gruppe und aus einer durch War me nicht zerstorbaren Agglutinations- 
gruppe. Also muB das Nukleoalbumin unter jedem Gesichtspunkte als 
ein Toxin angesehen werden. 

Auf die Erzeugung der Agglutination hat die erste, die Toxophoren- 
gruppe, gar keinen EinfluB, was dadurch bewiesen wird, daB die Aggluti¬ 
nation bei einem best&ndigen Maximum bleibt, sowohl bei vollst&ndigreinem 
Nukleoalbumin als auch bei dem durch die Hitze von der Toxophorengruppe 
befreiten. Es bleibt also nur die Agglutinationsgruppe iibrig, fflr welche 
man die Hypothese aufstellen kann, daB sie sich wie die Haptophoren- 
gruppe von Ehrlich verh&lt, indem sie, mit dem Nukleoalbumin in den 
TierkOrper eingeflihrt, Gelegenheit zur Bildung und Abl5sung spezieller 
Seitenketten bietet, die auf diese Weise frei im Blute, resp. im Blutserum 
zirkulieren und dem letzteren spezifische Eigenschaften verleihen. 

Ich habe auch einige Immunisierungsversuche gemacht. Zu diesem 
Zwecke habe ich 5 Kaninchen der Behandlung mit Nukleoalbumin unter- 
worfen. Vieren davon spritzte ich alle 4 Tage 5 eg Nukleoalbumin ein; 
es wurden im ganzen 4 Injektionen vorgenommen. Einem anderen gab 
ich auf einmal 20 eg Nukleoalbumin, dessen toxophore Gruppe durch die 
Hitze zerstdrt worden war. Ich priifte w&hrend der Behandlung das 
agglutinierende Vermfigen des Blutserums, und dies ergab nur Resultate, 
die den vorangehenden gleich waren. 15 Tage nach der letzten Injektion 
spritzte ich den 5 Tieren und einem Kontrollkaninchen die doppelte 
tOdlicho Dosis des B. coli ein. Alle 5 vorbehandelten Kaninchen 
starben in weniger als 15 Stunden, das Kontrolltier dagegen lebte un- 
gefahr 80 Stunden. Die Autopsie bestatigte, daB der Tod durch Infektion 
mit B. coli stattgefunden hatte. Augenscheinlich zeigte das Nukleo¬ 
albumin in meinen Versuchen keine immunisierende Kraft ; es schien sogar 
einen EinfluB auf die Kaninchen auszuiiben, indem es sie der Infektion 
gegenfiber empfanglicher machte. Das ware vielleicht, nach Behring, 
damit zu erkl&ren, daB durch die Vorbehandlung eine grbBere Empfind- 
lichkeit der Tiere gegen die Infektion eintritt. 

Das Facit meiner Versuche ware danach folgendes: 

1) Aus der Bouillonkultur des B. coli kann man 2 Substanzen 
erhalten, die in chemischer und biologischer Beziehung verschieden sind, 
ein Nuklein und ein Nukleoalbumin. 


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326 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 

2) Das Nuklein ist eine toxische Substanz mit kumulativer Wirkung, 
deren geringste todliche Dosis 2 eg pro kg. Tier ist. 

3) Das Nuklein verleibt dem Blutserum kein spezifisches, aggluti- 
nierendes VermSgen. 

4) Das Nukleoalbumin ist eine toxische, nicht kumulativ wirkende 
Substanz, deren geringste tfidliche Dosis 6 eg pro kg. Tier ist. 

5) Das Nukleoalbumin verleiht dem Blutserum der Kaninchen spezi- 
fische agglutinierende Eigenschaften. 

6) Das Nukleoalbumin besteht aus zwei verschiedenen Gruppen, 
einer toxophoren und durch WSrme zerstorbaren, und einer agglutino¬ 
gen en, indifferenten und durch Warme unzerstdrbaren. Die Toxophoren- 
gruppe nimmt nicht an der Erzeugung des agglutinierenden Vermdgens 
teil. Nur die Agglutinogengruppe besitzt die Eigenschaft, das Blutserum 
der Kaninchen zu agglutinieren. 

7) Mit dem Nukleoalbumin kann man die Kaninchen gegen B. coli 
nicht immunisieren. 


Nachdruck verboten 

Ueber eine infektiose Krankheit beim Genus Turdus. 

Von Prof. A. Maggiora, Direktor, und Dr. G. L. Valenti, Assistent 
des hygienischen Institutes der kgl. Universitat in Modena. 

Im September 1901 zeigte im Gebiete von Modena das Genus 
Turdus eine auffallende Sterblichkeit. Man sah auf dem Lande oft Ka- 
daver von Amseln (Turdus merula ), von Turdus viscivorus , zuweilen 
auch von Turdus pilaris und anderen Arten. Aber auch die Stare 
(Sturnus vulgaris), welche sich schon zur Wanderung anschickten, ver- 
fielen einer Krankheit, obwohl nur in geringerem Grade. 

Diese Erscheinung gab zu lebhaften Erorterungen im Kreise der 
Jager und der Vogelzttchter Veranlassung und sie wurde auch von den 
lokalen Zeitungen besprochen. Es wurde von einigen behauptet, daB die 
erwahnten Tiere zu jener Zeit sich hauptsachlich von Weintrauben nahren, 
welche zum Schutze gegen die Peronospora viticola mit schwefelsaurem 
Kupfer behandelt wurden, und daB es sich um Vergiftung mit schwefel¬ 
saurem Kupfer handelte. Andere hingegen hielten dafiir, daB es sich 
um eine seuchenartige Erkrankung handle. 

Der ersteren Meinung gegen fiber wurde mit Recht eingewendet, daB 
eine Vergiftung a priori ausgeschlossen werden konne, weil im Gebiete 
von Modena die Behandlung der Weingarten mit schwefelsaurem Kupfer 
schon seit mehreren Jahren geflbt wurde und unter den Staren, Amseln 
und anderen Arten, welche sich ja von Weintrauben nahren und oft 
auch ganze Reihen von Weinstocken verheeren, wahrend jener Zeit doch 
nie eine aufiergewbhnliche Sterblichkeit zu verzeichnen war. Allerdings, 
wenn es eine Weinlese gab, bei welcher Kupfersalzvergiftungen durch 
Weintrauben wenig anzunehmen ware, war diese ohne Zweifel die von 
1901, weil in diesem Jahre zur Zeit der Weinlese ein so regnerisches 
Wetter herrschte, daB die Weintrauben in einer auBergewbhnlichen 
Weise abgespfllt worden waren, so daB diese dann und wann sogar 
verschimmelten. 

Obwohl alle diese Grtinde von unzweifelhaftem Werte sind, so hat 


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Maggiora u. Valenti, Ueber eine infektiOse Krankheit beim Genus Turdus. 327 


doch der eine von uns w&hrend eines Landaufenthaltes in Piemont, wo 
unter den V6geln gar keine Sterblicbkeit herrschte, zwei singende Amseln, 
die seit tnehreren Monaten im Kafige gehalten worden sind, viele Tage 
hindurch fast ausschlieBlich mit Weintrauben genahrt, die 8mal hinter- 
einander mit schwefelsaurem Kupfer behandelt worden sind. Diese Tier- 
chen nun, die ubrigens auch friiher fast jeden Tag so behandelte Wein¬ 
trauben fra Ben, blieben vollstandig gesund. Es drangte sich uns deshalb 
logiscb der Gedanke auf, daft wir es in Modena mit einer seuchenartigen 
infektiOsen Krankheit zu tun haben, und wir wurden in dieser Meinung 
auch durch den Umstand bestarkt, daft in demselben Jabre gegen Ende 
des Frilhlings und im Anfange des Sommers an einigen Orten des Ge- 
bietes von Modena eine schwere Seuche von exsudativem Typhus unter 
den Hiihnern herrschte '). Diese Seuche war erst seit kurzem abge- 
laufen, und da das Virus des exsudativen Typhus bei Hiihnern, wie unsere 
Experimente gezeigt haben, in hohem Grade ansteckend auf viele kleine 
Vbgel, z. B. auch die Stare, wirkt, so war es natiirlich, anzunehmen, 
daft auf dem Lande an einigen Punkten noch kleine, versteckt gebliebene 
Infektionsherde vorhanden gewesen seien, von denen die Ansteckung 
der Turdidae und der Stare ausgegangen ist, urn so mehr, als die Hiihner 
hier auf dem Lande frei herumgehen, sich oft weit vom Hause entfernen 
und dann auch weil jene Tierchen zum Teile als halb domestizierte an- 
gesehen werden konnen. 

Ende September wurden zwei auf dem Lande tot gefundene Amseln 
in unser Laboratorium gebracht. Die Untersuchung ergab, dafi die Ein- 
geweide derselben sich schon in beginnender FSulnis befanden, so da£ 
fiber die Natur der Lasionen, welche den Tod herbeifiihrten, nichts 
Sicheres ermittelt werden konnte. Wir sammelten aber das koagulierte 
Blut, welches im rechten Herzen beider Tiere vorhanden war, machten 
in einem kleinen M5rser von Glas, der ungefahr 5 ccm einer physio- 
logischen sterilisierten Kochsalzlosung enthielt, eine Emulsion, und inji- 
zierten diese in gleicher Quantitat in die Brustmuskeln von 2 Hiihnern, 
die das Gewicht von 515 bezw. 525 g hatten (Exper. 1 und 2). Diese 
Hiihner wurden mehr als einen Monat lang in Beobachtung gehalten und 
sie zeigten sich w&hrend dieser Zeit immer vollstandig gesund. 

Der negative Erfolg dieses Experimentes hat uns wegen der Erfah- 
rungen, von denen wir ausgegangen sind, nicht wenig befremdet. Oifen- 
bar steht derselbe in Widerspruch mit dem, was wir bei Staren, Spatzen 
u. s. w. beobachtet haben, deren Blut mit ganz kleinen Quantitaten des 
Blutes von an exsudativem Typhus leidenden oder daran zu Grunde ge- 
gangenen Hiihnern kiinstlich infiziert wurde; denn das Blut jener Tiere 
bewahrte, wie unsere friiheren Experimente*) zeigen, vollstandig seine 
Virulenz den Hiihnern gegeniiber, wahrend bei unserem gegenwartigen 
Experimente das Gegenteil eintrat, obwohl die Quantitat des den beiden 
Hiihnern beigebrachten Blutes eine betrachtliche gewesen ist. Allerdings 
handelt es sich hier um Tiere, deren Eingeweide schon beginnende 
Faulnis zeigten, und die Virulenz des Virus konnte mdglicherweise, ange- 
nommen dafi exsudativer Typhus vorhanden war, wegen des Vorhanden- 
seins von Bakterien auch im Blute zum Teile zerstdrt worden sein; 
allein wir hatten auch Gelegenheit, zu sehen, dafi der Faulnisprozefi, 

1) Maggiora, A. e Valenti, G., Su una epizoozia di tifo essudativo dei Galli- 
nacei. I. note. (Extract aua den Mem. delta It. Accad. di sc. lett. ed arti in Modena. 
III. Keihe. T. IV. und Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII.) 

2) 1. c. p. 40. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


wenn er nur im Anfangsstadium sich befindet, die Virulenz einer so 
groBen Quantity des Virus von exsudativem Typhus, wie wir bei 
unserein Experimente angewendet haben, gewdhnlich nicht ganz zu 
unterdrOcken vermag. Wir muBten deshalb daran denken, daB, wenn 
die beiden Amseln in der Tat infolge einer infektiQsen Krankheit zu 
Grunde gingen, das spezifische Virus mSglicherweise verschieden von 
dem des exsudativen Typhus der HQhner und daB das Aufeinanderfolgen 
der beiden Seuchen nur eine zufallige Erscheinung war Oder dafi das 
Virus, bei Gleichbleiben der Qualitat, aus unbekannten Ursachen eine 
derartige Verdiinnung erlitt, daB es auf die HQhner nicht mehr pathogen 
einwirken konnte oder daB dessen Virulenz, trotzdem die F&ulnis erst 
im Anfangsstadium sich befand, leichter verloren ging. 

Am 3. Oktober hatte einer von uns beiden auf dem Lande zwei andere 
tote Amseln gesammelt. Bei der Untersuchung fanden wir, daB die 
Baucheingeweide bei einer derselben in evidenter Ffiulnis waren; ab- 
gesehen von einer deutlichen Kongestion einer Lunge und TrQbung des 
Pericardiums, konnten aber keine weiteren Alterationen mit Sicherheit 
nachgewiesen werden. Die zweite Amsel jedoch war, wie es schien, erst 
vor wenigen Stunden gestorben und war in gut erhaltenem Zustande. Bei 
dieser konnten wir neben einein geringgradigen subkutanen Oedeme eine 
betr&chtliche Rotung des DQnndarms nachweisen; ferner waren die Leber, 
Milz und die Nieren in einem kongestionierten Zustande, das Pericar¬ 
dium zeigte einen perlmutterartigen Glanz, war scheinbar verdickt und 
enthielt eine kleine QuantitSt eines serQs fibrinosen Exsudats. Auch das 
Epicardium zeigte TrQbung, das rechte Herz war erweitert und enthielt 
braun gef&rbte Coagula; die Lungen waren hyperamisch, die Meningen 
zeigten eine geringfQgige Kongestion, und die Gehirnsubstanz war 6de- 
matSs. An der Schleimhaut der Mundhohle, der Nasen- und Rachen- 
hohle und auch an der KloakenmQndung war nichts AufRilliges zu sehen. 

Vom Darminhalte und vom Blute der Leber, der Milz und des 
Herzens machten wir Kulturen in FleischbrQhe und Flachkulturen in 
mit Glycerin zubereitetem Agar bei 37° C. Nach 20 Stunden ent- 
wickelten sich in den Flachkulturen, die vom Darminhalte und vom 
Blute gemacht worden waren, zahlreiche Kolonieen eines kleinen beweg- 
lichen Bakteriums, das wir nach seinem morphologischen Charakter und 
nach den Eigenschaften, die es in isolierten Kulturen in verschiedenen 
Nfihrsubstanzen zeigte, fQr eine Variet&t des Bacterium coli ansahen, 
fibnlich denjenigen Formen, welche aus dem Darminhalte gesunder und 
auch kranker HQhner, ferner bei Schwalben, Spatzen, Staren, Falken 
u. s. w. in gesundem Zustande isoliert werden konnen und von denen 
wir in unserer vorausgehenden Arbeit gehandelt haben. 

Von einer 10 Stunden alten Kultur jenes Bakteriums (aus dem Blute) 
in FleischbrQhe injizierten wir 2 ccm in die Brustmuskeln eines jungen, 
200 g wiegenden HQhnchens (3. Exper.), und einem anderen Huhne von 
190 g KSrpergewicht brachten wir in derselben Weise 2 ccm einer Kul¬ 
tur derselben Bakterie in FleischbrQhe, aus dem Darminhalte, bei 
(4. Exper.). Die beiden HQhner blieben vollst&ndig gesund. 

Zwei jungen Tauben von einheimischer Rasse (sog. bastardoni), von 
380 bezw. 355 g KSrpergewicht injizierten wir gleichfalls in die Brust¬ 
muskeln 1 ccm bezw. 1,5 ccm derselben Kulturen in FleischbrQhe. Sie 
waren nicht ganz 2 Stunden lang etwas niedergeschlagen, erholten sich 
aber rasch und blieben gesund (5. und 6. Exper.) 

Ein Coagulum aus dem rechten Vorhofe des Herzens jener Amsel, 


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Maggiora u. Valenti, Ueber eine infektiOse Krankheit beim Genus Turdus. 329 


welche zur Zubereitung der Kulturen clients, wurde zerkleinert, in 2 ccm 
einer 0,75 -proz. sterilisierten Kochsalzldsung gelost und dann in die 
Peritonealhdhle eines anderen jungen, 210 g schweren Huhnes injiziert 
(7. Exper.). Auch dieses Tier blieb gesund. Wir machten dann aus 
der fein zerteilten Leber derselben Amsel eine Emulsion in ungef&hr 
6 ccm einer physiologischen Losung und injizierten davon subkutan 
2 ccm einem jungen Kaninchen von 1300 g und einem anderen Kanin- 
chen desselben Wurfes und von 1420 g Kdrpergewicht gleichfalls 2 ccm 
in die Peritonealhdhle. Beide Tiere blieben am Leben (Exper. 8 u. 9). 
Von der noch flbrig gebliebenen Emulsion injizierten wir je 1 ccm zwei 
jungen Tauben ( triganini) von 215 bezw. 220 g Gewicht. Auch diese 
Tiere zeigten gar keine Reaktionserscheinungen (Exper. 10 u. 11). 

Wir haben bei diesen Experimenten von VOgeln nur junge Hflhner 
und Tauben benutzt, weil uns Vogel von derselben Gattung, zu der die 
erkrankten gehdrten, und von denen wir h&tten annehmen konnen, daB 
sie von immun gebliebenen LokalitAten herrflhrten, nicht zur Verfilgung 
standen. Es geht aus unseren Experimenten hervor, daB das mutmafi- 
liche Virus, von welchem die Sterblichkeit der Vogel abhing, auf die 
Hflhner, obwohl sie sehr jung waren, und obwohl Dosen angewendet 
wurden, welche die Infektion leicht hfltten reproduzieren kflnnen, wenn 
es sich um dasselbe Virus gehandelt hfltte, welches wenige Monate 
frflher eine schwere Seuche hervorrief, nicht flbertragen werden kann. 

Auch die Experimente 8 und 9 an Kaninchen beweisen, daB wir es 
nicht mit dem Virus der Hfihnercholera zu tun hatten, weil sonst die 
Kaninchen wegen ihrer groBen Empfindlichkeit jenem Virus gegenflber 
und infolge der grofien Quantitfit, die ihnen von der Leberemulsion inji¬ 
ziert wurde, sicher den Experimenten erlegen w&ren. Wir wollen uns 
jedoch auf Grund dieser vorl&ufigen Untersuchungen nicht in weitere 
Erwflgungen einlassen und wir wollen unsere bisherigen Experimente, 
da sie, wie wir sagten, mit einem unsicheren, weil von tot aufgefundenen 
Tieren herstammendem Materials gemacht worden sind und da wir des- 
halb die Resultate derselben nur mit Vorbehalt beurteilen kflnnen, blofi 
als Versuche ansehen, die dazu dienten, einige Orientierung in der 
dunklen Frage zu gewinnen. 


Mit einiger Schwierigkeit gelang es uns, von Piemont her, aus 
Gegenden, wo die Hflhner und sonstige Vdgel von Krankheiten immun 
waren, einige Amseln, Falken, Spatzen und einen Finken, die ohne Aus- 
nahme ausgewachsen, in K&figen aufgezogen und vollkommen gesund 
waren, zu erhalten. Es ist nach unserer Meinung unerl&filich, an voll- 
stllndig entwickelten Tieren, und zwar solchen, die in KSfigen aufgezogen 
wurden oder wenigstens seit langer Zeit an die Gefangenschaft gewdhnt 
sind, zu experimentieren, weil von den Vogeln, die mit Netzen oder 
sonstwie gefangen werden und an den K&fig nicht gewdhnt sind, viele, 
wie bekannt, fast pldtzlich zu Grunde gehen, und zwar wahrscheinlich 
infolge einer toxischen Enteritis, die vom Wechsel in der Nahrungs- 
und Lebensweise abh&ngig ist, so daB bei Anwendung solcher Tiere in 
den Experimenten leicht Fehler entstehen konnen. Die mit Netzen ge- 
fangenen erwachsenen Tiere dflrften zu Untersuchungen benutzt werden 
erst, nachdem sie frflher viele Tage hindurch in Beobachtung gehalten 
worden sind. 

Einer von uns beiden hatte nun wAhrend eines Aufenthaltes auf 


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330 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 

dem Lande in der Nahe von Modena Gelegenheit, eine erwachsene 
Amsel zu fangen, die, wie man nachber erkannte, von der Krankheit 
befallen war; sie konnte nicht lange fliegen und nach kurzem Nacbjagen 
lieB sie sich fangen. Es wurde dieses Tierchen (ein Weibchen von 95 g 
Gewicht; Exper. 12) nocb lebend ins Laboratorium gebracbt, aber es 
war, wie man deutlicb sab, krank, wollte nicht fressen, war unfahig zu 
fliegen, bielt den Kopf geneigt, das Gefieder war zerzaust, die Augen 
halb geschlossen; die Mundhohle bot nicbts Besonderes dar und die 
Faeces waren nicht diarrhoischer Natur; Verletzungen, Knochenbruche 
fehlten. Im Verlaufe von 8 Stunden starb das Tier und es wurde sofort 
die Autopsie desselben vorgenommen. 

Die Haut zeigte auBerlich nichts Abnormes, aber sie loste sich mit 
Leichtigkeit ab, und zwar wegen eines leichten Oedems, das subkut&n 
vorhanden war. Von den Baucheingeweiden waren der Dfinndarm, die 
Leber, Milz und die Nieren kongestioniert. Das Pericardium zeigte sich 
opak, aber ohne ein bemerkenswertes Exsudat; das Herz pulsierte noch 
und bot keine Hamorrhagieen unter dem Epicardium dar; von den 
Lungen war die eine normal, die andere kongestioniert, auch die Hirn- 
haute waren gerotet und die Gehirnsubstanz erschien odematos. Nach 
vorsichtiger Erdffnung des Herzens machten wir vom Blute Flachkulturen 
in Agar und mikroskopische Praparate, die zum Teile in frischem Zu- 
stande untersucht, zum Teile auch noch gefftrbt wurden. Mittels einer 
Pasteurschen Pipette aspirierten wir ein wenig Blut und mit einem 
Bistouri, das ins Blut des Herzens getaucht wurde, wurden subkutane 
Einstiche in die rechte Brustgegend gemacht an: 

zwei Spatzen (Exper. 13 u. 14), 

einer Amsel (Exper. 15), 

einem Falken (F. tinnunculus; Exper. 16). 

Von diesen Tieren gingen drei zu Grunde, und zwar fast gleich- 
zeitig nach 42 bezw. 44 Stunden die Amsel und der Falke, nach 4 Tagen 
einer der Spatzen (Exper. 13); der andere Spatz blieb am Leben. 

Die Symptome, welche die drei gestorbenen Tiere w&hrend des Ver- 
laufes der Krankheit zeigten, waren gleich denjenigen, welche bei der 
eigentlichen typhosen Form des exsudativen Typhus der Hiihner ange- 
troffen werden. Nach 14—16 Stunden n&mlich zeigten sich die Amsel 
und der Falke stark erschopft und blieben so bis zum Eintritte des 
Todes; der Spatz No. 13 hingegen war munter 3 Tage hindurch 
und erst am 4. Tage begannen auch bei ihm die Zeichen der Erschdpfung 
und Appetitlosigkeit aufzutreten. Der andere, am Leben gebliebene 
Spatz flog aus dem Laboratorium, nachdem er 27 Tage lang in Be- 
obachtung gewesen ist. 

Die L&sionen, welche die drei Tiere darboten, waren dieselben, 
welche auch bei der Amsel No. 12 konstatiert werden konnten, d. h. 
geringes subkutanes Oedem, Kongestionszustand des Dflnndarmes, der 
Leber, Milz und der Lungen, geringgradige Pericarditis (evidenter beim 
Spatzen) und Kongestionszustand der Meningen. Vom Blute derselben 
machten wir zahlreiche Praparate in frischem Zustande und auch gef&rbte, 
ferner Kulturen in Fleischbriihe, Flachkulturen in einfachem Agar, in 
mit Glycerin, Glykose und mit dem Blute von Hiihnchen zubereitetem 
Agar, durch Uebertragung vom Blute des Herzens, der Leber und 
der Milz. 

Bei Untersuchung des Blutes in frischem Zustande konnte man 
keine tierischen Mikroorganismen nachweisen und auch die F&rbung mit 


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Maggiora u. Valenti, Ueber eine infektittse Krankheit beim Genus Turdus. 331 


Boraxmethylenblau und mit der von Koch modifizierten Romanovs- 
kischen Methode ergab diesbezttglich nur negative Resultate. 

Die mikroskopische Untersuchung anf Bakterien machten wir an 
Pr&paraten, die in Formalin fixiert und mit der Ziehlschen stark ver- 
dUnnten Flussigkeit l&ngere Zeit hindurch gefarbt worden sind, aber 
trotz der genanesten Prufung des Blutes der Amsel No. 12 und 
auch der Tiere No. 13, 15 nnd 16 mit Zeiss, Apochrom. 2,0 mm, 
konnten wir gar keine Bakterien nachweisen, und aucb die Untersuchung 
der Pr&parate, welche vom perikarditischen Exsudate gemacht oder durch 
Bestreichen der Deckgl&schen mit Teilchen von der Leber und von der 
Milz gewonnenen und nachher in der erw&hnten Weise behandelt worden 
sind, ergab nur negative Resultate. 

Die Kulturen sowohl in Fleischbrfihe wie aucb die Flachkulturen, 
die wir bei 37,5° C hielten und im Laufe von 7 Tagen zu wiederholten 
Malen untersuchten, blieben steril. 

Experimente mit successiven Uebertragungen. 

Mit der Spitze des Messers, womit das Herz der Amsel No. 15 
eroffnet wurde, um die Pipette von Pasteur zur Aufsaugung von Blut 
einfuhren zu kdnnen, machten wir in der Brustgegend einer anderen 
Amsel subkutan eine kleine Wunde. Es starb dieses Tier nach 38 Std. 
(Exper. 17). Von der Leber und Milz dieser Amsel, die wir in einem 
Morser zerkleinerten, wurde mit 10 ccm einer physiologischen sterili- 
sierten 0,75-proz. Kochsalzlosung eine Emulsion gemacht, und von dieser 
Emulsion injizierten wir: 

a) einem Falken 1 ccm in die Peritonealhbhle; es starb das Tier 
nach 39 Stunden (Exper. 18); 

b) einer Amsel je 0,5 ccm in die Brustmuskeln der beiden Seiten 
(Exper. 19). Tod nach 36 Stunden; 

c) 0,5 ccm in derselben Weise zwei Spatzen (Exper. 20 und 21). 
Exper. 20 blieb am Leben, bei Exper. 21 trat nach 81 Stunden der 
Tod ein; 

d) 0,5 ccm einem Finken, wie bei dem vorausgehenden Experimente 
(Exper. 22). Das Tier blieb am Leben; 

e) einem jungen Kaninchen von 520 g Gewicht 1 ccm in die Peri- 
tonealhohle. Das Tier blieb am Leben (Exper. 23); 

f) zwei jungen Meerschweinchen von 145 bezw. 160 g Gewicht je 
1 ccm in die Peritonealhohle. Auch diese Tiere blieben am Leben 
(Exper. 24 und 25); 

g) von zwei weifien M&usen (Mus muse, alb.) einer 0,3 ccm subku¬ 
tan, der anderen dieselbe Quantitat in die Peritonealhbhle. Die Tiere 
blieben am Leben (Exper. 26 und 27). 

Vom Blute aus dem rechten Herzen der Amsel No. 15 wurde 
eine Emulsion in 3 ccm einer physiologischen Kochsalzldsung gemacht 
und von dieser Emulsion injizierten wir 0,5 ccm in eine Vene des linken 
Fidgets eines jungen Huhnes von 320 g; den Rest der Emulsion inji¬ 
zierten wir in die Brustmuskeln einer jungen Taube einer heimischen 
sog. Bastardona-Rasse von 250 g Gewicht. Auch diese Tiere blieben 
am Leben (Exper. 28 und 29). 

Die Amseln No. 17 und 19, der Falke No. 18 und der Spatz 
No. 21, welche infolge der Infektionen zu Grunde gin gen, zeigten 
dieselben entzflndlichen Erscheinungen, wie die Amsel No. 12), welche 
auf natflrlichem Wege erkrankte, nur mit dem Unterschiede, daB der 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Falke, dem wir in das Peritoneum injizierten, eine intensivere Reaktion 
von seiten des Peritoneums und der Eingeweide der Bauchhdhle zeigte, 
w&hrend bei den Amseln und bei dem Spatzen, denen in die Brust- 
muskeln injiziert wurde, namentlich aber beim Spatzen, eine zirkumskripte, 
aber deutliche entziindliche Reaktion mit akuter fettiger Degeneration 
einiger Muskelbtindel an den Injektionsstellen vorhanden war; auBerdem 
konstatierten wir im Pericardium des letzteren Tieres einen gelblichen 
serSs-fibrinbsen Ergufi. 

Bei den vier gestorbenen Tieren No. 17, 18, 19 und 21) prflften 
wir das Blut des Herzens, der Leber und der Milz an Prfiparaten, die 
in der angeftihrten Weise gefarbt wurden, und machten Kulturen in 
Fleischbrfibe und in Agar, aber immer mit negativem Erfolge. 

Es gebt aus unseren Experimenten hervor, daB durch Injektion 
kleiner Quantity ten vom Blute der Amsel, die infolge einer spontan ent- 
standenen Krankheit zu Grunde ging, die gleiche Krankheit bei .anderen 
Turdidae und auch bei anderen pr&disponierten Vogeln hervorgebracht 
werden kann; dasselbe erzielt man successiv durch Uebertragung des 
Blutes und der Emulsion aus den Eingeweiden von V5geln, die auf ex- 
perimentellem Wege erkranken. 

Wir haben es hier also mit einer Infektion zu tun. 

Das spezifische Virus derselben hat seinen Sitz vornehmlich im 
Blute, und die Infektion kann daher zur Gruppe der septik&mischen In- 
fektionen gerechnet werden. Beim successiven Uebergang des Virus in 
dieselben Arten, welche zur Erkrankung disponiert sind, scheint das 
Virus an Intensity zuzunehmen, indem der Tod der Tiere in khrzerer 
Zeit erfolgt. Von den Vogeln, an denen wir experimentierten, zeigten 
sich ansteckungsfahig neben den Amseln in sehr deutlicher Weise auch 
die Falken; nur in geringerem Grade die Spatzen, von denen nur ein 
Teil, und zwar nach l&ngerer Zeit als die Falken, zu Grunde ging. 

Von kleinen S&ugetieren zeigten sich Kaninchen, Meerschweinchen 
und weiBe Mause nicht ansteckungsfahig. 

Es gelang uns nicht, das spezifische Agens der in Rede stehenden 
Infektion mit dem Mikroskope nachzuweisen und auch die Kulturversuche 
mit kiinstlichen Nahrsubstraten blieben erfolglos. 

Filtrierung des Virus durch den Berkefeldschen Filter. 

Nachdem wir vergebens den Nachweis des Virus der Turdidae mit- 
tels des Mikroskopes und die Kultur desselben versucht haben, nachdem 
auch die Versuche mit anderen Nahrsubstraten und mit anaeroben Kul¬ 
turen fruchtlos geblieben waren und wir von weiteren ahnlichen Experi¬ 
menten keine positiven Erfolge erwarten konnten, dachten wir daran, einige 
Filtrationsversuche zu machen, um zu sehen, ob das Virus der Turdidae, 
das eine gewisse Analogic mit dem des exsudativen Typhus der Hfihner 
zeigte, gleich diesem, durch anaerobe Filter hindurchgehen k5nne 
oder nicht. Es lag uns daran, diese Versuche sobald als moglich durch- 
zufiihren, einesteils wegen des grofien Interesses, das sie darboten, andern- 
teils, weil unser Vorrat an zweifellos gesunden Amseln und Falken klein 
war und wir keine anderen finden konnten; ferner, weil die Spatzen, ab- 
gesehen davon, daB sie weniger ansteckungsfahig sind, bloB eine geringe 
Quantitat Blut geben und die organischen makroskopischen L&sionen in 
derartig kleinen Tieren nicht immer in klarer Weise interpretiert werden 
kdnnen. Das Blut vom Herzen der Amsel No. 18 und des Falken 
No. 19 gaben wir in 8 ccm einer sterilisierten physiologischen Koch- 


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Maggiora u. V alen ti, Ueber eine infektiOse Krankheit beim Genus Turdus. 333 


salzlflsung, in der sich auch, fein zerteilt, das Herz, die Leber und die 
Milz derselben Vflgel befanden; der gut gemischten Flussigkeit setzten 
wir noch einige Tropfen einer frischen Kultur in Gelatine eines violett 
gefflrbtcn Bacillus, der aus dem Wasser eines Brunnens von Modena 
isoliert wurde und dem Schrflterschen Bacillus ahnlich war, zu. 
Dann mischten wir nochmals und gaben das Ganze auf einen kleinen 
Berkefeldschen Filter, derim Eiskeller gehalten und sich selbst, d. h. 
ohne Anwendung von Aspiration, ttberlassen wurde. Nach 12 Stunden 
war die Flussigkeit fast ganz durchgegangen und das vollstandig klare 
Filtrat erschien bloB leicht hfimoglobinartig rot gefarbt. 

Von diesem Filtrat injizierten wir je 1 ccm in die beiderseitigen 
Brustmuskeln einer Amsel (Exper. 30); ferner 1 ccm in die Peritoneal- 
hflhle eines Falken (Exper. 31). Beide Tiere gingen zu Grunde, das 
erste nach 59, das zweite nach 53 Stunden, und zwar unter denselben 
Erscheinungen von Niedergeschlagenheit, welche bei denjenigen Tieren 
beobachtet wurde, denen wir Blut in toto injizierten. Die Kulturen mit 
dem Filtrate blieben steril. Die mikroskopische Prflfung und die Kul¬ 
turen des Blutes der Tiere 30 und 31 ergaben negative Resultate und 
in den Organen derselben konnten die oben angegebenen phlogistischen 
Alterationen erkannt werden. Mittels einer Impfnadel, die wir in das 
Blut der Amsel No. 30, die infolge der Injektion mit dem Filtrate 
starb, eintauchten, inokulierten wir subkutan in die Brustgegend einer 
anderen Amsel. Es starb dieses Tier nach 44 Stunden unter denselben 
Symptomen und unter den gleichen Lasionen, welche die anderen an 
Infektion zu Grunde gegangenen Vflgel zeigten (Exper. 32). Auch die 
Kulturen, welche mit dem Blute der Amsel No. 32 gemacht worden 
sind, blieben steril, und auch die mikroskopische Prflfung des Blutes 
blieb resultatlos. 

Es zeigen die Experimente 30 und 32, daB das Virus den Berke¬ 
feldschen Filter passieren kann und bierbei die Fahigkeit. sich zu ver- 
mehren und pradisponierte Tiere zu infizieren, nicht einbflfit. 

Verabreichung des Virus auf dem Wege des Darmkanals, 
von der Mundflffnung aus. 

Einer Eule (Strix bubo), die, obwohl sie schon seit mehr als 
6 Monaten in Gefangenschaft lebte, wegen ihrer Wildheit und der Kraft 
der Krallen sich nicht gut zu Inokulationen durch Punkturen eignete, 
haben wir, nachdem wir uns von dem guten Gesundheitszustande der¬ 
selben fiberzeugt haben, Eingeweide und Fleisch von der Amsel 
No. 32 verabreicht. Nach 10 Stunden begann die Eule Appetitlosig- 
keit zu zeigen, verkroch sich, hatte die Federn zerzaust; die Abge- 
schlagenheit derselben nahm immer zu, bis ein komatoser Zustand und 
schlieBlich, 45 Stunden nach Einfuhrung des infizierten Fleisches, der 
Tod eintrat. Bei der Autopsie sah man, daB eine deutliche Kongestion 
der Baucheingeweide, intensiver Kongestionszustand der Lungen und 
Opacitat des Pericardiums vorhanden war; in letzterem befand sich ein 
gelbliches, serfls-fibrinoses Exsudat. 

Vom Blute und von dem perikarditischen Exsudate sowie auch vom 
Safte der Leber und der Milz wurden mikroskopische Praparate gemacht, 
frisch und auch gefarbt untersucht; aber es konnten keine Bakterien 
nachgewiesen werden und auch die Kulturen des Blutes blieben steril 
(Exper. 33). Das Blut der Eule sammelten wir in Rdhrchen, die mittels 
der Lampe verschlossen wurden, und mittels einer Impfnadel, die in 


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334 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 

dasselbe getaucht wurde, machten wir eine subkutane Punktur in die 
Brustgegend beim letzten Falken, den wir zur Verfiigung hatten. Es 
starb dieses Tier nach 35 Stunden unter denselben kliniscben Symptomen 
und mit den gleichen anatomischen L&sionen, welche auch die anderen 
Tiere zeigten (Exper. 34). Die mikroskopische Priifung des Blutes und 
die Kulturen erwiesen sich auch hier resultatlos. Doch wollten wir noch 
einen Versuch am Huhne machen, um zu sehen, ob das Virus nach den 
stattgehabten Uebertragungen eventuell eine Virulenz sich aneignete, 
welche es im Beginne nicht zeigte. Wir haben deshalb einem Huhne 
von 390 g 0,5 ccm vom Blute des Falken No. 34 nach Verdfinnung 
in einer geringen Quantitat einer 0,75-proz. physiologischen Kochsalz- 
ldsung in die Brustmuskeln injiziert. Aber trotz der groBen Quantitat 
des injizierten Virus blieb das Huhn vollkommen gesund (Exper. 35). 

Es beweisen die Exper. 33 und 34, daB das Virus auch bei Ver- 
abreichung durch die Mundhohle eine Infektion hervorzurufen vermag. 


Unsere Experimente mufiten l&ngere Zeit hindurch (mehr als 5 Mo- 
nate) in diesem Stadium verbleiben, weil wir keine anderen Turdidae und 
Falken zur Verffigung hatten. Wir hofften allerdings, daB das in geeig- 
neter Weise, d. h. in Pasteurschen Pipetten in kalten und finsteren 
Lokalitaten aufbewahrte Virus uns die Fortsetzung der Beobachtungen 
erlauben wttrde; wir hofften dies aus Analogiegriinden, weil namlich das 
Virus des exsudativen Typhus der Hiihner nach Experimenten, die wir 
dem nach st veroffentlichen werden, mehrere Monate lang zu widerstehen 
vermag, wenn dasselbe in der angegebenen Weise konserviert wird. 
Wir fanden aber, daB das Blut, obwohl es anscheinend gut konserviert 
war, seine Aktivitat als echtes Virus vollstandig eingebfiBt hatte. Denn 
von zwei jungen Falken (Exper. 36 u. 37), von denen wir am 24. Juni 
1902 dem einen 1 ccm, dem anderen 0,35 ccm einer verdiinnten L6sung 
von Blut (1:3) in physiologischer Kochsalzlosung von der oben ge- 
nannten Eule (Strix bubo) injizierten, starb der erste nach 6, der zweite 
nach 12 Stunden, unter Intoxikationserscheinungen (Erbrechen, Er- 
schopfung u. s. w.), welche unmittelbar nach der Injektion auftraten und 
bis zum Tode andauerten. Die Nekroskopie ergab bei den Falken 36 
und 37 keine nennenswerten LBsionen. Zwei andere Falken von dem- 
selben Neste, denen bloB ein Tropfen des Blutes derselben Eule beige- 
bracht wurde, zeigten hingegen gar keine Reaktionserscheinungen. 

Das Blut der Falken No. 36 und 37 erwies sich nicht als pathogen 
fflr andere Tiere derselben Art. Seine Aktion wurde also zu einer toxi- 
schen reduziert und zeigte nicht die Eigenschaften eines Virus. 


Obwohl unsere Experimente in vieler Hinsicht unvollkommen sind, 
so haben wir sie doch publiziert, um die Aufmerksamkeit der Bakterio- 
logen auf die Seuche der Turdidae zu richten, weil es uns n&mlich 
scheint, daB das Argument weitere Studien, und zwar in sehr ausge- 
dehnter Weise, verdiene. 

Es scheint uns, aus den gemachten Experimenten die folgenden 
Schliisse ziehen zu konnen: 

1) Die lebend gefangene und dann in unserem Laboratorium zu 
Grunde gegangene Amsel hatte eine Infektionskrankheit von der Gruppe 
der SeptikSmieen. Wegen der Aehnlichkeit der L&sionen bei derselben 


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Maggiora u. Valenti, Geber eine infektiOse Krankheit beim Genus Turdus. 335 


mit denjenigen Liisionen, welche bei den tot aufgefundenen und bei den 
experimentell infizierten Vogeln angetrofFen wurden, kann man schlieBen, 
daB es sich um eine seuchenartige Infektion handelte. 

2) Das spezifische Virus, obwohl es im Blute bestimmt vorhanden 
war, konnte mit dem Mikroskope nicht nachgewiesen und auch nicht 
auf den kfinstlichen Nfihrsubstraten kultiviert werden; es geht jedoch 
durch den Berkefeldschen Filter hindurch, und zwar nicht als toxische 
Substanz, sondern als wirkliches Virus, das sich zu vermehren und pra- 
disponierte Tiere zu infizieren vermag. 

3) Von den uns zur Verffigung gestandenen Tieren erwiesen sich 
ansteckungsf&hig nebst der Amsel der Falke und die Eule, weniger die 
Spatzen und die Tauben; das Huhn, das Kaninchen, das Meerschwein- 
chen, die weiBe Maus erwiesen sich refraktfir. Auch ein Finke blieb 
trotz der Inokulation am Leben. 

4) Infolge der Passagen des Virus durch prfidisponierte Tiere hin¬ 
durch steigerte sich bei diesen die Virulenz desselben. 

5) Die Infektion kann experimentell durch Injektionen kleiner Quan- 
titfiten von Blut Oder von Emulsionen, die man aus den Eingeweiden 
der infizierten Tiere bereitet, iibertragen werden, aber auch auf dem 
Wege des Darmkanales, von der Mundhfihle aus. 


Ueber die Art und Weise, in der die Infektion mit seuchen- 
artigem Charakter unter natUrlichen Bedingungen sich verbreitet, konnen 
wir nichts Bestimmtes aussagen; wir halten es jedoch fiir wahrscheinlich, 
daB auBer dem direkten und indirekten Kontagium dabei der EinfluB 
von Insekten oder von Wtirmern mit im Spiele ist, die als natfirliches 
Substrat fur die Kultur des Virus und gleichzeitig zur Nahrung der 
V6gel dienen oder diese in anderer Weise anstecken konnen. 

Ebensowenig konnen wir mit Bestimmtheit die Frage, die wir uns 
gleich im Beginne stellten, beantworten, ob namlich das Virus, welches 
bei der Infektion der Turdidae wirksam ist, eine pathogene Individuali¬ 
st darstellt, oder ob dasselbe bloB als eine Varietfit des exsudativen 
Typhus der Hfihner, welche sich den angefiihrten Vogelarten adaptiert, 
angesehen werden muB. 

Das Aufeinanderfolgen der Seuchen spricht eher ffir die letztere 
Annahme. Allein wir glauben, daB, abgesehen von der vollstfindigen 
Unschfidlichkeit des Virus der Turdidae gegeniiber den Htihnern, auch 
bei subkutaner Injektion betrachtlicher Quantitfiten oder bei Injektion 
in die Venen eines Virus, das selbst eine stark entwickelte Eule zu in¬ 
fizieren vermochte, und auch abgesehen von der geringeren Resistenz- 
fahigkeit, welche das Virus der Turdidae im Vergleiche mit dem Virus 
der Hfihner bei der Konservierung unter denselben Umstfinden zeigt, 
die geringgradige Virulenz des Virus der Turdidae bei den Spatzen und 
seine Unschadlichkeit beim Finken, wahrend im Gegenteile das Virus 
der hftherartigen Vfigel in hohem Grade pathogen auf die Spatzen und 
im allgemeinen auf kleine Vogel einwirkt, nicht daffir spricht, daB wir 
es mit einer Varietfit des Virus der Hfihner zu tun haben. Es scheint 
uns vielmehr rationeller, anzunehmen, daB es sich um ein besonderes 
Virus handelt und daB das Aufeinanderfolgen der beiden Seuchen bloB 
als eine zufallige Erscheinung aufgefaBt werden muB. 


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336 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Nachdruck verbotcn. 

Studien iiber den Vaccineerreger. I 

Von Prof. H. Bonhoff, Marburg a. L. 

(Schlufi.) 

Die Unmoglicbkeit, pflanzliche Organismen als Erreger der aknten 
Exantheme nachzuweisen, hat bekanntlich dazu geffihrt, nach Proto- 
zoen zu snchen; im Laufe des letzten Jabrzehnts sind zahlreiche 
Arbeiten nach dieser Richtung veroffentlicht, Photogramme wieder- 
gegeben und mehr Oder weniger undeutliche Beschreibungen des ge- 
sehenen Parasiten gedruckt worden. Es ist nicht meine Absicht, an 
dieser Stelle auf die erwShnten Veroffentlichungen einzugehen. Dieselben 
sind von van der Loeff und L. Pfeiffer bis auf Funk und japa- 
nische Autoren so hSufig reproduziert worden, dafi man sie mit Fug als 
bekannt voraussetzen darf. Hier will ich nnr eine eigene Versuchs- 
anordnung kurz beschreiben, die bezweckte, nach der obigen Richtung 
hin ein Weiterkommen zu ermdglichen. Da auch diese Arbeiten mich 
lange Zeit beschaftigt haben, wird es erlaubt sein, den bei dem Vor- 
gehen leitenden Gedanken wenigstens in Kttrze mitzuteilen. 

Bei Versuchen, einzellige tierische Organismen, wie sie in jedem 
Schmutzwasser sich linden, Amdben, Flagellaten, Giliaten, in kfinstlicher 
NShrldsung znr Anreicherung und dann -vielleicht zur Isolierung zu 
bringen, batte ich gesehen, dafi albumosenhaltige NShrboden ohne Salz- 
zusatz und ohne die Extraktivstoffe des Fleisches sich besonders geeignet 
erwiesen, eine Vermehrung der genannten Protozoen herbeizufuhren. 
Neben letzteren fanden sich immer sehr zahlreiche Bakterienarten; aber 
die Gesamtmenge der pflanzlichen einzelligen Gebilde war wesentlich 
geringer als in unseren gebrSuchlichen Nahrmedien, es kam nicht zu 
einer volligen Unterdruckung der Protozoen durch die schnelle Ver¬ 
mehrung und die daraus folgende Beschlagnahme des gesamten NShr- 
materials, vielleicht auch durch Stoffwechselprodukte von seiten der 
Bakterien. DaB es mit Hilfe der verschiedenen Albumosen gelingt, ge- 
wisse Amdben in Symbiose mit nur einer einzelnen Bakterienart zu er- 
halten und in beliebiger Generationszahl auf kiinstlichom NShrboden 
fortzuzuchten, ist durch eine in meiner Abteilung von Zaubitzer an- 
gefertigte und im Archiv ftir Hygiene erschienene Arbeit mitgeteilt 
worden. Ich kann hinzufflgen, dafi auch andere Am6ben und eine 
Ciliatenart sich in Symbiose mit nur einer Bakterienart auf Albumosen 
l&ngere Zeit haben fortzQchten lassen; dafi es mir aber trotz zahlreicher 
Versuche mit amobenhaltigem, vom menschlichen Korper stammenden 
Material, haupts&chlich Dysenteriestfihlen, die Amdben enthielten, auch 
neuerdings niemals gelungen ist, eine Kultur, eine Vermehrung solcher 
Amdben auf kfinstlichem Nahrboden zu erhalten. 

Damals, als ich die Beobachtung der Vermehrung tierischer Gebilde 
auf kiinstlichem Substrat gemacht batte, erschien es nicht aussichtslo3, 
zu versuchen, ob die von verschiedenen Autoren beschrie- 
benen, in dem Pockengrund angeblich vorhandenen 
„Amdben“ nicht ebenfalls durch Symbiose mit irgend 
einer Bakterienart auf albumosenhaltigem NShrboden 
zur Vermehrung gebracht werden kdnnten. Natfirlich mufite 
auch hier der NShrboden nach mancher Richtung hin variiert, es mufiten 


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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I. 


337 


verschiedenste Bakterienarten versucht und das Aussaatmaterial zu ver- 
schiedenen Zeiten der Entwickelung der Pocke und von verschiedenen 
Tierspezies entnommen werden, wenn man den Gedanken in aus- 
reichender Weise verfolgt haben wollte. Ueber den letztgenannten 
Punkt kann ich hinweggehen, er deckt sich mit dem oben bereits Aus- 
gefflhrten. An Bakterienarten sind fast alle in unserer Samtnlung be- 
tindlichen nach und nach durchprobiert worden, also ungef&hr 100 ver- 
schiedene Arten; daneben auch einige Hefezellen und Fadenpilze. Was 
die Variation des Nahrbodens betrifft, so liegt zunachst eine ziemliche 
Anzahl von Albumosen vor, die gepriift werden mufiten. Die von 
Griibler in Leipzig bezogenen, in den Versuchen benutzten Produkte 
der EiweiBverdauung waren: 

Heteroalbumose, Syntonin, Protalbumose, Deuteroalbumose, Pro- 

pepton, Antipepton, Hemialbumose, Amphopepton. 

AuBerdem kamen noch einige k&ufliche Produkte, die zu bakteriologischen 
Versuchen schon mehrfach herangezogen sind, vor allem Somatose und 
NMhrstoff Heyden zur Verwendung. 

Mit der Heranziehung dieser mehr Oder weniger unter sich ver¬ 
schiedenen PrSparate, die also auch allein fflr sich in Losung zur Ver¬ 
wendung kamen, war die Mdglichkeit der Variation des Nahrbodens 
keineswegs erschopft. Die Hauptsache erschien mir vielmehr, diese 
Albumosen mit menschlichen Oder tierischen Korpersaften in verschie¬ 
denen Verhaltnissen zu mischen, um so am ehesten eine Gewahr far 
eine moglichst die Vermehrung der Parasiten begUnstigende Zusammen- 
setzung zu erhalten. Selbstverstandlich muBte auch hier stets das 
Korpermaterial von nicht immunen Individuen stammen. Blutserum 
vom Menschen (Placentarblut) und Kalbe, ferner Alkaliextrakte des Blut- 
kuchens, in ahnlicher Weise hergestellt, wie oben fttr die Extrakte der 
wichtigsten Korperorgane angegeben, stellen die hauptsachlich in Betracht 
gezogenen Zusatze zu den genannten Albumosen oder die Ldsungsmittel 
fur dieselben dar. 

Jedes Nahrmaterial wurde lfingere Zeit, bis zu 14 Tagen, auf- 
bewahrt und jeden zweiten Tag genau untersucht. Auch der Moglich¬ 
keit der Anaerobiose, des Wachstums nur bei einer der Hauttemperatur 
naher liegenden Warme von etwa 32° C, der eventuellen Schadigung 
der Parasiten durch auch nur kurz dauernde Abkflhlung in dem Sinne, 
daB sie dadurch die Fahigkeit der Vermehrung auf kflnstlichem Nahr- 
boden verl6ren — ein sehr unwahrscheinlicher Umstand, wenn man die 
hohe Resistenz des Pockenvirus gegen alle m5gUchen Schadigungen be- 
denkt — ist Rechnung getragen worden. 

In den flttssigen Nahrboden, die neben Albumosen menschliches 
oder tierisches Blut, nicht Serum allein, sondern auch die Blutkttrperchen, 
und keinen Salzzusatz enthielten, habe ich kurze Zeit geglaubt, Gebilde 
zu erhalten, die kdrperfremdes Material darstellten. Wenn man zu einem 
kochsalzfreien, aus 1 Proz. Somatose oder „Heyden“ bestehenden Nahr¬ 
boden Blut aus der eigenen Fingerbeere oder Saugetierblut steril zufflgt 
in Mengen von ca. 5—10 Tropfen auf etwa 5 ccm, das Rohrchen in den 
Bratschrank fttr 2—24 Stunden einstellt und nach den angegebenen 
Zeitraumen mit einem Tropfen der sich infolge der Hypisotonie der 
Losung sofort lackfarben prasentierenden Hamoglobinflttssigkeit mikro- 
skopische Praparate herstellt, die nach Fixation durch absoluten Alkohol 
mit 1-proz. wasseriger EosinlOsung gefarbt werden, so bekommt man 
Bilder, die mit das Schonste darstellen, was man an Artefakten sehen kann. 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 22 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4. 


Das Discoplasma der Erythrocyten ist vielfach in Scheibenform er- 
halten und hat auch den Farbstoff in mehr oder weniger abgeschwfichtem 
Mafie anfgenommen. Von einzelnen der Erythrocyten gehen feine Fort- 
s&tze von sehr verschiedener Lange aus, zuweilen in Einzahl und dann 
meist kurz, zuweilen mehrere von enormer LSnge, wobei das Blut- 
kfirperchen selbst sehr viel kleiner geworden ist. Die LSnge der etwa 
im Durchschnitt 1 /< dicken Forts&tze kann das Vierfache und noch mehr 
des Durchmessers eines normalen roten BlutkSrperchens betragen. Alle 
diese Dinge sind lange bekannt und oft beschrieben, haben auch schon 
oft genug zu Irrtfimern Veranlassung gegeben. Eine Eigentfimlichkeit 
aber scheint mir noch nicht in der Prfignanz beobachtet zu sein, wie 
ich sie so oft in meinen Prfiparaten gesehen habe. Es gibt n&mlich 
darin eine betr&chtliche Anzahl freier FortsStze sehr verschiedener 
LSnge und dieselben haben an einer Oder mehreren Stellen 
ganz deutliche kugelige oder eifdrmige Verdickungen, so 
daB derartige Gebilde, besonders wenn die dickeren Stellen an dem 
freien Ende der FSden liegen, im hdchsten Grade Aehnlichkeit mit den 
Mikrogameten der Malariaparasiten besSfien, wenn sie eben nicht acidophil 
wSren. 

Auch im hSngenden Tropfen kann man derartige freie FortsStze des 
Protoplasmas der Erythrocyten mit den verdickten Stellen, manchmal 
nur als ganz schattenhafte Gebilde, zuweilen aber sehr viel deutlicher 
hervortretend als die Schatten der Erythrocyten selbst, ganz gut er- 
kennen. Ich habe sogar einige Male eine zweifellose langsam gleitende 
OrtsverSnderung an diesen freien FSden beobachtet, die durch Strdmungen 
der Flussigkeit nicht bedingt waren, da kleine in nSchster Nahe der 
FSden liegende Gebilde, Kornchen, Schatten von Poikilocyten, ihren Ort 
bewahrten. Seitliches Ausschlagen der FSden kann man aufierdem sehr 
oft beobachten. 

Es ist selbstverstSndlich, daB es sich bei den fraglichen Gebilden 
um nichts anderes handelt, als urn Teile des Discoplasmas der Erythro¬ 
cyten, die sich von dem Zellleibe losglost hatten, wahrscheinlich kurz 
bevor der Tod des lebenden Protoplasmas durch Inanition eintrat Zu¬ 
weilen schien der ganze Zelleib in eine grSfiere Anzahl solcher Faden 
sich aufzuldsen. Irgend welche pathogene Bedeutung kommt diesen 
Dingen natflrlich nicht zu, da man sie jederzeit aus jedem menschlichen 
und SSugetierblut erzeugen kann. Wer sich daffir interessiert, zu er- 
fahren, wie oft derartige Gebilde bereits zu Irrtflmern Veranlassung 
gegeben haben, den bitte ich, den Vortrag von Kollmann, Leipzig 
auf dem X. international KongrcB zu Berlin 1891 (Verhandlungen II. 
5. p. 64—66) fiber Pseudomikroben des normalen menschlichen Blutes 
zu lesen. Man wird erstaunt sein, zu sehen, welch ausgezeichnete Namen 
sich unter den dem Irrtum verfallenen Autoren befinden. 

Ueber das Resultat der Versuche, die „Amoben“ der Vaccine- 
pustel durch Symbiose mit Bakterien auf den beschriebenen Nfihrboden 
zu zfichten, kann ich mich in zwei Worten aussprechen: vdllig negativ. 
Auch nicht einmal ein Ansatz zu irgend etwas anderem als Bakterien- 
wachstum hat sich auffinden lassen. Wenn die Erreger der Kuhpocken 
„Am8ben“ sind, so gehfiren diese Amdben zu denen, die streng para- 
sitisch veranlagt sind und auf kfinstlichem Substrat versagen. 

Aber es liegt meines Erachtens vorlfiufig ein zwingender Grund 
fiberhaupt nicht vor, niederste tierische Lebewesen als Erreger der 
Vaccine anzuschuldigen. DaB wenigstens die Eigenschaften der bisher 


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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I. 


339 


bekannt gewordenen verschiedenen Protozoen, der Rhizopoden und In- 
fusorien so gut wie der Sporozoen, als Analogs fflr die Qualit&ten der 
unbekannten Krankheitserreger nicht dienen kdnnen, darf wohl mit 
Sicherheit angenommen werden. Weder die Mast- oder Fettzellen oder 
die degenerierten Epidermiszellen der Haut, die als sporengefflllte 
Rapseln beschrieben sind, noch die Guarnierischen Korperchen haben 
die wissenschaftliche Welt zu flberzeugen vermocht. Dafi letztere mit 
AmOben gar nichts gemein haben, dafi der Mangel jeder Entwickelung 
bei ihnen gegen ihre Einreihung unter die Rhizopoden spricht, ist durch 
HQckel deutlich genug ausgesprochen. Wenn es sich um Gebilde 
handelte, die einen Entwickelungscyklus etwa in flhnlicher Weise auf- 
wiesen, vie die Malariaparasiten oder die von Schaudinn und Sied- 
lecki genau beschriebenen Coccidien, Adelea ovata und Coccidium 
Schneideri, so wiirde es den vereinten Bemahungen von Zoologen und 
Medizinern lflngst gelungen sein, grofiere Klarkeit zu schaffen. Neuer- 
dings ist nun aber auch der Hauptgrund fflr die Inanspruchnahme der 
Guarnierischen Korperchen als Vaccineerreger, ihre Spezifit&t, wieder 
fraglicher geworden. Sikowsky behauptet, ganz die gleichen Gebilde 
auf der Hornhaut von Kaninchen mit erhitzter Lymphe, mit Kaninchcn- 
serum und mit Diphtheriegift erhalten zu haben. Da bezflglich erhitzter 
Lymphe ein negatives Resultat v. Wasielevskis bereits vorliegt, wird 
man eine Bestatigung der Angaben Sikowskys abzuwarten haben. 
Aber auch wenn dieselbe ausbleiben sollte, ist eine absolute Spezifitftt 
der Guarnierischen KOrperchen fflr Vaccine nicht erwiesen, da vor- 
l&ufig der Angabe E. Pfeiffers, dieselben Gebilde nach Impfung von 
luetischen Produkten erzeugt zu haben, meines Wissens wenigstens von 
keiner Seite entgegengetreten ist. 

Nehmen wir aber selbst an, die spezifische Bedeutung der Guar¬ 
nierischen Kflrperchen fflr Vaccine und Variola werde sichergestellt, 
so scheint der Schlufi, dafi diese Gebilde auch nur mit Wahrscheinlich- 
keit als Erreger der genannten Krankheit anzusehen seien, nach dem 
vorliegenden Tatsachenmaterial durchaus unberechtigt. Will man sie 
nicht als Leukocyten oder Zerfallsprodukte solcher deuten, so bleibt die 
Mdglichkeit, dafi diese Gebilde nichts anderes sind als Ver&nderungen 
des Protoplasmas der Cornealepithelien, hervorgerufen durch die Wirkung 
des aus irgend einem Grunde unsichtbaren eigentlichen Krankheits- 
erregers. 

Mit dem bisher Geschilderten sind die von mir eingeschlagenen 
Richtungen der Untersuchung nicht erschdpft Nicht immer ist soviel 
Zeit und Mflhe dabei notig gewesen, wie in den drei eben mitgeteilten 
Stichproben. Oft war das Aufgeben des Weges schon nach kflrzerem 
Marsche geboten. Ich will auf alle diese anderen Abwege jetzt nicht 
und niemals eingehen. Im folgenden will ich vielmehr diejenige Methode, 
nnd nur diese, beschreiben, welche mir jetzt geeignet erscheint, in das 
Dunkel, das fiber der Aetiologie so zahlreicher Infektionskrankheiten 
liegt, etwas mehr Licht zu bringen. 

Die Ueberzeugung batten mir meine bisherigen Versuche gebracht, 
dafi man von einer Vermehrung der Parasiten auf kflnstlichem Substrat 
zun&chst werde ganz absehen mflssen. Es blieb die Mdglichkeit, auf 
natflrlichem Material, also dem lebenden Korper, eine Vermehrung 
der Krankheitserreger, natflrlich in anderer Weise als bisher, also nicht 
in den Zellen der Oberhaut, zu versuchen. 

22* 


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440 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4 

Dieser Gedanke ist seither bereits in einigen Experimenten von 
anderer Seite, allerdings zum Toil bei anderen Affektionen, zu Tage 
getreten. Man hat aufgehdrt, in der Tatsache der Nichtzilchtbarkeit auf 
kflnstlichem Nahrboden eine unilbersteigliche Schranke fflr unsere weitere 
Erkenntnis auf dem Gebiete nichtbakterieller und nichtprotozoischer 
Erankheitserreger zu erblicken. Das Leitmotiv ist dabei meist in der 
Anschauung zu finden, daft, wie Pflflger wohl zuerst ausgesprochen 
hat, „lebendes u EiweiB den streng parasitisch veranlagten unbekannten 
Infektionserregern angeboten werden mflsse, wenn man eine Vermehrung 
derselben erleben wolle. Was man sich unter „lebendem“ EiweiB vor- 
zustellen hat, ist dabei nicht ganz leicht zu sagen. Wahrscheinlich soli 
damit nur dokumentiert sein, daB ein wesentlicher Unterschied in der 
Nahrf&higkeit fttr Parasiten und wohl auch in der Zusammensetzung bei 
dem funktionierenden Protoplasma einerseits und dem in den K8rper- 
flflssigkeiten haupts£chlich vorhandenen Zerfalls- und Abnutzungs- 
produkten andererseits besteht. 

Um das n&chstliegende Beispiel zuerst anzuffihren, so hat Schiiller 
in seinen Untersuchungen tiber die Aetiologie des Garcinoms und Sar- 
koms sich in empfehlenswerter Weise des die Geschwiilste umgebenden 
normalen Gewebes als Nahrbodens fflr seine Parasiten zu bedienen ver- 
sucht. Ob der Versuch erfolgreich war, steht vorlaufig noch dahin. 
Schtiller selbst gibt bekanntlich an, dafi er eine betr&chtliche Ver¬ 
mehrung des geschwulsterzeugenden Fremdkorpers gesehen habe. Jeden- 
falls ist das Verfahren nur fiir bestimmte Falle an wend bar, es wflrde bei 
Vaccinepusteln z. B. wegen der unvermeidlichen Bakterieneinwanderung 
einen Fortschritt nicht bedeuten. 

Eine weitere Methode, sich „lebenden“ Eiweifies zu bedienen, besteht 
in der Verwendung des von Nocard und Roux bei der Ztichtung 
des Erregers der Lungenseuche des Rindes mit Erfolg angewendeten 
Collodiumsackchens, das unter alien Kautelen in die Bauchhdhle von 
Tieren, z. B. Kaninchen, gebracht wird, welche eine auf nattlrliche Weise 
erlangte Immunitat gegen die betreffende Erkrankung besitzen. „In der 
Voraussetzung, daB die Immunitat auf der Zerstorung der Krankheits- 
erreger durch die Phagocyten beruhe, brachten jene Forscher das Virus, 
um es der Wirkung der Zellen zu entziehen, in Collodiumsackchen ge- 
htillt, Kaninchen in die Bauchhohle. Kurze Zeit darauf konnten sie in 
den mit- der Lymphe des Eaninchens durchtrankten Sackchen die Ent- 
wickelung winziger Bakterien konstatieren, welche die spezifischen Er- 
reger der Lungenseuche . . . darstellen x ).“ Ich habe in zweimaligem 
Experiment versucht, ob dieses Verfahren sich zur Ztichtung des Vaccine- 
erregers auf lebendem Substrat eignet, habe dazu allerdings nicht 
Kaninchen, sondern Meerschweinchen benutzt. Das Resultat war in 
diesen beiden Fallen, in denen das Sackchen 6 Tage in der Bauchhdhle 
der Meerschweinchen verblieb, negativ. Dasselbe negative Resultat 
haben bei Kaninchen franzdsische Forscher gehabt (Calmette und 
Guerin. 1901). Wenn ich sobald davon abgestanden bin, diesen Weg 
weiter zu begehen, so haben mich dazu sehr einfache theoretische Er- 
wagungen verleitet. Ich bin nicht der Ansicht, daB nur durch Phago- 
cytose ein Absterben von Keimen im lebenden Organismus eintreten 
kann. Ich glaube vielmehr, daB auch durch Sekretion von seiten der 
Leukocyten und vielleicht noch anderer Zellen bakterientotende Sub- 


1) Metschnikoff, Immunitat. p. 451/52. 


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Bonhoff, Studien fiber den Yaccineerreger. I. 


341 


stanzen in die Korpers&fte iibergehen und daB durch diese in der Mehr- 
zahl die Frage entscbieden wird, ob der Krankheitskeim haften, sich 
vermehren kann oder nicht. Das KollodiumsSckchen schutzt gewifi vor 
Phagocyten; es schfltzt nicht yor den durch Diffusion in das Innere des 
S&ckchens gelangenden, in den KOrpersflften in Ldsung vorhandenen 
Stoffen, auf deren Bedeutung und Herkunft ich noch weiter unten zurflck- 
zukommen genbtigt bin. Der Kern des Problems wird durch das 
Kollodiumsackchen nicht getroffen. 

Dazu kommt, daB ftir meinen Fall die Methode gewisse, nicht gerade 
unflberwindbare, aber immerhin unangenehme Schwierigkeiten mit sich 
fflhrte, die hauptsachlich in der Erschwerung der taglichen oder noch 
ofteren Untersuchung des Inhalts des Sflckchens durch das Mikroskop 
und durch Impfung auf das Kalb bestand. Es hatte fur jeden einzelnen 
Versuch eine betrachtlichere Anzahl von Tieren herangezogen werden 
mtissen. Dazu kam die stetige Gefahr der Infektion der Bauchhohle 
von dem Darm aus oder bei den Manipulationen der Impfung, kurz, ich 
habe mich nicht veranlafit gesehen, auf die Methode noch einmal zurflck- 
zugreifen, zumal ich der Ansicht war, dafi alle diese Schwierigkeiten auf 
andere Weise umgangen werden konnten. 

Fflr eine Qberzeugendere Klarlegung der unbekannten Aetiologie 
der Vaccine schien es notwendig, eine Methode zu linden, die die Ver- 
mehrung des Vaccinekeimes auBerhalb eines geschlossenen 
Zellsystems, ja wombglich auBerhalb der eigentlichen 
Korperzellen gestattete. Wenn auch die Entwickelung, die mut- 
maBlich vorhanden war, nicht ganz auBerhalb aller kdrperlichen Elemente 
abzulaufen brauchte, so muBte doch in einem oder in mehreren Momenten 
eine betrachtliche Anzahl sicbtbarer oder unsichtbarer kflrperfremder 
Gebilde auBerhalb der KSrperzellen sich nachweisen lassen. Wenn es 
gelang, mit solchen tierischen Fltissigkeiten echte Pocken bei K&lbern 
zu erzeugen zu einer Zeit, wo die Qbergeimpften Pockenkeime nach 
Kontrollversuchen sicher verschwunden waren, oder in solcher Ver- 
dflnnung, daB die Wirkung der Pockenerzeugung nicht auf die ursprflng- 
lich ubergeimpften Erreger zuruckzufflhren war — so war nach meiner 
Ansicht nicht nur ein neuer Weg fur die Beantwortung der Frage er- 
flffnet, was ftir Elemente die Ursache der Vaccine seien; es war damit 
meines Erachtens auch eine Methode gegeben, mit der es 
mutatis mutandis gelingen muBte, die noch unbekannten 
Erreger der Masern, des Scharlachs, der Syphilis und 
vielleicht noch anderer Infektionskrankheiten in fihn- 
licher Weise zur Vermehrung zu bringen, d. h. zu zflchten, 
wenn man so will, auch in „Reinkulturen u . Und es war moglich, alle 
diejenigen Untersuchungen mit dem betreffenden Material anzustellen, 
welche der heutige Stand der parasitologischen Wissenschaft nahe legt 
Ein so exakter Beweis, wie ihn die Moglichkeit der Zflchtung auf kunst- 
lichem N&hrboden zu liefern erlaubt haben wttrde, lag dann freilich 
nicht vor. Aber es schien, dafi man berechtigt sei, sich mit dem eben 
Aufgez&hlten zu begnllgen, zumal ja bei einer Reihe als Krankheits- 
erreger anerkannter Parasiten, z. B. den H&mam&ben der Malaria, von 
einer Vollst&ndigkeit, wie ich sie fur den Nachweis des Pockenerregers 
erstrebte, noch heute in einigen Punkten abgesehen wird. 

Wenn tierische S&fte als N&hrfliissigkeit fflr die Vermehrung der 
Parasiten dienen sollten, so muBte zunflchst die Frage beantwortet 
werden, ob nicht die Flflssigkeit als solche ungeeignet erscheint, ob die 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4 


Parasiten nicht eben Zellschmarotzer sind, die nur im Inneren von Zellen 
die Bedingungen ihrer Entwickelung finden. Es ist ohne weiteres zu- 
zugeben, dafi der letztere Punkt allein der entscheidende sein kann; 
dafi also die Vaccinekeime sich nur innerhalb lebender Epidermiszellen 
zu vermehren vermogen. In diesem Falle sind alle unsere weiteren Be- 
milbungen iiberfiflssig. — Es kann weiter die Sachlage derart sein, dafi 
die Vaccineerreger wenigstens des moglichst unverfinderten Inhalts der 
Epidermiszellen zu ihrer Vermehrung bedfirfen. In letzterer Beziehung 
darf ich an das erinnern, was ich oben fiber rneine Mifierfolge bei Be- 
nutzung eines Nfihrbodens mitgeteilt habe, der aus zerriebenen Epidermis¬ 
zellen des Kalbes und Kfilberserum bestand. Indessen von anderer Seite 
liegen Beobachtungen vor, nach denen wenigstens eine begrenzte Ver¬ 
mehrung der Vaccinekeime in derartigen Nfihrboden festgestellt worden 
ist Noch jfingst hat Ishigami mitgeteilt, dafi ihm eine Zfichtung 
der Vaccineerreger bis zur 3. Generation in derartigen Nfihrbfiden ge- 
glfickt sei. Auch die von Freyer festgestellte Tatsache, dafi man die 
Vaccineerreger innerhalb 3—4 Wochen nach erfolgter Impfung im Blute 
nachweisen kann, scheint mir gegen solchen strengen Zellparasitismus, 
bei dem die Parasiten ja meist an eine ganz bestimmte Art von Zellen 
gebunden sind, zu sprechen. 

Ist es also wahrscheinlich, dafi auch flfissige Nfihrbfiden an sich, 
wenn sie nur das richtige Nfihr material enthalten, zur Zfichtung unserer 
Parasiten geeignet sind, so bliebe die Notwendigkeit, nach denjenigen 
anderen Ursachen zu suchen, die ffir die ausbleibende Vermehrung der 
Vaccinekeime nach der 3. Generation, aber eventuell auch ffir ein Ab- 
sterben derselben in den Saften des lebenden Organism us verantwortlich 
zu machen sind. Im folgenden mfichte ich einer Ueberlegung Ausdruck 
geben, die mir geeignet erscheint, eine solche Ursache ffir das Aufhdren 
der Vermehrung der Euhpockenerreger auszuschalten. 

Wenn man Versuchstieren subkutan oder in eine Kfirperhfihle wirk- 
same Lymphe beibringt, wird man, wie bekannt ist, finden, dafi von 
einer Entwickelung des Krankbeitserregers keine Rede ist, dafi derselbe 
vielmehr schon nach kurzer Zeit an der Stelle nicht mehr vorhanden ist, 
der er auch in grfifieren Mengen einverleibt wurde. Durch mehrfach 
wiederholte Versuche habe ich feststellen kfinnen, dafi Vaccineerreger, 
die dem Kaninchen subkutan am Ohre beigebracht werden, sich zwar 
in dem nach 24 Stunden der Impfstelle entnommenen Material noch 
eben nachweisen lassen, fibrigens nicht immer, nur in der Mehrzahl der 
Falle; dafi aber in dem nach 48 Stunden derselben Impfstelle ent¬ 
nommenen Material nur selten noch Pustelerreger vorhanden sind und 
dafi sie am 3. und 4. Tage regelmfifiig fehlen. Die Lymphe war dabei 
in Schwfimmchen aufgesogen, die subkutan am Ohre in nachher genauer 
zu beschreibender Art untergebracht waren. Da mir die Moglichkeit 
nicht ausgeschlossen erschien, dafi mit dem nach 24 und 48 Stunden 
aus dem Schwfimmchen ausgedrfickten Material eben die Gesamtheit der 
Parasiten entfernt sei, habe ich in einem Versuche dem geimpften Tiere 
erst am 3. Tage, einem zweiten geimpften Tiere erst am 4. Tage nach 
Einschiebung des Lympheschwfimmchens zuerst etwas ausgedrfickt, in 
Kapillaren aufgesogen und auf das Kalb verimpft. Dabei haben sich 
Pusteln fiberhaupt nicht entwickelt. Doch ist in einem der drei Kreuz- 
schnitte, die mit dem Material vom 3. Tage geimpft waren, es an dem 
einen Ende eines Schnittes zu einer kleinen infiltrierten Rfitung, die 
schliefilich Stecknadelkopfgrfifie erreichte, gekommen. 


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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I. 


343 


Was ist aus den Parasiten im Subkutangewebe der Kaninchen in 
dieser Zeit geworden? Wir konnen nur annehmen, dafi entweder an 
der Impfstelle, was bei unserer Art der Impfung wohl allein zutrifft, 
oder in inneren Organen eine Abtdtung derselben stattgefunden hat, in 
Shnlicher Weise, wie Bakterien im unempf&nglichen Organismus ab- 
getotet werden. Allerdings ist das Kaninchen gewifi nicht zu den ffir 
Vaccine ganz unempf&nglichen Tieren zu z&hlen. Darauf wird sp&ter 
noch einmal zurfickzukommen sein. Wahrscheinlich ist die Invasions- 
pforte bei subkutaner Impfung des Materials eine so ungfinstige, dafi es 
zu einer wirklichen Infektion des Tieres, zur ausgiebigen Vermehrung 
der Parasiten im Kdrper nicht kommen kann, sei es nun, dafi die end- 
gfiltige Vernichtung am Orte der Impfung oder in den inneren Organen 
stattfindet 

Ueber die bei dieser Vernichtung eine Rolle spielenden Faktoren 
wird man am besten klar sehen, wenn man die Verh&ltnisse kurz ins 
Auge fafit, die bei Abtdtung der Bakterien von ausschlaggebender Be- 
deutung sind. Toxische Wirkungen der unbekannten Infektionserreger, 
derart, wie wir sie beim Diphtherie- und Tetanusbacillus, beim Bac. 
botulinus kennen, auch etwaige die Toxizit&t paralysierende Antitoxine 
des Blutes sind uns ja bisher nicht bekannt geworden. Es ist mit 
grofier Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dafi dieselben Gewalten, welche 
die Ursache der Baktericidie des Organismus sind, auch bei der Ab¬ 
tdtung der unbekannten Infektionsstoffe mitwirken. Zur Bekr&ftigung 
dieser Behauptung genfigt es, auf die Arbeiten von Bdclbre, Chambon 
und Mdnard in den Annales Pasteur. 1896,1898, 1899 hinzuweisen. Die 
Autoren haben unter anderem gezeigt, dafi das Blutserum von F&rsen, 
Pferden und das des Menschen, falls dieselben die Vaccine- oder Variola- 
impfung fiberstanden haben, nach etwas verschieden langer Zeit „viru- 
licide“, d. h. das Virus der Vaccine bezw. Variola auch in vitro abtdtende 
Eigenschaften erhfilt 

Bezfiglich der Abtdtung von Bakterien nun im lebenden Kdrper 
darf man wohl das Folgende als von fast alien Seiten anerkannt be- 
trachten: Es sind, wenn wir hier von der Phagocytose absehen, in den 
Sfiften des Kdrpers antiparasit&re Substanzen geldst vorhanden oder sie 
erscheinen im Momente der Infektion, fiber deren Natur wir im Laufe 
der Zeit gewisse Aufschlfisse erlangt haben. Die eine Komponente 
dieser Substanzen wird durch Erhitzen auf 55—60° C w&hrend einer 
halben Stunde zerstdrt, ebenso durch starke Verdfinnung mit Wasser, 
durch mehrt&giges Stehen bei 37° C, durch mehrwdchentliches bei 
Zimmertemperatur. Die Ausf&llung dieser Substanz gelingt nicht mit 
absolutem Alkohol, wohl aber mit konzentrierteren Salzlosungen (Natrium- 
sulfat). Die zweite Komponente ist wesentlich bestfindiger gegenfiber 
der Erwfirmung und Verdfinnung, sie h&lt sich fiber Jahre unverfindert 
oder nur wenig abgeschwficht. Beide sind den Eiweifikdrpern nahe- 
stehende, kompliziert gebaute Substanzen, fiber deren chemische Kon- 
stitution wir noch so gut wie gar nichts wissen. Nennen wir diese 
Substanzen (mit Ehrlich) die erste Komponente Kompleinent und die 
zweite Zwischenkorper oder Ambozeptor. Auf die fibrigen im Laufe der 
letzten Jahre festgestellten Details hinsichtlich dieser Substanzen braucht 
an dieser Stelle nicht weiter eingegangen zu werden, was urn so erfreu- 
licher ist, als der Streit der Meinungen fiber diese Details noch fast 
tfiglich in den Spalten aller Zeitschriften tobt. 

Uns interessiert hier zun&chst die Frage nach der Herkunft dieser 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Substanzen, fiber die glficklicherweise ebenfalls eine gewiSse Einigkeit 
erzielt ist. Es dfirfte kaum Widerspruch hervorrufen, wenn eine gewisse 
Verwandtschaft derselben mit den Nuklelnen, den Kernsubstanzen der 
KOrperzellen behauptet wird und man sie als Sekretionsprodukte kern- 
haltiger Zellen, die natfirlich auch bei dem Zerfall von Zellen und deren 
Eernen frei werden, ansieht. Diejenigen Zellen, welche hauptsfichlich zur 
Anreicherung von antiparasitfiren Stoffen ini Blute beitragen, sind 
zweifellos die weifien BlutkOrperchen der verschiedensten Art Ist doch 
nicht nnr erwiesen, dafi einerseits Hyperleukocytose und Vermehrung' 
der Baktericidie, andererseits Hypoleukocytose und Verminderung der¬ 
selben meist Hand in Hand gehen; man hat auch durch Abtotung der 
Leukocyten, z. B. durch Gefrierenlassen von Exsudaten, eine Vermehrung 
der baktericiden Wirkung derselben, durch Erwfirmung der Leukocyten- 
sekrete auf 60° eine vollige Aufhebung der baktericiden Wirkung erzielt. 
Wenn auch die Leukocyten vielleicht nicht die einzigen Produzenten der 
baktericiden Substanzen sind, einen betr&chtlichen Anteil an der Er- 
zeugung derselben werden wir ihnen gewifi zusprechen dfirfen. 

Auch ffir die Abtotung der in den Kaninchenkorper durch kfinst- 
liche Impfung eingeffihrten Vaccineerreger, wahrscheinlich auch ffir die 
ausbleibende Vermehrung in spfiteren Generationen kfinstlichen Nfihr- 
materials, das ja fast immer zum Teil wenigstens aus Blutserum Oder 
verwandten Stoffen bestand, wird man die in den normalen KOrpersfiften 
fertig vorhandenen „viruliciden“ oder „parasiticiden“ Substanzen in erster 
Linie verantwortlich machen. Wenn man im stande wfire, diese 
Substanzen auszuschalten, wfirde vielleicht eine Ent- 
wickelung der Krankheitserreger im TierkOrper, sowie 
vielleicht auch auf kfinstlichem Substrat zu erreichen 
sein. Es lag also nahe genug, den Versuch zu machen, zun&chst einmal 
dem tierischen Organismus die F&higkeit der Abtotung der Vaccine¬ 
erreger durch antiparasit&re Substanzen zu nehmen. Und es erschien 
von vornherein weit leichter, besonders bei dem heutigen Stande unserer 
Kenntnisse, einem Organismus eine natfirliche Widerstandsfthigkeit zu 
rauben, als etwa einem disponierten Korper Schutz gegen eine bestimmte 
Erkrankung zu verleihen. 

Die folgende Besprechung besch&ftigt sich nur mit der Ent- 
wickelung im lebenden TierkOrper, gar nicht mit der Ver¬ 
mehrung auf totem Substrat. 

Durch Erzeugung einer Hypoleukocytose, durch Schw&chung des 
KOrpers mit Blutentziehungen oder durch schlechte Ernfihrung, auch 
durch Ueberanstrengungen oder Erschwerung der W&rmeregulation; 
ferner durch Bindung eines Teiles der antiparasitfiren Substanzen ver- 
mittelst chemischer Gifte Oder anderer Korper organischer Art (Chloral, 
Aleuronat) oder vermittelst Bakterien oder Bakterientoxine (Diphtherie- 
gift) ist man in der Lage, eine erhdhte Disposition ffir einzelne Infek- 
tionen herbeizuffihren- Vielleicht wfirde auch eine Erhohung der Dis¬ 
position ffir Vaccine bei Versuchstieren auf einem dieser Wege Oder 
durch Kombination einiger derselben zu erreichen sein. 

Aussichtsreicher und dem Stande unserer Kenntnisse mehr ent- 
sprechend erschien es, den Versuch zu machen, die parasiticiden Sub¬ 
stanzen direkt anzugreifen bezw. zu binden dadurch, dafi man mit der 
Lymphe zugleich Antikorper der die Erreger abtdtenden Substanzen 
einverleibte. Wie es gelungen ist, Antihfimolysine zu erzeugen, die die 
Wirkung der Blutgifte aufzuheben vermogen, so konnte es auch mdglich 


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Bonhoff, Studien liber den Vaccineerreger. I. 


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sein, antiparasiticide Substanzen zu gewinnen, die zusammen mit der 
Lymphe dem Tierkfirper einverleibt, die Wirkung der in den Kfirper- 
sfiften vorhandenen Parasitolysine aufhoben und damit den Vaccine- 
keimen eine ausgiebige Vermehrung ermdglichten. Dabei konnte man 
Antikorper und Lymphe entweder gleichmafiig im ganzen Korper ver- 
teilen Oder beide an einer Stelle subkutan fixieren. Letzteres erschien 
besseren Erfolg zu versprechen, weil es leichter sein muBte, die suppo- 
nierten „Lysine“ lokal als im ganzen Kfirper zu binden. Nach Ehr- 
•lichs Auseinandersetzungen sind theoretisch als Autihfimolysine drei 
verschiedene Antikdrper denkbar, da drei angreifbare haptophore Gruppen 
vorhanden sind, zwei am Ambozeptor und eine am Komplement. Dem- 
nach konnen Antih&molysine entweder Antiambozeptoren Oder Anti- 
komplemente sein. Aufier bei Hamolysinen sind Antiambozeptoren auch 
gegen Gholeraambozeptoren von Pfeiffer und Friedberger erzeugt 
worden. Daraus schopfte ich die Hoffnung, diese Verhfiltnisse auch auf 
unseren Fall ilbertragen zu konnen, obgleich wir vorlfiufig nicht wissen, 
ob auch die virulicide Wirkung des Serums der vaccineimmunen Kfilber 
eine komplexe ist, d. h. auf Vorhandensein von Ambozeptor und Kom¬ 
plement beruht. Eine Tatsache scbeint direkt gegen letztere Annahme 
zu sprechen; die namlich, dafi die virulicide Wirkung des fraglichen 
Serums selbst durch halbstiindiges Erhitzen auf 100° nicht aufgehoben 
wird. Einmai aber handelt es sich dabei um getrocknetes Serum 
und zweitens wissen wir, daB es auch Komplemente von groBerer Warme- 
best&ndigkeit gibt. Ehrlich und Morgenroth haben z. B. im Ziegen- 
serum ein bei 56° nicht zerstortes Komplement gefunden. Es wire also 
durch besondere Versuche erst festzustellen, ob vielleicht das Kom¬ 
plement des viruliciden Serums eine sehr hohe Thermostabilit&t besitzt. 
Jedenfalls konnte diese Ueberlegung nicht hindern, die bei den Hamo¬ 
lysinen und den baktericiden Substanzen festgestellten Verhfiltnisse 
als im groBen und ganzen auch fur die Vaccineimmunitat giiltig an- 
zunehmen. 

Will man also Antiambozeptoren oder Antikomplemente fUr unsere 
Bedingungen immunisatorisch erzeugen, so ist es notwendig, sich iiber 
die Bildung der Ambozeptoren und der Komplemente des normalen 
Serums klar zu werden. Als Bildungsstatte der Cholera- und Typbus- 
ambozeptoren kennen wir die hamatopoetischen Organe, Knochenmark, 
Milz, Lyrophdrfisen. Die hamatopoetischen Organe werden auch fiir 
unseren Fall als Ambozeptorenbildner hauptsachlich in Betracht kommen. 
Indes herrscht bereits fiber die Hinzurechnung der Milz keineswegs 
Einigkeit. Von vielen Seiten wird die Milz als hfimatopoetisches Organ 
sehr niedrig eingeschfitzt. Nach Ehrlich „kann die Bedeutung der 
Milz ffir die Produktion der weiBen Blutkorperchen keineswegs erheblich 
sein; wenn wirklich Zellen von ihr produziert werden, mfissen dies 
kfirnchenfreie sein. Die Milz steht somit in ihrer Funktion in engerer 
Beziebung zum Lymphdrfisensystem als zum Knochenmark. Sicherlich 
bat die Milz zu der gewfihnlichen Leukocytose nicht die geringste Be- 
ziehung“. Die Eigenschaft der Milz als Trfimmerstfitte der verschiedenen 
Blutkfirperchen empfiehlt immerhin, auch mit diesem Organ wenigstens 
einmai einen Versuch zu machen. DaB rote Blutkorperchen von der 
Milz aufgenommen werden und dafi eine Hamolyse derselben vielleicht 
mit die wichtigste Funktion der Milz darstellt, ist lange bekannt und 
neuerdings durch Jaw ein wieder ausdrficklich betont worden; aber 
auch die Zerfallsprodukte der weiBen Blutkorperchen werden nach 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Ehrlich von dern Milzparenchym aufgenommen. Deshalb lohnte es 
sich also vielleicht doch, auch die Milz zu den Versuchen, Antiambo- 
zeptoren zu erzeugen, mit heranzuziehen. 

Die Komplemente sind Zellsekrete, die gewifi zum Teil von den 
Leukocyten stammen. Man konnte also versuchen, mit den Leukocyten 
der zur Ziichtung des Vaccineerregers dienenden Tierspezies bei anderen 
Tieren Antikomplemente zu erzeugen, wie das schon verschiedenen 
Autoren (Wassermann, Ascoli und Riva) gelungen ist. Leuko¬ 
cyten kann man gerade von Kaninchen leicht genug erhalten. Durch 
Weizenkleber, durch sterile Bakterientoxine, durch Glutenkasein, Papayotin- 
losung, zimmtsaures Natron kann man gentigende Mengen in irgend 
einer KSrperhohle des Kaninchens ansammeln und leicht steril gewinnen. 
Wenn ich trotzdem nicht die Leukocyten selbst zur Immunisierung der 
serumliefernden Tiere benutzt habe, so geschah das aus folgenden 
Griinden: Erstens wird wahrscheinlich ein Teil der freien Seitenketten 
der weiBen Blutkdrperchen durch die die Chemotaxis hervorrufende 
Substanz gebunden und dieselben kommen also in dem Korper des zu 
behandelnden Tieres nicht zur Wirkung, zur Erzeugung der betreffenden 
Antikomplemente. Handelte es sich dabei gerade um Rezeptoren, die 
mit den parasiticiden nahe verwandt oder identisch sind, so wird die 
beabsichtigte Wirkung des Serums, welches die Antikomplemente dem 
Kaninchenkorper zufiihren soil, ausbleiben mussen. Zweitens wissen wir 
ja vorlaufig nicht, welche Art von Leukocyten die fiir Vaccineerreger 
parasiticide Substanz, das wirksame Komplement erzeugen; es w&re 
moglich, daB diejenigen, welche durch Aleuronat bezw. die anderen oben 
genannten Stoffe angelockt werden, ganz andere sind als die, welche die 
fiir die Erreger der Vaccine parasiticiden Stoffe sezernieren. Nach 
Ehrlich werden durch Parasiten nur die polymorphkernigen weiBen 
Blutkorperchen positiv chemotaktisch beeinfluBt, den anderen weiBen 
Blutk6rperchen, wenigstens soweit sie aus Lymphdriisen stammen, wird 
die Fahigkeit, auf Parasitenein wan derung durch positive Chemotaxis zu 
reagieren, vSllig abgesprochen. In ahnlicher Weise faBt auch Denys 
die Sachlage auf. Im Gegensatz dazu gibt Metschnikoff an, daB 
korperliche Elemente und Gebilde tierischer Herkunft durch die Makro- 
cyten, die groBen einkernigen Zellen verdaut werden, daB sie nur durch 
„Makrocytase u zu Grunde gehen; w&hrend bakterielle Eindringlinge durch 
die Mikrocytase der polymorphkernigen Leukocyten vernichtet wiirden. 
Metschnikoff ist nun allerdings der Ansicht, daB die Erreger der 
Pocken zu den kleinsten pflanzlichen Gebilden gehoren, die wir eben 
ihrer Kleinheit wegen niemals werden sehen konnen; nach ihm wiirden 
dieselben also doch durch die Mikrocyten vernichtet werden, wodurch 
also wieder zur Immunisierung nur polymorphkernige Leukocyten in 
Betracht k&men. VorlSufig war indessen ein definitiver Beweis fiir die 
Berechtigung der Auffassung Metschnikoffs betreffend die QualitSt 
der Pockenerreger nicht erbracht, wenn mir auch diese Auffassung sehr 
wahrscheinlich war. Es bestand immerhin wegen der Moglichkeit, daB 
es sich auch um tierische Parasiten handeln konnte, die Verpflichtung, 
mit Makrocyten zu immunisieren. 

Um letztere zu erhalten, muBte man sich schon der sie produzieren- 
den Organe bemachtigen und es kam also darauf an, Lymphdriisen zur 
Immunisierung zu verwenden. Dann aber lag es nahe, sich auch des 
die polymorphkernigen Leukocyten erzeugenden Organes zur Produktion 
der Antimikrocytase zu bedienen. Lymphdriisen und Knochenmark sind 


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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. L 347 

also zur immunisatorischen Erzeugung von Antikomplementen benutzt 
worden. 

Gegen die Verwendung von Leukocyten und leukocytenerzeugenden 
Organen allein zur Gewinnung von Antikomplementen lieB sich aber 
noch ein dritter Grund anftihren. Es ist sehr fraglich, ob Leukocyten 
die einzigen Produzenten von Komplement sind; wahrscheinlich ist viel- 
mehr, daB sie eben nur eine Quelle des Verdauungsfermentes sind. 
Waruin sollte es nicht noch andere geben? Warum sollten nicht auch 
andere Korperzellen, vor allem auch fixe Gewebszellen, derartige Sub- 
stanzen erzeugen? Will man einigerraaBen sicher sein, die Gesamtheit 
der in einem Serum vorhandenen Koraplemente zur Gewinnung ent- 
sprechender Antikomplemente zu verwenden, so ist es jedenfalls am 
einfachsten, das frische Serum selbst zur Immunisierung anderer Tier- 
spezies zu benutzen. Uebrigens nicht einmal nur das frische Serum! 
Sind doch auch Komplementoide zur Erzeugung von Antikomplementen 
geeignet! 

Milz, Knochenmark, Lymphdrfisen und das Serum der zur Ziichtung 
der Vaccineerreger zu verwendenden Tierspezies waren also zur Impfung 
anderer Tierarten heranzuziehen. Es muBte nun erwiinscht erscheinen, 
mbglichst nicht nur eine Tierart mit diesen Substanzen zu behandeln, 
sondern mehrere, im System mbglichst getrennt stehende. Durch die 
schbnen Untersuchungen Ehrlichs und seiner Mitarbeiter scheint mir 
die Vielheit der Ambozeptoren und Komplemente des normalen Serums 
mit voller Sicherheit erwiesen. Da es moglich war, daB die zur Ab- 
totung der Vaccineerreger dienenden Ambozeptoren und Komplemente 
des „Zfichtungstieres“ gerade bei der einen, eventuell allein zur 
Immunisierung herangezogenen Tierart keine Rezeptoren fanden, so 
muBten schon aus diesem Gruude mbglichst mehrere Spezies immunisiert 
werden. 

Die verschiedenen auf dem Immunisierungswege erhaltenen Sera 
konnten zun&chst allein ffir sich auf ihre antiparasiticide Wirkung gepriift 
werden; es war aber auch nbtig, Kombinationen zu priifen, einmal derart, 
daB die Sera verschiedener mit dem gleichen Organ etc. immunisierter 
Tierarten miteinander vermischt wurden; zweitens Kombinationen von 
Antiambozeptoren mit Antikomplementen vorzunehmen. 

Die Vielheit der Ambozeptoren und Komplemente des normalen 
Serums, die Wahrscheinlichkeit, daB bis zu einem gewissen Grade auch 
eine Stellvertretung derselben untereinander stattfindet, die hieraus 
resultierende Schwierigkeit, vollwirksame Antiambozeptoren Oder Anti¬ 
komplemente bezw. beides zu erhalten, lieBen wflnschen, daB es mbglich 
sein mbchte, durch irgend ein Verfahren gerade diejenigen Substanzen 
unter der Vielheit der vorhandenen zu fassen, welche den Vaccinekeim 
in den Saften des Korpers vernichten. Am sichersten und zugleich 
leichtesten muBte das dadurch zu erreichen sein, daB man nicht das 
Serum und die Organe normaler Tiere, sondern solcher, die die 
Infektion mit Vaccine fiberstanden haben, verwendete. In 
dem Blutserum solcher sind an sich, wie ja B6clhre, Chambon und 
Mbnard filr zwei Tierarten nachgewiesen haben, etwa vom 14. Tage 
nach der Impfung an gerade diejenigen Stoffe angereichert, welche den 
Erreger der Kalbspusteln vernichten. Auch fiber die Entwickelung der 
Vaccineimmunitat bei Kaninchen sind wir durch die Unteruchungen 
von Calmette und Gudrin unterrichtet (A. P. 1901). Danach tritt 
bei diesen Tieren nach der Hautimpfung und nach subkutaner Impfung 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. AbL Originale. Bd. XXXIV. No. 4. 


der Lymphe die Schutzkraft des Blutes am 6. Tage ein, nach der intra-" 
venosen Impfling schon am 5. Tage. 

Bringt man seiches Immunserum mit Lymphe zusammen, so ist 
schon nach wenigen Minuten die Gesamtheit der in der Lymphe vor- 
handenen Keime vernichtet, wie man durch Abzentrifugieren der Lymphe- 
bestandteile und Verimpfung derselben auf das Kalb erweisen kann. 
Ob auch in der Milz, dem Knochenmark, den Lymphdriisen derartiger 
Tiere spezifische „virulicide tt Stoffe sich bilden, ist wohl noch nicht be- 
kannt, erscheint aber nach unseren Kenntnissen liber die Bildung bak- 
tericider Stoflfe jedenfalls sehr wahrscheinlich. 

Es war also empfehlenswert, neben den Organen und dem Serum 
normaler auch dieselben Stoflfe mit Vaccine etwa 8 Tage vorher ge- 
impfter Tiere zur Immunisierung einer Anzahl von Tierarten zu ver- 
wenden. Es mufite sich zeigen, ob bei den so behandelten Tieren nur 
eine entsprechende Verdiinnung von „viruliciden u Stoffen sich im K5rper 
fand oder ob diese viruliciden Stoffe im stande waren, Antikorper zu 
erzeugen, die dann natiirlich im hdchsten Mafie die F&higkeit besitzen 
muBten, die AbtAtung der Vaccinekeime im K6rper des Ziichtungstieres 
zu verhindern. 

Aus allem bis jetzt Ausgefiihrten geht hervor, von welcher Bedeutung 
die richtige Auswahl des Ziichtungstieres fiir den Ausfall der ganzen 
Untersuchung sein muBte. Da die Gesamtheit der resultierenden Immun- 
sera zugeschnitten war auf diese Tierspezies, die zur Zflchtung des 
Vaccinekeimes dienen sollte, so konnten nicht beliebige andere Tierarten 
nachher zur Ziichtung verwendet werden. Wissen wir doch, daB solche 
Sera immer am kr&ftigsten, zuweilen sogar ausschlieBlich auf die der¬ 
selben Tierspezies angehdrenden Zellen bezw. Losungen wirken. Wie 
aus dem Vorstehenden schon ersichtlich ist, habe ich als Ziichtungstier 
das Kaninchen erw&hlt, und zwar aus folgenden Griinden: Einmal sind 
die Tiere jederzeit leicht zu beschaflfen. Dann kann man betrachtlichere 
Mengen Blut von ihnen erhalten, als von ganz kleinen Tieren. Die in 
Betracht kommenden Organe sind von einigem Volum und in ihrer 
Zusammensetzung hinsichtlich der in ihnen vorkommenden Arten von 
Leukocyten genau erforscht. Und schliefilich ist das Kaninchen zu den- 
jenigen kleineren Laboratoriumstieren zu rechnen, die als empf&nglich 
fiir Vaccine gelten miissen; d. h. es ist anzunehmen, daB die Korper- 
s&fte desselben den Vaccineerregern als N&hrmaterial dienen kbnnen. 
In letzterer Hinsicht betone ich die Tatsache, daB die Hornhaut- 
impfungen Guarnieris und seiner Nachfolger bei Kaninchen aus- 
gefiihrt sind; ich fiihre an, daB Hiiekel ein besonderes Kapitel seiner 
schbnen Arbeit der Frage nach der Empf&nglichkeit des Kaninchens fiir 
Vaccine gewidmet und festgestellt hat, daB man an den NAstern der¬ 
selben jederzeit Pockenbl&schen erzeugen kann. Ich erwAhne ferner, 
daB nach einer Arbeit von Calmette und Gu6rin (A. P. 1901) 
Kaninchen, deren Haut man am Rucken rasiert und nur mit wirksamer 
Lymphe bestreicht, iippige Pusteln aufgehen lassen. Ein weiterer, eigent- 
lich nicht hierhergehoriger Grund war die von Ehrlich festgestellte 
Tatsache, daB man durch intraperitoneale Einspritzung normalen Ziegen- 
serums bei Kaninchen so leicht und schnell Antikomplemente, und 
zwar, wie es scheint, eine Mehrheit derselben (Autoantikomplemente) 
erzeugen kann. 

Die Summe dieser Tatsachen lieB mir das Kaninchen als geeignetstes 
^ZAchtungstier u erscheinen, obgleich ich bei Nachpriifung an meinen 


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Bonhoff, Studien liber den Vaccineerreger. I. 


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Tieren die Resultate von Calmette und Gu4rin nicht ohne weiteres 
bestatigen konnte. Ob man aber mit der Auswabl einer anderen Tierart 
nicht vielleicht schnellere und bessere Resultate erzielen wfirde, bleibt 
abzuwarten. 

Die Einbringung des Krankheitserregers nan zusammen mit dem 
Serum geschieht in der Weise, daB beim Kaninchen snbkutan am Ohre 
eine mOglichst lange Hauttasche steril angelegt wird, in die ein steriles 
Schwammchen von etwa HaselnufigrdBe gesteckt wird, welches sich zu- 
nfichst mit der wirksamen Lymphe fast vollgesogen hat und dann mit 
dem auf seine „antivirulicide“ Wirkung zu priifenden Serum beschickt 
wird. Die Hautwunde, bei der man Blutung nach Moglichkeit vermeidet 
und leicht ganz ausschlieBen kann, wird mit Kollodium geschlossen. 
Zuerst nach etwa 24 Stunden und weiter t&glich oder t&glich mehrmals 
wird durch Druck auf das Schwammchen nach Entfernung des Kollodiums, 
die jedoch am besten erst nach einer grundlichen Waschung der Haut 
des ganzen Ohres mit Sublaminalkohol vorgenommen wird, ein moglichst 
kleiner Teil des Inhaltes des Schwfimmchens entleert, in ein steriles 
Glaskapillarrdhrchen aufgesogen und ein Teil des erhaltenen Materials 
zum hfingenden Tropfen, zur Anfertigung eines gefarbten Praparates, 
eventuell zum Ausstrich auf Agar benutzt, ein Teil in dem zugeschlossenen 
Rdhrchen aufgehoben. Nach der Entnahme wird wieder mit Kollodium 
geschlossen. Es empfichlt sich, den Kollodiumverschlufi jedesmal fiber 
die ganze Breite des Ohres sich ausdehnen zu lassen, damit durch die 
Zusammenziehung der unter dem Kollodium befindlichen Haut und ihrer 
Gef&Be mdglichste Blutstauung mit ihren Folgen erreicht wird. Das 
Schwammchen ist zuweilen, besonders wenn in dem Impfmaterial viele 
Bakterien vorhanden sind Oder bei unvorsichtigem Arbeiten sich spater 
entwickeln, an einem der nachsten Tage .etwas zu verlagern, am besten 
nach der Ohrwurzel hin tiefer hineinzuschieben, da die Haut fiber dem- 
selben nicht nekrotische Haut sein darf, die zudem fest mit dem 
Schwammchen verwfichst, sondern normal oder starker als normal von 
Blut durchstromte Haut sein muB. Die sich entwickelnden Bakterien 
werden fibrigens nur insofern stfiren, als durch sie eine starke positive 
Chemotaxis von Leukocyten erzeugt werden kann. Mit dem in den Glas- 
kapillaren aufgehobenen Material ist auf rasierte Kalbshaut ungeimpfter 
Tiere abzuimpfen und damit die Feststellung, ob in dem Material Vaccine- 
keime vorhanden sind, auch wieviele vorhanden sind, vorzunehmen. 

Bei Verimpfung von Vaccinekeimen genfigt eine sechstagige Be- 
obachtung, da vom 6. Tage an Iramunitat eintritt. Wfihrend dieser Zeit 
kann wohl der Tod der Tiere, z. B. durch Bakterienwirkung eintreten, 
ehe die Beobachtungsperiode zum Abschlufi gekommen ist; oder es kann 
aus anderen Grfinden, etwa weil das betreffende Ohr einmal vollig 
nekrotisch geworden ist, notwendig werden, das Schwammchen zu ent- 
fernen. Man braucht dasselbe in diesem Falle nur von neuem in das 
Immunserum einzutauchen und einem neuen Kaninchen zu implantieren. 

Inwieweit eine ofters, z. B. tfiglich oder t&glich mehrmals wieder- 
holte Eintragung der Schwammchen in das Immunserum von Vorteil ist, 
darttber, wie fiber manches andere, will ich heute noch keine Mitteilung 
machen. Es kam mir nur darauf an, zunfichst die von mir befolgte 
Methode mitzuteilen und zu begrfinden. DaB sie nicht vollkommen ist 
und mannigfach wird abge&ndert werden konnen und mfissen, bevor 
sie eine groBere Brauchbarkeit erreicht haben wird, erscheint selbst- 
verstfindlich. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Es darf bier nicht unterlassen warden, auf das strengste davor zu 
warnen, dafi alles, was an neuen Forraen oder etwas abweichenden Ge- 
staltnngen mit dieser Methode erzeugt wird, ohne weiteres als die 
Vaccineerreger oder als mit ibnen irgendwie in Zusammenhang stehend 
angesehen wird. Es ist a priori wabrscheinlich, dafi die Immunsera, 
besonders solange sie noch keine bdhere Wirksamkeit besitzen, als 
Reiz auf die h&matopoetischen Organe, vielleicht auch auf die Zellen des 
nSchstgelegenen Gewebes einwirken und dafi sich infolge dieses Reizes 
Dinge an der Impfstelle einfinden, die Fremdkorper vortauschen konnen, 
besonders desbalb, weil in Kontrollversuchen mit dem Serum der gleichen 
nicbt vorbehandelten Tiere diese Gebilde ausbleiben. Den besten Schutz 
vor Irrtumern wird in diesen Fallen immer, abgesehen von den natfirlich 
immer notwendigen Kontrollen durch den blinden Versuch, die oben 
von mir angeftihrte Hautimpfung des gleichen Materials (aus den Glas- 
kapillaren) beim Kalbe gewahren. Aus dem Ausfall dieser Impfung, aus 
der Zabl der eventuell auftretenden Pusteln, der Art der Entwickelung 
derselben kann man meist eine Anzahl von Schlufifolgerungen ziehen, 
die den vorsichtigen Beobachter mit Sicberheit vor Entt&uschungen be- 
wahren. Dafi es auch noch andere Mittel zur Sicherung gibt, wird spater 
genauer auszufuhren sein. 


yachdruck verboten. 

Sur un cas d’appendicite avec Oxvuris vermicularis L. 
et Trichocephalus tricniurus L. 

[Laboratoire d’hygiene experimental et de parasitologie de l’Universite 

de Lausanne.] 

Par Bruno Galli-Yalerlo. 

Avec 2 figures. 

Dans l’4tiologie de l’appendicite entrent en jeu difF6rentes causes: 
les unes agissant comme pr6disposantes, les autres comme causes 
directes de la maladie. Soit les unes, soit les autres, sont certainement 
multiples. 

C’est le m^rite de Mr. Metchnikoff, d’avoir fixe l’attention sur 
le role que les vers intestinaux peuvent jouer dans le d6veloppement 
de l’appendicite. 

Suivant Mr. le Dr. Rochaz 1 ) d6jk en 1724 Santorini avait signal^ 
la presence de vers, probablement de trichocephales, dans l’appendice. 
Ensuite, plusieurs autres observateurs ont signaie dans les autopsies la 
presence d’ascarides, des trichocephales etc. dans l’appendice. Mr. le 
Dr. Rochaz, dans le travail cite, dit aussi d’avoir trouve dans des 
calculs appendiculaires des ocufs d’ascaride et d'oxyure. 

C’est en 1900 qu’il parut un interessant travail de Mme. Arbore* 
Rally 2 ) qui decrivait un cas d’appendicite chez un enfant age de 10 ans 
gueri tout de suite aprfcs l’eiimination de deux Ascaris lumbricoides, 
l’un avec les vomissements, l’autre avec les selles. 


1) Re\oie m^dicale de la Suisse romande. 1894. p. 637. 

2) Archives de m&lecine des enfants. 1900. D^cembre. 


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Galli-Valerio, Sur un cas d'appendicite avec Oxyuris vermicularis L. etc. 351 


L’ann4e suivante, Mr. Girard 1 ) communiquait a la Soci4t4 de 
biologie, d’avoir rencontr4 dans l’appendice res4qu4 k une fillette de 
8 ans, une masse form4e par 2 trichoc4phales, un male et une femelle, 
I’extr4mit4 ant4rieure d’un desquels 4tait eufonc4e dans la muqueuse. 

Mr. Metchnikoff 2 3 ) se basant sur ces observations et ayant souvent 
not4, que chez plusieurs personnes pr4sentant des symptoraes d’appen- 
dicite et chez lesquelles on trouvait dans les selles des oeufs d’ascaride 
et de trichoc4phale, l’administration d’un vermifuge amenait la gu4rison, 
affirmait que les n4matodes sont la cause d’un grand nombre d’appen- 
dicites. II consid4rait le role de ces parasites comme double; c.-a.-d.: 
action directe m4canique ou chimique sur l’appendice; action indirecte, 
par l’interm4diaire des microbes qu’ils introduisent dans la muqueuse. 
Tout en exposant ces id4es, Mr. Metchnikoff n’a pas manqu4 de 
noter, qu’il y a certainement des appendicites qui ont une autre origine, 
observation sur laquelle j’insiste, parce que trks souvent on a affirm4 
que Mr. Metchnikoff avait attribu4 toutes les appendicites k faction 
de n4matodes. 

A porter un appui aux id4es de Metchnikoff, sont venues 
quelques observations int4ressantes. 

Ainsi Mr. Moty®) annongait d’avoir trouv4 souvent Oxyuris vermi¬ 
cularis, dans des appendices res4qu4s, et dans trois cas ces vers lui 
semblaient avoir 4t4 la cause unique de l’affection. Mr. Lanne- 
longue k son tour 4 5 ) se pronon^ait k la faveur de la th4orie de Metch¬ 
nikoff, dans le sens que les n4matodes, charg4s de microbes, trauma- 
tisant la muqueuse de 1’appendice, d4terminent une v4ritable inoculation: 

Mais les oppositeurs k cette th4orie n’ont pas manqu4: Mr. Guiart 6 ) 
tout en admettant qu’ascarides et trichoc4phales peuvent inoculer sous 
la muqueuse de 1’intestin des bact4ries, consid4rait leur role comme nul 
dans l’appendicite, car leur pr4sence dans cette partie de l’intestin 
repr4sente une v4ritable raret4 pathologique, chose confirm4e dans la 
m4me s4ance par Mr. Le tulle qui sur 180 appendices provenant de 
malades atteints d’appendicite, n’avait trouv4 que 2 fois des tricho- 
c4phales. 

Mr. Dziembowski 6 ) consid4rait k son tour la th4orie de Mr. 
Metchnikoff comme erron4e, se basant sur le fait que l’am41iora- 
tion des eaux de boisson n’a pas fait diminuer les cas d’appendicite et 
que s’il a trouv4 des oeufs de trichoc4phale dans les selles de personnes 
atteintes d’appendicite, il en a aussi trouv4 dans celles de plusieurs 
individus normaux. Avant de discuter les diff4rentes opinions, j’exposerai 
le r4snltat des observations que j’ai pu faire sur un cas int4ressant 
d’appendicite. Je dois ce cas k mon ami et collkgue Mr. Dr. Rochaz 
d’Orbe (cant, de Vaud) a qui s’adresse ici mes plus vifs remerciements. 

Marcel P., ag4 de 5 ans et demi. II a toujours joui d’une bonne 
sant4. Un mardi aprks midi, aprks avoir accompagn4 son p4re dans 
une tourn4e, est pris de vomissements avec douleurs et ballonnement du 


1) Soc. de biologie. Stance du 2 et 9 mars 1901; Semaine m&licale. 1901. p. 86 
et Ann. Pasteur. 1901. p. 440. 

2) Acad, de m&lecme. Stance du 12 mars 1901 et Semaine m&licale. 1901. p. 83. 

3) Acad, de m&iecine. Stance du 2 avril 1901 et Semaine mddicale. 1901. p. 107. 

4) Acad, des sciences. Stance du 30 juin 1902 et Semaine m&iicale. 1902. p. 227. 

5) Soc. de biologie. 1901. 16 mars et Semaine m&licale. 1901. p. 94. 

6) Nowiny lekarskie. 1901. p. 435 et Centralbl. f. Bakt etc. Abt. 1. Ref. Bd. XXXI. 

p. 220. 


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352 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


ventre. Le jeudi suivant, on appelle le m6decin, qui porte le dia¬ 
gnostic de p6ritonite suppur6e par perforation de l’appendice. Un chi- 
rurgien appeie le soir du meme jour, pratique deux incisions dans le 
but exclusif de drainer la cavite p6riton6ale mais sans enlever l’appen- 
dice. Le patient succombe le dimanche matin a 10 heures. 

A l’autopsie on trouve du pus dans toute la cavity abdominale, 
intestins trfcs ballonn^s, aderents les uns aux autres, couverts de fausses 
membranes puriformes. Appendice pendant dans la fosse iliaque droite, 
sans ad^rences, mais hyper6mie et presentant k environ 1 cm de son 
extr6mit6 distale, une grande perforation k bords gangrenes (fig. 1). 

Grace k l’obligeance de Mr. le Dr. Rochaz, j’ai pu examiner un 
peu de pus de la cavite abdominale, et l’appendice. Le pus contenait 

de nombreux coli-bacil- 
les. L’appendice etait 
rempli de matures Sca¬ 
les jaunatres, molles. 
Dans ces matieres, k ml 
nu, on ne remarquait 
rien d’anormal, mais en 
ayant porte une petite 
parcelle sous le micro¬ 
scope, j’y ai trouve im- 
mediatement des males 
d’ Oxyuris vermicularis. 
J’ai alors pratique un 
grand nombre d’examens 
de ces matures et dans 
chaque preparation j’ai 
trouve un ou plusieurs 
males d’oxyure, de la 
sorte que je me suis 
forme la conviction que 
l’appendice tout entier 
en etait rempli. Les 
femelles etaient au con- 
traire extrOmement ra- 
res. Mais k cote des 
oxyures, on trouvait dans 
quelques preparations, 
des ceufs caracteristiques de Trichocephalas trichiurus, sans qu’il fut 
possible de retrouver des adultes. 

Je me suis servi d’un morceau de cet appendice pour pratiquer 
des coupes dans la paraffine, et voici quelles alterations j’ai pu con- 
stater: Les vaisseaux se presentaient partout fortement gorges de sang, 
mais en general avec tres peu d’infiltration inflammatoire autour de 
leurs parois. Par-ci, par-lil, on remarquait sous l’epitheiium, dansl’epaisseur 
de la muqueuse, des espaces semblables a des perforations, entoures 
d’une zone infiltree et qui dans des coupes colorees au bleu montraient 
aussi des infiltrations bacteriennes. Ils avaient l’air d’avoir et6 produites 
par la penetration de nematodes, car elles etaient tr£s analogues k celles 
qu’on trouve dans l’oesophage, l’estomac, l’intestin chez diflerentes espfece 
animates et qui contiennent des vers. La chose fut confirmee par 



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Galli-Valeriq, Sur un cas.d'appendicite avec Oxyuris vermicularis L. etc. 353 


l’examen d’une coupe, oil je trouvais enfil4 dans l’4paisseur de la mu- 
queuse I’extr4mit4 post4rieure d’un 8 d’oxyure '(fig. 2). 

Le cas d’appendicite dont je viens de donner la description, est 
int4ressant 4 plusieurs points du vue. En premier lieu, c’est un nou¬ 
veau cas qui vient k s’ajouter k ceux d4jk cit4s, oil on a trouv4 des 
nematodes dans l’appendice. Non seulement il y avait de nombreux 
oxyures, mais la presence d’ceufs nous d4montre qu’k un moment donn4 
il y avait probablement meme des trichoc4phales k moins que les ooufs y 
aient pen4tr4 du coecum avec des matures fecales. Le fait d’avoir trouv4 
des 14sions de la muqueuse, dans l’une desquelles existait encore l’ex- 
tr4mit4 postdrieure d’un oxyure, d4montre que ces vers ont joue un role 
actif dans l’appendicite, favorisant avec leurs 14sions, la p4n4tration des 



Fig. 2. 


bact4ries sous l’4pith41ium. Int4ressant k noter est aussi le fait, que 
si je n’avais pas pratiqu4 l’examen microscopique des matikres Scales 
contenues daus l’appendice j’aurais probablement consid6r6 d’etre en 
presence d’un cas d’appendicite sans nematodes. 

Le cas que j’ai eu l’occasion. d’observer expos4, il ne me reste qu’k 
dire deux mots des objections faites k la th4orie de Mr. Metchni- 
koff. Mr. Guiart affirme que la pr4sence des n4matodes dans l’ap- 
pendice, repr4sente une v4ritable raret4 pathologique. Je n’ai pas encore 
d’exp4riences pour nier ou affirmer l’affirmation de Mr. Guiart, mais 
que je sache on n’a pas fait de recherches syst4matiques k ce sujet. 
A moins qu’on veuille consid4rer comme telles, celles des observateurs 
qui n’ont donn4 qu’un coup d’oeil, sans pratiquer la recherche micro¬ 
scopique ou du moius k la loupe. 

Erstc Abt. Or : .g. Bd. XXXIV. 23 


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354 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4. 

Les recherches de Mr. Letulle, ne me semblent pas en tout cas 
bien probantes, car il a porte surtout son attention sur les tricho¬ 
cephales et non sur les oxyures et je ne sais pas s’il a fait un examen 
microscopique en vu de recherches des ceufs. Mon cas, en effet, d 6 - 
montre la ndcessit 6 de cet examen. J’ajouterai, en outre, que Mr. Moty 
a note comme il faut examiner les appendices imm4diatement aprds 
l’op 6 ration, sans laver k l’eau, car les oxyures en sortent deformes. 
J’ai note aussi dans mon cas, qu’aprds passage dans l’eau et s4jour 
de l’appendice dans le liquide de Kaiserlink, il etait beaucoup plus 
difficile de retrouver les oxyures. Il est done bien probable que la 
presence des nematodes dans l’appendice, soit plus frequente de ce 
qu’on croit. Braun m§me observe 1 2 ) que suivant qnelques observateurs 
le siege normal des oxyures est, chez les enfants, rappendice. 

Qu’ils puissent, quand ils s’y trouvent, jouer dans certains cas un 
rdle important dans le developpement de l’appendicite il me semble 
hors de doute. 

Nous savons que dans les conditions normales, l’4pith61ium forme 
une excellente barriere contre la penetration des bacteries dans la mu- 
queuse. Il suffit sa lesion pour en permettre la penetration. Or, il n’y 
a pas de doute que les helminthes puissent etre des excellents agents 
de dissemination des bacteries dans les tissus et organes a cause de 
leur pouvoir de penetration sous l’epitheiium et de passer mdiue k tra- 
vers des parois trds r4sistantes. 

Mr. Pi an a*) le premier avait note que les migrations du Cysti- 
cercus pisiformis dans le foie du lapin pouvaient y entralner des 
bacteries. Dans deux cas de peritonite tuberculeuse du chien associee 
& la presence i'Eustrongylus gigas dans la cavite abdominale 3 ), j’avais 
emis l’hypothdse, que les lesions de ce nematode avaient prepare le 
terrain au developpement du bacille de Koch, ou bien le ver lui- 
mdme, avait dans ses migrations, porte ce bacille dans la cavite ab¬ 
dominale. Mr. Guiart attribue aussi un grand rdle aux nematodes 
dans l’inoculation des germes de la fibvre typholde etc. sous la muqueuse 
de l’intestin de l’homme, et dit que Mr. Brumpt 4 ) a bien souvent 
rencontre k l’autopsie des typhoides, des trichocephales fixes dans la 
muqueuse du coecum. Mr. Girard pour le trichocephale, moi pour 
l’oxyure, nous avons d4montre que des lesions analogues peuvent se 
rencontrer dans l’appendice et il n’ya urait du reste aucune raison pour 
que cette partie de l’intestin se comporte diffbremment de tout le reste. 
Si ces faits existent, pourquoi voudrions-nous nier, que les nematodes, et 
surtout trichocephales et oxyures, peuvent jouer, comme Mr. Metch- 
nikoff l’a affirme, un rdle important dans le developpement d’un certain 
nombre d’appendicites? On me r4pondra avec Dziembowski, que les 
cas d’appendicite n’ont pas diminue avec la distribution d’eaux potables 
et qu’on trouve trds souvent des oeufs de nematodes chez des personnes 
qui ne sont pas atteintes d’appendicite. 

Il me suffira de noter, que plus qu’avec les eaux, les ascarides, les 
trichocephales et les oxyures peuvent etre repandus par les legumes, sur 
lesquels, comme on sait, on trouve assez souvent les oeufs de ces vers, 
et que si Ton trouve de ces parasites chez des individus normaux, 5 a 

1) Die tierischen Parasiten des Menschen. IIP <Sd. Wurzburg 1903. 

2) La veterinaria. 1881. 

3) Moderoo zooiatro. 1896. 

4) Soc. de biologie. Stance du 16 mare 1901 et Revue d’hygifene. 1901. p. 942. 


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v. Dun gem, Bindungsverhiiltnisse bei der Pr&zipitinreaktion. 


355 


ne veut absolument rien dire, car on devrait .alors nier l’action patho- 
g&ne du coli-bacille, da bacille de Friedlander, du bacille de la 
diphtdrie, du pnenmocoque, du bacille de Koch etc., parce que quel* 
ques-uns de ces microbes se trouvent toujours, d’autres plusieurs fois, 
chez des individus normaux. 

Quant S. Taffirmation contenue dans l’int4ressant travail du Mr. 
R o c h a z 1 2 3 4 ) que les vers ne se rencontrent pas dans Tappendice pendant 
la vie, elle n’a plus besoin aujourd’hui d’etre discutde, car nous savons 
qu’ils s’y trouvent trfcs bien. 

Je crois done qu’on ne devrait pas trop oublier, en m4decine, le 
role que les nematodes peuvent jouer dans le d4veloppement d’une 
affection si grave que l’appendicite, et a ce propos j’ajouterai qu’une 
soeur de l’enfant qui forme l’objet de mon travail, prdsentant aussi de 
graves symptomes d’appendicite, tant qu’elle avait 6t4 envoyde k 1’hdpital, 
trait6e par un antihelminthique, a 6vacu6 un grand nombre d’ascarides, 
s’est trouvde immddiatement tr&s soulagde et tous les symptomes d’em* 
patement de la fosse iliaque droite ont disparu comme par enchantement. 
Cette fillette a quittd Thopital gu4rie. 

Lausanne, 8 avril 1903. 


Nachdruck verboten. 

BindungsYerhaltnisse bei der Prazipitinreaktion 

Von Professor Dr. Frhr. von Dungern. 

Das genauere Stadium der Prfizipitinreaktion hat uns mit einigen 
Erscheinungen bekannt gemacht, die auf den ersten Blick sehr seltsam 
erscheinen mtlssen. Man machte in manchen Fallen die Beobacbtung, daB 
prazipitables EiweiB und mit der gleichen EiweiBart dargestelltes PrSzipitin 
ungebunden nebeneinander in der Flfissigkeit bestehen kbnnen, ohne 
daB es zu einer Vereinigung und Prfizipitation kommt. Eine solche 
Ldsung beider Substanzen gibt dann sowohl mit prazipitabler Substanz 
der gleichen Tierart wie mit zugehOrigem Prazipitinserum einen Nieder- 
schlag (Linossier et Lemoine*), Obermeyer und Pick®), Eisen- 
berg 4 ), M. Ascoli 5 6 ).) In engem Zusammenhange mit diesem Vor- 
gange stehen auch einige andere eigentumliche Bindungsverhaltnisse, 
welche von Eisenberg 4 ) durch genaue quantitative Untersuchungen 
mit Prkzipitin festgestellt wurden und welche sich mit den Ergebnissen 
seiner gemeinsam mit Volk gemachten Experimente®) fiber den 
Agglutinationsvorgang vollkommen decken. Es zeigte sich, daB eine 
bestimmte Menge prazipitabler Substanz mit steigendem Prazipitin- 
zusatz immer mehr Prfizipitin zu binden vermag. Die relative Ab¬ 
sorption, d. h. das Verhfiltnis der absorbierten zur zugesetzten Menge 
wird dabei aber immer kleiner. Werden einer gleichbleibenden Dose 


1) Revue m<5d. de la Suisse romande. 1894. p. 637. 

2) Compt. rend. soc. biol. 1902. p. 87. 

3) Wien. klin. Rundschau 1902. No. 15. 

4) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. XXXI. p. 773 und Bulletin de 1’Academic des 
sciences de Cracovie. Mai 1902. 

5) Miinch. med. Wochenschr. 1902. No. 34. 

6) Zeitschr. i. Hygiene. Bd. XL. 1902. 

23* 


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356 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.. 

Prazipitinserums verschiedene Mengen prfizipitaler Substanz zugesetzt, 
so nimmt die absorbierte Menge des Pr&zipitins bei Vermehrung der 
prfizipitablen Substanz zu, aber nicht proportional der zugesetzten Menge 
der pr&zipitablen Substanz, sondern in geringerem Grade. Eisenberg 
glaubt, daB diese Erscheinungen geeignet sind, die PrSzipitinreaktion 
selbst und ebenso auch Einwirkungen anderer spezifischer Korper zu 
charakterisieren*). Er ist der Ansicht, daB die beiden reagierenden 
Substanzen sich trotz ihrer durch andere Versuche festgestellten hohen 
Affinitat immer nur unvollkommen vereinigen kbnnen, so daB neben dem 
Reaktionsprodukt noch Ueberschiisse beider Korper frei bestehen bleiben. 

Die Berechtigung dieser SchluBfolgerung wird man aber doch nur 
dann anerkennenkSnnen, wenn es sich bei der Vereinigung von Prazipitin 
und prfizipitabler Substanz um einheitlich organisierte K8rper handelt, 
welche sich nach dem bei reinen Losungen festgestellten Massenwirkungs- 
gesetz verbinden. Demgegenfiber erhoben sich mir auf Grund meiner 
frttheren Versuche berechtigte Zweifel. Ich habe daher zur Prfifung 
der genannten eigentiimlichen Erscheinungen eine genaue Untersuchung 
vorgenommen, die zu wesentlich anderen Schlufifolgerungen ftihrte. 
Dabei gelang es, einige Vorstellungen fiber die Konstitution der prazipi- 
tablen EiweiBkSrper in Bezug auf ihre prfizipitinbindenden Gruppen zu 
gewinnen, welche mir ffir die Erkenntnis der AntikSrperwirkung nicht 
ganz unwesentlich zu sein scheinen. Die folgende Mitteilung soli dar- 
fiber Auskunft geben. 

Meine Versuche wurden auch diesmal an der zoologischen Station 
zu Neapel ausgeffihrt, welche sich infolge ihres Tiermaterials und ihrer 
zweckentsprechenden Einrichtung ganz besonders ffir alle moglichen 
biologischen Untersuchungen eignet Der Arbeitsplatz wurde mir ffir 
die Monate Januar und Februar 1903 vom GroBherzoglich Badischen 
Ministerium der Justiz, des Kultus und des Unterrichts, ffir den Monat 
Mfirz vom Begrfinder und Direktor der zoologischen Station, Geheimrat 
Professor Dr. Dohrn, gfitigst angewiesen. Zur Darstellung und Unter¬ 
suchung der prfizipitierenden Sera benutzte ich, ebenso wie bei den Ver- 
suchen des vorhergehenden Jahres, die in meiner Abhandlung „Die 
Antik6rper u beschrieben sind 2 ), das Blutplasma von Cephalopoden 
(Octopus vulgaris, Eledone moschata) und von kurzschwfin- 
zigen Krebsen (Maja squinado, Dromia vulgaris). Als Ver- 
suchstiere dienten ausschlieBlich Kaninchen. Die quantitative Bestim- 
mung des Gehaltes der einzelnen Blutflfissigkeiten an Prazipitin und 
prazipitabler Substanz geschah mit Hilfe der schon frfiher verwandten 
und beschriebenen Methode, die auch Eisenberg unabhangig von mir 
zu seinen Untersuchungen benutzte. 

Die Vereinigung von Prazipitin und. prfizipitabler Substanz wurde 
sowohl im Reagenzglas wie im Tierkdrper vorgenommen. Eine genaue 
quantitative Prfifung der Bindungsgesetze konnte natfirlich nur durch 
Reagenzglasversuche erfolgen. Ich brachte zu diesem Zwecke jeweils 
die gleiche Menge Prazipitinserum mit verschiedenen regelmfiBig ab- 
gestuften Verdfinnungen des prazipitablen Plasmas zusammen und unter- 
suchte dann, nachdem der gebildete Niederschlag durch Zentrifugieren 
entfernt worden war, die Flfissigkeit quantitativ sowohl auf Prazipitin 

1; Aehnliche Anechauungen aufiera auch Linosaier et Lemoine (Compt. rend, 
soc. Biol. 1902. p. 87); Bordet (Ann. Inst. Pasteur. 1903. p. 164); Lands teiner und 
Jagic, Munch, med. Wochenschr. 1903. p. 764. 

2) Jena (Gustav Fischer) 1903. 


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v. Dungern, Bindungsverh&ltnisse bei der Pr&zipitinreaktion. 


357 


wie auf prtizipitable Substanz. Es wurde jeweils eine Reihe verschiedenor 
Verdiinnungen der Fliissigkeit mit physiologischer Kochsalzltisung her- 
gestellt, derart, daB jede folgende immer doppelt so stark verdiinnt 
war, wie die vorhergehende. Von jeder Verdtinnung wurde dann ein 
Tropfen mit einem Tropfen des unverdiinnten pr&zipitierenden Serums 
und ein zweiter Tropfen mit einem Tropfen des auf das 100-fache mit 
Kochsalzltisung verdiinnten prtizipitablen Plasmas versetzt. Es konnte 
dann nach etwa 20 Minuten durcb mikroskopische Beobachtung bei 
100-facher VergroBerung leicht festgestellt werden, in welcher Weise 
in den verschiedenen Proben Pr&zipitatbildung eintrat. Ich unterschied 
sehr starken, starken, deutlichen, geringen, fehlenden Niederschlag; die 
Bezeichnung war dabei so gewahlt, daB einem starken Pr&zipitat in 
der folgenden Verdtinnung ein geringes entsprach, wahrend bei einem 
deutlichen Niederschlag in der ntichsten Verdtinnung eine Prazipitat- 
bildung nicht mehr sicher zu konstatieren war. Als MaBstab ftir den 
Gehalt der Fliissigkeit an Prazipitin oder prtizipitabler Substanz benutzte 
ich den auf diese Weise definierten starken Niederschlag; die sttirkste 
Verdtinnung, bei welcher eine solche Prtizipitatbildung noch eintrat, 
bezeichnete die Wertigkeit der unverdiinnten Fliissigkeit in Bezug auf 
ihren Gehalt an Prazipitin oder prazipitabler Substanz. Es wurden 
dabei folgende Versuchsergebnisse konstatiert: 


Tabelle I. 

Versuch mit Majaprazipitinserum 9 und Majaplasma 1. 

Das Serum gibt in 16-facher Verdtinmmg einen stark deutlichen Nieder- 


sclilag. 


schlag. 


/M.P.l \ 

Das Majaplasma gibt in 800-facher Verdtinnung V~800 ^' einen starken Nieder- 

Die einige Stunden nach der Vereinigung 
abzentrifugierte Fliissigkeit (F) gibt einen 


Niederschlag mit 


2 ccm Serum 9 + 2 ccm 


M.P.l 


9 + 2 
9 + 2 
9 + 2 
9 + 2 
9 + 2 
9 + 2 
9 + 2 


200 

M.P.l 


100 

M.P.l 


50 

M.P.l 

24 

M.R1 

12 

M.P.l 


6 

M.P.1 


3 

M.P.l 


4 

2 

F 

1 

F 

1 

F 

*1 

F 

1 

F_ 

1 

F 

1 


M.P. 

100 

stark 

stark 

deutlich 

= 0 

= 0 

« 0 

= 0 

= 0 


Serum 9 


1 

F 

-I-- 0 

F 

T-0 

T -0 

-L-. 


32 


stark 


F 

Too deutlich 


512 


deutlich 


Tabelle II. 

Versuch mit Majaprazipitinserum 20 und Majaplasma 2. 

Das Serum gibt in 16-facher Verdtinnung einen stark deutlichen Niederschlag. 

/M.P.2\ 

Das Majaplasma gibt noch in 800-facher Verdtinnung V ) einen starken Nieder* 


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358 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXYIV. No. 4. 


,, . , M.P.2 . Ser.20 , .Ser.20 

ecblag mit dem Serum. — 1 — gibt mit —^— noch emen sehr starken, mit —j— 

M.P 2 . Ser.20 

— mit —:— 


I glUl will | 

dagegen nur einen starken Niederschlag. Der Niederschlag yon 


v 3 M.P.2 , 

ist ebenso stark wie der von —j— und 


Ser.20 

1 

Die einige Stunden nach der Vereinigun 
abzentrifugierte Fliissigkeit gibt einen ^ J 
schlag mit 


er- 


1,5 ccm Serum 20 4- 0,5 ccm 


M.P.2 


1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 


20 + 0,5 
20 4- 0,5 
20 4- 0,5 
20 4- 0,5 
20 + 0,5 
20 4- 0,5 


64 

M.P.2 


32 

M.P.2 


16 

M.P.2 


8 

M.P.2 


4 

M.P.2 


2 

M.P.2 


M.P.2 

100 

F 

-g- deutlicb 
F 

—7— stark 
4 

JL 

i 

F_ 

1 


Ser.20 

1 


4-o 


F 

1 

F 

1 

F 

1 


stark 
« 0 
- 0 
= 0 
= 0 


0 

0 

0 


F_ 

1 

1 

JL 

i 

F 

-g- deutlich 

m deutlich 

F 

—^ deutlich 
ol2 


(Der Niederschlag ist hier erheblich geringer 
als bei den ubrigen Mischungen.) 


Tabelle III. 

Versuch mit Dromiaprazipitinserum 1 und Dromiaplasma. 

Das Serum gibt mit ) noch in 4-facher Verdiinnung (—) einen starken 

Niederschlag. 

D.P. 

gibt einen starken Niederschlag mit dem Serum. 

D.P. 

gibt schon einen makroskopischen Niederschlag. 

Mit steigender Konzentration des D.P. ist der Niederschlag noch starker, der von 
D.P. .. D.P. 


16 


bis 


am starksten. 


1,5 ccm Serum 1 4- 0,5 

ccm 

1,5 „ 

,, 

1 + 0,5 

„ 

a* „ 

,, 

1 + 0,5 

„ 

w „ 

„ 

1 + 0,5 

,, 

(1.5 „ 

„ 

1 + 0,5 

„ 

1,5 „ 

,, 

1 + 0,5 

„ 

(1,5 „ 


1 + 0,5 

,, 


D.P. 


Die eme Stunde nach der Vereinigung ab¬ 
zentrifugierte Fliissigkeit (F) gibt einen 
Niederschlag mit 
D.P. Ser. 1 

100 


128 

D.P. 


64 

D.P. 


48 

D.P. 


32 

D.P. 


24 

D.P. 


16 

D.P. 


12 


F 

4 

F 

2 

F 

2 

F 

1 

F 

1 

F 

1 

F 

1 


stark 
stark 
deutlich 
stark 
= 0 
= 0 
= 0 


F 

1 


0 


4 -. 

4-0, 

F 

T-0 

F 

4 = 0) 
4 --° 
4-°) 


Digitized by 


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v. Dungern, Bindunggverh&ltnisse bei der Pr&zipitinreaktion. 


359 


1,5 ccm 

Serum 1 

+ 0,5 

ccm 

D.P. 

8 ' 

F 

1 

= 0 

F 

1 

= 0 

(!•/* »» 


1 

*+■ 0,5 


D.P. 

F 

— 0 

F 

- 0) 

„ 

,, 

6 

T~ 

1 

1,0 ,, 

„ 

1 

+ 0,5 

,, 

D.P. # 

4 ' 

F 

~T 

- 0 

F 

16 

deutlich 

l,o „ 

,, 

1 

+ 0,5 


D.P. 

2 * 

F 

1 

* 0 

F 

64 

deutlich 

1,0 „ 


1 

+ 0,5 

,, 

D.P. # 

1 ’ 

F 

1 

— 0 

F 

128 

deutlich-stark 


Tabelle IV. 

Versuch mit Eledoneprazipitinserum 15 and Eledoneplasma 1. 

Das Serum giebt noch in 16-facher Verdunnung einen starken Niederschlag mit 

E.P.l 

"lOCT 

Ser. 15 

Mit —j— gibt E.P. noch in 4096-facher Verdunnung einen deutlichen Nieder¬ 
schlag. Die Starke dee Niederschlags wachst mit zunehmender Konzentration des 
E.P.l EJU 

Eledoneplasmas, —j— bis -y y gibt den starksten Niederschlag. 

Ser. 15 # RP.l E.P.1 E.P.l . . RP.l . J , 

Mit —jg— gibt —j—, —g —> —4— em en ganz genngen, —g— einen deuthchen, 

RP.l RP.l RP.l . j , RP.l RP.l RP.l E.P.1 . , , , 

16 1 32 * 64 starken, ^23 , 25($ * 512 9 1024 sehr starken, 

RP.l . , E.P.l . J , 

2Q 4g einen starken, einen deutlichen Niederschlag. 


Die Flussigkeit (F) gibt nach einigen Stunden 


abzentrifugiert einen Nied 


1,5 ccm Serum 15 + 0,5 

1,5 

It 

ft 

15 + 0,5 

1,5 

ft 

ft 

15 + 0,5 

1,5 

ft 

ft 

15 + 0,5 

1,5 

ft 

ft 

15 + 0,5 

1,5 

ft 

ft 

15 + 0,5 

1,5 

ft 

ft 

15 + 0,5 

1,5 

ft 

ft 

. 15 + 0,5 

1,5 

ft 

ft 

15 + 0,5 


RP. 

64 

E.P. 

32 

E.P. 

24 

E.P. 

16 

RP. 

8 

E.P. 

4 

E.P, 

3 

RP. 

2 

RP. 

1 


F 

2 

F 

2 

F 

1 

F 

1 

F 

1 

F 

1 

F 

1 

F 

1 

F 

1 


itnlugu 
E.P.1 
100 

stark 
deutlich 
stark 
- 0 
- 0 
- 0 
— 0 
= 0 
— 0 


mit 
8er.l5 


1 


F 

T “ u 

i-o 

F 

T "° 

F 

- -° 

F 

- “0 

-5- stark 
4 

F 

64 8tark 
F 

stark-deutlich 

25b 


Tabelle V. 

Versuch mit Eledoneprazipitinserum 26 und Eledoneplasma 2. 

Das Serum gibt noch in 32-facher Verdunnung einen starken Niederschlag mit 


RP.2 
100 * 

I 

lichen Niederschlag. 


Ser 26 

Das Eledoneplasma gibt mit —^— noch in 4096-facher Verdunnung einen deut- 


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360 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4 


1,5 ccm Serum 26 + 0,5 ccm 


1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 


26 + 0;5 
26 + 0,5 
26 +. 0,5 
26 + 0,5 
26 + 0,5 
26 + 0,5 


E.P.2 

128 

E.P.2 

64 

E.P.2 


32 

E.P.2 


16 

E.P.2 


8 

RP.2 

4 

E.P.2 


Die Fluesigkeit (F) gibt, einige Stunden nach 
der Vereinigung zentrifugiert, einen Nieder- 
schlag mit 


8 

F 

8 

F 


E P. 2 
100 

stark 

deutlich 


stark 

* 

F 

~Y~ stark 

JL 

i 


o 


F 

T" = 0 


Serum 26 

j 

= 0 
= 0 
= 0 
-= 0 
= 0 

stark-deutlich 


1 


= 0 


1 
1 

F 
1 
F 

1 

F_ 

1 

F 

2 

A 8tark 


Tabelle VI. 

Versuch mit Octopusprazipitinseriim 5 und Octopusplasma 8. 

Das Serum gibt noch in 16-facher Verdiinnung einen starken Niedersehlag mit 
O.P.8 ; 


100 


mit dem 


Das O.P.8 gibt noch in 3200-facher Verdiinnung einen deutlichen Niedersehlag 
Ser.5 


3 ccm Serum 5+1 ccm 


5 4- 1 
5 .+ 1 
5 + 1 
5 .+ 1 
5 + 1 


O.P.8 

200 

O.P.8 

100 

O.P.8 


50 

O.P.8 

25 

O.P.8 

12 

O.P.8 


Die Fliissigkeit (F) gibt, einige Stunden nach 
der Vereinigung vom Niederschlage abzentri- 
fugiert, einen Niedersehlag mit 


6 


O.P.8 
100 

g stark 

-4- stark 
4 

F 

— gering 
F 

■i--o 

i-o 

i.O 


Ser. 5 


F 

T 

F 
1 
F 
1 
F 
l 

F 

3 2 stark 


- = 0 
= 0 
= 0 
- 0 


Tabelle VII. 

Versuch mit Octopu sprazipitinserum 18 und Octopusplasma 11. 

Das Serum gibt noch in 16-facher Verdiinnung mit einen starken Niedcr- 


Ser. 18 


100 

schlag. 

Das Octopusplasma gibt mit —noch in 4096-facher Verdiinnung einen deut¬ 
lich-starken Niedersehlag. Mit steigender Konzentration der prazipitablen Substanz 
wachst die GroBe des Niederschlags zunachst, bleibt dann lange ungefahr gleichT und 

nimm^.epdlich wiedeij ajj. —gibt noch maiimalen Niedersehlag, — -u. * 

einen wenig geringeren und einen deutlich schwacheren. 


Digitized by LjOOQle 




v. Dungern, Bindungsverhftltnisse bei der Pr&zipitinreaktion. 


361 


Mifc ^ gibt keinen deutlichen Niederschlag, einen deutlichen, 


OP.ll 

4 


einen starken Niederschlag. 

O.PJ.1 O.P.11 
2 


Ser. 18 _ O.P.ll 
Mit — rr -— gibt 


j , 2 1 4 keinen deutlichen Niederschlag, 1 

u O.P.ll . . . O.P.ll . , . , O.P.ll . 

gibt einen deuthchen, —emen starken, —^— einen sehr starken, —^— einen 


16 


maximalen Niederschlag. 


1,5 ccm Serum 18 4- 0,5 ccm 


32 


64 


Die Flussigkeit (F), einige Stunden nach dcr 
Vereiniguug vom Niederschlage abzentri- 
fugiert, gibt einen Niedersdilag mit 
O.P.11 " 


O.P.ll 


1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 


18 -f 0,5 
18 4- 0,5 
18 4- 0,5 
18 -{■ 0,5 
18 4- 0,5 
18 4- 0,5 


128 

O.P.ll 


64 

op.n 

32 

O.P.ll 

16 

O.P.11 

8 

O.P.ll 

4 

O.P.11 


01_ 

100 

F 

g- stark deutlich 
F 

. - stark 
4 

F 

-g- stark 
F 

-j— stark 

4 — 

4_o 
4 = o 


Ser. 18 

T 

0 


0 


F 
1' 

1 
F 

T = 0 

F 

t - 0 

F 

6 deutlich 

o 

F 

deutlich-stark 
256 8tark 


Versuch mit Octopus prazipitinserum 18 und Octopu splas m a 12. 
Das Octopusplasma gibt noch in 4096-facher Verdunnung eiuen starken Nieder¬ 


schlag mit Ser. 18. 


1,5 ccm Serum 18 4- 0,5 ccm 

1,5 „ „ 18 4* 0,5 „ 

1,5 „ „ 18 4- 0,5 „ 

1,5 „ „ 18 4- 0,5 „ 


Die Flussigkeit (F) gibt, einige Stunden nach 
der Vereinigung vom Niederschlage abzcntri- 
fugiert, einen Niederschlag mit 
O.P.12 . * — 


OP.12 

32 

OP.12 

16 

O.P.12 
‘ 8 
O.P.12 
4 


100 


stark 


stark 


F 

-j— deutlich 


F 

1 


0 


F 

r 

F^ 

1 

F 

1 

F 

8 


Ser. 18 
1 " 

— 0 
= 0 
* 0 
deutlich 


Tabelle VIII. 

Versuch mit Octopusprazipitinserum 7 und Octopusplasma 12. 

Das Serum gibt noch . in 64-facher Verdunnung einen stamen Niederschlag mit 
OP.12 

—jqq-. Das Octopusplasma 12 gibt in 4096-facher Verdiinnung einen starken Nieder¬ 
schlag mit Ser. 7. 

Die Flussigkeit (F) gibt, einige Stunden nacli 
der Vereinigung vom Niederschlage abzentri- 
fugiert, einen Niederschlag mit 
* O.P.12 Ser.^ 

'I 100 : • f 


1,5 ccm Serum 7 + 0^ ccm 

1 , 5 ‘ fi „ 7 4 - 0,5 „ 


O.P.12 
256 : 
O.P.12 
128 : 


64 


stark deutlich 


F 

-vrr deutlich . 
64 


. *= 0 
«= 0 


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362 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 4. 


1,5 ccm Serum 7 4- 0,5 ccm 

1,5 „ ,, 7 4- 0,5 „ 

1,5 „ ,, ( 4" 0,5 ,, 

1,5 ,, ,, 7 4* 0,5 ,, 

1,5 „ ,, 7 4" 0,5 ,, 

1,5 „ ,, 7 4* 0,5 ,, 

1,5 „ ,, 7 4* 0,5 ,, 


O.P.12 

64 

O.P.12 

82 

O.P.12 

16 

O.P.12 

8 

O.P.12 

4 

O.P.12 

2 

O P.12 
1 


deutlich 


deutlich 

F 

—deutlich 
4 

F 

~Y~ deutlich 

■f— 


4_o 


F 

~T~ = 0 


deutlich 


TabeUe IX. 

Versuch mit Octopusprazipi tin serum 21 und Octop usplasma 12. 

OP.12 

Das Serum gibt noch in 64-facher Verdiinnung mit —einen deutlichen 


Niederschlag. 

Das Octopusplasma 12 gibt noch in 4096-facher Verdiinnung mit 
starken Niederschlag. 


.. Ser. 21 . 

it —|— emen 


Die FKissigkeit (F), einige Stunden nach der 
Vereinigung vom Niederscnlage abzentrifugiert, 
gibt einen Niederschlag mit 


1,5 ccm Serum 21 4- 0,5 ccm 

1,5 „ „ 21 4- 0,5 „ 

1 »5 ,, ,, 21 4" 0,5 „ 

1,5 ,, „ 21 4" 0,5 ,, 

1,5 „ „ 21 4“ 0,5 ,, 

1,5 „ „ 21 4- 0,5 „ 

1,5 ,, „ 21 4" 0,5 ,, 

1,5 „ „ 21 4- 0,5 „ 


O.P.12 

128 

O.P.12 

64 

OP.12 

32 

O.P.12 

16 

O.P.12 

8 

O .P.12 

4 

O.P.12 

2 

O.P.12 

1 


O.P.12 

100 

F 

7T deutlich 
o 

F 

g- stark 
F 

g- deutlich 
F 

j— deutlich 

r ~ 0 
'r- 

F 

r = ° 

*-o 


-ry- stark-deutlich 
64 

m Btuk 


Die gleichen Beaktionen bei 4-facher Vermehrung des Fliissigkeitsvolumens. 
„ v ... O.P.12 F . , F 


1,5 ccm Ser. 21 4- 6 ccm 1-proz. NaCl-L6s. 4- 0,5 ccm 
1*5 „ „ 21 4- 6 „ 1- „ „ 4- 0,5 „ 

1,5 „ ,, 21 4" 6 ,, 1- „ ,, 4“ 0,5 ,, 

1,5 „ „ 21 4" 6 „ 1- „ ,, 4" 0,5 „ 


O.P.12 

128 

O.P.12 

32 

O.P.12 

8 

O.P.12 

2 


F F 

-7- stark = 0 

4 1 

F F 

~Y~ stark — 0 

F F 

-=- = 0 4- stark 


deutlich 


Tabelle X. 

Versuch mit Octopusprazipitinserum 8 und Octopusplasma 5. 

O P.5 

Das Serum gibt in 32-facher Verdiinnung mit einen starken Niederschlag. Das Octopus- 

Ser 8 Ser 8 

nia 5 gibt in 6400-facher Verdiinnung mit dem —j 1 — oder auch mit —einen deutlichen Nieder- 


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v. Dungern, Bindungsverh&ltnisse bei der Prftzipitinreaktion. 


363 


2 ccm 8er. 8 + (0,5 ccm 
2 „ „ 8 -f (0,5 ,, 


O.P.5 

100 

art 

25 


Die Fliissigkeit (F) gibt, 
einige Stunden nach der 
Vereinigung vom Nieder- 
Bchlage abzentrifugiert, 
einen Niederechlag mit 
O.P.5 Ser.8 
1 


+ 1,5 ccm 1-proz. NaCl-Losung): 


+ 1,5 


): 


O.P. 


100 

■g- stark T" 

4-oX 

F „ F 


(0,5 ccm Ser.8 -f 1,5 ccm l-proz.NaCFJ/8s.)‘4-(0,5ccm 4- l,5ccml-proz.NaCl-L66.):X- —* 0 stark 
Die beiden letzten Reaktionen bei 4-facher Vermehruug des Flussigkeitsvolumens: 

2 ccm Ser. 8 + (0,5 ccm ^ + 13,5 ccm 1-proz. NaCl-L6sung): «= 0 ~ «= 0 

0,5 „ „ 8 + (0,5 „ 4- 15 ccm 1-proz. NaCl-Lbsnng): -y- — 0 -y- stark 


Tabelle XI. 

Versuch mit Oc topusprfizipitinserum 2, Octopusprazipitinserura 17 

und Octopusplasma 13. 

Serum 2 gibt noch in 16-facher Verdunnung, Serum 17 noch in 32-facher Ver- 
0 !jP 13 

dimming mit —einen deutlichen Niederechlag. 

Ser 2 

Octopusplasma 13 gibt in 2048-facher Verdiinnung mit—X— einen deutlichen, mit 

— einen starken Niederechlag. gibt mit Ser. 2 und Ser. 17 noch sehr 

starken, makroskopisch sichtbaren Niederschlag. 

Die Fliissigkeit gibt, einige Stunden nach der 
Vereinigung vom Niederachlage abzentrifugiert, 
einen Niederechlag mit 

Ser. 17 

r~ 

= 0 

etark-deutl. 


1,5 ccm Serum 2 + 0,5 ccm 


1,5 


V 

2 + 0,5 „ 

1,5 


V 

2 + 0,5 „ 

1,5 

W 

V 

2 + 0,5 , 

1,5 

V 


2 + 0,5 » 

13 



2 + 0,5 „ 

13 


V 

2 + 0,5 „ 

1,5 ccm Serum 17 -f 0,5 ccm 

13 



17 + 0,5 „ 

13 

V 

V 

17 + 0,5 , 

1,5 

n 

n 

17 + 0,5 „ 


O.P.13 

128 

O.P.13 


64 

O.P.13 


32 

O.P.13 


16 

O.P.13 


8 

O.P.13 


4 

O.P.13 


O.P.13 

100 

stark 

F 

-g- deutlich 
F 

~ 2 ~ stark 
F 

4 --° 

JF 

1 

F 

T-“° 

F 

x-° 


Ser. 2 


0 


_F_ 

1 

F^ 

1 

F^ 

1 

F^ 

1 

i.o 

F 

stark-deutl. 


F^ 

1 

F 

1 

F 

4 

_F 

8 

F 

16 

F 

32 


O.P.13 


16 

O.P.13 


8 

O.P.13 


4 

O.P.13 


stark 


JF 

4 

F F 

-g- deutlich — 

F 0 


F 

1 

F 


1 

_F_ 

1 


_f 

i 

F 


- 0 
- 0 
0 


0 

: 0 


0 — r - stark 

o 


F^ 

1 
F 
1 

stark 

o 


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364 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Wir erkennen an diesen Versuchsreihen ohne weiteres die anfangs 
erwahnte Erscheinung, daB die Absorption einer bestimmten Prazipitin- 
menge nicht proportional der Menge der zugesetzten prfczipitablen Sub- 
stanz erfolgt. Wenn eine bestimmte Dose EiweiB z. B. 8 / 4 des Prazi- 
pitins an sicb reiBt.und der Fliissigkeit im Niederschlage entzieht, so 
absorbiert die doppelte Menge EiweiB nicht das gesamte Prazipitin, 
sondern weniger, z. B. 7 / g ; erst ein hoheres Multiplum der Eiweifimenge 
bindet das gesamte Prazipitin. Im einzelnen sind die quantitativen Ver- 
haitnisse dabei in jedem einzelnen Falle verschieden. 

Da das Volumen der Fliissigkeit, in welcher sich die Reaktion ab- 
spielt, wie aus den Versuchen mit Serum 8 und Serum 21 (Tabelle 9 
und 10) hervorgeht, bei den bier in Frage kommenden Verdunnungen 
keine nennenswerte Rolle spielt, so lassen sich die gefundenen Absorp- 
tionseffekte auch auf eine bestimmte gleichbleibende Menge prftzipitabler 
Substanz umrechnen. Wir finden dann bei steigendem Prazipitinzusatze 
eine Zunahme der absoluten Absorption und eine Abnahme der relativen 
Absorption des Pr&zipitins durch die betreffende Eiweifimenge, dieselbe 
GesetzmaBigkeit, welche auch Eisenberg, wie oben erwahnt, bei seinen 
Versuchen beobachtet hat. 

Trotzdem erkennen wir aber in alien Reihen eine 
mittlere Zone, in der die relativen Konzentrationen von 
Prazipitin und prazipitablem EiweiB so gestaltet sind, 
daB beide reagierenden Substanzen sich vollkommen 
quantitativ vereinigen und inForm desPrazipitates aus- 
fallen. 

In Losung bleibende Ueberscbtisse beider reagieren- 
derKdrper nebeneinander sind in keinem der hier unter- 
suchten Falle zu konstatieren *). 

Im Tierkorper vollzieht sich die Vereinigung von Prazipitin und 
prazipitabler Substanz nicht anders als im Reagenzglase. Wenn man 
einem vorbehandelten Kaninchen, dessen Blut Prazipitin enthait, das 
zugehdrige prazipitable EiweiB in die Zirkulation bringt, so beobachtet 
man wenige Minuten nach der Einspritzung je nach der Grofie der in- 
jizierten Eiweifimenge eine Abnahme Oder ein vollkommenes Verschwinden 
des Prazipitingehaltes; die eingespritzte prazipitable Substanz wird dabei 
auch entsprechend ihrer Menge entweder. ganz oder nur teilweise auf- 
gebraucht. DaB auch quantitativ keine groberen Unterschiede zu ver- 
zeichnen sind, mag folgendes Beispiel zeigen: 

Ein Kaninchen ist sowohl mit Majaplasma wie mit Octopusplasma 
vorbehandelt, sein Blut enthait soviet Majaprazipitin, daB sein Serum 
noch in 4-facher Verdttnnung einen stark deutlichen Niederschlag mit 
auf das 100-fache verdiinntem Majaplasma gibt und soviel Octopus- 
prazipitin, dafi sein Serum noch in 32-facher Verdunnung mit auf das 
100-fache verdiinntem Octopusplasma einen deutlichen Niederschlag gibt. 
Es wird dem Kaninchen nun etwas Blut entnommen und dann Octopus¬ 
plasma in die Ohrvene eingespritzt. Das Octopusplasma enthait soviel 
prazipitables EiweiB, daB es noch in 3200-facher Verdiinnung mit dem 
Kaninchenserum einen deutlichen Niederschlag gibt. Es wird zunachst 
1 ccm Octopusplasma injiziert, darauf etwas Blut aus der Ohrvene ent- 


1 ) Zu dem gleiclien Resultate kam auch P. Muller bei der Untereuchung der 
Kasei'nfallung durch Laktoserum, wie aus seiner nach Beendigung meiner Abhandlung 
in dieser Zeitsthrift (Bd. XXXIV. No. 1) publizieiten Arbeit hervorgeht. 


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t. Dungern, Bindungsverhftltnisse bei der Prilzipitinreaktion. 


365 


nommen, dann nochmals 1 ccm Octopusplasma eingespritzt und nach 
wenigen Minuten wieder etwas Blut aus der Ohrvene abgelassen. Krank- 
heitserscheinungen werden beim Kaninchen nach den Einspritzungen 
nicht wahrgenommen. Aus den beiden nach der Injektion von 1 ccm 
und von 2 ccm Octopusplasma erhaltenen Blutproben wird Serum ge- 
wonnen und dieses auf seinen Gehalt an Prazipitin und prizipitabler 
Substanz quantitativ untersucht. Das nach der ersten Einspritzung ent- 
nommene Serum enthalt weder Octopuspr&zipitin noch prazipitables 
OctopuseiweiB, das durch das vor der Injektion dem Kaninchen ent- 
zogene Serum nachweisbar ware. Das auf Majaplasma einwirkende 
Prazipitin ist genau ebenso stark geblieben, wie vor der Einftihrung des 
Octopusplasmas. Das nach der zweiten Einspritzung von Octopusplasma 
entnommene Serum enthalt dagegen einen UeberschuB von prazipitablem 
OctopuseiweiB, derart, daB dasselbe noch in 32-facher Verdiinnung mit 
dem vor der ersten Einspritzung gewonnenen Serum einen deutlichen 
Niederschlag gibt. Ein daneben flbrig gebliebener Rest von Octopus- 
prazipitin ist hier ebensowenig zu konstatieren, wie in der ersten Probe. 

Zum Vergleiche mit den Bindungsversuchen im Kaninchenorganismus 
wird ein Reagenzglasversuch vorgenommen: 1 ccm des vor der Injektion 
gewonnenen Prazipitinserums wird mit 1 ccm des auf das 36-fache 
mit physiologischer Kochsalzldsung verdQunten Octopusplasmas versetzt. 
Die nach einer halben Stunde abzentrifugierte FlQssigkeit, gibt mit 
Octopusplasma versetzt keinen Niederschlag, dagegen mit dem unver- 
diinnten Prazipitinserum des Kaninchens zusammengebracht noch in 
32-facher Verdiinnung einen starken Niederschlag. Rechnen wir die 
Plasmamenge des Kaninchens, welches 2200 g wog, gleich V 30 des KQrper- 
gewichtes, so haben wir ungefahr 74 ccm Blutplasma anzunehmen. Die 

0 P 

im Reagenzglas mit 1 ccm Serum gemischte Menge von 1 ccm 

OP 

entspricht demnach den 2 ccm - ~ J , welche im Tierkorper mit 74 ccm 

Plasma zusammengebracht wurden. In beiden Fallen erhalten wir einen 
vollkommenen Verbrauch des Prazipitins und einen UeberschuB von 
Octopusplasma. Im Reagenzglas ist dieser UeberschuB etwas groBer 
und zwar, wenn wir die durch die Versuchsanordnung gegebene starkere 
Verdiinnung im Reagenzglasversuch in Rechnung ziehen, mehr als 
doppelt so groB. Dieser verhaitnismaBig geringe Unterschied bietet aber 
nichts Ueberraschendes, da wir im Tierkorper neben der Bindung der 
prazipitablen Substanz durch das Prazipitin ja auch eine solche durch 
Rezeptoren der Zellen anzunehmen haben. Ganz sichere quantitativ 
Qbereinstimmende Resultate wird man bei solchen Bindungsversuchen 
im Tierkorper freilich tiberhaupt nicht erwarten konnen, da die Berech- 
nung der Plasmamenge nach dem Kdrpergewicht bei Kaninchen schon 
unsicher ist und vielleicht auch noch andere Momente modifizierend ein- 
greifen konnen. Im wesentlichen vollzieht sich die Ver- 
einigung von Prazipitin und prhzipitabler Substanz in 
der Blutzirkulation aber ebenso wie im Reagenzglas. 

Ob es im lebenden Blutplasma bei der Verbindung der beiden 
reagierenden KQrper ebenso wie aufierhalb des Tierkorpers zu einer 
Prazipitatbildung kommt, ist durch die Beobachtung nicht ohne weiteres 
zu konstatieren. Es liegt meines Erachtens aber kein Grund vor, daran 
zu zweifeln. Es ist ja wobl auffallend, das prazipitinhaltige Kaninchen, 
deren Prazipitin im lebenden Blute selbst durch intravendse Injektion 


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366 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. No, 4. 


einer entsprechenden prazipitablen EiweiBlosung abges&ttigt wird, wie 
Rostoski 1 ) und Michaelis und Oppenheimer 2 ) hervorheben, meist 
keine bedrohlichen Erscheinungen aufweisen, die bei der Verstopfung 
von Kapillaren durch Prazipitatmassen doch zu erwarten waren. Ich 
habe in der Mehrzahl der F£lle auch keine Krankheitserscheinungen bei 
der Absfittigung des Prkzipitins in der Blutzirkulation beobachtet, bei 
einzelnen prazipitinhaltigen Kaninchen aber doch schwere Atemnot nach 
der Injektion des zugehorigen fremdartigen Plasmas wahrgenommen. 
Diese Beobachtungen sprechen also nicht vollkommen gegen die PrSzipitat- 
bildung. Im iibrigen ist aber nicht ersichtlicb, warum die Bedingungen 
ffir die Ausfallung der doch eingetretenen Verbindung von Prfizipitin 
und fremdartigem EiweiB im Plasma andere sein sollten als im Serum. 
Ich glaube daher nicht, daB die Pr&zipitation als solche im lebenden 
Blute unterbleibt und nehme mit Michaelis und Oppenheimer an, 
daB nur die Bildung groberer Niederschl&ge durch Eingreifen der 
Phagocyten verhindert wird. 

UeberschfissebeiderreagierendenSubstanzenneben- 
einander wurden auch bei den Versuchen im Kaninchen- 
organismus im allgemeinen nicht beobachtet. Es soil damit 
aber nicht gesagt werden, daB es nicht Kaninchen gibt, bei denen 
gleichzeitig prazipitables fremdartiges EiweiB und Prazipitin, welches 
EiweiB der gleichen fremdartigen Tierart ausfSLllt, gleichzeitig im Serum 
gelbst sind. Ich habe selbst auf diese Verhaltnisse immer besonders 
geachtet und auch einige derartige Falle gefunden. Es handelt sich 
dabei um solche Kaninchen, denen zum erstenmal eine grofie Menge 
von Octopus- oder Majaplasma in die Zirkulation gebracht wurde und 
die dann nach einer bestimmten Latenzperiode Prazipitin lieferten. 
Bei den meisten dieser Tiere verschwand das eingespritzte prazipitable 
fremdartige EiweiB schon vollkommen vor dem Auftreten des Prazipitins. 
Bei einigen derselben konnte aber in der ersten Zeit 
neben dem Prazipitin noch ein Teil der eingeftihrten 
prazipitablen Substanz nachgewiesen werden; das Serum 
gab dann sowohl mit der betreffenden fremdartigen Ei- 
weiBlbsung wie mit dem entsprechenden Prazipitinserum 
eines anderen auf gleiche Weise vorbehandelten Kanin- 
chens einen Niederschlag. 

Kaninchen 18 erhalt 4 ccm Majaplasma in die Ohrvene injiziert (das Majaplasma 
gibt in 800-facher Verdiinnung einen Niederschlag mit 8-wertigem Prazipitinserum). 
Nach einem Tag enthalt das Serum des Kaninchens so viel pazipilable Substanz, daB es 
in 32-facher Verdiinnung noch einen starken Niederschlag mit Prazipitinserum gibt. 
Nach 4 Tagen ist noch kein Prazipitin gebildet; mit Prazipitinserum gibt das Serum 
noch in 2-facher Verdiinnung einen starken Niederschlag. Nach 5 Tagen enthalt das 
Serum auch noch kein Prazipitin; mit Prazipitinserum bildet es dagegen noch un- 
verdunnt einen starken Niederschlag. 6 Tage nach der Injektion ist Majaprazipitin im 
Serum zu konstatieren und zwar ein 2-wertiger Gehalt. Das prazipitable MajaeiweiB ist 
aber trotzdem nicht verschwunden, das Serum gibt mit einem 4-wertigen Majaprazipitin- 
serum einen starken Niederschlag. Dabei stammt dieses zum Nachweis des Maja- 
eiweiBes benutzte Prazipitin von einem Kaninchen, dem vor 5 Tagen die gleiche Menge 
desselben Majaplasmas in die Ohrvene injiziert wurde. 

Kaninchen 16 erhalt 8 ccm Octopusplasma in die Ohrvene injiziert. (Das Octopus- 
plasma gibt in 6400-facher Verdiinnung einen deutlichen Niederschlag mit 8-wertigem 
Prazipitinserum.) 4 Tage darauf enthalt das Serum des Kaninchens Octopusprazipitin, 
es gibt in 2-facher Verdiinnung mit Octopusplasma (auf das 100-fache mit physiologischer 


1 ) Verhandl. d. phys. med. Gesellsch. zu Wurzburg. N. F. Bd. XXXV. 1902. 

2) Arch. f. Anatomie und Physiologie. 1902. 


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y. Dun gem, Bindungsverhaltnisse bei der Prftzipitinreaktion. 


367 


Kochsalzldsung verdunnt) einen starken Niederechlag. Gleichzeitig ist auch noch 
Octopusplasma zu konstatieren, das Serum gibt unverdiinnt mit dem 8-wertigen 
Prazipitinserum eines anderen vorbehandelten Kaninchens einen deutlichen und mit 
dem 8-wertigen Prazipitinserum eines weiteren Kaninchens einen starken Niederschlag. 

Kaninchen 3, 1840 g schwer, erhalt 6 ccm Octopusplasma in die Ohrvene ein- 
gespritzt. (Das Octopusplasma gibt noch in 6400-facher Verdiinnung mit 8-wertigem 
Prazipitinserum einen starken Niederechlag.) Das Serum gibt, nach 3 Tagen entnommen, 
noch in 8-facher Verdiinnung einen starken Niederechlag mit dem 16-wertigen Prazipitin¬ 
serum eines anderen mit Octopusplasma vorbehandelten Kaninchens. Am folgenden 
Tage wei8t das Serum noch den gleichen Gehalt an prazipitabler Substanz auf; trotz- 
dem enthalt es jetzt auch etwas Praziptin, es ist 1-wertig. 5 Tage nach der Injektion 
ist der Prazipitingehalt um mehr als das Doppelte gestiegen, die Menge der prazipitablen 
Substanz betragt nur noch 1 L der friiheren. 6 Tage nach der Injektion ergibt die 
Priifung des Serums gar kein uctopuseiweifi mehr una einen 4-wertigen Prazipitingehalt. 
Kaninchen 11 ernalt 16 ccm Octopusplasma intravends eingefiihrt (das Octopus- 

S lasma gibt noch in 3200-facher Verdiinnung mit 8-wertigem Prazipitinserum einen 
eutlichen Niederschlag). Nach 3 Tagen enthalt das Serum des Kaninchens noch kein 
Prazipitiu. Nach 4 Tagen erecheint zueret Octopusprazipitin im Blute, das Serum gibt 
in 8-facher Verdiinnung mit Octopusplasma (auf das 100-fache verdunnt) einen staraen 
Niederschlag. Daneben enthalt das Serum noch prazipitables Octopuseiweifi/ es gibt, 
mit einem 32-wertigen Prazipitinserum eines anderen Kaninchens zusammengebracht, in 
32-facher Verdiinnung einen starken Niederechlag. Nach 5 Tagen ist der Prazipitin¬ 
gehalt so grofl, dafi man bei 32-facher Verdiinnung des Serums noch einen deutlichen 
Niederschlag mit Octopusplasma erhalt. Trotz dieses verhalfcnismafiig hohen Prazipitin- 
gehaltes ist auch noch Octopuseiweifi zu konstatieren und zwar ein ungefahr 16-wertiger 
Gehalt. Bei der Priifung auf prazipitable Substanz fallt es auf, dafi die Wertigkeit des 
znr Untersuchung benutzten Prazipitinserums die St&rke der Reaktion mehr beeinflufit 
als dies gewOhnlich der Fall ist. 6 Tage nach der Injektion des Octopusplasmas ist 
keine prazipitable Substanz mehr im Serum des Kaninchens durch Zusatz von Prazipitin 
nachzuweisen. Der Prazipitingehalt ist dabei der gleiche geblieben wie am vorhergehen- 
den Tage. 

BS der Absattigung des Prazipitins in der Blutbahn durch intravenbse Injektion 
von Octopusplasma ist die Erecheinung des Nebeneinanderbestehens von Prazipitin und 
prazipitablem EiWeifi auch bei diesem Kaninchen nicht zu konstatieren; 9"luge nach 
aer ereten Einfiihrung werden nufs neue zueret l L ccm und dann noch l j A ccm Octopus¬ 
plasma in die Ohrvene eingespritzt (das Octopusplasma gibt in 6400-facher Verdiinnung 
mit dem Prazipitinserum deutlichen Niederechlag). Der Prazipitingehalt des Serums, 
der zu dieser Zeit 8-wertig ist, sinkt nach der ersten Injektion auf 2, nach der zweiten 
Injektion auf weniger als 1 Wertigkeit. Prazipitable Substanz ist aber weder nach der 
ersten noch nach aer zweiten Einspritzung im Serum zu finden, obgleich wieder mit 
dem gleichen 32-wertigen Pr&zipitinserum untereucht wird, mit dem neim ereten Auf- 
treten des Prazipitins neben dem Prazipitin OctopuseiweiB konstatiert wurde. 

Was nun die Erkl&rnng dieses eigentfimlichen gemeinsamen Vor- 
kommens von ungebundenem Prazipitin und gelflster prftzipitabler Sub¬ 
stanz betrifft, so gentigt schon die Inkonstanz dieser Beobachtung, um 
eine Zurfickfflhrung auf das Massenwirkungsgesetz auszuschlieBen. Die 
Erscheinung ist aber ohne weiteres durch ein anderes 
Moment zu erklaren, durch die Vielheit der Pr&zipitine. 

Ehrlich und Morgenroth 1 ) haben gezeigt und mit Recht hervor- 
gehoben, dall die Immunk5rper, welche nach der Einfiihrung von fremd- 
artigen Zellbestandteilen im Organism us der Versuchstiere entstehen, 
nicht einheitlicher Natur sind, sondern eine Mischung mehrerer Partial- 
immunkorper darstellen, welche an verschiedenen chemischen Gruppen 
des entsprechenden Zellmaterials angreifen. Genau die gleiche komplexe 
Zusammensetzung muB aber auch ftlr die PrSzipitine angenommen werden. 
Ein bestimmtes prSzipitierendes Serum eines Versuchstieres, das mit 
einem fremdartigen Blutplasma vorbehandelt ist, wirkt nicht durch eine 
einzige Art von Prazipitin auf das betreffende Blutplasma ein, sondern 
durch verschiedenartige prazipitierende Antikorper. 


1 ) Berl. klin. Wocheoschr. 1901. No. 21 u. 22. 


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368 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 4. 

Die Richtigkeit dieser Annahme, welche schon aus den Versachen 
von M. Ascoli 1 2 ) und meinen frUheren Beobachtungen *) hervorgeht, 
wird durch die folgende Untersuchung vollkommen sichergestellt Jedes 
mit PlasmaeiweiB gewonnene PrSzipitinserum reagiert nfimlich nicht nnr 
mit dem zur Erzeugung des Prazipitins benutzten Plasma, sondern in 
geringerem Grade anch mit dem Blutplasma verwandter Tierarten. So 
pr&zipitiert starkes Majapr&zipitinserum auch DromiaeiweiB. So gibt 
OctopusprSzipitinserum auch mit Eledoneplasma und dementsprechend 
Eledoneprkzipitinserum auch mit Octopusplasma einen Niederschlag. 
Ueber die quantitativen Verhaltnisse geben folgende Beobachtungen 
Aufschlufi (p. 369). 

Die mit Octopusplasma erzeugten Prfizipitinsera von Kaninchen weisen 
demnach bei der Priifung mit Eledoneplasma im allgemeinen l / 4 oder 
etwas mehr als x /-i> xn einzelnen Fallen x / 2 des Prazipitingehaltes auf, 
der bei der Untersuchung mit dem zugehdrigen Octopusplasma kon- 
statiert- wird. Zu Beginn der Prazipitinbildung scheint der Unterschied 
in der Wirkung auf die beiden EiweiBarten etwas geringer zu sein als 
nach der Produktion des gesamten Prazipitins. Die Eledoneprazipitin- 
sera zeigen ein entsprechendes Verhalten, sie flben auf das zugehorige 
Eledoneplasma eine 2—4-mat so starke Wirkung aus wie auf das nur 
verwandte Octopusplasma. GroBer sind die individuellen Verschieden- 
heiten in der Qualitat der Majaprazipitinsera. Ein Teil derselben pra- 
zipitiert auch Dromiaplasma und zwar ungefahr 8-mal schwacher als 
Majaplasma, andere bedingen dagegen, mit Dromiaplasma zusammen- 
gebracht, gar keine Niederschlagsbildung, obgleich sie in Bezug auf 
Majaplasma einen 8-wertigen Prazipitingehalt aufweisen. Ein Dromia- 
pracipitinserum ruft im Majaplasma keinen Niederschlag hervor, wabrend 
es fur das zugehorige Dromiaplasma fast 32-wertig ist. 

Diese Erscheinungen lassen sich nun leicht dazu verwerten, unsere 
Voraussetzung, die Vielheit der Prazipitine in einem Serum, auf ihre 
Richtigkeit zu prtifen. Es milssen, wenn unsere Anschauung den Tat- 
sachen entspricht, in jedem der untersuchten Prazipitinsera zwei ver- 
schiedene Gruppen von Teilprazipitinen nachzuweisen sein, solche, welche 
nur auf das spezifisch zugehorige EiweiB einwirken und mit dem Eiweifi 
der verwandten Tierart keine Reaktion geben, und daneben andere, 
welche sowohl das zugehorige wie auch das demselben verwandte Plasma 
zur Fallung bringen. Das Octopusprazipitinserum besteht demnach aus 
den Teilprazipitinen Po (nur am OctopuseiweiB angreifend) und Poe 
(sowohl am OctopuseiweiB wie am EledoneeiweiB angreifend), das Ele- 
doneprazipitinserum aus Prazipitin Pe und Prazipitin Peo, wobei Po 
und Pe ganz verschieden sind, Poe und Peo dagegen identisch sein 
konnen. Das Majaprazipitinserum ist ebenso aus den Partialprazipitinen 
Pm und Pmd zusammengesetzt und das Dromiaprazipitinserum aus Pd 
und Pdm. 

Der Nachweis, daB in der Tat jedes mit einem bestimmten fremd- 
artigen Plasma erzeugte Prazipitin serum in der genannten Weise aus 
verschiedenen Korpern, spezifischen und nicht spezifischen, zusammen¬ 
gesetzt ist, kann auf zweierlei Weise durch Anwendung der Absorptions- 
methode und auf dem Wege der Immunisierung gefflhrt werden. 

Beim Absorptionsversuch wird das betretfende Prazipitinserum, dessen 

1 ) Munch, med. Wochenschr. 1902. No 34. 

2) Die Antikorper. p. 79. Jena 1903. 


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v. Dungern, Bindungsverhiltnisse bei der Pr&zipitinreaktion. 


369 


Octopusprazipitinserum gibt Niederschlag 

. O.P. 

; mt W 

. E.P. 

Serum 7a 

deutUch 

-tt stark 
o 

»> 

7b (nach Abfall des ursprungl. Prazipitingehaltes) 

1 gering 

16 deutlich 

-j deutlich 

tt 

4a 

stark 

lb 

~r stark 

4 

i) 

4b (nach Abfall des ursprungl. Prazipitingehaltes) 

— deutlich 

4 

y- stark 

tt 

6 

4 . stark 
lb 

1 

stark 

4 

tt 

9a 

stark 

j -° 

V 

9b (nach weiterer Prazipitinproduktion) 

~ deutlich 

o 

-j- stark 

ft 

11 

,, stark 

o 

1 

~2 stark 

tt 

12 a 

. j 

4 * stark 
o 

stark 

4 

tt 

12b (nach weiterer Prazipitinbildung) 

deutlich 

64 

deutlich 

lb 

tt 

13 

_L stark 

16 deutlich 

g- stark 

^ deutlich 
o 

ft 

16 

-g- stark 

tt 

17a 

_L stark 

4 deutlich 

JL stark 

2 deutlich 

it 

17b (nach neuer Injektion von O.P.) 

- stark 
o 

stark 

tt 

17c (nach weiterer Prazipitinbildung) 

32 8tark 

g stark 

it 

18a 

4 stark 

y- deutlich 

it 

18b (nach neuer Injektion von O.P.) 

g stark 

~ stark 

it 

18c (nach weiterer Prazipitinbildung) 

J stark 

64 deutlich 

— deutlich 
lb 

it 

18d (nach Abfall des Prazipitiugehaltes) 

5B stftrk 

stark 

8 deutlich 

it 

8 

k 8tark 

1 stark 

16 deutlich 

Gledo 

neprazipitinserum gibt Niederschlag 

E.P. 

m,fc 100“ 

w 

Serum 

15a 

-y deutlich 

l =0 

tt 

15b (nach weiterer Prazipitinbildung) 

4 deutlich 

4 

y- stark 

tt 

15c (nach neuer Injektion von E.P.) 

g deutlich 

^ stark 

tt 

15d (nach weiterer Prazipitinbildung) 

4 : stark 
lb 

4 deutlich 

o 

tt 

15e (nach weiterer Prazipitinbildung) 

32 stark 

1 Stark 

tt 

22 

stark 

-,y stark 


24 


Eretc Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


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370 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4. 


Majaprazipitinserum gibt Niederschlag 

M.P. 
m,t 100 

““tw 

Serum 

14 

-rr stark 
o 

i-o 


13 

-rr- stark 
o 

i- 

it 

4 

-g- deutlich 

|_0 

»> 

9 

16 6tark 

2 stark 

ii 

7 

}a stark 
lb 

1 deutlich 
4 

ii 

23 

m sUak 

^ deutlich 

Dromiaprazipitinserum gibt Niederschlag 

. D.P. 

mit loo 

-£ 

Serum 10 

^ deutlich 

I.o 


spezifische and nicht spezifische Wirkung festgestellt worden ist, mit 
dem nicht entsprechenden prSzipitablen Eiweifi zusammengebracht and 
dann, nachdem der entstandene Niederschlag durch Zentrifugieren entfernt 
worden ist, aufs neue quantitativ auf Prazipitingehalt in Bezug auf die 
beiden Plasmaarten geprflft. Z. B.: Octopusprazipitinserum 8 gibt mit 
Octopusplasma (auf das 100-fache verdfinnt) noch in 32-facher Verdflnnung 
einen starken, mit Eledoneplasma (auf das 100-fache verdflnnt) in 16- 
facher Verdflnnung einen stark-deutlichen Niederschlag. Das Eledone¬ 
plasma gibt mit dem Serum in 3200-facher Verdflnnung einen starken 
Niederschlag. Es wird nun folgende Mischung vorgenommen: 1 ccm 
Serum 8 + 1 ccm physiologische Kochsalzlosung + 2 ccm auf das 100- 
fache verdflnntes Eledoneplasma. Es entsteht ein starker Niederschlag, 
der durch die Zentrifuge entfernt wird. Die Fltissigkeit wird weder 
durch Serum 8 noch durch Eledoneplasma (auf das 100-fache verdflnnt) 
gefallt. Sie gibt aber mit Octopusplasma (auf das 100-fache verdflnnt) 
noch in 4-facher Verdflnnung ein slarkes Prflzipitat. Der PrSzipitin- 
gehalt des Octopuspr&zipitinserums ist demnach durch den Zusatz von 
Eledoneplasma, wenn man die beim Versuche vorgenommene 4-fache 
Verdflnnung des Serums berflcksichtigt. nur um die Hfllfte geringer ge- 
worden, w&brend die Pr&zipitinwirkung fflr Eledoneplasma dabei voll- 
kommen verloren gegangen ist. Wflrde es sich um ein einheitliches 
Prfizipitin bandeln, das auf Octopusplasma ungef&hr doppelt so stark 
wirkt wie auf Eledoneplasma, so mfifite der nach der Absorption zurflck- 
bleibende Rest auch wieder Eledoneplasma ungefflhr '/jinal so stark 
prazipitieren wie Octopusplasma. Das ist aber nicht der Fall, man 
erhfllt ein vollkommen spezifisches Prfizipitin, das nur 
noch Octopusplasma, nicht aber Eledoneplasma zur F&l- 
lung bringt. 

Man kann diesera PrSzipitin Po jetzt noch weiter Eledoneplasma 
zusetzen, ohne dafi eine Prazipitation eintritt, und erhalt dadurch 
eine Flflssigkeit, welche sowohl mit Octopuspr&zipitin 
wie mit Octopusplasma einen Niederschlag gibt In beiden 
Fallen sind es aber verschiedene Prazipitine, welche die Reaktion be- 
dingen, beim Zusatz von Octopusplasma das in der Flflssigkeit vor- 
handene spezifische Po, bei der Mischung mit Octopuspr&zipitinserum 
das nicht spezifische Poe, welches auch auf Eledoneplasma einwirkt 


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v. Dangern, Iiindungsverh&ltnisse bei der Pr&zipitinreaktion. 


371 


Entsprechend den spezifischen and nicht spezifischen TeilprGzipitinen 
mflssen auch an den prazipitablen EiweiBkdrpern einer bestimmten Tier- 
art verschiedenartige prkzipitinbindende Gruppen angenommen werden. 
Wir haben demnach in Bezng auf die angewandte Versuchsanordnung 
am Eledoneeiweifi (E) die Gruppen e und eo zu unterscheiden. Die 
FlQssigkeit, welche sowohl mit Octopusplasma wie mit 
OctopusprSzipitin ein PrQzipitat lieiert, enthalt also 
gar nicht zwei reaktionsfabige Substanzen, da Po sich 
weder mit Ee noch mit Eeo vereinigen kann. 

Ganz ahnliche Verhaltnisse, wie sie hier kflnstlich durch das Ex¬ 
periment geschaffen warden, liegen meines Erachtens auch in den be- 
schriebenen Fallen vor, bei denen im Kaninchensernm za Anfang der 
Prfizipitinbildung nebeneinander PrQzipitin and prazipitable Substanz 
vorhanden waren. Auch hier handelt es sich nicht am zwei reaktions- 
fahige Korper, deren Verbindong aus irgend welchen GrQnden unter- 
bleibt, sondern am Substanzen, welche keine Affinitat zueinander be- 
sitzen. Die betreifenden Kaninchen haben za dieser Zeit noch nicht 
alle moglichen Teilprkzipitine gebildet, sondern nur einzelne derselben. 
Diese zunachst prodnzierten, nur aaf bestimmte Gruppen der prazipitablen 
EiweiBkorper passenden Partialprkzipitine sind es, welche nach der Ab- 
sattigung aller znr Verfflgung stehenden zugehdrigen Gruppen der pra¬ 
zipitablen Substanz im Serum nachweisbar werden. Daneben bleibt 
aber ein anderer Teil der prazipitablen Substanz, der keine Affinitat 
zu dero gebildeten Prazipitin besitzt, bestehen, solange, bis ein anderes 
Partialprazipitin von den Eaninchenzellen geliefert wird, welches sich 
mit Gruppen der in Ldsung gebliebenen EiweiBkOrper vereinigen kann. 

Diese schon an und fflr sich aufierordentlich wahrscheinliche Er- 
klGrung gewinnt durch die in Tabelle XI dargestellten Reagenzglas- 
versuche eine besondere Stfltze. Wenn Octopusplasma mit einem Ueber- 
schuB eines bestimmten Prazipitinserums versetzt wurde, so gab die 
FlQssigkeit nach der Bildung des PrOzipitates fQr gewdhnlich mit einem 
zweiten Prazipitinserum eines anderen Kaninchens ebensowenig einen 
Niederschlag mehr wie mit dem zur AusfQUung der prazipitablen Sub¬ 
stanz verwandten Kaninchenscrum. Anders dagegen bei der Benutzung 
von Serum 2. 

Das in diesem Serum enthaltene Prazipitin war nicht auf die ge- 
wohnliche Weise durch intravendse Injektion von Octopusplasma erzeugt 
worden, sondern nach intraperitonealer EinfGbrung von durch Alkohol 
gefalltem Octopusplasma entstanden. Das Alkoholprazipitat des Octopus- 
plasmas verliert schon nach ganz kurzer Einwirkung von absolutem 
Alkohol seine LQslichkeit in Wasser oder Kaninchensernm, wahrend die 
prazipitinbindenden Gruppen teilweise erhalten bleiben 1 ). Bei meinen 
Versuchen, wo zur Prazipitation und zum Waschen des Niederschlages 
nicht mehr als 20 Minuten verwandt wurden, blieb 1 / 4 — 1 / 8 dieser 
Gruppen funktionsf&hig. Drei normale Kaninchen, denen solches Alkohol¬ 
prazipitat von je 8 ccm Octopus- oder Eledoneplasma in feiner Suspen¬ 
sion in die BauchhShle eingespritzt wurde, lieferten auch nach Wieder- 
holung der Injektion keine Prazipitine und ebensowenig auch die Pra¬ 
zipitin reaktion hemmende AntikQrper. Kaninchen 2, das frGher mit 


1) D&8 es gich dabei wirklich um eine elektive BinduDg des Prazipitins von seiten 
des Prfizipitates handelt und nicht um eine nicht spezifische Absorption, wurde dadurch 
festgestellt, dafi auf die gleiche Weise dargestelltes Alkoholprazipitat von Majaplasma 
dem Octopus- oder Eledoneprazipitinserum kein Prazipitin entzog. 

24* 


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372 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Octopusplasma vorbehandelt worden war, zur Zeit aber kein PrSzipitin 
mebr im Blute aufwies, zeigte dagegen 3 Tage nach der Injektion des 
Alkoholpr&zipitates von 8 ccm Octopusplasma einen geringen, am n&chsten 
Tage schon einen fast 8-wertigen Pr&zipitingehalt und lieferte 5 Tage 
nach der Einspritzung das zum Versuch benutzte Serum. 

Brachte man dieses Serum im UeberschuB mit Octopusplasma zu- 
sammen, so blieb nach der Entfernung aller durch das gleiche Serum 2 
nachweisbajen pr£zipitablen Substanz noch pr&zipitables EiweiB in 
L5sung, welches durch ein zweites Octopuspr&zipitinserum 17 nieder- 
geschlagen wurde, obgleich der absolute Prkzipitingehalt beider Sera der 
gleiche war. Wurde dagegen der umgekehrte Versuch angestellt und 
dasselbe Octopusplasma zun&chst in gleicher Weise mit Serum 17 ver- 
mischt, so war auch mit Serum 2 keine weitere F&llung mehr zu er- 
zielen. Es geht aus diesen Bindungsversuchen mit Sicher- 
heit hervor, dafi Serum 2 mindestens ein Partialprazipitin 
weniger enth&lt als Serum 17. Diesem fehlenden Teilpr&zipitin 
entspricht ein Bestandteil der pr&zipitablen Substanz, welcher nur durch 
dieses Teilpr&zipitin, nicht aber durch die anderen Partialpr&zipitine 
ausgefSJlt werden kann. 

Damit hat aber auch das gleichzeitige Vorkommen von Pr&zipitin 
und pr&zipitabler Substanz eine ausreichende Erklfirung gefunden. Diese 
Erscheinung ist, wie gesagt, nicht charakteristisch ffir die Pr&zipitin- 
reaktion iiberhaupt, sie kann nur unter besonderen Bedingungen zu 
stande kommen. Es ist zun&chst dazu eriorderlich, daB nach der In¬ 
jektion eines bestimmten fremdartigen Blutplasmas mindestens zwei 
verschiedene Pr^zipitine in ungleichmaBigen MengenverhaltnisSen im 
Kaninchenorganismus entstehen konnen. Das genugt aber noch nicht, 
es mfissen auBerdem solche Prazipitine sein, welche nicht an alien 
Molekttlen der pr&zipitablen EiweiBkdrper entsprechende bindende Gruppen 
finden, deren Besetzung die Pr&zipitation hervorruft, da sonst schon jedes 
Teilpr&zipitin, im UeberschuB zugesetzt, das Ausfallen der gesamten 
pHlzipitablen Substanz bedingen miiBte. 

In dem hier genauer untersuchten Falle war zum Nachweis des 
neben dem Octopuspr&zipitin noch in Losung gebliebenen OctopuseiweiBes 
noch ein zweites Pr&zipitinserum notwendig, welches das im ersten Serum 
viel schwkcher vertretene oder ganz fehlende zugehorige Teilprkzipitin 
enthielt. Es kann aber auch vorkommen, daB die neben dem Pr&zipitin 
frei bestehende prazipitable Substanz durch das gleiche Serum ausf&llbar 
ist, das beim Versuch mit dem fremdartigen Blutplasma vermischt wurde. 
Hamburger macht eine derartige Angabe 1 ). Ich selbst habe nur in 
einem einzigen Falle bei einer etwas komplizierteren Versuchsanordnung 
solche Verh&ltnisse wahrgenommen. 

Versuch: Octopusprazipitinserum 18 wird zunachst mit Eledoneplasma zusammen- 
gebracht (das Serum gibt mit dem auf das 100-fache verdlinnten Eledoneplasma noch 
in 8-facher Verdiinnung einen stark-deutlichen Niederschlag. Das Eledoneplasma gibt 
in 2048-facher Verdiinnung mit dem Serum einen deutli(3ien Niederschla^g). 10 ccm 
Serum 18 + 0,625 ccm unverdiinntes Eledoneplasma. Es entsteht ein starker Nieder- 
schlag, der nach 3 Stunden abzentrifugiert wird. Die Fliissigkeit gibt mit Serum 18 
in 4-facher Verdiinnung einen Niederechlag, dagegen nicht mit Eledoneplasma. Fflr 
Octopusplasma besitzt sie noch einen 8-fachen Prazipitingehalt. Man erhalt durch dieses 
Vorgehen also ein Octopusprazipitinserum, das nur an solchen prazipitinbindenden 
Gruppen des OctopuseiweiBes angreift, die im Eledoneplasma nicht vorkommen. Dieses 
Serum 18 A wird jetzt mit verschiedenen Mengen von Octopusplasma 11 zusammen- 
gebracht (vergl. Tabelle VII). 

1 ) Wien. klin. Wochenschr. 1902. No 45. 


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v. Dungern, Bindungsverh&ltnisse bei der Prazipitinreaktion. 


373 


1,5 ccm Serum 18 A + 0,5 ccm 


1,5 

1,5 

1,5 

1,5 

1,5 


18 A + 0,5 
18 A + 0,5 
18 A + 0,5 
18 A -j- 0,5 
18 A + 0,5 


16 

O.P.ll 


Die Fliissigkeit (F) gibfc, einige Stunden nach 
der Vereinigung vora Niederschlag durch 
Zentrifugieren eetrermt, einen Niederschlag mit 
O.r. Scrum 18 A 


O.P.ll 

256 

O .P.ll 

128 

ap.ii 

64 

ORU 

32 

O.P.ll 


8 


100 

F 

-j- stark 
F 

—j- deutlich 
F 

-~ 2 ~ stark 
F 

-y- stark 
F 

~Y deutlich 
F 


1 

F 

T -° 

■r“° 

i-» 

F 

-r = ° 

F 

— deutlich 
F 

- deutlich 
o 


Wir konstatieren demnach hier bei einem bestimraten Mischungsverhaltnis einen 
gleichzeitigen UeberschuB von Prazipitin dee 8erums 18 A und von prazipitabler Sub¬ 
stanz, die daduich zur Fallung koramt, daB das gleiche Serum 18 A unverdiinnt 
zugeeetzt wird. 


Diese Erscheinung muB dann zu stande kommen, wenn die Haupt- 
menge des Prazipitins zu solchen Bestandteilen des prazipitablen EiweiBes 
Beziehung hat, die im fremdartigen Blutplasma nur in verhaltnismaBig 
geringer Menge vertreten sind. Z. B.: (4 Pa + 2 Pb) -j- (2 Ea 4- 4 Eb) 
= (2 PaEa + 2 PbEb) + 2 Pa + 2 Eb. Grundbedingung ist naturlich 
auch hier, daB die verschiedenartigen prazipitinbindenden Gruppen (a 
und b) auf verschiedene Molekiile der prazipitablen Substanz verteilt 
sind. 

DaB ini Octopusplasma wirklich solche differente Korper vorkommen, 
wird durch folgenden Versuch bestatigt. Ich stellte denselben deshalb 
an, weil ich sehen wollte, ob das Verschwinden der prazipitablen Sub¬ 
stanz aus dem Octopusplasma der Fallung des H&mocyanins durch 
Ammonsulfat vollkoinmen entspricht. Es wurde dem Octopusplasma 
einerseits konzentrierte Ammonsulfatlosung in groBem UeberschuB zu- 
gefiigt. Die vom gebildeten Prazipitat abfiltrierte Flflssigkeit gab dann 
keine EiweiBreaktion und enthielt ebenso auch keine durch Pr&zipitin- 
serum nachweisbare prazipitable Substanz mehr. Andererseits versetzte 
ich 10 ccm Octopusplasma mit nur soviel konzentrierter Ammonsulfat¬ 
losung, daB das gesamte Plasma gerade anting, trfibe zu werden. Die 
groBe Masse des HSmocyanins fiel dann im Verlaufe der ndchsten 2 Tage 
in Form eines mikrokristallinischen Breies aus; die nur sehr scbwer 
durch Filtration mittels der Saugpumpe zu gewinnende Fliissigkeit 
(1,5 ccm) ‘ enthielt aber auch noch etwas EiweiB. Der Hamocyaninbrei, 
der ein Volumen von 10 ccm einnahm, war in 1-proz. Kochsalzlosung 
wieder sehr leicht loslich und zeigte nahezu den gleichen Gehalt an 
prazipitabler Substanz wie das nicht modifizierte Plasma. Die abgesaugte 
Flflssigkeit enthielt dagegen verhaltnismaBig sehr viel weniger prazipitable 
Substanz. Dabei zeigten sich sehr bemerkenswerte Unterschiede, wenn 
verschiedene prflzipitierende Sera zur Prflfung benutzt wurden. Die 
Fliissigkeit wurde von Serum 2 noch in 4-facher Verdflnnung, von einem 
anderen Serum 17 dagegen noch in 64-facher Verdflnnung stark gefallt, 
obgleich das zum Versuch verwandte Octopusplasma durch beide Sera 
in gleicher Weise noch in 2048-facher Verdflnnung stark prflzipitiert 
wurde. Diejenigen Bestandteile des Octopusplasmas, welche nur durch 
das dem Serum 2 fehlende Partialprazipitin des Serums 17 nieder- 


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374 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


geschlagen werden kdnnen, sind demnach bei der Ausffillung durch 
Ammonsulfat in verhaltnismaBig gr5Berer Menge in L5sung geblieben 
als die anderen durch Serum 2 in gleicher Weise pr&zipitablen EiweiB- 
kdrper. 

DaB die durch Prazipitine f&llbaren Substanzen des 
Octopusplasmas EiweiBkorper sind, ist wohl mit Sicher- 
heit anzunehmen; es spricht dafttr nicht nur das soeben beschrie- 
bene Verhalten der pr&zipitablen Substanz bei der Ammonsulfatfallung 
des Hamocyanins, sondern auch die Beschaffenheit des Pr&zipitates. Der 
Kupfernachweis l ) ist dabei nicht einmal unumganglich notwendig, da 
das Hamocyanin sich bei der Ausfailung von konzentriertem Octopus- 
plasma durch ein starkes Prazipitinserum schon ohne weiteres im Nieder- 
schlage zu erkennen gibt; das gewaschene Prfizipit&t zeigt eine blaue 
Farbe, die durch Zuleiten von Kohlens&ure verschwindet und beim 
Schiitteln mitLuft wieder erscheint. Das Hamocyanin ist demnach 
kein einheitlicher EiweiBkorper, sondern aus verschie- 
denartigen Molekulen zusammengesetzt. 

Zeigen uns diese Beobachtungen, daB bestimmte Prazipitin-bindende 
Gruppen der pr&zipitablen Substanz nicht bei alien chemischen Indivi- 
duen derselben vorzukommen brauchen, so ist damit doch noch nicht 
gesagt, daB die einzelnen prazipitablen Molekiile sich nur mit einer ein- 
zigen Art von Pr&zipitin verbinden kbnnen. Ich habe daher zur Ent- 
scheidung dieser Frage noch weiter untersucht, ob nach der Ausf&llung 
von Eledoneplasma durch das alloiogene Pr&zipitin Poe eines Octopus- 
prazipitinserums noch pr&zipitable Substanz in Ldsung bleibt, welche 
erst durch das isogene TeilprSLzipitin Pe eines Eledonepr&zipitinserums 
niedergeschlagen wird. 

Ver8uch: Es wird benutzt ein Octopusprazipitinserum 13, welches mit verdiinntein 
Octopusplasma in 10-facher Verdunnung einen stark-deutlichen, mit verdiinntem Ele¬ 
doneplasma in 8-facher Verdunnung einen deutlichen Niederschlag gibt, ein Eledone- 
prazipitinserum 15, welches mit verdiinntem Eledoneplasma in 32-facher Verdunnung 
einen starken, mit verdiinntem Octopusplasma in 16-Facher Verdunnung einen starken 
Niederschlag gibt, und ein Eledoneplasma, welches sowohl mit Serum 13 wie mit Serum 
15 wie mit dem auf das 16-fache mit Kochsalzl&sung verdiinntem Serum 15 ungefahr 
auf die gleiche Weise noch in 1600-facher Verdunnung einen starken Niederschlag gibt. 



Das Octopusprazipitinserum hat demnach durch Verbindung mit 
Eledoneplasma, genau wie in dem friiher schon beschriebenen Falle, nur 
das Prazipitin Poe verloren, welches an den bei beiden Cephalopoden- 
arten vorkommenden Gruppen angreift, wahrend das nur auf Octopus¬ 
plasma einwirkende Teilprazipitin Po vollkommen in Losung geblieben 
ist. Das prazipitable Eiweifi des Eledoneplasmas ist dagegen schon 


1) v. Dungern, Die Antikorper. p. 74. 


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v. Dungern, Bindungsverh&ltnisse bei der Pr&zipitinreaktion. 


375 


unter dem Einflusse des alloiogenen Teilprazipitins Poe vollkomraen in 
den Niederschlag fiber gegan gen. 

In gutem Einklange damit steht auch das Ergebnis eines anderen 
Versuches: Bei einem bestimmten Octopusplasma wurde festgestellt, 
wie weit man dasselbe verdtinnen kann, um noch einen starken Nieder¬ 
schlag mit Prfizipitin zu erhalten. Es wurden dabei die gleichen Werte 
gefunden, gleichgttltig, ob mit dem unveranderten Octopusprazipitinserum 
13, das beide Komponenten Po und Poe enthielt, geprtift wurde, oder 
nur mit dem Teilprazipitin Po. 

Man muB daher annehmen, daB die einzelnen prfizipi- 
tablen EiweiBmolektile ftir verschiedenartige Prazipitine 
entsprechende bindende Gruppen besitzen. 

Da es aus diesem Grunde nicht moglich ist, durch Absorption eine 
solche prazipitable Substanz darzustellen, welche dem spezifischen Teil¬ 
prazipitin entsprechend nur durch dieses ausfailbar ist, so gelingt es 
auch nicht, mit der Absorptionsmethode das spezifische Teilprazipitin aus 
einem Serum zu entfernen und dadurch ein solches Prazipitin zu ge- 
winnen, das auf die gelosten EiweiBkorper von 2 verwandten Tierarten 
gleich stark einwirkt. 

Es war dagegen moglich, solche nicht spezifische 
Pr fizipitinsera durch eine besondere Art der Immunisie- 
rung zu erzeugen. Das Prazipitin erscheint namlich, wie aus meinen 
frfiheren Versuchen hervorgeht *), auf die Einffihrung der prazipitablen 
Substanz hin im Blute eines schon frfiher mit dem gleichen fremdartigen 
EiweiB vorbehandelten Kaninchens rascher und in grSBerer Menge als 
in dem eines Normaltieres, eine Tatsache, welche ich durch Neubildung 
entsprechender Rezeptoren der Zellen erklaren konnte. Wenn man nun 
einem normalen Kaninchen zunfichst das Blutplasma einer bestimmten 
Tierart einspritzt, und dann, nachdem das auf diese Injektion hin pro- 
duzierte Prazipitin wieder aus dem Blute verschwunden ist, zum zweiten- 
mal nicht mehr dasselbe, sondern nur verwandtes prazipitables EiweiB 
einffihrt, so muB die Prazipitinproduktion zunachst nur gegentiber den- 
jenigen Gruppen der prazipitablen Substanz erfolgen, mit welchen das 
Kaninchen schon bei der ersten Injektion in Beriihrung gekommen ist, 
und das sind eben die den beiden verwandten Tierarten gemeinschaft- 
lichen bindenden Gruppen 1 2 ). Man erhalt daher auf diese Weise ein 
Prazipitin, welches seine spezifische Beziehung zu demjenigen EiweiB, 
das zu seiner Entstehung Veranlassung gab, scheinbar eingebfiBt hat, in- 
dem es das EiweiB einer anderen Tierart gleich stark prazipitiert; in 
Wirklichkeit erklart sich aber alles durch die einseitige Ausbildung eines 
Teilprazipitins. 

Die komplexe, in ihren einzelnen Bestandteilen wecb- 
selnde Zusammensetzung der p r fiz i p i ti e r e n d e n Sera 
macht auch die eigenttimlichen, vonEisenberg zuerst be- 
schriebenen, Bindungsverhaltnisse leicht verstandlich. 
Es ist ja nicht zu erwarten, daB alle Teilprazipitine, deren es eine 
groBere Anzahl geben muB, proportional der Menge der einzelnen zuge- 
horigen Gruppen der prazipitablen Substanz gebildet werden. Schon 
die Tatsache, daB die Prazipitinsera verschiedener Individuen sich in un- 

1) Die Antikorper. Kapitel V u. VI. 

2) Auf die Beaeutung dieser Erscheinung fiir die Rezeptorentheorie braucht hier 
nicht eingegangen zu werden. Die Versuche und Protokolle sollen noch an anderer 
Stelle genauere Besprechung finden. 


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376 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original e. Bd. XXXIV. No. 4. 


gleicher Weise mit der zugehdrigen prazipitablen Substanz vereinigen, 
weist darauf hin, daB die eine oder die andere dieser verschiedenartigen 
Gruppen der fremdartigen EiweiBkorper leichter als die ubnigen zur 
Pr&zipitinproduktion Veranlassung gibt 1st dies aber der Fall, so 
kdnnen die quantitativen Absorptionsverhaitnisse fiir die einzelnen Partial- 
prazipitine nicht die gleichen sein: Um die differenten prftzipitierenden 
Korper einer bestimmten Serummenge vollkommen zu absorbieren, sind 
dann jeweils verschiedene Mengen des prazipitablen Plasmas notwendig. 
Eine gegebene Quantitat prazipitabler Substanz kann der zum Bindungs- 
versuch benutzten Serummenge daher einzelne Teilprazipitine ganz ent- 
ziehen, ohne damit ihre Absorptionsfahigkeit fur die gleichartigen Pr§zi- 
pitine ganz zu verlieren, wfihrend andere PartialprSzipitine nach der Be- 
setzung aller entsprechenden Gruppen des vorhandenen EiweiBes teil- 
weise in Losung bleiben. Bei einer Vermehrung des gesamten Pr&zipitins 
und gleichbleibender EiweiBmenge wird die absolute Absorption von 
Prazipitin somit steigen, da bei dem geringeren Serumzusatz noch nicht 
alle verschiedenen bindenden Gruppen des EiweiBes mit Prazipitin be- 
setzt sind, die relative Absorption dagegen fallen, da einzelne Teilpra- 
zipitine die ihnen entsprechenden Gruppen der prazipitablen Substanz 
schon bei geringerem Serumzusatz vollkommen sattigen. Wird anderer- 
seits immer die gleiche Prazipitinmenge mit steigendem Zusatz von Ei- 
weifi versehen, so kann die Zahl der absorbierten Einheiten des Gesamt- 
prazipitins nicht proportional der zugesetzten EiweiBmenge zunehmen, 
weil bei Steigerung der EiweiBmenge immer mehr Partialprazipitine voll¬ 
kommen absorbiert werden. 

Die Richtigkeit dieser Anschauung konnte auch ex¬ 
perimental bestatigt werden. Es wurden Octopusprazipitin- 
serum und Octopusplasma in solchem Mengenverhaitnis gemischt, daB 
nach der Bildung des Niederschlages in der Flttssigkeit noch ein Teil 
des Prazipitins in LSsung blieb. Das gewaschene Prazipitat zeigte sich 
dann trotzdem befahigt, dem aufs neue zugesetzten Serum weiteres 
Prazipitin zu entziehen und zwar auch dann, wenn die Konzentration 
dieses Gesamtprazipitins keine groBere war, als diejenige des ungebunden 
gebliebenen Teilprazipitins. 

Die Bindungsgesetze, welche bei der Ausfallung von prazipitablem 
Plasma durch prazipitierendes Antiserum zum Ausdrucke kommen, werden 
demnach wesentlich durch die komplexe Zusammensetzung der reagieren- 
den Substanzen beherrscht. 

Daneben macht sich in den Bindungsversuchsreihen aber noch ein 
anderes sehr bemerkenswertes Moment geltend: Die quantitative Ver- 
einigung der prazipitierenden Antikorper des Serums mit den EiweiB- 
substanzen der fremden Tierart vollzieht sich nicht nur bei einem ein- 
zigen bestimmten Mengenverhaitnis der reaktionsfahigen Kdrper, sondern 
unter vielfachen Konzentrationsbedingungen. Aus dieser Tatsache allein 
ist noch nicht zu entnehmen, ob ein Teil prazipitable Substanz sich mit 
mehreren Teilen Prazipitin verbinden kann, oder ob umgekehrt ein Teil 
Prazipitin sich mit verschiedenen Mengen prazipitabler Substanz vereinigt 
Aus den oben beschriebenen Versuchen mit spezifischen und nicht spezi- 
fischen Teilprazipitinen geht aber mit Sicherheit hervor, daB den Mole- 
kulen der prazipitablen Substanz die komplexere Konstitution in Bezug 
auf bindende Gruppen zugeschrieben werden muB. Das prazipitable 
EiweiBmolekiil kann sich demnach mit einer wechselnden 
Zahl von Prazipitinmoiektilen zu verschiedenartigen Ver- 


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t. Dun gem, Bindungsverh&ltnisse bei der Pritzipitinreaktion. 


377 


bindangen vereinigen, die als Prfizipitate aus der Flfis- 
sigkeit ausfallen. Das Gesetz der multiplen Proportionen, welches 
von Jost 1 2 ) und von Eisenberg und Volk*) ffir die Verbindung der 
agglntinablen Substanz mit dem Agglutinin festgestellt wurde, gilt also 
anch fiir die Prfizipitinreaktion. 

Es liegt nahe, den Versnch zu machen, aus den Ergebnissen der 
Bindungsversuche auch die Zabl der Prfizipitin-bindenden Gruppen ab- 
zuleiten, welche den prfizipitablen Eiweifimolekfilen angehdren. Dem 
steht aber die komplizierte Zusammensetzung des Prfizipitinserums aus 
verschiedenartigen Teilprfizipitinen mit alien ihren Folgeerscheinungen 
als nicht zu unterschfitzendes Hindernis entgegen. In der Mehrzahl der 
Ffille ist ja wohl zu konstatieren, dafi das Verh&ltnis zwischen der 
Prfizipitinmenge und der Menge prfizipitabler Substanz ungeffihr urn das 
Vierfache schwanken kann, ohne dafi bei der Bindung ein Ueberschufi in 
der Flilssigkeit in LSsung bleibt. Eine gewisse Gesetzmfifiigkeit mufi 
hier auch vorliegen, da man bei der Prtlfung von Eiweifiarten, die ganz 
verschiedenen Tierarten angehdren, fast genau die gleichen Werte er- 
halten kann. Es kommen daneben aber doch auch solche Sera vor, 
deren Prfizipitine sich nicht unter denselben mehrfachen Konzentrations- 
bedingungen restlos mit der prfizipitablen Substanz verbinden. Sie bilden 
den Uebergang zu dem schon besprochenen extremen Fall, wo Prfizipitin 
und prfizipitabler Eiweifikdrper gleichzeitig nebeneinander beobachtet 
werden. 

Es ist aufierdem noch zu berficksichtigen, dafi die prfizipitablen Ei- 
weifimolekttle erst bei Besetzung mehrerer bindender Gruppen durch 
Prfizipitin unldslich werden und in das Prfizipitat tlbergehen. Wenigstens 
glaube ich auf dieses Verhalten darauf schliefien zu kdnnen, dafi ein zu 
grofier Ueberschufi von prfizipitabler Substanz die Niederschlagsbildung 
verringert oder ganz aufhebt [Halban und Landsteiner 3 ), Eisen¬ 
berg 4 5 ), v. Dungern 6 ), P. Milller 6 )]. Diese Erscheinung ist in der 
Tat, wie aus meinen Versuchen klar hervorgeht (Tabelle II, IV u. VII), 
durch die relative Herabsetzung des Prfizipitingehaltes bedingt. Das 
Prfizipitin verteilt sich dabei, wie man annehmen mufi, auf soviel Eiweifi- 
molekfile, dafi die von jedem einzelnen Molekill gebundene Menge zu 
dessen Prfizipitation nicht mehr ausreicht. 

Aus all diesen Grfinden ist es nicht mfiglich, die Bindungsvorgfinge, 
welche beim Vermischen eines durch spezifische Vorbehandlung gewon- 
nenen Prfizipitinserums mit zugehbrigem Blutplasma an den einzelnen 
verschiedenen bindenden Gruppen stattfinden, quantitativ vollkommen zu 
analysieren. Es sind dazu einfachere Verhfiltnisse notwendig, die man 
wohl beim Studium der Prfizipitine normaler Sera linden wird. Eisen¬ 
berg und Volk 6 ) konstatierten bei der Untersuchung normaler Agglu- 
tinine die interessante Tatsache, dafi Typhusbacillen dem normalen Pferde- 
und Ziegenserum immer die gleiche Menge Agglutinin, die einfach ag- 
glutinierende Dose entziehen, mag die Konzentration des Agglutinins 
noch so verschieden sein. Ehrlich und Morgenroth 7 ) fanden ffir 


1) Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XL. 1902. 

2) Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XL. 1902. 

3) Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 12. 

4) Centralbl. f. Bakt. Abt I. 1902. p. 773. 

5) Die Antikdrper. p. 77. 

6) 1. c. 

7) Berl. klin. Wochenschr. 1901. No. 10. 


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378 


Oentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4 


ein bestimmtes Immunhamolysin das gleiche einfache Bindungsgesetz. 
Diese Beobachtungen machen es wahrscheinlich, daC auch in den kom- 
plizierten Fallen die Bindung der einzelnen PartialprUzipitine an die 
entsprechenden Gruppen der prazipitablen Substanz nach einfachen 
chemischen Proportionen vor sich geht. 

Es gelingt aber mit Hilfe der Absorptionsmethode, noch andere 
wichtige Fragen experimentell zu entscheiden. Man kann einerseits 
nntersuchen, ob die mit wenig PrSzipitin ausgefallte prizipitable Sub¬ 
stanz als Niederschlag noch ebensoviel Prazipitin zu binden vermag wie 
in geldstem Zustande und andererseits prflfen, ob das mit einer verhalt- 
nismSfiig geringen Menge EiweiB verbundene Prazipitin neu zugesetzte 
prfizipitable Substanz noch ebenso auszufallen vermag, wie vor der 
Bindung. Man bemerkt bei solchen Untersuchungen einen prinzipiellen 
Unterschied: Das nach der Prazipitation zugefflgte Prazi¬ 
pitin wird vom Niederschlag noch sehr leicht absorbiert 
In der Mehrzahl der Falle kann von der durch wenig Prazipitin ausge- 
fallten prazipitablen Substanz ebensoviel Prazipitin gebunden werden 
wie von der gelSsten, die von vomherein mit der ganzen Prazipitinmenge 
versetzt wird, bei einigen Versuchen wird die Bindungsfahigkeit des 
prazipitablen EiweiBes durch die Prazipitation etwas, aber nicht erheblich 
abgeschwacht. Das Prazipitin vermag dagegen nur eine er¬ 
heblich geringere Menge von prazipitablem Eiweifi 
niederzuschlagen, wenn es zunachst mit einem Teil des- 
selben verbunden wird. z. B. 


Versuch mit Eledoneprazipitinserum 15 und Eledoneplasma 1 (vergleiche Tabelle IV). 

Die Fliissigkeit (F) gibt einige Stunden 
nach der vereinigung vom Niederschlag 
getrennt Niederschlag mit 

E.P.l Ser. 15 


1,5 ccm Serum 15 + 0,5 ccm 


1,5 

„ 15 + 0,5 

1,5 „ 

„ 15 + 0,5 

1,5 „ 

„ 15 + 0,5 

1,5 ,, 

„ 15 + 0,5 


E.P.l. 

16 ‘ 

und nach mehreren Stunden noch 1,5 ccm ^ 

it) lb ‘ 1 

E.P.1 F 

1 


100 

i u i 


F 

s ft —r stark 
64 


F 

.0 y = 0 

E P.l F F 

- q — und nach mehreren Stunden noch 1,5 ccm Ser. 15: = 0 ~r ■■ 0 

o 11 


8 

:.p. 

8 

E.P.1. 


E P 1 

1 -proz. NaCl-Ldsung +1,5 ccm -jy-: 


F F 

T-0 T = ° 


Jgdeutlich 


Versuch mit Octopuspracipi tinserum 21 und Octopusplasma 12 

Kleic’ ' 


(vergleiche Tabelle IX). 


100 


1,5 ccm Serum 21 + 0,5 ccm 


1,5 


21 + 0,5 


O.P.12 
32 : 
O.P.12 


F mit O.P.12 mit Ser. 21 
F 


F 

^-deutlich — 


1 

0 


ydeutlich 0 


( O P 12\ — F F 

1,5 ccm Serum 21 + 0,5 ccm — : ^—J + 1,5 ccm Serum 21: -g- stark -y- — 0 




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t. Dungern, Bindungsverh&ltnisse bei der Prilzipitinreaktion. 


379 


0 P12 F 

<Ier gleiche Niederschlag, */ 4 Std. alt 4 - 0,5 ccm —^-h lp ccm NaCl-LSsung: —=* 0 

o. . 0.P.12 . „ „ F 


rc a oi A k 0.P.12 

1,5 ccm Serum 21 4 - 0,5 ccm —g—: 

( 0 p 12 \ 

1,5 ccm Serum 21 4 - 0,5 ccm ——J 24 Stundeu alt 4 - 


°,5 „ + 1,5 

0,5 „ ?-Jj- + 1,5 „ 


F 

T-° 


0.P.12 F 

0,5 ccm — g -h 1,5 ccm NaCl-Losung: y- 

O.P.12 , F 

it g + 1?5 j» a a • ^ 5 


1,5 ccm Serum 21 4- 0,5 ccm 


0.P.12 


0 —— stark 

4 


n F stark 

u 04 deutlich 

0 iS 8tark 


Versuch mit Maj aprazi pitinserum 20 und Majaplasma 2 
(vergleiche Tabelle II). 


^ ™ ^, M.P.2 

1,5 ccm Serum 20 4- 0,5 ccm 2 : 

u* 

« 

„ 20 + 0,5 „ —jp- 

1,5 

a 

„„ „ _ M.P.2 

„ 20 4- Op „ ^ 

1 $ 

a 

^. M.P.2 

„ 20 4- 0,5 „ ^ 

1,5 

t* 

„ 20 + 0,5 „ 

1,5 

a 

„ 20 + 0,5 „ —g— 

1,5 

1 ? 

,, 20 4* 0,5 ,, • 

1,5 

a 

„ 20 + 0,5 „ 

1,5 

j* 

„ 20 + 0,5 „ 

Versuch mit Octopus 

0 P13 

1,5 ccm Serum 2 + 0^ ccm —’- Q -—■: 

0 


100 

F 

T"° 

und dazu nach einigen Stunden F A 

1,5 ccm Ser. 20 4- Op ccm NaCl-L5sung :Y" y 

F 

T=° 

und dazu nach einigen Stunden F_ n 

1,5 ccm Ser. 20 4- 0,5 ccm NaCl-L5sung u 

F 

T -o 


F mit M.P.2 mit Ser. 20 
“100“ l 


g deutlich 

- stark 
-deutlich 

- — 0 
I 

- — 0 


,.r.z una aazu nacn einigen stunaen r , j? 

“g 1,5 ccm Ser. 20 4- 0,5 ccm NaCl-Losung: y 8tark y “ 0 


stark —— — 0 


LUIU IUUU 1IOU1 CIUIKCU X J , X A 

1,5 ccm Ser 20 4- 0,5ccm NaCl-Losung: y oe^thch — = 0 

^ stark ~ — 0 
4 1 


(vergleiche Tabelle XI). 


F mit O.P.13 mit Ser. 2 


0 P 13 F 

1,5 ccm Serum 2 4 - 0,5 ccm — —■: -y- 

O P 13 F 

Ebenso und nach 5 Minuten x ) noch 0,5 ccm - -b 1,5 ccm NaCl-Losung: y 


15 ,, 

18 Stunden 


05 °- R13 + 1 5 

,, \JjxJ ,, S' ” 


„ „ „ 18 Stunden „ 0,5 „ — g — +1,5 

3.5 ccm 1 -proz. NaCl-Losung + 0,5 ccm ~vr—: 

O 

1.5 ccm Serum 2 4 - 0,5 ccm 

4 


i-o 


F 

1 0 


- — 0 

- stark 
deutlich 
deutlich 

- deutlich 
-= 0 


1 ) Das Prazipitat ist nach 5 Minuten schon ausgefallen, die Fliissigkeit enthalt weder Prazipitin 
boch prazipitable Substanz. 


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380 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


Die Verschiedenheit, die sich zwischen dem Verhalten des durch 
wenig pr&zipitable Substanz verankerten Pr&zipitins und der durch 
wenig Pr&zipitin gefallten pr&zipitablen Substanz zeigt, ist auch sehr 
leicht verst&ndlich. Die Molekflle der pr&zipitablen EiweiBkflrper be- 
sitzen ja, wie scbon nachgewiesen wurde, mehrere Pr&zipitin-bindende 
Gruppen, jedes Pr&zipitin kann dagegen nur durch eine bindende Gruppe 
mit dem zugehbrigen EiweiBmolektll in Verbindung treten. Sind die 
pr&zipitablen Molekflle daher durch weniger Prazipitin gefflllt, als sie zu 
binden vermogen, so ist nur ein Teil ihrer bindenden Gruppen mit 
Pr&zipitin besetzt, die anderen sind aber noch frei und kflnnen demnach 
ohne weiteres mit neu zugefflgtem Pr&zipitin in Verbindung treten, vor- 
ausgesetzt, dafi durch den Vorgang der Pr&zipitation selbst nicht eine 
Aenderung der Affinit&tsverh&ltnisse stattgefunden hat Werden die 
Pr&zipitinmolekflle dagegen durch weniger pr&zipitable Substanz in Be- 
schlag genommen, als sie bei Gegenwart einer groBeren Menge der- 
selben ausf&llen kflnnen, so ist zu einer Pr&zipitation weiterer neu zu- 
gesetzter pr&zipitabler Substanz erst eine Loslflsung der Pr&zipitine aus 
der ursprfinglichen Verbindung notwendig. 

Eine solche Abspaltung der Pr&zipitine kann in der Tat bis zu einem 
gewissen Grade stattfinden. Die gleiche Erscheinung ist ja auch fflr 
Agglutinine und h&molytische Immunkdrper festgestellt. Jost 1 ) fand, 
dafi normale Typhusbacillen, die mit agglutinierten Typhusbacillen in 
physiologischer Kochsalzlosung zusammengebracht werden, der Wirkung 
des schon gebundenen Agglutinins unterliegen, wenn mit den aggluti¬ 
nierten Typhusbacillen ein Multiplum der zur Agglutination ausreichen- 
den Agglutinindose vereinigt worden ist and Morgenroth*) konsta- 
tierte bei gleichartiger Versuchsanordnung, daB h&molytische Immunkdrper 
von den mit ihnen verbundenen roten Blutkflrperchen auf andere Ery- 
throcyten flbergehen, solange kein Komplement zugesetzt wird. 

Die Umlagerung des einmal gebundenen Pr&zipitins ist aber doch 
eine beschr&nkte. Sie kann in einem der untersuchten F&lle flberhaupt 
nur in der allerersten Zeit nach der Bindung vor sich gehen und ist 
schon nach 15 Minuten vollkommen aufgehoben. In anderen F&llen 
wird die Verbindung auch noch sp&ter gelflst und zwar nach 24 Stunden 
in gleicher Weise wie nach */ 4 Stunden; die Menge des abgespaltenen 
Pr&zipitins entspricht aber auch hier nicht der neu zugesetzten EiweiB- 
menge, die Reversibilit&t ist unvollkommen. Zur Erkl&rung kann man an- 
nehmen, dafi nach der ersten Verbindung der reagierenden Substanzen 
noch weitere Bindungen und Umsetzungen durch seitliche Gruppen zu 
stande kommen, was bei der GroBe und der komplexen Zusammensetzung 
dieser Molekflle auch leicht verst&ndlich erscheint Dieser Hemmung 
der Umkehrbarkeit des Bindungsprozesses dflrfte fflr die Wirkung spezi- 
fischer Antikflrper flberhaupt eine grSBere Bedeutung zuzuschreiben sein. 

Freiburg i. B., Mai 1903. 


1) 1. c. 

2) Miinch. med. Wochenschr. 1903. No. 2. 


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Kucharzewski, De l'influence des toxines diphtdrique et tdtanique etc. 381 


Nachdruck verboten. 

De l’influence des toxines diphterique et t6tanique sur 
l’hemoglobine, la morphologie et le poids specifique du sang. 

[Travail de l’lnstitut de pathologie ginirale et expirimentale de M. 

le Prof. N. G. Ouchinsky & l’Universiti Imperial de Varsovie.] 

Par le Docteur Henri Kucharzewski, 

Midecin de l’Hopital Evangilique k Varsovie. 

(Communication prisenti au XIV Congris International de Midecine 

k Madrid.) 

L’influence des toxines sur les modifications du sang n’a pas 
encore 4t4 soumise k une 4tude approfondie. On posside, il est 
vrai, les travaux de Chatenay (1), de Nicolas et Courmont (2), 
de B4sredka (3), de Nicolas, Courmont et Prat (4), de Zar- 
garoff (5), de Werigo (6), de Bianchi-Mariotti (7), de Butia- 
g i n (8), mais ces auteurs ne se sont pas mis k l’abri de tout reproche; 
tantdt ils n’envisagent la question qu’a certains points de vue, tantdt 
ils s’appuient sur un nombre insuffisant de faits, tantdt ils manquent de 
pr4cision, enfin les conclusions des uns contredisent celles des autres. 

Vu cet 4tat de choses nous resolumes de reprendre la dite question 
et d'y consacrer une s4rie d’exp4riences. 

Nous tenons k communiquer les conclusions g4n4rales auxquelles ces 
nombreuses exp4riences nous autorisent. 

Nous avons op4r4 sur des lapins miles de poids plus ou moins 4gal 
d’environ 2 kilos nous leur injections sous la peau des toxines & doses 
vari4es, puis nous examinions i divers intervalles le sang obtenu par 
une piqure legire & la veine p4riph4rique de l’oreille. 

Nous avons eu soin de piquer chaque fois un autre point de 
l’oreille. Chez les animaux qui succombaient, nous examinions le sang 
jusqu’i la mort 2 ou 3 fois par jour, chez les survivants, le mime 
examen 4tait r4p4t4 jusqu’i ce que le sang redevienne normal c. a. d. 
au mime 4tat qu’avant l’injection. L’examen du sang consistait k 
compter le nombre de globules blancs et rouges (suivant Thoma-Zeiss), 
& diterminer la quantiti d’himoglobine (suivant Gowers) et la densiti 
du sang (suivant Hammerschlag), enfin i faire des priparations 
siches du sang sur des lamelles. Les priparations itaient colories k 
l’himateine et k l’iosine ou parfois, k titre de comparaison, aux riactifs 
colorants d’Ehrlich (Triacid). Sur ces priparations on pouvait diter¬ 
miner le nombre absolu de chaque variiti de leucocytes pour un milli- 
mitre cube de sang et puis le °j 0 reprisenti par chaque variiti de ces 
iliments. En diplacant les priparations sous le microscope k l’aide de 
la table mobile de Reichert, nous avons compti sur chaque pripara- 
tion pris de 500 globules blancs de cinq types diffirents: iosinophiles, 
pseudoiosinophiles ou neutrophiles, lymphocytes, grands mononucliaires, 
enfin des formes intermidiaires k noyaux multiples. 

On notait le poids quotidien de chaque lapin et deux fois par jour 
sa tempirature rectale. 

Avant chaque expirience, le sang itait examini & plusieurs reprises 
pour itablir son itat normal. 


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382 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


A. La toxine dipht4rique. 

Dans nos recherches nous nous sommes servi de toxine diphterique, 
pr6par6e 4 l’lnstitut bact4riologique du Dr. Palmirski & Varsovie. 
En quality de dose habituellement mortelle (suivant Ehrlich) pour un 
lapin de 2 kilos, nous ayons admis 0,1 cm c., et nous injections de 0,01 
h 4,0 ccm h doses faibles, moyennes ou massives. Les doses faibles de 
0,01—0,05 cm cubes tantdt tuaient l’animal en 5, 6, 7 ou 8 jours, tantot 
le laissaient vivre en etat cachectique parfois meme totalement gu4rL 
Les doses moyennes de 1,0—2,0 cm cubes tuaient en 3 h 4 jours; les 
doses massives de 3,0—4,0 cm cubes tuaient en 24 a 48 heures. 

Void les conclusions aux quelles ces recherches nous ont amen4: 

1) La toxine diphterique i doses massives ou moyennes provoque 
la diminution du nombre d’Mmaties et de la quantity d’h4moglobine; 
les doses faibles sont depourvues de cette action. 

2) Les doses massives de toxine diphterique augmentent la den¬ 
sity du sang; les doses moyennes et les faibles restent h ce point de 
vue sans effet. 

3) La toxine diphterique provoque toujours l’hyperleucocytose dont 
le degr4 n’est pourtant pas en rapport direct avec la quantity de toxine 
introduite. Dans les cas mortels, l’hyperleucocytose va en croissant jus- 
qu’& la mort de l’animal; lorsque celui-ci survit (injection des doses 
faibles), le nombre de leucocytes finit par diminuer sans cependant at- 
teindre l’4tat normal. 

4) Dans cette hyperleucocytose le r61e principal revient aux pseudo- 
4osinophiles dont le nombre relatif et absolu augmente notablement. 
L’accroissement du nombre de pseudo4osinophiles peut §tre constate 
bientdt aprfcs l’injection; le ph6nom4ne s’accentue jusqu’h la mort de 
l’animal; dans les cas non mortels, aprfcs une p4riode d’augmentation pas- 
sagfcre, on voit survenir une diminution des sus-dits elements. Le nom¬ 
bre relatif (le °/ 0 ) de lymphocytes diminue dans tous les cas, ce pheno- 
mfcne devenant de plus en plus manifeste jusqu’au moment du d4c6s. 
Aprfcs l’injection des doses faibles, la p4riode de diminution de lympho¬ 
cytes est suivie d’une p6riode inverse d’accroissement de leur quantity. 
Les 4osinophiles deviennent moins nombreux dans les cas mortels, voire 
m£me ils disparaissent compl4tement; au contraire chez les lapins 
qui survivent nous avons note l’hyperplasie de ces elements. 

Les grands mononucl4aires et les formes intermediates ne pr4sen- 
taient gulre de modifications quantitatives. 

5) La temperature du corps s’41feve aprfes les injections, ensuite elle 
decroit progressivement 4tant h 1’approche du d4c4s au dessous de la 
normale. Le poids de l’animal diminue 4galement jusqu’h la mort. 

Les experiences de contrdle: I’injection de toxine absolument neu- 
tralis4e par un chaufifage prolong4 h 70°, l’injection de bouillon-prouvent 
que les modifications du sang produites par la toxine diphterique ne 
tiennent pas au milieu dissolvant, mais k l’action seule de l’agent 
toxique. 

B. La toxine tetanique. 

La toxine tetanique qui servait a nos experiences provenait dol’usine 
de produits chimiques Meister Lucius et Bruning h Hoechst sur 
Main (fioles plombees h l’4tiquette Tetanus-Testgift Va). En qualite de 
dose mortelle de cette toxine, nous admettons 0,15 cm c. pour un lapin 
de 2 kilos. A nos lapins nous avons injecte des quantites variant de 


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Kuch|arzewski, De l’influence des toxines diphtdrique et tdtsnique etc. 383 


0,01 & 2,4 cm c. & doses faibles, moyennes ou massives. Les doses 
faibles (de 0,01 & 0,1), determinaient tan tot la mort de l’animal au bout 
de 8 jours, tantbt un 6tat de cach4xie; parfois cependant il y avait gu4- 
rison complete. Les doses moyennes de 0,2—1,0 cm c. etaient suivie de 
mort au 3 me , 4 me ou 5 me jour; les doses massives de 1,7—2,4 cm cubes 
tuaient en 24 & 48 heures. 


Conclusions. 

1) La toxine tetanique determine la diminution du nombre d’h4ma- 
ties et de la quantity d’h4moglobine. Le degr4 de cette modification 
varie selon la dose de toxine introduite. 

2) Les doses massives de toxine tetanique abaissent la density du 
sang; les doses moyennes et les faibles ne produisent gufere un chan- 
gem ent pareil. 

3) La toxine tetanique determine l’hyperleucocytose moins accus4e 
toutefois que celle qui est due h la toxine diphterique. Cette hyperleu- 
cocytose n’est pas en rapport direct a la quantity de toxine inject4e. 
Imm4diatement aprhs 1’injection de toxine surtout aprhs les doses con¬ 
siderables, c’est l’hypoleucocytose qui apparait d’emblle, mais bientot elle 
change en ph4nom4ne contraire — l’hyperleucocytose. 

Dans les experiences h doses faibles aprfcs la p4riode d’hypoleuco- 
cytose la quantite de leucocytes redevient normale. 

4) Le nombre de pseudoeosinophiles augmente, celui de lymphocytes 
s’abaisse surtout aprfes l’injection & doses massives. Les eosinophiles 
sont toujours en moindre proportion. 

La quantite de grands mononucleaires et d’eiements intermediaires 
ne varie guhre. 

5) Le poids de l’animal diminue progressivement. La temperature 
ne presente pas d’oscillations notables. 

6) Les experiences sur les animaux-temoins: injection de toxine dont 
Taction avait 4t6 annihiie par un chauffage prolonge ont prouve que les 
modifications du sang dependent exclusivement de l’agent toxique meme, 
k et non du milieu dissolvant 


Nos experiences prouvent d’une fa?on manifeste que l’organisme 
animal r4agit contre l’infection et l’intoxication par des modifications mor- 
phologiques du sang. Or une question s’impose. 

Cette sensibilite sp4ciale du sang ne pourrait elle servir comme 
symptome clinique quant au pronostic et au diagnostic des certains cas? 

Cette consideration nous parait bien admisible. 

Ainsi nous venons de demontrer que dans les intoxications mortelles, 
les eosinophiles diminuent de nombre ou m£me disparaissent complfete- 
ment. tandis que chez les animaux qui survivent leur quantite depasse 
la normale. Quand au pronostic c’est un fait d’une haute importance 
d’autant plus qu’il vient d’etre confirm6 par de recherches cliniques 
[Pitkianien (9)]. En ce qui concerne le diagnostic relevons le fait 
sus-indique que les modifications du sang (accroissement du nombre de 
pseudoeosinophiles) apparaissent presque immediatement aprfes l’intoxi- 
cation de l’organisme, au moment oh on ne trouve gufere de trace d’une 
reaction leucocytaire g6nerale. En suite ces modifications du sang per¬ 
sistent long — temps aprhs la disparition de tout autre phenomena d’in- 
toxication. Ce fait a ete mis en evidence par les observations cliniques 
de Gundobin (10) et Besredka (1. c.) 


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384 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4. 


L’accroissement du nombre de pseudo6osinophiles on de neutro- 
philes constitue done an signe precoce du processus infectieux, permet- 
tant de reconnaitre ce dernier avant que d'autre symptomes surgissent 
D’autre part, lors de la convalescence du sujet, ce rnSme ph6nomfene 
nous avertit que la toxine n’est pas 61imin6e totalement de l’organisme. 

En r6sum6 nous pouvons done conclure que dans les maladies in- 
fectieuses l’examen des polynucl6aires n’est gufcre depourvu d’importance. 

Bibliographie. 

1) C ha ten ay, Lee reactions leucocytaires vis-it-vis certaines toxin ee v£g6tales et ani- 
males. (Thfcse de Paris. 189,4.) 

2) Nicolas et Courmont, Etude sur la leucocytose dans l’intoxication experimental© 

E ar la toxine diphterique. (Arch, de Med. Exp. et d’Anat. 1897.) 
iSsredka, De la leucocytose dans la diphterie. (Annales de l’Inst. Pasteur. 1898. 
' No. 5.) 

4) Nicolas, Courmont et Prat, Sur la leucocytose totale et polynud&dre dans 
Timmunisation experimental© par la toxine diphterique. (Joum. de phys. et path. 
g4n. Paris 1900. No. 6. Novembre.) 

5) Zargaroff, Krowianaja reakeia pri eksperimentalnom stolbniakie. (Thbse de St. 
Petersb. 1899.) 

6) Werigo, Les globules blancs comme protecteurs du sang. (Annales de I’lnst. 
Pasteur. 1892.) 

7) Bianchi-Mariotti, Wirkung der loslichen Produkte der Mikroorganismen auf 
die Isotonie und Hamoglobingenalt des Blutes. (Wiener med. Preese. 1894. No. 30.) 

8) Butiagin, Ob izmienieniach krowi u loszadiei, immuniziruiemych protiw difterii. 
(These de Tomsk. 1901.) 

9) Pitkianien, Materialy k morfologii krowi pri difterii. (These de St Petersb. 
1900.) 

10) Gundobin, Kliniczeskoie znaezenie leikocytoza pri difterii. (Bol. Gaz. Bot. 1897.) 









CortnlH. f. Iikt etc. I. AkL Origiuli. li. XXXIV. No. S, 


NachdrucJc verboten. 


Beitrag zum Stadium des Dysenteriebacillus. 

[Aus dem bakteriologischen Laboratorium des k. und k. Militarsanit&ts- 
komitees. Vorstand: Stabsarzt Dr. L. Eamen.] 

Yon Dr. Robert Doerr, Regimentsarzt. 

Mit 1 Tafel. 


Shiga war der erste, der 1898 bei der nicht durch Amdben er- 
zeugten Form der Dysenterie einen Bacillus der Typhus-Coli-Gruppe 
in den Faeces nachwies, der ihm hinreichend charakterisiert schien, um 
seine Auffassung als eigene Species und seine Abtrennung von den 
zahlreichen verwandten Arten dieser Gruppe zu rechtfertigen. Seine 
Resultate haben alsbald eine ganze Reihe von Autoren bestitigt (Flex- 
ner, Eruse, Vedder und Duval, Curry, Th. Muller, Spronck, 
Strong, Deycke, v. Drigalski etc.) und da ihre Untersuchungen 
in verschiedenen L&ndern ausgefuhrt waren, gewann es den Anschein, 
als ob nun auch die so lange dunkle Aetiologie der epidemischen, nicht 
durch Amdben verursachten Dysenterie eine erfreuliche El&rung erfahren 
wflrde. Es hat auch keiner der genannten Forscher gezdgert, die von 
ihm gezflchteten Bakterien als Erreger der Dysenterie zu bezeichnen. 

Als Beweis fur diese Auffassung von der Bedeutung der Shiga- 
schen Entdeckung konnte zunfichst eben die Eonstanz des Auftretens 
des fraglichen Dysenteriebacillus bei Epidemieen in den verschieden- 
artigsten Distrikten dienen, naturlich unter der Voraussetzung, daB die 
von den verschiedenen Autoren gezflchteten St&mme bei einer ver- 
gleichenden Priifung sich als identisch oder wenigstens als Rassen einer 
Art erwiesen. Dieser Punkt muBte zunfichst bewiesen werden und war 
auch bald Objekt der Eontroverse. 

Der Streit, ob Shi gas und Eruses Bacillen auf Grund der ver¬ 
schiedenen Beweglichkeit und des verschiedenen Aussehens der Eolonieen 
auf Gelatineplatten als verschieden anzusehen sind, ist heute erledigt 
Shiga hat seine Behauptung, daB die von ihm kultivierte Art beweg- 
lich sei, gestiitzt auf die Beobachtung im Mngenden Tropfen, die in 
zweifelhaften Fallen dem subjektiven Ermessen zu viel Spielraum ge- 
wfihrt, um sichere Resultate zu ergeben, und auf den Befund eines ein- 
zigen begeiBelten Individuums, das offenbar aus dem zur Emulgierung 
der Agarkultur verwendeten nicht sterilen Wasser stammte; Zettnow, 
der diesen Versuchsfehler eliminierte und der in der Technik der GeiBel- 
tinktion Meister ist, hatte nur negative Ergebnisse sowohl mit Shi gas 
Stamm als auch mit den von Flexner kultivierten Bacillen, der gleich- 
falls bei Anwendung der Methode nach van Ermenghem polst&n- 
dige GeiBeln bei einigen Individuen nachgewiesen haben wollte. Das 
differente Aussehen der Gelatineplattenkolonieen hat Shiga selbst mit 
der Zusammensetzung des von ihm verwendeten Nahrbodens erkl&rt 
und konnte er auf hdherprozentiger Gelatine dasselbe weinblattartige 
OberflBchenwachstum erzielen wie Eruse. 

Dann haben die deutschen Bakteriologen anl&Blich der Ddberitzer 
Epidemic ihre StSmme und die von Flexner, Eruse, Shiga mit- 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 25 


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386 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate Bd. XXXIV. No. 5. 


einander yerglichen, das Fehlen der GeiBeln und der Beweglichkeit fest- 
gestellt; doch haben wieder abweichende Resultate bei den Agglutinations- 
versuchen mit Ruhrrekonvaleszentenserum sie veranlaBt, an der Identit&t 
des Flexnerschen Stammes mit den iibrigen zu zweifeln. Die Auf- 
findnng anderer Bakterienrassen, die nicht nur eine weitgehende morpho- 
logische und kulturelle Aehnlichkeit mit den ursprttnglichen Ruhrbacillen 
zeigten, sondern auch durch Ruhrrekonvaleszentensera in httherer Ver- 
dttnnung (1:100) agglutiniert wurden, trotzdem sie gar nicht aus Ruhr- 
sttihlen stammten, hat schlieBlich die Frage nach einem sicheren Kri- 
terium zur Beurteilung der Identity der verschiedenen St&mme zu einer 
akuten gemacht, und es ist das Verdienst von Martini und Lentz, 
gezeigt zu haben, daB nur die Agglutination, und zwar die makrosko* 
pische, mittelst hochwertiger kflnstlicher Immunsera herangezogen werden 
kann zur Entscheidung dieser Frage, indem der Pfeiffersche Ver- 
such, welcher fttr die Agnoszierung echter Typhusbacillen so wertwolle 
Dienste leistet, bei den Ruhrst&bchen unanwendbar ist; sie sind stark 
toxisch, verleihen aber dem Serum nur wenig bakterizide Kraft 

Sie priiften also mit einem Serum, daB sie durch Immunisierung 
einer Ziege mit dem Stamme Shiga erhalten batten und fanden, dal 
dieser Stamm, sowie die von Kruse, Miiller, Flexner (New-Haven) 
und die Doberitzer in derselben Verdflnnung agglutiniert wurden (1:400 
bis 500) somit artgleich seien, daB dagegen von Deycke in Konstan- 
tinopel und von Flexner und Strong in Manila gezuchtete Bacillen 
von der Shiga-Gruppe abzutrennen w&ren. Lentz hat ttberdies noch 
bei der Priifung des Verhaltens der Bacillen in Sticbkulturen, welche 
in Kombination von Lakmusagar mit verschiedenen Zuckerarten ange- 
legt wurden, eruiert, daB das Aussehen der Stichkultur in Lakmusmannit- 
agar eine Unterscheidung ermttglicht zwischen den Bacillen der Shiga- 
Gruppe einerseits, deren Zusammengehorigkeit, wie erw&hnt, schon vor- 
her durch ihn und Martini mittelst Agglutination durch hochwertige 
aktive Immunsera ermittelt worden war, und den anderen Ruhrst&bchen 
und ruhr&hnlichen (pseudodysenterischen) Bacillen andererseits. Dieses 
Kriterium, das eigentlich nur eine Modifikation des v. Drigalskischen 
Typhusnahrbodens bildet, der sich in dieser Hinsicht als unzul&nglich er- 
wiesen hatte, wfirde also in zweiter Linie bei der Identifizierung von 
Ruhrst&bchen in Betracht kommen. Das Verhalten in der Barsiekow- 
schen Nutrose-Laktose-Lakmuslosung reicht wie wir sehen werden, hier- 
zu nicht aus; wohl aber war bisher dieser N&hrboden gut verwendbar, 
um dort, wo ein entsprechendes Immunserum nicht zur Hand ist rasch 
die Ueberzeugung zu verschaffen, daB man es nicht mit Typhusbacillen 
oder Coli-Varietaten (Bac. coli anaerogenes Lembke) zu tun hat. 

Wir stehen also heute auf dem Standpunkte, daB nur die Befunde 
Shigas, Kruses, Flexners in Nordamerika, Mtillers, und die bei 
der Doberitzer Epidemic, also s&mtliche in der nordlichen gem&fiigten 
Zone erhobenen, fttr die Konstanz des Auftretens der fraglichen Ruhr- 
erreger zu verwerten sind, und daB die anderen in dieser Hinsicht 
nicht mehr in Betracht kommen. Und gerade das konstante Auftreten 
bei Ruhrepidemieen bildet, wie gleich erortert werden soli, das wichtigste 
Beweismittel fttr die tttiologische Bedeutung der Shigaschen St&bchen. 
So zdgere ich nicht, die veroffentlichten gttltigen Befunde um einen 
neuen zu vermehren, um so mehr, als meine Untersuchungen sich auf 
eine grdBere Epidemie in Oesterreich erstrecken, fttr welches Territorium 


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Do err, Beitrag zum Stadium des Dy sente riebacillus. 


387 


bisher nur P. Th. Muller an 3 Fallen einer Epidemie in Sfidsteier- 
mark positive Resultate erhalten konnte. 

Bevor ich aber an die Darlegung meiner eigenen Untersuchungs- 
ergebnisse schreite, mSchte ich noch die ubrigen Argumente, welche aufier 
der Konstanz des Vorkommens fur die atiologische Bedeutung des Bacillus 
dysenteriae Shiga herangezogen werden kdnnen, einer-Kritik unter- 
ziehen. Es ist ja kaum not wee dig, nochmals zu betonen, dad das Agglu- 
tinationsverfahren nach Kolle und Martini und der Lentzsche 
Lakmusmannitagar nur verwendet werden kdnnen zum Nachweis, dad 
-eiu neugezQchteter Stamm mit dem Shiga- Bacillus identisch ist; fiber 
die Bedeutung dieses Bacillus ffir das Zustandekommen des dysenteri- 
schen Prozesses im Darm sagen sie uns natfirlich nichts. 

Die Entscheidung dieser Frage wfirde auf wenig Schwierigkeiten 
stoden, wenn es sich bei den Ruhrstfibchen um morphologisch und kul- 
turell scharf charakterisierte Mikroorganismen handeln wfirde, die bei 
Tieren dysenteriefihnliche Prozesse im Darm hervorrufen kdnnen. Das 
ist aber in keiner Weise der Fall. Dieser Bacillus ist ein Glied der 
artenreichen Typhus-Coli-Gruppe; sein rascheres Wachstum auf Gelatine 
lfifit ihn mehr dem Colibacillus, die fehlende Gas- und Indolbildung 
und Milchgerinnung, der Grad der Saureproduktion in Lakmusmolke, 
das Wachstum auf Kartoffeln, in Neutralrotagar dem Typhusbacillus ver- 
wandt erscheinen. Von beiden unterscheidet ihn das Fehlen von Geideln, 
das Verhalten in Lakmusmannitagar, in Barsiekowscher Nfihrflfissig- 
keit. Damit ware eine Abgrenzung gegenfiber diesen beiden Arten in 
morphologisch-kultureller Beziehung gegeben. Aber wir kennen heute 
eine ganze Menge von Arten, welche alle in diese Gruppe gehdren und 
denen gegenfiber die Differenzierung keine so leichte ist. Es gibt un- 
bewegliche Coli-Arten, Coli-ahnliche Species, die kein Gas bilden 
(B. coli anaerogenes) und den Rothbergerschen Nfihrboden 
nicht verfindern, und schlieBlich die von Kruse bei nicht epidemischer 
Dysenterie (Ruhr der Irren) und von Lentz und anderen kultivierten 
Pseudodysenteriestamme, die samtlich weitgehende Aehnlichkeiten mit 
dem Shigaschen Bacillus zeigen. Es weifi jeder, der Coli-ahnliche 
Arten nicht nur aus Faeces, sondern aus verschiedenen anderen Sub- 
straten (Bodenstaub, Wasser etc.) gezfichtet und ihre Eigenschaften ge- 
prfift hat, dafi sich hier fliefiende Uebergange in morphologisch-kultu¬ 
reller Beziehung konstatieren lassen. 

Ist ja doch die Frage, ob die beiden Arten: Typhusbacillus und das 
typische Bacterium coli commune, die am starksten voneinander 
ditferieren und gewissermafien die Endglieder der ganzen Reihe repra- 
sentieren, tatsfichlich verschieden sind, von den franzdsischen Bakterio- 
logen noch immer nicht bej aht, und R6 m y hat erst neuerlich behauptet, 
dafi ihm durch Symbiose beider Arten Umzfichtungen gelungen seien. 
Auch die sogenannten ASrogenes-Arten sehen viele nur als Coli- 
Varietaten an. So herrscht gerade in dieser Gruppe eine Unsicherheit 
in der Auffassung des Artbegriffes und eine weitgehende Verschieden- 
heit der Ansichten. Unter diesen Verhaltnissen wird eine gewisse Skepsis 
am Platze sein, wenn bei einer infektiosen Darmerkrankung die Iso- 
lierung eines neuen C o 1 i - ahnlichen Bakteriums gelingt. 

Auch mit der Tierpathogenitat verhalt es sich bei den Shigaschen 
Stabchen eigentfimlich; sie sind nur eminent toxisch; zur Erzeugung 
septikamischer Prozesse mit massenhaftem Auftreten der Bacillen im 
Blute sind selbst bei kleinen Versuchstieren (weifien Mausen) relativ 

25* 


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388 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


grofie Mengen frisch gezfichteten, also jedenfalls noch virulenten Bakterien- 
materiales erforderlich. Die Erzeugung dysenterischer Prozesse gelingt 
nicht, wie sehr man aach das Versuchstier und den Einverleibungs- 
modus variiert. Wir kdnnen hier nicht die Analogic mit den Erregern 
anderer infektidser Darmerkrankungen (Typhus und Cholera) heranziehen, 
die auch beinl Tiere nicht ohne weiteres in der Weise pathogen wirken, 
dad sie die gleichen pathologisch-anatomischen Verknderungen im Intesti- 
naltrakt erzeugen wie beim Menschen, denn einerseits gelingt dies doch 
durch Wahl geeigneter Versuchsbedingungen (junger Tiere etc.), und 
ferner ist es auff&llig, dad fflr die andere Form der Dysenterie, welche 
durch Amdben erzeugt wird, die Katze so empfflnglich ist, wkhrend sie 
sich, auch bei Applikationen per rectum, dem Shiga-Bacillus gegen- 
flber ganz refraktkr erweist 

Fur die atiologische Bedeutung des Bacillus dysenteriae Shiga 
wflrde hdchstens ein anderes Moment sprechen: die Agglutination durch 
Ruhrrekonvaleszentenserum. 

Nun werden ja aber auch andere (ruhr&hnliche) Bacillen (Bara- 
binow, Pseudodysenterie Lentz, Pseudodysenterie I, II, III) selbst 
in stfirkeren Verdflnnungen (1:150) durch solche Sera, die von zweifel- 
losen Ruhrfailen stammen, agglutiniert, wfihrend der Agglutinationstitre 
fflr echte Ruhrbacillen oder unprajudizierlich gesprochen, fflr den 
Bacillus Shiga resp. die mit ihm heute identischen St&mme oft vie) 
niedriger liegt. Allerdings werden die pseudodysenterischen St&mme 
sowie die von Flexner und Strong auch von Sens (bei Verdfln- 
nungen bis 1:60) beeinfluSt, die gar nicht von Ruhrstflhlen stammen, 
sondern z. B. von an tuberkulosen Darmgeschwfiren erkrankten Indivi- 
duen, sie scheinen also uberhaupt eine Tendenz zur Agglutination durch 
menschliche Sera zu besitzen, wkhrend fflr die Shigaschen St&bchen 
bisher etwas derartiges noch nicht bekannt ist. Ich habe eine Reihe 
von Seris untersucht, die zum Teil von Gesunden, die nie an Ruhr ge- 
litten hatten, zum Teil von Patienten stammten, welche an den ver- 
schiedenartigsten Affektionen des Magendarmtraktes erkrankt waren, 
und erhielt bei Verdflnnungen fiber 1:10 niemals Agglutination, weder 
bei den im Institute isolierten Stammen, noch bei Kruse oder Mflller. 
Diese Resultate sind um so wertvoller, als sie sich nicht nnr in voller 
Uebereinstimmung mit den Befunden M fillers und Kruses befinden, 
sondern auch mit denen von Martini und Lentz, soweit dies aus 
ihrer Tabelle III zu ersehen ist, die mit der Methode von Kolle und 
Martini gearbeitet und die aus der Beobachtung im hkngenden Tropfen 
sich ergebenden Fehlerquellen vermieden haben. Mfissen wir also an- 
erkennen, dafi bei von so vielen Seiten an einer grofien Zahl von Fallen 
und nach verschiedenen Methoden ausgeffihrten Versuchen kein einziger 
Fall bekannt geworden ist, in dem ein Serum, das nicht von einem 
Ruhrfalle stammte, in hoherer Verdfinnung (1:50) die Bacillen der 
Shigaschen Gruppe agglutiniert hat, so werden wir die positiven Er- 
gebnisse, wo Ruhrsera noch bei Verdflnnungen von 1:600 und darfiber 
auf echte Dysenteriebacillen sich wirksam erwiesen, nicht als vollkommen 
belanglos fflr die Frage nach dem Kausalnexus der Stabchen mit dem 
Ruhrprozefi ansehen kdnnen. Das war ja auch schliefilich der Weg, auf 
dem Shiga, Kruse und ihre zahlreichen Nachfolger dazu gelangt 
sind, fflr ihre Stamme den Titel „Dysenteriebacillus“ zu reklamieren. 

Doch scheint es, als ob auch dieser Punkt leicht fiberschatzt werden 
kann. Die Dysenterie ist eine Krankheit des Darmes, und wir wissen 


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Do err, Beitrag zum Studium des Dysenteriebacillus. 


389 


heute aus den Untersnchungen Escherichs und seiner Schule, dafi 
bei verschiedenen Darmerkrankungen das Serum des Patienten bedeu- 
tende agglutinatorische Kraft fflr die Goli-Rassen gewinnt, welche zur 
Zeit der Erkrankung die Darmflora konstituieren. Daraus kann man, 
wenn man will, folgern, dafi die im Darm als harmlose Saprophyten 
lebenden Coli-Varietaten pldtzlich pathogen geworden sind, oder dafi 
neue bdsartige Goli-Rassen das Darmlumen bevdlkern. Aber man ist 
durch nichts zu dieser Schlufifolgerung gedrflngt. Bei der Diphtheric 
gewinnt gleichfalls das Blutserum unter Umst&nden Agglutinations- 
wirkung fflr Streptokokken und es fflllt deswegen niemand ein, am 
Ldfflerschen Bacillus zu zweifeln; beim Scharlach, dessen Erreger 
nicht bekannt sind, weil sie sowie die Noxen der anderen exanthema- 
tischen Krankheiten sich gegenflber unseren Forschungsmethoden als 
resistent erweisen, hat man von verschiedenen Seiten bereits die Strepto¬ 
kokken, die aus Scarlatinaf&llen gezuchtet sind und durch Scharlach- 
serum beeinflufit werden, zu Scharlacherregern gestempelt. Es kdnnte 
leicht der Fall eintreten, dafi die Verh&ltnisse bei der Ruhr flhnlich 
liegen, und dafi sich spflter der Schlufi, den man von der Tatsache der 
Agglutination der Ruhrbacillen durch Ruhrserum auf ihre krankheits- 
erregende Wirkung macht, als voreilig erweist 

Immerhin haben wir vorl&ufig die Berechtigung, an der Pathogenit&t 
der Shiga schen Stabchen festzuhalten, solange sie nicht mit alien ihren 
Eigenschaften (einschliefilich Agglutinierbarkeit durch hochwertige Immun- 
sera in hdheren Verdflnnungen) bei anderen Prozessen oder bei Ge- 
sunden im Darminhalte nachgewiesen werden, und je zahlreicher anderer- 
seits die positiven Befunde bei Ruhrepidemieen werden. 

Die Epidemic, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, umfafite 
118 FSUe und herrschte w&hrend der Monate Juli bis September 1902 
in dem Militflrlager in Bruck a. L., an der dsterr.-ungar. Grenze, welches 
schon zu wiederholten Malen von Dysenteric heimgesucht wurde. Ab- 
gesehen von alljflhrlich auftretenden sporadischen Fallen, gewann die 
Krankheit das letzte Mai im Jahre 1898, eine grofiere Ausbreitung. Da- 
mals gelang es auch, die Quelle der auf das Lager beschrSnkten Epi¬ 
demic zu ermitteln. 

Das Wasser wird einem Teil des Lagers durch eine Wasserleitung 
zugefflhrt, deren Quellstube 1 / i Stunde weit entfernt ist und im Jahre 
1898 noch jedermann zugflnglich war. Es konnte nun eruiert werden, 
dafi vorflberziehende Zigeuner, deren Kinder an Diarrhden litten (ob an 
typischer Dysenteric, war nicht mit Sicherheit festzustellen, ist jedoch 
angesichts der zu erdrternden Verhfiltnisse in diesem Falle nicht zu be- 
zweifeln), das Wasser der Quellstube dadurch verunreinigt hatten, dafi 
sie die Kinder darin badeten; wenige Tage nachher traten in dem mit 
Leitungswasser versorgten Lagerterritorium die ersten Dysenteriefalle 
auf, und gleichzeitig erkrankten auch Arbeiter, welche in einem Stein- 
bruch in der Nflhe der Quellstube beschflftigt waren und das Trink- 
wasser aus derselben schopften. In dem mit Brunnen versehenen Lager- 
anteil blieb die Mannschaft gesund. Es wurden damals, weil diese Tat¬ 
sache der Verunreinigung der Quellstube noch unbekannt war, die 
Durchseuchung des mangelhaft kanalisierten Bodens und die infizierte 
Beschaffenheit des Grundwassers, welches im ganzen Lager als Nutz- 
wasser benutzt wurde, als Ursache der Epidemic angesehen, die Nutz- 
wasserbrunnen gesperrt, und in das Lagerspital, in welchem bislang 
Brunnenwasser getrunken wurde, Leitungswasser eingeleitet. Kurze 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV No. 5. 


Zeit darauf traten unter den im Lagerspital untergebrachten Sanitfits- 
soldaten, die bisher gesund geblieben waren, die ersten Dysenterieffille 
auf. Als man die wahre Sachlage erkannt hatte, wurde die Wasser- 
leitung gesperrt und anderes Trinkwasser zugefflhrt; im unmittelbaren 
Anschlufi an diese Mafiregel erlosch auch die Epidemie. 

1902 lagen die Verhfiltnisse anders. Quellstube und Leitung waren 
in einem den hygienischen Forderungen vollkommen entsprechenden Zu- 
stande. Auch korrespondierte die Verteilung der Ffille auf die einzelnen 
Ubikationen nicht mit der Versorgung mit Leitungswasser. Dement- 
sprechend ergab auch die an Ort und Stelle ausgefflhrte Wasserunter- 
suchung, in welcher auf das Auftreten C o 1 i- ahnlicher Eolonieen be- 
sonderes Augenmerk gerichtet worden war, ein negatives Resultat, trotz- 
dem fiber 60 Platten von an verschiedenen Stellen der Leitung ent- 
nommenen Wasserproben gegossen worden waren; dabei wurde dieUnter- 
suchung durchgeffihrt, wfihrend die Epidemie ihren Hohepunkt erreicht 
hatte. Auch die Untersuchung einiger Nutzwasserbrunnen lieferte ein 
negatives Ergebnis. Die Epidemie war diesmal durch einen Truppenkdrper 
eingeschleppt worden, der aus dem verseuchten Wiener Neustadt zu- 
transferiert worden war, und bei dem einen Tag nach seiner Ankunft 
im Lager die ersten Ffille konstatiert wurden. Auch die Art, wie sich 
die Epidemie von der Baracke, in welcher dieser erstinfizierte Truppen- • 
teil einquartiert war, radifir ausbreitete, und die zeitliche Aufeinanderfolge 
der Ffille, machte es klar, daB es sich hier um Weiterverbreitung durch 
Kontaktinfektion und nicht durch infiziertes Trinkwasser handeln mfisse. 

Es bildete fibrigens diese Epidemie gewissermafien nur einen Teit 
einer groBen, fiber ganz Niederosterreich ausgedehnten Epidemie. Dem- 
entsprechend erkrankten auch andere Truppenkdrper. So ein kleines, in 
einer Wiener Kavalleriekaserne untergebrachtes Detachement (18 Ffille). 

Hier konnte im Wasser gewifi die Entstehungsursache nicht ge- 
sucht werden, da die Mannschaft nur das Wasser der Wiener Hoch- 
quellenleitung verwendete. Auch unter der Civilbevolkerung Nieder- 
osterreichs traten zahlreiche Ffille auf, die aber wohl nur zum geringen 
Teile zur Kenntnis der Behdrde gelangten. In der Umgebung der oben- 
erwfihnten Kavalleriekaserne in Wien z. B. waren zahlreiche Civilper- 
sonen erkrankt, darunter ein Knabe, der in Spitalsbehandlung kam. 
Dort wurde die Diagnose Colitis gestellt. Ich schfipfte aus dem Um- 
stande, dafi die Wohnung des Knaben in der Nfihe der Kaserne lag, in 
der Dysenteric herrschte, sofort den Verdacht, es kdnnte sich auch hier 
um diese Erkrankung handeln und fand tatsfichlich meine Vermutung 
durch das klinische Bild und die bedeutende agglutinatorische Kraft des 
Serums dieses Patienten ffir Ruhrstfibchen bestfitigt. Ebenso bestanden 
kleine Epidemieen in Neulengbach (Innsbruck) und Klosterneuburg. 

Im ganzen hatte die Epidemie einen leichten Charakter. Unter den 
118 Erkrankungen in Bruck trat nur ein Todesfall ein, unter den Wiener 
Ffillen keiner. Schwere Komplikationen waren gleichfalls selten, nur 
6mal wurden Polyarthritiden und ebenso oft schwere Konjunktivitiden 
mit Keratitis, Iridocyclitis beobachtet, nur in einem einzigen Falle ent- 
wickelte sich ein LeberabsceB. 

Die Stuhluntersuchungen stellte ich an 15 Ffillen in Bruck, an 5 
in Wien an. Eine grdBere Anzahl zu untersuchen war mir aus fiufieren 
Grfinden unmSglich. Von diesen gelang es in 7 Ffillen aus Bruck, in 
einem aus Wien die Ruhrbacillen nachzuweisen. Dieser geringe Prozent- 
satz der positiven Ergebnisse hat seinen Grund darin, dafi man nur dann 


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Do err, Beitrag zum Stadium deg Dysenteriebacillug. 


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im stande ist, die Shigaschen St&bchen mit Hilfe der gewbhnlichen 
Methoden aus dem Stable zu zflchten, wenn man in den ersten Krank- 
heitstagen untersucht, solange der Stahl noch eine schleimige, schleimig- 
blutige Oder schleimig-eitrige Beschaffenheit besitzt und geruchlos ist 
(bis zum 6. Tage). Sind die Entleerungen braun gef&rbt, riechen sie 
fSkulent, so gelingt der Nachveis der Ruhrstabchen in der Regel 
nicht mehr. 

Es mag sein, dafi die Anwendung der Drigalski-Conradischen 
Lackmus-Laktose-Agarplatten oder des Lentz schen N&hrbodens in solchen 
F&llen noch zum Ziele ftihrt Ich habe das Verfahren nur 3mal be- 
nutzt und damit jedesmal reussiert, darunter einmal, als ich von 
Gelatineplatten keine Ruhrstabchen, sondern nur Coli-Arten erhalten 
konnte. In diesem Falle war auch der untersuchte Stuhl bereits gallig 
gefarbt und von fakulentem Geruch. Untersucht man aber zur richtigen 
Zeit, so leisten die Gelatineplatten denselben Dienst, weil entweder die 
Dysenteriebacillen in Reinkultar wachsen, oder falls einzelne Coli- 
Kolonieen aufgehen, diese durch ihr bedeutendere Grofie, ihre geringere 
Transparenz etc. hinreichend von den Ruhrkolonieen sich abheben. 

Adders liegt die Sache beim Typhus, wo neben dem Krankheits- 
erreger stets noch eine reiche Bakterienflora in den Faeces vorhanden 
ist, welche die Untersuchung auf Gelatineplatten, oft auch schon durch 
Verflhssigung stbrt. Hier hat aufierdem das Untersuchungsresnltat einen 
hdheren diagnostischen Wert, was bei dem ausgepr&gten klinischen Bild 
der Rohr nicht der Fall ist. Man kann also die Falle zur Untersuchung 
wkhlen und den Drigalskischen oder Lentzschen Nahrboden, deren 
Herstellung nicht gerade einfach ist, vermeiden, wenn man nicht gerade 
ermitteln will, bis zu welchem Zeitpunkte der Krankheit der Bacillus 
sich in den Faeces tiberhaupt nachweisen lafit. 

Geeignete Sttihle bieten auch mikroskopisch im gefarbten Deckglas- 
pr&parat ein charakteristisches Aussehen. Neben den zahlreichen Eiter- 
zellen finden sich nur sehr wenigej gramnegative Stabchen vom Aus¬ 
sehen der Colibacillen, so sparlich, daB man haufig mehrere Gesichts- 
felder durchsehen muB, um vereinzelte Exemplare zu sehen. Die so 
mannigfache Bakterienflora normaler und pathologischer Sttihle ist voll- 
standig verschwunden nnd erscheint erst nach Ablauf der ersten 5—6 
Krankheitstage und der Wiederkehr der galligen Farbung und des 
fakulenten Geruches. 

Diese auffallende Keimarmut typischer dysenterischer Sttihle hat 
bereits Kruse beschrieben und v. Drigalski versucht, dieselbe in 
der Weise zu erklaren, dafi durch die reichlichen Absonderungen die 
auf nnd in der Darmwand vegetierenden Bakterien gewissermafien eine 
Starke Verdiinnung erfahren. Dieser Erklfirungsversuch scheint nicht 
sehr gltlcklich zu sein. Bei der Cholera sind die Entleerungen viel 
kopioser und zeigen durchaus keine Abnahme des Keimgehaltes. DaB 
in spateren Stadien, wenn in der Darmschleimhaut sich bereits ulcerdse 
Prozesse etabliert haben, die Dysenteriebacillen zurtickgedr&ngt und von 
anderen Bakterien fiberwuchert werden, ist leicht verstandlich und steht 
durchaus im Einklang mit unseren Erfahrungen bei anderen infektidsen 
Darmerkranknngen (Typhus, Cholera). 

Das Aussehen der Kolonieen auf der Gelatineplatte ist nicht immer 
dasselbe. Schon Shiga hat, wie bereits erwahnt, urspriinglich seine 
oberflachlichen Kolonieen als nicht charakteristisch bezeichnet und ist 
erst durch Verwendung anderer Gelatine (von hGheren Prozentgehalt) 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


in der Lage gewesen, ein dem Kruseschen Bacillus fihnliches 
Wachstum zu erzielen. Aber auch auf derselben Gelatine weichen die 
einzelnen Variet&ten (Kruse, Mil ller, meine Stfimme) voneinander 
ab. Nach 2mal 24 Stunden hatten die oberflfichlichen Kolonieen 2 mm 
im Durchmesser, waren blfiulich-weiB, durchscbeinend, unregelmfifiig 
weinblattfihnlich umrandet Der Rand erscheint unter dem Mikroskop bei 
schwacher VergrfiBerung (Ok. 4 0bj. 2 Reichert) farblos, fast homogen, 
von Furchen durchzogen, welche blattrippenartig der exzentrisch ge- 
legenen Durchbruchsstelle der Kolonie zustreben. Das Zentrum ist hell- 
gelblich, gegen den Nabel zu mehr brfiunlichgelb. Das radi&re Furchen- 
system ist nun sehr verschieden ausgeprfigt. 

Am deutlichsten, ja ausgeprfigter als selbst bei Typhuskolonieen ist 
es entschieden beim Kruseschen Stamme, und wfihrend es bei den 
ersteren allmfihlich mit zunehmender Opazitfit der Kolonie undeutlicher 
wird, bleibt es bei letzterem mehrere Tage hindurch gleich deutlich 
erhalten, der Rand ist lange Zeit homogen, farblos. Auch sind die Furchen 
tiefer, schon makroskopisch als feine Ffiltelung der Oberflfiche der Kolonie 
wahrnehmbar. Der Mfillersche Stamm zeigt ein gleiches Verhalten 
wie Typhus; die Stamme aus Bruck und Wien gleichen infolge ihrer 
etwas weniger ausgeprfigten Furchen mehr dem Verhalten von typi- 
schem Bact ColL Die Furchen werden rasch undeutlich, nur mehr 
in den Randpartieen erhalten, und diese letzteren werden gelblich und 
verlieren die homogene Beschaffenheit. Ich habe diese Vorh&ltnisse 
durch eine beigegebene Tafel illustriert, welche ich der Gtite meines 
verehrten Chefs Herrn St A. Dr. L. K a m e n verdanke; zur Statuierung 
von Arten reichen natttrlich solche Unterschiede nicht aus, indem man 
ja oft auch auf mit Reinkulturen von Cholera u. a. gegossenen Platten 
sehr verschiedenen Formen von Oberflachenkolonieen begegnet. Zudem 
finden wir auch bei dem den gesunden Darm des erwachsenen Menschen 
bewohnenden Bakterium-Coli zwei Rassen, von weichen die eine auf 
Gelatine transparent, die andere mehr opak wfichst; hier haben wir es 
gewiB nicht mit zwei verschiedenen Arten zu tun, da es wiederholt 
schon gelang, durch verschiedene Mittel die eine Varietfit in die andere 
fiberzuffihren. So hat Morrel bei Passage durch den Tierkdrper ver- 
mocht, bei der opaken Art transparent* Gelatinekulturen zu erzielen. 
Ich erwfihne diesen Umstand besonders, weil ich fiber etwas fihnliches 
bei meinen Stfimmen berichten kann. Bei den Versuchen, durch Immuni- 
sierung mit einem derselben ein hochwertiges Serum zu erzeugen, ging 
das Versuchstier ein und die aus dem Infiltrat an der Injektionsstelle 
angelegten Gelatineplatten wiesen Oberflachenkolonieen auf, die in nichts 
sich von dem Mfillerschen und nur wenig von den Kruseschen 
Bacillen unterschieden. Auch mehrmonatliche Fortzfichtung im Labo- 
ratorium bewirkte eine Ann&herung an den Wachstumstypus des Kruse¬ 
schen Stammes. Die Kolonieen wachsen spfiter bedeutend und werden 
auf nicht zu dicht bes&ten Platten urn ein Mehrfaches grSBer als Typhus¬ 
kolonieen, nfihern sich also in dieser Hinsicht mehr dem B. coli. Die 
tiefen Ansiedelungen sind charakteristisch, scharf umrandet, kreisrund, 
gelblich, spfiter brfiunlichgelb und sehr fein granuliert. 

Auf schrfigem Agar entstehen graue transparente Ueberzfige, welche 
einen deutlich hervortretenden spermaahnlichen Geruch verbreiten, den 
man jedoch auch bei anderen Ruhrstfimmen als bei denen der Shiga- 
Gruppe antrifft 

Bouillon wird diffus getrfibt (nach 24 Stunden bei 37°) und klfirt 


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Doerr, Beitrag zum Studium des Dysenteriebacillus. 


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sich spater langsam von oben her, wobei ein sparliches, grauweifies 
Sediment entsteht; die Bildung einer Kahmhant, wie sie bei manchen 
Colivarietaten eintritt, kann pie beobachtet werden; ebensowenig bilden 
sich Haufchen, wie sie in tippig wuchernden Coli-Kulturen oft schon nach 
12 Stunden erscheinen kOnnen. Die Triibung ist stets geringer als bei 
gleichaltrigen Coli-Arten, mehr dem Typhus entsprechend. Eine besonders 
schnelle Klarung der Bouillon, wie sie Martini und Len tz bei den von 
Strong auf den Philippinen geztichteten Stammen sahen, verbunden 
mit langsamem Wachstum, findet man auch bei echten Buhrbacillen z. B. 
bei Kruse. Mir stand eine vom Kralschen Laboratorium in Prag be- 
zogene Kultur von Kruses Bacillen zur Verfflgung, deren Reinheit 
wiederholt durch Plattenaussaat geprflft wurde; diese zeigte anfanglich 
das fdr den Stamm Strong beschriebene Verhalten in Bouillon, konnte 
aber leicht zu dem eben als typisch beschriebenen Verhalten gebracht 
werden, wenn man von Bouillon zu Bouillon abertrug und immer nur 
von der getrabten Flassigkeit abimpfte, ohne den getrttbten Bodensatz 
aufzuwirbeln. Indol wird in der Bouillon nicht gebildet, ebensowenig 
wie in 1 # / 0 Pepton-NaCl-L8sung selbst nach mehren Tagen. Ein Stamm 
Flexner (gleichfalls aus K r als Laboratorium bezogen und nach allem 
wohl einer jener Stamme, die nicht zur Shiga-Gruppe gerechnet 
werden kdnnen) bildete zwar nicht in Bouillon, wohl aber in Peptonlosung 
nach mehreren Tagen Indol. 

Milch wird selbst nach 8 Tagen nicht koaguliert. 

Das Wachstum auf Kartoffeln gleicht dem einer zum Vergleich 
herangezogenen Ty-Kultur, doch ist das Wachstum bei den Ruhrbacilien 
mehr auf den Impfstrich beschrankt und nicht aber die Oberflache der 
Kartoffel ausgebreitet. 

Die Petruschkysche Lakmusmolke (bezogen von Dr. Grabler) 
bleibt fast klar, so wie bei Typhus, und wird schwach sauer; doch kann 
der S&uregrad immerhin etwas starker werden als bei Typhus; so zeigte 
der Krusesche Stamm nach 4 Tagen (37°) einen Sauregrad von 6 Proz. 
7,o Normalnatronlauge und in gleicher Weise verhielten sich im Mittel 
auch die Brucker Stamme. 

In Stichkulturen von Traubenzuckeragar bleibt die Gasbildung aus; 
ebenso in mit Traubenzuckerbouillon gefalltem Garungskolbchen; auch 
hier tritt oft sehr rasch eine Klarung der Nahrtlassigkeit im anaeroben 
Schenkel ein, ein Verhalten, dem man bei Typhus oder beweglichen Coli- 
Arten nie begegnet und welches wohl auf das Fehlen der Beweglichkeit be¬ 
zogen werden mufi. Die Kombination von Traubenzuckeragar mit Neutral- 
rot in Form des Rothbergerschen Nahrbodens wird weder entfarbt 
noch bildet sich in den ersten 3—4 Tagen eine Fluoreszenz aus. Die 
Behauptung von Mailer, daft bei echten Ruhrbacilien nach mehrtagigem 
Verweilen bei 37° flberhaupt keine Fluoreszenz eintritt, wahrend der 
B. anaerogenes Lembke oder ruhrahnliche Arten dem Agar eiue 
schmutziggrttne Fluoreszenz verleihen, kann ich nicht bestatigen. Fur 
Kruse und 3 unserer Stamme verhalt sich die Sache allerdings so wie 
Mailer angibt, aber Mailers Stamme *) selbst zeigen nach 8 Tagen eine 
leichte schmutziggrOne Fluoreszenz, und ebenso 5 von den 8 Stammen, 
die im Institute gezOchtet wurden, wahrend der Flexnersche von 
Krdl bezogene, der durch Indolbildung, durch gelbliche Farbe des 


1) Die mir von Herrn Dozent Dr. R. Kraus in dankenswerter Weise iiberlassen 
wurden. 


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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 5. 


Kartoffelrasens, durch sein Verhalten in Lakmusmannitagar und sein 
Verhalten gegenflber Shiga-Immunserum sich sicher verschieden von 
typischen Ruhrbacillen erwiesen hatte, sich so brie Typhus oder Kruse 
verhielt. Auch ein im Institute aus einem periproktalen Abscefi kul- 
tivierter B. anaerOgenes coli zeigte die schmutziggrtine Fluoreszenz 
nicht. Man wird also diesen geringen und erst nach mehrtfigiger Beob- 
achtung hervortretenden Unterschieden kaum eine differentialdiagnostische 
Bedeutung beimessen kOnnen; sie sind zu gering und vor allem in- 
konstant, vielleicht bedingt durch geringfflgige Abweichungen in der 
Zusammensetzung des Nahrsubstrates. 

Wir kOnnen nur sagen, dad der Ruhrbacillus sich im Rothberger- 
schen Nahrboden sowie in Lakmusmolke ahnlich verhalt wie der Typhus- 
bacillus. Viel mehr leistet die von Barsiekow angegebene Nfihr- 
flflssigkeit, welche aus Nutrose 1,0, NaCl 0,5, Traubenzucker Oder Milch- 
zucker 1,0 und Aq. dest. ad 100,0 besteht. Wie Klopstock zuerst 
berichtet hat, treten in der Nutrose-Traubenzuckerlflsung oder in einer 
Nutroselosung, welche 1 Proz. Traubenzucker 1 Proz. Milchzucker 
enthalt, deutliche Differenzen zu Tage zwischen Typhus-, Coli- und 
Ruhrbacillen. Die nur Laktose enthaltende Modifikation gestattet nur 
Coli von Typhus- oder Ruhrbacillen, nicht aber diese beiden letzteren 
voneinander zu trennen. Die Unterschiede bestehen bei Traubenzucker- 
zusatz darin, dad bei 37° Coli in langstens 24 Stunden eine fetzig- 
flockige Gerinnung der Nutrose herbeiffihrt, wahrend Typhusbacillen in 
gleichaltrigen Kulturen blod eine starke milchige Trflbung und erst nach 
weiteren 24 Stunden eine mehr gleichmadige Ffillung bewirken. Ruhr¬ 
bacillen sauern das Nahrsubstrat zum Unterschiede von B. faecal is 
alcaligenes, bewirken aber in den ersten Tagen flberhaupt keine, 
und erst nach mehrtagigem Verweilen im Brutofen eine sehr schwache 
Fallung der Nutrose, die sich als geringe Trflbung der Nahrflflssigkeit 
zu erkennen gibt. Um die Sauerung sichtbar zu machen, setzt man 
zweckmadig dem Nahrsubstrat 3-proz. Lakmustinktur nach Kahlbaum 
zu. Es werden dann alle Rflhrchen rot. In Typhus-und Coli-Kulturen 
wird aber die rote Lackmusfarbe durch die Koagula angezogen, die 
schon rosenrot tingiert sind, die flbrige Flussigkeit wird farblos und 
wasserklar; Ruhrrdhrchen bleiben diffus rotlich gefarbt. Fflllt man die 
Flfissigkeit in Gfirungskolbchen, so tritt bei Coli noch die Gasbildung 
hervor, so dafi man sich das Aufstellen von Milchzucker-Nutrosekulturen 
ersparen kann, wenn man etwa Typhus von Coli mit Hilfe der Reaktion 
trennen wollte. In letzterer Beziehung dttrfte flbrigens der neue Nahr¬ 
boden sich kaum einbflrgern. So zeigen die Schottmfillerschen 
Paratyphuserreger das gleiche Verhalten wie Typhus, soweit sie zur 
Gruppe Mflller gehflren, wahrend die Gruppe Seemann Gas bildet, 
also mehr dem B. coli sich nahert. Auch ffir Ruhrbacillen hat die 
Probe nur den Wert, daB sie mit einem jederzeit leicht herzustellenden 
und haltbaren Nahrboden durchfiihrbar ist; an Feinheit der Reaktion 
wird sie von der Lentz schen Lakmusmannitagarprobe entschieden flber- 
troffen. Denn sie ist nicht im stande, die Bacillen, welche mit dem 
Shiga schen identisch sind, von anderen fihnlichen abzutrennen, z. B. 
von dem schon mehrfach erwfihnten von Krdl bezogenen Stamm 
Flexner, welcher als Stichkultur im Lentz schen Mannitagar nach 
24 Stunden bereits eine entschiedene R5tung des Nahrsubstrates hervor- 
rief, wenn auch nicht so intensiv wie Typhus; sich demnach deutlich 
von echten Ruhrbacillen unterschied, die, wie ich dies auch ffir alle 


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Do err, Beitrag zum Stadium des Dysenteri abaci Hub. 


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meine Stamme fand, den Nahrboden in seiner Farbe nicht alterieren. 
In den Barsiekowschen Nutroseldsungen waren solche Differenzen 
zwischen den Flexnerschen und ecbten Ruhrbacillen nicht vorhanden. 
Auch die Paratyphusarten zeigen im Lentzschen Nahrboden durch die 
Gasbildung beide ein vom Typhus abweichendes Verhalten. 

Am zweckmafiigsten ist es, wenn man sich eines Nlhrbodens bedient, 
der die Vorzfige des Lentzschen, insbesondere die sichere Differenzierung 
mit der leichten Herstellbarkeit und konstanten Zusammensetzung der 
Barsieko wschen Losungen vereint; man stellt sich eine FlOssigkeit 
her, bestehend aus 

1 g Mannit, 

0,5 „ NaCl, 

1 „ Nutrose, 

100 ccm Aq. dest. 

Die Ldsung der Nutrose beschleunigt man durch Erwarmen im Wasser- 
bade, darauf wird filtriert und dem Filtrate 3 ccm LakmuslOsung nach 
Kahlbaum hinzugefiigt. Man verteilt die FlOssigkeit auf Eprouvetten 
Oder GSrungskolbchen und sterilisiert im stromenden Dampfe an zwei 
aufeinanderfolgenden Tagen durch je 15 Minuten. In dieser LOsung 
erzeugen ruhrahnliche Bacillen (z. B. der Flexnersche Stamm) nach 
24 Stunden deutliche Rotfarbung, die Stamme der S h i g a - Gruppe lassen 
sie unverandert, genau so wie bei den Stichkulturen in Lackmusmannit- 
agar, Typhus- und Coli-Stamme zeigen ein ahnliches Verhalten wie in 
der Traubenzucker-Nutroselbsung, sind also untereinander und von Ruhr 
und ruhrahnlichen auf den ersten Blick zu unterscheiden. 

Was die Tierpathogenitat betrifft, so zeigte sich auch bei meinen 
Stammen die auBerordentliche Toxizitat der Ruhrbacillen namentlich bei 
Kaninchen, wobei die abgetbteten (1 Stunde bei 65° C gehaltenen) Bak- 
terien fast die namliche Wirkung entfalteten wie die lebenden. 1 / i Oese 
intravenos, 1 / 2 Oese subkutan totete Kaninchen von 2 1 / i —3 kg Gewicht 
in 48 Stunden bis 4 Tagen, wobei rapides Sinken des Korpergewicbtes, 
Abnahme der FreMust und Parese oder Paralyse der hinteren Extremi- 
taten beobachtet wurde. Mause sterben bei intraperitonealer Injektion 
von x / 4 Oese lebender Kultur nach 12—24 Stunden und zeigen dann 
eine betrachtliche Vermehrung der eingespritzten Bacillen im visciden 
Peritonealsaft und im Safte der geschwollenen Milz, im Herzblute linden 
sich zahlreichere Bacillen nur dann, wenn man groBere Mengen, etwa 
1 Oese oder mehr, einspritzt. 

Bei Injektion abgetdteter Kulturen ist der Sektionsbefund naturlich 
stets negativ. Die Milz ist kaum geschwollen, das Herz ist schlaff und 
strotzend mit Blut gefttllt. Die Pleuren hie und da mit Petechien be- 
deckt, das Herzblut und der Milzsaft sind steril. Spritzt man lebende 
Kultur intravenos ein, so lassen sich die Ruhrbacillen, wenn auch meistens 
nur kulturell, in der Milz nachweisen; das Herzblut ist auch in solchen 
Fallen steril. Natfirlich erschwert diese Toxizitat aufierordentlich die 
Herstellung hochwertiger Sera bei kleinen Versuchstieren, wovon sich 
schon Mailer bei Meerschweinchen aberzeugt hatte. Unmoglich ist sie 
jedoch nicht, wenn man fiber die notige Zeit und Geduld verfugt. Man 
mull mit sehr geringen Mengen (hochstens 1 / 4 Oese abgetfitet) beginnen 
und haben dann die Tiere die Reaktion, die sich im Sinken des Gewichtes 
und der Kfirpertemperatur, in Cyanose, Paralyse der hinteren Extremi- 
taten oft sehr bedrohlich aufiern kann, uberstanden, so hat man, wenn 
man sich nur an die allgemeinen Regeln solcher Immunisierungsvorgange 


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396 Ceniralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 

halt und allmfihlich mit den Dosen steigt, weiterhin nichts zu beffirchten. 
DaB gerade die wiederholten Injektionen schlecht vertragen werden, 
kann ich wenigstens ffir Kaninchen und fur die Kruseschen sowie die 
Brucker Stamme nicht bestatigen. Trotzdem ich die Immunisierung mit 
einem meiner Stamme sehr vorsichtig und erst durch 2 Monate fort- 
gesetzt habe, bin ich doch bereits zu Seris gelangt, welche in Ver- 
dfinnungen von 1:400 wirksam sind auf die Kulturen von Kruse, 
MiiHer und meine Stamme, w&hrend der Flexnersche Stamm und 
ebenso Typhus-, Coli- und Paratyphusbacillen noch in Verdiinnungen 
von 1 : 10 nicht beeinfluBt werden. Aehnlich verhielt sich das Resultat 
bei einer Gegenprfifung mit dem von Kaninchen gewonnenen Kruse¬ 
schen Serum. 

Um jedoch die GewiBheit zu erlangen, dafi meine Stamme mit dem 
Shigaschen Bacillus identisch sind, schien es mir angezeigt, dieselben 
mit dem von Lentz gewonnenen Shiga-Ziegenimmunserum zu prtifen. 
Durch freundliche Vermittelung des Herrn Prof. P alt auf, woftir ihm 
auch hier bestens gedankt sei, hat Prof. Kolle die Liebenswfirdigkeit 
gehabt, eine ausreichende Quantitat dieses Serums vom Titre 1 : 2000 
(bestimmt in Berlin) einzusenden. Die hier durchgeftihrte Untersuchung 
ergab fQr meine Stamme sowie fur den Kruseschen und Millie r- 
schen, welche ich in Handen hatte, den namlichen Titre. Die Reaktion 
trat in den hfiheren Verdiinnungen erst nach 2—3 Stunden ein, wahrend 
bei niedrigeren Verdiinnungen (bis 1 : 500) die Kriimelbildung oft schon 
beim HerabflieBen der emulgierten Kultur von der Eprouvettenwand in 
die Serumlosung bemerkbar war. Verschiedene Coli-Stamme, Para- 
coli-Bacillen (aus Wasser), Typhus- und Paratyphusbacillen sowie der 
von Krdls Laboratorium bezogene Stamm Flexner blieben (letzt- 
genannter in Verdiinnungen fiber 1 : 50) unbeeinfluBt. Als positiv wurde 
die Reaktion nur bezeichnet, wenn die Kriimelbildung durch mindestens 
5malige krfiftige SchfittelstoBe nicht wieder zum Verschwinden gebracht 
werden konnte. 

Damit sind alle Zweifel an der Artgleichheit meiner Stamme mit 
den Shigaschen Bacillen und den verwandten Rassen behoben. Immer- 
hin mochte ich nochmals betonen, daB dort, wo solche Sera oder die 
Mittel zur Bereitung des komplizierten Lentzschen Mannitagars nicht 
disponibel sind, die von mir verwendete Mannit-Nutrose-Lakmuslosung 
ebensolche Dienste leistet, die in 48 Stunden ohne besondere Schwierig- 
keiten hergestellt werden kann. 

Meine Agglutinationsversuche mit Rekonvaleszentenseris und solchen 
von Kranken fielen samtlich positiv aus (gepriift an 20 Seris aus Bruck, 
8 aus Wien und 4 aus Csakathurn in Ungarn, wo gleichfalls eine kleine, 
von der niederosterreichischen unabhangige Epidemie herrschte). Der 
Titre war niemals niedriger als 1 : 50, in der Regel betrug er 1 : 200, 
2mal 1 : 600, und schien mit der Schwere der Erkrankung und der 
Krankheitsdauer zu wachsen. Homologe Sera, d. h. solche, die von 
demselben Patienten stammten, aus dessen Faeces der Stamm gewonnen 
war, entfalteten dagegen keine hohere Wirksamkeit auf denselben als 
auf andere Stamme und wirkten auch nicht starker auf den hoino- 
logen Stamm als andere Ruhrsera. Die Wirkung auf Miillers und 
Kruses Bacillen war stets ungefahr die gleiche wie auf meine 
Stfimme. 

Nur in einem Falle fiel die Agglutination sogar bei 1 : 10 negativ 
aus; der betreffende Patient litt an blutigen Diarrhoen und gehfirte 


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Do err, Beitrag zum Studium des Dysenteriebacillus. 


397 


einem verseuchten TruppenkOrper an. Es stellte sich aber nachtr&glich 
heraus, daB seine Erkrankung im unmittelbaren Anschlusse an ein 
Trauma abdominis (Hufschlag) entstanden war; auch das klinische Bild 
wich vflllig von dem der Ruhr ab (geringe Zahl der Stuhlentleerungen, 
Feblen des Tenesmus, f&kulente Beschaffenheit der Faeces). 

SchlieBlich erw&hne ich noch, daB ich mehrfach GeiBelfSrbungen 
versucht habe sowohl mit Loefflersals auch vanErmengems Methode 
und nie ein positives Resultat erreichte, trotzdem die GeiBeln bei Kon- 
trollversuchen mit Typhus-, Coli- und Paratyphusstammen sich stets 
leicht tingieren lieBen. 

Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem verehrten Chef, Herrn 
Stabsarzt Dr. Kamen fur die Ueberlassung des Materiales und die 
Forderung meiner Arbeit meinen besten Dank abzustatten. 

Erkl&rung der Tafel. 

Fig. 1. Kruses Dysenteriebacillus. 4-tagige oberflachliche Kolonie auf leicht 
alkalischer 10-proz. Nahrgelatine. Vergr. 20-facn. 

Fig. 2. Gleichaltenge, oberflachliche Kolonie eines Brucker Stammes in der 
2. Generation. 

Fig. 3. Gleichalterige Kolonie dess el ben Stammes nach mehrmonatlicher Fort- 
zuchtung im Laboratorium. 


Literatur. 

Beobachtungen und Untersuchungen iiber die Ruhr (Dysenterie). 

Die Ruhrepidemie auf dem Truppenubungsplatze Doberitz im Jahre 1901 und die Ruhr 
im ostasiatischen Expeditionsxorps. (Veroffentl. a. d. Geb. d. Militarsanitatswesens. 
Heft 20.) Berlin (Aug. Hirschwald) 1902. 

Bowman, M. H., Dysenteric in the Philippines. (Journ. of trop. med. Vol. IV. No.24. 
p. 420-422.) 

Curry, Dysenteric diseases of the Philippine islands with special reference to the 
amoeba coli as a causative agent in tropical dysentery. (Boston med. and surg. Journ. 
1901. No. 8.) 

Deycke, Zur Aetiologie der Dysenterie. (Dtsche med. Wochenschr. 1901. No. 1.) 
v. Drigalski u. Conradi, Verfahren zum Nachweise der Typhusbacillen. (Zeitschr. 
f. Hyg. Bd. XXXIX. p. 283 ff.) 

Flexner, S., A comparative study of dysenteric bacilli. (Centralbl. f. Bakt. etc. 
Bd. XXX. 1901.) 

-, The etiology of tropical dysentery. (Ibid. Bd. XXVIII. 1900 und Bull, of the 

John Hopkins Hosp.) 

Klopstock, M., Beitrag zur Differenzierung von Typhus-, Coli- und Ruhrbacillen. 
(Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 34.) 

Kruse, W., Ueber die Ruhr als Volkskrankheit und ihre Erreger. (Dtsche med. 
Wochenschr. 1900. No. 40. p. 637 ff.) 

-, Weitere Untersuchungen iiber die Ruhr und die Ruhrbacillen. (Ibid. 1901. No. 23 

u. 24.) 

-, Der jetzige Stand der Dysenteriefrage. (Dtsche Aerzteztg. 1902. No. 2.) 

Lentz, O., Vergleichende kulturelle Untersuchungen iiber die Ruhrbacillen und ruhr- 
ahnlichen Bakterien nebst einigen Bemerkungen iiber den Lackmusfarbstoff. (Zeitschr. 
f. Hyg. Bd. XLI. Heft 3.) 

-, Dysenteric, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen. Jena (Fischer) 1902. 

Daselbst ausfiihrl. Literaturangaben. 

Markwald, Ein Fall von epidemischer Dysenterie beim Fotus. (Miinch. med. Wochen¬ 
schr. 1902. No. 48.) 

Martini u. Lentz, O., Ueber die Differenzierung der Ruhrbacillen mittels der Ag¬ 
glutination. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankn. Bd. XLI. Heft 3.) 

Muller, P. Th., Ueber den Dakteriologischen Befund bei einer Dysenterieepidemie 
in Siidsteiermark. (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902. No. 12. p. 558.) 
Nakanishi, Ueber den Bau der Bakterien. (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXX. 1901. 
No. 3. p. 106.) 

Shiga, K., Ueber den Erreger der Dysenterie in Japan. (Centralbl. f. Bakt. etc. 
Bd. XXIII. 1898.) ' 


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398 Ceniralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 5. 

Shiga, K., Ueber den Dysenteriebacillus (Bacillus dysenteriae). (Ibid. Bd. XXIV. 

18§a) 

-, Studien fiber die epidemische Dysenterie in Japan unter besonderer Berfick- 

sichtigung dee Bacillus dysenteriae. (Dtsche med. Wochensehr. 1901. No. 43—45.) 

-, Bemerkungen zu Jagers „Die in Ostpreufien einheimische Ruhr, eine Amdben- 

dysenterie". (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXII. 1902. No. 5. p. 352.) 

-, Weitere Studien fiber den Dysenteriebacillus. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektions- 

krankh. Bd. XLI. 1902. Heft 2.) 

Strong, Journ. amer. med. assoc. Vol. XXXV. 1900. p. 498 and Report of the surg. 
general of the army. Washington 1900. 

Vedder, E. B. and Duval, C. W., The etiology of acute dysentery in the United 
States. (The Journ. of experim. med. Vol. VL No. 2. 1902. February 5 und Cen¬ 
tralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902. No. 4. p. 134.) 


Nachdruck verboten. 

Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des 

Menschen. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien 
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).] 

II. Zur Aetiologie des Gasbrandes. 

Von Dr. Anton Ghon und Dr. Milan Sachs. 

(Erster Teil.) 

Mit 3 Tafeln. 

(Fortsetzung.) 

Tierversuche. 

Verwendet wurden zu den Versuchen Meerschweinchen, Ka- 
ninchen, weiBe Mause undTauben. Anfangs wurden fur die In- 
jektion Aufschwemmungen aus 24—48 - stfindigen Zuckeragarschtittel- 
kulturen benutzt Oder das Kondenswasser solcher Kulturen, falls es 
reichlicher abgeschieden war, spfiter fast ausschlieBlich Zuckergelatine- 
kulturen (siehe Mitteilung I), meist 48 Stunden alte, ausnahmsweise auch 
altere. Vereinzelt gebrauchten wir auch Aufschwemmungen von Ober- 
flfichenkulturen auf Zuckeragarplatten. Die Aufschwemmungen waren 
immer in ausgekochtem Peptonwasser hergestellt. 

Die gefallenen Tiere wurden, wenn es anging, sogleich nach dem 
Tode seziert, sonst, auch wenn sie wfihrend der Nacht fielen, bis zur 
Sektion auf Eis gehalten. 

Die Sektion wurde immer unter streng sterilen Kautelen ausge- 
ffihrt und von der Injektionsstelle sowie vom Herzblute, zuweilen auch 
von anderen Stellen des Korpers wurden neben Deckglasprfiparaten an¬ 
aerobe, meist auch aerobe Kulturen angefertigt. Blieben die Kulturen, 
z. B. aus dem Herzblute, steril, so wurde die Beobachtung derselben 
erst nach mehreren Tagen, gewohnlich 5—6, abgeschlossen. 

Die erhaltenen Kulturen wurden nicht bloB durch Deckglasprfiparate, 
sondern haufig auch durch aeroben und anaeroben Plattenausstrich kon- 
trolliert. 

Es war genaues Arbeiten um so notwendiger, als es uns einige 
Male vorkam, daB bei subkutanen Infektionen, insonderheit bei Meer- 
schweinchen, infolge von Gangran an der Injektionsstelle eine sekundfire 
Infektion von auBen erfolgte, meist mit einem G r a m - negativen Bacillus 


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Ghon u. Sachs, BeitrSge zur Kenntnis der anaCroben Bakterien des Menschen. 399 

(Coli-Gruppe), Oder daB bei lingerem Liegen der Tiere wahrscheinlich 
vom Darme aus — in diesem Falle war der Infektionsmodus gleichgfiltig 
— ein anderes anaerobes Bakterium in den Organismus postmortal ein- 
drang. 

Bei der Besprechung der Ergebnisse unserer Tierversuche wollen 
wir eine Anzabl der uns wichtig erscheinenden Sektionsbefunde aus 
unseren Protokollen ausfflhrlicher bringen. Es sei aber bier nachdruck- 
lichst betont, daB dieser ErOrterung unserer Tierversuche nur die Be- 
funde absolut sicherer Reininfektionen zu Grunde liegen. 

I. Meerschweinchen (= M). 

a) Subkutane Einverleibung des Bacillus in kleinen Mengen bis 
zu 0,1 ccm einer 48-stiindigen Zuckergelatinekultur an Tieren von ca. 
400 g Kflrpergewicht blieb vQllig wirkungslos. Dabei war es 
gleichgflltig, ob Kulturen verwendet wurden, die wiederholt Tiere 
derselben Art passiert hatten, oder aber Kulturen, die, vom Menscben 
herstammend, ohne vorherige Tierpassage mehrmals flberimpft wurden. 

Mengen von 0,5 ccm 48-stiindiger Zuckergelatinekultur verursachten 
entweder schon den Tod des Tieres oder aber nur lokale Veranderungen, 
die wieder ausheilten. Letztere erhielten wir zuweilen auch durch 
groBere als die eben angefflhrten Mengen. Diese rein lokalen Verande¬ 
rungen bestanden darin, daB sich zunachst an der Injektionsstelle eine 
mehr oder minder groBe, meist teigige Anschwellung zeigte, in welcber 
oft deutliches feines Knistern nachweisbar war. Nach kflrzerer oder 
langerer Zeit gin gen diese Veranderungen entweder wieder vollstandig 
zurfick oder aber die Haut nekrotisierte im Bereiche der Anschwellung 
und es entwickelte sich dann ein Geschwflr. Das entstandene Geschwflr 
war verschieden groB, zeigte etwas unterminierte, unregelmaBige Rander 
und einen speckig belegten Grund. In unmittelbarer Umgebung des 
Geschwfirs fflhlte sich die Haut verdickt an. Allmahlich reinigte sich 
das Geschwflr und verheilte. 

GroBere Mengen als die frfiher angegebenen verursachten fast aus- 
nahmslos den Tod des Tieres. In unseren Versuchen, bei denen die 
Menge des einverleibten Virus eine schwankende war, verendeten die 
Tiere nach 8'/,—36 Stunden post infectionem. Oft schon wenige Stunden 
nach der Injektion wurden die Tiere weniger lebhaft und liefien in der 
meist teigigen, starkeren oder geringeren Anschwellung an der Injek¬ 
tionsstelle mehr oder weniger deutlich Knistern nachweisen. Diese Ver¬ 
anderungen nahmen an Intensitat ziemlich rasch zu und breiteten sich 
auch flber die Grenzen der Injektionsstelle aus, und unter stetiger Zu- 
nahme derselben wurden die Tiere immer matter, aufierten meist auch 
Schmerzempfindung beim Berfihren und blieben vor dem Tode gewdhn- 
lich langere Zeit auf einer Seite liegen. 

Bei der Sektion konnte man haufig im Bereiche der Injektionsstelle 
und meist auch in ihrer Umgebung durch die Haut deutliches Knistern 
tasten. Manchmal war die Bauchhaut an der Injektionsstelle durch Gas- 
blasen und Flflssigkeit abgehoben oder in mehr oder minder groBer 
Ausdehnung schmutzigrot gefflrbt und dann durch einen mehr blaulich- 
roten Wall von der fibrigen, normal aussehenden Bauchhaut abgegrenzt. 
In solchen Fallen war die Haut immer stark durchfeuchtet, so dafi aus 
derselben beim Aufspannen der Tiere auf das Sezierbrett rdtliche Flfis- 
sigkeit austrat. 

Immer aber war bei den gefallenen Tieren das sdbkutane Binde- 
und Fettgewebe im Bereiche der Injektionsstelle sowie am Bauche und 


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400 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


Thorax, oft bis hinauf zum Halse von fleisch- Oder kirschwasserfihnlicher 
Flfissigkeit mehr Oder weniger stark durchtr&nkt, besonders reichlich in den 
Inguinal- und Achselbeugen der Seite, auf welcher das Tier vor dem 
Tode durch kurzere oder l&ngere Zeit gelegen war. Nicht selten 
war das subkutane Bindegewebe im unmittelbaren Bereiche der Injek- 
tionsstelle schmutzig graugelb, wie nekrotisch und von mehr oder 
weniger zahlreichen, meist kleineren Gasblasen durchsetzt. Solche fanden 
sich dann aber meist auch in dem angrenzenden odematos durchtr&nkten 
subkutanen Gewebe der Bauch- und gewohnlich auch der Brusthaut. In 
einzelnen Fallen sah man daneben noch kleinere oder grSBere dunkle 
Blutuugen. 

Aehnliche Veranderungen zeigten meist auch die oberflachlichen 
Muskelschichten der Bauchwand und des Thorax. Neben Aufquellung, 
verschieden starker Durchtrankung mit rotlicher Flussigkeit fanden sich 
manchmal auch in den Muskelbtindeln kleinere Blutungen und zwischen 
denselben Gasblaschen. 

Die Lymphdrusen der Inguinal- und Achselbeugen lieBen gewohn¬ 
lich keine Veranderungen erkennen, in einzelnen Fallen jedoch zeigten 
sie Schwellung und st&rkere Rdtung. 

Das Peritoneum parietale war meist gl&nzend und hellrot, in einigen 
Fallen aber dunkelrot, kirschfarben. In solchen Fallen zeigte auch die 
Muskulatur der Bauchwand ein ahnliches Aussehen, so daB es den An- 
schein hatte, als waren die Veranderungen des Peritoneums fortgeleitete. 

Die iibrigen Organe waren meist ohne charakteristische Verande¬ 
rungen: die Milz blieb klein, war das eine Mai etwas dunkler, das 
andere Mai heller, die Nebennieren lieBen keine starkere Rotung er¬ 
kennen, die Nieren zeigten meist nur geringfiigige Zeichen von Degene¬ 
ration, die Leber war meist dunkel braunrot, manchmal mehr gelbbraun, 
die Lungen gewohnlich blutarm. 

Bakterien lieBen sich an der Injektionsstelle meist in reichlicher 
Menge und in den schon an anderer Stelle beschriebenen Formen nach- 
weisen, sowohl mikroskopisch als auch durch die Kultur. Das Herzblut 
hingegen erwies sich in alien jenen Fallen als steril, welche unmittelbar 
oder kurz nach dem Tode zur Sektion kamen. In jenen Fallen, die erst 
einige Zeit nach dem Tode seziert werden konnten, lieBen sich Bacillen 
durch die Kultur auch im Herzblute nachweisen, und zwar im allge- 
meinen um so reichlicher, je spater nach dem Tode die Sektion ausge- 
fuhrt wurde. Es muB jedoch bemerkt werden, daB auch in solchen 
Fallen Bacillen nicht immer im Blute gefunden wurden, selbst dann 
nicht, wenn bis zur Sektion 8 und mehr Stunden verstrichen waren. In 
alien Fallen, in welchen das Peritoneum dunkelrot erschien, fanden sich 
in den davon angefertigten Abstreifpraparaten meist reichlich Bacillen 
und zwar gewohnlich in langeren Faden. 

M 6, am 22. I. 1902 subkutan (Bauch) 5 ccm einer 36-stiindigen Zuckergelatine- 
kultur von den ersteren Generationen des aus dem Menschen geztichteten Stammes. 

Schon nach 4 Stunden die Bauchhaut. blasig abgehoben. Knistern deutlich. All- 
mahlichc Ausbreitung der Gas- und Flussigkeitsansannnlung im subkutanen Bindegewebe 
gegen die Flanken und den Thorax. 

Nach 10 Stunden wird das Tier durch Chloroform getotet. 

Sektion, unmittelbar post mortem: Subkutanes Bindegewebe des Bauches und 
des Thorax seros-hamorrhagisch durchtrankt und von zahlreichen kleineren und grofieren 
Gasblasen durchsetzt. In aen inneren Organen keine Veranderungen. 

Deckglaspraparate von dcr Injektionsstelle: Zahlreiche Gram-positive Stiib- 
chen, haufig angeschwollen, spiirlich lange Faden. 


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Ghon u. Sachs, Beitrftge zur Kenntnis der ana6roben Bakterien des Menschen. 401 


Anaerobe Kulturen von der Injektionsstelle: Wachstum und Gasbildnng (Rein- 
kultur). 

Anaerobe Kulturen vom Herzblut: steril. 

M 9, am 29. I. 1902 3 ccm der Aufschwemmung einer Zuckeragar-Schuttelkultur, 
48 Stunden alt, subkutan (linke Bauchseite). 

Nach 48 Stunden Knistern an der Injektionsstelle. 

Tod des Tieres nach ca. 18 Stunden. 

Sektion, ca. 3 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): 

Knistern am Bauch und Tnorax. Unterhautbinde- und Fettgewebe am Bauch und 
Thorax, in den Achselhohlen und Inguinalbeugen von fleischwasserahnlicher Flussigkeit 
und zahlreichen kleineren Gasblasen durchsetzt. Muskulatur dee Bauches von ver- 
quollenem Aussehen und schmutzigrot. Desgleichen die Muskulatur des Thorax. 
Zwischen den Muskelbiindel kleinere Gasblasen. Leber gelbbraun. Milz klein. Neben- 
nieren weifilich-gelb. Lungen blutarm. 

Deckglaspraparate von der subkutanen Flussigkeit: Zahlreiche Gram¬ 
positive Bacillen und angeschwollene Formen. Endogene una freie Sporen. 

Anaerobe Kulturen: a)subkutane Flussigkeit: Wachstum mit Gasbildung 
(Reinkultur). 

b) Herzblut: 1 Kolonie derselben Bacillenart wie bei a). 

His tologischer Befund: l)Thoraxhaut mit oberfl&chlicher Muskel- 
schicht: Homschicht gelockert. Rete Malpighii gut erhalten, ebenso Haarbalge und 
-schafte. Die Kerne des Papillarteiles der Cutis meist gut tingiert und nur zum ge- 
ringen Teile undeutlich. Tiefere Schichten der Cutis kernarmer, ihre Bindegewens- 
bundel auseinandergedrangt, wie gequollen, zwischen denselben kleinere unregelmafiige 
Hohlraume, meist leer, zum Teil aucn wie mit feinfaseriger Masse erfiillt. Solche Hom- 
raume reichlicher im subkutanen Binde- und Fettgewebe. Daselbst auch grofiere 
Mengen feingranulierter Massen, die die fast kernlosen und gequollenen Bindegewebs- 
btindel auseinanderdrangen. Die Bundel und Fasern der oberfladilichen Muskelschicht 
gleichfalls auseinandergedrangt durch das gequollene und odematose interstitielle Binde- 
gewebe. Kerne der Muskelfasern mehr oder minder gut erhalten. An Querschnitten 
die Fasern wie schollig, an Liingsschnitten der Lange nach aufgefasert oder in unregel¬ 
mafiige, dunkler braun erscheinende Stiicke zerfallen. Die Querstreifung vielfach gani 
verloren gegangen oder undeutlich, an anderen Muskelfasern noch erhalten oder an- 
scheinend aeutlicher. Die grofieren GefaBe der tieferen Hautschichten im allgemeinen 
gut erhalten, nur die Adventitia an einigen mit undeutlicher Kernfarbung. Blutkorper- 
chen meist regelmafiig geformt, doch vielfach schwach tingiert, wie ausgelaugt. Nir- 
gends entzundlitHie Veranderungen. 

Bakterien in alien Schichten der Haut und des subkutanen Gewebes reichlich 
vorhanden, am reichlichsten im subkutanen Binde- und Fettgewebe und in den ober- 
flachlichsten Muskelschichten, wo sie auch in den Fasern selbst liegen, am sparlichsten 
in den oberflachlichen Cutisanteilen, doch findet man Bakterien aucn noch im Papillar- 
teilc der Cutis. Die Bakterien zeigen ein einheitliches Bild: Els sind Bacillen, durchweg 
Gram-posi tiv, teils in kurzen Formen, meist aber in kiirzeren oder langeren Faden, 
gerade oaer gewunden. Unter den kurzen Formen solche mit Anschweilungen. Ver- 
einzelt endogene Sporenbildung. 

2) Bauchwand aus der rechten Inguinalbeuge: histologisch und bakte- 
riologisch dieselben Veranderungen wie bei 1). 

3) Leber: maflig blutreich, Zellkonturen etwas undeutlich, Kerne gut erhalten. 
Sparlich Gram-positive Bacillen von demselben Aussehen wie bei 1) in grofieren arte- 
riellen Gefafien aer Glissonschen Kapsel. 

M 13, am 26. IV. subkutan (linke Bauchseite) 2 ccm einer 48-stiindigen Zucker- 
gelatinekultur von M 11. 

Tod des Tieres nach 8 1 /, Stunden. 

Sektion 9 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): 

Bauchhaut und Haut der linken Flanke livid gefarbt; beim Aufspannen des 
Tieres treten aus derselben kleinere Mengen seros-hamorrhagischer Flussigkeit aus. 
Haut nirgends abgehoben. Unterhautbindegewebe an der Injektionsstelle, am Bauche, 
zum Teil auch am Thorax mehr oder minder reichlich von seros-hamorrhagischer Fliis¬ 
sigkeit durchtrankt. Kleinere, zum Teil auch konfluierende Blutungen im Unterhaut¬ 
bindegewebe der linken Flanke (Injektionsstelle). Daselbst auch sparlich kleinere Gas- 
blaschen. Muskulatur der Bauchwand feucht, in derselben vereinzelt kleinere Blutungen. 
Peritoneum parietale und viscerale glanzend, nicht gerotet. Leber dunkelbraun. Milz 
nicht vergrofiert, lichtbraun. Nieren braunrot. Nebennieren gelblich-weifi. Lungen 
hyperamisch. Im Magen und Darm keine Veranderungen. 

Deckglaspraparate von der Injektionsstelle: Vorwiegend Gram-positive Ba¬ 
cillen verschiedener Lange, kiirzere Faden. Die Formen gleichmafiig oder ange- 
Erstc Abt. Orig. Bd. XXXIV. 26 


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402 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


schwollen. Sparlicher G r a m-negative und Uebergangsformen. Ziemlich viele Sporen. 
Keine Kapeel. 

Keine Eigenbewegung. 

In Jodpraparaten sparlich Braunfarbung, gleichmafiig oder fleckig. 

Aerobe Kulturen von der Injektionsstelle: steril.• 

Anaerobe Kulturen von der In jektionsstelle und dem Herzblute: Wachs- 
tum und Gasbildung (Reinkultur). 

H istologischer Befund: Haul und Unterhautbindegewebe mit 
2 kleineren Lymphdrusen von der linken Inguinalgegend: Hornschicht 
gelockert, stellenweise fehlend. Rete Malpighi, Haarbalge und -schafte im allgemeinen 
gut erhalten. Im Papillarteil der Cutis noch gut gefarbte Kerne, ebenso in den tieferen 
Schichten der Cutis. Die Bindegewebsfasem sind sehr breit und gequollen. Im inter- 
stitiellen Bindegewebe der oberflachlichen Muskelschicht reichlich feingekomte Massen 
iOedem), die Muskelfasern dadurch auseinandergedrangt, oft verschmaiert, aufeefasert, 
teilweise auch schollig zerfallen, die Querstreifung teils noch erhalten, teils undeutlich. 
Einzelne Muskelfasern ganz homogen aussehend, die Kerne jedoch im allgemeinen gut 
erhalten und gut gefarbt. Zwei mitgetroffene kleinere Lymphdrusen fast vollig von 
Blutungen durchsetzt. Kleinere Blutungsherde auch in der liapsel der DrOsen und in 
ihrer Umgebung. Die Blutgefafie urn die Lymphdrusen stark gefiillt, in ihrer Nahe 
Blutungen und stellenweise auch starkere Annaufung meist multi nuklearer 
Leukocyten. Wo Blutungsherde und entzundliche Infiltration fehlen, sind die Binde- 
gewebsfasern durch eine homogene oder feingekomte Masse auseinandergedrangt. Multi- 
nukleare Leukocyten durchsetzen auch teilweise die Gefafiwandungen und zeigen viel- 
fach ausgesprochenen Kemzerfall. 

Bakterien finden sich sparlich in den tieferen Schichten der Cutis, reichlicher 
im subkutanen Bind^ewebe und in der oberflachlichen Muskelschicht, vorwiegend dort, 
wo zeliige und hamorrhagische Infiltration fehlen. In den Lymphdrusen una in dem 
sie umgebenden, von multinuklearen Leukocyten und Blutungen durchsetzten Binde- 
gewebe fehlen Bakterien. Die Bakterien sind durchaus G ram -positive Bacillen von 
aemselben Aussehen wie bei M 9. 

M 15, 300 g, am 1. V. 1902 subkutan flinke Bauchseite) 0,7 ccm des stark ge- 
triibten Kondenswassers einer 48-stundigen Zuckeragar-Schiittelkultur von M 14. 

Tod des Tieres nach 18 l / # Stunden. 

Sektion 8 / 4 Stunden post mortem: Haut durch kleinere und grofiere Gasblasen 
im Bereiche der Injektionsstelie und deren Umgebung abgehoben. Die Gasblasen durch 
die Haut sichtbar. Knistern iiber Bauch und Thorax. Haut rbtlich und stark durch- 
feuchtet („8chwitzt“). Im Bereiche der Injektionsstelle eine ca. talergrofie Partie der Haut 
durch einen unregelmaflig begrenzten, blfiulich-roten Wall abgegrenzt, namentlich gegen 
beide Inguinalgegenden kin. Daselbst das subkutane Bindegewebe und die oberflach- 
lichen Muskelschichten der Bauchwand weifilich-geib und von kleineren Gasblasen 
durchsetzt. In der Umgebung sowie am ganzen Bauche und Thorax bis hinauf zum 
Halse das zum Teile abgehobene subkutane Bindegewebe wie auch die Muskulatur 
gleichmafiig rotlich und von serbs-hamorrhagischer Fliissigkeit reichlich durchtrankt. 
Ilesonders reichlich ist diese Fliissigkeit in der linken Achsmhohle und linken Inguinal- 
beuge angesammelt. 

Inguinale Lvmphdrusen nicht vergrofiert. Peritoneum parietale nicht gerotet, 
glanzend. Milz klein, braunrot l^eber gelbbraun. Nieren rothch-braun. Nebeanieren 
weiBlich-gelb. Lungen hyperamisch. Herz prall gefiillt 

Deckglaspraparate von der linken lnguinalbeuge: uberwiegend Gram-positive 
Bacillen verschiedener Lange. Reichlich Faden, sparlich angeschwollene Formen und 
Sporen. Vereinzelt Gram-n^ative Formen. BlaBvioletter Hof um die Bacillen in 
nach Welch gefarbten Praparaten. 

Keine Eigenbewegung. 

In Jodpraparaten Braunschwarzfarbung, meist fleckig. 

Deckglaspraparate vom Peritoneum parietale: In gleicher Menge die- 
selben Bakterien formen wie in der lnguinalbeuge, nur langere Fadenbildung. 

Aerobe Kulturen von der subkutanen Fliissigkeit: steril. 

Anaerobe Kulturen von der subkutanen Fliissigkeit, dem Herzblute 
und dem Peritoneum parietale: Wachstum mit Gasbilaung (Reinkultur). 

M 17, 306 g, am 10. Mai 1902 subkutan (linke Bauchseite) 1 ccm Zuckergela- 
tinekultur, 48 Stunden, von M 16. 

Nach ca. 24 Stunden erscheint das Tier schwer krank und zeigt fiber Bauch und 
Thorax eine teigige, ziemlich machtige Anschwellung ohne Knistern. 

Tod des Tieres nach 35 Stunden. 

Sektion 8 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): 

Bauchhaut im Bereiche der Injektionsstelle und ihrem Umkreise rotlich und 


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Ghon u. Sachs, Beitriige zur Kenntnis der ana6roben Bakterien des Menschen. 403 

feucht. Deutliches Knistern fiihlbar. Haut nirgends abgehoben, Unterhautbindegewebe 
und oberflachliche Muskelschichten der Bauchwand und des Thorax fleischwasserfarben 
und stark durchfeuchtet, im Bereiche der Injektionsstelle miflfarben graugelb, wie ne- 
krotisch In der rechten Inguinalbeuge sowie am Halse das Unterhautbindegewebe 
machtig odematos und von kirschfarbener Fliissigkeit durchtrankt. An der Injektions¬ 
stelle, am Thorax und in den Gelenkbeugen Gasblasen im Unterhautbindegewebe. 
Peritoneum parietale gleichmafiig fleischwasserfarben. Milz dunkel, kaum vergroflert. 
Leber braunrot, von Coccidien durchsetzt. Nieren braunrot. Nebennieren gelblich-weifi. 
Lungen blutleer. Magen und Darm ohne Veranderungen. 

Deckglaspraparate: a) Injektionsstelle: Reichlich Gram-positive Ba- 
cillen verschiedener Lange, meist gleichmaSig im Aussehen, seltener angeschwollene 
Formen und vereinzelt solche mit polstandigen Sporen. Reichlich langere Faden. Ver- 
einzelt Gram-negative Formen derselben Art. 

In nach Welch gefarbten Praparaten ein deutlich begrenzter lichter Hof um die 
Bacillen. 

In Jodpraparaten gleichmaBige lichtgelbe Farbung der Bacillen. 

Mafiig schnelle Eigenbewegung. 

b) Peritoneum parietale: MaSig reichlich Gram-positive Bacillen von der¬ 
selben Beschaffenheit wie bei a). 

Kulturen: a) Injektionsstelle: Aerobe Kulturen steril, anaerobe: Wachs- 
tum mit Gasbildung (Reinkultur). 

b) Herzblut: Anaerobe Kulturen steril. 

Histologische Untersuchung: 

1) Haut vom Halse: Hornschicht, Haarbalge und -schafte ohne Veranderungen. 
Kerne im Papillarteile der Cutis gut gefarbt. Bindegewebsfasem gequollen und ausein- 
andergedrangt. Die tieferen Cutisschichten, mehr nocn das subkutane Binde- und Fett- 
gewebe sowie das interstitielle Bindegewebe der oberflachlichen Muskelschicht kern arm, 
streckenweise kemlos und auseinandergedrangt durch eine feingekdmte oder vollig 
homogen aussehende Masse. Die Muskelfasern meist ohne deutliche Querstreifung, 
homogen oder schollig zerfallen, auseinandergedrangt. 

Bakterien mafiig reichlich, am reicluichsten im interstitiellen Bind^ewebe der 
Muskelschicht. Papillarteil der Cutis frei von Bakterien. Es sind Bacillen einer Art, 
Gram-positiv, mit gegliederter und ung^liederter Fadenbildung, haufig wie von Va- 
kuolen durchsetzt. 

2) Bauchwand von der Injektionsstelle: Subkutanes Binde- und Fett- 
gewebe und oberflachliche Muskelschichten sehr reichlich von multinuklearen Leuko- 
cyten durchsetzt, zwischen welchen streckenweise feingekornte oder feinfaserig aus¬ 
sehende Massen und Blutunesherde sichtbar sind, sowie kleinere und grSfiere rundliche, 
meist leere Hohlraume. Bindegewebs- und Muskelfasern sind dadurch oreit auseinander¬ 
gedrangt. Gegen die tieferen Muskelschichten setzt sich diese Infiltration ziemlich 
scharf ab und die multinuklearen Leukocyten erscheinen daselbst wie zu einem Walle 
verdichtet und zeigen vielfach Kernzerfall. Daruber hinaus findet man polynukleare 
Leukocyten und rote Blutscheiben sparlicher im interstitiellen Bindegewebe der Muskel. 
Die Muskelfasern selbst zeigen innerhalb und aufierhalb der Infiltrationszone schwere 
degenerative Veranderungen: Auffaserung, Quellung und Zerfall sowie teilweisen Ver- 
lust der Querstreifung. Viele der Fasern erscheinen ganz homogen und viele zeigen 
zwischen den Zerfallsstiicken multinukleare Leukocyten. Die Muskelkerne meist noch 
gut gefarbt, nur im Bereiche der entziindlich veranderten Partieen findet man sie 
weniger zahlreich und undeutlicher tingiert. Das interstitielle Bindegewebe der nicht 
infiltrierten Zone stark gequollen, die Kerne jedoch gut gefarbt. Desgleichen die der 
GefaSendothelien. Um aie Gefafie sieht man auch in den sonst nicht entziindlich ver¬ 
anderten Stellen meist kleinere Anhaufungen langlicher einkerniger Zellen und multi- 
nuklearer Leukocyten. 

Bakterien in enorm reichlicher Menge nachweisbar, vor allem im Bereiche der 
entziindlich veranderten Partieen und hier wieder vorwiegend um den Leukocytenwall. 
In den nicht entziindlich veranderten Partieen sieht man sie nur sparlich oder gar nicht. 
Es sind Bacillen von einheitlicher Dicke, aber verschiedener Lange, nicht selten ange- 
schwollen und mit Fadenbildung, Gram-positiv, mit Vakuolen oder korniger Farbung. 
In den Praparaten nach Gram-Weigert Sporen nicht sicher nachweisbar. 

SI 27, 260 g, subkutan (linke Baucbiseite) eine Aufschwemmung von B Agar- 
platten mit diffusem Ueberzuge (Wasserstoffatmosphare) in 1,8 ccm ausgekochtem Pepton- 
wasser. 

Nach 9 Stunden erscheint das Tier schwerkrank und zeigt im Umkreise der In¬ 
jektionsstelle bis zum Rippenbogen einerseits und der Symphyse andererseits eine mach- 
tige teigige Anschwellung. 

Nach ca. 15 Stunden tot aufgefunden. 

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404 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


Sektion, 8 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): Haut stark 
feucht Knistern am Bauche und Thorax. Unterhautbinde- und Fettgewebe dee Bauchee 
und Thorax, der Achselhohlen und Inguinalbeugen reichlichst durchtrankt von einer 
kirschrot aussehenden Fliissigkeit, am starksten in der rechten Inguinalbeuge und 
AchseLhohle. Muskulatur am Bauche und Thorax feucht, diffus kirschrot, im unteren 
Teile des Abdomens lichter rot. Peritoneum glanzend, feucht. Leber braungelb. Milz 
klein, braunrot. Nieren Jichtbraungelb. Nebennieren weifilich-gelb. Lungen blutleer. 

Deckglasprapararate: a) su bku tane Fliissigkeit: Zahlreiche, fast aussehliefl- 
lich Gram-positive Bacillen verschiedener Lange. GroBe geblahte Formen. Vereinzelt 
Uebergangs- und Gram-negative Formen. 

In Jodpra para ten fleckige Braunfarbung der angeschwollenen Formen. 

Eulturen: a) subkutane Fliissigkeit: Aerob steri). Anaerob: Wachs- 
tum mit Gasbildung (Reinkultur). 

b) Herzblut: Anaerob: Wachstum mit Gasbildung (Reinkultur). 

b) Die intraperitoneale Infektion bereitete hfiufig Schwierig- 
keiten, weil selbst bei vorsichtigem Arbeiten geringe Mengen des Infek- 
tionsstoffes im Stichkanale der Bauchwand zurQckblieben bezw. in diesen 
hineingepreBt wurden. In alien solchen Fallen gesellte sich zur intra- 
peritonealen auch noch eine subkutane Infektion, die gewohnlich in den 
Vordergrund trat, so daB das Sektionsbild der gefallenen Tiere meist 
v511ig dem bei rein subkutaner Einverleibung des Virus glich. Her- 
vorgehoben zu werden verdient dabei die Tatsache, daB wir bei 
diesen Fallen reichlichste Durchtrankung des subkutanen Binde- und 
Fettgewebes mit kirschfarbener FlQssigkeit ohne Gasblaschen sicher 
beobachten konnten. Es war dabei auffallend, daB schon relativ geringe 
Mengen subkutan ausgetretenen Infektionsstoffes genugten, rasch und 
sicher die ausgebreiteten subkutanen Veranderungen hervorzurufen, 
Mengen, die bei reiner subkutaner Einverleibung unserer Erfahrung 
nach kaum diesen Effekt hatten erzeugen konnen. Der Versuch, in 
einigen Fallen sofort nach der Einverleibung des Virus die Haut urn 
den Stichkanal zu spalten und durch Bildung einer Hauttasche in der 
Umgebung dieselbe offen zu halten, blieb ohne jeden EinfluB: auch in 
solchen Fallen schloB sich der intraperitonealen noch eine subkutane In¬ 
fektion an. 

Immer waren in diesen Fallen neben den subkutanen Veranderungen 
auch noch mehr oder weniger ausgepragte peritoneale vorhanden, indem 
das Peritoneum parietale und viscerale sehr feucht und dunkler rot er- 
schien, die Darmschlingen durch zarte fibrinose Faden verklebt waren 
und sich feine, leicht abziehbare, fibrinflse Hautchen auf der Oberflache 
der Leber und Milz vorfanden. 

Diese entzflndlichen Veranderungen des Peritoneums traten injenen 
wenigen Fallen noch deutlicher zu Tage, bei welchen die intraperitoneale 
Infektion anscheinend glatt ausgeflihrt werden konnte. Es fanden sich 
bei der Sektion der gefallenen Tiere allerdings auch in diesen Fallen 
subkutane Veranderungen vor, doch waren diese so geringftigig gegen- 
iiber den in den anderen Fallen beobachteten und gegeniiber den gleich- 
zeitig vorhandenen peritonealen Veranderungen, daB sie fflr den Tod 
des Versuchstieres nicht in Anschlag gebracht werden diirfen. Dafur 
zeigte sich das Abdomen aufgetrieben und in der Bauchhdhle fand sich 
freie, trtibe, rdtliche Fliissigkeit, das Peritoneum war dunkel kirsch- 
farben, ebenso das Netz und in diesem, sowie auf der Leber und Milz, 
fand man zarte, fibrinose Auflagerungen. Und daB diese Veranderungen 
wirklich entziindlicher Natur und einzig bedingt waren durch den ein- 
verleibten Bacillus, bewiesen die histologische und bakteriologische 
Untersuchung. 


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Ghon u. Sachs, Beitrftge zur Kenntnls der an&eroben Bakterien des Menschen. 405 

Auch in alien diesen Fallen blieb die Milz klein, doch traten die 
degenerativen Verandernngen der parenchymatflsen Bauchorgane, nament- 
lich die der Leber, starker hervor als bei rein subkutaner Infektion. 

Schaumorgane fanden sich dabei nie vor; allerdings hatte auch die 
bakteriologische Untersuchung des Herzblutes in alien diesen Fallen 
ausnahmslos ein negatives Ergebnis. 

M 20, 178 g, am 22. Mai 1902 intraperitoneal 2 ccm einer 48-8tiindigen 
Zuckergelatinekul tur. 

Beim Herausziehen der Nadel gelangt eine kleine Menge der Fliissigkeit in das 
subkutane Gewebe um den Stichkanal. 

Tod des Tieres nach 16‘/ 2 Stunden. 

Sektion, 7 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis). Bauchhaut 
durchfeuchtet (schwitzt). Unterhautbindegewebe und oberflachliche Muskelschichten 
des ganzen Bauches, beider Flanken und des Thorax, ebenso das Binde- und Fettgewebe 
der Achselhdhlen und Inguinalbeugen ziemlich gleichmaliig durchtrankt von einer fleisch- 
wasserahn lichen, stellenweise dunkler rot gefarbten Fliissigkeit. Am reichlichsten ist 
diese Fliissigkeit in der rechten Inguinalbeuge angesammelt und zeigt daselbst eine fast 
schwarzlichrote Farbe. Nirgends Gasblaschen, nirgends die Haut abge- 
hoben. Peritoneum parietale feucht, rotlich; ebenso das Peritoneum viscerale. Darm- 
schlingen untereinander leicht verklebt. Milz braunrot, klein. Leber grofi, wie gekocht. 
Nieren braungelb. Nebennieren gelblich-weifi. Lungen blutarm. 

Deckglaspr&parate: a) Fliissigkeit aus der rechten Inguinalbeuge: 
Ziemlich reichlich Gram-positive Bacillen, meist kurz. Sp&rlich Gram-negative 
Formen und angeschwollene Formen, teis dunkelviolett, teils undeutlich gefarbt. Keine 
Sporen. 

b) Peritoneum: Mafiig viele zellige Elemente, darunter polynukleare Leuko- 
cyten. WenigG ram-positive Bacillen und angeschwollene Formen, sparlich dickere 
und diinnere Gram -negative Formen. 

Kulturen: a) Subk utaneFlussigkeit: Anaerob Wachstum mitGasbildung 
(Reinkultur). 

b) Peritoneum: Aerob: Steril. Anaerob: Wachstum mit Gasbildung (Rein¬ 
kultur). 

c) Herzblut: Anaerob: Steril. 

Histologischer Befu’nd: 1) Bauch wand: Keine entziindlichen Verande- 
rungen. Die Muskelbiindel und -fasern auseinandergedrangt durch lockeres, gequollenes 
und mit feingekornter Masse erfiilltes Bindegewebe. Muskelfasern selbst in der bereits 
wiederholt beschriebenen Weise schwer verandert, die Kerne jedoch gut gefarbt, wah- 
rend die Kerne des interstitiellen Bindegewebes vielfach fehlen oder undeutlich er- 
scheinen. 

Bakterien in enormen Men gen: Gram-positive Bacillen einer Art, gleichmafiig 
tingiert, von verschiedener Lange, mit oft langerer Fadenbildung. Keine sicheren 
Sporen. 

2) Darm: Serosa in den untersuchten Schnitten ohne besondere Veranderungen. 
An einzelnen Stellen sieht man auf derselben maSig viele Gram-positive Bacillen von 
demselben Aussehen wie bei 1). 

M 28, 375 g, am 30. Mai 1902 intraperitoneal 2 ccm einer 48-stundigen 
Zuckergelatinekultur von M 20. 

Beim Herausziehen der Nadel gelangte etwas der Injektionsflussigkeit durch die 
Bauchpresse unter die Bauchhaut um den Stichkanal; es entstand dadurch eine ca. 
linsengrofie Vorwolbung der Haut, die sofort mit gliihendem Spatel breit gespalten 
und worauf noch iiberclies in der Umgebung des Sticnkanals eine Hauttasche angelegt 
wurde. Das Tier macht noch am selben Abend einen schwerkranken Eindruck und aus 
der offen gelassenen Hautwunde tritt blutig-serose, mit sparlichen Gasblasen unter- 
mengte Fliissigkeit hervor. 

Tod nach 23V, Stunden. 

Sektion, unmittelbar post mortem: Am Bauch und Thorax deutliches Knistern. 
Aus der Hautwunde quillt serds-hamorrhagische Fliissigkeit, untermengt mit Gasblasen. 
Subkutanes Fett- und Bindegewebe am Baucne und Thorax bis zum Halse, in beiden Flanken 
und in den Achselhdhlen reichlich durchtrankt von dunkel-kirschroter Fliissigkeit, 
untermengt mit kleineren, bis etwa stecknadelkopfgroflen Gasblaschen. In der Bauch- 
hbhle gennge Mengen leicht getriibter, rotlich gerarbter Flussigkeit. Peritoneum feucht, 
rdtUch und von fadigen und flockigen Gerinnseln bedeckt. Milz klein, braunrot, ihre 
Oberflache mit einem zarten, abzienbaren, fibrinosen Hautchen bedeckt. Leber gelb- 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


bran a, auf Lbrer Oberflache ein zartes Fibrinhautchen. Nieren braungelb. Nebennieren 
rotlich-geIb ? beeonders die rechte. Lungen blutreicher. 

Deckglaspraparate: a) peritoneale Flussigkeit: Wenig Zellen, sehr 
sp&rlich Gram-positive Baciilen, vereinzelt angeechwollene Formen. Keine anderen 
Bakterien. 

b) Fibrinbelag der Leber: wie bei a). 

Kulturen: a)peritoneale Flussigkeit: Aerob: SteriL Anaerob: Wacha- 
tum mit Gasbildung (Reinkultur). 

b) Herzblut: Anaerob: Steril. 

Histologischer Befund: 

1) Peritoneal wan d vom rechten Hypo c hondrium: Muskulatur und 
interstitielles Bindegewebe zeigen im allgemeinen dieselben Veranderungen, wie sie bei 
M 20 beschrieben wurden. Ninrend Entziindung. Bakterien reichlich und von dem 
Ausseben und den farberischen Eigenschaften wie bei M 20. 

Peritoneum streckenweise kernlos, die Bindegewebsfasern desselben stark gequollen, 
in ihren Konturen kaum zu erkennen, in den mit Hamalaun-Eosin gefarbten Praparaten 
schmutzig blaurot und teilweise durch heller tingierte, homogene oder feingekomte 
Massen auseinandergedrangt. Endothelien der Blutgef&fie aucn in den schwer ver- 
anderten Partieen gut gefarbt. 

Reichlich Gram-positive Baciilen von dem Aussehen wie in der Bauch wand. 

(Fortsetzung folgt) 


Naehdruck verboten . 

Weitere Bemerkuagea zur Eatstehuag von Ratten- 

epizootieea. 

[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Laboratorium der k. k. landwirt- 

schaftlich-bakteriologischen und Pflanzenschutzstation in Wien.] 

Von Dr. E. Wiener. 

In einigen frflheren Mitteilungen x ) habe ich versucht, die Bedeutung 
der D any sz - Baciilen und einiger anderer Colist&mme fur die Be- 
k&mpfung der Rattenplage darzustellen. 

Es zeigte sich, daB die Virulenz aller Arten bisher bekannter ratten- 
pathogener Baciilen weniger konstant ist, als dies bei den meisten 
anderen pathogenen Bakterien beobachtet wurde. Ob dieselben von 
spontan aufgetauchten Rattenepizootieen stammen Oder im Laboratorium 
durch Anpassung aus harmlosen Coli-Stammen rattenpathogen ge- 
macht wurden, immer kann man konstatieren, daB sich nach verhaltnis- 
mkfiig kurzer Zeit die Virulenz fast vollkommen verliert oder dieselbe 
zum mindesten sehr herabgesetzt wird. 

Am lkngsten erhielt sie sich nach dem bisher Bekannten bei der 
ersten von Danysz flbersandten Kultur, viel kdrzere Zeit bei der von 
Sawtschenko ilbermittelten; eine mittlere Stelle nahmen die im Vor- 
jahre aus Coli-Baciilen gewonnenen ein, nachdem diese letzteren durch 
Anpassung rattenpathogen geworden waren. 

Im Herbste v. J. stellte mir Herr Prof. v. Escherich neuerlich 
auf mein Ersuchen in liebenswGrdigster Weise durch Herrn Dr. Moro 
eine aus dem Sauglingsdarme stammende Coli-Kultur zur Verfflgung, 
welche alle authentischen Merkmale hatte, sowie die bei meinen frflheren 
Versuchen verwendeten Kulturen derselben Provenienz. 


1) Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 10. — Dieses Centralbl. Bd. XXXII. 1902. 
No. 1. — Zeitschr. f. d. landwirtschaftl. Versuchswesen in Oesterreich. 1902. 


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Wiener, Weitere Bemerkungen zur Entstehung von Rattenepizootieen. 4Q7 


Mit diesen neuen Kulturen wurden vorher mit Ammoniak und mit 
NaOH - LSsungen beschickte Eier, wie bereits mehrfach angegeben, 
infiziert, eine weitere Gruppe anstatt mit Ammoniak bezw. NaOH-Losung 
mit 1 / 2 ccm einer 2-proz. L8sung von phosphorsaurem Ammoniak, 
welche L8sung in flblicher Weise mit sterilisiertem, ausgezogenem 
RShrchen in das Ei geblasen wurde. 

Ueber die Versuche mit Kulturen aus den Ammoniak- bezw. NaOH- 
Eiern soli nur kurz berichtet werden, dafi dieselben den bereits be- 
scbriebenen ahnlich verliefen. 

Auch die Infektionsversuche mit Kulturen aus den mit 2-proz. 
phosphorsaurem Ammoniak beschickten Eiern zeigten betrfichtliche Viru- 
lenzsteigerung. 

Zunachst wurden aus der fibermittelten Coli-Kultur einige Ratten 
derart gefflttert, daB dieselben tflglich durch mehrere Tage je eine 
24-stiindige Agarstrichkultur erhielten, welche in Bouillon aufgenommen 
und tunlichst gleichmflBig verteilt auf Weizenbrot gegossen wurde. Die 
Tiere, welche vorher durch 24 Stunden gehungert hatten, fraBen in 
einigen Stunden dieses Brot, erhielten vom 5.-6. Tage ab ihre gewflhn- 
liche Nahrung, gekochten Mais, und zeigten w&hrend der ganzen Be- 
obachtungsdauer von 90—92 Tagen keine Krankheitserscheinungen. 

In einer der Versuchsreihen erhielt eine Ratte (P. No. 133) dieselbe 
Kulturmenge wie die Kontrolltiere, jedoch aus einem Ei geziichtet, 
welches, mit 1 l i ccm 2-proz. phosphorsaurer Ammoniaklosung beschickt. 
durch 6 Tage im Thermostaten gestanden hatte. Das Ei war nach 
dieser Zeit diinnfliissig, zeigte im flbrigen keine Abweichung von den 
anderen Eikulturen. 

Das Tier wurde am n&chsten Tage krank, fraB aber auch die zweite 
Portion, erhielt kein weiteres Infektionsmaterial mehr und verendete 
nach 9 Tagen. Massenhaft Bacillen in alien Organen. Ausstriche mit 
denselben auf schrflgem Agar zeigten iiberall Wachstum. BezQglich 
des Obduktionsbefundes kann ich mich auf das f'riiher Mitgeteilte be- 
ziehen. Aus den Kulturen, welche aus der Milz geziichtet waren, wurde 
eine zweite Ratte (P. No. 149) in derselben Weise durch 3 Tage ge¬ 
fflttert und erhielt dann wieder die gewohnliche Nahrung. Sie verendete 
nach 27 Tagen. Aus alien Organen wurden die Bacillen in Reinkultur 
geziichtet Mit einer 24-stflndigen Agarkultur aus der Milz dieses Tieres 
wurde eine frische Ratte (P. No. 156) gefflttert, erhielt an den 2 nachst- 
folgenden Tagen als ausschlieBliche Nahrung Weizenbrot, welches jedes- 
mal in 10 ccm 24-stflndiger Bouillonkultur getrflnkt wurde, von da ab 
wieder die gewohnliche Maisnahrung. Tod dieser Ratte nach 7 Tagen. 
Bacillarbefund in alien Organen positiv. Eine andere Ratte (P. N. 160) 
erhielt dasselbe Infektionsmaterial wie das Tier P. No. 156 durch 3 Tage, 
erholte sich nach 10 Tagen, soweit dies iiberhaupt konstatiert werden 
konnte, wenigstens fraB sie wieder den grofiten Teil der gewflhnlichen 
Nahrung. Als sie am 10. Tage nach der ersten Infektion neuerlich 
Brot in 10 ccm 6 Tage alter Bouillonkultur getrflnkt erhielt, erkrankte 
sie schon am n&chsten Tage und verendete nach weiteren 6 Tagen, also 
17 Tage nach der ersten Infektion. Die Sektion ergab betr&chtliche 
Abmagerung, entsprach im flbrigen dem typischen Bild. Bacillarbefund 
in mflfiiger Menge in alien Organen. 

Dieses letzte Tier wSre moglicherweise erst einer langsamen 
Kachexie erlegen, wie sie in den schleppend verlaufenden Fallen ein- 
tritt, wenn nicht die zweite Infektion am 10. Tage nach Versuchsbeginn 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


durch die geringe Menge 10 Tage alter Bouillonkultur erfolgt wfire, 
welche gewid nicht einmal vollstandig von dem Tiere aufgenommen 
wurde, da es noch altes Fatter, gekocbten Mais, vom Tage vorher in 
seinem Kfifig hatte. Der verhfiltnismfidig rasche Krankheitsverlauf mull 
daher auf eine Additionalinfektion zurttckgefflhrt werden. 

Derartige Additionalinfektionen haben aucb praktische 
Wichtigkeit, da es hierdurch in den Bereich der Mdglicbkeit gerfickt 
wird, daB Tiere, insbesondere die sehr gefrfiBigen Ratten, welche eine 
einmalige Infektion fast ilberstanden haben, nun doch an einer neuer- 
lich acquirierten zu Grunde gehen. 


Soweit sich die mit den in der beschriebenen Weise gezfichteten 
Kulturen unternommenen praktischen Versuche iiberblicken lassen, 
sind dieselben aufmunternd. Die Station hat im Jahre 1902 981 Agar- 
kulturen an Interessenten abgegeben, welche mit den Erfolgen in den 
meisten Fallen zufrieden waren. 

Die Resultate in praxi hangen hauptsachlich von den firtlichen 
Verhaltnissen und von der richtigen Handhabung mit dem Infektions- 
material ab. Es kommt manchmal vor, daii Interessenten selbst trotz 
der mitgegebenen genauen Anweisung die Kulturmasse gar nicht auf 
das Brot bringen; in solchen Fallen darf man sich fiber ein negatives 
Ergebnis gar nicht wundern. 

Ebensowenig kann man verlangen, dad das Aufstreuen von Infektions- 
material in einem kleinen Laden, z. B. einem Fleischerladen, in der 
Mitte anderer Viktualienladen dauernden Erfolg haben kann. Die 
Leute beanspruchen dies auch gar nicht, sondern sind mit dem Erfolge 
zufrieden, wenn es ihnen, wie dies in mehreren konkreten Fallen kon- 
statiert wurde, gelingt, die Ratten fflr einige Zeit, ffir 6 Wochen bis 
3 Monate, los zu werden. Ein Fleischer, welcher seinen Laden neben 
einer Zuckerbackerei hat, bezieht von Zeit zu Zeit immer wieder einige 
Kulturrohrchen und gibt selbst an, er glaube, dad das Mittel nicht 
dauernd nfitzen konne, weil eben nach einem gewissen Zeitraum die 
Ratten aus dem benachbarten Zuckerbackerladen wieder einwandern. 

Wie schon mehrfach betont, hat diese Art der Rattenvertilgung um 
so grfidere Aussicht auf Erfolg, in je grfideren Bezirken sie gleichzeitig 
zur Anwendung kommt, und hat daher die Ansicht Tidswells *) keine 
Berechtigung, welcher bezfiglich des Bac. Danysz sagt, derselbe sei 
ffir die Rattenvertilgung bedeutungslos, weil sich blod eine Auswanderung, 
nicht aber eine vollstandige Vertilgung der Ratten erzielen lasse. Die 
Auswanderung der Ratten ist eben der beste Beweis dafttr, dad die¬ 
selben das ausgestreute infizierte Futter als Schfidlichkeit empfinden. 
Derartige Faile sind in Brehms Tierleben zitiert; es ereignete sich, 
dad Feldmause nach Ausbruch einer Epizootic den Landstrich in groden 
Scharen verlieden. Das, wasTidswell verlangt, wird sich — und man 
kann sagen glficklicherweise — nie ereignen, denn ein Bacillus, welcher 
die Gewfihr einer unbedingten Vertilgung ffir alle Ratten besfide, kdnnte 
auch ffir den Menschen mdglicherweise eine sehr unangenehme Bedeutung 
erlangen. 

Auch Oettinger 2 ) ist mit den bisherigen Erfolgen der Ratten¬ 
vertilgung durch Infektion nicht zufrieden. Er verlangt, man solle, be vor 


1) Journal of the sanitary institute of London. Vol. XXI. 1901. p. 575. 

2) Munch, med. Wochenschr. 1903. No. 8. 


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Wiener, Weitere Bemerkungen zur Entstehung yon Rattenepizootieen. 409 

man etwas mit den derzeitigen Methoden anffingt, lieber warten, bis es 
gelingt, mit Hilfe einer praktisch braucbbaren Methode die Wirkung der 
D a n y s z - Bacillen zu erhohen. 

Dieser Autor meint, dafi dies bisher nicht gelnngen ist und hat 
einige Versuche nachgeprflft. Es standen ihm 2 Original-Danysz- 
Kultnren und eine, deren Virulenz durch Eipassage erhoht war, zur 
Verfiigung. Oettinger leistet sich auf Grund seiner negativen bak- 
teriellen Ergebnisse, wobei zu bemerken ist, dafi er, abgesehen von 
Krausz 1 ), der einzige ist, welcher solche verzeichnet, den Ausspruch, 
dafi seine mit Danysz-Kulturen verschiedener Provenienz geffitterten 
und erlegenen Ratten an zuf&lligen Momenten zu Grunde gegangen 
sind, nicht aber an der Infektion. Wenn man einer grofien Anzahl 
anderer Autoren mit positivem Ergebnis gegenfibersteht, sollte man mit 
solchen kategorischen Aussprfichen und den aus denselben gezogenen 
Konklusionen denn doch etwas vorsichtiger sein. Aus dem Umstande, 
dafi es Oettinger nicht gelungen ist, meine Experiments nachzu- 
machen, ist er noch nicht berechtigt, fiber dieselben ein absprechendes 
Urteil zu ffillen. Denn ein einwandfrei erzieltes positives Ergebnis 
wiegt in der bakteriellen Forschung viele negative auf, nicht aber um- 
gekehrt, besonders wenn das Ergebnis so klar ist wie bei einer Ffitterung 
mit verhaltnismaBig geringen Men gen Infektionsmaterial per os und 
darauf folgender Allgemeininfektion. 

In einem Falle hat fiberdies Oettinger selbst zweifellose Virulenz- 
steigerung im Ei konstatieren mttssen. Es betraf dies ein durch 75 Tage 
im Brfitkasten gestandenes Ei, welches, mit Brot zu einem Brei ver- 
mengt, an 2 Ratten verffittert wurde, welche es am selben Tage 
frafien und nach 3 bezw. 7 Tagen starben. Aus den Organen der 
nach 3 Tagen verendeten Ratte liefi sich (aus Herzblut, Milz und Leber) 
der verftttterte Bacillus in Reinkultur zfichten, welche noch ffir 2 andere 
Tiere ziemlich virulent war, da dieselben am 9. bezw. 11. Tage nach 
der Infektion starben; Bacillarbefund bei diesen letzteren ist nicht an- 
gegeben. Am auffalligsten an den Darstellungen Oettingers ist der 
— mit einer einzigen Ausnahme — stets negative Bacillarbefund, und 
zwar selbst bei solchen Ratten, welche wenige Tage nach der Infektion 
zu Grunde gingen. Schon aus diesem Grunde bin ich mit Oettinger 
bezfiglich einer Stelle seiner Abhandlung einer Meinung, dafi „die oben 
angeffihrten gestorbenen Ratten an zufalligen Momenten zu Grunde 
gegangen, nicht aber der Infektion erlegen sind“. 


Nachdem die im Vorjahre unternommenen Versuche mit Coli- 
Kulturen bei der oben dargestellten Wiederholung durchaus eindeutig, 
und die frfiheren Versuche best&tigend ausfielen, versuchte ich vom 
Menschen stammende Typhusbacillen, welche mir Herr Dr. Binot vom 
Institut Pasteur in Paris in liebenswfirdigster Weise zur Verffigung 
gestellt hatte, an den Rattenkdrper anzupassen, um die Mdglichkeit 
einer durch Typhusbacillen hervorgerufenen Rattenepizootie zu prfifen. 

Die Typhusbacillen erwiesen sich kulturell und biologisch als dem 
fiblichen Schema entsprechend. Sie zeigten mit Typhusimmunserum 
im Verh&ltnisse von 1:15000 Agglomeration, und wurden wenige Monate 
alte Kaninchen und Meerschweinchen, intraperitoneal mit einer mittel- 
grofien Oese der 24-stttndigen Agarkultur infiziert, binnen 24 Stunden 

1) Deutsche med. Wochenschr. 1901. p. 351. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


getdtet Bei den Versuchen ging ich von einer Kultur aus, welche vor 
*/* Jahren aus einem jungen Kaninchen geziichtet war. 

Einige Ratten erhielten durch 7 Tage je 10 ccm 24 - stflndiger 
Bouillonkultur, auf Brot gegossen, verfflttert. Keine Krankheitserscbei- 
nungen durch 102 Tage. 

3 Ratten erhielten ebenfalls durch mehrere Tage 24-stflndige Bouillon- 
kulturen derselben Provenienz, welche vorher durch 8 bezw. 20 Tage 
in Eiern nach der des dfteren angegebenen Methode geziichtet waren, 
in welche n&mlich vorher 1 / i ccm 2-proz. Losung von phosphorsaurem 
Ammoniak gegeben wurde. 

Alle Tiere, auch die KontrOlltiere, hungerten 24 Stunden vor Be- 
ginn der Versuche, da die ausgehungerten Tiere das in infizierter 
Bouillon getr&nkte Brot alsbald auffressen, dann auch die Aufnahme des 
Infektionsmaterials im Wege des Darmkanales bei hungernden Tierun 
rascher erfolgt, dasselbe vor der Injektion weniger durch Austrocknung 
und Verunreinigungen leidet, wShrend satte Tiere das Futter tnanchmal 
tagelang unberilhrt lassen — insbesondere wenn anderes als das bisherige 
gegeben wird —, wodurch diese b e i d e n MOglichkeiten der Austrocknung 
und Verunreinigung des Infektionsmaterials eher eintreten. 

Eine Ratte erhielt auf diese Weise an 3 aufeinander folgenden 
Tagen je 10 ccm 24-stiindiger Typhus-Bouillonkultur, vom 4. Tage an die 
gewdhnliche Maisnahrung. Am 7. Tage zeigte dieses Tier Unlust zum 
Fressen, es schien krank, das Fell war etwas gestraubt Dieser Zustand 
dauerte durch 3 Tage an; vom 10. Tage an erholte es sich jedoch, 
wurde ganz munter, fraB die gewohnliche Futterportion vollst&ndig auf 
und blieb auch w&hrend der ganzen Beobachtungsdauer von 90 Tagen 
anscheinend gesund. 

Zwei andere Ratten wurden unter den gleichen UmstSnden an 3 
aufeinander folgenden Tagen mit Kulturen derselben Provenienz ge- 
fQttert, erkrankten ebenfalls nach 7 bezw. 10 Tagen, erholten sich als¬ 
bald vollst&ndig und erhielten am 20. und 21. Tage nach der ersten 
Infektion neuerdings 6 bezw. 8 Tage alte Bouillonkulturen derselben 
Provenienz. Diese beiden Tiere verendeten am 31. bezw. 38. Tage nach 
der ersten Infektion. 

Die Sektion ergab bei beiden Tieren betrachtliche Abmagerung. 
Der DQnndarm war mit hellbraunen, stellenweise etwas rotlich tingierten 
flflssigen Massen gefilllt, die Peyerschen Plaques bis linsen- 
groB, nahmen stellenweise den grbBten Teil des Darm- 
lumens ein, deren Oberfl&che war mit kleinen lochfbr- 
migen Substanzverlusten wie mit Stecknadelstichen dicht 
bes&t. 

Das Coecum enorm dilatiert, in demselben breiige, gelblich-grflne 
Kotmassen, ebensolche im Dickdarm; in letzterem nirgends geformter 
Kot Die Milz auf das 5—lOfache ihres Normalvolumens vergroBert, 
die Pulpa weich, leicht zerreiBlich, sehr blutreich. Die Leber etwas 
vergroBert, sehr blutreich. Die Mesenterialdrflsen betrachtlich vergroBert, 
bis zu Stecknadelkopf- und HirsekorngrSBe. Das Herz klein, schlaff. 
Die Lungen stellenweise hyperamisch, jedoch lufthaltig. 

Aus dem Darme wurden sp&rliche Typhusbacillen geziichtet, ebenso 
aus der Milz. Die Kolonieen wuchsen sehr langsam, entwickelten sich 
spat und sparlich. Agarstrichkulturen aus der Milz zeigten bei 37° 
erst am 3. Tage sp&rliche, vereinzelt stehende Kolonieen. Die Bacillen 
waren wenig beweglich. Agglomeration wie beim Ausgangsmaterial mit 


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Bertarelli, Ueber einen ziemlich seltenen Tuberkelsputumbefund. 411 


demselben Typhusimmunserum 1 : 15000; eine weitere Ueberirapfung 
dieser Bacillen auf NShrbflden gelang flberhaupt nicht mehr. 

Bei diesen Versuchen *) fillt sofort der ganz betrichtliche Unter- 
schied auf, welcher zwischen der Erkrankung der Ratten durch Typhus- 
bacillen und der durch C o 1 i - Bacillen hervorgerufenen besteht. Zweifellos 
wares die durch Eier gezflchteten Typhusbacillen ungleich weniger viru¬ 
lent fflr Ratten als die in gleicher Weise gezflchteten Coli-Bacillen. 
Ob nicht die Virulenz der Typhusbacillen fflr Ratten durch andere 
Methoden gesteigert werden kann, mud vorlfiufig dahingestellt bleiben. 

Dali aber trotzdem eine todliche Infektion, wenn auch nach einer 
weiteren sp&teren Darreichung, also durch eineAdditionalinfektion, 
erfolgte, beweist, dad die Ratten an Typhusinfektion erkranken 
kdnnen, welche unter Umst&nden ein Sektionsbild her- 
vorruft, welches von dem der charakteristischen Typhus¬ 
infektion beim Menschen fast gar nicht abweicht, w&hrend 
das durch virulente Danysz- oder andere Colikulturen hervor- 
gerufene Bild wesentlich anders erscheint. Bei letzterem treten doch 
zumeist die Erscheinungen einer Septikimie in den Vordergrund, und 
zwar um so deutlicher, je kttrzer die Krankheitsdauer war. 

Rattenepizootieen werden nach diesen Ergebnissen durch vom Men¬ 
schen stammende Typhuskulturen vorlflufig kaum hervorgerufen werden 
kflnnen, wohl aber wird man die Frage aufwerfen mflssen, ob die 
Ratten nicht etwa beiVerbreitungvonTyphusepidemieen 
eine gewisse Rolle spielen. Denn bei dem Umstande, als diese 
gefr&fiigen Tiere in den Kan&len den menschlichen Kot durchwflhlen, 
die etwa verschlungenen menschlichen Typhusbacillen 1 Monat und 
linger mit sich herumtragen und mit ihren Exkrementen an den ver- 
schiedensten Orten deponieren konnen, ist der Gedanke gewifi nicht von 
der Hand zu weisen, dafi Nahruugsmittel Oder Trinkwasser, 
durch Vermittelung der Ratten infiziert, dann von 
Menschen aufgenommen werden und bei denselben eine 
Infektion hervorrufen kdnnen. 


Nachdruck verboten. 

Ueber einen ziemlich seltenen Tuberkelsputumbefund. 

[Hygienisches Institut der Konigl. Universitflt Turin. Direktor: Prof. 

L. Pagliani.] 

Von Dr. E. Bertarelli, Privatdozent. 

In dem von einem Schwindsflchtigen des Spitals S. Luigi zu Turin 
entstammenden Tuberkelsputum, das unter die Schfller des Laboratoriums 
zu den gewohnlichen Uebungen verteilt worden war, konnte ich einen 
ziemlich aufiergewdhnlichen bakteriologischen Befund verzeichnen, der 
kurz angedeutet zu werden verdient. 

Das Sputum kam von dem 30-jihrigen Gesangskttnstler 0. G., der 
an sehr schwerer Lungentuberkulose litt und nicht lange nach der Prfl- 
fung nachbeschriebenen Sputums verstarb. Dieses Sputum hatte nun 
auf den ersten Blick den gewohnlichen Charakter des Tuberkelsputums, 
sofort aber nach den ersten, von den Schttlern hergerichteten Prflpa- 


1) Dieselben werden nach jeder Richtung fortgesetzt. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


r&ten liefi sich feststellen, daB es eine absolute Reinkultur von 
Tuberkelbacillen war. Die gewflhnlichen Elemente (Leukocyten, 
elastische Fasern etc.) des tuberkuldsen Auswurfs fehlen fast vollstflndig, 
im Gesichtsfelde aller Praparate fanden sich nur Myriaden von typischen 
Kochschen Bacillen. Im Durchschnitt konnte man einige Tausend auf 
jedem mikroskopischen Felde zflhlen. Die Bacillen selbst waren eher 
kurz and ziemlich zerstilckt. Bei der Fflrbung (Farbung nach Ziehl 
und Differentialfarbung Baumgartens) war ihr Verhalten das der 
Tuberkelbacillen im allgemeinen. 

Beobachtete man das Sputum jedoch etwas aufmerksamer, so war 
es nicht schwer, in dem Schleime kugelfdrmige Kflrperchen von blaB- 
gelber, zuweilen gr&ulicher Farbe zu erblicken, die sofort an die cha- 
rakteristischen Anschwemmungen des Actinomyces bovis in den 
Tumoren des Bindes erinnerten. Diese Kflgelchen waren ziemlich resi- 
stent und konnten im Wasser leicht so lange geschlagen werden, bis 
der sie umgebende Schleim vollst&ndig abgewaschen war. Drflckte man 
sie zusammen, so zeigte sich dabei eine typische talgartige Widerstands- 
fahigkeit; unter dem Mikroskope wurdcn sie als starkdichte Anh&ufungen 
von ziemlich zerstfickten Tuberkelbacillen erkannt. 

Solche Kflgelchen Oder Bacillarzoogloen waren in groBer Zahl vor- 
handen. Ihr Durchmesser schwankt zwischen der GroBe eines Senf- 
samenkornes und der eines groBen Hirsekornes. 

An den 2 nachfolgenden Morgen fand sich noch eine groBe Anzahl 
solcher Kflgelchen; der Sputumbefund war konstant der einer wirk- 
lichen Tuberkelbacillen-Reinkultur. 

Mit derartigem Sputum versuchte ich eine kulturelle Isolierung auf 
glyceriniertem Serum und Blutagar; vermittelst Ausstrichen mit der 
Oese entnommener und in sterilisiertem Wasser gewaschener Kflgelchen 
erhielt ich ohne Schwierigkeit eine typische Tuberkelbacillenkultur. Die 
an Meerschweinchen vorgenommene subkutane Injektion best&tigte ebenso 
unzweifelhaft die tuberkulflse Natur des Sputums. 

Ein derartiger Befund scheint mir nun zum mindesten nicht gar oft 
beobachtet worden zu sein. Einige Autoren sprechen zwar von tuber- 
kulosem Sputum mit auBerst zahlreichen K o c h schen Bacillen und auch 
im Handbuch von Flflgge findet sich eine hierauf bezflgliche inter- 
essante Abbildung, aber der Fall eines Sputums (und das meine war 
sofort vom Patienten weg examiniert worden), das eine wahre und voile 
Reinkultur darstellt, darf zweifellos als sehr selten bezeichnet werden. 
Der Befund selbst bereitet nun (wenigstens hinsichtlich der Uberaus 
groBen Anzahl von Bacillen) natflrlich keine Interpretationsschwierig- 
keiten. 

Schwieriger ist schon zu erklaren das Warum der kugelartigen, 
Bacillarzoogloen bildenden Korperchen, die nur schlecht mit dem phthiso- 
genen InvasionsprozeB im Lungengewebe zusammenpassen. Interessant 
bleibt die Tatsache nun aber gerade, wenn man sich vergegenwartigt, 
daB dieser Befund einen ueuen Beitrag liefert zu Annflherung der Tu¬ 
berkelbacillen an die Gruppe der Streptothricheen und besonders an die 
Familie Actinomyces, eben weil dadurch zu Tage tritt, daB in 
seltenen Fallen auch der Tuberkelbacillus im Organismus die typische 
Disposition von kugeligen Anhflufungen annehmen kann, die der Rinder- 
aktinomykose eigen ist. 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel4e et l’Epith41ioma claveleux. 413 


Nachdruck verboten. 


Les Epitheliomas parasitaires. La clavelee et 
l’Epithelioma claveleux. 

Par F. J. Bose, Professeur & l’universitb de Montpellier. 

Avec 3 planches et 6 figures. 

Aucune des preuves regardbes comme nbcessaires pour btablir la 
nature parasitaire d’une maladie n’a pu etre fournie pour le cancer: 
Les cultures sont demeur4es infructueuses, les inoculations ont 4t4 4 
peu prbs constamment n4gatives et, parmi les figures observ4es dans 
les tissus cancbreux on n’en a point trouv4es qui soient consid4r4es 
comme d4finitivement caractbristiques d’un parasite. 

On pourrait expliquer cet 4chec par la difficult4 extreme des 
recherches et il serait possible de mettre en avant des faits favorables 
k la th4orie parasitaire et qui reinvent de l’exp4riu)entation comme de 
l’btiologie et de la symptomatologie. Mais la valeur de ces faits se 
trouve diminu4e par l’etude microscopique des tumeurs qui montre que 
les caractbres histologiques des n4oplasies canc4reuses demeurent tout 
a fait sp4ciaux et ne peuvent 4tre compar4s k aucun des processus que 
les parasites connus sont susceptibles de produire. C’est ce qui a fait 
dire que „tant qu’on n’anra pas montr4 que des parasites sont capables 
de d4terminer, dans les tissus, des factions susceptibles d’aboutir it 
une n4oformation de tissu 4pith41ial, l’bypothbse de la nature parasitaire 
des cancers 4pith41iaux ne possbde aucun fondementb. son actif“ (Cazin). 

Depuis 1896 nous avons commencb nos recherches pour savoir s’il 
n’existait pas, chez l’homme ou les animaux, un type morbide qui, de 
nature indiscutablement parasitaire, prbsentat des lbsions identiques k 
celles du cancer. 

L’examen des faits nous amena tout d’abord & admettre que si, 
parmi les parasites connus, certains peuvent exciter & un haut degr4 la 
prolif4ration des cellules, aucun n’est susceptible de donner naissance it 
des prolif4rations bpithbliales de m4me ordre que celles du cancer. 
Nous pensbmes alors b. faire porter nos recherches sur ces maladies 
qui, comme la variole, la vaccine, la fibvre apbteuse, la syphilis ... sont 
essentiellement virulentes mais dont le parasite, malgr4 son abondance 
dans les 14sions, avait 4chapp4 cependant it toutes les investigations. 

Nous remarqu&mes que toutes ces maladies non class4es et si dis¬ 
parates au premier abord sont rapproch4es par des traits sp4ciaux de 
leur symptomatology et de leur 4volution, en particular par la formation 
de petites tumeurs capables dese g4n4raliser et que l’on d4signe sous le 
nom de pustules. L’4tude histologique des pustules de variole et de vaccine 
nous montra alors, comme 14sion essentielle, une prolif4ration 4pith41iale 
b tendance envahissante et d4sorient4e, avec formation de globes bpi- 
dermiques. Mais ces 14sions 4taient trop peu 4tendues et trop fugaces. En 
cherchant parmi les maladies similaires, la clavel4e ou variole du mouton 
nous frappa par le volume et la durbe des 14sions. L’btude des pustules 
claveleuses cutan4es nous montra que les 14sions 4taient caract4ris4es 
par une prolif4ration 4pith41iale qui revetait les caractbres typiques de 
l’4pith41ioma malpighien et qu’elles renfermaient des inclusions de meme 
ordre que celles qui existent dans la vaccine, dans la variole et dans 
les cancers bpithbliaux. Dbs 1901 nous exposions nos recherches dans 
un premibr mbmoire (Archives de m4decine expbrimentale. Mai 1901) 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


et, alors que le fait n’etait soupcjonne de personne, nous 
etablissions, en nous basant non seulement sur les inclusions mais sur 
l’etude des lesions, l’existence d'un groups de maladies para- 
sitaires capables de produire les lesions du cancer 6pi¬ 
th ^ 1 i a 1 et nous faisions entrer le cancer dans le cadre des maladies 
virulentes inflammatoires. Quand done Borrel vient declarer dans un 
m£moire du 25 fevrier 1903 que nous n'avons songe it grouper les 
maladies qu’en tenant compte de la presence de parasites „douteux“ 
et quand il veut, apr&s toutes nos publications de 1902 et notre article 
document^ de la Presse m6dicale (14 fev. 1903), se donner le mdrite de 
faire un groupement en rapport avec les lesions, notre memoire de 1901 
oppose le dementi le plus formel A ses insinuations. 

Je ne citerai, entre vingt, qu’un passage de ce memoire de 1901: 
„Nous avons fait remarquer avec insistance la similitude des neoformations 
epitheiiales, dans la variole, dans la vaccine et surtout dans la clavele6 
avec l’6pith61ioma cutane. Plus Involution des pustules est lente et & 
l’abri de l’infection microbienne et plus leur coupe ressemble 4 celle 
d’une coupe d epithelioma; les globes dpidermiques peuvent Stre excessive- 
men t nombreux au point de se toucher presque“ (p. 305). 

Poursuivant mdthodiquement nos recherches nous abordions des le 
mois d’avril 1901, aprfes l’etude des pustules cutan4es et corndennes 
celle des pustules claveleuses de generalisation dans les divers organes 
en particulier dans le poumon, l’estomac et le foie. D4j& nous avions 
note en passant, le caractfere special de la lesion pulmonaire. „Les 
nodules broncho-pneumoniques ont l’aspect de grains de sagou ou de 
noyaux naerds, brillants, durs, ench&sses dans le tissu pulmonaire . . . 
au microscope il s'agit d'un processus particulier de pneumonie 
proliferative. Dans les cellules epitheiiales des alveoles 
hyperplasiees ou rencontre des inclusions . . . .“ (p. 272). Une 
experimentation trfes etendue portant sur plus de 100 moutons nous 
permit de recueillir, dans les conditions les plus variees, un materiel 
trbs considerable. Aprfes dix mois de recherches microscopiques suivies, 
nous exposions, le 1" fevrier 1902, dans trois communications i la Societe 
de biologie, le resume de nos resultats. Nous montrions que les lesions 
pustuleuses des organes sont, aussi nettement que celles de la peau, 
caracterisees par une proliferation epitheiiale capable d’aboutir 4 l’ade- 
nome et & l’adeno-epitheiioroe ‘). Nous montrions egalement qu’il existe, 
dans le protoplasma des cellules proliferees, des inclusions abondantes, 
d’une structure precise et dont la nature parasitaire etait vrai- 
semblable. 

Dans le cours de l’annee 1902 nous demontrions (notes k la Soc. 
de biologie) que le virus claveleux peut determiner des tumeurs 
veritables, en particulier dans la mamelle, et realiser, au point de vue 
histologique non seulement des proliferations epitheiiales glandulaires, 
caracteristiques de l’adenome et de l’adeno-epitheiiome mais des formations 
neoplasiques epitheiiomateuses typiques et meme atypiques (4pitheiiome 
et carcinome claveleux). Nous etablissions egalement la virulence du 
sang, la formule leucocytaire, le mode devolution des lesions et arrivions 
it la conception du role defensif de la proliferation epitheiiale qui con- 
stitue la tumeur. 


1) Nous montrions ce m&me jour, & la Societe dc Biologie et au Professeur Cornil, 
dans son Laboratoire, notre serie de preparations; nous eQmes le plaisir de constater 
que l’opinion que nous avions emise dix mois auparavant, etait acceptee avec faveur. 


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Bose, Lea Epitheliomas parasitaires. La claveiee et FEpitheiioma claveleux. 415 


Nous aboutissious ainsi k cette conclusion legitime: II existe un 
Epithelioma claveleux et, comme le virus claveleux produit une 
maladie gSiterale et provoque, dans tous les points de l’organisme oh il 
p6n£tre une reaction proliteratrice de caractfcre n4oplasique, cet epithelioma 
ouvre bien le groupe des Epitheliomas parasitaires. 

Nous avons tenu k presenter ce resume de nos recherches pour en 
montrer la port6e generate et pour en etablir la filiation x ), pour etablir, 
en particulier, que nos etudes histologiques sur les pustules de la variole, 
de la vaccine et de la clavetee (memoire de 1901) demeurent l’unique 
et solide point de depart de toutes nos recherches cons6cutives et des 
recherches des autres auteurs. Elies nous ont permis de constituer un 
nouveau groupe morbide, de rattacher au processus inflammatoire des 
proliferations purement 6pith61iales, de r6unir dans un mSme groupe des 
maladies en apparence trfes dissemblables, enfin de faire entrer le cancer 
dans les maladies parasitaires. Nous avons fait l’expose g6n6ral 
de nos id6es dans le memoire de la Presse medicate que nous in- 
diquious plus haut (14 fevrier 1903). 

Nous diviserons ce travail en trois parties: dans la premtere nous 
etudierons les lesions claveleuses; dans la seconde nous nous occuperons 
du virus claveleux et de la recherche du parasite; dans la troisteme, 
nous envisagerons la signification des proliferations epitheiiales et la 
place que doit occuper le cancer dans l’ensemble du processus in¬ 
flammatoire. 


I. Les lesions. 

La clavetee est une maladie virulente qui debute par un accident 
local (pustule, chancre, tumeur d’inoculation) et qui, le plus souvent, se 
generalise k toute l’economie par la voie sanguine (septic6mie) pour 
donner naissance k une eruption de pustules. Ces pustules peuvent se 
generaliser k tous les organes et k tous les tissus avec une intensity 
variable pour tel organe suivant la porte d’entrSe du virus; mais la tesion 
pustuleuse peut etre limitee k l’accident local. L’activite du virus et 
la resistance de l’animal sont des conditions importantes pour revolution 
et les caracthres histologiques de ces lesions; e’est ainsi que nous avons 
obtenu les plus belles tesions 6pitheiiomateuses du poumon chez un 
mouton resistant qui ne mourut qu’au trentteme jour aprfcs l’inoculation 
d’un virus trfcs actif. 


Technique g6n6rale. 

1. Pour les coupes: fixations de fragments de tissue vivants dans le Flemming 
fort, le Tellyesniezki et le sublime. 

A. Apres le Flemming nous avons use des colorations suivantes: 

a) Sa franine anilinee ouph6niqu6e suivie de picro-indigo-carmin: on 
laisse agir la premiere 15 minutes, la seconde 5 & 10 minutes aprfes chauffage jusqu’it 
vapeure; laver k grande eau, colorer 20 minutes k froid ou 5 minutes k chaud avec la 
solution de picro-indigo-carmin, 

solution aqueuse satur^e d’acide picrique, un volume 

„ „ „ de carmin dlndigo en poudre, deux volumes 

laver, passer la 6&*ie des alcools rapidement, enlever Texces de safranine k Falcool absolu, 
achever la decoloration par l’essence de girofle, en suivant au microscope; monter dans 
le baume. 

b) Rouge de magenta phenique suivi de picro-indigo-carmin: suivre 
les memes regies que pour la methode pr4c4dente, en £vitant de laisser agir le rouge 
plus de cinq minutes, si on chauffe. 


1) Nous sommes bien oblige d’etablir les faits lorsque Ton constate les efforts que 
fait Borrel dans un memoire cependant tout recent (Ann. Inst. Pasteur. 25 fev. 1903) 
pour s’attribuer, en ne nous citant m^me pas, tout le merite de ces recherches. 


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Centralbl. f. Bakt, etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


c) La safranine-induline donne les m&nes resultats (voir F. J. Bose, Le 
cancer. Paris 1898). 

d) La m£thode de Benda modifi£e de la fa$on suivante donne les meilleurs 

rdsultats: colorer avec le rouge de magenta ph£nique, cinq minutes, aprfes chauffage 
jusqu’li vapeurs; layer; faire agir la solution ae vert lumibre, 

Vert lumifcre 2 grammes 50 

Eau distill6e 100 cent, cubes 

Alcool k 90° C 100 „ 

tant que la coupe edde du rouge; sdeber au buvard, d&olorer k 1’alcool absolu, puis 
achever la decoloration k 1’essence de Bergamote, en suivant au microscope; monter dans 
le baume. Le rouge de magenta ph6niqu6 se fixe trfcs fortement et on peut suivre, k 
l’aise, la decoloration et l’amener au point que Ton vent. 

B. Aprbs le Tellyesniczki, la coloration de choix estcellede l’h^matoxyline 
ferrique suivie d’eosine ou de van Gieson. La methode rapide suivante donnera 
de bons r&ultats: alun ferrique, dix minutes aprfcs deux chaunages jusqu’ft vapeur; 
laver k l’eau attentiveraent; hematoxyline 15 minutes, aprfes chauffage; laver, decolorer 
par l’alun ferrique k froid, en suivant au microscope; laver, colorer par l’eosine ou le 
van Gieson dedouble: On peut employer egalement la coloration par la safranine et 
le picro-indigo-carmin, mais les resultats sont m4diocres. Le triacide d’Ehrlich donne 
de w>ns resultats. 

C. Fixations par le sublimA Les colorations de choix sont l’hdmat&ne suivie 
d’Sosine ou de van Gieson, le triacide d’Ehrlich, la thionine ph6niqu6e et, en 
gdn^ral, toutes les colorations microbiennes. Pour le triacide on suivra les rfcgles que 
nous avons d6j& indiqudes (8oc. de biol. et Arch, de m4d. exp. Mai. 1901). 

2. R&clages de pustule fix£s sur lamelles. — Aprbs avoir ras6 trfes 
soigneusement une pustule claveleuse cutan^e au 8. jour, ou enlfeve, en frottant avec un 
conteau, la couche epidermique superficielle n6cros6e; la surface mise et qui repr&ente 
la proliferation 6pith61iale fournit, par un r&clage d^licat avec un rasoir tres eml6, une 
fine Emulsion de cellules £pith£liales. Ce produit de raclage est 6tal6 rapidement en 
couche trfcs mince sur une lamelle qui aussit6t, car il est essentiel de ne pas 
provoquer de dessication, est retournee sur du Flemming fort oil on la laisse 
sumager 48 heures. On pr^parera ainsi un assez grand nombre de lamelles car une 
partie de l’cnduit peut ee detacher au moment de l’immersion dans le Flemming et 
ce n’est qu’aprfcs coloration que l’on pourra juger des preparations utilisables. Aprfcs 
s^jour dans le Flemming, lavage & l’eau de 24 heures, coloration par la safranine 
anilin^e ou ph6niqu6e ou le R. de magenta suivis de picro-indigo-carmin. Cette m£thode 
que nous employons methodiquement depuis 1898 donne des preparations parfaites 
au point de vue de la nettete de la fixation des cellules et des inclusions et ae l’eiection 
precise de la safranine, si l’on porte une grande attention k la decoloration. 

La methode de Laveran ne donne ici que de mauvais resultats: la dessication 
prealable deforme coropRtement les inclusions et peut permettre toutes les interpretations 
ainsi que le demontrent les figures publiees par Borrel 1 ). 

A cot6 des lesions pustuleuses limit^es qui sont la manifestation de 
Taction directe du virus, la clavele6 produit des 16sions d6g6n6ratives 
intenses et 6tendues, probablement d’ordre toxique et que nous n’6tudierons 
pas ici 2 ). 

Quelle que soit leur localisation, les pustules pr6sentent toutes un 
caractfcre histologique fondamental qui est la proliferation suivie de 
desorientation des cellules 6pitheliales. Nous limiterons notre etude 
actuelle aux neoformations claveleuses k point de depart epithelial, 
reservant pour une publication ulterieure l’etude des pustules et des 
turaeurs k point de depart conjonctif. 

1) Nous aurions 4U5 heureux de voir Borrel, lorsau’il rapporte cette m4thode de 
la fixation des r&clages par le Flemming, nous citer. Nous l’avions indiqu^e en partie 
dans notre note du 1" fevrier 1902 k la Society de biologie, nous ^servant d’y revenir 
dans notre Mlmoire g£n£ral; en outre, le 1 tevrier 1902, k l’lnstitut Pasteur, alors que 
Borrel soutenait que cette methode que nous lui indiquions ne pouvait donner que des 
figures fausses dties a l’&datement en boule des leucocytes tandis que la methode de 
Laveran 6tait parfaite, nous lui affirmions au contraire que la m4thode de Laveran 
ne donnait ici que des fixations tree mauvaises k cause de la dessication prdalable. 
Nous vovons avec plaisir que Borrel est revenu, dans son m^moire, de sa 1* opinion. 

2) Nous renvoyons pour l’&ude synipt6matique et 16sionnelle complete de la clavel£e 
& un m^moire g6n«$ral qui paraltra bient6t. 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavefee et l’Epitlfelioma claveleux. 417 


A. Lesions cutanees. 

La pustule d’inoculation cutaifee d6bute vers le milieu du 3 e jour 
par une macule qui au 4. jour devient saillante. Au 7. jour, la pustule 
a le diametre d’une pifece de un et de 2 francs, parfois de 5 francs (face 
inferieure de la queue pr£s de l’anus); elle fait une saillie en bouclier, 
pr^sente une surface lisse, tendue, violacee au centre, rouge sombre sur 
les bords. Jusqu’au 9 C ou 10. jour, la pustule est dure puis elle se 
ramollit suivant un processus v^siculeux; elle s’61imine par dessication 
ou par necrose humide du 18. au 25. jour. 

Sur la coupe, la pustule, au 8. jour, prSsente l’aspect d’une veritable 
petite tumeur qui d’abord n6e de l’^pithelium (examen au 3., 4. et 
5. jours) fait saillie au dehors, en merae temps qu’elle pen6tre profond6- 
ment dans le tissu conjonctif sous jacent. 


Examen histologique. Le d6but se marque 


qui se fait aux d^pens d'es * cellules malpighiennes de ?a 


par une proliferation 4pith£liale 
couche de rev&ement. Lors 
que la pustule est*arriv£e k son plein d^veloppement, elle est constitute (figure 1) sur- 
tout, par la proliferation epitheiiale qui porte maintenant non seulement sur l’tpithtlium 
de revetement, mais sur lfepithtlium des glandes stbactes ayant fait retour au type 
malpighien (seb t figure 1). A la ptriphtrie on voit progressed la pustule aux depens ae 
repitheiium normal qui donne naissance k des formations papillomateuses; celles-ci se 
reunissent s’etendent et forment de larges nappes tpitheliales dont les bourgeonnements 
profonds ptnttrent le tissu conjonctif en transformation embryonnaire. Autour de ces 
Dourgeonnements les plus profonds de la partie centrale (la plus avancte) de la pustule, 
la membrane basale et la couche bordante des cellules prismatiques peuvent avoir 
totalement disparu (figure 1, proli). Les cellules dtsorienttes dans toute rttendue de la 
proliferation et jusque sur les bords des bourgeons profonds, avec des karyokintses A. 
direction, anormale ptnttrent, en ces points, les espaces conjonctifs sous forme de pointes, 
d’amas, ou de lobules isolts (figure 1, tra, tra et lobu, lobu). Si Ton suit revolution des 
Itsions cellulaires on constate que les cellules presentent une hypertrophie claire, parfois 
colossale, et subissent un processus intense ae ktratinisation non seulement vers la 
surface (figure 1, de, de) mais encore sous forme de foyers nombreux qui aboutissent k 
la formation de spherules, de globes epidermiques (glo, glo, figure 1) de placards keratiques 
et A une desorientation totale. Une partie des cellules en transformation claire subissent 
un processus de dtgtntrescence aqueuse ou keratohydropique aboutissant & leur destruction 
et a la formation ae vesicules ( ve, ve, ves, figure 1). 

Dans l’intervalle des bourgeons tpilhehaux, le tissu conjonctif infiltre de lymphe 
(ed, figure 1), renferme d’tnormes cellules irregulitres (cla, figure 1) que nous *avions 
atjA dtcrites et figure dans noire mtmoire de Mai 1901; ce sont des cellules d’origine 
conjonctives (cellules fixes et cellules endothtliales) que nous avons designees sous le 
nom de grandes cellules claveleuses (C. R. Soc. Biol. 2 fev. 1902) [el, fig. 17, 
pi. II]. Elies peuvent s’entasser dans les espaces conjouctifs dissocits et prendre un 
aspect tpithtlial (tco, tcor, figure 1) au point qu’il est trfcs difficile de les distinguer des 
bourgeons tpithtliaux voisins. Le tissu conjonctif renferme tgalement k partir du 5. jour 
surtout des mononucltaires de moyen et de grand volume, des lymphocytes (mo, fig. 17, 
pi. II) et des mastzellen. Les vaisseaux anciens et les nombreux vaisseaux de nouvelle 
formation sont le sitge d’un processus trfcs actif d’endoptrivaacularite ( va, figure 1). Les 

? ;landes sudoripares prtsentent tgalement des lesions de proliferation tpithtliaie (sudo r 
igure 1). 

II est utile d’ttudier les plus importantes de ces lesions, A un fort grossissement: 
a) Hypertrophie et transformation claire. — Dbs leur division, les 
cellules tpiihtliales s^hypertrophient et deviennent claires et rtfringentes; la rtticulum 

E rotoplasmique devient ae plus en plus fin puis se dtsagrtge en certains points (voyex 
» cellules ae la fig. 15, pi. II) pour aboutir a la formation d’une ou plusieurs vacuoles 
(a, fig. 15, pi. II) qui se rtumssant constituent la grande cellule hydropique k gros 
noyau vtsiculeux. Cette cellule, lorsqu’elle n’a pas subi de dtgtntrescence ktratique, 
aboutit k la destruction vtsiculeuse totale (degenerescence aqueuse ou granuleuse) 
[ve, ves, fig. 1, pi. II. 

b) La transformation cornee vers la surface (figure 1 et pi. I, fig. 1) est, 
de tous points, comparable k celle que Ton observe dans l’tpithtlioma pavimenteux: le 
spongioplasma des cellules malpighiennes se condense, devient filaraenteux et opaque, les 
filaments de passage s’tpaississent, la chromatine du noyau forme une masse hyper- 
chromatique (c, c, fig. 1, pi. I) qui diminue en suite de volume et se disperse dans le 
protoplasma en fines granulations ( d, d, fig. 1, pi. I). Arrives vers la surface, les 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 27 ^ 

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418 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


cellules s’aplatissent, perdent toute trace de noyau et s’iliminent sous forme de lamelles 
cornies ( co, co, fig. 1. pi. I). Un grand nombre de cellules subissent en mime temps 
cue la transformation kiratique, une hydropisie partielle ou rotate qui dissocie tes 
filaments protoplasmiques et peut faire subir a la cellule entourie par une coque kira¬ 
tique, dfie en partie h la condensation des filaments de passage, une distension utricul&ire 
{degenirescence kirato-hydropique). 

c) Foyers de kiratinisation, spherules et globes ipidermiques; 
disorientation: La disorientation des cellules prolifiries se marque die le dibut; 


de 



no 8udo conj 


Figure 1. Coupe de pustule cutanie au 13jour. — de , de desquamation 
cornie superficielle; re visiculation; rex visiculation profonde microbienne; glo, glob 
globes ipidermiques et foyers de kiratinisation se prolongeant dans la profondeur de la 
proliferation ipithiliale; »eb proliferation des cellules des glandes sibulies ayant fait 
retour complet au type malpighien, presentant de nombreux globes et se confondant 
avec la prolifiration de l’ipithilium de revetement pour former de yastes nappes ipithi- 
liales k bourgeonnoment profond (y*ro); proli prolifiration en nappes tris proiondes, dis¬ 
orientates k nombreux globes ipidermiques et pinitrant les espaces conjonctifs sous forme 
de bourgeons, de trafnies, de points dipourvues de basale (tra, tra, tra)\ tear boyaux 
formis de grandes cellules clave]euses qu’il est difficile de diffirencier des boyaux ipi- 
thiliaux; ed tissu conjonctif oedimalie renfermant de grandes cellules claveleuses isolies 
( cla ) ou riunies en amas dans les espaces conionctifs ( tco ); gs proliferation ipithiliale 
k globes ipidermiques diveloppie aux dipens (le la gaine d’un poll profond (po); lobu, 
lobu lobules ipithiliaux profonas & globes ipidermiques, dipourvus de basale; lobul lobule 
ipithilial tris profond nettement diveloppe dans un espace conjonctif; xudo glandes 
sudoriparcs dilaties k ipitkilium prolifiri; no, no nodules tissu conjonctif deux; conj 
grandes cellules claveleuse profondes: va vaisseau avec endopirivascularite intense; ar 
artire. 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel4e et I’Epitheiioma claveleux. 419 


elle trouve son expression la plus £lev£e dans les spherules et les globes 6pidermiques 
volumineux parfois tellement abondants qu’ils sont en contact les uns avec les autre 
sur toute P6tendue de la coupe (figure 1 et pi. I, fig. 1, glo). Ces globes ne pr£sentent 
aucune difference de structure avec ceux qui existent dans les epitheliomas malpighiens 
lobules et, on peut suivre toutes les modifications que Ton a decrites dans les globes 
des epitheliomas (aspect de la cellule centrale et des cellules imbriqu^es, d6g6ndrescence 
keratocolloide d’une ou plusieurs des cellules centrales ou transformation nydropique, 
globes composes . . . etc.). 

d) La degenerescence colloido-cornee peut atteindre non seulement la 
cellule centrale des globes, mais encore des cellules isolves, des amas ou des trainees 
de cellules. Elle peut £tre partielle ou bien totale, figeant la cellule dans sa forme 
(x, fig. 1, pi. I) ou determinant, par liquefaction, la formation de figures pseudopodiquee. 

e) Les inclusions d’uue cellule dans une autre sont fr^quentes; la 
cellule incluse peut subir une degeneration colloido-cornee constituant un petit bloc qui 
prend Fapparence d’un corps intracellulaire. 

Nous insistons sur les lesions du noyau des cellules epitheiiales qui se marquent 
des le debut de Thypertrophie cellulaire. Elies consistent essentiellement en une 
distension vesiculeuse avec condensation de la chromatine (fig. 1 k 16, 
pL II). Dans le noyau vesiculeux les filaments du reseau chromatique 8’etirent, se 
rompent, se condensent en une ou plusieurs boules opaques ou s’etalent en anneau sur 
la face interne de la membrane. Les boules finissent par ne plus se laisser colorer par 
les colorant nucldaires, puis la membrane se plisse (np, fig. 1, pi. I) vidant son contenu 
dans la vacuole protoplasmique. 

Les lesions du noyau de la grande cellule claveleuse conjonctive (n, nv, fig. 17, 
pL II) sont identiques aux pr4cddentes de meme que les lesions de la cellule dans son 
ensemble (C. R. Soc. Biol. 2 fev. 1903). 

On voit done que les lesions de la pustule cutanSe d’inoculation 
aboutissent k la formation d’un veritable epithelioma pavimenteux k 
globes epidermiques. Les pustules de generalisation developpees au 
niveau des commissures labiales ou de la langue donnent, dans le cas 
oil elles sont bien developp6es, des figures encore plus demonstratives 
que celles de la pustule d’inoculation. 


. B. Lesions de la cornee. 

Nous avons etudie des pustules spontanees bien preferables pour 
l’etude aux pustules corneennes d’inoculation: formant d’abord une tache 
opaline elles font une saillie qui devient blanchatre et peut prendre le 
volume d’une tr&s grosse lentille. 

Au microscope, on constate ici facilement que le debut de la prolife¬ 
ration est strictement epithelial. L’epithelium proliffcre et forme des bourgeons 
qui se reunissent, constituent des nappes epitheiiales lesquelles envoient dans tous les 
sens, k travers les lames corneennes, des prolongements filiformes ou ramifies, des 
bourgeons et des lobules. Bientot la cornee se vascularise et la penetration des bour- 
geonnements cellulaires est precedee par une transformation embrvonnaire neovasculaire. 

On constate au niveau de ces neoformations epitheiiales, les m£mes lesions des 
cellules que pour ia peau: hypertrophie claire, transformation keratique vers la surface, 
desorientation avec evolution de foyers keratiques vers le globe epidermique typique, 
degenerescences keratocolloide et vesiculeuse. La disparition precoce de la basale, et des 
cellules prismatiques bordantes, la desorientation des cellules dans tous les points de la 
proliferation, le caractfcre envahissant de cette proliferation epitheiiale sous forme de 
pointes, de bourgeons et de lobules qui penetrent dans tous les sens les espace6 corneens, . 
evoquent les caracteres histologiques les plus precis de epithelioma pavimenteux. 


C. Lesions de l’estomac. 


Elles si^gent surtout au Diveau du rumen; elles sont assez frequentes 
au niveau de la caillette. 


1. Rumen. On peut dire que toutes les fois ou il y a une eruption 
cutanee gen6ralis6e, il existe, a partir du 12° jour, une eruption pustu- 
leuse du rumen. La surface interne de la cavit6 pr^sente de belles 
pustules arrondies, dures, formant une saillie plate et qui se dStachent 


27* 

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420 


Centralbl. f. Bakt, etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


par leur couleur blanche et leur aspect lisse sur le fond brun et villeux 
de la muqueuse. Elies sont du diamfetre d’une lentille k celui d’une 
pifece de un franc; elles sont isol6es ou agminees en placards gaufres; 
dans deux cas, nous les avons vues confluentes, sur toute la surface de 
l’estomac. Les plus volumineuses pr^sentent une ombilication et parfois 
une 16gfcre exulc^ration centrales. Elles ne sont entour^es d’aucune zone 
congestive de sorte que certains estomacs claveleux rappelent trfes 
nettement la zone de progression papuleuse de certains cancers de 
l’estomac, chez Thom me. 

A l’examen histologi qu e, la muqueuse du rumen 6tant un rev£tement du 
type malpighien, nous retrouvons ici (figure 2) les lesions de la pustule cutan£e mais h 
un degrd a’intensit^ et de nettete encore plus prononcd (C. R. Soc. Biol. 2 f£v. 1902). 
La proliferation ddbute au niveau de l'6pith61ium des villosit^s; celles-ci s’Spaississent, 
ddplissent et se confondent superficiellemeut en une seule masse saillante tout en envoyant 
dans la profondeur de volumineux bourgeons papillomateux. Au niveau des pustules 
bien d6velopp£es on a ainsi de vastes surfaces epith61iales en evolution k£ratique intense 
vere la surface et qui dans leur 6paisseur pr^sentent une disorientation cellulaire tene¬ 
ment prononcie que les spherules et d’enormes globes ipidermiques, se touchent, se 
pinitrent (figure 2), se compriment entrainant les cellules intermidiaires dans les 


mo 



Figure 2. Coupe d’une pustule de l’estomac (rumen). — Elle est con¬ 
stitute par une proliferation tpithtliale malpighien ne complement desorientte et criblte 
de globes epidermiques (gl, glo) dont certaines cellules en dtgtntrescence ktrato-collolde 
se liqutfient pour former des corps pseudopodiques intercellulaires ( mo, mo); parfois le 
produit de degtntrescence intracellulaire s’etire hors de la cellule ( m ); cl grandes cellules 
claires; de, de cellules dtsoriputees. 

directions les plus diverses. I>es inclusions de cellules ipithiliales sont extr&mement 
nombreuses; les degenerescences vesieuleuse, ktrato-collo’ide et colloide y sont trts actives 
{mo, x figure 2) et donnent naissance k des formations pseudopodique inter (mo, mo 
figure 2) ou intracellulaires (m figure 2). Dans la profondeur, la disparition de la 
basale, la desorientation des cellules bordantes et des karyokincses, permettent de con- 
stater avec une ncttete plus grande qu’au niveau de la peau la pinitration profonde de 
la proliferation epi the lime sous forme de bourgeons de pointes, d’amas et de lobules 
isolts. C'cst au niveau des pustules du rumen que la transformation embryonnaire qui 
accompagne l’envahissement epithelial merite d’etre etudiee, par son intensity et par 
l’abondance des neoformations vasculaires avec endoperivascularite. 

(Fortsetzung folgt.) 


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Lipstein, Ueber Immunisierung mit Diphtheriebacillen. 


421 


Nachdruck verboten . 

Ueber Immunisierung mit Diphtheriebacillen. 

[Aus dem Konigl. Institut fur experimentelle Therapie in Frankfurt a. M., 
Direktor Geh. Med.-Rat Prof. P. Ehrlich.] 

Von Dr. A. Lipstein, ehemaligen Assistenten der bakteriol. Abteilung. 

In einer frfiberen Mitteilung 1 ) fiber dasselbe Tema habe ich einige 
Versuche, die Agglutination der Diphtheriebacillen betreffend, verdffent- 
licht. Das zur Agglutination verwendete Immunserum wurde von 
Kaninchen gewonnen, welche gegen Diphtheriebacillen immunisiert waren, 
und zwar derart, dafi steigende Mengen von Diphtheriebacillen, mit 
antitoxischem Serum versetzt, intraperitoneal injiziert wurden. Der Zu- 
satz von Antitoxin war unbedingt notig, weil anders die Kaninchen der 
Wirkung des von den eingespritzten Bacillen gebildeten Diphtherietoxins 
erliegen; weiter sollte durch diese Methode verhindert werden, dafi reaktiv 
im Kaninchenkfirper Antitoxin gebildet wird, um ein antitoxinfreies, nur 
gegen die Bacillenleiber gerichtetes Immunserum zu erhalten. Einen 
fihnlichen Weg ging Wassermann-’), als er nach Einspritzung eines 
Aethylendiaminextraktes aus zerriebenen Diphtheriebacillenleibern unter 
Zusatz von Antitoxion ein Kaninchen-Serum gewann, welches mit dem 
Auszug der Bacillenleiber deutliche Prfizipitierungsreaktion ergab. Wie 
das hier wiedergegebene Immunisierungsprotokoll zeigt, darf man die 
Immunisierung mit grofien Mengen lebender Kultur beginnen und die- 
selben in rascher Aufeinanderfolge steigern. Die zum Immunisieren ver¬ 
wendete DB.-Kultur No. 3 ist ffir Meerschweinchen sehr virulent und 
totet bei subkutaner Infektion in der Menge von x / 80 Oese Meer¬ 
schweinchen von 250 g Gewicht. 

Immunisierungsprotokoll. 

Das Kaninchen erhalt am: 

4. XI. 1902 '/ 2 Agarkultur DB. No. 3 s ) -f 400 Immunitiitseinheiten Antitoxin intraperitoneal 

12. ^CI. j) 2 77 77 y ) 77 77 77 

21. XI. „ '/« Mafien „ „ „ * „ v 

30.X1. , 1 , , , , „ „ „ 

10. XII. „ wird das Tier entblutet. 

Bei zwei anderen Tieren stieg ich im Laufe der Immunisierung 
innerhalb 11 Wochen auf 3 Mafien Agarkulturen, sodafi die Tiere, da 
jede der Mafienkulturen etwa 12 SchrSgagarr5hrchen entspricht, innerhalb 
dieser kurzen Zeit 36 Agarkulturen virulenter Diphtheriebacillen erhalten 
hatten, ohne dafi diese Prozedur auf das Aussehen oder Gewicht der 
Tiere ungiinstig eingewirkt hatte. An der Einstichstelle entwickelt sich 
5fter ein kleines derbes Infiltrat, weil etwas von der Bacillussuspension in 
das subkutane Gewebe dringt, was sich nicht stets vermeiden lafit. 
Selbst dann, als ich zum Immunisieren der Kaninchen einen fur Meer¬ 
schweinchen aufierst wenig pathogenen DB.-Stamm benutzte, entstand 
bei dem subkutan immunisierten Tier eine grofie Nekrose, wahrend die 
zum Vergleich intraperitoneal und intravenos vorbehandelten Tiere ge- 
sund blieben. Demnach wird die, im allgemeinen zwar schonende, 


1) Deutsche med. Wochenschr. 1902. No. 46. 

2) Dtech. med. Wochenschr. 1902. 

3) Die Kulturen werden in Kochsalzlosung aufgeschwemmt. 


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422 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 

korabinierte ImmunisieruDg von Bacillen plus Antitoxin doch vom 
subkutanen Gewebe schlecht vertragen, so daft ich sp&ter die 
Kaninchen ausschlieClich von der Bauch h6 hie immunisierte. Schon 
in der frQheren Mitteilung flber agglutinierende Wirkung derart ge- 
wonnener bakterieller Immunsera war ich auf Schwierigkeiten in der 
Agglutinationsfrage gestoBen, die dazu gefuhrt hatten, eine Verschieden- 
heit im Rezeptorenapparat der einzelnen Diphtheriestamme anzunehmen. 
Bei Weiterfflhrung dieser Versuche bin ich in meiner Annahme noch 
best&rkt worden. Im ganzen wurden 5 DB.-Stamme verschiedenster 
Herkunft zum Immunisieren benutzt. In alien diesen Fallen wurde der 
jeweils zum Immunisieren benutzte Stamm durch das ent- 
sprechendelmmunserum in einerVerdiinnungvon 1:1000 
kraftig agglutiniert, nachdem die Kaninchen Aufschwemmungen 
von 1—2 MaBen Agarkulturen erhalten hatten. Sobald ich mich von der 
. Wirksamkeit der Sera fiberzeugt hatte, priifte ich den EinfluB jedes 
dieser Sera auf eine Reihe anderer Diphtheriestamme. Drei von den 
untersuchten Immunseris agglutinierten andere Stamme spurweise Oder 
ilberhaupt nicht, wie das in Tabelle I als Beispiel angeftthrte Serum 
des mit dem Stamme 4 immunisierten Tieres zeigt: 


Tabelle I. 


Serumverdiinnung 

Agglutinationswirkung des Immunserums gegeniiber: 

Stamm 

Stamm ! 

| Stamm 

Stamm 

Stamm 

Stamm 


1 

2 

3 

4 

5 

| 6 

1: 20 

0 

0 

0 

+ + + 

0 

+ 

1: 60 

0 

- 0 

0 

+ + + 

0 

0 

1:180 

0 

0 

0 

+ + + 

0 

0 

1:540 

0 

0 

0 

+ + + 

0 

0 


Anmerkung. + + + bedeutet 6ehr starke Agglutination 
+ + „ mittel „ 

+ „ schwache „ 

Durchaus anders aber verhielten sich die beiden Stamme No. 1 und 
No. 2 0- Das gegen den Stamm 1 gerichtete Immunserum agglutinierte 
auch den Stamm 2 in gleicher Serumverdiinnung, und ebenso wirkte 
das Serum des gegen Stamm 2 immunisierten Tieres auf Stamm 1. 
Weiter interessant war es, daB beide Immunsera auch anderen Stammen 
gegeniiber gleiches Verhalten zeigen, wie Tabelle II zeigt. 


Tabelle II. 



Das gegen Stamm 1 gerichtete j 
Immunserum eingestellt gegen: 

Das gegen Stamm 2 gerichtete 
Immunserum eingestellt gegen: 

Serum- 

r-i 

<M 

CO 


lO ] 


CM 

CO 



verdun nun g 

0 

a 

B 

e 

B 

B 

a 

a 

8 

a 


1 

s 

B 

B 

a | 

B 

a 

a 

3 

a 


£ 

$ 

S 

a 

& 

$ 

$ 

3 

2 

2 


CO 

co 

m 

CO 

CO 

1 n 

CO 

CO 

CO 

CO 

1: 20 

+ + + 

+ + + 

+ + 

0 

o 

-J- + + I + + + 


0 

0 

1: 60 

+ + + 

+ + + 

+ 

0 

0 

+ + + ! + + + 

+ + -f 

0 

0 

1:180 

+ + + 

+ + + 1 

4- 

0 ; 

0 

+ + + ' + + + 

+ 

0 

0 

1: 540 | 

+++;++ + 

0 

o 

1 0 1 

+ + 4-I + + + 

IT 

0 

0 


1) Die Bezeichnung No. 1 und 2 ist der besseren Uebersicht wegen gewablt; es 
sind diese beiden Stamme identisch mit den in der ersten Mitteilung als 861 und 
Henuis bezeichneten Kulturen. 


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Lip stein, Ueber Immunisierung mit Diphtheriebacillen. 


423 


Die beiden Stamme zeigen also eine weitgehende 
Aehnlichkeit in ihrem Rezeptorenapparat; tibereinstimmend 
damit bestebt anch in Saurebildung und Meerschweinchenvirulenz 
zwischen diesen St&mmen kein deutlicher Unterschied, dagegen scheint 
in der Lange der Bacillen vielleicht eine kleine Differenz vorhanden 
zu sein. 

Die wiedergegebenen Versuchsresultate, die mich dazu ffihren, 
eine zum wenigsten quantative Verschiedenheit im Rezeptorenapparat 
der einzelnen DB.-Stamme anzunehmen, stehen in einem gewissen Gegen- 
satz zu den Resultaten von Lubowski 1 ) und von Schwoner 2 ), 
welche mit einem einzigen Immunserum durchgehends Agglutination 
samtlicher Diphtheriestfimme erzeugen konnten. 

Dieser Widerspruch findet seine Erklarung und ist begriindet in 
der verschiedenartigen Immunisierung. Das Serum, dessen sich Lubowski 
zu seinen Agglutinationsversucben bediente, entstammte einer Ziege, 
die bei der letzten Injektion die gewaltige Menge von 150 Serumplatten 
einer atoxischen und avirulenten DB.-Kultur erhalten hatte. Trotzdem 
agglutinierte es Diphtheriebacillen nur in starken Konzentrationen 1:20 
und 1:40. Schwoner dagegen benutzte ein polyvalentes Serum von 
einem Pferd, das er mit 12 verschiedenen Diphtheriestfimmen immunisiert 
hatte. Seine Resultate, die sich prinzipiell mit denen Lubowskis 
decken, sind ausgezeichnete; das angewandte Immunserum agglutinierte 
Diphtheriebacillen noch in einer Verdiinnung von 1:1000, lieB dagegen 
Pseudodiphtherie B. unbeeinflufit. 

Wir werden uns daher vorstellen miissen, daB der Rezeptoren- 
apparatderDiphtheriebacillen, gewissebeiallenSt&mmen 
wiederzufindende Typen „Grundrezeptoren“, aufweist, 
die vielleicht in verschiedenen Proportionen auftreten, 
wShrend jedem einzelnen Stamm „Partialrezeptoren“ 
eigentiimlich sind, welche qualitative Unterschiede 
gegenflber anderen Partialrezeptoren zeigen. Wenn man 
daher die Menge der zum Immunisieren benutzten Bacillen bis zu 
einem gewissen Grade steigern kann, was bei kleinen Versuchstieren 
wie Kaninchen sehr bald Schwierigkeiten hat, so wird man schlieB- 
lich ein Serum gewinnen, das genflgend Antikdrper (Agglutinin) auch 
gegen die in den kleinsten Proportionen vorhandenen Grundrezeptoren 
des zum Immunisieren benutzten Stammes enth&lt. Das so beschaifene 
Serum wird, wofern die Besetzung der Grundrezeptoren durch Agglu¬ 
tinin zur Ausldsung der Agglutination ausreicht, auch diejenigen 
Bacillen agglutinieren, welche nur in den Grundrezeptoren mit dem zum 
Immunisieren benutzten Stamm iibereinstimmen. Man wird erwarten 
dttrfen, daB in solchen Fallen der Agglutinationstitre niedrig bleibt, wie 
es in den von Lubowski publizierten Daten deutlich zu Tage tritt. 
Aussichtsvoller und praktisch brauchbarer erscheint der Weg, den 
Schwoner eingeschlagen hat, namlich durch Immunisieren mit einer 
Reihe von Stammen ein polyvalentes Serum herzustellen; mSglicher- 
weise gelingt es derart, die Differenzierung von Diphtherie- und Pseudo- 
diphtheriebacillen durch Agglutination auch praktisch zu verwerten. 


1) Zeitschr. f. Hvg. Bd. XXXV. 1900. 

2) Wiener kl. Wochenschr. 1902. 


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424 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


Bakterizidie. 

Der Gedanke ein Serum zu gewinnen, welches nicht nur das von 
den Diphtheriebacillen erzeugte Toxin neutralisiert, sondern welches die 
Bacillenleiber selbst angreift, ist nicht neuen Datums, da ein derartiges bak- 
terizides Serum besonders mit Riicksicht auf eine endgiiltige Vernichtung 
der DB. manchen Vorteil verspricht. Versuche in dieser Richtung sind 
auch schon vielfach angestellt worden. DaB es nicht gelingt, Meer- 
schweinchen durch Immunisierung mit solchen Diphtheriekulturen, 
welche ihre Virulenz verloren haben, zu immunisieren, ist 
schon von C. F r & n k e 1 *) konstatiert und stets bestatigt gefunden. Klein 2 ) 
immunisierte Meerschweinchen mit lebenden Bacillen von der Bauch- 
hbhle aus, nachdem er gefunden hatte, daB die Tiere intraperitoneal 
Dosen vertragen, die, subkutan verabreicht, sicher toten. (Auf diese 
interessante Erscheinung, die auch ich stets beobachtete, komme ich 
sp&ter zuriick.) Ein derart immunisiertes Tier — es hatte Vs Gelatine 
DB.-Kultur erhalten — lieferte ein Serum, von dem 0,25 gegen eine 
sicher todliche Dosis schutzte. Weil einige Stunden nach der intra- 
peritonealen Injektion Bacillen im Peritonealexsudat nicht mehr nach- 
zuweisen sind, meint Klein, daB die Bacillen in der Bauchhohle schnell 
zerstort werden, und deshalb Toxin nicht sezernieren konnen, woraus sich 
die Unmbglichkeit der Antitoxinbildung ergiebt. Die theoretische Beweis- 
fiihrung des Verfassers erscheint nicht zwingend, enthalten doch die 
Bacillenleiber selbst Toxin, wieKossel 3 ) Brieger und Boer 4 ) sowie 
Aronson 5 ) gezeigt haben. Wir sind deshalb geneigt, da eine Priifung 
des Serums auf Antitoxin nicht stattgefunden hat, die Schutzwirkung 
des Kleinschen Serum doch antitoxischen Eigenschaften zuzuschreiben. 
Aehnliche Bedenken habe ich auch gegen die Versuche van de Veldes 0 ), 
der mit gewaschenen und so von Toxin moglichst befreiten Diphtherie¬ 
bacillen eine Ziege immunisierte, und dies Serum heilkr&ftig gegen 
Diphtherieinfektion fand. Zwar hat van de Velde das Immunserum 
auf Antitoxin gepriift und es in Dosen, die man versucht hat, antitoxin- 
frei befunden, doch lafit dieser Passus, da Zahlen fehlen, immer noch 
die Deutung zu, daB geringe Antitoxinmengen im Serum enthalten 
waren, was nach der Herstellungsart des Serums auch a priori wahr- 
scheinlich ist. 

Einen anderen indirekten Weg zum Nachweis bakterizider Anti- 
korper eines Immunserums benutzte Lambotte 7 ) welcher das Verfahren 
Bordets zum Nachweis der substance sensibilisatrice (Ambozeptor) 
anwandte; es beruht dies bekanntlich darauf, daB sensibilisierte, id est 
mit Ambozeptor beladene Bacillen, dem Serum samtliches Komplement 
entreiBen. Lambotte fand, daB das gewohnliche antitoxische Serum 
einen EinfluB auf Diphtheriebacillen im genannten Sinne nicht hat, da- 
gegen fiel der Bordetsche Versuch mit dem Serum von Meer¬ 
schweinchen, welche er gegen Diphtheriebacillen immunisiert hatte, 
positiv aus. Im Tierexperiraent hat Lambotte die Wirksamkeit dieses 
Serums nicht gepriift. Welch geringer Wert aber der Bordetschen 

1) Berl. klin. Wochenschr. 1890. No. 49. 

2) Centralbl. f. Bakteriologie. Bd. XX. 

3) Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXVII. Heft I. 

4) Deutsche med. Wochenschr. 1896. No. 49. 

5) Archiv f. Kinderheilkunde. Bd. XXX. 

0) Centralbl. f. Bakteriologie. 1897. No. 22. 

7) Ebenda. Bd. XXX. p. 817. 


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Lipstein, Ueber Immunisierung mit Diphtheriebaciilen. 


425 


Metbode als Prflfstein eines bakteriziden Immunserums in praxi zuge- 
messen warden darf, geht scbon daraus hervor, daB es dem Verfasser 
mit einem gegen Pseudodiphtheriebacillen gerichteten Serum gelang, auch 
echte Diphtheriebaciilen, freilich schwScher, zu sensibilisieren. 

An dieser Stelle mdge auch das vorher erwShnte pr&zipitierende 
Serum von Wassermann genannt sein, von dem aber Tierversucbe 
nicht berichtet werden. 

Endlich ist kUrzlich vonBandi 1 ) eine ausfuhrliche Mitteilung fiber 
ein gegen Diphtheriebaciilen gerichtetes Immunserum erschienen, das 
im Tierversuch wie Krankenbett gleich gut wirken soil. Wenn aber 
dieser Autor schreibt: 

„Die Kontrollvereuche, die bei den Versuchstieren mit dieeem Serum und einigen 
Handelseeris namlich dem vom Institut Pasteur, dem vom Institut fiir Serumtherapie 
in Brussel, dem vom Institut fiir Serumtherapie in Bern ausgefuhrt warden, ergaben 
stets das gleiche Beeultat, daB namlich diese Sera eine sehr geringe Wirkung ha ben; 
es gelang niemals mit diesem Here zu retten, denen todliche Dosen dee versuchs- 
bacillus eingeimpft worden waren, ihre Wirkung beschrankte sich vielmehr darauf, den 
InfektionsprozeS zu verzogem, wenn man sie in grofien Mengen anwandte“, 

muB man schlieBen, daB der Versuchsbacillus nie und nimmer ein 
Diphtheriebacillus ist, denn in der heilkr&ftigen Wirkung des Antitoxins 
gegenflber Diphtherieinfektionen im Tierexperiment stimmen heute alle 
Autoren fiberein; demnach ist auch das Serum, welches Band is 
Bacillus beeinfluBt, kein Diphtherieimmunserum. 

Der Nachweis diphtherizider Eigenschaften eines Immunserums ist, 
wie aus den zitierten Arbeiten hervorgeht, bislang nicht geglQckt, denn 
in den dafQr sprechehden Tierexperimenten (Klein, van de Velde) 
war eine antitoxische Wirkung nicht sicher ausgeschlossen. Fttr die Her- 
stellung eines bakteriziden Immunserums kamen zwei Momente in Betracht, 
einmal gait es, dem zu immunisierenden Tier mOglichst groBe Mengen 
Bacillen einzuspritzen, ferner aber war die Antitoxinproduktion zu unter- 
drflcken, weil das Antitoxin die Beurteilung bakterizider Heilwirkung 
erschwert. Beide Anforderungen werden durch das eingangs be- 
schriebene Immunisierungsverfahren erfflllt; es war bereits nachgewiesen, 
daB dabei spezifische gegen die infizierten Bacillenleiber gerichtete Anti* 
kOrper, namlich Agglutinine, entstehen. 

Bei der PrOfung auf Diphtherieantitoxin zeigten alle Tiere, welche 
nur intraperitoneal mit DB.-Kultur plus Antitoxin vorbehandelt waren, 
und deren Serum bis auf V 20 und V 30 Immunitatseinheit geprflft 
wurde, kein Antitoxin. Demnach ist das von den Bacillen produzierte 
oder in ihnen enthaltene Toxin von dem beigefQgten Antitoxin voll- 
kommen neutralisiert, da einerseits jede Giftwirkung und andererseits 
Antitoxinbildung ausgeblieben ist. Dagegen enthielt das Serum der 
Kaninchen, welche am Schlufi der Immunisierung auBer der intraperi- 
tonealen Injektion einer Aufschwemmung von 2 Mafien Agarkulturen 
DB. plus 400 Immunitatseinheiten Antitoxin noch je eine Aufschwem¬ 
mung eines Schragagarrohrchens derselben Kultur plus 200 Immunitats¬ 
einheiten Antitoxin intraven5s erhalten hatten, nach 14 Tagen reichlich 
Antitoxin. Es liegt nahe, dabei an eine passive Immunisierung zu denken. 
Ein derartiges Serum kann man trotzdem auf bakterizide Funktion prfifen, 
nur mufi man den Antitoxintitre einigermaBen kennen, urn ihn bei 
Heilerfolgen mit in Bechnung zu setzen. 

Die zu den Versuchen benutzte Kultur "No. 3 totet bei subkutaner 


1) Centralbl. f. Bakteriologie. Bd. XXXII. No. 7. 


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426 


Centralbl. f. Bakt etc. I. AbU Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


Impfung von V 40 Oese Meerschweinchen von 250 g Gewicht sicher in 
4 Tagen, w&hrend die mit % Oese gespritzten Tiere erst in der zweiten 
oder dritten Wocbe sterben, auch wohl manchmal durchkommen. Die 
als Einheitsmenge bei subkutaner Infektion verwandte Dosis von Vs Oese 
entspricht also 5—10 tddlichen Dosen, zu deren Neutralisierung man 
*l , 0 — 8 / 10 Immunit&tseinheiten Antitoxin bedarf. Bei intraperi- 
tonealer Infektion braucht man zur TStung der Tiere 
V 10 Oese, also das4— 8 -fache Mu ltiplum der dosis letalis 
subcut an e a. Die ser Unterschied beruht nicht auf bakeri- 
ziden F&higkeiten der freien PeritonealflQssigkeit, 
welche von mir in vitro wie im Tierversnch als ganz un- 
wirksam befunden vurde. 

Auf Grund der bei den Agglutinationsversuchen gewonnenen Ueber- 
zeugung, dafi die einzelnen Diphtheriest&mme bedeutende Unterschiede 
im Rezeptorenapparat aufweisen, benutzte ich zu bakteriziden Versuchen 
ausschliefilich das Serum solcher Kaninchen, welche gegen den Versuchs- 
bacillus immunisiert waren. Dieses Immunserum agglutinierte den Ver- 
suchsbacillus noch in einer Verdflnnung 1:1000, liefi aber in vitro trotz 
verschiedenartigster Versuchsanordnung keine bakterizide Eigenschaft 
erkennen. 

Kaninchen A. 

Das Tier erhielt am 30. XI. 1902 1 MaBen Agarkultur Aufschwem- 
mung DB. No. 3 + 400 Immunit&tseinheiten Antitoxin intraperitoneal, 
und wird am 10. XII. 1902 entblutet. Das antitoxinfreie, stark agglu- 
tinierende Serum wird auf bakterizide Wirkung derart untersucht, dafi- 
eine Reihe Meerschweinchen abfallende Mengen Serum intraperitoneal 
erhalten und 6 Stunden darauf eine mehrfach tOdliche Dosis DB.-Kultur 
subkutan, (s. Tabelle III) w&hrend eine zweite Reihe Meerschweinchen. 
die entsprechenden Mengen Kultur und Serum zusammen subkutan 
erhielt. S. Tabelle IV. 



Tabelle III. 


Tabelle IV. 


Menge dee 
injizierten 
limn un- 
serums 

Menge der 
injizierten 
Diphtherie- 
kultur 

Menge des 

A us fall des injizierten 

Tierversuchs Imm un- 

serums 

Menge der 
injizierten 
Diphtherie- 
Kultur 

Ausfall des 
Tierversuchs 

1,0 ccm 

0,3 „ 

0,1 „ 

|/, Oese 

la ,, 

V. „ 

| Vs >» 

1,0 ccm I 

+2 0,3 „ 

+, 0,1 „ 

+, - 

V« 0«86 I 

1 / 1 

j/8 »» 

/ 8 ft 

1 s ” 


Serum intraperitoneal. Nach 6 Stunden Kultur + Serum subkutan gleichzeitig. 

Kultur subkutan. 

Der MiBerfolg in beiden Serien ist der gleiche, selbst die mit 1,0 ccm 
Immunserum gespritzten Tiere Cberlebten die Kontrolltiere nicht. Hatte 
ich mich derart von der volligen Unwirksamkeit meines agglutinations- 
kraftigen Serums fiberzeugt, da es die Diphtherieinfektion in keiner 
Weise beeinflussen konnte, so gait es noch zu versuchen, ob dieses Serum 
an sich wirkungslos, nicht doch in Verbindung mit Antitoxin im Kampfe 
gegen die Diphtherieinfektion nfitzlich sein konnte. Es war mdglich, 
dafi in der beschriebenen Versuchsanordnung die bakterizide Wirkung 
deshalb nicht zur Geltung gekommen war, weil die Tiere der Toxin- 
wirkung zu schnell erlagen. Die Versuchsanordnung muBte demnach so 
sein, dafi ich dieses Immunserum mit Antitoxin versetzte und gegen 
den Versuchsbacillus einstellte. Da einige der immunisierten Kaninchen, 


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Lipstein, Ueber Immunisierung mit Diphtheriebacillen. 


427 


wie vorhin erwfihnt, Antitoxin im Blut enthielten, wurde deren Serum 
zu folgenden Versuchen benutzt. 

Kaninchen B. 

Das Tier erhielt am 20. XII. 1902 als letzte Injektion die Auf- 
schwemmung von 2 MaBen Agarkulturen DB. No. 3 plus 400 Immuni- 
tfitseinheiten Antitoxin intraperitoneal und die von einem Schr&gagar- 
rOhrchen plus 200 ImmunitStseinheiten intravenOs. Das Tier wird am 
5. I. 1903 getStet und ein Antitoxingehalt von etwa 1 Immunit&ts- 
einheit pro ccm Serum nachgewiesen. Tabelle V ergiebt die Serum- 
wirkung bei gleichzeitiger subkutaner Injektion von Serum plus Kultur. 

Tabelle V. 


Injizierte 

Kulturmenge 

Menge des 
injizierten 
Kaninchen- 
immunserums 

Ausfall des 
Tiervereuchs 

7« Oese 

0,5 ccm 

davon 

;/. » 

0,1 „ 

+ 3 

U >» 

0,02 „ 

+* 

;/. .. 

0,004 „ 

+ 2 

/8 » 

— 

+ 2 


In diesen Versuchen kamen also die Tiere mit dem Leben davon, 
welche mit 0,5 ccm Immunserum gespritzt waren, dessen antitoxischer 
Wert etwa '/» ImmuniULtseinheit, wie vorhin ermittelt, entspricht. Da 
aber, wie bereits erw&hnt, die gleiche Wirkung von 4 /io—®/ l0 Immuni- 
t&tseinheiten eines rein antitoxischen Serums erzielt wird, so entspricht 
die Schutzkraft des Kaninchenimmunserums lediglich dem in ihm ent- 
haltenen Antitoxin. 

In einer anderen Versuchsreihe injizierte ich Meerschweinchen aus 
anderen Grunden Kultur und Serum intraperitoneal. In einer anderen 
Reihe Rubrik 3 ist als Kontrolle ein rein antitoxisches Serum eingestellt. 


TabeUe VI. 


Injizierte 

Kulturmenge 

Menge des 
injizierten 
Kaninchen¬ 
immunserums 

Menge des anti¬ 
toxischen Serums 
in Immunitats- 
einheiten aus- 
ausgedriickt 

Ausfall des 
Tierversuchs 

V 4 Oese 

0,5 ccm 

_ 

davon 

v« .. 

0,1 

— 

davon 

v« » 

0,02 „ 

— 

+n 

v« .. 

0,004 „ 

— 

+7 

l U >» 

0,0008 „ 

— 

+8 

V* .. 

— 

2,4 I. E. 

davon 

l u .. 

— 

0,48 I. E. 

davon 

'U V 

— 

0,096 I.E. 

davon 

;/♦ » 

— 

0,0192 L E. 

+7 

Is » 

— 

— — 

+ 10 


'/ 4 Oese + 0.5 ccm Kan inehen-Norm alseru m + 4 


In dieser Reihe kamen die Tiere mit dem Leben davon, welche 0,1 
des agglutinierenden Immunserums, sowie die, welche 0,1 (0,096) Immuni- 
tfitseinheit Antitoxin erhalten hatten, so daB auch in diesem Falle der 
Heilwert des Kaninchenimmunserums seinem antitoxischen Wert ent¬ 
spricht, wenn man demselben den Gehalt von 1 I.E. in 1 ccm zu Grunde 
legt. Auf Grund dieser und Shnlicher Versuche muBte von 


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428 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


der Annahme einer bakteriziden Quote im Kaninchen* 
iminunserum Abstand genommen werden. Das Versagen jeder 
Schutzwirkung durfte ich nicht obne weiteres auf den absolaten Mangel 
an bakteriziden Ambozeptor beziehen, vielmehr mufite noch eine weitere 
MSglichkeit in Betracht gezogen werden, dafi n&mlich im Kaninchen- 
immunserum ein bakterizider Ambozeptor vorhanden ist, der im 
Meerschweinchenorganismns kein passendes Komplement fiudet Aehn- 
liche Beobachtungen sind von Sobernheim im Milzbrandversuch und 
von Wechsberg 1 ) im Taubenexperiment mit VibrioMetschnikoff 
gemacht worden. Zur Entscheidung dieser Frage immunisierte ich 
Meerschweinchen auf die vorhin beschriebene Art von der Bauchhflhle aus. 
Das antitoxinfrei befundene Serum erwies sicb als g&nzlich unwirksam. 
Nicht so gleichmfifiige Besultate ergab die ktinstliche Infizierung der 
aktiv immunsierten Tiere, da bei einer nicht sehr hoch gegriffenen 
Dosis letalis die Tiere zuweilen am Leben blieben. Dieses Resultat war 
aber viel#u unregelm&fiig, als dafi es im Sinne der vorhin gegebenen 
Erkl&rung sprechen konnte. Jedenfalls sprechen die durchaus 
negativen Resultate, bei den Versuchen mit einem der- 
artigen Serum zu schutzen, daffir, dafi ein bakterizid 
wirksamer Ambozeptor bei der Immunisierung mit leben- 
den Diphtheriebacillen nicht entsteht. 

Was aber fflr Kaninchen und Meerschweinchen gilt, ist nicht ohne 
weiteres zu verallgemeinern, und der Versuch an grdfieren Tieren, wie 
Pferden, eine derartige kombinierte Immunisierung vorzunehmen scheint 
trotzdem gerechtfertigt. Dad die Pferde diese Immunisierung, wenn 
man von subkutaner Impfung absieht, und etwa intravends injiciert, gut 
vertragen werden, ist nach den bei so Diphtherie-empfindlichen Tieren 
wie Kaninchen und Meerschweinchen gemachten Erfahrungen durchaus 
wahrscheinlich. Es h&tte die Verwendung grofier Tiere den Vorteil, 
dafi man bedeutend grCBere Mengen von Bacillen einspritzen kbnnte, 
als es bei kleinen Versuchstieren mbglich ist, auch kOnnte man mit 
Leichtigkeit nach dem Vorgehen von Schwoner polyvalent immunisieren, 
eine Methode welche mir mit Riicksicht auf die gefundene Verschieden- 
heit der Rezeptoren der Diphtheriebacillen besonders angezeigt zu sein 
scheint. 

Herrn Professor M. Neisser sei an dieser Stelle fflr die freundliche 
Untersttktzung der herzlichste Dank ausgesprochen. 


Nachdruck verboten. 

Deutungsversuch der Eigenschafben und Wirkungsweise 

der Immunkorper. 

Von Prof. Dr. H. Zangger, Zflrich. 

In dieser Arbeit mSchte ich die Entstehungs- und Wirkungsweise 
der Reaktionskbrper des animalen Organismus von einem Gesichtspunkte 
aus betrachten, der von dem allgemein acceptierten abweicht Wenn 
Ehrlich in seiner Seitenkettentheorie alles in Parallele setzt mit der 
Chemie der Konstitutionsformeln, so mdchte ich hier nachweisen, dafi 

1) Zur Lehre von der natfirlichen Immunitat und iiber bakterizide Heilsera. 
(Zeitschr. f. Hygiene und Infektion. Bd. XXX.) 


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Zangger, Deutungsversuch d. Eigenschaften u. Wirktmgsweise d. Immimktirper. 429 

viele der heute bekannten Eigenschaften sich besser physikalisch deuten 
lassen. Die Antik3rper sind nicht rein dargestellt und keine Atom- 
gruppe ist festgestellt; ihre Existenz ist nur aus h iren Wirkungen er- 
schlossen — sie zeigen ftberhaupt nur unter bestimmten Bedingnngen 
der Losung ihre sie charakterisierenden Eigenschaften. 

Gehen wir die einzelnen Klassen durch nach alien wichtigen Eigen¬ 
schaften, die wir von ihnen kennen: Einleitend die Toxine; dazu ge- 
h5ren sicher chemisch die verschiedensten Individuen; einheitlich ist 
alien, dafi sie in bestimmten Tierk6rpern Krankheitserscheinungen her- 
vorbringen und in bestimmten Dosen Fieber, und dafi der Korper durch 
Produktion von diese bindenden Gegenkdrpern reagiert 

Chemisch sind sie meist basisch; einzelne sollen als Salze dar¬ 
gestellt und kristallisiert werden konnen*). Die meisten aber sind 
nicht kristallinisch dargestellt; sie filtrieren gut, aber dialysieren meist 
schlecht Oder gar nicht, verteilen sich aber im Tierk6rper leicht. Hohere 
Temperaturen nehmen ihnen die Giftigkeit, aber sie ertragen im All- 
gemeinen hdhere Temperaturen besser als die Antikdrper. Einzelne 
Gifte werden auch durch Losungsmittel in weniger Oder gar nicht giftige 
Modifikationen fibergefiihrt, die aber doch AntikSrper erzeugen (Tetanus- 
gift durch Schwefelkohlenstoff). Sie binden sich unter bestimmten Ver- 
h&ltnissen mit den Antikorpern scheinbar nach den Gesetzen der Chemie; 
aber wenn a Antitoxine b Toxine neutralisieren, so neutralisieren 100 a 
Antitoxine z. B. nicht 100 b Toxine, sondern 101—110 ja 150 und rnehr* 
also die Bindung erfolgt nicht nach dem Gesetz der multiplen Pro¬ 
portion. 

Die Toxine reagieren im ganzen langsam im Vergleich zu den 
neuesten chemischen Reaktionen. 

Im TierkSrper, bei 37°, dauert es mindestens mehrere Stunden, bis 
z. B. Fieber erscheint, oft Tage (Inkubation). (Schnell wirken im Tier- 
kbrper Schlangengift und Aalgift, aber im Reagenzglase braucht z. B. 
Schlangengift mindestens 1 / i Stunde zur Neutralisation.) 

Am aufiFallendsten ist wohl aber die Tatsache, dafi im tierischen 
Organismus eine Einheit Toxin bis 100000 diese Einheit neutralisieren do 
Antitoxinmengen zu erzeugen vermag, und ferner, dafi die Anti- 
toxinmenge lange Zeit im Blute des Tieres nicht sinkt, wenn man ihm 
auch Serum und damit Antitoxine entzieht. (Auch ohne Entzug 
schwankt der Gehalt sehr oft stark in kurzer Zeit und verschwindet mit 
der Zeit spontan.) 

Einzelne Toxine zeigen spezifische Absorptionseigenschaften, z. B* 
die Gifte des Bacillus der Wurstvergiftung, werden absorbiert und 
un gif tig gemacht durch Cholesterin, Lecithin, Tyrosin, viele andere 
durch leukocytenhaltige Fliissigkeiten. 

Auch andere por5se oder quellbare Korper absorbieren Toxine, so 
dafi deren Gemisch im Tierk6rper die Giftigkeit verliert. So ab¬ 
sorbiert frisches Karminpulver das Tetanustoxin; erhitzt man aber vorher 
das Karmin, so verliert es diese Eigenschaft (Stoudensky). 

Der spezifische Immunkorper (Ambozeptor) charakterisiert 
dadurch, dafi er sich auf bestimmte Zellen zuerst festsetzt wie eine 
Beize und diese vorbereitet ftir die losende Alexinwirkung, ist weniger 
bestandig als die Toxine; bei langerem Erw^rmen auf 70° verliert er 
seine Eigenschaften, einzelne schon bei niederen Temperaturen. Er 


1) Tetanus, z. B. Behring, Brieger, Boer; Phthisin: Schroen. 


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430 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


filtriert weniger gut als die Toxiue, dialysiert fast gar nicht; auf andere 
Weise als durch Zellen, die ihn absorbieren, ist er unzerstort nicht 
faBbar; auch mit den Komplementen geht er in der Ldsung im allge- 
meinen keine Verbindung ein. Er verschwindet spontan aus dem Serum, 
ohne daB gleichzeitig die Immunitfit zu schwinden braucht. Meist 
dauert die Immunit&t bedeutend linger, als sich Immunkorper im Serum 
nachweisen lassen. 

Im Blutplasma, wie es im immunisierten Tiere zirkuliert, ist er 
nicht vorhanden oder sparlich; erst durch das Stehen- und Gerinnen- 
lassen des Blutes wird er frei, und zwar quantitativ entsprechend den 
im Blute vorhandenen weiBen Blutkdrperchen. 

Nachzuweisen ist er im Blutserum, im Peritoneum und in l&ngere 
Zeit bestehenden Oedemen und Exsudaten der immunisierten Tiere, 
nicht in der Augenkammer, nicht in Milch und Urin. 

Er ist ver&nderlich, geht spontan in inaktive Zust&nde fiber, und 
zwar um so schneller, je verdfinnter er ist. 

Die Alexine, die typischen zelllosenden Fermente sind weniger 
spezifiziert, resp. weniger zahlreich als die Beizen; es lassen sich bis 
jetzt wohl mehrere Formen unterscheiden nach den Reaktionen; physi- 
kalisch getrennt sind bis jetzt zwei (durch Filtration), die auch ver- 
schiedene Wirkung haben. 

Sie filtrieren sehr schlecht, resp. nicht, sind im animalen Kdrper 
nur im Blute, Knochenmark, Lymphdrflsen und eventuell im Peritoneum 
zu finden, im allgemeinen nicht im Exsudat und Oedem, nie im 
Kammerwasser, Milch, Urin. 

Sie ver&ndern sich spontan sehr leicht; in ganz kurzer Zeit in einer 
fremden Tierart, verlieren (ver&ndern) ihre Eigenschaften nach Salz- 
entzug, bekommen sie aber unter Umst&nden (nach London) wieder in 
den ursprfinglichen Verh&ltnissen. 

Sehr viele Zus&tze, speziell Zellen, z. B. Hefe, aber auch feine 
Pulver reiBen die Alexine mit nieder. Es existiert keine Methode, die 
Alexine auBerhalb des Tierkorpers, in dem sie entstanden, l&ngere Zeit 
aufzubewahren. 

Die Alexine sind also die temperaturempfindlichsten (56°), schwerst 
diffundierenden, am leichtesten fallbaren, ver&nderlichsten Kdrper der 
Antikdrperreihe. 

Vorl&ufig mehr diagnostisch wichtig sind die 

Agglutinine ffir die Bakterienspecies einzelner Infektionen, resp. 

der Fiebererregung und die 

Pr&zipitine ffir spezifische EiweiBkdrper, speziell des Blutes. 

Beide Kdrper sind ungef&hr temperaturempfindlich wie der spezi¬ 
fische Immunkdrper. Aus dem Kollodiumsack dialysieren sie nicht; sie 
wirken nur bei bestimmtem Salzgehalt md. Reaktion der Losung — ohne 
Salze wirken die Pr&zipitine gar nicht (Bordet). 

Auffallend ist, daB F&lle bekannt werden, in denen das Agglutinin 
intensiver wirkt nach Erw&rmen auf 60°; nach Erw&rmen fiber 70° ver- 
liert es endgiltig jede Wirkung. Die Pr&zipitine lassen sich durch Salze 
aus den Ldsungen f&llen, gehen dann aber sehr schnell zu Grunde. 
Vollst&ndig getrocknet sollen die Agglutinine und Pr&zipitine analog den 
Antitoxinen konservierbar sein. Aber beide Kdrper sind spezifisch und 
haben wohl nichts mit einander zu tun, trotz vieler analoger Eigen¬ 
schaften auch mit dem Immunkdrper. 


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Zangger, Deutungsversuch d. Eigenschaften u. Wirkungsweise d. ImmunkOrper. 431 


Nun noch eine Reihe von Tatsachen, die nur physikalisch erklfirt 
werden kdnnen oder die heute mindestens physikalisch leichter erklfirt 
werden kdnnen als chemisch, and die alien Korpern mehr oder weniger 
gemeinsam sind. 

Die Bindung von Toxin-Antitoxin ist konstant, aber folgt nicht dem 
Gesetze der chemischen Proportion. Buchner beobachtete, dafi eine 
kleine Menge erwfirmtes h&molytisches Serum nicht eine der hfimo- 
lytischen Serum menge proportionale Menge Blutkdrperchen lfist, sondern 
dafi diese Menge sehr weitgehend abhangig ist von dem Zusatz, resp. 
der Menge des normalen, nur Komplemente haltenden Serums. Unter 
anderen Kombinationen nehmen die Halfte der sonst losbaren Blut- 
korperchen alle Immunkdrper aus dem hamolytischen Immunserum weg. 

Nur gezwungen kann ferner chemisch die Tatsache erklart werden, 
dafi zuerst der Immunkfirper wie eine Beize auf den Zellen sich fixieren 
mufi, bevor sich das Komplement mit ihr verbindet Ebenso, dafi ein 
Gemisch von aktivem und inaktiviertem Menschenserum Kaninchenblut- 
kdrperchen nicht auflfist, wahrend das normale Blutserum ohne Zusatz 
aktiv I5st (Hierher gehfirt die grofie Reihe Tatsachen fiber Wirkungs- 
hemmungen der neuesten Untersuchungen.) 

Alle diese Reaktionskfirper verlieren ihre Eigenschaften bei einer 
Temperatur von 50—80°, die Toxine oft erst fiber 100° (sehr variabel). 
Alle haben die Tendenz, unter alien Bedingungen in weniger aktive 
Modifikationen fiberzugehen; von einzelnen ist bekannt., dafi sie nur 
unter bestimmter Salzkonzentration und unter bestimmter Reaktion 
wirken, dafi sie durch Salzwirkungen sogar zerstfirt werden kdnnen. 

Von den weniger labilen Toxinen weifi man, dafi sie in trockenem 
Zustande bei Luft- und Lichtabschlufi einige Zeit aufbewahrbar sind, 
wfihrend sie in gequollenem oder geldstem verdfinntem Zustande sehr 
schnell ihre typischen Eigenschaften verlieren. (Die Toxine sind auch 
auf ihre Beeinflufibarkeit durch Elektrizitfit untersucht; sie gehen durch 
starke Entladungen in ungiftige Modifikationen fiber.) Alle diese Stoffe 
dialysieren sehr schwer Oder gar nicht und kristallisieren nicht (die 
kristallisierten Produkte scheinen durch diese Prozedur den Hauptteil 
ihrer biologischen Eigenschaften zu verlieren). Die Reaktion ist im 
Allgemeinen sehr langsam, bedeutend langsamer als die Reaktionen der 
meisten Kfirper der organischen Ghemie; ferner mufi physikalisch er¬ 
klart werden die ungleiche Verteilung in den tierischen Organen, auch 
wenn die Kdrper aus den Zellen, in denen sie entstanden, frei geworden. 


Verteilung der einzelnen Immunkdrper im tierischen Organismus. 



Knochen- 

mark 

Blut 

Peri¬ 

toneum 

Oedem 

Ex- 

sudat 

Augen- 

kammer 

Milch 

Urin 

Fotus 

Ei 

Alexine 

+ 

+ 

selten 

selten 

— 

— 

— 

? 

9 

Amboceptor 

(Bdze) 

+ 

+ 

+ 

+ 

— 

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9 

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Agglutinine 

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selten 

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Anti toxine 

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+ 

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wenig 

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(Huhn) 

Toxine 

+ 

+ 

+ 

+ 

+ 

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+ 

+ 

+ 


Anm. Die Toxine kommen liberal! hin, werden aber von einzelnen Organen mehr 
abeorbiert, z. B. Tetanustoxin durch Gehirn und Genitaldrusen. 


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432 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


Diese Tatsachen sind fttr die Methoden der Gewinnung der Anti¬ 
korper einerseits wichtig, andererseits aber vor allem fttr die Vorstellung 
lokalisierter Wirkungsweisen im animalen Organismus. Hierher 
gehoren auch die biologischen Ph&nomene der Agglutination, die Prttzipi- 
tation and die lytische Wirkung der Immunseren, resp. das Zusammen- 
wirken von zwei KSrpern, von denen der eine znerst als Beize wirken 
muB, und somit gehttrt hierher auch die Reaktiviernng der dorch Hitze 
inaktivierten Seren, ebenso die neueste Entdeckung von Ehrlich und 
Sachs, daB durch Erhitzen auf 60° inaktiviertes Schlangengift durch 
Lecithin wieder giftig gemacht werden kann. 

Vor allem aber gehdrt hierher die diese KOrper zusammen charak- 
terisierende Eigenschaft, im animalen Organismus ihre Wirkung auf- 
hebende GegenkOrper zu erzeugen, die sich mit diesen teils zu veniger 
loslichen, immer aber weniger aktiven Verbindungen verbinden. Parallel 
dieser Eigenschaft geht die Absorbierbarkeit dieser K5rper durch Zellen 
und Zellprodukte, wie auch durch andere Substanzen. 

Zellen absorbieren oft elektiv und spezifisch; einzelne Versuche 
deuten darauf hin, daB auch nicht organisierte Substanzen elektiv spe¬ 
zifisch zu absorbieren vermogen. DaB diese Eigenschaft fttr die Dar- 
stellungemethoden fundamental wichtig werden kann, ist klar. 

Wenn wir alle diese Tatsachen ttberblicken, so failt auf, dafi es fast 
nur physikalisch anfafibare Tatsachen sind, die eine sehr grofie Analogie 
haben zu alien typischen Eigenschaften der Fermente, und zwar haben 
die Fermente und die Antikorper eine groBe Reihe von Eigen¬ 
schaften gemein, die einer bis heute von der Chemie stark vernach- 
l&ssigten Klasse angehdren, den Kolloiden. An bekannten Kolloid- 
eigenschaften haben diese gemein, daB sie nicht kristallisieren, schwer 
Oder gar nicht dialysieren, daB sie sich gegenseitig in der Losung be- 
einflussen, daB sie unter alien Bedingungen die Tendenz haben, in 
stabilere Formen ttberzugehen, und zwar besonders im gequollenen und 
verdttnnten Zustand und parallel der Temperatur (unter 100°), daB ihre 
typischen Eigenschaften sich nur zeigen in bestimmten Kombinationen 
mit Elektrolyten. 

Antikorper und Fermente sind also in Bezug auf ihre Kolloid- 
eigenschaften Doppelganger, und zwar bis ins einzelne, bis in die GroBen- 
ordnung in Bezug auf Reaktionsgeschwindigkeit, relative Spezifit&t, und 
beide sind als typische Kolloide durch einen nur sehr kurz wirkenden 
intensiven EinfluB weniger alterierbar als durch Dauerwirkungen viel 
schw&cherer Einflfisse. 

Urn die nahe Verwandtschaft der Vorgange, wenn nicht Identitttt, 
an Tatsachen klar zu machen, will ich noch die Parallelen feststellen 
zwischen AntikOrpern und einzelnen gut untersuchten Fermenten, spe- 
ziell Lab. 

1) Fermente, wie alle Antikorper, verttndern sich spontan parallel 
der Temperatur, aber verschieden schnell, je nachdem sie dargestellt 
wurden, und vor allem schneller in starkeren Verdttnnungen, bei Mangel 
an verwandten Kolloiden, bei starkerem Salzgehalt der Ldsung (und 
zwar beide bei Temperaturen von 50—80° (—100°), beide sind sauerstoff- 
empfindlich. 

2) Sind alle nur unter groBen Verlusten filtrierbar. Lab dialysiert 
gar nicht (Fuld); die Antikttrper nach den Befunden fiber Verteilung 
im animalen Kdrper filtrieren verschieden, sie dialysieren meist nicht. 


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Zangger, Deutungsversuch d. Eigenschaften u. Wirkungsweise d. ImmunkOrper. 433 

3) Lab and Antikbrper warden sehr leicht niedergerissen und aus- 
gef&llt, z. B. durch Eiweifisubstanzen 1 ). 

4) Eine anch fflr Kolloide charakteristische Eigenschaft ist ihre 
Absorptionsf&higkeit, und zwar sind Versuche da, die fflr eine spe- 
zifische Absorption fflr das Lab sprechen, ohne chemische Beeinflussung. 
Spezifische Absorption charakterisiert speziell die Antikdrper in Being 
anf Zellen, eine Eigenschaft, die weiter zur Reindarstellung von Be- 
deutung werden kann. 

5) Lab wie Toxine and Antikflrper erzeugen im animalen Organis- 
mns sie bindende Gegenkorper, nnd zwar spezifischer Art. 

6) Die Beaktionen erfolgen aber erst nach lingerer Zeit; sie haben 
also in Bezug anf die physiologische Wirkung eine Inkubationszeit. 

7) Sie wirken nur innerhalb enger Temperatnrgrenzen. 

8) Die auff&lligste aller Eigenschaften ist, dafi sie nach einzelnen 
Formen der Schfldignng, die ihre Wirkung vollstflndig aufhob, sich wieder 
erholen konnen. Diese Art elektiver Empfindlichkeit wnrde fflr anorga- 
nische Fermente von Bredig festgestellt, fflr Zymase von Buchner. 

In Parallele damit stehen die Sch&digungen der Antikdrper durch 
bestimmte Salze etc. nnd deren langsame Erholungsfahigkeit (nach 
London) in den ursprfinglichen Verhiltnissen 2 ). 

Aus diesen sich fast aufdr&ngenden Parallelen lassen sich nun eine 
ganze Reihe fflr die klinische Medizin wichtige Konsequenzen 
ziehen: 

1) Fflr die Behandlung der Seren in der Praxis. Die Erkenntnis, 
dafi die wirksamen Korper alle die Eigenschaften von Kolloiden haben, 
und daB ihre Verflnderlichkeit durchaus parallel geht den kolloiden Eigen¬ 
schaften, dafi ihre Existenzbedingungen diejenigen der Kolloide sind, 
macht mit einem Male verst&ndlich, warnm die Seren empfindlich sind 
gegen erhohte Temperatur, Licht, Sauerstoff; warnm sie nicht lange 
anfbewahrt werden konnen in stark verdflnntem Zustand; war urn sie 
vor Elektrolytwirkungen und verflnderter Reaktion geschfltzt sein mflssen; 
warum langes Schfltteln in grofier Verdunnung sie ver&ndern kann, wie 
ich beobachtete; warum sie subkutan und intravends, nicht per os ge- 
reicht werden. dflrfen. 

2 a) Fflr die Darstellungs- nnd vor allem fflr Isoliermethoden sind 
wichtige Anhaltspunkte vorhanden. 

Die Methodik wird sich behelfen mflssen mit rein physikalischen 
Mitteln, vor allem der Dialyse der spezifischen Bindung und der Mflg- 
lichkeit rein physikalischer Absorption. 

Vermieden werden mflssen: hohere Temperaturen, chemische Mittel, 
wie Sfluren and Basen; auch die Ausfflllungen schadigen, Kristallisation 
ebenfalls. 


1) Das Lab wird aber nach und nach wieder aus den Niederschlagen gereinigt 
frei, eine Eigenschaft, die event, bei Antikorpem von hoher Bedeutung ware fiir die 
Darstellung. Alkoholniederschlage sind bei den Antikorpem weniger untersucht (Tuber- 
kulin Koch, Nitta, Cytase Levaditi). 

2) Eine merkwiirdige Parallele ist noch zu erwahnen: das Trypsin wirkt namlich 
auf Fibrin 13mal schneller ein, wenn man vorher das morphologische, nichts verandernde 
Darmferment (Enterokinase) sich auf dem Fibrin fixieren lafit, also ein identisches Ver- 
halten wie die Beize zum Alexin. 

Nicht unerwahnt mdchte ich einige Beobachtungen lassen, die fur klarende Ver- 
suche bedeutsame Fingerzeige zu sein scheinen: dafi es namlich gelingt, g^en kolloides 
Arsensulfit (Lindner, Picton) einen Antikdrper zu erzeugen, aber auch andere Arsen- 
verbindungen (Besredka) und femer gegen einzelne Nitrile (Heymans und Masoin). 

Erate Abt. Orig. Bd. XXXIV. 28 


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434 


Centralb]. f. Bakt etc. I. Abt- Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


Diese Gesichtspunkte mussen nicht nur bei den Seren beachtet 
werden, sondern vor allem auch bei der Darstellung der Produkte, die 
znr Immunisierung verwendet werden. So wird z. B. Abtdtung der 
Bakterien durch Hitze, durch chemische Mittel nicht vorgenommen 
werden dflrfen, sondern wenn mdglich mechanisch. Deshalb verspricht 
die Darstellung der Immunisierungsprodukte nach Mac Fadayen, die 
vor kurzem in der Royal Society in London von Lister warm befflr- 
wortet wnrde, neue Fortschritte, wenn die Methode zuverl&ssig, denn er 
will die gefrorenen, also nicht plastischen and leicht ausweichenden 
Bakterien mechanisch sicher zertrflmmern kdnnen. Da die Kalte Kol- 
loide nicht verSndert, werden diese Bakterienbreie alles unver&ndert 
enthalten, gegen was man Gegenkorper wflnscht (auf der anderen Seite 
ist eine Methode, die auf isolierten, chemisch reinen Giftprodukten zu 
stehen vorgibt, wie die von Maragliano, an sich ein Fehlgriff). 

Da die Antikdrper durch ver&nderte Reaktion gesch&digt, durch 
andere Kolloide absorbiert werden kdnnen, so ist eine Darreichung per 
os wohl immer problematisch, vor allem abh&ngig von dem Magen und 
Darminhalt. 

b) Aus diesen Eigenschaften der Antikdrper lassen sich auch die 
Erfolge und Mifierfolge der Immunisierung durch direktes Einspritzen 
der Immunkdrper, also die sog. passive Immunisierung, im Gegensatz 
zu der natflrlichen Immunisation durch Ueberstehung einer leichten 
Erkrankung der spez. Art, erkl&ren. 

Zwei Haupttypen existieren: die antitoxische speziell bei Diphtheric 
und Tetanus und eventuell Schlangengift und die antibakterielle Immuni¬ 
sierung. 

Von dieser passiven Immunisierung hatte nur die antitoxische prak- 
tischen Erfolg, die Diphtherietherapie; sehr wenig die Tetanustherapie. 

Was kann das erkl&ren? Einmal sind die Antitoxine relativ be- 
stSndig auch im Blute anderer Tierarten; ferner verteilen sie sich uberall 
hin im Kdrper, und die Affinitaten sind ziemlich ausgesprochen, so dafi 
die Verbindung relativ rasch vor sich geht Dafi aber, nachdem die 
Toxine bereits in tddlicher Dosis in den Zellen verankert, durch das 
sich doch langsam verteilende, langsam reagierende Antitoxin noch her- 
ansgenommen und neutralisiert wiirden, ist an sich unwahrscheinlich ; 
jedoch kann alles freie, noch weiter Sch&digende gebunden werden. (Bei 
Tetanus beweisen das vor allem die Erfolge der PrSventivimpfung der 
Pariser Pferde.) 

Ganz anders liegen die Verh&ltnisse bei passiven, antibakte- 
riellen Serumimpfungen, weil einmal zwei Kdrper von ganz verschie- 
denen physikalischen Eigenschaften verwandt werden, wie die Tabelle 
zeigt, von denen der eine so wie so sehr schnell sich ver&ndert. 

Nehmen wir die Tabelle fiber Verteilung im Kdrper, so finden wir, 
dafi eingespritzte Immunkdrper und Alexine sich ungleich verteilen, 
dafi Alexine meist in Oedem und Exsudaten, wo die Bakterien meist 
liegen, gar nicht nachzuweisen sind, und auch der Immunkdrper geht 
nur langsam in diese krankhaften, in der Zirkulation jeder Art gestdrten 
Bezirke. 

Wenn auch der Antikdrper langsam an die Stelle kommen kann, so 
kommt fremdes Alexin sicher nicht hin; das heifit also, die Bakterien 
wachsen unbeschadigt weiter, wenn nicht dort vom kranken Kdrper an 
Ort und Stelle Alexin gebildet wird. Denn auch das vom kranken Tier 
produzierte Alexin diffundiert nicht; also kann nur lokal entstandenes, 


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Zangger, Deutungsversuch d. Eigengchaften u. Wirkungsweise d. Immunkorper. 435 


resp. durch Zellen herbeigebrachtes, also leukocytogenes Alexin wirken. 
Das ist vielleicht ein Hauptgrund, warum die Krankheitsformen meist 
progressiv schlimm verlaufen, wenn keine Leukocyten auftreten, also bei 
sog. negativer Chemotaxis. Aber auch angenommen, der fremde Immun- 
kdrper und das vom Organismus loco produzierte Alexin treffen sich, so 
werden in sehr vielen Fallen die Immunkdrper nicht diejenigen Vor- 
bereiter der Bakterien sein, die ftkr die betr. Alexine passen. 

Also mit anderen Worten, mit der passiven Immunisierungsmethode 
kdnnen wir direkt nur daranf rechnen, die gerade im Blute befindlichen 
Bakterien zu erreicben. Ferner ver&ndern sich diese Korper im Blute 
fremder Spezien sehr schnell. 

Anders verhklt es sich mit der erworbenen Immunit&t. Die durch 
Bakterien erzeugten Antikorper bleiben viel linger im Organismus, aber 
auch wenn sie schwinden, bleibt die Immunit&t erhalten. 

Die Heilung von Infektionskrankheiten durch passiv immunisierende 
lytische Seren kann also von Erfolg sein, wenn die Bakterien von den 
Substanzen erreicht werden, speziell im Blute; in den meisten Fallen 
sind aber die Krankheitserreger in den Geweben, Oedemen etc. Wirken 
sie nun doch allgemein durch ihre Toxine, so wird die antitoxische 
Therapie die einzige sein, denn die lytischen Korper erreicben sie ja 
nicht, vor allem nicht in den Fallen, wo weitgehende histologische Ver- 
Anderungen durch Exsudation, Granulation, Nekrose und Narbenbildung 
eingetreten, wie bei Tuberkulose; da wird die Heilung nicht durch 
lytische Wirkung zu stande kommen kdnnen — auch wenn die Bakterien 
losbar waren —, sondern nur durch eine Veranderung der Disposition, 
vor allem der benachbarten Zellen. Eine praventive Immunisierung 
kommt natfirlich a priori auf ein Reaktionsfahigmachen der Kdrperzellen 
hinaus, denn die Immunitat besteht ja nach flberstandenen Krankheiten 
weit langer als die im Blute nachweisbaren Immunkorper; sie liegt also 
in den Zellen. Folglich mflssen wir annehmen, daft die Krankheiten f(ir 
die Serumwirkung verschieden zuganglich sind, vor allem auch ver- 
schieden nach den histologischen Befunden. 

Die klinisch so wichtige Erscheinung des Fiebers kann von diesem 
Standpunkte, wie mir scheint, aus seinem „Chemismus“ erklart werden; 
ich gehe dabei aus von den Untersuchungen und Ideen von Krehl und 
Friedr. Maller. 

Fieber entsteht durch Einfuhr bestimmter Dosen von Toxinen der 
Bakterien, aber auch durch Einffihren von EiweiBkdrpern korperfremder 
Art direkt ins Blut, die die Zellen des Organismus zerstdren und Eiweifi- 
zerfall bedingen. Das Fieber ware also nach Krehl eine Reaktion des 
Organismus gegen gewisse ins Blut gelangende fremdartige unassimilier- 
bare Eiweifikorper — also allgemein nach unserer Auffassungsweise: die 
Reaktion auf stickstoffhaltige, kdrperfremde aggressive Kolloide. Alle 
diese Kdrper erzeugen nun im animalen Organismus mit ihnen zu 
schwer loslichen Kombinationen sich verbindende Gegenkorper (Anti- 
toxine, Prazipitine), die ihrerseits oft noch ausgesprochener kolloider Art 
sind als die injizierten Kdrper. Dieser fast absolute Parallelismus 
zwischen Antikdrperbildung und Fieberreaktion spricht fur einen Zu- 
sammenhang (Friedr. Mtiller). Eiweifizerfall ist nicht allein ge- 
nQgend, denn bei sehr intensivem Eiweifizerfall bei P.-Vergiftung und 
Carcinom tritt kein Fieber auf (Krehl). 

Wenn wir also nach dem annehmen dflrfen, dafi alle fiebererregenden 
Substanzen stickstoffhaltige korperfremde Kolloide sind, die Antikdrper 

28 * 


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436 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd XXXIV. No. 5. 


erzeugen und den EiweiBzerfall erhfihen, so lSLBt sich daraus einiges 
ableiten fiber ihre Wirknngsweise. 

Rein chemisch lassen sich diese Tatsachen nicht anfassen, weil 
Parallelen fehlen. 

Wenn wir aber die spezifische Elektivit&t und event, gegenseitige 
Lfisungstendenz mit anderen Kolloiden uns vorstellen, so ist es nahe- 
liegehd, daB aggressive Kolloide verwandte Kolloide an sich reifien 
kfinnen, z. B. ans Zellen, hauptsfichlich anch stickstoffhaltige. Diesem 
langsam verlaufenden Vorgang entspricht die Inkubationszeit und das 
nachher ffir einige Zeit folgende Fieber. (Der Mechanismus des Fiebers 
ist dadurch natfirlich nicht geklfirt; aber die Tatsachen der Beobachtung 
haben einen Zusammenhang.) Also N-haltige aggressive Kolloide, wie 
die Toxine, erzeugen im animalen Kfirper in bestimmten Dosen Fieber, 
wenn sie den EiweiBzerfall erhohen, und zwar nach mehreren Stunden. 

Ich mfichte mir erlauben, der Ungewohntheit wegen mit den Eigen- 
schaften kolloider Kfirper zu rechnen, ein Bild zu entwerfen, das diesem 
Vorgang etwa entsprechen kfinnte, indem ich alles nur auf die ffir diese 
Kfirper festgestellten, speziell physikalischen Eigenschaften basiere. So 
kann ich auch den Gegensatz zur Ehrlichschen Theorie klarer machen, 
der darin besteht, daB Ehrlich spezifische, chemische Affinit&ten (Seiten- 
ketten) annimmt, wahrend ich die fiberall in den Vordergrund tretenden 
physikalischen Eigenschaften, die nach dem Vorhergehenden die wichtig- 
sten sind, besonders berficksichtige. 

Tatsache ist, daB z. B. die Toxine von Zellen absorbiert werden, 
und daB sie Antikfirper erzeugen und Fieber, und daB sie sich mit 
diesem Antikfirper zu inaktiven Verbindungen kombinieren. 

Kommt also ein Toxinkomplex an eine Zelle heran, so wird er in¬ 
different bleiben, wenn er nicht im stande ist, die Oberfl&chenspannung 
der Zelle zu ver&ndern. Verfindert er die Oberfl&chenspannung, resp. 
trifft er an dieser Stelle einen Komplex, mit dem er physikalische Affi- 
nitat besitzt, so werden sich die beiden anziehen, und zwar wird das- 
jenige sich gegen das andere hin bewegen, das weniger Hindernisse hat. 
Das wird in den meisten Fallen das Toxin sein, denn es ist ja im all- 
gemeinen aus einer Zelle ausgetreten, wird also auch in eine Zelle ein- 
treten kfinnen, wahrend ja der Komplex, der zu ihm Affinitat hat, in 
der Zelle gehalten wird durch dieselben Faktoren, die ihn frfiher fest- 
hielten. Oder aber, er kann auch aus der Zelle gerissen werden durch 
den EinfluB des Toxins, und die Verbindung der Antikfirperbildung kommt 
ins Blut und zerfalit Denn auch sehr komplexe EiweiBkfirper, die schwer 
in die Zelle eindringen, haben denselben Effekt. 

Der Mechanismus der Entstehung und die Anregung zur vermehrten 
Produktion der Antikfirper und ferner zur Vermehrung der diese pro- 
duzierenden Zellen, speziell der Leukocyten, wird aus diesen Eigen¬ 
schaften verstfindlicher, namlich: bei der Verteilung dieser aggressiven 
Kolloide werden sie einen Teil der in den Zellen auf sie passenden 
Kolloide herausreifien oder binden und so das Gleichgewicht in den 
Zellen stfiren. Die Reaktion der Zelle ist wie immer eine Produktion, 
die mehr als den Defekt deckt. 

Geht die Verbindung von den beiden passenden Kfirpern in der 
Zelle vor sich, so wird die schwer diffundierbare Verbindung liegen 
bleiben, einen Reiz auf die Zelle ausfiben, und die Zelle antwortet z. B. 
mit vermehrter Produktion des gebundenen Kolloides oder sie teilt sich 
oder geht zu Grunde. (Nur ein kleiner Teil der Zellen wird wahrend 


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PrOscher, Ueber die kunstliche Immunitat gegen St&phylokokken. 437 

dieser Zeit im Organismus zu Grande gehen and ihre Kolloide, von 
denen nar ein Teil ungebundener Antikorper ist, frei geben.) 

Das also eine Deutung des Zusammenhangs der festgestellten Vor- 
gfinge, welche von einer Temperaturerhohung begleitet sind, die wir 
Fieber nennen. 

Warum habe ich mir erlaubt, die Tatsachen fiber Immunitat einer 
neuen Deutung zu unterzieben? Nur weil diese Anschauungsweise (im 
Gegensatz zu der rein chemischen) die in der Gegenwart and nfichsten 
Zukunft wichtigsten Tatsachen zusammenfafit und in den Vordergrund 
stellt, und scheinbar verschiedene Forschungsgebiete unter einheitlichere 
Gesichtspunkte bringt Wenn sie das tut, hat sie wie jede Theorie als 
Arbeitshypothese ihre ephemere Berechtigung, bis die nun krSftig 
vorwfirtsschreitende Eiweisschemie eine rationellere chemische Erkl&rung 
.auf neuen Funden geschaffen. 


Nachdruck verboten, 

TJeber die kunstliche Immunitat gegen Staphylokokken. 

Von Dr. Prfischer, Hamburg. 

Das Problem der Staphylokokkenimmunitfit ist in den letzten Jahren 
von zahlreichen Forschern in Angriff genommen worden. Nicht allein 
nur von bakteriologischer, sondern auch von chirurgischer Seite aus hat 
man demselben erhdhte Aufmerksamkeit geschenkt Sind doch die 
Staphylokokken neben den Streptokokken die Ursache zahlreicher 
schwerer Erkrankungen mit ziemlich betrachtlicher Mortalitfit Es war 
daher eine berechtigte Forderung, nach einer spezifischen Behandlung 
der Staphylomykosen zu suchen, Die glanzenden Resultate der Serum- 
therapie der Diphtherie liefien hoffen, dafi es auch gelingen wfirde, die 
Staphylomykosen auf demselben Wege erfolgreich zu bekfimpfen. Die 
von den verschiedensten Seiten ausgeffihrten Untersuchungen zeigten 
aber, dafi die Immunitat gegen Staphylokokken weit komplizierter liegt, 
als man von vornherein annehmen konnte. Es kann kein Zweifel dar- 
fiber sein, daB das von den verschiedenen Autoren gewonnene Serum 
eine gewisse Schutzwirkung entfaltete, dieselbe war aber so schwach, 
daB von einer erfolgreichen therapeutischen Anwendung derselben keine 
Rede sein konnte. Wie ich bereits in meiner ersten Mitteilung 1 ) fiber 
Antistaphylokokkenserum betont habe, ist ffir die therapeutische Ver- 
wendung desselben Bedingung, daB es die ffir die Staphylokokkeninfektion 
empfindlichen Tiere schfitzt. Ich glaube ffir mich die Prioritfit in An- 
spruch nehmen zu dfirfen, als erster den exakten experimentellen Beweis 
erbracht zu haben, dafi es sicher gelingt, Tiere gegen Staphylokokken 
passiv zu immunisieren. Auf eine Wfirdigung der zahlreichen Arbeiten, 
die fiber die Staphylokokkenimmunisierung erschienen sind, naher ein- 
zugehen, kann ich um so mehr verzichten, da dieselben, wie bereits er- 
wfihnt, zu keinem brauchbaren Resultat geftthrt haben. Von den ver¬ 
schiedenen Autoren, die sich mit der Immunisierung gegen Staphylo¬ 
kokken beschfiftigt haben, dfirfte Petersen 2 ) der einzige gewesen sein, 
der ein einigermafien wirksames Serum in Han den hatte. 

1) Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 11. 

2) Petersen, Ueber Immunisierung und Serumtherapie bei der Staphylomycosis. 
(Bruns’ Beitrage. Bd. XIX. 1897.) 


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CentraJbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 5. 


Um ein hochwertiges Antistaphylokokkenscrum za gewinnen, mu 15 
man mit lebenden virulenten Staphylokokken immunisieren. Das Serum, 
mit welcbem die folgenden Versuche angestellt sind, war von Ziegen 
nnd Pferden gewonnen. 

Ehe ich auf die Besprechung der Tierversuche eingehe, werde ich 
zunfichst meine Resultate fiber die Agglutination der Staphylokokken 
mitteilen. 

Agglutination der Staphylokokken. 

Wie ich bereits in meiner ersten Mitteilnng berichtet habe, werden 
sfimtliche Staphylokokken, die ans menschlichem Eiter in Reinkultnr ge- 
zfichtet waren, von dem Staphylokokkenserum agglutiniert, wfihrend die- 
jenigen, die aus der Luft, der normalen Haut und Vaccine isoliert waren, 
durch das Serum nicht beeinfluBt werden. Es stimmen diese Resultate 
mit den Untersuchungen von Neisser und Weehsberg 1 ) flberein, 
die fanden, daB nur die Traubenkokken pathogenen Ursprungs, Staphylo- 
lysin bezw. Leukocidin produzieren, wfihrend den saprophytischen 
Kokkenarten diese Eigenschaft fehlt. Wfihrend der Drucklegung meiner 
ersten Mitteilung erschien die Arbeit von Kolle und Otto, die Dif- 
ferenzierung der Staphylokokken mittelst der Agglutination 2 3 ). Kolle 
und Otto immunisierten Kaninchen intraperitoneal mit abgetfiteten 
Staphylokokkenkulturen in steigenden Dosen, so daB die Tiere schliefilich 
60 Agarkulturen auf einmal appliziert bekamen. Sie erhielten auf diese 
Weise ein Serum, das noch bis zu einer Verdfinnung von 1:1200 agglu¬ 
tiniert. Ffir die Gewinnung agglutinierender Sera dfirfte sich die intra- 
vendse Immunisierung mit abgetfiteten Kulturen sehr empfehlen, da man 
auf diese Weise viel schneller zum Ziele gelangt und ein bedeutend 
stfirker agglutinierendes Serum als bei intraperitonealer Immunisierung 
erhfilt. Was die Methodik der Agglutination anbetrifft, so dfirfte die- 
selbe, wie sie Kolle und Otto angeben, sehr zeitraubend sein. Ich 
verfahre so, daB ich die Serumverdfinnung auf 1 ccm aufffille und dann 
1 ccm gut durchgeschfittelter Staphylokokkenbouillonkultur zugebe. 

Die Bouillonkultur ist vorher durch dfinnes, steriles Filtrierpapier, 
das mit Kochsalzlfisung angefeuchtet ist, filtriert, um grobe Partikel 
zurfickzuhalten. Die Mischung von Serum und Kultur wird dann in 
kleine Blockschfilchen und dieselben in den Brutschrank von 37 0 ge- 
bracht. Nach Ablauf von 2 Stunden werden dieselben bei schwacher 
VergrfiBerung (60 — 70fach) und gesenktem Kondensor untersucht. Die 
Agglutination lfiBt sich in den Blockschfilchen ausgezeichnet beobachten 
und erkennt man dieselbe schon bei makroskopischer Betrachtung. Die 
Staphylokokken sind zu kleinen Hfiufchen verklumpt, wfihrend die fiber- 
stehende Flfissigkeit vollkommen klar ist. Die Kontrolle ist gleichm&Big 
getrfibt. Wenn Kolle und Otto angeben, daB nach Ablauf von einer 
halben Stunde die Agglutination schon als beendet anzusehen ist, so 
dfirfte dies nach meinen Beobachtungen nicht der Fall sein. Nach Ab¬ 
lauf von einer halben Stunde beginnt die Agglutination gewfihnlich ein- 
zusetzen und nach Verlauf von 2 Stunden beendet zu sein. Ich stimme 
Kolle und Otto vollkommen bei, daB die makroskopische Beobachtung 
viel ffir sich hat und der mikroskopischen mit starken Systemen vor- 
zuziehen ist. Wenn man aber, wie ich es ffir die Typhusagglutination *) 

1) Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh. Bd. XXX. 1901. 

2 ) Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh. Bd. XLI. 1902. p. 369. 

3) Centralbl. f. Bait. Bd. XXXI. 1902. No. 9. p. 400. 


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Pr5scher, Ueber die kflnstliche Immunit&t gegen Staphylokokken. 439 


beschrieben habe, die Untersuchung bei schwacher VergroBerung (60 
bis 70fach) vornimmt, so l&fit sich die Grenze derselben viel schSrfer be- 
stimmen als bei rein makroskopischer Beobachtung. Bei so schwacher 
VergrSBerung ist jede Verwechselung mit der Pseudoagglutination aus- 
geschlossen. Bedingung ist, dafi man einwandfreie Kontrollen in reiner 
physiologischer Kochsalzlosung vornimmt. Tabelle 1 gibt einen Ueber- 
blick fiber die Herkunft der zur Agglutination verwandten Staphylo- 
kokkenstamme. 

Tabelle 1. 


No. 1. 
No. 2. 
No. 3. 
No. 4. 
No. 5. 
No. 6. 
No. 7. 
No. a 
No. 9. 
No. 10. 
No. 11. 
No. 12. 
No. 13. 
No. 14. 
No. 15. 


Herkunft der Staphylokokkenstamme. 


a) Aureusstamme: 
Furunkel der Unterlippe. 
Vaccine Koln. 

Ekzem. 

Vaccine I. 

Furunkel. 

Vereitertes Kniegelenk. 
Ekzem. 

Vaccine Stettin. 

Luft. 

Panaritium. 

Mastitis puerneralis. 

Mammaabscetf. 

Muskelabscefi. 

Vaccine II. 

Angina. 


No. 16. Eiter? Jahrelang fortgezfichteter 
Stamm. 

No. 17. Glutaalabscefl. 

No. 18. Nierenabscefi. 

No. 19. Luft 

No. 20. Empyem der Brusthohle. 

No. 21. Osteomyelitis dee Unterschenkels. 

b) AI buss tarn me: 

No. 22. Haut. 

No. 23. Schulterabscefi, wuchs sparlich 
neben Staphylococcus aureus. 

No. 24. Normale Haut. 

No. 25. 

No. 26. Ekzem. 

No. 27. Comedo. 

No. 28. Keinkultur aus Hautabscefi. 


Tabelle 2. 


Agglutinationstiters mit Ziegenimmunserum. 


6 

Normales Ziegen- 
serum agglutiniert 
bis zur Verdiinnung 

Ziegenimmunserum 
agglutiniert bis zu 
einer Verdiinnung 

6 

fc 

Normales Ziegen- 
serum agglutiniert 
bis zur Verdiinnung 

Ziegenimmunserum 
agglutiniert bis zu 
einer Verdiinnung 

1 

1:20 

1:2560 

15 

1:80 

1:320 

2 

0 

0 

16 

0 

1:160 

3 

1:10 

1:640 

17 

1:10 

1:320 

4, 

0 

0 

18 

angedeutet 

1:640 

5! 

1:40 

1:640 

19 

0 

0 

6| 

1:10 

1:320 

20 

1:20 

1:1260 

7 1 

angedeutet 

1:640 

21 

1:10 

1:640 

8 

1 0 

0 

22 

0 

0 

9 

0 

0 

23 

0 

0 

10 

1:5 

1:1280 

24 

0 

0 

11 

1:20 

1 :2560 

25 

0 

0 

12 

1:10 

1:2560 

26 

0 

1:320 

13 

0 

1:1280 

27 

0 

0 

14 

0 

0 

28 

0 

1:640 


Wie ein Blick auf Tabelle 2 zeigt, wird dnrch normales Ziegen- 
serum ein Teil der Staphylokokken agglutiniert, ein anderer Teil gar 
nicht beeinfluBt. Durch das Immunserum werden No. 1, 3, 5, 6, 7, 10, 
11, 13, 15, 16, 17, 18, 20 und 21 in mehr oder minder starker Konzen- 
tration agglutiniert. Dieselben bilden alle Staphylolysin. No. 2, 4, 8, 
9, 14, 19, 20, 23, 24, 25 und 27 werden nicht agglutiniert, dieselben 
produzieren auch kein Hamolysin, sie sind also von den pathogenen 
Staphylokokken abzutrennen. Die Differenzen des Titers diirften weniger 
mit der Virulenz, wie Kolle und Otto annehmen, sondern mit dem 
verschiedenartig gebauten Rezeptorenapparat der Staphylokokken in Zu- 
sammenhang zu bringen sein. Diese Erscheinung beobachten wir auch 


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440 Centralbl. f. Bakt. etc. I.^Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 

bei der Agglutination anderer Bakterienspecies, so z. B. beim Typhus. 
Es gibt Typhusstfimme, die von einem Typhusserum bereits in hoher 
Verdttnnung vollkommen agglutiniert werden, wfihrend andere, ebenfalls 
echte Typhusstamme einer viel hoheren Konzentration bedfirfen, nm voll- 
kommen agglutiniert zu sein. Die Erklarung dieser Tatsachen ist 
nicht schwer, wenn wir die Ehrlich -Morgen rothschen*) Anschau- 
nngen fiber die hfimolytischen Immunkorper auf die Agglutinine fiber- 
tragen. Dieselben konnten nachweisen, daB die hfimolytischen Immun¬ 
korper nicht eine einheitliche Substanz darstellen, sondern sich ans einer 
Reihe sogenannter Partialimmunkdrper zusammensetzen, die unterein- 
ander sowohl in ihren bindenden Gruppen als auch an Zahl verschieden 
sind. Immunisiert man z. B. mit dem Blut des Meerschveinchens A 
das Kaninchen A, mit dem Blnte des Meerschveinchens B das Kanin- 
chen B, und prfift dann das Sernm dieser Kaninchen auf seinen hfimoly¬ 
tischen Wert gegenttber Meerschweinchenblut, so wird man finden, daB 
das Serum des Kaninchens A die Meerschveinchenblutkdrperchen in 
anderer Konzentration ldsen wird, als das Serum des Kaninchens B. 
Die Immunsera dieser beiden Tiere enthalten also, trotzdem sie mit der 
gleichen Blutart immunisiert sind, nicht die gleichen Rezeptoren, sonst 
mttfite der Losungskoeffizient der gleiche sein, vorausgesetzt, daB der 
Komplementgehalt derselbe ist. Die Mischung der beiden Sera wird die 
Blutkorperchen in anderer Konzentration ldsen, als jedes der Sera allein. 
Aus diesen Beobachtungen ergibt sich, dafi die Zellen ein und derselben 
Species biologisch nicht gleichwertig sind, sondern eine groBe indivi- 
duelle Verschiedenheit ihres Rezeptorenapparates erkennen lassen. Die 
gleichen Verhfiltnisse finden wir bei der Immunisierung mit Bakterien. 
Es ist also gar nichts Auffallendes, daB durch das Staphylokokkenserum 
nicht sfimtliche Staphylokokken in gleicher Konzentration agglutiniert 
werden. Die Rezeptorenapparate der einzelnen Staphylokokkenstfimme 
sind nicht alle gleichartig gebaut. Es werden also durch das Staphylo¬ 
kokkenserum und diejenigen Staphylokokken in annfihernd derselben 
Konzentration agglutiniert werden, welche die gleichen Rezeptoren be- 
sitzen wie derjenige Staphylococcus, der zur Immunisierung ver- 
wandt wurde. 

Die Wertbemessung des Antistaphylokokkenserums. 

Ffir die therapeutische Verwendung des Staphylokokkenserums ist 
es von groBter Wichtigkeit, Sera von genau bestimmtem Wert anzu- 
wenden, da nur auf solchen eine exakte klinische Prfifung basieren 
kann. Ich brauche nur an die Wertbestimmung des Diphtherieheil- 
serums zu erinnern, dessen exakte Wertbemessung erst durch Ehr¬ 
lichs klassische Untersuchungen fiber die Konstitution des Diphtherie- 
giftes ermfiglicht wurde und ffir die erfolgreiche therapeutische Ver¬ 
wendung desselben von ausschlaggebenster Bedeutung war. Die un- 
gfinstigen Resultate, die im Anfang mit dem Diphtherieheilserum nament- 
lich in England erzielt wurden, waren nur darauf zurfickzuffihren, dafi 
die verwandten Sera ffir die therapeutische Verwendung viel zu schwach 
waren. Erst die Einftthrung der Ehrlichschen Prfifungsmethode der 
Serum-Giftmischung, die jetzt allgemein acceptiert ist und die ffir die 
gleichmfifiige Starke des Diphtherieheilserums die grfifite Sicherheit bietet, 


1) Ehrlich und Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. 1901; siehe auch 
Durham, Journ. of experiment, med. 1901. 


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Prttscher, Ueber die kunsUiche Immunitat gegen Staphylokokken. 441 


sind die therapeutischen Erfolge der Serumbehandlung allgemein aner- 
kannt worden. 

Fflr die Wertbestimmung des Staphylokokkenserums liegen die Ver- 
haltnisse ungleich schwerer, da wir nicht mit Serum-Giftmischungen, 
sondern mit lebenden Kulturen arbeiten mfissen. Obwohl der Staphylo¬ 
coccus lflsliche Gifte bildet, auf die wir in Gestalt der roten und 
weiBen Blutkdrperchen des Kaninchens sehr empfindliche Reagentien 
besitzen, so sind wir doch genfltigt, mit lebenden Kulturen zu arbeiten, 
da die intracellularen Gifte, denen ein Hauptteil der Giftwirkung der 
Stapbylokokken zukommt, nicht in die Kulturflttssigkeit (ibergehen und 
wir fflr dieselben keine bioskopische Prfifungsmethode besitzen. Die 
Giftwirkung der Staphylokokken kombiniert sich rnithin aus der Wirkung 
des Staphylolysins, Leukocidins und der intracellularen Gifte. Die 
Wirkung der intracellularen Gifte konnen wir nur an Tieren, die fflr 
die Staphylokokkeninfektion empf&nglich sind, prfifen. Die PrQfung im 
Reagenzgias ist nur eine partielle und kann also den Tierversuch nicht 
ersetzen. Was die Empf&nglichkeit der einzelnen Tierspecies gegenflber 
den Staphylokokken anbetrifft, so habe ich bereits in meiner ersten 
Arbeit mitgeteilt, das nur Kaninchen fur die PrQfung in Betracht kommen. 
Dieselben sind subkutan und intraperitoneal gegenflber den Staphylo¬ 
kokken sehr verschieden empfindlich und vertragen haufig groBe Dosen 
ohne zu sterben, nur bei Einffihrung in die Blutbahn gehen dieselben 
ausnahmsweise bei genttgend grofien Dosen unter typischen Erschei- 
nungen zu Grunde. Die GroBe der todlichen Dose ist so zu bemessen, 
dafi Kaninchen im Gewicht von 2500—3000 g in 2 X 24, langstens 
in 3 X 24 Stunden getotet werden. Nach zahlreichen Bestimmungen 
genflgen 0,5 ccm einer virulenten Staphylokokkenbouillonkultur, um die 
Tiere in der angegebenen Zeit sicher zu tflten. Nach Injektion von 
0,1 ccm gehen dieselben erst nach Ablauf von 6—7 Tagen zu Grunde; 
es dflrfte dies ungefahr die einfach todliche Dose sein. In Tabelle 3 
lasse ich eine Anzahl Versuche zur Bestimmung der 5-fach todlichen 
Dose folgen: 

Tabelle 3. 


Tier No. 1 0,5 ccm Staphylokokkenbouillonkultur intrav. am 31. XI. 02, + am 1. XII. 02 


No. 2 0,1 
No. 4 0,5 
No. 5 0,5 
No. 21 0,5 
No. 42 0,5 
No. 9 0,5 


31. XI. 02, f 

4. XII. 02, f 
6. XII. 02, f 

25. XII. 02, f 
14. 1.03, f 

5. 1.03, f 


6. XII. 02 

5. XII. 02 
9. XII. 02 

26. XII. 02 
16. 1.03 

6. 1.03 


Ehe ich auf die Prflfungsmethode eingehe, will ich zunachst den 
Krankheitsverlauf der mit Staphylokokken infizierten Tiere kurz be- 
schreiben. 2—3 Stunden nach der Infektion fangen die Tiere an zu 
fiebern und nehmen keine Nahrung mehr auf. Nach ca. 15—20 Stunden 
tritt gewohnlich Lahmung der beiden Hinterbeine ein, die allmahlich 
auch auf die vorderen Extremitaten flbergreift, so dafi die Tiere auf der 
Seite liegen. Die Atmung ist stark beschleunigt und unter allgemeinen 
Konvulsionen tritt der Tod ein. 

Der Sektionsbefund der an Staphylokokkeninfektion zu Grunde ge- 
gangenen Tiere weist makroskopisch keine besonderen Veranderungen 
auf. AuBer einer starken Hyperamie der Bauch- und Brustorgane sind 
weiter keine grobanatomischen Veranderungen zu konstatieren. Zur 
Ausbildung von Abscessen kommt es gewohnlich nicht, da der Krank- 


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442 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 5. 


faeitsverlauf zu kurz ist. Mikroskopisch l&Bt sich in den meisten Or- 
ganen trftbe Schwellung konstatieren. 

Um die St&rke des Serums bestimmen zu kdnnen, wird folgender- 
mafien yerfahren: die Tiere bekommen 24 Stunden vor der Infektion 
das Serum subkutan injiziert und werden dann nach Ablauf von 24 
Stunden intravenfts mit Staphylokokken infiziert. Tabelle 4 veranschau- 
licht die Wertbestimmung des Ziegen- und Pferdeimmunserums. 


Tier No. 15 0,5 Serum subk. am 16. 


No. 210,5 
No. 16 1,0 
No. 201,5 
No. 29 1,5 
No. 301,5 
No. 17 2,0 
No. 28 2,0 
No. 18 3,0 


24 . 

16. 

24 


Tabelle 4. 

Ziegen immunserum. 

XI. 02 0,5 ccm Staphylokokkenkultiir am 17. 


XI. 02 0,5 
XI. 02 0,5 
XI. 02 0,5 
9. XII. 02 0,5 
9. XII. 02 0,5 
19. XI. 02 0,5 
9. XII. 02 0,5 
19. XI. 02 0,5 


25, 

17 . 

25. 


XI. 02 fam 18. XI. 02 


XI.02 f 
XI. 02+ „ 
XI.02 lebt 
10. XII. 02 lebt 
20. XI.02 lebt 
20. XI.02 lebt 
10. XII. 02 lebt 
20. XI.02 lebt 


26. XI. 02 
19. XI. 02 


Pf erdeim mu n serum. 

Tier No. 49 0J5 ccm Serum subk. am 30.1.03 0,5 ccm Staphylokokkenkultur am 31.1.03 + am 1. II. 03 

„ No. 45 1,0 „ „ „ „ 26.1.03 0,5 „ „ „ 27.1.03 lebt 

„ No. 41 1,5 „ „ „ „ 15.1.03 0,5 „ „ „ 16.1.03 lebt 

„ No. 43 2,5 „ „ „ „ 15.1.03 0,5 „ „ „ 16.1.03 lebt 

„ No. 44 4,0 „ „ „ „ 15.1.03 0,5 „ „ „ 16.1.03 lebt 


Gibt man das Serum subkutan und zu gleieher Zeit das Gift intra- 
venbs, so sterben die Tiere in derselben Zeit wie die Kontrolltiere, die 
nur Gift intravenSs erhalten haben. Bei gleichzeitiger Injektion von 
Gift und Serum werden die Toxine so schnell verankert, dafi dieselben 
von den Antitoxinen nicht mehr neutralisiert werden kflnnen. In Ta¬ 
belle 5 lasse ich zun&chst die Versuche bei gleichzeitiger Injektion von 
Gift und Serum folgen. 

Tabelle 5. 

Tier No. 14 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intrav. 0,1 Serum subkut. am 13. XI. 02 + am 15. XI. 02 


No. 15 0,5 „ 


tt 

0,15 

tt 

it tt 

13. XI. 02 + 

„ 15. XI. 02 

No. 10 0,5 „ 

>« 

a 

0,2 

tt 

tt tt 

11. XI. 02 + 

„ 14. XI. 02 

No. 8 0,5 „ 

»» 

a 

0,25 

tt 

tt tt 

6. XI. 02 + 

„ 11. XI. 02 

No. 7 0,5 „ 

No. 6 0,5 „ 

»» 

tt 

0,5 

it 

tt tt 

6. XI. 02 + 

„ 9. XI. 02 

tt 

it 

1,0 

1,5 

tt 

it tt 

6. XI. 02 + 

„ 9. XI. 02 

No. 11 0,5 „ 

>» 

a 

tt 

it tt 

7. XI. 02 + 

„ 9. XI. 02 


Femer wurde versucht, ob bei intravenoser Injektion des Serums 
geringere Mengen ausreichen, um die tbdliche Dose zu neutralisieren. 
Das Antitoxin wurde zu gleieher Zeit mit dem Gift injiziert Wie fol- 
gende Versuche zeigen, traf die eben gemachte Voraussetzung leider 
nicht zu. Es wurde nur eine VerzOgerung des Todes herbeigeffihrt, 
indem die Serumtiere die Kontrolltiere um einige Tage iiberlebten. 

Tabelle 6. 

Serum und Kultur intravenos zu gleieher Zeit injiziert 

Tier No. 27a 8. XII. 02 0,1 ccm Serum und 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravenos, 

9. XII. 02 munter, 

10. XII. 02 beide Hinterbeine steif, 

11. XII. 02 beide Vorder- und Hinterbeine gelahmt, 

12. XII. 02 +. 


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Pr&scher, Ueber die ktinstliche tmmunitfit gegen Staphylokokken. 443 


Tier No. 27b 8. XII. 02 0,3 ccm Serum und 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravenos, 

9. XII. 02 munter, 

10. XII. 02 beide Hinterbeine steif, 

11. XII. 02 beide Vorder- und Hinterbeine gelahmt, 

12. XH. 02 f. 

Tier No. 27e 8. XII. 02 1,0 ccm Serum und 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravends, 

9. XII. 02 munter, 

10. XII. 02 beide Hinterbeine steif, 

11. XII. 02 beide Hinterbeine gelahmt, 

. 12. XIL 02 beide Hinterbeine und Yorderbeine gelahmt, 

13. XIL 02 +. 

Ebensowenig wurde ein Erfolg erzielt, wenn das Serum 24 Stunden 
yor der Infektion gegeben wurde. 

Um das Prftfungsverfahren zu vereinfachen, wurde das Serum mit 
der Staphylokokkenkultur gemischt, die Mischuug V* Stunde stehen ge- 
lassen und dann intravends injiziert. Wie folgende Versuche erl&utern, 
fielen dieselben aber so unregelm&Big aus, daB von dieser Methode Ab- 
stand genommen werden muBte. 


Tabelle 7. 

Serum und Gift gemischt intravends injiziert. 
Ziegenimmunserum. 

Tier No. 38 1,5 ccm Serum ■+• 0,5 Staphylokokkenkultur 11. XII. 02 lebt 

„ No. 38q 1,5 „ „ +0 ,5 „ 11. XH. 02 f am 18. XH. 02 

Pferdeimmun serum. 

Tier No. 46 2 ccm Serum -f 0,5 Staphylokokkenkultur 30. I. 03 + am 8. IL 03 

„ No. 48 1 „ „ -f 0,5 „ 30. I. 03 lebt. 

Ffir die therapeutische Verwendung des Staphylokokkenserums ist 
es von grdBter Bedeutung, ob dasselbe bei bereits manifester Infektion 
noch heilende Wirkung entfaltet. Leider sind die Versuche, die ich in 
groBer Anzahl angestellt habe und von denen ich nur einige mitteilen 
will, bis jetzt alle negativ ausgefalleu, da trotz der grdBten Dosen Serum 
die Tiere ohne Ausnahme zu Grunde gingen. Man kann die Staphylo- 
kokkeninfektion der Tetanusinfektion in dieser Beziehung an die Seite 
stellen. Bei der Tetanusinfektion gelingt es aber wenigstens, in den 
ersten Stunden nach der Infektion die Tiere noch mit Antitoxin zu 
retten, w&hrend dies bis jetzt bei der Staphylokokkeninfektion unmdglich 
ist. Die Bindung der Staphylokokkentoxine scheint eine so^ feste zu 
sein, daB selbst die grdBten Dosen Serum ohne Wirkung sind. 

Tabelle 8. 

Heilversuche mit Staphylokokkenserum. 

Tier No. 25 am 28. XI. 02 um 2 1 /, Uhr p. m. 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravenos, 
um 6 1 /, Uhr p. m. 10 ccm Staphylokokkenserum subkutan. + am 29. XI. 02. 
Tier No. 22 am 24. XI. 02 um 2 Uhr p. m. 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravends, 
um 4 Uhr p. m. 10 ccm Staphylokokkenserum subkutan, f ami. XII 02. 
Tier No. 36 am 6. XII. 02 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravends um 10 Uhr a. m. 

um 10V 4 Uhr a. m. 20 ccm Staphylokokkenserum subk., + am 8. XIL 02. 

Ueber die Wirkungsweise des Antistaphylokokken- 

8 e r u m s. 

Wie allgemein bekannt, unterscheiden wir antitoxisch und bakterizid 
wirkende Heilsera. Die Wirkung der ersten ist eine rein chemische, 
indem sie die Toxine neutralisieren, die Wirkung der letzteren besteht 
darin, daB sie die Bakterienzelle zur Auflosung bringen. Damit ist ihre 
Wirkung aber noch nicht erschopft, sie miissen auch noch eine anti- 
toxische Funktion haben, denn durch die Bakteriolyse werden die intra- 


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444 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXTV. No. 5. 

zellul&ren Gifte frei und warden ihren deletfiren Einflufi auf den Orga- 
nismus ausuben, wenn dieselben nicht durch Antitoxin neutralisiert 
wdrden. Der Mechanismus der bakteriziden Sera ist weit komplizierter 
als der der antitoxischen. WShrend bei den antitoxischen Sera nur ein 
KOrper in Betracht kommt, sind far die Wirkung der bakteriziden Sera 
zwei Substanzen notig, der stabile Immunk5rper und das labile Kom- 
plement. Nach diesen kurzen theoretischen Erorterungen wollen wir 
nun die Frage zu beantworten suchen, welche Wirkung dem Staphylo- 
kokkenserum zukommt. Was zunkchst die bakterizide Wirkung des 
Staphylokokkenserums anbetrifft, so muB ich im Gegensatz zu Schatten- 
froh konstatieren, daB demselben im Reagenzglas jede bakterizide 
Wirkung abzusprechen ist. Es wurde zur Komplementierung des in- 
aktiven Ziegenimmunsernms sowohl normales Ziegen-, Menschen-, Ka- 
ninchen-, Meerschweinchen- und Pferdeimmunserum bentttzt, aber eine 
keimtdtende Wirkung konnte in keinem Falle erzielt werden. Die 
Reagenzglasversuche wurden nach der N eisserschen Methode ange- 
stellt. Ebensowenig konnte in der Bauchhdhle immunisierter Meer¬ 
schweinchen, M&use, Kaninchen eine Bakteriolyse der Staphylokokken 
beobachtetet werden. Den Versuchstieren wurde 24 Stunden vor der 
Infektion Staphylokokkenserum intraperitoneal injiziert. Zur Kontrolle 
wurde eine Anzahl Tiere mit normalem Ziegenserum vorbehandelt und 
ebenfalls nach 24 Stunden mit Staphylokokken infiziert. Entnimmt man 
nun nach 30 Minuten den immunisierten wie den mit normalem Ziegen¬ 
serum vorbehandelten Tieren etwas Exsudat aus der Bauchhdhle und 
untersucht dasselbe mikroskopisch (im hfingenden Tropfen oder Trocken- 
praparat), so findet man, dafi bei den immunisierten Tieren s&mtliche 
Staphylokokken von vorwiegend groBen mononuklefiren Leukocyten auf- 
genommen sind, polynukle&re Zellen sind nach dieser Zeit nur spOrlich 
vorhanden. Bei den mit normalem Ziegenserum vorbehandelten Tieren 
findet man ebenfalls eine m&Big starke Leukocytose, aber die grOBte 
Mehrzahl der Staphylokokken liegt noch frei im Exsudat, nur wenige 
sind von den Leukocyten aufgenommen. Nach ca. einer Stunde sind bei 
den immunisierten Tieren die mit Staphylokokken beladenen grofien 
mononukle&ren Zellen verschwunden und man findet jetzt zahlreich poly- 
nukleOre Zellen, die zum Teil noch mit Staphylokokken angefailt sind. 
Nach Ablauf von 24 Stunden ist die Leukocytose fast vollkommen ver¬ 
schwunden und ist nur noch ein spBrliches Exsudat mit wenig Leuko¬ 
cyten vorhanden. Das Staphylokokkenserum abt also einen stimulieren- 
den EinfluB auf die Leukocyten aus. Wir kdnnen uns diese Wirkung 
nur dadurch erklkren, dafi die Leukocyten bezw. ihr Protoplasma das 
Antitoxin binden. Welcher Natur diese Bindung ist, ob chemisch oder 
physikalisch, lasse ich vorlBufig dahingestellt. Durch die Aufnahme 
des Antitoxins werden die Leukocyten positiv chemotaktisch nnd nehmen 
begierig die Eokken auf. Bei den nicht immunisierten Tieren verhfilt 
sich die grdfite Mehrzahl der Leukocyten negativ chemotaktisch. Die 
Starke der Phagocytose ist zugleich ein MaBstab far die Virulenz der 
Staphylokokken, je virulenter dieselben sind, desto geringer ist die 
Phagocytose, ja sie kann bei sehr virulenten Staphylokokken vollkommen 
fehlen, je weniger virulent dieselben sind, um so starker ist dieselbe. 
Die Bedeutung der Phagocytose im Kampf mit den Staphylokokken er- 
blicke ich darin, daB dieselben nicht eine momentane Abtotung der 
Staphylokokken bewirken, sondern dieselben in ihrer Virulenz ab- 
schw&chen. Die Auflosung der Staphylokokken in den Leukocyten 


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Bail u. Pettersson, Untersuch. iiber natflrl. u. kiinstl. MilzbrandimmuniUlt. 445 


scheint sehr langsam vor sich zu gehen. So konnte ich aus der 
Peritonealflussigkeit von immunisierten MSusen noch nach 6 Tagen 
Staphylokokken zflchten, trotzdem dieselben in den Leukocyten anfge- 
speichert varen. Ferner habe ich bei einem Kaninchen, das bei der 
Wertbestimmung am Leben blieb, and nach 2 Monaten einen Gelenk- 
abscefi bekam, aus dem Eiter desselben Staphylokokken zflchten kOnnen, 
deren Identitat durch die Agglutination festgestellt wurde. Der Abscefi 
hatte sich spontan entleert und das Tier blieb am Leben. Aus diesen 
Beobachtungen ergibt sich, daC von einer direkten keimtdtenden Wir- 
kung des Staphylokokkenserums keine Rede sein kann und dasselbe 
ausschliefilich antitoxisch wirkt, indem es die von den Staphylokokken 
produzierten Gifte unschfldlich macht und indirekt die Leukocyten im 
Kampfe mit den Staphylokokken unterstfltzt und dieselben befahigt, die 
Staphylokokken in ihrer Virulenz abzuschwflchen und allmahlich aufzu- 
losen. 

Das Antistaphylokokkenserum ist von dem Serum - Laboratorium 
„Ruete-Enoch“ in Hamburg zu beziehen. 


Nachdruck verboten. 

Untersuchungen liber natiirlicbe und kimstiiche Milz- 

brandiminunitat 

[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universitat Prag 
(Vorstand: Prof. Hueppe).] 

Mit Unterstfltzung der Gesellschaft zur Forderung deutscher Wissen- 
schaft, Kunst und Literatur in Bdhmen. 

VII. Versuch einer Erklflrung der Milzbrandempf&nglich- 
keit des Kaninchens. 

Von 

Dozent Dr. Oskar Bail und Dozent Dr. Alfred Pettersson 

Assistenten des Institutes. Stockholm. 

Wenn man es unternimmt, die natiirliche Empfanglichkeit Oder 
Widerstandskraft gegen die Milzbrandinfektion mit RQcksicht auf die 
milzbrandfeindlichen Eigenschaften des Organismus der Versuchstiere 
zu untersuchen, so bieten sich wie von selbst zwei anscheinend ganz 
widerspruchsvolle Probleme dar. Das eine betrifft die Empfhnglichkeit 
des Kaninchens bei ausgesprochenstem milzbrandtotenden Vermogen 
des Blutes and Blutserums, das zweite die relative Immunit£t des 
Hundes 1 ) und die fast absolute des Huhnes bei meist vollst&ndigem 
Fehlen jeder keimfeindlichen Wirkung der K5rpersafte. Dieser Wider- 
spruch, der in seiner Verfolgung zu der paradoxen Erscheinung fuhrt, 
daC ein Kaninchen, dessen extravaskulares Blut in der Menge von 
1 ccm Tausende von Milzbrandbacillen binnen kflrzester Zeit abtotet, 
wShrend das gleiche Tier der intravaskul&ren Einfflhrung von 5 oder 
10 St&bchen widerstandslos erliegt, ist seit Lubarsch immer wieder 
hervorgehoben worden 2 ) und bildete eines der st&rksten Argumente 

1) Im ganzen scheint die naturliche Immunitat des Hundes entweder nicht be* 
sonders stark ausgesprochen zu sein oder sehr stark von der Basse abzuhangen. Es 
gingen ausgewachsene Hunde mehrfach auf Injektion von 1 und selbst V, ccm Bouillon- 
kultur binnen 8 Tagen zu Grunde. 

2) So neuestens bei Fischer, Vorlesungen fiber Bakterien. 2. AufJ. p. 339. 


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446 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


gegen die Verwertung der Buchnerschen Alexine zur Erkl&rung der 
natflrlichen Immunitat. 

Es ist zunflchst nicht viel gewonnen, wenn man nachweist, dafi 
auch der Hund fiber milzbrandfeindliche Ffihigkeiten in seinem Orga- 
nismus verfflgt Die auf den ersten Blick so ansprechenden Erkl&rungs- 
versuche von Denys und Kaisin 1 2 ), wonach der Hund erst nach er- 
folgter Milzbrandinfektion bakterizide Stoffe in seinem Blute erkennen 
l&fit, haben freilich der Nachprflfung bisher nicht standhalten kOnnen, 
vohl aber hat es sich gezeigt, dafi der Hund in seinen Leukocyten ein 
milzbrandtOtendes Agens besitzt s ). Es stellte sich ferner heraus, dafi 
durch Mischung von ganz unwirksamem Hunde- und HQhnerblute mit 
so geringen Mengen von Kaninchenserum, dafi dieses an sich nicht mehr 
wirkungsf&hig ist, starke milzbrandtotende Erscheinungen ausgelSst werden. 

Seitdem durch Ehrlichs und seiner Schfiler Arbeiten unzweifel- 
haft gezeigt wurde, dafi die Buchnerschen Alexine als einheitliche, 
einfach wirkende Korper nicht existieren, dafi vielmehr jede Keimtdtung 
im normalen wie im spezifischen Serum, wo Bordet die Verh&ltnisse 
zuerst erkl&rte, auf dem Zusammenwirken von Immunkdrper und Kom- 
plement beruht, ist die Erkl&rung dieses Befundes sehr einfach und 
leicht geworden: Der Hund oder das Huhn besitzt Immunkorper, der 
durch das vom Kaninchenserum gelieferte Komplement wirkungsvoll er- 
g&nzt wird. 

War diese Erkenntnis ein Fortschritt, so war es doch zun&chst nur 
ein solcher in der allgemeinen Kenntnis der Bluteigenschaften ver- 
schiedener Tiere. Die Lflsung der oben angedeuteten beiden Probleme 
brachte er nicht. 

Denn ganz abgesehen davon, dafi die Empf&nglichkeit des Kanin- 
chens nicht im geringsten verstflndlich wurde, ergaben weiter ver- 
gleichende Untersuchungen alsbald 3 ), dafi auch das Serum vieler anderer 
Tiere durch Kaninchenkomplemente wirksam werden kann, und darunter 
befanden sich gerade diejenigen, welche im hSchsten Grade natfirlich 
empf&nglich fflr Milzbrand sind, das Schaf und das Rind. Wollte man 
die Anwesenheit eines Immunkorpers im Blute des Huhnes und Hundes 
als Erkl&rungsgrund fflr ihre Unempfindlichkeit gelten lassen, so war 
nicht einzusehen, warum nicht das Schaf und namentlich das Rind immun 
seien. Es war alles nur noch verwickelter geworden. 

Gleichwohl unterliegt es keinem Zweifel, dafi das Gelingen oder 
das Ausbleiben einer Milzbrandinfektion mit Vorgflngen der Keim- 
abtotung innerhalb des betreffenden Tieres zusammenhflngen mufi. Mag 
auch in letzter Linie der Milzbrandtod auf eine Vergiftung durch das 
bisher so gfinzlich unfafibare Anthraxtoxin zurflckzuftthren sein, zur 
Bildung desselben ist doch ein starkes Wuchern der eingedrungenen 
Bacillen offenbar notwendig. Wenn dieses Wachstum im Kflrper des 
Kaninchens trotz der stflrksten bakteriziden Eigenschaften seiner Sfifte 
stattfindet, so mufi im Korper eine Hemmung existieren, die aufierhalb 
des Korpers im Serum wegfflllt. Und umgekehrt, wenn im Huhne die 
injizierten Bacillen sich nicht zu vermehren im stande sind, so mufi im 
Organismus eine Abtotung moglich sein, die im extravaskulfiren Blute 
nicht nachweisbar ist. 

Es gait also, beim Kaninchen die supponierte Hemmung, beim 

1) Denyo et Kaisin, La cellule. T. IX. 1898. 

2) Bail, Dieses Centralbl. Bd. XXVII. 1900. p. 10 u. 517. — Pettersson, 
Ebenda. 1903. 

3) Bail sowie Bail und Pettersson, dieses Centralbl. 1903. 


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Bail u. Pettersson, Untersuch. fiber natfirl. u. kfinstl. Milzbrandimmunitftt 447 


Huhne die vorausgesetzte AbtOtungsmSglichkeit aufzufinden. Fflr ersteres 
liegt ein gewisser Fingerzeig seit langer Zeit vor. 

Das Blut eines milzbrandigen Kaninchens behalt seine keimtdtenden 
Eigenschaften und auch seinen Komplementgehalt 1 2 ). Es kann also im 
TierkOrper die Aufzehrung der beiden bei der Bakterienvernichtung 
wirkenden Komponenten nicht stattgefunden haben und es erhebt sich 
sofort die Frage, ob denn diese Stoffe im Tiere flberhaupt dem Milz- 
brandbacillus gegenflber in Tatigkeit treten kOnnen. 

DaK durch Studium des Blutes und Serums im Reagenzglase koine 
weiteren Fortschritte zu machen seien, wurde bald durch eine einfache 
Ueberlegung klar. Wie bereits dargelegt wurde, gelingt es, durch Zu- 
satz toter Oder auch lebender Milzbrandkulturen ein Kaninchenserum 
unwirksam zu machen. Die dafflr erforderliche Anzahl von Bacillen 
schwankt zwar betrfichtlich, ist aber irnmer relativ sehr bedeutend und 
liegt im Mittel etwa bei Vs Agarkultur fflr 1 ccm Serum. Nun mag 
man sich das Wachstum der Bacillen im Korper beliebig grofi vorstellen: 
so viele, wie 7s Agarkultur enth&lt, kommen sicher nicht auf die ent- 
sprechende Menge intravaskulflren Blutes. Das, was im Reagenzglas- 
versuche gefunden werden kann, ist einfach auf die natflrlichen Verhfilt- 
nisse nicht flbertragbar. 

Weit aussichtsvoller wurde das Studium der KArperorgane des 
Kaninchens, und zwar sowohl fflr sich allein als in Verbindung mit dem 
Blute des gleichen Tieres. Ueber solche Organversuche, und zwar mit 
Serum fremder Tierarten, wurde bereits berichtet*). Sie lieferten sehr 
interessante Resultate, die aber fflr die hier zun&chst interessierende 
Frage noch nicht in Betracht kommen. Immerhin geht daraus bereits 
hervor, dall die blutleeren Organe des Kaninchens in indifferenter 
Flflssigkeit nicht bakterizid wirken, daft also die beiden notwendigen 
Dinge, ImmunkArper und Komplement, entweder nicht gleichzeitig in 
den Organen zugegen sind oder doch nicht in geeigneter Weise zum 
fertigen Bakteriolysin zusammen treten kAnncn. Nur die Leukocyten 
eines Aleuronatexsudates und Afters die aus Lymphdrttse gewonnenen 
besitzen eine gewisse Wirksamkeit, die aber auch schwankt und jeden- 
falts mit der Keimvernichtung des Blutes nicht zu vergleichen ist 

Tabelle I. 


Organe eines 24 Stunden vorher mit Aleuronat intraperitoneal injizierten Kaninchens, 
das mit NaCl-Ldsung durchspult wird. Die Organe werden in schwach peptonhaltiger 
MaCl-L5sung zerrieben und 1 Stunde bei 37 0 gehalten. Hierauf wird die obenstehende 
Fliissigkeit abgegossen und verwendet. Nur ale als „Leukocytenextrakt“ bezeichneten 
Proben wurden zellfrei zentrifugiert. 

Sofort Nach 4 StcL 


1) Extrakt aus Exsudatieukocyten mit NaCl 

2) „ „ „ „ „ */. Std. 58° 

3) Leukocyten aus Exsudat in NaCl 

4) „ „ „ „ „ */» 8td - 580 

5) Milz in NaCl 

6) „ „ „ V. 8 ^. 58° 

7) Knochenmark in NaCl 

8) » » *> '/» Std. 58° 

9) Druse in NaCl 

10; „ „ „ V, Std. 58° 


1 

i 

a 


| ca. 4000 

2616 
ca. 5000 

| 5-6000 

1184 

2196 


In gleicher Weise unwirksam waren Thymus, Leber, Niere, Him. Das Serum des 
Tieres tdtete samtliche Bacillen ab. 


1) Bail, dieses Centralbl. Bd. XXXIII. 1903. No. 5. Soweit eigene Erfahrungen 
vorli^en, wird das Eaninchenblut, in voller Uebereinstimmung mit Conradi, auch 
bei weit vorgeschrittener Milzbrandinfektion nicht verfindert. 

2) Dieses CentralbL 1903. No. 10. 


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448 


Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Origin ale. B<L XXXIY. No. 5. 


L&Bt man ein Eaninchen aus einer Carotis verbluten, so bleibt stets 
noch Blut in den Organen in ansehnlicher Menge zurtick. Aber auch 
mit diesem Blutgehalte findet sich keine Wirksamkeit der in Kochsalz- 
lSsung zerriebenen Organe, obwohl die danach erhaltene Fltissigkeit nur 
ein verdttnntes Blut darstellt. Selbst der Zusatz geringer Serummengen 
&ndert nichts. 

TabeUe II. 


Eaninchen aus der linken Carotis verblutet. Die Organe in sehr schwach peptonhaltiger 
NaCl-Losung zerrieben, 1 Stunde bei 37° belassen, abgegossen und je 1 ccm davon 
teils direkt, teils nach Zusatz von je 0,05 ccm Serum aesselben Tieres verwendet. 


1) 1 ccm pepton. NaCl-Losung 


Sofort 


2) 1 „ 

3) MUz 

4) „ 

5) Knochenm. 

6 ) 

7) Thymus 

8 ) ,, 

9) Leber 

10 ) » 

11) Niere 

12 ) „ 

13) Muskel 

14) 


4- 0,05 Kaninchenserum 
ccm pept. NaCl-L6sung 

n + 


15) 1 ccm Kaninchenserum 


4- 

+ 

+ 

+ 

+ 


0,05 ccm Kan.-S. 
0,05 ccm Kan.-S. 
0,05 ccm Kan.-S. 
0,05 ccm Kan.-S. 
0,05 ccm Kan.-S. 
0,05 ccm Kan.-S. 


3 


.1 

s 


Nach 4 Std. 
2000 
ca. 8000 


ca. 8000 


1504 

1496 

ca. 8000 


Die geringe, aber sicher entwickelungshem mende Wirkung, welche in diesem Yersuche 
die Leber zeigt, wurae weiterhin nicht menr beobachtet. 


Das Resultat dieses Versuches wird noch auff&lliger, wenn man es 
mit dem der folgenden Tabelle vergleicht, in welcher die gleichen Or¬ 
gane mit fremdem Serum in analoger Weise behandelt wurden. 


TabeUe III. 

Die gleichen Organe mit Ochsen- und Schweineserum, die vorher 7* Stunde auf 58° 

erliitzt waren, behandelt. 

Sofort 

1) 1 ccm Ochsenserum V* Std, 

2 ) ' 


58° 

30 


„ 7* n 58° + 0,05 ccm Kaninchenser. 

in 1 ccm Ochsenser. V* St. 58° 

: ;/! 

” 

” v! 


1 

3) Mil z 

4) „ „ 1 

5) Knochenm. „ 1 „ „ 

0) „ i) 1 „ »» 

7) Thymus „ 1 „ „ 

8 ) „ ,, 1 ,, ,, 

9) Leber ,, 1 „ „ 

10) ,, „ 1 „ „ 

11) Niere ., 1 „ „ 

12 ) „ „ 1 „ 

13) Muskel „ 1 „ „ 

14) » >» 1 ji a 

15) 1 ccm Schweineserum V, Std. 

16) 1 „ „ V, » 

17) Knochenm. in 1 ccm Schweineser. V, St. 58° 


58 0 4- 0,05 ccm Kan.-S. 
58° 

58° -f 0,05 ccm Kan.-S. 
58° 

58° + 0,05 ccm Kan.-S. 
58° 

58 0 -f- 0,05 ccm Kan.-S. 
58° 

58 0 + 0,05 ccm Kan.-S. 
58° 

58 0 4- 0,05 ccm Kan.-S. 


i 

j 

58 0 4- 0,05 ccm Kaninchenser. 


18) 

19) Thymus 

20 ) 

21) Leber 

22 ) „ 

23) Niere 

24) „ 

25) Muskel * 

26) „ 


3 


V 2 „ 58° 4- 0,05 ccm Kan.-S. 

i/ „ 58° 

7* „ 58 • 4- 0,05 ccm Kan.-S. 

i/ n 530 

v; » 58° 4- 0,05 ccm Kan.-S. 

i j* 5g o 

J /t » 58 0 4- 0,05 ccm Kan.-S. 
l ! 58° 

V* ” 58° + 0,05ccmKan.-S. 


Nach 4 Std. 
ca. 8000 
0 
14 
0 
0 
0 

ca. 8000 
39 
816 
968 

ca. 8000 
600 

J 8-10000 

ca. 10000 
3 

6656 

62 

ca. 10000 
504 
3232 

ca. 10000 
248 

1 ca. 10000 


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Bail u. Pettersson, Untersuch. fiber natfirl. u. kfinstl. Milzbrandimmunitfit. 449 


Des genaueren kann dieser sowie zahlreiche andere Versuche erst 
spfiter besprochen werden. Vorlaufig diene er nur dazu, festzustellen, 
daB dieselben Organe, welche fremde Sera aktivieren, das Serum des 
gleichen Tieres seiner urspriinglichen starken Aktivitfit berauben; ferner 
dazu, zu zeigen, daB ein geringer Zusatz von Kaninchenserum wohl 
die fremden, mit den Organen behandelten Serumarten, nicht aber das 
eigene, dem gleichen Vorgange ausgesetzte Serum wirksam zu machen 
vermag. 

Es wurden dann noch Kaninchenorgane mit ihrem vollen Blut- 
gehalte untersucht, indem die betreffenden Tiere erstickt wurden. Auch 
dann waren die Verreibungen mit indifferenter Flussigkeit gfinzlich un- 
wirksam, w&hrend fremde Sera ergfinzt wurden. 


Tabelle IV. 

Ersticktes Kaninchen. Die Organe werden teilweise in sehr schwaeh pepton haltiger 
NaCl-Losung, teilweise in 7*1 Stunde bei 58° erhitztem Hundeserum zerrieben, 1 Stunde 
bei 87° gehalten. Die abgegossenen Flfissigkeiten wurden verwendet. 
(Auszugsweise wiedergegebener Versucb.) 

Sofort Nach 4 Std. 

1) 1 ccm pepton. NaCl-Losung 

2) 1 „ „ „ + 0,05 ccm Kaninchenserum 

3) Milz in 1 ccm pepton. NaCl-Losung 

4) Leber ,, 1 „ ,, ,, 

5) Knochenm. „ 1 „ „ „ 

6) Thymus ,, 1 „ 

7) 1 ccm Hundeserum 7* St. 58° 

8) 1 „ „ 7, „ 58° + 0,05 ccm Kaninchenserum 

9) Milz in 1 ccm Hundeserum l / 9 Std. 58° 

10) Leber ,, 1 „ „ 7* 58° 

11) Knochenm. „ 1 „ „ % „ 58° 

12) Thymus „ 1 „ „ 7* 58° 

13) 1 ccm Kaninchenserum 

Schon aus diesen Versuchen geht mit aller Sicherheit hervor, daB 
das Kaninchenserum in Verbindung mit Kaninchenorganen, also in 
Nachahmung der Verhaltnisse, die im Tierkorper selbst bestehen mussen, 
sich ganz anders verh&lt, wie in dem iiblichen Reagenzglasversuche. 
Von da an war es nur ein kleiner Schritt zum Studium des Einflusses 
der blutfrei gemachten Organe auf zugesetztes Serum. 


3204 

4032 

fiber 5000 


ca. 8000 
2 

508 

4600 

5 

8000 

0 


Tabelle V. 

Leber, Niere, Muskel und Sperma eiues mit NaCl-Losung durchspfilten Kaninchens 
wurden zerrieben, kleine Mengen des betreffenden Organbreies je 2*/, ccm Serum des 
gleichen Tieres (das Serum hochstens 2 Stunden alt) zugesetzt, 1 Stunde bei 37 0 belassen, 
aann zum Teil als solche, zum Teil nach Zentrifugieren verwendet. Ein Klarwerden 
der Flfissigkeit erfolgt dabei, aufier bei dem mit Muskeln behandelten Serum, nicht. 

Sofort Nach 4 Std. 

1) 1 ccm akt. Kaninchenser. 3 

2 ) 1 

3 ) 1 

4) 1 

5) 1 „ „ „ „ u ^ u. zenmiug. j , 4 _g (xx) 

7 1 
8 ) 1 
9) 1 



1, 

m. Leber 

behandelt 



'aS 

• n 


>’ » 


u. 

zentrifug. 


1 )t 

)> 

„ Niere 

M 


a 

* » 

il 

>* h 

11 

u. 

zentrifug. 

a 



„ Muskel 




.9 

1 n 

»> 

>> if 

1 » 

u. 

zentrifug. 

(M 

Oi 

> >1 


„ Sperma 

11 


• 



If 

fi t) 

11 

u. 

zentrifug. 



Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


29 


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450 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


Tabelle VI. 


Anordnung wie in Tabelle V. Nur zentrifugierte Fiiissigkeiten verwendet. 


1) 1 ccm Kaninchenser. akt. 

2) 1 ,, 

3) 1 h >> 

•I) 1 tf ft tt 

5) 1 ft tt D 

6) 1 ft it tt 

7) 1 it a tt 

8) 1 tt ti it 


9) 1 „ 




10 ) 1 „ 

11 ) 1 „ 


m. Milz behand. 

„ „ „ + 0,05 ccm K.-S. akt. 

1 1 Leber ,, 

„ „ „ -f 0,05 ccm K.-S. akt. 

„ Niere „ 

„ „ „ -f 0,05 ccm K.-S. akt. 

„ Driise (Pankreas Aselli) behan- 
delt 

„ Druse (Pankreas Aselli) behan- 
delt -♦ 0,05 ccm Kan.-S.akt. 
„ Knochenm. beh. 

„ „ „ + 0,05 ccmK.-S. a. 


Sofort 


2 

w 

a 

J 

ca 


Nach 4 Std. 

0 

| 8—10000 

J ca. 6000 
4192 

| 8—10000 
6200 


ca. 10000 
J ca. 10000 


Alle untersuchten Organe hatten somit das eigene Serum, das sie 
als Blut noch wenige Stunden vorher bespiilt hatte, unwirksam gemacht. 
Es ist sofort hinzuzufugen, daB auch die dbrigen Organe diese Eigen- 
schaften teilen. Auf gelegentliche Abweichungen wird spSter ein- 
gegangen werden. Dem Einwande, daB es sich hier urn tote Zellen 
handelt, deren Wirkung eine andere sein kbnne, als die der lebenden, 
wird durch die Versuche mit Sperma vorgebeugt, denn wenigstens die 
Spermatozoen tiberlebten. Der EinfluB der Zellen auf das Serum ist 
ein so starker, daB selbst die Leukocyten eines Aleuronatexsudates, also 
sonst im Serum eines fremden Tieres eine der ergiebigsten Komplement- 
quellen, eine gewisse, mehr oder weniger ausgesprochene Abschw&chung 
der Serumwirkung herbeifQhren konnen 1 ). Diese sind aber zum weitaus 
groBten Teile lebend. 


TabeUe VII. 

Zwei Versuche zusammengestellt. Die Leukocyten wurden aus Aleuronatexsudat ge- 
wonnen, gewaschen, dem Serum des gleichen Tieres zugesetzt und nach 1 Stunde 
Aufenthalt bei 37° abzentrifugiert. 

Std. 

1) 1 ccm Kan.-S. 

2 ) 1 

3) 1 


4) 1 

5) 1 

6 ) 1 

7) 1 

8 ) 1 


nach Behandlung mit Leukocyten 
mit Leukocyten 

„ „ dann zentrifugiert 

7, Std. 58° 

V, „ 58° mit Leukocyten 


V* 


58° 


dann zentrifugiert 


Sofort 

Nach 4 { 

} 962 

0 

24 

"j 

0 

I 

66 

\ 1612 

47 

o 

I 

1824 

j 

1952 


Bedeutend ist somit zwar die Herabsetzung der abtotenden Kraft 
des Serums nicht, und sie kann bisweilen auch ausbleiben, aber bei der 
absolut sicheren Wirkung reinen Kaninchenserums ist auch das Ueber- 
leben der vereinzelten Keime nach der Leukocytenbehandlung be- 
weisend. 

Die Frage, wie die Aufhebung der Bakterizidie des Serums durch 
Organzellen zu stande kommt, laBt sich an der Hand geeigneter Ver¬ 
suche leicht beantworten. 


1) Derartige Beobachtungen wurden bereits sehr fruhzeitig (im Jahre 1899) ge¬ 
macht. (Vgl. dieses Centralbl. Bd. XXVII. 1900. No. 1. p. 17.) 


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Bail u. Pettersson, Untersuch. uber naturl. u. kunstl. Milzbrandimmunit&t 451 


Tabelle VIII. 

Grofies Kaninchen yerblutet und mit NaCl-Losung durchspult. Organe und 
Tieres. Dazu frisches Schaf- und Schweineserum. 


1) 1 

ccm Kaninchenserum 

2) 1 

it 

ii 

3) 1 

ii 

ii 

4) 1 

ii 

Schweineserum 

5) 1 

ii 

Schaf serum 

6) 1 

ii 

Kani nchenserum 

7) 1 

ii 

»» 

8) 1 

ii 

Schweineserum 

9) 1 

ii 

Schafserum 

10) 1 

ii 

Kaninchenserum 

11) 1 

ii 

>> 

Schweineserum 

12) 1 

ii 

13) 1 

ii 

Schafserum 

14) 1 

ii 

Kaninchenserum 

15) 1 

ii 

ii 

Schweineserum 

16) 1 

ii 

17) 1 

ii 

Schafserum 

18) 1 

ii 

Kaninchenserum 

19) 1 

ii 

ii 

20) 1 

ii 

Schweineserum 

21) 1 

ii 

Schafserum 

22) 1 

ii 

Kan inchenser u m 

23) 1 

i* 

ii 

24) 1 

ii 

Schweineserum 

25) 1 

it 

Kaninchenserum 

26) 1 

ii 

ii 

27) 1 

ii 

Schweineserum 

28) 1 

ii 

Schafserum 

29) 1 

ii 

Schweineserum 

30) 1 

ii 


31) 1 

ii 

Schafserum 

32) 1 

ii 

ii 


mit Leber behandelt 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 2 bezeichneten Serums 

0,05 ,, ,, ,, „ 2 ,, „ 

iuit Niere behandelt 

„ „ „ -f 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit Na 6 bezeichneten Serums 

4- 0,0o ,, ,, ,, „ 6 ,, ,, 

mit Milz behaudelt 

„ „ ,. 4- 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4* 0,05 ccm des mit No. 10 bezeichneten Serums 
4 0,05 ,, ,, ,, 10 „ „ 

mit Knochenmark behandelt 
„ „ „ 4* 0,05 ccm akt. Kan.-S. 

4- 0,05 ccm des mit No. 14 bezeichneten Serums 

4* 0,05 „ „ „ „ 14 „ „ 

mit Druse behandelt 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 18 bezeichneten Serums 

4 0,05 „ „ „ „ 18 „ „ 

mit Muskel behandelt 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 22 bezeichneten Serums 
mit Gehirn behandelt 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

+ 0,05 ccm des mit No. 25 bezeichneten Serums 

4 0,05 „ „ ,• „ 25 „ ,, 

4 0,05 ccm ak liven Kaninchenserums 

4 0,05 ccm aktiven Kaninchenserums 


Serum des gleichen 

Sofort Nach 4 Std. 

0 


6—8000 


6-8000 


ca. 10000 

29 

10 


‘ ca. 10000 

0 

0 

2832 

4240 

0 

ca. 10000 
6272 
0 
0 

ca. 10000 
0 

ca. 10 000 
0 


Tabelle IX. 

Kaninchen verblutet und mit NaCl-Ldsung durchspult. 

Ochsen serum. 


ccm Kaninchenserum 
„ Ochsenserum 


Serum des gleichen Tieres und frisches 
Sofort Nach 4 Stc 


Kaninchenserum 

» 

Ochsenserum 

Kaninchenserum 

n 

Ochsenserum 
Kani nchenserum 
» 

Ochsenserum 

Kaninchenserum 

n 

Ochsenserum 

Kaninchenserum 

ii 

Ochsenserum 

Kaninchenserum 

ii 

Ochsenserum 

Kaninchenserum 

ii 

Ochsenserum 


4 0,05 ccm aktives Kaninchenserum 
mit Leber behandelt 

„ „ „ + 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 4 bezeichneten Serums 
mit Milz behandelt 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit Na 7 bezeichneten Serums 
m. Knochenmark beh. 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 10 bezeichneten Serums 
mit Drflse behandelt 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 13 bezeichneten Serums 
mit Niere behandelt 

„ „ „ 4- 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 16 bezeichneten Serums 
mit Nebenniere behand. 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 19 bezeichneten Serums 
mit Thyreoidea behand. 

„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser. 

4 0,05 ccm des mit No. 22 bezeichneten Serums 

29* 


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Nach 4 Std. 

0 

2384 

0 

J 8—10 000 

1 

J ca. 10000 
37 

) 8-10000 


8—10000 

320 

8—10000 

0 

2240 

2728 

0 


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452 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 5. 


Um die Tabellen nicht noch weiter auszudehnen, sei bemerkt, daB 
die Organverreibungen von Knochenmark und Milz dieser Kaninchen, 
Ochsen- und Schweineserum stark, die von Leber schw&cher bakterizid 
machten, wie dies bereits ofters angefuhrt wurde. 

Da bei solchen Versuchen eine moglichst genaue quantitative Dosie- 
rung des Organbreies notwendig ist, um z. B. Leber in gleicher Menge 
auf Kaninchen- und Schweineserum wirken zu lassen, so mogen einige 
Worte, die eingehaltene Technik betreffend, hier Platz finden: Die steril 1 ) 
herauspr&parierten Organe wurden in Reibschalen moglichst gut zer- 
quetscht und dann durch ein sehr feines Drahtnetz getrieben. Der in 
einer untergestellten Schale aufgefangene Brei besafi dann in der Regel, 
namentlich bei Tieren, deren Gef&Bsystem vorher mit Kochsalzlosung 
durchspult worden war, eine solche Konsistenz, dafi er in eigens ange- 
fertigte Pipetten mit weiter Mflndung aufgesaugt und tropfenweise aus- 
geblasen werden konnte 2 ). Diese Methode erlaubte auch, wenigstens 
fiir die Leber, die Menge Zellbreies festzustellen, die zur Aufhebung der 
bakteriziden Wirkung von 1 ccm Kaninchenserum geniigt. 


Tabelle X. 

Auf eben beschriebene Weise hergestellter Leberbrei eines mit physiologischer Kochsalz- 
16sung durchspulten Kaninchens wird zu 4, 10 und 20 Tropfen je 2 ccm Serum des 
gleichen Tieres zugesetzt; die Mischungen (also 2, 5, 10 Tropfen fur 1 ccm) 7* Stunde 
bei 37° gehalten und zentrifugiert. 


1) 1 ccm Kaninchenserum 

2 ) 1 „ 

3) 1 „ 

4) 1 »> » 


mit 2 Tropfen Leberbrei 

5 v ty 

10 „ 


Sofort 


Nach 4 Std. 
0 
7 

2088 

uber 5000 


Die Menge von Leberzellen, die hier zwischen 2 und 5 Tropfen des 
Breies liegt und die hinreicht, um 1 ccm Kaninchenserum unwirksam 
zu machen, ist also recht gering. Sp&ter auszufuhrende Versuche 
zeigen, dafi auch noch weniger Zellen ausreichen, sobald nur die Ein- 
saat etwas grofier als in dem Versuche der Tabelle X genommen wird. 

Es ist aber durchaus nicht notig, dafi die Organe so fein zerkleinert 
werden, wie dies durch die angefiihrte Technik ermoglicht wird. In 
friiheren Versuchen hat ten auch die nur groblich zerriebenen Organe 
die gleiche Wirkung entfaltet. Am deutlichsten zeigte sich dies jedes- 
mal bei Verwendung von Muskeln. Diese wirklich zu zerreiben, ware 
nur bei Anwendung grofierer Mengen von Sand oder dergl. mSglich, 
welche Zus&tze nach Tunlichkeit vermieden wurden 3 ). Es wurden 
daher kleine Faserstticke direkt zugesetzt, so dafi die Sera gar nicht 
getrhbt waren; dennoch war die Aufhebung der Bakterizidie eine voll- 
kommene. 

_ (SchluB folgt) 


1) Es ware Selbsttauschung, sich vorreden zu woUen, dafi all die notweudigen 
Manipulationen wirklich ganz steril gemacht werden konnten. Aber wahrend der relativ 
kurzen Versuchszeit storten die etwa aufgetretenen Verunreinigungen in keiner Weise 
und wurden iiberhaupt nur selten bemerkt. Wurden die „stenlen“ Organverreibungen 
allerdings langer aufbewahrt, dann veranderte sich das Bild. 

2) Der im Verlaufe der Arbeit publizierte Apparat von Latapie (Ann. de lTnst. 
Pasteur. 1902. No. 12), mit dem sich solche Abmessungen wohl noch genauer ermog- 
lichen lassen werden, stand leider nicht zur Verfiigung. 

3) Wenn iiberhaupt steriler Sand angewendet wurde, so geschah dies nur in sehr 
geringen Mengen und nicht zu dem Zwecke einer besseren Zertrummerung, sondem nur 
um aas Abgleiten des Pistills von den glatten Organen zu vermeiden. 


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Lambotte, Contribution k P6tude de Torigine de l’alexine bactericide. 453 


Nachdruck verboten. 

Contribution a l’etude de l’origine de Mexine bactericide. 

[Travail de l’lnstitut de Pathologie et de Bactdriologie de l’Universite 

de Lifcge.] 

Par U. Lambotte, Liege. 

La question de la presence de l’alexine ou complement dans le 
plasma sanguin est une des plus importantes de celles qui pr6occupent 
tous ceux qui etudient le probieme de l’immunite. Mr. Falloise, de 
l’lnstitut de Physiologic de Liege, vient d’apporter une importante con¬ 
tribution k ces recherches'), en affirmant que l’alexine hemolytique circule 
librement dans le sang et serait meme plus abondante dans le plasma 
que dans le serum. Mr. Falloise a eu I’ingenieuse idee de se servir, 
pour obtenir le plasma du sang, de la vieille mdthode de Fr6d6ricq 
consistant en l’isolement sur l’animal vivant d’une grosse veine et le 
pr61&vement entre deux ligatures de ce vaisseau gorge de sang. 

J’ai ete amend & m’occuper de cette question des rapports du com¬ 
plement avec le plasma sanguin it la suite de recherches entreprises en 
ce moment k l’lnstitut bactdriologique de Liege sur les alexines bacte¬ 
ricides des serums normaux, et la question s’est posde, au cours de ces 
travaux, de savoir si la ou les substances bactericides de certains serums 
normaux sont ou non des substances prdsentes dans le sang en circu¬ 
lation, dans le plasma. Le travail de Mr. Falloise m’a suggdre l’idde 
de verifier si l’alexine bactericide se comporte comme l’alexine hdmo- 
lytique quand on se sert de plasma recueilli suivant le procdde de 
Freddricq. Mr. Falloise n’a porte ses investigations que sur le 
complement hemolytique. 

Void comment j’ai procddd: 

J’ai opdrd sur du plasma recueilli chez trois espfeces animates: la 
poule, le chien et le cheval. L’obtention d’un plasma incoagulable est 
beaucoup plus facile, on le sait, chez la poule que chez le chien et le 
cheval. 

Chez la poule, en effet, il suffit d’enfoncer dans l’une des carotides 
une canule paraffinee, aprfcs avoir pris soin de cauteriser au fer rouge 
le vaisseau k l’endroit de la piqfire, et de recevoir le sang directement 
dans des tubes paraffines et refroidis au moyen de glace, pour empecher 
la coagulation immediate du liquide sanguin. En soumettant ce sang 
fluide k des centrifugations successives dans des tubes paraffines et 
refroidis, chaque centrifugation portant seulement sur la moitie superieure 
environ du liquide de la centrifugation anterieure, on finit par obtenir 
un liquide tout k fait limpide, a peu prfes compietement depourvu d’eie- 
ments figures: il faut d’actives recherches et de nombreuses preparations 
pour y deceler la presence de trfcs rares leucocytes. Un tel plasma est 
difficilement coagulable, tout au moins tant que la temperature exterieure 
n’est pas trop eievee; it la glacifere — environ 4° — notre plasma de 
poule s’est conserve il l’etat fluide pendant plusieurs semaines, pendant 
un mois et plus. 

Pour le chien et le cheval la methode des tubes paraffines donne 
de moins bons r6sultats; on reussit difficilement il preparer un plasma 


1) Bulletin de l’Acaddmie des Sciences de Belgique. 1903. 


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454 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. -No. 5. 


incoagulable; presque toujours le sang se coagule an cours des mani¬ 
pulations n£cessaires pour l’obtention d’un liquide debarrass6 d’eiements 
figures. Aussi avons nous eu recours au proc6d6 de Frederic q. 

Une veine de gros calibre, Tune des jugulaires, est mise a nu sur 
le yivant et isol6e sur une certaine dtendue, puis enlev4e entre deux 
ligatures. Aprfcs deux ou trois heures de suspension dans un endroit 
frais, k la glacifere, les globules sanguins se rassemblent k I’extr6mit4 
infSrieure du vaisseau, les deux tiers superieurs 6tant occup^s par le 
plasma tout k fait liquide et que Ton distingue ais4ment k travers les 
parois transparentes de la veine. Une ligature est plac6e k quelque 
distance au dessus du niveau sup^rieur du depot, de faqon k s6parer le 
plasma. Au bout d’une heure de repos on divise la veine en deux 
parties par une ligature et Ton plonge, aprfes cauterisation, dans le 
compartiment sup4rieur, une pipette paraffinSe et refroidie, k l’aide de 
laquelle on transfere le plasma liquide dans des tubes paraffines et 
entoures de glace. Aprfes deux centrifugations successives, le plasma 
recueuilli est a peu prfes debarrasse de tout element cellulaire: les 
recherches doivent porter sur plusieurs preparations pour y rencontrer 
de rares globules blancs. Ce plasma se prend cependant en geiee, 
mfeme k la temperature de la glacifere, aprfes quatre ou cinq semaines 
pour le plasma de cheval, aprfes huit k dix heures pour le plasma de 
chien; k la temperature de la chambre, le plasma de cheval reste fluide 
trois ou quatre jours; celui de chien se coagule beaucoup plus rapide- 
ment, aprfes trois quarts d’heure environ. 

C’est dans ces differents plasmas excessivement pauvres en cellules 
que nous avons recherche la presence de l’alexine active sur les mi¬ 
crobes. 

Nous avons choisi comme criterium de Taction bactericide la modi¬ 
fication immediatement decelable sous le microscope que subit le vibrion 
choierique dans certaines conditions au contact des humeurs organiques 
et qui est connue sous le nom de «phenomfene dePfeiffer». On sait 
que des vibrions choieriques injects dans la cavite peritoneale d’un 
cobaye immunise contre le cholera, ou melanges in vitro avec du serum 
prfealablement chaufffe k 55—60 0 du mSme animal et additionn6 d’un peu 
d’alexine — serum frais d’un autre animal normal de mfeme espfece ou 
d’espfece differente — subissent au bout d’un temps relativement court 
une transformation complete: les vibrions s’agglutinent et presque tous 
prennent la forme de granules arrondis. La transformation en granule 
est l’indice de Taction bactericide qu’exerce sur le vibrion le produit en 
contact. On sait aussi que le phfenomfene de Pfeiffer se manifeste, 
mais d’une fagon beaucoup moins fenergique, en l’absence du serum 
sp6cifique correspondant, c’est k dire quand on fait agir du serum 
normal fraichement recueilli sur des vibrions du cholera non sensibilis6s. 

Nous avons done recherche si nos differents plasmas, purges de 
cellules, donnaient le phenomene de transformation vibrionnienne de 
Pfeiffer, et compare le pouvoir bactericide de chacun de ces liquides 
k celui du serum frais appartenant au mfeme animal et recueilli en 
mfeme temps, serum qui s’est forme lors de la coagulation du liquide 
sanguin trfes riche en cellules. 

Le procede employe a ete le suivant: on prend une culture jeune 
(18 k 24 heures) sur g61ose nutritive de vibrions du cholera et on la 
dfelaye dans 5 c. c. d’une solution k 9 °/ 00 de NaCl dans l’eau. On pr6- 
lfeve quelques gouttes de cette emulsion de vibrions auxquelles on md- 


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Lambotte, Contribution k l’Stude de l’origine de Falexine bactericide. 455 


lange une quantity moitie moindre de serum, au pr4alable chauffe pen¬ 
dant une demie heure k 55°, d’une cobaye vaccine contre le cholera 
par plusieurs injections intrap6riton£ales. Aprfcs quelques minutes de 
contact, en fait agir sur les vibrions ainsi sensibilis6s, du plasma ou du 
s6rum de poule, de chien ou de cheval, dans des preparations en gouttes 
pendantes: on depose sur des lamelles au moyen d’une anse de platine 
une gouttelette d’emulsion de bacilles sensibilisds; on ajoute, au moyen 
de la meme anse, dans certaines preparations une gouttelette de plasma, 
dans d’autres une gouttelette du serum frais, dans d’autres enfin une 
gouttelette d’eau saiee. On retourne alors chaque lamelle sur une lame 
k cupule, les bords de celle-ci etant enduits de vaseline. Les differentes 
preparations sont alors placees k 37°. Aprfcs des temps qui varient 
entre une demie-heure et deux heures, on preifeve un certain nombre de 
lamelles de chaque espfcce et Ton fait avec les gouttes suspendues des 
preparations colorees, par application directe de chaque lamelle sur une 
lame porte-objet prealablement teintee au bleu de methylfene en solution 
aqueuse, et dessechee ensuite. Les vibrions du cholera, transformes 
ou non en granules, se colorent par ce procede en bleu plus ou moins 
fonce. 

Disons de suite que dans tous nos essais nos differents plasmas 
ne se sont pas comportes autrement que les serums correspondants. 

Ainsi, d6jk aprfes trois quarts d’heure k 37° on constate que la 
transformation en granules des vibrions commence k se manifester aussi 
bien dans les preparations k plasma de chien et de cheval que dans les 
preparations k serum des mSmes animaux. Aprfcs une heure et demie 
de contact le phenomene de Pfeiffer est complet et des plus nets 
dans toutes les preparations: la presque totalite des microbes se pre¬ 
sente sous forme de grosses granulations agglutinees et colorees en 
bleu plus ou moins intense; quelques vibrions moins alters presentent 
la forme normale, mais sont manifestement plus volumineux. Les pre¬ 
parations k plasma ne se distinguent en rien des preparations k s6rum : 
la proportion des vibrions modifies et celle des bacilles plus ou moins 
intacts est la meme dans l’une et l’autre espfcce de preparations. La 
seule difference k signaler consiste en ce que dans les preparations k 
plasma les granules prennent moins energiquement la couleur, apparais- 
sent teintes en bleu plus pale, ce qui, selon Interpretation de Bordet, 
serait le fait d’une action bactericide plus intense de la part du plasma. 

Dans les preparations temoins, au contraire, celles dans lesquelles 
le liquide organique, plasma ou serum, a 6t6 remplace par de l’eau 
saiee, les microbes restent parfaitements intacts, meme aprfcs deux 
heures, et se colorent energiquement par le bleu de methylfene. 

Avec les produits de la poule les resultats obtenus sont identiques. 
La transformation en granules est seulement. un peu plus lent k se 
produire; il faut une heure de contact pour voir apparaitre les premiferes 
granulations; ‘mais apres deux heures, le ph£nomene de Pfeiffer est 
complet Et ici encore, comme pour le chien et le cheval, l’action 
bactericide est tout aussi intense, qu’il s’agisse du plasma ou du serum, 
et apparait simultanement dans les deux especes de preparations. 

Une particularite int6ressante de ce plasma de poule, que nous 
n’avons pu malheureusement rechercher dans le serum, consiste dans 
la longue persistance du pouvoir vibrionicide: du plasma de poule vieux 
de 21 jours s’est encore montre dou6 d’une certaine activite vis k vis 
des vibrions sensibilises. La transformation se faisait bien, mais moins 


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456 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 

rapidement et d’une fagon moins intense que dans les preparations k 
plasma neuf. 

En m6me temps qne la mise en evidence dans nos plasmas de 
l’alexine bactericide, nous avons r6pet6 avec ces liquides les experiences 
de Mr. Falloise sur les hematics. Nous avons pu observer, comme 
cet auteur l’a montre, que les plasmas de poule, de chien et de cheval 
exercent sur les globules rouges du lapin sensibilises par un serum sp6- 
cifique correspondant une action hemolytique au moins aussi intense et 
aussi rapide que les serums frais de ces m£mes animaux. 

Dans nos preparations en gouttes pendantes, le plasma, sous l’in- 
fluence de la temperature relativement 61evee de 37° necessaire k la 
production du phenomfene de Pfeiffer, ne tarde pas k se coaguler: 
les gouttes deviennent troubles, geiatineuses. On pouvait penser que le 
pouvoir alexique n’apparaissait dans nos preparations qu’aprfcs la coagu¬ 
lation du plasma. Mais alors, il faut que le serum contienne une plus 
forte proportion de complement que le plasma correspondant, en d’autres 
termes que le serum soit plus manifestement bactericide. En effet, si 
pendant la vie les substances bactericides sifegent uniquement dans cer¬ 
tains leucocytes et ne diffusent qu’au moment oil le sang subit le pheno- 
mfcne de la coagulation, une difference nette doit apparaitre entre le 
pouvoir alexique du serum, provenant de la coagulation du liquide san- 
guin riche en leucocytes, et le produit de la coagulation du plasma, li¬ 
quide excessivement pauvre en cellules. 

Aussi nous sommes nous demande si la teneur de nos plasmas en 
matifere bactericide etait comparable k celle des serums frais provenant 
des mSmes animaux et recueillis en meme temps, lors de la prise du 
sang necessaire pour la preparation des plasmas. 

Pour eiucider ce point nous avons etudie comparativement Paction 
en gouttes pendantes de nos plasmas et de nos serums soumis k des 
dilutions de plus en plus fortes dans l’eau physiologique, non seulement 
sur des vibrions du cholera sensibilises, mais egalement sur des vibrions 
normaux, n’ayant pas subi l’influence de Pimmun-serum. Un tel serum 
ayant pour effet de favoriser Paction du complement au point de ne 
rendre necessaire pour Pobtention du phenomfene de Pfeiffer que des 
traces de la substance bactericide, il est bien evident que Pemploi de 
microbes tout k fait normaux sera plus apte k d6celer des differences 
dans la teneur en alexine de deux liquides. 

Les experiences faites dans ce but montrent qu’il faut diluer notre 
plasma de cheval k 1 p. 25 pour ne plus obtenir qu’une trfes legfcre 
transformation en .granules des vibrions du cholera sensibilises par 
l’immun-s6rum. Aprfcs deux et meme trois heures de contact k 37° le 
plasma de cheval ainsi dilue devient k peu pres inactif; les preparations 
ne montrent plus que de rares granules; les microbes en general ne 
paraissent nullement alter6s et prennent energiquement la couleur. Le 
plasma plus fortement dilue encore devient tout k fait inefficace, quelle 
que soit la duree du contact. Au contraire k des dilutions moindres le 
phenomena de Pfeiffer apparait et se manifesto avec d’autant plus de 
nettete et de rapidite que le plasma est moins dilue. Ainsi dans les 
preparations oil la dilution est k 1 p. 10 le phenomena debute au bout 
d’une heure de sejour k 37 °; apres deux heures la transformation porte 
sur la moitie environ des vibrions, l’autre moitie presentant manifeste¬ 
ment des signes d’alt6ration caracterisds notamment par une augmenta¬ 
tion d’epaisseur. 


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Lambotte, Contribution k l'Stude de l'origine de l’alexine bactericide. 457 


Le serum de cheval donne aux monies dilutions des r6sultats ab- 
solument comparables. Dilue au ‘/io ne se montre actif qu’aprfes 
une heure de contact, et il lui faut deux heures pour arriver k faire 
subir complement k la moitie environ des vibrions sensibilis<5s le 
ph6nomfene de Pfeiffer. De mfime son action devient nulle quand on 
d6passe la dilution de 1 p. 25; k cette dernifere dilution le nombre des 
granules est des plus restreints; k cote d’un grand nombre de vibrions 
intacts, quelques individus ont fini par se transformer aprfcs deux heures 
en grosses granulations qui se colorent facilement. 

L’analogie d’action du serum et du plasma d’un m6me animal ap- 
parait encore plus probante dans les essais pratiques sur les vibrions 
normaux. Ici, en l’absence de l’influence favorisante de l’immun-serum, 
la quantity de complement n6cessaire pour le phenomfcne de Pfeiffer 
devient plus considerable et par suite il sera plus facile de trancher 
d’une manure suffisamment demonstrative la question que nous nous 
sommes posee, k savoir si nos plasmas sont aussi riches en complement 
que les serums correspondants. 

Le serum bien frais de cheval ou de chien realise in vitro d’une 
manure appreciable la transformation granulaire des vibrions normaux: 
le phenomfene commence k devenir tres net au bout d’une heure k 37° 
et aprfcs deux heures il est complet. Mais dilue seulement de moitie k 
l’aide d’eau physiologique il perd beaucoup de son activite: la transfor¬ 
mation devient non seulement moins intense mais est de plus fort ra- 
lentie; il faut une heure et demie pour voir apparaitre quelques rares 
granules et aprfes deux heures les vibrions ne sont qu’en partie trans¬ 
formes. Enfin k des dilutions de 1 p. 2, 1 p. 3, 1 p. 4, Taction devient 
de moins en moins intense et k 1 p. 5 le serum de cheval ou de chien, 
k force d’etre dilue, ne realise plus le ph6nomfene de Pfeiffer apr&s 
deux heures de contact k 37 °. 

Le plasma de ces m£mes animaux etudie dans les memes conditions 
donne des rSsultats absolument paralieies. Non dilue, son action sur 
les vibrions est au moins aussi manifeste que celle du serum; aprfcs 
deux heures, presque tous les vibrions sont en granules. L’addition de 
liquide physiologique exerce sur lui le meme effet affaiblissant, et pour 
une dilution d6termin6e il est impossible de saisir une difference entre 
les preparations k plasma et les preparations a serum, que Ton envisage 
le temps necessaire k l’apparition du phenomfene ou la proportion des 
vibrions alters. 

Ajoutons que pour la poule les faits observes sont identiques: le 
plasma consider dans son action sur les microbes du cholera non sen- 
sibilises se comporte absolument comme le serum. 

Il n’y a done pas entre nos plasmas separes des leucocytes avant 
toute destruction de ceux-ci et les serums provenant de la coagulation 
du sang complet, de difference manifeste au point de vue bacteriolytique 
dans la teneur de ces liquides en complement. 

L’alexine bactericide, comme l’alexine hemolytique, ainsi que l’a 
montre Mr. Falloise, si elle provient de certains elements figures 
du sang, doit pouvoir diffuser de ces elements dans le liquide environ- 
nant avant la coagulation, e’est a dire avant la destruction des globules 
blancs. 

Liege, 1903. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


Nachdruck verboten, 

Zur Theorie der natiirliclieii antibakteriellen Immimitat 

[Aus dem bygienischen Institute der University Graz.] 

Von Dr. Paul Theodor Mfillcr, 

Assistant am hygienischen Institute Graz. 

Die Tatsache, daB ungfinstige Lebensbedingungen wie mangelhafte 
Ern&hrung, iiberm&Bige Anstrengung, ungesunde, unreinliche Wohnungen, 
psychische Schadlichkeiten, Kummer und Sorgen u. s. w. die Disposition 
des Menschen fur gewisse Infektionskrankheiten wesentlich zu erhdhen 
im stande sind, ist eine so allgemein bekannte und selbst der ober- 
fl&chlichsten Beobachtung sich aufdrftngende, dafi man seit langem daran 
ging, dieselbe auch experimentell, im Tierversuch, zu studieren und ihre 
Ursachen zu erforschen. W&hrend es sich nun aber bei diesen am 
Menschen gemachten Beobachtungen fast niemals um die Aufhebung 
einer wirklichen Immunit&t gegenuber den betreffenden Krankheits- 
erregern handelte, sondern immer nur um eine mehr oder minder hoch- 
gradige Steigerung einer auch im vollkommen normalen Zustande und 
unter giinstigsten Lebensbedingungen bestehenden Disposition, hat man 
sich im Tierversuche, wo man moglichst greifbare und krasse 
Resultate anstrebt, geradezu bemiiht, durch verschiedene im obigen 
Sinne einwirkende Schadlichkeiten die normaliter bestehende naturliche 
Immunitat der Tiere zu brechen und dieselben so fiir Infektionserreger 
empfanglich zu machen, denen sie unter gewohnlichen Verh&ltnissen 
nicht unterliegen*). Es ist nicht unsere Absicht, hier eine vollst&ndigc 
Uebersicht iiber die diesbeziigliche, bereits recht umfangreiche Literatur 
zu geben. Insbesondere mochten wir von vornherein davon absehen, 
alle jene Experimente in den Kreis unserer Betrachtungen einzubeziehen, 
bei welchen der Verlust der Immunitat durch Einfiihrung von Giften, 
Durchschneidung wichtiger Nervenst&mme und andere derartige direkte 
Eingriffe in den Chemismus oder Mechanisraus des betreffenden Tier- 
leibes bewirkt wurde, welche an und fiir sich schon geeignet sind, eine 
deutliche Erkrankung hervorzubringen. Aber auch bei den iibrigen, 
weniger eingehenden und eingreifenden Methoden, die Widerstands- 
f&higkeit der Versuchstiere herabzusetzen, wollen wir uns lediglich auf 
die Angabe der wichtigsten Versuchsergebnisse beschr&nken. 

Vor allem verdienen hier die bekannten Versuche von Canal is 
und Morpurgo (1) erw£hnt zu werden, welche zeigen konnten, daB 
Tauben konstant ihre Immunitat gegen Milzbrand verlieren, wenn man 
sie hungern lafit. Dieselbe Wirkung hatte partielle oder totale Ex- 
stirpation des Pankreas. Dauerte die Hungerperiode linger als 8—9 Tage, 
so waren die Tauben auch durch Nahrungszufuhr nicht mehr gegen 
den Milzbrandbacillus zu schhtzen. Viel geringer war der EinfluB des 
Hungerns beim Huhne. Hier gelang es nie, todlichen Milzbrand hervor- 
zurufen, wenn den Tieren erst vom Momente der Impfung ab die Nahrung 
entzogen wurde, dieselben starben erst dann, wenn sie 3—7 Tage vor 
der Infektion gehungert batten; weiBe Ratten waren durch Hungernlassen 
iiberhaupt nicht gegen Milzbrand empfanglich zu machen. Bakunin 

1) Wir sprechen hier wie im folgenden stets von der antibakteriellen und 
nicht von der antitoxischen Immunitat. 


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Muller, Zur Theorie der nattirlichen antibakteriellen Immunityt. 


459 


and Boccardi (2) bestatigten diese Befunde der genannten beiden 
Autoren, soweit sie das Verhalten der Tauben betrafen und ftigten die 
weitere Tatsache binzu, daB Blutentziehungen bei diesen Tieren nicht 
im stande seien, die Widerstandsfahigkeit gegen Milzbrand aufzuheben. 
Ebensowenig wird nach Versuchen Sanquiricos(3) beim Hunde durch 
wiederholte Aderlasse eine Disposition far den Bacillus anthracis 
geschaffen. Hingegen konnte Platania (4) sowohl Hunde wie Tauben 
durch Chloralisieren fur diesen Mikroorganismus empfanglich machen. 
Ebenso hatten Pern ice und Alessi(5) positive Resultate aufzuweisen, 
indem es ihnen gelang, durch Wasserentziehung, d. i. durch Dursten- 
lassen, sowohl Hunden als Tauben und Htlhnern ihre Widerstands¬ 
fahigkeit gegenflber dem Milzbrandbacillus zu nehmen. Allerdings waren 
die Versuche mit den Hunden insofern nicht ganz einwandfrei, als 
diese Tiere, wenn ihnen des Wasser entzogen wird, auch keine Nahrung 
mehr zu sich nehmen und daher eine sehr bedeutende Kr&fteabnahme 
erleiden. 

Charrin und Roger (6) liefien Ratten in einer Tretmilhle bis zur 
hochgradigen Ermfidung laufen und zeigten, daB sie in diesem Zustande 
erfolgreich mit Milzbrand infiziert werden konnten. Gibier(7) machte 
die interessante Beobachtung, daB FrQsche bei 37° C ihre natilrliche 
Immunitat einbiiBen und leicht am Milzbrand zu Grunde gehen, und 
Dieudonn6 (8) und andere Forscher (Petruschky, Lubarsch, 
Fahrenholz, Trapeznikoff) konnten diese Tatsache bestatigen. 
Umgekehrt konnte Ernst (9) Frdsche, welche bei niedrigen Temperaturen 
unfehlbar einer Infektion mit dem von diesem Forscher zuerst beschrie- 
benen Bacillus ranicida erliegen, dadnrch gegen denselben immun 
machen, daB er die Tiere in einen auf 25° C eingestellten Brutschrank 
brachte. 

Pasteur und Joubert (10) und sp&ter Wagner (11) haben 
Hiihner durch Temperaturerniedrigung — Eintauchen in Wasser von 
25° C — fOr Milzbrand empfanglich gemacht, Sawtschenko (12) hat 
denselben Effekt bei Tauben durch Durchtrennung des unteren Hals- 
teiles des Rdckenmarks erzielt, womit eine Temperaturerniedrigung von 
1—2° C einhergeht. Lipari (13) hat gefunden, daB vorUbergehend 
abgekuhlte Tiere der Infektion mit Pneumokokken leichter erliegen als 
normale Kontrolltiere, und Fischl (14) ist unter Anwendung einer 
etwas anderen Methodik zu demselben Resultate gekommen. Endlich 
hat Lode (15) in seinen umfangreichen Studien Uber die Beeinflussung 
der individuellen Disposition zu Infektionskrankheiten durch W&rme- 
entziehung den Nachweis erbringen konnen, daB in der Tat die Empf&ng- 
lichkeit far eine ganze Reihe von infektidsen Erkrankungen durch eine 
dauernde oder vorabergehende Abkahlung wesentlich erhoht werden 
kann. Eine Reihe anderer Autoren hat ahnliche Wirkungen durch Ein- 
verleibung der verschiedensten giftigen Substanzen, besonders von Blut- 
giften, erzielt, worauf wir jedoch, wie gesagt, nicht n&her eingehen 
wollen. 

Fragen wir uns nun, welche Vorstellung man sich heute von dem 
Wesen der natarlichen antibakteriellen Immunitat zu machen hat, so 
treten uns hier dieselben miteinander im Streite liegenden Hypothesen 
entgegen, welche sich auch auf dem Gebiete der erworbenen kanst- 
lichen oder natarlichen Immunitat seit Beginn der bakteriologischen Aera 
befehden. Nach der einen, die als Phagocytentheorie Metschnikoffs 
bekannt ist und die erst karzlich wieder eine erschopfende Darstellung 


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Centr&lbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 5. 


von seiten dieses Forschers erfabren hat, unterscheidet sich der fflr eine 
bakterielle Erkrankung disponierte Organismus von dem resistenten 
durch die geringere Lebhaftigkeit oder das vollkommene Ausbleiben der 
phagocyt&ren Reaktion. Die gegnerischen Theorien dagegen erkl&ren die 
Resistenz entweder durch die Anwesenheit bakterizider Substanzen in 
den Korpersfiften, oder — eine Anscbauung, die besonders von fiaum- 
garten 1 ) und seiner Schule vertreten wird — durch eine mangelnde 
Eignung der S&fte und Gewebe, fiir die betreffenden Mikroorganismen 
als N&hrboden zu dienen. 

Wie man sieht, ist die erstere dieser Theorieen, die Phago- 
cytentheorie, im wesentlichen eine dynamische: das Eindringen der 
Infektionserreger in den Organismus ist bei resistenten Tieren nach 
dieser Auffassung von einer lebhaften cellularen Reaktion gefolgt: Phago- 
cyten wandern aus, begeben sich an den Ort der Invasion, suchen die 
Mikroorganismen mit ihren Pseudopodien zu erfassen und in sich auf- 
zunehmen, worauf die Eindringlinge den zerstdrenden und verdauenden 
KrSften des Protoplasmas unterworfen werden und zu Grunde gehen. 
Das endliche Resultat dieses Vorganges, das man in sehr anschaulicher 
Weise als einen Kampf zwischen Leukocyten und fiakterien dargestellt 
hat, ist von dem Verh&ltnis der invasiven Krfifte der ein- 
gedrungenen fiakterien einerseits und der reaktiven 
Kr&fte des befallenen Organismus andererseits ab- 
h&ngig. 

Dagegen besteht nach den erwahnten beiden anderen Tbeorieen im 
Falle der Resistenz entweder eine ungtinstige Beschaffenheit der Gewebs- 
safte, welche die Entwickelung der eingedrungenen Krankheitserreger 
nicht gestattet und dieselben Hungers sterben l&Bt, oder es wirken die 
Korperfliissigkeiten direkt schadigend, abtbtend, bakterizid, in ahnlicher 
Weise, wie wir dies bei den zahllosen chemischen Desinfektionsmitteln 
zu beobachten in der Lage sind. Der lebende Organismus als 
solcher ist nach diesen Theorieen bei der Abtdtung der 
fiakterien*gar nicht aktiv beteiligt; die Theorieen sind 
mit anderen Worten — im Gegensatz zur Metschnikoff- 
scben — keine dynamischen, sondern statische, ein Unter- 
schied, auf den bereits Dr ago 2 ) aufmerksam gemacht hat. Eine ent- 
g&ltige Entscheidung zwischen diesen beiden sich entgegenstehenden 
Auffassungen ist bekanntlich bis zum heutigen Tage nicht erfolgt und 
dieselben werden in den verschiedenen feindlichen Lagern noch immer, 
wenn auch bereits mit verminderter Energie und Heftigkeit, verfochten. 
Es liegt uns hier vollkommen fern, in dieser strittigen Frage, auf die 
vielleicht eine vollkommen einheitliche Antwort gar nicht gegeben 
werden kann, fflr die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen. Soviel 
kann aber keinern Zweifel unterliegen, daB die Phagocytentheorie in 
einem Punkte einen wesentlichen Vorsprung vor ihren Gegnerinnen 
voraus hat, darin nSmlich, daB sie, wie eben auseinandergesetzt, eine 
dynamische Theorie darstellt. Denn ganz allgemein und nicht nur 
auf biologischem Gebiete wohnt den dynamischen Theorieen eine bei 

1) Baumgarten schreibt z. B. Berl. klin. Wochenschr. 1899. No. 41 hieriiber: 
„GemaB dieser Auffassung hangt die natiirliche Immunitiit einzelner Species, Rassen 
oder Individuen gegeniiber bestimmten Infektionskeimen wesentlich davon ab, dafi die 
betreffenden Species etc. nicht die fur ihr Leben und ihre Entwickelung notwendige 
chemische Zusammensetzung finden. u 

2) Drago, Rif. med. p. 175—177, zitiert nach Baumgartens Jahresber. 1898. 


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Muller, Zur Theorie der natfirlichen antibakteriellen Immunityt. 


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weitem groBere fiberzeugende and auch heuristische Kraft inne als den 
statischen. 

Es schien mir daher nicht ohne Berechtigung, die Frage aufzuwerfen, 
ob nicht auch fur die humorale Erklfirungs weise der 
Resistenz, welche die bakterienfeindliche Beschaffenheit der Kdrper- 
s&fte in den Vordergrund der Betrachtung stellt, dy namische Vor- 
stellungen entwickelt werden konnten, und ob sich auf Grund 
derselben nicht neue Fragestellungen fiir das experimentelle Studium 
dieses Erscheinungsgebietes ergeben wiirden. 

Nun ist allerdings durch die Erkenntnis, daB die Alexine in nahen 
Beziehungen zu den Leukocyten stehen und entweder von denselben 
intra vitam aktiv sezerniert oder wenigstens nach deren lode frei werden, 
eine gewisse Annfiherung der beiden sich bekampfenden Theorieen erfolgt 
und damit zweifellos eine mehr dynamische Auffassung auch im humoralen 
Sinne angebahnt worden, insofern, als man unter dem EinfluB einer er- 
folgten Infektion eine leukocyt&re Reaktion eintreten liefi, welche aber 
zur Vernichtung der Krankheitserreger nicht durch Phagocytose, sondern 
durch gesteigerte Alexinproduktion fiihren sollte 1 ). Es schien mir jedoch, 
als ob die Entwickelung der Immunitatslehre in den letzten Jahren und 
besonders die von Ehrlich und seiner Schule ausgegangenen Auf- 
kl&rungen fiber die Analogic der wirksamen Stoffe der normalen und 
der Immunsera noch in anderer Weise Mittel zu einer dynamischen 
Ausgestaltung der humoralen Theorie der natfirlichen Immunitat an die 
Hand geben wfirde, und zwar auf Grund folgender Ueberlegungen. 

Wie die vielfache und immer wieder bestatigte Erfabrung gelehrt 
hat, ist die Einverleibung bakterieller Substanzen in den tierischen 
Organismus meist von der Entstehung spezifischer Antikorper gefolgt, 
welche sich besonders leicht im Blutserum, aber auch in den Organen 
und Gewebssaften nachweisen lassen und welche zum Teil den aus- 
gesprochenen Charakter von Schutzstoffen besitzen, zum Teil allerdings 
einer solchen Bedeutung sensu strictiori zu entbehren scheinen. Jeden- 
falls stellen diese Antikorper das Produkt einer energischen Reaktion 
gewisser Korperzellen — welcher, mag unentschieden bleiben — auf die 
eingeffihrten mehr oder minder schadlich wirkenden Substanzen dar. 
Die Zeit, innerhalb welcher das Auftreten derartiger Antikorper im 
Blutserum zu beobachten ist, schwankt innerhalb ziemlich weiter Grenzen. 
Unter gfinstigen Umstfinden und bei Einverleibung genttgend groBer 

1) So schreibt z. B. Kruse in Fliigges „Die Mikroorganismen 44 . 1896. p. 406: 
„Friiher hat man ausschliefilich die baktenziden Eigenschaften der Safte dafiir ver- 
antwortlich machen wollen, neuerdings wurde die Mitwirkung der Leukocyten an dem 
Kampfe gut beglaubi^t, aber wohl gemerkt nur in dem Sinne, dafi der Wert der Leuko¬ 
cyten wesentlich in lhren Sekretionen, nicht in ihrer Frefitatigkeit besteht. Die 
ersteren kommen viel schneller zur Wirkung als die letztere.* p. 403: „Es werden 
also aus den Leukocyten den Alexinen ahnliche Substanzen frei, 
welche den erhohten Effekt bedingen. tt „Die Beteiligung der Leukocyten an 
der Alexinbildung wird durch diese Experimente zwar wieder bewiesen, aber die Herkunft 
aus an deren Quell en noch nicht ausgeschlossen. u Kruse spricht ferner auf Grund der 
bekannten Versuche von Denys und Kaisin die Ansicht aus, dafi die bakteriziden 
Substanzen unter Umstanden erst im Momente der Infektion in den Saften erscheinen, 
was offenbar als eine heilsame Reaktion des Organismus auf eine Bakterieninvasion 
aufzufassen sei; leider haben die eingehenden Untersuchungen Conradis die diesen 
Anschauunsen zu Grunde liegenden Experimente der beiden belgischen Forscher nicht 
bestatigen xonnen. Aus seinen Versuchen geht vielmehr, in Uebereinstimmung mit 
Lubarsch und Bail, hervor, fl dafi die Annahme von Denys und Kaisin, als 
ob der Hund bei der Milzbrandinfektion einen Zuwachs seiner bak¬ 
teriziden Krafte erhalte, der einwandsfreien Begriindung entbehrt". 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


Mengen geeigneter Bakterienarten sind dieselben jedoch oft schon nach 
1—3 Tagen deutlich nachzuweisen. Um ein konkretes, allerdings aus- 
nahmsweise giinstiges Resultat anzufflhren, so haben Pfeiffer und 
Marx (16) in ihren bekannten Untersuchungen fiber die Bildungsst&tte 
der Choleraschutzstoffe mitgeteilt, „daB in einem Versuche (No. 12) schon 
nach Ablauf von 24 Stunden, genauer nach 41 Stunden, Werte des 
Serums gefunden wurden, welche fiber den Titre des normalen Kaninchen- 
serums entschieden hinausgehen u . Die Injektion der Choleravibrionen 
bei diesen Versuchen geschah subkutan. 

Erw&gt man nun, daB erstens eine gewisse, jedenfalls nicht ganz 
unbetrSchtliche Zeit vergehen muB, ehe die (zum Teil schwer loslichen 
und diffusiblen) Zellbestandteile der Bakterienleiber von der lokalen 
Infektionsstelle an den Ort der haupts&chlichsten Antikbrperproduktion 
(Milz, Knochenmark etc.) gelangen; erw&gt man weiter, daB die An- 
wesenheit der AntikSrper im Blute erst dann nachweisbar werden kann, 
wenn eine genfigend groBe Menge derselben aus den Organen ihrer 
Entstehung ausgespfilt und in die S&fte fibergeffihrt wurde — welcher 
ProzeB durchaus nicht gleichen Schritt mit der Bildung dieser Substanzen 
zu halten braucht —, so kommt man notwendigerweise zu dem Schlusse, 
daB der Zeitraum, der zwischen dem ersten Eintreffen 
der bakteriellen Substanzen in den betreffenden Organen, 
und zwischen dem ersten Auftreten der Antikdrper (welche 
hierbei noch nicht in solcher Menge vorhanden zu sein brauchen, daB sie 
mit unseren relativ unempfindlichen Methoden nachzuweisen wfiren) liegt, 
ein noch bei weitem kiirzerer sein mufi, als es nach den 
eben zitierten Experimenten der Fall zu sein scheint. 

Wie groB fibrigens die zeitlichen Differenzen zwischen Auftreten der 
Schutzstoffe im Blute und in den betreffenden Organen sein konnen, 
geht wieder aus den Befunden von Pfeiffer und Marx hervor, nach 
welchen „mindestens in 2 unter 3 Versuchen schon im Laufe des zweiten 
Tages nach der Pr&ventivimpfung in der Milz deutlich nachweisbare 
Mengen von Choleraschutzstoffen vorhanden sind u , w&hrend bei 2 Ver¬ 
suchen die spezifischen Ver&nderungen im Blute erst vom 3. Tage 
(3 X 24 Stunden nach der Injektion) ab nachweisbar waren 1 ). Im selben 
Sinne wie die geschilderten Verh&ltnisse muB fibrigens noch der Umstand 
verzogernd auf die Nachweisbarkeit der schon gebildeten Antikorper ein- 
wirken, daB die in den betreffenden Organen abgelagerten und die 
cellul&re Reaktion auslosenden bakteriellen Substanzen meist die Fahig- 
keit besitzen, sehr bedeutende Mengen der Antikbrper zu binden und 
sofort nach ihrer Entstehung an sich zu reiBen; erst von dem Moment 
ab, wo diese Substanzen abgesattigt sind, kann demgem&B die Produktion 
der Immunkorper in die Erscheinung treten. Man wird daber wohl mit 
Recht die Behauptung aufstellen dtirfen, daB die Antikorperproduktion 
kein Vorgang ist, der etwa lange Zeit zu seiner Vorbereitung und Ein- 
leitung bedurfte, sondern man wird annehmen konnen, daB dieselbe 
schon sehr bald einsetzt, nachdem die betreffenden Organ- 
zellen mit den bakteriellen Substanzen in Beruhrung ge- 
treten sind. 


1) Analog fund van Embden bei seinen Versuchen fiber den Entstehungsort 
der Agglutinine 24 Stunden nach der Inokulation den Agglutiningehalt der Mite nodi 

f ering; 2 Tage nach der Injektion hingegcn wax die agglutinierende Substanz in der 
lilz in weit grofierer Konzentration vorhanden als in den iibrigen Organen und im 
Blute. (NederL Tijdschrift voor Oeneeskunde. Bd. II. 1898. Nach dem Referat in 
Malys Jahresber. 1898.) 


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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erfora chung des Gelbfiebers. 463 


DaB diese Anschauung zutreffend ist, geht auch aus verschiedenen 
anderen experimentellen Tatsachen mit groBer Wahrscheinlichkeit hervor. 
So vor allem aus der von Loeffler und Abel (17) festgestellten M5g- 
lichkeit, Meerschweinchen durch ein geeignetes Verfahren, das spfiter 
durcb Kollmann (18) eine weitere Ausbildung erfuhr, innerhalb ganz 
kurzer Zeit, d. i. innerhalb weniger Stunden, gegen hohe 
Dosen virulenter Bacillen unempfanglich zu machen. 
Denn wenn auch hierbei ein Nachweis von neugebildeten Antikorpern 
im Blute oder in den Geweben nicht besonders versucht worden zu 
sein scheint, so kann es doch wohl kauiu einem Zweifel unterliegen, 
daB bier deren Produktion ganz auBerordentlich rasch vor sich gegangen 
sein muB und es liegt kein Grund vor, die so erzeugte Immunit&t 
prinzipiell von der gewOhnlichen, erst nach langerer Zeit eintretenden 
Form abzutrennen, zumal auch in der Dauer derselben kein wesentlicher 
Unterschied besteht und die in so kurzer Zeit erzielte Widerstands- 
fahigkeit noch nach Monaten erhalten bleibt. Den einzigen Unterschied 
wird man also wohl nur darin sehen dttrfen, daB bei dem Verfahren der 
Schnellimmunisierung groBere Zellterritorien zu einer intensiveren reak- 
tiven TBtigkeit angespornt werden als gewohnlich. 

Noch eine andere Beobachtung spricht sehr entschieden fflr die 
grofie Schnelligkeit, mit welcher die AntikOrperproduktion der Infektion 
nachfolgt. Bail (19) hat n&mlich gezeigt, daB virulente Typhusbacillen, 
die ins Peritoneum eines Meerschweinchens eingespritzt werden, binnen 
durchschnittlich 3 Stunden eine charakteristische Ver&nderung 
erleiden, indem sie ihre Fflhigkeit einbflBen, durch spezifisches Typhus- 
serum agglutiniert zu werden. Diese merkwflrdige Erscheinung ist nach 
den Untersuchungen Bails darauf zurflckzufiihren, daB Vorstufen der 
Agglutinine (Agglutinophore), die in dieser ersten Zeit nach Einverleibung 
der Bacillen reichlich sezerniert werden, die Rezeptoren der Typhus- 
bacillen in Beschlag nehmen und so deren Beeinflussung durch die 
fertigen Agglutinine des zugesetzten Immunserums .verhindern. Auch 
hier haben wir also eine Tatsache zu verzeichnen, welche, und zwar noch 
eindringlicher als die frUher zitierten, zu beweisen scbeint, daB die Ent- 
stehung und Abstofinng der spezifischen Reaktionsprodukte der Kdrper- 
zellen sich zeitlich eng an die gesetzte Lfision anschlieBt. Auch Bail 
spricht sich in diesem Sinne aus: „Es mflssen also w&hrend der ersten 
3 Stunden die Typhusbakterien unter dem Einflusse einer KOrperreaktion 
gestanden haben, welche dann das Ausbleiben der Agglutination zur 
Folge hat. a 

(Fortsetzung folgt) 


Nachdruck verboten. 

Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des GeMebers. 

Eine neueMethode ftlr den raschen Nachweis 
des Bacillus icteroides Sanarelli. 

[Aus dem staatlichen Institut fflr Bakteriologie in S. Paulo, Brasilien.j 

Von Dr. Ivo Bandi. 

Die auBerordentlich grofien, zuweilen sogar unflberwindlichen 
Schwierigkeiten, welche bei den so wohl intravitam als post mortem 
angestellten Nachweisversuchen des Bacillus icteroides im Kflrper 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


der mit Gelbfieber behafteten Personen aufzutreten pflegen, h&ngen 
wesentlich davon ab, dafi derselbe im Menschenorganismus sich sehr 
langsam vermehrt und ferner, dafi er sich der antagonistischen Symbiose 
— welcher er ausgesetzt ist — mit den Keimen der sekundaren, am 
hSufigsten von dem Darme ansgehenden Infektion schlecbt anpafit, so 
dafi die letzteren ihn beinahe vollst&ndig uberw&ltigen. 

W&hrend die gegenwartig gefibten Isolierungsmethoden hinreichend 
sind, am das Vorhandensein des Bacillus icteroides im Blute der 
betreffenden Patienten — wo er auch in Reinknltur oder vermischt mit 
manchen verschiedenen Bakterien vorkommen kann — erweisen sich 
jedoch solche Verfahren als absolut mangelhaft, wenn es sich darum 
handelt, den Bacillus icteroides aus den Organen, resp. aus dem 
Blute der betreffenden gestorbenen Patienten zu isolieren; diese 
Schwierigkeit wird natiirlich urn so betrachtlicher, je langer die vom 
Absterben des betreffenden Kranken bis zur Obduktion verflossene 
Zeit war. 

Aus den ebenerw&hnten Griinden und da ich die giinstige Gelegen- 
heit hatte, bakteriologische Untersuchungen in der Isolierungsabteilung 
des Krankenhauses fflr Infektionskrankheiten in S. Paulo (Brasilien) in 
zwei Gelbfieberfallen auszuftthren, richtete ich meine Forschungen auf 
die L5sung der in Rede stehenden Frage. — Einer der betreffenden 
Kranken war kaum vor einigen Stunden ins Spital aufgenommen worden. 

Als ich die bakteriologischen Untersuchungen anstellte, konnte ich 
nach den Angaben des Patienten, sowie nach dem charakteristischen 
Krankheitsbild feststellen, dafi es sich hier um die Anfangsstufe des 
zweiten Krankheitsstadiums handelte, es war zweifelsohne ein Fall gut- 
artiger Natur. — Temperatur 36,8° C, Puls 96. 

Die ikterische Verf&rbung der fiufieren Haut war keine betrachtliche, 
starker jedoch war sie an der Bindehaut. H&ufiges Erbrechen, aber 
stets mit einem bilidsen Inhalt; es waren ferner Zahnfleischblutungen 
und Epistaxis vorhanden. 

Der nur an Menge herabgesetzte Ham war nicht eiweifireich, 
vielmehr ergab sich aus der Beschaffenheit desselben eine noch nicht 
vollstandige Niereninsufficienz. Aufier der fflr das Gelbfieber besonders 
charakteristischen Unruhe und Angst war das Sensorium nicht bedeutend 
in Mitleidenschaft gezogen. 

Ich entnahm nun aus einer der Venae medianae des rechten 
Arms und unter strengster Asepsis 20 ccm Blut, mit welchem ich 
15 Schragkulturen in Agar-Agar anfertigte, die ich alsdann in den 
Thermostaten bei einer Temperatur von 37° C setzte. 

Am darauffolgenden Tage, d. h. 16 Stunden nachher, konnte ich in 
drei der eingeimpften Rohrchen mehrere kleine, weifie, glanzende und 
mit regelm&fiigen R&ndern versehene Kolonieen wahrnehmen. 

Diese (ffinf) Kolonieen, welche ich zu einer weiter unten zu 
schildernden Untersuchungsreihe benutzte, bestanden aus dem typischen 
Bacillus icteroides Sanarelli. 

Im zweiten Falle handelte es sich um den Leichnam eines an Gelb¬ 
fieber gestorbenen Patienten. 

Die bei der Obduktion wahrgenommenen anatomischen VertLnde- 
rungen berechtigten mich zu der Annahme, dafi der in Betracht gezogene 
Fall eine subakute Form des Gelbfiebers darstellte. — Bald nach Beginn 
der betreffenden bakteriologischen Untersuchungen erkannte ich sofort 
die aufierordentlich grofien Schwierigkeiten, welche bei dem Nachweis 


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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des Gelbfiebers. 


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des Bacillus icteroides im Blute sowie in den einzelnen Organen 
aufgetreten waren, und zwar, weil die direkte bakteriologische Unter- 
suchung der Milz die Anwesenheit einer ziemlich grofien Anzahl von 
polymorphen Keimen in diesem Organe ergab. 

Es handelte sich hier zweifelsohne um einen der FSlle, wo im 
letzten Stadium der Erkrankung die Erreger der sekund&ren Infektion 
die spezifischen Gelbfieberbacillen ganz und gar iibertroffen batten, so 
dafi durch die sonst flblichen Isolierungsmethoden fiir den Bacillus 
icteroides kein befriedigendes Resultat zu erreichen war. Daher die 
Notwendigkeit, ein Verfahren zu sucben, durch welches es mir gelingen 
sollte, eine grbfiere Menge der von mir aufzufindenden Keime nachzuweisen, 
d. b. ein Mittel zu linden, welches, wie bei der Methode Sanarellis, 
behufs Nach weises des Bacillus in den Geweben der an Gelbfieber zu 
Grunde gegangenen Kranken, eine rasche, intensive Entwickelung des 
in Rede stebenden Bacillus bewirken konnte. 

Die Methode Sanarellis, welche nun liberall wohlbekannt ist, 
und die darin besteht, dafi die zu untersuchenden Gewebsstttcke in den 
Thermostaten bei 37 0 C 12 Stunden lang gesetzt werden, bewShrt sich in 
der Praxis nicht, um den Bacillus icteroides zu isolieren, der 
durch die Entwickelung anderer Mikrobien, welche eventuell mit dem 
ersteren wohl in urs&chlicher Symbiose in dem Medium vorliegen konnen, 
gar nicht gehemmt wird, und die Methode flir sich bildet ferner nicht 
immer die gfinstigsten Bedingungen zur genauen, absoluten Unter- 
scheidung des Bacillus icteroides von den anderweitig vorhandenen 
Bakterienarten und zur Isolierung derselben. 

Um ein praktisches Resultat zu erreichen, sollte man dahin ge- 
langen, dafi — falls es unmOglich ist, die Entwickelung andersartiger, 
in dem zu untersuchenden Material vorliegender Keime zu hindern — 
die rasche Vermehrung und die Gruppierung des Bacillus icteroides 
in gleicher Weise hervorgerufen wird, so dafi derselbe dem schadlichem 
Einflufi der iibrigen antagonistischen, mit ihm h&ufig in Symbiose ge- 
tretenen Bakterien entzogen und daher leicht im Kulturmedium auf- 
gefunden und isoliert wird. 

Damit solche Bedingungen in den Kulturmedien tats&chlich be- 
st&nden, und zwar fiir eine Bakterie, welche, wie es bei dem Bacillus 
icteroides der Fall ist, fast durchweg in absoluter Minderzahl gegen- 
fiber den andersartigen, mit ihr in Symbiose in dem Untersuchungsmaterial 
vorhandenen Mikrobien steht und welche sehr wahrscheinlich — wie es 
bereits Sanarelli nachgewiesen hat — von den letzteren leicht besiegt 
wird, war es unbedingt notig, dafi durch die neue Methode im Kultur¬ 
medium besondere, dem Bacillus icteroides gflnstige, sich auf eine 
spezifische Reaktion griindende Verh&ltnisse herbeigefiihrt wtlrden. 

Diese Bedingungen habe ich zu realisieren versucht, indem ich 
dazu die Spezifitfit der Absorptionsprozesse der Mikrobien verwendete, 
eine Eigenttlmlichkeit, die bereits durch die Forschungen Pasteurs 
fiber die Girungen bekannt und nachtr&glich durch die Untersuchungen 
zahlreicher Beobachter best&tigt worden ist. 

Ferner dachte ich, bei meinen Untersuchungen das spezifische 
Agglutinationsvermdgen des den Kulturmedien zugesetzten antiama- 
ryllischen Serums zu benutzen. 

Eine auf einem so genau bestimmten wissenschaftlichen Grund- 
satz fufiende Isolierungsmethode schien mir im ersten Augenblicke un- 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXTV. 30 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


fehlbar and ausgezeichnet in Hinsicht auf das praktische Resultat zu 
sein; nach einer weiteren genaueren analytischen Prflfung konnte ich 
jedoch die verscbiedenen Schwierigkeiten, die dem vorgesetzten Ziele 
entgegen standen, voraussehen. 

Wahrend wir nach den nenesten Forschungen fiber die verscbiedenen. 
die umfassende Frage der Immunit&t bildenden Vorg&nge nun wissen, 
dafi sowobl die Absorption als die Ern&hrung der Mikrobien von einer 
molekularen Selektion abhSngig sind, liegen andere in jfingster Zeit 
ansgeffihrte Untersuchungen vor, welcbe den Nachweis daffir geliefert 
haben, dafi solche Grunds&tze nicht als absolnt richtig gelten kOnnen. 

Was nan das Agglutinationsvermdgen der antibakterischen Sera im 
allgemeinen betrifft, so ist es bekannt, dafi ibre Spezifitfit fiber eine 
gewisse Grenze zu snchen ist, bis wohin die Bakterienagglutinine eines 
Serums manche molekulare Affinit&t auch mit andersartigen Keimen 
besitzen kdnnen. 

Ferner stellte ich mir noch eine zweite Frage: Angenommen, dafi 
es mir gelingen kdnnte, durch die Einwirkung der in dem spezifischen 
Serum enthaltenen Agglutinine in den Kulturen eine massenhafte Ent- 
wickelung des Bacillus icteroides zu erhalten, wire es mir als- 
dann moglich gewesen, aus dem flflssigen Kulturmedium, vie es sein 
mufi, damit die Agglutination stattfindet, den agglutinierten Bacillus 
zu isolieren? 


Diese beiden hochwichtigen Fragen, welcbe sofort bei der Betrach- 
tung der neuen Methode hervortraten, babe ich versucht, in folgender 
Weise zu ldsen: 

Durch sorgffiltiges Ausschaltungsvorgehen babe ich die spezifische 
agglutinierende Dosis des antiamaryllischen Serums, d. h. den Auf- 
losungsgrad des Serums in dem flfissigen Kulturmedium, bestimmt, durch 
velche das allgemeine Agglutinationsvermdgen ffir die andersartigen, 
im zu untersucbenden Material, eventuell in Symbiose, mit dem Bacillus 
icteroides vorbandenen Keime ausgeschlossen wird. Urn alsdann 
die Isolierung der im Kulturmedium flockenartig agglutinierten Bacillen 
hervorzurufen, stellte ich die Kulturen auf der im Brutofen flfissig er- 
baltenen Gelatine an — damit die Agglutination leichter stattf&nde — 
und dann liefi ich die Gelatine sofort und rasch erstarren; auf diese 
Weise konnte ich den Bacillus untersuchen und ihn aus den sich all- 
m&hlich in den tieferen Kulturschichten bildenden Gerinnseln isolieren. 

Die Technik meiner Methode ist die folgende: 

Vor allem bestimme ich die agglutinierende spezifische Dosis des 
Kontrollserums, indem ich zuerst mehrere Bouillonkulturen von ver- 
schiedenen Keimen anfertige, zu welchen das antiamaryllische Serum 
in verschiedenem Quantum zugesetzt wird. Dazu wfihle ich solche 
Mikrobien, welche am hSufigsten im Organismus mit dem Bacillus 
icteroides symbiotisch vorkommen; dann stelle ich eine Gelatine 
her, zu welcher ich das antiamaryllische Serum in der spezifischen agglu- 
tinierenden Dosis zusetze. Diese Gelatine wird in mehrere zweckmfifiig 
eingeschnfirte und darauf an der Flamme trichterfdrmig verschmolzene 
Glasrdhrchen verteilt. 

In diese Glasrdhrchen wird das zu untersuchende Material in kleiner 
Menge oberfifichlich eingeimpft und in den Brutofen bei 37° C gestellL 


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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforechung des Gelbfiebere. 


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Nach wiederholten Versuchen rauCte ich mich davon Qberzeugen, 
dafi 10- bis 12-proz. Gelatine, welche scheinbar den grofien Vorteil 
einer leichteren Erstarrung hatte, tats&chlich gar nicht empfehlenswert 
ist, weil die starke Densitfit des Mediums die Bildung groBer Flocken 
von agglutinierten Bacillen sowie ihren Niederschlag hindert 

Demzufolge ist die 7-proz. Gelatine die am besten dazu geeignete; 
sogar nach 5—6 Stunden kann man in derselben die Bildung von 
weifilichen, aus agglutinierten Bacillen bestehenden Flocken beobachten, 
welche nach und nach am Boden der Glasrohrchen niederfallen, wShrend 
an der Oberfl&cbe der Gelatinemasse eine gleichm&Bige Trflbung auftritt 
Meistens ist nach 10—12 Stunden die gleichm&Bige Trflbung in den 
oberen Kulturschichten sehr pr&gnant, und in den tieferen, wo die sich 
isolierenden Bacillen allm&hlich wegen der Densit&t des Mediums sp&r- 
licher werden, sieht man groBe agglutinierte Bacillenflocken, welche 
nach und nach an der Spitze des zugeschmolzenen ROhrchens, wo die 
Gelatine vollst&ndig klar ist, sich ansammeln. 

Die Kulturen werden sodann einer niedrigeren Temperatur aus- 
gesetzt bis zur Erstarrung der Gelatine, welche rasch vor sich geht, 
wenn auf die fiuBeren Wfinde des ROhrchens ein Strahl von Aethyl- 
chlorid gerichtet wird. 

Jetzt kOnnte das zugespitzte Ende des ROhrchens abgebrochen 
und mittelst einer dflnnen Platinnadel die agglutinierten Bacillenflocken 
hervorgezogen werden; doch ist man so nie sicher, die Isolierung in 
positiver Weise zu erreichen. 

Wenn in dem verd&chtigen, auf Bacillus icteroides zu unter- 
suchenden Material Bakterienarten vorhanden sind, welche — wie der 
Streptococcus — ihrer Natur nach sich agglutinieren und flecken- 
artig entwickeln, oder umfangreiche Massen bilden, welche ihrer eigenen 
Schwere wegen in die tieferen Kulturschichten herabsinken konnen — 
wie z. B. einige Proteus-Variet&ten u. s. w. — dann kOnnte es ja 
vorkommen, dafi man gar nicht zum beabsichtigten Zwecke kommt, falls 
weitere genauere Untersuchungen vers&umt werden. 

Um diesem Umstand vorzubeugen, verfahre ich nun in folgender 
Weise: 

Nach Abbrechung des zugespitzten ROhrchenendes wird der Inhalt 
in flufierst dflnner Schicht in eine sterilisierte Petri-Schale gegossen; 
alsdann schreite ich zur mikroskopischen Untersuchung, zuerst bei 
schwacher, dann bei starkerer VergroBerung der in der Gelatinemasse 
vorhandenen Flocken. 

Auf diese Weise wird die Identit&t der zu isolierenden Flocken, 
indem ich dieselben unter dem Mikroskop von der Masse herausziehe, 
festgestellt 

Hier mOchte ich bemerken, dafi der Bacillus icteroides — wie 
flbrigens viele andere Bakterien — wenn er sich dank dem Vorhandensein 
der Serumagglutinine im agglutinierten Zustand entwickelt, in durcbaus 
charakteristischer Weise langc, dflnne Kettchen bildet, welche sich 
gruppieren und zu einem aus dichten Maschen bestehenden Netzgewebe 
zusammensetzen. 

Unter solchen Verh&ltnissen gelingt es bei sorgf&ltiger Beobachtung, 
die aus agglutinierten Massen des Bacillus icteroides bestehenden 
Gebilde von denen des Streptococcus Oder irgend eines in dichte 
ZooglOen zusammengeflossenen Bacillus zu unterscheiden. 

Wenn ich die deutlich charakterisierten Stellen genau aufsuchte, 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


gelang es mir stets, den Bacillus icteroides zu isolieren, 
sei es durch direkte Einsaat in Bouillon, sei es durch eine neue, 
nach dem oben erwfihnten Verfahren angefertigte Kultur, um manche 
eventuell mechanisch mit den Flocken der agglutinierten Bacillen herab- 
gesunkenen Keirne auszuschlieBen. 

Durch diese Methode babe ich ohne Schwierigkeiten den Bacillus 
icteroides aus dem Blute, der Leber, der Galle und aus dem Darm 
in dem angegebenen Gelbfieberfall isolieren kdnnen, ferner gelang es 
mir stets, den kunstlich mit zahlreichen Bakterienvarietaten gemischten 
Bacillus icteroides nachzuweisen, w&hrend bei s&mtlichen Iso- 
lierungsversuchen in 4 Fallen von schwerem Ikterus, sei es intra vitam 
aus dem Blute, sei es post mortem in den verschiedeneu Organen, das 
Resultat durchweg ein negatives war, so gleichfalls bei den von mir in 
diesem Sinne mit dem Wasser der Wasserleitung von S. Paulo und im 
Erdboden des Isolierungs-Krankenhauses angestellten Untersuchungen. 

Identifikation des Bacillus icteroides. — Die beiden von 
mir in den 2 Fallen von Gelbfieber isolierten Keimen bildeten als- 
dann Gegenstand weiterer genauer Untersuchungen, um ihre vollstandige 
Identitat mit dem typischen Bacillus icteroides, wie er von 
Sanarelli entdeckt uud beschrieben worden ist, nachzuprhfen. Ich 
stellte auBerdem eine Reihe von Vergleichsuntersuchungen an zu dem 
Zwecke, ihre Spezifitat zu kontrollieren. 

Im nachfolgenden werde ich die Resultate dieser meiner Unter¬ 
suchungen zusammenfassen: 

Diagnostische Bedeutung der kulturellen und biolo- 
gischen Charaktere des Bacillus icteroides. — Betrachtet 
man die morphologischen und biologischen Merkmale des Bacillus 
icteroides, so kommt man zur SchluBfoIgerung, dafi dieselben meisten- 
teils keine bestimmte Spezifitat gegenilber jenen andersartigen Keimen 
besitzen. 

Sehen wir von dem feineren Bau und von der Zellenanordnung, 
sowie von der Beweglichkeit ab, welche dem Bacillus icteroides 
wie anderen Mikrobien gemein sind, so bemerken wir — in Hinsicht der 
kulturellen Charaktere — daB das von Sanarelli als spezifisch ffir 
den von ihm entdeckten Bacillus erklarte Merkmal („Siegellackpetschaft“) 
der Agarkultur in gewissen Verhaltnissen, so in manchen gut charakte- 
risierten Exemplaren des Bacillus icteroides nicht deutlich ist. 
In den Gelatineplattenkulturen kann ferner der Bacillus icteroides 
einen Pleomorphismus zeigen, obwohl dieser letztere nicht so pr&gnant 
zu sein pflegt, wie es bei dem Bacillus coli der Fall ist, von welchem 
er sich auBerdem durch mikrochemische Eigenschaften unterscheidet 
Der Colibacillus greift, obwohl nicht in sehr intensivem Grade, 
Eiweifi an, w&hrend bei dem Bacillus icteroides dies vermifit oder 
doch nur in undeutlicher Weise beobachtet wird. 

Die Icteroides-Kulturen zeigen auBerdem keine Indolbildung; 
andererseits ist uns durch die Untersuchungen Lambkes und m. a. 
bekannt, dafi auch anindolische typische Colibacillen vor- 
kommen. 

Der Bacillus icteroides ist bezuglich des zymogenetischen Ver- 
mogens von dem typischen Bacillus Escherich dadurch zu unter- 
scheiden, daB die von ihm bewirkte Zuckergarung schw&cher ist, obwohl 
dem Bacillus icteroides diese Eigenschaft in leichterem Grade und 
gegenfiber alien Zuckerarten doch innewohnt. Endlich darf man wohl 


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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des Gelbfiebere. 


469 


behaupten, daB h&ufig ein Vergleich zwischen den morphologischen und 
biologischen Charakteren des Bacillus icteroides und denjenigen 
eines Colimorphen Oder einer Varietfit des B. typhosimilis keinen 
sicheren Schlufi liefert 

Dieser Umstand bildet eine der haupts&chlichsten Schwierigkeiten 
fQr die Isolierung und Identifizierung des Bacillus icteroides, 
venn nicht alle die am besten dazu geeigneten Untersuchungsmittel 
verwertet werden, durch velche in unzweideutiger Weise die Diagnose 
des Bacillus icteroides gegenQber einem die babituelle Flora des 
Gelbfiebers, namentlich in den beschriebenen Fallen bildenden Mikro- 
organismus, festzustellen ist 

Nach diesen Betrachtungen, und trotzdem die beiden von mir iso- 
lierten Keime die biologischen und kulturellen, von Sanarelli fflr den 
Bacillus icteroides als eigentflmlich bezeicbneten Merkmale zeigten, 
dachte ich, die der Lebenst&tigkeit eines ins saprophytische Leben uber- 
tragenen pathogenen Keimes innewohnenden Merkmale als einfaches 
diagnostisches Hilfsmittel gelten zu lassen, velche Merkmale Obrigens 
aus verschiedenen Grunden sich findern kdnnen, unter velchen die Un- 
best&ndigkeit der chemischen Zusammensetzung der Kulturmedia be- 
deutungsvoll ist. 

Ich nahm mir also vor, meine Versuche nach einer besser dazu 
geeigneten Richtung fortzusetzen, namlich durch die NachprQfung der 
spezifischen Reaktion der beiden isolierten Keime gegenQber dem 
Blutserum von Gelbfieberkranken und dem antiamaryllischen Serum 
und indem ich ihr pathogenes Vermbgen bestimmte, velche Charaktere 
von der Lebenst&tigkeit der als Parasiten des Menschenkorpers betrach- 
teten Keime abhangen und den grOBten Wert fQr die Diagnose eines 
Krankheitserregers besitzen. 

Ueber die Spezifit&t der Bakterienagglutinine und des 
Sensibilisationsstoffes im antiamaryllischen Serum sovie 
im Blutserum der Gelbfieberkranken und der an dieser 
Erkrankung zu Grunde gegangenen Patienten. 

Da ich ein gevisses Quantum von antiamaryllischem Serum (zu 
Montevideo dargestellt), von einem an Gelbfieber gestorbenen Patienten 
stammendem Blutserum, sovie von einem in mehreren Sitzungen aus 
einem Gelbfieberkranken entnommenem Blutserum zur VerfOgung hatte, 
stellte ich einige Versuche fiber das agglutinierende und sensibilisierende 
Vermogen dieser drei Sera auf die zu untersuchenden Keime an. 

Nachtrfiglich schienen die Vergleichsversucfie des allgemeinen anti- 
bakteriellen mit dem spezifischen Vermdgen dieser, sovie anderveitiger 
Sera interessant, indem ich dieselben nacheinander mit verschiedenen 
Mikrobenvariet&ten in Berfihrung setzte. Bei dieser Untersuchungsreihe 
— auBer den oben genannten Sera — benutzte ich ein antityphisches, 
aus dem Institute ffir Serotherapie zu Bern stammendes Serum, ein 
im hiesigen Institute ffir Infektionskrankheiten hergestelltes Serum und 
die aus zvei Typhusffillen und aus vier schveren Ikterusfillen mehrmals 
vShrend des ganzen Krankheitsverlaufes, vfihrend der Rekonvaleszenz 
und post mortem entnommenen Sera. 

Die zum Vergleich gestellten Keime varen folgende: Die zvei von 
mir isolierten Mikrobien, die ich mit A und B bezeichne, der Bacillus 
Eberth, ein Colibacillus und ein Proteus vulgaris. 

Ich muBte mich bald fiberzeugen, dafi, um ein praktisch und sicher 


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470 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


verwertbares Resultat zu erhalten, es yorzuziehen ist, das Agglutinations- 
vermbgen durch Vegetation, indem die Absorptionsf&higkeit der Keime 
herangezogen wird, und nicht diese letztere durch Kontakt zu bestimmen. 
Dazu kam ich nach wiederholten Versuchen, welche den Nachweis dafilr 
geliefert haben, daC die Bestimmung des Agglutinationswertes eines 
Serums durch Kontakt eine bedeutungsvolle Fehlerquelle bildet. 

Setzt man einem gewissen Quantum der Bouillonkultur oder der 
Aufschwemmung eines Keimes in der physiologischen NaCl-L5sung 
die fflr die gewQnschte Ldsung hinreichende Probeserummenge zu, so 
verbinden sich die in dieser letzteren enthaltenen Bakterienagglutinine 
sehr bald mit dem agglutinierbaren Stoff, welcher im Leibe der mit 
diesen in Bertthrung kommenden Keime vorhanden ist, und rufen somit 
die Agglutination sowie die Erschdpfung der letzteren hervor, ehe die 
zur gleichm&Bigen Auflbsung des Serums in der Kulturfliissigkeit ge- 
richteten Manipulationen vollendet sind. 

Bei diesen Versuchen babe ich oft in den Proberdhrchen die so- 
fortige Bildung der aus den agglutinierten Keimen bestehenden Flocken 
beobachten konnen, welche nach und nach am Boden des RQhrchens 
sich absetzten. Die darttber bleibende FlQssigkeit zeigte eine gleichm&fiige 
Trflbung, und dies geschah sowohl wenn die mit Flflssigkeit beschickte 
Serummenge fflr die nach einem gewissen Zeitraum stattzufindende, 
vollst&ndige Agglutination der Kultur genflgend war, als auch wenn dies 
nicht der Fall war, diese Erscheinung hing von einer leicht begreiflichen 
Ursache ab. 

Die mit dem N&hrmedium angefertigte Kultur, welcher die ndtige 
Serummenge zugesetzt worden ist, gestattet n&mlich, die in Gegenwart 
der im Kulturmedium homogen verteilten Agglutinine liegenden Keime 
w&hrend ihrer Entwickelungsstufe zu untersuchen, woraus eine Summe 
von Verhaltnissen geliefert wird, welche auch in physiologischer Hinsicht 
gflnstiger sind; und zwar aus dem Grunde, weil dadurch zwei hoch- 
wichtige Faktoren nicht ausgeschlossen bleiben; diese letzteren sind: 
1) die Affinit&t der E rn&hrungsassimilation und 2) die 
Schutzreaktion des Keimes gegen das Medium, in welchem er sich 
entwickeln soil. Diese Momente dttrften wohl einen grofien EinfluB auf 
das Endergebnis hbent 

In sSmtlichen von mir ausgefflhrten Versuchen war ich stets be- 
strebt, immer unter mbglichst gleichen Verhfiltnissen zu arbeiten, indem 
ich jedesmal die gleiche Bouillonmenge anwandte und die Kulturen 
einer stets gleichen Temperatur und w&hrend einer durchweg gleichen 
Zeitperiode aussetzte. 

Den Sensibilisationsstoff bestimmte ich nach der Methode Bordet- 
Gengou, die ich hier im nachststehenden schildern mbchte: 

In ein ReagierrShrchen bringt man 12 / l0 ccm des zu untersuchen- 
den Serums, das bis 55° C und wahrend V* Stunde behufs Ausschliefiung 
der alkalischen Reaktion erw&rmt wird; dazu werden alsdann 4 / l0 ccm 
einer dichten Emulsion des gegebenen Keimes zugesetzt, welche letztere 
durch AufKsung einer gewissen Menge der Agarkultur in der normalen 
physiologischen NaCl-L5sunghergestelltwird, und endlich fflgt man 2 / l0 ccm 
normalen, nicht erhitzten (alexinierten) Serums dazu. — Nach 6 Stunden, 
w&hrend welcher Zeit diese Mischung bei Zimmertemperatur gehalten 
wird, fiigt man 1 / I0 ccm sensibilisierter Blutkdrperchen zu, d. h. mit 
einem 2mal so groBen Quantum eines fiir dieselben h&molytisch wirken- 
den, auf 55° C (nicht alexinierten) erhitzten Serums, und nachdem sie. 


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Bandi, Beitrag znr bakteriologischen Erforechnng des Gelbfiebers. 471 


behufs Ausrottung der Alexine wiederholt mit der physiologischen NaCl- 
Ldsung gewaschen worden sind. 

Diese Mischung wird mehrmals gerflhrt und dann an der Turbine 
zentrifugiert. 

Wenn das Probeserum kein sensibilisierendes Vermfigen fflr den 
mit ihm vermischten Keim hat, ist in dem Glasrfihrchen ein hfimolytischer 
V or gang wahrzunehmen, welcher sich dadurch kund gibt, dafi die fiber 
dem festen, durch das Zentrifugieren niedergeschlagenen Teil liegende 
Flfissigkeit eine rosarote Ffirbung zeigt, welche vom Pigment der auf- 
gelfisten roten Blutkfirperchen gebildet wird. 

Besitzt aber das Serum ein sensibilisierendes Vermfigen, dann pflegt 
diese Ffirbung nicht stattzufinden. 

Also beweist die Ab- oder Anwesenheit dieser hfimolytischen Er- 
scheinnng das Feblen oder die Anwesenheit des sensibilisierenden 
Vermfigens des in Bede stehenden Serums. Besitzt das Serum dieses 
Vermfigen fflr die mit ihm vermischten Keime, dann wird von diesen 
der sensibilisierende Stoff absorbiert und das in der Mischnng vor- 
handene Alexin gebnnden. In diesem Falle linden die sensibilisierten, 
der Mischung nachher zugesetzten roten Blutkfirperchen kein Alexin 
darin und bleiben somit nnverfindert Wenn das Serum keinen sensi¬ 
bilisierenden Stoff besitzt, dann werden die sensibilisierten roten Blut¬ 
kfirperchen in der Mischung das von den Keimen nicht resorbierte Alexin 
vorfinden, und es kommt alsdann zu ihrer Zerstfirung und darauffolgender 
H&molysis. 

Ich erachte es als zweckmfillig, hier einige Fehlerquellen zu erwfihnen, 
welche bei dem Nachweis des agglutinierenden nnd sensibilisierenden 
Vermdgens zu vermeiden sind, wenn man zu befriedigenden Ergebnissen 
gelangen will: 

Wenn das agglutinierende Vermfigen eines Serums festzustellen 
ist, dann mull man dazu nicht nur die Grenzen, bis wobin ein 
Serum die vollstfindige Agglutination und Prfizipitation eines gegebenen 
Serums bewirken kann, sondern auch den Punkt bestimmen, wo es eine 
lfihmende Wirkung und eine unvollstfindige Agglutination des Keimes 
ergibt, welche zuweilen bloB durch die mikroskopische Untersuchung 
nachzuweisen ist 

Das Abwaschen der roten Blutkfirperchen mit einer NaCl-Lfisung, 
um das Alexin zu beseitigen, erfordert die grfillte Sorgfalt, indem jedes- 
mal die Mischung zentrifugiert und die Abwaschflfissigkeit mittels einer 
Pipette angesogen wird, um dann noch eine andere frische Lfisung zuzu- 
setzen, wie es Bordet und Gengon empfehlen. 

Dieser Vorgang soil so oft wiederholt werden, bis man durchaus 
darflber sicher ist dafi (durch die mikroskopische Untersuchung) das 
spezifische Serum die roten Blutkfirperchen einfach agglutiniert, ohne die 
Zellen zu zerstfiren. 

Grofie Aufmerksamkeit mull man endlich der hfimolytischen Wirkung 
schenken, mag dieselbe auch schwach sein, welche die physiologische 
normale NaCl-Lfisung auf die Erythrocyten ansfiben kann. Oft ist die 
mikroskopische Untersuchung unentbehrlich znr Feststellung der even- 
tuellen Integritfit der roten Blutkfirperchen, denn man kann nicht immer 
fiber ein hfimolytisches Serum verffigen, in welchem nicht ein gewisses 
Quantum von aufgelfistem Hfimolysin enthalten ist. 

Handelt es sich darum, das sensibilierende Vermfigen eines Serums 
festzustellen — wie dies bereits flir die Agglutinine bemerkt worden ist — 


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472 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


dann muB man die verschiedenen Nflancen des Vorganges in Betracht 
ziehen, indem man beobachten muB, ob die die Reaktion beweisende 
Hemolysis vollst&ndig Oder teilweise, und nach welcher Zeit sie auftritt. 

Um die einzelnen Grade der sensibilisierenden Einwirkung der Sera 
festzustellen, babe ich konventionelle Benennungen angewandt, welche 
ziemlich genau sind, wenn die einzelnen Versuche womoglich stets unter 
gleicben Verh&ltnissen ausgeffihrt werden. Jedoch besitzen wir fflr die 
Bestimmung des Grades des hflmolytischen Vorganges keine bestandig 
genaue Methode. Wir wollen ja hoffen, bald eine prSzise bamolysimetrische 
Methode zu bekommen, welche sowohl praktisch als wissenschaftlich bei 
der graduellen Bestimmung dieser Erscbeinung ausreicht, deren Er- 
forschung zablreiche Fragen in der Cytobiologie lfisen wird, welche 
gegenwartig noch unbekannt Oder kaum bestimmt sind. 

Bei dieser Untersnchungsreihe habe ich folgende Benennungen 
gebraucbt: Starkes sensibilisierendes Vermogen, wenn die dem 
festen, durch Zentrifugieren abgesetzten Mischungsteil flberliegende 
Flflssigkeit keine Farbung zeigt; sensibilisierendes Vermflgen: mittel- 
stark, wenn die Flflssigkeit eine rosarote Farbung zeigt, und wenn 
durch die mikroskopische Untersuchung des Niederschlages die Auflosung 
mehrerer Erythrocyten nacbzuweisen ist; sensibilisierendes Vermogen: 
schwach, wenn die rosarote Farbung der Flflssigkeit ausgeprfigter 
ist und die roten Blutkorperchen meistenteils verandert sind; sensibili¬ 
sierendes Vermogen: null, wenn durch die direkte Untersuchung 
der Flflssigkeit und durch die mikroskopische Besichtigung des Nieder¬ 
schlages eine voilstandige Hamolysis nachgewiesen wird. 

Solche Bestimmungen wurden von mir festgestellt, indem ich die 
einzelnen Mischungen der Zimmertemperatur aussetzte und sie wieder- 
holt aufschflttelte, um die roten BlutkSrperchen mit den geringsten 
Spuren der sensibilisierenden Stoffe der Mischung in Berflhrung kommen 
zu lassen, damit die Hamolysine ihre Einwirkung vollstandig entfalten 
kflnnen. 

In der Tabelle auf p. 473 sind die Resultate dieser Untersnchungen 
zusammengefaBt 

Aus diesen Ergebnissen kann man nun folgende SchluBfolgerungen 
ziehen: 

Zunachst ergibt sich, daB die spezifischen, kunstlich hergestellten 
Antikorper des Blutserums der Tiere viel wirkungsfahiger sind, als jene 
von den an irgend einer Erkrankung leidenden Oder bereits in Rekon- 
valeszenz getretenen Patienten. 

Die Menge der im Blutserum der mit Gelbfieber behafteten oder 
daran zu Grunde gegangenen Patienten enthaltenen spezifischen Anti- 
korper ist geringer als bei an Typhus leidenden Oder diese Infektion 
flberstanden habenden Kranken. 

Die ein starkes, spezifisch antibakterielles Vermogen zeigenden Sera 
enthalten zuweilen einige fflr anderweitige Bakterienarten als Antikorper 
wirkende Stoffe; diese Fahigkeit ist allerdings schwficher als das spezi- 
fische Vermogen, wenn die betreffenden Versuche, um jeder Fehlerquelle 
vorzubeugen, mit der grflBten Sorgfalt ausgefflhrt werden. 

Bei den mit dem Blutserum von Gelbfieberkranken oder -leichnamen 
sowie bei Icterus gravis angestellten Versuchen stehen diese beiden 
Charaktere gar nicht in Verbindung untereinander, d. h. einem gewissen 
— allgemeinen oder spezifischen — Agglutinationsvermogen entspricht 
die vflllige Abwesenheit eines sensibilisierenden Vermogens. 


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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforechung des Gelbfiebers. 


473 



Bestimmung des 
Agglutinations- 
vermogens der Sera 

Bestimmung des 
Sensibilisations- 


vermogens der 

Sera 


Bacillen 
A u. B 

Coli¬ 

bacillus 

Bacillus 

Eberth 

Proteus 

vulgaris 

Bacillen 
A u. B 

Coli¬ 

bacillus 

Bacillus 

Eberth 

Proteus 

vulgaris 

Antiamaryllisches Serum 

Serum eines Gelbfieberkranken 

1:4000 

! 1:80 

y 40 

1:40 

stark 

mittel 

mittel 

schwach 

(Anfang der 2. Periode) 

1:10 

1:8 

— 

— 

e 

a 

a 

a 

Serum eines Gelbfieberkranken 









(Anfang der Rekonvaleszenz) 
Senun eines Gelbfieberkranken 

1:15 

1:8 

— 

— 

schwach 

a 

a 

a 

(vollstandige Genesung) 

1:20 

1:8 

— 

— 

a 

a 

a 

a 

Serum einer Gelbfieberleiche 
Serum eines schweren Ikterus 

1:5 

1:5 

1:5 

1.5 

a 

a 

a 

a 

1. Fall 

1:7 

1:7 

1:7 

1:7 

a 

a 

a 

a 

do. 2. „ 

1:5 

1:5 

1:5 

1:5 

a 

a 

a 

a 

do. 3. ,, 

1:5 

1:5 

1:5 

1:5 

a 

a 

a 

a 

do. 4. „ 

1:10 

1:10 

1:10 

1 :10 

a 

a 

a 

a 

Serum aus einem Ikteruskadaver 

1:10 

1:10 

1: 10 

1: 10 

a 

a 

a 

a 

Serum aus Typhoid (1. Woche) 
Wahrend der Infektionsakme 

— 

1:10 

1:10 

— 

— 

a 

a 

a 

a 

i e 

e 

a 

a 

In voller Rekonvalescenz 

— 

1:10 

1:40 

— 

a 

o 

# 

a 

Zweiter Fall (1. Woche) 

— 

— 

_ 

— 

a 1 

a 

a 

a 

Wahrend der Infektionsakme 

— 

— 

1:15 

— 

e 

a 

a 

a 

In voller Genesung 
Antityphisches Serum des 

— 

— 

1:50 

— 

a 

a 

mittel 

a 

Institutes in Bern 
Antityphisches Serum des In¬ 

1:50 

1:60 

1:2000 

1 :30 

mi t tel 1 

mittel 

stark 

•chwach 

stitutes fur Bakteriologie in 
St. Paulo 

1:30 

1:60 

1:1800 

1:20 

schwach , 

mittel i 

stark 

schwach 


Das Blutserum der Typhuskranken sowie der Gelbfieberpatienten 
kann den Colibacillns schwach agglutinieren. 

DaB die spezifischen Sera eine Menge von Antikorpern enthalten, 
welche etwas grOBer ist als die des Blntserums von Menschen, bei 
welchen die Infektion noch besteht oder welche dieselbe flberstanden 
haben. Dies ist eine Erscheinung, welche gar nicht in Erstaunen setzen 
soil; das Vorkommen der Bakterioagglutinine und der Bakteriolysine im 
Blutserum, als Beweis der antibakterischen Wirkungsfahigkeit, wird durch 
die Yerdauung der im Bakterienleibe enthaltenen Plasmoprote'ine im 
Organismus bewirkt. 

Die in einem gegebenen Serum enthaltene Antikdrpermenge wird 
also von der Menge der Bakterienkdrper abh&ngen, welche vom Organis¬ 
mus, aus welchem das Serum stammt, verdaut wird; und dieses Quantum 
soil zweifelsohne in den gegen eine Infektion vaccinierten Tieren grdBer 
sein als in den Organismen, welche die gleiche Infektion spontan acquiriert 
haben. 

Aus meinen Versuchen wflrde sich also ergeben, daB im Blutserum 
— bei Gelbfieberkranken — sowohl auf dem HOhepunkt der Infektion 
als nach vollstfindiger Genesung ein gewisses, doch nicht sehr hoch- 
gradiges, antibakterisches, spezifisches Vermogen fiir die beiden von mir 
isolierten Keime vorhanden ist. Dazu ist noch zu bemerken, daB die 
Vermehrung und ZerstSrung des Bacillus icteroides in den Gelb¬ 
fieberkranken gar nicht energisch, aktiv stattfindet. Die oft unttber- 
windlichen Schwierigkeiten, welche bei dem Nachweis dieses Keimes 


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474 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 

auftreten, stfitzen vollkommen diese Hypothese. Das Gelbfieber ist, 
angesichts des ganz besonderen Krankheitsbildes, ala eine schwere In- 
toxikation anzusehen, and der rasche Verlauf desselben gestattet nicht, 
dafi im Organismus die spezifischen Antikorper in betrfichtlicher Menge 
elaboriert werden. Doch hat uns die Erfahrung gezeigt, dafi selbst bei 
der typhSaen Infektion, welche zn zahlreichen Untersuchungen fiber die 
Spezifitfit der antibakterischen Substanzen Gelegenheit gab, das anti- 
bakterielle VermQgen hfiufig fehlt oder dafi es sehr schwach ist and 
zwar sowohl wfihrend der Infektion als auch bei der Immunitfit. 

Aus den neuesten Forschungen ergibt sich die Erklfirung der Er- 
scheinung, dafi die antityphosen and antiamaryllischen Sera, welche eine 
betrfichtliche Menge von spezifischen Antikdrpern enthalten, eine anti- 
bakterielle Wirkung auf andere Keime ansfiben kdnnen; die Spezifitfit 
der Antikorper mufi keineswegs als eine unbeschrfinkte aufgefafit werden. 

Ebenso wie die Cytoagglutinine und Cytolysine, welche eine spezi- 
fische Wirkung ffir die sie erzengenden Zellen besitzen, auch von an- 
deren Gewebselementen absorbiert werden kdnnen, kommt es gleich- 
falls vor, dafi die ffir die sie erzeugenden Keime spezifischen Bakterio- 
agglutinine und Bakteriolysine die gleiche Wirkung auf andere Mikroben 
entfalten kdnnen. Dies hfingt meistenteils von der relativen Identitfit der 
chemischen Zusammensetzung der verschiedenen Bakterienzellen ab. 

Das von mir in den Seren der Gelbfieber- und der Ikteruskranken 
nacbgewiesene allgemeine Agglutinationsvermdgen hfingt von den im 
Blute vorhandenen Gallenbestandteilen ab, wie es verschiedenartig zu- 
weilen bei dem Gelbfieber und stets bei dem schweren Ikterus der 
Fall ist. 

Hier mochte ich nur an die Untersuchungen Kohlers erinnern, 
welche den Nachweis geliefert haben, dafi dieses Agglutinationsvermogen 
der Galle vorwiegend der taurocholischen Sfiure zu verdanken ist. 

Aus der Betrachtung meiner Untersuchungsergebnisse geht endlich 
hervor, dafi das Blutserum von Gelbfieber- und Typhuskranken ein 
Agglutinationsvermogen auf den Colibacillus ausfiben kann. 

Diese Erscheinung soli eigentlich nicht mit der ablaufenden Infektion 
in Zusammenhang gebracht werden, denn es ist uns wobl bekannt — 
nach den Kdblerschen Versuchen — dafi das Blutserum normaler 
Individuen den Colibacillus agglutinieren kann. 

Untersuchung fiber die pathogene Wirksamkeit des 
Bacillus icteroides. 

Wir wissen aus Erfahrung, dafi bei dem vollstfindigen Nachweise 
der Spezifitfit eines Keimes als Erreger einer gegebenen Infektion hfiufig 
die experimentelle Hervorrufung der Krankheit ausbleibt, obwohl es 
zuweilen gelingt, einige pathognomonisch charakteristische Symptome 
derselben hervorzurufen. 

Was nun den Bacillus icteroides betrifft, so ist esja bekannt, 
dafi es keinem Forscher gelungen ist, durch denselben bei den Ver- 
suchstieren das genaue und vollstfindige Krankheitsbild des Gelbfiebers 
des Menschen hervorzurufen. 

Sfimtliche Forscher, die sich mit der Frage beschfiftigt haben, be- 
haupten jedoch, bei einzelnen Versuchstieren einige der pathognomonischen 
Symptome durch Inokulation mit lebenden Kulturen oder mit den Toxinen 
des Bacillus icteroides hervorgerufen zu haben. 

Da ich mir vorgenommen hatte, keines der diagnostiscben Hilfs- 


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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des Gelbfiebera. 


475 


mittel zu versiiumen, am festzustellen, ob es sicb bei den beiden 
von mir isolierten Keimen tatsachlich am den Bacillus icteroides 
handelte, so stellte ich Versuche fiber ihre pathogene Wirkung an. 

Aus den ausgeffihrten Experimenten fiber die Virulenz und Toxizit&t 
der beiden von mir isolierten Keime ergibt sicb, dall dabei keine nennens- 
werten Unterscbiede bestehen. 

Die mit den lebenden sowie mit den abfiltrierten Kultnren der 
beiden Keime in Meerschweincben und Kaninchen ausgeffihrten In- 
okulationen lieferten mir den Nachweis, dafi die Art des Prozesses 
keine bemerkenswerten Unterschiede gegenfiber anderen experimentellen 
Infektionen und Intoxikationen, wie z. B. denjenigen des Colibacillus 
und Proteus vulgaris, zeigte (ausgenommen die cyklische, 5 Tage 
andauernde Periode bei der Kanineheninfektion). 

Nur bei dem Hunde vermag das Icteroides-Gift einzelne patho- 
gnomonische Symptome des Gelbfiebers des Menschen hervorzurufen; 
dies ergibt sicb aus den Forschungen San ar ell is und mebrerer anderer 
Beobachter, die sich mit der Frage beschfiftigten. Demnach stellte ieh 
einige Versuche bei dem Hunde an und ffihrte aufierdem Vergleichs- 
untersuchungen zwischen den von mir isolierten und anderen Keimen 
— Colibacillus, Bacillus Eberth, Proteus vulgaris, Diph- 
theriebacillus — aus. 

Nach Sanarelli soli die endovendse Inokulation sowohl der leben¬ 
den Kulturen als der Toxine des B. icteroides der beste Weg sein, 
um positive Resultate beim Hunde zu erzielen. 

Bei der Bestimmung der sicher letalen Dosis der lebenden Kultur 
und des Toxins meiner beiden Mikroben im Vergleich mit den Kulturen 
und den Toxinen des Colibacillus, des B. Eberth, des B. diph- 
theriae und des Proteus vulgaris benutzte ich junge, 24 Stunden 
alte Bouillonkulturen und 15 Tage alte, abfiltrierte Kulturen. 

Die sicher letale Dosis von lebender Kultur und von Toxin, die in 
die Venen von 4—5 kg wiegenden Hunden inokuliert worden war, war 
bei den zwei von mir isolierten Bacillen 3 resp. 5 ccm. 

Bei Hunden von einem etwa gleichen Korpergewicht ergab sich 
ferner, dafi die infektifise und toxische Wirkung des Proteus vul¬ 
garis im allgemeinen starker ausfallt als bei meinen beiden Keimen; 
die fibrigen Keime sind weniger virulent und toxisch. 

Bald und fast unmittelbar nach der Inokulation der Kultur und der 
Toxine der beiden Probekeime erscheint bei dem Hunde als Reaktions- 
symptom das Erbrechen. 

Ich konnte auch beobachten, dafi die mit dem Proteus und dessen 
Toxinen ausgeffihrten Inokulationen dieselbe Erscheinung mit beinahe 
gleicher Schnelligkeit und zuweilen auch mit grfifierer Intensitfit hervor- 
rufen. 

Die Kultur sowie die Toxine der Diphtheric ergaben mir niemals 
diese Wirkung. 

Ich beobachtete ferner, dafi die im Verlaufe des infektiosen und 
toxischen Prozesses auftretenden krankhaften Erscheinungen — Diarrhoen 
und Darmblutungen — durch die Inokulationen mit dem Proteus in 
pragnantester Weise hervorgerufen werden. 

Die beiden von mir isolierten Keime, der Colibacillus und der 
Bacillus diphtheriae, stehen in dieser Hinsicht dem oben genannten 
nach. Der Bacillus Eberth pflegt niemals Darmblutung hervor- 


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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


zurufen. Sogar, wenn er in hdchsten Dosen inokuliert worden war, gelang 
es mir nie, das Versuchstier zu tOten. 

Aus diesen Vergleichsversuchen darf man den SchluB forraulieren, 
daB die beiden Keime bei Hunden eine bochgradige brechreizende und 
hamolytische Wirkung entfalten, welche jedoch gar nicht als spezifisch 
zn betrachten ist, weil die gleiche Wirkung gleichfalls mehr oder wenig 
hochgradig auch von andersartigen Keimen hervorgerufen wird. 

Die makroskopiscbe pathologisch-anatomische Untersuchung bei den 
durch die beiden von mir isolierten Keime sowie durch den Proteus, 
Colibacillus, Diphtheriebacillus in dem Hunde hervorgerufenen In- 
fektionen und Intoxikationen zeigten in deutlichster Weise, daB in den 
durch Proteus und Colibacillus hervorgerufenen Prozessen die 
Blutungen, bei den durch meine beiden Keime und durch den Diphtherie¬ 
bacillus verursachten Infektion und Intoxikation Degenerationsver&nde- 
rnngen vorwiegen. 

In diesen beiden Fallen handelt es sich mehr urn Intoxikation als 
um Infektion. 

Wahrend dies ffir den Diphtheriebacillus bei Menschen und Ver- 
suchstieren die Regel ist, ist es mir bei dem Hunde nicht gelungen, 
sogar nach Inokulation grofier Mengen lebender Kulturen der beiden in 
Rede stehenden Keime, eine iippige Vermehrung der spezifischen Bak- 
terien nachzuweisen; im Gegenteil sind dabei die sekundaren In- 
fektionen vorwiegend, wie es iibrigens bei den Gelbfieberkranken der 
Fall ist. 

Durch Inokulation des Virus oder des Toxins in den Hund habe 
ich immer einen krankhaften Zustand hervorrufen konnen, welcher der 
Invasionsperiode des Gelbfiebers des Menschen sehr 
fihnlich ist 

In dieser Periode kann die bakterioskopische und bakteriologische 
Untersuchung des Blutes positiv ausfallen, wenn die inokulierte Virus- 
dosis hoch genug ist. 

Nach dieser ersten Periode, welche gewdhnlich mehrere Stunden, 
gemaC der Virulenz oder der Toxizitat des inokulierten Materials, an- 
dauert, kommt eine Intoxikationsperiode, bei welcher es selten gelingt, 
das Vorhandensein des inokulierten Keimes im Blute nachzuweisen, 
trotzdem die injizierte Dosis eine grofie war. In dieser Periode beginnt 
der Uebergang der Keime der sekundaren Infektion ins Blut. 
Der Nachweis dieser Erscheinung, welche fast niemals bei der sorg- 
faitigen bakteriologischen Untersuchung von Gelbfieberfailen vermifit 
wird, hat einen groBen Wert; die Erforschung des Mechanismus dieser 
sekundaren Infektionen — sei es bei den Gelbfieberkranken, sei es bei 
den Versuchen — ist unbedingt notig, denn sie beherrscht das ganze 
Krankheitsbild des Gelbfiebers von der zweiten Periode bis zu Ende, 
namentlich aber bei den letal endenden Fallen. 

Die vergleichende Forschung der sekundaren Infektionen im Gelb- 
fieber des Menschen nnd die experimentelle Erzeugnng derselben in den 
Versuchstieren bildet eigentlich den Gegenstand einer zweiten Mitteilung, 
welche ich bald erscheinen lassen werde. 

Die am schwersten von dem Diphtherievirus und von dem in den 
in Rede stehenden Kulturen vorhandenen Virus angegriffenen Organe 
sind die Leber und die Nieren. 

Die in Betracht kommenden Toxine entfalten eine degenerative 
Wirkung, welche sogar starker als die des Diphtherievirus ist, welches 


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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des Gelbfiebere. 477 


letztere, wie uns durch die Versucbe von Ehrlich und Flexner 
bekannt ist, eine hochgradige degenerierende Wirkung besitzt; ferner 
ist die erwfihnte Wirkung der ersteren sehr ahnlich der einiger Pflanzen- 
gifte — wie des Abrin des Jequirity und des Ricin. 

Diesen Unterschied, welcber makroskopisch sehr prfignant ist, habe 
ich in Fallen, wo der ProzeB eine Zeitlang andauerte, stets beobachtet. 
Die Leber des Versuchsbundes nimmt dann die sehr charakteristische 
Beschaffenheit der sogenannten „gekochten Leber, totblaB oder leder- 
farbigen Leber“, an, wie sie fast konstant bei dem letal endenden Gelb- 
fieber der Menschen zu beobachten ist. 

Diese so hochgradige degenerative Wirkung der von mir isolierten 
Keime muB als echte spezifische gelten, und dies sowohl be- 
zfiglich der Intensity als der Schnelligkeit ihres Auftretens. 

Bei einem mit einer stfirkeren als die minimale Letaldosis Kultur- 
menge inokulierten und 8 Stunden darauf gestorbenen Hunde gelang es 
mir, bei den mit dem Gefriermikrotom und dann mit Sudan III 
hydroalkoholischen L5sung behandelten Schnitten der Leber und der 
Nieren eine betrachtliche Menge von granulierten Fettzellen im Geffifi- 
lumen nebst granulierten Fettcylindern in den Nierentubula sowie In¬ 
filtrate mit grofien oder kleinen Fetttropfen in dem Protoplasma der 
meisten Zellen zu beobachten, ein Befund, den ich weder durch das 
Diphtherietoxin noch mit anderen Bakterien erhalten habe. 

Zur Vervollstandigung der Zusammenfassung meiner Versuche fiber 
die pathogene Wirkung des Bacillus icteroides mochte ich hier 
noch bemerken, daB die Inokulationen mit defibriniertem amaryllischen 
Blute in die Venen von 2 Hunden und 2 Kaninchen in Mengen von 6 
reap. 3 ccm keine nennenswerten Wirkungen hervorriefen. 

Dies hfingt von dem relativen Widerstande, welcber von den Ver- 
suchstieren den in Rede stehenden Keimen gegenfiber entfaltet wird, ab, 
welche letzteren in dem von mir benutzten Blute in kleiner Menge vor- 
banden sind. 


Schl uJBfol gerun gen. 

Aus meinen hier geschilderten Untersuchungen geht hervor, daB die 
beiden von mir in Gelbfieberkranken und -leichen isolierten Keime als 
zwei Exemplare des Bacillus icteroides Sanarelli zu betrachten sind. 

Was nun die Spezifitfit dieses Keimes betrifft, so kdnnen wir fol- 
gende Schlfisse ableiten: 

Der Bacillus icteroides bildet eine scharf charakterisierte Bak- 
terienart. 

Die Anwesenheit des Bacillus icteroides in den Gelbfieber¬ 
kranken oder -leichen kann durch dazu geeignete Untersuchungsmittel 
nachgewiesen werden. 

In den Gelbfieberkranken kann der Nachweis des Bacillus icte¬ 
roides fehlgehen, weil derselbe sich in denselben nicht intensiv ver- 
mehrt; man sieht in diesen Fallen, was bei der Untersuchung des 
Typhusbacillus im Blute der Typhuspatienten vorzukommen pflegt. 

Der Bacillus icteroides wurde im Blute der Gelbfieberkranken 
nicht allein in der praagonischen Periode mit andersartigen Keimen 
vergesellschaftet, sondern auch in reinem Zustande in gutartigen Fallen 
nachgewiesen, und in diesen letzteren konnte dem Bacillus nicht die 
Bedeutung eines Erregers sekundarer Infektion, der vom Darmkanal 
eingewandert ist, zugeschrieben werden. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 5. 


DieDifferentialdiagnosedes Bacillus icteroides gegenflber anderen 
Mikroorganismen, die mit ihm verwechselt werden kfinnten, grfindet 
eich hauptsachlich auf zwei wesentliche, durchaus individuelle Merkmale: 
1) aut die spezifische Empfindlichkeit den Bakterioagglutininen 
und der sensibilisierenden Substanz gegenttber, welche in dem anti- 
amaryllischen Serum enthalten sind, und 2) die steatogene Wirkung 
auf das Protoplasma der Leberzellen, insbesondere bei der experimentellen, 
bei dem Hunde ausgefiihrten Inokulation. 

Die fibrigen Bakteriengifte besitzen kein so starkes Degeneration 
bewirkendes Vermfigen auf das Zellenprotoplasma wie das Icteroides- 
Toxin, welches somit die charakteristische Ver&nderung des Menschen- 
gelbfiebers erzeugt. 

Das Blutserum der mit Gelbfieber behafteten Patienten und der- 
jenigen, die die Erkrankung fiberstanden haben, entfaltet nicht immer 
eine sehr pr&gnante agglutinierende und sensibilisierende Wirkung auf 
den Bacillus icteroides. 

Diese Erscbeinung wird bei zwei aufierordentlich toxischen Erkran- 
kungen beobachtet, namlich beim Tetanus und der Diphtheric. 

Der Nachweis des genau charakterisierten Bacillus icteroides 
ist bisher weder in Leichen noch in an anderen Infektionen leidenden 
Patienten, noch in der Umgebung der Lander, wo das Gelbfieber ende- 
misch ist, vermifit worden. 

Das negative Eesultat, welches ich stets bei den Nachweisversuchen 
des Bacillus icteroides in an andersartigen Infektionen leidenden 
Patienten erhielt, hat den grOfiten Wert betreffs der Ffille von schwerem 
Ikterus. 

Es ist wohl bekannt, dafi zwei Krankheiten, die in den Tropen ziemlich 
haufig vorkommen — trotzdem, wie es scheint, dieselben nicht zwei der 
pathogenetischen tropikalen Flora ausschliefilich zugehdrende Erkrankungs- 
formen bilden —, die Febris biliosa gravis und der Icterus gravis, zuweilen 
Schwierigkeiten, Unbestimmtheiten etc. bei der Feststellung der Diffe¬ 
rentialdiagnose des Gelbfiebers bereitet haben. Und tatsachlich hat in 
filterer Zeit mancber Forscher das bilifise h&morrhagische Fieber als 
Gelbfieber der Akklimatisierten betrachten wollen. 

Wenn einerseits die epidemiologischen, klinischen und pathologisch- 
anatomischen Befunde die wichtige Unterscheidung dieser 3 Erkrankungen 
bestimmen lassen, so geht andererseits aus den Erfahrungen hervor, 
dafi in besonderen Verhaltnissen sogar ein fleifiiger, geschulter Beobachter 
in Zweifel geraten kann bei der Feststellung der Differentialdiagnose 
zwischen dem Gelbfieber und den beiden anderen genannten Krank¬ 
heiten. 

Ich mfichte gerade auf die Best&ndigkeit aufmerksam machen, wo- 
mit das Resultat der bakteriologischen Untersuchung, die sich auf die 
ganz verschiedene klinische Symptomatology und auf die pathologisch- 
anatomischen Befunde grfindende Differentialdiagnose stfitzt, sich be- 
statigt hat. 

Endlich, wenn der Bacillus icteroides als banaler Keim be- 
trachtet wird, dann mufi man noch den innigen Mechanismus auffinden, 
wodurch diese Bakterie ausschliefilich bei dem Gelbfieber die 
Widerstandsf&higkeit des Organismus besiegt, ihn besetzt und die In- 
toxikation hervorruft. 

Der Nachweis solcher Tatsachen stimmt gar nicht mit den ver- 
muteten, in der letzten Zeit von Reed und Carroll auf Cuba erhal- 


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Zielleczky, Antwort auf die Bemerkungen von Herm Dr. Alfred Wolff etc. 479 


tenen Resultaten flberein, welche Untersuchungen die Ldsung dieser 
wichtigen Frage der Tropenpatbologie in ein durchaus neues Gebiet, 
d. h. der ultra-visiblen Keime fibertragen wfirden; ein neues Gebiet, 
ein neuer Forschungsweg, die von Loeffler im Jahre 1898 zuerst an- 
gezeigt worden waren durch die Erforschung des aphthOsen Rinderfiebers, 
und welche sodann von No card und Roux (Peripneumonie der Rinder), 
von Sanarelli (Myxodem der Kaninchen) und von Centanni (Vogel- 
pest) verfolgt worden sind. 


Nachdruck verboten. 

Antwort auf die Bemerkungen von lerm Dr. Alfred Wolff 
in seiner Abhandlung „Die Differentialdiagnose des Typhus- 
Bacillus vom Bacterium coli 1 2 ) auf Grand der Saurebildung“, 

betreffend die von mir angestellten 
Versuche fiber „biochemische und differentialdiagnosti- 
sche Untersuchungen einiger Bakterien mittels 
Phenolphtaleinnfihrbfiden 112 ). 

Von Dr. Rudolf Zielleczky. 

Von einer Studienreise zurfickgekehrt, ist es mir erst jetzt mfig- 
lich, infolge Aufforderung des Prof. Dr. Kasparek, in dessen Institute 
meine biochemischen Untersuchungen mittels Phenolphtalei'n von mir 
durchgeffihrt wurden, zu den auf meine Arbeit sich beziehenden Be¬ 
merkungen von Dr. Alfred Wolff folgende Aufklarung zu geben: 

In Uebereinstimmung mit den in meiner Arbeit angeffihrten 
Resultaten bemerkt Herr Wolff auf p. 646 im Centralbl. f. Bakt. etc. 
Bd. XXXIII. 1903. No. 8 zu meiner Tabelle folgendes: 

„Es kann gar nicht geleugnet werden, dafi oftmals mit Hilfe der 
Saurebildung eine Diagnose gestellt werden kann, wie berechtigt es 
jedoch von mir war, die Methode zu differentialdiagnostischen Zwecken 
abzulehnen, ergibt sich z. B. ans Tabelle 6 von Zielleczky selbst. 

Kultur 

A. Coli II. Nach 5 7 9 11 15 24 Std. 

5 ccm Bouillon unver- ent- stark Zuuahme nur noch ganz ganz entfarbt 

andert farbt entfarbt der Entfar- schwach rosa ge- 

bung farbt und triib 

B. Typhus IL 

5 ccm Bouillon do. etwas Entfarbung Entfarbung leicht entfarbt und ganz entfarbt 

heller nimmt zu nimmt zu klar und klar 

Ich sehe darin eine groBe Parallelitfit beider Saurebildungen, wie 
ich sie selbst mehrmals beobachtete und die durch eine etwas eigen- 
artige Nomenklatur von Z. verdeckt wird. Es ist sonst nicht zu ver- 
stehen, wie die Bouillon nach 7 Stunden entfarbt, nach 9 Stunden stark 
entfarbt, nach 15 Stunden nur noch ganz schwach rosa sein soil, nach- 
dem inzwischen die „Entffirbung“ zugenommen hatte.“ 

Wir sehen ein, daB hier die Nomenklatur etwas unklar ist, und 
nach der Ueberprfifung unserer frfiheren Protokolle und der Versuche 


1) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXIII. 1903. No. 8. p. 646. 

2) Erschienen unter diesem Titel im Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXII. 
1902. No. 10. 


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Centralbl. f. Baku etc I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 5. 


gelangen wir dazu, dafi es selbstredend empfehlenswerter wfire, wenn 
statt der Ausdrticke „entfarbt, stark entf&rbt, Zunahme der Entf&rbung, 
nur noch ganz schwach rosa gefSrbt tt die Farbenanderung als hell-rosa- 
rot, noch heller, gelb mit Rosaanflug, gelb mit ganz zartem Rosaanflug 
bezeichnet ware. 

Daneben ware noch zu bemerken, dafi die Berflcksichtigung der 
Veranderung zwischen der 5. und 6. und 6. und 7. Stunde viel mehr 
zur Klarheit beigetragen hatte. Allein da es sich in der Tabelle VI 
nm andere Versuche als um die Differenzierung von Typhus und Coli 
handelte, namlich um die Menge der Saurebildung in Mischkulturen 
yon Coli und Typhus, schenkten wir der Bezeichnung der Farben¬ 
anderung in dieser Tabelle nicht jene Genauigkeit, wie es in den vor- 
herigen geschehen war. 

Es ist auch selbstverstandlich, dafi die S&uredifferenzierungsmethoden, 
nachdem sie — wie Wolff treffend bemerkt — auf rein quantitativen 
und nicht auf qualitativen Verhaltnissen beruhen, nicht jene Sicherheit 
bieten wie das Pfeiffersche Phanomen und die spezifische Aggluti¬ 
nation. 


Die Redaktion des „Centralblatts filr Bakteriologie und Parasitenkunde“ 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige Wilnsche um 
Lieferung von besonderen Abdriicken ihrer Aufsdtxe entweaer bei der Ein- 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben zu 
wollen oder sp&testens nach Empfang der ersten Korrekturabzilge direkt an 
den Verleger , Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu Lassen. 


Inhalt. 


Bail, Oskar, nnd Pettersson, Alfred, 

Untersuchungen uber naturliche und 
kfinstliche Milzbrandimmunit&t. VII., 
p. 445. 

Bandi, Ivo, Beitrag zur bakteriologischen 
Erforschung des Gelbfiebers. Eine neue 
Methode ftir den raschen Nachweis des 
Bacillus icteroides Sanarelli, p. 463. 

Bertarelli, E., Ueber einen ziemlich sel- 
tenen Tuberkelsputumbefund, p. 411. 

Bose, P. J., Les Epitheliomas parasitaires. 
La clavel£e et rEpitheiioma claveleux, 
p. 413. 

Doerr, Robert, Beitrag zum Studium des 
Dysenteriebacillus, p. 385. 

Ghon, Anton u. Sacks, Milan, Beitrftge 
zur Kenntnis der anaeroben Bakterien 
des Menschen. (Forts.), p. 398. 

Lambotte, JJ., Contribution h l’4tude de 
Torigine de l’alexine bactericide, p. 453. 

Lipstein, A., Ueber Immunisierung mit 
Diphtheriebacillen, p. 421. 


Mdller, Paul Theodor, Zur Theorie der 
naturlichen antibakteriellen Immunitftt, 
p. 459. 

Prdscher, Ueber die ktlnstliche Immunit&t 
gegen Staphylokokken, p. 437. 

Wiener, E., Weitere Bemerkungen zur 
Entstehung von Rattenepizootien, p. 406. 

Zangger, H., Deutungsversuch der Eigen- 
schaften und Wirkungsweise der Immun- 
kOrper, p. 428. 

Ziellecsky, Rudolf, Antwort auf die Be¬ 
merkungen von Herm Ur. Alfred Wolff 
in seiner Abhandlung „Die Differential- 
diagnose des Typhusbacillus vom Bac¬ 
terium coli auf Grand der Sfturebildung 4 *, 
betreffend die von mir angestellten Ver¬ 
suche iiber „biochemische und differen- 
tialdiagnostische Untersuchungen einiger 
Baktenen mittels Phenolphtalelnnahr- 
bOden, p. 479“. 


Fm mmanna che Bnchdruckerei (Hermann PoUe) in Jena. 


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tntnlkl. f. Bate etc. I. UL Original'. BO. mIV. Ni. B. 


Nachdruck verboten . 

Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des 

Menschen. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien 
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).] 

II. Zur Aetiologie des Gasbrandes. 

Von Dr. Anton Glion und Dr. Milan Sachs. 

(Erster Teil.) 

Mit 3 Tafeln. 

(Fortsetzung.) 

M 28, 285 g, am 21. Dezember 1903 intraperitoneal 2,5 ccm einer 48-stiindigen 
Zuckergelatinekultur. 

Die Injektion wurde mit groBer Vorsicht vorgenommen, es gelangte anscheinend 
nichts von der injizierten Fliissigkeit in das subkutane Bindegewebe der Bauchhaut. 
Tod zwischen 10 and 21 Stunden. 

Sektion am 22. Dezember, A / 2 1 Uhr mitta^s (in der Zwischenzeit am Eis): In 
der linken Inguinalbeuge (Injektionsseite) kirschfarbenes Oedem in fferinger Ausdehnung. 
Das subkutane Gewebe der Bauch wand, namentlich der linken Flanke, gleichfalls kirsch- 
farbenahnlich gefarbt und etwas feuchter. Das Abdomen aufgetrieben. In der Bauch- 
hohie in sparlicher Menge freie, triibe, schwach rotlich gefarbte Fliissigkeit. Das Peri¬ 
toneum parietale kirschrarben, das der linken Seite dunkler. Die Serosa des Darmes 
starker gerotet, namentlich die des Magens, Diinndarmes sowie des Uterus. Auf dem 
Magen und der unteren Flache des linken Leberlappens zarte Fibrinflocken. Leber wie 

f ekocht, morsch. Milz klein, blaBbraun. Nebennieren graugelb. Nieren graurotlich- 
raun, weich. Lungen blaB. Herz gefiillt. 

Deckglaspraparate: peritoneale Fliissigkeit: Bchmale, meist gerade 
8tabchen, sehr haufig in langen gegliederten und ung^liederten Faden, vorwiegend 
Gram-negativ, seltener mit Uebergangsfarbung und Gra m -positiv. Gram-negative, 
schlecht tingierte, besonders diinne For men (Degenerationsformen ?). 

Kulturen: a) peritoneale Fliissigkeit: Aerob: Steril. Anaerob: 
maBig reichliches Wachstum mit Gasbildung (Keinkultur). 
d) Herzblufc: Anaerob: steril. 

Histologischer Befund: 

1) Leber. Die Kerne der Leberzellen im allgemeinen gut farbbar, Konturen er : 
halten. GefaBe gut gefiillt. Auf der Oberflache stellenweise eine zarte Exsudatschicht 
sichtbar, die fast ausschlieBlich aus polynuklearen Leukocyten besteht. 

2) Schnitt durch das Omentum mit anhaftendem Pankreas zeigt im letzteren 
keine besonderen Veranderungen. Das Netz jedoch erscheint an vielen Stellen voll- 
standig durchsetzt von polynuklearen Leukocyten, deren Kerne gut erhalten sind. 
Zwischen den Eiterzellen finden sich raehr oder weniger reichlich Gram-positive Ba- 
cillen, sehr haufig in langeren Fadenformen. Die GefaBe sind stark gefullt, in ihnen 
keine Bakterien nachweisbar. 

c) Bei intramuskularer Infektion (hintere Extremit&t) zeigten 
die Muskeln und das interstitielle Bindegewebe an der Injektionsstelle 
und in der Umgebung neben mehr Oder minder reichlicher Durch- 
tr^nkung mit trtiber, rotlicher Fliissigkeit meist ausgebreitete hSmorrha- 
gische Imbibition, das subkutane Bindegewebe der infizierten Extremitat 
sowie der region&ren Inguinalbeuge und der angrenzenden Bauchwand- 
partieen ahnliche Beschaffenheit wie nach subkutaner Infektion. Gas- 
blaschen waren im Bereiche der Infektionsstelle sowie im odematos 
durchtr^nkten, subkutanen Gewebe in mehr oder minder reichlicher 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 31 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Menge vorhanden oder fehlten in anderen Fallen. Der fibrige Befund 
wich im allgemeinen nicht von dem bei subkutaner Infektion ab. 

M 21, 570 g, am 30. Mai 1902 intramuskular (linker Oberschenkel, hinten) 
2 ccm einer 48-stundigen Zuckergelatinekultur von M 20. 

Nach 14 Stunden der linke Oberschenkel stark geschwollen; deutliches Knistera. 
Tier schwer krank. 

Tod dee Tieres nach 21 Stunden. 

Sektion, unmittelbar post mortem: linker Oberschenkel und seine Umgebung 
geschwollen. Deutliches Knistera am linken Oberschenkel und in der linken Flanke 
bis gegen die Mittellinie des Bauches hin. Haut im Bereiche dieser Veranderungen 
feucht und an der Aufienseite des linken Oberschenkels (Injektionsstelle) an einer lang- 
lich geformten Stelle schwarzlich-rot. Diese Partie ist unregelraafiig begrenzt und setzt 
sich von der Umgebung scharf ab. Binde- und Fettgewebe der linken Inguinalbeuge 
reichlichst durchtrankt von schmutzig kirschroter Flussigkeit und abgehoben. Dieselbe 
Fliiseigkeit durchtrankt auch das Unterhautbindegewebe der ganzen linken Extremitat, 
des Genitale, der rechten hinteren Extremitat, des ganzen Bauches, beider Flanken bis 
hinauf zum Rippenbogen und der hinteren linken Riickenpartie. Nur in der linken 
Flanke und an der linken hinteren Extremitat kleinere Gasblaschen im durchtrankten 
Unterhautbindegewebe. Sonsfc keine Gasblasen. Muskulatur des Bauches glanzend, 
licht kirschrot. An der linken hinteren Extremitat Gasblaschen im Bindegewebe zwischen 
den Muskelbundeln und unterhalb der Muskelscheiden. Bindegewebe und Muskelbundel 
feucht, letztere streckenweise blutig imbibiert. Von den Querschnitten durch die Muskel 
lafit sich reichlich rotliche, triibe Flussigkeit abstreifen. Inguinale Lymphdrusen klein- 
linsengrofi, dunkelrot, sukkulent, gefleckt, in hamorrhagisch-odematoses Binde- und 
Fettgewebe eingehullt. In der Bauchhohle keine freie Flussigkeit, vom Peritoneum 

S arietale etwas rdtlich gefarbte Flussigkeit abstreifbar. Peritoneum feucht-glanzend, 
iister gerotet. Milz dunkelrot, klein. Leber braunrot. Nieren dunkelbraunrot. 
Nebennieren rotlich-gelb. In der Pleura des linken Lungenuuterlappens einige Ekchy- 
mosen. 

Deckglas praparat e: a) Subkutane Flussigkeit: M&fiig viele Gram¬ 
positive Bacillen, sparliche geschwollene Formen, wenig Sporen. 

b) Muskelsaft (linker Oberschenkel): Dieselben Bacillen formen wie bei a), nur 
etwas reichlicher. 

In Jodpraparaten die Bacillen meist gleichmafiig lichtgelb, sparlich schwarzlich- 
braun gefleckt. 

c) Peritoneum: Gram-positive Bacillen wie bei a) und b), auffallend lange 
gegliederte und ungegliederte Faaen. 

Kulturen: a) Bubkutane Flussigkeit: Aerob: Steril. Anaerob: Wachs- 
tum mit GasbUdung (Reinkultur). 

b) Herzblut: Anaerob: Steril. 

Histologische Untersuchung: 

1) Haut, Unterhautbindegewebe und Muskulatur des linkenOber- 
schenkels von der Injektionsstelle: Epidermis im Stratum Malpighii strecken¬ 
weise kernlos und dann zu einer gleichmafiig schmutzigrot gefarbten Swiicht umge- 
wandelt. Zellkerae der Haarschafte und -balge teils nocn gut gefarbt, teils undeuthch 
oder ganz fehlend. Bind^ewebe der Cutis liber weite Strecken kernlos oder nur mit 
vereinzelten gut erhaltenen Kernen. Bindegewebsfasern machtig g;equollen. In den 
tieferen Schichten der Cutis und in den oberflachlichen Muskelschichten verschieden 

f ofie, meist langlich gestaltete, aber unregelmafiig begrenzte, leere Hohlraume. Die 
asern der oberflachlichen Muskelschichten auseinandergedrangt durch gequollenes und 
teilweise kernloses Bindegewebe oder durch grofiere ZeUhaufen, deren Kerne rundlich* 
polymorph oder langlich und meist sehr dicht gelagert sind, dabei intensiv gefarbt er- 
scheinen. Dicht gelagerte Kerahaufen grenzen die oberflachliche Muskelschicht auch 
nach oben und unten zu ab. Sie setzen sich gleichfalls aus verschiedenen Formen zu- 
sammen, darunter auch viclen kleeblattahnlichen, manchmal bestehen sie aber fast aus- 
schliefilich aus langen oder langgezogenen Formen. Die Muskelfasern erscheinen 
homogen oder mehr oder weniger aufgefasert oder in verschieden grofie, unregelmafiige 
Stiicke zerfallen. Die Querstreifung ist nur zum Teil erhalten. 

Aehnliche Veranderungen finden sich auch in den tieferen Muskelschichten, die 
oft uber weite Strecken kernlos sind und deren Fasern oft so starke Quellung zeigen, 
dafi sie sich untereinander nur unscharf abgrenzcn. Ab und zu trifft man au<3i in den 
tieferen Muskelschichten auf grofiere oder kleinere Hohlraume, sowie auf ZeUhaufen, 
die meist aus multinuklearen Leukocyten bestehen und mchr oder weniger ausge- 
sprochenen Kernzerfall zeigen. Die Zellenhaufen sind verschieden grofi und in ihrer 
Lmgebung erscheinen die Muskelfasern haufig nur mehr aus kleineren undeutlichen 


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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 483 


Zerfallsstficken bestehend. Wo die Muskelfasern langs getroffen sind, zeigen dieZellen- 
herde streifenformige Anordnung. Im interstitiellen Binde- und Fettgewebe der tiefen 
Muskelschichten findet man reicnlichst feingekornte, mit Eosin hellrot gefarbte Massen 
und versehieden groBe Blutauatritte urn die Gefafie, deren auBerste Schichten meist 
dieselben Veranderungen zeigen wie das umgebende Bindegewebe, deren Endothelien 
jedoch durchaus gut erhalten sind. 

Bakterien lassen sich in alien Schichten in reichlicher Menge nachweisen, am 
reichlichsten im lockeren Bindegewebe zwischen den Muskelbfindeln und -fasern. In 
enormen Mengen finden sie sich auch in der Umgebung der Zellenhaufen. Es sind 
durchweg Gram -positive Bacillen von verschiedener Lange, in kiirzeren und auch 
langeren Faden, oft angeschwollen oder wie geblaht aussehend. Keine sicheren Sporen. 

2) Haut, Unterhautbindegewebe und Muskulatur der linken 
Flanke: Bindegewebsfasern der Cutis und Subcutis gequollen, fiber weite Strecken 
vollig kernlo8. Auch die Muskulatur stellenweise kermos, ihre Fasern in der schon 
wiederholt beschriebenen Weise mehr oder minder schwer verandert. Im interstitiellen 
Bindegewebe verschiedene groBe Hohlraume neben reichlichen, homogen oder feinge¬ 
kornt aussehenden Massen, in den tieferen Schichten um die GefaBe kleinere Zellen- 
herde, aus ein- oder mehrkernigen Leukocyten bestehend. 

Reichlich Bacillen von demselben Aussehen und denselben farberischen Eigen- 
schaften wie bei 1). 

3) In der linken Inguinaldrfise kleinere Blutungen, die Follikel derselben 
dadurch teilweise zerstort. Sur in den auBeren Schichten der Kapsel finden sich meist 
langere Gram-positive Bacillen. 

4) Unter iappen der linken Lunge: Im Lungengewebe unmittelbar unter der 
Pleura mehrere versehieden groBe Blutungsnerde ohne Bakterien. 

M 22, 445 g, am 30. Mai 1902 iutramuskular (linker Oberschenkel) 1 ccm 
einer 48-sttindigen Zuckergelatinekultur von M 20. 

Tod des Tieres nach 21 Stunden. 

Sektion, 3 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): Kein Kn is tern. 
Haut der linken Bauchseite und der linken hinteren Extremitat odematos. An der 
AuBenseite des linken Oberschenkels die Haut in ca. kreuzergrofier Ausdehnung dunkel- 
schwarzrot. Von dieser Stelle aus zieht ein dunkelroter Streifen fiber die linke In- 
guinalbeuge und Flanke gegen den Rippenbogen, scharf sich absetzend von der odema- 
tdsen, sonst aber weifilich-grau aussehenden Umgebung. Unterhautbinde- und Fett¬ 
gewebe der linken hinteren Extremitat, der linken Flanke und der linken Bauchseite, 
sowie beider Inguinalbeugen reichlichst durchtrankt von fast dunkel-kirschroter Flfissig- 
keit, am reichlichsten in der linken Inguinalbeuge. Nirgends Gasblasen. Muskulatur 
des linken Oberschenkels stark durchfeuchtet und streckenweise blutig imbibiert. In 
der Bauchhohle geringe Menge leicht hamorrhagisch aussehender Flfissigkeit. Zwischen 
den Darmschlingen Gasblasen, Peritoneum stark feucht, dfister-rot. Milz klein, braun. 
Leber dunkelbraunrot. Nieren braungelb, Oberflache zart granuliert. Nebennieren grofi, 
rotlich. Lungen fleckig anthrakotisch. 

D eckglaspraparate: a) Muskelsaft vom linken Oberschenkel: Mafiig viele 
Gram-positive Bacillen, meist kurz, sparlicher angeschwollene Formen, sparlich Sporen. 

b) Subkutane Flfissigkeit: Sehr sparlich G r a m - positive Bacillen wie bei a). 

Kulturen: a) Subkutane Flfissigkeit: Aerob: Sterii. Anaerob: Wachstum 
mit Gasbiidung (Reinkultur). 

b) Herzblut: Anaerob: Sterii. 

His tologische Untersuchung: 

1) Haut und Unterhautbindegewebe aus der linken Flanken- 
gegend (mit blutigem Streifen): Rete und epidermale Gebilde der Haut gut erhalten, 
die Bindegewebsfasern der Cutis und Subcutis machtig gequollen, stellenweise durch 

r 'fiere und kleinere Blutungsherde auseinandergedrangt, inre Kerne jedoch gut gefarbt. 

den tieferen Schichten zwischen den Fasern auen ziemlich reichlich meist poly- 
nukleare Leukocyten. Im subkutanen Binde- und Fettgewebe homogen oder feingekornt 
aussehende Massen, ebenso im interstitiellen Bindegewebe der oberfltichlichen Muskel¬ 
schichten. Im letzteren auch grofiere und kleinere Blutungen und mehr oder minder 
reichlich multinukleare Leukocyten uud einkernige Rundzellen. Die Muskelfasern selbst 
zeigen Quellung, Faserung und Zerfall. Auffallend haufig sieht man an Querschnitten 
der Muskelfasern, dafi letztere bei Hamalaun-Eosinfarbung dunkel tingiert erscheinen, 
den Schlauch nicht vollkommen ausffillen, sondern retrahiert sind und m dem dadurch 
entstandenen Zwischenraume eine homogen oder feingekornt aussehende Masse zeigen. 

Gram-positiveBacillen von aem Aussehen wie in den frfiheren Fallen finden 
sich in grofier Menge im subkutanen Gewebe und zwischen den auseinandergedrangten 
Muskelfasern, zum Teil auch in den zerfallenen Muskelfasern selbst. Weniger zahlreich 
finden sie sich in der Cutis, vollstandig fehlen sie im Bereiche der Blutungen. 

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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


2) Muskulatur des linken Oberschenkels aus der Umgebung der 
In jekti ones telle: Reichlich feingekornt aussehende Massen zwischen den Muskel- 
fasern neben verschieden grofien Biutungsherden und Zellenhaufen, die aus multi- 
nuklearen, vielfach Kernzerfall zeigenden Leukocyten bestehen. Besonders entwickelt 
sind diese Veranderungen in dem lockeren Bindegewebe zwischen den Muskelbundeln. 
Die solchen Zelleninfiltraten benachbarten Sehnen und Muskelfasern enthalten dann 
meist reichlichste Mengen dichtstehender Kerne, die in den Muskelfasern noch als solche 
polynukleare Leukocyten erkennbar sind, in den Sehnen jedoch plattgedruckt und da- 
durch langlich erscheinen, auffallend dicht und meist in wellig angeordneten Reihen 
gelagert erscheinen. Auch in den Nervenasten des interstitiellen Bindegewebes findet 
man groBere und kleinere Blutungen. Die Muskelfasern zeigen Quellung, Auffaserung 
und Zerfall, ihre Kerne sind jedoch meist gut erhalten. 

Bakterien findet man vorwiegend in dem odematos und entziindlich veranderten 
Bindegewebe zwischen den Muskelbundeln, in grflfieren Haufen in den Randpartieen der 
Infiltrate. In den Muskelfasern selbst sind Bakterien nicht oder nur sparlicn nachweis- 
bar, in den Biutungsherden fehlen sie vollstandig. Es sind Bacillen einer Art, Gram- 
positiv, haufig angeschwollen und vielfach in kurzeren Faden. Keine sicheren Sporen. 

3) Die Nieren zeigen keine besonderen Veranderungen. Bakterien fehlen. 

4) In den Nebennieren findet man Blutungen im Zentrum. Bakterien nicht 
nachweisbar. 

II. Kaninchen (= K). 

Fur Kaninchen war der Bacillus pathogen. 

Auf subkutane Einverleibung des Virus reagierten in unseren 
Versuchen die Tiere nur mit lokalen Erscheinungen. Diese bestanden 
darin, daB die Injektionsstelle und ihre Uragebung zunachst mehr oder 
minder stark teigig anschwoll und sich fleischwasserkhnlich f&rbte. 
Durch Punktion dieser odematosen Schwellungen konnte man eine 
kleinere oder groBere Menge rotlich gef&rbter, diinner Flfissigkeit er¬ 
halten, die in verschieden reichlicher Menge ausschlieBlich den in- 
jizierten Bacillus enthielt. 

Die Schwellung ging entweder ohne weitere Veranderungen voll- 
standig zuriick oder es trat Nekrose der Haut ein, worauf nach Ab- 
stoBung der nekrotischen Partieen ein langsam heilendes Geschwiir 
zurucklieb. 

K 1 , 1217 g, am 10. Mai 1902 subkutan (Bauch) 5 ccm einer 48-stundigen 
Zuckergelatinekmtur von M 16, 2. Gen. 

Nach 24 Stunden ziemlich starke, liber Abdomen und Thorax sich erstreckende, 
teigige Anschwellung. 

Nach 2X24 Stunden im Bereiche der Injektionsstelle eine ca. apfelgrofie, tumor- 
artige, an ihrer Kuppe fluktuierende Erhebung; die Randpartieen aerber infiltriert, 
wallartig, stark gerotet. Kein Knistem nachweisbar. Die Infiltration setzt sich noch 
ca. 5 cm nach abwarts liber die Bauchwand fort. Sterile Punktion des fluktuierenden 
Teiles ergibt eine diinne, blutig tingierte Fliissigkeit. 

Deckglaspraparate dieser Fliissigkeit: Mafiig zahlreich Gram -positive, meist 
schlanke, vereinzelt plumpere Bacillenformen von verschiedener Lange, manche ange¬ 
schwollen; sparlich Gram-negative Formen, einzelne derselben auffallend schwach rot 
(Gram und Nachfarbung mit wasserigera Fuchsin). Im Jodpraparate lichtgelbe Far- 
bung der Bacillen. 

Kulturen davon: 1) Aerob: Steril. 

2) Anaerob: Wachstum mit Gasbildung (Reinkultur). 

Nach 8 Tagen: An Stelle der fluktuierenden Erhebung der Bauchhaut mit der 
Infiltration befindet sich ein grower, unregelraafiig begrenzter Substanzverlust, am 
Grunde teils mit Eiter, teils mit eingetrocknetem Se&et belegt, mit wallartig verdickten 
Randern. 

Drei Wochen nach der Injektion ist der Substanzverlust sehr verkleinert, flach 
und granulierend, nach einer weiteren Woche ist er vernarbt. Gewicht des Tieres 
1305 g. 

K 2, 1140 g, am 22. Mai 1902 subkutan (Bauch) 2,5 ccm einer 48-8tiindigen 
Zuckergelatinekultur von M 16. 

Innerhalb der ersten 24 Stunden tritt eine Anschwellung der Bauchhaut auf, die 
sich allmahlich vergrofiert. 

36 Stunden nach der Injektion : Haut im Bereiche der Injektionsstelle intensiv 


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Ghon u. Sachs, Beitrage zur Kenntnis der anaSroben Bakterien des Menschen. 485 

fleischrot verfarbt, die Anschwellung fiber eigroB, gleichmaBig teigig, Gasblasen nicht 
Dachweisbar. 

5 Tage nach der Injektion: Die Anschwellung vergrfiBert, die Haut zeigt in ihrem 
Bereiche zwei unregelmafiig begrenzte Partieen, die schwarzlich gefarbt sind, trocken aus- 
sehen (fcrockener Brand) und sich an den Randern von der umgebenden Haut abzulfisen 
beginnnen. Punktion der Anschwellung ergibt einen Tropfen triiber Flfissigkeit. 

Deckglaspraparate davon: In mafiiger Menge Gram -positive Bacillen ver- 
scbiedener Lfinge, meiat mittelstark oder diinner, spanich ebensolche Gram-negative 
und Uebergang8formen. 

Kulturen: 1) Aerob: Steril. 

2) An aerob: Wachstum mit Gaabildung (Reinkultur). 

Die beachriebenen Schorfe stoBen sich im weiteren Verlaufe ab; es hinterbleiben 
entsprechend grofie, tiefe Geschwiire mit trockenem Gnmde, mit etwaa unterminierten 
Randern, aus denen eine weiBliche, schmierige Masse in geringer Menge auspreBbar ist. 
Die Geachwiire heilen langsam vollstandig aus. 

E 10, 950 g, am 30. Mai 1902 subkutan (am linken Ohre) 1 ccm 48-stfin- 
diger Zuckergelatinekultur von M 20. 

Das Ohr wird odematds, namentlich im Bereiche der Ohrwurzel, hangt herab. 
Bereits nach 3 Tagen beginnt die Schwellung des Ohres wieder abzunehmen, das Ohr 
erlangt norm ales Aussehen. 

Gewicht 7 Tage nach der Injektion: 840 g. 

Das Tier bleibt ohne weitere Krankheitssymptome. 

Vollig reaktionslos blieb die an einigen Tieren ausgeffihrte intra- 
peritoneale Infektion, wfihrend die in tramuskul&re Einver- 
leibung des Virus einmal eine rasch verlaufende lokale Affektion be- 
wirkte. 

K 5, 1200 e, intramuskular in den linken Oberschenkel 2 ccm einer 48-stiindigen 
Zuckergelatinekultur von M 20. 

In den ersten 24 Stunden zunehmende Anschwellung des linken Oberschenkels, 
auf Druck in den tieferen Partieen deutliches Knistern. Nach weiteren 24 Stunden An¬ 
schwellung bereits geringer, Knistern jedoch noch nachweisbar. In den nachsten Tagen 
Riickgang der Anscnwellung. Kein Knistern mehr. Gewicht des Tieres 1040 g. 

Tier bleibt ohne weitere Erscheinungen am Leben. 

Intraven5se Injektion des Bacillus wirkte einmal sogar t5dlich. 
Dabei kam es zu ausgebreiteten lokalen Ver&nderungen, indem sich ein 
m&chtiges h&morrhagisches, nur von sp£rlichen Gasblasen durchsetztes 
Oedem fiber Hals, Thorax und Abdomen entwickelte, welches augen- 
scheinlich seinen Ursprung von der intravenosen Applikationsstelle, dem 
linken Ohre, nahm. Bemerkenswert waren dabei die ziemlich zahlreichen 
Blutungen der Haut und des Unterhautbindegewebes, sowie der Musku- 
latur. Diese lokalen Verfinderungen dfirften dadurch entstanden sein, 
daB beim Herausziehen der Nadel Infektionsmaterial auch unter die 
Haut gelangte. Auffallend ist nur, daB die zweifellos geringe Menge, 
die dafflr in Betracht kommen konnte, schon ausreichte, die relativ 
schweren lokalen Ver&nderungen zu setzen. Aehnliches zeigten fibri- 
gens auch die intraperitonealen Infektionen bei Meerschweinchen, was 
von uns bereits an anderer Stelle erortert wurde. 

K 4, 1550 g, am 22. Mai 1902 intravenos (linkes Ohr, aufiere Rand- 
vene) 3 ccm einer 48-stiindigen Zuckergelatinekultur von M 16. 

Nach 48 Stunden ist das Tier schwer krank. Das linke Ohr hangt herab, erscheint 
in toto bedeutend angeschwollen und fiihlt sich gleichmaBig teigig an. An der auBeren 
Flache in unmittelbarer Nahe der Injektionsstelle eine ca. linsengrofie Blutblase, eine 
ebensolche, etwa bohnengroBe an der lnnenfliiche des Ohres nahe der Ohrwurzel. 
Letztere hebt sich von der odematbsen Umgebung sehr scharf ab, ist dunkelfleischfarben 
und zeigt an ihrer Kuppe eine ca. kleinlinseneroBe Gasblase, die sich in dem fiiissigen 
Inhalte der Hautblase bei Bewegungen des Oru*es leicht verschiebt. Der Ohrwurzel zu 
ist die odematose Anschwellung stellenweise ziemlich scharf durch eine hamorrhagische. 
breitere Zone abgegrenzt. 

Tod des Tieres 63 Stunden nach der Injektion. 

Sektion, unmittelbar post mortem: Das linke Ohr zeigt die beschriebenen Ver- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


an derun gen, die Blutblase an der Innenseite dee Ohres in der Zwiechenzeit geplatzt, die 
Haut daselbst mit hamorrhagischer Fliissigkeit in geringer Menge bedeckt. 

Das Unterhautbinde- und Fettgeweoe im Bereiche dee Halses und des Thorax 
Bowie der oberen Bauchpartieen ziemlich machtig von hamorrhagischer Fluseigkeit und 
mehr oder weniger reichlich von kleinsten Blutungen, vereinzelt auch von klemen Gas- 
blasen durchsetzt. Die Blutungen sind am reichlichsten im Bereiche der unteren Brust- 
halfte und der oberen Bauchhalfte, betreffen daselbet auch die Muskulatur. Lymph- 
driisen dee Halses und der Achselhohlen nicht merklich verandert. 

Peritoneum blaB, feucht. Milz dunkelrot, etwas weicher, lang. Leber dunkel- 
braunrot. Nieren plump, weich, gelbbraun. Nebennieren blaB. Magen, Darm ohue 
Veranderungen. 

Binde- und Fettgewebe des vorderen Mediastinums odematds, von kleinsten 
Blutungen durchsetzt. Lungen blaB, ohne Hypostasen. An der Unterflache dee linken 
Unterlappens einzelne bis stecknadeikopfgroBe, hellrote Blutungen, ebenso an den me- 
dialen Flachen beider Lungen, eine gro&ere Blutung am oberen Kande dee linten Unter¬ 
lappens. Herz schlaff. 

Deckgl aspraparate: 1) Oedem der Bauchhaut: Reichlich meist Gram¬ 
positive Stabchen, kiirzer und langer, gleichmafiig mittelstark, vereinzelt angeschwollene 
Formen, maflig viele Formen mit mittel- und polstandigen Sporen, sparlich freie 
Sporen. Vereinzelt Gram-positive Bacillen von gleichera Aussehen. — Lebnafte Eigen- 


. 2)0ed em des linken Ohres: Das gleiche Bild, nur etwas weniger reichlich 
Bacillen und relativ zahlreicher Gr am negative Formen. 

3) Milzsaft und 4) Herzblut: Keine Bakterien. 

Kulturen: 1) Oedem des linken Ohres: a) Aerob: Steril. b) Anaerob: 
Wachstum (Remkultur). 

2) Herzblut: a) Aerob: Steril. b) Anaerob: Eine Kolonie des Bacillus. 

3) Lunge, linker Unterlappen, Blutung: Anaerob: Steril. 

4) Niere: Anaerob: Steril. 

Histologischer Befund: 

1) Schnitt durch das ganze Ohr mit Blutblase an der AuBenseite 
(No. 21, Taf. III). An der auBeren Flache die Homschicht gelockert und teilweise abge- 
hoben, Rete streckenweise kernlos, ebenso manche der Haarbaige und -schifte. Im 
Bereiche der Blase die ganze Epidermis abgehoben, Rete fast durchweg kernlos. In 
der Blase eine homogene oder feingekornte, rdtliche Masse (Eosinfarbung). Binde- 
gewebsfasem der Cutis fast durchaus kernlod oder nur stellenweise mit noch undeutlich 
erhaltenen Kernen, in den tieferen Partieen durch reichliche homogene Massen ausein- 
andergedrangt. Die Kerne der GefaBendothelien in den oberen Cutisschichten meist 
noch gut gefarbt, undeutlicher die der LvmphgefaBe, die meist stark erweitert und mit 
schwach rotlich tingierten, kornig aussefienden Massen erfiillt sind. Noch starker er¬ 
weitert die LymphgefaBe unmittelbar uber dem Ohrknorpcl, in ihnen teils rdtlich, teils 
blaulich (Baktenen) gefarbte feingekornte Massen, sparliche rote Blutkdrperchen und 
langliche, oft spindelig aussehende Zellen und Zellkerne; letztere oft dicht aneinander- 
gedrangt. In den Blutgefafien teils gut gefarbte, teils wie ausgelaugt erscheinende rote 
Blutscheiben. 

Der Ohrkuorpel in seinen auBeren Schichten beiderseits wie aufgefasert, die Kerne 
der Knorpelzellen nur stellenweise noch gut erhalten, die Zellen sonst kernlos, oft wie 
von Vakuolen durchsetzt. 

An der Innenfliiche des Ohres im allgemeinen dieselben Veranderungen, nur ist 
das Oedem weniger hochgradig. 

Bakterien in enormer Anzahl nachweisbar, vor allem am Blasengrunde und in der 
dem Knorpel anliegenden Bindegewebsschicht der Auflenfliiche. Sehr reichlich finden 
sie sich auch in den erweiterten LymphgefaBen, oft dieselben vollstandig ausfiillend, 
wahrend sie in den BlutgefaBen nicht nachgewiescn werden konnen. Hingegen sieht 
man sie zahlreich in der AuBenwand der GefaBe. Im Blaseninhalte sind sie wieder 
nur sparlich. Es sind Gram-positive Bacillen, meist kurz und wie angeschwolleu mit 
endogenen Sporen. Auch in den auBeren Schichten des Ohrknorpels Bacillen. 

2) Ein Durchschnitt durch das Ohr an seiner Wurzel zeigt im allge¬ 
meinen denselben Befund wie 1), nur findet man reichlicher leere Hohlraume in aer 
Subcutis und ziemlich ausgebreitete Blutungen urn den Knorpel. Die Muskeln zeigen 
Kernschwund, Auffaserung und Zerfall. AuBerdem aber findet man vorziiglich im Be¬ 
reiche der Blutungen in den aufgefaserten oberflachlichen Knorpelschichten und an einer 
Stelle in der Subcutis der AuBcnseite des Ohres mehr oder weniger reichlich angehauft 
Kernreste und Kerne. Die Kerne zeigen verschiedene Form und sind vielfacn auch 
gelappt. 

Bakterien finden sich in grofler Menge in iihnlicher Verteilung wie bei 1) und 


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Ghon u. SachB, Beitr&ge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 487 

von dam gleichen Aussehen, namentlich reichlich in der Umgebung der beschriebenen 
Kernhaufen. 

3) Schnitte durch das Unterhautbindegewebe und die Muskulatur 
de8 Thorax, lm Bindegewebe der Subcutis und der Muskulatur reichlichst homogen 
oder feingekdrnt aussehende, rotliche (Eosin)Mas8en. Ueber grofiere Htrecken voll- 
standiger Kernmangel, an anderen Stellen wieder Blutungen und mehr oder weniger 
reichlich Zellen, ein- und mehrkernige, daneben Kernreste, welche stellen weise zu grofieren 
dichtgelagerten Haufen vereinigt sind. Die Muskelfasern teils homogen, teile aufge- 
fasert oder zerfallen, mit Querstreifung und ohne solche, vielfach kernloe und zwar 
namentlich an jenen Stellen, welche die beschriebenen Anhaufungen der Kerne und 
Kernreste zeigen. Die Endothelien der Gefafie gut tingiert. 

Bakterien im lockeren Bindegewebe und im Bereiche der kernlosen Muskelpartieen 
in enormen Mengen von demselben Aussehen wie bei 1) und 2). 

4) Bauchhaut mit oberflachlichen Muskelschichten: Rete, Haarbalge 
und -schafte zeigen gut gefarbte Kerne. Bindegewebsfasern der Cutis gequollen, im 
Papillarteile die Kerne nocn gut gefarbt. Subkutanes Bindegewebe machtig gequollen 
una auseinandergedrangt durch homogen aussehende, rotliche (Eosin)Massen und kern- 
los. An vereinzelten Stellen dichte Anhaufungen von Kernresten sowie sparlichen ein- 
und mehrkernigen Zellen. Oberflachliche Muskelschichten auseinandergedrangt durch 
Oedemmassen, die Muskelfasern aufgefasert. 

Bakterien sparlich im Papillarteile der Cutis, dagegen sehr reichlich in der Sub- 
cutis. Sie zeigen dasselbe Aussehen wie bei 1), 2) und 3). 

5) Linker Lungenunterlappen mit Blutung: Der Randteil der Lunge 
hamorrhagisch infarziert. Alveolen und Septa vollstandig von roten Blutkdrperchen 
durchsetzt, letztere vielfach zersthrt. In den Randpartieen der Blutung findet man 
neben den roten Blutkorperchen mehr oder weniger reichlich homogene, rote (Eosin) 
Massen. In den Bronchien rote Blutkorperchen una die erwahnfcen rotgefarbten Massen. 

Bakterien sind nicht nachweisbar. 

6) Niere: Die Epithelzellen der Tubuli contorti undeutlich begrenzt, gequollen, 
ihre Kerne undeutlich, stellen weise auch ganz fehlend. In den Hamkan^lchen nicht 
selten Blutcylinder oder homogene Cylinder. In den Glomerulis Blutungen, einzelne 
der Glomeruli dadurch zersthrt und kernlos. 

Keine Bakterien. 

7) Leber blutreich, ohne sonstige Veranderungen. 

Keine Bakterien. 

8) Milz sehr blutreich und von kleineren Blutungen durchsetzt, die zum Teil auch 
in den Randpartieen der Malpighischen Korperchen sichtbar sind. Stellenweise schol- 
liges, braungelbes Pigment. 

Keine Bakterien. 

III. Weifie M&iise (= Ms). 

Auch filr M&use war der Bacillus pathogen, und zwar sowohl bei 
subkutaner als auch bei intraperitonealer Einverleibung. 0,5 bis 1,0 ccm 
einer 48-stundigen Zuckergelatinekultur bewirkte bei subkutaner 
Infektion innerhalb 19Va-35 Stunden den Tod der Tiere. Die Ver- 
&nderungen bestanden in einer mehr oder weniger reichlichen seros- 
h&morrhagischen DurchtrSnkung des subkutanen Binde- und Fettgewebes 
im weiten Umkreise der Injektionsstelle. Gasblasen konnten nicht nach- 
gewiesen werden. Die inguinalen Lympbdrusen, besonders die der In- 
jektionsseite entsprechenden, erschienen meist geschwollen und hyper- 
^misch. In den inneren Organen fanden sich bis auf Degeneration der 
parenchymatosen Organe keine konstanten Veranderungen. 

Bei intraperitonealer Einverleibung des Bacillus fand sich im 
Peritonealraume der gefallenen Tiere etwas leicht getrtibte Flussigkeit. 

Ms 1, am 22. Mai 1902 subkutan (linke Bauchseite) 1 ccm einer 48-stundigen 
Zuckergelatinekultur von M 16. 

Tod des Tieres nach 19 7* Stunden. 

Sektion, unmittelbar jK>st mortem: Bauchhaut der linken Inguinalg^end leicht 
vorgewolbt, feucht. Haut und Unterhautbindegewebe nicht abgehoben, von einer 
8chwach-r6tlichen Flussigkeit in mafiiger Menge durchsetzt. Kein Gas. Die rotliche 
Flussigkeit am reichlichsten in den Inguinalbeugen, namentlich in der linken, das die 
Inguinaldriise umgebende Binde- und Fettgewebe von sulzigem Aussehen. Die Druse 
selbst fast kleinliosengroh, dunkelschwarzrot. Am Peritoneum keine Veranderungen. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Milz etwas grofier, dunkelrot. Leber und Nieren gelbbraun. Nebennieren blaft. Lungen 
blafi. Herz gut gefiillt. Magen, Darm ohne Veranderungen. 

Deckglaspraparate: a) Injektionsstelle: Reichlich Gram-positive Bacillen, 
kurzer und langer, spariich angeschwollene Formen und kiirzere, ungegliederte Faden, 
mafiig viel endogene Sporen. Vereinzelt Uebergangs- und Gram-negative Formen. 

Ziemlich rasche, schlangelnde Eigenbewegung. 

a) Jodpraparat: Baciilen hellgelb, vereinzelt mehr oder weniger gleichmafiig 
braungelb. 

b) Abstreif praparat vom Peritoneum: Ziemlich reichlich Gram-positive Baciilen 
derselben Form und Grdfie wie von der Injektionsstelle. 

Kulturen: 1) Aerob von der Injektionsstelle: Steril. 

2) An aerob von der Injektionsstelle und vom Herzblute: Wachstum mit 
Gasbildung (Reinkultur). 

Histologischer Befund: 

1) Bauchwand (linke Seite): Rete und Haarschafte zeigen gut gefarbte Kerne. 
Die tieferen Bchichten der Cutis sowie der Subcutis gelockert, ihre Bindegewebsfasem 
durch reichliche, streifig kornige und homogene, lichtrot gefarbte (Eosin)Massen aus- 
einandergedrangt, die Kerne zum Teil undeutlich oder fehlend. Stellenweise grofiere 
oder kleinere Anhaufungen von polynuklearen Leukocyten, die meist ausgesprcxdienen 
Kernzerfall zeigen. In den tieferen Muskelpartieen die Muskelfasern teils aer Lange 
nach aufgefasert, teils der Quere nach zerfallen, teils volhg in Schollen zerlegt. Die 
Kerne fehlen hier streckenweise vollstandig. Zwischen den Muskelfasern reichlich fein- 
faserig kornige oder homogene Massen, vereinzelt auch Anhaufungen von Zellkernen, 
welche vielfach Zerfall zeigen. 

Nirgends Hohlraume, die Gasblasen entsprachen. 

Bakterien reichlichst vorhanden, am reichlichsten in der Subcutis, am sparlichsten 
in den obersten Schichten der Cutis. Sehr zahlreich finden sie sich auch in der Um- 
gebung der Leukocytenansammluneen. Es sind BacilJen einer Art, Gram-positiv, 
vielfach in kurzeren Faden, viele auch angeschwollen. Keine sicheren Sporen. Innerhalb 
der Muskel langere Faden. 

2) Milz Inutreich und reichlich von kornigem und scholligem Pigment durchsetzt. 
Bakterien nicht nachweisbar. 

M S, am 22. Mai 1902 intraperitoneal 1 ccm einer 48-stiindigen Zuckergela- 
tinekultur von M 16. 

Tod des Tieres innerhalb der ersten 13 Stunden. 

Sektion, 10 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): Das subkutane 
Bindegewebe der Bauchhaut und Muskulatur ohne Veranderungen. Peritoneum parietale 
und viscerale nicht gerotet, feucht; von demselben geringe Mengen leicht getriibter, von 
kleinen Gasblasen (?) durchsetzter Fliissigkeit abstreifbar. Milz nicht vergrbfiert. Leber 
braunrot. Nieren braungelb. Nebennieren und Lungen blafi. 

Deckglaspraparate vom Peritoneum: Wenig zellige Elemente, keine Eiter- 
kdrperchen. Spariich mittel6tarke, kiirzere und langere Baciilen, Gram-positiv, Ueber- 
gangsformen und G r a m-negativ. 

Kulturen: 1) Aerob vom Peritoneum: Steril. 

2) An aerob vom Peritoneum: Wachstum mit Gasbildung (Reinkultur), vom 
Herzblute steril. (Schlufi folgt.) 


Sachdruck verboten* 

TTeber ein akut wirkendes Bakterientoxin 1 ). 

[Aus dem staatl. serotherapeutischen Institute in Wien (Vorstand: 

Prof. R. Paltauf).] 

Von Privatdozent Dr. Rudolf Kraus, Assistenten am Institute. 

I. 

Bei Untersuchungen iiber die Wirkungen der Bakteriohamolysine 
fand ich, dafi nach intravenOser Injektion geringer Mengen einer h&mo- 
lytisch wirkenden Kultur Tiere innerhalb weniger Minuten zu Grunde 
gingen. 


1) Vortrag, gehalten am internat. hyg. KoDgreB in Brussel 1903. 


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Kraus, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin. 


489 


Der giftbildende Mikroorganismus ist ein Vibrio, den Herr Prof. 
Paltauf auf sein Ansuchen urn einen virulenten Choleravibrio im 
Jahre 1899 durch die Freund!ichkeit des Herrn Dr. Marmorek aus 
dem Institut Pasteur erhalten hatte. Dieser Vibrio, der entsprechend 
einer spateren Nachfrage als Vibrio Naskin bezeichnet war, konnte 
jedoch nicht als Choleravibrio angesehen werden. Die mitt els Aggluti¬ 
nation erfolgte Differenzierung ergab, daB dieSer Vibrio von einem 
Cholerasernm (gewonnen rait einem Choleravibrio Pfeiffer) nur in 
niedrigen Verdiinnungen agglutiniert wird. 

Das Immunserum agglutiniert zwar Choleravibrionen verschiedener 
Herkunft bis zu einer VerdQnnung von 1 :20000; andere Vibrionen 
dagegen (Finkler-Prior, Vibrio Deneke, Metschnikoff, 
Danubicus, Elvers) werden von diesem Serum entweder gar nicht 
Oder nur in Werten von 1:400 agglutiniert. Der Vibrio Naskin 
wurde ebenfalls bis zu einer Verdunnung von 1:400 agglutiniert, in den 
weiteren Verdiinnungen von 1 : 800, 1 : 1000, 1 : 2000 zeigte sich keine 
Agglutination mehr. Die Versuche, den Vibrio Naskin mittels 
spezifischer Niederschl&ge n8.her zu bestimmen, ergaben mit 
der Agglutination gleichlautende Resultate. Das Choleraserum, welches 
in Filtraten von Cholerakulturen Pr&zipitate erzeugte, lieB in Filtraten 
der Kultur des Vibrio Naskin keine solchen entstehen. Da fruhere 
Untersuchungen (1) gezeigt haben, daB die diagnostische Bedeutung der 
spezifischen NiederschlBge gleich zu setzen sei der der Agglutination der 
Bakterien, unterliegt es wohl nach diesen Untersuchungen keinem Zweifel, 
daB der fragliche Vibrio kein Choleravibrio sein kdnne 
und als eine selbstSndige Vibrionenart aufzufassen sei. Auch die nachste 
Probe auf die Verschiedenheit dieses Vibrio von Choleravibrionen fiel 
positiv aus. Das Serum, gewonnen mit dem Vibrio Naskin, agglu- 
tinierte wohl bis 1 : 800 diesen Vibrio, nicht aber den Choleravibrio. 

Des weiteren lernten wir noch andere Eigenschaften kennen, die 
uns veranlassen, den Vibrio nicht als Choleravibrio anzusehen. Der Vibrio 
produziert nftmlich nach unseren frtther mitgeteilten Untersuchungen (2) 
H&molysine *), welche Eigenschaft Choleravibrionen nach unseren Er- 
fahrungen flberhaupt nicht zukommt. Diese H&molysine lassen sich mit 
Choleraimmunserum nicht neutralisieren, wohl aber mit dem homologen 
Antivibrioserum. Zum Schlusse finden wir in Bouillonkulturen dieses 
Vibrio akut wirkende Toxine fflr Kaninchen, Meerschweinchen und andere 
Tiere, die wir bisher weder in Cholerakulturen noch in Kulturen anderer 
Vibrionen gefunden haben. Diese Momente veranlassen uns, anzunehmen, 
daB der Vibrio Naskin kein Choleravibrio sei und als art- 
verwandter Vibrio der Choleravibrionen aufzufassen ware. 

Diese Differenzierung wurde absichtlich ausfflhrlich wiedergegeben, 
am jedem weiteren MiBverstBndnisse vorzubeugen. 

Die Untersuchungen von Metschnikoff, Roux und Salim- 
beni (3) wollen, wie bekannt, ein losliches Choleratoxin in bestimmten 
Cholerakulturen nachgewiesen haben. Mit diesem Toxin konnten die 
Autoren bei peritonealer Injektion groBer Dosen Meerschweinchen in 
€—10 Stunden t5ten. Mit sehr groBen Dosen des Giftes Oder mit kon- 
zentriertem Gifte toteten sie Meerschweinchen in einigen Minuten. Auch 
Ransom (4) konnte mit konzen trier tern Choleragifte einen akuten Tod 
erzeugen. 

1) Der in den fruheren Arbeiten benutzte Vibrio Paris ist mit dem Vibri o 
Naskin identisch. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


Da, wie gezeigt werden konnte, der VibrioNaskin kein Cholera- 
vibrio ist, kfinnen auch die von den Autoren nachgewiesenen Cholera- 
toxine mit dem Gifte dieses Vibrio nicht identifiziert werden. 


II. 

Wie bereits eingangs erwfihnt wurde, fand ich beim Studium der 
Wirkungsweise des Vibriohfimolysins im Organismus, dafi nach intra- 
venfiser Injektion von 1 und 1 / 2 ccm einer Bouillonkultur des Vibrio 
Kaninchen innerhalb 10 — 30 Minuten zu Grunde gingen. Die 
Tiere zeigen sofort nach der Injektion beschleunigte Respiration und 
Herzfrequenz, Diarrhoen und gehen unter Lahmungserscheinungen zu 
Grunde. Die Obduktion der Tiere ergibt keine Anhaltspunkte fur die 
Erkl&rung des akuten Todes. Das Blut ist, sofort nach dem Tode 
untersucht, flQssig und enthfilt kein Gerinnsel. Auch direkt darauf ge- 
richtete Versuche bei Kaninchen, denen vorher Blutegelextrakt injiziert 
wurde und deren Blut nachher durch l&ngere Zeit in vitro nicht gerinnt, 
zeigen, dafi die Tiere ebenso akut zu Grunde gehen wie normale Kaninchen. 
Eine gerinnungsalterierende Wirkung des Giftes auf das Blut konnte 
demnach nicht nachgewiesen werden. Auch konnte die Hamolyse als 
Ursache fur den Tod durch direkte Versuche ausgeschlossen werden. 
Durch Versuche, die Herr Dr. Rothberger ausgefiihrt hatte und fiber 
die er ausftihrlich berichten wird, konnte festgestellt werden, dafi der 
wahrscheinliche Angriffspunkt das Herz sei, welches nach Ablauf der 
Inkubation zusehends schlechter arbeitet und in starker Dilation stehen 
bleibt. Direkte Wirkungen des Giftes auf das Atemzentrum sind nicht 
nachweisbar. Die Atmung leidet bei beginnender Herzschwfiche unter 
mangelhafter Blutzufuhr. 

Bei der Analyse der Ursache der Giftwirkung konnte zunachst nach¬ 
gewiesen werden, dafi die bakterienfreien Filtrate ebenso 
akut giftig wirken wie die Bouillonkultur. Der Nachweis, 
dafi die Gifte in Filtrate fibergehen, gelang erst nach verschiedenen Ver- 
suchen, indem sich zeigt, dafi verschiedene Filter (Pukal, Reichel, 
Chamberland) verschiedene Durchlassigkeitaufweisen. Durch Pukal- 
Filter geht das Gift nicht durch, dagegen sind Re ich el-Filter und 
Chamberland-Filter ffir diese Gifte durchl&ssig. Allerdings erfahren 
die Gifte bei der Filtration eine Abschwachung, manchmal sogar um 
das 5—10-fache ihrer Giftigkeit. 

Auch noch andere Versuche lehrten, dafi die Giftigkeit der Bouillon¬ 
kultur von einem gelosten Gifte herrtihren dtirfte und nicht den Bakterien 
selbst zukomme. Nach intraperitonealer Injektion von Bouillonkulturen 
(1 ccm) gehen Meerschweinchen in 24 Stunden zu Grunde, ohne dafi es 
gelingt, aus dem Peritoneum und Herzblute Bakterien zu ztichten. Nach 
intravenoser und intraperitonealer Injektion von Agarkulturen bleiben 
Kaninchen am Leben. Wir haben es hier also mit einem Mikroorganismus 
zu tun, der, gleich vielen anderen Bakterien, nicht infektifis, wohl 
aber toxisch, vermoge der giftigen Stoffwechselprodukte, wirkt. Die 
Giftigkeit der Kultur kommt einem Korper zu, der sich 
von den Bakterien trennen lfifitund, wie weitere Versuche 
lehren, als eine toxinartige Substanz aufzufassen ist. 

Die akute Wirkung bei Kaninchen ist nur nach intravenfisen 
Injektionen zu beobachten, nach intraperitonealer Oder sub- 
kutaner Injektion kann, je nach der injizierten Menge, der 
Tod erst nach 24 Stunden bis einigen Tagen auftreten. 


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Kraus, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin. 


491 


Nach intravenoser Injektion kann man mit 1 ccm einer Bouillonkultur 
bei Kaninchen Tod innerhalb 5 Minuten bekommen, geringere Mengen 
wie 0,5 toten innerhalb 15 Minuten, noch geringere Dose, 0,3 ccm, in 
1—3 Stunden. Die Giftigkeit der Kultur ist bereits am 4. Tage nach- 
weisbar und halt ziemlich lange ohne Abschwachung an, so daB 1—2 
Monate alte Kultnren manchmal sich noch als toxisch erwiesen haben. 
Eine Beobachtung, die gemacht wurde, wfirde dafttr sprechen, daB eine 
Abschwachung in dem Sinne erfolgen dflrfte, daB bei gleichbleibender 
todlicher Dosis des Giftes die zeitliche Wirkung sich geandert hatte. 

Die Giftwirkung der Kultur wird durch Erwarmen auf 58° 
zerstSrt, ebenso wird sie durch Alkohol, Chloroform, Karbol- 
sSure, ja sogar durch Ammonsulfat geschadigt. Die Versuche, in 
welchen die Failung des Giftes durch Ammonsulfat versucht wurde, 
zeigten, daB es wohl gelingt, das Gift mit Ammonsulfat zu fallen, doch 
sind hierbei grofie Verluste zu verzeichnen gewesen. 

Als ein brauchbares Konservierungsmittel hat sich das Toluol er¬ 
wiesen. Mittels Toluol gelingt es auch ohne Filtration, die Giftigkeit 
der Kultur durch Abtotung der Bakterien zu erhalten. 

AuBer fur Kaninchen erweist sich das Gift bei intravenoser Injek¬ 
tion noch fflr Meerschweinchen, Hunde, Tauben giftig. Ebenso wie fur 
Kaninchen, ist, wie bereits erwahnt wurde, der Vibrio auch fflr Meer¬ 
schweinchen nicht infektios; der nach intraperitonealer Injektion der 
Bouillonkultur erfolgte Tod ist blofi durch Toxine bedingt und nicht 
durch Bakterien. Andere Verhaltnisse liefien sich bei Versuchen an 
Mausen feststellen. Nach intraperitonealer Injektion des Giftes gehen 
die Mause innerhalb 24 Stunden zu Grunde. Nach Injektion der Bouillon¬ 
kultur gehen die Mause nicht allein an der Intoxikation zu Grunde, 
sondern auch an der Infektion, indera im Peritoneum und Herzblute der 
Vibrio kulturell nachweisbar ist. Auch die Agarkultur allein erweist 
sich infektids fflr Mause. 

Noch darauf sei hingewiesen, daB die Untersuchungen, bei Cholera- 
vibrionen (verschiedener Herkunft) und auch bei Vibrionen (Metsch- 
nikoff, Danubicus, Finkler-Prior) akute Toxine nachzuweisen, 
resultatlos verlaufen sind. Nach dem eben Mitgeteilten steht es fest, 
daB der Vibrio Naskin neben dem spezifischen H&molysin 
noch ein akut todliches Gift fflr verschiedene Tiere pro- 
duziert. Die Bakterien selbst sind fflr Kaninchen und 
Meerschweinchen weder toxisch noch infektifls. Das Gift 
ist ein Sekret der Bakterien analog dem Diphtherie- und 
Tetanus toxin. Im folgenden wird durch den Nachweis eines Anti¬ 
toxins die Toxinnatur dieses Giftes sichergestellt. 

III. 

Untersuchungen, die eine giftneutralisierende Eigenschaft normaler 
Tiersera (Ziege, Pferd, Kaninchen) ermitteln sollten, haben ergeben, 
daB das Gift durch normales Serum nicht sofort neutrali- 
siert wird. Mischt man beispielsweise 1 ccm normales Ziegenserum 
mit der tddlichen Giftdosis und injiziert das Gemisch sofort intravenos 
Kaninchen, so gehen die Tiere ebenso zu Grunde, wie durch das Gift 
allein. Nimmt man jedoch statt des normalen Ziegenserums das Serum 
einer mit dem Vibriotoxin durch lange re Zeit subkutan immunisierten 
Ziege und injiziert das Gemisch sofort intravenfls Kanin¬ 
chen, so bleiben die Tiere am Leben. Das Serum vermag 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


sogar in Mengen von 0,05 ccm das Gift sofort zu neutra- 
lisieren. Diesem Serum koramt aber nicht nur dieneutra- 
lisierende Eigenscbaft in vitro zu, sondern es vermag 
auch kurativ zu wirken, wie folgender Versuch zeigt. 


1 ccm Gift + 0,05 Serum sofort intravenos Kaninchen lebt 
1 „ „ intravenos sofort danach Serum (1 ccm) „ 

1 „ * nach 5 Min. „ „ (2 „ ) „ 

1 „ „ „ „ 10 „ mtraven. „ (1 „ ) f nach 10 Min. 

i » v . it it 15 it it i* (3 ,, ) i* a io a 

Kontrolle 1 ccm Gift intraven5s f ., 25 „ 


Es geht daraus hervor, dafi das Immunserum das bereits im 
Organismus befindliche Gift zu neutralisieren vermag. 
Dali schon 10 Minuten nach der Giftinjektion die Grenze der Wirksam- 
keit des Serums erreicht ist, wird ja bei der akuten Wirkung des 
Giftes nicht merkwtirdig erscheinen. Erinnern wir uns nur an die 
Versuche von Hey mans (5), Dbnitz (6) und an eigene Versuche (7), 
wie rasch die Gifte aus der Blutbahn verschwinden kbnnen und wie 
schwer es ist, sogar langsam wirkende, aber bereits verankerte Gifte 
noch zu neutralisieren, so wird die Unwirksamkeit selbst der grdliten 
Serumdosen bei dieser akut verlaufenden Vergiftung verstfindlicb er¬ 
scheinen. Ebenso wie von Ziegen, konnten wir auch von Kaninchen, 
die mit Vibriogift subkutan immunisiert wurden, ein Antitoxin gewinnen, 
welches die letale Dosis sofort in vitro zu neutralisieren vermochte. Das 
Serum des Kaninchens vor der Immunisierung war in Mengen von 1 ccm 
nicht im stande, das Toxin (letale Dosis) in vitro zu neutralisieren, wo- 
gegen 0,1 ccm des Immunserums desselben Tieres noch das Gift sofort 
nach Zusatz zerstorte. 


IV. 

Dafi Immunkorper sich durch auCere Einfltisse verandern kdnnen, 
ist bekannt. Am gelaufigsten ist uns die Erscheinung, dafi Diphtherie- 
antitoxine bei l&ngerem Stehen im Werte abnehmen. Auch von den 
Agglutininen, Prazipitinen wissen wir, dafi sie durch Luft, Licht, che- 
mische Eingriffe, analog den Toxinen, abgebaut werden. Das Diph- 
therieantitoxin verliert seinen Wert und wird wahrscheinlich ganz zer- 
stort. Die Agglutinine, Prazipitine verhalten sich, wie bekannt, &hnlich 
wie Toxine, indem nach Verlust der ffillenden Gruppe die bindende 
Gruppe erhalten bleibt. Einer anderen Art des Abbaues begegnen wir 
bei dem eben besprochenen Antitoxin. Das Antitoxin ist im stande, das 
Toxin sowohl in vitro als auch im Organismus unsch&dlich zu machen. 
Wie Versuche lehren, gendgt dieselbe Menge des Serums (Grenzwert), 
nicht nur um die 1-fach todliche Giftdosis in vitro zu zerstbren, sondern 
sie geniigt auch fiir die Neutralisation des Giftes im Organismus bei 
getrennter, aber gleichzeitiger Einverleibung von Gift und Serum. 

Bei derartigen Versuchen hat sich gezeigt, dafi ein alteres Serum 
nicht mehr im stande war, in Mengen, in welchen das frische Immun¬ 
serum im Organismus noch giftneutralisierend wirkte, das Gift zu zer- 
storen. Auch in vitro verhielt sich dieses Serum insofern anders, als 
die gerade neutralisierende Dosis (0,05 ccm) bei sofortiger Einwirkung 
das Gift nicht zu zerstoren vermochte. Es schien demnach, als ob das 
Serum in seinem Werte zuriickgegangen wire und abgesckwacht sei. 
Ein einfacher Versuch konnte aber zeigen, dafi der Antitoxinwert des 
Serums allein sich nicht geandert haben konnte, sondern auch die Avi- 
ditat des Antitoxins zum Gifte. 


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Kraus, Ueber ein akut wirkendes ISakterientoxin. 


493 


Das frische Immunserum neutralisiert sofort nach Mischung in vitro 
die tSdliche Giftdosis im Werte von 0,05 ccm. Zur Neutralisation des 
Giftes nach l&ngerer Einwirkung (1 Stunde) des Serums in vitro braucht 
man ebensoviel Serum, die geringere Dosis 0,01 z. B. neutralisiert das 
Gift selbst nach 1-stiindiger Einwirkung nicht mehr. Das altere Serum, 
welches in der Menge von 0,05 bei sofortiger Einwirkung das Gift nicht 
mehr zu neutralisieren im stande ist, zerstort aber das Gift nach 
1-stiindiger Einwirkung in vitro genau in derselben Menge. Die F&hig- 
keit, das Gift auch bei sofortiger Einwirkung zu sch&digen, ist dem 
Immunserum jedoch nicht vollst&ndig verloren gegangen, da grofiere 
Dosen (0,1) die sofortige Neutralisation bewirken. Trotzdem der neu- 
tralisierende Wert des Serums, wie wir sehen (bei l&ngerer Ein- 
w*irkung auf das Gift), unverandert geblieben ist, hat sich das 
Antitoxin doch in dem Sinne geandert, dafi es nicht mehr im stande 
ist, in derselben Menge, wie frisches immunserum, das Gift sofort zu 
neutralisieren. Die Erkl&rung dafiir ist vielleicht durch die Annahme 
gegeben, dafi die Aviditat des Antitoxins eine Aenderung, eine Abnahme 
erfahren hat Auch der folgende Versuch durfte im selben Sinne zu 
erkl&ren sein. Das Serum eines immunisierten Bockes neutralisiert das 
Gift nicht nur in vitro, sondern auch im Organismus (0,2 ccm) bei ge- 
trennter und sofortiger Injektion von Gift und Serum. Dieser Bock 
wird durch fast l 1 /* Monate nicht injiziert. Nachdem dann ein frischer 
Aderlafi gemacbt wurde, zeigte sich, dafi das frische Serum in Mengen 
von 1 ccm nicht im stande war, bei getrennter Injektion das Gift zu 
neutralisieren, wohl aber vermochte das Serum in Mengen von 0,05 ccm 
erst nach ®/ 4 -sttindiger Einwirkung das Gift zu neutralisieren. Ohne 
dafi der Wert des Antitoxins fur den vitro-Versuch sich geandert hatte, 
hat dieses Antitoxin (gewonnen l&ngere Zeit nach der letzten Giftinjek- 
tion) eine Aenderung in dem Sinne erfahren, als es nicht mehr im 
stande ist. Gift so rasch zu neutralisieren, wie ein frisches, bald nach 
der Injektion gewonnenes Antitoxin. 

Es mufi demnach auch im Organismus das Antitoxin 
denselben Ver&nderungen unterworfen sein wie in vitro. 
Es ist nicht unmoglich, dafi die bekannte Abschw&chung der Immun- 
korper im aktiv immunisierten Tiere in der Weise zu erkl&ren sein 
diirfte, dafi die Avidit&t erst abnimmt und dann erst die Wertigkeit 
zuruckgeht. 

Durch diese Aenderung des Antitoxins im Sinne einer Avidit&ts- 
abnahme gewinnt das Immunserum dieselben Eigenschaften, wie sie 
eventuell einem normalen Serum zukommen. Wie namlich in den 
weiteren Untersuchungen gezeigt wird, besitzt auch normales Serum 
bestimrater Tiere die F&higkeit, das Gift zu neutralisieren. 

V. 

Dafi das Serum gesunder Tiere Antikorper enthalt, ist genugend 
bekannt. Wissen wir doch, dafi Diphtherieantitoxin, Antih&molysine, 
Ambozeptoren im Serum gesunder Tiere nachweisbar sein konnen. 
Vorderhand nebmen wir von diesen normalerweise vorhandenen Anti- 
korpern an, dafi sie nur quantitativ und nicht qualitativ verschieden sind. 
In einer anderen Arbeit (7) haben wir eingehende diesbezugliche Unter¬ 
suchungen angestellt und konnten zeigen, dafi das normale Antih&molysin 
genau so wie das Immunantih&molysin wirke. Bei der Priifung normaler 
Tiersera auf antitoxische Eigenschaften ergab sich im allgemeinen, dafi 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


die Sera verschiedener Tiere wohl im stande sind, das Vibriogift zu 
neutralisieren, jedoch nur nach lingerer Einwirkung. Das 
Serum gesunder Ziegen ist, selbst in Mengen von 1 ccm, 
nicbt im stande, die todliche Giftdosis bei getrennter 
Injektion und sofort nach der Misehung in vitro zu neutralisieren. 
Wohl aber gelingt die Neutralisation des Giftes nach 1-stfindiger Ein¬ 
wirkung bei 37° selbst geringer Mengen (0,05 ccm) des normalen 
Serums. 

Dieser Versuch wurde vielfach wiederholt und immer wieder ergab 
sich, daB normale Sera nur dann giftzerstorend gewirkt haben, wenn sie 
l&ngere Zeit in vitro eingewirkt batten, und daB selbst groBe Dosen 
ohne EinfluB blieben, wenn das Serum nur kurz einwirken konnte. Der 
neutralisierende Grenzwert war bei einigen Ziegen zu verschiedener 
Jahreszeit untersucht, fast immer gleich, indem zumeist 0,05 ccm noch 
wirken. Auch das normale Pferdeserum enth&lt ein Antitoxin gegen das 
akute Gift, welches ebenfalls erst nach langerer Einwirkung das Gift 
neutralisiert. GroBe Dosen (5 ccm) vermochten bei getrennter aber 
gleichzeitiger Injektion die Giftwirkung nicht hintanzuhalten und auch 
in vitro vermogen 2 ccm des Serums nicht das Gift sofort zu neutra¬ 
lisieren. Erst nach 1-stundiger Einwirkung in vitro gelingt es in den 
meisten Fallen und da schon mit 0,1 und 0,05 ccm Serum, die todliche 
Dosis auszugleichen. DaB es manchmal noch l&ngere Zeit zur Neutra¬ 
lisation des Giftes bedarf als 1 Stunde, ergibt sich aus folgendem 
Versuche. 


0,1 ccm Ser. (norm. Pferdes.) 4- 1 ccm Gift nach 5 Min. bei 37° intravenos Kaninchen + n. 50 Min. 
0»05 ,, ,, „ ,, 1 » >> ,, 15 „ 37 0 „ ,, „ 1 Std. 

0,05 ,, „ ,, ,, 4~ 1 ,, „ 1 fetd. ,, 37° „ , f i* », 1 ,, 

0,05 „ „ „ ,, 4~ 1 „ ,, ,, 4 Stdn. ,, 37 0 „ ,, lebt 


Im Serum der Kaninchen und Schweine ist es nicht gelungen, ein 
physiologisches Antitoxin nachzuweisen. Die Untersuchungen mit dem 
Serum der Schweine zeigten gleichzeitig, daB das akute Toxin von dem 
Vibriolysin verschieden sein muB. Im normalen Schweineserum konnten 
wir (Kraus und Clairmont) Antivibriolysine nachweisen; trotzdem 
l&Bt dasselbe Serum das Toxin unbeeinfluBt. Ein entgegengesetztes 
Verhalten bietet das normale Ziegenserum, indem dasselbe das H&mo- 
lysin nicht neutralisiert, wohl aber das akute Toxin. Ganz gleich verh&lt 
sich auch normales Pferdeserum, welches Vibriolysin zu paralysieren 
nicht im stande war, wohl aber das Toxin. Nebenbei sei noch erw&hnt, 
daB Immunserum von Pferden (Diphtherieantitoxin, Choleraimmunserum) 
nicht anders gewirkt hatten, als normales Serum. Diese Versuche, zu- 
sammengehalten mit den vorangehenden (mit Immunserum), sprechen 
dafiir, daB das normale Antitoxin sich in seiner Avidit&t 
zum Gifte vom Immunantitoxin unterscheidet. Das Im- 
munantitoxin (Ziege, Kaninchen) neutralisiert sofort 
nach Zusatz das Gift, wogegen das normale Antitoxin 
langere Zeit zur Neutralisation bedarf. Eine auffallende Er- 
scheinung ist nur, daB auch vom Immunantitoxin (Ziegemann) die- 
selbe Menge zur Neutralisation notwendig ist, wie vom normalen Serum 
vor der Immunisierung. Ein normales Ziegenserum neutralisiert bei- 
spielsweise nach 1-stiindiger Einwirkung die letale Giftdosis in 
der Menge von 0,1, sowie das Immunantitoxin bei sofortiger Einwirkung 
in vitro. 


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Kraus, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin. 


495 


V ersuch. 

0,1 ccm Ziegenser. vor d. Immunisierg. + 0,5 Gift n. 1 Std. bei 37° intray. Kan. lebt 
0,05 „ „ + 0,5 Gift f* 

Die Ziege wird vom 16. April bis 9. Juni immunisiert und be- 
kommt 62 ccm Gift. 7 Tage nach der letzten Injektion erfolgt der 
AderlaB. 

0,1 ccm Serum + 1,0 Gift sofort intravenos Kaninchen lebt 

0>1 >> f> + 1,0 „ „ „ ,, i* 

Diese auffallende Tatsache, der wir noch in weiteren Versuchen 
(Ziegen) begegnet sind, wurde dahin gedeutet werden konnen, daB das 
nor male Antitoxin (das physiologischerweise produziert wird) bei der 
Immunisierung nur eine qualitative Aenderung erf&hrt (indem 
es aviderwird), aber niclit in groBererMenge produziert wird. 


VI. 

DaB die Vibriokulturen zweierlei funktionell verschiedene Gifte ent- 
halten, geht aus dem Vorangehenden unzweifelhaft hervor. Neben dem 
Hamolysin l&Bt sich noch das akute Toxin bestimmt differenzieren. Das 
Toxin besteht aber, wie Versucbe lehren, aus verschiedenen Giften, die 
nicht ihrer Funktion nach verschieden sind, sondern in der Giftigkeit 
fiir verschiedene Tierarten, indem neben dem Gifte fur Kaninchen ein 
solches wahrscheinlich fiir Meerschweinchen, Mause etc. im Gesamtgifte 
enthalten sein diirfte. DaB eine solche Verschiedenheit des gleichen 
Giftes fiir verschiedene Tierarten besteht, konnte bereits Markl (8) in 
seiner Arbeit fiber Pesttoxine nachweisen. Markl zeigt, daB durch Er- 
hitzung der Filtrate von Pestkulturen auf 70° die Giftigkeit fiir Mause 
verloren geht, w&hrend sie fur Ratten, Kaninchen und Meerschweinchen 
beibehalten bleibt. Auch Wechsberg (9) ist es in letzter Zeit ge- 
lungen, den Nachweis zu fuhren, daB ein bestimmtes Hamolysin vielerlei 
hamolytische Gifte fiir Blutkorperchen verschiedener Tiere enthalten 
diirfte. Der folgende Versuch spricht auch in dem Sinne, daB das akute 
Toxin vielleicht ein Gemenge vieler Gifte sein diirfte. 


Versuch an Mausen. 

a) 0,5 ccm normales Ziegenserum (enthalt Antitoxin fur Kaninchengift) 

+ 0,2 Gift 

0,4 „ „ „ + 0,2 

0,3 „ „ „ + 0,2 

b) 0,2 „ Immunserum -i- 0,2 Gift | 

0,3 „ „ + 0,2 „ >1 Stunde bei 37° intraperitoneal, leben 

»» I 


0,5 „ „ 4- 0,2 __ . 

Kontrolle: 0,2 Gift intraperitoneal (2 Mause) + in 24 Stunden 


nilLilAJAlU 

Jift I 1 Sti 
” I Ma 

V t 


Stunde bei 37°, dann intraperitoneal 
Mausen. f in 24 Stunden 


Trotzdem das normale Ziegenserum das Gift fur Kaninchen zu 
neutralisieren vernaag, sehen wir hier ein vollkommenes Versagen des 
Serums selbst nach 1-stiindiger Einwirkung. Nach dem Ausfalle des 
Versuches miissen wir annehmen, daB im Gesamtgifte ein Gift 
enthalten sein diirfte, welches fur Mause toxisch ist und 
gegen welches im normalen Serum kein entsprechendes 
Antitoxin vorhanden sei. Durch Immunisierung gewinnt man, 
entsprechend der Vielheit der Gifte, ein Immunserum, in welchem auch 
ein Antitoxin gegen das Mausegift enthalten ist. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


VII. 

Nach den Angaben von Calmette (10) soil Tetanusantitoxin, Lyssa- 
serum das Schlangengift neutralisieren. Da einerseits diese Angaben 
Heine weitere Nachpriifung in der Literatur gefunden haben und doch 
far die Auffassung der Spezifizit&t der Immunsubstanzen wichtig sind, 
andererseits die akute Wirkung unseres Giftes an die Wirkung des 
Schlangengiftes erinnert, gingen wir daran, ahnliche Versuche mit dem 
Antivibriotoxin zu machen. 

Zun&chst wurde normales Ziegenserum gepruft, wobei sich ergab, 
daB es die todliche Schlangengiftdosis 1 ), ja selbst in Mengen von 0,5 ccm 
Serum nach lingerer Einwirkung nicht zu sch&digen vermag. Der gleiche 
Versuch wurde mit dem Antivibrioserum ausgefiihrt Das Antivibrioserum 
(0,5 ccm) neutralisiert das Schlangengift ebenfalls nicht, sowie umgekehrt 
das Schlangengiftserum 0,5 ccm, welches gegen Schlangengift sich als wirk- 
sam erwiesen hatte, die todliche Dosis des Vibriogiftes nicht zu sch&digen 
im stande ist. Bei der Nachpriifung der Angaben Calmettes gelang 
es uns weiter weder mit Lyssaserum (rabizides Serum) von Hunden 
noch mit Tetanusserum, das Schlangengift zu neutralisieren. — 

Wenn wir das Wesentliche der Arbeit zusammenfassen, so ergibt 
sich daraus, daB es ein Bakterientoxin gibt, welches ohne 
Inkubationsstadium, ahnlich wie Schlangengift, akut 
w i r k t. 

Gegen dieses Toxin ist im normalen Serum mancher 
Tiere bereits Antitoxin enthalten. Dieses Antitoxin neu¬ 
tralisiert nur nach lan ge r er Z ei t. Das durch Immunisie- 
rung gewonnene Antitoxin dagegen wirkt sofort auf das 
Gift neutralisierend. Das Immunantitoxin wirkt auch 
kurativ, indem es bei getrennter, aber gleichzeitiger 
Injektion das Gift noch zerstort. Die Abschwachung des 
Immunantitoxins erfolgt wahrscheinlich in der Weise, 
daB die Aviditat des Immunantitoxins abnimmt und sich 
damit dem Typus des normalen Antitoxins nahert. 

Literatur. 

1) Kraus, Wien. klin. Wochenschr. 1901. 

2) Kraus und Clairmont, Wien. klin. Wochenschr. 1899, 1901. — Kraus und 
Ludwig, ibid. 1902. 

3) Metsclinikoff, Roux und Salimbeni, Ann. de I’lnst. Pasteur. 1896. 

4) Ransom, Dtsche ined. Wochenschr. 1895. 

5) Heymans, Bull, de l’acad. r. de Belg. 1898. 

6) Donitz, Arch, de pharmac. et de th&. 1897. 

7) Kraus und Lipscniitz, erscheint in der Zeitschr. f. Hyg. 

8) Markl, Zeitschr. f. Hyg. 1901. 

9) Wechsberg, erscheint im Centralbl. f. Bakt. etc. 

10) Calmette, Ann. de l’lnst. Pasteur. 1895. 

1) Das Schlangengift und Antitoxin wurden von Herrn Prof. Calmette in liebens- 
wiirdiger Weise Herrn Prof. Pa It auf uberlassen. 


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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


497 


Nachdruclc verboten. 

Beitrage zur Biologie des Milzbrandbacillus und sein 
Nachweis im Kadaver der grossen Haustiere. 

Von J. Bongert, 

stadtischem Tierarzt und Lei ter des bakteriologischen Laboratoriums auf dem stadtischen 

Schlachthofe zu Berlin. 

Mit 3 Tafeln. 

Der Milzbrand gehort zu den besterforschten Infektionskranklieiten. 
Durch die klassischen, grundlegenden Arbeiten Kochs (1) ist der Ent- 
wickelungskreis des Milzbrandbacillus festgestellt worden. Wir wissen, 
daB der Milzbrandbacillus im Tierkorper und in geeigneten NabrflQssig- 
keiten zu langen F&den auswachst und nach beendigter Vegetation bei 
Luftzutritt und einer Temperatur liber 12° C (Weil [2]) Sporen bildet, 
welche nach dem Zerfall der Milzbrandbacillen allein zuriickbleiben, je- 
doch von neuem zu Stabchen und langen Faden auswachsen, wenn sie 
wiederum auf geeignete Nahrbdden gebracht werden Oder in den Tier¬ 
korper gelangen. Das Stabchen ist die vegetative oder Wuchsform, die 
Spore die Dauerform des Milzbrandbacillus. Wahrend die Milzbrand- 
sporen auBerordentlich resistent gegen auBere Einfliisse sind, zeigen die 
Milzbrandbacillen sich sehr wenig widerstandsfahig und von geringer 
Lebensdauer. Durch die Untersuchungen Buchners (3), welche durch 
Schreiber (4) bestatigt wurden, sind nun die Bedingungen festgestellt 
worden, unter welchen der Milzbrandbacillus Sporen bildet. Buchner 
konstatierte, daB dauerndes, gutes Wachstum unter den giinstigsten 
Verhaitnissen niemals Sporenbildung hervorruft, plotzliche Hemmung 
des Wachstums oder Erschopfung des N&hrbodens nach voraufgegangener 
guter Ernkhrung dahingegen zu jeder Zeit schnell und vollstandig 
Sporenbildung veranlaBt. Die physiologische Ursache der Sporenbildung 
ist in dem eintretenden Mangel an Ernahrungsmaterial zu suchen. Be¬ 
dingungen zur Sporenbildung sind reichlicher Zutritt von 0, eine 
Temperatur liber 12° C und genugende Feuchtigkeit. Einen be- 
schleunigenden EinfluB auf die Bildung von Sporen haben Aqua dest., 
2-proz. NaCl-Losung und verschiedene andere Salzlosungen, wie 
Schreiber (1. c.) festgestellt hat. 

Mit Rucksicht auf die klarliegenden biologischen und morphologischen 
Verhaltnisse des Milzbrandbacillus sollte man nun annehmen, daB die 
Diagnose des Milzbrandes in jedem einzelnen Falle leicht sei. Trotz 
der gut differenzierten morphologischen Eigenschaften des Milzbrand¬ 
bacillus, die so charakteristisch sind, wie kaum bei einem anderen 
pathogenen Mikroorganismus, kann die Milzbranddiagnose unter gewissen 
Verh&ltnissen erhebliche Schwierigkeiten bereiten. 

Auf Grund makroskopischer Sektionsmerkmale allein l&Bt sich die 
Milzbranddiagnose mit Sicherheit nicht stellen; die endgiiltige Fest- 
stellung des Milzbrandes ist stets von der bakteriologischen Unter- 
suchung abh&ngig zu machen (Kitt [5]). Die pathologisch-anatomischen 
Veranderungen des Milzbrandes sind im groBen und ganzen septi- 
kkmischer Natur, wozu noch in der Regel als charakteristisch angesehene 
Organveranderungen, die sogenannten Milzbrandlokalisationen, treten. 
Da aber diese letzteren, so vor alien Dingen der Milztumor, die blutig- 
sulzigen Ergiisse und Oedeme, wenig ausgepragt sein und sogar fehlen 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 32 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


kOnnen, andererseits aber bei alien suffokatorischen Todesarten, welche 
mit Milzbrand nicht das Geringste zu tun haben, ein Milztumor mit 
teerartiger Bescbaffenheit des Blutes auftreten kann, so bietet der patho- 
logisch-anatomische Befund fur sich allein nicht die absolut sichere 
Grundlage, welche die Diagnose und die durch dieselbe ermSglichte Be- 
kSmpfung einer so wichtigen und weitverbreiteten Infektionskrankheit 
erheischt. Es dflrfte somit als ein allgemein gttltiges Gesetz anzusehen 
sein, daB die Milzbranddiagnose nur durch den bakteriologischen Nach- 
weis des Milzbrandbacillus mit Sicherheit zu erbringen ist. Der Nach- 
weis von Milzbrandsporen kommt hierbei weniger in Betracht, da im 
nichteroffneten Tierkorper der Milzbrandbacillus wegen Sauerstoffmangels 
keine Sporen bilden kann, andererseits die Milzbrandsporen von anderen 
Sporen in Gewebsausstrichen nicht zu unterscheiden sind. 

Zum bakteriologischen Nachweis der Milzbrandbacillen stehen uns 
3 Methoden zur Verfttgung: 

1) der direkte Nachweis der Milzbrandbacillen durch Ausstreich- 
pr&parate von Blut Oder Gewebssaft; 

2) der indirekte Nachweis und zwar a) durch Impfung von kleinen 
Versuchstieren, b) durch Anlegen von Plattenkulturen. 

Von diesen 3 Methoden hat das Kulturverfahren in praxi bis jetzt 
am wenigsten Anwendung gefunden, der mikroskopische Nachweis der 
Milzbrandbacillen in gefarbten Gewebsausstrichen am meisten. Die fast 
ausschliefiliche Anwendung der letzteren Untersuchungsmethode ist 
wohl dadurch zu erkl&ren, daB dieselbe leicht ausfuhrbar ist und in 
frischen Fallen der Regel nach zum Ziele fiihrt. Die Diagnose stfitzt 
sich hierbei auf den Nachweis von mehr oder weniger zahlreichen 
gleichgeformten Stabchen mit den morphologischen Eigenschaften des 
Milzbrandbacillus. 

Als charakteristische Merkmale des Milzbrandbacillus gelten: die bei 
schwacher VergroBerung rechtwinklige, bei starker leicht konvex 
erscheinende quere Abstutzung der Einzelglieder (Johne), die Gr6Be 
der letzteren, welche als 1,5—3,0lang, 1,0—1,5 n dick angegeben 
werden, die geradlinige oder auch bikonvex erscheinende Form des un- 
gefarbten Zwischenraumes zwischen je 2 Einzelgliedern und das Vor- 
handensein einer Kapsel bezw. Plasmahtllle, welche die Einzelglieder 
zu Scheinfaden verbindet und zusammenhalt. Auf den Nachweis der 
Kapsel wird besonderes Gewicht gelegt. So leicht nun alsbald nach 
dem Tode der mikroskopische Nachweis der Milzbrandbacillen in den 
nach den Farbemethoden von Johne (6), Klett (7) oder 011 (8) her- 
gestellten Deckglasprfiparaten ist, so schwierig und um so unsicherer ge- 
staltet sich derselbe, je groBer der Zeitraum ist, welcher zwischen Tod 
des Tieres und Untersuchung liegt Obwohl man sich dieser Schwierig- 
keit des mikroskopischen Nachweises der Milzbrandbacillen in faulendem 
Material bewuBt ist, verharrte man im allgemeinen dennoch bei der 
Ansicht, daB die Untersuchung von gefarbten Gewebsausstrichen fiir 
sich allein bei sachgemaBer Wiirdigung der oben erwahnten morpho¬ 
logischen Eigenschaften des Milzbrandbacillus die genflgende Sicherheit 
gewahre, um denselben in einem Gemisch von gleich oder ahnlich ge- 
formten Faulnisstabchen herauszuerkennen. Diesen Standpunkt hat man 
bis jetzt bei den veterinarpolizeilichen Fest3tellungen des Milzbrandes 
als maBgebend angesehen. In den Fallen, in denen infolge vorgeschrittener 
Faulnis des Kadavers das Auffinden von Milzbrandbacillen Schwierig- 
keiten bereitet, wird die mikroskopische Untersuchung des Blutes aus 


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Bongert, Beitrfige zur Biologie deg Milzbrandbacillus etc. 


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einer peripheren Vene, welches weniger leicht der F&ulnis anheimfallt, 
empfohlen (Stein bach [13a]), Oder auch die Impfnng kleiner Ver- 
suchstiere. Man geht dabei von der Voranssetzung aus, daB bei der 
groBen Empfanglichkeit der letzteren fflr die Milzbrandinfektion die 
Impfung eine weit sicherer Gewahr bietet fflr eine richtige Diagnose, 
wie das gefarbte Ausstrichprflparat. Allein diese Annahme trifft in 
vielen Fallen nicht zu. Selbst bei kutaner Impfung, welche zur Ver- 
meidung von Septikamie infolge der Faulniserreger empfohlen wurde 
(Koch, Eitt [9]), kann das Tierexperiment bei faulendem Milzbrand- 
material ein vollkommen negatives Ergebnis liefern, wie des naheren 
unten ausgeftthrt wird. Der kulturelle Nachweis der Milzbrandbacillen 
durch das Plattenverfahren hat bisher fast nur in den Laboratorien 
Anwendung gefunden, da dasselbe fflr die Praxis als zu umstandlich 
angesehen wurde. Gegen diese bisher einseitig ausgefflhrte bakterio- 
logische Milzbranduntersuchung sind namentlich in letzter Zeit von ver- 
schiedener Seite Bedenken erhoben worden. Dieselben beziehen sich 
besonders auf die diiferentialdiagnostische Bedeutung der Milzbrand¬ 
bacillen kapsel. 

Zunflchst machte Noetzel (10) darauf aufmerksam, daB die Be- 
hauptung Johnes, die sichere Darstellung einer wohlentwickelten 
Kapsel unterscheide den Milzbrandbacillus ohne weiteres von alien 
Bakterienarten, welche bei der Untersuchung von Tierleichen mflglicher- 
weise AnlaB zu Verwechselung mit dem Milzbrandbacillus geben konnten, 
einer Einschrflnkung bedflrfe, da man auch bei Fftulnisst&bchen, welche 
sich in Kadavern 10—15 Stunden nach dem Tode vorfinden, mit der 
Johneschen Farbemethode Kapseln deutlich zur Erscheinung bringen 
konne. Man sei daher bei der Unterscheidung der Milzbrandbacillen von 
ahnlichen F&ulnisstabchen nach wie vor auf die ttbrigen morphologischen 
Eigenschaften des Milzbrandbacillus angewiesen. 

Sodann konstatierte Tschernogoreff (11), daB beim Milzbrande 
des Pferdes und Schweines an den Milzbrandstabchen Kapseln schwer 
darzustellen seien. Dieselbe Beobachtung machte Schmidt (12) beim 
Pferdemilzbrand. 

Dazu kommt noch, daB in faulendem Kadaver die fflrberische Dar¬ 
stellung der Kapsel sehr oft nicht gelingt, wie auch Johne und Klett 
1. c. angeben. Lflpke (13) warnt davor, „sich bei der Milzbranddiagnose 
auf das Resultat der mikroskopischen Untersuchung zu versteifen, weil 
es eine spezifische und absolut sichere Farbemethode fflr den Milzbrand¬ 
bacillus nicht gibt. Da auch eine Reihe anderer Bakterien gleich dem 
Milzbrandbacillus eine Plasmahfllle zeigen, lasse bei aiteren Kadavern 
die Kapselfarbung haufig im Stiche“. Die Kapseldarstellung ist nach L. 
nicht selten der AnlaB zu einer irrtflmlichen Diagnose. Auch Arndt (14) 
ist der Meinung, daB trotz der empfohlenen Farbemethoden der Milz¬ 
brandbacillen Verwechselungen mit Kadaverbacillen moglich seien. Da- 
hingegen gelang esSteinbach (l.c.) angeblich in 115 untersuchten Milz- 
brandfailen in Ausstrichen von Halsvenenblut stets und in grflBerer 
Menge Milzbrandbacillen nach der 011 s chen Farbemethode nachzuweisen. 
Obduktion und Probeentnahme erfolgten meist am Tage nach dem 
Tode. Jedoch selbst wenn mehrere Tage zwischen Tod und Entnahme 
der Blutproben verflossen waren, konnte St. stets Milzbrandbacillen 
nachweisen. Es ist jedoch zu berflcksichtigen, daB St. seine mikro¬ 
skopischen Befunde nicht durch Plattenkultur und Impfung kontrolliert 
hat. Johne und Klett (l.c.) konnten gut differenzierte Milzbrand- 

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bacillen mit deutlicher Kapsel in der Regel noch am 4 Tage nach dem 
Tode nachweisen. In einem 6 Tage nach dem Tode des Tieres an- 
gefertigten Blutausstriche konnte Johne die Eapseln nicht mehr nach¬ 
weisen ; die Milzbrandbacillen waren schon in Zerfall geraten. In solchem 
Falle wfirde, wie Johne bemerkt, die Diagnose des Milzbrandes (sc. 
durch Gewebsausstriche) erheblichen Schwierigkeiten begegnen. Klett 
vermochte in den Prfiparaten aus dem Blute oder Milzsaft einer 6 Tage 
vorher an Milzbrand verendeten Kuh zwischen den zahllosen Ffiulnis- 
stkbchen noch Milzbrandbacillen mit scharfer Differenzierung zu er- 
kennen. Die von Johne und Klett angestellten Untersuchungen, 
wie lange nach dem Tode die Milzbrandbacillen im Kadaver mit Hilfe 
der von ihnen angegebenen Farbemethoden nachzuweisen sind, er- 
strecken sich, soweit aus ihren Angaben ersichtlich ist, auf exen- 
terierte Organe von Milzbrandkadavern. Die milzbrandigen Unter- 
suchungsobjekte waren somit offener F&ulnis ausgesetzt, welche 
bedeutend langsamer und auch in anderer Weise verlauft, wie die 
FSulnis im nicht erfiffneten Kadaver durch anaerobe Bakterien. Die 
Resultate der Johneschen und Klettschen Versuche lassen sich somit 
ohne Einschr&nkung nicht auf die Verh&ltnisse in der Praxis iibertragen. 
Es geht dieses schon aus einem Versuch hervor, den Klett an einem 
an Impfmilzbrand gestorbenen Kaninchen angestellt hat, welches er 
bei 30—36° C uneroffnet liegen lieB. 24 Stunden nach dem Tode fanden 
sich an den Bacillen deutliche Kapseln vor, nach dieser Zeit waren sie 
nicht mehr nachzuweisen. Klett ltLBt es dahingestellt sein, „ob dann 
die Milzbrandbacillen ganz verschwunden sind Oder ob nur die Hfille 
verloren gegangen und die kernartige Protoplasmamasse zurfickgeblieben 
ist“. Diese Frage wire aber leicht durch das Plattenkulturverfahren 
zu entscheiden gewesen. 

Berndt (15) konnte in einer alsbald nach dem Tode einer an 
Milzbrand gestorbenen Kuh entnommenen Blutprobe, welche in einer 
verkorkten Flasche bei Zimmertemperatur aufbewahrt wurde, noch am 
13. Tage nach dem Tode die Kapseln der Milzbrandbacillen nachweisen 
und an den streifigen Kornchenhaufen die Anwesenheit der Milzbrand¬ 
bacillen diagnostizieren. 

Zu einem fihnlichen Ergebnis gelangte Mehrdorf (16) auf Grund 
seiner Untersuchungen, wonach die Milzbrandbacillen linger der Ffiulnis 
widerstehen sollen, als bisher angenommen wurde. Mit Hilfe der 
Klettschen Doppelfarbung will M. in vollst&ndig durchfaulten Massen 
noch nach 12 Tagen neben den zahlreichen Bakterien anderer Art die 
Milzbrandbacillen auf das bestimmteste nachgewiesen haben. Spfiter (16b) 
schrfinkt Mehrdorf seine Ansicht fiber die Zuverl&ssigkeit des Nach- 
weises der Milzbrandbacillen durch die mikroskopische Untersuchung 
geffirbter Deckglasausstriche bedeutend ein und halt in zweifelhaften 
Fallen die Impfung ffir erforderlich. 011 (1. c.) gibt an, daB schon nach 
wenigen Tagen, oft schon nach 2mal 24 Stunden der mikroskopische 
Nachweis der Milzbrandbacillen unmdglich sein kann. 

Sfimtlichen oben genannten Untersuchungen fiber die Tenacitfit der 
Milzbrandbacillen im Kadaver bezw. fiber die Dauer der Mdglichkeit 
ihres Nachweises durch die mikroskopische Untersuchung ist jedoch 
eine strikte Beweiskraft nicht beizumessen, da keiner der Autoren es 
unternommen hat, seine auf Grund der subjektiven Wahrnehmung ge- 
stellte Diagnose durch Probeimpfung oder noch besser durch das 
Plattenverfahren zu kontrollieren. Bei dieser Sachlage und mit Rfick- 


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Bongert, Beitrftge zur Biologie des MilzbrandbaciLlus etc. 


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sicht auf die in weiten Grenzen schwankenden Angaben fiber die 
Dauer der Mfiglichkeit des mikroskopischen Nachweises der Milzbrand- 
bacillen im Kadaver schienen mir wegen der Wichtigkeit, welche die Milz- 
branddiagnose in veterinfirpolizeilicher Hinsicht erheischt, eingehende 
Untersuchungen erforderlich. Es war: 

1) nachzuprfifen, wie lange nach dem Tode bei verschiedener Auf- 
bewahrung des Milzbrandmaterials der Milzbrandbacillus in den nach 
den gebrfiuchlichen Ffirbemethoden von Johne, Eiett (einfache und 
Doppelffirbung) und Olt hergestellten Ausstrichprfiparaten mit Sicher- 
heit zu erkennen ist, und wie lange dieser Nachweis bei unerfiffnetem 
Kadaver gelingt; 

2) zu untersuchen, welche von den 3 Untersuchungsmethoden: Aus- 
stricbprfiparat, Impfung oder Plattenkultur, zum Nachweise des Milz¬ 
brandbacillus als die sicherste anzusehen ist; 

3) ein Verfahren anzugeben, wie Milzbrandmaterial am zweck- 
mfiBigsten behufs spfiteren Nachweises aufbewahrt und versandt wird. 

Untersuchungen in der sub 2 angegebenen Richtung liegen, soweit 
ich aus der Literatur entnehmen konnte, nur zwei 1 ) vor. Lange (17) 
erhielt5 Tage nach dem Tode eines Gerbers zwei in Ffiulnis fibergegangene 
Hautstficke zur Untersuchung auf Milzbrand. In Ausstrichprfiparaten 
waren Milzbrandbacillen nicht nachzuweisen. In 12 angelegten Platten 
konnte keine einzige Milzbrandkolonie oder auch nur milzbrandfihnliche 
Kolonieen gefunden werden, wfihrend von 4 geimpften Mfiusen 2 an 
Milzbrand starben. Auf Grund dieses Ergebnisses halt L. die Impfung 
von Mfiusen ffir „das feinere und schfirfere Reagens auf Milzbrand 11 
als die Kultur. Im Gegensatz zu der Beobachtung von L. konnte 
C. Fraenkel (18) feststellen, daB gerade beim Milzbrand umgekehrt die 
Kultur keineswegs selten noch ein brauchbares Resultat liefert, wo 
das Tierexperiment im Stiche lfiBt. Von Proben 5 verschiedener Milz- 
brandffille — 3 vom Menschen, je 1 vom Rinde und vom Pferde stammend 
— ergab die mikroskopische Prfifung der ungeffirbten und geffirbten 
Prfiparate „in keinem einzigen Falle ein einigermaBen sicheres Resultat“. 
In 3 Fallen ergab die Plattenkultur ein positives Ergebnis, wfihrend die 
Impftiere gesund blieben, in 1 Falle wurde der Nachweis der Milzbrand¬ 
bacillen durch Plattenkultur und Impfung gesichert, und in 1 Falle 
wurde nur durch die Impfung die Diagnose erbracht. 

Die Untersuchungen habe ich Mitte Mai 1901 im hygienischen In- 
stitut der koniglichen tierfirztlichen Hochschule zu Berlin begonnen und 
im Dezember 1902 in dem mir zur Zeit unterstellten Laboratorium auf 
dem Berliner Schlachthofe zu Ende geffihrt. 

Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle meinem ehe- 
maligen Lehrer und Chef, Herrn Prof. Dr. Ostertag, ffir die Ueber- 
lassung des Untersuchungsmaterials und ffir die mannigfachen Anregungen 
und das Interesse, welches er dem Fortgang meiner Arbeit stets ent- 
gegenbrachte, meinen aufrichtigsten Dank abzustatten. 

V ersuchsanordnung. 

Zu meinen Untersuchungen standen mir zur Verffigung die Milzen 
und in einzelnen Fallen auch die Blutproben von 14 an Milzbrand ge- 


1) Wfihrend der Drucklegung erschien in derZeitschr. f. Veterinfirhygiene. Jahrg. I. 
Heft 1 u. 2 eine Arbeit von Fischoeder, welche ebenfalls dieeen Gegenstand be- 
handelt. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


storbenen groBen Haustieren und zwar von 10 Rindern, 2 Schafen and 
1 Ziege. Die Prflfung der Tenacitfit der Milzbrandbacillen im Kadaver 
wurde zu gleicher Zeit durcb Ausstrichpraparate, Plattenkultur und 
Verimpfung an M&use ausgefiihrt. Um jedoch gleichzeitig einen Auf- 
schluB fiber die ZweckmaBigkeit der bisher gebrfiuchlicben Aufbe- 
wabrungsmethoden von Milzbrandmaterial bebufs spfiteren Nachweises 
zu gewinnen, wurde jedesraal ein Stfick Milz offen stehend, ein zweites 
in einer feuchten Kammer und eine genfigende Menge abgestreifter 
Milzpulpa in einer zugekorkten Flasche bei Zimmertemperatur an einem 
dunkeln Orte aufbewahrt. Aufierdem wurde an mehreren aufeinander- 
folgenden Tagen bei steriler Entnahme aus der Tiefe Milzpulpa auf die 
Mitte der sterilen Durchbruchsflfiche einer gekochten Kartoffel gebracht 
(Verfahren nach Olt) und Kartoffelrohrchen besfit. Jede dieser 4 bezw. 
5 Milzbrandproben wurde tfiglich nach den angegebenen 3 Methoden 
auf das Vorhandensein von Milzbrandbacillen untersucb't, und jede 
einzelne Untersuchungsmethode so lange fortgesetzt, als Milzbrand¬ 
bacillen durch dieselbe nachzuweisen waren. Von der Impfung wurde 
nur in den ersten Fallen und spater noch einmal vergleichsweise Ge- 
brauch geinacht, in den weiteren Fallen jedoch davon Abstand genommen, 
da sie sich sehr bald im Vergleich zu den beiden anderen Unter- 
suchungsmethoden als wenig zuverlassig ffir die Milzbranddiagnose 
erwies. Die verschiedentlich vorgenommene Prfifung auf Sporenbildung 
der Milzbrandbacillen geschah in der Weise, daB reichlicb Material in 
verflfissigten und alsdann auf etwa 60° abgekfihlten Agar fibertragen, 
1 Stunde lang auf 70° erhitzt und zur Platte ausgegossen wurde. Da 
die Temperatur- und Witterungsverhaltnisse einen bedeutenden EinfluB 
auf die Faulnisvorgange im Kadaver und somit auch auf die lfingere 
Oder kfirzere Lebensdauer der Milzbrandbacillen ausfiben, so sind zum 
besseren Verstfindnis des Ausfalles der einzelnen Versuche in den Ver- 
suchstabellen kurze Auszfige aus den offiziellen Wetterberichten ange- 
geben. Aus demselben Grunde sind auch die Zeiten, wann die Sektion 
vorgenommen wurde und das Milzbrandmaterial zur Untersuchung ge- 
langte, festgestellt worden. 

1. Der mikroskopische Nachweis der Milzbrandbacillen In Aus- 

strichprfiparaten. 

Die von dem offen aufbewahrten Ausgangsmaterial, dem Milzstfick 
in der feuchten Kammer, von der in einer Flasche aufbewahrten Milz¬ 
pulpa und von der beschickten Kartoffel tfiglich angefertigten Ausstriche 
blieben einige Stunden offen an der Luft liegen, um lufttrocken zu werden, 
und wurden dann nach den von Johne, Klett und Olt angegebenen 
Verfahren gef&rbt. Diese gebriiuchlichen Farbemethoden bezwecken 
hauptsachlich eine deutliche Darstellung der ffir den Milzbrandbacillus 
charakteristisch angesehenen Kapsel oder Gallerthfille. Grundbedingung 
hierzu und zur Auflosung der Zellverbfinde der Milzbrandffiden in die 
Einzelglieder ist, worauf Johne besonders aufmerksam macht, das vor- 
sichtige Erwfirmen der schwappend mit Farbstoff bedeckten Deckglas- 
praparate fiber der Flamme so lange, bis Dfimpfe aufsteigen. Bei der 
011 schen Safraninffirbung ist ein 2—3maliges Aufkochen der Farbldsung 
mit nachfolgender etwa 2 Minuten langer Einwirkung derselben erforder- 
lich, um eine einigermaBen deutliche Farbung in dem matten Rotbraun 
des Safranins zu erzielen. Die Wirkung des notwendigen Erwfirmens 
der Farblfisung auf die Darstellung der Gallertkapsel besteht nach Johne 


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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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in einer Quellung derselben infolge reichlicher Aufnahnie von Wasser unter 
dem Einflusse der Warme. 1st diese Ansicht richtig, dann muB auch 
die Einwirkung von erwarmtem Wasser auf das lufttrockene und fixierte 
Praparat vor der Farbung denselben Effekt haben. Das ist jedoch nicht 
der Fall. Erwarmt man ein fixiertes und mit Wasser schwappend be- 
decktes Milzbrand-Ausstrichpraparat bis zum Aufsteigen von Dampfen 
vorsichtig fiber der Flamme, ffirbt alsdann wie gewohnlich ohne Erhitzen 
und behandelt es nach dem Ausspfilen kurz mit 2-proz. Essigsfiure, so 
wird man sich ttberzeugen konnen, dad ira Gegenteil keine Quellung der 
Milzbrandbacillen bezw. ilirer Kapseln eingetreten ist, sondern vielmehr 
ein Schrumpfen, ein Zerfall des Zellleibes durch Auflfisung seines In- 
haltes. Man sieht leere Kapseln in groBerer Zahl, in welchen hier und 
da einzelne Kfirner enthalten sind, aber keine Kapselstfibchen. Das 
Prinzip der Kapseldarstellung der Milzbrandbacillen dfirfte somit in 
einem intensiven Ffirben mit nachfolgendem schwachem Oder kurz an- 
haltendem und aus diesem Grunde nur peripher sich geltend machendem 
Entfarben bestehen. Die intensive Farbung erreicht S er a f i n i (19), dem 
die Prioritat gebfihrt, zuerst auf das Vorhandensein einer farberisch dar- 
stellbaren Kapsel bei den frisch dem Kadaver entnommenen Milzbrand¬ 
bacillen aufmerksam gemacht zu haben, durch Anilinwasser-Gentiana- 
violett, Johne, Klett und Olt durch vorsichtiges Erwarmen oder 
Aufkochen der FarblQsung. Die Entfarbung geschieht bei dem von 
Serafini angegebenen Verfahren durch Alkohol, bei dem von Johne 
mit 2-proz. Essigsaure und bei Klett durch erwarmtes Wasser, welches 
durch 8—12maliges Hindurchziehen des abgespfilten und mit Wasser 
voll bedeckten Deckglaspraparates durch die Flamme hergestellt wird und 
so allmahlich entfarbend auf das gefarbte Praparat einwirken kann. Bei 
der Oltschen Safraninfarbung ist eine Entfarbung zur Darstellung der 
Kapsel nicht erforderlich; dieselbe markiert sich ohne Entfarbung. Das- 
selbe kann man sehr oft bei der gewohnlichen Farbung mit anderen 
Farbstoffen beobachten, namentlich bei der Verwendung einer ausgereiften, 
alten Lofflerschen Methylenblaulfisung (Heim [21]). Von derGram- 
schen Farbemethode habe ich nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht, da 
bei dieser die morphologischen Eigentfimlichkeiten des Milzbrandbacillus 
nicht deutlich hervortreten, und auBerdem verschiedene, dem Milzbrand¬ 
bacillus ahnliche Faulnisstabchen ebenfalls die Gramsche Farbung an- 
nehmen. Bemerken mochte ich nur, daB mir in einzelnen Fallen auch 
mit der Gramschen Farbemethode bei kurzer Entfarbung mit Alkohol 
die Differenzierung eines intensiv gefarbten zentralen Teiles, des „Kern- 
stabchens a , von einer schwach oder ungefarbten Peripherie, Plasmahfille, 
welche sich nach auBen durch einen deutlich gefarbten Saum abgrenzte, 
gelang. Die Moglichkeit der Darstellung einer Kapsel oder Plasmahfille 
mit der Gramschen Farbemethode kann jedoch nicht weiter fiberraschen, 
da diese im Prinzip der Serafinischen Methode der Kapseldarstellung 
entspricht. 

Auf die Einzelheiten der gebrauchlichen Farbemethoden von J ohne, 
Klett und Olt einzugehen, erubrigt sich, da diese als bekannt voraus- 
gesetzt werden kfinnen. Einen besonderen Vorzug von einer der drei 
genannten Farbemethoden, namentlich in Bezug der Kapseldarstellung, 
habe ich nicht feststellen konnen. 

Wie bereits in der Einleitung angedeutet wurde, bestand bisher die 
Ansicht, daB der Milzbrandbacillus im Gegensatz zu der groBen Mehr- 
heit der fibrigen Bakterien lediglich nach seinen morphologischen Eigen- 


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504 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIY. No. 6. 

schaften durch die mikroskopische Untersuchung von Gewebsausstrichen, 
die nach einer der bekannten Fsirbemethoden behandelt worden sind, 
mit Sicherheit als solcher erkannt werden kann. Man l&Bt also bei der 
Milzbranddiagnose allgemein noch die Gestalt des Erregers als sicheres 
diagnostisches Merkmal gelten, ein Standpunkt, welcher bei alien anderen 
durch Bakterien bedingten Infektionskrankheiten schon lange als un- 
zul^ssig erkannt worden ist. Ich erinnere in dieser Beziehung an die 
Diphtherie und vor alien Dingen an die Tuberkulose. Es miissen auBer 
den morphologischen Eigenschaften noch biologische Merkmale zur 
Diagnose herangezogen werden. Diese Ausnahraestellung des Milz- 
brandes in der bakteriologischen Diagnostik kann ich in Uebereinstim- 
mung mit den bisherigen Beobachtungen auf Grund meiner Versuche 
als allgemein richtig nicht ansehen, weil die morphologischen Eigen- 
tiimlichkeiten des Milzbrandbacillus im faulenden Kadaver nicht immer 
konstant und derart ausgepragt sind, daB er von anderen ahnlichen 
Stabchen ohne weiteres unterschieden werden kann. 

Die Ver&nderungen, welche der Milzbrandbacillus im faulenden 
Kadaver erleidet, konnen mannigfacher Natur sein. 

Was zun&chst die Darstellung der Kapsel oder Plasmahiille anbelangt, 
so ist unbedingt zuzugeben, daB dieselbe ein wertvolles morphologisches 
Merkmal auch fiir die Erkennung der Milzbrandbacillen im faulenden 
Kadaver darstellt, allein sie gelingt nicht stets und ist auch nicht aus- 
schlieBlich dera Milzbrandbacillus eigentiiralich, wie ich in Ueberein- 
stimmung mit Noetzel (1. c.) u. a. raehrere Male feststellen konnte. 
DaB beim Milzbrand des Pferdes und Schweines die Darstellung von 
Kapseln an den Milzbrandbacillen auch im frischen Kadaver grofie 
Schwierigkeiten bereitet und in der Regel nicht gelingt, wurde bereits 
hervorgehoben. Ich habe aber auch mehrere Male beim Rindermilzbrand 
konstatieren konnen, daB die Kapselfarbung der Milzbrandbacillen schon 
viel friiher im StichelieB, wie Johne und Klett (1. c.) angegeben haben. 
In Milzbrandmaterial einer Kuh, welches in den ersten 36 Stunden 
nach dem Tode noch gute Kapselpraparate lieferte, waren nach dieser 
Zeit mit dera Auftreten von Faulnisbakterien mit differenzierter Kapsel 
versehene Milzbrandstabchen trotz allermoglichen Muhe nicht mehr 
nachzuweisen. In einem anderen Falle gelang der Nachweis von Kapsel- 
stabehen in Milzausstrichen von vorneherein nicht, nur einzelne Milz- 
brandstabchen zeigten eine undeutliche Plasmahiille, wahrend an der 
Mehrzahl derselben eine solche nicht zu erkennen war (No. 5 d. Tab.). 
In den Blutausstrichen von demselben Tier waren jedoch Milzbrand¬ 
bacillen mit deutlicher Kapsel in maBiger Zahl nachzuweisen. Ohne 
Zweifel ist die Kapsel Oder Plasmahiille ein integrierender Bestandteil 
des Milzbrandbacillus, wie Kern (21) nachgewiesen hat, allein der Nach¬ 
weis derselben gelingt nicht immer gleich gut, da sie nicht immer gleich- 
maBig entwickelt ist. Die mehr oder weniger deutliche Entwickelung 
der Kapsel scheint von der Zusammensetzung des Mediums abhangig zu 
sein, auf welchem der Milzbrandbacillus gewachsen ist, oder in dem er 
sich befindet. Als Beweis hierfiir ist die Tatsache anzusehen, daB in 
Serumkulturen die Milzbrandbacillen schone Kapseln zeigen, in Agar- 
und Bouillonkillturen jedoch in der Regel nicht oder nur ganz vereinzelt, 
wie Haase (22) und Johne (ebenda) nachgewiesen haben, und was ich 
bestatigen kann. Aber auch selbst die Milzbrandbacillen derselben Blut- 
serumkultur verhalten sich in Betreff des Vorhandenseins einer deutlichen 
Kapsel nicht immer gleich. Besonders auffallig konnte ich eine un- 


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Bongert, Beitrfige zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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gleichmafiige Entwickelung der Kapsel an Milzbrandbacillen aus flflssigen 
Blutserumkulturen beobachten. W&hrend die Mehrzahl der Milzbrand- 
bacillenfaden eine schone, breite Plasmahiille zeigten, erschienen einzelne 
Faden oder Glieder derselben kapsellos, ihr Bacillenleib verschmaiert 
und auch linger, wie bei den mit Kapseln versehenen Faden. Mit dem 
Aelterwerden der Kultur nahm die Zahl der kapsellosen Milzbrandfaden 
zu. Vielleicht ist die durch das Wachstum der Milzbrandbacillen bedingte 
Ver&nderung in der chemischen Zusammensetzung des Nahrbodens, speziell 
die eintretende saure Reaktion desselben, die Ursache des Verlustes der 
Bacillenkapsel. Eine ahnliche Ver&nderung in der chemischen Zusammen¬ 
setzung der Gewebsflussigkeit infolge der F&ulnisvorg&nge muB auch 
als die Ursache angesehen werden, dafi der farberische Nachweis der 
Milzbrandbacillenkapsel im faulenden Tierkorper mit Zunahme der F&ulnis- 
erreger immer schwieriger und zuletzt unmoglich wird. Denn nur diese 
Annahme erkl&rt die Beobachtung, dafi in Ausstrichen von Blut aus 
peripheren Venen (Ohrvene) Kapselstabchen linger nachzuweisen sind, 
wie in Milzausstrichen, da ersteres weniger leicht der Fiulnis anheim- 
fallt, wie die Milz und die iibrigen Hinterleibsorgane. 

Zu dem zeitweiligen Versagen der farberischen Darstellung der Milz¬ 
brandbacillenkapsel tritt nun noch die Moglichkeit hinzu, dafi in den 
Milzbrandkadavern kurze Zeit nach dem Tode vom Darme aus F&ulnis- 
bacillen in die Blutbahn eindringen, an welchen sich ebenfalls Kapseln 
zur Darstellung bringen lassen und die auch im flbrigen die grofite 
morphologische Uebereinstimmung mit Milzbrandbacillen zeigen konnen. 
Ein solcher Nachweis gelang mir nicht nur in Milzbrandkadavern, welche 
in Ausstrichpraparaten Milzbrandbacillen nicht mehr erkennen liefien 
(Phot 1), sondern auch in anderen Kadavern, die bis zur Vornahme 
der Sektion einige Zeit gelegen hatten (Phot. 2). Allerdings sind diese 
Kapseln der Faulnisstfibchen nicht so deutlich und schon ausgepragt, 
wie man sie in der Regel beim Milzbrandbacillus zu sehen Gelegenheit 
hat. Allein auch bei letzterem sind die Httllen nicht immer gleich gut 
entwickelt, wie wir oben gesehen haben. 

Es ist somit das Vorhandensein einer Kapsel oder Plasmahiille als 
ein absolut konstantes und ausschliefilich dem Milzbrandbacillus eigen- 
tiimliches Merkmal nicht l&nger anzusehen. 

Aufier dem Verschwinden der Kapsel treten nach dem Tode des 
Tieres an den Milzbrandbacillen noch andere Ver&nderungen in morpho- 
logischer Beziehung auf. Zunachst sieht man von Tag zu Tag die Zahl 
der Milzbrandstabchen abnehmen. Die langen Faden, zu welchen die 
Milzbrandbacillen nach dem Tode bei giinstiger Temperatur auswachsen 
konnen, verschwinden allm&hlich. Die Vermehrung sistiert. Infolgedessen 
erscheinen die Milzbrandbacillen vielfach l&nger wie im Anfange, da die 
Teilung in 2 Einzelzellen ausbleibt Die Abnahme der Zahl der Milz¬ 
brandbacillen verlauft parallel mit dem Zerfall der Zellkerne. In dem 
Mafie, wie die chromatische Substanz der Zellkerne in eine diffus sich 
f&rbende Detritusmasse zerf&llt, nimmt auch die F&rbbarkeit der Milz¬ 
brandbacillen ab, w&hrend die lebenskr&ftigen F&ulnisbakterien, welche 
sich angesiedelt haben, eine satte F&rbung annehmen. Diese schwache 
F&rbbarkeit der Milzbrandbacillen im faulenden Kadaver ist, worin ich 
Johne (1. c.) zustimme, ein gutes Erkennungsmerkmal gegeniiber der 
wegen ihrer Grofie etwa mit diesen zu verwechselnden F&ulnisbacillen. 
Mikroskopisch lSfit sich dieser Zerfall der chroraatischen Substanz daran 
erkennen, dafi die Deckglaspr&parate von Tag zu Tag zunehmend schw&cher 


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506 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


geffirbt erscbeinen. Das gleichzeitige Auftreten der kr&ftig sich ffirben- 
den Ffiulnisbakterien bebt diese Erscheinung nicht vollkommen auf. Die 
geringe Tinktionsfahigkeit der in Zerfall begriffenen Milzbrandstabchen 
tritt immer mehr hervor, ja man kann beobachten, daB sie bei dem zur 
Darstellung der Kapsel notwendigen Entfarbeu mit 2-proz. Essigsfiure 
oder nach der Methode von Klett mit erwarmtem Wasser oft fast voll¬ 
kommen entfarbt erscheinen. In solchem Falle ist eine einfacbe Farbung 
mit Lofflers Methylenblauldsung, wie Heim (I. c.) es angegeben hat, 
zweckmaBiger, da man hierdurch eine einigermaBen deutliche Farbung 
des Bacillenleibes erreichen und unter Umstinden auch die Kapseln zur 
Anschauung bringen kann, welche hierbei eine rosarote Farbung an- 
nehmen (Methylenblau medicin.). SchlieBlich sind die Milzbrandbacillen 
vollkommen zerfallen und ausgelaugt und nehmen flberhaupt keine Far¬ 
bung mehr an. 

AuBer dieser mehr gleichmaBigen Aufldsung der Milzbrandbacillen 
ist noch ein von der Peripherie des Bacillenleibes ausgehender Zerfall 
zu beobachten. Im Anfange sehen die Stabchen wie zerfressen aus, sie 
farben sich unterbrochen. Dann nehmen sie allmahlich an Dicke ab, so 
daB schliefilich nur noch ein schmaler, unregelmaBiger Strich in der 
meist deutlich hervortretenden Kapsel als Ueberrest des Bacillenkdrpers 
zuriickbleibt. Aber nicht nur am Rande, sondern auch inmitten des 
Bacillenkdrpers treten ungefiirbte Liicken auf. Derselbe zerfallt in ver- 
schieden groBe Kdrner, die aufgelost Oder aus der Kapsel ausgestofien 
werden, so daB schliefilich nur noch die leere Halle flbrig bleibt, in 
welcher noch hie und da vereinzelte kleine Granula zu sehen sind. Diese 
sogenannten leeren Milzbrandkapseln, welche auch im frischen Milzbrand- 
material vereinzelt auftreten kdnnen, nehmen mit dem zunehmenden 
Zerfall der Milzbrandbacillen an Zahl zu, bis schliefilich nur noch Kapsel- 
ttberreste in Gestalt von feinen Strichen als letzte Andeutungen der 
Milzbrandbacillen vorhanden sind (Phot. 3). 

Diese Art der Aufldsung der Milzbrandbacillen ist auf osmotische 
Storungen zurOckzufOhren und als Plasmolyse zu deuten, als eine Ab- 
ldsung des Protoplasmas von der Zellwand unter gleichzeitiger Kon- 
traktion und Verdichtung desselben zu verschieden grofien, starker licht- 
brechenden und sich intensiver farbenden Kdrnern (A. Fischer [23a]) 
Den weiteren Zerfall und die Aufldsung dieser Kdrner muB man sich 
durch Plasmoptyse zu stande gekommen denken, indem infolge ge- 
steigerten Innendruckes in der gequollenen Bakterienzelle jene kornigen 
Zerfallsmassen ausgestofien und durch Quellung allmahlich zerstdrt und 
aufgeldst werden (A. Fischer [23b]). 

Auf die sogenannten leeren Milzbrandkapseln hat zuerst R. Koch (lb) 
aufmerksam gemacht und dieselben abgebildet. In den Milzausstrichen 
einer an Impfmilzbrand gestorbenen weiBen Ratte befanden sich „neben 
dunkelgeffirbten lebensfahigen in demselben Bacillus abgestorbene Glieder, 
die sich dadurch auszeichneten, daB sie die Anilinfarben nicht mehr an- 
nahmen, etwas gequollen aussahen und fast den Eindruck machten, als 
ware es eine ihres Inhalts beraubte Hiille. u 

Auch Berndt (15) hat die oben geschilderte Aufldsung der Milz¬ 
brandbacillen bereits beschrieben. Er konnte noch am 13. Tage nach 
dem Tode eine deutliche Milzbrandbacillenkapsel mit der Klettschen 
Doppelffirbung nachweisen und glaubt an dem streiiigen Kornchenhaufen, 
welche noch die Gestalt der urspriinglichen HQllen der Milzbrandbacillen 
aufweisen, Milzbrand mit einiger Sicherheit diagnostizieren zu kdnnen. 


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Vagedes, Zur Abhandl. von Krompecher u. Zimmermann in No. 8 dies. Ztschr. 507 


Dieser Ansicht, welche sich auf die Beobachtung eines einzigen Versuches 
stfltzt, kann ich mich nicht anschlieBen, da dieser AufldsungsprozeB 
nicht nur den Milzbrandbacillen, sondern auch vieien anderen Bacillen- 
arten, wie A. Fischer (1. c.) festgestellt hat, eigentflmlich ist. Es 
kdnnen demnach solche Reste von BakterienhQilen Oder Kornchenhaufen, 
die noch die Form von Bacillen aufweisen, ohne weiteres auf das Vor- 
handensein von Milzbrandbacillen nicht bezogen werden. Allerdings ist 
zuzugeben, daB die leeren Plasmahtillen oder Kapseln von der Form 
der Milzbrandbacillen in groBerer Zahl in manchen Fallen einen gewissen 
Anhaltspunkt fur die Annahme gew&hren, daB Milzbrand vorgelegen hat. 
Jedoch absolut beweisend fur die Richtigkeit der Milzbranddiagnose kann 
auch das Vorhandensein von leeren Kapseln aus den oben angegebenen 
Griinden nicht angesehen werden. (Fortsetzung folgt) 


Nachdruck verboien. 

Zur Abhandlung von Krompecher und Zimmermann „Ueber 
die Yirulenz der Tuberkelbacillen“ in Bd. XXXIH No. 8 

dieser Zeitschrift 

Von Dr. Yagedes, Berlin. 

Krompecher und Zimmermann haben in der oben genannten 
Abhandlung das Ergebnis ihrer Untersuchungen mitgeteilt und sind dabei 
zu dem Schlusse gekommen, daB die aus Fallen chirurgischer Tuberkulose 
geziichteten Tuberkelbacillenstamme im allgemeinen gleiche Virulenz 
haben. Verff. erheben nun gegen meine in Bd. XXVIII d. Ztschr. f. 
Hyg. veroffentlichten Versuche, auf Grund deren ich zu dem Schlusse 
gelangte, daB die verschiedenen aus menschlichem (Lungen-) Material 
geziichteten Tuberkelbacillenstamme sehr verschiedene Virulenz gegen- 
flber Kaninchen zeigen, Einwande, unter denen, wie sie sagen, das 
„Werk meiner Klassifikation von selbst zusammenbricht“. Allerdings 
flberheben mich Verff. durch Mitteilung der Tabellen V und VI auf 
p. 599 der Mfihe, diese Einwande im einzelnen zu widerlegen, und sie 
sagen selbst, daB diese Tabellen bloB durch Annahme einer verschiedenen 
Virulenz zu erkiaren sind. Weiter habe ich in der Tat durch meine 
Arbeit nichts nachweisen wollen, und mag man, der Uebersicht wegen, 
eine Klassifikation aufstellen, wie ich es getan habe, Oder nicht, genug, 
daB es sehr virulente und wenig virulente Tuberkelbacillenstamme gibt, 
eine Tatsache, die fOr die menschliche Pathologie ohne Zweifel von 
grofier Bedeutung ist. 

3 von meinen virulentesten Stammen sind allerdings durch Kaninchen- 
passagen gewonnen, aber unter diesen befinden sich 2 Perlsuchtstamme, 
die, wie mich weitere Untersuchungen flberzeugt haben, ffir Kaninchen 
iiberhaupt sehr virulent sind, 2 andere meiner hochvirulenten Stamme 
(M XIII und Fu XXIII) sind aber direkt aus vom Menschen stammen- 
dem Materia] geziichtet, und andererseits habe ich mich durch hinreichend 
zahlreiche Versuche uberzeugt, daB eine ausgesprochene Virulenzsteigerung 
selbst durch 12-malige Kaninchenpassage nicht zu erreichen ist (p. 299 
—301 meiner Arbeit). Ein Unterschied in der Virulenz ist ganz kon- 
stant, und diesem haben die Autoren scheinbar gar keine Aufmerksam- 
keit geschenkt: Die hochvirulenten Kulturen erzeugen bei Impfung in 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originals. Bd. XXXTV. No. 6. 


die vordere Augenkammer disseminierte Tuberkulose, wozu die weniger 
virulenten nicht im stande sind. Man kann also Tierpassagen von der 
vorderen Augenkammer aus nur mit virulenten Kulturen anstellen (p. 285 
meiner Arbeit). 

Dali ich der Zeit, innerhalb deren ein Versuch beendet war, bin- 
reichend Rechnung getragen habe, darauf wies ich bereits in den Be- 
merkungen zu der den gleichen Gegenstand behandelnden Arbeit von 
Veszpremi hin (No. 9 dieser Zeitschr.). 

Auch der individuellen Disposition, auf welche Krompecher und 
Zimmermann bei den Versuchen Wert legen, habe ich wohl genflgend 
Beachtung geschenkt und (p. 288) ausdrttcklich hervorgehoben, daB die 
Toler an z der Kaninchen gegen die Tuberkulose der inneren Organe 
eine verschiedene ist, so daB ein Tier schon VerSnderungen erliegt, bei 
denen ein anderes noch leidlich gesund erscheint. Aus diesem Grunde 
empfahl ich auch, die Tiere nach bestimmten Zeitabsdhnitten zu tdten 
und die VerBnderungen der inneren Organe festzustellen. 

Krompecher und Zimmermann halten es weiter nicht fttr aus- 
geschlossen, daB Mischinfektionen zu Lebzeiten des betreffenden Menschen, 
von denen die Kulturen stammen, auf die Virulenz einen EinfluB gehabt 
haben. Auf p. 280 meiner Arbeit habe ich dagegen erw&hnt, daB ich 
durchg&ngig Falle aussuchte, bei denen der Auswurf frei von Begleit- 
bakterien war. Von 2 Fallen, bei denen der Auswurf andere Bakterien auf- 
wies, zeigte sich eine Kultur (FI) wenig virulent, die andere freilich (V. II) 
erheblich virulenter. Bei alien iibrigen Fallen hat gar keine Misch- 
infektion bestanden, besonders nicht durch Streptokokken, die der mikro- 
skopischen und kulturellen Untersuchung sicher nicht entgangen wkren. 

Nach wie vor muB also daran festgehalten werden, daB auch bei 
den Tuberkelbacillen menschlicher Lungentuberkulose ganz erhebliche 
Virulenzunterschiede bestehen, die fur den klinischen- Verlauf des Falles 
und seine Infektiositat, sagen wir Gemeingefahrlichkeit, von der groBten 
Bedeutung sein konnen. 

Auf jede subtile Klassifikation der Virulenz kann man meiner 
Meinung nach dieser wichtigen, von mir zuerst festgestellten Tatsache 
gegeniiber ruhig verzichten. 

Als nebensachlich will ich flbrigens noch bemerken, daB mir Verff. 
zu Unrecht vorwerfen, ich habe einen Tuberkulosestamm (XXIV. S. Z. 
No. 55 u. 56 meiner Liste) einmal der II., ein anderes Mai der III. Virulenz- 
klasse zugezahlt. Ich sage p. 293 ausdriicklich: „Die II. Klasse mittlerer 
Virulenz umfaBt diejenigen. die in einer Menge von ’/* mg injiziert, 
zwar zahlreiche Knoten in den Lungen, aber nicht in den iibrigen 
inneren Organen verursachen, oder die zu 5—10 mg in die Blutbahn 
gebracht, eine allgemeine Miliartuberkulose verursachen“, und „zur 
III. Klasse endlich rechnen die StBmme, von denen */« mg nur zu 
sparlicher Knotenbildung in den Lungen Oder eine grSBere Menge 
— bis 10 mg — zu reichlicherer Knotenbildung, aber nur in den Lungen, 
Veranlassung gibt u . In No. 55 hat nun die Kultur XXIV zu */« m 8 
injiziert, zahlreiche Knoten in den Lungen erzeugt, wahrend die 
iibrigen Organe makroskopisch frei waren, in Versuch No. 56 zu 10 mg 
Starke allgemeine Tuberkulose verursacht. Folgerichtig habe ich diesen 
Stamm also der II., aber nie der III. Klasse zugerechnet. Doch ich 
erwahnte schon, daB ich mich nie an die Klassiiikation klammern wtirde, 
die ich nur deshalb gab, um die Uebersicht zu erleichtern. 


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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc. 


509 


Nachdruck verboten . 

TJeber die Aetiologie von „Ekiri“, einer eigentiimlichen, 
sehr akuten, ruhrartigen, epidemiscben Kinderkrankheit 

in Japan'). 

Von Dr. Sukehlto Ito aus Fukuoka (Japan). 
Einleitung. 

In Japan, besonders auf Kiushiu (Insel) und in Nagoya (Stadt), 
herrscht seit langer Zeit, wohl seit mehreren Hundert Jahren, eine eigen- 
tfimliche Kinderkrankheit, welche sehr akut verl&uft. Daher wird die 
Krankheit auf Kiushiu im Volksmunde „Kuisho“ — das bedeutet akute 
Erkrankung — und in Nagoya von den Leuten „Hayate“ (Orkan) ge- 
nannt *). Wir sehen also, daB, venn auch an den beiden r&umlich weit 
entfernt liegenden Orten vom Volke ffir dieselbe Krankheit ein anderer 
Ausdruck gew&hlt wurde, derselbe doch in beiden Ffillen das bezeichnet, 
was dem Laien am augenffilligsten an der Epidemie erscheint Als 
medizinischer Ausdruck aber wird der Name „Ekiri“ (d. h. epidemische 
Ruhr) von den meisten Autoren gebraucht, weil die Krankheit einen 
ruhrartigen und epidemisch auftretenden Charakter hat, wie ich unten 
weiter kennzeichnen werde. 

Die Krankheit ergreift fast nur Kinder, ausnahmsweise Erwachsene ; 
ich habe unter fiber 300 Fallen nur 3mal „Ekiri“ bei Erwachsenen be- 
obachtet. Weil die Krankheit „Ekiri“ nicht nur vom Verfasser, sondern 
auch von alien flbrigen Autoren (z. B. hat Murao unter 105 Fallen 
nur 2 Faile bei Erwachsenen gesehen) nach der japanischen Literatur 
fast ausschlieBlich bei Kindern beobachtet wird, so wird diese Krank¬ 
heit seit langen Jahren ffir eine spezifische Kinderkrankheit gehalten. 

Das am meisten ffir diese Krankheit disponierte Alter ist 4—6 Jahre. 
Je alter die Kinder sind, desto weniger sind sie daffir disponiert; und 
wenn sie schon das 13. Jahr erreicht haben, so leiden sie so selten 
daran, wie die Erwachsenen. Auch Sauglinge werden sehr selten von 
„Ekiri“ ergriffen; bei Kindern unter 10 Monaten ist diese Krankheit 
noch niemals beobachtet worden. 

Die Krankheit herrscht epidemisch am Ende des Sommers und am 
Anfang des Herbstes; aber sie kommt im Hochsommer und selbst auch 
im kaltesten Winter vor, d. h. eigentlich zu alien Jahreszeiten ohne Aus- 
nahme. DaB „Ekiri“ infizierbar ist, wird durch die Tatsache bewiesen, 
daB mehrere Individuen derselben Familie hintereinander daran er- 
krankten, was von vielen Autoren und von mir selbst beobachtet wurde. 

Was die klinischen Erscheinungen und pathologisch-anatomischen 
Verfinderungen anlangt, so mochte ich nur die wichtigeren kurz 8 ) er- 
w&hnen: 

Bisher scheinbar ganz gesunde Kinder bekommen plotzlich Fieber 
und gleichzeitig 1 —2malige Stuhlentleerung von weicher Konsistenz mit 
unverdauten Nahrungsresten. Zunfichst tritt hohes Fieber ein, gewohn- 
lich fiber 40, selbst bis 42 0 C, und schleimige Stfihle, haufig mit kleinen 


1) Diese Arbeit ist auch in Kitasatos Zeitschr. f. Bakt. japanisch publiziert. 

2) Ueber die Identitat der Kuisbo und Hay ate vergl. die Arbeit von Otsuki. 

3) Genaueres habe ich schon in japanischen meaizinischen Zeitschriften ver- 
offentlieht. 


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510 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 6. 


Mengen Blut gemischt; die Stuhlgange sind in der Regel nicht frequent 
und ffihren keinen Tenesmus’) herbei. In diesem Stadium kommt Kon- 
vulsion als fast konstante Erscheinung vor, welcher Koma folgt. (Bei 
alteren Eindern fehlt die Konvulsion meist, aber Koma tritt immer auf.) 

Die Krankheit verlftuft sehr akut und die Kinder gehen gewfihnlich 
in 20—24 Stunden nach dem Ausbruch der Krankheit zu Grunde, in 
den akutesten Fallen aber schon binnen 10 Stunden. Selbst relativ 
chronisch verlaufende Falle, welche sehr selten zu unserer Beobachtung 
kommen, dauern hfichstens 3—4 Tage. Wenn die Krankheit gttnstig 
verlfiuft, so heilt sie nach wenigen Tagen ganz ab. Wirjdich chronische, 
d. h. wochenlang dauernde Formen, sind wohl auCerst selten; ich wenig- 
stens habe keinen einzigen solchen Fall kennen gelernt. 

Die Prognose ist eigentlich nicht gtinstig; frtiher erlag fiber die 
Hfilfte der Patienten der Erkrankung. In den letzten Jahren ist die 
Prognose jedoch, wegen der Fortschritte der medizinischen Wissen- 
schaften, viel gfinstiger geworden, doch betrfigt die Mortalit&t der Kranken 
immer noch fiber 30 Proz. 

Resumiert man die Hauptsymptome von „Ekiri“, so ergibt sich fol- 
gendes: 

1) ganz plfitzlicher Eintritt der Krankheit, 2) hohes Fieber (meist 
fiber 40° C), schleimige Stfihle (hfiufig mit Blutbeimengung, sehr selten 
Tenesmus), 4) Krampf, dann Koma (bei alteren gleich Koma ohne vor- 
ausgehenden Krampf) und 5) Tod durch Herzlahmung, nicht durch Kollaps. 

Die pathologissh-anatomischen Befunde sind relativ mangelhaft, weil 
bis jetzt nur 99 Falle (darunter 3 vora Verfasser) seziert sind. Die 
Veranderungen, welche von alien Autoren angegeben sind, stimmen je¬ 
doch fast ganz fiberein, und zwar sind sie nichts anderes als akute und 
hochgradige Enteritis follicularis. 

Ueber die Genese dieser Krankheit mit den oben genannten klini- 
schen und pathologisch-anatomischen Charakteren haben die Autoren 
verschiedene Ansichten. Manche glauben, daB „Ekiri tt nichts anderes als 
akute Dysenterie bei Kindern sei; sie betonen hierbei eine gewisse 
Aehnlichkeit der Symptome beider Krankheiten, und zwar hauptsachlich 
die schleimigen Stfihle 8 ) und auBerdem die Tatsache, daB mit der 
„Ekiri u -Epidemie nicht selten eine Dysenterieepidemie zugleich auftritt. 
Andere aber, z. B. Hirota und Segawa, halten wegen der patho¬ 
logisch-anatomischen Befunde und unter noch genauerer Beobachtung der 
Symptome und des Verlaufes der Krankheit „Ekiri“ ffir eine Art von 
Enteritis follicularis. Entschieden ist aber dieser Streit bis jetzt noch nicht. 

Um die Frage zu beantworten, ob „Ekiri“ mit der Dysenterie, welche 
in Japan herrscht, und als deren Erreger Shigas Dysenteriebacillus (1897) 
von fast alien Autoren in Japan mit Recht angenommen wird, identisch 
ist oder nicht, mfissen aufier klinischen und pathologisch-anatomischen 
Forschungen auch noch fitiologische resp. bakteriologische Unter- 
suchungen gemacht werden. Segawa hatte 1897 zuerst die Stfihle von 
Ekirikranken bakteriologisch untersucht; er hatte aber keine pathogenen, 
als Erreger annehmbare Mikroorganismen darin gefunden. Er konnte 
daher bakteriologisch diese Krankheit nicht von der Dysenterie unter- 
scheiden; denn Shigas Entdeckung war damals noch nicht verfiffent- 


1) Tenesmus kommt nur ausnahmsweise vor. 

2 ) Nach meiner Erfahrung ist es in den meisten Fallen mdglich, die Beechaffenheit 
der Stiihle bei der Krankheit zu differenzieren. 


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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc. 


511 


licht. Ich selbst habe im April 1898 eine eigentfimliche pathogene 
Bakterienart in den Stfihlen von Ekirikranken gefunden, welche von mir 
fur den Erreger der „Ekiri u gehalten, „Ekiribacillus a genannt wurde. 
Auf dem medizinischen KongreB in Kiushiu ist das Resultat raeiner 
Untersuchungen veroffentlicht worden. Es ist durch spatere Arbeiten 
anderer Autoren 1 ) und durch weitere Studien vom Verfasser seitdem 
immer wahrscheinlicher geworden, daB der sogenannte „Ekiribacillus tt 
wohl als der Erreger der „Ekiri u anzusehen sei und daB folglich „Ekiri a 
eine ganz andere Krankheit als Dysenterie ist. Ich mdchte nun Naheres 
daruber angeben. 

Kapitel I. 

Untersuchung fiber die Ueb ertragbarkei t des im Stuhl 
von Ekirikranken enthaltenen Giftes. 

Ich habe oben bereits an klinischen Symptomen und durch patho- 
logisch-anatomische Verfinderungen nachgewiesen, daB „Ekiri tt zweifellos 
eine Darmkrankheit ist, und zwar eine epidemisch auftretende, und nach 
den Erfahrungen vieler Autoren wie auch nach meinen eigenen ist 
„Ekiri tt sogar mit grofier Wahrscheinlichkeit als eine Infektionskrank- 
heit anzusehen. Daher vermutete ich, daB wohl irgend ein Krankheits- 
erreger im Darmtraktus lokalisiert sei und mit den Stuhlgfingen ent- 
leert wttrde. Diese Annahme zu bestfitigen, hatte ich mit dem Stuhl 
eines Ekirikranken verschiedene Tiere gefuttert, wfihrend ich gleichzeitig 
bemfiht war, in demselben Stuhl gewisse, als Krankheitserreger annehm- 
bare pathogene Mikroorganismen zu entdecken. Dieser Stuhl stammt 
von einem Kranken, dessen Geschichte ich in Kfirze mitteile: 

Krankengeschichte: 

M., 10-jahriger Knabe. 

Anamnese: Am 12. Marz 1898 nachts bekam der Knabe plfitzlich hohes Fieber, 
Diarrhoe bis zum nachsten Morgen fiber lOmal. Beschaffenheit der Stfihle und Vor- 
handensein von Tenesmus waren unklar. Ein Arzt hatte Kalomel verordnet; bis 4 Uhr 
naehmittags desselben Tages lOmal Stuhlgange ohne Tenesmus. Die Stfihle waren 
griinlich, blutigschleimig und mit einer relativ grofien Menge gelblichbrauner, klarer 
Flfissigkeit (seros). Am nachsten Morgen wurde der Puls sehr klein und schwach; 
leichte Konvulsion. Um 4 Uhr nachmittags hatte Verfasser den Kranken untersucht. 

Status praesens: MittelmaBige Konstitution, blaB, soporoe. Puls schwach, klein, 
frequent, 150—100 in der Minute. Bauch uberall weich, keine resistente Stelle. Korper- 
temperatur 30,5 0 C. 

Verlauf: Als Behandlung sogleich Ausspulung des Darraes mit grofien Mengen 
(fiber 20 1) lauwarmen Wassers. Nach der Ausspfilung bis zum nachsten Morgen 6mal 
schleimige Stfihle, aber nicht mehr mit Blutbeimengung. Puls kaum krSftiger ius frfiher, 
140—150 in der Minute. Bewufitsein klarer, aber nicht ganz normal. Temperatur 
38,5° C. 

Ausgang: Nach einigen Tagen vollstandig geheilt. 

Anmerkung: Weder in der Stadt, wo der Kranke wohnte, noch 
in deren Umgebung herrschte eine Dysenterieepidemie. Der Kranke 
reiste auch niemals. 


1) Otsuki, Assistent an der Universitats-Kinderklinik zu Tokyo, hat unter der 
Leitung des Direktors, Prof. Hirota, die atiologische Erforschung der Ekirikrankheit 
in Nagaya — wo Ekiri „Hayate tt genannt wird — untemommen. Er fand in mehreren 
Ekirifallen immer denselben pathogenen Bacillus, welcher mit meinem EkiribaciUus in 
alien Punkten fibereinstimmt, und sehr wahrscheinlich mit ihm identisch ist. Otsuki 
bestatigte schliefihch meinen Bacillus als Ursache der Ekirikrankheit und wies ferner 
die Identitat von n Ekiri auf Kiushu tt und „Hayate in Nagoya <( , nachdem seit langer 
Zeit schon von fast alien japanischen Klinikem beide Krankheiten, Ekiri und Hayate, 
ffir identisch gehalten worden waren, bakteriologisch und atiologisch nach. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 6. 


Tierexperiment: 

1) Hahn (a), Korpergewicht 620,0 g. 15. Marz 1898, 11 Uhr vormittags, 3 Platin- 
osen des schleimigen Stuhls dee Ekirikranken mit Reis zusammen gefiittert. 

Verlauf: 16. Marz 1898, l L9 Uhr vormittags untersucht. Tier ist matt. Seit der 
letzten Nacht 9mal Diarrhoe; die Stiihle, besonders die alteren, sind fast rein schleimig 
und innig mit Blut von grower Menge gemischt; nur fleckenweise sind ganz sparliche 
Kotmassen beigemengt. Die frischen Stiihle bestehen auch grotitenteils aus Schleim 
mit Blutflecken. 

Ausgang: Nach kurzer Dauer dieser Erscheinungen ganz geheilt. 

2) Hahn (£), Korpergewicht 720,0 g. 18. Marz 11 Unr vormittags, hanfkorngrofie 
Masse von blutig-schleimigem Stuhl, welchen der erste Hahn entleert hatte, mit Reis 
gefiittert. 

Verlauf: 19. Marz 9 Uhr vormittags untersucht. Seit der letzten Nacht 3—4mal 
Diarrhde, wasserig und sehr reichlich, mit mafiiger Menge von Schleim und wenigem Blut. 

Ausgang: Nach kurzem geheilt. 

3) Meerschweinchen [No. 5 *)], Koroergewicht 560,0 g. 

15. Marz 7*3 Uhr nachmittags, 3 Platinbsen voil Schleim vom Stuhl dee Kranken 
mit „Tofukasu“ (einer japanischen, aus Bohnen bereiteten Speise) gefiittert. 

Verlauf: 16. Marz 7*9 Uhr vormittags untersucht. Das Tier ist aufierordentlich 
matt und hockt in einer Ecke des Stalles. Notigt man das Tier durch Stoflen oder 
Schlagen mit einem Stock zur Bewegung, so kriecht es nur mit den vorderen Extre¬ 
mity ten und schleppt die hinteren (motorisch total gelahmten) nach. Um V,6 Uhr 
abends aber hat sich die Lahmung der hinteren Extremitaten scnon gebessert und das 
Tier ist im allgemeinen lebhafter geworden. 

Ausgang: Allmahlich geheilt. 

4) Kaninchen, Korpergewicht 2980,0 g. 15. Marz vormittags, 3 Platindsen voil 
Schleim vom Stuhle des Kranken mit Speise aus Bohnen gefiittert. 

Verlauf: 7*10 Uhr nachmittags untersucht. Stuhl weicher ala normal, d. h. Kot- 
masse nicht einzeln entleert, sondern 7 oder 8 Stiicke rosenkranzartig aneinander ge- 
hangt. Sonst keine merklichen Veranderungen. 

^Nach diesen Resultaten kann man wohl mit Recht annehmen, daB 
irgend welche giftigen Stoflfe resp. gewisse pathogene Mikroorganismen 
in den Stiihlen der Ekirikranken enthalten sein mussen; denn die Er- 
gebnisse der Experimente mit den Hahnen lassen die Tatsache der In- 
fektion von Mensch zu Tier und von Tier zu Tier erkennen. 

Kapitel II. 

Isolierung des Ekiribacillus. 

Ehe ich die kiinstlichen N&hrboden mit dem schleimigen Stuhl des 
im vorigen Kapitel bezeichneten Ekirikranken infizierte, um spezifische, 
pathogene Mikroorganismen darin zu finden resp. zu isolieren, hatte ich 
denselben mikroskopisch untersucht. Die vielen mikroskopischen Pra- 
parate, welche mit verschiedenen Anilinfarbstoffen gef&rbt waren, zeigten 
fast nur Bacterium coli khnliche Bakterien; sie sehen aus wie Rein- 
kulturen. Aber die Anzahl der Bakterien in dem einzelnen Pr&parat 
war nur relativ sparlich. Amdben hatte ich nicht wahrgenommen. 

Nach diesem Befunde vermutete ich, daB die spezifischen Krank- 
heitserreger von „Ekiri a vielleicht eine Art von C o 1 i - Bacillen seien ; 
deshalb hatte ich gehofft, analog der Isolierungsmethode des Typhus- 
bacillus in dem Stuhl des Typhuskranken, auch pathogene Bakterien im 
Ekiristuhl zu finden. 

Ich habe eine Portion (eine Oese voil) des Schleims vom Ekiristuhl 
in den schrag erstarrten Agarn&hrboden infiziert und aus dem Original- 
r5hrchen der Reihe nach eine 5malige Verdtinnung vorgenommen. Die 
6 infizierten Rbhrchen wurden in den Brutschrank gestellt und nach 
24 Stunden wieder untersucht. 


1) Vergl. Kapitel III „Tierexperiment“ mit Ekiribacillus. 


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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc. 


513 


Die Entwickelung der Kolonieen auf der Oberfl&che jedes Nahr- 
agars entsprach der Verdiinnung. In der dritten Verdflnnung ent- 
wickelten sich 12 Kolonieen, nach deren makroskopischer und mikro- 
skopischer Untersuchung ich alle Kolonieen fflr zum Coli-Bacillus ge- 
horige Bakterien halten mufite. 

Jede der 12 Kolonieen hatte ich in 3 verschiedene Nahrbdden ge- 
impft, nkmlich: Bouillon- (mehrere Rohrchen), Milch- und Traubenzucker- 
agar-Cylindernahrbbden. AuBerdem hatte ich jede Bouillonkultur, nach- 
dem sie 24 Stuuden lang im Brutschrank gestanden, zu Tierexperimenten 
verwendet, um den eventuellen Giftgehalt einzelner Bakterienarten zn 
untersuchen, resp. um pathogene Bakterien im Ekiristuhl festzustellen. 

Bei diesen Tierexperimenten erzielte ich nur in einem Fall ein 
positives Resultat, welches ich in dem entsprechenden Kapitel (IV) er- 
kl&ren werde. Die C o 1 i ahnlichen Bakterien dieses Falles, welche unter 
den 12 Kolonieen allein pathogen waren, habe ich voriaufig als die spe- 
zifischen Krankheitserreger der „Ekiri“ angenommen und die Morphologie, 
ihr Verhalten auf kiinstlichen Nahrboden, die pathogenen Eigenschaften 
fflr verschiedene Tiere und die Widalsche Reaktion derselben weiter 
studiert. Die Resultate mochte ich weiter unten schildern. 

Kapitel III. 

Morphologie und Eigenschaften des „Ekiribaci 11 us 

1) Morphologie. Der „Ekiribacillus“ ist ein kurzes, plumpes StSb- 
chen mit abgerundeten Enden, welches gewohnlich einzeln liegt, zu- 
weilen jedoch auch- paarweise auftritt. Beide Enden farben sich durch 
Methylenblau intensiver als das MittelstUck und sehen dann oft wie ein 
Diplococcus aus. 

GeiBeln konnte ich nicht farben. 

2) Farbung. Mit alien Anilinfarbstoffen gut farbbar. Vom 3. Tage 
ab (nach Verpflanzung auf den Agarnahrboden) wird die Farbbarkeit 
der Bacillen schwacher. Da die jungsten Bacillen intensiv gefarbt sind, 
je nach dem Alter aber der Grad der Farbung abnimmt, so zeigen die 
Deckglaspraparate aus der Reinkultur auf dem Agarnahrboden ungleich- 
mafiige Farbung der einzelnen Bacillen. 

3) Grams Methode. Negatives Resultat. 

4) Bewegung. Lebhafte Eigenbewegung (lebhafter als Coli-Bacillen). 

5) Sporen. Nicht gebildet. 

6) Gelatinenahrboden. Nicht verflflssigt. 

7) Verhalten bei verschiedener Temperatur. Bei Zimmertemperatur 
(18—20° C) gute, bei Bluttemperatur bessere Entwickelung. 

8) Gelatineplattenkultur. Schon nach 24 Stunden haben sich makro- 
skopisch sichtbare Kolonieen gebildet. Die Kolonieen auf der Ober- 
flache sind rundlich, gianzend und feucht wie Tautropfchen. Unter dem 
Mikroskop zeigt die Kolonie rundliche Form mit zwar regelmafiigem 
aber verschwommenem Rande; der Inhalt ist granuliert. 

Die jungen Kolonieen sind farblos, aber parallel mit ihrer Entwicke¬ 
lung werden sie gelblich und endlich braunlich gelb. 

9) Bouillonkultur. Nach 24 Stunden ist die ganze Fliissigkeit ge- 
trflbt und mehr oder weniger mit einem Bodensatz von weifien Flecken 
versehen. Auf der OberMche der Fliissigkeit bildet sich ein zartes, 
weiBlichgraues Hautchen. 

10) Peptonwasser. Schon nach 24 Stunden geprflft, aber nicht so 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 83 


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514 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


deutlich wie bei der Bouillonkultnr. Sp&ter, vora 3. Tage an, dentliche 
Triibung. 

11) Strichkultur auf der Oberflache des N&hragars. Nach 36 Stunden 
entwickeln sich rundliche, weiBe, feuchte, transparente, bei durch- 
fallendem Licht mehr oder weniger blSulich schimmemde Kolonieen. Die 
jiingeren sind Tautropfchen vergleichbar. 

12) Strichkultur auf schrag erstarrtem Nahragar. Nach 24 Stunden 
entwickelt sich die Kolonie bandformig. Sie ist weiB, feucht, trans¬ 
parent; die dunne Schicht am auslaufenden Ende sieht bei durchfallen- 
dem Licht mehr oder minder blaulich aus. Oft entwickeln sich Gase 
und zerreiBen den Nahrboden. 

13) Gelatinestichkultur. Der Stichlinie entlang entwickeln sich die 
Kolonieen und zeigen eine grauweiBe Linie. 

14) Traubenzuckeragar - Cylinderstichkultur. Die Kolonieen sind 
denen der Gelatinestichkultur ahnlich. Gasentwickelung ist stark. 

15) Kartoffelkultur. Es bildet sich eine gelblich-braune Membran. 

16) Indolreaktion. Tritt auffallend spater auf als beim C o 1 i -Bacillus, 
wie folgende Resultate beweisen: 


1. Versuch: Bouillonkultur bei Zimmertemperatur. 





Nicht pathogene 

Verlauf 

Ekiribacillus 

Colibacillus 

Coliart im Ekiri- 
stuhl 

Am 2. Tage 

keine Reaktion 

keine Reaktion 

keine Reaktion 

4 

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>1 71 

sehr schwache R. 

>> 77 

„ 6. 

wenig braunlich-rot 

schone violette 
Farbe wie Veilchen 

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»i 7. ,, 

hellrot 

tief violett 

77 77 

)) 8. „ 

rot 

V 71 

77 77 

v 9. „ 

hell purpurrot 

77 77 

77 77 

„ 40. „ , 

tief „ I 


| — 


2. Versuch: Bouillonkultur bei Blu ttemperat ur. 


Nach 

Ekiribacillus 

Colibacillus 

24 Stunden 

keine Reaktion 

schwach hellrot 

48 „ 

77 

hellrot 

72 „ 

schwach hellrot 

violett 

90 „ 

hellrot 

tief violett 


3. Versuch: Pcptonwassserkultur bei Bluttemperatur. 


Nach | Ekiri bacillus Colibacillus 


24 Stunden 
48 „ 

72 „ 

96 „ 

120 „ 


keine Reaktiou wenig rotlicher als das Wasser 

kaum rotlicher als das Wasser hellrot 
mehr oder weniger rotlich als rotlich 
das Wasser 

schwach hellrot violett 

hellrot, und zwar genau wie tief violett 
eine 48-stiindige Colikultur 


Anmerkung: Bei der Bouillonkultur wird die Farbe der Reaktion nach dem Ver¬ 
such allmahlich blasser. Bei Pepton wird die Farbe dagegen immer intensiver. 


17) Milchkultur. Der „Ekiribacillus“ lafit den Milchnahrboden nie- 
mals gerinnen, wenn er auch mehrere Wochen lang im Brutschrank ge- 
standen, oder bei Zimmertemperatur aufbewahrt war, wahrend Coli- 
Bacillen diesen Nahrboden (zur Kontrolle) ausnahmslos nach einigen 


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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc. 


515 


Tagen gerinnen lassen. Diesen Versuch habe ich vielmals wiederholt 
und immer dieselben Resultate bekomraen. 

Ich stelle zum SchluB dieses Abschnittes die oben angefuhrten 
Eigenschaften des „Ekiribacillus“ tabellarisch zusammen und gebe zur 
klaren Uebersicht und zum Zwecke des Vergleiches die Beobachtungen 
an anderen ahnlichen Bacillen daneben: 



Eigen- 

bewegung 

| Gas- 

entwickelung 

Indol- 

reaktion 

Milch- 

gerinnung 

Ekiribacillus 

lebhaft 

+ 

+ (auffallend 
spat, auftretend) 

— 

Colibacillus 

mafiig 

+ 

+ 

+ 

Dysenteriebaciilus Shigas 
Typhu8bacillus 

trage 

lebhaft 

— 




Kapitel IV. 
Tierexperiinent. 
1. Versuch. Maus. 


Nummer der 
Tiere 

No. 1 

No. 2 

No. 3 

No. 4 

No. 5 

Bacillenarten 

Ekiribacillus 

Ekiribacillus 

l 

Colibacillus 

Colibacillus 

Toxin vom 
Ekiribacillus 

Alter der 

3. Tag nach 

3. Tag 
n. d. Z. 

n"d T I 

3. Tag 
n. d. Z. 

20 Minuten lang 

Bouillon¬ 

kultur 

der Ziichtung 

unter 60° C ge- 
halten 

In die Bauch- 
hohle einge- 
spritztes 
Quantum 

0,1 ccm 

0,2 ccm 

0,1 ccm 

0,2 ccm 

0,1 ccm 

Resultat 

Tod nach 

41 Stunden 

Tod binnen 
40 Stunden 

kein Einflufi 

kein EinfluB 

am nachstenTage 
hintere Extre- 
mitaten moto- 
risch gelahmt u. 
Lauffahigkeit . 
geschwunden. 
Vom 3. T. all- 
mahhch erholt 

Pathologisch- 

anatomischer 

Befund 

Eingespritzte Stelle hvper- 
iimisch infiltriert; kleine 
Menge von seroser Flussig¬ 
keit m der Bauchhohle. Im 
Blut Ekiribacillus nachge¬ 
wiesen. 

2. Versuch 

h s. p. 516. 




3. Versuch. Kaninchen (Korpergewicht 1020,0 g) 

2,0 ccm einer 4 Tage alten Bouillonkultur des Ekiribacillus wurden in die Bauch- 
hohle des Kaninchens eingespritzt. Das Tier war nach 17 Stunden tot. Bei der 
Sektion sah man eine mittelmaBige Menge von seroser Flussigkeit und reichlichen, 
griinlichen Schleim im Dickdarm. In der serosen Flussigkeit, Leoer, Milz und im Blut 
wurden zahllose Ekiribacillen nachgewiesen. (Segawa hatte mit 20,0 ccm Bouillon¬ 
kultur vom Coli-Bacillus, welcher aus Ekirikranken stammte, am Kaninchen Versuche 
gemacht; das Tier war gesund geblieben.) 

4. Versuch. Hahn. 

1,0 ccm Bouillonkultur des Ekiribacillus, die 2 Tage alt war, hatte ich mit der 
Sonde (Katheter) in den Magen des Hahnes eingefiihrt. Er bekam in der Nacht mehrere 
Male Diarrhoe in reichlicher Menge. Am nachsten Tage totete ich ihn. Bei der Sektion 
konnfce ich allgemeine Hyperamie der Schleimhaut des Dickdarmes und sogar deutliche 
Katarrherscheinungen nacnweisen. 

33* 


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Imraunitat gegen den Ekiribacillus. 


516 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


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2. Versuch. Meerschweinchen (Korpergewicht etwa 400,0 g). 





Bobc, Lea Epitheliomas parasitaires. La clavelde et l’Epithdlioma claveleux. 517 


5. Versiich. Taube. 

1,0 ccm 4 Tage alte Bouillonkultur des Ekiribacillus wurde in die Bauchhohle der 
Taube injiziert. 8ie wurde am nachsten Tage sehr matt-, Appetit war fast gar nicht 
vorhanden, fliegen konnte sie nicht. Vom 3. Tage an erholte sie sich allmahlich. 

Durch diese wiederholten Versuche an verschiedenen Tieren ist 
also zweifellos festgestellt, daB der Ekiribacillus ein pathogener ist. Ob 
er aber wirklich mit der Ekirikrankheit in atiologischera Zusammenhang 
steht, das zu beurteilen, habe ich die Widalsche Reaktion dieses 
Bacillus genau studiert, was ich ira n&chsten Kapitel ausfiihren werde. 

(SchluB folgt.) 


Nachdruck verbotcn. 

Les Epitheliomas parasitaires. La clavel6e et 
l’Epithelioma claveleux. 

Par F. J. Bose, Professeur & l’universit^ de Montpellier. 

Avec 3 planches et 6 figures. 

(Fortsetzung.) 

2. Caillette. Avec les pustules de la caillette nous abordons 
l’6tude des ldsions claveleuses glandulaires. La caillette 
reproduit en effet k peu pr&s le type de l’estomac de l’omnivore. Dans 
les cas de generalisation intense, on trouve, et surtout dans la r6gion 
pylori que, une eruption de pustules rondes, saillantes, un peu aplatees, 
dures, d’un gris nacre, du volume d’une tete d’Spingle k un petit pois. 
Les plus volumineuses sont ombiliquees et ressemblent exactement k 
une belle pustule de variole. Elies sont isolees ou agminees et dans 
ce dernier cas elles forment un placard saillant qui peut presenter une 
exulceration centrale. Celle-ci gagnant en surface et en profondeur forme 
des ulcerations k bords tailies k pic, a fond deterge, du diambtre 
d’une pifece de cinquante centimes et de un franc, qui reproduisent 
l’aspect exact de 1’ulcSre simple de l’estomac. 

A l’examen histoiogique, les pustules pyloriques de petite taille sont formdes 
par la proliferation des cellules dpithdliales des tubes glandulaires et le bourgeonnement 
de ces derniers aboutissant k une neoformation glandulaire adenomateuse (figure 3). 
Les cellules epitheiiaies subissent ici, comme au niveau du revdtement malpighien, la 
m&me hypertrophie claire (x, x figure 3); les unes aboutissent k un developpement 
colossal et compriment les autres qui se deforment et demeurent plus sombres. EUes 
se disposent sur plusieurs rangs, les figures de karyokineses sont trds abondantes et 
desorientees pour la plupart (t, t, t figure 3); k la peripherie elles donnent naissance k 
des bourgeonnement6 et k des amas {bo, bo, s, 9 figure 3) qui formeront de nouveaux 
tubes (a l, al figure 3). Cette proliferation prend les caract&res de plus en plus prononeds 
de l’adenome, a mesure que l’on etudie des pustules plus volumineuses, pour aboutir k 
Laddnome envahissant et k radeno-dpitheiiome (figure 4). Dans ce cas, 
l’ensemble de la pustule est constitud par une proliferation addnomateuse formde de 
tubes et d’acini tassds les uns contre les autres, emettant des bourgeons et des culs de 
sac (m, m, d, d, lob figure 4) intriquds et qui formds de rangdes cellulaires multiples 
constituent de nouveaux tubes k lumidre irrdgulidre et k couches nombreuses de cellules 
(«# a, a figure 4). Dans la profondeur, les neoformations addnomateuses pdndtrent dans 
le tissu conjonctif {no, no' figure 4) modifid par une infiltration embryonnaire ndovasculaire. 
Elles constituent des amas renfermant des acini k plusieurs rangdes de cellules et des 
bourgeons pleins k cellules atypiques reposant encore sur une basale (« figure 4). 
Mais les plus profonddment situds de ces amas sont formds de cellules dpitndliales 
aty piques, volumineuses, sombres et k gros noyau ou claires et colossal es (tub, tub 
figure 4), dcrasant et ddformant d’autres cellules trds sombres; les cellules reposent 


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518 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 6. 


CO 



bo 


CO 

a al 

If* Figure 3. Coupe d’une pustule de l’Estomac (caillette). — Elle est 
form^e par une proliferation ad^nomateuse des glandes pyloriques qui 4mettent des 
bourgeonneraents (bo) ou des cordons pleins (m) formas de cellules sombres ou en hyper- 
trophie claire (x, x, x) et qui finissent par s’orienter autour d’une lumibre pour former 
des alveoles nouveaux (al, al, al). Les karyokinfcses sont trbs nombreuses et d6sorient£es 
(t, t, t, t) ; en co . co, co grandes cellules conjonctives. 


directement sur la trame conjonctive et l’on constate qu’ellee sont ddvelopp& dans des 
espaccs conjonctifs distendus (x figure 4). Ces amas envoient en effet des cellules dans 
les espaces conjonctifs voisins et ces cellules qui en proliferant donnent naissance it leur 
tous a des bovaux et it des lobules de cellules atypiques (cp figure 4). 

Les ulcerations sont dues it une necrose en entonnoir aboutissant & Peiimination 
de la totalite du tissu adenomateux qui constituait la pustule (suivant un processus 
identique it celui que nous decrirons pour la pustule cutanee et les pustules en gdn£ral). 

D. Lesions du poumon. 

Les lesions du poumon se pr6sentent sous 4 formes principles: 
une forme pustuleuse, la plus frequente, une forme en trainees 
irr6guli&res plus ou moins anastomosees, developp4es le long des rami¬ 
fications bronchiques, une forme granulique et une forme en il6ts 
ou en amas pseudolobaires. 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel4e ety ’Epithelioma claveleux. 519 


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no 



va 

lam x 


Figure 4. Coupe d’une pustule de l’estomac (caillette). — Proliferation 
adenomateuse avec proliferation adeno-6pith£liomateuse profonde. Les tubes adenomateux 
h couches multiples et k lumifcres excentriques (a, a, a) sont tasses en amas dans un tissu 
conjonctif embryonnaire {no, no*); ils donnent naissance k un bourgeonnement epithelial 
(m, m) autour desquels la basale est de moins en moins marquee. Dans le tissu con¬ 
jonctif profond {lam, lam) la proliferation epitheiiale donne naissance k des amas de 
cellules atypiques {tub, tub, tub); tout k fait dans la profondeur les cellules atypiques 
constituent des boyaux {x) ou des trainees ( ep ) dans les espaces coi\jonctifs. 

La forme pustuleuse est la plus typique: les pustules sont diss6min6es 
sous la plevre et dans l’dpaisseur du parenchyme, parfois rares, parfois 
confluentes de sorte que le poumon donne l’impression d’un sac de pois; 
leur volume varie d’une tete d’6pingle k une noix. Les pustules sous 
pleurales font une saillie aplatie, d’un gris translucide; elles sont 
resistantes et nettement limitees dans un parenchyme d’aspect normal 
ou emphys&nateux; ces pustules s’enfoncent dans le tissu pulmonaire 
comme une veritable tumeur arrondie form6e par un tissu compact, 
ferme mais tr$s friable, gris ros6 ou gris violacl; la surface de coupe 
des pustules volumineuses offre l’aspect d’une section d’un nodule d’en- 
c6phalolide, d’autant que les pustules claveleuses peuvent ne presenter 
aucune zone congestive p6riph6rique. 

A l’examen histologique, on constate que la lesion nait au niveau de T6pi- 
thelium bronchique qui forme d’enormes bourgeons de 15 k 20 ranges de cellules 


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520 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


hypertrophies, complHement atypiques et capables de remplir la lumifcrede la bronche 
(bo figure 2, pi. I). Les cellules epitheiiales alveolaires subissent une proliferation 
karyokinetique et une hypertrophie volumineuse, de sorte que Palvdole finit par £tre 
rempli et distendu par des cellules atypiques, les unes sombres, les autres en volumineuse 
hypertrophie claire (air, apl, apl fig. ‘2, pi. I). II existe, en somme, une proliferation 
desordonnde et atypique aes epitheliums bronchique et alveolaire identique k celle qui 
caracterise lipitheiioma, sauf que les basales sont conservees. Dans le tissu peri- 
bronchique, il existe une infiltration dinorraes cellules conjonctives claveleuses (cl, d 
fig. 2, pi. I) qui derivent en partie (en fig. 2, pi. I) de cellules endotheiiales hyper- 
trophiees (endovascularite intense). 

Dans les pustules plus volumineuses, les proliferations alveolaires sitendent et 
s’amplifient pour aboutir k la formation d’un adenome alveolaire typique et dtendu 
du poumon (pi. Ill, fig. 2). La coupe est formee par de petites cavities arrondies ou 
polygonales tassees les unes contre les autres (al, al fig. 2, pi. Ill), limitees par une 
paroi de cellules fusiformes h gros noyau (n, n fig. 2, pi. Ill) et tapisedes par de 
volumineuses cellules claires (c, c fig. 2, pi. III). Ces cellules laissent persister une 
petite lumiere de facon k reproduire l’aspect typique d’un acinus de glande salivaire 
(lu, lu fig. 2, pL III), ou remplissent complktement la cavite (p. p fig. 2, pi. III). Ces 
acini de nouvelle formation renferment de frequentes karyokineses et donnent naissance 
k des bourgeonnemente peripheriques qui constitueront des alveoles nouveaux (/ fig. 2, 
pi. III). 

Dissemines dans cette proliferation adenomateuse on note des foyers mal limites 
d’une proliferation bronchique desordonnee qui distend et dissocie jusqu’aux dernferes 
ramifications des bronches, penetre le tissu l’infiltration embryonnaire peri bronchique, 
envahit des cavites adenomateuses alveolaires voisines et constitue un veritable epi¬ 
thelioma bronchique. 

Mais k c6te de ces adeno-epitheiioraes nous avons etudie de grosses tumeurs 
pulmonaires qui constituent histologiqueraent repitheiioma broncho-alveolaire 
<pl. Ill, fig. 3) le plus indiscutable. Les bronches apparaissent comme d^normes amas 
ae cellules epitheiiales atypiques desorientees et divises en lobules par de fines travees 
conjonctives vascularisees a leurs carrefours et donnant, k leur peripherie, des bourge- 
onnements irreguliers de m£me structure et qui sont en continuite avec de vastes foyers 
de proliferation epitheiiale d’origine alveolaire. Cette dernfere proliferation constitue une 
formation neoplasique irregulikre (lob, lob fig. 3, pi. Ill) divisee irregulibrement par une 
fine trame conjonctive vascularisee (t, t fig. 3, pi. III). Ces espaces sont remplis de 
cellules atypiques, claires, volumineuses, k gros noyau charge de chromatine, on bien 
de cellules sombres et deformees ( lob fig. 3, pi. III). Sous nnfluence de la proliferation 
cellulaire des travees con]onctives s’effilent puis disparaissent de sorte qu’il se forme des 
amas epitheiiaux trks etendus (fig. 4, pi. III). A mesure que Ton va vers la peripherie 
les lobules epitheiiaux deviennent plus petits, leur paroi porte, suivant les points, un 
nombre variable de rangees des cellules polygonales, cylindroides, anguleuses .... qui 
laissent parfois un lumiere. Tout a fait k la peripherie on observe le passage k l’adenome 
alveolaire. Sur des coupes oil la lesion est moms avancee il existe des amas epitheiio- 
mateux plus reduits, isoies ou qui se reunissent plus ou moins. 

E. Lesions du foie. 

Violace et leg&rement augmente de volume, le foie est parseme de 
placards jaunatres ou bien il presente une teinte g6n6rale jaune du foie 
graisseux. Sur le fond congestionne ou decolore se detache une eruption, 
parfois trfes abondante, de pustules arrondies, blanches, 16gfcrement 
saillantes et dures. Elle vont du volume d’une pointe d’6pingle k celui 
d’un grain de chenevis et meme d’un petit pois; celles-ci sont plus 
blanches, trfes dures et saillantes. A la coupe, ces pustules sous 
eapsulaires s’enfoncent dans le parenehyme lequel en presente dans son 
dpaissur. Dans les infections intenses, le foie presente des regions 
considerables jaune clair, legerement saillantes, k limites nettes. 

On note de larges pustules sur la muqueuse de la vesicule biliaire. 

L’ex a men histologique d’une grande variate de ces lesions permet de con- 
stater des neoformations d’un grand interet. 

a) La proliferation des canaux biliaires intrahepatiques peut donner naissance k 
la formation d’un adenome papilleux trks developpe. Les cavites de nouvelle for¬ 
mation bordees plusieurs rangs de cellules atypiques se distendent et ne sont plus separees 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavefee et l’Epitheiioma claveleux. 521 

que par de fines tray^es conjonctives qui 4mettent dans leur interieur prolongements 
papillaires. 

b) Nous dysignons sous le nom d’adyno-hy pertrophie p^riportale avec 
deg4nerescence graisseuse sus h^patique, la lesion histologique qui correspond 
k ces regions jaune clair, parfois trfcs etendues fegfcrement saillantes et bien limitees. 
II existe une degenerescence graisseuse avec necrose pigmentaire de la partie central© 
du lobule; autour de la veine port© ou note une proliferation adenomateuse qui se con¬ 
tinue vers la veine sus Ifepatique par une zone dfenormes cellules sans disposition 
r4gulfere apparente et qui penetrent plus ou moins la partie dygynyfee. A un faible 
grossissement on a I’image par faite au foie interverti. A un fort grossisse- 
ment, les formations ad&omateuses qui sont au voisinage de la veine port© sont con¬ 
stitutes par des cavites arrondies ou tubuiees et bourgeonnantes, rev£tues d’une ou 
plusieurs couches de cellules demi claires reposant sur une basale, et renferraent de trfcs 
nombreuses karyokin^ses. Formees aux depens des canalicules biliaires normaux ces 
formations s’ytendent assez loin de la veine porte et constituent un adyno me typique 
d’origine biliaire. Mais si Ton continue l’examen de la proliferation p^riportale 
en allant vers le centre du lobule on voit que les cellules £pith£liales augmentent de 
volume, sont les unes sombre les autres claires et finissent par subir une hypertrophie 
colossale pour former d’enormes bourgeons au centre desquels apparait une cavite en 
continuity avec les tubes adynomateux voisins. Plus loin, ces ynormes cellules presque 
toutes claires, parsemyes de quelques grandes cellules foncyes, forment des am as qui 
finissent par s*orienter suivant une disposition tubuiye tr&s discrete; tout k fait k la 
pyriphyrie, elles ont une disposition simplement pavimenteuse. Cette proliferation parait 
etre en rapport avec la division et l’hypertrophie des cellules Ifepatiques (ad 4 no me 
trabyculaire) et se confond, sans dymarcation praise, avec la proliferation adynoma- 
teuse biliaire. 

c) L^dyno-y pi thy Home et l’ypi thyiiome lfepatique se prysentent avec une 
nettety parfaite dans les nodules claveleux de grand volume. On constate de larges 
placards dans les quels la structure du foie n’est plus reconnaissable; ils sont entourys 
par un tissu conjonctif embryonnaire et parcourus par de fins tractus conjonctifs qui 
sfepaississent en des carrefours ytoiiys. Iis limitent des amas formys de cellules atypiques 
(a, a, a fig. 1, pi. Ill) dont certaines en transformation claire pfesentent une hypertrophie 
colossale (cl, cl fig. 1, pi. Ill) et des figures fryquentes de mitose (k fig. 1, pi. Ill) et 
d’autres de volume variables, plus ou moins sombres et dyformyes. A la pyripherie, 
ces amas donnent naissance, par bourgeonnement, k de nouvelles proliferations qui 
pynytrent directement dans les espaces conjonctifs. Cette nyoformation peut envahir 
une ytendue conskferable; elle constitue un ypithyiiome trabyculaire. Sien effet, 
on ytudie les lobules hypatiques dans les quels la transformation ypithyiiomateuse n’est 
pas totale (fig. 1, pi. Ill) on observe les transitions les plus nettes entre les cellules 
hypatiques en karyokindse (rio fig. 1, pi. Ill) les grandes cellules sombres (t, t fig. 1, 
pi. Ill) et les grandes cellules claires des formations ypithyiiomateuses (C. R. ISoc. Biol.). 

d) Nous avons constaty k plusieurs reprises la disposition pavimenteuse rygulfere 
des cellules hypatiques devenues claires et hypertrophiyes, avec disparition, sur de grand 
espaces de la disposition trabyculaire et confusion des lobules. Cet aspect est identique 
k celui que Roger a dycrit dans la variole. Ces cellules peuvent s’orienter autour de 
cavitys formyes, semble-t-il, par de grandes cellules endothyfiales dygyneryes, de fa$on k 
constituer un adynome trabyculaire. 

Nous ne faisons que signaler ici les fesions nodulaires conjonctives; nous les 
ytudierons ailleius. Disous seulement qu’elles prysentent des caractfcres qui les rappro- 
chent singuliyrement des nyoformatione conjonctives sy phili tiques. 

F. Lesions du rein. 

Dans le cas d’4ruption gSneralisee intense, le rein pr4sente en dehors 
d’une teinte congestive tach4e de bandes jaunes de d4g4n4rescence 
graisseuse, un semis parfois trfcs abondant de petits nodules d’un blanc 
nacr4 du volume d’une pointe d’6pingle a un grain de chenevis. 

L’examen histologique de ces pustules renales laisserait Denser au premier 
abord qu’il ne s’agit que d’une proliferation nodulaire conjonctive. Mais si l’on ytudie 
les grosses pustules ou le process us est plus avancy l’on constate a c6ty de la fesion 
conjonctive, une fesion ypitlfeliale qui s’etend et bient6t domine. La prolifyration con¬ 
jonctive dybute autour des vaisseaux; de pyrivasculaire, elle devient intertubulaire et 
finit par entralner la dygynyrescence des tubes rynaux. Mais bientGt, dans cette proli¬ 
feration nyovasculaire avec endopyrivascularite identique k celle de la syphilis, un examen 
attentif montre la formation de tubes ypithyiiaux basale k peine apparente et distendus 


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522 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXX1Y. No. 6. 


par d^normes cellules claires, parfois en karyokin6se. Ces tubes dounent naissance, par 
oourgeonnement k de nouveaux tubes reroplis de cellules atypiques et qui se compriment. 
Dans les pustules les mieux ddv41opp4es les cavites se distendent, ne sont plus s£par£es 
que par une mince cloison conjonctive, pr^sentent une lumtere bordee de cellules 
atypiques et constituent ainsi un adenome du rein k cellules claires. 

Dans une de nos preparations les cavites dtaient bordees de cellules tellement 
atypiques et presen taient une telle disposition que Ton pourait admettre Fexistence d’un 
adenoepithdliome. 


G. Lesions du pancreas. 

A la suite d’inoculations intrap6riton6ales, le pancreas peut presenter 
des points d’induration qui apparaissent k la coupe comme des noduler 
d’un gris violacd. 

A l’examen hietologique, nous avons constate: 1) un adenome papil¬ 
loma teux extrfcmement developpd des canaux excreteurs. La figure 5 est assez 

co ma 



d 

Figure 5. Adenome developpe aux depens des canaux excrdteurs da 
ncrdas (adenome-papilleux). — co, co tissu conjonctif embryonnaire; ce canal 
retcur; d, d alveoles dilates h epithelium prolifere; ma, ma cavites devenues volumi- 
es, et d'aspect papillomateux; al cavites distendues, papillomateuses et separees par 
mince cloison conjonctifs. 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel£e et PEpithdlioma claveleux. 523 

-explicite pour nous dispenser de toute description. 2) un ad4no-6pith61iorae 
d’origine acineuse: Lea cellules des ramifications terminates des canaux exerdteurs 
s’hypertrophient, deviennent claires et, dans les acini correspondants, certainee cellules 
deviennent 6normee et subissent la transformation claire. rar division karyokin^tique 
il se forme de nouveaux acini remplis de cellules atypiques sombres ou claires et qui 
en augmentant de volume reduisent le tissu conjonctif intermediaire k une frame 
cxtrfcmement fine et constituent une figure d’ad6no-6pith61iome glandulaire. 

Nous avons constat^ les lesions de m£me ordre au niveau de la 
glande lacrymale, de la parotide, des testicules. Nous 
insisterons surtout sur les ldsions de la mamelle. 

H. Lesions de la mamelle. 

Au cours de la clavelde g6neralis4e, la mamelle peut presenter des 
ldsions caract4ris4es histologiquement par de l’ad4nome papillaire. 

Par injection de virus claveleux dans la mamelle et dans le tissu 
p4rimammaire nous avons d^terraind la formation de vdritables tumeurs 
volumineuses de la glande mammaire (C. R. Soc. Biol. 1903). 

Au debut des ces tumeurs, il existe une hypertrophie diffuse de la 
glande et l’examen histologique montre qu’il s’agit d’un ad4nome aci- 
neux envahissant caract6ristique. 

Les tumeurs mammaires compl&tement d4velopp4es peuvent atteindre 
le volume d’un gros ceuf de poule; bossel6es, dures, adh&rentes a la 
peau, elles prdsentent une surface de section ferme, parcourue de travdes 
conjonctives grisatres qui limitent des lobules et des alveoles blanchatres 
ou blanc jaun&tres donnant, au centre, des com6dons, envahissant le tissu 
celluloadipeux p4riph4rique. L’aspect est celui de certains epitheliomas 
& marche rapide de la mamelle, chez la femme. 


cs a 

I i 



V a V e 

m 


Figure 6. Ad^nome de la mamelle. (Zeiss obj.; ocul. 6. comp.) — cs 
conduit excr^teur dilatd tapiss4 d’un revetement £pith£lial prolif£r6 sur plusieurs couches; 
a, a acini dont l’^pithdlium est hyperplasia; t acinus dilate et dont les cellules 6pith6- 
liales sont augment^es de volume et prolif£r6es; m, m acini de nouvelle formation; pc 
tissu adipeux. 


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524 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


A l’examen histologique, on peut suivre toutes lea phases depuis 1’adEnome 
formE aux dEpens des acini glandulaires (figure 6), jusqu’a FEpithElioma typiaue et au 
carcinome. Les cellules EpithEliales acineuses prolifErent sur plusieurs couches (a, g 
fig. 6) de m&me quelles des canaux excrEteurs (cs fig. 6); elles aonnent naissance h des 
bourgeons pi eras (m, ms fig. 6) qui donneront naissance k de nouveaux acini. Si I on 
suit la proliferation cellulaire on voit que ces tubes d’adEnome acineux se remplissent 
de cellules de plus en plus atypiques, se distendent et constituent des tubes ou des 
amas volumineux bourrEs de cellules extrEmement atypiques, avec parfois une lumiEre 
dfle k la dEgEnErescence des cellules centrales, les cellules pEriphEriques reposant directe- 
ment sur le tissu conjonctif et bourgeonnant dans ses interstices. II s’agit 1& d’un 
epithelioma glandulaire typique. Mais les cellules bordantes peuvent pre¬ 
senter une proliferation karyokinEtique trEs active qui forme des boyaux EpithEliaux; 
ceux-ci pEnEtrent les espaces conjonctifs voisins puis vont former dans un tissu con¬ 
jonctif embryonnaire des colonies qui donnent naissance k des trainees, a des amas et 
k des lobules epitheiiaux (t, t, t pi. II, fig. 16). Ainsi se constitue (fig. 16, pi. II) 
FEpithEliome atypique on Carcinome claveleux. 

En resume, la clavelEe, maladie gEnErale virulente, septicEmique 
(au moins passagErement) produit dans tous les organes des lesions qui 
au point de vue raacroscopique presentent une grande affinity avec les 
nEoformations nEoplasiques et qui, au point de vue microscopique, sont 
caractErisEes par une proliferation EpithEliale apte k constituer des Edifi¬ 
cations volumineuses, dEsorientees, atypiques et envahissantes. 

Et ce ne sont pas seulement les EpithEliums de revEtement 
(peau, comEe, bouche, rumen) qui rEagissent ainsi devant le virus cla¬ 
veleux, mais encore tous les EpithEliums glandulaires (poumon, 
foie, estomac, pancrEas, glande lacrynmale, mamelle . . .) autant ceux des 
canaux excrEteurs que des acini. Ces prolifErations dEsordonnEes vont 
du papillome k l’EpithElioma pavimenteux k globes Epidermique pour les 
revetements malpighiens; elles vont de 1’adEnome simple ou papilleux k 
1’adEno-EpithEliome, k 1’EpithEliome typique et au carcinome pour les 
EpithEliums glandulaires. 

II existe bien done un* EpithElioma claveleux e’est k dire un 
EpithElioma parasitaire 1 ). 

II. Le virus. 

La virus claveleux est limitEe tout d’abord k la lEsion pustuleuse 
d’inoculation pendant un certain nombre de jours, puis il se produit une 
Eruption de pustules gEnEralisEes qui sont toutes virulentes et dont la 
virulence est limitEe a la lEsion pustuleuse meme. Pour expliquer 
l’apparition de l’Eruption gEneralisEe il faut admettre que le virus est 
passE dans le sang; nous avons dEmontrE, en effet, la virulence du sang 
k partir de la pEriode prEEruptive (C. R. Soc. Biol. 1902. 2 fEvr.) et k 
des doses de vingt, dix, un centi-cubes et meme avec 5 gouttes (Presse 
mEdicale. 1903. 14 fEvr.). Ce virus est toutefois en petite quantitE 
dans le sang et celui-ci ne parait constituer qu’un milieu de passage (Soc. 
Biol. 1902) qui lui permet, aprEs une pullulation active dans la tumeur 
d’inoculation, d’aller se fixer au niveau d’autres surfaces EpithEliales. 
L’affinitE du virus claveleux pour les EpithEliums permet de comprendre 
la limitation de la virulence aux pustules formEes par la proliferation 
EpithEliale et laisse penser que le virus est en rapport Etroit avec la 


1) Nous avons dEcrit, depuis mai 1901, dans des notes successives k la SociEtE de 
Biologie de plus grande partie des lEsions que nous indiquons ici. Au point de vue 
histologique ces lEsions aboutissent au vEritaDle EpithElioma et si Borrel qui d : ailleurs 
ne nous cite mEme pas, dans un travail rEcent, ira vu que des lEsions d’EpithEliose 
e’est que son matEnal Etait insuffisant. 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavelEe et l’EpithElioma claveleux. 525 

cellule prolif6r6e. Le virus peut suivre 4galement la voie lymphatique 
et nous avons d4montr4 la virulence des ganglions hypertrophies places 
au voisinage des grosses lesions claveleuses (C. R. Soc. Biol. 1902) et 
non de tous les ganglions, comme nous le fait dire ridiculeraent Borrel. 

Pour nous fixer davantage sur le sifege du parasite nous avons con¬ 
state la virulence de la proliferation epith61iale k son extreme debut, 
alors qu’il n’y a pas d’autres elements que les cellules prolife^es. En 
outre si Ton fait un raclage superficiel d’une pustule au quatrifcme jour, 
dure et d4pourvue de lyraphe, la fine emulsion cellulaire obtenue est 
don4e d’une activite, plus considerable que la lymphe retiree de la 
m6me pustule 7 4 8 jours plus tard. 

Partant de ces faits nous avons recherche et d4couvert dans la cel¬ 
lules dpitheiiales de la proliferation pustuleuse et dans les grandes cel¬ 
lules conjonctives, des inclusions intraprotoplasmiques d’une structure 
precise 1 ) et tout k fait speciale; ces inclusions existent dans toutes les 
pustules avec le meme aspect et la meme structure et elles sont mises 
en liberte dans la lymphe par la destruction vacuolaire des cellules. 
Nous les avons trouv4es 6galement dans les grands mononucieaires 
du sang aprfes de patientes recherches, dans des cas de claveiee violente. 

Description des inclusions. — Les inclusions siEgent dans le protoplasma 
des cellules, jamais dans le noyau. Elles sont extrEmement nombreuses et Ton peut 
dire que chaque cellule de la pustule d’inoculation cutanEe, par exemple, en renferme 
une. Ces inclusions sont d’autant plus petites que Lon examine les 

F orties les plus pEriphEriques, e’est k dire les plus jeunes, de la proli- 
eration (z6ne ae progression), et d’autant plus volumineuses que 
l’on examine la partie centrale et superficiell e de la pustule, e’est & 
dire la plus ancienne. 

II existe de nombreuses formes trEs petites qui peuvent ne pas atteindre V 4 de p, 
arrondies ou diplococciques; les plus abondantes ont ae 1 p V 2 k 7 \± de diamEtre et 
prEsentent une forme irreguliBrement arrondie, k bords ondulEs, ou s’Etirent en grosse 
virgule, en sablier, en une masse k prolongements digitus. Elles ont done un aspect 
amiboide des plus nets, aussi bien k l’Etat frais qu’aprEs coloration. 

La structure de ces inclusions est precise: nous l’avons dEcrite d’abord le (Soc. 
BioL 1901), puis dans notre mEmoire des Archives de mEdecine exp. de mai 1901 enfin 
avec les meilieures mEthodes et la plus grande netted a la Soc. de Biol, le 2 fEvr. 1902. 
Cette structure a EtE mal vue par Borrel: la piupart des inclusions ayant l’aspect 
rEticulE ou en gouttes bataviques qu’il dEcrit sont dues k une mauvaise fixation. 
Grassi (Anna Foil, R. C. dell. Accad. de Lincei. 1903) a retrouvE certains des carac- 
tEres de nos inclusion. 

Ce sont les r&clages de la partie superficielle de la pustule cutanEe au 8. jour fixEs, 
sane dessication, par le Flemming, suivant notre mEthode, et colorEs par la safranine 
anilinEe suivie de picroindigo-carmin, qui nous ont donnE des figures non dEformEes 
avec une Election parfaite des couleurs (figures 1 k 16 de la planche II). 

Les inclusions sont formEes d’une partie colorEe en bleu par le picro-indigo-car- 
min (figures 1 k 16, pi. II), en rouge orangE par l’Eosine (in, in, fig. 1, pi. I), en rouge 
vineux par le van Gieson ou par le triacide en jaune par l’orange G, e’est k dire 
qu’elle prEsente une affinity speciale pour les colorants protoplasmiques. Dans cette 
partie sont enfermEs un ou plusieurs corps qui prennent au contraire, d’une fayon Elec¬ 
tive, les colorants nucleaires: ils sont colorEs en bleu violet par 1’hEmatEine (in, in, 
pi. I, fig. 1), en noir foncE par 1’hEmatoxyline ferrique (in, in, fig. 2, pi. I), en vert par 
le triacide, en rouge par la safranine ou le rouge de Magenta (fig. 1 k 16, pi. II), en 
bleu par la thionine. Aussi donnerons nous le nom de masse protoplasmique k 
la masse de l’inclusion et le nom de corps nuclEaire au corps chromafcique qu’elle 
renferme. 


1) II est curieux de voir Borrel (Ann. de l’Inst. Pasteur. 1903. 25 fEvr.) dEcrire 
nos inclusions sans mEme nous citer ou en laissant croire que nous n’avons vu ces in¬ 
clusions que dans le sang, et encore parle-t-il du «peu de prEcisions* des descriptions. 
Ces figures reproduites dans ce mEmoire sont cepenaant elles qui, avec les prEparations 
correspondantes, ont EtE montrEes le 2 fEvr. 1902 k la Soc. de Biol, et Borrel s’est 
bien gardE a ce moment, de dire qu’elles n’Etaient pas prEcises. 


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526 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Lea inclusions les plus petites sont formdes par une fine granulation nucldaire 
coJordes en rouge vif par la safranine et eutourdes a peine visibles puis par des granu¬ 


lations par une mince couche 
picro-inaigo-carmin. Les inclusions de 2 k 


que, k peine visible, colord en bleu par le 
5 m- sont constitudes par une masse proto- 

_de plus en plus dtendue qui renferme un corps nucldaire de 1 h 2 (jl de 

diamdtre, parfois clair dans sa partie centrale (a, fig. 1, pi. II). Dans les inclusions 
de 5 k 8 \x le protoplasma homogdne peut renfermer un corps nucldaire de 2, 3 et 4 \i 
de diamdtre formd par une membrane pdriphdrique rdunie k une granulation centrale 
par des rayons plus ou moins nombreux, de sorte qu’il ressemble au noyau de la cellule 
ndpatique k rdseau cbromatique rayonnd (6, fig. 2, pi. II; a, fig. 7, pi. II). 

Lorsqu’on examine des inclusions de grande taille, Ton constate qu’elles peuvent 
renfermer un corps nucldaire dtoild ( m , fig. 8, pi. II) qui prend un aspect de division 
karyokindtique (d, fig. 8, pi. 11) et dont nous avons trouvd depuis des formes absolument 

^nniniiAa ah KiAn ^Anf la nVirnmofin a ai i»a art Alamanfa AnAnlXa nni rftyODent dU centre 

3t ty fig. 12, pi. II). 
aboutit a la formation 


typujues ou bien dont la chromatine s’dtire en filaments onaulds qui ray 
(a, fig. 10, pi. II) ou se ddploient en filament moniliforme (a, fig. 11 et t, 

►1. II) et 


8 


e fifament se fragmente Se plus en plus (d, fig. 13, p] 
de fines granulations rondes qui se portent & la pdripndrie (*, fig. 14, pi. II). A c6td 
des formes k masse protoplasmique homogdne il en existe dont le protoplasma devient 
de plus en plus finement granuleux k la pdriphdrie; le corps nucldaire se divise dans 
la partie centrale homogdne (fig. 3, pi. II), puis, celle-ci aiminuant de plus en plus 
(masse rdsiduale), les divisions nucldaires passent dans la partie granuleuse (ng. 4, pi. II). 
Cette partie granuleuse se condense autour de chaque grain nucldaire (r, fig. 5 et r, 
fig. 6, pL II) et il se forme un norabre variable de petits corpuscules nucldds entourds 
dten fin anneau de protoplasma (cA, tig. 6, pi. II); ou bien les grains chromatiquee se 
divisent jusqu^ former des granulations extrdmement fines qui se portent & la pdnphdrie 
et sont mdme saillie k Pextdrieur. La division devient tenement fine que les granu¬ 
lations sont k peine visibles avec les plus forts grossissements (r, fig. 5, pi. II). Nous 
considdrons ces fines granulations en poussiere, com me de vdritaoles cnromatozoites. 
Parmi les inclusions k protoplasma homogdne il faut en signaler dans lesauelles le 
noyau se fragmente sous forme de granulations volumineuse, arrondies, pdripndriques, 
peu nombreuses (gr, gr , fig. 15, pi. II) et une grande prdcision de structure. 

En rapprochant toutes ces figures on peut les classer suivant des sdries qui prd- 
sentent tous les intermddiaires et qui ne sont pas sans rapport avec des cycles dvo- 
lutifs, ainsi que nos figures perraettent d’en juger: 

1. type: reproduction par: division du noyau le noyau se divise dans une 
masse protojplasmiaue qui se differencie puis se divise k son tour pour se concentrer 
autour de cnaque division nucldaire (pi. it, fig. 1 k 6) ou aboutir k des grains invisibles 
(chromatozoites). 

2. type: reproduction karyokindtique: division mitosique du noyau, dans 
une masse protoplasmique homogdne, aboutissant k une fragmentation chromatique fine 
fine (pi. II, fig. 7 k 141 [chromatozoites]. 

3. type: reproauction par dtirement: les inclusions de trds petite taille 

s’dtirent, prennent une forme diplococdque et se sdparent. (Schlufl folgt) 


Nachdruck verboten. 

HelmintMogische Beobachtungen. 

Von Dr. r. Linstow in Gottingen. 

Mit 7 Figuren. 

Die Gelegenheit, die hier beschriebenen Helminthen untersuchen zu 
konnen, verdanke ich Herrn Dr. Shipley in Cambridge, dem ich an 
dieser Stelle nochmals meinen besten Dank ausspreche. 

Ankylostomum americanurn Stiles, 
aus Limia troglodytes Bluraenb. Darm. 

An dem nach der Rfickenseite gekrummten Kopfende steht ein 
groBer Mundbecher, der vorn von breiten Rippen gestiitzt ist; am 
Grunde stehen 5 kegelformige Vorragungen; hakige Zahne an der 
Miindung des Mundbechers, wie man sie bei Ankylostomum duodenale 


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v. Linstow, Helminthologische Beobachtungen. 


527 


findet, fehlen hier. Die Cuticula ist quergeringelt. Der Oesophagus, 
welcher beim Mfinnchen beim Weibchen 1 /, 1 der Gesamtl&nge 

einnimmt, ist erheblich schmSler als der Darm; der Porus excretorius 
liegt unter seiner Mitte. Das M&nnchen ist 6,78 mm lang und 0,31 mm 
breit; die schmalen Cirren messen 1,36 mm; die Seitenlappen der Bursa 
sind von je 6 Rippen gesttttzt, die 2. ist doppelt und die 3.—6. ent- 
springen von gemeinsamer Basis; der unpaare Mittellappen zeigt jeder- 
seits 2 Rippen und die beiden SuBeren Aeste sind nochmals gespalten, 
so dafi man 6 EndSste zfihlt. Das Weibchen hat eine Lfinge von 9,9 mm 
und eine Breite von 0,35 mm; der kegelfbrmige Schwanz nimmt ‘/it. 
der ganzen Lange ein; die Vagina liegt hinter der Mitte und teilt den 
K6rper im Verhaltnis von 4:5; die Windungen des Uterus und der 
Ovarien erfiillen den KSrper dicht; die Eier sind 0,065 mm lang und 
0,046 mm breit. 

Stiles 1 ) beschrieb diesen Nematoden unter dem Namen Uncinaria 
americana und sagt von ihm, er bewohne massenhaft den Darm des 
Menschen im Sfidosten von Nordamerika, in dem Dreieck Virginia- 
Galveston-Portorico; die ganze arme Bevolkerung ist von ihm befallen, 
und er spielt hier eine noch verderblichere Rolle als Ankylostomum 
duodenale bei den Gruben-, Tunnel- und Ziegelarbeitern in Europa und 
Afrika. Bei den Kindern in Amerika wird die kdrperliche und geistige 
Entwickelung durch den Parasiten gehemmt; Patienten von 20— 23 Jahren 
gleichen durch die Toxinwirkung 11—16-jahrigen Kindern; die Anfimie, 
welche er hervorruft, wurde friiher der Malaria zur Last gelegt. Ich 
fand ihn als Parasiten des westafrikanischen Schimpansen; dort wird er 
in den Menschen geraten sein, der ihn dann auf Verkehrswegen nach 
Nordamerika brachte, wo er sich weit ausgebreitet hat und eine hochst 
verderbliche Rolle spielt. 

Mermi8 mirabilia n. sp. 

Fig. 1—4. 

Von den Wainae-mountains in Oahu, Hawaii-Inseln. 

Der Korper ist farblos und sehr zart; vermutlich sind die Tiere im 
SfiBwasser gefunden. Die Cuticula ist sehr dick; am Kopfende ist das 
Parenchym knopfformig verdickt und hier stehen im Kreise 6 Papillen, 
in der Scheitelgegend aber zwei nach vorn gerichtete Zapfen wie bei 
Mermis nigrescens\ 0,29 mm vom Kopfende beginnt eine Ventraldriise, 
die dicht vor ihm in einen Porus excretorius mtindet. Von den 6 L&ngs- 
wfilsten sind die beiden Dorsolateral- und der Ventralwulst stark ent- 
wickelt und mit Kernen versehen, wahrend die Ventrolateral- und der 
Dorsalwulst schwach und kernlos sind; sie grenzen 6 Felder ab, welche 
folgende prozentische Ausdehnung haben: 

Dorsal-, Lateral-, Ventral-, Ventral-, Lateral-, Dorsalfeld 

21 16 13 13 16 21 

Es sind 2 Exemplare vorhanden, ein 85 mm langes und 0,35 mm 
breites Weibchen; das andere 43 mm lange und 0,21 mm breite Exemplar 
ist der merkwflrdigste Nematode, den ich je gesehen habe, denn er ist 
ein Hermaphrodit, der vorn Weibchen und hinten Mannchen ist; hinter 
der Mitte sieht man die weibliche und am Schwanzende die m&nnliche 


1, Stiles, C. W., Hook-worm disease in the South. Frequency of infection bv 
the parasite (Uncinaria americana) in rural districts. (Public health report. 1002. No. 43. 
p. 2433—2434.) — A new species of hookworm ( Uncinaria americana) parasitic in man. 
(American medecine. Vol. III. 1902. No. 19. p. 777—778.) 


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528 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


Geschlechts5ffnung. Der Uterus nimmt fast s / 4 der ganzen Lange ein; 
teilt man die Tierl&nge in 100 gleiche Teile, so kommen vorn 23 ohne 
Uterus, hierauf 72 vom Uterus ausgefflllte und dann 5 Teile ohne den- 
selben; ebenso ist die Lage bei dem grdBeren, rein weiblichen Exemplar; 


d 



Fig. 1. 


Fig. 3. 


Fig. 1—4. Mermti mirabilu. 1 Kopfende, r Ventraldriise, p Porus excretorius; 
2 Querschnitt ganz vorn, d Dorsal-, v Ventral-, dl Dorsolateral-, vl Ventrolateralwulst, 
6* Oesophagusrohr; 3 Schwanzende des hermaphroditischen Exemplars mit Geschlechts- 
Offnung, Cirren und 3 Papillenreihen; 4 ein Ei. 

die Vagina miindet bei beiden Exemplaren genau unter der Mitte des 
Uterus und tritt nach kurzem Verlauf an denselben; die Vulva ist bei 
beiden Exemplaren zum Zeichen der Befruchtung mit einem braunen 
Kitt uberdeckt; sie teilt den Korper im Verhaltnis von 34:31. Die 
Eier beider Tiere sind sehr charakteristiseh; sie sind 0,061 mm lang und 
0,039 mm breit; die innere Schale ist kugelformig und enth&lt den aus- 


Y'' 


W- 


Fig. 4. 


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v. Lin stow, Helminthologische Beobachtungen. 


529 


gebildeten Embryo, die auBere aber ist an den beiden Polen verschmalert 
und in der Mitte aufgetrieben, wie bei keiner anderen Mermis-krt. Das 
Hinterleibsende beider Exemplare ist abgerundet, bei dem kleineren, dem 
hermaphroditischen, sieht man 0,22 mm Schwanzende die mannliche 
Geschlechtsoffnung, was einer Schwanzlange von V 105 entspricht; vor 
ihr liegen zwei gleiche, 0,12 mm lange, schwach gekriimmte Cirren mit 
abgerundetem Hinterende; an der Bauchseite verlaufen 3 Papillenreihen 
bis ans Schwanzende, eine mediane und zwei seitliche, die aus je etwa 
12—15 Papillen bestehen; in der mittleren stehen dicht hinter der Ge- 
schlechtsSffnung 2 Papillen nebeneinander. 


Mermis nigra n. sp. 

Fig. 5—6. 

aus Zomba am Nyassa-See, Sfldafrika. Cameron leg. 

Eine Larvenform, 3 Exemplare, von denen zwei kohlschwarz sind 
und eine dunkelbraun ist; die GrSBenverhaltnisse sind folgende: 

Lange 200 mm, Breite 0,35 mm 
r 170 „ „ 0,31 „ 

„ 44 „ „ 0,25 „ 



Fig. 5—6. Mermis nigra. 5 Querschnitt ganz vom, Bezeichnung wie in Fig. 2 
/ Fettkorper; 6 Schwanzende mit Horn. 


Das Kopfende ist gerade abgestutzt, das abgerundete Schwanzende 
tragt bei den beiden groBeren Exemplaren ein kleines Horn; das kleinste 
befindet sich in H&utung. Die Verh&ltnisse der LSngsfelder sind denen 
yon Mermis mirdbilis entsprechend, auch die verhaltnism&Bige Gr5Be der 
6 L&ngsfelder ist genau dieselbe ; die Form der LS,ngswiilste aber ist 
eine andere, wie sich aus den Abbildungen ergibt. 

Mermis nigrescens Duj. 

Ein neues Wohntier der Larve ist Forficula acanihopygia G 6 n 6 . 

Mermis albicans v. Sieb. 

Die Larve dieser Art lebt auch in der Raupe von Agrotis orbona Hfn. 
= Triphaena subsequa Tr. 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 34 


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530 


Centrajbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


Das Genus 

Mermis 

gehbrt zu den Pleuromyariern, d. h. in den Seitenlinien stehen Muskeln; 
ganz vorn und ganz hinten im Korper sind, wie ich') gezeigt habe, die 
6 Seitenwfllste so zusammengedrangt, dafl die Dorsolateralwiilste mit 
ihrem Bande die Laterallinien bedecken; in der Mitte des Korpers, wo 
die LSngswalste relativ viel schmaler werden, findet sich Muskulatur in 
den Seitenlinien; die Mitte der Dorsolateralwiilste liegt immer, bald 
mehr, bald weniger, dorsal von der Laterallinie; der Porus excretorius 
ist hier die Oeffnung einer Ventraldriise; die L&ngswtilste sind ohne 
GefaBe. Neuerdings sind 3 andere, mit Mermis nahe vei%andte Genera 
aufgestellt: 

JP <aramermis v. Linstow 1 ). 

Von Mermis durch ein einfaches Spiculum des Mannchens unter- 
schieden, deren Mermis zwei hat; bei beiden Gattungen stehen am 
mannlichen Schwanzende ventral 3 Papillenreihen, die ganz Oder zum 
Teil verdoppelt sein konnen. 


Hydromermi8 Corti 2 ). 

8 Langsfelder, die 8 Muskelfelder abgrenzen, die beiden Seitenfelder 
sehr breit, Cuticula ohne gekreuzte Fasernsysteme, Mannchen mit einem 
Spiculum. 

P8eudomermi8 Zykoff 3 * ). 

Cuticula ohne gekreuzte Fasersysteme, Mannchen nicht beobachtet. 

Gyrocotyle Medusarum n. sp. 
aus Phyllorhiea? rosea Per. et Les. 

Eine Larvenform, die in 3 Exemplaren vorhanden ist, welche folgende 
Grofienverhaitnisse zeigen: 

Lange 15 mm, Breite 6 mm 
n 11,5 „ n 4 „ 

n n rt 3,3 n 

Der Kdrper ist Ligula-artig abgeplattet und die Dicke verhait sich 
zur Breite wie 1:6; vorn ist der KSrper verschmalert, hinten abgerundet 
und verdickt; die Cuticula zeigt Querringel und unregelmBfiige Langs* 
rinnen. Geschlechtsorgane fehlen noch ganz; Kalkkdrperchen sind nicht 
vorhanden. Die Cuticula ist 0,039 mm dick, aus senkrecht zur Ober- 
flache gestellten Fasern gebildet; dicht unter ihrer Oberflache 
* liegt eine Schicht Pigmentkorner; der Hauptlangsnerv liegt 
f\ 7 /ioo) ^ a8 HauptlangsgefaB 16 / 10 o des Querdurchmessers vom 
[ 1 Rande entfernt; bei Gyrocotyle rugosa verlaufen die beiden 
f j Hauptlangsnerven im 2. und 4. Fflnftel des Querdurchmessers. 
X^_) Unter der Cuticula liegt eine dflnne Lage Ring-, darunter eine 
F . ? solche Langs- und unter dieser eine breite Ringmuskelschicht; 
,g ' ’ unter den Parenchymmuskeln sind die dorsoventralen die stark- 

Fig. 7. Gyrocotyle Medusarum in natiirlicher Grofie, 


1) v. Lin8tow, Das Genus Mermis. (Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. LIII. Bonn 
1898. p. 149-168. Tab. III.) 

2) Corti, Rendiconti Istit. Lombard, sc. e lettr. Ser. II. Vol. XXXV. Milano 
1902. p. 1—9. 

3) Zykoff, Materialien zur Wolgafauna und Wasserfauna des Saratowschen 

Gouvemements. Moskau 1902. p. 61—64. Tab. I. 


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Pieri, Kurze Erwiderung auf Herm Dr. Looss’ Mitteilung etc. 531 

sten. Vom Genus Qyrocotyle kennt man aufierdem 2 Geschlechts- und 
eine Larvenform: 

Gyrocotyle amphiptyches Wagener. 

= Amphiptyches urna Grube und Wagener, von Lonnberg 1 2 3 ) eingehend 
beschrieben, aus Chimaera monstrosa und Callorhynchus antarcticus. 

Gyrocotyle rugosa Dies. 

aus Ovis aries und Antilope pygarga in Sfldost-Afrika und 

Gyrocotyle spec.? Diesing, 
eine Larve aus Mactra edulis. 


Nachdruck verboten. 

Kurze Erwiderung auf Herm Dr. Looss’ Mitteilung: 
Weiteres liber die Einwanderung der Ankylostomen von 

der Haut aus. 

Von Gino Pieri, Institut der vergl. Anatomie, Rom. 

(Uebersetzt von M. K. ohne Verantwortung des Verfassers.) 

Der Leser wird mir dankbar sein, wenn ich in dieser meiner Ant- 
wort die von Dr. A. Looss*) gegen meinen Lehrer, Prof. Grassi 
und mich erhobenen persfinlichen Angriffe mit Stillschweigen flbergehe, 
wenn ich auch nicht umhin kann, dieselben hSchlichst zu beklagen, 
da ich einzig und allein von der leidenschaftslosen Forschung nach 
Wahrheit geleitet werde. 

Looss macht es mir zum Vorwurf, seinen Namen stets mit einem 
anstatt mit zwei s geschrieben zu haben, aber wie leicht es vorkommen 
kann, in ahnliche Nachlfissigkeitsfehler zu fallen, wenn man Zitate oder 
Eigennamen fremder Sprachen zitiert, beweist Looss selbst an ver- 
schiedenen Stellen seiner Kritik, so z. B. wenn er (p. 336) Franceso 
anstatt Francesco schreibt. 

Ich gebe zu, fibersetzt zu haben; „die Larven dringen selten in 
die Driisenkanale ein“, w&hrend Looss 8 ) behauptet, nicht in einem 
einzigen Drusenkanal eine Larve gefunden zu haben, woran jedoch nur 
meine mangelhafte Kenntnis der deutschen Sprache schuld ist und was 
ffir die von uns besprochene Frage keinerlei Wert hat. Und was mfifite 
ich dann wohl von Looss sagen, wenn er sich erkfihnt, auszusagen: 
Grassi hat ktlrzlich durch seinen Schfiler Pieri meine Behauptung 4 5 * ) 
ffir falsch erklaren lassen, w&hrend ich, bei der Gegenfiberstellung 
meiner und der unvollstandigen Experimente Looss’ mich wohl ge- 
hfltet hatte, meinen Schlufifolgerungen einen absoluten Wert zuzuschreiben 
und nur geschrieben hatte s ): 


1) Lonnberg, K. Svensk. Akad. Handling. Bd. XXIV. Stockholm 1891. No. 6. 
p. 9—47. Tab. III. Fig. 34-47. 

2) Looss, A., Weiteres fiber die Einwanderung der Ankylostomen von der Haut 
aus. (Centralbl. ffir Bakteriol. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. 1903. p. 330—343.) 

3) Looss, A., Ueber das Eindringen der Ankylostomen in die menschliche Haut. 
(Ib. Bd. XXIX. No. 16. p. 1737.) 

4) Ib. Bd. XXXIII. p. 330. 

5) Rendic. Accademia dei Lincei. Vol. XI. 1° sem. Fasc. 5. p. 220: Credo che 

34* 


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532 


Centralbl. {. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


„Ich glaube, dafi diese meine ersten Beo bachtun gen 
mich zu der Schlufifolgerung berechtigen, dafi die Hypothese 
von L o o s s inbetreff einer moglichen Ankylostoma -Infektion durch aktives 
Eindringen der Larven von der Haut aus einer sicheren wissenschaft- 
lichen Grundlage entbehrt, es bliebe sorait festgestellt, dafi der einzige 
von den Aw/cy/osfowa-Larven eingeschlagene Infektionsweg durch den 
Mund ffihrt, wie dies zuerst von G r a s s i zusammen mit P a r o n a an- 
nommen wurde 1 ). 

Es bleibt noch ein Punkt aufzuklaren, um meiner Be- 
hauptung eine vollst&ndige Beweisfflhrung zu verleihen 
und zwar das Schicksal der von der Haut aus eingedrungenen Larven; 
diesen wichtigen Umstand zu erklfiren, werde ich weitere 
Nachforschungen anstellen. (Die hier gesperrt gedruckten Worte 
sind im Original in ungesperrter Schrift wiedergegeben.)“ 

Jedermann, der diese Worte liest, wird sich leicht fiberzeugen, dafi 
ich nur meine Meinung ausgesprochen und ein definitives Urteil mir 
erst nach weiteren Nachforschungen — die ich leider wegen Mangels an 
Material bis jetzt nicht habe vollenden konnen — vorbehalten hatte. 

Trotz der gegen meine Versuche von Looss aufgestellten Kritiken 
kann ich nicht umhin, die von mir in meiner Mitteilung gegebene Inter¬ 
pretation ffir die vernfinftigste zu halten. Jedenfalls bleibt die Tatsache 
bestehen, dafi Tausende auf die Haut des Prof. G r a s s i und des Dr. N o h 
deponierte Laven keine Infektion herbeigeffihrt haben. Der Versuch 
mit Herrn Prof. Gras si wurde fast in denselben Verh&ltnissen voll- 
fiihrt, wie Looss sich infiziert hat und seiner Angabe nach seinen 
Versuch am Menschen ausgefuhrt hat, und zwar durch das Fallenlassen 
dicker, eine sehr grofie Anzahl von Larven enthaltender Wassertropfen 
auf die Haut und folgendes Ausbreiten derselben; vielleicht wurde in 
dem Versuche mit Prof. Gras si das Wasser mehr ausgebreitet als wie 
in den Loossschen Versuchen (und darauf ist wahrscheinlicherweise 
das Nichteintreten der Reizerscheinungen zuruckzufuhren), aber dies 
verringert den demonstrativen Wert unseres Experimentes durchaus nicht. 

An N o h und mir wurde das Experiment in der Art angestellt, dafi 
der Teil der Haut, auf welchem wir das Wasser trocknen liefien, ver- 


queste mie prime osservazioni mi autorizzino a concludere che Pipotesi del Looss della 
possibile infezione die Anchilostoma per immigrazione attiva delle larve attraverso la 
pelle h priva di un serio fond amen to scientifico, rimarrebbe percib stabilito che Punica 
via di infezione seguita dalle larve dell 7 Anchilostoma h la via orale, come per il primo 
constatb il Gras si insieme col Par on a. Resta ancora un punto da chianrsi per dare 
alia mia affermazione una dimostrazione completa: il destino delle larve penetrate 
attraverso la pelle. A rischiarare questa importante circostanza io dirigero mie 
ulteriori ricerche. 

1) Ich mochte hier die Worte Gras sis und Par on as, die sich nicht in meiner 
Mitteilung finden, zitieren: „Aus diesen Studien resultieren ziemlich wahrscheinlich 
folgende Infektionsweisen: Die Eier entwickeln sich in den Faeces in Larven oder (durch 
Wasser aus diesen transportiert) im Kot und auf dem bewasserten Erdboden. Folglich 
kdnnen die Larven entweder direkt — durch Essen wenig oder gar nicht gekocnter 
Gem use, oder durch Beriihren des Mundes mit durch Kot beschmutzten Handen. wie 
dies leicht bei Biickern, Kindern u. s. w. geschehen kann — oder indirekt durch 
Trinkwasser, welches vor kurzem iiber Faeces, Kot oder Larven beherbergende Gemu&e 
gelaufen, in den menschlichen Korper gelangen. Diese Beobachtungen erklaren uns 
den Einflufl einiger priidisponierender (predisponenti) Ursachen, z. B. des Bodens, Klim as, 
Standes u. s. w. und geben uns auch AufschluS fiber die Epidemieen, welche vorkommen, 
wenn yiele der Entwickelung zahlreicher Eier giinstige Umstande zusammenfallen. 
Grassi, B., Par on a, E. und Par on a, 0., Intorno all’ Anchilostomasi. Milano 
1879. p. 8, 9. 


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Pieri, Eurze Erwiderung auf Uerrn Dr. Looss’ Mitteilung etc. 


533 


mittelst eines ringsum verklebten Uhrgl&schens geschiitzt wurde, und 
zwar geschah dies, um soviel wie nur irgend moglich die Eventualit&t 
einer konsekutiven unfreiwilligen Infektion zu vermeidcn. 

Nach Looss hatten wir alle von Tausenden von Ankylostomen in- 
fiziert werden mtissen, dagegen infizierten sich weder Prof. Gras si 
noch Dr. Nofe; wenn Looss raeine von ihm erw£hnte Mitteilung in den 
Archives Italiennes de Biologie 1 ) hatte einsehen kSnnen, wdrde er ge- 
lesen haben, daB bis zum 12. Juni 1902 (an welchem Tage ich besagte 
Mitteilung einsandte) die Untersuchung unserer Faeces stets ein negatives 
Resultat ergeben hatte, d. h. keine Ankylostoma- Eier vorgefunden wurden. 
GegenwSrtig bietet No h eine sehr leichte Ankylostoma-lvAoiktion dar, 
doch mull ich hier bemerken, daB derselbe fortgefahren hatte, an meinem 
Arbeitstische zu arbeiten,.wo es nicht leicht war, geniigende Vorsichts- 
maBregeln anzuwenden (es ist sogar passiert, daB eine ganze Larven- 
kultur auf dem Tische umfiel und daselbst trocknete) und daB er nach 
dem Datum der negativen Untersuchung der Faeces sich in eine Stadt 
begab und l&ngere Zeit verblieb, wo die Ankylostomen heimisch sind. 

Ich infizierte mich mit 7 Ankylostomen, und diese Infektion 
schreibe ich — wie ich dies in meiner Mitteilung erklare — dem zu- 
f&lligen Eindringen der Larven durch den Mund zu. Um fur alle F&lle 
die Moglichkeit eines gewissen Grades der Immunitat meinerseits aus- 
zuschlieBen, verschluckte ich, nachdem ich mich durch wiederholte Unter- 
suchungen meiner Faeces iiberzeugt hatte, keine Ankylostomen mehr zu 
beherbergen, ungefehr 40 Ankylostoma - Larven; nach 30 Tagen er- 
schienen die ersten Eier. Durch eine Thymolkur befreite ich mich von 
42 Ankylostomen, doch offenbart das bestandige Vorkommen einer, 
wenn auch sehr geringen Anzahl von Eiern in meinen Faeces (ungef&hr ein 
Ei ftir zwei oder drei Pr&parate von der Dimension der gewdhnlichen 
Deckgl&schen) die Gegenwart einer kleinen Zahl von Ankylostomen in 
meinem Darm. 

Ich muB hier hinzufflgen, daB weder in Nofe noch in mir sich von 
dem Tage der versuchten Infektion an bis auf heute auch nur das ge- 
ringste Sympton von An&mie noch irgend einer anderen auf die Anky¬ 
lostomen zuruckflihrbaren Storung gezeigt hat. 

Die von mir in meinen Untersuchungen angewandten Larven 
stammten von Ankylostomen her, die von einem in Amerika (Brasilien) 
infizierten Individuum beherbergt wurden. Die 7 von mir nach 
der ersten Infektion ausgeschiedenen Ankylostomen gehdrten jenem 
Typus an, den Stiles kiirzlich als eine neue, Amerika eigene Art 
(Uncinaria americana ) 2 ) beschrieben hat; die von mir nach der zweiten 
Infektion eliminierten Ankylostomen hatten dagegen die Kennzeichen 
des Ankylostoma duodenale . 

Was nun die von Looss verneinte Austrocknungswiderstands- 
f&higkeit der Larven anbelangt, so wurde dieselbe schon vor mir auch von 
Perroncito 3 ) bestatigt, undbestehe ich daher auf meiner durch Experi- 
mente begrundeten Behauptung. Ich trdpfelte Larven enthaltendes Wasser 
auf verschiedene Deckglaschen und lieB es dann in freier Luft trocknen — 


1) Archives Italiennes de Biologie. T. XXXVII. 1902. Fasc. 2. 

2) Stiles, E. W., A new species of hookworm (Uncinaria americana) parasitic in 
man. (American Medicine. VoL III. p. 777—778.j 

3) Perroncito, Edoardo, Osservaziom elmintologiche relative alia malattia 
sviluppatasi endemica negli aperai del Gottardo. Roma 1880. — I parasBiti delT uomo 
e degh animali utili e le pih comuni malattie da essi prodotte. Milano 1901. p. 455. 


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534 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


dies ist der fast absolute Trockenheitszustand, von welchem ich in 
meiner Mitteilung spreche. — In den folgenden Tagen (ich benutzte in 
den einzelnen Untersuchungen stets verschiedene Glaschen) trflpfelte 
ich reines Wasser auf die getrockneten Larven und sah nach einigen 
Stunden eine gewisse Anzahl derselben ihr norraales Aussehen annehmen 
und ihre charakteristischen aktiven Bewegungen ausfiihren. Die Zahl 
der Larven, welche so zura Leben zuriickkehrten, verminderte sich pro- 
gressiv bis zum 7. Tage; mit den seit 8 Tagen getrockneten Larven 
blieb das Resultat negativ. Nicht zu vernachl&ssigende Faktoren 
bei diesen Erscheinungen sind wahrscheinlicherweise die Temperatur — 
die in der Jahreszeit, in welcher ich meine Untersuchungen anstellte 
(Dezember), ziemlich niedrig war — und die Feuchtigkeit der Umgebung 
(Rammer), in welcher ich arbeitete. 

Obige absolut positiven Untersuchungen, wie auch diejenigen von 
Perroncito, kflnnen meiner Ansicht nach nicht durch die negativen 
Untersuchungen L o o s s ’ zu nichte gemacht werden. 

Looss bringt zur Stiitze seiner Meinung, d. h. der Moglichkeit der 
Infektion von der Haut aus, noch drei andere Experimente, eins mit 
einem Menschen und zwei mit Hunden. Es ist nicht moglich, iiber den 
Wert dieser Experimente zu diskutieren, da der Verfasser nicht aus- 
fuhrlich die Daten angegeben, welche notwendig sind, die genauen Be- 
dingungen, in welchen dieselben stattgefunden, klarzulegen und jeden 
Zweifel an eine Infektion per os auszuschlieBen. Ich kann jedoch nicht 
umhin, zu bemerken, daB das Individuum, mit welchem Looss experi- 
mentierte, fruher von Anguillula intestinalis , welche, wie bekannt, eine 
der der Ankylostoma sehr ahnliche. Verteilung aufweist, infiziert war *)• 

Auch ist der Zustand des Individuums, mit welchem Looss sein 
Experiment angestellt hat, kein zu vernachlassigender Umstand; wissen 
wir doch alle — und Looss gewiB besser als ich — wie unsicher es ist, 
derartige delikate Experimente mit ungebildeten Personen anzustellen, 
da uns dieselben oft tSuschen, ohne es zu wollen und zu wissen. Diese 
Betrachtung war es, welche uns bestimmte, das Experiment an uns 
selbst anzustellen. 

Looss hebt hervor, dafi die von der Haut aus stattgefundene In¬ 
fektion sich in seiner Versuchsperson nach 71 Tagen (die Entwickelungs- 
periode der Ankylostomen betragt bei der Infektion durch den Mund 
4—5 Wochen) bewahrheitet hat und legt dem Faktum, daB dieser Zeit- 
raum mit jenem (4. Dezember 1901 bis 13. Februar 1902), nach welchem 
ich in mir die Eier der ersten Infektion bemerkte, flbereinstimmt, be- 
sondere Wichtigkeit bei. Ich kann hier jedoch nicht umhin, ihm wissen 
zu lassen, daB ich die t&gliche Untersuchung meiner Faeces bereits von 
der 6. Woche nach dem Experiment aufgegeben hatte und nur 
aus Zufall dieselben am 13. Februar einer neuen Untersuchung unter- 
warf 1 2 ). 

Die Infektion des Hundes fand dagegen fast rascher als die durch 
den Mund statt; mir scheint es nicht annehmbar, diese Kiirze — wie 


1) Inbetreff der Genauigkeit der Ueber6etzung mufi ich hier einschalten, dafi 
Loos8 irrt, wenn er mich p. 331 sagen lafit, die Ankylostomen seien in der Stadt 
Cairo endemisch; ich hatte dies fur das ganze Land, in welchem sich Looss befindet, 
gemeint, und verstand unter dem Worte natiirlicherweise nicht nur die Stadt Cairo, 
sondern auch die umliegenden Regionen. 

2) Id. Bd. XXXIII. 1903. No. 5. p. 338. 


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Herzog, Die Abschw&chung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc. 


535 


dies L o o s s tut — dadurch zu erkl&ren, dafi die Larven anstatt auf das 
Gelenk, hinter das Schulterblatt appliziert wurden 1 ). 

Meinerseits glaube ich, daB die definitive L5sung des Problems nnr 
dann gegeben werden kann, wenn wir das Schicksal der Larven nach 
dem Eindringen der Haare in die Follikel bis zn ibrem Erscheinen in 
der Darmwand verfolgt haben werden, was ich binnen kurzem zu tun 
hoffe. 

Rom, den 20. Mfirz 1903. 


Nachdruck verboten. 

Die Abschwachung der Saugetiertuberkulosebacillen 
im Kaltbliiterorganismus. 

[Aus der Untersuchungsstation des k. Garnisonlazarettes Wfirzburg. 

Stabsarzt und Privatdozent Dr. DieudonnA] 

Von Dr. H. Herzog, k. bajr. Assistenzarzt. 

Mit 1 Tafel. 

Nach denUntersuchungen von dePasquale(l)und deMichele(2) 
galten die Kaltbiiter als immun gegen die Tuberkulose: „Die Tuberkel- 
pilze sind noch nach langer Zeit im Organismus dieser Tiere — gleich- 
gultig bei welcher Temperatur sie gehalten werden — nachzuweisen, 
Verlust an Virulenz far Warmblater, oder sonstige Ver&nderungen der 
Pilze treten nicht ein. tt Die Verdffentlichungen von Bataillon, 
Dubard und Terre (3) traten in direkten Gegensatz zu diesen An- 
schauungen und riefen nun eine Reihe von Untersuchungen dieser, far 
die Biologie des Tuberkelbacillus hochwichtigen Frage, und damit nicht 
unbedeutende Kontroversen hervor: Die Autoren hatten aus einem sehr 
riesenzellenreichen Tumor an der Bauchwand eines Karpfen einen Mikro- 
organismus gezttchtet, der nach Gestalt, sowie tinktoriellem Verhalten 
mit dem Tuberkelbacillus identisch erschien, jedoch andererseits funda¬ 
mental Abweichungen von dem Erreger der S&ugetiertuberkulose bot: 
Wachstumsoptimum bei 23—25°, innerhalb 3—4 Tagen Entwickelung 
eines reichlichen, flockigen Bodensatzes in Bouillon, Bildung eines seifigen, 
weiBlichen, brachigen Belages auf Kartoffeln. Den Beweis, daB es sich 
hierbei urn einen an den Kaltbiaterorganismus angepaBten Tuberkel¬ 
bacillus handle, suchten sie dadurch zu erbringen, dafi sie Karpfen mit 
tuberkulOsen Organen von Meerschweinchen fatterten. Bereits nach 
ll-t&gigem Verweilen im Kaltbiater sollen diese Tuberkelbacillen so ab- 
geschwBcht worden sein, dafi sie far Warmblater nicht mehr infektions- 
tachtig waren, und sich bei gewbhnlicher Temperatur zhchten lieBen. 
Wurden Kaltbiater mit Kulturen menschlicher Tuberkelbacillen infiziert, 


1) Id. Bei der speziellen Lage der gewahlten Infektionsstelle 1st dies in der Tat 
nnschwer moglich, da sie nur <£e KSrperwand in gerader Richtung zu durchsetzen 
braucheo, um sich bereits in der Brust- oder Bauchhohle zu befiudeD, von wo aus sie 
ohne die mindeste Schwierigkeit nach dem Oesophagus oder dem Darme gelangen 
konnen. (p. 34.) 

Hiermit verliert der an fangs etwas uberraschende Unterschied, der sich in dem 
Versuche am Menschen und dem am Hunde in Bezug auf die Inkubationsdauer der 
Krankheit ergeben hatte, sein Auffalliges vollkommen; er zeigt nur, dafi die Larven 
nicht vonjeder Stelle der Haut aus gleich schnell nach dem Darme zu gelangen vermogen. 


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536 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


so bildete sich ein sehr starker Ascites aus, und in den Leukocyten 
waren massenhaft Bacillen eingeschlossen. Am 12. Tage zeigten sich 
bei dem groBten Teile der Tiere Granulationen, welche sich in nichts von 
denen der S&ugetiere unterscheiden. 

Bei weiteren Versuchen von Bata ill on und Terre (4), den S&uge- 
tiertuberkelbacillns nacb Passage durch Kaltblflter auf Warmblflter 
zu flbertragen, erschien derselbe pathogen fiir das Meerschweinchen. 
Doch erwiesen sich die Bacillen insofern umgewandelt, als sie bei niederer 
und hdherer Temperatur (bis 47°) lebhaftes Wachstum zeigten. D u b a r d (5) 
gelangte nach seinen Versuchen zu dem Resultate, daB der Sftugetier- 
tuberkelbacillus durch den Kaltblilterorganismus seine Infektionsfahigkeit 
fflr Warmblflter einbflfit und sich in einen Bacillus umwandelt, der 
bei gewflhnlicher Temperatur wachst. Im Kaltblflter selbst fand er 
sowohl nach Einverleibung lebender wie toter menschlicher Tuberkel- 
pilze typische Tuberkel, von deren histologischer Struktur aber nichts 
berichtet ist. Die lebenden Tuberkelpilze zeigten vom 12. Tage an 
Involutionsformen und Verzweigungen. Auch Sporenbildung will D u b a r d 
gesehen haben. 

Diesen vollstflndigen, bereits nach so kurzer Durchleitung durch den 
Kaltblflter eintretenden Virulenzverlust der Tuberkelbacillen fflr Warm- 
bltiter konnten Auch6 und Hobbs (6) nicht bestatigen. Nach ihren 
Angaben waren menschliche Tuberkelbacillen noch nach 60-tagigem 
Verweilen im Froschkorper im stande, bei Meerschweinchen generali- 
sierte Tuberkulose hervorzurufen. Ihre Virulenz erschien aber doch ab- 
geschw&cht, denn die Ausbreitung der Tuberkulose erfolgte langsamer 
als sonst. Kulturen, die noch nach 148 Tagen aus den Froschorganen 
angelegt wurden, boten niemals die von Bataillon, Dubard und 
Terre beschriebenen Ver&nderungen dar. Dagegen fanden die Autoren 
nach intraperitonealer Einverleibung der Tuberkelbacillen in den Frosch- 
organismus ausgesprochen tuberkulose Ver&nderungen in den Organen, 
verneinen jedoch eine Vermehrung der Pilze im Frosche bei gewflhn- 
licher Temperatur. Zu flhnlichen Resultaten gelangten Nicolas und 
Lesieur (7) durch Verffltterung von stark Tuberkelbacillenhaltigem 
Sputum an Fische. Die meisten Tiere (von 13 Tieren 11) gingen nach 
einigen Monaten ein; weder makroskopisch noch mikroskopisch liefien 
sich tuberkulflse Erkrankungen feststellen; Tuberkelbacillen waren nicht 
nachweisbar. Dagegen konnte durch Verimpfung von Darminhalt und 
Muskel auf Meerschweinchen festgestellt werden, daB sich die verffltterten 
Tuberkelbacillen virulent erhalten batten. Eine weitere Nachprufung 
der Versuche B a tail Ions und Ter res, durch Verffltterung tuber- 
kulosen Materiales bei Kaltblfltern spezifische Krankheitserscheinungen 
hervorzurufen, sowie den Tuberkelbacillus an den Kaltblflter zu accommo- 
dieren, wurde von Hormann und Morgenroth (8) angestellt. 
Sie konnten bei Goldfischen durch Ffltterung mit tuberkuldsem Auswurf 
keine der Tuberkulose ahnliche Krankheit hervorrufen. Die Faeces der 
Fische wurden verschieden lange Zeit nach dem Aussetzen der Ffltterung 
auf Merschweinchen verimpft, welche spater an Tuberkulose eingingen, 
Oder nach der Totung deutliche tuberkulose Veranderungen zeigten. 
Es war somit der Beweis geliefert, daB die Ausscheidungen der Tiere 
noch mehrere Wochen, nachdem die Ffltterung ausgesetzt war, lebende 
Tuberkelbacillen enthielten. Die Frage, ob die Tuberkelpilze in ihrer 
Virulenz durch die Passage durch den Fischkorper abgeschwacht worden 
sind, lassen Hormann und Morgenroth offen: Wenn 1 Meer- 


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Herzog, Die Abschw&chung der S&ugetiertuherkulosebacillen etc. 


537 


schweinchen, das nach der 10. Woche getotet worden, keine sehr hoch- 
gradigen tuberkulosen Ver&nderungen zeigte, und aus einem anderen 
Versuche 1 Tier nach 6 3 / 4 Monaten an ausgebreiteter Tuberkulose ein- 
ging, wahrend noch 2 gleichzeitig mit demselben infizierte Tiere nach 
6 3 / 4 Monaten gesund befunden wurden, so lassen die Autoren den Ein- 
wand zu, daB eine sehr geringe Anzahl von Tuberkelbacillen eingespritzt 
wurde, bezw. im Fall II eventuell eine Stallinfektion stattgefunden hat. 

In vollstandigem Widerspruch mit den angefiihrten Forschern steht 
Sion (9) mit seinen Resultaten. Frosche wurden teils vom Lymphsack^, 
teils von der Peritonealhohle aus mit Tuberkelbacillen infiziert. „Nie- 
mals gelang ihm der Nachweis der Pilze in den inneren Organen, 
weder durch den Ausstrich des Organsaftes noch durch Untersuchung 
der Schnitte. In keinem Falle konnte er makroskopisch oder mikro- 
skopisch irgendwelche Reaktion des Gewebes nachweisen.“ Sion glaubt, 
hiermit zu denselben Resultaten gekommen zu sein, wie Hormann 
und Morgenroth, Nicolas und Lesieur, wobei er flbersieht, daB 
er durch Einverleibung der Tuberkelbacillen in den Lymphsack und die 
Peritonealhohle von Froschen sich auf ganz anderem experimentellen 
Boden bewegt hat, als die erw&hnten Forscher mit den Futterungsver- 
suchen. Weiter stellt Sion in Abrede, daB die Pathogenitat des Tuberkel- 
bacillus im Organismus kaltbliitiger Tiere irgendwie modifiziert werde. 

Eingehend ist in jiingster Zeit von Lubarsch und Mayr (11) 
das Verhalten der Tuberkelpilze im Kaltbliiter studiert worden. Nach- 
dem ersterer bereits friiher angegeben (10), daB die Tuberkelbacillen nach 
Einverleibung in den Rtickenlymphraum von Froschen sehr rasch in die 
inneren Organe gelangen und dort noch nach Monaten nachweisbar 
sind, sowie daB es am Impforte nicht selten zur Bildung kleiner Granu- 
lationen um die Pilzbrockel kommt, die histologisch dem Bilde der 
Fremdkorpertuberkel entsprechen, wahrend in den inneren Organen ffir 
gewohnlich keine oder nur sehr geringe Reaktion der Gewebe nachweis¬ 
bar ist, schlieBlich daB die in den Organen deponierten Tuberkelbacillen 
nach wochenlangem Aufenthalte in denselben nicht mehr im stande 
sind, bei Meerschweinchen Tuberkulose hervorzurufen, hat derselbe 
neuerdings festgestellt, daB 

1) auch beim Frosche die Pilze der Saugetiertuberkulose echte 
Tuberkel erzeugen konnen, 

2) vielleicht eine Vermehrung, sicher aber keine erhebliche Ver- 
minderung der eingeimpften Tuberkelbacillen stattfindet, 

3) die eingeimpften Tuberkelbacillen erhebliche morphologische und 
tinktorielle Veranderungen erleiden. Neben Einverleibung der Tuberkel¬ 
pilze in den Lymphsack von Froschen wurde auch die Infektion vom 
Intestinaltraktus aus versucht, und zwar so, daB die Tiere mit groBen 
Mengen von Bouillonkultur menschlicher Tuberkulose geffittert wurden. 
In den Faeces fanden sich reichliche Tuberkelbacillen; ebenso im Magen 
und Darrainhalt. In Schnitten durch Magen und Darm lieBen sich nur 
hie und da der Oberflache der Schleimhaut anhaftende Tuberkelbacillen 
vereinzelt nachweisen. Im Gewebe dagegen, und besonders in Lymph- 
und Blutgefafien konnten trotz genauer Duchsuchung vieler Schnitte 
keine Tuberkelbacillen gefunden werden; ebensowenig waren sie in Milz, 
Leber und mesenterialen Lymphknoten zu entdecken. Trotzdem geben 
Lubarschund Mayer die Moglichkeit eines U eberganges der Tuberkel¬ 
pilze in die inneren Organe — wenigstens fiir Fische — nach dem 
positiven Meerschweinschenversuch von Nicolas und Lesieur zu. 


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538 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Fast gleichzeitig und unabhfingig tod Lubarsch and Mayr hat 
Verfasser (12) fiber Versuche berichtet, denen teilweise dieselben 
Fragen zu Grunde gelegt waren, und deren Resultate sich mit den Er- 
gebnissen von Lubarsch und Mayer nahezu vollstandig decken: 
Verschleppung der Tuberkelbacillen in alle Organe, Bildung charak- 
teristischer, tuberkulfiser Verfinderungen in denselben, Schfidigung der 
Form sowie Ffirbbarkeit der eingeimpften Tuberkelpilze, wahrscheinliche 
Verminderung der Virulenz der Bacillen nach lfingerem Verweilen im 
Kaltblfiterorganismus. 

Aus alien diesen Angaben ergiebt sich die sicher feststehende Tat* 
sache, dafi die Tuberkelbacillen nach Einverleibung in den Rfickenlymph- 
bezw. Bauchraum des Frosches ausnahmslos in die inneren Organe 
verschleppt werden, dafi in diesen Organen charakteristische tuberkulose 
Verfinderungen hervorgerufen werden, und dafi die eingebrachten Tuber¬ 
kelbacillen ziemlich intensive morphologische Schfidigungen erfahren. 

Die Aeufierungen fiber Eintritt von Virulenzabnahme bis zu volligem 
Virulenzverluste nach verschieden langem Aufenthalte der Tuberkelpilze 
im Kaltblfiter erscheinen dagegen nicht einwandfrei, oder wenigstens 
nicht strikte beweisend. Alle bisherigen Versuche schliefien die Mfiglich- 
keit nicht aus, dafi der Warmblfiter mit einer verhfiltnismfiBig so ge- 
ringen Menge von Mikroben infiziert worden ist, daB der teilweise ver- 
spfitet eingetretene Tod der Meerschweinchen, andererseits der negative 
Befund damit erklfirbar erscheint. Hormann und Morgenroth 
weisen auf diese Mdglichkeit selbst bin, Nicolas und L e s i e u r konnten 
sogar in der verimpften Muskulatur fiberhaupt keine Tuberkelpilze nach- 
weisen; auch dem von mir seinerzeit mitgeteilten Versuch kommt 
irgendwelche genfigende Beweiskraft nicht zu. 

Die Beeinflussung der Virulenz der Tuberkelbacillen durch den 
Kaltblfiterorganismus erscheint an sich schon sehr bedeutungsvoll fttr 
die Kenntnis und Beziehungen der verschiedenen Arten derselben, 
andererseits liefie sich hoffen, durch systematische nach wiederholter 
Passage durch den Kaltblfiter erfolgte Abschwfichung schliefilich zu 
einer fflr Warmblfiter nahezu avirulenten Tuberkelbacillenkultur zu ge- 
langen, mit welcher vielleicht eine Immunisierung von Warmblfltern 
gegen virulente Tuberkelbacillen moglich wfire. 

Es war demnach vor allem festzustellen: 

1) Tritt eine Abschwfichung virulenter Tuberkel- 
bacillenkulturen nach Passage durch den Kaltblflter- 
organismus ein.und gegebenenFalles, nach welcher ZeitV 

2) Zeigen die Kulturen nach lfingerem Aufenthalt im 
Froschkfirper eine Aenderung oder Anpassung? 

Die Infektion der Frosche geschah in der bereits frfiber mitgeteilten 
Weise durch Injektion von 1 ccm einer fein verriebenen, mit physio- 
logischer Kochsalzlosung aufgeschwemmten, moglichst gleichmfifiigen 
Emulsion einer Tuberkelbacillenkultur in den Rfickenlymphraum. Die 
Tiere wurden insgesamt bei gewfihnlicher Teraperatur ohne Nahrung 
gehalten; das Wasser tfiglich erneuert. Bei Uebertragung der Tuberkel¬ 
bacillen vom Kaltbfiter auf den Warmblfiter — Meerschweinchen — 
wurde folgendermafien verfahren: Die ganze Leber, mit Ausnahme eines 
zur mikroskopischen Untersuchung bestimmten, etwa 1 qcm grofien 
Stfickchens, wurde herausgenommen, in 3 sterilen Wfissern gewaschen, 
in steriler Schale zu einem Brei verrieben, mit physiologischer Koch- 
salzlosung aufgeschwemmt und dem Meerschweinchen diese Emulsion 


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Herzog, Die AbschwSchung der Sfiugetiertuberkulosebacillen etc. 


539 


in die AbdominaIh5hle injiziert. Fand sich im Ruckenlymphraum eine 
grdBere Menge Exsudat oder ausgedehnte Granulationen, so wurde das- 
selbe mit steriler Spritze aufgesaugt bezw. die sulzigen Massen abge- 
schabt, in sterilem Wasser gewaschen, verrieben und mit zur Injektion 
verwendet. Die flbrigen Organe — Lunge, Milz, Nieren, Roden, In- 
testinaltraktus etc. — wurden nicbt zur Injektion verwendet, sondern 
lediglich der mikroskopischen Untersuchung unterzogen, einerseits wegen 
ihrer Kleinbeit — Milz —, andererseits, weil sie sich wegen ihrer Kon- 
sistenz — Lunge, Nieren — sehr schlecht zur breiigen Verkleinerung 
eignen. 

Das klare Verst&ndnis und die richtige Beurteilung der Impfver- 
suche setzt vor allem eine SuBerst genaue Kontrolle der Tuberkel- 
bacillen in den zur Verimpfung benfltzten Organen voraus. Es wurden 
deshalb bei jedem Versuchstier sowohl die zur Infektion verwendete 
Leber, sowie auch die Mehrzahl der anderen inneren Organe einer ein- 
gehenden mikroskopischen Untersuchung in vielen Schnitten unterzogen. 
Nun ist der Nachweis der Tuberkelpilze im Gewebe der Kaltblliter be- 
sonders erschwert durch die Abnahme der S&urefestigkeit, worauf bereits 
Lubarsch und Mayr hingewiesen haben, sowie durch den Zerfall der 
Bakterien. Erstere kann nach langerer Zeit so erheblich sein, daB in 
Praparaten, die nach „Ziehl-Neelsen u gef&rbt und in gewOhnlicher 
Weise differenziert werden, keine Bacillen nachweisbar sind. Mindert 
man die Starke der Entf&rbungsflfissigkeit ab, so sind wohl die gut er- 
haltenen Pilze sichtbar, die schlecht sich farbenden, in Zerfall be- 
griffenen, die Pilzfragmente und Kornchen dagegen werden durch die 
Kontrastfarbe gedeckt und das tatsachlich vorhandene, eventuell infek- 
tioustiichtige Material wird nicht erkannt. Nach Anwendung der ver- 
schiedenen fttr die Tuberkelbacillenfarbung angegebenen Methoden, sowie 
nach zahlreichen miBlungenen Versuchen ergab mir schlieBlich folgendes 
Verfahren die besten Resultate: 

Farben der auf dem ObjekttrBger aufgeklebten 
Schnitte 18 — 24 Stunden lang bei Zimmertemperatur in 
Karbolfuchsin Ziehl - Neel sen; 5 —10 Sekunden langes 
Differenzieren der Praparate in 1-proz. salzsauerem. 
Alkohol; langeres Auswaschen in destilliertem Wasser; 
keine Kontrastfarbe, Alkohol, Kanadabalsam. Das Ge¬ 
webe ist schwach rosa, die Pilze oder deren Reste satt 
rot gef&rbt. (SchluB folgt.) 


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540 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Naehdruek verboten. 

Untersuchimgen liber natiirliche und kiinstliche Milz- 

brandimmunitat 

[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universit&t Prag 
(Vorstand: Prof. Hueppe).] 

Mit Unterstfltzung der Gesellschaft zur Forderung deutscher Wissen- 
schaft, Kunst und Literatur in Bohmen. 

VII. Versuch einer Erkl&rung der Milzbrandempf&nglich- 
keit des Kaninchens. 

Von 

Dozent Dr. Oskar Bail und Dozent Dr. Alfred Pettersson 

Assistenten des Institutes. Stockholm. 

(Schlufi.) 

Der Einwand, daB durch Zusatz der Organe irgendwelche n&hren- 
den Stoffe dem Serum beigemengt, wiirden, die dadurch die Bakterien- 
vernichtung verdeckten, wird, abgesehen von sp&ter auszufflhrenden 
Versuchen, schon durch den Hinweis auf die entgegengesetzte Wirkung 
z. B. der Milz in Ochsen- und Kaninchenserum beseitigt, vor allem aber 
durch die aus den Tabellen VIII und IX deutlich ersichtliche Art und 
Weise der Wirkung der Kaninchenorgane. Diese vielf&ltigst wieder- 
holten und variierten Versuche lassen namlich keinen Zweifel zu, daB 
die Aufhebung der milzbrandtotenden Serumwirkung so gut wie aus- 
schliefilich auf Bindung des Immunkorpers bei Unversehrt- 
bleiben der Komplemente zuruckzufuhren ist 1 ). Der Beweis 
daftir wird erbracht einerseits durch die ganz oder fast vSllige Nutz- 
losigkeit eines Zusatzes frischen Kaninchenserums zu dem mit Organ- 
brei behandelten, andererseits in der Tatsache, daB ein durch Organ- 
zellen an sich unwirksam gewordenes Kaninchenserum so gut wie frtiher 
und in der gleichen Menge irgend ein anderes, nur immunhaltiges Serum 
erg&nzt. 

Von welch groBer Bedeutung diese Verhaltnisse im Tierkorper 
sein miissen, ergibt eine einfache Ueberlegung. Denn da alle Organe 
die Serumwirkung durch Bindung des darin befindlichen Immunkdrpers 
aufheben und da das Blut mit alien Organen in innigste Bertihrung 
kommen mufi, so kann es, mindestens innerhalb des Kapillarkreislaufes, 
nicht mit dem Blute verglichen werden, das man aus einem groBen 
Gef&Be in ein Reagenzglas auffangt. Verst&ndlich wird der ganze Vor- 
gang, wenn man sich Ehrlichs Anschauung anschlieBt, daB die im 
normalen Blute vorhandenen, auf Bakterien oder ihre StofFwechsel- 
produkte wirkenden Stoffe von Natur aus nicht gerade auf diese ein- 
gestellt sind. Sie iiben irgendwelche, im einzelnen meist noch unbe- 
kannte, physiologische Funktionen aus, und es ist nichts viel anderes 
als ein Zufall, daB sie daneben auch noch Bakterien beeinflussen 
konnen. 

Was gerade die Funktion der Immunkorper ist, die nebenbei dem 
Milzbrandbacillus sich anlagern konnen, laBt sich natiirlich nicht ohne 


1) Ycrgl. dazu: v. Dungern, Munch, med. Wochenschr. 1900. Wilde. Arch. f. 
Hyg. Bd. XLIV. 


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Bail u. Petter8Son, Untersuch. tiber naturl. u. kiinstl. Milzbrandimmunitftt 541 


weiteres sagen; aber sehr weitverbreitet muB diese Funktion sein, da 
sich, vie frtther gezeigt wurde, die AnweseDheit dieses ImmunkSrpers in 
fast alien untersuchten Blutarten durch Zusatz kleiner Mengen komple- 
menthaltigen Serums nachweisen laBt. Gerade diese allgemeine Ver- 
breitung bei den verschiedensten Tieren beweist, daB dieser Immun¬ 
kSrper, dessen Wirkungen im Reagenzglase so imponierend sein kSnnen, 
daB sie den Vergleich mit spezifischen Seris nicht zu scheuen brauchen, 
nicht direkt auf den Anthraxbacillus eingestellt ist; denn die aller- 
meisten dieser Tiere sind ja hochempf&nglich. 

Man kann sich nun vorstellen, daB der ImmunkSrper, der, wie die 
erw&hnten Versuche unzweideutig zeigen, als Ambozeptor zwei Gruppen, 
eine cytophile und eine komplementophile, haben muB, mit der ersteren 
normalerweise in einen passenden Rezeptor, den wohl alle oder fast alle 
Zellen des Raninchens haben, eingreift; mit Hilfe irgend eines Komple- 
mentes Qbt er dann an der Zelle seine physiologische Funktion aus. 
Diese Anlagerung an die Zellen findet nun jedenfalls ununterbrochen 
statt, so daB im Blute des lebenden Tieres, wenigstens innerhalb der 
Organe, der ImmunkSrpergehalt tatsSchlich gar nicht derjenige ist, den 
man im extravaskularen Blute feststellt. Denn hier im Reagenzglase 
findet sich keine Gelegenheit, Immunkorper abzugeben, wahrend im 
Tiere ein fortwahrender Verbrauch stattfindet. 

Aus dieser Vorstellung geht aber unmittelbar hervor, daB Bacillen, 
die ins Blut gelangen und mit dem Blute fortgeschleppt werden, ganz 
anderen Verhaltnissen ausgesetzt sind als diejenigen, welche man im 
Glase einer gewissen Menge Blut Oder Serum beifiigt. Offenbar besteht 
hier ein zweifacher Vorgang; innerhalb der groBen GefaBe liegen die 
Bedingungen ganz ahnlich wie beim bakteriziden Versuche: eine groBe 
Menge Blutes, welches zunachst, allerdings nur far Augenblicke lang, 
seine ImmunkSrper nicht abzugeben vermag, wirkt auf eine relativ kleine 
Menge von Bacillen ein. Innerhalb der Kapil laren in den Organen 
wird mit einem Schlage alles anders: der in feinste Aederchen zerteilte 
Blutstrom steht auf alien Seiten mit Zellen in Verbindung, die gierig die 
ImmunkSrper anziehen. Bacillen, die innerhalb der groBe GefaBe sich 
befinden, werden somit wahrscheinlich den ImmunkSrper aufnehmen 
miissen, bei solchen, die in die Kapillaren kommen und hier stecken 
bleiben, ist die Wabrscheinlichkeit daffir wesentlich geringer. Ffir deren 
Beurteilung kommen wieder drei MSglichkeiten in Betracht: entweder ist 
die Affinitat des ImmunkSrpers zum Bacillus geringer als die zum Zell- 
rezeptor; dann wird der Bacillus fiberhaupt nicht beeinfluBt werden. 
Oder die Affinitat ist far Bacillus und Zelle die gleiche; dann hangt es 
rein vom Zufalle ab, wohin sich der ImmunkSrper wendet. Oder die 
Affinitat zum Bacillus ist die aberwiegende; dann lagert sich der Immun¬ 
kSrper innerhalb der Organe gerade so gut an, wie dies far das Blut 
innerhalb der groBen GefaBe wahrscheinlich ist. 

Nun ist zwar von vornherein zu betonen, daB die bloBe Anlagerung 
des ImmunkSrpers noch keinen tStenden EinfluB auf den Bacillus aus- 
zufiben braucht; dazu gehSrt unter alien Umstanden noch ein wirksames 
Komplement. . Es mfiBte daher zunachst untersucht werden, ob ein 
solches innerhalb der Organe zur Wirkung gelangen kann. Wie sofort 
zu zeigen sein wird, liegen auch hier die Verhaltnisse anders als im 
Reagenzglasversuche, so daB auch der Nachweis einer erfolgten Bindung 
des ImmunkSrpers an die Bacillen mit dem sofortigen Eingreifen des 
bakteriolytischen Komplementes, also der Abtotung, nicht gleichbedeutend 


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542 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


1 


ist. Bei der Wichtigkeit, die aber trotzdem die Klarstellnng der Affi- 
nit&tsverh&ltnisse hat, seien zunSchst diesbezugliche Versuche angefQhrt. 

Es warden zwei Methoden angewendet, um daruber ins klare zn 
kommen. Die eine ist eine indirekte und bietet den Vorteil, mit toten 
Bacillen arbeiten zu kdnnen und den Einwand etwaiger paralysierender 
Wirkungen von Nfihrstoffen, welche die zugesetzten Organzellen ent- 
halten, auszuschliefien. Sie hat dafflr den Nachteil, ganz unnatttrliche 
Verhaltnisse zu schaffen. 

Das Prinzip ist folgendes: sowohl tote Milzbrandkulturen wie frische 
Organzellen machen ein Kaninchenserum unwirksam. Wthrend dies 
aber im ersteren Falle durch gleichzeitige Hinwegnahme von Immun- 
korper und Komplement geschieht 1 ), erfolgt die Inaktivierung durch 
Organe lediglich durch Absorption des Immunkorpers bei erhaltenem 
Komplement. Setzt man also einem frischen Kaninchenserum gleich- 
zeitig Organzellen und tote Bacillen zu, so wird bei grSfierer Affinit&t 
des Immunkdrpers zu den Bacillen das Komplement mitverschwinden 
mflssen. Ein so behandeltes Serum wird also ein anderes, welches nur 
Immunkorper enth&lt, nicht mehr wirksam machen kOnnen. Wie die 
folgenden Versuche zeigen, tritt dieser Fall nicht ein, das Komplement 
bleibt ganz oder doch zum grofiten Teile erhalten. 


Tabelle XI. 

Die Eprouvette A enthalt 10 Tropfen Leberbrei, B 2 bei 100° abgetotete, in NaCl-Ldeung 
gewaschene und durch Zentrifugieren moglichst von Fliissigkeit befreite Milzbrandagar- 
kulturen, C enthalt sowohl Leber wie Bacillen in den gleichen Mengen. Zugeeetzt werden 
je 2V, ccm ganz frischen Serums, durch sofortiges Mischen erfolgt gleichmafiige Ver- 
teilung, worauf die Proben 1 Stunde bei 37° belassen und dann zentrifugiert werden. 
Das Tier war nicht mit NaCl ausgewaschen worden, die Leber enthielt noch vie! 

eigenes Blut. 

Sofort Nach 4 Std. 

1) 1 ccm Kaninchenserum aktiv 0 

2) 1 „ Serum A \ fi . kaoti 

3) 1 „ „ „ -f 0,05 ccm aktives Kaninchenserum \ 

4) 1 „ Schweineserum -f 0,05 ccm Serum A 8 

5) 1 „ Kalb88erum -f 0,05 „ „ „ 0 

6) 1 „ Serum B 5 

7) 1 „ „ „ -f 0,05 ccm aktives Kaninchenserum .ti 

8) 1 „ Schweineserum + 0,05 ccm Serum B S 

9) 1 „ Kalbsserum -h 0,05 „ „ „ q 

10) 1 „ Serum C 

11) 1 „ „ „ 4- 0,05 ccm aktives Kaninchenserum S 

12) 1 „ Schweineserum -f 0,05 ccm Serum C 2 0 

13) 1 „ „ + 0,05 „ „ „ 1 


liber 5000 

2896 

1892 

liber 5000 


Kalbsserum 

Schweineserum + 0,05 ccm aktives Kaninchenserum 
Kalbsserum -j- 0,05 ,, „ ,, 




iiber 5000 

0 

2 


Tabelle XII. 

Kaninchen mit NaCl-Losung durchspiilt. Zu je 2V f ccm des ganz frischen Serums kommen teils 
2 tote Milzbrandagarkulturen, teils zerriebene Organe, teils beiaes. Nach 1 Stunde Aufenthalt bei 
37° werden alle Proben zentrifugiert und verteilt. 

Sofort Nach 4 St d 

1) 1 ccmKaninchenserum 0 

2) 1 „ Ochsenserum ^ ^ 3472 

3) 1 „ „ + 0,05 ccm Kaninchenserum fig 0 

4) 1 „ Schweineserum S iiber 8000 


5) 1 


4- 0,05 ccm Kaninchenserum 


0 


1) Vgl. die erste Abhandlung dieser Untersuchungen, dieses Centralbl. 1903. No. 5> 
sowie Pettersson, dieses Centralbl. 1903. 


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Bail u. Pettersson, Untereuch. fiber natfirl. u. kfinstl. Milzbrandimmunit&t. 543 


6 ) 1 

7 ) 1 

8) 1 
9 ) 1 

10 ) 1 
11 ) 1 
12 ) ' 
IS) 

14 
15 ) 
15) 

17 ) 1 

18 ) 1 

19 ) 1 

20) 1 
21) 1 
22) 1 


23) 

24) 

25) 

26) 

27) 

28) 

29) 

30) 

31) 1 

32) 1 

33) 1 

34) 1 

35) 1 

36) 1 

37) 1 


ccm Kaninchenser. mit Milzbrandbac. behand. 

„ „ „ * H- 0,05 ccm akt Kan.-Ser. 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 6 bezeichneten Serums 

Schweineserum 4- 0,05 „ * * * 6- * „ 

Kaninchenserum mit Leber behandelt 

„ „ „ „ + 0,05 ccm akt Kaninchenser. 

Ochsenserum -f 0,05 ccm des mit No. 10 bezeichneten Serums 

Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 10 „ „ 

Kaninchenser. m. Milzbrandbac. u. Leber beh. 

» « 7 . n + 0,05 ccmakt. Kan.-S. 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 14 bezeichneten Serums 

Schweineserum + 0,05 „ * „ „ 14 „ „ 

Kaninchenserum mit Knochenmark behand. 

„ „ „ „ + 0,05 ccm akt Kan.-Ser. 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 18 bezeichneten Serums 

Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 18 „ „ 

Kan.-S. m. Milzbrandbac. u. Knochenm. beh. 

„ „ „ „ „ „ + 0,05 ccm akt. Kan.-S. 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 22 bezeichneten Serums 

Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 22 „ „ 

Kaninchenserum mit Niere behandelt 

„ „ „ „ + 0,05 ccm akt Kaninch.-S. 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 26 bezeichneten Serums 

Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 26 „ „ 

Kaninchenser. m. Milzbrandbac. u. Niere beh. 

„ „ „ „ „ „ + 0,05 ccm akt Kan.-S. 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 30 bezeichneten Serums 

Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 30 „ „ 

Kaninchenser. m. Milzbrandbac. u. Milz beh. 

„ „ „ „ „ „ + 0,05 ccm akt. Kan.-S. 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 34 bezeichneten Serums 
»> + 0,05 ,, ,, „ ,, 34 ,, ,, 


Sofort 1 Nach 4 Std. 
J fiber 8000 
3328 

fiber 8000 
) ca. 8000 


71 

98 

ca. 8000 

103 

88 

1872 

2256 

1 

5 

ca. 5000 

7 

2 

ca. 8000 

22 

136 

ca. 8000 

36 

160 

ca. 8000 

11 

17 


3 


'M 

8 


Die zweite, direkte Methode der Affinitatsbestimmung des Immun- 
kbrpers sucht die Verhaitnisse, wie sie etwa im Kapillarkreislaufe der 
Leber bestehen, nachzuabmen. 


Tabelle XIII. 

In je 2 Eprouvetten kommen 1, 2, 3 Tropfen Leberbrei. Dann wird fiberall je 1 ccm verdunntes 
Kaninchenserum (1:1 und 1:2) zugesetzt, worauf sofort die Einsaat erfolgt. 


1) 1 ccm Kaninchenser. (1:1m. NaCl-Los. verdfinnt) 


Sofort Nach 3 Std. Nach 7 Std. 


2) 1 „ 


(1:1 

n 

u 


) + 1 Tr. Leber 

s 

1584 

2000 

3)1 „ 


(1:1 

»» 

*> 

ii 

) + 2 „ 

a 


1648 

2042 

4) 1 „ 


(1:1 

>» 


V 

) + 3 m 

ii 

1096 

2524 

6) 1 .. 

,, 

(1:2 

n 

»» 

ii 

) 


a 

15 

1 

6 1 „ 

>> 

(1:2 


>> 

ii 

) + 1 a 

it 

S 

2016 

ca. 2000 

7) 1 „ 

>> 

(1:2 

>» 

»» 

ii 

) + 2 „ 

a 

1600 

1895 

8 1 „ 


(1:2 

V 

n 

ii 

)+3 „ 

a 


1168 

1984 


Danach dtirfte man wohl berechtigt sein, die Affinitat des Immun- 
kOrpers zum Milzbrandbacillus als wesentlich geringer wie die zu den 
Organzellen zu bezeichnen. Daraus folgt unmittelbar, daB unter Ver- 
hfiltnissen, wie sie, den Versuchen vergleichbar, etwa im Kapillarsystem 
sich finden, der eingedrungene Bacillus unbehelligt bleibt. 

Es fragt sich nun, ob sich die Uebertragung dieser auBerhalb des 
KOrpers erhaltenen Resultate auf den Kaninchenkorper selbst ermfiglichen 
lfiBt, wobei die MOglichkeit des Eingreifens bakteriolytischer Komplemente 
vorausgesetzt wird. Daftir ergeben sich recht gewichtige Beweise. Bereits 
Wyssokowitsch 1 ), dann Fodor 2 ) haben nachgewiesen, daB ins Blut 


1) Wyssokowitsch, Zeitschr. f. Hyg. Bd. I. 

2) Fodor, Deutsche med. Wochenschr. 1887. No. 34. 


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544 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


Tabelle XIV. 

Aleuronatkaninchen verblutet und mit NaCl-Losung durchspiilt Zerriebene Leber, 
Niere, Milz, Knochenmark werden in verschiedenen Mengen, ferner die Verreibung von 
3 kleinen Lymphdriisen nnd ein Stiickehen Muskel je 1 ccm Serum dee gleichen Tieres 
zugesetzt, worauf sofort die Einsaat erfolgt 

Versuch mit denselben Organen und gleichzeitig mit dem der Tabelle XII angestellt. 

Sofort Nach 4 Std. 


1) 1 

ccm 

Kaninchenserum 





0 

2) 1 

>» 


+ 

1 Tropfen Knochenmark 


0 

3) 1 

a 

a 

+ 

3 

» 11 


27 

4) 1 


a 

+ 

6 

11 11 

1 

152 

5) 1 

>» 

a 

+ 

1 

„ Leber 

1186 

6) 1 

a 


+ 

3 

a ii 


2208 

7) 1 

a 

a 

+ 

6 

ii ii 


3168 

1 

)? 


+ 

1 

„ Niere 

a 

84 

9) 1 

ii 

it 

+ 

3 

ii I* 

CM 

2336 

10) 1 

a 

a 

+ 

6 

ii ii 

S 

ca. 10000 

11) 1 

a 

a 

+ 

1 

„ Milz 

CM 

25 

12) 1 

a 

a 

+ 

3 

ii a 


2704 

13) 1 

14) 1 

a 

a 

a 

a 

+ 

+ 

L 

id 

ymphdriise 

uskel 


992 

3152 


eingespritzte Bacillen binnen klirzester Zeit daraus verschwinden, daB 
sie aber innerhalb der Organe nachweisbar sind. Das wurde durch 
Steckenbleiben in Kapillaren und die damit verbundene Unangreifbarkeit 
leicht zu erkl&ren sein, wobei man gar nicht, wie Wilde 1 ) annahm, an 
ein Zugrundegehen von Zellen zu denken braucht. Ein Zugrundegehen 
von Bacillen innerhalb der grofien GefaBe des Kaninchens ist daher 
ebensowenig ausgeschlossen wie in der Peritonealhohle 2 3 ) des Meer- 
schweinchens. Denn in diesem abgeschlossenen Cavum mfissen die 
Verh&ltnisse eigenartig liegen und es gilt hier Aehnliches, was Wechs- 
berg 8 ) gegen die Versuche Wassermanns eingewendet hat. 

In bester Uebereinstimmung mit der dargelegten Anschauung be- 
findet sich die Tatsache, daB es nur sehr schwer gelingt, die milzbrand- 
tOtende Eigenschaft des Kaninchenserums durch Schadigungen des noch 
lebenden Tieres zu vernichten, ja daB auch die erfolgreiche Infektion 
nicht zu diesem Ziele fuhrt. Der Immunkdrper wenigstens kann nicht 
von den Bacillen aufgenommen werden. Weiterbin ist jetzt auch erklart, 
warum bluthaltige Organe des Kaninchens unwirksam sind. 

Es entsteht nunmehr sofort die Frage, welche Bedeutung eigentlich 
die Bindung des Immunkorpers an die Organzellen hat. Nach den 
durch zahllose Versuche herrschend gewordenen Anschauungen ermoglicht 
sie die Anlage eines Komplementes zum Zwecke der erfolgreichen Aus- 
flbung einer bestimmten Wirkung. Was ffir ein Komplement das ist, 
darftber wurden eigene Versuche nicht angestellt; die Bedeutung der 
ganzen Verh&ltnisse far die vorliegende Untersuchung geht aber aus 
folgender Ueberlegung hervor. Behandelt man ein Kaninchenserum in 
geniigender Menge mit toten Milzbrandbacillen, so wird es an sich un¬ 
wirksam und vermag andere immunkorperhaltige Sera nicht mehr zu 
erg&nzen. Es sind sowohl Immunkorper wie Komplemente entfernt 
worden. Der Versuch beweist, daB die Verbindung Bacillus—Immun¬ 
korper—Komplement moglich ist. Setzt man einer anderen H&lfte des 
gleichen Serums Organzellen zu, so tritt zwar auch Unwirksamkeit ein, 
aber die Erg£nzungsfahigkeit fur fremde Sera bleibt ganz oder doch im 

1) Wilde, a. a. O. 

2) van Leent, dieses Centralbl. Bd. XXVIII. p. 737. Daselbst Literatur. 

3) Wechsberg, Zeitschr. f. Hyg. 


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Bail u. Pettersson, Untersuch. fiber naturl. u. kiinstl. Milzbrandimmunitftt. 545 


wesentlichen erhalten. Es wurde somit nur der Immunkbrper absorbiert. 
Wenn nun das Komplement nicht mit abhanden gekommen ist, so muB 
eine Hemmung vorhanden gewesen sein, welche das Zustandekommen 
der moglichen Verbindung ImmunkOrper—bakteriolytisches Komplement 
verhindert hat, und es liegt am n&chsten, das Wesen der Hemmung in 
einem anderen nicht bakteriolytischen Komplemente zu suchen, das mit 
grdfierer Affinitat zum Immunkorper sich in dessen komplementophile 
Gruppe einlagert. 

Damit wfire aber wieder ein neuer Grund fur die Unmoglichkeit 
der Abtdtung von Milzbrandbacillen innerhalb des feinverteilten Blut- 
umlaufes der Organe gegeben: Das bakteriolytische Komplement „paBt tt 
im Kbrper selbst nicht zum Immunkdrper. Beweise dafiir bieten zu- 
n&chst die schon oben beschriebenen die Affinit&tsverh&ltnisse des Immun- 
korpers betreffenden Versuche. Bei diesen wurden einerseits Bacillen 
im UeberschuB, andererseits Organzellen gleichzeitig einer bestimmten 
Menge von Kaninchenserum zugesetzt. Obwohl in dem Kontrollversuche 
die Bacillen sich als wirksam erwiesen hatten, trat doch keine wesent- 
liche Verminderung des Komplementgehaltes ein, mit anderen Worten 
die Verbindung Immunkflrper—bakteriolytisches Komplement ist bei 
Anwesenheit von Organzellen unmoglich. 

Ein weiterer Beweis lieB sich aus einer Unregelm&Bigkeit, die bei 
den Versuchen mit Organen und Serum des gleichen Kaninchens manch- 
mal auftrat, ableiten. Sie betrifft namentlich den Muskel. Dieser hatte 
in einzelnen Versuchen das Kaninchenserum nicht nur seiner bakteriziden 
Wirkung, sondern auch seiner ErgBnzungsf&higkeit beraubt. In der 
folgenden Tabelle findet sich eine Zusammenstellung zweier Muskel- 
versuche. 


Tabelle XV. 


Kaninchensera mit Muskel der blutlieferuden Tiere in gewohnlicher Weise behandelt. 


A 


B 


2 

3) 

4j 

5 ) 

6 ) 

7) 

8 ) 
9) 

10 ) 

H) 

12 ) 

13) 


1 ccm Kaninchenserum 
1 „ Schafserum 

1 „ Hundeserum 

1 „ Schafserum + 0,05 ccm Kaninchenserum 

1 „ Hundeserum + 0,05 „ „ 

1 „ Kaninchenserum mit Muskel behandelt 

1 „ Schafserum -f 0,05 ccm des mit No. 6 bez. Ser. 

1 „ Hundeserum 4- 0,05 „ „ „ „ 6 „ „ 

1 „ Kaninchenserum 

1 „ Schweineserum 

1 ., ,, -f 0,05 ccm Kaninchenserum 

1 „ Kaninchenserum mit Muskel behandelt 

1 „ Schweineserum -f 0,05 ccm des mit No. 12 bez. Ser. 


Sofort 

> 3408 

1 1280 


Nach 4 Std. 
0 

| ca. 10000 

31 

460 

| fiber 8000 
0 

ca. 10000 
0 

ca. 10000 
0 


Von diesen beiden Versuchen stellt B die Regel, A die Ausnahme 
dar. Aber die Ausnahme ist lehrreicber. Denn die Muskeln hatten hier 
in derselben Weise wie tote Milzbrandbacillen gewirkt, Immunkdrper wie 
Komplemente absorbierend. Die Verbindung Immunkdrper—Komplement 
ist also in besonderen Fallen doch auch bei Anwesenheit von Organ¬ 
zellen mdglich. Entsprechend der vorigen Annahme, muBte in dem 
Versuche A der Tabelle zufkllig das nicht bakteriolytische Komplement 
gefehlt haben. War diese Annahme richtig und gelang es, aus den zer- 
riebenen Organen das nicht bakteriolytische Komplement wegzuschaffen, 
so mufiten die davon befreiten Zellen nunmehr wie tote Bacillen auf 
Serum wirken kdnnen. Dies gelang relativ sehr leicht durch Erhitzung 
der Organzellen auf die gewohnlich angewendete Inaktivierungstemperatur 

Erst. Abt. Orig. Bd. XXXIV. 35 


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546 


Centralbl. f. Baku etc I. AbU Originate. Bd. XXXTV. No. 6. 


von 58° oder auch 60°. Dadurch wird die Aufnahmef&higkeit der Zellen 
ffir die Immunkflrper noch nicht sehr geschadigt, das nicht bakterizide 
Komplement aber ganz oder zum grOBten Teile zerstort So erhitzte 
Zellen binden dann sowohl Immunkorper wie Komplement. 


Tabelle XVI. 

Serum und Organe eines mit NaCl-Losung durchspiilten Kaninchens. Die Organver- 
reibungen werden in je 2 gleiche Teile geteilt, wo von der eine vor dem Zusatze des 
Serums l /* Stunde bei 58“ gehalten wird. Mit dem Kaninchenserum bleiben beide 
Proben V» Stunde bei 37° und werden dann zentrifugiert. 

Sofort Nach 4 Std. 

1 ccm Kaninchenserum 


1) 

2) 1 „ Schaf8erum 

3) 1 „ . „ + 0,05 ccm aktives Kaninchenserum 

4) 1 „ Schweineserum 

5) 1 „ „ + 0,05 ccm aktives Kaninchenserum 

6) 1 „ Kaninchenserum mit Leber behandelt 

7) 1 „ Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 6 bez. Serums 

8) 1 „ Schweineser. 4- 0,05 „ „ „ „ 6 „ ,, 

9) 1 „ Kaninchenserum mit auf 58° erwarmter Leber beh. 

10) 1 „ Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 9 bez. Serums 

11) 1 „ Schweineser. + 0,05 „ „ „ „ 9 „ „ 

12) 1 „ Kaninchenserum mit Niere behandelt 

13) 1 ,, Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 12 bez. Serums 

14) 1 „ Schweineser. 4- 0,05 „ „ „ „ 12 „ „ 

15) 1 „ Kaninchenserum mit auf 58° erwarmter Niere beh. 

16) 1 „ Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 15 bez. Serums 

17) 1 „ Schweineser. -f 0,05 „ „ „ „ 15 „ „ 

18) 1 „ Kaninchenserum mit Hoden behandelt 

19) 1 „ Schafserum + 0,05 ccm des mit No. 18 bez. Serums 

20) 1 „ Schweineser. -f 0,05 „ „ „ „ 18 „ „ 

21) 1 „ Kaninchenserum mit auf 58° erwarmtem Hoden beh. 

22) 1 „ Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 21 bez. Serums 

23) 1 „ Schweineser. 4- 0,05 „ „ „ „ 21 „ „ 


3 

§ 

a 

§ 

CO 


ca. 


1 

10000 
256 
10000 
0 

3120 

76 

168 

5808 

| iiber 8000 

2088 

136 

43 

ca. 8000 
ca. 6000 
3040 
ca. 6000 
456 
52 

6000 

8000 

1792 


Im grofien und ganzen entspricht der Versuch der Annahme, von 
welcher er ausging. Im Detail finden sich allerdings Besonderheiten, 
namentlich die, dafi verschiedene Sera sich dem mit erwarmten Organen 
behandelten Kaninchenserum gegeniiber verschieden verhielten. Dabei 
ist in diese Tabelle das merkwiirdige Verhalten von Ochsenserum nicht 
aufgenommen worden, das durch Zusatz von Kaninchenserum nach Ein- 
wirkung erhitzten Leberbreies sich nicht mehr, durch solches, welches 
mit erwarmter Niere behandelt war, noch genau so wie frtther er- 
g&nzen liefi. 

Etwas Aehnliches zeigt die folgende Tabelle p. 547. 

Es wurde auf diese Unregelm&Bigkeiten durch Vorfiibrung von 
Versuchsmaterial etwas naher eingegangen, weil sich eine befriedigende 
Erkiarung nicht finden liefi. Am nachsten lage es, an eine Bildung von 
Komplementoiden aus dem nicht bakteriolytischen Komplemente, das in 
der Leber enthalten ist, zu denken. Doch war das Auftreten der ganzen 
Erscheinung ein zu unbestandiges, als dafi sich ein genaueres Studium 
daran hatte anknfipfen lassen. In der Hauptsache war jedenfalls nach- 
gewiesen, dafi eine vorhergehende Erwarmung der Organzellen auf 58° 
die Hemmung beseitigt, welche dem Zustandekommen der Verbindung 
Immunkorper—bakterizides Komplement im Wege steht Damit war 
aber auch das Vorhandensein des nicht bakteriolytischen Koraplementes 
wahrscheinlich gemacht. 

Versuche, das beim Kaninchen Gefundene nunmehr auch fur die 
Erkiarung der Milzbrandempfanglichkeit anderer Tierarten anzuwenden, 


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Bail u. Pettersson, Untersuch. iiber naturl, u. kiinstl. Milzbrandimmunit&t. 547 


Leber und 
andert, 


1) 1 ccm 

2 ) 1 „ 

3) 1 „ 

4) 1 „ 

5) 1 „ 

6 ) 1 „ 

7) 1 „ 

8 ) 1 „ 

9) 1 „ 

10) 


11 ) 1 


12 ) 

13) 1 

14) 1 

15) 1 

16) 1 
17) 1 


Tabelle XVII. 

Hoden eines mit NaCl-Losung durchspulten Kaninchens wird teils unver- 
teils nach Vt-stundiger Erhitzune; auf 58° mit Serum des gleichen Tieres 
1 Stunde bei 37° gehalten, dann zentrifugiert. 

Sofort Nach 4 Std. 

Kaninchenserum 0 

Ochsenserum 7000 

„ + 0,05 ccm Kaninchenserum 0 

Hundeserum ca. 10 000 

„ + 0,05 ccm Kaninchenserum 460 

Kaninchenserum mit Leber behandelt % 5200 

Ochsenserum -f 0,05 ccm des mit No. 6 bez. Serums £ 0 

Hundeserum 4 - 0,05 „ „ „ „ 6 „ „ 2 0 

Kaninchenserum mit erhitzter Leber behandelt g ca. 5000 

Ochsenserum -f 0,05 ccm des mit No. 9 bez. Serums ca. 8000 

Hundeserum 4 - 0,05 „ „ „ „ 9 „ „ £2 ca. 8000 

Kaninchenserum mit Hoden behandelt ca. 8000 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 12 bez. Serums 0 

Hundeserum -f 0,05 „ „ „ „ 12 „ „ 280 

Kaninchenserum mit erhitztem Hoden behandelt ca. 8000 

Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 15 bez. Serums 41 

Hundeserum -f 0,05 „ „ „ „ 15 „ „ ca. 8000 


In anderen Versuchen verhielt sich wieder ein anderes Serum ab- 
weichend, so in besonders auffalliger Weise ein Schweineserum in 


Tabelle XVIII. 


Leber eines mit NaCl-Losung durchspiilten Kaninchens wird zerrieben und in 3 Teile 
geteilt. Leber a bleibt unverandert, d wird 15, c 30 Minuten auf 58° erwarmt. Darauf 
Zusatz von je 2 1 /, ccm Kaniuchenserum. das nach 1-stiindigem Aufenthalte bei 37° 

abzentrifugiert wird. 


1) 1 ccm 

2 ) 1 „ 

3 ) 1 ,, 

4 ) 1 „ 

5 ) 1 ,, 

6 ) 1 „ 

7 ) 1 „ 

8 ) 1 „ 

9 ) 1 

10) 1 „ 

11 ) 1 ,, 

12 ) 1 „ 

13 ) 1 „ 

14 ) 1 „ 

15 ) 1 „ 

10 ) 1 „ 


Kaninchenserum 

Ochsenserum + 0,05 ccm Kaninchenserum 

Schweineser. -f 0,05 „ „ 

Schafserum + 0,05 „ „ 

Kaninchenserum mit Leber a behandelt 

Ochsenserum H- 0,05 ccm des mit No. 5 bez. Serums 

Schweineser. -f 0,05 „ „ „ „ 5 „ „ 

Schafserum -f 0,05 „ „ „ „ 5 „ „ 

Kaninchenserum mit Leber b behandelt 
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 9 bez. Serums 

Schweineser. -f 0,05 „ „ „ „ 9 „ „ 

Schafserum 0,05 „ „ „ „ 9 „ „ 

Kaninchenserum mit Leber c behandelt 
Ochsenserum -h 0,05 ccm des mit No. 13 bez. Serums 

Schweineser. *f 0,05 „ „ „ „ 13 „ „ 

Schafserum 4- 0,05 „ „ „ „ 13 „ „ 


Sofort Nach 4 Std. 

0 

0 

0 

0 

8000 
31 
0 
992 

) ca. 5000 
0 

ca. 4000 
6000 
6000 
0 

3472 


3 

9 

.§ 


konnten nur in unzureichendem MaBstabe ausgefuhrt werden. Haupt- 
sachlich war daran die Scbwierigkeit schuld, Blut und Organe desselben 
Tieres in gentigender Reinheit zu erlangen. Kleinere Versuchstiere, wie 
Meerschweinchen Oder Mause, liefern nicht genug Serum ftir solche 
Versuche. Bei alien diesen Tieren, deren Blut nieht bakterizid wirkt, 
kann es sich nur darum handeln, festzustellen, ob eine Bindung des 
im Blute vorhandenen Immunkorpers durch die Organe eintritt. Dies 
war namentlich beim Rinderserum mit seinem hohen Immunkorpergehalt 
von Wichtigkeit. 


35* 


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548 


Centralbh f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


Tabelle XIX 

Ochsenserum mit Ochsenknochenmark, Leber und Milz in gewdhnlicher Weise 1 Stunde 
bei 37° behandelt, dann zentrifugiert. 

• Sofort Nach 4 Std. 

1 ) 1 ccra Ochsenserum ^ 5000 

2) 1 „ „ 4 - 0,05 ccm Kaninchenserum S 0 

3) 1 „ „ mit Knochenmark beh. a 1367 

81 : :: « 

?!! :: + °' 05 K - a 1 SS 

8)i „ + 0,05 ccm k,s. - 4000 

Tabelle XX. 

Kalbsserum mit Knochenmark, Leber und Milz in gewdhnlicher Weise behandelt. 

Sofort Nach 4 Std. 

1) 1 ccm Kalbsserum 3584 

21 1 „ „ -f 0,05 ccm Kaninchenserum 2 10 

3) 1 „ „ mit Knochenmark beh. a 1424 

4) 1 „ „ „ „ „ + 0,05 ccm K.- 8 . * 1306 

5) 1 „ „ „ Leber „ 0 2256 

6 ) 1 „ „ „ „ „ + 0,05 ccm K.-S. ' 2928 

7) 1 „ „ „ Milz „ ffi 1 r.AAri 

8 ) 1 , 


„ + 0,05 ccm K.-S. 


Tabelle XXL 


Schafserum mit Knochenmark, Leber und Milz dee gleichen Tieree. 

Sofort Nach 4 Std. 


1 ) 1 

ccm 

Schafserum 




5000 

2 ) 1 


it 

-f 0,05 ccm KanincheDserum 

1 

5000 

3) 1 

ft 

it 

mit Knochenmark beh. 



3056 

4) 1 

tt 

tt 

tt tt tt 

4 - 0,05 ccm K.-S. 


23 

5) 1 

it 

tt 

„ Leber „ 


a 

1 

6 1 
7) 1 

t> 

tt 

it 

tt 

M It tt 

it Milz ,, 

4 - 0,05 ccm K.*S. 


l 5-6000 

8 ) 1 

tt 

tt 

tt tt tt 

4 - 0,05 ccm K.-S. 


1 


Die Versuche zeigen unzweideutig, daC auch bei diesen empftng- 
lichen Tieren die Organe, soweit sie untersucht werden konnten, Immun- 
kdrper zu binden im stande sind. Nur ein Organ macht eine hochst 
bemerkenswerte, wenn auch nicht irnmer sehr deutliche Ausnahme, das 
Knochenmark. Abgesehen davon, daB es in einzelnen Versuchen dem 
betreffenden an sich ganz oder fast ganz unwirksamen Serum eine ge- 
wisse entwickelungshemmende Wirkung zu verleihen vermochte, war 
auch die Bindung des Immunkorpers durch die Markzellen eine un- 
vollstandige oder trat Qberhaupt nicht ein. Solche Verhaltnisse kommen 
auch beim Kaninchen vor. Es war allerdings die Regel, daft das 
Knochenmark so gut wie die anderen Organe den Immunkdrper fest- 
legte und das Serum unwirksam machte. In einigen Fallen fand dieser 
ProzeB aber nur unvollstandig, in anderen gar nicht statt. Es seien 
hier Versuche an 5 Kaninchen wiedergegeben (s. Tab. XXII. p. 549.) 

Das weist im Zusammenhang mit den bei Rindern, Schafen und 
Schweinen gefundenen Tatsachen auf eine bestimmte Bedeutung des 
Knochenmarks hin und in der Tat linden sich alle Uebergange bis zum 
Verhalten des Knochenmarks in natflrlich immunen Tieren, wo die Ver¬ 
haltnisse klarer hervortreten. Darfiber wird die nachste Abhandlung 
die Versuchsprotokolle bringen. Von seltener Durchsichtigkeit ist ilbrigens 
der in Tabelle XXI mitgeteilte Versuch mit Schafserum. Hier hatte, 
wie dies 5fter geschieht, das Serum des Tieres iiberhaupt keinen Immun- 
kSrper enthalten, es lieB sich durch Kaninchenserum nicht erganzen. 


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Bail u. Pettersson, Untersucb. fiber natfirl. u. kfinstl. MilzbrandimmunitSt. 549 


TabeUe XXII. 


1) 1 ccm Kanincheneer. 

2 ) 1 


91 

m. Knochenmark beh. 

3) 1 

11 

if 

„ „ „ + 0,05 ccm K.-S. 

4) 1 

11 

11 


5) 1 

11 

it 

m. Knochenmark beh. 

6 ) 1 

11 

’> 

„ „ „ + 0,05 ccm K.-S. 

7) 1 

11 

19 


8 ) 1 

11 

11 

m. Knochenmark beh. 

9) 1 

n 

11 

„ „ „ -f 0,05 ccm K.-S. 

10 ) 1 

11 

11 


11 ) 1 

»» 

11 

m. Knochenmark beh. 

12 ) 1 

i> 

11 

„ „ „ + 0,05 ccm K.-8. 

13) 1 

it 



14) 1 

yt 

11 

m. Knochenmark beh. 

15) 1 

y> 

11 

„ „ „ + 0,05 ccm K.-S. 


Sofort Nach 4 8td. 



0 

914 

) ca. 10000 


0 

1354 

} 8—10 000 


0 

797 

) ca. 6000 


0 

2072 

1872 


2256 


0 

2850 

0 


9 


Nach Behandlung mit Knochenmark des gleichen Tieres erschien die 
Spur einer Entwickelungshemmung, die aber zu gering war, um Be- 
deutung beanspruchen zu konnen. Dafiir aber bewirkte nunmehr der 
Zusatz von Kaninchenserum starke AbtStung. In diesem Falle ist kein 
Zweifel darfiber moglich, daB die Immunkdrper nur aus dem 
Knochenmark herstammen konnen. 


Nicht von direkter Wichtigkeit ffir das Tbema dieser Abhandlung, 
aber doch von Interesse ist das Verhalten der Kaninchenorgane gegen 
fremde Sera. Wie schon aus Tabelle III zu ersehen ist, werden diese 
in der Regel ihres Immunkorpergehaltes nicht beraubt und lassen sich 
auch nach der Organbehandlung noch ergSnzen. Ganz durchgreifend 
ist das aber nicht und namentlich Kaninchenniere hatte in vielen Fallen 
auch aus Ochsen- und Schweineserum die Immunkdrper entfernt Hin- 
gegen war in dem einzigen diesbezfiglichen Versuche Kaninchenserum 
nach Behandlung mit Ochsenorganen in jeder Hinsicht unwirksam ge- 
worden. Von Bedeutung ffir die Immunitat Oder Empfanglichkeit eines 
Tieres sind natfirlich Resultate dieser unnatfirlichen Versuche nicht. Es 
kommt einzig auf den halb zufalligen Umstand an, ob der Immunkdrper 
des Kaninchens z. B. an der Milzzelle des Ochsen einen passenden 
Rezeptor findet Oder nicht. 

Auch die in der II. und IV. Abhandlung niedergelegten Resultate, 
daB sich aus Kaninchenorganen mit fremden Seris bakterizide Komple- 
mente ausziehen lassen, erscheinen nach dem Mitgeteilten wenig wertvoll 
ffir die Erklarung der Verbaltnisse der natfirlichen Immunitat oder Em¬ 
pfanglichkeit. Immerhin wurde versucht, ob sich mit Hilfe der damals 
gefundenen Methoden nicht der in den Tabellen XIII, XIV mitgeteilte 
direkte Versuch der Affinitfitsbestimmung des Immunkdrpers zum Milz- 
brand einerseits, zu den Organzellen des gleichen Tieres andererseits 
durchffihren lasse s. Tab. XXIII p. 550). 

Ganz entsprechend den beim Kaninchen gefundenen Verhaltnissen 
kommt also auch bei den Seris dieser beiden Tiere ein bakterizides, 
kfinstlich zugesetztes Komplement bei Anwesenheit von Leber wegen der 
hohen Affinitat derselben zum Immunkdrper nicht zur Geltung. 


ZusammengefaBt wfirde dieser Erkiarungsversuch der Milzbrand- 
empffinglichkeit des Kaninchens folgende Satze ergeben: 


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550 


Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Origin&le. Bd XXXIV. No. 6. 


Tabelle XXIII. 


Ochsen- und Schweineserum werden durch l-stiindige Behandlung bei 37 0 mit Kaninchen- 
leukocyten, die nachher wieder abzentrifugiert wemen, bakterizid gemacht Zu je 1 ccm 
der ganz klaren Fliissigkeit kommen dann 1—3 Tropfen einer Verreibung von Ochsen- 
bezw. Schweineleber. Unmitteibar darauf erfolgt die Einsaat 


1) 1 ccm Ochsenserum 

2 ) 1 „ „ mit Kaninchenleukocyten behandelt 

3) 1 „ des mit No. 2 bez. Serums -f 1 Tropfen Ochsenleber 

1 n ii ii ii 2 it ii “h 2 „ tj 

5) I ii ii ii ii 2 ii ii “b 3 tJ r 

6) 1 „ Schweineserum 

7) 1 „ „ mit Kaninchenleukocyten behandelt 

8) 1 „ des mit No. 7 bez. Serums 4- 1 Tropfen Schweineleber 

9 ) 1 ii ii ii a 1 ii ii 4" 2 „ » 

10) 1 i, „ ft ii ? ii ii 4~ 3 ft t, 


Sofort 


Nach 4 Std. 
3472 
0 


2778 


1 “ 


iiber 4000 


ca. 10000 
0 

uber 4000 


1) Die starke Vernichtung von Milzbrandbacillen durch Kaninchen- 
serum im Reagenzglase findet im Tiere selbst entweder gar nicht oder 
nur unter ganz bestimmten Bedingungen (w&hrend ktirzester Zeit in den 
groBen Gef&Ben, vielleicht in der Peritonealhohle) statt. 

2) Der Grund dafiir liegt darin, daB der im Serum enthaltene Immun- 
korper iiberall dort, wo das Blut in Verbindung mit Korperorganen tritt, 
von Zellrezeptorcn im Sinne Ehrlichs gebunden wird. 

3) Die Affinitat zu diesen Zellrezeptoren ist eine grdBere als zu den 
Milzbrandbacillen. 

4) Mittels des Immunkorpers tritt ein seiner Natur nach nicht n&her 
bekanntes, jedenfalls aber nicht bakteriolytisches Komplement an die 
Zellrezeptoren heran, so daB auch das im Serum enthaltene bakterizide 
Komplement mangels eines passenden Immunkorpers wirkungslos wird. 

5) Der Milzbrandbacillus ist daher trotz der imponierenden bak- 
teriziden Kraft, die das Kaninchenserum auBerhalb des TierkSrpers ent- 
faltet, innerhalb der Kaninchenorgane keiner Gef&hrdung ausgesetzt. 

Prag, 26. M&rz 1903. 


Nachdruck verboten. 

Zur Theorie der natiirlichen antibakteriellen Inmmnitat 

[Aus dem hygienischen Institute der Universit&t Graz.] 

Von Dr. Paul Theodor Hiiller, 

Assistent am hygienischen Institute Graz. 

(Fortsetzung.) 

Es ist diese Beobachtung Bails iibrigens noch in anderer Hinsicht 
von auBerordentlichem Interesse. Bei der Qberaus kurzen Dauer, inner¬ 
halb welcher sich die gedachten Ver&nderungen an den Bakterien ein- 
stellen, ist nattirlich die Vorstellung von vornherein abzuweisen, daB die 
erwahnten Agglutinophore etwa aus Lymphdrusen, Milz und Knochen- 
mark stammen kdnnten und von hier aus auf dem Wege des Sfifte- 
stromes in die Peritonealhohle gelangt w&ren. Vielmehr wird man ohne 
Zweifel annehmen miissen, daB es die die Peritonealhdhle umgrenzenden 
Gewebe (und eventuell die dahin ausgewanderten Leukocyten) selbst sind, 
von welchen diese Antikorperproduktion ausgeht. DaB in der Tat die 
letztere durchaus nicht allein an die bereits mehrfach genannten blut- 


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Muller, Zur Theorie der natiirlichen antibakteriellen Immunityt. 


551 


bildenden Organe gebunden ist, haben vor allem die schfinen Unter- 
suchungen von Romer (20) fiber die Abrinimmunitfit gezeigt, nach 
welchen auch die primar geschadigten Gewebe des Konjunktivalsackes 
merklich an der Antiabrinbildung beteiligt waren 1 ). 

Fassen wir die Ergebnisse der bisherigen Betrachtungen nochmals 
kurz zusammen, so kdnnen wir also sagen, dafi 

1) die Antikorperproduktion auBerorden tlich rasch 
schon innerhalb weniger Stunden nach erfolgter In- 
fektion einsetzt (oder einsetzen kann) und dafi 

2) die primar geschadigten Gewebe der Infektions- 
stelle an derselben wesentlich beteiligt sind (oder sein 
k 6 n n e n). 

Da ferner eine gewisse Zeit erforderlich ist, ehe die schadigenden 
Substanzen vom Ort der Infektion in die anderen zur Produktion von 
Antikfirpern geeigneten Organe gelangen, so wird man weiterhin im 
allgemeinen annehmen konnen, dafi 

3) die erste Entstehung der Antikdrper an der Infek- 
tionsstelle erfolgt und dafi die anderen Organe erst 
spater zu reagieren beginnen. Vorausgesetzt ist hierbei natfirlich, 
dafi die Resorption der bakteriellen Substanzen nicht allzu schnell statt- 
findet. 

Wenn nun Deutsch (21) in seinen Untersuchungen fiber den Ent- 
stehungsort der Typhusantikorper zu dem Schlusse gelangt: „les anti¬ 
corps ne se forment pas au niveau de l’injection faite“, 
und zwar auf Grund der Tatsache, dafi er in dem peritonealen Exsudate, 
das nach der Injektion entstanden war, in 15 Fallen bedeutend geringere 
Schutzwirkung konstatieren konnte als im Serum und in den lymphoiden 
Organen, so ist damit doch nur ein scheinbarer Widerspruch gegenfiber 
unseren frtiheren Auseinandersetzungen gegeben, um so mehr, als er 
selbst angibt, dafi „dans 4 cas l’exsudat renfermait presque autant 
d’anticorps que le s6rum tt . Da namlich, wie bereits erwahnt, die Bak- 
terien die Ffihigkeit besitzen, sehr bedeutende Mengen von Antikorpern 
zu binden und dadurch dem direkten Nachweis zu entziehen, so kann 
es uns nicht wundern, wenn das peritoneale Exsudat in der ersten Zeit 
nach der Injektion trotz etwa erfolgter reichlicher Produktion von Schutz- 
stoffen keine merkliche Vermehrung derselben erkennen liefie. Denn das 
fibliche, auch von Deutsch eingeschlagene Verfahren zum Nachweise der 
Antikfirper gestattet nur, dieselben im freien Zustande aufzufinden, 
nicht aber im gebundenen, unwirksamen. — Spater hingegen, wenn 
bereits ein betrachtlicher Teil der bakteriellen Substanzen entweder im 
gelfisten Zustande auf dem Wege des Saftestromes oder im Leibe von 
Wanderzellen aus der Peritonealhohle fortgeschafft und in den lymphoiden 
Organen abgelagert wurde, wird einerseits der Anreiz zur Antikfirper- 
produktion an der ursprfinglichen Infektionsstelle bereits ein viel ge- 
ringerer geworden sein, wahrend andererseits in den genannten Organen 

1) Vor kurzem hat auch v. Dun gem eine ahnliche, hierher gehorige Beobachtung 
gemacht, indem er lokale AntikorperbiTdung an den Zellen der vorderen Augenkammer 
aes Kaninchens nachweisen konnte, wenn demselben das Blutplasma von Maja squinado A 
an dieeer Stelle injiziert worden war. Da in den ersten Tagen nach der Injektion das 
Blut des Kaninchens noch frei von Antikorpern war, der Humor aqueus bereits pra- 
zipitinhaltig gefunden wurde, so konnte fiber die Provenienz des Prazipitins kein Zweifel 
herrschen. „Damit“, folgert v. Dungern, ,,ist aber der beste Beweis daffir 
geliefert, dafi nicht nur besondere Organe, sondern alle moglichen 
Zellen Antikorper liefern konnen“. (Die Antikorper. Jena 1903.) 


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552 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


eine lebhafte Reaktion und Bildung von Schutzstoffen einsetzt, womit 
die Befunde von Deutsch ihre einfache Erkl&ruug finden. Dies el ben 
beweisen also nur, daB die Hauptmasse der Antikbrper 
im Verlaufe der Immunisierung nicht am Orte der In- 
fektion entsteht. Ob aber, besonders zu Anfang, die In- 
fektionsstelle flberhaupt an der Antikdrperproduktion 
beteiligt ist oder nicht, dariiber kbnnen dieselben nach 
der Art, wie sie angestellt wurden, gar keinen AufschluB 
geben. Es lag iibrigens diese Fragestellung offenbar auch gar nicht 
in dem Plane der genannten Arbeit. 

Die Folgerungen, die sich nun hieraus ergeben, sind auBerordentlich 
naheliegend. Hat an irgend einer Korperstelle eine Infektion mit patho- 
genen Mikroorganismen stattgefunden und haben dieselben durch den 
von ihnen gesetzten Reiz in den umliegenden Geweben eine rasche 
Produktion von Antikorpern nach dem frQher besprochenen Typus hervor- 
gerufen — ein Vorgang, den man vielleicht treffend als lokale 
Schnellimmunisierung bezeichnen kbnnte —, so werden ohne 
Zweifel die neugebildeten spezifischen Antikorper ganz wie bei den 
Bailschen Versuchen sofort von den Bakterien verankert werden und 
ihre deletSren Wirkungen auf dieselben entfalten miissen. DaB dieser 
Vorgang nicht gleichgiiltig ftir den ganzen Verlauf der Infektion sein 
kann, ist wohl einleuchtend, und man wird sich vorstellen konnen, daB 
unter gtinstigen quantitativen Verh&ltnissen zwischen den produzierten 
Antikorpern und den Bakterien eine vollkommene Vernichtung der letz- 
teren und damit eine Verhiitung einer schwereren Erkrankung zu stande 
kommen kann, ganz ahnlich, wie eine solche im kfinstlich immunen 
Organismus zu beobachten ist. Hiermit w&ren wir also ganz von selbst 
dazu gelangt, eine weitere Erkl&rungsm6glichkeit der nattirlichen Im¬ 
munity resp. Resistenz ins Auge zu fassen, welche im Gegensatz zu 
den alteren humoralen Theorieen nicht annimmt, daB die Waffen, die 
dem Organismus im Kampfe mit den Bakterien zur Verffigung stehen, 
schon vorgebildet und in den KorpersSften parat liegen, sondern welche 
dieselben erst im Momente der eingetretenen Infektion entstehen l&Bt 1 ) 
also im hohen Grade der Forderung geniigt, das Problem dynamisch 
aufzufassen. Die verschiedenen Grade der Resistenz wilrden sich hier- 
nach durch die verschiedene Schnelligkeit und Intensit&t erkl&ren, mit 


1 ) Wie erwahnt, nahmen auch Denys und Kaisin, sowie, gestiitzt auf deren 
Versuche, Kruse an, dafl unter Umstiinden erst im Moment der Infektion bakterizide 
Substanzen gebildet wurden. Es unterscheidet sich jedoch die Auffassung dieser Autoren 
in zwei wesentlichen Punkten von der oben dargelegten. Erstens namlich wurde. wenigstens 
yon seiten Denys’ und Kaisins, die Veranderung im ganzen Blutserum gesucnt, wahrend 
sie nach dem oben Auseinandergesetzten zunachst nur die Inf ektionsstelle betrafe und 
sich erst viel spater im iibrigen Organismus bemerkbar machen konnte. Zweitens aber 
— und dies ist die entscheidende Differenz — sahen die genannten Forscher in den 
neu auftretenden bakterien feindlichen Substanzen nichtspezifischelmmunkorper, 
sondern sie fafiten sie als „Alexine“, d. i. als die normalerweise vorhandenen Schutz- 
stoffe auf, welche nur unter dem Einflusse der Infektion reichlicher produziert wurden 
als sonst; im obigen hingegen ist gerade die Identitiit des supponierten reaktiven Vor- 
ganges mit dem der spezifischen Immunisierung betont. 

In ahnlichem Sinne wie Kruse auftert sich auch Fliigge in der neuen Auflage 
seines Grundrisses der Hygiene, indem er anfiihrt, daS „offenbar nicht der momentane 
Gehalt des Blutes an Alexinen, der im Reagenzglase zur Wirkung gelangt, fiir die 
Immunitat von Bedeutung ist, sondern die Schnelligkeit, mit der im Beaarfsfalle Alexine 
mobil gemacht werden kdnnen. Zweifellos wird ein Korper, der wenig Alexine im 
Blute hat, doch iiber reichliche Bildungsstatten und Depots verfflgen konnen, yon denen 
aus sich der Alexingehalt des Blutes immer rasch wieaer erganzt“ (p. 603). 


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Muller, Zur Theorie der natfirlichen antibakteriellen Immunitfit. 


553 


welcher die cellulfire Reaktion der Neubildung von spezifischen Schutz- 
substanzen einsetzt. Zugleich wttrde diese Betrachtungsweise die tiefe 
Kluft zu fiberbrflcken im stande sein, welche heute noch vielfach — wie 
mir scheint, in etwas kflnstlicher Weise — zwischen der angeborenen 
und erworbenen (spezifischen) Immunitfit aufrecht erhalten wird. Denn 
in beiden Fallen waren die hierbei ins Spiel kommenden Krafte ganz 
analoge; nur das eine Mai fiber den ganzen Korper generalisiert, das 
andere Mai auf die Infektionsstelle beschrfinkt, Unterschiede, welche 
natfirlich nur davon abhfingig zu denken wfiren, inwieweit es zu einer 
Yermehrung und Resorption von unveranderten, d. i. durch die Bindung 
von Antikdrpern noch nicht unschfidlich gemachten bakteriellen Sub- 
stanzen kommt. Um alien MiBverstfindnissen von vornherein zu be- 
gegnen, mochte ich hier sogleich betonen, daft ich mit diesen Erorterungen 
durchaus nicht beabsichtige, etwa die bestehenden Theorieen der natfir¬ 
lichen Immunitfit durch eine neue verdrfingen oder ersetzen zu wollen; 
worauf es mir hier ankommt, ist nur, einige Folgerungen darzulegen, 
die sich mir aus bekannten Tatsachen ungezwungen zu ergeben scheinen, 
und dieselben zur Diskussion zu stellen. 

Um daher auch den bestehenden Theorieen mfiglichst gerecht zu 
werden, mfichte ich hier noch kurz die Eventualitfiten zusammenstellen, 
durch welche in den Organismus eingedrungene Bakterien abgetotet und 
eine weitere Ausbreitung des Infektionsprozesses verhfitet werden kdnnte. 
Die in die Gewebe gelangten Mikroorganismen kfinnten nun zunfichst 

1) von Phagocyten aufgenommen und zerstort werden, im Sinne von 
Metschnikoffs Phagocyten theorie; 

2) konnten dieselben durch die normalen bakteriziden Eigenschaften 
der Gewebsflfissigkeiten vernichtet werden (Alexintheorie) J ); 

3) konnte eine durch Afflux von Leukocyten bedingte Steigerung 
der normalen bakteriziden Eigenschaften der Sfifte die eingedrungenen 
Bakterien unschfidlich machen (modifizierte Alexintheorie); 

4) kdnnte eine lokale Schnellimmunisierung im oben auseinander- 
gesetzten Sinne zur raschen Antikdrperproduktion und so zur Vernichtung 
der Mikroorganismen ftthren. Und endlich 

5) wenn alle derartigen reaktiven Vorgfinge von seiten des befallenen 
Organismus ausbleiben, konnten dieselben, wie Baumgarten annimmt, 
infolge Nahrungsmangel und osmotischer StOrungen in den Gewebs- 
sfiften zu Grunde gehen. Natfirlich kfinnen sich alle die genannten 
Faktoren auch gleichzeitig und in wechselnden Verhfiltnissen an der 
Vernichtung der eingedrungenen Mikroorganismen beteiligen. 

Nun ist natfirlicherweise — und ich bin weit davon entfernt, mir 
dies zu verhehlen — von einer logischen Deduktion, wie ich sie im 
obigen zu geben versuchte, zu dem tatsfichlichen Nachweise, dafi der 
geschilderte Mechanismus der „lokalen Schnellimmunisierung" wirklich 
eine Rolle bei der natfirlichen Immunitfit zu spielen vermag, noch ein 
weiter Schritt. Wenn ich gleichwohl diese Spekulationen nicht unter- 
drficken zu sollen glaubte, so geschah dies zum Teil deshalb, weil 
auch die anderen zur Erklfirung der natfirlichen Immunitfit aufgestellten 


1) Erwahnt sei iibrigens, dafi Ehrlich mit Recht in seinem Vortrage iiber „die 
Bchutzstoffe des Blutes“ aarauf hinweist, dafi der Ausdruck „Alexin“ nicht mehr dem 
gegenwartigen Stande der Wissenschaft entspricht, da dadurch eine falsche unitarische 
Vorstellung erweckt werde. Die kiinstlich erzeugten wie die natxirlichen bakteriziden 
Substanzen sind vielmehr als komplexer Natur anzusehen und entfalten ihre Wirkung 
nach genau dem gleichen Mechanismus. 


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554 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Hypothesen sich derzeit noch nicht allgemeiner Anerkennung erfreuen 
und weil gerade das AusmaB, in welchem sich die oben zusammen- 
gestellten bakterienfeindlichen Faktoren an dem Zustandekommen der 
Widerstandsfahigkeit beteiligen, von verschiedenen Seiten die verschie- 
denste Bewertung erfahrt. Zudem mSchte ich — um es nochmals zu 
betonen — die obigen Auseinandersetzungen nicht so sehr im Sinne 
eines neuen Erklarungsversuches als im Sinne einer neuen Fragestellung 
aufgefafit wissen, welche ja auch fur den Fall, daB es sich als verfehlt 
erweisen sollte, immerhin zur Auffindung neuer Tatsachen ffihren konnte. 

II. 

Kehren wir nunmehr wieder zu dem eingangs besprochenen Problem 
der nattirlichen Immunitat und ihrer Aufhebung durch gewisse Schad- 
lichkeiten zuruck, so liegt es nahe, auf Grund der im ersten Abschnitte 
dieser Arbeit gegebenen Erorterungen die folgende Frage aufzuwerfen: 
Gelingt es flberhaupt, durch derartige Eingriffe, welche 
erwiesener- und anerkanntermalien die naturliche Im¬ 
munitat bestimmter Tiere herabzusetzen im stande sind, 
auch einen EinfluB auf deren Antikdrperproduktion zu 
nehmen Oder nicht? Es ist klar, daB, falls das Experiment auf 
diese Frage eine verneinende Antwort geben sollte, falls also eine 
merkliche Aenderung der Antikorperproduktion unter dem Einflusse 
solcher Prozeduren nicht zu konstatieren ware, daB dann die oben aus- 
einandergesetzten Anschauungen wesentlich an Wahrscheinlichkeit ver- 
lieren miiBten. 

Der Nachweis der veranderten — vermehrten oder verminderten — 
Produktion der spezifischen Immunsubstanzen konnte nun in doppelter 
Weise gefflhrt werden. Entweder namlich an der Applikationsstelle der 
dem Tiere einverleibten Bakterienkulturen oder, dem allgemeinen Ge- 
brauche entsprechend, im Blute bezw. im Blutserum. Wenn nun auch 
die erstere dieser beiden Versuchsanordnungen mit Riicksicht darauf, 
daB sie sich eng an die obigen Auseinandersetzungen anschliefien wflrde, 
fflr unsere Zwecke entschieden den Vorzug verdienen diirfte, so stehen 
derselben doch eine Reihe technischer Schwierigkeiten gegenfiber, welche 
wir bereits mehrfach angedeutet haben und als deren hauptsachlichste 
wohl die sofortige Bindung der neugebildeten Immunsubstanzen an die 
Bakterienleiber und die relativ geringe H6he der lokalen Antikdrper- 
produktion angesehen werden diirfte. MuBten nun auch diese Umstande 
den Versuch eines direkten Nachweises der gebildeten Antikorper an 
der Infektionsstelle von vornherein als aussichtslos erscheinen lassen, so 
war es doch immerhin denkbar, daB vielleicht ein indirekter Weg zum 
Ziele ffihren konnte. Ich habe daher versucht, in Anlehnung an die 
bereits zitierten Experimente Bails festzustellen, ob sich quantitative 
Differenzen bei dem Verluste der Agglutinierbarkeit konstatieren lassen, 
welchen Typhusbacillen erleiden, nachdem sie normalen und gesch&digten 
Versuchstieren (Tauben) intraperitoneal injiziert wurden. Wie ich gleich 
bemerken mochte, haben jedoch diese Experimente, welche allerdings 
noch nicht vollkommen abgeschlossen sind, keine besonders ermutigenden 
Resultate ergeben, so daB ich von deren Wiedergabe hier absehen 
mdchte und wir somit darauf angewiesen sind, den zweiten angedeuteten 
Weg zu betreten und die etwa zu Tage tretenden Differenzen der Anti- 
kfirperproduktion im Blutserum zu studieren. 

Bevor ich jedoch zur Besprechung meiner diesbezfiglichen Versuche 


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Miiller, Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunit&t. 


555 


flbergehe, mufi ich noch einer Arbeit ErwtLhnung tun, welche, allerdings 
von ganz anderen Gesichtspunkten aus, liber verwandte Experimente 
berichtet. Abbott und Bergey (22) haben sich die Aufgabe gestellt, 
den EinfluB per os verabreichten Alkohols auf folgende Faktoren zu 
untersuchen: 1) auf den Komplementgehalt des Kaninchenblutes, 2) auf 
die hSmolytische Fahigkeit des Serums von Kaninchen, welche bereits 
vor Verabreichung des Alkohols gegen eine fremde Blutart immunisiert 
worden waren und 3) auf den ProzeB der kiinstlichen Im- 
munisierung gegen fremdes Blut selbst Wie man sieht, 
liegen die beiden ersteren Fragestellungen unserem Gedankengange etwas 
ferner, wahrend die dritte sich mit demselben vielfach beriihrt, da ja 
auch die chronische Alkoholeinwirkung zu jenen Schadlichkeiten gehort, 
welche die Widerstandsfahigkeit des Organismus herbzusetzen im stande 
sind. 

Das Ergebnis dieser Versuche war nun, daB die alkoholisierten Tiere 
die Injektionen fremden Blutes auBerordentlich schlecht vertrugen und 
schon nach wenigen Einspritzungen eingingen, wahrend die normalen 
Kontrolltiere diesen Eingriff anstandslos tiberlebten, was mit den ahn- 
lichen Versuchsresultaten von Deldarde, Laitinen, Valagussa 
und Raneletti etc. im besten Einklange steht, welche die Widerstands¬ 
fahigkeit der Alkoholtiere gegenilber Bakterien und Bakteriengiften be- 
trachtlich vermindert fanden. 

ObaberdieEntstehungdesspezifischenhamolytischen 
Zwischenkorpers bei den alkoholisierten Kaninchen ge- 
hemmt oder verlangsamt war, daruber machen Abbott 
und Bergey wenigstens in ihrer mir bis jetzt allein zu- 
ganglichen vorlaufigen Mitteilung keinerlei Andeutung, 
so dafi also gerade die uns von unserem Standpunkte aus am meisten 
interessierende Frage durch diese Arbeit keine Beantwortung findet. Es 
war jedoch die Kenntnis dieser Abhandlung fflr uns in einer anderen 
Richtung von grofiem Werte, insofern dieselbe namlich auf die Not- 
wendigkeit hinwies, zu derartigen Versuchen, wie wir sie planten, 
moglichst widerstandsfahige Tierspecies zu verwenden, wenn dieselben 
nicht durch die groBe Anzahl von Tierverlusten, die zu gewartigen 
waren, ganzlich illusorisch gemacht werden sollten. 

Um zu vermeiden, daB diese Experimente einen allzu grofien Um- 
fang annahmen, muBte ich mich zunachst darauf beschranken, eine ein- 
zige Tierspezies und einen einzigen Modus der Schadigung in Betracht 
zu ziehen, mochte mir jedoch vorbehalten, diese Versuche mit anderen 
Arten und mit abgeanderter Methode in der nachsten Zeit weiterzu- 
fiihren. 

Als sehr geeignetes Versuchstier erwies. sich nun fiir meine Zwecke 
die Taube, welche die durch langeres Hungernlassen gesetzte Stoff- 
wechselstorung gut genug vertragt, um gleichzeitig eine Immunisierung 
mit verschiedenen Bakterienarten zu gestatten ’). Gewohnlich wurde die 
erste Injektion erst 2—3 Tage nach Beginn der Hungerperiode vor- 


1) Bemerkt sei, dafi nach Mdglichkeit stets Tiere gleicher Basse verwendet wurden 
und insbesondere feinere Zuditrassen, welche sich als weit weniger widerstandsfahig er- 
wiesen, von vornherein ausgeschlossen wurden. Ebenso wurden ausgewachsene Tiere 
nur mit ausgewachsenen verglichen, nicht mit jungen, welche begreifhcherweise durch 
die NahrungsentziehuDg in ganz anderer Weise geschadigt werden. Hierdurch wurde 
wenigstens ein Teil der Feluerquellen ausgeschaltet, welche in den individuellen Ver- 
schiedenheiten der Versuchstiere gelegen sind. 


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556 


Centralb). f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5. 


genommen x ) und nach weiteren 2—4 Tagen wiederholt. Manchmal 
wurde auch noch eine dritte Einspritzung — stets intraperitoneal — 
gegeben and das Hungertier dann zugleich mit dem genau ebenso 
behandelten, nur geffltterten Kontrolltiere am 10., 11. Tage nach Beginn 
der Nahrungsentziehung durch Verblutenlassen aus den Flflgelgefflfien 
getdtet. Das durch ausgiebiges Zentrifugieren abgeschiedene Serum 
wurde dann zur Ausfflhrung der makroskopischen Agglutinationsreaktion 
verwendet, indem stufenweise abnehmende Mengen desselben in enge 
Glasrohrchen gebracht, mit Bouillon auf das Volumen von 1 ccm er- 
g&nzt und darauf mit je 1 ccm der frischen Bakterienaufschwemmung 
(24-stflndige Agarkultur) versetzt wurden. Nach 2-stflndigem Aufenthalte 
der Rohrchen im Brutschranke wurde die eingetretene oder ausgebliebene 
Agglutination notiert und die von den Hungertieren herrfibrenden Proben 
mit denen der Kontrolltiere verglichen. 

Es braucht wohl kaum besonders hervorgehoben zu werden, daft in 
dieser alleinigen Berficksichtigung einer einzigen Gattung der neuge- 
bildeten spezifischen AntikOrper, n&mlich der Agglutinine, eine weitere 
absichtliche Einschrankung der oben viel allgemeiner gehaltenen Frage- 
stellung gelegen ist, und daB man nur mit einer gewissen Vorsicht von 
dem Verhalten der Agglutinine auf das der anderen Immunsubstanzen 
wird Schlilsse ziehen dttrfen. 

Ich gehe nunmebr an die Wiedergabe meiner Versuchsprotokolle. 
Die Experimente wurden mit den folgenden Bakterienarten angestellt: 

1) Bact. typhi abdominalis. 

2) Bac. pyocyaneus. 

3) Bac. dysenteriae Kruse. 

4) Vibrio Metschnikoff (sehr wenig virulent). 

5) Bac. proteus. 

In derselben Reihenfolge sind auch die Protokolle angeordnet. 

(SchluB folgt) 


Nachdruck verboten. 

Ueber den Gehalt der einzelnen Eiweissfraktionen des 
Serums an Choleraimmunkorpem. 

Eine Entgegnung an Herrn A. Wolff. 

[Aus dem k. k. serotherapeutischen Institute (Vorstand: Prof. Dr. 

R. Paltauf) und dem patholog.-chem. Laboratorium der k. k. Kranken- 
anstalt „Rudolfstiftung“ (Vorstand: Dr. E. Freund) zu Wien.] 

Von Dr. E. P. Pick. 

In einer mir soeben zugekommenen Arbeit gelangt Herr A. Wolff 
auf Grund der Nachprtifung meiner Arbeit zu Resultaten, die den 
meinigen widersprechen. Unter Vorbehalt einer eingehenden Wiirdigung 
seiner Angaben im Zusammenhange mit meinen fortgefiihrten Unter- 


1) Ee ist dies mit Riicbsicht auf die von Canalia und Morpurgo featgeetellte 
Tateache von Bedeutung, daB Hiihner nur dann fur Milzbrand durch Nahrungsentziehung 
empfiiuglich geroacht werden konnen, wenn dieselbe mindestens 3 Tage vor aer Infektion 
beginnt. 


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Wolff, Bemerkungen zu vorstehender Entgegnung. 


557 


sachungen fiber den gleichen Gegenstand will ich vorlfiufig in Kttrze 
einige wesentliche Punkte in Wolffs Mitteilung richtigstellen. 

Wolff hat unter Verkennung des Wesens der Methode in keinem 
einzigen Versuche seiner Arbeit die von mir angegebene Versuchs- 
anordnung benutzt, snd es sind daber die aus seinen Versuchen sich 
ergebenden Schlfisse ffir die Ergebnisse meiner Arbeit in keiner Weise 
stichhaltig. 

Die von Wolff bei Anwendung des schwefelsauren Ammons zum 
Zwecke der Ausffillung der CholeraantikSrper erlittenen Verluste an 
Immunkdrpern sind nicht auf eine schSdliche Einwirkung des Salzes 
zurfickzuffihren, sondern lassen sich bei zweckm&Bigem, methodischem 
Arbeiten vermeiden; die Angabe Wolffs steht fiberdies vereinzelt 
gegenfiber den seit meiner Arbeit erschienenen zahlreichen, von Wolff 
aber nicht zitierten Publikationen anderer Autoren (Fuhrmann, 
Rodhain, P. Th. Muller, Eisenberg, Landsteiner etc.), in 
denen bei Anwendung der fraktionierten Ammonsulfatfallung eine 
quantitative Ausbeute der verschiedensten Immunkorper in bestimmten 
Eiweififraktionen angegeben worden war. Andererseits ist ffir die von 
Wolff angeffihrte Tatsache, daft eine Wiederholung der Globulinffillung 
mit Ammonsulfat, im Gegensatze zur einmaligen F&llung, keinerlei Ver¬ 
luste herbeiffihrt, aus den von Wolff beigelegten Versuchsprotokollen 
kein Geleg zu erbringen, ebensowenig wie daffir, daB der Iinmunkorper- 
wert sich um ein Bedeutendes hSher darstelle, wenn die Dauer der 
Ammonsulfateinwirkung eine kfirzere ist. 

Da sich die von mir benutzte Prfifungsmethode der Wertbestimmung 
der Choleraantikdrper von den Angaben Pfeiffers im Wesen nicht 
unterscheidet — die von mir gebrauchte Oese war keine Normalise — 
so kdnnen die von den meinigen abweichenden Resultate Wolffs nur 
in der mangelhaften chemischen Methodik Wolffs ihre Erkl&rung 
linden. 

Ich zweifle nicht, daB Herr Wolff bei groBerer Uebung, stronger 
Einhaltung der von mir befolgten Methodik und Beachtung der Grund- 
prinzipien chemischen Arbeitens zu Resultaten gelangen wird, die mit 
den meinigen fibereinstimmen. Es liegt daher in den Angaben Wolffs 
kein Grund vor, von den Ergebnissen meiner Arbeit abzugehen, die 
ich vielmehr in ihrem vollen Umfange aufrecht erhalte. Eine triftige 
Ursache hierftir liegt unter anderem auch darin, daB nach unseren Er- 
fahrungen die von Wolff angefochtene Methode zur Darstellung hoch- 
wertiger Diphtherieimmunsera ffir therapeutische Zwecke verwendbar ist. 


Nachdruck verboten . 

Bemerkungen zu vorstehender Entgegnung. 

Von Dr. Alfred Wolff in Berlin. 

Auf die vorstehende Entgegnung von Herrn Pick habe ichfolgendes 
zu erwidern: 

Die Richtigstellung einiger „wesentlicher u Punkte seitens Pick be- 
schrfinkt sich auf die Erklfirung, daB ich unter Verkennung des Wesens 
der Methode in keinem einzigen Versuche die von ihm angegebene Ver- 


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558 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 6. 


suchsanordnung benutzt hatte. Er ffigt jedoch nicht hinzu, worin die 
Fehler bestanden haben sollen. Es ist nattirlich nicht ausgeschlossen, 
daB in der Methodik irgend welche Differenzen bestehen, jedenfalls habe 
ich jedoch unter geh5riger Kontrolle genau nach dem von Pick an- 
gegebenen Protokoll, cf. Hofmeisters Beitr&ge, gearbeitet Pick 
hatte doch wenigstens in seiner Entgegnung angeben sollen, in welchen 
Punkten ich nach seiner Ansicht in meiner Arbeit von seiner Technik 
abgewichen bin. Ich hatte in meiner Arbeit erwahnt, daB meine 
Resultate sich vollkommen mit den von Pfeiffer und Proskauer 
mit Magnesiumsulfat erhaltenen decken, und auch in dieser Ent¬ 
gegnung berilhrt er leider wieder nicht den in seiner ersten Arbeit 
ebenfalls nicht besprochenen Punkt, aus welchem Grunde die Magnesium- 
sulfat-Methode zur Ausfailung der Globuline nicht als einwandsfrei zu 
betrachten ist, denn fiber die chemische Eignung der genannten beiden 
Autoren wird er doch wohl nicht ein gleiches vernichtendes Verdikt 
fallen, wie fiber die meine. 

Ueber Deutung von Versuchen kann man natfirlich im Zweifel sein, den 
Vorwurf jedoch, daB ich ffir die von mir angeffihrten Tatsachen, daB die 
Wiederholung der Globulinffillung mit Ammoniumsulfat keine Verluste 
herbeiffihrte im Gegensatz zur einmaligen, ferner daB der Immunkorper- 
wert sich um ein bedeutendes hoher darstellt, wenn die Ammonium- 
sulfateinwirkung eine ktirzere ist, keine Protokolle angeffihrt habe, muB 
ich als absolut unrich tig zurtickweisen. Auf Seite 717 der damaligen 
Arbeit im Centralblatt ffir Bakteriologie ffihrte ich ein Protokoll an, in 
dem bei einem Serum mit einem Titer Veooo der Titer der Globulin- 
Ffillung unter 3500 lag, wfihrend nach zweimaliger Wiederholung der 
Fallung der Titer noch fiber 2000 lag, so daB ich mit Recht die SchluB- 
folgerung zog, es ist kein wesentlicher weiterer Verlust durch wieder- 
holte Fallung eingetreten, wie er der ersten Fallung entspricht Auf 
Seite 718 findet sich das Protokoll, daB das Euglobulinfiltrat einen Titer 
Viooo hatte, daB nach 8 Tagen bei einem mit 1 / 10 oo immunisierten 
Tier diese Dosis nicht mehr schtitzte, und daB nach 14 Tagen der Titer- 
wert auf zwischen sank, woraus doch wohl ffir jeden nicht 

Voreingenommenen ein Absinken des Titerwertes bei verlangerter Am- 
moniumsulfateinwirkung zu folgern ist 

Auf die von mir in bakteriologischer Beziehung gemachten Einwande 
gegen die Picksche Methodik gehe ich hier nicht wieder ein, sondern ver- 
weise auf die ursprflngliche Arbeit, da Pick gegen diese Einwande absolut 
nichts vorgebracht hat. Ich mochte nur hervorheben, daB ich die ab- 
weichenden Resultate ausdrficklich nicht auf die — relativ unwesentliche 
— Verschiedenheit der benutzten Platinfisen geschoben habe. 

Ich will Pick es gern hingehen lassen, wenn er meine Resultate 
auf mangelhafte chemische Methodik zurtickffihrt, jedoch wenn er glaubt, 
als Forscher, der wesentlich auf chemischem Gebiete gearbeitet hat, einem 
mehr bakteriologisch und morphologisch Geschulten die Fahigkeit zur che- 
mischen Arbeit absprechen zu dfirfen, so mochte ich es doch aussprechen, 
daB der Schopfer unserer Kenntnis fiber Choleraimmunitfit mindestens 
in gleichem MaBe das Recht hat, fiber die bakteriologische Technik von 
Herm Pick ein Urteil zu fallen. Auch brauche ich wohl nicht hervor- 
zuheben, daB ich nicht ohne absolute — nicht bloB formelle — Zu- 
stimmung Pfeiffers die Angriffe gegen Pick in bakteriologischer Be¬ 
ziehung niedergeschrieben hatte. 

Wie die Streitfrage betreffs des Gehaltes der Immunkfirper schlieB- 


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Wolff, Bemerkungen zu voretehender Entgegnung. 


559 


lich entschieden werden wird, lasse ich dahingestellt, und liegen hier 
die Verhaltnisse in chemischer und bakteriologischer Beziehung viel zu 
verwickelt, als dafi ich ein Urteil aussprechen mochte, wie sich in Zu- 
kunft diese Frage gestalten wird, wo es doch heute noch fraglich ist, 
wie sich eine spfitere Zeit uberhaupt zu den feinen Unterscheidungen der 
einzelnen EiweiBarten auf Grund der Fallungsgrenzen stellen wird. 

Wenn meine Technik Herrn Pick so angreifbar erscheint, warum 
erklfirt er nicht die von mir auf p. 713 erwfihnten, nach seinen eigenen 
Protokollen, also gewifi doch durch chemisch einwandsfreie Methode ge- 
wonnenen Resultate? Er hat dort ein Serum, dessen Titer auf 2200 
bis 2400 angegeben wird — das jedoch nach den fiir Titration gelten- 
den Regeln nicht als zu Ende titriert anzusehen ist, da das mit dieser 
Serumverdttnnung (passiv) immunisierte Tier noch mit dem Leben davon- 
kam; es mud also der Titer noch hfiher angenommen werden; von den 
2200—2400 Einheiten findet Pick im Euglobulin nur 1600— 2000, im 
Pseudoglobulin dagegen 200—400, also ca. den 7. Teil. Die Differenz 
im Immunkorpergehalt der Euglobulinreaktion zum Vollserum betr&gt, 
wenn wir Picks Zahlen als richtig ansehen, l /s ^es Gesamtwertes; 
wenn wir den Immunkorpergehalt des Serums jedoch hdher ansetzen, 
wozu wir nach unseren obigen Ausftihrungen berechtigt sind, wird die 
Differenz noch groiier. 

Dad das Ammoniumsulfat eine Schadigung und Vernichtung der Im- 
munkbrper bewirkt, scheint mir sicher, woran es jedoch liegt, ist jedoch eine 
andere Frage. Herr Geheimrat Brieger hatte die Liebenswtirdigkeit, 
mich darauf hinzuweisen, dad er bei seinen Untersuchungen fiber die ver- 
schiedenen in Typhusbakterien enthaltenen Agglutination auslosende Pro- 
teinstoffe eine schadigende Einwirkung des sauren Ammoniumsulfats 
bemerkt babe. Das Ammoniumsulfat reagiert infolge dissociativer Vor- 
gfinge mehr oder weniger sauer, und diese Sfiuerung kann moglicher- 
weise an dem Verlust von Immunkorpern schuld sein. Brieger stumpft 
diese Sfiurebildung mit Ammoniumkarbonat ab. Einige Yersuche, die 
in dieser Richtung angestellt wurden, haben einen weitaus geringeren 
Verlust an Immunkorpern ergeben, doch werden erst weitere Nach- 
prttfungen zeigen konnen, ob es sich hier um konstante Verhaltnisse 
handelt, Oder ob Schwankungen der Virulenz der Cholerakultur (deren 
Virulenz hier in Berlin nicht so ohne alle Schwankungen blieb, wie 
seiner Zeit in Konigsberg) Beobachtungsfehler vorgetfiuscht haben. Jeden- 
falls scheinen durch die Ausschaltung der Saurewirkung die chemischen 
Verhaltnisse von neuem fiberaus kompliziert. 

Ueber die Verwendungsmoglichkeit der durch Ausfallungen ge- 
wonnenen Sera zu therapeutischen Zwecken habe ich mich fiberhaupt nicht 
ausgesprochen; die Moglichkeit liegt natfirlich vor. Ich habe nur gesagt, 
dafi nach dem Ergebnis unserer Versuche eine derartige therapeutische 
Verwendung vor der des Vollserums keine Vorzfige aufweisen wfirde, 
falls man nicht etwa nachweist, dafi korperfremdes Globulin bei der Injek- 
tion besser vertragen wird, als korperfremdes Gesamtserum. 


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560 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Naehdruck verboten. 

Zur Agglutination der Streptokokfcen. 

[Aus dem k. k. serotherapeutischen Institute (Prof. Paltauf) und der 
k. k. Universit&tskinderklinik (Prof. Escherich) in Wien.J 

Von Dr. Paul Moser und Dr. Clemens Frh. t. Plrquet. 

t Mit 1 Tafel und 5 Figuren im Text. 

In einer friiheren Arbeit hat der eine von uns gezeigt, daB das 
Serum von Pferden, welche mit Streptokokkenst&mmen aus dem Herz- 
blute Scharlachkranker immunisiert waren, den KrankheitsprozeB des 
Scharlachs in spezifischer Weise beeinfluBt 1 ). 

Da eine Unterscheidung der bei Scharlach vorkommenden Strepto- 
kokken von solchen anderer Herkunft in ihrem kulturellen Verhalten 
nicht gelungen war, lag es nahe, nach anderen Kriterien zu suchen, 
welche eine solche Abgrenzung ermdglichen. 

Schon im Jahre 1897 hatte van de Velde einen ganz Shnlichen 
Weg eingeschlagen, und danach als der erste die Agglutination der 
Streptokokken beschrieben 2 ). 

Er isolierte 21 Streptokokkenstamme, verwendete zwei davon zur 
Immunisierung von Kaninchen und fand, daB das Serum des immuni- 
sierten Tieres wohl den homologen, nicht aber den heterologen Stamm 
agglutiniert. 

Den Agglutinationsversuch stellte er makroskopisch an; bei Zusatz 
von 1 Teil des homologen Serums auf 50 Teile Bouillon sah er nach 
20 Minuten bei 37° Flockenbildung und Bodensatz, wahrend die Kon- 
trollbouillon triibe blieb. Bordet 3 ) untersuchte mikroskopisch, sah 
keine vollst&ndige Agglutination bei Einwirkung des Marmorekschen 
Serums auf Streptokokken. 

In analoger Weise untersuchte Bensaude 4 5 ) die Wirkung der 
Marmorekschen und mehrerer anderer Immunsera, sowie des Serums 
von Menschen, welche an Streptokokkenerkrankungen litten, auf eine 
Anzahl von Streptokokkenst&mmen verschiedenen Ursprungs. Er beob- 
achtete die Reaktion auch mikroskopisch, fand mehrmals Agglutination, 
aber keine Gesetzm&Bigkeit. Die Versuche van de Veldes wurden 
im Jahre 1899 von Moser nachgepruft und best&tigt 6 ). 

Neuerdings hat Aronson 6 ) wieder auf die Agglutination der 
Streptokokken aufmerksam gemacht; er halt nur die makroskopische, 
nicht aber die mikroskopische ftir charakteristisch. 


1) Moser, Ueber die Behandlung des Scharlachs mit einem Scharlach-Strepto- 
kokkenserum. Berlin (Karger) 1903. 

2) Sur la necessity d’un s6rum antistreptococcique polyvalent etc. (Arch, de m&l. 
exp6r. Paris 1897.) 

3) Contribution & l’4tude du s^rum antistreptococcique. (Ann. de l’lnst. Pasteur. 
1897. p. 177.) 

4) Bensaude, L., Le ph^nomfcne de Tagglutination des microbes. Paris (Carr6) 
1897. — Besanjon et Griffon, Pouvoir agglutinatif du s^rum dans les infections 
exp£rimen tales et humaines h pneumococques. (Soc. de biol. Paris. 1897.) 

5) Kraus, R., Ueber Agglutination. (Akten des IX. internat. Kongresses fur 
Hygiene u. Demographie in Mam*id 1900.) — Derselbe, Wiener klin. Wochenschr. 1899. 
No. 5. 

(5) Aronson, Untersuchungen iiber Streptokokken- und Antistreptokokkenserum. 
(Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 42.) 


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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken. 


561 


Er fand, daB sein Antistreptokokkenserum alle untersuchten StAmme 
bei der Verdflnnung von 1 : 30 vollkommen, 1 : 40 unvollkommen agglu- 
tiniere, wAhrend normales Pferdeserum keine Agglutination bewirkte. 

Meyer 1 ) hingegen behauptet, daB das Aron son sche- Serum nur 
den homologen Streptococcus agglutiniere; andere StAmme meist 
nur dann, wenn sie gleichfalls durch MAusepassage virulent gemacht 
sind. Er bediente sich gleichfalls der makroskopischen Methode. 

I. Technische Ausfflhrung der Agglutination. 

Die Streptokokken wurden in schwach alkalische Bouillon geimpft 
und diese nach 24—48-stiindigem Verweilen im Brfltschranke, wenn ge- 
nflgendes Wachstum eingetreten war, zur Agglutination verwendet. 

Die Bouillon wird mittels der Pipette einige Zeit durchgeblasen, 
bis sie ganz gleichmABig getrttbt ist, und hierauf je 1,5 ccm in sterile 
Eprouvetten verffillt. Dazu kommt je 0,5 ccm Serumverdflnnung. 

Diese erfolgt in derselben alkalischen Bouillon, urn eine Aenderung 
des spezifischen Gewichts zu vermeiden. 

Als Verdunnungsmodus verwendeten wir stets die geometrische 
Reihe 4, 16, 64, 250 etc. 

Nach Zusatz des Serums blieben die Eprouvetten bei Zimmertempe- 
ratur stehen und wurden nach 16—24 Stunden beobachtet. Die Agglu¬ 
tination erfolgt nAmlich bei Zimmertemperatur zwar etwas langsamer, 
aber ebenso sicher, und es werden dadurch Irrtflmer, die durch das 
Wachsen verunreinigender Keime entstehen konnten, eher vermieden. 

Nach der Aufstellung der makroskopischen Agglutination wird den- 
selben Rohrchen sowie der Kontrollbouillon je ein Tropfen zur mikro- 
skopischen Beobachtung entnommen und im hohlen Objekttrager gleich¬ 
falls bei Zimmertemperatur stehen gelassen. 

Wo nur mikroskopische Agglutination ausgefuhrt wurde, verwendeten 
wir Tropfchenverdflnnung: statt Rohrchen mit je 1,5 ccm zu beschicken, 
werden auf mehrere hohle ObjekttrAger mittels einer gebauchten, kapillar 
endigenden Pipette je 3 Tropfen der Streptokokkenbouillon aufgetropft. 
Auf dem ersten ObjekttrAger wird ein Tropfen Serum zugesetzt, durch 
mehrmaliges vorsichtiges Aufziehen gemischt und von dieser Verdflnnung 

1 : 4 (1 Serum auf 4 Gesamtfltissigkeit) 1 Tropfen in den nflchsten Be- 
hAlter fallen gelassen u. s. w. 

Dadurch entsteht ebenfalls die geometrische Reihe 4, 16, 64 etc., 
das ist 4 1 , 4 2 , 4 s ... 4", welche wir kurzweg mit dem Exponenten als 
„Verdttnnung 1 , 2 , ... n“ bezeichnen. 

Im folgenden gilt also Verdflnnung 1 = 2 = 3 = 4 = 

(statt 5 - 5 ^), 5 = rxfojr, 6 = 7 — Tshoo, 8 = grJnnri 9 = 

Diese letztere Methode ist sehr sparsam: 1 Tropfen Serum und 

2 ccm Bouillon genfigen, die Verdflnnungen 1 : 4 bis 1 : 250000 auszu- 
ftthren. Die Ungenauigkeit, welche durch die Ungleichheit der Tropfen 
bedingt ist, wird durch die ausschlieBliche Anwendung der geometri- 
schen Reihe unschAdlich gemacht, deren Faktor 4 weite Fehlergrenzen 
erlaubt. 

Die Tropfchenverdiinnung gibt aber — dadurch, daB wir dieselbe 
Pipette zu den weiteren Verdflnnungen benutzten, wobei kleine Mengen 


. 1) Meyer, Die Agglutination von Streptokokken. [Vorl. Mitteil.l (Dtsche med. 
Woehenschr. 1902. Okt.) 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 36 


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562 


Centralbl. f. Baku etc. I. AbU Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Serum an derselben haften — hdhere Agglutinationswerte als die Ver- 
dfinnung in Kubikcentimetern, so zwar, daB die 5. Verdiinnung in 
Tropfchen, welche 1 :1000 sein sollte, nur der 4. Kubikcentimeterver- 
dfinnung entsprieht. Die darin gefundenen Zahlen haben also nur rela- 
tiven Wert 

Dementsprechend haben wir die quantitative Auswertung des hoch- 
agglutinierenden Immunserums nur auf die KubikcentimeterverdQnnung 
basiert. 

II. Vorgang der Agglutination bei den Streptokokken. 

Die makroskopisch'e Agglutination der Streptokokken unterscheidet 
sich in nichts von den analogen Erscheinungen bei anderen Mikroorga- 
nismen. 

Einige Stunden (Zimmertemperatur) nach der Aufstellung zeigt sich 
in der diffus trfiben Bouillon die Bildung zarter Flockchen, welche all- 
m&hlich zu Boden fallen; die Bouillon wird klar. 

Dem biologischen Vorgange treten wir viel n&her durch die Beob* 
achtung des Serumeinflusses unter dem Mikroskope. 

Wir benutzten zu diesen Studien haupts&chlich den aus dem Herz- 
blute eines Scharlachkranken gezflchteten Streptococcus XIV 
(Lindner), welcher schnell wachst, die Bouillon trflbt und mikroskopisch 
stets das gleiche Bild gibt 

Die ersten Spuren der Agglutination zeigen sich bereits nach wenigen 
Minuten (Versuche 1, 3, 4). Wfihrend die Kontrolle kurze, in Molekular- 
bewegung t&nzelnde Kettchen in ganz gleichm&fiiger Verteilung aufweist 
(Zeichnung 1), bilden sich am Grunde des mit Serum versetzten Tropfens 
kleine, manchmal verzweigte Gruppen durch Anlagerung mehrerer Ketten. 
Die flbrige Flflssigkeit ist noch gleichm&Big mit Kettchen erffillt. All- 







X 


\, 


f ... V 






t 


; "s. ^ 



Fig. 1. 


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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken. 


563 


mfihlich senken and vereinigen sich nan auch diese, und nach Verlauf 
von einer halben Stunde sind fast alle Streptokokken in kleinen Grappen 
versammelt. 

Weiterhin lagern sich die Gruppen aneinander and bilden grdBere 
Haafen (Photogramm 2), zwischen denen zuletzt das ganze Feld frei wird 
(Zeichnung 2, Photogramm 4). 



Diese Stufe bezeichnen wir als vollkommene Agglutination, „a“, 
wobei wir das Hauptaugenmerk darauf legen, daft keine freien Einzel- 
ketten neben den Haafen za finden sind. 

Dort, wo das Serum durch groBe Verdtinnung an die Grenze seiner 
Wirksamkeit gelangt ist, bleiben die Gruppen klein (Zeichnung 3); 
zwischen ihnen finden sich unbeeinflullte Einzelketten. Oder es trennen 
sich nor peripher die Gruppen scharf ab, die Mitte bleibt undifferenziert 

SI 

(halbe Agglutination ). 

Gehen wir noch weiter in der Verdtinnung, so sehen wir bloB eine 
unregelm&Bige Gruppierung der Streptokokken in dichteren Wolken mit 

SL 

dfinner bes&ten Zwischenfeldern (Spuren von Agglutination = ^). 

Im Eontrolltropfen senken sich auch allmahlich die Streptokokken 
zu Boden (nach 1—4 Tagen) und gleiten bis zum tiefsten Punkte, der 
Tropfenmitte. Dort finden wir dann eine zentrale, undifferenzierte, 
gleichm&fiige KOrnchenmasse (Photogramm 1), an deren Rande freie 
Kettchen sich in molekularer Bewegung befinden. 

Die beigeffigten Zeichnungen sind mittels einer Zeissschen Camera 

36* 


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564 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


nach dem Bilde im hohlen Objektlrfiger verfertigt, wfihrend die zweite 
Serie durch Mikrophotographie der gefarbten Agglutination gewonnen ist 1 2 ). 

Woher kommt es nun. dafi makroskopisch die Agglutination so viel 
spfiter in Erscheinnng tritt als mikroskopisch ? Die kleinsten Gruppie- 
rungen der Streptokokken entgehen dem blofien Auge, welches dann 
erst eine flockige Triibung bemerkt, wenn sich grofiere Konglomerate ge- 
bildet haben. Sobald diese entstanden sind, senken sie sich ziemlich 
rasch zu Boden, wahrend sich mikroskopisch noch eine weitere Aus- 
bildung des agglutinierenden Vorganges erkennen lafit, n&mlich das An- 
einanderrficken der Haufchen zu einem grofieren Haufen. 

So sehenwir in Versuch 1, dafi nach 2 Stunden die Agglutination 
mikroskopisch in den meisten Verdfinnungen schon deutlich ist, wahrend 
sie makroskopisch kaum begonnen hat und nur in einigen Rdhrchen 
nachweisbar ist. 


Fig. 3. Zeitlicher Eintritt der makroskopischen und mikroskopischen Agglutination 
im Konzentrationsoptimum. Versuch vom 5. Dez. und 15. Jan. 



J Vollst&ndige 
Agglutination 


l UnvollstSndige 
' Agglutination 


Zeit 4' 15' 30' 1 h 2 h 4 h 8 h 16 h 

.mikroskopische, —— makroskopische Beobachtung. 


Nach 20 Stunden besteht ein ahnliches Verhaltnis bei jenen Ver- 
diinnungen, wo es uberhaupt nicht zur Sedimentierung kommt. 

Hier zeigt die makroskopische Methode eine scharfere Grenze: 
Verdttnnung 5 ist sedimentiert, 6 zeigt Niederschlag neben leichter 
Triibung, 7 ist triibe wie die Kontrollbouillon, wogegen wir im Mikro- 
skope noch in Verdttnnung 8 Spuren der Agglutination bemerken. 

Dieses Verhaltnis ist wahrscheinlich so zu erklaren, dafi Spuren 
agglutinierender Substanz wohl genttgen, urn die Streptokokken anein- 
ander zu kleben, nicht aber, um so kompakte Flocken zu bilden, dafi 
sie sedimentieren, und das spezifische Gewicht merklich fiber das der 
Nahrflttssigkeit zu erhohen (Versuch 5). 

Aus den Versuchen 1 und 2 sehen wir aber noch eine andere Er- 
scheinung. Die Agglutination beginnt nicht, wie theoretisch zu erwarten 
ware, dort, wo die meisten Agglutinine vorhanden sind, sondern in 
hfiheren Verdfinnungen *). 

Dies kfinnte dadurch bedingt sein, dafi in den stfirksten Konzentra- 
tionen die Eiweifilosung des Serums durch ihren Molekulargehalt Oder 
durch ihr spezifisches Gewicht eine hemmende Wirkung ausfibt. 


1) Deckglas mit den Tropfchen lufttrocken, Hartung in Formalinalkohol, Gram- 
Farbung. 

2) Eisenberg und Volk, Untersuchungen fiber die Agglutination. (Zeitschr. f. 
Hygiene. 1D01.) 


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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken. 


565 


Diese ErklSrung ist aber nicht zutreffend (Versuch 2). Serum von 
geringerer Agglutinationskraft bringt n&mlich in der st&rksten EiweiB- 
konzentration (1 : 4) eine schnellere Agglutination zu stande, als das 
hochagglutinierende in den geeignetsten Verdiinnungen. 

Nach mehreren Stunden tritt aber dann auch hier meist Agglutina¬ 
tion ein, die mikroskopisch sich insofern von der prim&ren unterscheiden 
laBt, daB die Streptokokken, statt diskrete Haufen zu bilden, zu groBen 
Netzen vereinigt sind. 

Versucli 1. 

15. Januar 1903. Streptococcus XIV, S. Bertram. 

Verdiinnung in Kubikcentimetern. 


Makroskopisch 


Nach 1 Stunde: alle Rflhren wie Kontrolle 


2 Std.: Verdunng. 3, 4, 5 zarte Flockchen, 
obere Schicht klarer, in 4 am deutlichsten 

4 Std.: Verdunng. 3—5 agglutiniert, Bo- 
densatz, Fliissigkeit fast klar, einige 
zarte Fldckchen. Verdunng. 1, 2, 6—10 
wie Kontrolle 

5 Std.: Verdunng. 1 flockige Triibung ohne 
Bodensatz, 2 klarer, etwas Satz, 3—5 
klar, 6 leicht triibe (wie 2), 7—10 wie 
Kontrolle 

20 Std.: Verdunng. 2—5 a, 1, 6 fast klar, I 
7—10 e ! 


Mikroskopisch 

Verdunng. 1 », 2—5 », am starksten 4, 
6 7 », 8—10 wie Kontrolle 

Verdunng. 1 », 2 - 6 », 7 », 8—10 O 


Verdunng. 1 », 2 fast a (sehr wenige 
Einzelketten), 3—6 a, 7 *, 8 Spuren 
von Gruppenbildung, 9 10 wie Kontrolle 

Verdunng. 1 fast a, 2—6 a, 7 \ 


Versuch 2. 

15. Januar 1901. Streptococcus XIV, S. Aronson (ohne Trikresolzusatz), ebenso 

aufgestellt. 

2 Std.: Verdunng. 1 flockige Triibung, j Verdunng. 1 a, 2 *, 3—6 wie Kontrolle 
kein Satz, fast klar 

5 Std.: Verdunng. 1 Bodensatz, 2 fein- | Verdiinng. 1 a, 2 fast a (wenige Einzel- 
flockige Triibung ohne Satz, 3—6 wie ketten), 3—6 wie Kontrolle 
Kontrolle 

20 Std.: Verdiinng. 1 2 klar, 3 geringer Verdunng. 1, 2 a, 3 » 4—6 wie Kontrolle 
Satz, triibe wie Kontrolle 4—6 


Versuch 3. 

5. Dezember. Streptococcus XIV, Serum Bertram; Tropfchenverdiinnung. 

Nach 4 Minuten: Beginnende Gruppenbildung in Verdunng. 5 
„ 12 „ Gruppenbildung ausgesprochen in 4, 5 und 6, beginnend in alien 

Verdiinnungen, mit Ausnahme von 1. Die Gruppen zeigen sich am 
Boden des Tropfens, im iibrigen Tropfen sind die Streptokokken 
noch gleichmaflig verteilt, in 4 und 5 aber nicht mehr so dicht wie 
in den iibrigen 

„ 90 „ Verdunng. 4—8 zeigen nur mehr kleine Gruppen am Grunde, die 

Fliissigkeit dariiber ist frei von Streptokokken. In Verdiinng. 2, 
3 und 9 schwimmen noch solche, in Verdunng. 1 beginnt erst die 
Gruppenbildung 


Versuch 4. 

27. August. Streptococcus XIV, Serum Egmont. Kubikcentimeterverdiinnung. 
Nach 45 Minuten: Verdunng. 4 fast nur Gruppen. Verdunng. 1—3, 5—9 Beginn von 
Gruppenbildung. Verdunng. 10 wie Kontrolle 
„ 90 „ Verdunng. 4 fast keine Einzelketten, alles in kleinen Haufchen. In 

den hoheren und geringeren Verdiinnungen zunehmend Einzelketten 


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566 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


24 Stunden: Verdun ng. 1 mitteigroBe Haufen, 2 netzartige Haufen, viele Einzel¬ 
ketten, 3 weniger Einzelketten, 4, 5 netzartige Haufen, fast keine 
EinzeJketten (Zeichnung 2), 6, 7 kleine Haufen, 8 Gruppen, viele 
Einzelketten, 9 wenige Gruppen, haupts&chlich Einzelketten (Zeich¬ 
nung 3), 10 wie Kontrolle (Zeichnung 1) 


Versuch 5. 

13. und 17. Januar 1903. Serum Bertram. Verdiinnung in Kubikcentimetern. 
(Die mikroskopischen Pro ben sind dem Rohrchen entnommen.) 


Verdunnung 7 (1 
makroskopisch 

: 16 000) zeigt sich 

mikroskopisch 

)toc. I » (leicht getrubt, Bodensatz) 

a (keine Einzelketten) 

V 6 (wie Kontrolle) 

a 

VI i 

a 

VIII v 

a 

XI e 

a 

XII » 

T 

a 

XIV e 

a 

XV e 

a 

7 


In den ubrigen Teilen dieser Versuchsreihe waren makroskopische und mikroskopische 
Agglutination dbereinstimmend. 


Die bisherige Beschreibung der Streptokokkenagglutination bezieht 
sich blofi auf kurzkettige Stamme, welche in Bouillon als diffuse Triibung 
wachsen. 

Viele Stamme wachsen aber als Bodensatz oder sedimentieren 
wenigstens sehr rasch, noch andere wachsen als kornige oder flockige 
Konglomerate, die mikroskopisch Bflndel gewundener Ketten darstellen. 

Die letzteren sind in dieser Form nicht zur Agglutination verwend- 
bar, lassen sich aber meist durch geeignete Nahrbdden zu gleichm&Bigem 
Wachstume benutzen (Streptococcus XIX, XXIV). 

Die rasche Sedimentierung bietet fiir die makroskopische Agglutina¬ 
tion grofie Schwierigkeit (Streptococcus V, VI), wahrend sie die 
mikroskopische Methode ungehindert laBt. 

Ftir diese sind aber die tibermaBig langen Ketten ein groBes 
Hindernis. 

Wir beseitigten es dadurch, dafi wir durch die Bouillonkultur J ) ver- 
mittelst eines Aspirators durch mehrere Stunden Luft durchleiteten. 
Durch die fortwahrende Erschfitterung wurden die Ketten in kleine Teile 
von 4—6 Kornern zerrissen. 

Es genilgt aber auch, wenn man mittels einer Pipette mehrere 
Minuten lang Luft einblast. 


1) Entweder wahrend oder nach vollendetem Wachstume. 

(SchluB folgt.) 


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Muller, Geht das Tetanolysin mit Proteiden eine ungiftige Verbindung ein? 567 


Nachdruck verboten. 

Geht das Tetanolysin mit den Proteiden des Serums und 
des Eiklars eine ungiftige Verbindung ein? 

[Aus dem Institut fflr experim. Therapie in Frankfurt a. M. 

Direktor: Geh.-Rat Prof. Ehrlich.] 

Von Dr. Paul Theodor Miiller, 

.Privatdozent und Assistent am hygienischen Institut Graz. 

Die umfangreichen hfimolytischen Studien der letzten Jahre haben 
uns mit einer ganzen Reihe von Substanzen bekannt gemacht, welche 
im stande sind, die AuflOsung der roten Blutkorperchen durch Blut- 
gifte verschiedener Art und Provenienz zu verhindern. Ganz abgesehen 
von den durch kfinstliche Immunisierung mit diesen Blutgiften erzielten 
spezifischen Antikorpern, den eigentlichen Antih&molysinen, hat 
man mit normalem Blutserum gewisser Tierspecies, ferner mit patho- 
logischen Kdrperflttssigkeiten, mit Exsudaten und Transsudaten derartige, 
nicht spezifische Hemmungswirkungen hervorrufen kfinnen, und zum 
Teil bereits auch einer eingehenderen Analyse unterzogen. 

So haben Ehrlich und Mor genroth (1), Paul Th. Mflller (2), 
Besredka(3) Antiambozeptoren in normalem Serum beobachtet, 
M. Neisser und Wechsberg(4), Paul Th. Mtiller(5) daselbst auch 
Antikomplimente nachweisen konnen, Befunde an welche sich naturge- 
mSB die Beobachtung von Marshall und Mor genroth (6) angliedert, 
welche in einer Ascitesfliissigkeit ein sehr wirksames, aber nur auf ge- 
wisse Komplemente eingestelltes Antikomplement fanden. 

Nicht geringeres Interesse als die frfiher genannten hemmenden 
Wirkungen, welche sich gegen tierische H&molysine richten, verdient 
eine weitere Gruppe von Hemmungsvorg&ngen, bei welchen die blut- 
losenden Agentien, die in ihrer Wirksamkeit paralysiert werden, pflanz- 
licher, besonders bakterieller Natur sind. Schon in seiner ersten 
kurzen Mitteilung fiber den blutlosenden Bestandteil des Tetanusgiftes, 
fiber das Tetanolysin, hat Ehrlich (7) hervorgehoben, daft gewisse 
Tiersera, besonders das Pferdeserum, im stande sind, dieses Gift zu neu- 
tralisieren und die roten Blutkorperchen vor ihrer Zerstorung zu schfitzen. 
Kraus und Clairmont(8 ) bestfitigten und erweiterten in der Folge 
diese Beobachtungen, indem sie zeigen konnten, daB auch andere 
bakterielle Hamolysine, wie die des Choleravibrio, des Bact. coli, des 
Staph, pyogenes durch verschiedene Tiersera eine mehr oder 
minder hochgradige Hemmung erfahren, und Neisser und Wechs- 
berg(9) konnten in ihrer interessanten Studie fiber das Staphylotoxin 
feststellen, daB dieses Gift konstant durch Pferdeserum und durch 
menschliches Serum in seiner Wirkung auf die roten Blutkdrperchen 
paralysiert wird. 

Welcher Art jedoch die Substanzen sind, welche diese nicht spezi¬ 
fischen Hemmungen bewirken, darfiber war man bei dem damaligen 
Stande des Wissens noch vdllig im unklaren, und war nicht einmal 
fiber die prinzipiell so wichtige Frage orientiert, ob es sich hierbei fiber- 
haupt um EiweiBkfirper handle oder nicht. 

In ganz neue Bahnen wurde nun die Forschung gelenkt durch die 
Beobachtung von Ransom (10), daB Cholesterin die Lfisung des Blutes 


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568 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


durch Saponin zu verhindern vermag, und daB auch die saponin- 
hemmende Wirkung des normalen Blutserums auf seinem Cholesterin- 
gehalt beruht. Hiermit war also zum ersten Male eine chemisch genau 
bekannte und definierte, kristallisierbare Substanz aus deni Serum 
isoliert worden, welcher die Schutzwirkung zukommt, und wenn es auch 
nicht ohne weiteres gestattet war, die H&molyse durch Saponin mit der 
durch die genannten Bakteriengifte bewirkten zu analogisieren, so bildete 
doch diese Entdeckung Ransoms einen machtigen Ansporn dafiir, auch 
bei den anderen Hemmungsvorgangen der H&molyse nach derartigen 
Substanzen bekannter chemischer Konstitution zu fahnden. 

Noch in anderer Richtung war jedoch die Ransomsche Beobachtung 
von einigem EinfluB auf unsere Anschauungen fiber das Zustandekommen 
der in Rede stehenden Hemmungen. Meist hatte man stillschweigend 
vorausgesetzt, daB es sich bei denselben urn ein Shnliches Verankern 
zweier wie Schliissel und SchloB aufeinander passender chemischer 
Komplexe handle, wie man dasselbe fiir die Antikorper anzunehmen 
alien Grund hat. In dem Falle des Saponins hingegen, und der Hem- 
mung seiner losenden Wirkung auf die roten Blutkorperchen durch das 
Cholesterin des Serums, war es von vornherein einleuchtend, daB man 
es mit einem ganz anderen Ph&nomen zu tun habe, als mit einer 
chemischen Bindung zwischen Saponin und Cholesterin: namlich mit 
einer Verteilung des Giftes zwischen zwei Losungsmitteln, deren eines 
in den roten Blutkorperchen, deren anderes in dem Serum enthalten ist, 
und von deren relativen Mengenverhaltnissen es abhangt, ob das Gift 
in zur L5sung ausreichender Quantitat von den Erythrocyten aufge- 
nommen wird, Oder ob es der Hauptmasse nach auf das Serum be- 
schr&nkt bleibt und dann naturlicherweise die Blutzellen vollkommen 
intakt laftt. 

Hiermit war also ein zweiter Typus von entgiftenden, hemmenden 
Wirkungen gegeben, welchen man, einem Vorschlag von Bashford(ll) 
folgend, als pseudo-antitoxischen den ersteren antitoxischen 
Phanomenen, bei welchen es zu einer wirklichen Bindung zwischen Gift 
und Gegengift kommt, gegeniiberstellen kann. DaB nun in der Tat eine 
ganze Anzahl derartiger hemmender Wirkungen, die an normalem Blut- 
serum zur Beobachtung gelangen, pseudo-antitoxischer Natur sind, hat 
Bashford durch eine Reihe von Experimenten und Ueberlegungen, 
auf die hier nicht naher eingegangen werden soil, wahrscheinlich ge- 
macht, und zu ahnlichen Anschauungen ist Noguchi (12) gekommen, 
welcher die uns hier speziell interessierende Beobachtung machte, daB 
neben Serum und Milch auch dem Cholesterin eine bedeutende Schutz- 
kraft gegenuber dem Tetanolysin zukommt. Noguchi glaubt daher 
annehmen zu diirfen, daB auch diese losungswidrigen Eigenschaften des 
Serums und der Milch auf ihren Cholesteringehalt zu beziehen seien, 
wenn er auch direkte Beweise fiir seine Vermutung nicht beibringt, 

Zu einer ganz abweichenden Auffassung dieser hemmenden Wir¬ 
kung des Serums auf die blutlosende Komponente des Tetanusgiftes 
gelangten nun Arrhenius und Madsen (13) in ihrer Arbeit, welche 
sich die Anwendung der physikalischen Chemie auf das Studium der 
Toxine und Antitoxine zum Ziele setzte. Aus gewissen quantitativen 
Verhaltnissen, die sicli bei ihren Versuchen mit Serum und mit Eier- 
eiweiB, welches auch eine starke antihamolytische Wirkung besitzt, 
lierausstellten, glaubten die Verfasser sich zu dem Schlusse berechtigt, 
daB das Gift sich mit den Prote'iden zu einer weniger giftigen Modi- 


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Muller, Geht das Tetanolysin mit Protelden eine ungiftige Verbindung ein? 569 


fikation verbinde. „Wie wir gesehen haben“ — so schreiben die beiden 
Forscher (p. 33) — „verbindet sich das Tetanolysin wahrscheinlich mit 
den roten Blutkorperchen, und unter diesen UmstSnden ist es sehr wahr¬ 
scheinlich, daB auch das Albumin Oder Serum Oder vielleicht einer seiner 
Bestandteile mit dem Tetanolysin zusammentritt, welches auf diese Weise 
abgeschw&cht wird.“ „Die Zugabe von Protelden, einschlieBlich des 
Normalserums, bewirkt also eine Herabminderung der Hftmolyse. Die- 
selben verhalten sich so, als ob sie sich teilweise mit den Basen und 
mit dem Tetanolysin verb&nden, wodurch schw&cher wirkende h&moly- 
sierende Mittel zustande kommen.“ Und etwas spater: (p. 35) „Diese 
Versuche fflhren zu dem Schlusse, daB sich eine Verbindung zwischen 
Tetanolysin und dem Prote'id bildet, die die Eigenschaften des 
Tetanolysins, obgleich in geringerem Grade, bewahrt“. 

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daB die Existenz derartiger un- 
giftiger oder wenigstens weniger giftiger Verbindungen zwischen dem 
Tetanolysin und gewissen Protel'den von allerhochstem theoretischen 
Interesse w&re, und es schien daher berechtigt, sich die Frage vor- 
zulegen, ob sich in der Tat Beweise fflr oder gegen diese Annahme von 
Arrhenius und Madsen beibringen lassen. — Es ist klar, daB die 
Anschauung der genannten Forscher von dem Momente an hinf&llig 
sein muB, wo gezeigt werden kann, daB sich die hemmende Fahigkeit 
des Serums und des Eiereiweifies von den Proteiden trennen l&fit, und 
daB auch mit EiweiBfreien Extrakten dieser Substanzen die Blut¬ 
korperchen vor der zerstorenden Einwirkung des Tetanolysins geschfltzt 
werden konnen. 

Der Weg, der beschritten werden muBte, um diese Frage zur Ent- 
scheidung zu bringen, war hiermit klar vorgezeichnet Da, wie bereits 
erwahnt wurde, eine Beteiligung des Serumcholesterins an diesen 
Hemmungsvorgangen wenn auch nicht bewiesen, so doch durchaus nicht 
unwahrscheinlich war, so lag es nahe, die angestrebte Trennung der 
hemmenden Substanzen von den Eiweifikdrpern durch Alkoholzusatz zu 
versuchen, welcher die letzteren zur Fallung bringt, wahrend Cholesterin 
und Shnliche lipoide Substanzen in Alkohol gelost bleiben, und nach Ein- 
dampfen zur Trockne und Aufnehmen in physiologischer Eochsalzldsung 
auf ihre antihamolytischen Wirkungen gepriift werden kdnnen. Als not- 
wendige Erg&nzung zu diesen Versuchen muBte dann ferner festgestellt 
werden, ob die mit Alkohol gefallten und nach Abpressen der Flflssig- 
keit wieder in Ldsung gebrachten SerumeiweiBkbrper noch hemmende 
Wirkungen auf das Tetanolysin auszuiiben vermbgen, oder ob sie diese 
F&higkeiten eingebiiBt haben. 

Einer der in diesem Sinne angestellten Versuche findet sich in Proto- 
koll I ausfiihrlich wiedergegeben. Bemerkt sie hierzu nur noch, daB die 
Alkoholfallung und Filtration moglicht rasch vorgenommen werden muB, 
damit eine Koagulation der SerumeiweiBkdrper tunlichst verhindert 
werde, und beim WiederauflSsen des Niederschlages wenn auch nicht 
vollkommen klare, so doch nur m&Big opalescente, im iibrigen aber 
homogene Flilssigkeiten erzielt werden. 

Versuch I. 

10 ccm Normal-Pferdeserum mit etwa 5-fachem Volumen Alcohol absol. gefiillt, so 
rasch als moglich filtriert; der Niederschlag zwischen Filtrierpapier gut abgeprefit und 
in 10 ccm 0,85 proz. Kochsalzlosuog aufgelost. Die Ldsung ist opalescent. 

a) 1 ccm Ochsenblut -f 0,002 g Tetanolysin (= ungefahr die doppelte losende 
Dosis) + steigende Mengen Normal-Pferdeserums, bezw. des gelosten Alkoholnieder- 
schlages; das Ganze auf 2,5 ccm aufgefullt. 


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570 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXTV. No. 6. 


ccm 

N ormal-Pferdeserum 

Alkoholfallung aus 
Pferdeserum, geldst 

0,1 

yollkommene LosuDg 



0,2 

maflige Losung 



0,3 

Spur 



0,4 

Spur 



0,5 

0 



0,6 

0 



0,7 

0 


vollkommene 

0,8 

0 


Losung. 

0,9 

0 



1,0 

I 0 ! 



1,1 

0 


1,2 

0 


1,3 

0 


1,4 

0 J 



b) Das Filtrat von dem EiweiBniederschlag des Serums wird auf 
dem Wasserbade zur Trockne eingedampft, in dem ursprflnglichem 
Volumen (= 10 ccm) Kochsalzlosung der Trockenriickstand aufgenommen 
und der folgende Versuch damit angestellt: 

1 ccm Ochsenblut + 0,002 g Tetanolysin und steigende Mengen 
des Alkoholextraktes, auf 2 ccm mit physiol. Kochsalzlbsung aufgefullt: 

0,02 Alkoholextrakt: starke LSsung 
0,04 „ maBige Losung 

0,06 
0,08 
0,1 
0,2 
0,3 
0,4 
0,5 



Die Ergebnisse dieser Versuche waren vollkommen eindeutige. 
W&hrend nltmlich die gefallten und wieder geldsten Ei- 
weiBkorper selbst in groBen Dosen jede hemmende 
Wirkung vermissen lieBen, war der alkoholische Extrakt 
desSerums mit starker antih&molytischer Kraft begabt 1 ); 
mit anderen Worten: das hemmende Agens war nicht mit den 
E iweiBkorpern mitgefallt worden, sondern im Alkohol 
geldst geblieben, war also notwendigerweise von den 
Serumprotel'den verschieden. Die angestrebte Trennung war 
somit, zun&chst wenigstens fiir das Serum, vollkommen gelungen, und 
eine Deutung der gedachten Hemmungsph&nomene in dem Sinne von 
Arrhenius und Madsen dadurch unhaltbar geworden. 

Auch fflr das EiereiweiB laBt sich nun ein ganz ahnlicher Nachweis 
fuhren. Da sich hier einige vielleicht nicht uninteressante Besonder- 
heiten ergaben, so sei auch auf diesen Punkt etwas naher eingegangen. 

Zunachst stellte sich namlich heraus, daB das Hiihnereiweifi bei 
manchen meiner Versuche entweder gar keine Oder doch nur sehr geringe 
hemmende Tatigkeit gegenflber dem Tetanolysin entfaltete, die an- 
scheinend schwhcher war, als nach den Beobachtungen von Arrhenius 


1) Erwiihnt sei, daS die hemmende Wirkung der Alkoholextrakte meist viel be- 
trachtlicher war, als die des urspriinglichen Serums; eine Tatsache, die wohl dadurh 
ihre Erklarung findel, dafi die hemmenden Substanzen — Cholesterin oder andere 
Lipoide — im Serum nicht in freiem Zustande, sondern zum Teil in unwirksamer 
Form enthalten sein diirften. 


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M filler, Geht das Tetanoiysin mit Protelden eine ungiftige Verbindung ein? 571 

und Madsen zu erwarten gewesen ware. In anderen Fallen war aller- 
dings die antihamolytische Wirkung etwas starker ausgepragt. Es kann 
wohl kaum einem Zweifel unterliegen, dafi wir es hier mit individuellen 
Differenzen der untersuchten Htihnereier, vielleicht auch mit Rassen- 
verschiedenheiten oder Verschiedenheiten der Jahreszeit, des Alters, 
Bebrfltungszustandes etc. zu tun haben dflrften. Jedenfalls aber mull 
hervorgehoben werden, daft schon das Besteben derartiger bedeutenderer 
Differenzen sehr entschieden gegen eine entgiftende Rolle des Eiweifies 
an sich spricht und viel besser mit der Anwesenheit hemmender Bei- 
mengungen zu vereinen ist, welchen eine groftere qualitative und 
quantitative Schwankungsbreite zugestanden werden kann, als den eigent- 
lichen EiweiBkorpern des Hfihnereies. 

Eine meist intensivere hemmende Kraft besaft dagegen das Eiweifi 
der Enteneier, wenngleich auch hier nicht selten erhebliche Schwan- 
kungen zu beobachten waren. In Tabelle II linden sich die bei einem 
derartigen vergleichenden Versuche erhaltenen Ergebnisse verzeichnet. 
Zur besseren Orientierung wurde gleichzeitig auch ein Versuch mit 
Pferdeserum unter genau denselben Modalit&ten angestellt. 

Yersuch 11. 

Je 2 ccm Ochsenblut werden mit dem in der ersten Spalte verzeichneten Men gen 
Tetanoiysin versetzt, dann die in der 2. Spalte stehenden Mengen der hemmenaen 
Substanzen (Normal-Pferdeserum, HuhnereiweiB 50 Proz. und EnteneiweiB 50 Proz.) 
hinzugefugt, und das Ganze auf 5 ccm mit physiolog. Kochsalzlosung aufgeffillt. 


Tetano¬ 

iysin 

Menge der 
hemmenden 
Substanz 

Normal- 

Pferdeserum 

HuhnereiweiB 
50 Proz. 

Enteneiweifi 

50 Proz. 


0,5 

Spur 

vollkommen 

vollkommen 


1,0 

0 

»» 

mafiig 


1,5 

0 

,, 

Spur 

0,002 

2,0 

0 

,, 

Spur 


2,5 

0 

fast vollkommen 

0 


3,0 

0 I 

>> », 

0 


0 

vollkommen | 

vollkommen 

vollkommen 


0,5 

1,0 

Spurchen j 

0 | 

,, 

,, 

starke Losung 
mafiige „ 


1,5 

0 

», 

Spur 

0,0015 

2,0 

0 

fast vollkommen 

„ 


2,5 

0 

sehr stark 

0 


3,0 

0 

if tt 

0 


0 

vollkommen 

vollkommen 

vollkommen 


0,5 

0 

,, 

stark 


1,0 

0 

fast vollkommen 

maBig 


1,5 

0 

sehr stark 

Spur 

0,001 < 

2,0 

0 

stark 

0 


2,5 

0 

mafiig 

0 


3,0 

0 

0 

fast vollk. 

gering 

fast vollkommen 

0 

fast vollkommen 


0,5 

0 

mafiig 

geringe Losung 

j 

1,0 

0 

gering 

0 

I 

1,5 

0 

Spur 

0 

0,0005 { 

2,0 

0 

,, 

0 

I 

2,5 

0 

0 

0 


3,0 

0 

0 

0 


0 

mafiige Los. 

maSige Losung 

maBige Losung 


Bezilglich der Technik dieser Experimente sei nur noch angefiihrt, 
dafi das Eiereiweift stets mit dem gleichen Volumen physiologischer Koch- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


salzldsung versetzt und krfiftig durchgeschiittelt wurde, um eine gleich- 
m&fiige Verteilung zu erzielen. Da ferner neben den komplett losenden 
Tetanolysinmengen aucb geringere Quantitfiten in Anwendung kamen, 
bei welchen die Hemmung markanter hervortritt, und da hierbei etwas 
grSBere Flflssigkeitsschichten zur leichteren Beurteilung des Ldsungs- 
grades erwiinscht erscheinen, so wurden stets 2 ccm Blutaufschwemmung 
mit steigenden Mengen des EiereiweiBes versetzt und, nach Hinzufilgung 
der betreflfenden Giftdosis, auf 5 ccm aufgefullt. 

1st nun auch die hemmende Substanz des Enten- und Hilhner- 
eiweiBes, wie die des Pferdeserums, mit Alkohol extrahierbar? Die 
folgenden Versuche geben darttber AufschluB (Versuch III). 

Versuch III. 

Je25 ccm50-proz. Enten- und Hlihnereiweifi mit 5-fachem Volumen Alcohol absoL 
gefallt. Der Alkohol des Extraktes verjagt und der Troekennickstand in physioL 
Kochsalzlosung (25 ccm) gelost. 

Bemerkt sei, dafi das zu diesem Versuche dienende Hiihner- und Enteneiwei& 
beeonders starke hemmende Kraft besafi, und daher fur unsere Zwecke sehr geeignet war. 

Je 2 ccm Ochsenblut + 0,002 Tetanolysin + steigende Mengen der alkoholischen 
Extrakte; auf 5 ccm erganzt. 


ccm | 

Enteneiweifl, alkoh. Extr. 

Huhnereiweifi, alkoh. Extr. 

0,1 

Spur von Losung | 

geringe Losung 

03 

Spur 

! Spur 

0,5 

»» 

V 

1,0 

0 


1,5 

0 

0 

2,0 

0 

0 

2,5 

0 

0 

3,0 

0 

0 

3,5 

0 

0 

0 

vollkommene Losung 

vollkommene LOsung 


Wie man aus dieser Zusammenstellung entnehmen kann, ist in der 
Tat die hemmende Substanz des Enten- und HiihnereiweiBes in den 
alkoholischen Extrakt flbergegangen, und verh&lt sich somit genau so, 
wie die lbsungswidrigen Stoffe des Pferdeserums. Wir konnen daher 
auch fiir das EiereiweiB eine direkte, das Tetanusgift 
modifiziernde Oder abschw&chende Wirkung derProtel'n- 
stoffe als ausgeschlossen betrachten und sehen uns ge- 
zwungen, die antih&molytische Wirkung desselben auf eine alkohol- 
ldsliche Beimengung zu beziehen, die mit allerhochster Wahrscheinlichkeit 
als Cholesterin angesprochen werden kann, da dem Lecithin nach den 
Untersuchungen Noguchis diese FShigkeit nicht innewohnt. 

Wenn wir nun weiter bedenken, daB eine chemische Bindung 
zwischen Tetanolysin und Cholesterin als im hochsten Grade unwahr- 
scheinlich bezeichnet werden muB, so kommen wir schlieBlich zu der 
Auffassung, die schon Bashford vertreten hat, und nach welcher 
wir in der durch Serum und EiereiweiB bedingten Hem¬ 
mung der HBmolyse nicht ein echtes an titoxisches 
Ph&nomen mit Bindung zwischen Gift und Gegengift zu 
sehen haben, sondern ein pseudoantitoxisches, bei welchem 
die schiitzende Wirkung auf anderem Wege — vermutlich durch physi- 
kalisch-chemische Losungs- und Verteilungsvorgange — zu stande kommt. 

Zum Schlusse ist es mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser 
Stelle Herrn Geh.-R. Prof. Ehrlich fttr die in so reichem MaBe be- 


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Sauerbeck, Zur Frage des Pankreas-Cytolysins. 


573 


wiesene Gastfreundschaft in seinem Institute meinen herzlichsten Dank 
auszusprechen. Ebenso bin ich seinen Assistenten, Herrn Dr. Morgen- 
roth, Mitglied des Instituts und Herrn Dr. Sachs wegen ihres liebens- 
wiirdigen Entgegenhommens zu bestem Danke verpflichtet. 


Literatur. 

1) Berl. klin. Wocbenschr. 1901. 

2) Centralbl. fur Bakt. Bd. XXIX. 1901. 

31 Annal. de Pinst. Pasteur. T. XV, 1901. 

4) Munch, med. Wochenschr. 1901. 

5) Centralbl. f. Bakt. Bd. XXIX. 1901. 

6) Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXI. 1902. 

7) Gres, der Charit^arzte, 3. Febr. 1898; Berlin, klin. Wochenschr. 1898. No. 12, 

8) Wiener klin. Wochenschr. 1900 und 1901. 

9) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVI. 1901. 

10) Deutsche med. Wochenschr. 1901. 

11) Journal of Pathology. 1902. 

12) Centralbl f. Bakt. Bd. XXXII. 1902. 


Nachdruck verboten. 

Zur Frage des Pankreas-Cytolysins. 

Eine kritische Bemerkung von Dr. Ernst Sauerbeck, Basel, 
gewes. I. Assistent am path. Institut. 

Nach einer Reihe tastender Versuche (Grohmann 1884, Fodor 
1887) war die Lehre von der Wechselwirkung zwischen infektiosem 
Mikroorganismus und infiziertem Tier zuniichst durch die Untersuchungen 
der Fliiggeschen Schule und Buchners, besonders aber durch die 
Cholerastudien R. Pfeiffers und die anschlieCenden Forschungen 
Metschnikoffs und Bordets zu einem jener Kapitel der Pathologie 
geworden, die versprachen, weit fiber den Kreis der Spezialwissenschaft 
hinaus fttr die gesamte Biologie von fundamental Bedeutung zu werden. 

Die Entdeckung von Be If anti und Carbone 1 2 ) (1898) betreffend 
das Verhalten hoherer Organismen gegenfiber der Einverleibung fremden 
Blutes (welches Verhalten fibrigens wegen der praktischen Bedeutung 
des Eingriffs bis zu einem gewissen Grade schon lfingere Zeit bekannt 
war [vergl. Creite*) und Landois 3 )]) wurden durch die unabhfingigen 
Beobachtungen Bordets, von Dungerns, Landsteiners, ins- 
besondere aber durch den systematischen Ausbau, den ihr einerseits 
Bordet 4 5 ) mit seiner Sensibilisierungstheorie, andererseits Ehrlich 8 ) 
(in Kollaboration groBenteils von Morgenroth) durch Subsumption der 
betreffenden Erscheinungen unter seine Seitenkettentheorie gab, zur 
Grundlage eines theoretischen Lehrgebaudes, das die Reaktion des 
lebenden KOrpers gegen Bakterien nur als Spezialfall der F&higkeit des 
hoheren Organismus erkennen lieB, auf Einverleibung fremder, ja sogar, 


1) Belfanti uud Carbone, Giornale della Regia Accad. di med. di Torino. 
1898. p. 321. 

2) Criste, Zeitschrift f. rat. Med. Bd. XXXVI. 

3) Landois, Zur Lehre von der Bluttransfusion. Leipzig 1875. 

4) Siehe die letzten Bande der Annales de lTnstitut Pasteur, insbesondere Ann. 
Pasteur. T. XIV. 1900. p. 256. 

5) Siehe Berliner klin. Woch. 1899. p. 6 u. 481; 1900. p. 453 u. 681. 


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574 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


wie sich herausstellte, auch eigenen lebenden oder toten Protoplasmas, 
sowie von dessen Derivaten, mit bestimmten Stoffwechselvorg&ngen zu 
reagieren, die alle die Tendenz zeigen, die sch&dlichen Einwirkungen, 
die ans diesen Einverleibungen erwachsen kdnnen, zu neutralisieren. 

Wir haben hier nicht die Absicht, fiber diese interessante Epoche 
der modernen Immunitatslehre uns weiter zu verbreiten, es ist dies in 
letzter Zeit wiederholt von berufener Seite geschehen l 2 3 ). 

Auch die Wfirdigung der praktischen Bedeutung, die diese Ent- 
deckungen ffir physiologische und pathologische Chemie und ffir die 
forense Medizin durch Schaffung der vitalen Differentialdiagnostik er- 
hielten*), liegt uns fern. 

. Wir mfichten hier nur eine kurze kritische Bemerkung zu einer 
kleinen Gruppe jener Arbeiten geben, die sich mit dem Effekt der 
Injektion von Organemulsionen in artfremde oder artgleiche Tiere be- 
schfiftigen. 

Bald nachdem Bordet sich dem systeraatischen Studium von 
Blutinjektionen zugewandt hatte, wurden bekanntlich andere Zellelemente 
denselben Versuchen unterworfen, zunfichst, aus bestimmten theoretischen 
Erwagungen heraus, Spermatozoon, dann Leukocyten, die ja ebenfalls 
eine gewisse Sonderstellung in histiophysiologischer Beziehung ein- 
nehmen, bald auch eine ganze Reihe anderer parenchymatoser Zellen: 
Leber-, Nieren-, Nervenzellen 8 ). 

Wenn auch die Resultate eine vfillige Uebereinstimmung bisher 
nirgends ergaben, so schien doch in der Injektion einer bestimmten 
Zellart ein Mittel gegeben zu sein, im Serum des behandelten Tieres 
ein Gift gegen die injizierte Zellart zu bekommen (Cytolysin), dessen 
Wirkung in Herabsetzung der Vitalitfit oder gar Aufldsung der be- 
treffenden Zellen sich auBert. Und die MOglichkeit, durch solche Gifte 
im Organismus ohne anderweitige (traumatische etc.) Storung Gruppen 
von bestimmten Zellen auszuschalten, erfiffnete der normalen, insbe- 
sondere aber der pathologischen Physiologie Perspektiven, die es be- 
greiflich erscheinen lassen, daB diesen Untersuchungen eine immer 
wachsende Zahl von Forschern sich zuwendet. 

So hat man gehofft, in eine Reihe von noch dunklen Erankheiten 
durch Einffihrung der „cytolytischen“ Methode Einsicht zu gewinnen, 
so bezfiglich der Myxfidems, der Eklampsie, neuerdings des Diabetes. 

Auf Arbeiten, die den letzteren betreffen, sollen unsere ange- 
kttndigten kritischen Bemerkungen sich beziehen. 

Zwei franzfisische (bezw. belgische) Autoren Bierry 4 ) und Sur- 
mont 5 * ) haben mit Pankreascytolysin experimentiert. Die Resultate 
waren, wie bei alien ahnlichen Arbeiten, nicht ganz unzweideutige. 


1) London, Centralblatt fur Bakt. Abt I. Bd. XXXII. 1902. No. 1 u. 2. p. 48 
u. 147. Piorkowski, Centralbl. f. Bakt Abt. I. Bd. XXXI. 1902. No. 18. p. 553. 
Aschoff, Zeitschr. f. allg. Physiol. Bd. I. und Separat bei G. Fischer, Jena 1902. 
Silberschmidt, Korresponaenzblatt fiir Schweizer Aerzte. 1902. p. 289 u. a. 

2) Deutsch u. a. (Lit siehe z. B. London, L c.). 

3) Eine Uebersicht dieser Arbeiten, soweit sie uns bekannt geworden, geben wir, 
mit Rucksicht auf die Organe geordnet, am Schlufi der Arbeit, indem wir manchem 
Leser damit einen Dienst zu erweisen hoffen. 

4) Bierry, Recherches sur les injections de sang et de s£rum cytolytique au 
chien. (Compt. rend, hebdom. de la soc. de biologie de Paris. T. L1II. 1901. p. 839. 
Sitzung vom 27. Juli.) 

5) Surmont, Sur la preparation d’un cytotoxine pancrdatique. (La preese m4di- 

cale. 1901. No. 35. p. 177 [aus der Soci4t4 de Biologie vom 27. April 1901]). 


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Sauerbeck, Zur Frage des Pankreas-Cytolysins. 


575 


Wir sehen hier auch von dem Resultat ab, wenden uns vielmehr 
gegen die Voraussetzung, die den Schlflssen in beiden Arbeiten zu 
Grunde liegen. Die Autoren haben, um die Schadigung des Pankreas 
durch die injizierten Cytolysine zu bestimmen, den Urin auf Zucker 
untersucht. Sie stehen damit augenscheinlich auf dem Standpunkt, daft 
das gewohnliche sekretorische Parenchym des Pankreas auch der Ver- 
arbeitung des Zuckers diene. Nun hat aber eine stattliche Zahl von 
Arbeiten l ) die Vermutung, die schon am Anfang des verflossenen Jahr- 
zehnts 2 3 ) aufgetaucht war, sehr wahrscheinlich gemacht, daft namlich 
diese Funktion nicht dem gewdhnlichen Parenchym, sondern den in ihm 
zerstreuten sog. Langerhansschen Inseln zukomme. Hansemann 
hat zwar auf der Pathologenversammlung in Hamburg im Oktober 1901 
(Literaturverzeichnis B No. 7) den Versuch gemacht, die Hoffnung, durch 
diese neue Annahme die Daten der Klinik und der pathologischen Ana- 
tomie in Uebereinstimmung zu bringen, als illusorisch hinzustellen. Die 
seither publizierten, zum Teil sehr ausfiihrlichen und grfindlichen Unter- 
suchungen, besonders auch die Experimente von W. Schulze (Literatur¬ 
verzeichnis B No. 2) und Ssobolew (Literaturverzeichnis B No. 11) 8 ) 
lassen aber kaum einen Zweifel bestehen, daft in der angedeuteten 
Richtung des Ratsels Losung liegt 4 * ). Die Wahrscheinlichkeit, daft es 
tatsachlich die Langerhansschen Inseln sind, die durch innere 
Sekretion eines Fermentes oder wie immer die Zerlegung des Zuckers 
besorgen, ist jedenfalls groft genug, um ffir Versuche fiber Physiologic 
und Pathologie des Pankreas in Rechnung zu kommen. 

Die Resultate, die durch die oben zitierten Arbeiten fiber Cyto¬ 
lysine des Pankreas bis jetzt gezeitigt worden sind, wfirden, wenn sie 
sich bestatigen, einen neuen Beweis, bis zu einem gewissen Grade 
wenigstens, ffir die „Inseltheorie u ergeben. Es hat sich namlich trotz 
relativ schwerer Schadigung des gewfihnlichen Pankreasparenchyms in- 
folge der Cytolysininjektion kein Diabetes, sondern nur vorfibergehende 
unbedeutende Storung in dieser Hinsicht eingestellt. 

Nun sind ja allerdings bei Herstellung des Cytolysins die Inseln 
mit dem gewdhnlichen Parenchym zur Verarbeitung gekommen; und 
man konnte daher auch die Bildung eines Antikfirpers gegen die Inseln 
und folglich eine Schadigung der Inseln bei der Probeinjektion erwarten, 
die den Schluft der Versuchsreihe bildet. 

In den erwahnten Arbeiten ist von einer solchen Storung nichts zu 
lesen; es linden aber in denselben die Inseln fiberhaupt keine Berfick- 
sichtigung, wohl, da den Autoren die Fragestellung unbekannt geblieben 
ist, die, wie oben skizziert, auf diese Gebilde neuerdings die Aufmerk- 
samkeit gezogen hat. 

Es darf aber folgendes nicht vergessen werden: Wenn die Inseln 
auch mit dem fibrigen Parenchym zur Injektion gelangen, so bleiben 
sie dabei wegen ihrer relativ sehr kleinen Masse diesem anderen Zell- 

1) Literaturverzeichnis B. 

2) Laguesse, Soci6t4 de biologie. T. XXIX. Paris 1893. p. 819 (29. Juli) und 
spater Journal de PAnat. et Phys. T. XXXII. 1496. p. 241 ff. 

3) Hansemann hat die Resultate von Schulze auf Grand eigener Versuche 
mit anderem Resultat geglaubt entwerten zu konnen. Schulzes Versuche sind aber 
so klar in ihrem ganzen Verlauf geschildert, aufierdem durch Ssobolew so glanzend 
bestatigt worden, dafi Hansemanns Einwande vorlaufig nicht entscheidend sein 
durften. 

4) Ueber eigene Untersuchungen werden wir demnachst an anderem Ort ausfiihr- 

lich berichten. 


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576 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 6. 


material gegentiber an Wirksamkeit doch wohl sehr zurfick; daB ein 
Cytolysin gegen sie in irgend erheblicher Menge erzeugt wird, mull als 
durchaus unwahrscheinlich bezeichnet werden. Und es ware somit das 
negative Resultat bezflglich der Zuckerausscheidung mit der Theorie 
vdllig im Einklang. 

Wir haben durch die Versuche von Schulze in der Unterbindung 
des Ausftihrungsganges des Pankreas ein Mittel kennen gelernt, uns 
ein Pankreas zu verschaffen, in dem alles sekretorische Parenchym ver- 
schwindet und nur die Inseln sich erhalten. 

Vielleicht gelingt es mit Verwertung dieser Tatsache durch die 
Methodik, wie sie die Erforschung der Cytolysine gezeitigt hat, ein 
einwandfreies Resultat zu erreichen, das mit dazu verwendet werden 
kann, die Bedeutung der Langerhansschen Inseln endgtiltig klar- 
zustellen und zugleich den langjahrigen Streit fiber den „Pankreas- 
diabetes“ beizulegen. 

Nachschrift. 

Nach AbschluB des Manuskriptes ist uns eine Arbeit von Herx- 
heimer (Literaturverzeichnis B No. 14) in die H&nde gekommen, die 
ebenfalls die Ver&nderungcn der Langerhansschen Inseln behandelt. 

Es gereicht uns zur Genugtuung, zu sehen, daB auch Herxheimer 
bei aller Objektivitat gegenfiber dem wechselvollen pathologisch - ana- 
tomischen Bilde an der Inseltheorie nicht irre wird, hauptsachlich auf 
die erwiihnten Experimente sich stfitzend. Insbesondere aber muB hier 
Erwfihnung finden, daB auch Herxheimer die Hoffnung ausspricht, 
daB die Frage, wie wir dies oben auseinandersetzten, von Seite der 
Forschung fiber Cytolyse wesentliche Forderung erfahren konnte. 


Literaturverseichnis ▲. 

Cytolysine (aussch lieGlich Hamolysine). 

(Nach Organen und, innerhalb der einzeloen Abschnitte, chronologisch geordnet.) 
Cytolysine (Metschnikoff) gegen 

I. Leukocyten. 

1899 1) Metschnikoff, Ann. Pasteur. T. XIII. 1899. No. 10. p. 737. 

1900 2) Funk, Centralbl. f. Bakt. Bd. XXVII. 1900. p. 670. 

1901 3) Glad in (russisch), Bolnitschnaja Gazeta Botkina. 1901. No. 33. p. 137. 

II. Spermatozoen. 

1900 4) Metschnikoff, Ann. Pasteur. T. XIV. 1900. No. 6. p. 369. 

5) Metalnikoff, Ann. Pasteur. T. XIV. 1900. No. 9. p. 577. 

6) Moxter, Deutsche med. Wochenschr. 1900. No. 4. p. 62. 

1901 7) Weichardt, Ann. Pasteur. T. XV. 1901. p. 833. 

1902 8) Salvioli, Gazette degli ospedali e delle cliniche. 1902. No. 4. p. 28. (Vor- 

laufige Mitteilung.) 

9) London, Arch, des sciences biolog. (russ.). 1902. (2 Mitteilungen.) 

III. Ovarialsubstanz. 

1902 10) Ceconi e Robecchi, Riforma med. 1902. No. 65 u. 66. 

IV. Ne rvensubstanz. 

1899 11) Pitfield, Lancet. 1899. p. 718. 

1900 12) Centanni, Riforma med. T. IV. 1900. p. 374. 

13) Delezenne, Ann. Pasteur. T. XIV. 1900. p. 686. 

1902 14) Ravenna, Riforma med. Vol. II. 1902. p. 422. 

V. Oberflachenepithel. 

1899 15) v. Dun gem, Munch, med. Woch.. 1899. No. 38. p. 1228. (Flimmerepithel 
der Trachea.) 


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Sauerbeck, Zur Frage des Pankreas-Cytoly sins. 


577 


VI. Nieren. 

1900 16) Lindemann, Ann. Pasteur. 1900. No. 2. p. 49. 

17) Delezenne, Ann. Pasteur. 1900. No. 10. p. 686. 

18) Schiitze, Deutsche med. Woch. 1900. No. 27. 

1901 19) Nefedieff, Ann. Pasteur. 1901. No. 1. p. 17. 

20) Bierry, Compt. rend, des sedances de l’Acad. des Scienc. (Paris). 1901. 6. Mai. 
— Compt. rend. hebd. de la Soc. de Biol. (Paris). 1901. 27. Juli. 

21) Ascoli u. Figuri, Berliner klin. Woch. 1902. No. 24. p. 560. 

22) Castaigne u. Rathezy, Compt. rend, de la Soc. de Biol. (Paris). 1902. 
No. 17. p. 563. 

VII. Leber. 

1900 23) Delezenne, Compt. rend, de l’Acad. des Scienc. (Paris). 1901. 6. Mai. 

24) Schiitze, Deutsche med. Woch. 1900. No. 27. 

1901 25) Deutsch, Centralbl. f. Bakt. 1901. p. 661. 

VIII. Pankreas. 

1901 26) Surmont, La presse m&licale. 1901. No. 35. p. 177. Socidtd de Biol. Paris.. 
27. avril. 1901.) 

27) Bierry, Compt. rend. hebd. de la Soc. de Biol. (Paris). 1901. 27. juillet. 
p. 839. 

IX. Nebennieren. 

1901 28) Bigard u. Bernard, Compt. rend. Soc. Biol. 1901. No. 7. p. 161; La presse 

m^oicale. 1901. No. 15. p. 76. 

X. Schilddriise. 

1902 29) Gouts charukow, Centralbl. f. Pathol. Bd. XIII. 1902. No. 4. p. 121. 

XI. Placenta. 

1902 30) Weichardt, Experimentelle Studien iiber die Eklampsie. (Deutsche med. 
Woch. 1902. No. 35. p. 624.) 

Literaturveraeichnis B. 

Pankreas (Langerhanssche Inseln) und Diabetes mellitus.; 
(Chronologisch.) 

1895 1) Dieckhoff, Beitrage zur pathologischen Anatomie des Pankreas. Festschrift 
fur Thierfelder. Leipzig (Langkammer) 1895. (Ausfuhrl. Arbeit.) 
la) Ssobolew, Centralblatt f. allg. Path. u. path. Anat. Bd. XI. 1900. p. 202. 
(Vorl. Mitteil.) 

1900 2) Schulze, Walter, Die Bedeutung der Langerhansschen Inseln im Pan¬ 

kreas. (Arch. f. mikr. Anat. Bd. LVI. 1900. p. 491.) 

3) Opie, On the histology of the islands of Langerhans of the pancreas. (Johns 
Hopkins Hospital Bulletin. 1900. No. 114. p. 205—209.) 

1901 4)-, On the relation of chronic interstitial pancreatitis to the islands of 

Langerhans and to Diabetes mellitus. (Joura. of exper. medicin. Vol. V. 1901. 
p. 398-428.) 

5) -, Relation of diabetes mellitus to lesions of the pancreas. Hyaline de¬ 

generation of the Islands of Langerhans. (Journ. of exper. med. Vol. V. 1901. 
No. 1. p. 527—540.) 

6) Weichselbaum u. Stangl, Zur Kenntnis der feineren Veranderungen des 
Pankreas bei Diabetes mellitus. (Wiener kUn. Woch. 1901. No. 41.) 

7) Hansemann, Ueber die Struktur und den Wert der Gefafiinseln des Pan¬ 
kreas. (Verhandlungen der Deutschen pathol. Gestllsch. in Hamburg. 1901. 
p. 187.) 

8) Wright u. Joslin, Journ. of med. research. Vol. VI. 1901. p. 360. 

9) Weichselbaum u. Stangl, Weitere histologische Untersuchungen des Pan¬ 
kreas bei Diabetes mellitus. (Wiener klin. Woch. 1902. No. 38. p. 969—977.) 

1902 10) Schmidt, M. B., Ueber die Beziehung der Langerhansschen Inseln des Pan¬ 

kreas zum Diabetes mellitus. (Munch, med. Woch. Jahrg. XLIX. 1902. No. 2. 
p. 51.) 

11) Ssobolew, Zur normalen und pathologischen Morphologie der inneren Sekre- 
tion der Bauchspeicheldruse. [Die Bedeutung der Langerhansschen Inseln.] 
(Virch. Arch. BcL CLXVIII. 1902. p. 91—127. [Ausfiihrliche Arbeit.]) 

12) Herzog, Zur Histopathologic des Pankreas beim Diabetes mellitus. (Virch. 
Arch. Bd. CLXVIII. 1902. p. 83-91.) 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 37 


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578 CentralbL f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXI7. No. 6. 

1903 13) Joneway u. Oertel, Bemerkung zur Pathologie der Zuckerharnruhr. (Yirch. 
Arch. Bd. CLXXI. 1903. p. 547. [1 Fall, negativ.]) 

14) Herxheimer, Zur Frage dee Yerhaltens der Langerhansschen Zellinseln im 
Pankreae bei Diabetes mellitus. Festschrift fiir Orth. Berlin (Hirschwald) 
1903. p. 38. 

15) Fischer, Bernhard, Ueber Lipamie und Cholesteramie, sowie Veranderung 
dee Pankreae und der Leber bei Diabetes mellitus. (Yirch. Arch. Bd. CLXXIl. 
1903. p. 30.) 

▲lphabetiaches Veneichnis der im Text oder Literaturveraeiohnis genannten 

▲atorea. 


Aschoff: Text 
Ascoli (u. Figuri): A 21. 
Belfanti (u. Carbone): Text 
Bernard (Bigart u. B.): A 28. 
Bierry: A 20, 27. 

Bigart (B. u. Bernard) A 28. 
Bordet: Text. 

Buchner: Text. 

Carbone (Belfanti u. C.): Text 
Castaigne (u. Rathezy): A 22. 
Ceconi (u. Rotecchi): A 10. 
Centanni: A 12. 

Creite: Text 
Delezenne: A 13, 17, 23. 
Deutsch: A 25, Text. 
Dieckhoff: B 1. 

Dungern, v.: A 15, Text 
Ehrlich: Text 
Figuri (Ascoli u. F.): A 21. 
Fischer, B.: B 15. 

Fliigge: Text 
Fodor: Text. 

Funk: A 2. 

Gladin: A 3. 

Gontscharukow: A 29. 
Grohmann: Text 
Hansemann: B 7, Text 
Herxheimer: B 14, Text. 
HerzOg: B 12. 

Joneway (J. u. Oertel): B 13. 
Joslin (Wright u. J.): B 8. 


Landois: Text 
Land steiner: Text. 

Lindemann: A 16. 

London: A 9, Text. 

Metalnikoff: A 5. 

Metschnikoff: A 1, 4. Text. 
Morgenroth (Ehrlich u. M.): Text. 
Moxter: A 6. 

Nefedieff: A 19. 

Oertel (Joneway u. O.): B 13. 
Opie: B 3, 4, 5. 

Pfeiffer, R.: Text. 

Piorkowski: Text. 

Pitfield: A 11. 

Rathezy (Castaigne u. R.): A 22. 
Ravenna: A 14. 

Robecchi (Ceconi u. R.): A 10. 
Salvioli: A 8. 

Schmidt, M. B.: B 10. 

Schiitze: A 18, 24. 

Schulze, W.: B 2. 

Silberschmidt: Text. 

Ssoboiew: B 11. 

Stangl (Weichselbaum u. St): 
B 6, 9. 

Surmont: A 26. 

Weichardt: A 7, 30. 
Weichselbaum (W. u. Stangl): 
B 6, 9. 

Wright (W. u. Joslin): B 8. 


Nachdruck verboteiu 

Naphtolblau als Reagens auf Bakterienfett 

Von Professor Dr. Arthur Meyer, Marburg. 

Die in dem Cytoplasms der Bakterien vorkommenden kbrnigen oder 
trdpfchenfdrmigen Gebilde habe ich, entsprechend ihren verschiedenen, 
meist sehr charakteristischen Reaktionen, in Zellkern, Volutin, Fett, 
Glykogen und Jogen eingeteilt Die haupts&chlichsten Methoden zum 
sicheren Nachweis der zuletzt genannten, auch welche fiir die Erkennung 
der Bakterienspecies recht wichtigen vier Kdrperklassen habe ich in 
meinem -Praktikum der botanischen Bakterienkunde“ (Jena, Fischer, 
1903) nochmals zusammengestellt Dort ist auch die wichtigste hierher 
gehOrige Literatur zu linden. 

Die Herren A. Dietrich und G. Liebermeister teilten nun in 
dieser Zeitschrift (I. Abt. Originale. Bd. XXXII. 1902. p. 858) eine Be- 


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Meyer, Naphtolblau als Reagens auf Bakterienfett. 


579 


obachtung fiber die Ffirbung von Einschlfissen des Milzbrandbakteriums 
dorch Naphtolblau mit. Aus den Angaben der Autoren schien mir ziem- 
lich sicher hervorzugehen, dafi die von ihnen geffirbten „Granula“ Fett- 
trdpfchen waren, doch blieb es mir zweifelhaft, ob nicht doch auch 
Volutin durch den Farbstoff geblfiut werden kfinne. 

Leicht kann man sich nun zuerst davon fiberzeugen, dafi der bei 
dem von den Autoren angewandten Verfahren unter dem Einflusse dee 
Sauerstoffs der Luft etttstehende, in Wasser anscheinend nur schwierig 
und nur kurz nach seiner Bildung etwas reichlicher lfisliche Farbstoff 
von dem Bakterienfette sofort aufgenommen wird, dieses intensiv far bend. 
Man braucht fflr den Ffirbeversuch nur Bakterienspecies zu verwenden, 
deren genaue Untersuchung gezeigt hat, dafi sie reichlich Fett, aber 
niemals Volutin ffihren. Ich verrfihrte ein Trfipfchen einer filtrierten 
1-proz. Lflsung von Dimethylparamethylendiamin (Base) auf dem Objekt- 
tr&ger mit einer Spur der Kolonie von Bacillus megaterium 
Heintze und ffigte einige Oesen voll einer Lfisung von a-Naphtol in 
1-proz. Sodalosung hinzu. Nach einigen Minuten ffirbte sich das Ge- 
misch sehr schwach blfiulich und als ich, nach Auflegen eines Deckglases, 
beobachtete, fand ich die Fetttropfen tief blau geffirbt. Die Ffirbung 
verschwand, als ich dem Prfiparate 1-proz. Schwefelsfiure zusetzte. 

Wfiren die Lfisungen der Base und des a-Naphtols haltbarer, so 
hfitten wir in dem Naphtolblau ein ausgezeichnetes Fettreagens voruns; 
denn obgleich die beiden Fettfarbstoffe Sudan und „Gelb“ bei richtiger 
Anwendung, in fibersfittigter Lfisung, intensiv rot oder gelb ffirben, ist 
doch die Intensitat der blauen Naphtolblauffirbung eine viel grofiere. So 
leistet auch das Naphtolblau bei dicken Pilzhyphen ffir den Fettnachweis 
erheblich mehr als Sudan und ebenso zum Nachweis von Suberinlamellen 
in Pflanzenzellen. Selbstverstfindlich ffirben sich auch sehr kleine 
Trfipfchen von Olivenol sehr intensiv in dem Naphtolblau-Reagens. 

Zur Entscheidung der Frage, ob der blaue Farbstoff auch vom 
Volutin aufgenommen werde, habe ich den fettfreien und Volutin ent- 
haltenden Bacillus alvei benutzt. Ich strich die Bakterien auf ein 
Deckglas aus, trocknete, fixierte und bedeckte die Materialseite des Deck¬ 
glases einige Zeit mit dem Reagenzgemisch. Nach dem Abspfilen der 
Farbflfissigkeit mit Wasser legte ich das Deckglas auf einen Objekttrager 
und beobachtete. Das Volutin war ungeffirbt. Ich liefi hierauf Methylen- 
blau (1 + 10) unter das Deckglas fliefien, bis die Bakterien tief blau ge¬ 
ffirbt waren, saugte dann die Farblosung ab und setzte 1-proz. Schwefel- 
sfiure hinzu. Jetzt traten die Volutinmassen blau geffirbt hervor. Volutin 
wird also durch das Naphtolblau nicht geffirbt. 

Ueber das Volutin mfichte ich schliefilich noch sagen, dafi es, ebenso- 
wenig wie die zur Gruppe der Fette gehOrenden Einschlfisse des Cyto- 
plasmas der Bakterien, ein den Bakterien eigentflmlicher Stoff ist. Ich 
habe bis jetzt Stoffe, welche durchaus alle charakteristischen Reaktionen 
des Bakterienvolutins zeigen, nachweisen kfinnen bei verschiedenen 
Ordnungen der Pilze, bei den Florideen, Cyanophyceen, Diatomeen und 
Chlorophyceen. Fflr einige andere Pflanzengruppen, die Volutin zu 
besitzen scheinen, habe ich die mikrochemische Untersuchung noch nicht 
genfigend eingehend durchgeffihrt. Dabei ist zu bemerken, dafi auch 
die Form des Auftretens und der Ort der Ablagerung in der Zelle fiber- 
all gleich ist. 


37* 


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580 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Nachdruck verboten. 

Weiteres zur kulturellen Differenzierung der Ruhrbacillen 
gegeniiber ruhrahnlichen Bakterien. 

[Aus dem Kgl. Institut flir Infektionskrankheiten zu Berlin (Direktor: 

Geh. Medizinalrat Prof. Dr. R. Koch).J 

Von Stabsarzt Dr. H. Hetseh, kommandiert zum Institut. 

Die kulturellen und biologischen Unterscheidungsmerkmale der 
Ruhrbacillen gegeniiber den ruhrahnlichen Bakterien sind teilweise so 
geringffigige, dafi die Stellung einer sicheren Differentialdiagnose durch 
die Kultur in vielen Fallen mit grofien Schwierigkeiten verkniipft ist. 
Nicht nur die allgemein gebrauchlichen Nahrboden lassen hier im Stich, 
auch der Lackmus-Laktose-Agar und die Lackmusmolke bieten nicht 
gegeniiber alien ruhrahnlichen Bakterien in die Augen fallende Unter¬ 
scheidungsmerkmale, besonders nicht nach 24-stiindigem Wachstum der 
Eulturen. Der einzige Nahrboden, welcher sich in dieser Beziehung 
bisher als verlafilich erwiesen hat, ist der von Lentz 1 ) angegebene 
Lackmus-Mannit-Agar. Jedoch auch in diesem ist bei der Mehrzahl der 
ruhrahnlichen Bakterien, wie z. B. bei den Stammen „Pseudodysenterie 
I und II“, die Entscheidung erst nach 48-stiindigem Wachstum der 
Stichkulturen moglich. 

In der Erwagung, daB der Grund hierfiir in der Konsistenz des 
Nahrbodens liege, habe ich versucht, durch Modifizierung der urspriing- 
lich von Barsiekow 2 ) zur Unterscheidung des Typhusbacillus vom 
Bacterium coli commune angegebenen fliissigen Lackmus-Nutrose- 
Nahrmedien und unter Benutzung der von Klopstock 3 ) empfohlenen 
Abanderungen derselben einen Nahrboden herzustellen, der moglichst 
schon nach 24 Stunden eine sichere Differentialdiagnose des Ruhr- 
bacillus und der ihm ahnlichen Bakterien ermoglicht Angeregt durch 
die guten Erfahrungen, die mit Man nit und Maltose als Zusatz zu 
Dysenterienahrbdden gemacht wurden, habe ich ebenfalls diese beiden 
Kohlehydrate an Stelle von Milchzucker und Traubenzucker zu der 
Lackmus-Nutrose-Losung zugesetzt und dann durch Variieren des Lack- 
mus- und Zuckergehaltes ausprobiert, wie der Nahrboden zusammen- 
gesetzt sein mull, urn den an ihn gestellten Anforderungen nach Mbg- 
lichkeit zu genii gen. 

Am besten bewahrte sich mir fUr den Mannitnahrboden ein Gehalt an 

1 Proz. Nutrose, 0,5 Proz. Kochsalz, 5 Proz. Lackmuslosung (nach 
Kahlbaum) und 2 Proz. Mannit, wahrend fur den MaltosenShrboden 
ein Maltosegehalt von 2,5 Proz. die besten Resultate lieferte, bei sonst 
analoger Zusammensetzung. 

Die Herstellung der Nahrbdden geschieht folgendermaBen: 10 g 
Nutrose werden mit 5 g Kochsalz und 1 1 Aqua destillata zusammen 

2 Stunden gekocht. Des weiteren werden 50 g Lackmuslosung zu¬ 
sammen mit 20 g Mannit (bezw. 25 g Maltose) 10 Minuten lang ge¬ 
kocht. Nachdem beide Losungen auf ca. 50° abgektthlt sind, werden 


1) Zeitschr. f. Hvg. u. Infektionskrankh. Bd. XLI. p. 559 ff. 

2) Wiener klin. llundschau. 1901. No. 44. 

3) Berliner klin. Wochenschr. 1902. p. 803 ff. 


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Hetsch, Wei teres zur kulturellen Differenzierung der Ruhrb&cillen etc. 581 


sie miteinander gut gemischt und in sterile Reagenzgl&ser gefullt^ welche J 
sogleich noch einmal V* Stunde lang im Dampftopf sterilisiert werden. j 
Eine l&ngere Sterilisierung ist unnotig, da die angegebene Dauer er- j 
fahrungsgem&fi genOgt, ja sie ist sogar sch&dlich, da bei langerem Er- j 
hitzen zu groBe Kohlehydratmengen zersetzt werden und dadurch die 
Brauchbarkeit der KulturflQssigkeit vermindert wird. Der Mannit- 
Nutrose-Nahrboden hat eine blaulich-violette Farbe, w&hrend das Mal- 
tose-Nutrose-Gemisch einen mehr rotvioletten Farbenton zeigt. Die 
Nahrboden sind in vbllig sterilem Zustande lange Zeit haltbar, eine ge- 
ringe Kaseinabscheidung aus der Nutrose setzt die Brauchbarkeit nicht 
herab. 

Zum Zwecke differentialdiagnostischer Untersuchungen wird die 
NShrfliissigkeit nach Beimpfung in sterile G&rungskolbchen gefttllt und 
man kann dann nach 24-stQndigem Verweilen im BrUtschranke an den 
Kulturen beobachten, 1) ob die einges&te Bakterienart Saure bezw. Alkali 
gebildet hat oder ob sie die Farbe des Nahrbodens unverSndert ge- 
lassen hat, 2) ob sie das Kaseln der Nutrose zur Koagulation gebracht 
und 3) ob sie Gas gebildet hat. Urn ersteres festzustellen, muB man 
natttrlich stets ein unbeimpftes Kontrollkolbchen zum Vergleich heran- 
ziehen. 

Ich habe in beiden Nahrboden sSmtliche echten RuhrstBmme und 
ruhrahnlichen Stamme gepriift, die mir im Institut zur Verfflgung standen, 
und habe auBerdem zum Vergleich noch Bacterium coli commune, 

2 Typhusst&mme und 3 typhus&hnliche Bakterien, Paratyphus Br'ion- 
Kayser (Typus A), Paratyphus Schottmiiller-Seemann (Typus B), 
sowie das Saarbrflckener Stabchen herangezogen. 

Was die Herkunft der Ruhr- und ruhrahnlichen Stamme anbelangt, 
so stammt die Kultur „Shiga“ aus Japan, „Kruse“ aus Westfalen, 
„Th. Miiller“ aus Graz, „Flexner-New Haven" aus Nordamerika, 
die Stamme „Andersen“, „Przygode“, „Schwarte“, „Strat- 
mann", sowie „Barabinow“ aus der Dbberitzer Epidemic des 
Jahres 1901. „Pseudodysenterie Kruse" stammt aus Bonn, „Pseudo- 
dysenterie Lentz" aus dem Sudan, „Deyke-Milz" und fl Deyke- 
Stuhl" aus Konstantinopel, „Flexner I", „Flexner-Manila", sowie 
^Strong" von den Philippinen. Der Rest der Stamme wurde aus 
den Faeces von Chinakriegern isoliert, und zwar „Meerk6tter-Lazarett", 
„Meerk6tter ruhrahnlich" und „Homey“ in Deutschland, die flbrigen 
in China selbst (laufende No. 13 in Shangai, laufende No. 11, 12, 17, 
18, 19, 26—33 in Tientsin). 

Die Kulturen laufende No. 1—13 sind nach den Ergebnissen der 
Agglutinationsprobe mit hochwertigem Ruhrserum echte Kulturen, wah- 
rend die No. 14—33 ruhrahnliche Bakterien enthalten. 

Das Verhalten der untersuchten Bakterienstamme in den beiden 
beschriebenen Nahrboden geht aus den beigefflgten Tabellen hervor. 
Die dort verzeichneten Zahlen geben den Grad der Saurebildung 
an, ausgedrtickt in Kubikcentimeter Normalnatronlauge fflr 100 ccm 
KulturflQssigkeit, und wurden derart ermittelt, daB zu 10 ccm der 
Kulturflflssigkeit tropfenweise so lange Y,, 0 -Normalnatronlauge zuge- 
setzt wurde, bis mdglichst genau der Farbenton eines unbeimpften 
KontrollrQhrchens erreicht war. Bei starkerer Koagulation wurden die 
Koagula unter leichtem Erwarmen durch Zusatz bestimmter Mengen 
von Vs-Normalnatronlauge aufgelost und mit Yho-Normalschwefelsaure 
analog zurQcktitriert. Jene Zahlen, die sich aus den gebrauchten Alkali- 


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582 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Tabelte 1. 

Mannit--Lackmu8-Nutrose-Nahrboden. 


1 


Nach 24 Stunden 

Nach 48 Stunden 


Kultur 


Saure- 


Saure- 


Aussehen der Kultur 

bil- 

Aussehen der Kultnr 

bil- 

1 



dung 


dung 

1 

Shiga 

unverandert 

0 

unverandert 

0 

2 

Kruse 

desgl. 

0 

desgL 

0 

3 

Th. Miiller-Graz 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

4 

Flexner-New Haven 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

5 

Andersen 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

6 

Przygode 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

7 

Schwarte 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

8 


desgl. 

0 

desgl. 

0 

9 

Meerkotter-Lazarett 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

10 


desgl. 

0 

desgl. 

0 

11 

R. Wollers 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

12 

R. Raatz 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

13 

R. Grunwald 

desgl. 

0 

desgl. 

0 

14 

Flexner I 

starke Rdtung und Koagulation 

0,66 

0,54 

starke Rdtung und Koagulation 

0,76 

15 

Flexner- Manila 

desgl. 

desgl. 

0,60 

16 

Strong 

starke Rdtung, keine Koagu- 

0,20 

starke Rdtung, keine Koagu- 

0,46 


lation 


lation 


17 

Pseudodysenterie I 

unverandert 

0 

unverandert 

0 

18 

„ n 

leichte Rdtung, keine Koagulat. 
starke Rdtung und Koagulation 

0,06 

leichte Rdtung, keine Koagulat. 
starke Rdtung und Koagulation 

0,04 

19 

„ hi 

0,94 

0,82 

20 

„ Kruse 

starke Rdtung, keine Koagulation 
starke Rdtung, keine Koagu- 

0,54 

desgl. 

0,66 

21 

Meerk otter ruhrahn- 

0,52 

stance Rdtung und Koagulation, 

0,90 


lich 

lation 




22 

BarabiDow 

starke Rdtung und Koagulation, 
Gasbildung 

starke Rdtung, keine Koagu¬ 

1,54 

desgl. 

1,38 

23 

Pseudodysenterie 

0,56 

starke Rdtung und Koagulation 

0,68 


Lentz 

lation 




24 

Deyke-Milz 

starke Rotung, Koagulation, 

0,60 

starke Rdtung und Koagulation, 

0,58 


Gasbildung 

0,72 

Gasbildung 

0,70 

25 

Deyke-Stuhl 

desgl. 

desgl. 

26 

R. Zimmer 

starke Rdtung, keine Koagulation 

0,48 

starke Rdtung, keine Koagulation 

0,52 

27 

R. Dockhorn 

desgl. 

0,30 

desgl. 

0,42 

28 

R Heckner 

starke Rdtung, Koagulation 

0,52 

starke Rdtung und Koagulation 

0,66 

29 

R. Nix 

desgl. 

0,40 

desgl. 

0,46 

0,60 

30 

R. Muller 

desgl. 

0,56 

desgl. 

31 

R. £>6rschlag 

desgl. 

0,72 

desgl. 

0,76 

32 

R. 17. IX. 

starke Rdtung und Koagulation 

0,10 

desgl. 

1,10 

33 

R. Strauch 

unverandert 

0 

unverandert 

0 

34 

Typhus Schweizer 

starke Rdtung, keine Koagu¬ 

0,34 

starke Rdtung, keine Koagu-j 

0,52 


lation 


lation 


35 

„ c 

desgl. 

0,30 

desgl. 

0,52 

36 

Paratyphus Brion- 

starke Rdtung, geringe Koagu¬ 

0,36 

starke Rdtung, geringe Koagu¬ 

0,52 


Kayser (Typus A) 
Paratyphus Schott- 

lation 


lation 


37 

starke Rdtung, geringe Koagu¬ 
lation, Gasbildung 

0,38 

starke Rdtung, Koagulation, 

0,54 


muller - Seemann 


Gasbildung 

38 

(Typua B) 
Saarbriickener Stab- 
chen 

Bact. coli comm. 

desgl. 

0,44 

desgl. 

0,60 

39 

starke Rdtung und Koagulation, 

1,1 

desgl. 

1,46 



j Gasbildung 





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Hetsch, Wei teres zur kulturellen Differenzierung der Ruhrbacillen etc. 583 


Tabelle 2. 

Mai tose-Lackmus-Nutrose-Nahrboden. 




Nach 24 Stunden 

Nach 48 Stunden 

6 

Kultur 


Saure- 


Saure* 


Aussehen der Kultur 

bil- 

Aussehen der Kultur 

bil- 




dung 


dung 

1 

Shiga 

geringe Rotung, keine Koagu- 

0,04 

geringe Rotung, keine Koagu- 

0,04 

2 

Kruse 

desgl. 

0,04 

desgl. 

0,04 

3 

Th. Miiller-Graz 

desgl. 

0,04 

desgl. 

0,04 

4 

Flexner-New Haven desgl. 

0,04 

desgl. 

0,04 

5 

Andersen 

desgl. 

0,04 

desgl. 

0,04 

6 

Przygode 

desgl. 

0,04 

0,04 

desgl. 

0,04 

7 

Schwarte 

desgl. 

desgl. 

0,04 

8 

Stratmann 

desgl. 

0,04 

desgl. 

0,04 

9 

Meerkotter-Lazarett desgl. 

0,04 

desgl. 

0,04 

10 

Homey 

desgl. 

0,04 

desgl. 

0,04 

11 

R. Woilers 

desgl. 

0,04 

0,04 

desgl. 

0,04 

12 

R. Raatz 

■desgl. 

desgl. 

0,04 

13 

R. Griinwald 

1 desgl. 

i 

0,04 

desgl. 

0,04 

14 

Flexner I 

starke Rotung und Koagulation 

0,72 

starke Rotung und Koagulation 

0,82 

15 

Flexner-Manila 

starke Rotung, geringere Koagu¬ 
lation 

geringe Rotung, keine Koagu¬ 
lation 
desgl. 

0,60 

desgl. 

0,80 

16 

Strong 

0,04 

geringe Rotung, keine Koagu- 

0,06 

17 

Pseudodvsenterie I 

0,04 

desgl. 

0,04 

18 

„ n 

desgl. 

0,04 

desgl. 

0,04 

19 

, in 

stance Rotung und Koagulation 

0,78 

starke Rotung und Koagulation 

0,82 

20 

* Kruse 

geringe Rotung, keine Koagulat. 

0,04 

geringe Rotung, keine Koagulat. 
starke Rotung, keine Koagulation 

0,1 

21 

Meerkotter ruhrahn- 
lich 

Barabinow 

aeuthche Rotung, keine Koagu¬ 
lation 

starke Rotung und Koagulation, 

0,14 

0,28 

22 

1,08 

starke Rotung und Koagulation, 

1,42 



Gasbildung 


Gasbildung 


23 

Pseudodysenterie 

Lentz 

Deyke-Milz 

deutliche Rotung, keine Koagu¬ 
lation 

geringe Rotung, keine Koagulat., 

0,20 

starke Rotung, keine Koagulation 

0,52 

24 

0,04 ! 

geringe Rotung, keine Koagulat., 

0,04 


Gasbildung 


Gasbildung 


25 

Devke-Stuhl 

desgl. 

0,04 1 

desgl. 

0,04 

26 

R. Zimmer 

starkeRotung,keineKoagulation 

0,32 

starke Rotung, keine Koagulation 

0,56 

27 

R. Dockhorn 

desgl. 

0,42 

desgl. 

0,64 

28 

R. Heckner 

geringe Rotung, keine Koagulat. 
starke Rotung, keine Koagulation 

0,04 

deutl. Rotung, keine Koagulation 

0,2 

29 

R. Nix 

0,14 

starke Rotung, keine Koagulation 

0,16 

30 

R. Muller 

desgl. 

0,06 

desgl. 

starke Rotung, geringe Koagulat. 
starke Rotung und Koagulation 

0,08 

31 

R. Dorschlag 

deutl. Rotung, keine Koagulation 

0,30 i 

0,55 

32 

R. 17. IX. 

starke Rotung und Koagulation 

1,40 : 

0,92 

33 

R. Strauch 

geringe Rotung, keine Koagulat. 

0,04 

leichte Rotung, keine Koagulation 

0,08 

34 

Typhus Schweizer starke Rotung, geringe Koagulat. 

0,29 ! 

starke Rotung, geringe Koagulat. 

0,44 

35 

,, ^ 

desgl. 

0,30 

desgl. 

0,41 

36 

Paratyphus Brion- 

starke Rotung, keine Koagulation 

0,25 i 

starke Rotung, keine Koagulation 

0,26 

37 

Kayser (Typus A) 
Paratvphus Schott- 
muller - Seemann 

starke Rotung, keine Koagu- 

0,22 , 

starke Rotung, keine Koagu¬ 

0,33 


lation, Gasbildung 


lation, Gasbildung 


38 

(Typus B) 
Saaroriickener Stab- 

desgl. 

0,30 i 

starke Rotung, leichte Koagu¬ 

0,48 


chen 


lation, Gasbildung 


39 

Bact. coli comm. starke Rotung und Koagulation, 

1,18 i 

starke Rotung und Koagulation, 

1,66 



Gasbildung 


Gasbildung 



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584 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 

bezw. Sfiuremengen dann leicht berecbnen lieBen, konnen natflrlich keine 
bindenden und sich stets gleichbleibenden Werte darstellen, die eventuell 
zur Artunterscheidung verwendet werden konnen. Sie schwanken viel- 
mehr in gevissen Grenzen, besonders dann, wenn die NfihrbQden nicbt 
aus Nutrose derselben Herkunft hergesteilt werden, weil ja die Nutrose 
ein sich nicht stets gleichbleibendes EiweiBprfiparat ist. Dennoch babe 
ich geglaubt, diese Zahlen, die sich mir als Mittelwerte bei mehrfachen 
Untersuchungen ergaben, mitteilen zu sollen, um ein anschaulicheres 
Bild fiber die von den einzelnen Bakterienstfimmen gebildete Sfiure- 
menge zu geben. 

Betrachten wir nun die in den Tabellen verzeichneten Resultate, 
so finden wir zunfichst, daB die 13 echten Ruhrstfimme sich kulturell 
vfillig gleich verhalten und daB der groBte Teil der ruhrfihnlichen Bak- 
terien schon nach 24 Stunden eine auffallende Verfinderung der Nahr- 
boden verursacbt hat. Selbstverstfindlich fallen, da bei echten Ruhr- 
bacillen niemals Gasbildung beobachtet wird, alle gasbildenden Stfimme, 
auch wenn sie keine Farbfinderung oder Eoagulation des Nfihrbodens 
bewirkt haben, aus. Auch die beweglichen Arten (Pseudodysenterie I, 
Barabinow, Pseudodysenterie Lentz) kommen ffir eine kulturelle 
Differentialdiagnostik kaum in Frage und sind hier nur der Vollstfindig- 
keit halber mitgeprfift. 

Ein Vergleich der beiden geprfiften Nfihrflfissigkeiten untereinander 
ffillt entschieden, ebenso wie dies Lentz bei den analogen Agarnahr- 
boden gefunden hat, zu Gunsten des Mannitnahrbodens aus. 

In ihm wfirden von den 26 geprfiften Eulturen den echten Ruhr- 
bacillen gegenfiber nur ^Pseudodysenterie I u und „R. Strauch“ nicht 
zu differenzieren sein. Von diesen ist aber „Pseudodysenterie 1“ be- 
weglich und trfibt Lackmusmolke, wfihrend der Stamm „R. Strauch“ 
in Bouillon stark Indol bildet und schon wegen seines dicken und fibel- 
riechenden Agarwachstums kaum zu Verwechselungen mit echten Ruhr- 
bacillen ffihren kann. 

Vergleicht man nun das Verhalten der geprfiften Stfimme in dem 
Mannit-Lackmus-Nutrose-Nfihrboden mit demjenigen ira Mannit-Lackmus- 
Agar, so findet man eine weitgehende Uebereinstimmung der Resultate. 
Die Farbverfinderungen sind jedoch in dem beschriebenen flfissigen 
Nfihrsubstrat viel deutlichere, weil dem Agar gegenfiber die Reduktion 
fortffillt, welche die Beurteilung der Farbe erschwert, und ferner, weil 
die gebildete Sfiure sich in dem flfissigen Nfihrboden leichter verteilen 
kann als in dem festen, in welchem, namentlich bei geringen Sfiure- 
graden, die um den Impfstich herum gelegenen zentralen Schichten des 
Agars anders geffirbt sind als die fiufieren. Deshalb sind auch — und 
das scheint mir ein besonderer Vorteil gegenfiber dem Mannitagar zu 
sein — die Reaktionen schon durchweg nach 24 Stunden deutlich genug 
sichtbar, um zu einem definitiven Urteil verwendet werden zu kdnnen. 
Als weiterer Faktor kommt die Eoagulation des Nutrosekasel'ns hinzu. 
DaB dieselbe nicht lediglich durch den Grad der Sfiurebildung bewirkt 
wird, geht aus den in den Tabellen mitgeteilten Aciditfitszahlen hervor. 
Der Stamm ^Pseudodysenterie Eruse“ ruft z. B. bei Bildung von 
0,54 Sfiure keine Eoagulation hervor, wfihrend durch den Typus A der 
Paratyphusbacillen schon bei 0,36 EiweiBf&llung eintritt. Moglicherweise 
ist hier die Art der gebildeten Sfiure entscheidend. 

Weiterhin tritt bei der Verwendung der beschriebenen Nfihrflfissig- 
keit in Gfirungskdlbchen auch etwaige Gasbildung viel deutlicher zu 


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Hirschbruch u, Schwer, Die Choloradiagnose mit Hilfe eines Spezialagars. 585 


Tage als bei Stichkulturen in Mannitagar. Auffallend ist, daB der Stamm 
„Pseudodysenterie Lentz“ in der Mannit-Nutrose-Nahrlosung kein Gas 
bildet, w&hrend dies im Mannitagar der Fall ist. Offenbar verden in 
letzterem die gasfOrmigen Zersetzungsprodukte aus dem Pepton des 
Agars gebildet, wahrend die EiweiBstoffe der Nutrose nicht unter Gas- 
bildung zersetzt werden. Man mQBte dann annehmen, daB jenes Bak- 
terium sich Albumosen gegen&ber anders verhielte als Albuminaten 
gegenflber. Vielleicht ist aber auch das aus den Eiweifikdrpern ge- 
bildete Gas in beiden NahrbOden dasselbe, jedoch von solcher Be- 
schaffenheit, daB es nur in dem festen Substrat in Erscheinung tritt, 
wahrend es durch die Flflssigkeit absorbiert wird. Auch hier wflrde 
iibrigens die Art der gebildeten Saure eine Rolle spielen konnen. 

Die Maltose-Lackmus-Nutrose-Losung ist, wie ein Blick auf Tabelle 2 
lehrt, zur kulturellen Unterscheidung der Ruhrbacillen von den ruhr- 
ahnlicben Bakterien weit weniger brauchbar. Unter den hier erhaltenen 
Resultaten ist auffallend, daB die St&mme „ Deyke-Milz“ und „Deyke- 
Stuhl“, die alien sonstigen kulturellen Eigenscliaften nacb als der Gruppe 
des Bacterium coli commune sehr nahestehend bezeichnet werden 
mils sen, auBer der Gasbildung den N&hrboden unverandert, lassen, 
wahrend das Bacterium coli starke Rotung und Koagulation her- 
vorruft. 

Die hier beschriebene Mannit-Lackmus-Nutrose-L5sung ist also, wie 
aus den mitgeteilten Untersuchungen hervorgeht, kein Nahrmedium, 
durch welches eine sichere Artunterscheidung des Ruhrbacillus und der 
ruhrahnlichen Bakterien ermoglicht wird. Die Zfichtungsergebnisse in 
ihr stehen ja wohl auch, wie alle biologischen Reaktionen, gegenflber 
den Resultaten, die uns die Agglutination mit einem hochwertigen 
Dysenterieserum in viel kflrzerer Zeit liefert, zurflck; immerhin dflrfte 
die in Frage stehende Zflchtung, namentlich wenn sie mit der An- 
wendung der Lackmusmolke Hand in Hand geht, zur kulturellen Diffe- 
renzierung des Ruhrbacillus unter Umstanden mit Vorteil zu verwenden 
sein. 


Nachdruck verboten. 

Die CMeradiagnose mit Hilfe eines Spezialagars. 

fAus dem Konigl. hygienischen Institut in Posen. Direktor: Medizinal- 
rat Prof. Dr. Wernicke.J 

Von 

Dr. Hirschbruch, und Dr. Schwer, 

Aesistent am Institut. Oberarzt im Inf.-Reg. 47, 

kommandiert zum Institut. 

Untersuchungen, die wir darflber angestellt haben, welche Bakterien- 
arten auf dem Typhusagar nach v. Drigalski-Conradi wachsen, 
haben wir zur Veroffentlichung an die hygienische Rundschau gegeben 
und hoffen, daB die Arbeit bis zum Erscheinen der vorliegenden Zeilen 
bereits gedruckt vorliegen wird. 

Bei Strichimpfungen auf D.-C.-Agar haben wir uns oft davon flber- 
zeugen kflnnen, daB Cholera nicht bloB sehr fippig wflcbst, sondern auch 
im Gegensatz zum Bact. coli schflne blaue Kolonieen bildet, deren 
Farbe bereits nach kurzer Zeit — manchmal schon nach 6 Stunden — 


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586 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 

deutlich erkennbar ist Desbalb haben wir in der erw&hnten Arbeit, 
welche nur die Form einer vorlaufigen Mitteilung hatte, D.-C.-Agar an- 
gelegentlichst fflr die Choleradiagnose empfohlen. Die Wichtigkeit der 
raschen and sicheren Diagnosestellung bei Cholera veranlaBte uns, diese 
Frage noch besonders zu prfifen, unabhflngig von alien anderen in der 
vorlaufigen Mitteilung auBerdem berflhrten Punkten. 

Die Untersuchungen, die diesem Zwecke speziell gewidmet sind, 
zerfallen in eine groBere Zahl von Vorversuchen, welche wir mit ver- 
schiedenen Nahrboden angestellt haben, und in einen Hauptversuch mit 
einem Nahrboden, der sich als besonders zweckmafiig erwiesen hat 

Die Benfltzung von Kristallviolett im Verhaltnis von 1:100 000 ist 
entsprechend der Vorschrift, die D. und C. gegeben haben, sehr zu 
empfehlen, da dasselbe ebensowenig wie bei Coli und Typhus die 
Wachstumsgeschwindigkeit der Cholera hemmt. Ein Vorzug des Zu- 
satzes ist es ferner, dafi eine groBe Zahl von Luftkeimen auf den pra- 
parierten Platten gar nicht angehen, und daB besonders die sonst so weit 
verbreiteten und (ippig alles andere flberwuchernden Bakterien aus der 
Gruppe des Kartoffelbacillus erst nach mehreren Tagen — also wenn 
unsere Platten langst aufier Versuch sind — kleine Kolonieen gebildet 
haben. 

Dagegen haben wir uns fflr die Bereitung unseres Choleraagars 
nach vielfachen Vorversuchen dahin entschieden, auf den Zusatz von 
Nutrose zu verzichten. Bei der friihzeitigen Bildung blauer Cholera- 
kolonieen kommt es ganz wesentlich darauf an, den Agar mit denjenigen 
Eigenschaften auszustatten, welche eine frfihzeitige Rotfarbung der Ko¬ 
lonieen saurebildender Bakterien, besonders des B. coli, ermdglichen. 

Wir halten es auch fflr dringend notwendig, einen der Cholera¬ 
diagnose dienenden Nahrboden rasch herstellen zu kdnnen. Das lafit 
sich, ohne die Gflte des Nahrbodens zu beeintrachtigen, durch Ver- 
wendung von Fleischextrakt sehr gut bewerkstelligen. 

Bei der vergleichsweisen Benfltzung eines schwach alkalisierten und 
eines starker alkalischen Milchzucker-Lackmusnahrbodens haben sich 
beide als tauglich erwiesen. Der schwach alkalische Agar ist aber ent¬ 
schieden reaktionsfahiger und darum zweckmafiiger. Auf ihm hat nach 
21 Stunden Cholera bis 2 mm, Coli bis 3‘/s mm groBe Kolonieen ge¬ 
bildet. Coli ist dabei rot mit deutlicher roter Saurezone und be- 
sitzt bereits in seinen grflfieren Kolonieen konzentrische Schichtung. 
Cholera ist von schoner blauer Farbe ohne farbige Zonenbildung des 
Agars um die Kolonieen herum, die von gleichmaBig homogener Be- 
schaffenheit sind. Die Cholerakolonieen verlieren allmahlich ihre glasige 
Beschaffenheit und sind nach 2 Tagen in Aufsicht intensiv blau gegen- 
flber dem violett-roten Coli. Die ganze Platte ist durch die Sfiure- 
bildung des Coli rot geworden. Bei Durchsicht sind die Coli-Kolo¬ 
nieen leuchtend rot, wahrend die Cholera sich durch ihre dunkelblaue 
Farbe und minimale Durchsichtigkeit flberall deutlich abhebt, auch dort, 
wo zwei verschiedenartige Kolonieen ineinander gewachsen sind, Oder 
wo eine Cholerakolonie in einem ganzen Streifen von Coli vereinzelt 
eingebettet ist Die GrQBe der Saurebildung, die Nahe der Coli-Kolo¬ 
nieen beeintrachtigen weder das Wachstum noch die Erkennbarkeit der 
Cholera; im Gegenteil: sie lassen den Farbenunterschied nur um so 
deutlicher hervortreten. 

D. und C. haben in der richtigen Erkenntnis, daB die Erkennung 
der Typhuskolonieen auf ihrem Agar durch starke Saurebildung von 


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Hirschbruch u. Schwer, Die Choleradiagnose mit Hilfe eines Spezialagars. 537 


seiten des Coli erschwert, ja unmoglich gemacbt wird, darauf Bedacht 
genommen, durch bohen Agargehalt (3-proz.) die DiffusionsmSglichkeit 
fflr die entstehende Sflure zu vermindern. Bei dem Nahrboden, den 
wir fflr nnsere Zwecke gebrauchen, war es gerade niitzlich, die Aus- 
breitung der S&urezone nicht zu hindern, zumal Cholera nicht blofi 
selbst blaue Kolonieen bildet, sondern auch genflgend Alkali frei macht, 
am sich in schwach alkalischem Agar von violettem Aussehen mit einer 
blauen Langenzone zu umgeben. 

Wir glauben bei dem raschen Wachstum der Cholera und ihrer 
starken Alkalibildung, die doch nur nQtig hat, den an sich schon blauen 
Farbenton des Nahrbodens noch zu vertiefen, daB es bei der Diagnose 
der Cholera aus Faeces durch Farbenreaktion des Nahrbodens gerade 
darauf ankommt, die mdglichst friihzeitige Rdtung der Coli-Kolonieen 
sicherzustellen. 

Wir haben auch umgekehrt den Versuch gemacht, ein C 0 1 i - Cholera- 
Gemisch auf einem sauren Lackmus-Milchzuckernahrboden zu zflchten. 
Die Alkalibildung reicht dann aber doch nicht aus, um die Cholera- 
kolonieen schnell genug blau zu farben. 

Was nun die Methodik bei der Anlegung der Kulturen anbetrifft, 
ist es natflrlich kaum moglich, mit einem Glasspatel, wie ihn Drigalski 
und C 0 n r a d i angegeben haben, auf Agar von geringerer Konzentration 
Fiachenimpfungen vorzunehmen, ohne den Nahrboden zu zerquetschen 
Oder zu zerreiBen. Wir sind sowohl mit einer kleinen Oese aus dickem 
Platindraht wie mit einer aus Glas gefertigten geknflpften Nadel, die 
leicht wie ein Trommelschlagel gefaBt wird, sehr gut zum Ziele ge- 
kommen und haben nach der Ausstrichmethode stets einzeln liegende 
Kolonieen auf dem grflBten Teile der Platte erhalten. Der Vorteil be- 
steht darin, daB wir nicht Serien von Kulturen anzulegen gendtigt sind. 
Wollen wir einmal 2 Platten benutzen, dann ist jede fflr sich zu be- 
impfen und jede fflr sich brauchbar als Ergflnzung uud zur Kontrolle 
der anderen Platte. 

Die Unterscheidbarkeit verschieden gefflrbter Kolonieen auch dort, 
wo die Unterschiede nur gering sind, wird durch eine mittlere Dicke 
der Agarschicht erleichtert. Ungefahr 8 ccm von dem Agar, in eine 
Petrische Schale gegossen, geben die geeignetste Dicke. 

Wir haben den Agar fflr unsere Cholerauntersuchungen in folgender 
Art und Weise hergestellt: 

20 Agar, 10 Liebigs Fleischextrakt, 10 Pepton, 5 Kochsalz werden 
mit 1000 Leitungswasser l 1 /* Stunde gekocht, filtriert und wieder 
*/ 2 Stunde gekocht Nach Zusatz von 15 g Milchzucker wird */ 4 Stunde 
gekocht und mit einer sterilen wflsserigen Sodalosung von beliebigem, 
aber nicht zu geringem Gehalt so weit alkalisiert, daB die Blauf&rbung 
von rotem Lackmuspapier deutlich, die etwas tiefere Bl&uung von blauem 
Lackmuspapier gerade eben bemerkbar ist. 

Es folgt dann, genau wie bei dem Typhusn&hrboden von v. Dri¬ 
galski und Conradi, der Zusatz von 130 ccm Lackmuslflsung nach 
Kubel-Tiemann, die l /„ Stunde gekocht hat und von 10 ccm einer 
Ldsung, die von 0,1 Kristallviolett B (Hflchst) in 100 ccm heiBen sterilen 
dest. Wassers hergestellt ist. 

Nach dem Umschtttteln werden die Platten (mit je ca. 8 ccm Nahr¬ 
boden) gegossen und offen erstarren und abkflhlen gelassen. Das dauert 
etwa V, Stunde. Die Schalen sind dann gebrauchsfertig. 

Wir haben nun bei den zu beschreibenden Versuchen stets 2 Schalen 


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588 


CentralbL f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 6. 


nach der Strichelmethode beimpft. Das Resultat war immer auf beiden 
das Gleiche. 

Die Untersuchung der Eulturen ira auffallenden Licht (A) haben 
wir derart angestellt, daB wir auf einem gut belichteten Tisch, aber nicht 
direkt im Sonnenschein, ein Blatt weiCes Papier legten und die Platten 
nach Abnahme des Deckels in einigen Centimetern Entfernung parallel 
darQber hielten. 

Bei durchfallendem Licht (D) untersuchten wir, indem wir die 
Schalen, ebenfalls nach Abnahme des Deckels, vertikal zwischen nnser 
Auge und die Lichtquelle brachten und dann die Schale um ein geringes 
senkten. 

Wir haben die Untersuchung nach 10 und dann nach 20 Stunden 
vorgenommen und die Zeit fiir die Beimpfung absichtlich so gew&hlt, 
daB die Zeit fflr die erste Untersuchung auf die Abendstunden fiel. Wir 
wollten gerade fflr die frtihzeitige Diagnose — wenn also die Farben- 
differenzen in den Kolonieen der einzelnen Bakterienarten noch nicht so 
deutlich vorhanden sind — uns die Beobachtungsbedingungen mdglichst 
erschweren. Wir haben bei kflnstlicher Beleuchtung (Gasglflhlicht) unter- 
sucht. 

Es wurden sowohl mit Reinkulturen wie kflnstlichen und natttrlichen 
Bakteriengemischen Platten beimpft. Die Cholera-Faecesplatten haben 
wir aus einer Aufschwemmung von diarrhflischen Faeces in Pepton- 
wasser unter Zusatz von Choleravibrionen frisch angelegt, ohne voraus- 
gegangene Anreicherung. 

Die Ergebnisse unserer Untersuchungen sind folgende: 

1) Bact. coli (Stamm H) hat nach 10 Stunden aus einer Auf¬ 
schwemmung in Peptonwasser, die wir zur Beimpfung der Schalen be- 
ntttzten, Kolonieen gebildet, welche in A und D rot sind. Auch der 
N&hrboden ist in der Umgebung der Kolonieen schon vielfach rot ge- 
f&rbt (S&urezone). Diese Erscheinungen sind nach 20 Stunden noch viel 
deutlicher geworden. Hier sei auch davor gewarnt, die Platten allzu 
dttnn mit Agar zu beschicken. (Beim Typhusagar, der strikte nach den 
Vorschriften von v. Drigalski und Conradi hergestellt ist, trifft das- 
selbe zu.) Das B. coli bildet n&mlich, nachdem die S&ureproduktion 
vorflber ist, wieder Alkali. Auf Agar, den wir ohne Zusatz von Milch- 
zucker bereitet, den wir aber mit Milchs&ure schwach sauer gef&rbt 
hatten, bildete das C o 1 i - Bakterium sehr bald Alkali. Wir erkl&ren uns 
die Erscheinung so, daB nach dem Verbrauch des Milchzuckers die hier- 
bei gebildete Milchsfiure weiter zerlegt wird. Dabei muB der alkalische 
Grundcharakter des N&hrbodens wieder zum Vorschein kommen. Diese 
Erscheinung tritt nicht regelm&Big, und gewdhnlich auch erst auf alten 
Schalen ein. Auf zu dflnn angelegten Agarflachen kann sich eine frflh- 
zeitige Alkalibildung durch B. coli storend bemerkbar machen. Solche 
Kolonieen sind dann in A blau, in D weiBlich blau und wenig durch* 
sichtig. Sie konnen aber auf jflngeren, falsch hergestellten Schalen 
zu Verwechselungen mit Cholera gar keinen AnlaB geben. Bei richtiger 
Dicke des Agars ist das B. coli innerhalb der untersuchungsgerechten 
Fristen stets rot. — Ein zweiter Coli-Stamm besitzt dieselben Eigen- 
schaften. 

2) Bacillus typhi (Stamm L I): Nach 10 Stunden sind nur sehr 
kleine Kolonieen gewachsen, die in D deutlich blau sind. Bei A ist 
ihre Farbe noch nicht mit Sicherheit festzustellen. 

Die 20-stflndige Kultur besitzt bis 4 mm im Durchmesser grofie 


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Hirschbruch u. Schwer, Die Choleradiagnose mit Hilfe ernes Spezia)agars. 589 


Kolonieen von glasiger Beschaffenheit. Sie sind in Aufsicht und Durch- 
sicht blau. Ein zweiter Stamm hat gleiche Eigenschaften. 

3) Cholera: Zur Untersuchung kamen 4 St&mme: 

a) Calcutta ist nach 10 Stunden sehr fippig gewachsen. Die in A 
und D blauen Kolonieen sind bis 1 */* mm grofi. Die jungen Kolonieen 
sind dabei tautropfenartig-glasig. Die blaue Farbe der Cholera auf dem 
N&hrboden ist eine viel sattere als die des Typhus. Der Agar besitzt 
schon in der Umgebung vieler junger Kolonieen eine blaue Zone. Der 
Nahrboden ist namlich von vornherein violett. 

Nach 20 Stunden sind die Kolonieen bis 2*/» mm im Durchmesser. 
Bei A erscheinen sie milchigblau, bei D tiefhimmelblau. Die ganze Agar- 
flache ist inzwischen intensiv blau geworden. 

b) Jaffa weist nach 10 Stunden Kolonieen bis zu 2 mm Durch¬ 
messer auf. 

c) Cholera Aegypten 73 w&chst besonders fippig. Nach 20 Stunden 
sind bis 5 mm grofie Kolonieen vorhanden. 

d) Cholera Aegypten 74 verhfilt sich genau wie Cholera Calcutta. 

4) Nicht-Cholera Aegypten V wachst genau so wie Cholera. 

5) Nicht-Cholora Aegypten 77 gleicht nach 10 Stunden genau 
der echten Cholera; nach 20 Stunden sind die Kolonieen aber nicht so 
glasig und heller blau als bei Cholera. 

6) Nicht Cholera Aegypten 62 ist opaker als Cholera. 

7) Vibrio terrigenus ist nach 10 Stunden nicht gewachsen. 
Nach 20 Stunden sind vereinzelte Kolonieen vorhanden, die in A und 
D blau, aber sehr opak sind. 

8) Vibrio aquatilis gleicht dem vorigen. 

9) Elbvibrio: Nach 10 Stunden nihil; 20-stfindig ganz wie Cholera. 

10) Vibrio Finkler: wfichst langsamer als Cholera, ahnelt ihr 

aber sonst sehr. 

11) Vibrio Metschnikoff verh&lt sich genau wie Cholera. 

12) Der Bacillus acidi lactici besitzt nach 10 Stunden bis 
4 mm grofie Kolonieen, die in A und D rot sind. Eine starke rote 
SSurezone umgibt jede Kolonie. Nach 20 Stunden ist der ganze Agar 
rot. Wir wollten sehen, ob durch raschen Milchzuckeraufbrauch etwa 
frfihzeitige Blauf&rbung auftritt. 

13) Fluorescens liquefaciens: Einer von unseren Stain men 
wechselt in D nach 10 Stunden bei der geringsten Bewegung der Platte 
die Farbe zwischen blau, grfin und rot. In A ist er rot mit SSurezone. 
Die Kolonieen sind opak. — Es gibt aber auch blau wachsende St&mme. 
Doch ist schon die junge Kolonie meist deutlich opak. 

14) Proteus mirabilis: Nach 10 Stunden wechselt die Farbe 
bei D zwischen blau und grfin. Bei A erkennt man, dafi die ganze 
Agarfl&che hauchffirmig bewachsen ist. Einzelne Kolonieen heben sich wohl 
aus der ganzcn Masse heraus und sind blau. Es fehlt aber gegenfiber 
Cholera die scharfe Begrenzung. Nach 20 Stunden sind die Kolonieen 
tautropfenartig durchsichtig und blau. Es fehlt aber auch jetzt die 
scharfe Begrenzung; die Kolonieen sind auch flacher als bei Cholera. 
Eine gewisse Aehnlichkeit ist aber vorhanden. 

15) Coli und Cholera-Jaffa aus einem frischen Gemisch in 
Peptonwasser. Die Unterschiede sind nach 10 Stunden bei Durchsicht 
vorzfiglich erkennbar und auch in A trotz Lampenbeleuchtung noch 
leidlich gut wahrnehmbar. Die C o 1 i - Kolonieen sind grofier (bis 3 1 /* mm), 
weniger gut durchsichtig und rot; Cholera ist bei einer GroBe der 


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590 


Centralb]. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5 . 


Kolonieen bis 2 mm tautropfenartig durchsichtig, homogen und blau. 
Nach 20 Stunden ist die Unterscheidung ganz leicht und zwar auch 
dort, wo in dem meist roten Strich einzelne blaue Cholerakolonieen ein- 
gelagert sind. Die Erkennbarkeit der Cholera wird durch die rote Zone 
der C o 1 i - Kolonieen nicht beeintr&chtigt, sondern tritt nur um so deut- 
licher hervor. 

16) Coli -j- Typhus: Typhuskolonieen sind nur bis 1 mm groB 
und nach 10 Stunden schwer erkennbar, weil auch die kleinsten Coli- 
Kolonieen noch nicht rot sind. Nach 20 Stunden ist die Unterscheidung 
sehr gut m5glich. Das Blau des Typhus ist heller als bei der Cholera. 
Die Erkennbarkeit des Typhus wird durch die S&urezone des Coli- 
Bakteriums sehr beeintr&chtigt. 

17) Typhus + Cholera: Nach 10 Stunden ist aus der Anwesen- 
heit von blauen Kolonieen, die bis 3 mm im Durchmesser groB sind, 
erkennbar, daB die groBen Kolonieen nicht Typhus sind; sie kSnnen 
Cholera sein. Die weitere Untersuchung sichert die Diagnose. Nach 
20 Stunden sieht man nur wenig Typhus. Seine Kolonieen sind heller 
und eine Spur opaker als bei Cholera. 

18) Coli + Typhus + Cholera: Rote und blaue Kolonieen 
sind in der 10 Stunden alten Kultur deutlich unterscheidbar. Aber erst 
nach 20 Stunden konnen alle drei Bestandteile des Gemischs schon 
durch ihr Verhalten auf dem Agar unterschieden werden. 

19) Faeces I (diarrhoisch): Nach 10 Stunden sind alle Kolonieen 
in D entweder rot und opak oder sie schillern in verschiedenen Farben. 
In A sind alle rot. Nach 20 Stunden sind ganz vereinzelte blaue Kolo¬ 
nieen sichtbar. Sie sind aber so opak, daB es sich gar nicht um Cholera 
handeln kann. (Eine Verwechselung mit Typhus w&re eher mdglich.) 

20) Faeces II (diarrhbisch): Die 10-stiindigen Platten zeigen das- 
selbe Bild wie die vorigen. Nach 20 Stunden ist nur auf einer von 
beiden Platten eine einzige Kolonie, die man eventuell fflr Cholera 
halten kbnnte, doch ist auch sie opaker. Eine einfache mikroskopische 
Untersuchung zeigt eine grofie Stapbylokokkenart. 

21) Faeces + Cholera: Wir haben uns 4 Gemische von diar- 
rhdischen Faeces mit unseren 4 Cholerast&mmen angelegt und haben 
aus einer Aufschweramung des Gemischs in Peptonwasser Platten be- 
impft. Wir konnten in alien F&llen nach 10 Stunden die Diagnose 
stellen; nach 20 Stunden konnen Cholerakolonieen selbst bei fltichtiger 
Betrachtung der Kultur gar nicht tibersehen werden. Selbst am Rande 
miteinander verwachsene Kolonieen von Coli und Cholera sowie Misch- 
kolonieen lassen ohne Schwierigkeit die Choieradiagnose stellen. 

22) Kanalwasser: Wir haben etwas Wasser aus der Warthe ent- 
nommen, dort wo das Abwasser in den FluB miindet. Einige Kubikcenti- 
meter davon haben wir etwa mit der gleichen Menge Peptonwasser ver- 
setzt und in den Brutschrank gestellt. Nach 12 Stunden wurden mit 
Material, das der Oberfl&che des Gemischs entnommen war, 2 Platten 
beimpft, die nach 10 Stunden noch keine Diagnose zuliefien. Nach 
20 Stunden waren zwar viele blaue Kolonieen vorhanden, die aber zu- 
meist stark opak waren. Nur wenige Kolonieen kamen als choleraver- 
d&chtig in Betracht. Ein einfaches Pr&parat zeigte sofort, daB es sich 
nicht um Vibrionen handelte. 

23) Kanalwasser + Cholera: Nach Zusatz einer minimalen 
Menge von Cholera zum Kanalwasser wurde in der gleichen Weise wie 
bei dem Vorigen angereichert und ausgestrichen. Nach 10 Stunden 


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Hirschbruch u. Schwer, Die Choleradiagnose mit Hilfe eines Spezialagars. 591 


kdnnen Cholerakolonieen durch Untersuchung verd&chtiger Kolonieen 
erkannt werden. Nach 20 Stunden ist die direkte Diagnose mdglich. 

Wenn auch im Vorstehenden die Rede davon war, daB die Cholera 
gleich auf der Platte erkennbar ist, so darf doch nicht vergessen werden, 
daB eine ganze Reihe von cholera&hnlichen Bakterien sehr ahnlich inner- 
halb der zur Untersuchung geeigneten Zeit — 10—20 Stunden — auf 
unserem Choleraagar w&chst. Das mikroskopische Pr&parat, die Agglu- 
tinationsprfifung und der Pfeiffersche Versuch sind selbstverstandlich 
nicht zu entbehren. 

Es handelt sich nun zun&chst darum, ob die Form der Vibrionen, 
die auf unserem N&hrboden gewachsen sind, im gef&rbten Ausstricfe- 
praparat erkennbar ist Der Vibrio der Cholera, wie der Vibrio 
Metschnikoff behalten ihre charakteristische Form sowohl in 10-stfln- 
digen wie in 2 und 3 Tage alten Eulturen. Auch die Beweglichkeit 
der Vibrionen hat durch das Wachstum auf unserem N&hrboden nicht 
im geringsten gelitten. Wir haben fernerhin noch von Metschnikoff 
und Cholera-Jaffa, die auf Choleran&hrboden gewachsen waren, hangende 
Tropfen in Choleraserum 1:1000 angelegt, dessen Titer imlnstitut ffir 
Infektionskrankheiten in Berlin auf 1:10000 festgestellt war. Die 
Agglutination der Cholera vibrionen war eine momentane, wahrend 
der Vibrio Metschnikoff vorzflglich seine Beweglichkeit behielt. 

Danach halten wir unseren Choleraagar fur sehrgeeignet zur 
Stellung der Choleradiagnose. Die Kolonieen sind nicht nur sehr frflh- 
zeitig vorzfiglich erkennbar, sondern kdnnen auch wegen ihrer 
charakteristischen F&rbung gar nicht fibersehen werden. Selbst 
die rote Saurezone der C o 1 i - Kolonieen fdrdert eher die Erkennbarkeit 
der Cholera, als daB sie dieselbe hinderte. Wir halten es fiir zweck- 
m&Big, mit jeder Serie von Platten vergleichshalber eine Platte mit in 
den Brutschrank zu stellen, die ebenfalls mit dem zu untersuchenden 
Material beschickt ist, welchem kunstlich Cholera beigemengt wurde. 

Die Untersuchung verd&chtiger Kolonieen dilrfte am einfachsten 
im h&ngenden Tropfen mit Choleraserum in zweckmfiBiger Verdflnnung 
erfolgen. Die Untersuchung ist, wenn die Serum verdfinnung erst ein- 
mal angestellt ist, viel rascher ausfiihrbar, als die Untersuchung im ge- 
firbten Praparat und gibt uns auf einmal fiber Gestalt, Beweglichkeit 
und Agglutinierbarkeit des verd&chtigen Materials AufschluB. In einer 
Viertelstunde kann man mindestens 8 solcher Prfiparate anfertigen und 
untersuchen. Bei positivem Ergebnis wird dann noch der Pfeiffer¬ 
sche Versuch als SchluBglied angeffigt. 

M8ge sich unser Choleraagar in der Praxis ebensogut bewfihren 
wie bei unseren Laboratoriumsversuchen I 


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592 


Centralbl. f. Bakt. etc, I. Abt. Original©. Bd. XXXTV. No. 6. 


Naehdruck verboten. 

TJeber die Trinkwasserdesinfektion mit Jod nach Yaillard. 

[Aus der bakteriol. Untersuchungsstation des kgl. Garnisonlazarettes 

Wfirzburg.] 

Yon Gnat. Obennaier, Milit&rapotheker. 

In einer Arbeit fiber Trinkwasserdesinfektion im Felde, verfiffentlicht 
in den ,,Archives de mfidecine et de Pharmacie militaires, 1902, No. 7“, 
teilte V aillard mit, daB 0,06g Jod pro Liter Wasser in 10—15 Minuten 
die meisten Bakterien, namentlich Cholera-, Typhus- und Coli-Bacillen 
abtfiten. Nur einige widerstandsffihige Bakterien, die aber keine Be- 
deutung ffir den Organismus haben, blieben am Leben. Um freies Jod 
in Lfisung zu erhalten, empfiehlt Vaillard, im Wasser 0,1 g Wein- 
sfiure per Liter zu lfisen, dann 0,1 g Jodkali zuzuffigen und schliefilich 
durch Zusatz von 0,0156 g jodsaurem Natrium Jod frei zu machen, das 
durch das Jodkali in Lfisung gehalten wird. Nach 10-15 Minuten ffigt 
man zur Neutralisation des Jods 0,116 g Natriumthiosulfat zu, wodurch 
das Jod als Jodnatrium gebunden wird. Wichtig ist ferner, das Jod in 
einer kleinen Quantitfit Wasser frei zu machen, weil kalkhaltiges Wasser 
in der Gesamtmenge die Weinsfiure sofort als Calciumtartrat binden und 
so jede Reaktion verhindern wfirde. 

Auf Anregung des Herrn Stabsarztes und Privatdozenten Dr. Dieu- 
donnfi unterzog ich das Verfahren einer Nachprfifung, indem ich zuerst 
Yersuche mit Trink- und FluBwasser, dann mit Cholera-, Typhus-, C o 1 i - 
und Dysenteriebacillen anstellte. Zunfichst bereitete ich mir die folgen- 
den Lfisungen der Reagentien: 

1) Weinsfiurelfisung: 1:50, 

2) Jodkalilfisung: 1:50, 

3) Natriumjodatlfisung: 0,156:50, 

4) Natriumthiosulfatlfisung 1,16:50, 

so daB ffir jeden Versuch von jeder Lfisung 5 g pro Liter Wasser be- 
nfitigt wurden. Die Lfisungen wurden nach jedem Versuch sterilisiert, 
da insbesondere die Weinsfiure zahlreiche Bakterien enthielt. Das Jod 
wurde in der Weise frei gemacht, daB je 5 g der Lfisungen 1, 2 und 3 
in einem Reagenzglase gemischt und dann zum betreffenden Versuch 
geffigt wurden. Nach 15 Minuten Einwirkung wurden 5 g der Lfisung 4 
direkt zugegeben. 

Zunfichst wurden Versuche mit je 1 1 Trinkwasser der Wfirzburger 
stfidtischen Wasserleitung, das durchschnittlich 50—100 Keime im Kubik- 
centimeter enthfilt, gemacht. Nach Einwirkung der Reagentien wurden von 
jedem Liter mit einer sterilen Pipette je •/* ccm auf mehrere Bouillon- 
rfihrchen fibertragen. Innerhalb einer 8tfigigen Beobachtungsdauer blieben 
die Rfihrchen steril. Mehrmalige Wiederholungsversucbe bestfitigten die 
obigen Beobachtungen. Andere Resultate lieferten mehrfache Versuche 
mit je 1 1 FluBwasser des Mains nach dessen DurchfluB durch die Stadt 
Wfirzburg. Bereits nach 24 Stunden, spfitestens aber nach 48 Stunden, 
zeigte ungeffihr die Hfilfte der Bouillonrfihrchen Wachstum, wfihrend die 
andere Hfilfte steril blieb. Um die Zahl und die Art der noch lebens- 
ffihigen Keime zu konstatieren, fibertrug ich je */* ccm desinfiziertes 
Mainwasser auf Agarplatten. Nach 24 Stunden .waren 75—100 Keime 


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Obermaier, Ueber die Trinkwasserdesinfektion.mit Jod nach Vailiard. 593 


auf jeder Platte gewachsen. Eine ganz bedeutende Abnahme der Keime 
war also sicher vorhanden. Die Kolonieen waren Sub til is- und 
Sarcina-Arten. Eine vollkommene Sterilisation, wie sie Vailiard 
bei Seinewasser beobachtet hat, konnte niemals erzielt werden. 

Bei den Versuchen mit Vibrio cholerae, B. typhi, B. coli 
und B. dysenteriae wurden stets frische, nicht fiber 24 Stunden aite 
Agarkulturen verwendet. Von denselben wurde je eine halbe Kultur 
in einem 100 ccm fassenden Kfilbchen in 100 ccm Flttssigkeit (Leitungs- 
oder Mainwasser) aufgeschwemmt. Zuerst wurde eine Choleraaufscbwem- 
mung in sterilem Leitungswasser mit 6 eg Jod behandelt und nach Neu¬ 
tralisation je V 2 ccm Flttssigkeit auf mehrere Bouillonrohrchen fiber- 
tragen. Die Rohrchen wurden 8 Tage auf 37 0 gestellt In Ueberein- 
stimmung mit Vailiard konnte kein Wachstum festgestellt werden. 
Die gleichen Versuche wurden mit im Autoklaven sterilisiertem Main¬ 
wasser, das reich an organischen Substanzen ist, wiederholt. Auch hier 
wurde dasselbe gfinstige Resultat erhalten. Ganz anders fielen aber die 
Resultate aus, als das von Schfider 1 ) bei seiner Nachprfifung des 
Schumburgschen Bromverfahrens angegebene Peptonanreicherungs- 
verfahren benutzt wurde, das auchRabs 2 ) bei seiner Arbeit fiber Trink¬ 
wasserdesinfektion mit Chlor mit Erfolg anwandte ZunSchst wurde eine 
10-proz., sterile Peptonkochsalzlosung hergestellt und davon zu den mit 
Jod behandelten und neutralisierten Aufschwemmungen der Cholera- 
vibrionen in sterilem Leitungs- bezw. Mainwasser soviel gegeben, daft 
eine 1-proz. LSsung entstand, die 24 Stunden auf 37° gestellt wurde. 
Nach dieser Zeit wurde aus jeder Probe je 7* ccm Flttssigkeit auf ver- 
schiedene Peptonrohrchen ubertragen und auf 37° gestellt. Nach 6 bis 
8 Tagen war in ungefahr der Halfte der Peptonrohrchen Wachstum und 
mehr Oder minder starke Cholerarotreaktion zu beobachten. Die Cholera- 
vibrionen waren also nur zum Teil getotet, zum Teil scheinbar durch 
das Jod nur gelfihmt. 

Bei den Versuchen mit B. typhi und B. coli wurden frische 
Kulturen in sterilem Main- und Leitungswasser aufgeschwemmt und mit 
Jod wie oben behandelt. Nach Neutralisation wurde je •/* ccm auf 
eine Reihe von Bouillonrohrchen ttbertragen; doch konnte in keinem 
Falle Wachstum erhalten werden. Da ein Anreicherungsverfahren wie 
bei Cholera nicht bekannt ist, so konnte auch nicht konstatiert werden, 
ob die Bakterien hier tats&chlich getotet, nicht bloB gelahmt werden. 
Es wurde zwar auch hier das Peptonanreicherungsverfahren versucht, 
doch war das Resultat dasselbe. Die Versuche mit B. dysenteriae 
verliefen genau ebenso wie mit B. typhi und B. coli. 

Abgesehen von den Desinfektionsversuchen mit FluBwasser, scheinen 
also alle Bakterien abgetotet zu werden, mit Ausnahme der Cholera- 
vibrionen. Da aber diese in ihrem sonstigen Verhalten weit emptind- 
licher sind als die fibrigen untersuchten pathogenen Keime, so dfirfen 
wir mit Recht annehmen, daB auch diese Keime nur gelfihmt werden, 
und daB lediglich der Mangel eines Anreicherungsverfahrens die Resultate 
gunstig erscheinen lafit. 

Von einer Vermehrung der Jodmenge wurde aus dem Grunde ab¬ 
gesehen, weil der Gehalt an Jodnatrium zu groB wfirde und das Wasser 
seinen natfirlichen Geschmack verlore. Versuche fiber Verlangerung der 


1) Zeitechrift fur Hygiene. Bd. XXVII. 1901. Heft 2. 

2) Hygien. Rundsclmu. 1901. No. 22. p. 1087. 

Erete Abt. Orig. Bd. XXXIV. 38 


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594 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


Einwirkungsdauer des Jods wurden deshalb nicht angestellt, weil es sich 
im Felde lediglich darum handelt, auf mflglichst schnelle Weise brauch- 
bares Trinkwasser zu erhalten. 

Auch diese Versucbe zeigen von neuem die groBe Branchbarkeit 
der von Schfider angegebenen Methode zur Prflfung von Wasser- 
desinfektionsmitteln. 


Nachdruck verboten, 

Ein Apparat zur Zuchtung von Mikroorganismen in be- 
weglichen fliissigen Medien. 

[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Laboratorium an der k. k. landwirt- 

schaftlich bakteriologiscben und Pflanzenschutzstation in Wien.] 

Von Dr. E. Wiener. 

Mit 1 Figur. 

Methoden, bakterienhaltige Flfissigkeiten moglichst ausgiebig mit 
Luft in Beriihrung zu bringen, stehen derzeit in Betrieben in Anwen- 
dung, bei welchen kontinuierlicbe, moglichst gleichraaBige Garung be- 
wirkt werden soil. Man verfolgt mit diesen Methoden den doppelten 
Zweck, die g&rende Fliissigkeit einerseits mit mdglichst viel Sauerstoff 
in Berflhrung zu bringen, andererseits die Entwickelung anaerober 
Bakterien hintanzuhalten. Noch vor einem Jahrzehnt waren diese Me¬ 
thoden ungemein primitiv. 

Jacquemin 1 2 ) beschreibt in seinem groBen Werke eine der ersten 
derartigen Methoden, welche darin bestand, den Most in den grofien 
G&run gsbottichen in Mengen von mehreren Hektolitern, tunlichst vom 
Grunde desselben haufig heraufzuschdpfen oder zu pumpen und den- 
selben dann als Regen, also fein verteilt, wieder zurfickflieBen zu lassen, 
welche Prozedur durch 2— 3 Tage wiederholt wird. Schon etwas frfiher 
hatte Cam bon*) einen einfachen Apparat angegeben, durch welchen 
die Vorteile der Durchliiftung aufrecht erhalten, wahrend die Nachteile, 
die leichte Verunreinigung der Garungsflflssigkeit durch Luftkeime, hintan- 
gehalten werden sollen. Cam bon lafit namlich das groBe Garungs- 
reservoir luftdicht schlieBen, nachdem es mit der in Garung zu setzenden 
Flttssigkeit fast vollgefullt ist. Die sich entwickelnde Kohlensaure drQckt 
die Flflssigkeit durch ein urn ein geringes fiber dem Grnnde des Reser¬ 
voirs in dasselbe von aufien einmundendes Rohr nach oben, und wird 
dieselbe in ein kleineres, oberhalb des Reservoirs befindliches, mit dem- 
selben durch ein senkrechtes Rohr kommunizierendes kleineres Geffifi 
entleert Dieses letztere ist mit einem Schwimmer versehen, wird also, 
wenn die Flflssigkeit ein gewisses Niveau erreicht hat, automatisch ent¬ 
leert. Auf diese Weise bleibt die Flflssigkeit in fortwahrender Cirku- 
lation und kommt mit Luft ausgiebig in Beriihrung. Ein wesentlicher 
Mangel dieses Apparates bestand noch immer darin, daB die Luftkeime gar 
nicht Oder nur ungenflgend abgehalten waren, woraus die bekannten 
Unzukommlichkeiten entstanden. Jaquemin hat spfiter einen, ffir die 

1) Lea fermentations rationellcs. Malzeville-Naney (Thomas) 1900. 

2) Progrfes agricole. 2. Aug. 1891. 


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Wiener, Ein Apparat zur ZQchtung von Mikroorganismen etc. 


595 


Verg&rung groBer Flttssigkeitsmengen geeigneten Apparat konstruiert, 
bei welchem das Prinzip, die Luftkeime am Eindringen in die GUrungs- 
fliissigkeit zu verhindern, in Anwendung kam, zu welchem Zwecke die 
durch ein eigenes Rohr zugeftthrte Luft durch eine Lage Salicylwatte 
gefflhrt, vorher auch noch gewaschen und dann erst in die G&rungs- 
reservoirs geleitet und durch die Flussigkeit gepreBt wurde. 

In die Bakteriologie fanden diese Methoden bisher eigentlich 
keinen Eingang, trotzdem das Studium des Wachstums der pathogenen 
Mikroorganismen unter reichlicher Sauerstoffzufuhr ganz neue Gesichts- 
punkte erdffnen mag. Die bisherigen Bestrebungen gingen eigentlich 
nur dahin, wenn schon das Verhalten der Bakterien in beweglichen 
Medien beobachtet werden sollte, den Blutkreislauf zu imitieren und 
mit Hilfe eigens konstruierter Rohren und Apparate die mit Mikro¬ 
organismen beschickte NahrflUssigkeit in Cirkulation zu bringen. 

Einen derartigen Apparat hat Welleminsky im September v. J. 
auf dem KongreB Deutscher Naturforscher und Aerzte beschrieben. Da 
mir eine authentische Beschreibung des sinnreich konstruierten Appa- 
rates nicht zur VerfUgung stand, m5ge entschuldigt werden, wenn die 
folgenden Angaben nicht vollkommen genau sind. 

Der Apparat Welleminskys besteht aus einem geschlossenen 
Rohrensystem von einigen Millimetern innerer Lichte: die ROhren sind 
derart aneinander gefiigt, daB sie ein Viereck mit 2 kttrzeren und 2 lan- 
geren Schenkeln bilden; in denselben sind stellenweise Glasventile an- 
gebracht um die in eine Richtung bewegte Flussigkeit am Rucklauf zu 
verhindern. An einer Stelle ist ein langeres Glasrohr angebracht, welches 
am oberen Ende von breiterem Durchmesser ist. Durch dieses Rohr 
werden die Kulturmedien eingegossen und tritt dann auch die Luft ein. 
Um aber Luftkeime tunlichst abzuhalten, ist diese breitere Mundung 
des Glasrohres nicht ganz offen, sondern bis auf eine kleine Oeffnung 
zugeschmolzen, an welcho ein nach innen mtindendes, enges U-Rohrchen 
angeschmolzen ist, welches die Luftkeime zuriickhalten, so daB eine Ver- 
unreinigung der Kulturfliissigkeit durch dieselben verhindert werden soil. 
Dieses ganze System wird auf ein durch eine Turbine bewegtes Gestell 
gegeben und um die Achse des Gestelles derart bewegt, daB die Flttssig- 
keit in dem Rbhrensystem sich immer nach einer bestimmten Richtung 
vorw&rtsbewegt; am Rucklauf ist sie durch die Ventile verhindert Der 
ganze Apparat kann auch im Thermostaten angebracht werden. 

Bei diesem Apparat bleibt wohl die Flussigkeit in fortwUbrender 
Bewegung, doch schien mir der Luftzutritt ein ungenugender. Gelegent- 
lich der Blutuntersuchungen bei hoheren Temperaturen, welche ich vor 
einiger Zeit vornahm 1 ), bemerkte ich, welchen bedeutenden Einfiufi auf 
den Zerfall der roten Blutkorper das zeitweise SchUtteln der Fltissig- 
keiten hat, in welchem dieselben suspendiert sind. Man muB hierbei 
sehr darauf achten, daB nicht zu derb geschuttelt werde, damit nicht 
eine geradezu mechanische SeMdigung der Blutkorperchen erfolge. Es 
war daher wUnschenswert, einen Apparat zu konstruieren, welcher die 
Flussigkeit in gleichmaBiger, ruhiger und anhaltender Bewegung erhielt. 

Der im folgenden zu beschreibende, von der Firma F. W. Rohr- 
becks Nachf. in Wien hergestellte Apparat schien nach mehrfachen Vor- 
versuchen dem gewttnschten Zweck zu entsprechen. 

Auf einem festen Gestell ist ein Rost angebracht, welcher seitlich und 


1) Wien. klin. Wochenschr. 1902. No. 26. 

38* 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 


von oben gesehen abgebildet ist (S). Derselbe ist mn die Achse mn dreh- 
bar und an einer Seite mit der Schraube p versehen, mittelst welcher der 
Rost durch den Hebei h mit der Drehscheibe M verbunden wird. Diese 
Drehscheibe wird mit Hilfe einer dflnnen Rebschnur oder einer starken 
Darmsaite, welche uber die Rollen aa durch die Oeffnung R zur Turbine 
T ffihrt, von dieser letzteren in Bewegung gesetzt. Die Turbine wird 
an die Wasserleitung angeschlossen. 



>- 


W.J.ROHRBECK s NACHP. 

WIEN. 


nat.Grijsse 


Wird nun der Hahn der Wasserleitung vorsichtig gefiffnet, so wird 
das durch die Turbine strdmende Wasser mit Hilfe der Rebschnur Oder 
der Darmsaite die Scheibe M und diese wieder durch den Hebei h den 
Rost S in Bewegung setzen, so dafi sich derselbe, je nachdem der Hebei h 
kfirzer oder linger ist — er ist durch die Schraube p verstellbar — in 
einem groBeren oder kleineren Winkel auf und ab bewegen wird. 

In den Rost werden nun die mit der Nfihrflttssigkeit bezw. dem 
Infektionsmaterial beschickten Rohrchen B, von welchem im ganzen 
6 Platz linden, wie auf der Zeichnung ersichtlich, eingeschoben, und 
wenn der Apparat in Tfitigkeit ist, ein einem Winkel von 25—35° aut 
und ab bewegt. Einige in den Glasrdhren befindliche durchbohrte Glas- 
oder Aluminiumkugeln (eine solche ist in natfirlicher Grdfie abgebildet), 
befordern die Durchmischung der Flflssigkeit, da sie in den Rdhren fort- 
wfihrend auf und ab gleiten. 

Es ist darauf zu achten, dafi sich der Rost nicht zu schnell bewege. 
Einmalige Auf- oder Abwfirtsbewegung in l 1 /* Sekunden dfirfte die- 
jenige Zeitdauer sein, wihrend welcher die Flfissigkeit sich vollkommen 
am abh&ngigen Ende der Rdhre sammeln kann. Durch dieses ziemlich 
rasche, vollstfindige Ablaufen derselben wird die Luft in derjenigen 
Partie der Rdhre, aus welcher die Flfissigkeit abgelaufen ist, verdfinnt, 
und mufi nun durch den nicht allzudicht hineingesteckten Wattepfropfen 
Luft in die Rdhre gelangen, welche sich mit der nunmehr durch Be¬ 
wegung des Apparates in diese Partie der Rdhre gelangenden Flfissig¬ 
keit mischt, w&brend auf der anderen Seite sich dasselbe wiederholt. So 


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Wiener, Ein Apparat zur Zilchtung von Mikroorganismen etc. 


597 


wird die Flfissigkeit fortwfihrend mit erneuerten filtrierten Luftmengen 
in BerQhrung gebracht, wozu die innige Durchmischung durch die durch- 
bohrten Kugeln erheblich beitragt. Die Rfihren haben eine innere Lichte 
von ungefabr 8 mm und sind 2mal abgebogen, wodurch die Flfissigkeits- 
menge — gewdhnlich 20 ccm — selbst bei etwas rascherer Bewegung 
niemals bis an die Wattepfropfen gelangen kann. Nur ffir stark schfiu- 
mende Flfissigkeiten sind Rfihren nach Art der gesondert abgebildeten, 
zu wahlen, bei welchen der Schaum zerflieBt, sobald er bis an die unter- 
halb der Mtindung der Rdhren befindlichen kugligen Erweiterungen gelangt. 

Die gestrichelten Linien bedeuten eine Abanderung in der Be- 
wegungsvorrichtung, falls man die seitliche Durchbobrung des Thermo- 
staten vermeiden will. In diesem Falle bringt man die Turbine ober- 
halb der Oeffnung P an und lafit die Rebschnur Oder die Darmsaiten 
um die Rollen c und d laufen. 

Besondere Vorsicbt ist bei Beschickung der Rfihren mit der infi- 
zierten Flfissigkeit geboten. Es ist h&ufig (besonders bei den ersten 
Versuchen) aufgefallen, daB sonst steril scheinende Bouillon, in welcher 
das ausgesfite Material unter gewohnlichen Umstanden in Reinkultur 
wuchs, wenn in den Apparat gebracht, schon nach einer wenige Stunden 
dauernden Bewegung Verunreinigungen zeigte. Diese kdnnen ent- 
weder durch schon in der Bouillon enthalten gewesene, besonders 
oxyphile Keime verursacht sein, welche in Eprouvetten in fiblicher 
Weise in Bouillon gezflchtet, gar nicht zur Entwickelung kommen, oder 
es sind, natfirlich wieder oxyphile Luftkeime, welche bei Oeffnen der 
GlasrOhren, d. h. bei zeitweiliger, wenn auch noch so kurz dauernder 
Entfernung des Wattepfropfens, aus der Luft in die Rfihren gelangen und 
dort durch rasche Entwickelung das Aussaatmaterial alsbald flberwuchern. 

Peinliche Sterilisation der in Gebrauch kommenden Nfihrflfissig- 
keiten und auch der Rohren selbst, sehr kurz dauernde Entfernung des 
Wattepfropfens bei Beschickung mit dem Aussaatmaterial unter mfig- 
lichster Vermeidung des Eindringens von Luftkeimen wird daher zu be- 
achten sein. 

Indes kommen schon nach kurzer Uebung kaum mehr Verunreini¬ 
gungen vor und kann man aus den bisherigen Erfahrungen und 
Versuchen, welche nach jeder Richtung fortgesetzt werden, entnehmen, 
daB besonders oxyphile Bakterien eine um das Vielfache schnellere 
Entwickelung zeigen, als nach den bisherigen Methoden, so daB sich 
diese besonders zur Herstellung von Massenkulturen solcher Bakterien 
eignet Nur ist die Zeitdauer, w&hrend welcher die Bakterien bewegt 
werden sollen, nicht ffir alle Arten gleich; bei besonders rascher Ver- 
mehrung darf die Bewegung sogar nicht zu lange dauern, da die fippig 
wachsenden Bakterien alsbald, wie es scheint, die vorhandenen N&hr- 
stoffe verbrauchen und nunmehr ein direktes Hemmnis ffir die weitere 
Entwickelung bilden. 

Mit Hilfe dieser Methode werden Milzbrandbakterien in 1—2 Tagen 
versport. Frische Tuberkelbacillen zeigen nach 2 Tagen betrttchtliche 
Vermehrung und zeigt sich bei alien aeroben Bakterien, wie bereits be- 
merkt, je nach dem Grade des Sauerstoffbedflrfnisses mehr oder weniger 
rasche Vermehrung. Ueber diese Versuche sowie fiber die Wiederholung 
der Blutuntersuchungen bei hoheren Temperaturen *) unter Anwendung 
des hier beschriebenen Apparates wird anderen Orts berichtet werden. 


l) 1. c. 


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598 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


Nachdruck verboten. 

Zur Zuchtang der aoaeroben Bakterien. 

[Aus dem path.-anat. Institute zu Helsingfors.] 

Von Dr. med. Osw. Streng. 

Mit 4 Figuren. 

In ihrer Publikation „Beitr&ge zur Kenntnis der anaSroben Bakterien 
des Menschen“ heben Weichselbaum, Ghon und Sachs 1 ) hinsicht- 
lich der Methode, die anaeroben Bakterien in hohen Schichten zu zQchten, 
hervor, dafi diese gewisse Nachteile habe. „Bei dieser Methode er- 
scheint die unmittelbare mikroskopische Betrachtung der Kolonieen aus- 
geschlossen. u Sie heben ferner hervor, dafi diesem Nachteile teil- 
weise abgeholfen werden kbnne, „nach dem Vorgange von Burri, der 
die Agars&ule in parallele Scheiben zerlegt und diese mikroskopiert." 

Ich habe mich seit einiger Zeit mit anaQroben Bakterien beschaftigt 
und dabei auch die Methode, anaerobe Bakterien in hohen Schichten zu 
zQchten, angewandt. Um den von Weichselbaum, Ghon und Sachs 
hervorgehobenen Nachteil zu vermeiden, bin ich so 
verfahren, dafi ich anstatt der gewdhnlichen runden 
Reagenzglaser abgeplattete Reagenzglfiser von bei- 
folgender Form (Fig. 1) benutzt habe. Die Glaser 
sind also an der MQndung in einer Ausdehnung 
von ca. 2 cm den runden Reagenzglfisern vollkommen 
ahnlich, sind jedoch im Qbrigen abgeplattet. Solche 
Rahren, die mir zu einem Preis von 20 Pfg. das 
Stflck von C. Zeiss, Berlin, angefertigt worden 
sind, gestatten eine vollst&ndige mikroskopische PrQ- 
fung der verschiedenen Kolonieen. Bei experimen- 
tellen Arbeiten, wo es gilt, rasch und leicht die 
Reinheit einer Probe zu mustern, bieten solche 
RQhren einen recht merkbaren Vorteil vor den ge- 
w5hnlichen runden dar. 

Dagegen sind in ihrer ganzen Ausdehnung ab¬ 
geplattete Rahren aus dem Grunde ungeeignet, dafi 
das Oeffnen und Schliefien derselben mit Watte- 
pfropfen aufierst unbequem und schwer zu hantieren 
ist. Die von mir benutzten platten Reagenzglaser 
sind ebenso leicht zu dffnen und zu schliefien wie 
die runden, und sind sehr bequem, z. B. bei der 
Ueberimpfung, zu hantieren, was bei der Anlegung 
von einer grafieren Anzahl Kulturen eine notwendige 
Bedingung fOr die Anwendbarkeit der Rahren ist. Durch Schleifen der 
platten Seiten der Rahren kannte vielleicht dieselbe Reagenzglaserform 
auch beim Photographieren anaerober Bakterienkolonieen gebraucht 
werden. 

Um beim Anlegen von Plattenkulturen bequem von der ganzen 
platten Flfiche zugSngliche Kolonieen zu erhalten, bin ich auf folgende 
Weise verfahren: In eine gewahnliche hohe Petrischale, deren Kante 
ca. 2 cm oder etwas mehr mifit, giefie ich die n8tige Menge einer in 

1) Weichselbaum, Ghon u. Sachs, Centralbl. f. Bakt. u. Parasit. 1902. 



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Strong, Zur Zflchtung der anaSroben Bakterien. 


599 


gew5hnlicher Weise mit anaSroben Bakterien infizierten verflfissigten 
Traubenzncker-Agarkultur. Die Schale mufi auf einer kalten Unterlage 
steben, damit der Agar so schnell vie mbglich erstarrt. Dies geschieht 
auch in einigen Sekunden. Eine Luftinfektion wird wfthrend des Steif- 
werdens des Agar durch den Deckel verhQtet. Sobald dieser bakterien- 
enthaltende Agar steif geworden, gieBe ich daruber sterilen Trauben- 
zuckeragar und drfickte auf diesen Agar, bevor er steif geworden, einen 
nach meiner Anweisung verfertigten 
Glasdeckel von dem Aussehen, das 
die Figur 2 bezeichnet, bis die Kante 
des Deckels die Petrikante berflhrt. 

Der verflflssigte sterile Agar war da- 
bei zwiscben die Seitenwand der 
Petrischale und der Deckelschale ge- 
preBt, um in dieser Lage steif zu werden. Die anaerobe Bakterien ent¬ 
haltende Bodenschicht wird also an den Seiten von einer fast 2 cm 
hohen Agarschicht geschtitzt. Um zu den zentralen Teilen der Bakterien 
enthaltenden Schicht zu dringen, hat der Sauerstoff der Luft also einen 
Weg von gegen 6—7 cm, d. h. 2 cm der Radie der Deckelschale durch 
Traubenzuckeragar zu passieren, eine Schicht, die sogar fflr empfindliche 
anaerobe Bakterien gentigend sein dfirfte. Will man noch fernerhin 
die Kulturen vor dem Eindringen des Sauerstoffes schfitzen, so stttlpt man 
die Schale um, sobald der Agar steif geworden, und gieBt steriles 
Paraffin, das bei ca. 50 0 C schmilzt, in die gebogene Kante des Deckels. 
Die darunterliegende Petrischale mufi so hohe Kan ten haben, dafi bei 
vollst&ndig festgedrficktem Deckel der Boden der Petrischale und der- 
jenige des Deckels in einer Entfernung von ca. 4—5 mm voneinander 
stehen, mit anderen Worten, der Deckel darf nicht so tief herabsinken, 
dafi er direkt das Bakterien enthaltende Lager berflhrt, sondern von 
dieser Schicht durch ein wenigstens 2—3 mm dickes, steriles Lager 
getrennt ist. 

Mit dergleichen Plattenkulturen, die auch ohne Oeffnen der Schale 
eine mikroskopische Prfifung der verschiedenen Kolonieen speziell von 
der unteren Seite gestatten, habe ich die obligat anaeroben B. anthracis 
sympt., B. oedematis malign., B. botulinus gezfichtet 

Durch einige wenige Verdfinnungen kann man natfirlich auch ver- 
einzelte Kolonieen in der Plattenkultur erhalten. 

Dank der sterilen schtttzenden Agarschicht zwischen dem Deckel 
und dem bakterienfuhrenden Lager, ist es in den meisten Fallen mog- 
lich, auch nachdem die Kultur mehrere Tage in Thermostaten gestanden, 
den Deckel durch eine allm&hliche umdrehende Bewegung aufzuheben, 
ohne dafi die unterliegende, Bakterien enthaltende Schicht und die 
einzelnen Kolonieen in ihrer Lage gestOrt werden; die ganze nun- 
mehr freie Agarfl&che, durch welche die Kolonieen herausgenommen 
werden sollen, ist nicht infiziert, wie es dagegen meistens der 
Fall ist z. B. bei dem Verfahren von Koch 1 ), Sanfelice 2 ), 
Trenkmann 3 ). Sollte sich jedoch der Deckel nicht ohne weiteres 
leicht Ibsen lassen, was allerdings eintreffen kann, besonders wenn die 
Schale langere Zeit in Thermostaten gestanden, so erhitze ich den 



Fig. 2. 


1) Koch, Deutsche med. Wochenschr. 1884. 

2 ) Sanfelice, Zeitschr. f. Hyg. 

3) Trenkmann, Centralbl. f. Bakt. u. Paras. 1902. 


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600 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 6. 


Deckel vorsichtig yon oben mittels einer Gasflamme so lange, bis die 
oberste Schicht des dem Deckel zunfichstliegenden sterilen Agarlagers 
erwfirmt ist. Alsdann lost sich die Deckelschale leicht ab, ohne daft die 
die Bakterien enthaltende Schicht irgendwie von ihrem Platze verschoben 
wird. Die auf diese Weise freigelegte Flfiche ist steril und frei von 
Verunreinigungen. Durch das 2—3 mm dicke sterile Agarlager kfinnen 
die verschiedenen Kolonieen mit Leichtigkeit herausgenommen und be- 
hufs weiterer Untersuchung fibergeffihrt werden. Sobald man die zu 
untersuchenden Kolonieen mit der Kapillarpipette oder Platinnadel 
herausgenommen hat, wird wieder steriles Agar fiber das Ganze ge- 
gossen. Der Deckel, der wahrend der Isolierungszeit mit Vorteil vor 
der Luftinfektion unter einer groBeren, reinen Glasglocke geschfitzt 
werden kann, wird vorsichtig fiber einer Gasflamme erwfirmt und dann 
wieder auf seinen vorigen Platz gedrtickt. Die neuzugegossene sterile 
Schicht ffillt etwa entstandene Risse und anderes aus, und wird, wie 
vorhin, wieder zwischen der Bodenschale und dem Deckel emporgeprefit, 
wird steif und schfitzt wieder die Kultur vor der Einwirkung des Sauer- 
stoffes. Eine solche Manipulation lfiBt sich viele Mai wiederholen, so 
daB bei einem im fibrigen aseptischen Verfahren die Entwickelung der 
verschiedenen Kolonieen wfihrend einer lfingeren Zeit betrachtet werden 
kann, ohne daB die Anaerobiose aufgehoben wfirde. Eine fiuBerst sorg- 
ffiltige Aseptik ist jedoch dringend notig. 

Ich habe frfiher diese Methode in ihrer ersten Form veroffentlicht 1 ). 
Anstatt gewfihnlicher Petrischalen als Bodenschale gebrauchte ich Boden- 
schalen, die mit einer zirkelformigen erhabenen Leiste am Boden ver- 
sehen waren. Diese Leiste teilte also den Boden in einen zentralen 
Teil und eine ringffirmige Peripherie ein. In den inneren zentralen 
Teil wurde das intizierte Nfihrmedium eingeffihrt (s. Fig. 3 u. 4). Im 



Fig. 3. Fig. 4. 


fibrigen verfuhr ich in ebenbeschriebener Weise. Die Deckelschale 
wurde bis zu der erwfihnten ringffirmig erhfihten Kante eingedrflckt 
und ruhte auf derselben. Diese Kante hat sich jedoch als unnfitig 
erwiesen, wenigstens ffir diejenigen Bakterien, mit welchen ich ge- 
arbeitet habe; der Sauerstoff dringt so langsam unter dem Deckel ein, 
daB ich nunmehr als Bodenschale eine gewohnliche Petrischale benutzt 
habe. Ein Verfahren, das auBerdem den Vorteil hat, daB dieselbe 
Schalenform nicht nur ffir anaerobe Bakterien, sondern natflrlich auch 
ffir aerobe Plattenkulturen benutzt werden kann. Um empfindlichere 
Anaerobearten zu ztichten, waren doch vielleicht die mit einer Leiste 
versehenen Bodenschalen zu benutzen. 

Die oben erwahnten Deckelschalen sind mir zu einem Preis von 
50 Pfg. pro Stfick von C. Desaga in Heidelberg angefertigt worden, 
die Bodenschalen mit Leiste ebenso von C. Desaga zu demselben 
Preise, 50 Pfg. pro Stfick. 

1) Duodecim 1903. Anaerobisesti kasvavien bakteerien viljeternisesta (Die Zuchtung 
der anaeroben Bakterien.) 


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Siebert, Ueber das Verhalten des Loefflerschen M&usetyphusbacillus etc. 601 


Bevor ich diese kurze Mitteilung schliefie, will ich noch mit einigen 
Worten die von Weichselbaum 1 2 ) angegebene sinnreiche Gefrier- 
methode erw&hnen, die ich als besonders geeignet ffir die Zfichtunganafirober 
Bakterien in fliefiendem N&hrmedium gefunden habe. Doch bin ich in- 
sofern von seiner Beschreibung abgewichen, dafi ich die Bouillon habe 
frieren lassen, bevor ich die Bakterien eingeffihrt und mit Agar fiber- 
schichtet habe. Erst als die Proberohre so vorbereitet war, habe ich 
die Bakterien der Bouillon mittels Kapillarpipette eingeimpft. Auf diese 
Weise kOnnte der eventuell stdrende Einfiufi, den ein Einfrieren der 
Bakterien vielleicht ausfibt, vermieden werden. Den oft von mir be- 
obachteten MiBstanden, dafi die schfitzende Agarsfiule leicht in der Bouillon 
herabsinkt, konnten ja durch die Anwendung der von Rivas®) vorge- 
schlagenen Reagenzglaser abgeholfen werden. 


Nachdruck verbolen . 

Ueber das Verhalten des Loefflerschen Mausetyphusbacillns 
zu dem v. Drigalski-Oonradischen Nahrboden. 

fAus dem Institute ffir Hygiene und experimentelle Therapie in Marburg. 

Abteilung fur Hygiene. Vorstand: Prof. Bonhoff.] 

Von Dr. phil. C. Siebert in Marburg. 

Zahlreiche Mifierfolge, welche mir bei der praktischen Verwertung 
des Loefflerschen M&usetyphusbacillus zur Vertilgung der Haus- und 
Feldmfiuse bekannt geworden waren, veranlafiten mich, den Versuch zu 
machen, die Virulenz der Kulturen dadurch zu steigern, dafi ich die- 
selben M&usen subkutan Oder per os reichte und aus Darm und Organen 
der verendeten Tiere durch Ausstriche auf Agar neue Reinkulturen her- 
stellte. Dabei zeigte sich die Schwierigkeit, dafi die M&usetyphusbacillen 
nur durch ein langwieriges Verfahren als solche erkannt und von den 
Coli-Arten getrennt werden konnten. Es mufite immer eine grofie 
Anzahl Kolonieen von den Platten abgeimpft und auf ihre Identitfit mit 
dem M&usetyphusbacillus untersucht werden. 

Sp&ter habe ich deshalb, einem mir von Herrn Prof. Bonhoff 
freundlichst gegebenen Rate folgend, den v. Drigalski-Conradi- 
schen N&hrboden zur Isolierung der Reinkulturen mit gutem Erfolge 
benutzt. 

Da bisher fiber das Verhalten des M&usetyphusbacillus zu dem ge- 
nannten N&hrboden noch nichts verfiffentlicht ist, will ich in nach- 
folgendem unsere auf diesem Gebiete gemachten Beobachtungen mit- 
teilen. 

Ich schicke voraus, dafi meine Erwartung, durch wiederholte Tier- 
passage virulentere Kulturen zu erhalten, bisher nicht erffillt wurde, 
hoffe aber, dafi es gelingen wird, auf anderem Wege das Ziel zu er- 
reichen und werde hierauf sp&ter zurfickkommen. 

Als Ausgangsmaterial ffir unsere Untersuchungen dienten uns drei 
verschiedene Mausetyphuskulturen, von denen I im Juni 1902, II und 
III im M&rz 1903 bezogen wurden. 


1) 1. c. 

2) Rivas, Centralbl. f. Bakt. u. Parasit. 1902. 


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602 


Centndbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6. 


Die Eigenschaften dieser drei Kulturen babe ich in folgender Ta- 
belle znsammengestellt. 

Tabelfe I. 


Lgarplatten 
nach 24 Stund. 


nach 48 Stand. 


Mittelpunkt 


glifnzende Kolonieen. 


lonieen fern granuiiert 


nach 4S Stand. 


Ueber die Oberflachi 
gebreitetes Hautchen 


Agar zeln, i 

nach 20 Stund. gend, 
Lichte 


ohne Hautchen. 


nach 3 Tagen 


Gefarbtes Pra- GleichmaSig gefarbte Stab- Wie I 
parat chen, bei einzelnen Polfar- D 

bung. —0,i 

Durchmesser: 0,2—0,5 n. Li 


bis 1,5 jx 

Nach Gram Nicht gefarbt 

Stich in Gelatine Wachstum dem Stiche ent- 
lang und auf der Oberflache 
Gelatine wird nicht ver- 
fliissigt 

Wachstum auf Wie Typhus. 

Kartoffel 

Milch Nach 8 Tagen im Aus- 

sehen nicht verandert 
Indol Keine Indolbildung 

1-proz. Trauben- Lebhafte Gasentwickelung 
zuckeragar 

1-proz. Mannit- „ ,, 

agar 

1-proz. Milch- „ „ 

zuckeragar 


II 

HI 

Schnell durch das 
ganze Geeichtsfeld 
sich bew^ende 
Stabchen; nur we- 
nige ruhig liegend 

Wie II, aber oft in 
grofler Zahl zu- 
Bammenliegend 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Makroskopisch bei 
durchfallendem 
Lichte gelblich, 
sonst wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie 1 

Wie I 

Gleichma&iger Belag 
iiber die ganze Ober¬ 
flache. Farbung 

wie I 

Wie I 

Gelblich durchschei- 
nend 

Gelb, wenig durch- 
scheinena 

Wie I 

Durchmeeer: 0,2 
—0,5 ix. 

Lange: 0,75—! 
1,2 ix | 

Wie I. 

Durchmees.: 0^, 
wenige 0^ jx. 
Lange: 1,0, we¬ 
nige bis 1,5 p 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

Wie I 

1 

Wie I 

Wie I 


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Siebert, Ueber das Verbal ten des Loefflerschen M&vsetyphnsbacillus etc. 003 



I 

II 

III 

1 - proz. Kohr- 
zuckeragar 

Weaiger lebhafte Gasentwicke¬ 
lung 

Wie I 

Wie I 

1-proz. Dextrin¬ 
agar 

Keine Gasentwickelung 

Schwache Gasent- 
entwickelung 

Keine Gasentwicke¬ 
lung 

1-proz. Trauben¬ 
zuckerbouillon 
nach 24 Stund. 
nach 48 Stund. 

|l ccm braucht 2^ ccm J / 10 o 
Normalkalilauge zur Neu- 
| tralisation. 

1 ccm braucht 2,6 ccm 
l L w Normalkalilauge zur 
Neutralisation 

1 ccm braucht 2,25 
ccm Vim Normal¬ 
kalilauge 

1 ccm braucht 2,7 ccm 
Vioo Normalkali¬ 
lauge 

1 ccm braucht 2,5 
ccm Vioo Normal¬ 
kalilauge 

1 ccm braucht 3,0 
ccm Vioo Normal- 
kalilauge 

Milchzucker¬ 

bouillon 

Gibt nach 24 und 48 Stunden 
dieselbe Eeaktion, wie ein 
steriles Kontrollrohrchen 

Wie I 

Wie I 

Milchzucker¬ 
bouillon imGa- 

rungskSlbchen 

Keine Gasbildung 

Wie I 

Wie I 

y. Drigalski-Con- 
radischer 
Nahrboden 

Blaue Kolonieen 

Wie I 

Wie I 

Agglutination 

9. Februar 1:2000, 1. April 
1:600 

1. April 1: 600 

1. April 1:2000 


Im allgemeinen stimmen die drei Kulturen nach vorstehender Ta- 
belle untereinander (therein. DaB die Art der Bewegung der St&bchen 
I eine andere ist als die der Kulturen II und III, hat vielleicht seinen 
Grund in der lflngeren Fortzfichtung auf kflnstlichem Nahrboden. 

Die drei Kulturen fSrben sich gleich gut mit Fucbsin, Gentianaviolett, 
Methylenblau und Bismarckbraun. 

Da das Wachstum auf Kartoffel durch den S&uregehalt des Nahr- 
bodens beeinflufit wird, impfte ich zur Kontrolle dieselben Kartoffeln 
mit Bacterium coli und zwei verschiedenen Typhuskulturen. Letztere 
zeigten ein kaum sichtbares Wachstum, welches von dem der drei M&use- 
typhuskulturen nicht zu unterscheiden war. Bacterium coli bildete 
starke Auflagerungen. 

In Traubenzuckerbouillon wurde durch Titrieren mit Vioo Normal- 
kalilauge Sflurebildung nachgewiesen, nach 24-stflndigem Wachstume bei 
37° brauchte 1 ccm Traubenzuckerbouillon 2,2—2,5 ccm Lauge zur 
S&ttigung, nach 48 Stunden 2,6—3,0 ccm. Die Sfiurebildung nimmt 
demnach nach Ablauf von 24 Stunden noch zu, wenn auch nur wenig. 

In gleicher Weise beimpfte und behandelte Milchzuckerbouillon be- 
hielt, Vioo Normalkalilauge gegenfiber, nach 24 und 48 Stunden den- 
selben Titer wie ein steriles KontrollrOhrchen, es fand demnach keine 
Saurebildung statt. 

Durch Stich geimpfter Traubenzucker-, Mannit- und Milchzucker- 
agar zeigte nach 24-stflndigem Aufenthalte im Brfltschranke durch Gas- 
bildung veranlafite, durch das ganze Rohrchen ausgedehnte Risse. Bei 
Rohrzuckeragar war die Einwirkung eine schw&chere, auf Dextrinagar 
wirkte Kultur I und III gar nicht, Kultur II nur wenig gasbildend ein. 

Die Prfifung der Kulturen auf ihr Verhalten gegen Milchzucker¬ 
bouillon im Gflrungskdlbchen ergab nach 3-tagigem Aufenthalte im Brflt¬ 
schranke keine Gasentwickelung. 

Es dflrfte demnach die im Milchzuckeragarrdhrchen beobachtete 


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Siebert, Ueber das Yerhalten des Loefflerschen M&usetyphusbacillus etc. 605 


o 


o 


8 


<N 


o 


8 


<N 


+1 

88 
CM ^ 

——H 

1:200 — 

1:200 — 

+ 1 

11 

T“H T"H 

O 

+ 1 

T—1 fH 

+ 1 

rH i—J 

+ 1 

rH r-H 

+ 1 

88 

CM 

H 

+ 1 

*-H r-H 


1:200 — 



steril 


2 rote 

blaue 

blaue und 
blaue mit 
roten 

Punkten 

21 rote, 

7 blaue 

viel blaue, 
5 rote 

nur blaue 


blaue und 
rote 



88 blaue 
mit roten 
Punkten 


rote 

blaue 

ii 

•3^3* 

M § 

18 rote, 

4 blaue 

09 

S3 

1 

3 

a 

desgl. 


blaue und 
rote 

nur blaue 

Farbe der 
Kolonieen 
undeutlich 

9 blaue mit 
roteu 
Punkten 

blaueundrote 

rote 

blaue 

desgl. 

27 rote 

nur blaue 

desgl. 


2 

2 

"O 

3 

09 

3 

3 

aur blaue 

steril 

19 blaue 
mit roten 
Punkten 

blaue 

steril 

blaue 

blaue mit 
rotem 
Punkt 

2 blaue 

nur blaue 

desgL 


blaue und 
rote 

nur rote 

2 

2 

3 

09 

J 

zahlreiche 
blaue, 30 rote 

-2 

2 

ns 

§ 

09 

§ 

3 

nur rote 

nur blaue 

2 

2 

•a 

3 

l 

^3 

desgl. 

viel blaue, 
weniger rote 

nur rote 


desgl. 

III 

m 

m 

Darminhalt 
normal, Milz 
vergrofiert 

keine Ver- 
anderung 

Darminhalt 
normal, Milz 
vergrofiert 

Darminhalt 
blutig, Milz 
vergrofiert, 
Leber sehr 
blutreich 

Darminhalt 
normal, Miz 
vergrofiert 

wie bei 15 

Darminhalt 
blutig, Milz 
vergrofiert 

Darminhalt 
normal, Milz 
vergrdfiert 

Darminhalt 
normal, Milz 
wenig ver- 
grofi., Leber 
sehr blutreich 

Darminhalt 
blutig, Milz 
vergrofiert, 
Leber mit hel- 
len Flecken 

- 

^H 


r-H 

fH 


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CO 


CO 

1 

a 


1:2000 

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i—< 


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fH 

1 : 2000 


H 


Leber, 
Lunge der 
Maus 9 

lAgarkul- 
turMause- 
typhus I 


Milz und 
Leber der 
Maus 18 



Vi Kultur 
aus Maus 
13 




1 Kultur 
M.-T. II 

Kultur 

ausMausl 



1 Oese 
Mause- 
typhus I 


*/„ Oese 

Kultur 
aus Maus 
13 

o u 3 
8 5 * 

OSS' 

3 

cj 

CO 
?—1 

1 Oese 
Kondens- 
wasser 
M.-T. II 

1 Oese 
Kondens- 

wasser 
M.-T. Ill 


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Siebert, Ueber das Yerhalten des Loefflerschen MSusetyphusbacillns etc. 607 


Gasbildang auf Umsetzung anderer, in Agar-Agar vorber vorhandener 
Stoffe zurflckzuftihren sein. 

Der zum Versuche verwandte Traubenzncker-, Mannit-, Rohrzucker- 
nnd Dextrinagar wurde aus einem anderen Nfihragar als der Milchzucker- 
agar bereitet. Bei diesen Versnchen ist die Gasbildang darch das Vor- 
handensein der Kohlehydrate bedingt, denn wenn der Nfihragar an sicb 
verg&rungsffihige Stoffe enthalten hfitte, so wfirde ancb im Dextrinagar 
in alien Fillen Gasbildang aafgetreten sein. 

Ein Vergleich der in Tabelle I zusammenges tell ten Eigenschaften 
der drei Mfiusetyphuskulturen mit dem von Loeffler (1) fiber seinen 
M.T.-Bacillus Gesagten ergibt im allgemeinen Uebereinstimmung. Nor 
das Wachstam auf Kartoffel ist ein anderes. Diese Verschiedenheit er- 
scheint nicht wesentlich, da sie durch verschiedenen Sfiuregehalt des 
Nfihrbodens veranlafit sein kann. 

Von Lasers (2) Bacillus anterscheiden sich ansere drei Kaltaren 
ebenfalls durch das verschiedene Wachstam auf Kartoffel, ferner da- 
dnrch, daft sich Lasers Bacillus nach Gram ffirbt. 

v. Drigalski-Conradi (3) machen in ihrer ersten Veroffent- 
lichung fiber den neuen Nfihrboden darauf aufmerksam, daft neben Bac. 
typhi auf dem Nfihrboden in blauen Kolonieen wachsen: Bakterien der 
Subtilis- und Proteus-Gruppe, sowie Bacilli fluorescentes 
und Bac. faecalis alcaligenes. 

Spfiter hat Kayser (4) verschiedene Reprfisentanten der Gruppe 
von Bakterien, denen Indolbildung abgeht, die dabei Traubenzucker ver- 
gfiren und Milch nicht zum Gerinnen bringen, auf ihr Verhalten dem 
v. Drigalski-NShrboden gegenfiber geprfift und gefunden, daB folgende 
Arten blaue Kolonieen bidden: Drei Paratyphusarten, Bacterium 
paracoli gasoformans, B. bovis morbificans, B. enteri- 
tidis, B. Friedebergensis, B. Breslaviensis. 

Um festzustellen, ob es gelingt, mit Hilfe des v. Drigalski- 
Conradischen Nfihrbodens 1 ) den M.T.-Bacillus zu isolieren, wurde in 
folgender Weise verfahren: 

Die Kulturen warden grauen und weiBen Hausmfiusen per os Oder 
subkutan gereicht. Dann warden aus dem Darme und den Organen der 
infolge der Infektion eingegangenen Mause Reinkulturen des Mause- 
typhus isoliert und M&usen wieder subkutan oder per os gegeben. 
Ferner warden einigemal Darm oder Organe der verendeten Mfiuse 
weiter verffittert 

Nach dem Tode der Tiere wurden bei Beginn dieser Arbeit nur 
aus dem Darme, spfiter aus Darm, Herzblut, Milz, Leber und Niere, in 
der von v. Drigalski-Gonradi angegebenen Weise Ausstriche auf den 
Nfihrboden gemacht. Hfiufig konnten schon nach 12 Stunden charak- 
teristische Kolonieen beobachtet werden. Die folgenden Angaben be- 
ziehen sich auf 24-stfindige Kulturen. Nach Farbe und Gr5fie waren 
folgende Kolonieen zu anterscheiden: 

1) Blaue, violette und rote Kolonieen von einem Durchmesser von 
1—5 mm, deren mikroskopische Untersuchung Stfibchen ergab. 

2) Blaue Kolonieen mit einem roten oder violetten Punkte in der 
Mitte, Durchmesser 2—5 mm. Diese bestanden teils aus Stfibchen, teils 
waren es Mischkolonieen von Stfibchen und Kokken, die spfiter in 
Reinkulturen erhalten wurden. 


1) Der v. Drigalski-Conradische Nahrboden wurde in der bakteriologischen 
Abteilung der Firma Dr. Siebert & Dr. Ziegenbein, Marburg, bergeetellt 


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608 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6. 

3) Kleine blaue und rote Kolonieen, Durchmesser 0,5—1 mm, die 
durch Kokken gebildet waren. 

In einzelnen Fallen war es schwer, den Farbenton mit Sicherheit 
festzustellen. Ich habe dann mit der Nadel die betreifende Kolonie in 
Form eines Striches auf neuen D r i g a 1 s k i -N&hrboden (Ibertragen nnd 
erzielte bierdurch stets schon nach 12 Stunden bei M&usetyphus deut- 
lich blaue und bei Coli-Arten deutlich rote Farbung. Kokken zeigten 
im allgemeinen langsameres Wachstum. Von den verschiedenen Kolo¬ 
nieen wurden einige auf Agar gebracht und nach mehrmaligem Ueber- 
impfen durch die Agglutinationsprobe weiter un ter such t. 

(SchluB folgt) 


Die Redaktion des „Centralblatts fUr Bakteriologie und Parasitenkundef* 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche urn 
Lieferung von besonderen Abdriicken ihrer Aufsdtxe entweaer bei der Ein- 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben zu 
wollen oder sPdtestens nach Embfang der ersten Korrekturaoziige direkt an 
den Verleger , Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen. 


Inhalt. 


Bail, Oskar a. Fettersson, Alfred, Unter- 
suchungen fiber natfirliche und kfinstliche 
MilzbrandimmunitAL (SchluB.), p. 540. 

Bongort, J., Beitrfige zur Biologic des 
Milzbrandbacillus und sein Nachweis im 
Kadaver der groBen Haustiere, p. 497. 

Bose, F. J., Les Epitheliomas parasitaires. 
La clavelde et l*Epith61ioma claveleux. 
(Forts.), p. 517. 

Ghon, Anton u. Saehs, Milan, Beitrfige 
zur Kenntnis der anafiroben Bakterien 
des Menschen. (Forts.), p. 481. 

Herzog, H., Die ADschwftchung der Sfiuge- 
tiertuberkulosebacillen im Kaltblfiter- 
organismus, p. 535. 

Hetsch, H., Weiteres zur kulturellen 
Differenzierung der Ruhrbacillen gegen- 
tiber ruhrfihnlichen Bakterien, p. 580. 

Hirsohbmch und Schwer, Die Cholera- 
diagnose mit Hilfe eines Spezialagars, 
p. 585. 

Xto, Snkehito, Ueber die Aetiologie von 
„Ekiri“, einer eigenttimlichen, sehr 
akuten, ruhrartigen, epidemischenKinder- 
krankheit in Japan, p. 509. 

Kraus, Rudolf, Ueber ein akut wirkendes 
Bakterientoxin, p. 488. 

v. Linstow, Helminthologiscbe Beobach- 
tungen, p. 526. 

Meyer, Arthur, Naphtolblau als Reagens 
auf Bakterienfett, p. 578. 

Moser, Faul u. Frh. v. Firqnet, Clemens, 

Zur Agglutination der Streptokokken, 
p. 560. 


Mftller, Fanl Theodor, Zur Theorie der 
natfirlichen antibakteriellen Immunit&t. 
(Forts.), p. 550. 

-, Geht das Tetanolysin mit den Pro- 

telden des Serums una des Eiklars eine 
ungiftige Verbindung ein ?, p. 567. 

Obermaier, Gust., Ueber die Trinkwasser- 
desinfektion mit Jod nach Vaillard, p. 592. 

Pick, E. F., Ueber den Gehalt der ein¬ 
zelnen EiweiBfraktionen des Serums an 
CholeraimmunkOrpern, d. 556. 

Fieri, Gino, Kurze Erwiaerung auf Herm 
Dr. Loos8’ Mitteilung: Weiteres fiber die 
Einwandemng der Ankylostomen von der 
Haut aus, p. 531. 

Sauerbeck, Ernst, Zur Frage des Pan- 
kreas-Cytolysins, p. 573. 

Siebert, C., Ueber das Yerhalten des 
Loefflerschen Mfiusetyphusbacillus zu 
dem v. Drigalski - Conradischen Nfthr- 
boden, p. 601. 

Strengf, Osw., Zur Zfichtung der anafiroben 
Bakterien, p. 598. 

Vagedes, Zur Abhandlung von Krompecher 
und Zimmermann „Ueber die Virulenz 
der Tuberkelbacillen“ in No. 8 dieser 
Zeitschrift, p. 507. 

Wiener, E., Ein Apparat zur Zfichtung 
von Mikroorganismen in beweglichen 
flfissigen Medien, p. 594. 

Wolff, Alfred, Bemerkungen zu vorstehen- 
der Entgegnung, p. 557. 


Fromnunnsche Bachdrnckerel (Hermann Pohle) in Jena. 


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ErklRrung der Figuren 

zur Tafel Herzog, Abschwfichung der SRugetiertuberkulosebacillen im 
Kaltbluterorganismus (dieses Centralbl. No. C). 


Figtur 1. 


Ausstrichpr&parat der von Dieudonnd gezuchteten Reinkultur (nach zweimaliger 
Durchleitung durch den Kaltbliiter). YergrOBerung 1500:1. 


Figur 2. 

Schnitt durch die Milz von Frosch 7. (F&rbung mit Karbolfuchsin „ Z i e h 1 - 
N e 18 e n “, ohne Kontrastfarbe.) YergrOBerung 1500:1. 


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Entnlbl. f. lakt etc. I. ttt Ori|inli Id. XXKIV. Ho. 7. 


Nachdruck verboten, 

Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des 

Menschen. 

[Aus dem pathologisch-anatomischen Ipstitute in Wien 
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).] 

II. Zur Aetiologie des Gasbrandes. 

Von Dr. Anton Ghon und Dr. Milan Sachs. 


(Erster Teil.) 

Mit 3 Tafeln. 


(Schlufi.) 

IV. Tauben (= T). 

An Tauben wurden Versuche mit subkutaner und intramuskul&rer 
Injektion ausgefuhrt. 

Wahrend die subkutane Injektion von 2 ccm einer 48-stiindigen 
Zuckergelatinekultur in einem Versuche (Injektionsstelle: Brust) nur ein 
flaches Geschwiir im Bereiche der Injektionsstelle hervorrief, welches 
glatt ausheilte, bewirkte in einem zweiten Versuche, in dem ein Fliigel 
zur Injektion benutzt wurde, die Injektion derselben Menge bereits nach 
48 Stunden den Tod der Taube unter Gasbildung und starker Sdema- 
toser Anschwellung des Fltigels. 

Die intramuskul&re Injektion (Brustmuskel) hatte bei Ver- 
wendung grSBerer Mengen (1—2 ccm) stets den Tod des Tieres innerhalb 
der ersten 20 Stunden zur Folge. Die Ver&nderungen, die vorwiegend 
lokale waren, bestanden hauptsacblich in ausgedehnter Gasbildung in 
dem betreffenden Muskel, der zugleich starker durchfeuchtet und stellen- 
weise von Blutungen durchsetzt war. Eine Taube, die nur 0,5 ccm der 
gleichen Zuckergelatinekultur intramuskular bekam, zeigte keinerlei Er- 
scheinungen. 


T 5, am 31. Mai 1902 subkutan (linke Brustseite) 2 ccm einer 48-stiindigen 
Zuckergelatinekultur von M 20. 

Am nachsten Tage diffuses, feines Knistern im Unterhautbindegewebe der linken 
Brustseite. Am 7. Juni findet sich, entsprechend der Injektionsstelle, ein ca. 2 cm im 
Durchmesser haltender, seichter Substanzverlust mit unregelmafiigem, verdicktem Rande 
und trockenem Grunde, auf dem stellenweise eine trockene, schwarzrote Kruste haftet. 
Dieser Substanzverlust reicht iiber das Brustbein auf die andere Seite. Vollstandige 
Heilung des Geschwiires. 

T 4, am 30. Mai 1902 subkutan (linker Fliigel) 2 ccm einer 48-stiindigen Zucker¬ 
gelatinekultur von M 20. 

Der linke Fliigel schwillt im Laufe des nachsten und zweitnachsten Tages an, 
beim Betasten Knistern nachweisbar. Die Taube auffallend matt. 

Tod nach 48 Stunden. 

Sektion, 15 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): 

Der linke Fliigel angeschwollen, in seinem Bereiche sind iiberall kleine GasblSs- 
chen, durch die Haut durchschimmernd, zu sehen; auf Druck, namentlich der Brust 
zu, deutliches Knistern. Haut und Unterhautbindegewebe von einer gelblich-rotlichen 
Fliissigkeit durchtrankt. Die Muskulatur des Fliigels stark durchfeuchtet, wie fleckig 
aussehend, indem einzelne Partieen blasser, andere starker gerotet erscheinen , das 
Bindegewebe zwischen den Muskelgruppen reichlich von gelbnch-rotlicher Fliissigkeit 
durchsetzt. Der linke, grofie Brustmuskel etwas feuchter und auffallend blafi dem der 
anderen Seite gegeniiber. Leber grofi, fast zerfliefiend weich, gleichmaBig rotlich-braun- 


Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


f elb. Milz vergrofiert, weich, lichtrot Nieren weich, lichtbraungelb. Lungen leicht 
yperamisch. Herz fast leer. 

Deckglaspraparate: 1) vom Fliigel: Reichlich Bacillen, vorwiegend Gram- 
pnositiv, mittelstark, kiirzer und langer, F&aen, wenig angeschwollene Formen. Keine 
sicheren Sporen. Im Jodpraparate ziemlich reichliche, verschieden intensive Braun- 
farbung, gieichmafiig oder fleckig. 

2) Vom Lebersafte: Keine Bakterien. 

Kulturen: 1) Vom Fliigel: a) Aerob: SteriL b) Anaerob: Wachstum 
(Beinkultur). 

2) Vom Herzblute: Anaerob: Steril. 

Histologischer Befund: 

1) Schnitt durch den Fliigel, nahe dem ersten Gelenke: Cutis und 
subkutanes Bindegewebe von reichlichsten Mengen homogen aussehender Massen durch- 
setzt, stellenweise kernlos, stellenweise wieder mit Anhaufungen von rundlichen, ein- 
und mehrkernigen Zellen und sparlichen roten Blutkbrperchen. Im subkutanen Gewebe 
auch grofiere und kleinere, unregelmafiig begrenzte, rundliche und langliche Hohlraume. 
Im interstitiellen Bindegewebe der oberfachlichen Muskelschichten reicnlichst homogene, 
rbtlich (Eosin) gefarbte Massen und dichte Zellhaufen, die teils aus kleineren ein- und 
mehrkernigen, rundlichen Zellen bestehen, teils aus grofieren mit blaschenformigem, 
schwach tingiertem Kern und breitem Protoplasmasaum. 

Die Zellkerne zeigen vielfach Zerfall. Die Muskelfasem der Umgebung sind 
streckenweise vollig kernlos und in Zerfall begriffen. In den tieferen Muskelpartieen 
nimmt die Zellinfiltration mehr und mehr ab. 

Bakterien finden sich sehr reichlich im subkutanen Bindegewebe, wahrend zwischen 
den Muskelfasem und in den obersten Schichten solche sparlich oder gar vereinzelt 
nachwcisbar sind. Die Bakterien stellen Gram-positive Bacillen einer Art dar, vielfach 
zu kiirzeren Faden auswachsend. 

2) Linker Brustmuskel ohne besondere Veranderungen. 

3) Milz, Leber und Niere zeigen in Schnitten keine Bakterien. 

T 2, am 22. Mai 1902 intramuskular (rechter grofier Brustmuskel) 1 ccm 
einer 48-stundigen Zuckergelatinekultur von M 16. 

17 Stunden nach der Injektion im Bereiche dee rechten grofien Brustmuskels 
deutliches Knistern. 

Tod nach 20 Stunden. 

Sektion, 2 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): 

Der rechte Brustmuskel etwas voluminbser, la6t deutlich Knistern nachweisen. 
Der blofipraparierte Muskel in seiner Farbe von dem der anderen Seite nicht ver¬ 
schieden. Auf dem Durchschnitte zeigt sich der oberflachliche von dem tiefen Brust¬ 
muskel abgehoben; die Fascie zwischen beiden gelblich-schmierig, laflt in ma6ig reich- 
licher Menge eine wie nekrotisch aussehende, von Gasblasen aurchsetzte Masse ab- 
streifen. Die auBeren unteren Partieen des grofien Brustmuskels in einem ca. haselnufi- 
grofien Bezirke dunkelschwarzrot gefarbt und von kleinen, bis etwa stecknadelkopf- 
grofien Gasblasen durchsetzt. Leber braunrot. Nieren gelbbraun. Milz nicht ver- 
grofiert. Lungen blafi. 

D eckglas praparate: Reichlich Gram-positive Bacillen, sehr reichlich an- 

f eschwollene, fast mnahche Gebilde oder Keulenformen, seltener schmalere und leichtere 
'ormen. Sparlich Gram-negative und Uebergangsformen. In Jodpraparaten sehr 
reichlich gleichmafiige oder fleckige Braunfarbung und auffallend reichlich sehr dunkle, 
schwarzlicne, schmutzig aussehende Einlagerungen. Sparlich endogene Sporen. 
Kulturen: 1) Vom Muskel: Aerob: Steril. 


2) Vom Muskel und Herzblut: Anaerob: Wachstum (Reinkultur). 

Histologischer Befund: 

1) Brustmuskel aus dem Bereiche der In j ektions stelle (No. 22, 
Tafel III). Die Muskelfasem und -biindel auseinandergedrangt. Im interstitiellen 
Bindegewebe mehr oder weniger reichlich feingekornt oder nomogen aussehende Massen, 
grbfiere und kleinere Blutungen, verschieden gestaltete, meist leere Hohlraume, Bak- 
berienmassen und Zellenhaufen, die aus ein- und mehrkernigen Rundzellen und roten 
Blutkorperchen bestehen. Am intensivsten sind alle diese Veranderungen im lockeren 
Bindegewebe zwischen dem tiefen und oberflachlichen Brustmuskel. Die Muskelfasem 
selbst zeigen verschieden starke Veranderungen, die schwersten in der Umgebung der 

f ofieren Bakterien- und Zellhaufen: Quellung, Auffasemng und Zerfall, zum Teil auch 
einschwund. 

Bakterien finden sich in enormen Mengen als Gram-positive, meist kurzere Ba¬ 
cillen, die haufig angeschwollen sind. 

2) Hamorrhagische Randpartie des Brustmuskels: Ausgedehnte 
schwere Veranderungen der Muskelfasem wie oben. Zwischen den Muskelfasem ausge- 


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Oh on u. Sachs, Beitr&ge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 611 


breitete, meist streifenfbrmige Blutungen, feinkbrnig auseehende Massen. sowie dichte 
Ziige von Bakterien. Eeine entzundliche Infiltration, maflig viele, langlich gestaltete 
Honlraume. Dort, wo grdBere Blutungen sichtbar sind, zeigen die Muskelfasern in den 
Hamalaun-Eosinpraparaten eine auffaflend starke, dunkelbraune Farbung, in den Me- 
thvlenblaupraparaten eine starkere grQnliche F&rbung. Die roten Blutkorperchen er- 
acneinen oft wie ausgelaugt. 

Die Bakterienformen sind dieselben wie bei 1). 

T 1, am 22. Mai 1902 intramuskular (rechter groBer Brustmuskel) 2 ccm 
einer 48-stiindigen Zuckergelatineknltur von M 16. 

Tod der Taube nach 18 Stunden. 

Sektion, 7 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): 

Im rechten Brustmuskel Knistern deutlich zu fasten. Der oberflachliche Muskel 
yon dem tiefen stellenweise abgehoben, die Fascie zwischen beiden von einem schmierigen 
Belage bedeckt. Die Muskulatur selbst starker durchfeuchtet und nach auBen vom 
Sticnkanale im grofieren Umkreise mehr oder weniger diffus dunkelschwarzrot gefarbt 
und von kleineren Gasblasen durchsetzt. Leber braunrot, die iibrigen Organe ohne 
Veranderungen. 

Dec kglasp raparate (No. 13, Tafell): Sehr reichiich Bakterien, Gram-positiv, 
als mittelstarke, iurzere Stabchen und sehr reichiich in geschwollenen Formen, fast 
durchweg mit Sporen. GrdBere gequollene, starker und auch blaB gefarbte Formen 
ohne Sporen. Sparlich Gram-negative Formen. — Durch Jod gleichmaBige hellgelbe 
Farbung, nur selten eine fleckige oder mehr gleichmaBige Braunflrbung. 

Kulturen: 1) Aerob vom Muskel: Steril. 

2) Anaerob vom Muskel und Herzblut: Reichliches Wachstum mit Gas- 
bildung (Rcinkultur). 

In den Deckglaspraparaten der anaeroben Kulturen vom Muskel lassen sich Sporen 
nicht nachweisen. 


Tierrersnche mit Eultarflltraten. 

Fur dieVersuche wurden 1-proz. Zuckerbouillonkulturen verwendet, 
die verschieden lange Zeit bei 37° C gehalten und hernach durch Pu- 
kalfilter filtriert wurden. Alle Filtrate wurden vor der Verwendung 
auf Keimfreiheit gepruft. 

Als Versuchstiere wurden weiBe MBuse und Meerschweinchen be- 
nutzt. Die Injektion der Filtrate erfolgte subkutan und intraperitoneal. 
Die Menge des injizierten Filtrates betrug ftir MSuse bis zu 3 ccm, ftir 
Meerschweinchen bis zu 5 ccm. 

Die beiden Versuchsserien, welche wir mit solchen Filtraten aus- 
fiihrten, hatten nicht dasselbe Resultat. In der ersten Versuchsreihe 
benutzten wir Filtrate aus 3, 6, 11 und 149 Tage alten Kulturen (s£mt- 
liche 4 Kulturen von derselben Generation des Bacillus geimpft) ohne 
Resultat. In der zweiten Versuchsreihe verwendeten wir 5 und 8 Tage 
alte Kulturfiltrate, die beide positive Resultate erg:aben. 

Die damit intraperitoneal geimpften Meerschweinchen (2 und 5 ccm) 
gingen ein, das eine schon 5'/* Stunden nach der Einverleibung des 
Filtrates. Der Sektionsbefund war ein gleichlautender: seros-hSmorrha- 
gische Peritonitis, Transsudat in den Pleurahbhlen und trflbe Schwellung 
der parenchymatosen Organe, vor allem der Leber. Die Anwesenheit 
von Fibrinflocken und Leukocyten neben reichlichen Endothelien in der 
triiben, rotlich gefarbten Peritonealflussigkeit spricht fur die entziindliche 
Natur der peritonealen Veranderungen. 

Das subkutan geimpfte Meerschweinchen zeigte nur vorubergehende 
Krankheitserscheinungen, von denen es sich rasch wieder erholte. 

Von den intraperitoneal geimpften weiBen Miiusen blieben die am 
Leben, die weniger als 1 ccm des Filtrates erhalten hatten, die anderen 
verendeten, davon eine schon 3*/* Stunden nach der Einverleibung des 
Giftes. Auch bei den Mausen fanden sich Veranderungen in der Bauch- 

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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


h6hle, die als entzflndliche gedeutet werden mQssen, Transsudat in den 
PleurahShlen und trflbe Schwellung vor allem der Leber. 

Die subkutan geimpfte Maus blieb am Leben. 

Jedenfalls zeigte die zweite Versuchsreihe, daB unser Bacillus im 
stande sei, in Zuckerbouillon Giftstoffe zu produzieren, welcbe in groBeren 
Mengen bei MSusen und Meerschweinchen oft in recht intensiver Weise 
zur Geltung kommen. 

Die in alien unseren positiven Versuchen mit den Filtraten ausge- 
fuhrte bakteriologische Kontrolluntersuchung (Deckglaspraparat, anaerobe 
und aerobe Kultur) ergab in alien Fallen die Reinheit der Versuche. 

I. Versuchsserie. 

1) Filtrat aus einer 3 Tage alten Kultur: 

a) 6 weifie Mause, subkutan und intraperitoneal 0,5—2 ccm. 

Ohne Keaktion. 

b) 4 Meerschweinchen (190—450 g Korpergewicht), subkutan und intraperitoneal 
2—5 ccm. 

Ohne Reaktion. 

2) Filtrat aus einer 6 Tage alten Kultur: 

6 weifie Mause, subkutan und intraperitoneal 0,5—2 ccm. 

Ohne Reaktion. 

3) Filtrat aus einer 11 Tage alten Kultur: 

4 weifie Mause, subkutan und intraperitoneal 1—2 ccm. 

Ohne Reaktion. 

4) Filtrat aus einer 149 Tage alten Kultur: 

a) 1 Meerschweinchen von 140 g Korpergewicht, 5 ccm intraperitoneal. 

b) 3 weifie Mause, intraperitoneal 0,5—3 ccm. 

Ohne Reaktion. 


II. Versuchsserie. 

1) Filtrat aus einer 5 Tage alten Kultur: 

a) 2 weifie Mause (No. 1 und 2), intraperitoneal 1 und 3 ccm. 

b) 1 Meerschweinchen von 130 g Korpergewicht, 5 ccm intraperitoneal. 

Schon nach l*/ 4 Stunden zeigte das Meerschweinchen schwere Krankheitserschei- 
nungen: beschleunigte Atmung, Mattigkeit, Zuckungen in den vorderen Extremitaten, 
Schmerz bei Beruhrung und Koilaps. 

Auch die Mause waren nach dieser Zeit bereits krank. Die Schwere der Erschei- 
nungen war dabei vdilig proportional der einverleibten Giftmenge: Maus No. 1 zeigte 
geringe, Maus No. 2 schwerere Symptome. Letztere atmete auffallend langsam, lag 
platt am Bauche und ftihlte sich ganz kalt an. 

3 1 /, Stunden nach der Einverleibung des Filtrates verendetc Maus No. 2, 57, Stunden 
danach aas Meerschweinchen und zwiscnen 10—12 Stunden hernach Maus No. 1. 

Der Sektionsbefund der gefallenen Tiere, die gleich nach ihrem Tode auf Eis ge- 
legt wurden, war folgender: 

Meerschweinchen: Das Unterhautbindegewebe des Abdomens etwas feuchter. 
In der Bauchhohle ziemlich reichlich leicht gerotete, etwas trube Fliissigkeit. Perito¬ 
neum parietale hellrot, feucht, von vereinzelten kleinsten, hellroten Blutungen durch- 
setzt; solche Blutungen auch im grofien Netze. Serosa des Darmes rosafarben. Milz 
klein, blafi braunrot. Leber wie gekocht. Nieren braunrot. Nebennieren hellgelb. 
Lungen blutarm. 

Bakteriologischer Befund: Deckglaspraparat von der Flussigkeit der 
Bauchhohle zeigte mafiig viclc Endothelien, aber keine Bakterien. 

Kulturen: 1) Peritonealfliissigkeit: 

a) An aero b: Steril. 

b) Aerob: Steril. 

2) Herzblut: Anaerob: Steril. 

Maus No. 1: Keine bemerkenswerten Veranderungcn bis auf starkere paren- 
chymatose Degeneration der Leber. 

Bakteriologischer Befund: Abstreifpraparat vom Peritoneum: Ziemlich 
viele polynukleare Leukocyten, aber keine Bakterien. 

Kulturen: 1) Peritoneum: 

a) Anaerob: Steril. 

b) Aerob: Steril. 

2) Herzblut: Anaerob: Steril. 


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Oh on u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 023 

Maufl No. 2: In der Bauchhohle geringe Mengen nicht ganz kiarer Fliissigkeit. 
Peritoneum parietale und viscerale gerotet und feucht, mit vereinzelten kleinsten 
Blutungen. Klare Fliissigkeit in beiden Pleurahohlen. 

Bakteriologischer Befund: In Deckglaspraparaten von der Peritoneal- 
fliiseigkeit keine Bakterien, sparlich Zellen. 

Kulturen: 1) Peritoneal fliissigkeit: 

a) Aerob: Steril. 

b) Anaerob: Steril. 

2) Herzblut: Anaerob: Steril. 

2) Filtrat aus einer 8 Tage alten Kultur: 

a) 3 weifie Mause (No. 3—5), mtraperitoneal 0,25—1 ccm. 

b) 1 weifie Maus (No. 6), subkutan 2 ccm. 

c) 2 Meerschweincnen, 345 und 115 g schwer, intraperitoneal 5 bezw. 2 ccm. 

d) 1 Meerschweinchen von 137 g Korpergewicht, subkutan 5 ccm. 

Schon bald nach der Sektion zeigten die Meerschweinclien Krankheitssymptome, 
die sich in den niichsten Stunden nocn steigerten. Die Tiere hatten Kollapserschei- 
nungen. Die beiden intraperitoneal geimpften Tiere verendeten im Laufe des nachsten 
Tages, das kleinere 19 Stunden, das grofiere 24 Stunden nach der Einverleibung dee 
Filtrates. 

Audi die Mause erschienen schon bald nach der Injektion krank, erholten sich 
aber wieder. 

Der Sektionsbefund der beiden Meerschweinchen war ein gleicher: In 
der Bauchhohle mafiig viel rotliche, leicht triibe Flussigkeit. Peritoneum parietale und 
viscerale stark gerotet, im grofien Netze kleinste hellrote Blutungen. Auf der Leber- 
oberfliiche und auf dem Omentum zarte Fibrinflocken. Milz klein, blafi braunrot. 
Leber wie gekocht, morsch. Nebennieren rotlich-gelb. Nieren gelbbraun. In den 
Pleurahdhlen reichlich klare Flussigkeit. Lungen blutarm. 

Bakteriologischer Befund (grofieres Meerschweinchen): Deckglaspraparat 
von der Peritonealflussigkeit zeigte keine Bakterien, mafiig viele Zellen. 

Kulturen: 1) Peritoneale Flussigkeit: 

a) Aerob: Steril. 

b) Anaerob: Steril. 

2) Herzblut: Anaerob: Steril. 

Der bakteriologische Befund vom kleineren Meerschweinchen entsprach vollstandig 
dem des grofieren: alle angelegten Kulturen blieben steril. 

Die 3 Mause erholten sich wieder vollstandig. 

Beim subkutan geimpften Meerschweinchen zeigte sich die Haut im Bereiche der 
Injektionsstelle in ziemlicner Ausdehnung in einen trockenen, schwarzlichen Schorf 
umgewandelt, welcher sich gegen das umgebende Gewebe scharf abgrenzte. 


Entstehong von Schaamorganen. 

Ein grofieres Kaninchen erhielt am 12. April 1903 5 ccm einer verdiinnten 
Traubenzuckergelatinekultur (48 Stunden alt) intravenos (Randvene des linken Ohree). 
15 Sekunden nach der Injektion wurde das Tier durch Nackenschlag getotet und so- 
gleich danach in den Brutofen (37° C) gelegt. 

Nachdem das getotete Tier 20 Stunden im Brutofen gelegen hatte, zeigte es 
folgende Yeranderungen: 

Der Korper des Tieres ballonartig aufgetrieben. Das subkutane Gewebe des ganzen 
Korpers, vor allem in den Inguinal- una Achselbeugen, sowie am Thorax und Halse 
reichlichst von kleinsten Gasbmschen durchsetzt. In den abhangigen Korperpartieen 
neben den Gasblasen im Unterhautbinde- und Fettgewebe noch rotliche Flussigkeit 
An solchen Kdrperstellen die Muskulatur diffus blaulichrot, aus derselben 6chaumige 
Flussigkeit ausprefibar. Einzelne Muskeln des Halses kirschfarben. Das Abdomen 
cnorm aufgetrieben. Bei Einstich entweicht aus demselben on ter zischendem Gerausch 
Gas, welches mit blaulicher Flam me brennt. Das retroperitoneale Bindegewebe durch 
grOfiere und kleinere Gasblasen abgehoben. Der Dickdarm prall gefiillt, der Dunndarm 
geblaht, in demselben stellenweise schaumiger Inhalt. DerMagen geplatzt. Die Leber 
klein, zunderartig, reichlichst von kleineren und grofieren Gasblasen durchsetzt. Die 
Milz zum Teile verdaut, die Nieren von zahlreichen kleineren Gasblasen durchsetzt, 
matsch. Die Lungen ziemlich blutreich, ohne Gasblasen. Im Herzbeutel rotliche 
Fliissigkeit. Das Herz wie imbibiert, unter dem Epikard zahlreiche kleinste Gasblaschen. 
Im Herzen schwarzlichrotes, mit Gasblasen untermengtes Blut, zum Teil geronnen. 
Der Herzmuskel zunderartig, von zahlreichen kleinsten Glasblaschen durchsetzt. 

Die dem Tiere entnommene Leber riecht deutlich nach Buttersaure. 

Deckglaspraparate: a) Subkutane Flussigkeit: Mafiig reichliche Gram- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


positive Bacillen, ziemlich gleichmafiig dick, etwas schmaler als Authraxbacillen, fast 
aurchweg mit pol- oder mittelstandigen Sporen; b) Leber: Ziemlich reichlich diesel ben 
Gram-positiven, sporentragenden Bacillenformen wie bei a). 

Kulturen: a) Leber: 1) aerob: steril; 2) anaerob: Wachstum mit Gas¬ 
bildung (Reinkultur). 

b) subkutane Fliissigkeit: 1) aerob: steril: 2) anaerob: Wachstum mit 
Gasbildung wie bei a) (Reinkultur). 

Die Deckglaspraparate von den anaeroben Kulturen aus der Leber und der sub- 
kutanen Fliissigkeit zeigten dieselben Bacillenformen. 

Die von der anaeroben Kultur aus der subkutanen Fliissigkeit angelegte Platte 
(Zuckeragar unter Wasserstoffatmosphare) ergab eine Reinkultur von Kolonieen, die 
vollstandig mit jenen iibereinstim mten, welche in der direkt mit dem Leber- 
safte dea Tieres bestrichenen Zuckeragarplatte (Wasserstoffatmosphare) gleichfalls in 
Reinkultur angegangen waren. Und di ese Kolon ieen entsprachen vollst&ndig 
jenen Kolon ieen formen, die wir bei dem von uns im vorhergehenden 
genauer beschriebenen Bacillus zu sehen Gelegenheit hatten. 

Die Deckglaspraparate von diesen beiden Flatten zeigten gleichfalls identische 
Rilder: Gram-positive Bacillen, pleomorph, vollig iibereinstimmend mit jenen Formen, 
die wir bei unserem Bacillus sehen konnten. 

Die mit Kolonieen von den Zuckeragarplatten beschickten Gelatinekulturen liefien 
nach 48 Stunden das unserem Bacillus entsprechende Wachstum erkennen. 

Mit der einen der Gelatinekulturen wurden nach 48 Stunden 2 Meerschweinchen 
subkutan geimpft. Die Tiere, 200 und 350 g schwer, hatten 2 bezw. 3 ccm der auf- 

f eechuttelten Kultur subkutan injiziert erhalten und verendeten innerhalb 14 Stunden. 

)ie Sektion ergab bei beiden Tieren denselben Refund: Haut am Abdomen blaulichrot. 
Diese Veranderung scharf gegen die Flanken zu abgegrenzt. Unterhautbinde- und 
Fettgewebe reichlich von kirscnfarbener Fliissigkeit durchtrankt, die zahlreiche kleinera 
Gasblaschen enthalt Am reichlichsten diese Fliissigkeit in den Achsel- und Inguinal- 
beugen. Muskulatur feucht und fast kirschfarben. Peritoneum ebenfalls kirschfarben 
und feucht. Nieren blafibraungelb, Nebennieren gelblich. Leber wie gekocht, morsch. 
Milz klein, blafi. Lungen ziemlich blutarm. Herz prall gefiillt. 

Deckglaspraparate: a) subkutane Fliissigkeit: Ziemlich reichlich vor- 
wiegend Gram-positive kurzere und liingere Bacillen. 

In Jodpraparaten meist hellgelbe Staochen, sparlicher angeschwollene, dunkelbraune 
Formen. 

b) Peritoneum: Sehr reichlich Gram-positive langereBacillen und lange Faden, 
spfirlicher Uebergangsformen und Gram-negative. 

Kulturen: a) subkutane Fliissigkeit: 1) Aerob: steril; 2) Anaerob: 
Wachstum mit Gasbildung (Reinkultur). 

b) Herzblut: 1) Aerob: steril; 2 ) Anaerob: steril. 

Die angegangenen Zuckeragarkulturen entsprachen vollstandig denen unseres 
Bacillus, desgleichen die von der 2. Zuckergelatinekultur angefertigte Zuckeragarstich- 
und Milchkultur (E rlenmey er-Kolben). Die im Brutofen verflussigte Zuckergelatine¬ 
kultur war in der Kalte nicht erstarrt. 

Wir glauben somit berechtigt zu sein, den aus der Leber und dem 
subkutanen Gewebe des Kaninchens in Reinkultur geziichteten anaeroben 
Bacillus mit dem von uns demselben Tiere vor dessen Totung intra- 
venfls injizierten identifizieren zu dtirfen. Damit haben wir den Beweis 
erbracht, daB das aus unserem Gasbrandfalle gewonnene 
bewegliche Anaerobion imstande sei, im Tierkorper 
(Kaninchen) sogenannte Schaumorgane zu erzeugen. 

Wie aus dem Vorstehenden ersichtlich ist, war uns Gelegenheit ge- 
geben, den von uns beobachteten Fall von Infektion mit einem an¬ 

aeroben Bakterium eingehendst zu untersuchen. Wir bemiihten uns t 
diese Untersuchung so griindlich als moglich auszufiihren, weil wir der 
Ansicht sind, daB unsere Kenntnisse tiber die Infektionen mit Anaero- 
bien nur durch genaueste Beobachtungen gefordert werden konnen. 
Gerade fflr diese Infektionen hat sich, wie aus den zahlreichen, in 

letzter Zeit verbffentlichten Mitteilungen geschlossen werden darf, all- 

seitig ein regeres Interesse kundgegeben und es ist auBer Zweifel, daB 

es auf diesem Gebiete wissenschaftlicher Forschung noch einige viel 
umstrittene Fragen gibt. 


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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaeroben Bakterien dee Menschen. gX5 

Das Interesse an diesen Infektionen betrifft aber nicht bloB die 
Bakteriologie, sondern yor allem auch die pathologische Anatomie und 
Histologie derselben, nachdem uns durch die Untersuchungen einer 
Reihe von Autoren bekannt geworden ist, wie sehr die dabei nachweis- 
baren Gewebsver&nderungen in vielen Punkten von denen bei den be- 
kannten anderen Infektionen Abweichungen zeigen. 

Das richtige Verst£ndnis fflr die grob-anatomischen und fiir die 
feineren histologischen Organver^nderungen dieser Infektionskrankheiten 
setzt aber notwendig eine grfindliche Kenntnis vieler biologischer Eigen- 
schaften ihrer Erreger voraus. 

In unserem Falle haben wir nun gerade auch beztiglich der patho- 
logischen Anatomie dieser Infektionen einige bemerkenswerte Tatsachen 
kennen gelernt, die uns Veranlassung geben, zu einigen der schweben- 
den Fragen Stellung zu nehmen. 

Wie schon aus der Erorterung des pathologisch-anatomischen Be- 
fundes ersichtlich ist, handelt es sich in unserem Falle um Ver&nderungen, 
die in anatomischer Hinsicht mit jenen vollstandig tibereinstimmen, welche 
man bei der als Grangrfene foudroyante, Gasgangr&n, Gas- 
brand etc. bezeichneten Infektionserkrankung vorfindet. Wir begniigen 
uns hier, auf diese Tatsache hinzuweisen, ohne in eine n&here Ausein- 
andersetzung und Begriindung dieser Auffassung fur unseren Fall ein- 
zugehen. Nur soviel sei hervorgehoben, dafi im Gegensatze zu diesen 
zweifelsohne vital entstandenen Ver&nderungen bei der Sektion auch 
noch solche gefunden wurden, die sicher postmortal entstanden waren, 
sich aber nicht ohne weiteres von den ersteren unterscheiden liefien. Es 
ist auBer Frage, daB diese erst post mortem zur Entwickelung gelangten 
Veranderungen, auf die wir ja auch schon hingewiesen haben, mit den 
vital entstandenen nicht gut in eine Linie gestellt werden konnen und 
daB deshalb fiir diese eine andere Bezeichnung notwendig erscheine. 

Auch die histologischen Veranderungen unseres Falles wollen wir 
an dieser Stelle nicht eingehender besprechen, sondern einstweilen nur 
hervorheben, daB im Gegensatze zu anderen Fallen von „Gasbrand“ sich 
in unserem Falle neben Gasbildung, Nekrose, Muskelzerfall und odema- 
toser Durchtr&nkung noch entziindliche Ver&nderungen — 
allerdings in geringem AusmaBe — erkennen lieBen. Inwieweit diese 
abh&ngig sind von der Eigenart des in unserem Falle gefundenen Er- 
regers, wird eingehend erortert werden miissen. 

DaB der in unserem Falle in Reinkultur nachgewiesene Erreger mit 
jenen Bacillenformen nichts zu tun hat, welche in den letzten Jahren 
als die h&ufigste Ursache der als „Gasbrand“ bezeichneten Infektion 
beschrieben wurden, ist zweifellos: denn diese einheitliche, gut charakte- 
risierte, anaerobe Bakterienart, welche verschiedene Namen fiihrt 
stellt ein unbewegliches, plumpes Stabchen dar, welches fur ge- 
wohnlich nicht versport, bildet auf anaeroben Platten typische 
Oberfl&chenkolonieen (Tafel I, No. 10), bringt Milch in charak- 
teristischer Weise unter sturmischer Gasbildung zur Gerinnung, 
ist ftlr Kaninchen nicht pathogen, wfthrend es bei Meerschweinchen 
gewohnlich einen rasch zum Tode fiihrenden KrankheitsprozeB erzeugt, 
welcher dem beim Menschen beobachteten gleicht. Demgegenflber ist der 
in unserem Falle beobachtete Bacillus ein b e w e gl iches Stabchen, welches 
schon unter gew5hnlichen Bedingungen Sporen bildet und 
sich durch seine oben beschriebenen Wachstumseigentilmlichkeiten in 
der Milch und in den Oberfiachenkolonieen auf der Agarplatte, 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


durch seine Pathogenit&t fiir Kaninchen und durch seine patho- 
gene Wirkung fur den Meerschweinchenorganismus sofort und mit 
voller Sicherheit von der ersterw&hnten unbeweglichen Art unter- 
scheiden laBt. 

Um so mehr Schwierigkeiten bereitet aber die LOsung der Frage, 
ob unser Bacillus mit einer der anderen anabroben Bakterienarten, 
welche bei ahnlichen Prozessen gefunden wurden, identisch sei Oder 
nicht. Auch die genaue Untersuchung der morphologischen, kulturellen 
und tierpathogenen Eigenscbaften unseres Bacillus vermindert diese 
Schwierigkeiten nicht. Der Grund dafiir ist in erster Linie wohl darin 
gelegen, dad die Beschreibungen derjenigen Bakterienarten, die dabei 
in Betracht kommen, meist aus einer Zeit stammen, in der sich die 
ersten Anf&nge der bakteriologischen Technik ausbildeten, daher unvoll- 
stSndige sind. Aber auch die aus spaterer Zeit stammenden Angaben 
sind vielfach nicht von der wiinschenswerten Genauigkeit und Voll- 
standigkeit. 

Obwohl wir aus diesem Grunde den in unserem Falle gefundenen 
Bacillus nicht ohne weiteres mit einer der schon beschriebenen 
Arten identifizieren konnen, halten wir es nicht fQr wahrscheinlich, daB 
wir es mit einer vollig neuen Art zu tun haben. In vielen Punkten 
stimmt unser Bacillus mit jenem Bacillentypus ttberein, welcher in der 
Literatur als Bacillus des malignen Oedems bekannt ist. Die 
sich jedoch vielfach widersprechenden Angaben tiber diesen Bacillen¬ 
typus, der Mangel einer einwandfreien Charakterisierung derselben und 
der Umstand, daB zweifellos verschiedene Bakterienarten von den Autoren 
mit diesem Namen bezeichnet wurden, lassen es als notwendig erscheinen, 
n&her auf die vorhandenen Literaturangaben einzugehen. Das soil in 
dem zweiten Teile dieser Mitteilung geschehen; in demselben 
wollen wir auch auf die oben fluchtig berUhrten pathologisch-anatomi- 
schen und histologischen Besonderheiten unseres Falles zurQckkommen. 

Anmerkung. Der von uns isolierte Bacillus wurde dem bakterio¬ 
logischen Laboratorium des Herrn Doc. F. Kr£l in Prag, I. Kleiner 
Ring, fibergeben. 


Erkl&rung der ▲bbildungen. 

Tafel I. 

No. 1. Flache Kolonie mit leicht gebuchtetem Rande. Traubenzuckeragarplatte, 
4 Tage alt. 

N o. 2. Runde Kolonie, leicbt erhaben mit steil abfallendem Rande. Agarplatte, 

3 Tage alt. 

N o. 3. Kolonie mit opakerera, scharf abgesetztem, zentralem und flachem, zart 
gebuchtetem, peripherem An teile (dieselbe Platte wie No. 1). 

N o. 4. Kosettenahnliche Kolonie. Traubenzuckeragarplatte, 4 Tage alt. 

N o. 5. „Zer8chli8sene u Kolonieform, gleichmafiig flach. Traubenzuckeragarplatte, 

4 Tage alt (in derselben B o t k i n-Glocke mit No. 1, 2 und 4 gezuchtet). 

N o. 6. „Zerschlissene u Kolonie mit opakem erhabenerem Zentrum (von derselben 
Platte wie No. 5). 

N o. 7. Blattformige Form mit korallenriffartigen und buschelformigen Fortsatzen. 
Agarplatte mit feuchter Oberflache, 0 Tage alt. 

No. 8. Grofie, blattformige Wachstumsform yon derselben Agarplatte wie No. 7, 
mit korallenriffartigen Auslaufern, zum Teil in einen diffusen Ueberzug der Platte dber- 
gehend. 

N o. 9. Strichkultur in einer Traubenzuckeragarplatte mit flachen, teils distinkten, 
teils konfluierendcn gebuchteten Kolonieen, 3 Tage ait. 

Die in den No. 1—9 abgebildeten Kolonieformen gehbren samtlich dem Bacillus 
des im Vorstehenden beschriebenen Gas brand falles an. 


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Centralblatif Bakteriologie A bt. I. Bd. XXXIV. Ghon, A. u. Sachs, M.: Zur a etioiogie Tnf T 

____ des„Gasbrandes“ 



Verlig yon Gustav Fischer, Jena. p. WeiM, Lith.,Jena. 


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Centralb la t lf Bakteriologie A bl. I. Bd. XXXIV Ghon, A. u. Sachs, Af.: Zur a etioiogie 


des „Gasbrandes. 


7 ig. io. 


Veriag tod Gustav Fischer, Jena. 

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ode 


P. Well*, Lith., Jan* 



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Centralblatlf.BakteriologieAbt.I.Bd.XXXIV. <:, ‘ nn ’ A -«- S ' lcks > Af ' : lYc^a^s. Ta/ ' 1 










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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Eenntnis der anaSroben Bakterien des Menschen. 017 


No. 10. 
nnd Linden 
6 Tage alt. 
No. 11. 
Farbung 
No. 12. 
Farbung 
No. 13. 
Farbung 
No. 14. 
(4 Tage alt). 
Farbung 


Kolonie ernes Stammes des von Welch, Fraenkel, Hitschmann 
thal u. a. beschriebenen Gasbranderregers. Traubenzuckeragarplatte. 

Ausstrichpaparat des Muskels vom Menschen, alter erkrankte Partie. 
d. O. (= des Originalpraparates) nach Gram mit Nachfarbung (Fuchsia). 
Ausstrichpraparat des Muskels vom Menschen, jlinger erkrankte Partie. 
d. 0. wie No. 11. 

Ausstrichpraparat aus Taube No. 1 (Muskel). 
d. O. wie No. 11. 

Deckglaspraparat von der Kolonie einer anaeroben Plattenstrichkultur 
d. 0. wie No. 11. 


Sfimtliche Kolonieformen (No. 1—10) wurden nach der in unserer 1. Mitteilung 
(siehe Centralbl. f. Bakt. etc. I. 0. XXXII. Bd. 1902) verSffentlichten Methode unter 
Wasserstoffatmosphare bei 37° C geziichtet. 

Tafel II. 

No. 15. Schnitt durch einen hamorrhagisch infiltrierten Muskel des rechten 
Oberschenkels vom Menschen mit einer Gasblase und mit Bacillen an der Peripherie 
des letzteren und in der Blutung. 

Vergrdflerung 150-fach (die Bacillen etwas vergrofiert eingezeichnet). 

Farbung d. O.: Gram-Weigert. 

No. 16. Deckglaspraparat von der Kolonie einer anaeroben Plattenstrichkultur, 
4 Tage bei 37° C (eine der ersten aus dem Menschen geziichteten Generationen). 

Farbung d. O. nach Gram mit Nachfarbung. 

No. 17. Klatschpraparat der Kolonie einer anaeroben Plattenstrichkultur, 4 Tage 
bei 37° C. Rand partie (altere Generation). 

Farbung d. O. wie bei No. 16. 

No. 18. Klatschpraparat derselben Kolonie wie von No. 17. Zentrale Partie. 

No. 19. Schnitt durch einen Muskel des Menschen mit kleinzelliger Infiltration, 
hochgradigem Zerfall der Muskelfasem und mit reichlichen Bacillen. 

vergrofierung 175-fach (Bacillen etwas vergrofiert eingezeichnet). 

Farbung d. 0.: Gram-Weigert. 


Tafel III. 

No. 20. Schnitt durch das subkutane Binde- und Fettgewebe um die linke in¬ 
guinale Lymphdriise eines Meerschweinchens (No. XII, subkutan an der linken Bauch - 
seite geimpft, Tod nach 36 Stunden) mit h&norrhagischer (a) und entziindlicher (b) 
Infiltration. 

Vergrofierung 120-fach. 

Farbung d. O. mit Hamalaun-Eosin. 

No. 21. Schnitt durch die Aufienseite des linken Ohres eines Kaninchens (No. Ill, 
intravenos geimpft, Tod nach 63 Stunden). 

a) Knorpel; 

b) odematos durchtranktes Bindegewebe mit zahlreichen Bacillen; 

c) erweiterte Lungengefafie mit zahlreichen Bacillen, komigen Massen und abge- 
stofienen Endothelien; 

d) Blutgefafie. 

Vergrofierung 145-fach (die Bacillen etwas vergrofiert eingezeichnet). 

Farbung d. O.: Gram-Weigert. 

No. 22. Schnitt durch den tiefen Brustmuskel einer Taube (No. II, intramuskular 
geimpft, Tod nach 20 Stunden). 

a) Muskelfasem; 

b) entziindliche Infiltration mit Bacillenmassen im Bindegewebe zwischen tiefcm 
und oberflachlichem Brustmuskel. 

Vergrofierung 200-fach. 

Farbung d. O.: Gram-Weigert. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originaie. Bd. XXXIV. No. 7. 


Nachdruck verboten. 

Upon the intraoellular constituents of the 
typhoid bacillus. 

[From the Jenner Institute of Preventive Medicine, London.] 

By Dr. Ulan Macfadyen and Sydney Rowland. 

With 2 Figures. 

The following paper contains an account of the results that have been 
obtained as regards the typhoid bacillus since the publication of our first 
communication in the Centralblatt fdr Bakteriologie. Abt I. Vol. XXX. 1901. 
No. 20. 

The investigations undertaken had, as was then stated, a special 
object in view, viz: the study of certain of the intracellular factors in 
health and disease by obtaining directly the cell constituents and elimi¬ 
nating as far as possible excreted substances and those formed by the 
cell in a given environment. The ordinary laboratory methods could not 
be employed for this purpose, and it was necessary in the first instance 
to devise the means of carrying out the research. The progress of the 
inquiry has therefore necessarily been slow, as many technical difficulties 
had to be overcome. The investigation has now been successfully ad¬ 
vanced in various directions. The intracellular juices of healthy and morbid 
tissues, of leucocytes and of a number of micro-organisms have been ob¬ 
tained and submitted to examination by the writers and their colleagues. 
The results, in so far as published, are referred to at the end of the 
paper. The experiments carried out with the typhoid organism and the 
results obtained were of the following nature. 

I. Experiments with reference to an extracellular 
typhoid toxin. 

The existence of a specific toxin produced by the typhoid bacillus 
has hitherto not been demonstrated although it has been assumed by 
analogy with other organisms, and by reasoning from the clinical course 
of the disease. Such a poison must be either extracellular or intracellular. 
The endeavours however, to demonstrate the production of an extra¬ 
cellular toxin by the typhoid bacillus have not hitherto led to any definite 
results. That a toxin of this character does not exist in filtered cultures 
of the organism is the common experience of bacteriologists. The typhoid 
organism when grown in the ordinary culture media does not produce any 
soluble products with marked poisonous properties. The absence from 
such cultures of definite toxins might be due to the unsuitability of the 
soil used for growing the typhoid bacillus. 

We considered it of importance to retest the question, since the 
detection of such a toxin would constitute a great advance in the under¬ 
standing and the treatment of the disease. 

The first step in the search for the body in question consisted in 
substituting for the usual broth and peptone media, culture fluids ap¬ 
proaching more nearly in constitution the natural body soils which clini¬ 
cally support the life of the bacillus. A number of experiments extending 
over a year were made in this direction. We endeavoured to cultivate 
the typhoid bacillus in fresh juices obtained from various organs of the 


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Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 619 


animal body, and representing the intracellular juices of the tissues. The 
spleen, lymphatic glands and intestinal mucous membrane were triturated 
and the juices expressed at a low temperature in order to prevent 
changes in the material during the grinding process. Such media would 
approximate more closely in constitution to the substances the typhoid 
organism might be expected to meet in the course of its stay in the body 
of a host in which it is producing toxic symptoms, and particularly if 
heat were avoided in their preparation. The fresh organs or tissues from 
the ox or the calf, as received from the slaughterhouse, were finely minced 
in a mincing machine and the resulting pulp disintegrated according to 
the methods employed by us in the preparation of Zymase, viz: with the 
aid of sand, the mass being kept cool during the process by an outer 
jacket of brine or carbonic acid (1). 

The fresh juices thus obtained were passed through a Berkefeld 
filter to ensure sterility, and in each instance the intracellular juice was 
brought to the requisite degree of alkalinity by the addition of sodic 
carbonate. These juices were employed as a culture soil for the typhoid 
bacillus under the following conditions: 

1) The organ juice per se. 

2) The organ juice with an admixture of fresh human serum. 

3) The organ juice after heating to 55° C for twenty minutes, and 
with or without the subsequent addition of fresh human serum. 

The above conditions were applied to organ juices obtained from the 
fresh spleen of the ox, the lymphatic glands (mesenteric) of the calf and 
the intestinal epithelium of the ox and a few other animals. The media 
were inoculated with the typhoid bacillus alone and in a series of ex¬ 
periments, with the typhoid bacillus in conjunction with the bacillus coli 
communis. In every instance a parallel series of cultures was made under 
aerobic and anaerobic conditions. We were able to cultivate the typhoid 
bacillus under the above conditions and to determine in how far its toxicity 
was thereby affected. After an incubation at blood heat for four weeks 
the cultures were examined as to the presence of growth and freedom 
from contamination. The cultures were then passed through a Berkefeld 
filter to remove the organisms, and the filtrates injected into animals in 
small and large doses (e. g. 5 cub. c. and more). The experimental ani¬ 
mals were guinea pigs, rabbits and monkeys. With the possible exception 
of one spleen juice, none of the fluids thus obtained exhibited any acute 
toxic power, either when used as culture soils for the typhoid organism 
or in conjunction with the colon bacillus. In the case of the rabbit and 
the monkey the fluids were practically innocuous. As regards the guinea 
pig no immediate toxic effect was observed. In a certain number of 
cases, however, the guinea pigs eventually died at the end of a period 
which averaged about six weeks. If one excludes the possibility of sub¬ 
stances toxic to the guinea pig being naturally present in the organ juices 
(of which we possess a certain amount of experimental evidence), the 
result might be interpreted as being due to some slowly acting soluble 
toxin or toxins derived from the typhoid bacillus. We have not however 
as yet been able to observe any distinct effects on post mortem ex¬ 
amination, and are at present unable to ascribe any definite significance 
to the result. It will be sufficient in the meanwhile to record the fact, 
and to omit the table of results as they are not essential to the present 
paper. Such toxins, if they exist, are quite different in properties to the 
intracellular toxin we are about to describe. The experiments were suf- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


ficient to lead us to the conclusion that in no case was an extracellular 
toxin developed comparable in any way to those obtained from pure cul¬ 
tures of undoubtely extracellular toxin-producing organisms, e. g. the 
diphtheria bacillus, etc. It did not appear that this line of investigation 
would be likely to lead to any practical results. The very large number 
of experiments made with the most natural soils obtainable had not been 
successful in demonstrating the presence in cultures of the typhoid bacillus 
of any definite toxin of likely value for immunising purposes. 

II. Experiments with reference to an intracellular 
typhoid toxin. 

The experiments having failed to establish the presence of any definite 
extracellular toxin, it became necessary to search within the typhoid or¬ 
ganism itself for the missing toxin. The research was thus directed not 
to the products of the typhoid bacillus, but to the organism itself and 
its intracellular constituents. For this purpose the endeavour was made 
to obtain the fresh unmodified cell plasma of the organism and the method 
originally employed was as follows: The virulent typhoid bacilli were 
grown on the surface of nutrient agar in flat rectangular bottles, each 
giving a surface of 200 sq. cm; one hundred such culture bottles were 
required in order to yield a growth sufficient for trituration by the method 
that was in the first instance adopted. After cultivation for about 36 hours 
at blood heat, the bottles on being washed out with salt solution, yielded 
about one litre of a thick emulsion of the bacilli. The bacilli were sepa¬ 
rated from the emulsion by means of a high speed centrifuge, and were 
at the same time thoroughly washed free of possible excretory products by 
repeated additions of physiological salt solution. The washed and separated 
bacilli were then mixed with fine silver sand and triturated in a cold- 
jacketed metal cylinder by means of small vanes revolving at a high 
velocity. The intercollision of sand particles and bacilli resulted in the 
rupture of the bacterial cells, and the process usually occupied from three 
to four hours. The resultant mass was filtered through Kieselguhr with 
the aid of a hydraulic press. The filtrate represented a rich watery 
solution or suspension of the intracellular constituents of the typhoid 
bacillus in so far as these were capable of passage through the Kiesel¬ 
guhr. There remained at the end of the pressing a hard cake of Kiesel¬ 
guhr, which was found to contain a considerable amount of retained al¬ 
buminous and other organic substances. Repeated extractions of this cake, 
made with glycerine and with a solution of carbonate of soda, demonstrated 
that the Kieselguhr cake contained physiologically active constituents of 
the typhoid organism. There had undoubtedly been held back intracellular 
elements of possible importance to the experiments we desired to carry 
out. The entire operation lasted about six hours and the average yield 
of juice from the first pressing was about 8 ccm. An account has already 
been given of the experiments made with such juices upon guinea pigs 
and rabbits with a view to testing their toxicity and immunising properties 
against the bacillus typhosus. It was found that the fluid, injected in 
doses of 1, 0.5 and 0.2 ccm completely protected the experimental animals 
against one to ten lethal doses of virulent typhoid bacilli, and the pro¬ 
tection following one such injection lasted about four weeks. The results 
were identical whether a first, second or third pressing of the juice through 
the Kieselguhr was employed. The juices preserved their immunising pro¬ 
perties as regards the typhoid bacillus for a considerable period of time, 


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Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 621 


as at the end of four months they were still found to be active in this 
respect. The cellplasma on subcutaneous inoculation was very quickly 
absorbed without evidence of local irritation. The quick absorption of 
the cell juices by the tissues and the absence of local irritation we regard 
as a point of considerable practical importance. If the full immunising 
effect as regards the typhoid bacillus per s e is to be attained by the in¬ 
jection of the plasma obtained from its cell substance, such a method of 
procedure would undoubtedly present considerable advantages over the 
other methods that have hitherto been employed with the same end in 
view, e. g. the use of heated cultures and the intact bodies of the bacilli 
as vaccines etc. The ideal method of procedure would be to obtain an 
immunising substance directly from the bacterial cells, of nonirritating 
properties, capable of rapid and complete absorption by the tissues, and 
freed from all the superfluous material present in the ordinary culture 
media. 

In this respect the methods we were employing appeared to furnish 
the hope of obtaining an active and at the same time a purer material 
than had hitherto been found possible. The appearance of the aggluti¬ 
nation reaction in the blood of the treated animals afforded evidence that 
we were dealing with intracellular juices which possessed active physio¬ 
logical properties. This reaction appeared very quickly and persisted for 
a considerable period of time, and was still present when the specific 
protective substances had disappeared from or ceased to be active in the 
blood. In the case of the rabbit an agglutination of the typhoid bacillus 
occurred nine months subsequent to the injection of the typhoid cell juice 
subcutaneously. On intravenous injection we have succeeded in obtaining 
the agglutination reaction within seventeen hours, and at times in two 
hours, after inoculation with a dilution of 1 in 100 of rabbits blood. One 
injection of the cell juice was sufficient to develop antibacterial properties 
in the blood of the treated animals. At the end of a month the serum 
was actively bacteriolytic. A complete destruction of the typhoid bacilli 
by the serum in doses of >/ 10 , 1 / 2? and 1 / B0 ccm, occured within two 
hours. The agglutinative and bacteriolytic action was obtained with the 
blood serum of treated rabbits and monkeys. 

The experiments at this stage had demonstrated that the typhoid cell 
plasma, obtained by the above methods, possessed active physiological pro¬ 
perties, and that on injection they afforded a certain protection against 
virulent typhoid organisms in virtue of specific bacteriolytic properties 
developed in the blood of the treated animals. At the same time the 
yield of active cell plasma by the above mentioned triturating process did 
not prove to be of a quantitative character. A considerable amount of 
the cell constituents was retained in the Kieselguhr sponge. The method 
appeared in this respect to be capable of improvement and particularly 
with reference to the minute cells that we were dealing with. A method 
which would eliminate the sand and Kieselguhr, as employed by other 
observers (Buchner, Hahn etc.) and by ourselves, and would at the 
same time produce a rapid trituration of the organisms was, we found 
by experience, essential. The method, if it could be successfully devised, 
would yield the entire intracellular constituents of the micro-organisms in 
question for the purpose of experiment. We had likewise noted the tole¬ 
rance exhibited by the treated animals, and particularly by the guinea pig, 
to the injection of large quantities of the expressed cell plasma of the 
typhoid bacillus. Whilst the immunising properties of the cell juices, as 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


regards the typhoid organism, had been demonstrated, acute and definite 
toxic effects had proved remarkable by their absence. 

These various observations led us to endeavour to improve the methods 
employed, and to relinquish the procedure on lines analogous to those of 
Buchner, Hahn and other investigators in the study of expressed cell 
juices. The results, on the injection of such expressed cell juices into 
animals, were purely of an antibacterial character, an active toxin in the 
cell plasma and consequently antitoxic properties in the blood of the 
treated animals had not been demonstrated. This constituted a serious 
gap in the experiments, if we assume that an intoxication of the system 
in the case of enteric fever is a grave and perhaps the cardinal factor 
to be considered in the treatment of the disease. 

The filtering action of the Kieselguhr used in the filter pressing ap¬ 
peared to be the most likely reason for lack of success in this direction. 
The disintegration of the organisms was therefore attempted without the 
admixture of any foreign material which would render a subsequent 
filtration through Kieselguhr necessary. 

III. Experiments with cold grinding methods. 

The mechanical method of disintegration that appeared to be most 
likely to lead to successful results in the case of bacteria was their tri¬ 
turation whilst in a frozen and brittle condition. It had already been 
demonstrated (2) that an exposure to the temperature of liquid air (about 
—190° C) did not injure or destroy the vitality of bacteria, and that micro¬ 
organisms might be kept for as long a period as six months at this low 
temperature without any deleterious effect. 

This important point being determined, it appeared probable that the 
brittleness of the cells at this low temperature would favour their mechanical 
disintegration without any admixture of sand or other foreign substance. 
The most convenient agent for the production of the necessary cold was 
liquid air. Liquid air possessed two practical advantages: — it could be 
more conveniently handled than other substances that might possibly have 
given the necessary conditions of cold at higher temperatures than — 
190° G and it furnished a fluid freezing bath in which the material to 
be ground could be directly immersed. These properties have proved of 
great practical value in the course of the experiments. A further ad¬ 
vantage was that at such a temperature the ordinary chemical processes 
would cease, changes due to heat would be eliminated, and the process if 
successful would furnish a quantitative yield of unaltered cell plasma. 

The experiments were successful and the feasibility of disintegrating 
micro-organisms per se, without any admixture of triturating substances 
was demonstrated. The complete disintegration of the typhoid bacillus 
was accomplished at the temperature of liquid air in a period of about 
two hours without the addition of sand or other foreign substance. 

The method has likewise been successfully applied to a number of 
bacteria, to other types of vegetable cells, and to animal organs and 
tissues, and their intracellular juices obtained for experimental purposes. 

The method entirely obviates the use of any accessory grinding or 
filtering substances and fulfils the conditions we desired to obtain for the 
study of intracellular constituents. 

These conditions were as follows: 

1) That no chemical or heat changes should take place during the 
process of disintegration, 


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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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2) That the disintegration should be accomplished without the ad¬ 
dition of any triturating substance, the necessary subsequent removal of 
which might vitiate the composition of the resulting mass. 

3) That the process should furnish a quantitative yield of the un¬ 
modified cell plasma. 

In this communication we will confine ourselves to the results obtained 
with the typhoid bacillus. (Schlufi folgt.) 


Nachdruck verboten. 

Beitrage zur Biolode des Milzbrandbacillus und sein 
Nachweis im nadaver der grossen Haustiere. 

Von J. Bongert, 

stadtiflchem Tierarzt und Lei ter des b&kteriologischen Laboratoriums auf dem stadtischen 

Sohlachthofe zu Berlin. 

Mit B Tafeln. 

(Fortsetzung.) 

Den Aufldsungsprozefi der Milzbrandbacillen durch Plasmolyse kann 
man auch in Milzbrandkulturen, in welchen die Sporenbildung auf 
irgend eine Weise unterdruckt wird, beobachten. Namentlich tritt die 
Plasmoptyse deutlich hervor. Man sieht neben intakten Milzbrandbacillen 
leere Hfillen, welche teilweise noch einen feinkSrnigen Inhalt besitzen, 
und, letzteren vielfach reihenweise angelagert, kleine, sich stark f&rbende, 
kokken- oder bacillen&hnliche Plasmakdrnchen, die Ueberreste des aus- 
getretenen Zellleibes. In milzbrandigen Organen kann man denselben 
Auflbsungsprozefi sehr gut verfolgen, wenn man, wie bei dem Versuche 
von Berndt, durch frfihzeitige Entnahme des Untersuchungsmaterials 
aus dem Kadaver und durch mbglichst sterile Aufbewahrung die Ffiul- 
nisprozesse hinausschiebt. In einem Falle konnte ich die leeren Kapseln 
der Milzbrandbacillen noch am 12. Tage, in einem anderen Falle bis 
zum 7. Tage mit Sicherheit mit Hilfe der Klettschen Doppelf&rbung 
und mit Loeffler s Methylenblauldsung nachweisen (No. 10 und 14 der 
Tabelle). Wie rasch aber andererseits die Aufldsung der Milzbrand¬ 
bacillen in faulendem Blute vor sich gehen kann, mbge man daraus 
entnehmen, dafi in mehreren Versuchen etwa 1 Stunde nach dem Ver- 
mischen von Milzbrandbacillen (frische Milzpulpa) mit faulendem Blute 
weder durch Ausstrich noch durch Plattenkultur Milzbrandbacillen 
nachzuweisen waren. Nach meinen Beobachtungen fiben namentlich 
jene plumpen, anaeroben St&bchen mit endst&ndiger Spore, welche eine 
gewisse Aehnlichkeit mit Rauschbrandbacillen besitzen und sehr bald 
nach dem Tode von dem Darme in die Blutbahn eindringen, durch ihre 
Stoffwechselprodukte eine starke bakteriolytische Wirkung auf die Milz¬ 
brandbacillen aus, so dafi nach kurzer Zeit auch nicht eine Spur mehr 
von letzteren zu sehen ist. Dieselbe rasche auflbsende Wirkung flbt 
bekanntlich, wie Emmerich und Lbw (26), Charrin (27), Emme¬ 
rich und Saida (28) u. a. nachgewiesen haben, auch der Bacillus 
pyocyaneus durch seine Stoffwechselprodukte auf den Milzbrand¬ 
bacillus aus. Die Wirkung beruht nach Emmerich (1. c.) auf einem 
fermentartigen Stoffe, welcher Pyocyanase genannt wird. Dafi die Ge- 
staltsverSnderungen der Milzbrandbacillen und schliefilich ihr Zerfall 


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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


durch die Stoffwechselprodukte der Ffiulniserreger hervorgerufen werden, 
wird nicht weiter auffallen kbnnen mit Rflcksicht auf die aufierst geringe 
Tenacit&t der Milzbrandbacillen chemischen und thermischen Reizen 
gegenflber. Der Vollst&ndigkeit halber sei erwahnt, daB scbon 0,1-proz. 
KarboMureldsung, ja bereits Aqua dest. und gewdhuliches Leitungs- 
wasser Plasmolyse hervorruft und die Milzbrandbacillen zur AuflQsung 
bringt. 

Unter dem Einflusse der F&ulniserreger verwischen sich also, wie 
wir gesehen haben, die als charakteristisch angesehenen Merkmale der 
Milzbrandbacillen, so dall dieselben schlieBlich von morphologisch 5hn- 
lichen Stabchen mit Sicherheit nicht unterschieden werden kdnnen: Der 
Nachweis der Kapsel mifilingt; wegen des Zerfalles und der Abnahme 
der Zahl der Milzbrandstabchen tritt die Gliederung nicht mehr deutlich 
hervor. Die Stabchen liegen vereinzelt; sie erscheinen Ringer und zeigen, 
weil sie vereinzelt liegen, keine quer abgestutzten, sondern abgerundete 
Enden. Unter diesen Verh&ltnissen mufi die Milzbranddiagnose, ledig- 
lich auf Grund der mikroskopischen Untersuchung von Ausstrichprapa- 
raten gestellt, nach beiden Seiten hin, im positiven und negativen Sinne, 
unter alien Umstanden als unzuverlissig erachtet werden. Die Unzu- 
verlfissigkeit der mikroskopischen Untersuchung bei dem oben skizzierten 
Befunde erkennt auch Johne an (1. c. p. 428). Nur ist er der Mei- 
nung, daB der Zeitpunkt, wann es nicht mehr gelingt, in Ausstrich- 
pr&paraten Milzbrandbacillen, erkennbar an der Kapsel, mit Sicherheit 
nachzuweisen, viel spater einzutreten pflegt, als gewbhnlich die amt- 
lichen Milzbrandfeststellungen stattzufinden pfiegen. Das trifft jedoch 
nicht immer zu. Wann der Zeitpunkt eintritt, zu welchem man nicht 
mehr im stande ist, unter zahlreichen Faulnisstfibchen, welche auch ge- 
gliedert, zuweilen quer abgestutzt sind und auch eine Kapsel besitzen 
kdnnen (s. Phot. 5 und 19), vereinzelte in Auflosung begriffene und 
daher nicht mehr charakteristische Milzbrandstabchen herauszuerkennen, 
IfiBt sich allgemeingflltig nicht angeben. So leicht in der Regel inner- 
halb der ersten 24 Stun den nach dem Tode mit Hilfe eines gef&rbten 
AusstrichprBparates die Milzbranddiagnose zu stellen ist, so schwierig 
und unsicher kann sich in vielen Fallen diese Art der Diagnose bei ein- 
getretener Faulnis, in welcher der Regel nach der mit der amtlichen 
Feststellung betraute Sachverstandige den Kadaver antrifft, gestalten. 
Die Zeit, wie lange nach dem Tode die Milzbranddiagnose auf Grund 
von DeckglasprBparaten moglich ist, hangt von verschiedenen aufieren 
Umstanden ab, welche die Faulnisprozesse beeinflussen. In dieser Be- 
ziehung kommen in Betracht die Zeit, wie lange ein Milzbrandkadaver 
unerdffnet bis zur Vornahme der Sektion gelegen hat, die Aufientempe- 
ratur, die GrdBe des Kadavers und die Bakterienarten, welche sich an- 
siedeln oder bereits vom Darme aus nach dem Tode des Tieres in die 
Blutbahn und die Hinterleibsorgane vorgedrungen sind. Im unerbffneten 
Kadaver verlaufen die Faulnisprozesse viel lebhafter und schneller wie 
im geOffneten, wozu noch besonders die starke bakteriolytische Wirkung 
gewisser anaerober Faulnisstabchen auf die Milzbrandbacillen tritt, wie 
wir weiter unten sehen werden. Die GroBe des Kadavers ist insofern 
von EinfluB auf die mehr Oder weniger langere Moglichkeit des Nach- 
weises der Milzbrandbacillen, als ein groBer Kadaver bedeutend lang- 
samer erkaltet und infolgedessen rascher der Faulnis anheimfallt, wie ein 
kleiner Kadaver. Endlich kommt noch in Betracht die Auibewahrungsart 
des zur mikroskopischen Untersuchung entnommenen Materials. 


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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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Im Sommer bei hoher Aufientemperatur konnte ich die von 011 
(1. c.) gemachte Beobachtung bestatigen, daB bereits 48 Stunden nach 
dem Tode infolge schnell eingetretener Faulnis Milzbrandbacillen durch 
Ausstrichpraparate mit Sicherheit nicht mehr nachzuweisen waren. Ich 
verweise in dieser Beziehung auf No. 9 und 12 der Versuchstabelle. 
Andererseits fanden sick in einer Milzbrandmilz, welche im letzten 
Winter in einem ungeheizten Raume bei —5° bis + 2° C, offenstehend 
in einer Glasschale, aufbewahrt wurde, noch am 12. Tage die an den 
in groBerer Zahl noch vorhandenen leeren Kapseln erkennbaren Ueber- 
reste der Milzbrandstabchen (No. 10 der Tabelle). Erst von diesem 
Tage an, als mit dem Umschlage der Witterung eine schnellere Faulnis 
sich einstellte und die bisher in sehr geringer Zahl vorhandenen Bak- 
terien sich stark vermehrten, war ein sicheres Unterscheiden von den 
nunmehr in groBerer Menge auftretenden milzbrandahnlichen Faulnis- 
stabchen nicht mehr moglich, und die letzte Spur von Kapselandeutungen 
verschwand sehr bald. Diese auBerst lange Konservierung der Milz¬ 
brandbacillen war jedoch auf sehr gflnstige aufiere Verhaltnisse zuriick- 
zufiihren, wie sie in praxi nur selten vorliegen. Als solche sind zu 
nennen die kurze Zeit nach dem Tode vorgenommene Sektion, wodurch 
die anaeroben Kadaverbacillen ausgeschaltet wurden, die sofortige Her- 
ausnahme der Milz aus dem noch nicht erstarrten Kadaver und die Auf- 
bewahrung eines Stiickes derselben in einer Glasschale bei kalter, 
trockener Witterung. Hierdurch war es ermogiicht, daB das nur wenig 
verunreinigte Milzsttick innerhalb eines Tages oberflachlich eintrocknete, 
so daB dem Eindringen von Faulniskeimen von auflen her die Moglich- 
keit genommen war. Bei No. 14 der Versuche konnten Milzbrandbacillen 
in Ausstrichpraparaten noch am 7. Tage mit Sicherheit nachgewiesen 
werden. Auch in diesem Falle fand die Sektion und die Entnahme des 
Untersuchungsmaterials bald nach dem Tode statt. In den anderen 
Fallen, wo die Kadaver 1—2 Tage nach dem Tode des Tieres bei hoher 
Aufientemperatur gelegen hatten, ehe sie seziert wurden, war schon am 
3. Tage nach dem Tode mit Sicherheit die Milzbranddiagnose durch die 
mikroskopische Untersuchung allein nicht mehr zu stellen. 

Mit diesem Ergebnisse des Nachweises der Milzbrandbacillen in 
Kadavern von grofien Haustieren stehen die von Mehrdorf (16b) an 
Milzbrandmausen gemachten Versuche, deren Resultate ich bestatigen 
konnte, nicht oder nur scheinbar in Widerspruch. In uneroffneten Ka¬ 
davern von an Milzbrand gestorbenen Mausen lassen sich in Organaus- 
strichen noch am 6. Tage, in Ausstrichen von Blut aus Unterhautvenen 
noch nach 8 Tagen in der Regel gut differenzierte Milzbrandbacillen 
nachweisen. Beriicksichtigt man aber, daB die kleinen Mausekadaver 
sehr bald erkalten und eintrocknen und infolgedessen Faulnisprozesse 
und der durch diese verursachte Zerfall der Milzbrandstabchen weniger 
lebhaft von statten gehen konnen, so wird der Ausfall der letztgenannten 
Versuche nicht weiter iiberrascken. Es kann daher das Ergebnis des 
Nachweises der Milzbrandbacillen in kleinen Tierkadavern auf die ahn- 
lichen Verhaltnisse bei den grofien Haustieren nicht ohne weiteres oder 
ohne wesentliche Einschrankungen iibertragen werden. 

Die verschiedenen Aufbewahrungsmethoden des Milzbrandmaterials 
hatten auf die Konservierung der Milzbrandbacillen nur eine untergeord- 
nete Bedeutung. Entscheidend war immer das Vorhandensein der se- 
kundaren Faulniskeime. 

Zu dieser geschilderten Schwierigkeit des rein morphologischen 

Erete Abt. Orig. Bd. XXXIV. 40 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Nachweises des Milzbrandb&cillus in dem faulenden Tierkdrper tritt aber 
noch ein anderer Um stand, welcher bisher merkwttrdigerweise nur wenig 
Beachtung gefunden hat. Man ist gewohnt, in den Milz- und Blutaus- 
strichen der an Milzbrand gestorbenen Tiere die Milzbrandbaciilen in 
groBerer Anzahl vorzufinden. Man glaubt ziemlich allgemein, daB das 
Auffinden von Milzbrandst&bchen in gef&rbten Deckglaspr&paraten von 
frischem Milzbrandmaterial keine groBen Schwierigkeiten verursacht. 
Das trifft aber keineswegs immer zn. Wie Frank und Lubarsch(29) 
experimentell nachgewiesen haben, tritt erst kurz vor dem Tode, in der 
Agonie, der Milzbrandbacillus in grdBerer Anzahl in den grOBeren Blut- 
gef&fien auf. Demzufolge ist die Mbglichkeit vorhanden, daB bei apo- 
plektiform verlaufendem Milzbrande die rapide agonale Vermehrung der 
Milzbrandbaciilen im Kapillarsystem der Organe und in den grdBeren 
Blutgef&Ben fortfallt und somit nur sehr wenige Stabchen im Blute und 
der Milz vorhanden sind, welche bei der Durchmusterung von Deckglas¬ 
pr&paraten ttbersehen werden kdnnen. Dieses fluBerst sp&rliche Vor- 
handensein von Milzbrandst&bchen habe ich in mehreren Fallen beob- 
achten kflnnen. In einem Falle handelte es sich um eine auf dem 
Berliner Schlacbthofe an Milzbrand verendete Kuh (No. 12 der Tabelle). 
Die Sektion und bakteriologische Untersuchung fand ca. 16 Stunden 
nach dem Tode statt. Milztumor war wenig ausgepr&gt, Darmentzfln- 
dung nicht vorhanden. Die rechte Lunge stark bluthaltig, fast voll- 
st&ndig schwarzrot gef&rbt. GlottisSdem und eine geringgradige sulzige 
ErgieBung in der Umgebung des Kehlkopfes lieBen allein an Milzbrand 
denken. In den Milzausstrichen konnte ich erst im 3. Pr&parate ganz 
vereinzelte Milzbrandbaciilen mit deutlicher Kapsel nachweisen, dagegen 
fanden sich in ziemlicher Anzahl plumpe St&bchen mit end- und mittel- 
st&ndigen Sporen (Oedembacillen). Auch in den Ausstrichen von dem 
Ohrvenenblute fand ich erst nach eingehendem Durchmustern der Pr&- 
parate wenige Milzbrandstabchen. In einem anderen Falle war von dem 
Kreistierarzte L. Material zur Untersuchung auf Milzbrand eingesandt 
worden. Laut Mitteilung waren plotzlich 3 Kflhe gestorben. Die 
Sektion ergab Darmentzflndung mit wenig ausgepr&gtem Milztumor, da- 
neben geringgradige septik&mische Erscheinungen, die ebenfalls nicht 
auf Milzbrand schliefien lieBen. Da L. in den angefertigten Milzaus- 
stricben Milzbrandbaciilen nicht nachweisen konnte, nahm er als Todes- 
ursache eine mykotische Darmentzflndung, bedingt durch Futtersch&d- 
lichkeiten, an. Ich konnte bei der Nachprflfung den mikroskopischen 
Befund von L. best&tigen. Auch mir gelang es nicht, in mehreren von 
dem flbersandten Materiale angefertigten Ausstrichpr&paraten Milzbrand¬ 
baciilen Oder irgendwelche andere Bakterien nachzuweisen. Dahingegen 
gelang der Nachweis der Milzbrandbaciilen in diesem wie in dem ersten 
Falle leicht durch Plattenkultur. 

Wie Tschernogoreff (30), v. R&tz (31) und Garth (32) nach¬ 
gewiesen haben, ist dieses sp&rliche Vorhandensein von Milzbrandbaciilen 
im Blute und in der Milz die Regel beim Milzbrande des Schweines. 
In den Halslymphdrflsen linden sich die letzteren in reichlicher Menge, 
wie v. R & t z feststellte. Demgem&B fielen die Impfversuche an M&usen 
mit Lymphdrfisensaft positiv, mit Milzpulpa negativ aus. v. Ratz 
glaubt auch annehmen zu mflssen, daB die Schweine infolge der diesen 
eigentflmlichen Milzbrandform, der Anthraxbr&une, frtther an Erstickung 
sterben, ehe die Bacillen ins Blut bezw. in die Milz gelangen. 

Auch von anderen an Milzbrand gestorbenen Tieren liegen in der 


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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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Literatur einige kurze Mitteilungen vor, wonach der mikroskopische 
Nachweis der Milzbrandbacillen wegen des spfirlichen Vorhandenseins 
derselben im Blute nicht gelang. Moril (33) fand bei 2 pldtzlich an- 
scheinend an Milzbrand verendeten Rindern keine Bacillen im Blote. 
Ein mit diesem Blute geimpftes Kaninchen starb nach 20 Stunden und 
liefi nunmehr in seinem Blute die charakteristischen Milzbrandbacillen 
massenhaft erkennen. Fiorentini (34) konnte bei einem an Milzbrand 
eingegangenen Pferde in der Milz und dem Blute nur sehr spfirliche 
Milzbrandbacillen nachweisen, dahingegen in den Mesenterialdriisen in 
grdfierer Menge. Er schliefit hieraus irrtflmlich, dafi in diesem Falle 
Sporen bezw. Milzbrandbacillen vom Darme aus durch Sclerostomum- 
Verletzungen bis in die Mesenterialdriisen eingedrungen wfiren und sich 
dort vermehrt hfitten. Wir wissen jedoch aus den Versuchen von 
R. Koch (1. c. p. 169), dafi zum Zustandekommen einer Milzbrand- 
infektion vom Darme aus solche Verletzungen nicht erforderlich sind, 
dafi die Milzbrandbacillen durch die intakte Darmschleimhaut hindurch- 
wachsen, und dafi andererseits die den charakteristischen Milzbrandver- 
finderungen (Milzbrandlokalisationen) benachbarten Lymphdrttsen stets 
geschwollen, gerdtet und mit Milzbrandbacillen gefiillt sind. 

Sodann berichtet Siebenrogg (35) von einem in der Agonie ge- 
schlachteten Rinde, welches typischen Milzbrand darbot und zu einer 
Milzbrandinfektion beim Menschen Veranlassung gab. In den Milz- und 
Blutausstrichen konnten jedoch Milzbrandbacillen nicht nachgewiesen 
werden. 

Paul (36) beschreibt einen Milzbrandfall beim Rinde mit negativem 
Bacillenbefunde. In Blut- und Milzausstrichen konnten durch die mikro¬ 
skopische Untersuchung Milzbrandbacillen nicht nachgewiesen werden, 
wahrend der Nachweis durch Anlegen von Kulturen gelang. 

Endlich hat R. Koch bereits in seiner klassischen Arbeit Uber die 
Aetiologie des Milzbrandes aus dem Jahre 1881 erwfihnt, dafi er in 
einigen Fallen von Darmmilzbrand des Rindes „im Blute nur nach langem 
Suchen einige Stabchen aufzufinden vermochte u , und dafi die Milz nicht 
vergrdfiert war. 

Aufier dieser durch pldtzliches Verenden bedingten Bacillenarmut 
kann sich eine solche auch nachtrfiglich unter der bakteriolytischen 
Wirkung bestimmter Bakterien, welche nach dem Tode vom Darme aus 
in die Blutbahn einwandern, in ganz kurzer Zeit ausbilden. Es sind 
dieses, wie bereits erwfihnt, nach meinen Beobachtungen plumpe, anaerobe 
Stabchen mit endstfindigen Sporen. Diese bakteriolytische Aufldsung 
der Milzbrandbacillen im Kadaver konnte experimentell an zwei zu 
Demonstrationszwecken mit Milzbrand infizierten Schafen nachgewiesen 
werden. In den kurze Zeit nach dem Tode der Tiere angefertigten 
Ausstrichprfiparaten von Halsvenenblut fanden sich in grdfierer Zahl 
typische Milzbrandbacillen mit deutlicher Kapsel. Als nun am nachsten 
Tage die Kadaver seziert wurden, nachdem sie ca. 24 Stunden in einem 
geheizten Raume bei 18° C uneroffnet gelegen hatten, fanden sich in 
den in grdfierer Anzahl aus der Milz und dem Halsvenenblut angefertigten 
Ausstrichprfiparaten nur fiufierst wenige Milzbrandbacillen. In dem einen 
Falle wurden von 42 Prfiparaten nur in zweien ganz vereinzelte Bacillen 
nachgewiesen. In den meisten Prfiparaten fanden sich trotz genauer 
Durchsicht keine Milzbrandbacillen, dahingegen in grofier Zahl in sfimt- 
lichen Prfiparaten fast ausschliefilich plumpe Ffiulnisstfibchen mit end¬ 
stfindigen Sporen. In den angelegten Plattenkulturen gingen in geringerer 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 7. 


Zahl typische Milzbrandkolonieen in Reinkultur auf, wahrend die massen- 
haft nachgewiesenen Kadaverbacillen unter den aeroben Verhaltnissen 
nicht zur Entwickelung gelangten. Also auch hier gelang der Nachweis 
der Milzbrandbacillen leicht durch Plattenkultur, wahrend die mikro- 
skopische Untersuchung wegen der Bacillenarmut im Stiche lieB. 

Der Nachweis der Milzbrandbacillen durch Ausstrichpraparate kann 
nach den obigen Ausfiihrungen in doppelter Beziehung zu Fehlresultaten 
ffihren: 

1) dadurch, daB der Nachweis durch die Formver&nderungen, welche 
der Milzbrandbacillus unter dem Einflusse von Faulniserregern erleidet, 
unzuveriassig wird; 

2) daB die Milzbrandbacillen im Blute nicht immer in der reichlichen 
Zahl vorhanden sind, so daB sie in Ausstrichpraparaten ohne weiteres 
leicht nachgewiesen werden konnten. 


2. Der Nachweis der Milzbrandbacillen durch Impfung. 

Bisher hat man in der Milzbranddiagnose der Impfung von kleinen 
Versuchstieren vor der mikroskopischen Untersuchung eine groBere Beweis- 
kraft zugemessen. Man ist noch jetzt der Ansicht, daB die fur Milzbrand 
hoch empf&nglichen kleinen Versuchstiere noch dann auf Milzbrand 
reagieren, wenn in Ausstrichpraparaten der Nachweis von Milzbrand¬ 
bacillen mit Sicherheit nicht mehr zu erbringen ist. Von dieser Meinung 
ausgehend, wird z. B. auch in dem in Konigsberg in OstpreuBen zur Nach- 
kontrolle der Milzbranddiagnosen eingerichteten Laboratorium (16b) in 
den Fallen, in denen die mikroskopische Untersuchung Zweifel in Betreff 
der Diagnose bestehen laBt, die Impfung von M&usen vorgenommen, 
welcher eine entscheidende Bedeutung beigelegt wird. Diese Ansicht 
kann ich auf Grund meiner Versuchsresultate als richtig nicht ansehen. 
Im Gegenteil, die Impfung leistet unter Umstanden, worauf noch be- 
sonders eingegangen wird, weniger wie die mikroskopische Untersuchung 
von Ausstrichpraparaten. Durch vergleichende Untersuchungen habe ich 
feststellen konnen, daB die Verimpfung des Milzbrandmaterials an Mause 
am friihesten im Stiche laBt In 3 Fallen versagte die Impfung bereits 
am 2. Tage nach dem Tode des Tieres, obwohl durch Ausstrichpraparate 
und Plattenkultur die Diagnose am 3. bezw. 6. Tage nach dem Tode 
noch mit positiver Sicherheit zu stellen war. Die geimpften Mause 
starben innerhalb 24—48 Stunden, aber es waren weder in der Milz 
noch an der Impfstelle Milzbrandbacillen nachzuweisen. In 2 Versuchs- 
reihen fanden sich in Milz- und Blutausstrichen kleine, bipolar sich 
ferbende, schweineseucheahnliche Stabchen und in einer Coli-artige 
St&bchen und plumpe Langstabchen, die stellenweise lange verschlungene 
Faden bildeten (Oedembacillen). Auch die von R. Koch (1. c. p. 55) 
und Kitt (1. c. p. 276) zur Vermeidung der durch anaerobe Faulnis- 
bakterien bedingten Mischinfektionen (malignes Oedem) empfohlene kutane 
Impfung der Mause an der Ohrspitze hatte auf den Ausfall der Impfung 
keinen EinfluB. Einige Mause iiberlebten die Impfung, diejenigen aber, 
welche nach mehreren Tagen starben, lieBen in Milz- und Blutausstrichen 
Milzbrandbacillen nicht erkennen, sondern jene bipolaren Stabchen. 
Auch die kutane Impfung von Meerschweinchen in Gestalt des Verreibens 
des Untersuchungsmaterials auf der rasierten Bauchhaut, eine Impf- 
methode, welche fur den Nachweis von Pestbacillen in Faulnisgemischen 
sich von groBer diagnostischer Bedeutung erwiesen hat, habe ich zum 
Nachweise von Milzbrandbacillen in faulendem Kadaver vergleichsweise 


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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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angewandt. Solange die Milzbrandbacillen in grbfierer Zahl vorhanden 
waren, starben die Impftiere innerhalb 2—3 Tagen prompt an Milzbrand. 
Die Infektion von der rasierten Haut aus gelang jedoch nicht mehr, 
wenn die Zahl der Milzbrandkeime, welche sich durch das Plattenverfahren 
noch sehr leicht nachweisen lieBen, bedeutend abgenommen hatte. Immer- 
hin verdient diese Art der Impfung zur Feststellung des Milzbrandes 
beriicksichtigt zu werden 1 ). 

Da die Verimpfung des Milzbrandmaterials in 3 Versuchsreihen 
schon bald nach dem Tode der Tiere ein negatives Resultat ergab, 
wurde von derselben bei den ttbrigen Versuchsproben Abstand genommen. 
Nur spater wurde noch einmal vergleichsweise, um zu sehen, ob sich 
die Verimpfung von sporenhaltigem, faulem Milzbrandmaterial anders 
gestaltet, mit drei Proben faulenden Milzbrandmaterials, in welchem 
nach der Buchnerschen Methode (1. c.) durch Hinzufiigen von Aqua 
dest., Aqua font, und 2-proz. NaCl-Losung eine reichliche Sporenbildung 
herbeigefQhrt worden war, Impfungen an Mausen vorgenommen. In 
den Ausstrichpraparaten von diesem Milzbrandmaterial konnten in einem 
Bakteriengemisch von Stfibchen und Kokken vereinzelte freie Sporen, 
aber keine Spur von Milzbrandbacillen nachgewiesen werden. DaB 
erstere Milzbrandsporen waren, wurde durch Plattenkultur nach vor- 
heriger Erhitzung des Aussaatmaterials 1 Stunde lang auf 70® bewiesen. 
Diese Probeimpfung mit sporenhaltigem Milzbrandmaterial fiel ebenfalls 
bezflglich des Nachweises von Milzbrand vollkommen negativ aus. Von 
6 geimpften Mausen (3 kutan an der Ohrspitze, 3 subkutan am Schwanze) 
starben 4 Mause innerhalb 1—3 Tagen an Septikamie infolge kleiner 
Coli-artiger und feiner, nach Gram farbbarer Stabchen (Mausesepti- 
kamiebacillen), zwei kutan geimpfte Mause blieben am Leben. In den 
Plattenkulturen aus Herzblut und dem Exsudat an der Impfstelle gingen 
Milzbrandkolonieen nicht auf, sondern nur jene beiden Stabchenarten 
in Form von groBen blaulichweiBen und kleinsten durchscheinenden 
Kolonieen. 

So lange das Milzbrandmaterial rein ist und fast nur Milzbrand¬ 
bacillen enthalt, haftet die Impfung und die Impftiere sterben prompt. 
Sobald aber das Milzbrandmaterial nicht mehr frisch ist und sich 
Faulniserreger in demselben angesiedelt haben, stellt der Tierkorper 
nicht mehr das feine Reagens auf Milzbrand dar, fttr welches er gehalten 
wird, selbst wenn die Milzbrandbacillen Sporen gebildet haben sollten. 
Die geringe Widerstandskraft der Milzbrandbacillen iiuBeren Einflfissen 
gegenuber, welche auch in der Konkurrenz mit den Saprophyten hervor- 
tritt, beeintrSchtigt die Fahigkeit zur ungestorten Entwickelung im Tier- 
kbrper der normal empfSnglichen Warinbliiter, ja hebt sie vollkommen 
auf. Entweder sterben die Impftiere an Septikamie, wobei im Blute 
und in der Milz die verschiedensten Bakterien, aber keine Milzbrand- 
stabchen, durch Ausstrich und Kultur nachweisbar sind, und auch die 
Untersuchung der Impfstelle ein negatives Resultat ergibt, Oder die 
Milzbrandinfektion kann infolge der natiirlichen Resistenz der Impftiere 


1) Fischoeder hat in seinen Untersuchungen bei den mit faulendem Milzbrand- 
material geimpften Mausen etwa 6 Stunden nach der Impfung das Exsudat der Impfstelle 
mikroskopisch untersucht und eine Vermehrung und ein Auswachsen der Milzlbrand- 
bacillen zu langen Faden konstatieren konnen. Durch diese Friihuntersuchung der 
Impfstelle der noch lebenden Irnpfmause gewinnt nach Fischoeder die diagnostische 
Milzbrandimpfung eine groiilere Zuverlassigkeit. Ich habe dieses nachgepriift, aber nicht 
immer bestatigt gefunden. D. Verf. 


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630 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 

in Yerbindung mit einer Abnahme der Virnlenz der Milzbrandbacillen, 
namentlich aber wegen der antagonistischen Wirkung verschiedenartiger 
seknnd&rer Mikroorganismen nicht zur Geltung kommen, wird unterdrQckt 
Oder zur Heilung gebracht. Diese beiden Mbglichkeiten des Ausganges 
der diagnostischen Milzbrandimpfungen mit nicht mehr reinem Material 
kdnnen und haben vielfach zu TrugschlOssen gefflhrt (Forts, folgt) 


Nachdruck verbolen. 

La (xmstitation du poison diphterique. 

[Travail de llnstitut s4roth4rapeutique de l’fitat Danois, Copenhague.] 

Par Thorvald Madsen. 

Avec 4 figures. 

Les travaux intenses des derniferes ann6es sur l’immunitS ont 6tabli 
une multitude de faits et nous ont procure des matSriaux tres nombreux 
dus en grande partie directement ou indirectement k Ehrlich. Par 
ses recherches fondamentales sur le poison diphterique il a 6t6 le pro- 
moteur de l’etude rationelle des relations mutuelles des toxines et anti- 
toxines, et ce sont ses m£thodes excellentes pour mesurer leurs forces 
qui firent voir, qu’on peut obtenir k l’aide de l’exp4rience physiologique, 
cette exactitude que demonde le traitement scientifique. 

Si Ton prepare une s6rie de melanges de la mfeme quantity de 
toxine avec de quantities diff6rentes d’antitoxine, ces melanges injects k 
des cobayes produiront des effets diff£rents. M. Ehrlich est d’opinion 
que ce ph6nomfene s’explique le plus facilement par la supposition que 
le poison diphterique contient une s6rie de substances de toxicite trfcs 
in^gale et d’affinite differente quant k l’antitoxine. 

Dans une communication ant6rieure x ), l’auteur a confirm^ les faits 
exp6rimentaux constituant la base de la th6orie primordiale de M. Ehr¬ 
lich, mais des recherches ultSrieures 1 2 3 * ) sur la tetanolysine, trfes semblable 
au poison diphterique, ont fait surgir des doutes, si cette explication, 
naturelle, tout d’abord, il faut l’avouer, pouvait etre maintenue dans tous 
ses details. 

A beaucoup d’egards, la tetanolysine se pr£te tres bien aux recherches 
th6oriques, parce qu’elle peut, de m6me que son antitoxine, fitre mesur6e 
irks exactement par des experiences en 6prouvettes, ce qui permet des 
variations bien plus etendues quand k [’arrangement des experiences 
que pour le poison diphterique, oh la necessity de se servir d’animaux 
restreint aussi le nombre d’observations. 

Il fut demontr£ que la neutralisation de la tetanolysine pouvait &tre 
representee par une courbe continuelle. 

Par la continuation et l’extension de ces recherches, Arrhenius 
et Madsen 8 ) sont parvenus k d6montrer que cette courbe correspond 
parfaitement k celle, representant les rapports d’equilibre entre une sub¬ 
stance en dissociation partielle et ses produits de dissociation. Une 


1) La constitution du poison diphterique. (Annales de l’Institut Pasteur. 1899.) 

2) Ueber Tetanolysin. (Zeitschr. f. Hygiene etc. Bd. XXXII. 1899.) 

3) Physical chemistry applied to toxins and antitoxins. (Festskrift ved Indvielsen 

af Statens Seruminstitut.) Copenhagen 1902. 


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Madsen, La constitution du poison diphtdrique. 


631 


partie des ph4nom4nes qu’offrent les rapports entre la tetanolysine et 
i’antit4tanolysine pourra done §tre expliqu4e d’aprfes de simples lois 
pbysicochimiques. 

Cette mani4re de voir etait le plus soutenue par la demonstration 
de rapports analogues chez un poison dipht4rique en 4tat frais *). 

Ce poison fut prepare du bacille am4ricain connu, provenant de 
Park et Williams & New York (No. 8). On le sema (bins 20 litres 
de bouillon-peptone pr4par4 suivant Dean, et on le laissa en 4tuve 
pendant 13 jours & 36° (13—28 ocL 1901). Aprfcs filtration sur papier, 
la culture fut conserv4e sous toluol. Elle s’est toqjours maintenue st4rile. 

La dose minime mortelle imm4diatement apr4s la sortie de l’4tuve, 
4tait de 0,0015 c.c. Pour les determinations, on s’est toujours servi de 
cobayes de 250 g. Plus tard, elle s’affaiblissait successivement, et au 
bout d’un an, la toxicite n’4tait k peu pr4s que la moitie, la dose minime 
mortelle etant alors d’environ 0,003 c.c. (Tabl. I). 


Table I. 

Dose minime mortelle. Cobayes 250 g. 


Date 


Dose 

en 

c.c. 


R&ultat 


3m 


Date 


Dose 

en 

C.C. 


R&ultat 


<v § 

till 


28/10-13/11 

1901 


6 / 1 - 20/1 

1902 


0,001 

0,0015 

0,002 

0,0011 

0,0013 


0,0014 

0,0015 

0,0017 


0,0019 

0,002 


0,0022 


20 

20 


17 

17 

21 

35 

17 


25 

30 

30 


11/2-5/3 

1902 


22/3 1902 
18/4 1902 
19/6 1902 


28/10-15/11 

1902 


0,0015 

0,0016 

0,0017 

0,0018 

0,0019 

0,002 

0,002 


0,0025 


0,0026 

0,0027 

0,0028 

0,0029 

0,003 


t 5V, 


t 37, 


t 5 
t 7 
+ 37, 
+ 37, 


30 

30 

46 


28 

23 


21 


1) Dreyer et Madsen: Studies on diphtheria toxin. (Festskrift ved Indvielsen 
af Statens Seruminstitut.) Copenhagen 1902. 

2) 0 indique que l’animal a surv^cu & l’exp&ience sans cedfcme, § indique que Panimal 
a survdcu h 1'experience avec cedfcme, f 3 indique que l’animal est mort aprfes 3 jours. 


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632 


Centralbl. f. fiakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Par la mensuration avec du test-s6rum que M. Ehrlich avait bien 
voulu mettre k ma disposition, L f fut trouv6e 6gale k 0,2 c.c., et ce 
chiffre resta constant malgr6 l’affaiblissement de la dose minime mor- 
telle (Table II). 


Table II. 


Determination de L + Cobayes 250 g. 


Date 

O 

O C 
o X 

+ 


Paralvsie 

Date 

8 § 

oc 

x*o 

•-a 

Resultat 

Paralysie 

■3 a 

73 •§ 2 I 

to ci 3 

o 

a g’~ 

Marche de 
la nialadie 

Temps d’in- 
c ubation 
jours 

Marche dc 
la maladic 


X 

1 1 

i.. ' 







9/1—20/1 

0,05 

0 

29 

gudri 


0,19 


17 

— 

1902 

— 

0 

22 

— 


— 

§ 

16 

— 


0,1 

0 

28 

— 


0,2 

t 17, 





0 

28 

— 



t 1'4 




— 

0 

28 

— 


- 1 

it 17. 




0,12 

0 

23 

— 


— 

t 1 




0,14 

§ 

22 

— 


— 

t 1 




0,10 

§ 

22 

mort 


— 

t i 




0,17 

$ 

22 








0,18 

t 5% 



22/3 1902 

— 

t 4 




— 

§ 

16 



— 

t 2 




— 

§ 

16 

— 

24/6 1902 

— 

t 3*4 




— 

§ 

16 

— 


— 

t 37, 




— 

t 5 



18/11 1902 

— 

t 3 




— 

It 5V, 




— 

it 3 




Avec ce poison fut institute une s6rie d’experiences pour determiner 
ses rapports avec l’antitoxine diphterique. Quant k cette derni^re, on 
s’est servi de deux preparations, partie du test-serum de Ehrlich, 
partie d’un serum d’effet antitoxique pris d’un cheval non immunise, 
s6rum normal. 

On obtint les meilleurs enseignements par une saturation partielle 
du poison avec l’antitoxine, ainsi qu’il fut d’abord indiqu6 par Ehrlich. 

Les experiences furent faites de sorte qu'k la meme quantitd arbi- 
•trairement choisie de poison, 0,1 c.c., on a ajoutee des quantites variables 
de serum, exprimees en unites d’immunisation. La toxicite de ce melange 
a ete determinee par des injections a des cobayes de 250 g. L k oil ce 
melange contenait plus d’une dose minime mortelle, il fut etabli qu’elle 
etait la fraction minimale contenant une telle. 

La courbe de neutralisation de ce poison a ete determinee deux 
fois, d’abord en f6vr.-mars 1902, alors que la dose minime mortelle 
etait de 0,002 c.c., et plus tard, en novembre 1902, alors qu’elle s’etait 
eievee k 0,0028-0,0029 c.c. (Table III). 

Les resultats se trouvent dans le resume ci-dessous ou, dans la 
premiere colonne, n indique la quantite d’antitoxine, exprimee en unites 
immunisantes, ajoutee aux 0,1 c.c. de poison. Dans la rubrique suivante, 
x marque, combien de c.c. de melange contiennent une dose mortelle, 
tandis que T indique la toxicite du melange, c’est-k-dire, combien de 
doses mortelles sont contenues dans le melange de 0,1 c.c. de toxine 
+ n unite immunisante. 

Dans les dernieres colonnes, on trouvera un x et T theorique, dont 
le calcul sera indique plus bas. 


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Tests^rum. Fevr.-mars 1902 I Tests^rum. Novembre 1902 I Strain normal 


Madsen, La constitution du poison diphtdrique. 


633 


Paralysie 

Temps 

d'incu- 

bation 

jours 

25 

20 

28 

I s 

CO ^ C/3CO05CO CO CO vf CO aooCO oQO 

+- H—h- -f—i—i—i—K +- +- +- 

Vi) 

■Sa 

s 2. 

ONOQOOCOOOOiO^CtvCOWCO’f f-i(M 
vrrJiCO-^vfiOCCKMCOrHr-lCg 

0,1 c. c. 
de poison 
+ n J 

n 

0,075 

0,15 

0,225 

0,3 

0,375 

0,45 

0,6 

Paralysie 

Temps 

d’incu- 

bation 

jours 

s 


^ _ ^ ^5. _^©< 

CO iC oooN CO *wO;oOr.O O CM coov* CM ooooOoCO 00 cflcW lO CO oqqCO 0 O 0 OO cOJH e03 

H—1— ’h-+- -f—1— r- 4- *1—1— -t—i- *t—1—1— +-+-+- 

ll 

a 

OlOOOlOQiOOlO I OOOCXM^OOOOOOHCONOOOCO^H^HN 
CO CO ^ CO CO ^ tF CO HO 1 TjlHOJHHHH rH rH rH 

. a 

« 8 >-> 
o-g fl 

n 

0,06 

0,12 

0,18 

0.24 

0,3 

0,36 

04 

0,48 

0,54 

0,6 

Paralysie 

Temps 

d’incu- 

bation 

jours 

O CO -h O rH rH 00 GO 

rH CM 03 rH CM CM CM CM 

J3 « 

, 

^©* _ri ._c< 

CM CM 'rf yjoOO &oorH ^3 r-( lO O rf H 03 o0oc<0O’— ' O^OOOOOOOO 

4—| H-1 1 |—i—i-1>—}— -H-H 

Vi) 

•sa i 

5 s " i 

O O 1 t>000)0!MlO j O CM CO vf 

HH I HHCg I-H rH I 

0,1 c. c. 
de poison 
+ n J 

1 1 1 1 1 §- ! 1 s-1 1 | 1 1 § 1 !§§-« 1 

Paralysie 

Temps 

d’incu- 

bation 

jours 

r- tv o 

CM CM rH 

*3 +2 

TJ c3 

s* 

04 O rH cOCoCCOW^O O0o00 CflOCOOH QQijlC rH CM IO oOqO O CM C4/300OCM ^ oOO 

Divise 

par 

O I lO IQ I O I CO O I O I j lOQO I lOO | lOO |»0 | IV O O 

iO I iO 1 O 1 rj« 1 iC 1 llOOCO 1 CO vf | CM CO ICO 1 rH CM CM 

0,1 c. c. 
de poison 
4- n J 

n 

0,05 

01 

0,15 

02 

0,25 


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634 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 




Tests&um 

B4eum6 A. 

S4rum 

normal 

Calc. 

n 

levr.-mars 
x T 

novembre 
x T 

X 

T 

X 

T 

0 

0,002 

50 

0,0029 

35 



0,0015 

66,67 

0,05 

0,002 

50 





0,00173 

573 

0,06 



0,0029 

35 



0,00179 

56 

0,075 





0,0022 

45 

0,0019 

53 

0,1 

0,0022 

45 





0,00207 

48 

0,12 



0,0029 

35 



0,00219 

45 

0,15 

0,0022 

40 



0,0025 

40 

0,0025 

40 

0,18 



0,0029 

35 



0,00288 

36 

0,2 

0,0033 

30 





0,0032 

31 

0,225 





0,0036 

28 

0,0037 

27 

0,24 



0,0056 

18 



0,00408 

243 

0,25 

0,005 

20 





0,0044 

22,9 

03 

0,0067 

15 

0,0071 

14 

0,0059 

17 

0,0066 

15,3 

035 

0,01—0,012 

10-8 





0,011 

9,1 

0,36 



0,013 

8 



0,0136 

73 

0,375 





0,0143 

7 

0,0147 

6,8 

0,4 

0,017 

6 

0,014 

7 



0,019 

5,3 

0,45 

0,013 

3 



0,05 

2 

0,03 

3,4 

0,48 



0,033 

3 



0,0366 

23 

0,54 



0,1 

1 



0,06 

1,7 

0,6 



0,1 

1 

0,1 

1 

0,067 

1,5 


Le r4sultat est inscrit dans un systbme de coordonn6es oil l’on 
a marqu4 n le long de l’axe de l’abscisse, et T, la toxicity le long de 
l’axe des coordonn£es (Fig. 1). 

Ces courbes, correspondant sur la plus grande partie de leur par- 
cours, pr4sentent une grande ressemblance anx courbes analogues de 
la tgtanolysine. Elies font penser qu’aussi la combinaison dipht4rique 
avec l’antitoxine a subi une dissociation partielle. 

On voulut alors savoir, si l’une de ces formules valables en ce cas: 
/ Toxine libre \ | Antitoxine libre l „ I Toxine-Antitoxine l 8 

1 vol. 1 1 vol. / l vol. i 
s’adapteraient aux r&ultats obtenus. 




La mesure de la quantity de toxine 
Taj& 4 rujn fik>r-mars libre 6tant la dose minime mortelle 

» ^ovtmbre p 0ur jes cobayes de 250 g; et les 

sirum normal melanges inject£s pouvant toujours 

l | r — |' Stre regard£s comme dilu£s dans ces 

- 250 g, on a omis le volume du calcul, 

-ce qui, sans doute, pourra se faire sans 

-faute essentielle. 

- La quantity de toxine libre 

est £valu4e A 0,0015 c.c., c’est-ik-dire 
la dose minime mortelle du poison 

_avant son affaiblissement. 

_ La quantity de la toxine 

_fix6e s’exprime par la difference 

_entre la quantity de poison ajout£ et 

_la quantity libre: x — 0,0015. 

- La quantity de l’antitoxine 

-fixde est la mime. 

«t-—-— La quantity d’antitoxine 

0,2 0,3 0,4 0,5 06 07 dans la solution pent s’exprimer 
p. j par n-x-p, oil p mdique le multiple 


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Madsen, La constitution du poison diphtdrique. 


635 


de 0,1 c.c. Equivalent it une unitE immunisante. On obtient la quan- 
tit 6 d’antitoxine libre en dEduisant de ce chiffre la valour ci- 
dessus trouvEe de l’antitoxine fixEe. 

L’Equation sera done la suivante: 

0,0015 [n-x-p — (x — 0,0015)] = K (x - 0,0015)*. 


Pour la dEtermination du chiffre d’Equivalent p, et de la constante 
de dissociation K, nous avons autant d’Equations que d’observations 
pour x. On trouve done dans la premiEre sErie d’observations avec le 
testsErum, 9, et dans celle avec le sErum normal, 7. — La meilleure 
Evaluation fut p = 2,7, et K = 0,015. 

A 1’aide de ces va- 
leurs, on a calculE les 70 
chiffres pour x et T des 
deux derniEres colonnes 65 
du rEsumE A. ExceptE 
les dEterminations de n, 60 
depuis 0—0,1, oE il y a 
des circonstances spE- 55 
ciales, la correspondance m 
entre les chiffres obtenus 
par calcul, et par obser- ^ 
vation est parfaitement 
satisfaisante, les Ecarts 40 
se trouvant en dedans 
de la faute d’observation. 35 
Ceci ressort clairement 
de la figure 2, oE la 30 
courbe indique les va- 
leurs thEoriques, tan- 
disque les observations 
obtenues du testsErum 20 
sont marquEes respective- 
ment par • et O, et celles 5 
du sErum normal par O, in 
(Fig. 2.) 

Ainsi, dans ce poison 5 
diphtErique e n E t a t 
frais, les phEnomEnes 0 
de neutralisation s’expli- 
quent tout naturellement, Fi *- 2 - 

en admettant la prEsence 

d’une seule substance rEagissant contre l’antitoxine. 

Pour la neutralisation, on s’est servi, partie du testsErum de Ehr¬ 
lich, partie du sErum retirE d’un cheval tout E fait normal. Ce 
cheval n’a jamais servi E l’immunisation diphtErique. II est done d’un 
interEt spEcial de voir que les deux courbes en dedain des fautes d’ob¬ 
servation suivent le memo parcours; il semble done qu’il n’y ait lieu 
d’Etablir aucune diffErence entre 1’antitoxine normalement existant, et celle 
obtenue artificiellement par l’immunisation. 



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636 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 7. 


Pendant les recherches antErieures sur les poisons diphtEriques, un 
phEnomEne avait surtout attirE l’attention, et fait supposer leur con¬ 
stitution complexe. En prEparant un tel melange de toxine et d’anti¬ 
toxine, qu’aucune dose raortelle complete n’Etait libre, ce melange pro- 
duisit des effets spEciaux: cedEme sans necrose, des parties tardives, 
trEs rarement observEes aprEs des injections de quantitEs de poisons un 
peu au-dessous de la dose minime mortelle. Dans ce cas, on rEussit 
toutefois a dEmontrer que le poison seul, sans antitoxine, pouvait provo- 
quer des cas tardifs analogues k ceux produits par des melanges de 
toxine et d’antitoxine. Ces effets tardifs Etaient surtout des paralysies 
typiques, comme j’en ai dEcrit dans une autre mEmoire, mais on observait 
encore, une ou deux semaines plus tard, d’autres phEnomEnes subsequents, 
voire un fort amaigrissement accompagnE d’un rel&chement musculaire 
marquee sourtout par une grande difficult^ k se retourner quand l’animal 
avait EtE placE sur le dos. 

II ressort de la formule, qu’une molecule de toxine se combine avec 
une molecule d’antitoxine pour constituer deux molEcules d’une nouvelle 
combinaison, toxine-antitoxine. Si, k une quantity donnEe de toxine, on 
ajoute une quantitE relativement petite d’antitoxine, cette derniEre sera 
presque entiErement fixEe; le surplus de la toxine restera libre. Au 
contraire, presque aucune antitoxine ne sera libre, parce que, dans ces 
proportions quantitatives, la „toxine-antitoxine u n’est que trEs faiblement 
dissociEe. A mesure qu’augmente la quantity d’antitoxine, une quantitE 
de plus en plus grande de la toxine sera fixEe, mais, en mEme temps, 
la toxine-antitoxine se dissociera de plus en plus, de sorte qu’il existera 
toujours de la toxine et de l’antitoxine k cotE l’une de l’autre. 

On voit facilement que les idees courantes sur la neutralisation de 
la toxine par l’antitoxine ne sauraient etre maintenues. Suivant ce qui 
prEcEde, la quantity d’antitoxine Equivalent k 0,1 c.c. de toxine est 
1/p = 0,37 unitE immunisante, tandis qu’il ressort du tableau III qu’il 
faut se servir de deux unitEs immunisantes pour faire disparaitre tout 
effet toxique sur des cobayes. 

Si la combinaison toxine-antitoxine ne se dissociait pas, la courbe 
de neutralisation serait une ligne droite, la ligne pointillEe de la fig. 2, 
comme c’est le cas pour la combinaison d’un acide fort avec une base 
forte. Dans ce cas, 0,37 unitE immunisante ferait entiErement disparaitre 
l’effet des 0,1 c.c. de poison. Toutefois, tel n’est pas le cas: k cause 
de la dissociation, une quantitE assez considErable de toxine devient 
libre, env. 7 doses mortelles. A mesure qu’on ajoute de 1’antitoxine, la 
quantitE de toxine libre va diminuant, mais ce dEcroissement se fait de 
j)lus en plus lent, et en thEorie, il reste toujours de la toxine libre, 
quelque grande que soit la quantitE ajoutEe d’antitoxine. Ceci ressort 
de la courbe de neutralisation qui est une hyperbole, se rapprochant 
k son asymptote. 

On voit done qu’en concevant les toxones comme de la toxine-anti¬ 
toxine dissociEe on aura une explication naturelle de la longue „zone de 
toxone u se trouvant chez ce poison diphtErique et chez d’autres. En 
considErant le tableau III, on verra que les mElanges depuis 0,6 jusqu’k 
2 unitEs immunisantes montrent tous un effet toxique diminuant par 
degrEs. 

A ceci correspond aussi cette circonstance, que leurs effets ne 
restent pas les memes vis-&-vis des diffErents animaux. 


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Madsen, La constitution du poison diphtdrique. 


637 


Des experiences anterieures ont dSmontrS 1 ), qu’un melange de toxine 
avec Tantitoxine restant sans effet sur des cobayes, produit des para¬ 
lyses chez les lapins, et qu’un melange ne provoquant que des cas 
tardifs chez les cobayes, tue les lapins en peu de jours. — II serait 
difficile de comprendre cette difference, si Ton r6garde la toxone comme 
une substance, essentiellement diff£rente de la toxine, tandisque Impli¬ 
cation en devient ais£e, en ne supposant qu’une difference quantitative. 
Du reste, il serait k present sans doute assez difficile de donner un 
expose parfaitement lucide des effets des toxones sur les differents ani- 
maux k cause de l’insuffisance des materiaux. Toutefois, on peut sup- 
poser qu’il existe une difference entre les effets d’une petite dose de 
toxine, et d’un melange de toxine avec de Tantitoxine qui en plus de 
la meme quantite de toxine libre contient de la „toxine-antitoxine a , et, 
encore, de Tantitoxine libre. 

De plus, il est permis de croire qu’un tel m61ange offrirait des 
effets differents dans differents organismes. Tandisque la dose minime 
mortelle de ce poison restait presque la meme pour les cobayes de 
250 g et pour les lapins de 1500 g la difference 6tait grande pour 
L f, 1 unite immunisante + 0,2 c.c. de poison etant mortelle pour 
les cobayes, tandisque dejk un melange de 1 unite immunisante + 
0,14 c. c. de poison tuait les lapins. 

En supposant qu’une quantite et absolument et relativement plus 
considerable de toxine est fixee chez le lapin que chez le cobaye, l’equi- 
libre entre la toxine libre, Tantitoxine libre, et la toxine-antitoxine sera 
bien plus expose k £tre deplace chez un lapin que chez un cobaye. 
Pour retablir l’equilibre change par la fixation de la toxine libre, la 
toxine-antitoxine devra etre ulterieurement dissociee, de la nouvelle 
toxine deviendra libre, et pourra etre fixee, de sorte que la meme melange 
pourra presenter des effets bien plus toxiques sur l’un que sur l’autre 
animal. 

La vieille dispute sur l’existence d’un point de neutralisation 
ou non, se resoudra, sans doute, facilement, par Interpretation pr6ce- 
dente; en s’y basant, on comprendra facilement qu’un melange de 
toxine avec de Tantitoxine restera, k une dose donn6e, absolument sans 
effet, tandis qu’un multiple produira de faibles effets toxiques (paralysie), 
et qu’une dose encore plus forte sera mortelle 2 ). 

Le fait que les toxones pr6sentent des effets immunisantes 
au m6me degre que la toxine seule, s’adapte sans doute aussi bien k 
ce que nous venons d’avancer, qu’a l’idee de l’existence d’une substance 
particulifcre k avidity plus faible que la toxine. 

Dans tout le d6veloppement anterieur, le but a ete, d’interpreter 
les faits observes d’une maniere que se rapproche le plus possible k un 
ph6nom&ne connu, ce qui n’a pr6sent6 aucune difficultd quant k la pre¬ 
miere partie de la courbe; toutefois quant k la region de toxone il-y-a 
quelque disaccord que je vais aborder. 

Ici nous trouvous que la toxicite observe des melanges de toxine 
et d’antitoxine se trouve constamment un peu au dessous de la toxicite 
calcuiee (voir aussi la courbe suivante No. 4). Il est peu probable que 
ce phenomene soit dft k des fautes d’experiences; peut-etre qu’il est dfi 

1) Dreyer und Madsen , Ueber Immunisierung mit den Toxonen des Diphtherie- 
giftes. (Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXXVII. 1901. p. 250.) 

2) Dreyer und Madsen, 1. c. 


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638 


Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


it de tels hearts des premises th£oriques simples qu’on voit frbquemment 
dans toute une s6rie de reactions, quand elles se font en concentration 
61ev6e. 

II est aussi permis de croire que d’autres substances du serum que 
l’antitoxine pourront jouer un rdle quelconque. 

Les relations assez simples trouv6es chez un poison frais s’effacent 
it mesure que s’affaiblit le poison. Outre la diminuation de la force 
letale (la formation des „prototoxo'ides“), dont on parlera plus tard, il 
se produit aussi un affaiblissement de sa faculty paralytique. Lorsque 
la dose minime letale 6tait montbe au double, on observa aucun cas de 
paralysie aprbs une quantity non letale de poison. Au cas contraire 
elles s’observaient toujours, bien qu’it un moindre degrb aprbs les me¬ 
langes de toxine avec une quantity relativement grande d’antitoxine, pour 
lesquels je conserverai provisoirement et pour etre bref, le nom de 
„toxones“. 

Entre la toxone et la toxine on retrouva en outre cette difference 
que la dernibre produit la necrose avec alopecie, tandis que les toxones 
ne provoquent, qu’un oedbme mou assez fugitif sans consequence. Ceci 
s’explique peut-etre par la difference de la rapidite de reaction existant 
sans doute entre toxine et toxone, ainsi qu’il a 6t6 demontr6 antbrieure- 
ment 1 ). Nous savons que pour la tetanolysine la vitesse de reaction 
entre la toxine et l’antitoxine baisse rapidement en presence de grandes 
quantites d’antitoxine (Arrhenius et Madsen), conformement les 
„toxones“ de la tetanolysine se fixent plus lentement aux erythrocytes, 
que la tetanolysine seule (Madsen), et les „toxones“ du poison diphtb- 
rique sont fixees bien plus tardivent dans l’organisme que le poison 
seul (Dreyer). 

On pourra croire que ceci est du it ce que la presence de la toxine- 
antitoxine ou de l’antitoxine fait baisser la vitesse de reaction de la 
toxine de me me fagon que p. ex. l’hydrogbne sulphurique depresse la 
rapidite 4 la reaction des solutions colloidales de platine (B re dig). 

Si la toxine est injecte subcutanement, elle se lie sans doute rapide¬ 
ment au tissu et provoque une forte reaction, tandis que la „toxone“ en 
consequence de sa moindre vitesse de reaction n’est fixee que faiblement 
et avec lenteur, et qu’elle reussit ainsi 4 se diffuser en s’en allant et 4 
disparaitre de l’endroit injecte, de sorte que l’eflfet local sera de la 
m£me nature que des doses minimes de toxine. 

On voit de la fig. 2 que la toxicite du melange de 0,1 c. c. de poison 
avec une quantite d’antitoxine, n, moindre de 0,12 unite immunisante, 
est considerablement au-dessous du calcul. Si Ton compare les courbes 
determinees au printemps et en automne de 1902, on voit qu’il s’agit 
d’un proebs progressif. En automne de 1902, la dose minime mor- 
telle etait de env. 0,0029 c.c., et les 0,1 c. c. contenaient alors en tout, 
env. 35 doses mortelles. Les 0,18 unites immunisantes ne produisaient 
aucun abaissement dans la toxicite. En augmentant ensuite la quantite 
d’antitoxine, on obtint une courbe essentiellement correspondante 4 celle 
dej4 trouvee. 

Suivant Ehrlich, ce phbnombne peut etre explique par cette sup¬ 
position que le poison diphterique contient une substance la „prototoxine“ 
d’une plus grande affinite pour l’antitoxine que le reste de la toxine. 
Tandis que la faculte de fixer l’antitoxine (liee au groupe haptophore 

1) Madsen, Sur les toxones. (XIII. Ccmgres intern, de mod. Paris 1900.) 


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Madsen, La constitution du poison diphtdrique. 


639 


d’Ehrlich) reste constante, l’416ment toxique (le groupe toxophore 
d’Ehrlich) est trhs labile, de sorte que la prototoxine se change gra- 
duellement en une modification atoxique, la toxoide, k faculty non modifide 
de fixer l’antitoxine. A ceci correspond encore que L f est restde con¬ 
stante malgrd l’accroissement continuel de la dose minime mortelle. 

Une telle formation de prototoxolde qui se trouve aussi chez la 
tbtanolysine, est nn phenomhne constamment observe quand on conserve 
les poisons pendant quelque temps. Cette formation semble frdquem- 
ment comprendre presque la moitid de 
la toxicite. Voir aussi les courbes cor- 15 
respondantes pour 2 autres poisons A 
(fig. 3), et C (fig. 4). 10 

Pour examiner, si la formule indi- 5 
qu 6 e s’applique aussi 4 d’autres poi¬ 
sons diphtdriques qu’h celui ddcrit, 0 
on calcula une sdrie d’expdriences pro- 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 

venant de recherches antdrieures, et Fig, 3 . 

tonchant un autre poison C 1 ). Ce 

dernier a 6 t 6 prepare h l’aide d’un bacille dipbtdrique que M. Ehrlich 
voulut bien mettre h notre disposition. 

Immddiatement aprbs la sortie de l’dtuve, en 1898, la dose minime 
mortelle 6 tait de 0,005 c.c., mais elle monta plus tard jusqu’k 0,0086 c. c. 
Les experiences avec saturation partielle furent faites de sorte qu’h 
une dose de 0,6 c.c. de poison, on ajoutait de quantitds variables du 
testsbrum de Ehrlich. 

Les rbsultats sont indiquds dans le resume ci-dessous, oh les entbtes 
ont la m£me signification que plus haut 


Resume 6. 

obs. calc. 


n 

X 

T 

X 

T 

0 

0,0088 

68 

0,005 

120 

0,15 

0,0088 

68 

0,0068 

88 

0,25 

0,0088 

68 

0,00895 

67 

0,35 

0,0125 

48 

0,013 

46 

0,5 

0,033 

18 

0,032 

19 

0,53 

0,04 

15 

0,0405 

15 

0,55 

0,046 

13 

0,0478 

13 

0,6 

0,075 

8 

0,071 

8 

0,65 

0,1 

6 

0,1 

6 

0,7 

0,2 

3 

0,133 

4,5 

0,725 

0,6 

1 

0,15 

4 


L’expression graphique se trouve dans la fig. 4, oh la ligne marque 
la courbe de neutralisation calcuiee et O les observations rdelles. Fig. 4. 
Les observations pour n = 0, 0,15 et 0,25 donnbrent le m§me x (proto- 
toxoide). En traitant de meme fa?on qu’antdrieurement les autres ob¬ 
servations, on obtint le chiffre d’equivalent p = 1,8 et la constante de 
dissociation K = 0,012. Avec ces chiffres, les valeurs de x et de T 
dans les deux dernibres colonnes ont 6t4 calculbes; la correspondance 
entre les valeurs observbes et celles calculbes est satisfaisante, exceptb 
pour les deux dernibres. 

Le rapprochement entre les constantes de dissociation K pour 
chaque poison est done considerable, 0,015 et 0,012. Quant au chiffre 
d’ 6 quivalent p, une unite immunisante equivaut h 2,7 X 0,1 c.c. du premier 

1) Madsen, Om Difterigiftena Konstitution. (Oversigt over D. kgL Danske 
Vidensk. Selsk. Forhandl. 1899.) 



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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. OriginaJe. Bd. XXXIV. No. 7. 


640 


poison d6crit. et k 1,8 X 
0,6 c. c. du dernier. Ces 
quantites de poisons con- 
tenaient avant l’affaiblis- 
sement, respectivement 
180 et 216 doses minima 
mortelles. La correspon- 
dance est assez satis- 
faisante. Si la difference 
est due k des fautes d’ex- 
p6rience ou peutetre k 
un abaissement de l’unite 
immunisante pendant lea 
quatre ans ecoul6s entre 
les deux determinations, 
voilil ce qui ne peut etre 
etabli sur la base des 
materiaux actuels. 

Les recherches pr6- 
c4dentes nous mettent k 
meme de retrouver, k 
l’aide de la courbe de 
neutralisation, notre unite 
actuelle d’anti toxine, me¬ 
me si, par hasard, elle 
se perdit. 

La condition en est 
que nous determinons, 
avec une exactitude suf- 
fisante, combien d’unites 
de toxine, calcuiees d’a- 
prfcs le poison non affaibli 
qui 6quivaut a notre 
unite immunisante actu¬ 
elle (ce chiffre semble 
se trouver autour de 200). 

Veut on alors deter¬ 
miner, combien grande 
est la quantite d’une 
antitoxine inconnue equi¬ 
valent a notre unite 
actuelle immunisante, on 
trace la courbe de neu¬ 
tralisation de l’antitoxine 
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 en question, et Ton trou- 
Fig. 4. vera ainsi une valeur 

arbitraire de p. Puisque 
nous savons, combien d’unites de toxine, p,multiplie par la quantite 
de poison employe, doit contenir, on peut calculer la valeur reelle de 
p et de J (Funite immunisante). 

Par la demonstration que la combinaison de la toxine avec l’antitoxine 



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Lord, Diplococcu8 intracellularis meningitidis (Weichselbaum) in the nose. 641 


suit la loi de Guldberg et Waage (loi de l’effet des masses), les 
derniers doutes que l’actiou mutuelle de ces substances soit de nature 
chimique, doivent disparaitre. 

Sans doute, une telle mani&re de voir, dont la justesse a pu etre 
constatee vis-k-vis de la t^tanolysine et du poison dipht6rique, s’adapte 
i un grand nombre de corps et it leur anticorps. 


NachdrucJc verboten. 

Diplococcus intracellularis meningitidis (Weichselbaum) in 
the nose. Report of a case without Meningitis and review 

of the literature. 

[From the Clinico-Pathological Laboratory of the Massachusetts General 
Hospital. Dr. J. H. Wright, Director.] 

By Frederick T. Lord, M. D., Boston. 

Physician to the Out-Patient Department, Massachusetts General Hospital. 

I. 

Among 21 cases in which the nose was examined for bacteria during 
the winter of 1902 and 1903, the following case is specially mentioned 
because of the rarity of the bacteriological findings. 

The patient, a physician in daily attendance in the Throat Boom 
of the hospital, had a severe rhinitis for one week. The process 
began as an ordinary coryza, with lacrymation, headache, and prostration. 
The nasal secretion was at first watery, becoming purulent after a few 
days. With the more abundant discharge, the general symptoms did not 
abate, and the patient found difficulty in performing his work. The 
temperature was slightly elevated for the first two weeks, occasionally 
reaching 102 degrees F. Beyond a slight cough and headache at times, 
there were no symptoms of other disease. 

Examination of the nose, Jan. 28, 1903, showed congestion of the 
mucous membrane throughout and profuse muco-purulent discharge. 

The patient gradually recovered. The nasal discharge was purulent 
for about one week. The rhinitis lasted in all about three weeks, the 
general symptoms somewhat longer. 

The nasal secretion was examined Jan. 28 and Feb. 7. The bacterio¬ 
logical findings were practically the same in both examinations. 


Bacteriological examination of the nasal secretion. 

a) By cover-glass preparations: Smears from the naso¬ 
pharyngeal secretion showed the presence of a few Gram staining orga¬ 
nisms. Besides these, there were Gram decolorizing diplococci, composed 
of paired hemispheres within the leucocytes and free. The sputum failed 
to show the presence of similar organisms. 

b) By cultures: A sterile platinum loop was smeared over the 
surface of the upper nasal cavity and the adherent nasal secretion washed 
off in sterile bouillon. From this bouillon emulsion, cultures were made 
on plain agar smeared with defibrinated horse blood. 

After 24 hours in the incubator, the blood agar showed numerous 
colonies composed of cocci and diplococci, decolorizing by Gram’s method 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 41 


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642 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 

of staining. Besides these, there were a few colonies of Gram staining 
diplococci, which on further observation in pure culture, proved to be 
pneumococci. 

The Gram decolorizing diplococci were isolated in pure culture and 
their growth observed on different media. They were morphologically 
like the Gonococcus, grouped for the most part in pairs and occasionally 
in tetrads. The individual cocci were nearly hemispherical. When grouped 
in diplococci or tetrads they were somewhat kidney-shaped, with the 
flattened sides apposed and a well defined unstained interval between 
them. There were many single cocci with considerable variation in size 
and intensity of staining. In the cover-glass preparations from cultures, 
the cocci were frequently observed in clusters, but there was no evidence 
of chain formation, nor any appearance of capsules. 

c) By sub-cultures: On Blood Serum, there were slightly 
convex, moist, viscid, colorless, shining colonies at times confluent. 
Isolated colonies were not usually above 2 millimeters in diameter. 

On Agar-Agar, after 24 hours in the incubator, the colonies reached 
a diameter of about 2 millimeters. They were flat, shining and grayish- 
white by both reflected and transmitted light. When observed under 
the hand-lens, the borders of these colonies were nearly or quite round 
and rose abruptly from the surface of the medium. A very slight 
increase in the size of the colonies was apparent after longer incubation, 
Under the low power of the microscope, the colonies were very slightly 
granular or homogeneous, and never coarsely granular like Gonococcus 
or Micrococcus catarrhalis. 

On Plain Agar Slants, smeared with defibrinated horse blood, the 
growth was similar to that on plain agar, but more luxuriant. 

On Potato, no growth was visible even with the hand-lens. Exami¬ 
nation of the material removed by the platinum loop, however, showed 
numerous Gram decolorizing cocci and diplococci, frequently in tetrads. 

In Sugar Agar Stab, there was a growth along the line of inoculation, 
but feebly at the deeper parts. On the surface about the point of 
puncture, there was a grayish white, slightly convex growth with a slightly 
irregular margin, rising abruptly from the surface of the medium. 

On Gelatine Slants, at room temperature (21 degrees C), multi¬ 
plication of the transplanted material was doubtful even after many days. 

In Litmus Milk, there was no visible change in reaction, though 
growth of the cocci was apparent. 

d) By Gram’s method of staining: On all culture media as 
well as in fresh specimens, the organism readily and constantly decolor¬ 
ized by Gram’s method of staining. 

e) By animal inoculation: Twenty-five minims of a bouillon 
emulsion, made from a 24 hour growth on blood-serum (fourth gene¬ 
ration), were injected into the peritoneal cavity of a guinea pig. The 
animal would not take food for 24 hours, but did not die. 

The following characteristics of the organism are noteworthy: In 
cover-glass preparations from the fresh material, extra- and intracellular 
dipplococci were found. They decolorized by Gram’s method of staining 
and were morphologically like the Gonococcus. Examination of pure 
cultures showed the presence of cocci, varying considerably in size, 
frequently arranged as diplococci, and at times in tetrads, constantly 
decolorizing by Gram’s method of staining. Their growth on agar-agar 
was in grayish-white, moist, very finely granular or structureless, discrete 


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Lord, Diplococcus intracellularis meningitidis (Weichselbaum) in the nose. 043 


or confluent colonies, never reaching a large size. There was very slight 
growth in the depth of sugar agar stab. Growth at room temperature 
was doubtful or negative. The organism was non-pathogenic. 

No attempt was made at cultivation beyond the fourth or sixth 
generation. 

From its morphology, staining and cultural peculiarities, the coccus 
is regarded as the Diplococcus intracellularis meningitidis of 
Weichselbaum 1 2 3 ). 

As the Gonococcus will not grow through successive generations 
on other than albumen containing media (ascites-, hydrocele-agar, etc.) 
it is readily excluded. 

The Micrococcus catarrhalis differs in essential particulars 
from the Meningococcus, though some strains may be confounded with 
it, unless great care is taken in the differentiation oi the colonies. Since 
the excellent paper by Ghon, Pfeiffer and Sederl*), I have found 
this organism in 12 cases of bronchitis from the Out-Patient Depart¬ 
ment. After several days on agar, the Micrococcus catarrh ali s grows 
into much larger whitish gray colonies. These are mortar-like rather 
than moist, are quite coarsely granular and have a very irregular margin. 
Many of the colonies show a raised central part, which with the irregularly 
margined flat more or less transparent periphery is very striking. The 
Micrococcus catarrhalis grows readily at room temperature and 
much more luxuriantly on all culture media than the Meningococcus. 

Sporadic cerebro-spinal meningitis due to the Meningo¬ 
coccus of Weichselbaum, at the Massachusetts General 
Hospital since the epidemic in 1898. 

The source of contagion in this case is not clear. In none of the 
other cases from the Throat Room in which cultures were taken were 
meningococci found. 

Since the epidemic in Boston in 1898, from which 111 cases were 
reported by Councilman, Mallory and Wright 8 ), the Diplo¬ 
coccus intracellularis meningitidis has been obtained from the 
meninges in six cases of meningitis, at the Massachusetts General Hospital. 
These cases have occurred at wide intervals and we are not now in an 
epidemic of cerebrospinal meningitis. Three other cases of meningitis have 
come to autopsy at a late stage of the disease. From the anatomical findings 
and the absence of important bacteria in the exudate of these cases, 
Dr. Wright considers that they also were probably due to the 
Meningococcus. 

II. 

Meningococcus in the nose, with and without meningitis. 

Review of the literature. 

In 1887, Weichselbaum 4 ) published two cases of meningitis due 
to the Pneumococcus and six cases due to an organism which from its 


1) Weichselbaum, Ueber die Aetiologie der akuten Meningitis cerebrospinalis. 
(Fortschritte der Medizin. Bd. V. 1887. No. 18. p. 573.) 

2) Ghon, Pfeiffer und Sederl, Micrococcus catarrhalis. (Zeitschr. f. klin. 
Med. Bd. XLIV. 1902. p. 262.) 

3) Councilman, Mallory and Wright, Epidemic cerebro-spinal meningitis 
and its relation to other forms of meningitis. (Report of the State Board of Health 
of Massachusetts. 1898.) 

4) Weichselbaum, loc. cit. 

41* 


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644 


Gentralbl. £. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 7. 


form and position he gave the name ofDiplococcus intracellularis 
meningitidis. In one of these six latter cases (the fifth in the series) 
he notes that, “in the pus of the nasal cavity the same organisms were 
found, but besides these many other bacteria”. Though the cultural 
peculiarities of the meningococci obtained from the cerebro-spinal fluid 
were carefully described, no cultures were made of these organisms found 
in the nose. We now know that the Micrococcus catarrhalis, 
frequently present in the respiratory tract, cannot be told from the 
Diplococcus intracellularis meningitidis on purely morpho¬ 
logical grounds. Thus this and many other subsequent cases, recorded 
in the literature as nasal infection with the Meningococcus, are not 
acceptable because of insufficient data to exclude Micrococcus 
catarrhalis. 

The definiteness of the type of organism described by Weichsel- 
baum as the Diplococcus intracellularis meningitidis has been 
abundantly confirmed by other observers. The following writers differ only in 
minor details concerning its cultural peculiarities: Kiefer 1 11 ), K i s t e r 2 ), 
Herrick 3 ), Hirsch 4 ), Berdach 5 ), Bonhoff 6 ). The most notable 
confirmations of Weichselbaum’s observations, however, are by 
Councilman, Mallory and Wright 7 ) and Albrecht and Ghon 8 ). 

In 1895, J a e g e r 9 ) see also 10 ) u ) 12 ) 1S ) called attention to the D i p 1 o - 
coccusintracellularisMeningitidisasa cau se of e p i d e m i c cere¬ 
brospinal Meningitis. The organisms described by him, however, differed 
essentially from Weichselbaum’s in the presence of capsules, the 
growth in long or short chains and the failure to decolorize by Gram’s 
method of staining. Such deviations, in view of the abundant confirmation 
of Weichselbaum’s observations, naturally suggest that Jaeger’s 
organism was not the true Diplococcus intracellularis meningi¬ 
tidis (Weichselbaum) as pointed out by Albrecht and Ghon in 


1) Kiefer, F., Zur Differentialdiagnose des Erregers der epidemischen Cerebro¬ 
spinalmeningitis und der Gonorrhoe. (Berliner klin. Woch. 1896. p. 628.) 

2) KiBter, Jul., Ueber den Meningococcus intracellularis. (Centralbl. f. Bak. u. 
Parasit. Bd. XX. 1896. p. 148.) 

3) Herrick, J. B., On the existence of epidemic cerebrospinal meningitis in 
Chicago with report of a case with autopsy. (Journal of the American Medical Ass. 
Vol. XXXI. 1898. p. 20.) 

4) Hirsch, J. L., A report of four cases of epidemic cerebrospinal meningitis, 
with special reference to the value of lumbar puncture as a means of diagnosis. 
(New York Medical Journal. Aug. 19. 1899.) 

5) Berdach, J., Bericht uber die Meningitie-Epidemie in Trifail im Jahre 1898. 
(Deutsches Archiv f. klinische Med. Bd. LXv. 1899. p. 449.) 

6) Bonhoff, H., Ueber einen Fall von Cerebrospinalmeningitis und den Diplococcus 
intracellularis. (Munchener medizinische Woch. 1901. No. 3. p. 89.) 

7) Councilman, Mallory and Wright, loc. cit. 

8) Albrecht und Ghon, Ueber die Aetiologie und path. Anat. der Meningitis 
cerebrospinalis epidemica. (Wiener klin. Woch. 1901. No. 41. p. 984.) 

9) Jaeger, H. Die Transportmittel gewiseer Infektionsstoffe und Yorschlage zur 
Vernichtung derselben am Krankenbette, im Haushalt, im Verkehr. (Dtsche med. Woch. 
1894. No. 18. p. 409.) 

10) Zur Aetiologie der Meningitis cerebrospinalis epidemics. (Zeitschrift f. Hygiene. 
Bd. XIX. 1895. p. 351.) 

11) Epidemiologisches und Bakteriologisches fiber Cerebrospinalmeningitis. (Dtsche 
med. Woch. 1899. No. 29. p. 472.) 

12) Die Cerebrospinalmeningitis als Heeresseuche. (Bibliothek vonColer. Heraus- 
gegeben von O. Schjerning.) Berlin (A. Hirschwald) 1902. (Quoted from Jaeger.) 

13) Zur Frage der morphologiRchen und biologischen Charakterisierung des Meningo¬ 
coccus intracellularis. (Centralbl. f. Bak. I. Abt. Grig. Bd. XXXIII. 1902. No. 1. p. 23.) 


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Lord, Diplococcus intracellularis meningitidis (Weichselbaum) in the nose. 645 

their excellent work 1 2 ). Other observers, regardless of the cultural 
peculiarities of Weichselbaum’s organisms and following Jaeger, 
have likewise recorded cases which though they may have been due to 
the Meningococcus do not so appear from the bacteriological reports. 
Such cases with the deviations which seem to exclude them as well as 
those based solely on morphology are mentioned later, so far as they 
relate to nasal infection. 

The three following cases, on the other hand, from the careful 
description of the cultural peculiarities of the organisms and their 
similarity to the Meningococcus of Weichselbaum and others, are 
regarded as proved beyond question. In one of these cases, the meningo¬ 
cocci were found in the nasal secretion of a case with meningitis. The 
two other cases were without symptoms of meningitis. 

Kiefer 1 ) experimented for six to eigth days on the cultivation of the 
Meningococcus, comparing its growth with the Gonococcus. He 
himself suddenly acquired a severe purulent rhinitis, with slight headache, 
nervousness, and uncomfortable drawing sensation in the neck. His 
temperature was normal. Examination of the nasal pus in fresh specimens 
and by cultures demonstrated typical Diplococcus intracellularis 
meningitidis, with other bacterica. The rhinitis lasted for 14 days 
and the general symptoms somewhat longer. 

Albrecht and Ghon 3 ) in one of the cases of meningitis which 
died on the third day, found organisms in the nasal and naso-pharyngeal 
secretions, which they proved by cultures to be Meningococci. Of 15 
cases which they investigated outside of the epidemic, they cultivated, 
from the naso-pharyngeal secretion of a man whose child had died 
several days before of meningitis, isolated colonies of meningococci. 

The following cases are not accepted as proved, because the dia¬ 
gnosis has been made from morphology alone, because of too great 
deviation from Weichselbaum’sMeningococcus in cultural peculi¬ 
arities, or because of insufficient data in the description to rule out 
Micrococcus catarrhalis. 

Weichselbaum’s case 4 ) has already been mentioned. He 
depended solely on morphology in the identification of the cocci found 
in the nasal secretion. 

Jaeger, in 1894 5 ), found the Diplococcus intracellularis 
meningitidis in the nasal secretion on handkerchiefs used by four 
out of five patients with meningitis. “In the fifth case the handkerchief 
was examined for the first time six weeks after its use.” Meningococci 
were obtained in pure culture. Again, in 1895 6 ), he obtained a pure 
culture of Meningococcus from the nose of a case with meningitis. 

The cultural peculiarities of the organisms found by Jaeger in the 
nasal secretion of these cases are not described. Albrecht and 
Ghon 7 ) found that meningococci could not withstand drying at whatever 
temperature for more than 24 hours. Moreover, in his description of 
meningococci obtained from the spinal canal 6 ), Jaeger saw capsules 


1) Albrecht und Ghon, loc. cit. 

2) Kiefer, loc. cit. 

3) Albrecht und Ghon, loc. cit. 

4) Weichselbaum, loc. cit. 

5) Jaeger, loc. cit. (Dtsche med. Woch. 1894. No. 18. p. 409.) 

6) Jaeger, loc. cit (Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XIX. 1895. p. 350.) 

7) Albrecht und Ghon, loc. cit. (Wiener klin. Woch. 1901. No. 41.) 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


about the organisms in sections of tissue, in fresh preparations and in 
cultures. They decolorized by Gram’s method of staining in sections 
of tissue, but stained by Gram’s method in cultures and in cover-glass 
preparations from fresh material. In cultures there were many short 
chains, in two cases, chains of 20—30 segments. As such peculiarities 
diverge widely from the accepted type of Meningococcus, Jaeger’s cases 
must be excluded. 

Scherer in 1895found the Meningococcus in the nasal secretion 
of 18 consecutive cases of meningitis and in 2 of 50 cases without 
meningitis. In many of these cases the diagnosis was made by mor¬ 
phology alone. He follows Jaeger in the recognition of capsules and 
recommends Gram’s method of staining and cultures only in doubtful 
cases. The cultures are not described. 

Huber, in 1897 1 2 ), reports the finding of meningococci in the nasal 
secretion of a case of meningitis, without the confirmation of cultures. 

Heubner, in 1897 3 4 5 ), mentions that his assistant S1 a v y k had demon¬ 
strated meningococci in the nasal secretion of several healthy children. 
In both these and a case with tubercular meningitis, in which he found 
the Meningococcus in the nasal secretion, reliance was apparently 
upon the appearance of fresh specimens. 

Schiff, in 1898*), having found the Meningococcus in the nasal 
secretion of one case with tubercular meningitis and a second with cerebro¬ 
spinal meningitis due to the Meningococcus was led to investigate 
the nasal secretion in 27 cases without meningitis. He obtained positive 
cultures in 3 of the 27 cases. From the inconstant reaction of his 
organisms to Gram’s method of staining and the appearance of short 
chains in his cultures, his results cannot be regarded as conclusive. 

Antony and Ferr6, in 1898 6 ) in the examination of a fresh 
specimen of nasal secretion from one out of six cases of meningitis found 
„Microcoques capsules, en grains de caf6, ne prenant pas le Gram, 
c’est-h-dire d’un organisme ayant l’aspect du meningocoque“. 

Councilman, Malory and Wright, in 1898 6 ), were unable to 
cultivate the organisms resembling the Meningococcus which they 
found in the nasal secretion of 10 of 15 cases with meningitis and 2 of 
12 cases without meningitis. 

Eyster, in 1898 7 ), had two cases of cerebro-spinal meningitis due 
to the Meningococcus. The description of the organisms found in 
the nose does not exclude M i c r o c o c c u s catarrhalis. Onbloodserum 
agar, colonies „of micrococci developed which appeared inDiplococcus 
form of two paired hemispheres, separated by an unstained interval, and 

1) Scherer, Zur Diagnose der epidemischen Cerebrospinalmeningitis. (Central- 
blatt f. Bakt. u. s. w. Bd. XVH. 1895. No. 13—14.) 

2) H uber, Meningococcus intracellularis iro Spinaleiter und Nasensekret einee Falles 
von epidemischer Genickstarre. (Dtsche med. Woch. Bd. XXIII. Ver.-Beil. 1897. 
No. 12. p. 79.) 

3) Heubner, Ueber den Meningococcus. (Dtsche med. Woch. Ver.-Beil. 3. Juni. 
1897. No. 16. p. 109.) 

4) Schiff, Ueber das Vorkommen des Meningococcus intracellularis (Weichsel- 
baum) in der Nasenhdhle nicht meningitiskranker Individuen. (Centralblatt f. innere 
Med. Bd. XEX. 1898. p. 577.) 

5) Antony et Ferr4, Recherches bact&iologiques dans la meningite cdrGbro- 
spinale. (Archives de inedecine et de pharmacie militaire. Juin 1898. p. 431.) 

6) Councilman, Malory and Wright, loc. cit. 

7 ) Eyster, Cerebro-spinal meningitis. (J. Am. Med. Ass. VoL XXXIII. 1899. 
p. 187-188. 


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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus. 


647 


were readily decolorized by Gram’s method of staining and were 
undoubtedly the Diplococcus intracellularis meningitidis of 
Weichselbaum". 


Conclusions. 

1) Organisms, present in the nose and resembling the Diplococcus 
intracellularis meningitidis ofWeichselbaum in morphology 
and staining reaction, can not be accepted as meningococci unless the 
diagnosis is confirmed by cultures and the differentiation of the colonies 
from those of other closely related diplococci. 

2) The Meningococcus has been thus proved to exist in the nasal 
secretion of one patient with and three patients without meningitis. 

3) Forty-nine other cases, recorded in the literature as nasal infec¬ 
tion with meningococci, are not thus substantiated. 


Nachdruck verboien. 

Der Schildtodtentuberkelbacillus, seine Ziichtung, Biologic 

und Pathogenitat 

[Aus dem anatom.-biologischen Institut der Universit&t Berlin (Direktor: 

Herr Geh. Rat Prof. Dr. Hertwig).] 

Von Dr. Friedrich Franz Friedmann, Berlin. 

Mit 1 Tafel. 

Nachdem ich in Bd. IV. Heft 5 der Zeitschrift ffir Tuberkulose 
und Heilstfittenwesen eine genaue Beschreibung meiner beiden Aus- 
gangsf&lle von spontaner SchildkrStentuberkulose gegeben habe, will ich 
im Folgenden fiber einige Eigenschaften des aus der Schildkrdtenlunge 
reingezfichteten Tuberkelbacillus berichten. 

I. Die Methode der Kultivlerung. 

Es wurde eine Anzahl der in beiden Lungen reichlich vorhandenen 
k&sigen Knotchen mit sterilen Instrumenten herausprfipariert und in der 
fiblichen Weise vorsichtig zwischen geglflhte und wieder erkaltete Glas- 
platten gebracht, sodann zu einer gleichmfiBigen Masse gequetscht. 
Hierauf wurden Partikelchen dieser kSsigen Massen, die bei mikro- 
skopischer Kontrollierung enorme Mengen von Tuberkelbacillen zeigten, 
mit einer zu einem Spatelchen breit geklopften Platinnadel auf Nfihr- 
boden ausgestrichen und in dieselben festgedrfickt. Verwandt wurde 
zunfichst Glycerinagar, Glycerinblutserum, Glycerinbouillon und Glycerin- 
gelatine J ). 

Schon von diesen ersten mit dem Ausgangsmaterial besaten Rfihr- 
chen ist eine gewisse Zahl von Anfang an rein geblieben und lieferte 
mir unmittelbar Reinkulturen der Schildkrfitentub erkel- 
bacillen. Ich besitze noch jetzt eine Reihe solcher g&nzlich unbe- 
rtthrt gelassener Kulturen erster Generation, die noch die ursprfinglich 


1) Ueber das Verhalten des Schildkr5tentuberkelbacillas auf pflanzlichen, sowie 
auf den von Proskauer und Beck eingehend studierten anorganischen Tuberkel- 
bacillennahrbOden wird in einer spateren Arbeit benchtet werden. 


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648 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 7. 


anfgebrachten Lungenstflckchen enthalten und sehr fippig gewachsen 
sind. 

Es ist dieses selten gflnstige Zflchtungsergebnis einerseits dem Um- 
stande zuzuschreiben, daB in den kflsigen Lungenknfltchen die Tuberkel- 
bacillen in groBen Mengen und nicht (lurch anderweitige Bakterien ver- 
unreinigt vorhanden waren, andererseits aber auch nnr dadurch ermflg- 
licht, daB bei der Herstellung der Kulturen ans der tuberkulSsen Lunge 
aufs peinlichste alle die Vorschriften befolgt wurden, die R. Koch fflr 
diesen Zweck in seinem fflr alle Zeiten der Tuberkuloseforschung vor- 
bildlichen Meisterwerke „Die Aetiologie der Tuberkulose 11 gibt. 


II. Entwlckelung und Aussehen der Kulturen. 

Wachstumstemperaturen. 

Ein Teil der geimpiten Rohrchen wurde in einen auf 22° C ge- 
haltenen Thermostaten, andere bei 37° C eingestellt. Auf mehreren 
der bei 22° gehaltenen Kulturen war schon nach 4—5 Tagen stellen- 
weise jener charakteristische leicht bl&uliche, hauchartige Schleier zu 
erkennen, der auch bei der Kultivierung der menschlichen Tuberkel¬ 
bacillen den Beginn der Reinknltur anzeigt. Am ersten war dieses be- 
ginnende Wachstum in der unmittelbaren Umgebung der mitflbertragenen 
Lungenstflckchen wahrzunehmen. Offenbar fordern diese Partikelchen 
des gewohnten tierischen N&hrmateriales die Tuberkelbacillen in der 
zunachst noch ungewohnten Entwickelung auf dem kunstlichen Nflhr- 
boden. Dieser bULuliche Schleier erwies sich mikroskopisch als rein 
aus Tuberkelbacillen bestehend. Nach weiteren 2—3 Tagen wurden 
dann auch hier und da distinkte, punktfdrmige, von Anfang an ziemlich 
trockene Kolonieen sichtbar, die eine weiBe Farbe (mit einem ganz 
leisen Stich ins blauliche) zeigten und dem Nahrboden sehr fest an- 
hafteten. 10 Tage nach der Aussaat waren diese Kolonieen bereits ver- 
grdfiert und auch zahlreicher sichtbar geworden, und nach 3 Wochen 
ein grofier Teil der N&hrbodenoberfl&che von einem dichten Bacillenrasen 
fiberzogen. 

Auf Glycerin gelatine bildet die Kultur der Schildkrdten- 
tuberkelbacillen (Fig. 1) einen zusammenhflngenden, hockerig kornigen 
Ueberzug, groBere und kleinere prominierende Knotchen. Macht man 
von einer solchen Reinkultur eine Strichimpfung auf ein frisches Gela- 
tinerdhrchen, so erhfllt man schon nach 8 Tagen strahlige Bander, die 
mit konfluierenden Kornchen dicht besetzt sind und einen ebenfalls aus 
solchen Kdrnchen bestehenden Zentralfaden (den Impfstrich) zeigen (Fig. 1). 
Anfangs wuchsen noch in einigen Rohrchen auBer den Kolonieen des 
Schildkrotentuberkelbacillus schleimigfeuchte, tropfchenartige Kolonieen, 
die aus fremden Keimen (meist war es eine kleine Kokkenform) be- 
standen; doch auch diese cnthielten zwischen sich reichlich Tuberkel¬ 
bacillen einzeln und in Nestern, so daB auch aus diesen verunreinigten 
Bakterienkolonieen durch Abstich und Strichimpfung auf in Petri- 
Schalchen ausgegossenen Glycerinagar resp. Glyceringelatine unschwer 
die Schildkrotentuberkelbacillen isoliert werden konnten. 

Die Gelatine wird durch den Schildkrotentuberkelbacillus nicht ver- 
fliissigt. 

Aehnlich, aber nicht genau wie die Glyceringelatinekulturen sehen 
die bei gleicher Temperatur entwickelten Glycerinagarkul- 
turen der Schildkrdtentuberkulose aus. Diese zeigen, namentlich an¬ 
fangs, ein etwas feuchteres Aussehen; auch erscheint die Oberflflche des 


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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus. 


649 


Bacillenrasens nicht so kleinhdckerig, kornig, sondern hat mehr das 
Aussehen von grSBeren und kleineren, runden, gelbweiBen Perlen. Oefter 
bilden sich auch mehr l&ngliche, wurstformige Str&nge. Von der zweiten 
Woche an tritt auf beiden Nahrboden sehr schnelles iippiges Wachs- 
tum ein. 

Auch auf einigen GlycerinserumrOhrchen wurden Reinkul- 
turen erhalten, allerdings schien hier das Wachstum etwas langsamer 
und trat merklich erst nach 10—12 Tagen ein. 

Die bei 37° angelegten Kulturen zeigten den Wachstumsbeginn im 
Vergleich mit den bei 22° gehaltenen Gelatine- und Agarkulturen etwas 
versp&tet und verlangsamt, namlich erst nach 8—10 Tagen. Die 37 °- 
Kulturen der Schildkrotentuberkelbacillen bekamen nun 
ein von den bei niederer Temperatur gewachsenen recht 
abweichendes Aussehen. Auch hier waren die allerersten Wachs- 
tumsanf&nge nach 6—8 Tagen als leichte Schleier bemerkbar, doch 
bildeten sich nicht distinkte, punktformige Kolonieen, sondern es ent- 
stand ein feinkdrniges, graugelbes H&utchen, das als ein anfangs noch 
leicht abhebbarer, sp&ter fester und fester haftender Belag die Nahr- 
bodenoberflache iiberzog. 12—14 Tage nach der Aussaat ist auch an 
den 37°-Kulturen eine bedeutende Wachstumsvermehrung zu konstatieren: 
der Bakterienrasen haftet jetzt dem N&hrboden fest an und hat eine 
harte Konsistenz und ein brdckeliges, schilferiges Aussehen 
bekommen. Es erheben sich auf dem unteren — inzwischen verdickten 
— H&utchen kleine, dichtgestellte Querrunzeln und F&ltchen. Schon 
diese Kulturen erster Generation der bei 37° gewachsenen 
Schildkrotentuberkelbacillen sehen den Kulturen der 
menschlichen Tuberkulose auBerordentlich ahnlich. Von 
einer solchen, einige Wochen bei 37° gewachsenen Kultur wurden eine 
Reihe von Uebertragungen auf Glycerinagar vorgenommen und wiederum 
bei 37 0 eingestellt, wobei absichtlich nur kleine Partikelchen fiberbracht 
wurden. Auch jetzt tritt ein sehr iippiges Wachstum ein und die 
Kulturen sind von denen menschlicher Tuberkelbacillen 
nun nicht mehr unterscheidbar; sie wurden Herren, die aner- 
kannte Spezialkenner auf diesem Gebiete sind, gleichzeitig mit Kulturen 
menschlicher Abkunft vorgelegt und fur ununterscheidbar erkl&rt 
(vergl. Fig. 3 [menschliche Tuberkulose] und Fig. 2 [Schildkrotenkulose]) 1 ). 
Die dritte Generation der bei 37° entwickelten SchildkrStentuberkel- 
bacillenkulturen vollends w&chst wieder bedeutend langsamer als die 
zweite: es treten einzelne trockene, sich ganz allm&hlich vergroBernde 
weiSe kornige Knoten auf, die trockenen Brotkrumen ahnlich sehen 
und regelmaBig konfluieren, so daB kleinere und groBere Auswiichse 
und Hdcker entstehen und schlieBlich die Bacillenmasse ein gebirgs- 
artiges Aussehen gewinnt. Wenn man von solchen durch mehrere 
Generationen bei 37 0 entwickelten Glycerinagarkulturen Ueberimpfungen 
auf Gelatine vornimmt und bei 22° wachsen l&fit, so halten die so 
erzielten Kulturen in ihrem Aussehen etwa die Mitte zwischen den 
Charakteren der 37 # -Kulturen und der 22 °-Kulturen. 

Schon durch dieTatsache des guten Fortkommens bei 
37° — der Kbrpertemperatur des Menschen — sowie durch 


1) Diese beiden Zeichnungen, die das Aussehen der beiden Kulturen treffend 
wiedergeben, wurden, um voile Objektivitat zu wahren, von einem sehr geubten, aber 
nicht medizinisch gebildeten Maler angefertigt. 


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650 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 

das hochst charakteristische Aussehen der Kulturen, 
wie es von alien bisherbekanntenBacillenausderGruppe 
des Tuberkelbacillus nur dem Bacillus der menschlichen 
Tuberkulose und dem Perlsuchtbacillus zukommt, unter- 
scheidet sich der Bacillus der Schildkrotentuberkulose 
erheblich insbesondere von s&mtlichen bisher aus dem 
Kaltbliiterkorper geztichteten Tuberkelbacillen.: dem Fisch- 
tuberkelbacillus (Bataillon, Dubard, Terre) 1 ), dem durch Blind- 
schleichenpassage modifizierten Tuberkelbacillus (Moeller) 1 ), dem durch 
Froschpassage modifizierten Tuberkelbacillus (Bataillon ^-Lubarsch- 
D i e u d o n n 6). 

Nun sind aber die Temperaturen 22° und 37° keineswegs die 
auBersten Wachstumsgrenzen des von mir geziichteten Schildkroten- 
tuberkelbacillus. 

Zunachst ergab sich, daB derselbe, sobald die Kulturen vor Licht 
geschiitzt aufbewahrt werden, auch bei gewohnlicher Zimmer- 
temperatur (13 — 14° C) recht gut gedeiht: freilich ist in der ersten 
Zeit das Wachstum ein etwas langsameres; nach 4 Wochen ist jedoch 
auch bei dieser Temperatur der grfiBte Teil der Nahrbodenoberfl&che 
mit dem Bacillenrasen bedeckt. 

Sodann wurde nachgewiesen, daB der Schildkrotentuberkelbacillus 
selbst bei Eistemperatur (im Eisschrank) zu wachsen im stande 
ist; hier ist das Wachstum nun allerdings ganz bedeutend verzogert: 
in den ersten 3—4 Wochen ist eine Vermehrung der aufgebrachten 
Reinkulturpartikelchen nicht wahrnehmbar, dann beginnt ganz langsam 
neues Wachstum, welches nach 5—6 Wochen etwa die H&lfte der Nfihr- 
bodenoberflache in Form eines feinen, nicht annfihernd so iippig wie bei 
hfiheren Temperaturen entwickelten Ueberzuges bedeckt. Sowohl auf 
Glycerin gelatine wie namentlich auf Glycerinagar zeigen die Eiskulturen 
ein etwas feuchtes Aussehen, die Glycerinagarkulturen sehen dann bis- 
weilen geradezu schleimig aus, fihnlich denen der Htihnertuberkulose. 
Um die obere Temperaturgrenze, sowie die GroBe des Anpassungsver- 
mdgens des Schildkrotentuberkelbacillus festzustellen, wurden sowohl 
Uebertragungen der Eiskulturen als der bei 22° und bei 37° gewachsenen 
fiir mehrere Wochen in einen auf 43° (das Temperaturoptimum der 
Huhnertuberkelbacillen) eingestellten Thermostaten gebracht. Hierbei 
ergab sich, daB die von den Eiskulturen iibertragenen Partikelchen, wie 
infolge des kolossalen plfitzlichen Temperaturabstandes verstandlich, 
keine Spur von Wachstum, sondern vielmehr eine allm&hliche Ver- 
ringerung zeigten; eine eigentliche Eintrocknung erfolgte jedoch nicht. 
Die von den 22°-Kulturen stammenden Partikelchen zeigten bei mehr- 
wfichentlicher Einwirkung einer Temperatur von 43° keinerlei quantitative 
Veranderung, weder Vermehrung noch Verminderung. Dagegen wiesen 
die von den 37°-Kulturen aufgetragenen Bacillenpartikelchen, die also 
den geringsten Temperaturunterschied zu fiberwinden hatten, nach mehr- 
wfichentlichem Aufenthalte in einem 43 °-Thermostaten eine wenn auch 
geringe, so doch zweifellose Vermehrung auf. 

Die morphologischen Verfinderungen der so behandelten Kulturen 
werden im nfichsten Kapitel beschrieben werden. 

1) Die Herren Direktx>r Dr. Moeiler-Belzig und Prof. Bataillon-Dijon hatten 
die Giite, mir von ihnen gezlichtete Kulturen aus der Blindschleiche bezw. aus dem 
Karpfen und Frosch zu iibersenden. Ueber die mit diesen Kulturen angestellten ver- 
gleichenden Versuche wird in einer spateren Arbeit berichtet werden. 


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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus. 


651 


Endlich wurden noch Glycerinagarrohrchen mit Kulturpartikelchen, 
die bei 37° gewachsen waren, in einen Thermostaten von 58° gestellt: 
indessen vertrocknete bei dieser Temperatur das tibertragene Bacillen- 
material vollstflndig und ging innerhalb einer Woche zu Grunde. 

Jedenfalls geht aus diesen Erfahrungen hervor, daB 
der Bacillus der Schildkrotentuberkulose innerhalb 
auBerordentlich weiter Temperaturuntergrenzen, 0° bis 
43°, zu wachsen im stande ist und sogar sehr erhebliche 
plotzliche Temperaturunterschiede iiberwindet. Wahr- 
scheinlich dfirfte es gelingen, ibn durch allmUhliche Steigerung an 
noch hohere Temperaturen als 43° zu gewohnen. 

Der SchildkrOtentuberkelbacillus wachst auch sehr gut auf Glycerin- 
bouillon. Er bildet hier Oberflachenhautchen genau wie der mensch- 
liche Tuberkelbacillus. Bringt man einen kleinen Brflckel des Bacillen- 
rasens von einem festen Nahrboden vorsichtig auf ein mit Glycerin- 
bouillon versehenes Erlenmeyersches Kolbchen, so daB wenigstens 
ein Teilchen an der Oberflache zu schwimmen kommt, so bildet sich 
schon nach wenigen Tagen zunachst ein feiner, grauer Schleier, der sich 
allenthalben von dem aufgebrachten Brockelchen ausbreitet, spater mehr 
gelblich wird und schlieBlich die ganze Oberflache der Bouillon als 
runzlige Haut iiberzieht und sich am Glase festsetzt. Die Bouillon 
bleibt vollkommen klar; wenn das Wachstum immer weiter zunimmt, so 
sinken schlieBlich die Bacillenmassen zu Boden. 

Auch zur unmittelbaren Gewinnung von Reinkulturen aus dem 
Schildkrotenkorper erwies sich die Glycerinbouillon als geeignet: einige 
mit fein zerschnittenen kasigen Lungenknotchen versehenen Bouillon- 
rohrchen, die, anfangs ofter umgeschflttelt, bei 22° gehalten wurden, 
zeigten nach einigen Wochen graugelbe Oberflachenhautchen und einen 
feinkornigen Bodensatz, die sich beide ausschlieBlich aus den Schild- 
krfltentuberkclbacillen bestehend erwiesen, Gewebszellen wurden flber- 
haupt nicht mehr gefunden, dieselben sind offenbar vollkommen aufge- 
lost. Die Bouillon war vollstandig klar geblieben. Ebenso bleibt auch 
in den festen Nahrbflden, wenn durch direkte Impfung in das Konden- 
sationswasser oder durch Senken des Rohrchens Bacillenmassen in das 
Kondensationswasser gelangen, dieses letztere stets klar. Es sei mir 
gestattet, hier die Worte Robert Kochs selbst zu zitieren, die die 
gleichen Verhaltnisse bei den menschlichen Tuberkulosekulturen be- 
schreiben und erlSutern und die genau fur die Schildkrbtentuberkel- 
bacillen passen: „Die von ihnen (den Tuberkelbacillen) gebildeten diinnen 
Membranen Ibsen sich in der Flussigkeit (dem Kondensationswasser) 
nicht auf, sondern zerbrechen infolge ihrer festen Konsistenz in mehr 
oder weniger groBe Schollen, welche von der Flflssigkeit fortgespult 
werden und sich schlieBlich am Boden ablagern. Die eigentiimliche 
starre und brfichige Beschaffenheit dieser Kolonieen zeigt sich am besten 
in dem Teil der Kultur, welcher die im Reagenzglase befindliche 
Flflssigkeit iiberzieht. Sobald diese Flflssigkeit in Bewegung gesetzt 
wird, zerbricht das Hflutchen an ihrer Oberflache in Platten und Schollen, 
welche langsam zu Boden sinken. Die Flflssigkeit bleibt stets klar, 
sowohl wenn die Bacillenvegetation selbst darflber hinwegzieht, als auch 
wenn durch Abspfllen der Serumoberflache Bacillenmassen hinein- 
gelangten oder wenn von vornherein Impfsubstanz absichtlich hinein- 
gebracht wurde.“ 

In dieser Erscheinung sieht R. Koch unter anderem eine Be- 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


st&tigung der von ihm auch durch direkte Beobachtung gefundenen Tat- 
sache, „daB die Tuberkelbacillen keine selbst&ndige Bewegung besitzen, 
denn bewegliche Bakterien verteilen sich in den NShrlosungen nach 
alien Richtungen hin und geben denselben dadurch ein triibes Aus- 
sehen. u 

Bringt man ein kleines Brockelchen einer Reinkultur der Schild- 
krStentuberkelbacillen mit der Platinose an die Flainme des Bunsen- 
brenuers, so verbrennt das Kulturpartikelcheu stets unter Erzeugung 
eines eigentiimlichen Knisterns und Knatterns, welches fiir alle bisher 
geziichteten Bacilleu aus der Gruppe des Tuberkelbacillus ckarakteristisch 
(sonst ubrigens meines Wissens nur der Gruppe des Actinomyces 
zukommt) und ein so untriigliches Merkmal ist, daB, wenn man be- 
stimmte Teile oder zweifelhafte Kolonieen in verunreinigten Rdhrchen 
auf ihren Gehalt an irgendwelchen s&urefesten Bacillen priifen will, man 
oft nur diese Probe anzustellen braucht: verbrennt das Bakterienmaterial 
ohne jedes knisternde Ger&usch, so sind an der betreffenden Stelle des 
NShrbodens groBere Mengen s&urefester Bacillen sicher nicht vorhanden. 

III. Morphologlsehes Verhalten der relngeziLchteten Schildkrfften- 

tuberkelbacillen x ). 

Sowohl fiir die ausgestrichenen Kulturtrockenpr&parate als fiir die 
nach Tausenden z&hlenden Schnitte aus den unten folgenden Tierver- 
suchsreihen wurde auch hier wieder zur Tuberkelbacillenfarbung aus- 
schlieBlich das jedesmal frisch bereitete Ehrlichsche Anilinwasser- 
fuchsin verwandt und auch im ubrigen nach der Methode verfahren, die 
in dem Artikel „Tuberkelbacillen w in der von Ehrlich, Weigert, 
R. Krause etc. herausgegebenen Encyklop&die der mikroskopischen 
Technik von mir beschrieben ist. 

Die Schildkrotentuberkelbacillen zeigen mikroskopisch in ihren 
Reinkulturen dieselben Formen und Eigenschaften, die schon in der 
tuberkulosen Schildkrotenlunge selbst beobachtet und in der Zeitschrift 
fiir Tuberkulose, Bd. IV. Heft 5 beschrieben und abgebildet wurden. 

Das hervorstechendste Merkmal ist die in entwickelten Kulturen 
stets vorhandene vollst&ndige Alkohol- und S&urefestigkeit aller 
Bacillenindividuen. Nur in ganz jungen Reinkulturen (ich beobachtete 
es in 5- und 7-tagigen primaren Glycerinagarkulturen) begegnet man 
zwischen den in der unendlichen Mehrzahl vorhandenen, dunkelrot ge- 
bliebenen, d. h. s£urefesten Bacillen auch einigen Stabchen, die nur 
blaBrosa gefarbt bleiben, und anderen, die sogar eine schwach blaue 
Kontrastf&rbung (mit Methylenblau) annehmen. Bekanntlich haben be- 
reits Ehrlich und spater Klein und Marmorek fflr die mensch- 
lichen Tuberkelbacillen den Nachweis gefiihrt, daB dieselben in ihren 
ersten Jugendformen durch S&uren noch leicht entfarbt werden k5nnen. 
Die Lange der einzelnen Bacillen schwankt in den verschiedenen Kul¬ 
turen und in ein und derselben Kultur nicht unerheblich, etwa zwischen 
1,6 und 4,5 gerade wie in der tuberkulosen Schildkrotenlunge selbst 


1) Durch das liebenswiirdige Eutgegenkommen der Firma Carl Zeiss-Jena 
war es mir moglich, Praparate der Schildkrotentuberkelbacillen in dem mit der neuen 
Siedentopfschen Dunkelfeldbeleuchtung versehenen Mikroskop (Apochrom. Imm. 
Objekt. 2 mm, Kompens. Okul. 18, Vergrofierung 2250mal) zu betrachten. Durch diese 
optische Anordnung, welche eine weseutlich hohere Definition als bei An wen dung dif- 
fusen Lichtes gibt, werden gewisse, bisher nicht gesehene Feinheiten der Bakterien- 
8truktur sichtbar. 


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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus. 


653 


und wie es fur die meisten Reprasentanten der Gruppe des Tuberkel- 
bacillus, insbesondere fur den Kochschen Bacillus selbst, seit langem 
bekannt ist. Imraerhin lieC sich als Regel feststellen, daB die auf Gly- 
ceringelatine gewachsenen Schildkrotentuberkelbacillen durchschnittlich 
urn */ 2 —1 fd kiirzer waren als die von den entsprechenden (22°) Gly- 
cerinagarkulturen stammenden und daB die 37°-Kulturen wiederum urn 
fast 1 fi langere Bacillenindividuen aufwiesen als die bei niederer Tem- 
peratur entwickelten (vergl. Fig. 5 u. 6: 37° resp. 22°-Kulturen der 
SchildkrStentuberkulose). 

Was die Form der kiinstlich gezBchteten Schildkrbtentuberkel- 
bacillen anbelangt, so sieht man gerade verlaufende, kommaformig ge- 
bogene, geschwungene Oder geknickte Stabchen, wie sie in jeder vom 
Menschen stammenden Reinkultur und auch fast in jedem tuberkul5sen 
Sputum nebeneinander zu finden sind. Gerade die bei 37° zu etwas 
langeren Formen als bei niederer Temperatur ausgewachsenen Bacillen 
der Schildkrotentuberkulose sind auch in ihren mikroskopischen Kultur- 
pr&paraten vollig ununterscheidbar von denjenigen entsprecherider 
menschlicher Kulturen (vergl. Fig. 4 u. 5: 37°-Kulturen der mensch- 
lichen resp. Schildkrotentuberkulose). Um vollig gleiche Verhaltnisse 
zu schaffen, wurden von gleichalterigen Kulturen der menschlichen 
Tuberkulose einerseits und der SchildkrStentuberkulose andererseits 
kleine Mengen mit der Platinnadel auf ein und denselben Objekttr&ger 
dicht nebeneinander ausgestrichen, also gleichzeitig gefarbt, entfarbt 
u. s. w. — es war vollig ausgeschlossen, auch nur den geringsten Unter- 
schied herauszufinden, was Farbung, Form, Lange, Dicke anbetraf. 

Wenn es auch, wie A. Kayserling mit Recht hervorhebt, oft 
nicht moglich ist, in Reinkulturen von verschiedenen Tuberkelbacillen- 
arten (menschliche, Rinder-, Vogel-, Fisch-, Blindschleichentuberkel- 
bacillen) im Aussehen der Bakterienindividuen morphologische Diiferenzen 
zu konstatieren, fand ich doch die von Moeller aus der kiinstlich 
infizierten Blindschleiche, die von Bataillon aus dem kiinslich infi- 
zierten Frosch geziichteten Tuberkelbacillen, sowie die Bataillon- 
Du bard-Ter reschen Fischtuberkelbacillen in vielen von Reinkulturen 
angefertigten Pr&paraten ganz bedeutend kiirzer und meistens dicker 
als die menschlichen resp. Perlsucht-, sowie die Schildkrotentuberkel¬ 
bacillen (selbst als die bei niederen Temperaturen gewachsenen). 

AuBerdem berichten Lubarsch und Bataillon iibereinstimmend, 
in 9— 10-tagigen Agar- und Serumkulturen der Fischtuberkelbacillen 
(die nach der neuen Bataillon-Moeller-Ter reschen Publikation 
identisch mit den Moellerschen Blindschleichentuberkelbacillen sind) 
reichlich verzweigte Formen, sowie Kornerbildungen und endst&ndige 
Anschwellungen gefunden zu haben 1 ). Dagegen sieht man in selbst 
viel alteren Kulturen der Schildkrotentuberkelbacillen derartige Formen 
nicht. Vielmehr wurden in Reinkulturen innerhalb der ersten 5—6 Wochen 
auf alien N&hrb5den nur gleichmSBig homogen gefarbte, nicht gekornte, 
unverzweigte Bacillenformen beobachtet, und zwar sowohl in Kulturen 
von Eistemperatur, Zimmertemperatur, 22°, als auch in solchen, die bei 
37° gewachsen waren. 

Erst wenn die Kulturen alter werden (nach 6—8 Wochen), treten 
die bekannten und bei alien Tuberkelbacillenarten beob- 


1) A. Kayserling erwahnt lange und verzweigte Formen nur in alten Bouillon- 
kulturen der Fisch- una Blindschleichentuberkulose. 


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654 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXTV. No. 7. 

achteten Involutionsformen auf: St&bchen, die mit dunkelroten bis 
schwarzroten, endstSndigen, mittelstandigen Oder auch perlschnurartig 
aufgereihten Kornchen oder Eugelchen besetzt sind. Noch spater treten 
verzweigte und zu langen Kornchenf&den ausgewachsene Formen auf. 
Bringt man aber in solchem Zustande befindliches Kulturmaterial auf 
frischen Nahrboden, so findet man nach einigen Tagen wieder aus- 
schliefilich homogen gefarbte, vollsaftige Stabchen. . 

Dagegen bilden die Schildkrotentuberkelbacillen in verunreinigten 
Kulturen — insbesondere in Gelatinekulturen, die durch fremde, die 
Gelatine verflflssigende Keime verdorben sind — schon nach wenigen 
Tagen gekornte, verzweigte Formen und lange Faden. Sie werden dann 
in der verfliissigten Gelatine schnell iiberwuchert und bald vollstandig 
vernichtet, so daB in derselben nach einigen Wochen saurefeste Formen 
nicht mehr zu finden sind. 

Genau dieselben Involutionsformen der Schildkrdtentuberkelbacillen, 
die in ktinstlichen Kulturen bei Erschopfung des Nahrbodens auftreten, 
wurden auch in den beiden tuberkulosen Schildkrotenlungen selbst in 
absterbenden (in Verkasung begriffenen) Gewebsbezirken stets und nur 
da beobachtet: offenbar siud diese Formen stets ein Ausdruck dafur, 
daB das jeweilige Nahrsubstrat der Bacillen ein unzureichendes ist oder 
die sonstigen Existenzbedingungen schlechte sind. 

Da als solche schlechten Existenzbedingungen natfirlich auch pldtz- 
liche groBe Temperaturdifferenzen zu betrachten sind, so ist folgendes 
ohne weiteres verstandlich: es wurden, wie im vorigen Kapitel be- 
schrieben, von den Eiskulturen, den bei 22 °, sowie den bei 37 0 ge- 
wachsenen Kulturen Partikelchen auf neue Nahrboden (ibertragen und 
diese sofort far 3 Wochen bei 43° eingestellt; dabei ergab sich, daB 
in dem von der 37 °-Kultur stammenden Rohrchen noch einige homogene 
Stabchen, in der Mehrzahl aber bereits rosenkranzfdrmige und ver¬ 
zweigte Formen vorhanden waren; in dem von der 22°-Kultur stam¬ 
menden Rohrchen (Temperaturunterschied 21 0 !) fanden sich homogen 
farbbare Bacillen iiberhaupt nicht mehr, dagegen noch vereinzelte un- 
verzweigte Rosenkranzformen, hauptsachlich aber verzweigte Kfirnchen- 
faden, die eine hellrosa Grundsubstanz und in ihr in AbstAnden ge- 
lagerte dunkelrote Kornchen enthielten; in dem von der Eiskultur 
stammenden Rohrchen (Temperaturunterschied ca. 43 °!) waren keinerlei 
einzelne Formen mehr erkennbar, sondern das Praparat bestand aus- 
schliefilich aus einem saurefesten dichten Netzgewirr von blaBrosa ge- 
farbten, vielfach verzweigten und verschlungenen Faden und in den 
Knotenpunkten und Maschen des Netzwerkes unregelmaBig liegende 
dunkelrote Kornchen und KQgelchen. 

Wenn die von Lubarsch aufgestellte Regel, daB die erwahnten 
Involutionsformen bei den verschiedenen Tuberkelbacillenarten um so 
fruhzeitiger auftreten, „je mehr sich die Pilze einem mehr saprophytischen 
Dasein anpassen“, zu Recht besteht, so ware auch in dem spaten Auf¬ 
treten dieser Formen beim Schildkrfttentuberkelbacillus ein Grund ge- 
legen, in diesem trotz seiner weiten Wachstumstemperaturgrenzen keinen 
Saprophyten zu erblicken. 


IV. Tierversuche 


wurden sowohl mit den aus der tuberkulosen SchildkrStenlunge ent- 
nommenen moglichst fein zerquetschten und in steriler Bouillon aufge- 
schwemmten kasigen Knotchen (in den Versuchsprotokollen kurz 


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Friedmann, Der Schildkrfltentuberkelbacillus. 


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,„Lungenkn5tchen u bezeichnet) als auch spfiter rait den frisch ge- 
wonnenen Reinkulturen der Schildkrotentuberkelbacillen vorgenomraen. 
Dabei war der pathogene Effekt derselbe, gleichviel ob die bacillen- 
haltigen Knotchen Oder die reingezfichteten Bacillen selbst verimpft 
wurdeu. Auf eine genaue Gewichtsdosierung der zur Infektion be- 
nutzten Kulturmengen konnte in diesen ersten Versuchsreihen, die zu- 
nfichst einen Ueberblick der Wirkungsweise der Schildkrfitentuberkel- 
baciilen („Schkr.T.B. tt oder kurz „T.B. tt bezeichnet) auf die verschiedenen 
Tierspecies geben sollten, verzichtet werden. Bei der Reinkulturimpfung 
(„R.K. tt bezeichnet) wurde gewdhnlich eine tippig gewachsene Kultur zur 
Infektion ffir 10—12 Tiere verwandt, so, daB zunfichst die mit dem 
Platinspatel abhebbaren oberfl&chlichen Bakterienmassen in sterile Koch- 
salzldsung resp. Bouillon gebracht, sodann der Rest der Kultur mit 
wiederholt aufgegossener und umgeschiittelter Fliissigkeit aufgenommen 
wurde — diirchschnittlich wurden ffir eine Reinkultur 10—12 ccm 
Fliissigkeit verwandt — und durch sorgffiltiges Zerreiben eine moglichst 
gleichm&Bige Emulsion hergestellt wurde: von dieser erhielten die 
meisten Versuchstiere je 1 ccm. Ein Tropfchen solcher Injektions- 
fliissigkeit enthielt nicht gerade besonders zahlreiche, aber immerhin 
genfigende — in jedem Immersionsgesichtsfeld 5—10 — Bacillen. Bei 
Infektiouen in Hauttaschen wurden natiirlich zerkleinerte Lungenknotchen 
resp. eine Platinose der Reinkultur als solche (ohne Fliissigkeit) ver¬ 
wandt. 

Es muB schon hier bemerkt werden, daB fiber die Wirkungsweise 
der Schildkrotentuberkelbacillen auf Saugetiere, insbesondere auf Meer- 
schweinchen und Kaninchen, hier nicht erschopfend berichtet werden 
kann, da diese Tiere zum groBen Teil zur Zeit noch leben und vor- 
lfiufig nicht getfitet werden sollen, andere zu bestimmten weiteren Ver- 
suchen verwandt wurdeu, die jetzt ebenfalls im Institut des Herrn Ge- 
heimrat Her twig fortgeffthrt werden. 


A. KaltblUter. 


a) 7 Schildkro ten: Emys europae (kleine Sumpfschildkrote) und Testudo graeca 
(grofie Landschildkrote). 

1) Emys 3. Jan. 1903. Lungenknotchen in die rechte Lunge inji- 
ziert. 

Tot 23. Febr. Beide Lungen bis auf einzelne kleine noch lufthaltige Ab- 
schnitte vollstandig infiltriert, auf der Oberflache zahllose kasige Knot¬ 
chen, die enorme Tuberkelbacillenmassen enthalten, ebenso Leber von 
zahllosen weifien Piinktchen und Knotchen durchsetzt, Milz, die stark 
geschwollen, ebenfalls mit zahlreichen Knotchen. Mikroskopisch: Lungen- 
schnitte, die das ganze Organ der Lange nach getroffen haben, zeigen in einigen Be- 
zirken ganz normales bacilienfreies Gewebe und plotzlich, mit scharfer Grenze ein- 
setzend, tuberkulos erkranktes Gewebe: grdfiere bronchopneumonische Herde, in denen 
alle Alveolen mit Tuberkelbacillenhaufen und dazwischen liegenden Leukocyten ausge- 
cossen sind. Kleinere und grofiere Blutgefafie im perialveoiaren und peribronchialen 
Gewebe enthalten grofie Bacillenhaufen; in einer sehr grofien Arterie, offenbar 
dem Hauptast der Lungenarterie oder dieser selber, findet sich, nach Art eines wand- 
standigen Thrombus, eine riesengrofie ballenformige Tuberkelbacillen- 
auflagerung. In einem diffusen tuberkulosen Granulationsgewebe sind stellenweise 
die Rundzellen dicht mit Bacillen vollgestopft, auch finden sich hier und 
da Andeutungen von Caput medusae-Formen (vergl. meine zitierte Arbeit in der Zeitschr. 
f. Tuberkul.) und kleinen saurefesten Keulen, andere Abschnitte dieses Gewebes sind ziem- 
lich bacillenarm. Schnitte durch Hauptbronchus und Trachea zeigen im Lumen dieser 
Organe massenhafte, fast ausschliefilich in Rundzellen gelegene Tuberkelbacillen. — 
Leber ganz und gar derartig mit Tuberkelbacillen uberschwemmt. dafi fast in jedem 
Gesichtsfelde, selbst bei starker Vergrofierung, grofiere Bacillenhaufen liegen; vor 
allem in der nachsten Umgebung von Pigmentanhaufungen stets 
massenhafte Bacillen; oft sind diesel ben zu lan gen Faden ausgewachsen; bis- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


weilen liegen in grofien Haufen saurefester Bacillen einige blaugefarbte Individuen. 
Zahlreiche zellarme verkasende KnStchen, die enorme Bacillenmassen enthalten. Auch 
in grofieren Pfortaderasten wurden zahlreiche Bacillen gcsehen. Milz 
ebenfalls von verkasenden, kaum noch kernhaltigen Knotchen durchsetzt, dieTuberkel- 
bacillen in grofier Menge enthalten; zwischen den Knotchen unverandertes, gut farb- 
bares, bacillenfreies Mnzgewebe. Im wesentlichen ist das retikulare Gewebe der ba- 
cillaren Invasion und Verkasung anheimgefallen, wahrend die Follikel groBenteils intakt 
geblieben sind. 

2) Emys. 3. Jan. 1903. Lungenkn btchen rechter Lunge injiziert, 

E jtdtet 3. April. Lungen, Leber und Milz von kasigen KnStchen durchsetzt. Aus der 
unge dieses Tieres werden wieder Reinkulturen gezuchtet. 

3) Testudo. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. r. Lunge. 

17. Febr. moribund getotet. Im Schleim, der aus dem Maul fliefit, aufier zahlreichen 
anderen Bakterien auch Schkr.T.B. Lungen groBenteils infiltriert, stellenweise Ver- 
kasungen, Leber ockergelb, hochgradig atrophisch. Mikroskopisch: Lungen mit der- 
artigen Massen von Schkr.T.B. iiberschwemmt, daB die Schnittpraparatc ganz 
rot aussehen. Alveolen von Bacillcnschwarmen ausgegossen. Vor allem abcr sind die 
grSfieren Blutgefafie, die auch im Lumen zahlreiche T.B. enthalten, von dicken 
Kingen umschlossen, welche aus enormen T.B.-Massen bestehen. Grdfiere 
kemarme, in Verkasung begriffene Gewebspartieen mit massenhaften T.B. Hier kommen 
langere komige Bacillcnformen vor, wahrend dieselben im ubrigen kurze homogene 
Staochen darstellen. Auch Lymphspalten mit T.B. ausgegossen. Leber ebenfalls voll 
von enormen Massen T.B. Zahlreiche, in Verkasungbegriffene, nur noch 
schwach farbbare Knotchen, ebenfalls sehr reich an T.B. Nieren: T.B. hier 
zu langen kornigen Faden ausgewachscn, besonders zahlreich im interstitiellen Grewebe. 
Bisweilen auch Harnkanalchen voller T.B. Hoden: Kerne stellenweise mit 
leuchtend rotem (saurefesten) Kernkorperchen und Kerngeriist. Keine 
histologischen Veranderungen, keine T.B. gesehen. 

4) Testudo. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. r. Lunge. 

17. Febr. wird genau gleichzeitig mit der vorigen moribund; getotet. In dem aus 
dem Maul Jliefienden Schleim gleichfalls T.B. und zanlreiche andere Bakterien. R. Lunge 
tuberkulos krank, vereinzelte kasige Knotchen, ziemlich gleichmaBig infiltriert. Leber 
und Milz geschwollen, triibe aussehend, Knotchen enthaltend, Nieren ohne Ver- 
anderung. Mikroskopisch: Lungen: Diffuses Granulationsgewebe mit kolossalen 
T.B.-Massen, inmitten der weitaus iibcrwiegenden Mehrzahl der saurefesten, auch mit 
der Gegenfarbe (Methylenblau) gefarbte Bacillen und Uebergangsstadien zwischen beiden. 
Leber mit geradezu unglaublichen T.B.-Massen durchsetzt, so daB die 
Schnitte fast vollkommcn rot bleiben. Milz durchsetzt von unzahligen 
kernarmen verkasenden und verkasten Knotchen, die mit T.B. vollge- 
stopft sind. Follikel groBenteils ganz frci von T.B., gut farbbar. Nieren enthalten 
auch viele T.B.-Haufen, aber nicht so reichlich wie die anderen Organe. 

5 ) Testudo. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal. 

13. Febr. tot. Das ganze Peritoneum 1 ) von den Lungenspitzen bis zur Blase mit 
zahllosen dicht gestellten, bacillenreichen, kasigen Knotchen iibersat, 
auch zahlreiche, im Mescnterium sitzende, wie kleine Driisen aussehende verkiiste Knot¬ 
chen. Leber triibe verfarbt, mit zahlreichen Knotchen, Milz stark geschwollen, 
enthalt ebenfalls Knotchen. Mikroskopisch: Die Peritonealknotchen 
bestehen aus Zellen, die von dichten Haufen leuchtend roter T.B. vollgestopft sind. 
Lungen keine nennenswerten Veranderungen, stellenweise dichte T.B.-Haufen, 
andere Bezirke bacillenfrei; dagegen Leber ganz und gar von kolossalen T.B.- 
Massen durchsetzt, die groBenteils periacinose Herde bilden. Nieren von 
enormen T.B.-Massen iiberschwemmtdie groBenteils in den Glomeruli liegen, 
derart, daB fast in jedem Glomerulus T.B.-Nester vorhanden sind, auch 
in groBeren BlutgefaBen, und zwar sowohl zwischen als in den roten Biutkorperchen 
viele T.B. Auch zahlreiche T.B. im interstitiellen Gewebe, sowie vereinzelte im Epithel. 
Stellenweise Caput medusae-Herde von T.B. Hoden: rote Biutkorperchen entnalien 
zum Teil T.B. 

0) Emys. 3.•Jan. 1903. Lungenkndtehen. Hauttasche (r. Schulter). 
5 . Marz moribund getotet An der Infektionsstelle groBer kasiger Herd, die ge- 
nahte Hautwunde iiber dieser Stelle gut verheilt. Leber voller Knotchen, auch 
eine grobere fleckige Sprenkelung aut der Oberflache sichtbar, fibrindse Auflagerungen 
auf dem Peritonealuberzug, Milz durch derbe peri ton itische Adhasionen fixiert. Linke 
Lunge lufthaltig, rechte zeigt zahlreiche Knotchen, ist von fester Kon- 
sistenz, sinkt im GefaB sofort zu Boden. Mikroskopisch: Leber enthalt Tuberkel, 

1) Die Schildkrotenlungen sind ventral und kaudal vom Peritoneum xiberzogen, 
dorsal dagegen direkt der Schildplatte angewfcchsen. 


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Friedmann, Der Schildkrfltentuberkelbacillus. 


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die den im Meerschweinchenkorper (s. unten) durch Schkr.T.B. erzeugbaren sehr ahn- 
licb sehen, nur sind bier im Kaltblfiterkdrper die Schkr.T.B. in der Regel viel 
Hager und in dieeen Kndtchen in viel groBerer Menge vorhanden als beim Warm- 
bliiter. Zahlreiche typischeCaputmedusae-Formen, auch Andeutung von Strahlen- 
herden. Lunge enthalt stellenweise konfluierende zellarme Kndtchen mit mallig 
zahlreichen Bacilien. Milz: Massen von T.B.-Nestern, Caput medusae-Formen. 
Niere: Im interstitiellen Gewebe zahllose T.B.-Haufen. Ovarium: T.B. oder 
histologische Verfinderungen nicht gesehen. Herd an der Infektionsstelle: ver- 
kasendes Gewebe, enorme Massen von T.B., keine Strahlenherde. 

7) Emys . 3. Jan. 1903. Lungenknotchen. Hauttasche (r. Schulter). 
22. Marz tot. An der Infektionsstelle groflerer kasiger Herd, Hautwunde ver- 
heilt Leber und Milz Knotchen. Mikroekopisch: Leber stellenweise Haufen von 
T.B., zahlreiche Leberzeilenkerne mit rotem Kernkorperchen, ebenso Zellen mit roten 
fsaurefesten) Granula. Milz sparliche T.B. In dem verkasenden Gewebe an der In- 
iektionsstelle Haufen von T.B., zum Teil langer Kdrnchenfaden, zum Teil homogen 

g ifarbter Bacilien, sowie groBe homogenisierte saurefeste Schollen, die offenbar durch 
inschmelzung von T.B.-Haufen entstanden sind (vergl. meine zitierte Arbeit uber die 
Schildkrotentuberkulose). 

b) 2 Ringelnattern. 

8) Ringelnatter. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal* 
12. Febr. tot. In der Leber und auf dem ganzen Peritoneum zahllose 
kasige Kndtchen, die massenhafte T.B. enthalten. Lungen groflen teils 
infiltriert, zahlreiche Kndtchen. Darmperitoneum vielfach mit dicken, fibribinds 
kasigen Auflagerungen bedeckt. Mikroekopisch: Leber von so enormen T.B.- 
Massen durchsetzt, daB auf Schnitten die Bacillenhaufen viel mehr 
Raum einnehmen als das Gewebe. Zum Teil erscheinen die T.B. in Form langer 
Faden, in einigen Haufen finden sich Individuen, die nicht saurefest, sondern meta- 
chromatisch gefarbt sind. Lunge: Auchhier ist die Vermehrung der Schkr.T.B. 
eine ganz ko I os sale. Alveolen grofienteils von dichten Bacillenschwarmen erfiillt, 
diffuses tuberkuloses Granulationsgewebe mit Bacilien massen, die nur das glatte Muskel- 
gewebe verschonen. Ausschliefilich saurefeste Formen, meist homogen gefarbte Bacilien, 
aber stellenweise auch Kdrnchenfaden und Streptobacillen. Langssclmitte durch den 
Darm zeigen, dafi die Lymphspalten des Peritoneums voll von meist 
intracellular liegenden T.B. sind, auch die Blutgefafle des Darmes enthalten in 
Wand und Lumen zanllose T.B., dagegen wurden in der Mucosa und Submucosa, sowie 
im Darmlumen keine gesehen. Niere: Im interstitiellen Gewebe hier und da Bacillen- 
haufchen, in den Glomeruli keine gefunden. Hoden zeigt auf der Oberflache des 
Organes sehr zahlreiche T.B., im Innern keine. 

Aus der Leber dieser Ringelnatter wurden Reinkulturen gewonnen, die 
von den aus der Schildkrotenlunge ffeziichteten in einigen Punkten differierten, und 
fiber die spater benchtet werden wira. 

9) Ringelnatter. 3. Jan. 1903. Lungenknfitchen intraperitoneal. 
Das Tier magert trotz guter Pflege auflerordentlich stark und zusehends ab und wird 
am 20. Febr. in schwerkrankem Zustande getotet. Peritoneum und Leber voller 
gelber kasiger Knotchen, Milz geschwollen, ebenfalls mit zahlreichen 
Kndtchen, Milzsaft enthalt massenhafte T.B. Lungen scheinbar intakt. Mikro- 
skopisch: Lungen zeigen keinerlei Veranderung, auch Keine T.B.; Leber von T.B.- 
Haufen durchsetzt, und zwar toils gleichmaftig gefarbte Bacilien, teils Rosenkranz- 
formen, teils auch verzweigte Faden (aber letztere Formen wie immer nur in ver- 
kasendem Gewebe). — In grofieren Bezirken ist das Gewebe der Leberzellenbalken 
diffus rot geblieben (trotz intensiver Enttarbung des Praparates), wahrend das 
zwischen denselben befindliche Bindegewebe die blaue Kontrastfarbe angenommen hat. 
Man hat den Eindruck, als ob die aus den Tuberkelbacillen stammende saurefeste Sub- 
stanz gerade zu dem Lebeiparenchym Affinitat habe und in demselben zur Auflosuog 
gekommen ist Ffir diese Deutung spricht auch die Tatsache, dafl, wahrend sich in 
aem blaugefarbten Bindegewebe TiB. nicht finden, man in den roten Leberzellenbalken 
stellenweise fast unentwirrbar dichte T.B.-Ansammlungen antrifft und deren successive 
Homogenisierung und Einschmelzung verfolgen kann. Ferner beobachtet man bisweilen 
mitten in diesem saurefesten Leberzellengewebe T.B.-Haufen, die metachromatisch blau 
gefarbt sind, also ihre saurefeste Substanz eingebtifit haben, und es liegt die Ver- 
mutung nahe, dafi diese saurefeste Substanz eben in das umgebende Gewebe diffundiert 
ist. Jedenfalls ist diese erhebliche Saurefestigkeit des Leberzellen- 
gewebes bemerkenswert und findet sich unter normalen Verhaltnissen nicht. 
c) 6 Blindschleichen. 

10) Blindschleiche. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal. 
20. Jan. tot. Auf dem ganzen Peritoneum miliare und submiliare gelbe 
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 42 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


k&sige Kndtchen, die zahlreiche T.B. enthalten. Leber grofiere oberflach- 
liche gelbe Knofcen, ebenso Milz. Lungen infiltriert, kasige Knotchen. 
Mikroskopisch: In Leber, Milz, Lungen zahlreiche kernarme kasige Kndtchen, 
die T.B. enthalten, Nieren geringe interstitielJe Infiltration, T.B. nicht gefunden. 

11) Blindschleiche. 3. Jan. 1903. Lungenkndtchen intraperitoneal. 
8. Febr. tot. Triibe Schwellung der abdominalen Organe. In Leber, Lunge, Milz 
histologische Veranderungen oder T.B. nicht gefunden. 

12) Blindschleiche. 3. Jan. 1903. Lungenkndtchen intraperitoneal. 
20. Febr. getotet. Auf detn Peritoneum und in der Leber ganz yereinzelte Knot¬ 
chen, zanlreichere in der Milz. Milzsaft enthalt reichliche T.B. Lungen 
scheinbar intakt (makroskopisch). Mikroskopisch: Leber yereinzelte Knotchen mit 
T.B., zahlreiche Zellkerne mit roten Kernkorperchen. Lunge normal, keine T.B. 

13) Blindschleiche. 3. Jan. 1903. Lungenkndtchen intraperitoneal. 
26. Febr. getotet. Rechte Lunge zeigt auf der OberQache zahlreiche kasige 
Kndtchen, linke nicht. Leber ockeijgelb, atrophisch, kasige Knotchen. Milz 
yereinzelte Kndtchen. Mikroskopisch: Rechte Lunge zeigt auf ihrem serdsen 
Ueberzug, aber nicht im Innern des Organee, zahlreiche helle, kaum noch farbbare 
verkasende Kndtchen, welche sehr zahlreiche, gr often teils auch strahlenfdrmig gelagerte 
(Caput medusae) T.B. enthalten, meist kornige Bacillen. In Milz und Leber spar- 
Uche T.B. in den Kndtchen. Niere: Zahlreiche Kerne des interstitiellen Gewebes mit 
saurefesten Kernkorperchen, T.B. nicht gefunden. Ovarium: Gran ulation sgewebe mit 
sehr zahlreichen T.B., dagegen in den Eiern keine gefunden. 

14) Blindschleiche. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal. 
(Bei der Injektion wurde ein grofleres Bauchgefaft verletzt.) 

26. Jan. tot. In der Peritonealhohle kleines Blutgerinnsel, Kndtchen noch nirgends 
zu sehen. Abdominalorgane stark injiziert (gerdtet). Mikroskopisch: Leber ganz 
durchsetzt von kleinen T.B.-H&ufchen, die sich vorzugjsweise innerhalb und 
in nachster Nahe der Pigmentzellen finden. Aufier geringer interstitieller Zellwucherung 
keine histologische Veranderung. Peritoneum dicht erfiillt von Leukocyten, die mit 
T.B. vollgestopft sind („Phagocyten u ) (vergl. Fig. 8) und lockenformige T.B.-Haufen. 
Die ganze Darmwand in alien Schichten von T.B. durchsetzt, auch im Darm- 
inhalt neben zahlreichen anderen Bakterien vieleT.B. Lungen: Nur in Pigmentzellen 
yereinzelte T.B., keine histologtechen Verfinderungen. Nieren: Vereinzelte 
T.B. in den Harnkanalchen und Blutgefafien. 

15) Blindschleiche. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal. 
29. Jan. tot. Auf dem Peritoneum zahlreiche Kndtchen, die ebenso wie 
dicke, fibrinos kasige Lungenauflagerungen enorme Mas sen von T.B. enthalten. 
Lungen seibst in den unteren Partieen blafi, oben cyanotisch, schlaff. Leber ge- 
schwollen, mit kaum sichtbaren weifien Punktchen. Milz prall, dunkelrot. ill 
Leber, Lungen und Nieren finden sich nur innerhalb und in nachster Nahe der Pig- 
mentzellen T.B., die meisten diesmal in den Nieren. Histologische Veranderungen 
nicht zu konstatieren. 

d) 2 Eidechsen. 

16) Eidechse. 3. Jan. 1903. Lungenkndtchen subkutan und intra¬ 
peritoneal. 

In der 3. Woche nach der Infektion wird das his dahin sehr lebhafte Tier matt 
und ist am 27. Jan. tot. Das ganze Peritoneum voller miliarer und sub- 
miliarer Kndtchen, die enorme Massen von T.B. enthalten. Leber gelb, 
atrophisch. Mikroskopisch: Die Peritonealkndtchen bestehen nur aus Zellen, 
die mit T.B. vollgestopft sind und wie Leprazellen aussehen. Im subkutanen 
Bindegewebe an der Infektionsstelle abgekapselte kasige Herde, die lange kornige, bis- 
weilen auch metachromatisch gefarbte T.B. enthalten. Leber aufs hochgradigste ver- 
andert, Leberzellen fast vollstandig zu Grunde gegangen, verfettet, da, wo dberhaupt 
noch schmale Zellbalken vorhanaen sind, finden sich nur minimal kleine Zellkerne. 
Die ganze Leber von enormen T.B.-Massen durchsetzt. In der Darmschleimhaut 
finden sich typische Tuberkel mit Riesenzellen und vereinzelten T.B. 

(SchluB folgt) 


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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri u etc. 


659 


Nachdruck verboten. 

Ueber die Aetiologie von „Ekiri“, einer eigentiimlicheii, 
sehr akuten, ruhrartigen, epidemischen Kinderkrankheit 

in Japan. 

Von Dr. Snkehiko Ito aus Fukuoka (Japan). 

(Schlufi.) 

Kapitel V. 

Widalsche Beaktion. 

V orbemerkungen. 

1) Die Widalsche Reaktion fuhrte ich nur an h&ngenden Tropfen 
aus, weil es zu schwer war, eine reichliche Menge Blutserum von den 
erkrankten Kindern zu gewinnen, ohne die Geftthle der Eltern, auf welche 
der Arzt in Japan besondere Rflcksicht nehmen mufi, zu verletzen. 

Zur Kontrolle batte ich die Reaktion auch mit Tierserum ausgefOhrt. 

2) Bei der Gewinnung des Blutes befolgte ich dieselbe Methode, 
wie bei der Gewinnung humanisierter Lymphe aus vaccinierten Kindern, 
d. h. die Armhaut wurde mit der Impfnadel gestochen und das erhaltene 
Blut in Glaskapillarrdhrchen aufbewahrt 

3) Unter positiver Reaktion mochte ich folgendes verstanden wissen: 

Einzelne Bacillen miissen sich kubisch zu einem so grofien Klumpen, 

daB er makroskopisch Oder mit Hilfe der Lupe deutlich wahrnehmbar 
ist, konzentrisch ansammeln. (Bei deutlichster Reaktion sammelten sich 
die Bacillen im ganzen Tropfen an, manchmal sogar nur zu einer einzigen 
grofien Masse). Nur einfaches AufhSren der Eigenbewegung Oder -Still- 
stehen in kleinen, flachen, einschichtig nebeneinander angesammelten 
Figuren mOchte ich nicht als echte Reaktion betrachten. 

4) Ekiri- und andere Bacillen, welche ich zu dieser Untersuchung 
verwendete, wurden in Bouillon gezflchtet oder auf schrttg erstarrte 
Agaroberfl&chen gestrichen; die letzteren wurden beim Gebrauch mit 
sterilisierter Aqua destillata verdiinnt. Alle .Kulturen hatten 24—48 
Stunden im Brutschrank gestanden. 

5) Bei der Feststellung der Reaktion einzelner Bakterien hatte ich 
zur Kontrolle immer auch die Bakterien, denen kein Serum zugeffigt war, 
in gleicher Verdiinnung und unter Beobachtung derselben Technik unter- 
sucht. Die Bakterien waren auf gleichzeitig bereiteten N&hrbbden ge- 
zuchtet und hatten auch dieselbe Zeit fiber im Brutschrank gestanden. 

6) Der von mir in diesem Kapitel als „Dysenteriebacillus“ bezeich- 
nete hat mit dem von Shiga entdeckten „Bacillus dysenteriae“ 
dieselben Eigenschaften und denselben agglutinierenden Charakter, der 
sich durch Hinzufiigen des Blutserums von Dysenteriekranken oder von 
solchen, welche die Krankheit bereits ttberstanden haben, zeigte. Diesen 
Bacillus hatte ich aus dem Stuhl des Dysenteriekranken isoliert, nach- 
dem Shiga ihn entdeckt hatte. 


I. Widalsche Reaktion der Blutsera, gewonnen von 
Menschen, die Ekiri Qberstanden haben, gegen Ekiri- 

bacillen. 

Er»ter Fall. 


A. Krankengeechichte. 

5-jahr. Knabe M. T. Ausbruch der Krankheit: 13. Okt. 1898. 


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660 


Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 


Bis zum Tage vorber war er ganz gesund. Am 13. nachmittags hatte er einmal 
weichen Stuhl in groGer Menge; sonst Seine besonderen Erscheinungen. Am Abend 
urn 7 Uhr wurde er nach kurzem Bade plotzlich blaG und sah ernstlichkrank aus. Um 
8 Uhr allgemeine heftige Konvulsion 2 Stun den lang. Nach 3maligem Gebrauch von 
Chloralhydrat per rectum erst lieG der Krampf nach. Wahrend des Krampfes normale 
Korpertemperatur; nach dem Krampf aber, gegen 10 Uhr, stieg sie bis auf 38,5° C. 

14. Okt. 1898. Fruhmorgens um 2 Uhr Diarrhoe: griinlich, schleim ig, mit 
mehreren erbsen- bis bohnengroGen Kliimpchen gemengt, aber kein Blut. Die Zahl 
der Stuhlg&nge nicht frequent, bis 8 Uhr 6mal; kein Tenesmus. Ich diagnostizierte 
aus den obigen Erscheinungen Ekiri. Die Kdrpertemperatur stieg bis auf 40° C. Von 
morgens 8—10 Uhr 4mal Diarrhbe von derselben Beschaffenheit. Niemals Tenesmus. 
Um 10 Uhr vormittags hatte ich die Irrigation des Darmes nach meiner Methode 
ausgefuhrt, wobei kleine Mengen von Schleim entleert wurden. Nachmittags einige 
Stiwle mit gelblichen, erbsengroGen Kliimpchen und sparlichem Schleim. Um 5 Uhr 
sank die Temperatur bis auf 38,0° C herab. Befinden des Kin des schon besser. Am 
18. vollstandig gesund. 

B. Wiaalsche Reaktion. 

Am 18. Jan. 1899, also voile 3 Monate nach der Heilung, entnahm ich Blut dee- 
selben Knaben und untersuchte es 5 Stunden spater, indem ich es 20fach verdiinnte. 
Nach 2 Minuten trat deutlich die Reaktion ein. Kontrollekiribacillen, d. h. solcbe, denen 
kein Serum zugefugt war, agglutinierten gar nicht, sogar nicht nach 4 Stunden; sie 
setzten ihre eigene Bewegung tort, ohne die Lebhaftigkeit derselben zu verandem. 

Am 4. Febr., 2 Wochen nach der Gewinnung, wurde getrocknetes Blut mit Aq. 
dest. gelost (verdunnt etwa 1:20) und wieder auf seine agglutinierende Wirkung unter- 
sucht Die charakteristische Reaktion fing schon nach 15 Minuten an und war nach 
30 Minuten ganz deutlich. In einer Verdiinnung 1:50 zeigte sich nach 20 Minuten 
Reaktion una deutlich nach 50 Minuten. 

Zweiter Fall. 

A. Krankengeschichte. 

3-jahr. Madcnen T. T. (Schwester des vorigen). Ausbruch der Krankheit: 14. 
Okt. 1898. 

Bis zum Tage vorher war das Kind ganz gesund und spielte munter umher. Es 
hatte regelmaGig jeden Tag einmal geformten Stuhl. Am Morgen des 14. Okt. entleerte 
sich aber einmal weicher Stuhl. Um 1 Uhr nachmittags trat Fieber ein, 38,8° C, und 
die Stimmung war schlecht. Um 4 Uhr nachmittags stieg die Kdrpertemperatur schon 
bis auf 40,1° C, die Pat. war soporos. Durch Irrigation entleert sich griinlich-schlei- 
miger Stuhl in groGer Menge. Nach dieser Applikation wurde sie etwas Komatos; Puls 
schwach, 130 in der Minute. Um 6 Uhr nachmittags trat Konvulsion ein, welcbe 
durch Klistier von Chloralhydrat nachlieG. Nach dem Klistier entleerte sich Schleim 
in grofter Menge mit vielen erbsengroGen gelblichen Kliimpchen, aber kein Blut Nie 
Tenesmus. Der Zustand besserte sich immer mehr und am 18. m. c. war die Kleine 
wieder ganz gesund wie friiher. 

B. Wiaalsche Reaktion. 

Am 18. Jan. 1898, also voile 3 Monate nach der Heilung, entnahm ich Blut des- 
selben Madchens, untersuchte es 5 Stunden spater. Ich erhielt folgendes Resultat: 

Am 18. Jan. In der Verdiinnung 1:20 zeigte sich eine deutliche Reaktion erst 
nach 20 Minuten, 1:10 verdunnt aber schon nach 5 Minuten, in einer Verdiinnung 
1:5 sogleich deutliche Reaktion. 

Am 20. Jan. untersuchte ich 48 Stunden lang auf einer Glasplatte angetrocknetes 
Blut, indem ich es mit Aq. dest. im Verhaltnis 1:10 verdiinnte. Die Reaktion war 
schon nach 3 Minuten erkennbar, nach 5 Minuten aber ganz deutlich. 

Resultat der Kontrolluntersuchung fiel genau wie beim ersten Fall aus. 

Dritter Fall. 

A. Krankengeschichte. 

25-jahr. Frau (friiher Amme, jetzt Kinderfrau des ersten Kranken). Ausbruch der 
Krankheit: 15. Okt 1898. 

Am 15. Okt. hatte sie 4malige DiarrhOe von unbekannter Beschaffenheit Nach¬ 
mittags trat Fieber ein, das gegen Abend schon bis auf 39,0° C stieg, Der funfte Stuhl 
war blutig-schleimig. In der Nacht hatte sie lOmal Stuhigang. Am nachsten Morgen 
hbrte das Fieber auf. Von 4 Uhr vormittags bis 8 Uhr nachmittags 4mal Stuhle von 
derselben Beschaffenheit Bei den Stuhlgangen hatte die Pat niemals Tenesmus. 

Anmerkung: Bei den Erwachsenen verlauft die Ekirikrankheit, wenigstens nach 
meiner Erfahrung, in der Regel rudimentar. 

B. Widalsche Reaktion. 

Das Blut wurde am 18. Jan. 1899, also voile 3 Monate nach der Heilung, ent- 


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Ito, Ueber die Aetiologie yon „Ekiri“ etc. g61 

nommen und 5 Stunden spater untersucht in der Verdunnung 1:10. Die Beaktion 
trat sogleich ein. 

Am 6. Febr. untersuchte ich es wieder in der Verdunnung 1:5; die Beaktion 
war sogleich ganz deutlich. In der Verdunnung 1:10 war sie erst nach 5 Minuten klar 
erkennbar. 

Kontrolluntersuchung genau wie beim ersten Fail. 

Vierter FalL 

A. Krankengeschichte. 

17-jahr. Madchen M. K. Ausbruch der Krankheit: 24. Juni 1898. 

Bis zum Mittag des genannten Tages war es ganz gesund. Um 5 Uhr nach- 
mittags trat plfttzlich Frosteln und holies Fieber auf, 40,0° (J, Kopfschmerz und zwei- 
malige Stuhle von weicher, wahrscheinlich nicht beeonderer Beschaifenheit. Der Vater, 
Dr. med. G. K., fuhrte Irrigation des Darmes aus f weil er Ekiri vermutete. In der 
Nacht hatte die Pat. einige Mai schleimige Stuhle ohne Tenesmus. Am 25. Juni 7 Uhr 
vormittags sah die Pat. sehr matt aus. Gesicht und Mundlippen waren ganz blafi bis 
erdfarbig. Der Leib war im allgemeinen gegen Druck empfindlich, iedoch nicht ge- 
spannt, sondern weich und ohne fuhlbare resistente Stelle. Puls sehr schwach und 
frequent, 150 in der Minute. Stuhle eitrig-blutig, mit sparlichem Schleim; Farbe und 
Konsistenz der Stuhle war mit hellrot gefarbtem, halbgekochtem Ruhrei vergleichbar. 
Stuhlgange waren frequent und stimdlicn lmal oder alle 3 Stunden 2mal; die einmalige 
Stuhlmenge war relativ reichlich, etwa 100 g. Bei der Stuhlentleerung wurde keine 
Spur von Tenesmus beobachtet. Um 10 Uhr vormittags Radialpuls nicht mehr fiihlbar. 
Durch mehrmalige subkutane Injektion mit Kampferol war er kaum merkbar. Um 

6 Uhr abends deutlich fiihlbar, aber immer noch sehr schwach. Stuhlgange waren 
vom Mittag an nicht mehr frequent und griinlich-schleimig, selten mit Eiter und Blut 
vermengt. Bei der Pat. wurde 4malige Irrigation des Darmes vorgenommen und 2mal 
K&lomd und Inf. digit, mit Rotwein per os appliziert. Vom 26. Juni an allmahlich 
gebessert und am 29. keine Diarrhde mehr, also gesund. 

B. Widalsche Beaktion. 

Das voile 7 Monate nach der Heilung entnommene Blut wurde 24 Stunden spater 
in der Verdunnung 1:10 untersucht. Negatives Besultat. 36 Stunden spater mit 
anderer Kultur von „Ekiriba£illus“ untersucht (auch 1:10); Besultat wieder negativ. 
Auch in der verminderten Verdunnung 1:2 hatte ich immer nur negative Besultate. 

Funfter Fall. 

A. Krankengeschichte. 

12-jahr. Knabe J. O. Ausbruch der Krankheit: Sommer 1897. 

Nahere Krankengeschichte ist nicht ganz klar, weil dieser Fall nicht auf eigener 
Beobachtung beruht. Aber es ist nach den Angaben seines Vaters, Prof. Dr. med. H. O. 
und des Dr. med. G. K. (des Vaters vom vorigen Madchen, 4. Fall) ganz sicher, dafi 
der Knabe an zweifelloser Ekiri, und zwar in schwerer Form, gelitten hatte. 

B. Widalsche Beaktion. 

Das am 7. Febr. 1899, also etwa l 1 /, Jahre nach der Heilung, entnommene Blut 
wurde 24 Stunden spater untersucht. In der Verdunnung 1:10 war die Beaktion so¬ 
gleich, und bei 1:20 nach 2 Minuten sehr deutlich, bei der Kontrolluntersuchung zeigte 
sich keine Spur von Beaktion l ). 

Resumiert man das Resultat des Kapitels, so ergibt sich: 

Der Verfasser hat in 5 Fallen, in denen Ekiri flberstanden wurde, 
das Blut untersucht, um die Widalsche Reaktion beim Ekiribacillus zu 
priifen, und folgende Resultate bekommen: 

4 unter 5 Fallen fielen positiv aus. Nur 1 Fall, bei dem schon 

7 Monate nach der Heilung verlaufen waren, zeigte negatives Resultat. 
Es ist jedoch mdglich, dafi bei diesem Fall sogenannte Agglutinine schon 
aus dem Korper ausgeschieden wurden, weil schon ein ziemlich langer 
Zeitraum seit der Heilung verstrichen war. Wenn ich die Untersuchung 
inuerhalb 3 Monaten nach der Heilung vorgenommen hatte, so hatte 
sich wahrscheinlich ein positives Resultat ergeben, wie im 1., 2. und 
3. Fall. 


1) Das ganze Verfahren bei der Beaktion und der Kontrollreaktion habe ich 
seiner Zeit auf dem medizinischen Kongrefi zu Fukuoka ausfiihrlich demonstriert. 


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662 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 


Wie lange Agglutinine sich im Blute halten konnen, ist von mannig- 
faltigen Bedingungen, z. B. von der Art, der Schwere der Krankheit, 
von der Individualit&t und anderem abhangig, und die Dauer daher sehr 
schwankend. Aus diesem Grande ist es leicht erklSrlich, warum die 
Reaktion bei Fall 4 negativ ausfiel, wahrend bei dem 5. Fall, wo die 
Untersuchung nach viel spaterer Zeit (erst nach l 1 /, Jahren) vorge- 
nomrnen wurde, ein positives Resultat sich ergab. Nach den Erfahrungen 
aber, die wir bis jetzt mit Ekiri geraacht haben, ist es sehr schwer zn 
entscheiden, ob Agglutinine im 4. Fall abnorm lange im K5rper aufbe- 
wahrt blieben. Doch kann ich nach den Resultaten meiner Untersuchung 
behaupten, daB das Blut von Menschen, welche Ekiri iiberstanden haben, 
nach 3 Monaten, moglicherweise auch nach P /2 Jahren immer noch positive 
W i dalsche Reaktion gegen den Ekiribacillus zeigt und daB defihalb der 
Ekiribacillus mit der Ekirikrankheit in sehr innigem Zusammenhange steht. 

Kapitel VI. 

Reaktion des Blutserums von Menschen, welche Ekiri 
iiberstanden haben, gegen die dem Ekiribacillus ahnlichen 

Bakterien. 

I. Bact. coli commune. 

Das Blutserum aus dem 2., 3., 4. und 5. Fall zeigte keine Reaktion 
gegen den C 0 1 i - Bacillus. 

Nur das Serum des ersten Kranken (Fall 1) in der Verdiinnung 1:20 
fing erst nach 30 Minuten an zu agglutinieren. Die Reaktion war je- 
doch ganz undeutlich; es sammelten sich an etwa 6 Stellen ca. 5—6 
Bacillen zu kleinen Klflmpchen, wahrend alle fibrigen Bacillen isoliert 
blieben und ihre eigene Bewegung fortsetzten. Diese Erscheinung anderte 
sich nicht; auch bei wiederholter Untersuchung, sogar noch nach 4 
Stunden, blieb das Bild immer das gleiche. 

Es ist eine bekannte Tatsache, daB das Blutserum gesunder Menschen 
Oder solches von frflheren typhus-, dysenterie-, darmkatarrh- etc. kranken 
Menschen selten den C 0 1 i - Bacillus agglutiniert und meist nicht sehr 
deudiche Reaktion zeigt, wie etliche Autoren und ich selbst oft zu be- 
obachten Gelegenheit hatten. Das Serum von einstigen Ekirikranken 
miiBte also, theoretisch betrachtet, ahnlich auf den Ekiribacillus aggluti- 
nierend wirken. Von der sicheren Tatsache konnte ich mich aber durch 
Beobachtung noch nicht tiberzeugen. Ich habe nur im ersten Fall eine 
rudimentare, d. h. so undeutliche und zweifelbafte Reaktion wahrge- 
nommen, daB ich sie nicht ftir echte Reaktion halten konnte, wie ich 
schon im vorigen Kapitel erwahnt habe. 

II. Typhusbacillus. 

III. Dysenteriebacillus. 

Auf diese letzteren beiden Bacillen zeigte das Blutserum aller 
fflnf frflheren Ekirikranken keine Spur von agglutinierender Reaktion, 
wahrend sich fflr Ekiribacillen sehr deutliche Reaktion ergab, wie ich 
schon bemerkte. 

Kapitel VII. 

Reaktion der Blutsera von gesunden und kranken 
Menschen (auBer Ekiri) gegen den Ekiribacillus. 

A. Blutserum von gesunden Menschen, d. h. von solchen, welche 
niemals an Ekiri gelitten haben: 

Ich habe in etwa 20 Fallen Serum auf sein agglutinierendes Ver- 


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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc. 


663 


mdgen gegen Ekiribacillen untersucht, aber niemals eine positives Re- 
sultat erhalten. 

B. Blutserum von Typhuskranken: 

1) Blutserum eines 6-jahrigen Knaben, welches am 6. Tage der 
Krankheit entnommen war, reagierte in der VerdQnnung 1:20 auf den 
Ekiribacillen nicht, wfihrend die Reaktion auf Typhusbacillen in gleicher 
VerdQnnung sofort ganz deutlich war. 

2) Blutserum eines 27-jQhrigen Mannes, am 15. Tage nach dem 
Krankheitsausbruch entnommen, reagierte gegen Typhusbacillen in der 
VerdQnnung von 1:20 nach 5 Minuten deutlich. Gegen Ekiribacillen aber 
wurde in derselben VerdQnnung selbst nach 2 Stunden noch gar keine 
Spur von Reaktion nachgewiesen. 

C. Blutserum von Dysenteriekranken: 

1) 8 Monate nach der Heilung entnommenes Blutserum einer 23- 
j&hrigen Frau reagierte gegen Sat os Bacillen 1 ) in der VerdQnnung 
1:10 sogleich deutlich, gegen Ekiribacillen aber unter denselben Be- 
dingungen absolut nicht. 


No. 

Wie alt? 

Diagnose 
(resp. iiber- 
standene 
Krankheit) 

Wann nach der 
Heilung ent¬ 
nommen? 

Reaktion 

1 

2 J. 11 M. akuterDarm- 
katarrh 

etwa 10 Monate 

keine Reaktion (sogar nicht nach 

1 Stunde) 

2 

1 J. 4 M. 

do. 

» 2 „ 

do. 

3 

9 M. 

do. 

9 Tage 

do. 

4 

3 J. 9 M. 

do. 

ii „ 

do. 

5 

1 J. 5 M. 

do. 

O „ 

do. 

6 

2 J. 7 M. 

Ekiri 

7 „ 

Beginn nach 30 Minuten; nach 50 Mi¬ 
nuten deutlich 

7 

2 J. 5 M. 

»> 

8 „ 

Beginn nach 10 Minuten; nach 20 Mi¬ 
nuten deutlich 

8 

3 J. 10 M. 


7 „ 

Beginn nach 15 Minuten; nach 30 Mi¬ 
nuten deutlich 

9*) 

4 J. 6 M. 

» 

20 Monate 

Beginn sogleich, nach 5 Minuten 
deutlich 


Uebersicht der Resultate. 


Serum 

aus Menschen 


Widalsche Reaktion 

gegen 


Ekiri¬ 

bacillen 

Coli- 

bacillen 

Typhus- j 
bacillen 

Dvsenterie- 

baciUen 

Satos 

Bacillen 

Ekiri 

+ 

selten *f ? 

_ 

_ 

_ 

Gesunde 

— 

selten -f- 

selten -f 

— 

— 

Typhus 

— 

selten -f 

+ 

— 

— 

liysenterie 

— 

selten + 

— 

+ 

+ 

akut. Darmkatarrh 

— 

selten -f 

— 

— 

1 - 


Anmerkung: -f -= positives, — = negatives Resultat. 


1) Dieser Bacillus, welchen mein Kollege Sato aus einer Dysenteriedejektion 
isoliert hatte (gehdrt zur Col i-Bacillen gruppe), hat die Fahigkeit, durch Dysenterie- 
serum von Menschen zu agglutinieren. Aennliche Bacillen hat Shiga auch in den 
Dysenteriestuhlen neben dem Dysenteriebacillus inkonstant gefunden. 

2) Gleich Fall II von Ekiri, dessen Blutserum fruher (etwa 1 */* Jahre vorher) 
einmal untersucht wurde und positiv ausfiel; vergl. Kapitel V. 

Alle iibrigen (No. 6, 7 und 8) sind andere Ekirifalle, als im Kapitel V schon an- 
gegeben. 


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664 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


2) Das Blutserum einer Frau, die 5 Monate vorher Dysenterie fiber- 
standen hatte, lieferte in der Verdfinnung 1:10 bei der Untersuchung 
folgendes Resultat: 

gegen Dysenteriebacillen nach 10 Minuten deutliche Reaktion, 

„ Sat os Bacillen nach 10 Minuten deutliche Reaktion, 

„ Ekiribacillen selbst nach 30 Minuten keine Spur von 
Reaktion. 

D. Das Blutserum von Menschen, welche akuten Darmkatarrh, mit 
hohem Fieber verknfipft, fiberstanden hatten: 

Die Symptome eines solchen Darmkatarrhs, wenn er mit hohem 
Fieber akut verlfiuft, haben, namentlich bei Kindern, gewisse Aehnlich- 
keit mit Ekiri. Trotzdem werden die beiden Krankheiten von manchen 
Autoren und auch von mir fttr wesentlich verschieden gehalten. Um 
diesen Unterschied beider Krankheiten nicht nur klinisch, sondern auch bak- 
teriologisch resp. durch Anwendung der Widalschen Reaktion als sicher 
zu bestfitigen, hatte ich in mehreren Fallen die Blutsera von solchem 
Darmkatarrh und von Ekiri nach der im Kapitel IV erwfihnten Methode 
gellau untersucht und vorstehendes Resultat bekommen (s. Tab. p. 663). 

Kapitel VIII. 

Widalsche Reaktion des Blutserums von Ekiri-immunen 
Tieren gegen Ekiri und ahnliche Bacillen. 

Vorbemerkungen: a) Von dem Blutserum der zum Experiment ver- 
wandten Tiere (ausgenommen I. Hahn) wurde vorher festgestelit, dafi 
es gegen Ekiribacillen keine Reaktion zeigt. b) Die Verdfinnung der 
Blutsera war 1:10. 

I. Hahn. 

Das Blutserum eines Hahnes, welcher friiher nach Futterung mit Ekiristuhl an 
Ekiri gelitten hatte (vergl. a) Hahn), zeigte gegen EkiribaciUen nach 5 Minuten sehr 
deutlicne Reaktion. Dieses Serum wurde in gleicher Verdfinnung zur Kontrolle auf 
seine Reaktion gegen ColibaciUen untersucht. Das Resultat fiel negativ aus; selbst in 
der Verdfinnung 1:5 war noch keine Spur von Reaktion nachweisbar. 

II. Meerschweinchen. 

Das Blutserum eines Meerschweinchens, an welchem nach Fattening mit blutig- 
schleimigem Stuhl eines ekirikranken Hahnes (von dem im vorigen Abschnitte ge- 
sprochen war) eigentfimliche Erecheinungen wahrgenommen wurden (vergl. No. 5 Meer¬ 
schweinchen), zeigte nach 30 Minuten weniger deutliche Reaktion, als bei dem Hahn. 

III. Meerschweinchen (Korpergewicht 410,0 g). 

0,5 ccm 2 ) Bouillonkultur von Ekiribacillen, welche 48 Stunden lang im Brutschrank 
gestanden hatte, wurde in die Bauchhohle des Tieres injiziert. Nach 48 Stunden fand 
die Untersuchung von Blutserum dieses Tieres auf Reaktion gegen Ekiribacillen statt 
Nach 30 Minuten fing es zu agglutinieren an; nach einer Stunde war die Erscheinung 
ziemlich deutlich. Kurz nach aer Untersuchung wurden dem Tier noch einmal 1,0 ccm 
Bouillonkultur von Ekiribacillen, welche 96 Stunden lang im Brutschrank gestanden, 
in die Bauchhohle injiziert Nach 5 Tagen, also 8 Tage nacn der ersten Injektion, wurde 
Blut entnommen und untersucht Die Reaktion gegen Ekiribacillen war nach 30 Mi¬ 
nuten ziemlich deutlich. 

IV. Kaninchen (Kfirpergewicht 2190,0 g). 

1,0 ccm 1 ) Bouillonkultur der Ekiribacillen, 48 Stunden lang im Brutschrank ge¬ 
standen, wurde in die Bauchhohle des Tieres injiziert, dessen Blut 48 Stunden spater 
entnommen wurde. Reaktion gegen Ekiribacillen nach 5 Minuten schon wahrnehmbar 
und nach 30 Minuten deutlich. Dem Tiere wurden dann wieder 2,0 ccm Bouillon¬ 
kultur von Ekiribacillen (96 Stunden im Brutschrank) in die Bauchhohle eingespritzt 
Nach 5 Tagen (also 8 Tage nach der ersten Injektion) fand die Untersuchung des 
Blutes statt Die Reaktion gegen Ekiribacillen war sofort sichtbar und nach 5 Minuten 
sehr deutlich. 


1) Halfte der zum Tode ffihrenden Dosis! vergl. oben. 

2) Siehe Anmerkung unter III. 


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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc. 


665 


Wie diese Resultate zeigen, besaB das Blutserum des Kaninchens 
die sttirkste F&higkeit, Ekiribacillen zu agglutinieren. Mit anderen 
Worten, das relativ wirksamste Blutserum gab das Kaninchen. Zur 
Kontrolle hatte ich das Agglutinationsvermtigen des gegen Ekiri- 
bacillen sehr wirksamen Blutserums vom Kaninchen gegen Ekiri- 
bacillus ahnliche Bacillen, namlich Typhusbacillen, Dysenteriebacillen 
und Coli-Bacillenarten nach genau derselben Technik untersucht. Nie- 
mals babe ich eine Spur von Reaktion beobachtet, wtihrend die ver- 
schiedenen Bacillen bei den Kontrolluntersuchungen regelm&Big gegen 
gleichnamige Immunisierungssera deutliche Reaktion zeigten. • 

Weil ich das relativ starkste tierische gegen Ekiribacillen immuni- 
sierte Serum von einem Kaninchen gewann, strebte ich danach, auch 
gegen andere Bacillen immunisierte Sera durch Kaninchen zu erlangen. 
Ich habe nach verschieden langen Zeitabschnitten, je nach den Bacillen- 
arten — bei Typhusbacillen nach der ktirzesten, bei Dysenteriebacillen 
nach der l&ngsten Zeit — gegen gleichnamige Bacillen wirksame Sera 
bekommen, aber keine gegen Ekiribacillen reagierende. 


Uebersicht der Resultate: 


Immunisierungs- 

| Widalsche Reaktion gegen 

serum gegen 

Ekiribacillen 

Colibacillen 

Typhusbacillen 

Dysenteriebac. 

Ekiribacillus 

Colibacillus 

Typhusbacillus 

Dysenteriebacillus 

i i i + 

+ 

+ 

+ 


Resume. 

Ich fasse die Resultate kurz zusainmen und ziehe den SchluB: 

1) In den Dejektionen von Ekirikranken habe ich einen pathogenen 
Bacillus gefunden, welcher morphologisch dem C o 1 i - Bacillus ahnelt und, 
nach Gram entfarbt, lebhafte Eigenbewegung hat (viel intensiver als 
der Coli-Bacillus), Gelatine nicht verfliissigt, in Traubenzuckeragar- 
n&hrboden Gas entwickelt, durch merkwiirdig verzogerte Indolreaktion 
charakterisiert ist (viel spater als bei C o 1 i - Bacillen) und Milch nicht 
koaguliert 

2) Dieser Bacillus wurde bisher niemals, weder bei gesunden *) noch 
kranken Menschen, gefunden. 

3) Diese Bacillen werden durch Zusatz von Blutserum von Menschen, 
welche Ekiri tiberstanden haben, immer deutlich agglutiniert, wenn nicht 
nach deren Heilung schon eine lange Zeit verflossen ist 

4) Diese Bacillen reagieren niemals auf Blutserum von gesunden 
Menschen, selbst nicht von solchen, welche eine Ekiri - ahnliche Krank- 
heit, z. B. Dysenterie, akuten Darmkatarrh mit hohem Fieber etc., iiber- 
standen haben oder noch daran leiden. 

5) Das Blutserum von Menschen, welche Ekiri tiberstanden haben, 
ist nicht im stande, andere, dem besprochenen tihnliche Bacillen, z. B. 
Dysenterie-, Typhusbacillen oder Coli-Bacillenarten, zu agglutinieren. 


1) Eine Art von Coli-Bacillus, dessen Morphologie und kulturejles Verhalten 
diesem Bacillus sehr ahnlich ist, hat Tsuyuki im Stuhl eines gesunden Menschen ge¬ 
funden. Aber durch die Widalsche Reaktion der gegen seinen und meinen Bacillus 
immunisierten Tierblutsera konnte er einen deutlichen Unterschied zwischen beiden 
nachweisen. 


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666 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 7. 


6) a) Die Blutsera verschiedener Tiere, welche gegen diesen Bacillus 
immunisiert worden sind, agglutinieren ihn allein. 

b) Die Blutsera von Tieren, welche gegen Shnliche Bacillen, wie 
Dysenteric-, Typhusbacillen und Coli-Arten, immunisiert worden sind, 
d. h. gegen solche, die dem von mir gefundenen Bacillus ahneln, agglu¬ 
tinieren den letzteren niemals, wahrend gleichnamige Bacillen ausnahms- 
los zur deutlichen Agglutination kommen. 


, Diese Resultate baben klar erwiesen, daB der besprochene Bacillus 
mit der Ekirikrankheit im engsten Zusammenhang steht. Ich halte da- 
her diesen Bacillus fQr den Erreger der Ekirikrankheit und nenne ihn 
„Ekiribacillus“. 


Druckfehler und Berichtigung. 


p- 

» 

»» 

»> 


509 Zeile 4 von oben Sukehiko Ito anstatt Sukehito Ito, 

510 „ 21 „ „ 3) anstatt C), 

510 „ 25 „ „ 9 F&lle anstatt 99 Fftlle, 

511 „ 10 „ unten 39,5° C anstatt 30,5° C, 

512 „ 26 „ oben l /A Uhr nachmittags anstatt vormittags, 

512 „ 28 „ „ lo. M&rz 7,10 Uhr vormittags anstatt 7,1 0 Uhr nachmittags, 

512 „ 1 „ unten getriibt anstatt gepriift. 


Nachdruck verbolen. 

Les Epitheliomas parasitaires. La clavel6e et 
l’Epithelioma claveleux. 

Par F. J. Bose, Professeur & l’universitd de Montpellier. 

Avec 3 planches et 6 figures. 

(SchluB.) 

Nature des inclusions. 

A. Les inclusions ne sont pas des produits de d6g6n6rescence 
cellulaire: on ne peut pas les confondre avec les gouttelettes de 
k6rato-61e'idine, ni avec les petites masses hyperchromatiques resultant de 
la k6ratinisation du noyau (pi. I, fig. 1, c, c). Dans le cas oil la chroma- 
tine d6g6n6r6e ne prend plus les colorants nucleaires, on la distinguera 
des inclusions par son absence de structure et par l’existence d’une 
membrane pliss^e au voisinage. La chromatine du noyau vacuolisS peut 
traverser la membrane et former des boules protoplasmiques ou peri- 
nuclSaires (bo, bo, fig. 1, pi. I) mais elles sont opaques homog^nes et 
se rSduisent en poussifcre (d, d , fig. 1, pi. I). La d6g6n6rescence col- 
loido-corn6e d’une cellule peut aboutir k la formations d’une petite masse 
coloree en violet sombre par l’emat6ine-6osine, puis en violet clair et 
en rose (pi. I, fig. 1, x ), mais elle est opaque, rigide, fig6e et in ter - 
cellulaire; ces corps peuvent se liquefier et prendre des formes pseudo- 
podiques faciles d’ailleurs a distinguer des inclusions. La d6g6n6rescence 
colloi*docorn6e d’une cellule incluse quoique produisant un corps intra- 
cellulaire, ne donnera pas lieu k confusion a cause de son opacity et de 
-a rigidity. 


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Bose, Lea Epitheliomas parasitaires. La clavel^e et l'Epitheiioma claveleux. 667 

B. Nos inclusions ne proviennent pas des leucocytes. A son 
ddbut, la pustule qui est uniquement dfte a la proliferation dpithdliale, 
renferme des inclusions et ne presente aucun leucocyte. Dans la pustule 
cutande au 4. et 5. jours chaque cellule renferme une inclusion (pi. I, 
fig. 4); les inclusions sont done innombrables et cependant on ne ren¬ 
contre aucun leucocyte dans toute l’dtendue de la proliferation epi- 
theiiale, et, dans le tissu conjonctif, on ne trouve que des mononucld- 
aires dans et autours des vaisseaux et quelques trds rares polynuciees. 
Ce n’est quA partir du 10. jour que les polynucieaires apparaissent dans 
le tissu conjonctif puis dans la proliferations epitheiiale de la pustule; 
ils augmentent rapidement et leur presence est uniquement en rapport 
avec le processus de regression de la pustule. 

On pourrait dire que les polynucieaires ne sont pas apergus, au 
d6but, parce qu’ils eclatent en fragments nombreux qui penetrent dans 
les cellules epitheiiales. Mais quelles sont done ces cellules epitheiiales 
qui escamolent si rapidement des debris de leucocyte et pourquoi y 
aurait-il autant de polynucieaires alors qu’il n’y a aucune trace de poly- 
nucieose. Comment, enfin expliquer que ce petit nombre de leucocytes 
puisse, quelle que soit la puissance de leur dclatement, produire ce 
nombre colossal d’inclusions 1 

D’ailleurs si l’on examine la pustule alors qu’elle contient reellement 
de nombreux polynucieaires, il est impossible de ddmontrer ob- 
jectivement la transformation d’un polynucieaire en in¬ 
clusion, alors qu’on suit parfaitement retirement des leucocytes dans 
les interstices cellulaires, leur retour a la forme ronde dans les vesicules 
et leur degen6rescence. 

II est done impossible de confondre un leucocyte vivant avec une 
inclusion. Les fragments de noyaux de leucocytes sont en outre colords 
en vert par l’Ehrlich tandis que le parasite est rouge. 

Les noyaux de leucocytes ddgdndrds et prenant mal la couleur 
ont ordinairement un sidge intercellulaire ou vdsiculaire intra- ou extra- 
cellulaire; de plus, leur forme, leur dpaisseur, leur opacite, l’absence de 
toute structure, permettra de les distinguer. 

La ddgdndrescence collo'ide des leucocytes produit des boules safrano- 
philes qui ne prdtent pas it confusion. 

Les inclusions claveleuses ne sont point d’origine leucocytaire et 
si Borrel revient it l’ancienne opinion de Salmon (pour les inclusions 
de la vaccine) e’est par ce qu’il n’a pas vu la structure si precise et si 
particulidre que nous avons ddcrite; il s’est attachd it des figures altdrdes. 
II ne prdsente d’ailleurs aucun argument important en favour de cette 
origine leucocytaire. 

C. Nos inclusions sont-elles des parasites? — A la suite 
de nos recherches sur la structure si precise et si spdeiale des inclusions 
et aprds avoir montrd qu’on ne pouvait les interpreter comme un pro¬ 
duit de ddgdndrescence cellulaire ou leucocytique, nous avons pensd 
qu’il s’agissait d’un veritable parasite. Les divers cycles evolutifs figurds 
dans nos planches ont fait penser, non seulement it nous, mais & des 
savants compdtents dans letude des protozoaires, que nos formes se 
rapprochaient, un trds haut degre, des formes devolution sporozoai- 
riennes. On ne peut pas ne pas etre frappd, si Ton examine nos figures, 
de la ressemblance frappante des inclusions avec un corps plasmodial 
nucldd, it ondulations et digitations amiboides. L’examen des figures 
gr, gr, fig. 15, pi. II et fig. 14, pi. II, ne frappera pas moins par leur 


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668 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 

ressemblance avec les stades de divisions qui comptent parmi les pins 
caracteristiques des sporozoaires. Le seul stade que nous n’ayons pas 
pu observer est le stade terminal de reproduction k sporozoites volu- 
mineux et typiques et c’est parce que de stade est celui qui permettrait 
de conclure d’une fagon definitive, que nous avions pr£f£re changer 
le nom de «maladies k sporozoaires* contre celui plus general de 
«maladies bryocytiques* (Presse m6dicale. 1903. 14fevr.). Mais nous 
pensons toujours que nos inclusions represented bien rSellement des 
parasites vrais intracellulaires de la classes des sporozoaires ou des para¬ 
sites trfes voisins et on n’a donn£ aucun argument serieux pour modifier 
notre maniere de voir. Nous n’avons done nullement change d’opinion, 
quoique Borrel fasse tous ses efforts pour le persuader et actuellement 
nous considerons les fines divisions chromatiques qui se portent k la 
Peripherie des corps protoplasmiques comme de vrais chromatozoites. 
En ontre la presence de divisions karyokinetiques est de la plus haute 
importance. 

Un des arguments mis en avant peut etre avec trop de precipita¬ 
tion contre la nature parasitaire de nos inclusions a consiste k dire que 
le virus claveleux passait k travers les bougies; que, par 
suite il ne pouvait plus etre question de la nature parasitaire de nos 
inclusions, celles-ci etant trop volumineuses pour traverser les filtres 
de porcelaine; que le virus claveleux ne pourrait etre qu’ un microbe et 
un microbe trop petit pour etre pergu avec nos grossissements, un mi¬ 
crobe invisible. 

Nous fimes remarquer que ce n’6tait lilt qu’une affirmation, non une 
demonstration et qu’en admettant que le fait de la filtration isolee du 
virus claveleux fut vraie elle n’infirmait en rien la nature parasitaire de 
nos inclusions. Dans les publications oil cette filtration isolee tr&s som- 
mairement rapport^e, on remarquait, en effet, qu’il fallait attendre tr&s 
longtemps, 6 & 7 jours, le passage du virus claveleux k travers la bougie 
de porcelaine, ce qui n’est pas comprehensible s’il s’agit d’un microbe 
invisible, mais ce qui s’accorde trfes bien avec la nature amibo'idienne 
de nos inclusions. C’est ce que nous avons fait remarquer & plusieurs 
reprises et nous ajoutions qu’il 6tait d’ailleurs permis de penser 6gale- 
ment que nos inclusions volumineuses pouvaient avoir des formes de 
reproduction d’une extreme petitesse et capables de traverser trfes filtres, 
au meme titre que certains chromatozoites situ6s a la limite de la visi¬ 
bility. C’est ce que nos formes de division poussees jusqu’k l’invisible 
(fig. 5, pi. II) nous permettent actuellement de soutenir. 

La lecture du travail de Borrel (Ann. de l’lnst. Pasteur. 1903. 
29 fevr.) nous a rnontre d’ailleurs ce qu’il fallait entendre par filtration 
isolee du virus claveleux. A travers la bougie F, le virus ne passe 
qu’au bout de 7 k 8 jours. Pour les autres bougies a pores plus con¬ 
siderables (Berkefeld, Garros, Chamberland,F‘ & F 10 ), le virus 
claveleux passe, mais, d’apr&s Borrel lui-meme, toutes les fois qu’il 
passe, il ne passe pas seul: le liquide de filtration cultive et montre 
de multiples especes microbiennes. Pour pallier ce r6sultat qui renverse 
completement la notion de l’invisibilite du virus claveleux, Borrel fait 
remarquer que les microbes qui passent sont cilies. Il n’en est pas 
moins vrai que le virus claveleux n’est plus un microbe invisible; 
il n’est plus, Borrel doit l’avouer, qu’un microbe petit. Mais si 
c’est un microbe petit pourquoi ne le voit-on pas, un microbe 6tant bien 
plus facilement mis en evidence qu’un plasmode d61icat que la dessi- 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel^e et TEpitheiioma claveleux. 069 


cation d^truit. Quant k la constatation de la nature cilice des mi¬ 
crobes qui passent, elle devient le meilleur des argument en faveur 
de l’opinion que nous avons emise, k savoir que nos inclusions, meme 
dont le diambtre est de 1 / 2 /<, doivent passer encore plus facilement que 
des baeferies gr&ce k leur nature plasmodique et k leur forme qui laisse 
penser k Existence de mouvements amibo'ides; elles pourront s’dtirer et 
passer par reptation k travers les bougies senses si on leur donne un 
temps assez long, k moins qu’elles ne passent k travers la bougie F 
que par un simple plfenonfene de colmatage rapide. Nos tr£s fines 
granulations imperceptibles laissent admettre l’invisibilife sans avoir 
recours k des microbes invisibles. 

On peut encore opposer k la nature microbienne d’un virus aussi 
actif, sa limitation assez prolong^ dans la pustule d’inoculation, la limi¬ 
tation de la virulence k l’6tendue de la pustule, l’affinife si particulfere 
du virus pour les cellules 6pith61iales, l’identife de structure de toutes 
les lesions suivant un type si particulier de proliferation dpitffeliale avec 
disorientation et envahissement profond, caract&res qu’aucun microbe 
ne peut reproduire et qui s’accordent parfaitement avec l’hypothfcse d’un 
parasite vrai & Evolution intracellulaire. 

En outre, les fesions de la clavefee itant identiques k celles du 
cancer Epithelial, admettre l’origine microbienne de la clavefee, ce qui 
ne choque pas trop car il s’agit d’une maladie aigue, e’est l’admettre 
pour le cancer, ce qui choque, la progression lente et localisee de ce 
dernier et son faible caractire virulent paraissant s’opposer k toute idie 
de nature baeferienne. 


III. Histogenise. 

Au point de vue histoginitique, le dibut des proliferations ipithe- 
liomateuses claveleuses se fait au niveau des cellules ipithiliales de 
chacun des organes feses. Ces cellules proliferent, s’hypertrophient; la 
proliferation progresse vers ripithilium sain, mais elle est surtout in¬ 
tense dans la masse neoplasique elle-meme et en particuliers sur les 
bords ou les karyokin&ses sont nombreuses et elle aboutit k l’envahis- 
sement des tissus profonds. Ces nioformations ipithiliales suivent une 
progression r^gulfere du papillome k l’6pitlfeliome k globes 6pidermiques 
pour les pustules du revetement malpgihien et de l’adenome k l’ad^no- 
epitlfeliome, k l’^pitlfeliome typique et au carcinorae pour les tissus 
glandulaires. Nous avons nofe enfin que, au meme titre que dans le 
cancer, les bourgeonnements profonds sont accompagnSs d’une zone de 
transformation embryonnaire trfcs active et ndovasculaire, avec endo- 
p^rivascularite, du tissu conjonctif profond. 

La p^riode d’accroissement de la pustule par proliferation EpithE- 
liale, avec fegfcre mononuefeose dans le sang, dure une dizaine de jours; 
k cette pdriode d’6dification fait suite une p^riode de ramollissement, avec 
appel 6nergique de polynuefeaires, aboutissant a la vesiculations, k lan^crose 
et k la chute de la pustule. Nous s’avons 6galement que pendant la 
pSriode active de la proliferation EpithEliale de la pustule d’inoculations, 
la virulence demeure localisee dans cette pustule et que ce n’est qu’au 
moment de la d6g6n6rescence v^siculeuse des cellules de la partie cen- 
trale de la pustule que le virus est divers^ dans le sang. Mais il ne 
demeure pas en tr&s grande quantity dans le sang; il semble que le sang 
n’est qu’un lieu de passage (comme nous l’avons indique C. R. Soc. de 
Biol. 1902) pour le virus qui va se fixer aussitot sur les surfaces 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


dpithdliales des divers organes pour y provoquer de nouvelles formations 
ndoplasiques dpithdliales. 

Etant donnd le peu d’intensitd de la mononucldose de»la pdriode 
d’edification incapable de constituer une defense rdelle de l’organisme, 
nous avons dtd amend k penser (C. R. Soc. de Biol. 1902) que la 
proliferation cellulaire qui constitue la pustule doit etre interprdtde, 
au meme titre que le granulome de nature conjonctive, comme la phd- 
nomdne ddfensif veritable, les mononucldaires ne constituant (leur en- 
globement des inclusions ddmontre leur role ddfensif), qu’une sorte de 
circonvallation defensive plus dloignde. L’arrivde des polynucldaires 
dans le sang et dans la pustule et leur pullulation particulidrement in¬ 
tense, correspond k la phase de ramollissement et aux progrds de la 
ddgdndrescence cellulaire avec infection microbienne secondaire. Cette 
polynucldose apparait nettement comme une reaction phagocytaire 
de nettoyage (C. R. Soc. de Biol. 1902) destinde k dliminer les 
tissus ndcrosds et les microbes. 

La ldsion claveleuse dvolue done comme un 6pith61ioma capable de 
regresser aprds une pdriode d’accroissement rapide: elle constitue un 
dpithdlioma parasitaire de haute virulence, contagieux 
et inoculable, a marche aigue ou subaigue, localise on 
gdndralise, capable d’aboutir k la mort ou k la gudrison. 

II s’agit bien rdellement d’un dpithdlioma: tous les caractdres que 
nous avons dnumdrds comme propres k chacune des ldsions claveleuses 
sont calquds sur les caracteres que l’etude histogdndtique reconnait aux 
cancers dpithdliaux malpighiens ou glandulaires. 

Nous avons prdvu les objections que l’on peut faire k cette assi¬ 
milation (Presse mdd. 1903. 14 f6vr.), et il n’en est aucune qui ne 
puisse etre repoussde. 

On pourrait objecter, par exemple, que la clavelde est une maladie 
passagdre, a ldsions gdndralisdes, tandique le cancer est une maladie k 
ldsion localisde dont 1’evolution progressive aboutit k la mort. Mais 
nous savons que le ldsion claveleuse peut demeurer limitee k une pustule 
d’inoculation d’un volume dnorme, et que le cancer peut prdsenter, dans 
la carcinose aigue, une marche infectieuse avec gdndralisation pustuleuse 
k tous les tissus. II nous sera en outre permis d’appayer notre argu¬ 
mentation sur l’existence de nos inclusions dans le protoplasma des 
cellules dpithdliales proliferdes et sur la possibilitd de leur role para¬ 
sitaire. Cette hypothdse du sidge intracellulaire et de la nature para¬ 
sitaire vraie du virus claveleux ne s’appuie pas seulement sur la 
prdsence de ces inclusions; d’autres parasites sont bien ddterminds, 
comme les levfires, capables de provoquer des prolifdrations cellulaires 
intenses, avec hypertrophie et nous avons montre (Presse mdd. 1903. 
14 fevr.) que moins ces parasites vrais sont virulents et plus la pro- 
lifdration cellulaire est intense, durable et localisee au point primitif. 
II nous est done permis de penser que, tandisque le virus claveleux 
pullule rapidement et prdsente une virulence rapidement destructrice 
des cellules, le virus cancdreux bien moins virulent peut vivre longtemps 
dans le cellule cancdreuse parasitde. Celle-ci est en dtat d’excitation 
nutritive et par siute prolifdre, de sorte que Ton comprend que l’accro- 
issement de le ndoplasie se fusse aux ddpens de ses cellules elles- 
memes, e’est k dire in loco, tous les parasites dtant englobds par la 
prolifdration cellulaire que provoque au fur et k mesure une pullulation 
parasitaire peu intense. 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavelSe et l’Epith&ioma claveleux. 671 


Ces considerations nous seront utiles pour r£pondre k une autre 
objection plus considerable en apparence et qui consiste k dire qu’il 
existe une difference radicale entre la proliferation epitheiiale claveleuse 
et le cancer epithelial, parce que les lesions pustuleuses de la claveiee 
sont dfies k la proliferation des epihteiiums propres de chacun des 
organes 16ses tandisque les noyaux cancereux raetastatiques reproduisent 
le type d’une proliferation neoplasiques primitive. Mais la limitation de 
la proliferation cancereuse au point d’inoculation indique que le parasite 
est depourvu de virulence directe ce qui lui permet de demeurer com me 
les parasites vrais, enferme pendant toute la dur6e de son evolution 
dans la cellule cancereuse. Et comme toute irritation chronique specifique 
determine une excitation nutritive et reproductrice des cellules atteintes, 
il faudra dans l’etude generate des cancers tenir compte de deux faits 
essentiels: l’englobement du parasite dans la cellule et, de ce fait, 
l’excitation reproductrice karyokinetique des cellules neoplastees qui per- 
mettant k celles ci d’englober les parasites nouveaux au fur et k mesure 
de leur pullulation. Si ces cellules neoplasiques parasitees en puissance 
de reproduction penetrent dans un conduit lymphatique elles pourront 
y pulluler comme dans un espace du tissu conjonctif et arriver pro- 
gressivement au ganglion correspondant; on bien quelques unes pourront 
etre prises par le courant lymphatique ou le courant sanguin et pro- 
duire, au loin (grace, k la fois, k leur force de reproduction et k leur 
parasitisme), des foyers nouveaux qui devront reproduire exactement et 
fatalement les caracteres du foyer primitif. Les metastases du 
cancer ne sont done pas autre chose que des greffes de 
cellules neoplasiques parasitees. L’etement virulent est le 
parasite, mais la resistance des cellules et leur force de reproduction 
constituerant un Element, essentiel du dSveloppement du nouveau foyer. 

Si, au contraire, dans la claveiee, l’epitheiium du chaque organe 
prolitere n^oplasiquement pour son compte, e’est parce que les parasites 
tuent les cellules rapidement passent dans le sang il ne s’agit plus ici 
d’une greffe de cellules mais de parasites libres qui abordant une 
surface epitheiiale ne pourront que faire proliterer les cellules 6pitheiiales 
qui la constituent. 

D’ailleurs si l’on etudiait plus attentivement les cancers k Evolution 
rapide nous pensons que l’on trouverait plus souvent qu’on ne croit des 
localisations multiples dues k des proliferations des epitheliums locaux. 
Nous avons, en particulier, observe un cas d’epitheiioma atypique glan- 
dulaire du sein evoluant au voisinage d’un epithelioma pavimenteux 
lobute k globes epidermique; nous avons vu une tumeur epitheiiale 
glandulaire du corps uterin evoluer avec un sarcome fuso-cellulaire. 

Si Ton etudie, en outre, le cancer et la claveiee, dans certains de 
leurs traits generaux on constate que dans le cancer, comme dans la 
claveiee, il existe une mononucieose tegfcre la proliferation epitheiiale 
paraissant jouer k elle seule, le role de barrtere defensive, qui use par 
son etendue et sa dur6e les forces nutritives de l’organisme pour aboutir, 
sans doute avec l’aide des secretions parasitaires tegfcres mais accumutees, 
k la cachexie terminate. Il faudrait done envisager la tumeur can¬ 
cereuse comme une pustule d’inoculation k developpe- 
ment indefini capable d’envoyer par les vaisseaux des 
greffes de cellules en hypernutrition et parasitees qui 
constitueront l’origine des metastases. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


L’existence d’un Epithelioma parasitaire fait entrer les cancers dans 
la catEgorie des maladies virulentes inflammatoires. Nous avons longue- 
ment dEveloppE ailleurs cette idEe (Presse mEdicale. 1903. 14 fEvr.); 
nous avons montrE la place que la cancer doit occuper dans les stades 
successifs de l’inflammation, et cette Etude en nous faisant passer en 
revue les diffErentes espEces de parasites et leur mode d’action sur les 
tissus nous a dEmontrE encore avec plus de force la nEcessitE d’ad- 
mettre pour la clavelEe l’existence de parasites spEciaux, de parasites 
vrais, non microbiens et a Involution intracellulaire. 

L’inflammation en effet doit etre caractErisEe surtout par la proli- 
fEration et 1’activitE des ElEments cellulaires: tantot ce sont les cellules 
mobiles polynuclEaires et l’on est en prEsence de l’hyperleucocytose 
polynuclEaire caractEristique des maladies mibrobiennes aigiies; tantot 
ce sont des mononuclEaires qui augmentent de nombre en mEme 
temps que prolifErent les cellules conjonctives fixes, pour constituer le 
granulome. II s’agit dans le dernier cas de bacilles k localisation plus 
Etroite, k vie plus durable, mais d’action nEcrosante comme le bacille 
tuberculeux. A mesure que la virulence du parasite diminue, on voit t 
la prolifEration conjonctive augmenter de volume et de durEe; elle peut 
aboutir k la formation de tumeurs volumineuses, avec les levures qui 
reprEsentent le type parfait du parasite intracellulaire peu toxique. Cette 
constatation vErifie done complEtement ce que nous disions, dans notre 
comparaison de la clavelEe et du cancer. 

Mais les levftres sont non seulement susceptiles de former des tu¬ 
meurs conjonctives; elles paraissent pouvoir provoquer la formation de 
tumeurs adEnomateuses Etendues (Wlaeff). Mais ces formations ne 
paraissent pas dEpasser le stade de 1’adEnome, l’on n’a pas prouvE leur 
virulence et l’examen histologique montre au contraire que les cellules 
EpithEliales ne renferment pas de levfires. II s’agit sans doute de 
phEnomEnes d’irritation de voisinage qu’il est possible de rapprocher des 
papillomes de la vessie dEveloppEs sous I’influence d’ceufs de Bilharzia. 

Ces faits tendent nEanmoins a montrer que ce ne sont pas seule¬ 
ment les cellules mobiles et les cellules fixer conjonctives qui rEagissent 
derant les agents inflammatoires mais aussi la cellule EpithEliale et avec 
des caractEres importants de volume et de durEe. Ils laissaient entre- 
vois la possibility pour les EpithEliums de constituer, par eux seuls, et 
primitivement, une stade nouveau et diffErenciE du processus inflamma- 
toire. Avec lepithElioma claveleux nous avons Etabli definitivement 
l’existence de cette Etape EpithEliale des processus inflammatoires qui 
fait entrer le cancer dans les maladies inflammatoires parasitaires. Et 
comme aucun des parasites connus y compris les levftres n’est capable 
de provoquer ces nEoformations EpithEliomateuses nous sommes amenEs 
k admettre l’existence d’un parasite spEcial qui, d'aprEs les caractEres 
memes des nEoformations doit etre un parasite vrai, un hote de la cel¬ 
lule a laquelle il donne sa virulence et sous aptitude k proliferer. Nos 
inclusions rEpondent k ces conditions et elles n’agissent pas autrement 
que Coccidium oviforme auquel nous avons vu produire d’Enormes 
prolifErations adEno-papillomateuses et qui, vivant dans les cellules dont 
il active la nutrition, ne les tue qu’au bout d’un temps trEs long et 
autant par compression que par Epuisement. 

Mais ce n’est pas seulement dans la clavelee et le cancer que se 
montrent ces proliferations EpithEliales parasitaires spEciales. Nous av< 
prouvE qu’il existait tout un groupe de maladies, la variole, la vacc 


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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavelSe et l’Epitheiioma claveleux. 573 

la fifevre aphteuse la syphilis ... qui presentent non seulement les m£mes 
caract^res histologiques, mais les memes traits symptdmatiques g6n6raux 
et sp6ciaux (chancre d’inoculation, Eruption pustuleuse), la meme formule 
leucocytaire, la m£me possibility de septic6mie passagfcre aprfcs locali¬ 
sations plus ou moins longue au niveau de l’accident primitif; enfin des 
parasites de mSme ordre, de meme structure, se retrouvent dans les 
cellules n£oplasiques qui constituent les lesions de chacune de les ma¬ 
ladies. II s’agit done lit d’un groupe homogbne que nous avions d4sign4 
sous le nom de «maladies k sporozoaires». Ce titre nous paratt 
toujours juste, mais en attendant que la forme devolution S, chromatozo'ites 
volumineux soit d£couverte nous d^signerons le parasite d’apr&s le carac- 
tfcre essentiel des factions qu’il provoque et qui est de faire proli- 
fdrer les cellules, d’oii le nom de bryocytobe on plus euphonique- 
ment (bryocyte (de pqveiv, faire prolifyrer, xwog, cellule). Le nom 
de bryocytoses ou maladies bryocytiques permettra done de 
dysigner ie groupe morbide nouveau que nos recherches ont ytabli 1 ). 


Xa%62i.de explicative dee planches. 

Planche I. 

Figure 1. Coupe de pustule cutanee; partie superficielle (Zeiss, 
obj. imm. bom.; oc. 6. comp.). Coloration par rh6mat£ine-4osine: co, co, lames cor- 
n6es superficiellee d^pourvues de noyau; d, d, fragments de chromatine disperses dans 
le protoplasma et entour£s d’une z6ne claire; bo, bo, noyaux v6siculeux dont la chroma- 
tine exsud^e forme des gouttelettes autour de la membrane nucl&iire; glo, glo, globes 
corn^es k cellule centrale hydropique renfermant une inclusion parasitaire nucl6ee in; 
np, noyau v&iculeux, vid6 et recroquevill4 dans la cellule v&iculis6e ( ves ); ve, ve, cel¬ 
lules en d6g6n6rescence v4siculo-granuleuse; no, noyau v^siculeux; c, c, noyaux hyper- 
chromatiques en soie de disparition; h, noyau dont la chromatine dissonte a fortement 
p&li; x, cellule la transformation colloido-cornee; hi, t, li, parasite nucl6£. 

Figure 2. Coupe de pustule pulmonaire jeune (Zeiss, obj.; oc. 6. 
comp.; coloration par rh^matoxylin ferrique de Heidenhain): bo, volumineuse 
bourgeon 6pith61ial forme de cellules atypique et remplissant la plus grande partie de la 
lumiere bronchique; in, in, inclusions enfermees dans les cellules 6pith61iales; n, w, 
noyaux en d6g6n6rescence v6siculeuse; bas , basale conserve; p, p, leucocytes et debris 
de leucocytes (dl): cl, cl, grandes cellules conjonctives claveleuses; en, en, grandes cel¬ 
lules claveleuses d’origine endoth&iale; alv, alv, alveoles pulmonaires rev&us on remplis 
par une proliferation avec hypertrophie intense des cellules £pitheliales; apl, alveole 
pulmonaire absolument rempli par la proliferation de cellules volumineuses et atypiques. 

Planche II. 

Figures 1 k 14 Racl&ges de pustule cutanee fixes par le Flemming sans dessicution 
et colores par la safranine anilinee et le picro-indigo-carmin; Zeiss, obj. imm. horn, 
oc. 12. comp. 


1) II sera interessant pour le lecteur de prendre connaisBanee de nos travaux de- 
puis 1900 (C. R. Soc. de Biol., Arch, de med. exper., Presse med. 1903. 14 f6vr.), et de 
fire ensuite le memoire de Borrel paru dans le No. du 25 fevrier des Annales de 
Tlnstitut Pasteur. On y retrouvera toutes nos idees, en particulier la constitution du 
nouveau groupe morbide que j’ai cependant 6tablie d&s 1901; on y retrouvera P6tude de 
nos inclusions dont notre premiere description remonte k 1900; on y retrouvera la de¬ 
scription des lesions 6pitheliales claveleuses des organes dont nous avons commence la 
description m&hodique en 1901, et tout cela, sans que nos recherches soient m&me sig¬ 
nages, comme si on voulait laisser penser au lecteur que rien n'a 4t4 fait auparavant. 
Nous nous trompons cependant: Borrel veut bien dire que nous avons trouv6 des 
parasites dans le sang et il le dit de telle fa^on qu’il semble que nous rien ayons trouv6 
que Ik, et il le dit aussi pour pouvoir — sans aucune preuve — nier la virulence du 
sang. Il se demande m£me «ce que Bose veut demontrer* en nous lancant k la t£te 
des exp&rimentateurs «qui ont fait leur preuve*. Nous avons trop Thabitude de respecter 
les travaux des autres pour que nous laissions jamais sans reponse des proc6d& que 
nous livrons au jugement des hommes impartiaux. 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 43 


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674 


Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 


Figure 1. Cellule dpithdliale renfermant une inclusion homogtne et nucltte de 
petite taule (a); ha, zone hyaline ptripherique; n, noyau vtsiculeux. 

Figure 2. Cellule qui renferme une inclusion homogtne volumineuse, entourde 
d’une zone hyaline plus vaste et renfermant un noyau k chromatine rayonnte. 

Figure 3. L’inclusion intracellulaire ( gr , fig. 3), presente 2 parties: Tun centr&le 
renferme le protoplasma homogfene et nucltt et l’autre de fines granulations. 

Figure 4. II ne reste de lapartie cent rale de l’inclusion que deux masses rtsi- 
duelles (x); le noyau, achtve de se diviser dans la partie granuleuse pdriphdrique du 
protoplasma. 

Figure 5. La masse finement granuleuse se divise autour dee fragments nuclt- 
aires (r) en granulations extrbmement fines, invisibles (chromatozo'ites). 

Figure 6. Cette division aboutit k la formation de corpuscules nucltts (ch) iden- 
tiquee k ceux que nous avons prbs comme point de depart (a, fig. 1, pi. I). 

Figure 7. Inclusion volumineuse k gros noyau rayon nt (a). 

Figure 8 et 9. Inclusions en voie ae karyokinbse; ce corps centrosomiques (?). 

Figure 10 et 11. La chromatine rayonnte s’ttale en un long cordon (a, fig. 11 
et t, fig. 12) qui se subdivise en petits fragments (cl, fig. 13); ces fragments deviennent 
ronds et se aisposent en chapelet des fines granulations autour de lamasse rtsiduale 
(% 14). 

Figure 15. Coupe d’une pustule cutante: a, vacuoles protoplasmiques; 
n, », noyau vacuolisds, avec condensations en boules de la chromatine; gr, gr, inclusions 
de structure trfes precise avec des grains de chromatine disposes vers la p£riph£rie 
(rouge de Magenta phtnique picro-indigo-carmin; Zeiss, obj. imm. horn.; oc. 12 comp.). 

Figure 16. Coupe de carcinome claveleux de la mamelle: t,t , boyaux 
cellulaires epitheiiaux; v, v, vaisseaux. 

Figure 17. Partie conjonctive oedtmatite profonde de la pustule: 
d, cl, cl, grandes cellules conjonctives claveleuses, avec ou sans prolongement visibles (pr) 
et qui en s’anastomosant forment unetrame l&che; n, n, n, noyaux vtsiculeux; in, in, 
in, mclusions nuclttes; mo, mo, leucocytes mononuciets (Flemming, coloration par la 
safranine anilinte suivie de picro-indigo-carmin; Zeiss, obj. imm. homog.; oc. 12 comp.). 
(Les figures de cette planche II ont ttt prtsentts k la Soc. de Biol, le 1. ftvr. 1902.) 


Blanche III. 

Figure 1. Coupe de pustule du foie: debut de lesion tpithtliom a- 
teuse: cl, cl, grandes cellules en hypertrophie claire; a, a, a, a, boyaux et amas de 
grandes cellules atypiques, claires ou demiclaires, desorienttes; k, cellule hyper trophite 
en voie de karyokinese un niveau d’un point de proliferation; tra, tra, travtes ntpatiques 
encore reconnaissables; en t, t, t, on saisit la transformation de la cellule hepatique 
normale, en cellule hypertrophite claire, puis en cellule atypique; rio, cellule hepatique 
en karyokinese; cp, cp, capillaires k cellules endothtliales transformtes en grandes cel¬ 
lules claveleuses (safranine, picro-indigo-carmin; Zeiss,.obj. imm. horn.; oc. 6 comp.). 

Figure 2. Adtnome du poumon: p, p, alveoles remplis de cellules 6pith6- 
liales vofumineuses et claires (hypertrophie claire); al, al, alveoles qui presen tent 
encore une lumitre et ressemblent k un coupe d’acinus de glande sous maxillaire; c, c , 
grandes cellules claires; /, bourgeonnement cellulaire aboutissant k la formation d’un 
nouvel acinus; n, n, n. cellules k gros noyau formant la limite des acini (safranine, 
picro-indigo-carmin; Zeiss, obj.; oc. 6 comp.). 

Figure 3. Epithelioma claveleux du poumon: la figure est constitute 
par de volumineux amas ou lobules tpithtliaux forints de cellules atypiques (lob, lob, 
lob ) st parts par de fins tractus conjonctifs qui partent de loin en loin aes travtes plus 
tpaisses (co, co) mais de plus en plus dissocites par la proliferation tpithtliale. Les 
fms tractus sont distendus de plus en plus par cette proliferation, s’usent, disparaissent 
par endroits de fa$on que les amas tpitheiiaux forment des nappes de plus en plus 
considerables (safranine, picro-indigo-carmin; Zeiss, obj.; oc. 6 comp.). 


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Centralblati f. Bakteriologie A bt. I. Bd. XXXIV. 


F. J. Bose , Epitheliomasparasitaires. Taf. I. 



Verlag tod Gnatav Fischer, Jena. 


P. WciM, Uth.,J«n«. 



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Centralblattf BahteriologieAbt. I. Bd. XXXIV. 


F. J. Bose, EpitMliomas parasitaires. Taf II. 


,, Fi S- '■ h Fig. 2 . Fig. 3 . , -a, Fig. 4 . 



Veriag tod Gustav Fischer, Jena. 


P.WciM,Uth.,Jina. 













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Centralblatif Bakteriologie Abt. I Bd. XXXIV 


F. J. Bose, Epitheliomas parasitaires. Taf. Ill 



Wring ron Gnatav 


P. Welts, Llth.,«lar 


F&-3- 


Fig. i. 


Fig. 2 . 














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Herzog, Die Abschw&chung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc. 


675 


Nachdruck verboten. 

Die Abschwachung der Saugetiertuberkulosebacillen 
im Aaltbliiterorganismus. 

[Aus der Untersuchungsstation des k. Garnisonlazarettes Wflrzburg. 

Stabsarzt und Privatdozent Dr. DieudonnA] 

Von Dr. H. Herzog, k. bayr. Assistenzarzt. 

Mit 1 Tafel. 

(SchluB.) 

Serie A. 

3 Frftsche wurden infiziert am 24. Oktober 1901. 

(1 ccm der Emulsion totet ein 450 g schweres Meerechweinchen in 24 Tagen an 
generalisierter Tuberkulose.) 

I. Frosch 1 wird nach 25 Tagen getotet (19. November 1901). 

Ausstrichpraparate ergeben in alien Organen Tuberkelbacillen. 

Mit Leberbrei — 2 ccm der Emulsion — wird infiziert am 20. No¬ 
vember 1901 Meerscbweincben 2; Gewicht 500 g. Tod nach 28 Tagen 
(18. Dezember 1901). 

Starke Abdominal tuberkulose; grofie Milz; samtliche Drusen teils markig ge- 
scbwellt, teils verkast. Pericarditis serosa; Lungen frei. 

II. Frosch 2 geht nach 180 Tagen ein (23. April 1902). 

Ausstrichpraparate ergeben in alien Organen Tuberkelbacillen. Eine etwa klein- 
kirechgrofle Cyste am Rttcken, mit einer rotbraunen, schmierigen Masse gefiillt, zeigt 
im Ausstriche ungeheuere Mengen, fast Reinkulturen, von Bacillen. 

Mit Leberbrei 4- Cysteninhalt wird infiziert am 23. April 1902 
Meerschweinchen 3, 590 g Gewicht 1 . „ 

. 4, 460 ; . j j* 2 “m 

Meerschweinchen 3 wird nach 100 Tagen getotet (3. August 1902). Ge¬ 
wicht 620 g. 

Im Peritoneum parietale, hauptsachlich um die Injektionsstelle gruppiert, erbsen- 
bis kirschgroBe Knotein von weiS-gelblicher Farbe; auf dem Durchsclmitt quillt dicker, 
gelblicher Brei hervor; Leber ubereat von zahlreichen, stecknadelkopfgrofien Knotchen. 
Milz von gehoriger GroBe, Kapsel runzelig; auf dem Durchschnitte Tulpa eingesunken, 
Follikel deutlich sichtbar. Nieren und Lunge ohne pathologischen Befund. In dem 
Brei der Knoten im Peritoneum sparliche, doch deutlich gefarbte, zum Teil in Zerfall 
begriffene Stabchen durch Ausstrichpraparat nachweisbar. Drusen leicht geschwellt. 

Meerschweinchen 4 geht nach 134 Tagen ein (5. September 1902). 
Gewicht 530 g. 

Peritonealtuberkulose wie eben beschrieben; Lebertuberkulose; grolBe, stark ver- 
kaste Milz; samtliche Drusen geschwellt, zum Teil kasig eingeschmolzen; ausgedehnte 
Hodentuberkulose; Lungen tuberkulose. Ausstrichpraparate aus Bauchfellknoten und 
Hodeneiter ergeben positiven Tuberkelbacillenbefuna. 

III. Frosch 3 geht nach 191 Tagen ein (4. Mai 1902). 


Ausstrichpraparate aus Lymphsackgranulationen und inneren Organen ergeben 
positiven Tuberkelbacillenbefund. 

Mit Leberbrei -f- Lymphsackgranulationen + Exsudat wird infiziert 
am 5. Mai 1902 

Meerschweinchen 5, Gewicht 270 g, 4 ccm 

* 6, „ 400 „ 2 „ 

v V, „ 450 „ 4 „ 

Meerschweinchen 5 ar^bt nach 132 Tagen ein (15. September 1902). Ge- 


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43* 



676 


Centraibl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 


Leber atrophisch, mit grofleren und kleineren verkfisten Knotchen durchsetzt. Milz 
vergrofiert, dunkelrotbraun, mit kasigen Einlacerungen. Lungentuberkulose; Pankreas 
markig geschwellt. Retroperitoneal- und BronchialdniBen gerotet und geschwellt. Nieren 
ohne Refund. 

Meerschweinchen 7 geht nach 192 Tagen ein (15. November 1902)* 
Gewicbt 420 g. 

Peritonealtuberkulose; Lebertuberkulose; Milz vergrbfiert, mit verkasten Ein- 
lager ungen. Bparliche Kaseherde in den Lungen. Driisen geschwellt bezw. verkast. 

Meerschweinchen 6 geht am 20. Februar 1903 ein (nach 291 Tagen). 
Gewicht 390 g. 

Geringe Peritonealtuberkulose; Milz vergrofiert, mit grbfieren und kleineren, zum 
Teil stark verkasten Knoten; Lebertuberkulose; diskrete Lungentuberkulose; Driisen 
geschwellt, teilweise verkast. 


6 

fc 

§ 

& 

Material 

Dosis 

Gewicht am 
Impftage 

Gewicht nach 
der 8. Woche 

Gewicht 

post mortem 

Tod erfolgte 

nach — Tagen 

Durchschnittl. 

Krankheitsdauer 

der Meer¬ 

schweinchen 

Zeit des Ver- 

weilens der Tu¬ 
berkelbacillen im 
Froschkftrper 

2 

24. Okt. 1901 

Frosch 1 

2 ccm 

500 

— 

— 

28 

28 

25 

3 

23. April 1902 

» 

2 

2 „ 

450 

550 

530 

109 

| 117 

180 

4 

23. „ 

1902 

tj 

2 

2 „ 

470 

590 

620 

134 

5 

5. Mai 

1902 


3 

4 „ 

270 

460 

370 

132 

1 205 


6 

5. „ 

1902 


3 

2 „ 

400 

490 

390 

291 

191 

7 

5. „ 

1902 

ft 

3 

4 „ 

450 

520 

420 

192 

1 



Verhalten der Tuberkelbacillen in den Froschorganen. 

Frosch 1. Leber: In jedem Gesichtsfelde zahlreiche Bacillen 
sichtbar; sie liegen meist diffus im Gewebe, seltener in kleinen Kolo- 
nieen, sehr h&ufig im Innem von Zellen, zuweilen in grOBerer Anzahl, 
so daB dieselben wie vollgepfropft mit Pilzen aussehen. Die Mehrzahl 
der GefhBe zeigt die verdickten und hyalin verbreiterten W&nde mit 
reichlichen Bacillen besetzt. Neben gut erhaltenen, typischen Formen 
sieht man Pilze mit knopffdrmigen Anschwellungen, teils an einem Oder 
beiden Enden, teils in der Mitte, kniefdrmig gebogene oder mit seit- 
lichen Verzweigungen versehene. Ab und zu scheinen die Pilze nur 
mehr aus einzelnen, aneinander gereihten Kornchen zu bestehen, wobei 
die sonstige Form und GrdBe der Tuberkelbacillen erhalten ist, Oder 
aber sie erreichen nur die halbe, den 3. und 4. Teil der GroBe der gew5hn- 
lichen Pilze. 

Frosch 2. Leber: Ueber den ganzen Schnitt zerstreut in alien 
Gesichtsfeldern ziemliche Mengen von Tuberkelbacillen. Sie zeigen fast 
ausnahmslos Zerfallserscheinungen, sind sehr klein, schmal, &ufierst zart 
und schlank, gekbrnt, nur mehr aus einzelnen Kriimeln bestehend, aber 
deutlich gefarbt; auch in den Wandungen der Gef&Be und innerhalb 
derselben zwischen den Blutzellen Pilze. Schon, gut erhaltene Formen 
finden sich nur ganz sparlich; groBere Anh&ufungen fehlen; die An- 
ordnung ist eine diffuse. 

Die oben erwahnte Cyste in der Riickenhaut besteht aus einem 
derben, bindegewebigen Mantel, daran anschlieBend ein tuberkuldses, 
zum Teil nekrotisches Granulationsgewebe. Dieses ist mit einer Un- 
masse von Bacillen durchsetzt. Vielfach liegen sie in groBen Haufen 
beisammen, stark ineinander verfilzte Knoten und Zdpfe bildend — ein- 
gespritzte Kulturbrdckel; andererseits erscheinen sie diffus fiber das 


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Herzog, Die Abschw&chung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc. 


677 


Gewebe ges&t. Hier sind zahlreiche deutlich gef&rbte, gut erhaltene, 
zierliche Stabchen sichtbar, besonders an der Peripherie der grofien 
Eolonieen; daneben auch Pilze in alien Uebergangsstadien bis zu den 
bereits beschriebenen Kriimel- und Kdrnchenformen. Die Bindegewebs- 
kapsel und die dartlber liegende Riickenhaut sind bis in ihre obersten 
Zellschichten von Pilzen durchsetzt. 

Frosch 3. Leber: Schnitte durch das Organ zeigen ganz die- 
selben Verhfiltnisse, wie eben beschrieben; nach Untersuchung zahl- 
reicher Pr&parate gewinnt man den Eindruck, daB die .Bakterien an 
Zahl geringer sind wie bei Frosch 2. 

Die zum Teil mit zur Impfung beniitzten Granulationen aus 
dem Lymphsacke bestehen aus netzfdrmig angeordneten Binde- 
gewebsstr&ngen; die Maschen sind entweder leer Oder mit grofien 
epitheloiden Zellen, kleinen Rundzellen und Detritusmassen angefiillt 
und mit Kndtchen von echtem epitheloidzelligen Bau durchsetzt. In 
diesem Gewebe finden sich allenthalben reichlich Tuberkelbacillen, 
grdfiere zusammengesinterte Bacillennester neben vereinzelten regellos 
zerstreuten Pilzen. Alle mdglichen Formen — gut erhaltene und deut¬ 
lich gef&rbte, an den Enden kolbenformig aufgetriebene, mittel- und 
endst&ndig gekndpfte, verzweigte, gegabelte Edrnchenbildungen — er- 
innern an die im Lebergewebe gesehenen Bacillen ver&nderungen. 

Die Untersuchung derilbrigen Organe ergab dieselben Resultate: 
In der M i 1 z waren durchweg die Bacillen sehr reichlich, in der N i e r e 
sp&rlicher und in verschiedenen Praparaten sehr verschieden an Zahl 
(Frosch 3); ebenso in der Lunge. Bei Frosch 1 waren in manchen 
Gesichtsfeldern von Lungenschnitten gar keine Tuberkelbacillen auf- 
findbar, in anderen nur vereinzelte, dann wieder grdfiere Ansammlungen. 
Schnitte durch die Magenwandung von Frosch 2 ergaben sowohl 
im serdsen Ueberzug wie zwischen Muscularis und in der Schleimhaut 
iiberall Bacillen. Querschnitte durch den Darm von Frosch 3 zeigten 
in alien Schichten sp&rliche Anwesenheit von Pilzen. 

Serie B. 

8 Frosche (4—11) werden infiziert am 7. Februar 1902. 

1 ccm der Emulsion totet ein 590 g schweree Meerschweinchen nach 86 Tagen. 

IV. Auf dem Transports Wiirzburg-Munchen gehen 5 Tiere am 
27. Februar 1902 ein nach 20 Tagen. 

Mit Leberbrei von Frosch 4 und 5 wird infiziert am 28. Februar 
1902 Meerschweinchen 8, Gewicht 380 g, 2 ccm Emulsion. Tod nach 
61 Tagen (30. April 1902). 

Peritonealtuberkulose; Tuberkulose samtlicher Bauchorgane; Driisen zum Teil 
stark verkast; Lungentuberkulose. 

V. Frosch 6 und 7 werden nach 96 Tagen getbtet (15. Mai 1902). 

Mit Leberbrei werden infiziert am 15. Mai 1902 

Meerschweinchen 9, Gewicht 390 g \ 

„ 10, „ 430 „ > je 4 ccm 

» 11, a 430 J 

Meerschweinchen 9 geht nach nach 57 Tagen ein (11. Juli 1902). Ge¬ 
wicht 380 g. 

In der Bauchhohle etwa 30 ccm hellgelber, serfiser Flfissigkeit. Serosa parietalis 
mit einer ziemlichen Anzahl bis fiber erbsengrofier gelblicher Kndtchen durchsetzt, die 
auf dem Durchschnitt breiige Einschmelzung zeigen. Milz vergrdfiert, brfichig, von 
kasigen Knoten durchsetzt; ebenso Leber. In den Lungen vereinzelte verkaste Herde 
sfimtiiche Driisen affiziert. 


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678 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 


Meerschweinchen 10 — sehr schwer krank — wird nach 63 Tagen 
getotet (18. Juli 1902). Gewicht 410 g. 

Tuberkulose dee Peritoneums und der Bauchorgane; Lunge und Nieren makro- 
skopisch frei. Driisen geschwelit. 

Meerschweinchen 11 geht nach 95 Tagen ein (19. August 1902). 

Gewicht 310 g. 

Kleinknotige Tuberkulose des Peritoneum parietale; Milz atrophisch, Follikel ge- 
schwellt: im Gewebe vereinzelte, etwa linsengrofie Tuberkel. Leber mit kleinen Knot- 
chen beaeckt. Nieren makroskopisch frei. Lunge zeigt einige Herde, sowie fibrinbse 
und fibrose Adhasionen mit der Pleura costalis. Drusen gesehwellt. 

VI. Frosch 8 wird nach 149 Tagen getotet (7. Juli 1902). 

Mit Leberbrei wird infiziert am 7. Juli 1902 

Meerschweinchen 12, Gewicht 570 g, 4 ccm 

* 13, „ 410 „ 3 „ 

„ 14, „ 680 „ 5 „ 

Meerschweinchen 14 geht nach 69 Tagen ein (15. September 1902). Ge¬ 
wicht 520 g. 

Abdominaltuberkulose; Driisentuberkulose; Lungen frei. 

Meerschweinchen 13 geht nach 153 Tagen ein (8. Dezember 1902). 
Gewicht 450 g. 

Im Peritoneum parietale ein etwa pfennigstiickgroBer kasiger Herd — Injektions- 
8telle. Milz sehr groB, 8:4 1 /. cm, stark verkast. Leber mit zanlreichen kleinen Knot- 
chen durchsetzt, die zum Teil zu groBeren kiisigen Herden konfluieren. In der Lunge 
vereinzelte kleine, graue Knotchen. Drusen teilweise verkast. 

Meerschweinchen 12 geht nach 92 Tagen ein (9. Oktober 1902). 
Sektion unterblieb wegen meiner Abwesenheit von Miinchen. 



8 

1. Marz 19021Frosch 4 u. 5 

2 ccm 

380 

- 

320 

61 

61 

20 

9 

15. Mai 1902 

0 if i 

4 „ 

390 

— 

380 

57 

| 

i 

10 

15. „ 1902 

ii 6 „ 7 

4 „ 

430 

— 

410 

63 

72 

1)6 

11 

15. „ 1902 

»» 6„ 7 

4 „ 

430 

520 

310 

95 

1 

1 

12 

7. Juli 1902 

Frosch 8 

4 •> 

570 

580 

550 

92 

1 

| 

13 

7. „ 1902 

,, 8 

3 „ 

410 

505 

450 

153 

105 

149 

14 

7. „ 1902 

8 

I ^ » 

680 

600 

520 

69 

I 



Yerhalten der Tuberkelbacillen in den Froschorganen. 

Frosch 4 und 5. Leber: Sparliche Anwesenheit von Bacillen, 
nicht in jedem Gesichtsfelde auffindbar, in anderen sehr vereinzelt. 
GroBere Ansammlungen oder Haufchenbildungen wurden nicht gesehen. 
Bei Frosch 5 schienen die Pilze etwas reichlicher zu sein. 

Frosch 6. Leber: In jedem Gesichtsfelde zahlreiche Bakterien, 
frei im Gewebe oder in Zellen eingeschlossen; auch AnhSufungen und 
kleine BacillenklQmpchen finden sich verschiedentlich. Ueber die Form 
gilt das bereits Gesagte: Typische Mikroben selten, dagegen alle m5g- 
lichen Variationen, das eine Ende keulenformig angeschwollen, das andere 
in kleinen Kornchen endend, durch Aufeinanderlagerung und Anein- 
anderreihen von mehreren Pilzen die wunderlichsten Formen bildend. 

Frosch 8. Leber: Zwar in jedem Gesichtsfelde Pilze, aber nicht 















Herzog, Die Abschwftchung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc. 


679 


so zahlreich wie bei Froscb 6. Kleine Pilzhaufchen nicht selten um 
vereinzelte Pigmentzellen herum. Das Gewebe ist weniger stark von 
Bakterien durchsetzt, doch sind sie entschieden zahlreicher wie in den 
von Frosch 4 und 5 erhaltenen Praparaten. 

Schnitte durcb die Milz von Frosch 4 und 5 ergaben einigemal 
reichUche Anwesenheit von Bacillen in diffuser Anordnung, dann wieder 
sparliche Oder sehr vereinzelte. Das namliche Verhalten zeigen Pr&- 
parate von den Lungen: entweder zerstreut liegende Pilze in m&Biger 
Zahl, besonders zwischen den Zellen der Kapillaren, oder einige grofie 
Bakterienhaufen im Lumen derselben. In derNiere sind die Bakterien 
nur sparlich auffindbar, am deutlichsten noch innerhalb der GeffLBe 
zwischen den Blutkdrperchen. Aehnliches Verhalten zeigen Ho den, 
Niere und Lungen von Frosch 8. Dagegen in Milz (Frosch 8) 
wieder zahlreiche Pilze. Im Vergleiche zu diesen Befunden zeigen die 
Organe von Frosch 6 und 7 eine enorm grofie Menge von Tuberkel- 
bacillen: Die Milz ist fibers&t von einer Unmenge von Mikroben, meist 
zu kleinen Nestern vereint, in alien beschriebenen Degenerationsstadien, 
ebenso sind in den Nieren neben zahlreichen, vereinzelt im Gewebe 
liegenden groBe Anh&ufungen — Riesenkolonieen — mitten im Gewebe, 
in Glomerulis oder innerhalb von Harnkanalchen. In diesen Kolonieen 
linden sich viele gut erhaltene Formen. Auch in Lunge und Hoden 
reichlich Bakterien; in letzterem Organe besondert schon verzweigte und 
Y-f6rmige Formen, verfilzte und zusammengeballte Pilzklflmpchen. 
Zwischen den Muskelfibrillen des Herzens, im Perikard und Endo- 
kard fiberall Tuberkelbacillen auffindbar. 


ZusammeDfassende Tabelle. 


1 

Frosch i 

Meer- 

schweiuchen 

Verweilen 
der Tuberkel¬ 
bacillen im 
Kaltbluter 

Dauer der 
Erkrankung 
der Meer- 
schweinchen 

Bern erkun gen 

4 a. 5 

8 

20 

61 


1 

2 

25 

1 28 


i*) 

1' 

60 

56 

getotet und gesund befunden 

6 u. 7j 

9 

10 

11 

| 96 

72 

No. 11 Milz klein, atrophisch 

8 { 

12 

13 
i 14 

| 149 

106 


2 { 

3 

und 

4 

} 180 

117 

No. 3 Peritonealtuberkulose; Milz nicht ver- 
grofiert, makroskopiBch ohne Einlagerungen 

3 { 

5 

6 

7 

| 191 

205 



Ueberblicken wir nun die Ergebnisse unserer Untersuchungen, so 
ist damit neuerdings die bereits von verschiedenen Seiten augegebene 
Tatsache bestfitigt, dafi SSugetier-Tuberkelbacillen auf Kaltblfiter verimpft, 
sich sehr lange Zeit — bis fiber 190 Tage — virulent erhalten konnen. 


1) Mitgeteilt: Herzog, Zur Tuberkulose im Kaltbliiterorganismus. (Centralbl. f. 
Bakt. u. Paraeit. Bd. XXXI. 1902. p. 78.) 


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Centr&lbl. f. B&kt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 7. 


Die Angaben Sions scheinen mir damit in keiner Weise in Widerspruch 
zu stehen, sondern sie vielmehr zu stiitzen: „hat er ja doch noch 9 l /j 
Monate nacb der Impfung infektionsf&higes, verhaltnism&Big sehr viru- 
lentes Material aus der Inokulationsstelle erhalten“. (Versuch VII und 
Nachtrag.) 

Weiterhin zeigt ein Blick auf die Tabellen, daB die Meerschweinchen 
der Infektion desto spater erlagen, je l&nger die verimpften S&ugetier- 
Tuberkelbacillen im Froschkorper verweilt batten. Diese Tatsache kann 
anf zwei Mdglichkeiten beruhen: 

„entweder werden die dem KaltblQter einverleibten Bakterien von 
dem Organism us allmahlich vernichtet, so daB, je linger dieser Eampf 
gedauert hat, um so weniger Infektionsmaterial jeweils dem WarmblQter 
injiziert wird, und die scheinbar allmahlich sich verlftngernde Widerstands- 
zeit lediglich auf einer fortgesetzten Herabminderung der eingeimpften 
Tuberkelbacillenmengen beruht, 

oder aber die verimpften Bakterien sind sich wahrend ihres Auf- 
enthaltes im KaltblQter an Zahl gleich geblieben, haben aber in ihrer 
Virulenz EinbuBe erlitten und benotigen im Verh&ltnis zur Intensitat 
dieser Schidigung entsprechend l&ngere Zeit zur Entfaltung ihres dele- 
taren EinfluBes auf den WarmblQter. In diesem Falle k&me in der 
verschieden langen Krankheitsdauer der Meerschweinchen die H5he der 
VirulenzeinbuBe zum Ausdruck und wUrde einen direkten MaBstab fQr 
die sch&digenden Momente bilden. u 

Der Entscheid fQr diese beiden Mdglichkeiten wire wohl absolut 
sicher durch zahlenmifiiges Feststellen der Tuberkelpilze in den Schnitten 
zu fQhren, wie es Lubarsch bereits einmal versucht. Obwohl es sich 
damals nur um eine sehr sparliche Menge von Pilzen in den Schnitten 
handelte — 20,5, 2,1 und 21,5 pro Schnitt — ergab die Berechnung der 
Bakterienindividuen fur die eingebetteten Stuckchen resp. die ganze Lunge 
20000, 2100 und 10000 Stibchen, also ganz gewiB Bakterienmengen, 
welche bei genugender Virulenzfihigkeit den Tod von Meerschweinchen 
bewirken mQssen. Eine derartige annihernd exakte Berechnung war 
fQr unsere Versuche infolge der Qberaus reichlichen Anzahl, sowie der 
eigenartigen morphologischen Veranderungen der Pilze ausgeschlossen, 
so daB wir uns lediglich auf ein vergleichendes Abschitzen des Bakterien- 
gehaltes beschrinken mufiten, obwohl wir uns bewuBt sind, daB ein solch 
subjektives Urteil nicht absolut einwandfrei ist. 

Diese Riicksicht mufite bei einer geringen Anzahl von Schnitten mit 
einem spirlichen Bakteriengehalt hoch angeschlagen werden, verliert 
aber sehr an Bedeutung, wenn bei reichlicher Anwesenheit von Pilzen 
in vielen Schnitten von Tieren, die zeitlich so sehr verschiedene Ver- 
suchsdauer aufweisen — 28 bis 191 Tage — keine erhebliche Vermin- 
derung wahrzunehmen ist 

Die Leberschnitte der S e r i e A zeigen nun fQr Frosch 2 eher eine 
Vermehrung, bei Frosch 3, wenn keine Vermehrung, so doch sicher keine 
Abnahme der Pilzzahl gegenuber Frosch 1. Dazu kommt, daB mit der 
Leber von Frosch 2 auch der breiige Inhalt der Cyste, in welchem ganz 
enorme Massen von Bacillen enthalten waren, sowie bei Frosch 3 Granu- 
lationen aus dem Lymphsacke, ebenfalls mit reichlichen Bakteriennestern 
durchwachsen, mit zur Verimpfung gelangten, so daB das Infektions¬ 
material fQr Versuch II und III an Quantit&t dem fQr 
Versuch I sicher Qberlegen war. 

FQr die Serie B haben wir Qhnliche, vielleicht noch deutlichere 


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Herzog, Die Abschw&chung der S&ngetiertuberkuloRebacillen etc. 681 

Verhaltnisse. Die Leber von Frosch 8 zeigt ganz entschieden reich- 
lichere Anwesenheit von Bakterien als die Organe von Frosch 4 und 5, 
und noch weit mehr in die Augen springend ist der Vergleich der Leber- 
schnitte der letztgenannten Tiere mit Frosch 6 und 7. Wir haben hier 
eine ganz auffallend Qberlegene Zahl vonPilzen im ganzen 
Organ, die sich bereits in jedem einzelnen Gesichtsfelde 
deutlich und klar ausspricht. 

AuBer der Leber wurden auch die iibrigen Organe vergleicbend 
der eingehendsten Untersuchung unterzogen. Dabei konnte niemals 
irgend eine Abnahme der Pilzzahl nach l&ngerer Versuchszeit wahrge- 
nommen werden; im Gegenteil zeigte bei Frosch 6 und 7 besonders die 
Milz in alien Schnitten eine so Qberraschende, grdBtenteils zu Nestern 
vereinte Anzahl von Bacillen, ferner auch Lungen, Hoden und Nieren 
eine so reichliche Durchsetzung des Gewebes mit Bakterien, daB wir im 
Vergleiche mit den Organbefunden von Frosch 4 und 5 von einer 
starken Vermehrung der Bakterien sprechen mflssen. 

Wenn nun die Durchschnittsdauer, innerhalb welcher der Tod der 
Meerschweinchen erfolgte, eine stetig aufsteigende ist, so zeigen die ab- 
soluten Zeiten, in welchen die gleichzeitig bei rnoglichst gleichen Vor- 
bedingungen infizierten Tiere der Infektion unterlagen, untereinander 
ziemliche Differenzen, und zwar scheint sich dies um so mehr geltend 
zu machen, je langer die Tuberkelbacillen im einzelnen Falle den 
schadigenden EinflQssen des Kaltblilterorganismus ausgesetzt waren. 
Doch muB dabei vor alien Dingen die individuelle Disposition der Tiere 
in Betracht gezogen werden, der Unterschied des Alters sowie der Ge- 
schlechter — Weibchen haben w&hrend der langen Versuchsdauer zum 
Teil ein Oder mehrmals geworfen — u. s. w. Auch ist bei Uebertragung 
des Impfmaterials auf die Warmbltiter die Austeilung naturgemafi keine 
exakt gleiche, so daB wohl hierin ein weiterer Grund fiir geringe Unter- 
schiede in der Dauer der Erkrankung liegen muB. Wenn wir uns aber 
yergegenwartigen, daB in einem Schnitte nicht 20 Tuberkelbacillen, sondern 
in jedem Gesichtsfelde sich viele Hunderte von Mikroben linden, so 
kommen wir bei einem rechnerischen Ueberschlag der Individuenzahl 
in dem zur Impfung benutzten Materiale zu solch ungeheuren Summen, 
daB trotz der ungleichen Dosierung des Giftes grOBere Schwankungen 
in der Krankheitsdauer wohl nicht ausschlieBlich darauf zuruckzufuhren 
sind. 

Zu weiteren Vergleichen wurde eine neuerliche Serie von Froschen 
mit einer Tuberkelbacillenkultur infiziert; der Herstellung des Impf¬ 
materials — Emulsion — sowie der Austeilung desselben wurde besondere 
Sorgfalt gewidmet. Die Infektion geschah wieder vom Rttckenlymph- 
raume aus. 

Frosch 1 ging nach 5 Tagen, Frosch 2 nach 14 Tagen ein; Frosch 3 
wurde nach 40 Tagen, Frosch 4 nach 90 Tagen, Frosch 5 nach 157 Tagen, 
Frosch 6 nach 173 Tagen getStet. Die Untersuchung der Organe in 
Schnitten ergab eine Bestatigung der bereits beschriebenen Verhaltnisse. 

DaB also eine Minderung der Virulenzfahigkeit von 
Saugetiertuberkelbacillen nach langerem Aufenthalte im 
Ealtbluter eintritt, scheint durch die angegebenen Impf- 
versuche zweifellos festgestellt. Der Beweis aber, daB diese 
Abschwachung eine dauernde ist, die nicht schon in der nachsten 
Generation wieder verloren geht, laBt, sich nur durch Gewinnung von 
abgeschwachten Reinkulturen erbringen, eine Forderung, die besonders 


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Central!)], f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 7. 


Lubarseh wiederholt betont hat. Zu diesem Zwecke wurden ver- 
schiedene Serien von Tieren angelegt, um aus den Organen zu ver- 
schiedenen Versuchszeiten Reinkulturen zu gewinnen. Organteile wurden 
zur Kontrolle in jedem einzelnen Falle in Schnitten untersucht, die aus- 
nahmslos die wiederholt angegebenen Verhaltnisse feststellen lieBen. 
Die Organe wurden unter vollstandig aseptischen Kautelen mit aus- 
geglQhtem, noch heifiem Instrumente durchschnitten, die Stflcke in 1-proz. 
Karbollosung und zwei sterilen Wdssern gewaschen und dann Ausstriche 
auf Glycerinagar und H e y d e n - Agar gemacht. Beobachtung bei Zimmer- 
temperatur, 22° und 37°. Trotz sehr zahlreicher Versuche gelang nicht 
eine einzige Kultur; fast alle waren bereits am 2. Tage mit FSulnis- 
bakterien ttberwuchert. Auch Ausch6 und Hobbs (13) hatten bei 
ihren Kulturversuchen stets negative Resultate. Versuche, die Saugetier- 
tuberkelbacillen von Frosch auf Frosch weiter zu ubertragen, um durch 
wiederholte Passage die Anpassung an den KaltblQter zu erleichtern 
und zu festigen, wurden aufgegeben, da in 4 Fallen je 3 derartig vor- 
behandelte Tiere spontan innerhalb 3 Tagen eingingen. Vor kurzem 
hat Dieudonnd (14) sehr interessante Resultate tiber diese Fragen 
bekannt gegeben. Fflr die Erlaubnis, dieselben hier zu verwerten, sowie 
fflr das fortwahrende rege Interesse w&hrend der Dauer meiner Unter- 
suchungen fQhle ich mich Herrn Stabsarzt, Privatdozent Dr. Dieudonnd 
zu ganz auBerordentlichem Danke verpflichtet. 

„Wahrend nach Verimpfung der Bacillen der Fischtuberkulose 
Frbsche fast ausnahmslos, wenn auch nach langerer Zeit eingehen, wobei 
sich in den Organen zahlreiche Kn&tchen finden, bleiben diese Tiere bei 
Verimpfung von Saugetiertuberkelbacillen fast stets am Leben. Totet 
man aber einen mit Saugetiertuberkelbacillen in den Riickenlymphsack 
geimpften Frosch nach 60 Tagen oder auch spater, so findet man in 
alien Organen zahlreiche Tuberkelbacillen oft zu groBen Haufen ver- 
einigt, so daB man von einer reicblichen Vermehrung sprechen kann. 
Verimpft man die Leber- Oder die Milzemulsion eines getoteten Frosches 
auf eine Anzahl neuer Frosche, so geht ein Teil derselben spontan ein t 
die Mehrzabl derselben bleibt am Leben. Sowohl bei den spontan ein- 
gegangenen wie bei den getoteten findet man in den Organen (Leber, 
Milz, Nieren) zahlreiche Knotchen mit massenhaft zum Teil krfimlig 
zerfallenen Tuberkelbacillen. Impft man von dieser zweiten Gruppe 
von Froschen wieder eine Emulsion von Leber und Milz, die nach der 
mikroskopischen Untersuchung zahlreiche Tuberkelbacillen enthalt, auf 
eine dritte Reihe von Froschen, so stirbt nunmehr die Mehrzahl der 
Tiere spontan nach 30— 60 Tagen, ein Teil bleibt am Leben. In den 
Organen finden sich zahlreiche miliare Knotchen und massenhaft Tuberkel¬ 
bacillen; diese haben sich aber morphologisch sehr verfindert, sie sind 
kurz und plump und sind von den Bacillen der Fischtuberkulose in 
Froschorganen kaum zu unterscheiden. Zilch tun gs versuche ergaben nach 
vielen Mifierfolgen (insbesondere durch Verunreinigung) eine Kultur, die 
gleichfalls groBe Aehnlichkeit mit den Bacillen der Fischtuberkulose 
aufwies. Sie zeigte weniger brockeliges Verhalten als die Saugetier¬ 
tuberkelbacillen, wuchs nur bei Temperaturen von 22—30° und war 
nicht mehr pathogen fiir Meerschweinchen. Versuche, diese Kulturen 
allmBhlich wieder an Temperaturen von 30° zu gewohnen, sind bis jetzt 
miBlungen. Der Saugetiertuberkelbacillus vermag sich also an den 
Froschkorper anzupassen und wird auch schlieBlich pathogen fiir dieses 
Tier. Umgekehrt nimmt die Pathogenitat der Saugetiertuberkelbacillen 


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Herzog, Die Absckw&chung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc. 


683 


ffir das Meerscheinchen nach den Passagen durch den Froschkorper 
immer mehr ab.“ 

Ich habe schon wiederholt hervorgehoben, daB die morphologischen 
Veranderungen der Tuberkelbacillen in den Organen derartig hochgradige 
sind, daB vorerst jedem Beobachter Zweifel entstehen mfissen, ob man 
es hier wirklich mit diesen Mikroben und deren Variationsformen zu 
tun hat. Wenn nun diese Bedenken durch die immer wieder auftretende 
Erscheinung, daB die Pilze, je langer sie im Kaltblfiterorganismus ver- 
weilt haben, desto schwerere Schfidigungen erfahren, durch die Aehnlich- 
keit dieser Formen in vielen Organen vieler Tiere, durch die Tatsache, 
daB nicht vorbehandelte Kontrolltiere in ibren Organen keine derartigen 
Mikroben enthalten u. s. w. schwinden mfissen, so hat die von Dieudonnd 
gezfichtete Reinkultur den Beweis ffir die Richtigkeit dieser Anschauung 
erbracht. Die Aehnlichkeit der Pilze der Reinkultur mit 
den in den Organprfiparaten beschriebenen Mikroorga- 
nismen ist eine auffallende: Kurze, plumpe Stabchen, die mit- 
unter kokkenahnlich aussehen; fadenformige Formen, Verzweigungen, 
Sprossungen etc. sieht man in der Kultur selten; bei diesen Bildungen 
war auch ein Zweifel, dafi es sich um echte Tuberkelpilze handle, aus- 
geschlossen. Bedenkenerregend waren gerade die kleinen, kurzen Stab¬ 
chen, die entweder vereinzelt im Gewebe liegen oder vielfach in so dicke 
Haufen und Nester vereint sind, daB sie schwer und nur am Rande 
zu analysieren waren. Bei Ausstrichprfiparaten der Reinkultur erhalt 
man die gleichen Anhfiufungen, so daB die Kongruenz ohne weiteres 
klar ist. 

Vergleicht man die Resultate Dieudonn6s mit den meinigen, so 
ergibt sich die sehr interessante Tatsache, daB bei einmaliger Durch- 
leitung der Sfiugetiertuberkelbacillen durch den Froschkorper die Virulenz- 
fahigkeit zwar sehr bedeutend herabgemindert, daB dieselben aber nach 
sehr langer Zeit doch noch generelle Tuberkulose im Meerschweinchen 
hervorzurufen im stande sind, wahrend nach wiederholten Passagen der 
Tuberkelpilze durch den Kaltblfiterorganismus, deren Gesamtdauer etwa 
meinen langsten Versuchen entsprach, Meerschweinchen sich gegen die 
Infektion refraktar erwiesen. 

Nachdem gerade in jfingster Zeit die Beziehungen der Sfiugetier- 
bezw. menschlichen Tuberkulose und derRindertuberkulose vielfach 
Gegenstand eingehender Erorterungen waren, schien es nicht uninter- 
essant, die Wirkung der Rindertuberkulose im Kaltblfiterorganismus und 
umgekehrt dessen EinfluB auf diese Mikroben zu studieren. 

Als Infektionsmaterial benutzte ich Organe von perlsuchtigen Kfilbern; 
am geeignetsten erwies sich die Milz, weil hier die Tuberkelknotchen 
sich sehr leicht herausprfiparieren lassen. Am besten nimmt man nicht 
zu umfangreiche, etwa gut erbsengroBe Knotchen, die zentral noch keine 
Erweichungs- Oder Einschmelzungsprozesse zeigen. Die Knotchen 
wurden in gleicher Weise, wie ich bereits ffir die Froschorgane be- 
schrieben, zu einem moglichst homogenen Brei verrieben, mit physio- 
logischer Kochsalzlosung aufgeschwemmt und diese Emulsion in den 
Rfickenlymphraum der Frosche injiziert. 

Durch anderweitige Inanspruchnahme ist es mir nicht moglich ge- 
wesen, die Versuche vollstandig zum Abschlusse zu bringen. Nachdem 
aber, soviel mir bekannt, die Frage noch von keiner Seite berfihrt 
worden ist, durch geeignete Versuche jedoch auch Klfirungen in der 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Tuberkulosefrage zu erwarten sind, mochte ich meiner bisherigen Re- 
sultate vorlaufig Erwahnung tun. 

Auffallen mufite vor allem, daB im Lymphsacke — Injektions- 
bezirk — so gut wie keine Reaktionserscheinungen wahrzunehmen waren: 
In der ersten Zeit — 14 Tage, 25 Tage, 42 Tage, 50 Tage post infec- 
tionem — fand sich im Rtickenlymphraume eine weiBlich - gelbliche, 
sulzige Masse, zum Teil mit Haut und RtlckenflSche Verklebungen 
bildend sowie stark injizierte GefaBe. Nach lingerer Krankheitsdauer 
— 62 Tage, 90 Tage, 140 Tage, 191 Tage post infectionem — nahmen 
diese von der injizierten Emulsion herrflhrenden, sulzigen und kriimeligen 
Gebilde an Quantitat bedeutend ab, so daB der Lymphsack schlieBlich 
fast leer, von normalem Aussehen vorgefunden wurde und nichts daran 
erinnerte, daB derselbe einmal mit pathogenem Materiale gefflllt war. 

Diesen VerhSltnissen entsprechend waren auch die Organbefunde. 
Makroskopisch konnten niemals Einlagerungen Oder Kndtchenbildungen 
aufgefunden werden, die den Verdacht eines tuberkuldsen Prozesses 
wachgerufen hatten. Wohl fiel durchgehends die starke Durchfeuchtung 
der Organe ; auf, ,in den meisten Fallen verbunden mit erheblicher Schwel- 
lung derselben, so dafi beispielsweise einigemal gut kaffeebohnengro&e Milz 
beobacbtet wurde; doch waren in anderen Fallen, besonders wenn die 
Tiere erst nach 3 Monaten getdtet wurden, diese Verhaltnisse nicht so 
ausgepragt. Nicht selten waren die Leber und insbesondere die Milz 
bedeckt mit weiBlichen, die Oberflache nicht iiberragenden Punkten, so 
daB die Organe ein marmoriertes Aussehen hatten. 

Mikroskopisch lieBen sich auch hier die bereits mehrfach be- 
schriebenen Kndtchenbildungen, bestehend aus fixen Bindegewebszellen, 
Leukocyten und Pigmentzellen, finden, welche nach den bisherigen Er- 
fahrungen lediglich das Anfangsstadium zur echten Tuberkelbildung zu 
sein scheinen; auch kleinzellige Infiltrate, meist rundlich, aber auch 
unregelmaBiger Gestaltung, inmitten von gesundem Gewebe, kamen 
haufig zu Gesicht. Verschiedentlich, und darin ist vor allem die Niere 
ausgezeichnet, lieBen sich nekrotische Gebiete auffinden, mitunter aus* 
gedehnte Bezirke, in denen das Gewebe vollig kernlos, homogen, die 
Zellen der Harnkanalchen abgeschuppt und Detritusmassen im Lumen 
sichtbar waren. Ein einziges Mai wurde ein echter Epi- 
theloidtuberkel mit starker bindegewebiger Abgrenzung 
aufgefunden (Milz eines Frosches, nach 42 Tagen getotet). 

Die Ausstrichpraparate des Organsaftes ergaben stets posi- 
tiven Bakterienbefund, und zwar meist sehr reichlichen. Ebenso lieBen 
sich Bakterien in alien Schnitten nachweisen, zuweilen in so iiber- 
raschenden Mengen, daB das ganze Organ damit ttberflutet erschien. 
In ihrem morphologischen sowie tinktoriellen Verhalten zeigen die Pilze 
dieselben Erscheinungen, wie ich sie fur die Formen der Saugetiertuber- 
kulose beschrieben. 

Die Uebertragung des Organmaterials auf Warmbliiter ffihrt, soweit 
sich bis jetzt beurteilen laBt, zu denselben Resultaten wie die Impfver- 
suche mit Saugetiertuberkulose: Trotz Einverleibung der gleichen Oder 
sogar reichlicheren Giftmenge erliegen die Meerschweinchen 
der Infektion desto spater, je langer die Mikroben im 
Froschorganismus verweilt haben. 

Nach meiner Versetzung nach Miinchen habe ich die Versuche im 
Operationskurs fiir Militararzte weitergeftthrt. Den Vorstanden des 
Operationskurses, Herrn Generalarzt Dr. Heifer ich, sowie dessen 


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Centralblattf Bakteriologie A bt. I. Bd. XXXI l 


Herzog, Abschwtichung d. Sdugetiertuberkulose- 
Bacillen i. Kaltblllterorganismus. 



Verla# von Gustav Fischer, Jena. 


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P. Waist, Lith., Jena. 
















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Herzog, Die Abschwftchung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc. 


685 


Nachfolger, Herrn Generaloberarzt Dr. Hermann, welche mir das 
Tiermaterial der Anstalt in entgegenkommendster Weise zur VerfUgung 
stellten, erlanbe ich mir, an dieser Stelle meinen ganz ergebensten Dank 
zum Ausdruck zu bringen. 


Literatur. 

1) D e Pasqu al e, Della variety di tuberculosi negli animali a sangue freddo. (Morgagni. 

1894. Febr.) 

2) De Michele, Ibid. 1894. No. 2. 

3) Bataillon, Du bard et Terre, Un nouveau type de tuberculose. (Compt. rend. 

de la soc. de biol. 1897. p. 44.) 

4) Bataillon et Terre, La forme saprophytique de la tuberculose humaine et de la 

tuberculose aviaire. (Compt. rend, de l'acad. d. sc. 1897. p. 1399.) 

-, Tuberculose et pseudo-tuberculose. (Ibid. 1898. p. 538.) 

-, Polymorphi8me du bacille de la tuberculose des poissons. (Soc. de biol. 1899. 

8 juillet.) 

5) Dubard, La tuberculose des animaux k sang froid et ses rapports avec la tuber¬ 

culose des animaux k temperature constant. (Revue de la tubercul. Vol. H. 
1898. p. 13.) 

-, Transformations de la tuberculose humaine par la passage sur les animaux 

k sang froid. (Bullet, de l'acad. de m4d. 1897. p. 580.) 

-, Des modifications de la tuberculose et de son adaption k la s£rie animale. 

(4. Congrfcs pour l’^tude de la tuberculose. 1898. p. 711.) 

6) Auche et Hobbs, Tuberculose aviaire chez la grenouille. (Soc. de biol. 1899. 

21 octob.) 

-, Non-transformation de la tuberculose humaine en tuberculose pisciaire. (Ibid.) 

-, Evolution de la tuberculose avaire chez la grenouille. (Compt. rend, de la 

soc. de biol. 1899. p. 816.) 

-, De la non-transformation en tuberculose pisciaire de la tucerculose humaine 

inocul6e k la grenouille. (Ibid. p. 817.) 

Auch^et Hobbs, De la non-multiplication du bacille tuberculeux humain ou 
aviaire chez la grenouille k la temperature ordinaire. (Ibid. p. 825.) 

-, Etat de la virulence de la tuberculose humaine apr&s son passage sur la 

grenouille. (Ibid. 1898. p. 13.) 

7) Nicolas etLesieur, Effets de 1'ingestion de crachats tuberculeux humains chez 

les poissons. (Ibid. 1899. p. 774.) 

8) Hormann u. Morgenroth, Deber Futterung von Fischen mit tuberkelbacillen- 

haltiger Nahrung. (Hvg. Rundschau. 1899. p. 857.) 

9) Sion, Der Einflun des Organismus kaltblutiger Tiere auf den Bacillus der mensch- 

lichen Tuberkulose. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXVII. 1900. p. 710.) 

10) Lubarsch, Zur Kenntnis der Strahlenpilze. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektions- 

krankh. Bd. XXXI. p. 187.) 

-, Deber das Verhalten der Tuberkelpiize im Froschkorper. (Centralbl. f. Bakt. 

etc. Abt. I. Bd. XXVIII. 1900. No. 14/15.) 

11) Lubarsch u. Mayr, Untersuchungen uber die Wirkung der Mikroorganismen der 

Tuberkelpilzgruppe auf den Organismus des Frosches. (Arbeiten a. d. pathol.- 
anat. Abt. d. kgl. hyg. Inst. Posen. 1901. p. 130.) 

12) Herzog, Zur Tuberkulose im Kaltbliiterorganismus. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. 

Bd. XXXI. 1902. p. 78.) 

13) Auch^et Hobbs, De la tuberculose chez la grenouille. (Arch, de m&l. exp€r. 

1900. p. 419.) 

14) Dieudonn6, Ueber Anpassung der Saugetiertuberkelbacillen an den Kaltbliiter- 

organismus. (Sitzungsberichte der phys.-med. Gesellsch. zu Wurzburg. 1902. 
November.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Nachdruck verboten . 

Ueber Differenzen der Blutbeschaffenbeit in verschiedenen 

Lebensaltern. 

[Aus dem Kfingl. Institut fQr experimentelle Therapie in Frankfurt a. M. 

Direktor: Geheimrat Professor Dr. Ehrlich.] 

Von Dr. Hans Sachs, Assistenten am Institut. 

I. Ueber die Empfindlichkeit der Erythrocyten. 

In einer friiheren Arbeit 1 2 ) habe ich gezeigt, dafi das Arachnolysin, 
das hfimolytische Gift der Kreuzspinne, in seiner Wirksamkeit ver¬ 
schiedenen Blutarten gegeniiber in auBerordentlichem Mafie schwankt, 
indem einzelne Blutarten, wie das Meerschweinchenblut, absolut un- 
empfindlich sind, wahrend andere, wie das Kaninchenblut, noch von 
kleinsten Giftmengen gelfist werden. Als Ursache dieser wechselnden 
Empfindlichkeit liatte sich Mangel, resp. Vorhandensein giftbindender 
Rezeptoren ergeben, und die unempfindlichen Blutzellen waren den 
Forderungen der Seitenkettentheroie entsprechend auBer Stand das 
wirksame Prinzip zu binden*). 

Bei dieser wechselnden Verteilung der arachnolysinbindenden Re¬ 
zeptoren in der Tierreihe erschien die Frage nicht ohne Interesse zu 
sein, ob bei den Tierarten unit giftempfindlichen Blutkfirperchen das 
Vorhandensein der Rezeptoren in alien Altersstufen ein konstantes 
Merkmal darstellt, oder ob die Rezeptoren in ffitalem oder juvenilem 
Alter noch fehlen und erst allmahlich im Laufe des extrauterinen 
Lebens in Erscheinung treten. Die Studien, fiber die im folgenden be- 
richtet werden soil, hatten auBerdem noch die vergleichende Unter- 
suchung einiger anderer Eigenschaften von Blutkfirperchen und Serum 
erwachsener und neugeborener Tiere (resp. Ffiten) zum Gegenstand. 

Was zunachst das Arachnolysin anlangt, so wiesen die Blutkfirperchen 
von Rinderffiten und neugeborenen Kaninchen eine mehr oder weniger ge- 
ringere Empfindlichkeit auf, als diejenigen der erwachsenen Tiere; jedoch 
war der Unterschied eben nur ein quantitativer. Beim Huhn jedoch 
konnte ich eine absolute qualitative Differenz in dieser Richtung be- 
obachten. Das Blut der eben ausgeschlfipften Hfihnchen ist dem Arach¬ 
nolysin gegeniiber vfillig unempfindlich (0,1 ccm Arachnolysin: keine 
Lfisung), wahrend das Arachnolysin fttr das Blut erwachsener Hflhner 
ein stark wirkendes Hamolysin (0,00025 ccm: vollstfindige Hamolyse) dar¬ 
stellt. Es ist hiermit wohl zum erstenmal der Nachweis 


1) Sachs H., Zur Kenntnis des Kreuzspinnengiftes. (Hofmeisters Beitrage 
zur chem. Physiol, und Pathologie. Bd. II. 1902.) 

2) DaB das Arachnolysin von den Stromata der empfindlichen Blutkorperchen in 
der Tat nur gebunden wire!, ohne fur eine etwa unbemerkbare Wirkung auf das Stroma 
verbraucht zu werden, zeigte mir auch ein Versuch, den ich in jungster Zeit angestellt 
habe. Digeriert man namlich stark arachnolysinbeladene Stromata einer empfindlichen Blut- 
art, die an physiologische Kochsalzlosung kein Hiimolysin abgeben, mit gleichartigem 
nativem Blut bei 40°, so tritt Hamolyse ein. Wir haben esnier mit demselben Vor- 
gang zu tun, den Morgenroth (Munchener med. Wochenschr. 1903. No. 2) bei am- 
bozeptorenbeladenen Blutkorperchen beobachtet und mit dem Abbluten gewisser Farbstoffe 
verglichen hat. Auch hier also die namliche Reversibilitat der Rezeptorgiftverbindung, 
wie sie sich auch aus den die Agglutinine betreffenden Versuchen Landsteines (Munch, 
med. Wochenschr. 1902. No. 46) ergibt. 


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Sachs, Ueber Differenzen der Blutbeschaffenheit in verschied. Lebensaltern. 087 


einer angeborenen vollst&ndigen Zellimmunitat, die im 
spSteren Leben verschwindet, erbracht. 

Eine ahnliche Beobachtung verdanken wir Camus und Gley 1 ). 
Nach ihren Untersuchungen besitzen die Blutkdrpercheu neugeborener 
Kaninchen, wenn auch keine absolute Immunit&t, so doch eine relativ 
hohe Widerstandsfahigkeit gegen Aalserum und erlangen erst im Ver- 
laufe von Wochen die normale hohe Empfindlichkeit Auf eine nahere 
Analyse dieses Verhaltens sind aber Camus und Gley nicht ein- 
gegangen. 

Nach den von Ehrlich entwickelten Anschauungen wird man nun 
annehmen dQrfen, dad derartige Empfindlichkeitsunterschiede mit den 
die andersartigen Stoffwechelvorgange des spateren Lebens wider- 
spiegelnden Veranderungen des Rezeptorenapparates in engstem Zu- 
sammenhange stehen. Dali in unserem Fall der passagere Zustand der 
Unempfindlichkeit wirklich auf Rezeptorenmangel beruht, konnte durch 
den Bindungsversuch leicht erwiesen werden. Wechselnde Mengen einer 
Arachnolysinldsung bleiben mit je 1 ccm 5-proz. Blut vom eben ausge- 
schlupften und erwachsenen Huhn (auf 2 ccm Gesamtvolumen aufgefflllt) 
2 Stunden im Brfltschrank. Die hamolytische Kraft der durch Ab- 
zentrifugieren der Blutkdrperchen gewonnenen Abgiisse ergibt sich aus 
folgender Tabelle. Dabei ist zu bemerken, dad die Abgfisse nach 
Digestion mit dem Blute erwaclisener Hiihner natflrlich infolge der ein- 
getretenen Hamolyse lackfarben rot waren. 

Tabelle I. 


age 
zugefiigten 
Arachnolysins 


0,1 

0,05 

0,025 

0,015 

0,01 

0,005 

0,0025 

0,0015 

0,001 


Hamolytische Wirkung der Abgiisse nach 
Zufiigen von 0,25 ccm 20-proz. Hiihnerblut 
(erwachsen) 


A. nach Digerieren 
mit Blut erwachsener 
Hiihner 


komplett 


stark — fast komplett 

mafiig 

wenig 

Spur 


B. nach Digerieren 
mit Blut eben aus- 
ge8chliipfter Hiihner 


komplett 


fast komplett 
stark 


C.direkte hamolytische 
Wirkung des Arach- 
nolysins auf Blut 
erwachsener Hiihner 


komplett 


fast komplett 
stark 


Nach Vorbehandeln des Arachnolysins mit dem alten Blute, wie wir 
das Blut erwachsener Hiihner der Einfachheit halber kurz nennen wollen, 
ist also ein betr&chtlicher Verlust an h&molytischer Wirksamkeit zu be¬ 
merken, indem die komplett losende Dosis von 0,0025 auf 0,01 ccm 
gestiegen ist. Die Abgiisse von dem j ungen Blute haben aber, wie ein 
Vergleich von Kolonne B. und C. der Tabelle zeigt, ihre Wirksamkeit 
voll und ganz erhalten. Die unempfindlichen Blutzellen bin- 
den also auch das Gift nicht 

Weiterhin wurde durch Untersuchung des Blutes verschiedener 
Altersstufen ermittelt, wann die Blutkorperchen empfindlich werden, 
und wie das Uebergangsstadium verl&uft. Es zeigte sich dabei, daB 
schon am 4. Lebenstage der Zustand der absoluten Resistenz nicht mehr 


1) Camus, L. et Gley, E., Nouvelles recherches sur l*i 
dtoguille. (Annales de l’lnst. Pasteur. T. XIII. 1899.) 


Pimmunit6 contre le s6rum 


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688 CentralbL f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 

besteht. Indes bewirkten erst sehr grofie Arachnolysinmengen Hamolyse, 
der eine ziemlich lange Inkubationszeit voranging. Es folgt dann eine 
Periode, etwa vom 6. Tage ab, in der das Arachnolysin auf die Blut- 
kflrperchen in geringerem oder st&rkerem Grade etwa in derselben Ver- 
dflnnung hamolytisch einwirkte, wie auf die Blutkdrperchen erwachsener 
Hiihner. Charakteristisch ist aber, daB selbst bei den groBten Arach¬ 
nolysinmengen die Losung nicht komplett wird, wie dies flbrigens 
auch Camus und Gley (1. c.) bei ihren Versuchen mit Aalserum und 
dem Blute junger Kaninchen wflhrend der Periode der fast erreichten 
Empfindlichkeit erw&hnen. Es bleibt also immer ein Blut- 
korperchenrest ungelflst, und wir werden nicht fehlgehen, wenn 
wir diesen Befund als Ausdruck dafiir auffassen, daB die ursprttnglich 
vorhandenen Blutkdrperchen unempfindlich bleiben, und daB erst die 
nach dem Ausschlflpfen neugebildeten Blutkdrperchen die geeigneten 
Rezeptoren besitzen. Das Erreicben der normalen hohen Empfindlich¬ 
keit scheint individuellen Schwankungen unterworfen zu sein. Ich 
habe am 14. Lebenstage bereits vollempfindliches Blut gefunden, in 
anderen Fallen aber noch nach 3 Wochen partielle Resistenz beobachten 
kdnnen. Nach Ablauf der 4. Woche scheint jedenfalls der normale 
Empfindlichkeitsgrad stets erreicht zu sein. 

Aus diesen Vorg&ngen kdnnen wir also schliefien, daB frflhestens 
nach 14 Tagen, spatestens nach 4 Wochen alle ursprflnglich vorhandenen 
Blutkdrperchen verschwunden sind. Diese Feststellung dflrfte fflr die 
Frage der Lebensdauer der roten Blutkdrperchen von einem gewissen 
Interesse sein. Auch beim Menschen waren derartige Untersuchungen 
leicht auszufflhren; es wflrde sich nur darum handeln, ein geeignetes 
Blutgift zu finden, demgegenflber die Blutkdrperchen Neugeborener 
sich andersartig verhalten, als diejenigen Erwachsener. 

Bei anderen Blutgiften habe ich wesentliche Empfindlichkeitsunter- 
schiede der Blutkdrperchen verschieden alter Tiere nicht gefunden. Er- 
w&hnt sei, daB sich die Blutkdrperchen junger Tiere (Rinder- und 
Schweinefoten, neugeborene Kaninchen und frisch ausgeschlflpfte Hiihner) 
dem Staphylolysin gegenflber weniger resistent erwiesen, als die Blut¬ 
kdrperchen Erwachsener. Wir sehen also, daB auch das junge Hfihner- 
blut dem Staphylolysin gegenflber empfindlicher ist, gegen Arachnolysin 
aber absolut unemfindlich. Es zeigt dies also in eklatantester Weise, 
daB, soweit spezifische Blutgifte in Betracht kommen, von einer Resistenz 
im allgemeinen nicht gesprochen werden kann. Der Begriff der Resistenz 
oder Empfindlichkeit deckt sich eben mit demFehlen Oder Vorhanden- 
sein geeigneter Rezeptoren. 

II. Ueber den Lecithinvorrat des Blutes. 

Ein grdBeres Interesse dflrfte vielleicht das Verhalten des Cobra- 
giftes bei fdtalem Blut beanspruchen. Nach den Untersuchungen von 
F1 e x n e r und Noguchi 1 ) wirkt das Cobragift erst nach Zufflgen ge¬ 
eigneter Komplemente hamolytisch, und Kyes 2 ) konnte im AnschluB 
daran feststellen, daB es neben Blutarten, die durch Cobragift an und 
fflr sich angegriffen werden, auch solche gibt, die erst nach Zufflgen ge- 
wisser aktivierender Substanzen der h&molytischen Wirkung des Cobra- 
giftes unterliegen. Als den wichtigsten Cobragiftaktivator hat Kyes 


1) Flexner und Noguchi, Journal of experimental medicine. Vol. VI. 1902. 

2) Kyes, Berliner klin. Wochenschr. 1902. 


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Sachs, Ueber Differenzen der Blutbeschaffenheit in verschied. Lebensaltem. 689 


(1. c.) das Lecithin erkannt, und wir*) konnten gemeinsam den Nachweis 
ffihren, daB auch die Fahigkeit der direkt em^findlichen Biutarten, durch 
Cobragift allein gelost zu werden, auf deren Lecithinvorrat beruht. 

AlsichnunfotalesRinderblutderWirkung des Cobra- 
giftes aussetzte, trat Hamolyse ein, wahrend das Blut 
erwachsener Rinder niemals von Cobragift gelost wird. 
Ich lasse einen derartigen Versuch folgen. 

Tabelle II. 


Menge der zugefugten 
1-proz. Cobragiftlosung 
ccm 

| . Grad der Hamolyse 

A. 1 ccm 5-proz. fotales ! B. 1 ccm5-proz.Rinder- 
Rinderblut 1 blut (erwachsen) 

1,0 

komplett 

1 

i 

0,5 

» ' 



0,25 

if 



0,1 

>> 


\ 0 

0,05 

Spur 

i 


0,025 

it 



0,01 

0 




Das fotale Rinderblut besitzt also eine recht be- 
trachtliche Emp find 1 ich keit gegeniiber dem Cobragift 
im Gegensatz zu der im spateren Leben zu bemerkenden 
vollkommenen Resistenz. Die absolute Erapfindlichkeit der Blut- 
kfirperchen, d. h. die Empfindlichkeit bei optimalem Lecithinzusatz, 
weist aber beim Fotus und erwachsenen Rind keine Differenzen auf; 
wenn die notige Menge Lecithins zur Aktivierung zugefiigt wird, so ist 
die minimale zur kompletten Hamolyse notwendige Menge Cobragift (in 
dem Versuche der Tabelle II: 0,0005 cc.) in beiden Fallen die gleiche. 
Wir haben es also hier niclit mit einem im extrauterinen Leben ein- 
tretenden Rezeptorenverlust zu tun, sondern mit einem Mangel an 
dispositionsfahigem Lecithin, das wahrend des fotalen Lebens eben in 
zur Cobragiftaktivierung geeigneterer Form in den roten Blutkorperchen 
enthalten ist. Nun habe ich friiher mit Kyes (1. c.) darauf hingewiesen, 
dafi das Lecithin in Uebereinstimmung mit den Anschauungen hervor- 
ragender Physiologen in Blutkorperchen und Serum nicht frei enthalten, 
sondern mit EiweiBstoffen etc. gepaart ist. Je nach der Festigkeit 
dieser Bindung, wird der Cobraambozeptor das Lecithin an sich reiBen 
kfinnen. In den fotalen Blutkorperchen muB also nach unseren Be- 
funden das Lecithin lockerer gebunden und leichter disponibel sein, als 
im Blute Erwachsener, was auf eine chemische Differenz des fotalen 
Lecithinstoffwechsels hinweist und mit der allgemein angenommenen 
physiologischen Bedeutung des Lecithins fur die Entwickelung und das 
Wachstum der lebenden Organismen in bestem Einklang steht. 

Bei einem filteren Rinderfotus, dessen Blut ich untersuchte, war be- 
reits eine erhohte Resistenz vorhanden, indem 1,0 ccm einer 1-proz. 
Cobragiftlosung nur unvollstandige Hamolyse verursachte; die Bedin- 
gungen der Lecithinphysiologie schienen sich also schon denen des extra¬ 
uterinen Lebens zu n&hern. 

In analoger Weise habe ich auch beim Meerschweinchenblut, das 
durch Cobragift an und fur sich schon gelost wird, eine 4—5mal hohere 
Empfindlichkeit des Blutes Neugeborener beobachtet, wahrend auch 
hierbei bei genugendem Lecithinzusatz ein Ausgleich dieser Diffe- 


1) Kyes, P. und Sachs, H., Berliner klin. Wochenschr. 1903. No. 2—5. 
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 44 


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690 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 


renz stattfindet. Also auch hier besteht eine hohere DisponibilitSt 
des Lecithinvorrats der Neugeborenen. 

Wenn ich nun auf meine, die Eigenschaften des Blutserums betreffen- 
den Versuche eingehen darf, so mochte ich hieran gleich anschliefien, dafi 
auch im Serum neugeborener Tiere durch den Nachweis mittels Cobragifts 
eine freiere Verfugbarkeit des Lecithins festgestellt werden kann. Meer- 
schweinchenserum aktiviert Cobragift, wie die Arbeiten von Kyes und 
Sachs 1 ) ergeben haben, durch eigentliche Komplemente. Fflr die 
Komplementnatur spricht namentlich die Inaktivierbarkeit des Serums 
durch Erhitzen auf 56°, da solche Serumarten, die disponibles Lecithin 
enthalten, auch nach dem Erhitzen zur Aktivierung des Cobragiftes be- 
befahigt sind 2 ). 

Das Serum neugeborener Meerschweinchen aktiviert 
nun Cobragift schon in erheblich geringerer Menge, als 
das Serum erwachsener Meerschweinchen, wie folgender 
Versuch zeigt. 

Tabelle III. 


Mengen des Meer- 
schweinchenserum 
ccm 

1 ccm 5-proz. Ochsenblut ■+■ 

0,02 ccm Cobragift 1-proz. 

A. Serum neugeborener 
Meersch wei nchen 

B. Serum erwachsener 
Meerschweinchen 

0,5 

komplett 

komplett 

0,25 


w’enig 

0,1 

»> 

Spur 

0,05 


Spiirchen 

0,025 

*) 

0 

0,01 

Spiirchen 

0 


DaB die hohere Wirksamkeit des Serums Neugeborener in der Tat 
durch das Lecithin bedingt ist und nicht durch einen groBeren Komple- 
mentgehalt, der ja immerhin gewissen individuellen Schwankungen unter- 
liegen konnte, ergibt sich aufs schlagendste durch das Verhalten der 
inaktivierten Sera. Wurde namlich das Serum des neugeborenen und 
alten Meerschweinchens 1 /., Stunde auf 56° erhitzt, so war das letztere, 
wie immer, seiner Wirkung beraubt, wahrend ersteres nur $inen ge- 
ringen Teil seiner Wirksamkeit eingebiiBt hatte. 

Tabelle IV. 

Dieselbe Anordnung wie in Tabelle 3; nur Meerschweinchensera */., Stunde auf 
56° erhitzt. 


Menge des Meerschweinchenserums I . t. 

ccm j A ' a ‘ 

0,5 j komplett 

0,25 I 

0,1 !, o 

0,05 „ i 0 

0,025 I Spur 

0,01 • 0 

Es zeigt also dieser Versuch, dafi im Serum neugeborener Meer¬ 
schweinchen neben Komplementen ein groBerer Lecithinvorrat filr den 

Cobraambozeptor disponibel ist, der im spateren Leben wohl eine festere 


1) 1. c. 

2) Erhitzt man Sera auf 05° oder hoher, so werden alle, auch Meerschweinchen- 
serum, durch Freiwerden des Lecithins zur Aktivierung des Cobragifts befahigt (cf. 
Kyes 1. c.) 


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Sachs, Ueber Differenzen der Blutbeschaffenheit in verschied. Lebensaltern. 691 


Bindung an andere Serumbestandteile erfahrt, welche die Wirkung auf 
Cobragift nicht mehr ermoglicht 

III. Ueber die Hamolysine and Eomplemente des Serums. 

Weitere Untersuchungen betrafen die vergleichende Feststellung 
der hamolytischen und komplettierenden Funktionen der Sera von Er- 
wachsenen und Neugeborenen. Ueber die normalen Serumstoffe im 
juvenilen Alter liegen schon einige Beobachtungen vor. G. Muller 1 ) 
berichtet aus dem hiesigen Institute, daB im Serum jugendlicher Tiere 
(Kalber) manche Bakterienagglutinine noch gar nicht Oder nur in quanti- 
tativ geringer Menge vorhanden sind, w&hrend sie sich stets im Serum 
erwachsener Einder vorfinden. 

Was die normalen Hamolysine des Blutserums anlangt, so beob- 
achtete Resinelli 2 ), daB das menschliche fotale Serum fremde Blut- 
korperchen stets in merklich geringerem Grade lost, als das Serum der 
Mutter. AuBerdem sind eine ganze Reihe Befunde mitgeteilt worden, 
die auf gewisse Unterschiede im hamolytischen oder agglutinierenden 
Verhalten des fStalen und mutterlichen Serums hinweisen. Ich erinnere 
hier nur an die Arbeiten von Halban 3 ), Schumacher 4 ), Halban 
und Landsteiner 5 ), L anger 6 ) etc. Halban und Landsteiner 
haben ebenso, wie schon Resinelli, festgestellt, daB beim Menschen 
mtltterliches Serum Kanin chenblutkdrperchen in stiirkerem MaBe 16st, 
als kindliches Serum 7 ). Die Frage, ob es sich hierbei um Mangel an 
Komplement Oder Mangel an Ambozeptor handele, suchten sie dadurch 
zu entscheiden, daB sie dem kindlichen Serum inaktiviertes mfitterliches 
Serum zufttgten. Durch die eingetretene Verstarkung konnten sie 
einen Mangel an Ambozeptor im kindlichen Serum nachweisen, ohne 
eine etwaige Differenz des Komplementgehalts auszuschlieBen. 

Ich selbst habe in alien daraufhin untersuchten Fallen ein voll- 
standiges Oder fast vollstandiges Fehlen der normalen Hamolysine im 
Serum von Foten oder Neugeborenen gefunden (fotales Rinderserum — 
Kaninchenblut, Meerschweinchenblut; fotales Schweineserum — Kaninchen- 
blut, Meerschweinchenblut; Serum neugeborener Meerschweinchen — 
Kaninchenblut), im Gegensatz zu dem Vorhandensein dieser Hamolysine 
im Serum Erwachsener. 

Beim Rinderserum habe ich durch Zufugen inaktivierten Serums 
Erwachsener zum aktiven fotalen Serum die Frage des Ambozeptor- oder 
Komplementmangels ebenfalls zu beantworten versucht. In der Tat 
tritt bei dieser Kombination eine nicht unerhebliche Hamolyse ein, wie 
Tabelle V (p. 692) zeigt. 

Es scheint also das Nichtvorhandensein der normalen hamolytischen 
Funktionen in der fbtalen Periode in Uebereinstimmung mit den An- 
gaben von Halban und Landsteiner im wesentlichen durch das 
Fehlen der Ambozeptoren verursacht zu sein. Daneben muB 
der Komplementgehalt aber auch ein geringerer sein; denn sonst hatte 

1) Miiller, G., Ueber Agglutinine normaler Tiersera. I.-D. Bern 1901. 

2) Resinelli, G., Ferrara 1901. 

3) Wiener klin. Wochenschr. 1900. No. 24. 

t 4) Zeitschr. fur Hygiene. Bd. XXXVII. 1901. 

*5) Miinchner med. Wochenschr. 1902. No. 12. 

6) Zeitschr. fur Heilkunde. 1903, Heft 5. 

7) Es sei hier erwahnt, dad im fotalen menschlichen Serum nach einer noch nicht 
publizierten Beobachtung des Herrn Dr. Marshall die im Serum Erwachsener stets 
vorhandenen Hamolsyine fur Meerschweinchenblut fehlen. 

44* 


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692 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


der Grad der H&molyse in Kolurane B. dera in Kolumne C. nicht nach- 
stehen diirfen. 

Tabelle V. 


Mengen des z.ugefiigten 
aktiven Rinderserums 
ccm 

1 ccm 5-proz. Meerschweinchenblut 

A. fotales ^ 
Rinderserum | 

B. fotales Rinderserum, 
auBerdem iiberall 0,3 ccm 
inaktives Serum er¬ 
wachsener Rinder 

C. Scrum erwachsener 
Rinder 

0,5 

\ i 

fast komplett 

komplett 

0,25 


maBig 

,» 

0,1 

t 0 

Spiirchen 

stark 

0,05 

' 

0 

Spur 

0,025 


0 

0 


Auch die Komplemente fur die kunstlich erzeugten Ambozeptoren 
kdnnen wahrend des fotalen Lebens in wesentlich geringerer Kon- 
zentration vorhanden sein. So waren im fotalen Schweineserum die 
Komplemente fur die Ambozeptoren einer mit Hammelblut vorbehandelten 
Ziege und der mit Ochsenblut vorbehandelten Kaninchen im Vergleich 
mit dem Verhalten des Serums erwachsener Tiere auf den 20. Teil 
reduziert, wahrend das Serum neugeborener Meerschweinchen nur einen 
geringen Mangel an diesen Komplementen aufwies. 

Die hier beschriebenen, mehr oder weniger markanten qualitativen und 
quantitativen Differenzen der physiologischen Funktionen von Blut- 
korperchen und Serum bieten in Riicksicht auf die Selbstandigkeit des 
fdtalen Stoffwechsels weitere interessante Illustrationen zu der Anschauung 
Ehrlichs 1 ), „daB zwischen der Art des jeweiligen Stoff¬ 
wechsels und der Art der vorhandenen Rezeptoren ein 
organisch harmonischer Zusammenhang besteht u . 


Naclidruck vcrboten. 

Ueber Komplementbindung durch OrganzeUen. 

[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universitat in Prag. 

Vorstand: Prof. Dr. Hueppe.] 

Von Dr. Edmund Hoke, 

I. Assistenten der internen Kiinik des Prof. R. v. Jaksch. 

Die hamolytischen Eigenschaften tierischer Organe, wie sie durch 
Metschnikoff (1), Klein (2), Shibayama (3), Tanassevitsch (4) 
beschrieben worden sind, stehen mit der umgekehrten Wirkung derselben 
Organe, hamolytische Sera ihrer hamolytischen Kraft zu berauben, in 
einem schroffen Gegensatz. 

v. Dun gem (5) konnte zuerst zeigen, daB die verschiedensten 
Organe die hamolytische Fahigkeit fremden und des eigenen Serums 
beschr&nken resp. aufzuheben vermOgen. 

Wilde (6) bestatigt v. Dungerns Angaben und zeigt ferner, daB 
Aleuronat dieselbe Eigenschaft besitzt. 

Dieser Gegensatz fand durch die Arbeit von Korschum und Morgen- 
roth (7) eine Aufklarung. Diese beiden Autoren konnten namlich zefgen, 
daB zwischen den Hamolysinen der Sera und den Hamolysinen, wie sie 
durch Organextrakte gewonnen werden, ein fundamentaler Unterschied 

1) Cf. Schlufibetrachtungen in Nothnagels Handbuch der speziellen Patho- 
logie und Therapie. Bd. VIII. 1901. 


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Hoke, Ueber Komplementbindung durch Organzellen. 


693 


besteht, so daB es nicht angeht, die letztereo mit den ersteren ohne 
weiteres zu identifizieren. 

Im folgenden seien Versuche mitgeteilt, die sich ebenfails mit der 
Aufhebung der h&molytischen F&higkeit normaler Sera durch Kontakt 
mit Organzellen desselben Tieres befassen. 

Als Versuchstiere wurden Kaninchen und in einem Falle aus einem speziellen 
seinerzeit zu erwahnenden Grunde der Hund gewahlt. AJs Reagens dienten bei den 
Kaninchen versuchen Meerschweinchenblutkorperchen. Nur bei den Vereuchen mit H unde¬ 
serum und Hundeorganen wurde Kaninchenblut verwendet. 

Versuch 1. 

Einem Kaninchen werden 10 ccm einer sterilen Aleuronataufschwemroung in die 
rechte Pleurahohle injiziert. Nach 24 Stunden wird das Tier aus der Carotis entblutet, 
die Thoraxhohle croffnet und das in beiden Pleurahohlen angesammelte Exsudat ge- 
trennt abpipettiert, die Pleurahohlen dann, um den Rest der Leukocyten zu gewinnen, 
mit physiologischer Kochsalzlosung nachgewaschen und die Waschfliissigkeiten vereinigt. 
Durch Zentrifugieren konnten nun die Leukocyten aus den Exsudaten entfernt und mit 
den durch das rsachwaschen gewonnenen zu aem weiteren Versuche vereinigt werden. 
Dann wurden unter moglichst strengen aseptischen Kautelen Milz, Pankreas aselli und 
Knochenmark der grofien Rohrenknochen entnommen, in sterilen Schalen zerrieben, und 
die so erhaltenen Organbreie, ferner die abzentrifugierten gewaschenen Leukocyten mit 
je 2—3 ccm des Serums desselben Tieres versetzt, gut durchgeschiittelt und l / 2 Stunde 
bei 37° belassen. Dann wurde abzentrifugiert und das so erhaltene Serum in absteigender 
Menge zu je 1 ccm einer 5-proz. Meerschweinchenblutaufschwemmung zugesetzt, 1 Stunde 
bei 37° belassen und nach 10 Minuten, 30 Minuten, 1 Stunde, 24'’Stunden beobachtet. 
In derselben Weise wurden die zellfrei zentrifugierten Pleuraexsudate getrennt verwendet. 
Das Resultat des Versuches zeigt folgende Tabelle: 


1) Kaninchenserum (Vo Stunde bei 37° gehalten). 


Menge | 

nach 10 Minuten | 

30 Minuten ] 

1 Stunde | 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ , 

0,1 „ - 
0,05 „ 

0,01 „ 

Beginn I 

keine Losung 

>» ff 

>> n 

deutlich 

Beginn 

Spur 

keine Losung 

t yy yy 

komplett gelost 
fast komplett 
deutlich 

Spur 

keine Losung 

| komplett 

yy 

fast komplett 



2) Leukocytenserum. 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0.5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,05 „ 

0,01 „ 

keine Losung 

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yy y> 

keine Losung 

yy yy 

yy yy 

yy yy 

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keine Lbsung 

» yy 

yy y 

yy yy 

yy yy 

sehr deutlich 
deutlich 
keine Losung 

yy yy 



3) Milzserum. 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,05 „ 

0,01 „ 

keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

yy yy 

yy yy 

yy yy 

yy yy 

yy yy 

yy yy 

’> yy 

yy :y 

yy 

yy 

yy yy 

yy yy 

yy yy 


4) 

Pankreas aselli 

-Serum. 


Menge 

nach 10 Minuten 

| 30 Minuten 

| 1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,05 „ 

0,01 „ 

keine Losung 

yy yy 

yy yy 

yy yy 

yy yy 

! keine Losung 

yy yy 

1 

yy yy 

yy yy 

keine Losung 

yy yy 

yy yy 

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yy yy 

keine Losung 

yy yy 

yy yy 

yy v 



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e 











694 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


5) Knochenmarkserum. 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

keine Losung 

keine Losung 

keine Losung 

keine L5sung 

0,1 „ 

» a 

ii ii 

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ii ii 

0,05 „ 

it 11 

n ii 

ii ii 

ii ii 

0,01 „ 

}> 11 

ii ii 

ii ii 

ii ii 

6) Rechtssei tiges 

Pleuraexsudat, 

, zellfrei zentrifugiert. 

Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 

keine Losung 

keine Losung 

keine Losung 

keine Ldsung 

0.25 ,, 

ii ii 

ii j> 

ii ii 

ii ii 

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ii ii 

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0,05 „ 

ii ii 

ii ii 

ii ii 

ii ii 

0,01 „ 

ii ii 

11 ii 

ii ii 

ii ii 

7) Linksseitiges 

Pleuraexsudat, 

zellfrei zentrifugiert. 

Menge 

nach 10 Minuten 

. . .. 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

keine Losung 

keine Losung 

keine Losung 

keine Losung 

0,1 „ 

ii ii 

»» ii ! 

ii ii 

ii ii 

0,05 „ 

ii ii 

i 

ii ii 

ii ii 

ii ii 

0,01 „ 

ii it 

i 

ii ii 

ii ii 

ii ii 


Vollkommen analog verliefen alle iibrigen Kaninchenversuche, so daB ihre An- 
fiihrung nur eine Wiedernolung der obigen Tabellen ware. 


Selbstverst&ndlich trat nun die Frage auf, wodurch ist die Aufhebung 
der H&molyse bedingt, durch Verschwinden des Komplementes, des 
Immunkorpers Oder beider? 

Wenn es zwar schon von vornherein hochst wahrscheinlich war, 
dafi Bindung des Komplements eintrete, so war es doch nach Analogie 
mit dem Verschwinden der Bakterizidie von Serum durch Kontakt mit 
Organzellen denkbar, daB der Immunkorper gebunden wurde, wie dies 
Bail und Pettersson(8) in ihren Versuchen tiber Milzbrandimmunit&t 
zeigen konnten. 

Um diese Frage zu entscheiden, muBte ein Komplettierungsversuch 
ausgefiihrt werden. Da es nicht gelang, ein auf den Kaninchenimmun- 
korper passendes Koraplement aufzufinden, wurde der Versuch mit einem 
Hunde wiederholt. Statt der Meerschweinchenblutkorperchen wurden 
jetzt, wie schon fruher erwahnt, Kaninchenerythrocyten verwendet. Sonst 
blieb die Versuchsanordnung dieselbe. 


1) Hundeserum (7 2 Stunde bei 37° gehalten). 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,005 „ 

glatt gelost 

" ii 

beginnt 
keine Losung 

komplett 

11 

17 

keine Losung 

2) Leukocytens 

komplett 

ii 

ii 

keine Losung 

erum. 

komplett 

ii 

ii 

deutlich 

Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,005 „ 

keine Losung 

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keine Ldsung 

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keine Losung 

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keine Ldsung 

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Hoke, Ueber Komplementbindung durch Organzellen. 
3) Milzserum. 


695 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,005 „ 

keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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4) Mesenterialdriisenserum. 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,005 „ 

keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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5) Knochenmarkserum. 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,005 „ 

keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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6) Rechtsseitiges Pleuraexsudat, zellfrei zen trif ugiert. 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 
0,25 „ 

0,1 „ 
0,005 „ 

glatt gelost 

glatt gelost 

glatt gelost 

glatt gelost 

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keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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keine Losung 

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7) Linksseitiges Pleuraexsudat, zellfrei zentrifugiert. 


Menge 

nach 10 Minuten 

30 Minuten 

1 Stunde 

24 Stunden 

0,5 ccm 

glatt gelost 

glatt gelost 

glatt gelost 

glatt gelost 

0,25 „ 

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0,1 „ 

keine Losung 

keine Losung 

keine Losung 

keine Losung 

0,005 „ 

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Ferner wurde je 1 ccm der 5-proz. Kaninchenblutaufachwemmung versetzt mit 
1) Leukocytenserum 0,5 ccm 0,75 ccm Meerschweinchenserum — glatte Losung 
nach 1 Stunde, 2) mit 0,5 ccm Leukocytenserum + 0,75 ccm inaktiviertes Meer¬ 
schweinchenserum — nach 24 Stunden keine Losung, 3) mit 0,5 ccm Leukocy ten¬ 
se rum -f- 0,75 ccm inaktiviertes Hundeserum (ZufUhrung von Iinmunkorpern) — keine 
Losung in 24 Stunden, 4) mit 0,75 ccm aktivem Meerschweinchenserum 
+ 0,75 ccm inaktiviertes Hundeserum — glatte Losung in 1 Stunde. 

Ebenso gelang es, das durch Knochenmark inaktiv gewordene Hundeserum durch 
0,75 ccm aktives Meerschweinchenserum glatt zu reaktivieren. 

Die aus den obigen Versuchsreihen zu ziehenden Schliisse lassen 
sich dahin zusammenfassen, daB Organzellen desselben Tieres ira stande 
sind, das Serum seiner h&molytischen Fahigkeit zu berauben und zwar 
durch Bindung seines Komplementes. 

Nicht nur zertrtimmerte Organzellen, sondern auch 
lebende Zellen, wie sie die Leukocy ten darstellen, haben dieselbe 
Fahigkeit. 

Was die wenigstens beim Kaninchen deutlich ausgesprochene be- 
hinderte h&molytische Wirkung der Pleuraexsudate betrifft, so ware es 
denkbar, anzunehmen, daB diese durch den langen Kontakt mit den 
Leukocyten bei der hohen Korpertemperatur des Kaninchens schon im 
Tierkdrper einen Verlust an Komplement erlitten haben. 


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696 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 


Die Anscbauung von dem Ursprung des Komplements aus Leukocjten 
wird nach dem Mitgeteilten schwer verstandlich, wenn man bedenkt, wie 
makrophagenreiche Organe, wie die Milz, Komplement zu binden im stande 
sind. 


Literatur. 

1) Metschnikoff, Immunitat bei Infektionskrankheitcn. 69 p. Jena (Fischer) 1902. 

2) Klein, Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 52. 

3) Shi bay am a, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXX. 1901. No. 21. 

4) Tanassevitsch, Ann. de l’lnstitut Pasteur. 1902. 

5) v. Dungern, Munch, med. Wochenschr. 1900. p. 677. 

6) Wilde, Arch. f. Hyg. Bd. XXIV. 1902. 

7) Korschum und Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. 1902. p. 870. 

8) Bail u. Pettersson , Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. 1903 und Prag. med. Wochenschr. 
Bd. XXVIII. 1903. p. 307. 


Nachdruck vcrboten. 

The adrenal gland and its active principle in their rela¬ 
tions to cytolysins and antitoxin production 1 ). 

|From the Laboratory of Hygiene, University of Pennsylvania.] 

By A. C. Abbott, M. D., 

Professor of Hygiene and Bacteriology, University of Pennsylvania. 

In a brief report we would present the results of an investigation 
in which it was desired to render the adrenal glands of the guinea pig 
physiologically inactive. As is well known the surgical removal of the 
adrenals, as well as the destruction of the glands by the injection of 
necrotizing chemicals, is fatal to the animals in a few hours. We there¬ 
fore attempted to neutralize the function of the organs by the use of a 
serum presumably specifically destructive for the adrenal cells, in the 
hope that thereby a gradual elimination of the gland function might be 
obtained, and the animal would with alive. 

The specific serum was obtained by immunizing rabbits with an 
emulsion of fresh guinea pig adrenals thoroughly ground up in a sterile 
mortar and suspended in 0,85 °/o NaCl solution. The injections were 
given intraperitoneally. The sera of the immune rabbits were tested 
after the injection of from 14 to 38 guinea pig adrenals. The effect 
of such a serum upon guinea pigs when injected intraperitoneally was 
seen within a few minutes after the injection. The symptoms were those 
of intense prostration accompanied by a reduction of temperature of 
from 1,5° C to 2° C. Death follows in from a few hours to a few 
days. The postmortem findings vary slightly according to the time of 
death, but always present a picture indicative of a rapid blood destroy¬ 
ing process; subcutaneous edema; enlargement of the subcutaneous 
lymph glands, yellowish discoloration of the subcutaneous fat; enlarge¬ 
ment and dark color of the spleen; dark chocolate color of the cortex 
oft he kidneys; congestion with fatty degeneration of the liver. The 
blood presents a conspicuous thin or watery appearance. 

A composite picture drawn from the microscopic examination of the 

1) Read before the Association of American Physicians, May. 1903. (Published in 
extenso in the Journal of Medical Research. Vol. IX. No. 3. May 1903.) 


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Abbott, The adrenal gland etc. 


697 


organs of a number of guinea pigs treated with serum from rabbits that 
have been immunized against guinea pig adrenals, is the following: 
In marked cases microscopic examination of the blood reveals the presence 
of erytrocytes in all stages of disintegration and distortion. Many of 
them appear fused together into soft tenacious masses. Many normal 
erythrocytes are to be seen, but there are also many that are irregular 
in size and form, and many that are abnormally colored. 

Microscopic examination of the liver shows congested areas surrounded 
by liver cells in varying stages of degeneration. No nuclear fragmen¬ 
tation is observed, and the changes give the impression of being due 
to circulatory disturbance rather than to the action of a specific toxin. 
It is possible that these lesions may result from the presence of agglu¬ 
tinative thrombi. In advanced cases diffused fatty degeneration was 
present. 

The spleen is usually markedly congested and is often conspicuous 
for the presence of large phagocytes filled with the remains of erythro¬ 
cytes. In two or three cases the cells of the lymph nodes of the spleen 
gave evidence of destructive changes, many of the nuclei being distorted 
and fragmentated. The sections of the spleen are often marked by the 
presence of what is evidently masses of blood coloring matter. 

The kidneys present the most striking picture. They are marked 
by congestion with frequently rupture of the glomerular capillaries; the 
epithelium of both the convoluted and the looped tubules is conspicuous 
for the presence of closely packed brownish granules, evidently the 
debris of destroyed erythrocytes. On section the adrenals are frequently 
found congested, though this varies. Rarely there are tiny points of 
hemorrhage, but definite necrosis or degeneration has not been detected 
in any of our animals. Evidences of cell multiplication are here and 
there observed, but the study of adrenals from normal animals as well 
as from animals dead from other causes leads us to believe that nuclear 
division may be commonly observed in the cells of the adrenal in health 
as well as in diesease. 

This picture so forcibly suggested blood destruction as the cause 
of death and of the conditions noted that a series of control experiments 
with the serum of rabbits immunized against the erythrocytes of the 
guinea pig were instituted. In this experiment guinea pigs were treated 
with the serum from rabbits highly immunized against guinea pig blood, 
and control animals were treated with the serum of normal rabbits 
which possesses more or less active hemolyzing power for guinea pig 
erythrocytes. 

The results with normal rabbit serum are somewhat irregular, due 
no doubt to the differences in the hemolytic activity of normal rabbit 
serum. In general it is not necessarily fatal when injected into the 
living guinea pig and may often be used in large doses. 

The serum from rabbits highly immunized against guinea pig 
erythrocytes gives, on the other hand, quite different results. These 
sera when highly hemolytic, are almost invariably quickly fatal to guinea 
pigs even in comparatively small doses. The symptoms exhibited by 
these animals are identical, save in degree, with those noted after the 
injection of the serum of a rabbit immunized against the adrenal cells. 

To sum up our results in a few words, the conditions of guinea 
pigs after injection of the actively hemolytic serum do not differ, except 
in being more pronounced, from that following injection with adrenal 


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698 


Centralbl. (. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


serum, and it is furthermore usually impossible to distinguish by either 
macroscopic or microscopic examination between the tissues from the 
two groups of animals. 

Since the most pronounced and evidently fatal action of the 
specific adrenal serum consists in its specific hemolytic property, we 
next attempted to remove the hemolytic property by the absorption 
method. The specific adrenal serum was heated to 55—56° C for 
30 minutes to destroy the hemolytic complement; mixed with an equal 
volume of washed guinea pig’s erythrocytes; placed in an incubator for 
two hours, and sometimes immediately injected, sometimes left at low 
temperature over night. There was always marked agglutination of the 
red blood corpuscles. A specific adrenal serum when thus treated is 
without any effect whatever when injected into guinea pigs in amounts 
equal to the fatal dose of untreated serum. By heating the specific 
adrenal serum its active effects are not necessarily modified. The 
receptors in the serum find therefore their appropriate complement in 
the fluids of the guinea pig’s organism. By mixing the specific adrenal 
serum with a fresh emulsion of guinea pig’s adrenals the fatal hemolytic 
effects are not necessarily eliminated, death often resulting from hemolysis. 

The specific adrenal serum in the test tube shows active aggluti¬ 
nation and hemolysis for guinea pig’s erythrocytes, and is also actively 
agglutinative for fresh infusions of the adrenal cells. By heating for 
30 minutes the hemolytic action was checked, while agglutination of 
both blood cells and adrenal cells was unaltered. A lysis of the adrenal 
cells in the test tube was not certainly to be detected. The specific 
hemolytic serum gave naturally hemolysis and agglutination with the 
puinea pig’s erythrocytes, but did not have the least effect upon the 
adrenal cell infusion. 

This was the result with serum from all the rabbits immunized 
against guinea pig’s adrenals except one, the serum of which had no 
effect in the test tube upon the emulsion of adrenal glands. This vari¬ 
ation may possibly be due to the individual peculiarity of the animal. 
Such deviations are not unknown in experiments of this nature. 

If we insist strictly that the serum of animals immunized by the 
injection of definite types of alien cells shall have a specific affinity for 
only those cells — that is to say, shall be possessed of only specific 
morphological affinities, then obviously the results here recorded are at 
variance with our accepted ideas. If, on the other hand, it be admitted 
that the specificity of these sera is chemical in its relations, then there 
can be no reasonable grounds for surprise that such sera occasionally 
manifest affinities not only for the cells with which the animal furnish¬ 
ing the serum had been treated, but for other elements of the body 
as well. 

Our observations lead us to the same result as that reached by 
v. Dungern (Mttnchener med. Woch. 1899. No. 38) and Moxter (Dtche 
med. Woch. 1900. No. 4), in their work with ciliated epithelium and with 
infusions of the testicle — namely, that the injection of cells other than 
the erythrocytes may produce a serum having specific affinities for 
erythrocytes as well as for the injected cells. Metschnikoff (Annales 
de llnstitut Pasteur. T. XIV. 1900) and Me tain ikoff (ibid. T. XIV. 1900) 
both maintain that v. Dungern and Moxter are in error; that the 
hemolysis observed in these sera is referable to the blood unavoidably 
injected with the epithelial and testicular cells used in their experiments. 


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Abbott, The adrenal gland etc. 


699 


It seems to us very questionable, however, that the hemolysis exhibited 
by our specific serum is due to the small amount of blood injected with 
the adrenal cells, for it was often even greater than that shown in the 
serum of rabbits which had been purposely injected with large doses 
of guinea pig erythrocytes. Thus, for example, in one of our comparative 
tests, we found that the serum from a rabbit that had received 53 c. c. 
of defibrinated guinea pig’s blood was twice as active as normal rabbit 
serum upon guinea pig’s blood. The serum from adrenal rabbit B was 
also twice as active, while that from adrenal rabbit D was five times 
as active as normal rabbit serum, and yet neither of the animals injected 
with the adrenal cells could have received more than the merest fraction 
of the amount of blood injected into the rabbit which furnished the 
specific hemolytic serum. 

We therefore conclude that the different cells of the body, even 
though morphologically and physiologically unlike, may possess certain 
chemical constituents in common, and it seems to us possible that the 
apparent lack of strict specificity manifested by certain of the cytolytic 
sera may be referable to the stimulating action of atom groups which 
are common to many different cells upon particular receptors likewise 
common to various cells for which they possess chemical affinities, the 
result being the overproduction in the immune animal of such receptors. 
In other words, morphology and function do not necessarily indicate 
variation in chemical composition. 

We next turned our attention to a study of the effect of the definite 
crystallizable body which has been isolated from the adrenal glands. In 
these experiments rabbits were injected with varying doses of a 
preparation of the active principle of the gland, which we obtained 
through tbe courtesy of Prof. Abel, to whom we here express our 
thanks. The most impressive feature of this group of experiments is 
the remarkable variation of individual susceptibility to the action of 
the drug, for which unfortunately there is no ready explanation, but 
■which greatly complicates such an experiment by the consequent 
impossibility of determining a minimum lethal dose. 

Our experiments upon the adrenal gland and its principle seemed 
to us to warrant the following conclusions: 

I. It is doubtful if repeated injections of guinea-pig adrenals into 
rabbits result in the elaboration of a serum having demonstrable specific 
-affinities for the adrenal glands of the guinea-pig in situ. 

II. The most conspicuous characteristic of a serum obtained by the 
above plan is its destructive action upon the blood of the guinea-pig. 
This we do not believe is referable to the small quantity of blood injected 
with the adrenal cells during the immunization of the rabbit. 

III. If: the hemolytic receptors be removed from such an „adrenal 
serum" its toxic action upon the guinea-pig disappears. 

IV. Rabbits exhibit more or less of tolerance to gradually ascending 
doses (intraperitoneal) of the active principle of the adrenal gland. This 
tolerance is probably not accompanied by the presence in the serum 
of the rabbits of substances antagonistic (antitoxic) to the adrenal active 
principle in vitro. 


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700 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 7. 


Naehdruck verboten, 

Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunitat 

[Aus dem hygienischen Institute der Universitfit Graz.] 

Von Dr. Paul Theodor Mflller, 

Assistent am hygienischen Institute Graz. 

(Schlufi.) 

I. Versuche mit Bacterium typhi abdominalis. 

Taube V (Hungertier). 

Vom 13. Oktober ab hungem gelassen. 13. Oktober 2 ccm Typhus-Bouillon- 
kultur. 16. Oktober 2 ccm Bouillonkultur. 25. Oktober aus den Flugelgefafien ver- 
bluten gelassen. 

Taube VI (Kontrolltier). Gtefiittert. Sonst wie oben. 
Agglutination. Versuch. 

Aufschwemmung von 24-stiindiger Agarkultur in Bouillon. Verdunnung des Serums; 


Typhus- 

auf- 

schwemmung 

Serummenge 

Bouillon 

Verdunnung 

Serum V 
(Hunger) 

Serum VI 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

1 : 5 

+ + 

+ 

1 » 

0,2 

0,8 

1 : 10 

+ + 

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1 „ 

0,1 

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1 : 20 

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0,6 

1 : 50 

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0 

1 „ 

0^(1) 

0,8 

1 : 100 

IT 

0 

1 » 

0,1(1) 

0,9 

1 : 200 

0 

0 


Taube III (Hungertier). 

Vom 13. Oktober ab hungern gelassen. 13. Oktober 2 ccm Typhus-Bouillon¬ 
kultur. 16. Oktober 2 ccm Bouillonkultur. 24. Oktober aus den Fiugelgefafien ver- 
bluten gelassen. 

Taube IV (KontroUtier). Gefiittert Sonst wie oben. 


Agglutination. Versuch. 

Aufschwemmung yon 24-stiindiger Agarkultur in Bouillon. Verddnnung des Serums: 

( 1 ) - 1 : 10 . 


Typhus- 

auf- 

Bchwemmung 

Serummenge 

Bouillon 

Verdunnung 

Serum III 
(Hunger) 

1 ■■ ■ ■ 1 ■ ■■Jgg.u 

Serum IV 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

1 : 5 

+ + 

+ + 

1 „ 

0^ 

0,8 

1 : 10 

+ + 

+ + 

1 „ 

0,1 

0,9 

1 : 20 

+ + 

+ + 

1 „ 

0,4(1) 

0,6 

1 : 50 

+ + 

4* 

1 ,* 

0^(1) 

03 

1 : 100 

+ 

0 

1 ,, 

0,1(1) 

0,9 

1 : 200 

± 

0 


Taube XL (Hungertier). 

Hungert vom 1. Marz ab. 3. } 5* und 7. Marz je 2 ccm Typhusbouillon. 10. Marz 
getdtet 

Taube XL1 (Kontrolltier). Gtefiittert. Sonst wie oben. 


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Muller, Zur Theorie der natdrlichen antibakteriellen Immunitftt 


701 


Versuch. 


24-stiindige Agarkultur vom Bact. typhi in Bouillon aufgeschwemmt. Verdiinnung 

( 1 ) - 1 : 10 , ( 2 ) «== 1 : 100 . 


Typhus- 

auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XL 
(Hunger) 

Serum XLI 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ + 

i ,, 

0,3 

0,7 

6,6 

+ + 

+ + 

i „ 

0,2 

0,8 

10 

+ + 

+ + 

i „ 

0,1 

0,9 

20 

+ + 

+ + 

i „ 

03 (1) 

0,2 

25 

+ + 

+ + 

i „ 

0,6 (1) 

0,4 

33 

+ + 

+ + 

i 

0,4 (1) 

0,6 

50 

+ + 

+ + 

i 

03(1) 

0,8 

100 

+ + 

+ 

i ,, 

03(2) 

0,2 

250 

+ (+) 

0 

i „ 

0,6 (2) 

0,4 

333 

+ 

0 

i .. 

0,4 (2) 

0,6 

500 

4“ 

0 

i ,, 

03(2) 

0,8 

1000 

7F 

0 


Taube XL (Hungertier). 

Hungert vom 15. Februar ab. 16. und 20. Februar je 1 ccm Typhusbouillonkultur. 
25. Februar getdtet. 

Taube XL1 (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben. 

V ersuch. 


24-stiindige Typhusagarkultur in Bouillon aufgeschwemmt (sehr dichte Aufschwemmung). 
Verdiinnung des Serums: (1) = 1: 10. 


Typhus- 

auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XL 
(Hunger) 

Serum XLI 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,6 

0,4 

3,3 

+ (+) 

+ (+) 

1 

Ofi 

0,5 

4 

+ (+) 

+ (+> 

1 » 

0,4 

0,6 

5 

+ (+) 

+ (+) 

1 » 

0,3 

0,7 

6,6 

+ (+) 

+ 

1 „ 

03 

0,8 

10 

+ (+) 

0 

1 

0,1 

03 ( 1 ) 

0,9 

20 

+ 

0 

1 „ 

03 

25 

0 

0 

1 „ 

0,6 (1) 

0,4 

33 

0 

0 


II. Versuche mit Bacillus pyocyaneus. 

Taube XI (Hungertier). 

Vom 27. Oktober ab hungem gelassen. 27. Oktober 1 ccm Pyocyaneus-Bouillon 
30. Oktober 2 ccm Bouillon. 3. November aus den Fliigelgefaflen verbluten gelassen. 

Taube XII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben. 
Agglutination. Versuch. 

Aufschwemmung von 24-stundiger Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon. Ver¬ 
diinnung des Serums: (1) « 1 : 10. 



Serummenge 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XI 
(Hunger) 

Serum XII 
(Kontrolle) 

1 ccm 

« 

0,6 

5 

+ + 

+ (+) 

1 „ 


0,7 

6,7 

+ + 

+ 

1 „ 


0,8 

10 

+ + 


1 „ 

— 

0,9 




i ,, 

0,6 




i „ 


0,8 





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702 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Taube XXI (Hungertier). 

Hungert vom 24. November ab. 27. November 2 ccm Pyocyaneus-Bouillon. 
3. Dezember gefuttert. 4. JDezember hungert weiter; 1,5 ccm Pyocyaneus-Bouillon. 
5. Dezember I ccm. 7. Dezember verbluten gelassen. 

Taube XXII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben. 

V ersuch. 


24-stiindige Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. Serum- 
verdunnung: (1) — 1 : 10. 


Pyocyaneus- 

auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XXI 
(Hunger) 

Serum XX H 
(KontroUe) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ 

1 i, 

0,3 

0,7 

6,6 

+ + 

V 

1 „ 

0,2 

0,8 

10 

+ + 

0 

1 „ 

0,1 

0,9 

20 

+ + 

0 

1 „ 

0,8 (1) 

0,2 

25 

+ + 

0 

1 „ 

0,6 (1) 

0,4 

33 

+ 

0 

1 „ 

0,4 (1) 

0,6 

50 

0 

0 

1 

0,2 (1) 

0,8 

100 

0 

0 


Taube XIII (Hungertier). 

Vom 27. Oktober ab hungern gelassen. 27. Oktober 1 ccm Pyocyaneus-Bouillon. 
30. Oktober 2 ccm Bouillonkultur. 4. November verbluten gelassen. 

Taube XIV (Kontrolltier). Gefuttert. Sonst wie oben. 
Agglutination. Versuch. 

Aufschwemmung einer 24-stiindigen Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon. Serum- 

verdiinnung: (1) *= 1: 10. 


Pyocyaneus- 

auf- 

schwemmung 

Serummenge 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XIII 
(Hunger) 

Serum XIV 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ 

1 ,, 

0,3 

0,7 

6,7 

+ + 


1 „ 

0,2 

0,8 

10 

+ 

IT 

1 „ 

0,1 

0,9 

20 

0 

0 

1 „ 

0,4 (1) 

0,6 

50 

0 

0 

1 ,, 

0,2 (1) 

0,8 

100 

0 

0 


Taube XLII (Hungertier). 

Hungert vom 1. Marz ab, r 3., 5. und 7. Marz je 2 ccm Pyocyaneus-Bouillon. 
11, Marz getotet. 


Taube XLII I (Kontrolltier). Gefuttert. Sonst wie oben. 
Versuch. 

24-stiindige Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. 


Pyocyaneus- 

auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XLII 
(Hunger) 

Serum XLIII 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ + 

1 », 

0,3 

0,7 

6,6 

++ 

+ (+) 

1 » 

0,2 

0,8 

10 

++ 

4 * 

1 » 

0,1 

0,9 

20 

+ (+) 

(+) 

1 ,, 

0,8 (1) 

0,2 

25 

+ (+ 

0 

i „ 

0,6 (1) 

0,4 

33 

+ (+) 

0 

I » 

0,4 (1) 

0,6 

50 

+ 

0 

1 M 

0,2 (1) 

0,8 

100 

0 

0 


Taube LXV (Hungertier). 

Hungert vom 22. Marz ab. 24. und 26. Marz je 2 ccm erwarmter Pyocyaneus- 
Bouillon. 30. M&rz 2 ccm lebender Kultur. 2. April getotet. 


Digitized by 


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Muller, Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunitftt 


703 


Taube LX VI (Kontrolltier). Wie oben. 
Versuch. 


48-stiindige Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt 


Pyocyaneus- 

auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdunnung 

Serum LXV 
(Hunger) 

Serum LXVI 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ + 

1 V 

0,3 

0,7 

6,6 

+ + 

+ + 

1 „ 

02 

0,8 

10 

+ + 

+ + 

1 ,, 

0.1 

0,9 

20 

+ 

+ + 

1 „ 

0,8 (1) 

02 

25 

0 

+ f 

1 

0,6 (1) 

0,4 

33 

0 

+ + 

1 „ 

0,4 (1) 

0,6 

50 

0 

+ 

1 „ 

0,2 (i; 

0,8 

100 

0 

0 


Taube LXVII (Hungertier). 

Hungert vom 29. Marz ab. 2. und 4. April je 15 ccm Py ocy aneus-Bouillon. 
8. April getdtet. 

Taube LXVIII und LXIX (Kontrolltiere). Gefuttert. Sonst wie oben. 

Versuch. 


24-stiindige Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt 


Pyocyaneus- 

auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Ver- 

Ser. LXV1I 

Ser. LXVIII 

Ser. LX IX 

dimming 

(Hunger) 

(Kontrolle) 

(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ 

+ (+) 

1 

02 

0,7 

6,6 

10 

+ + 

0 

0+ 

1 » 

02 

0^ 

+ + 

0 

0 

1 „ 

0,1 

0,9 

20 

+ + 

0 

0 

1 » 

02(1) 

02 

25 

+ 

0 

0 


III. Ve^suche mit Bacillus dysenteriae (Kruse). 

Taube XXXVIII (Hungertier). 

Hungert' vom 15. Februar ab. 16. und 20. Februar je 2 ccm Dysenterie- 
bouillon. Getotet: 25. Februar. 

Taube XXXIX (Kontrolle). Gefuttert. Sonst wie oben. 

Versuch. 

24-8tiindige Dysenterieagarkultur, in Bouillon aufgeschwemmt Verdunnung dee Serums 

( 1 ) — 1 : 10 , ( 2 ) = 1 : 100 . 


Dysenterie- 

aufschwem- 

mung 

Serum 

Bouillon 

Verdunnung 

Ser. XXXVHI 
(Hunger) 

Serum XXXIX 
(Kontrolle) 

1 

ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ 4- 

1 

ri 

0,3 

0,7 

6,6 

++ 

+ + 

1 


0,2 

0,8 

10 

++ 

+ + 

1 

» 

0,1 

0,9 

20 

+ + 

++ 

1 


0,8 (1) 

0,2 

25 

+ (+) 

+ (+) 

1 

» 

0.6 (1) 

0,4 

33 

+ (+) 1 

+ (+) 

1 

V 

0,4 (1) 

0,6 

50 

(+) 

+ (+) 

1 

V 

02 (1 

0,8 

100 

o+ 1 

+ 

1 

w 

0,8 (2) 

0,2 

250 

0 

+ 

1 

V 

0,6 (2) 

0,4 

333 

0 

+ 

1 

T> 

0,4 (2) 

0,6 

500 

0 

+ 

1 

» 

02(2) 

0,8 

1000 

0 

(+) 


Taube XXXVI (Hungertier). 

Hungert vom 12. Februar ab. 14. und 20. Februar je 2 ccm Dysenterie- 
bouillon. 


Digitized by t^.ooQle 


















704 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Tan be XXXVII (Kontrolle). Wie oben, nur gefiittert. Beide am 23. Febraar getotet. 

Versuch. 

24-stiindige Dysenterieagarkultur in Bouillon aufgeechwemmt. Verdunnung des Serums 

( 1 ) = 1 = 10 . 


Dysenterie- 

aufschwem- 

mung 

Serum 

Bouillon 

Verdunnung 

Serum XXX VT 
(Hunger) 

Serum XXXVH 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

4-4- 

4- + 

i , 

03 

0,7 

6,6 

+ 

+ + 

i . 

0.2 

0,8 

10 

+ 

+ + 

i . 

0,1 

0,9 

20 

(+) 

4-4- 

i . 

03 (1) 

0,2 

25 

+0 

+ 

i * 

0,6 (1) 

0,4 

33 

+0 

+ (+) 

i „ 

0,4 (1) 

0,6 

50 

(+0) 

4- 


Taube XXVI (flungertier). 

Hungert vom 21. Dezember ab. 23. und 26. Dezember je 2 ccm Aufschwemmung 
von Bac. dy sen ter. Kruse, auf 70° erwarmt Geschlachtet am 4. Januar. 

Taube XXVII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben. 

Versuch. 

24-stundige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt, Serumverdiinnung (1) = 1:10. 


Dysenterie- 

aufschwem- 

mung 

Serum 

Bouillon 

Verdunnung 

Serum XXVI 
(Hunger) 

Serum XXVII 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ + 

i „ 

0,3 

0,7 

6,6 

4- + 

+ + 

i , 

03 

0,8 

10 

+ (+) 

4* + 

i , 

0,1 

0,9 

20 

+ 

-4* + 

i . 

0,8 (1) 

0,2 

25 

0 

+ + 

i „ 

0,6 (1) 

0,4 

33 

0 

4* + 

i „ 

0,4 (1) 

0,6 

50 

0 

+ 4- 

i . 

03 (1) 

0,8 

100 

0 

± 


Taube XVII (Hungertier). 

Vom 27. Oktober ab huneern gelassen. 27. Oktober 1 ccm Dysenteriebouillon. 
30. Oktober 2 ccm. 4. November verbluten gelassen. 


Taube XVIII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben. 
V ersuch. 


24-stundige Agarkultur vom Dvsenteriebacillus in Bouillon. Serumverdiinnung (1) 

10-fach. (2) 100-fach. 


Dysenterie- 

aufschwem- 

mung 

Serum 

Bouillon 

Verdunnung 

Serum XVII 
(Hunger) 

Serum XVTH 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

4-4- 

4-4- 

i * 

03 

0,7 

6,6 

4- + 

4-4- 

i , 

03 

0,8 

10 

4- + 

4-4- 

i „ 

0,1 

0,9 

20 

4-4- 

4-4- 

i . 

0,8 (1) 

0,2 

25 

4- 

4-4- . 

i „ 

0,6 (1) 

0,4 

30 

+ 

4- + 

i , 

0,4 (1) 

0,6 

50 

4- 

4-4- 

i , 

03 (1) 

0,8 

100 


4-4- 

i , 

0,1 (1) 

0,9 

200 

0 

4- 

i „ 

0,8(2) 

0,2 

250 

0 

0 


Taube XXVIII (Hungertier). 

Hungert vom 21. Dezember ab. 23. und 27. Dezember je l 1 /, ccm Aufschwem- 
mung von Bac. dysent. Kruse. 4. Januar geschlachtet. 


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Muller, Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunit&t. 


705 


Taube XXIX (Kontrolle). Gefiittert. Sonst wie oben. 

Versuch. 

24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. Verdunnung (1) «= 1:10. 


Dysenterie- 

aufschwem- 

mung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XXVIII 
(Hunger) 

Serum XXIX 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ 

+ + 

i . 

0,3 

0,7 

6,6 

10 

+ 

+ + 

i „ 

0,2 

0,8 

0 

+ 

i „ 

0,1 

0,9 

20 

0 

+ 

i „ 

03(D 

03 

25 

0 

IT 

i . 

0,6 (1) 

0,4 

33 

0 

0 


Taube XIX (Hungertier). 

Vom 10. November ab hungern gelassen. 12. November 2 ccm Dysenterie- 
bouillon. 14. November 2 ccm, 18. November 1 ccm. 21. November Verbluten ge¬ 
lassen. 


Taube XX (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst genau wie oben. 
Versuch. 


24-stiindige Agarkultur von B. dysenter. in Bouillon aufgeschwemmt. Serum verdunnung 

( 1 ) — 1 : 10 . 


Dysenterie- 

aufschwem- 

mung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XIX 
(Hunger) 

Serum XX 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

+ + 

i , 

0,3 

0,7 

6,6 

+ + 

+ 

i . 

0,2 

0,8 

10 

+ + 

+ 

i , 

0,1 

0,9 

20 

+ + 

0 

i , 

0,8 (1) 

0,2 

25 

+ ( + ) 

0 

i , 

0,6 (1) 

0,4 

33 

+ 

0 

i , 

0,4 (1) 

03(1) 

0,6 

50 

+ 

0 

i , 

0,8 

100 

0 

0 


IV. Versuche mit Vibrio Metschnikoff. 

Taube XLIV (Hungertier). 

Hungert vom 7. Marz ab. 9., 12. und 14. Marz je 2 ccm durch Erwarmen ab- 
getotete Metschnikoff-BouiUon. 16. Marz getotet. 

Taube XLV (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben. 

Versuch. 

24-stiindige Agarkultur von Vibrio Metschnikoff in Bouillon aufgeschwemmt. 
Verdiinnimg (1) = 1:10. 


Metschni- 

koff-Auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdunnung 

Serum XLIV 
(Hunger) 

Serum XLV 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ (+) 

+ + 

i * 

0,3 

0,7 

6,6 

+ 

++ 

i , 

03 

0,8 

10 

+ 

+ (+) 

i , 

0,1 

0,9 

20 

+ 

+ (+) 

i . 

0,8(1) 

0,2 

25 

(+) 

+ (+) 

i , 

0,6 (1) 

0,4 

33 

(+) 

+ 

i , 

0,4 (1) 

0,6 

50 

0 

+ 

i , 

0,2 (1) 

0,8 

100 

0 

T 


Erate Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


45 


Digitized by 


Google 













706 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt, Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Taube XV (Hungertier). 

Vom 18. November ab hungern gelassen. 22. November 2 ccm Metschnikoff- 
Bouillon. 24. November und 1. Dezember 1,5 ccm; bekommt zu freBsen. 2. Dezember 
hungert weiter; 2 ccm M. 4. Dezember verbluten gelassen. 

Taube XVI (Kon troll tier). Gefiittert. Sonst wie oben. 

V ersuch. 


24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. 


Metschni- 

koff-Auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XV 
(Hunger) 

Serum XVI 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,8 

0,2 

2,5 

+ 

+ + 

i „ 

0,7 

0,3 

2,8 

~b 

+ (+) 

i „ 

0,6 

0,4 

3,3 


+ 

i , 

0,5 

0,5 

4,0 

0 

+ 

i „ 

0,4 

0,6 

5,0 

0 


i „ 

0,3 

0,7 

6,6 

0 

V 

i , 

0,2 

0,8 

10,0 

0 

0 

i , 

0,1 

0,9 

20,0 

0 

0 


Taube XXIII (Hungertier). 

Hungert vom 17. Dezember ab. 19., 23. und 26. Dezember je 2 ccm Metschni- 
koff-Bouillon, 5 Minuten auf 70° erwarmt, intraperitoneal; 30. Dezember getotet. 

Taube XXIV und XXV (Kontrolltiere). Gefiittert. Sonst wie oben. 

V ersuch. 


24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. 


Metschni- 

koff-Auf- 

schwemmungj 

Serum 

! 

Bouillon 

Verdiinnung 

SerumXXIH 

(Hunger) 

i 

Serum XXIV 
(Kontrolle) 

Serum XXV 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,8 

0,2 

2,5 

+ + 

+ + 

+ + 

i » 

0,6 

0,4 

3,3 

+ 

+ + 

+ + 

i . 

0,4 

0,6 

5,0 

+ 

+ + 


i * 

0,2 

0,8 

10,0 

Tf 

+ 

+ 

i . 

0,1 

0,9 

20,0 

0 

+ 

+ 


Taube XLVI (Hungertier). 

Hungert vom 7. Marz ab. 9., 12. und 14. Marz je 2 ccm abgetoteter Metschni- 
k off -Bouillon. 17. Marz getbtet. 


Taube XLVII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben. 
V ersuch. 


24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. Verdiinnung (1) = 1: 10. 


Metschni- 

koff-Auf- 

scliwemmung 

Serum 

L 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XLVI 1 
(Hunger) 

Serum XLVII 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ (+) 

+ + 

i * 

0,3 

0,7 

6,6 

+ 

• + + 

i , 

0,2 

0,8 

10 

+ 


i * 

0,1 

0,9 

20 

0+ 

+ 

i . 

0,8 (1) 

0,2 

25 

0 

+ 

i . 

0,6 (1) 

0,4 

as 

0 

+ 

i , 

0,4 (1) 

0,6 

50 

0 


i , 

0,2 (1) 

0,8 

100 

0 

+ 


Taube XXX (Hungertier). 

Hungert vom 10. Januar ab. 13., 15. und 18. Januar je 1 ccm Metschnikoff- 
Bouillonkultur injiziert. 22. Januar geschlachtet. 


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Mtiller, Zur Theorie der nattirlichen antibakteriellen Immunit&t 


707 


Taube XXXI (Kontrolle). Geftittert. Sonst wie oben. 
Versuch. 


24-sttindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. 


Metschni- 

koff-Auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

l 

Verdtinnung 

Serum XXX 
(Hunger) 

| Serum XXXI 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,6 

0,4 

35 

4-4- 

+ 

1 „ 

0,4 ; 

0,6 

5,0 

4-4- 

+ 

1 . 

05 

0,8 

10,0 

4- 

17 

1 , 

0,1 , 

0,9 

20,0 

0 

0 


Taube LX (Hungertier). 

Hungert vom 10. Marz ab. 13., 15. und 17. Marz je 2 ccm abgetdteterMetsch- 
nikoff-Bouillonkultur. 20. Marz getotet. 


Taube LXI (Kontrolltier). Wie oben, nur geftittert. 
Versuch. 


24-sttindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. 


Metschni- 

koff-Auf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

(Verdtinnung 

Serum LX 
(Hunger) 

Serum LXI 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

05 

0,6 

5 

4-4- 

4-4- 

i . 

0,7 

6,6 

4-4- 

4-4- 

i , 

05 

0,8 

10 

4-4- 

4-4* 

i „ 

0,1 

0,9 

20 

4-4- 

4-4- 

i . 

0,8 (1) 

0,2 

25 

+ 

4- 

i „ 

0,6 (1) 

0,4 

33 

+ 

4- 

i * 

0,4 (1) 

0,6 

50 

4-0 

4- 

i . 

05 (1) 

0,8 

100 

0 

0 


V. Versuche mit Bacillus proteus vulgaris. 

Taube XXXII (Hungertier). 

Hungert seit 12. Februar. 14. Februar 2 ccm Proteusbouillon. Ebenso 18. 
und 20. Februar. Getotet 23. Februar. Genau gleieh: Taube XXXII. 

Tauben XXXIV und XXXV (Kontrolltiere). Geftittert. Sonst wie oben. 

V ersuch. 


24-sttindige Proteusagarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. Verdtinnung dee Serums 

( 1 ) — 1 : 10 . 


Proteus- 

auf- 

schwem- 

mung 

Serum 

| Bouil¬ 
lon 

Verdtin¬ 

nung 

Ser. XXXII 
(Hunger) 

Ser. XXXIII 
(Hunger) 

Ser. XXXIV 
(Kontrolle) 

Ser. XXXV 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ 

04- 

4-4- 

+ 4- 

1 „ 

05 

0,7 

6,6 

+ 

04- 

4-4- 

4-4- 

1 „ 

05 

0,8 

10 

(+) 

0 

+ 4- 

4-4- 

1 * 

0,1 

0,9 

20 

(+) 

0 

+ 4- 

4- (4-) 

1 „ 

05 (1) 

0,2 

25 

(+) 

0 

4-4- 


1 n 

0,6 h) 

0,4 

33 

(+) 

0 

4* 4- 

+ i+> 

i , 

10,4(1) 

0,6 

50 

0 

0 

4-4- 

4-(4*) 


Taube XLVIII (Hungertier). 

Hungert vom 10. Marz ab. 13. und 15. Marz je 2 ccm Proteusbouillonkultur. 
20. Marz getotet. 

45* 


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708 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 7. 


Tan be XLXX (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben. 

Versuch. 

48-stundige Proteusagarkultur in Bouillon aufgeschwemmt Seruraverdiinnung (1) 

= 1 : 10 . 


Proteusauf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XLVIII 
(Hunger) 

Serum XLTX 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

03 

0,6 

5 

44 

44 

i , 

0,7 

6,6 

10 

44 

44 

i , 

0,2 

0,8 

44 

44 

i , 

0,1 

0,9 

03 

20 

4 

44 

i „ 

03(1) 

25 

0 

44 

i , 

0,6 (1) 

0,4 

33 

0 

44 

i . 

0,4 (1) 

0,6 

50 

0 

4 

i . 

0,2 (1) 

0,8 

100 

0 

0 


Taube XLIII (Hungertier). 

Hungert vom 17. Marz ab. 19. und 21. Marz 2 ccm Pro tens bouillon. 23. Marz 
schwach; etwas gefiittert, ebenso 25. und 26. Marz. 27. Marz getotet. 

Taube XLIV (Kontrolltier). Wie oben. 

Versuch. 


24-stiindige Agarkultur von Proteus in Bouillon aufgeschwemmt Verdiinnung des 
Serums (1) = 1:10, (2) ■= 1:100. 


Proteusauf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum XLIII 
(Hunger) 

Serum XLIV 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

+ + 

4 + 

i , 

0,3 

0,7 

6,6 

+ + 

44 

i , 

0,2 

0,8 

10 

+ 4- 

44 

i . 

0,1 

0,9 

20 

+ 4- 

44 

i . 

03 d) 

0,2 

25 

+ + 

44 

i , 

0,6 (1) 

0,4 

33 

+ 4- 

44 

i . 

0,4 (1) 

0,6 

50 

+ 4- 

44 

i . 

03(1) 

0,8 

100 

+ *f 

44 

i . 

03(2) 

0,2 

250 

+ (+) 

4 

i . 

0,6 (2) 

0,4 

333 

4* 

(4) 

i . 

0,4 (2) 

0,6 

500 

0 

0 

i . 

03(2) 

0,8 

1000 | 

0 

0 


Taube LXXII (Hungertier). 

Hungert vom 29. Marz ab. 2. und 4. April je 2 ccm Proteus bouillon injiziert 
8. April getotet. 

Taube LXXIII (Kontrolltier). Gefiittert Sonst wie oben. 

Versu ch. 


24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. 


Proteusauf- 

schwemmung 

Serum 

Bouillon 

Verdiinnung 

Serum LXXII 
(Hunger) 

Serum LXXIII 
(Kontrolle) 

1 ccm 

0,4 

0,6 

5 

44 

44 

1 ,, 

0,3 

0,7 

6,6 

4 

44 

1 „ 

0,2 

0,8 

10 

0 

44 

1 „ 

0,1 

0,9 

20 

0 

44 

1 „ 

0,8 (1) 

0,2 

25 

0 

44 

1 „ 

0,6 (1) 

0,4 

33 

0 

4 

1 » 

0,4 (1) 

0,6 

50 

0 

0 

1 ,, 

03 (1) 

0,8 

100 

0 

0 


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M tiller, Zur Theorie der natfirlichen antibakteriellen Immunit&t. 


709 


TabeUe 1. 


Zusammens tel lung eamtlicher Versuchsergebnisse. 



Typhus 

Pyocyaneus 

Dysenterie 

Metschnikoff 

Proteus 

1 

H > C 

H> C 

H <C 

H < C 

H <C 

2 

H > C 

H > C 

H < C 

H <C 

H <C 

3 

H > C 

H > C 

H < C 

H < C 

H <C 

4 

H > C 

H > C 

H < C 

H <C 

H = C 

5 


H <C 

H < C 

H > C 

H <C 

6 


H> C | 

H > C 

H «= C 



H>C bedeutet, dafi die agglutinierende Kraft des Serums beim Hungertier (H) grtifier 
war als beim Kontrolltier (C). H < 0 bedeutet, dafi sie klemer war. 


Ueberblicken wir nun unsere gesamten Versuchsresultate, die 
sich in Tabelle I in wesentlich vereinfachter Form und flbersichtlicher 
zusammengestellt finden, so bemerken wir zun&chst, daB in der Tat 
ziemlich konstante Unterschiede zwischen den Hungertieren und den 
normalen Eontrollen in Bezug auf den Agglutiningehalt ihres Serums 
bestehen. Es hat also zweifellos die durcb dasHungern- 
lassen der Tiere gesetzte Stoffwechselstdrung einen 
deutlichen Einflufi auf die Produktion der Agglutinine 
ausgeilbt 1 ). Die Diflferenzen zwischen den zusammengehdrigen Ver- 
suchstieren sind natiirlicherweise, je nach Individualist, Menge der ein- 
verleibten Bakterienkulturen u. s. w. recht verschieden grofi; im allge- 
meinen jedoch, wie man aus der Betrachtung der detaillierten Protokolle 
entnehmen kann, durchaus nicht unbedeutend. Nicht selten findet sich 
z. B. bei dem einen Tiere ein doppelt bis dreimal so hoher Agglutina- 
tionstiter, als bei dem dazugehdrigen derselben Versuchsreihe. Hiermit 
ware also die zu Beginn dieses Abschnittes aufgeworfene Frage nach dem 
Einflusse der resistenzverandernden Schadlichkeiten auf die Antikorper- 
produktion bis zu einem gewissen Grade erledigt und, wenigstens was 
die Agglutinine betrifft, bejahend zu beantworten. 


1 ) Dafi die Ergebnisse keine absolut konstanten sind, sondern sich stets auch Tiere 
finden, die abweichend reagieren, kann wohl bei den stets vorhandenen individuellen 
Differenzen nicht wunder nehmen. Wir haben es eben hier nicht mit einer chemi- 
schen, sondern mit einer biologischen Reaktion zu tun. Hervorgehoben mufl iibrigens 
werden, dafi derartige abweichende Resultate nicht immer durch erne abnorme Reaktiion 
des Tieres auf Nahrungsentziehung bedingt sein miissen. Denn da wir die Agglutinin- 
prod uktion im normalen und im Hungerzustande nicht an einem und demseloen Indi¬ 
vid uum vergleichen konnen, sondern stets 2 verschiedene Tiere benutzen, so kann ganz 
leicht der Fall eintreten, dafi das eine derselben auch bei Nahrungsaufnahme von vorn- 
herein ungewdhnlich stark oder schwach auf die Einverleibung der Bakterienkulturen 
reagiert Auch wenn dann die unter dem Einflusse des Hungers ein- 
tretende Yeranderung der Agglutininproduktion in vollkommen nor- 
maler Richtung liegt, kann dann der Vergleich mit dem Kontrolltier 
ein abnormes Verhalten vortauschen, indem die Wirkung des Hungers 
durch die individuelle Differenz gegenuber dem Vergleichstier iiber- 
kompensiert wird. 

Vorteilhaft diirfte es ferner sein, Tiere, die im Verlaufe der Immunisierung be- 
sonders schwere Rrankheitserscheinungen aufweisen, von vomherein auszuschliefien, da 
ich wiederholt bei solchen Tieren nur sehr geringe oder vollkommen ausbleibende Ag¬ 
glutininproduktion konstatieren konnte. 

Die Abweichungen von der normalen Reaktionsrichtung betrugen bei diesen Ver- 
suchen 11 Proz., also ca. A / 10 der gesamten Experimente. Rechnet man auch diejenigen 
(oben nicht besonders mitgeteilten) Yersuche mit ein, welche wegen mifigliickter Injek- 
tion oder schwerer Erkrankung der Yersuchstiere etc. ausgeschlossen wurden, so stellte 
sich die Zahl der Abweichungen von der Norm etwas h5her und betrug 21 Proz. oder 
etwa 1 / 5 aller Yersuche, eine noch immer relativ geringe Zahl. 


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710 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 7. 


Vergleichen wir nun aber die verschiedenen vertikalen St9.be der 
Tabelle I, welche den Versuchen mit den verschiedenen Bakterienarten 
entsprechen, untereinander, so fallt sofort auf, daB die Differenzen 
zwischen den Hungertauben und Kontrolltauben je nach 
der Art der zur Immunisierung benutzten Mikroorganis- 
men eine verschiedene Richtung zeigen. Wflhrend zum 
Beispiel bei Injektion von Bact. typhi abdomin. und von 
Bac. pyocyaneus die Hunger tie re stets einen hdheren 
Agglutiningehalt in ihrem Serum aufwiesen, als die Kon- 
trolltiere, war dies Verhflltnis bei den Versuchen mit 
den anderen drei Bakterienarten: Bac. dysenteriae, Vibrio 
Metschnikoff und Bac. proteus, gerade das umgekehrte. 
Hier war der Agglutinationstiter des normalen Serums 
stets oder fast stets der hflhere 1 ). 

Dieses Ergebnis ist zweifellos von grofiem Interesse. A priori h9tte 
man wohl mit einem gewissen Anscheine von Berechtigung erwarten 
konnen, daB der durch langeres Hungern geschadigte und geschwichte 
Organismus in der Agglutininproduktion hinter dem normalen zurfick- 
bleiben wfirde. Demgegenflber lehren unsere Versuche von neuem, wie 
gefahrlich es ist, zu schematisieren, und wie relativ der Begriff der 
Schfldigung (in unserem Falle der durch die Nahrungsentziehung be- 
dingten) zu fassen ist. WShrend, wie wir gesehen haben, gewissen Bak¬ 
terienarten gegenflber, d. h. gewissen chemischen Substanzen gegenuber, 
die F9higkeit des Organismus, Agglutinine zu produzieren, in der Tat 
vermindert, also „geschadigt“ erscheint, ist diese Fahigkeit anderen 
Mikroorganismen gegenuber sogar erhoht. Wir mflssen daher wohl den 
Eiuflufi derartiger Eingriffe, wie der Nahrungsentziehung, in eine groBe 
Zahl von Einzelkomponenten zerlegen, welche Vermchrung der Zell- 
leistung in der einen, Verminderung in der anderen Richtung bedingen, 
eventuell neben diesen quantitativen auch qualitative Abweichungen der 
Zellentatigkeit von der Norm hervorrufen. Ob aber die Gesamtheit dieser 
unter dem Einflusse des Hungers eintretenden Ver9nderungen dabei eine 
Sch9digung oder eine Forderung des Organismus, eine Vermehrung oder 
Verminderung seiner Widerstandsfflhigkeit bedeutet, das l9Bt sich im ein- 
zelnen durchaus nicht immer uberblicken und vorhersagen und hangt 
einerseits von der Resultierenden aller dieser eiugetretenen Modifikationen 
der Zellfunktion, andererseits von der Beschaffenheit jener Schadlichkeiten 
ab, welchen gegenflber die Widerstandsfflhigkeit des durch Hunger oder 
andere Einwirkungen alterierten Organismus erprobt wird. Natflrlich 
soli damit der EinfluB des allgemeinen Krflftezustandes in seiner Be- 
deutung durchaus nicht geschmfllert werden. Von diesem Gesichts- 
punkte aus erscheint es daher ganz gut denkbar, daB ein 
Eingriff, welcher die Resistenz gewissen Schfldlich- 
keiten gegenflber herabsetzt, dieselbe anderen Agentien 
gegenflber wesentlich erhoht, und so wird denn die interessante 
und scheinbar paradoxe Beobachtung von Teissier und Guinard (23) 
unserem Verstandnisse nahergerflckt, nach welcher Hunde durch l&ngeres 
Hungernlassen erheblich widerstandsfahiger gegen die Vergiftung mit 


1) Es lafit sich vermuten, daB es noch eine dritte, zwischen diesen beide stehende 
Gruppe von Mikroorganismen gibt, welchen gegenuber die Agglutininproduktion unter 
dem Einflusse des Hungers weaer vermehrt noch vermindert wird, also keine Verande- 
rung erleidet. 


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Mfiller, Zur Theorie der natiirlichen antibakteriellen ImmunitSt. 


711 


den Toxinen des Diphtheriebacillus und des Bac. pneumoniae ge- 
macht werden konnen. 

Es muB besonders betont werden, dafi die von uns bei unseren 
Versuchen beobachtete Steigerung bezw. Hemmung der Agglutinin- 
produktion durch den Hunger nicht mit einer gleichsinnigen Aenderung 
der Resistenz identifiziert werden darf. Denn ebenso wie der hungernde 
Organismus auf die Einverleibung der Protelne und Toxine verschie- 
dener Bakterienarten verschieden reagiert, und die eine mit vermehrter, 
die andere mit verminderter Antikorperproduktion beantwortet, so muB 
derselbe sich zweifellos auch den verschiedenen Leibesbestandteilen und 
Stoflfwechselprodukten einer und derselben Bakterienart gegen- 
fiber verschieden verhalten, und es kann daher ganz gut der Fall ein- 
treten, daB die Bildung der Schutzstoffe unter dem Einflusse des 
Hungers gehemmt erscheint, w&hrend die Agglutininproduktion 
gleichzeitig eine bedeutende Vermehrung aufweist. DaB in der Tat 
diese beiden Funktionen voneinander bis zu einem gewissen Grade un- 
abhangig sind, haben ja die Beobachtungen zahlreicher Forscher an 
normalen (nicht durch Hunger gesch&digten) Tieren zur Gentlge er- 
wiesen 1 ). 

Wie berechtigt ubrigens und wie notwendig eine derartige ZurOck- 
haltung in der Verallgemeinerung der SchluBfolgerungen ist, konnte ich 
gerade bei diesen raeinen Versuchen sehr deutlich gewahr werden. Wie 
aus den Protokollen hervorgeht, gehdrt der Typhusbacillus zu jener 
Gruppe von Mikroorganismen, welche im hungernden Tiere eine starkere 
Agglutininbildung ausloste, als im normalen Kontrolltiere. Andererseits 
hatte ich gerade bei dieser Bakterienart die groBte Zahl von Verlusten 
an Versuchstieren zu beklagen, und zwar waren es, wie Tabelle II 
zeigt, fast stets die Hungertiere, welche eingingen: nur ein einziges Mai 
unter 5 derartigen — natiirlick fttr die vergleichende Agglutininbestim- 
mung unbrauchbar gewordenen -- Versuchsreihen war, neben der 
Hungertaube, auch die Kontrolltaube eingegangen. Es scheint also, 
daB die unter dem Einflusse des Hungerns eintretende Vermehrung der 
Agglutininbildung nicht mit einer Steigerung der Resistenz gegenflber 
dem Typhusbacillus und seinen Stoflfwechselprodukten Hand in Hand 

ging- 

Tabelle II. 


Hungertaube L. 

Hungert vom 12. Februar ab 

14. Februar 2 ccm Typhusbouillonkultur 

16. „ t 

Hungertaube LII. 

Hungert vom 12. Februar ab 

14. Februar 2 ccm Typhusbouillonkultur 

16. „ krank 

17. „ t 

Hungertaube LIV. 

Hungert vom 15. Februar ab 
16. Februar 1 ccm Typhusbouillon 
20 . „ 2 „ 

24. „ f 


Kontrolltaube LI. 

14. Februar 2 ccm Typhusbouillonkultur 

16. „ lebt, munter 

Kontrolltaube LIII. 

14. Februar 2 ccm Typhusbouillon 

17. „ munter 


Kontrolltaube LV. 

16. Februar 1 ccm Typhusbouillonkultur 
20 . „ 2 ,, „ 

25. „ f 


1 ) Vor kurzem hat z. B. L. Deutsch gelegentlich des Studiums des Schweine- 
rotlaufserums (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXIII. 1903. p. 214) wieder darauf 
hingewiesen, da6 er keine Parallele zwischen agglutinierender und Schutzkraft nachzu- 
weisen vermochte. 


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712 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Hungertaube LVI. 

Hungert vom lo. Februar ab 
16. Februar 1 ccm Typhusbouillonkul tur 

20 . tt 2 ,, fr 

23. „ t 

Hungertaube LVIII. 

Hungert vom 1. Marz ab 
3., 6. und 8. Marz je 2 ccm Typhusbouillon 
9. Marz krank 
11. „ friih f 

Wenn man somit, wie aus dem Gesagten hervorgeht, von den Ver- 
flnderungen, welche die Produktion der Agglutinine unter dem Ein- 
flusse der Nahrungsentziehung erleidet, nicht auf diejenige der iibrigen 
Antikflrper direkt zu schliefien berechtigt ist, so wird man doch 
andererseits gewifi annehmen dttrfen, dafi dieselbeden gleichen 
allgemeinen Gesetzen gehorcht, und wird somit als weitere 
Folgerung unserer speziellen Studien die nachstehenden S&tze aufstellen 
kSnnen: 

Die Nahrungsentziehung und vermutlich auch andere 
sch&digende Eingriffe in den normalen Ablauf der tieri- 
schen Stoffwechselvorg&nge vermSgen die Produktion 
der Antikdrper, welche sich an die Einverleibung bakte- 
rieller Substanzen anschliefit, deutlich zu beeinflussen. 
Die Richtung dieser Beeinflussung ist ceteris paribus, 
d. h. bei gleichbleibender Tierspecies und gleichbleiben- 
der Art des stdrenden Eingriffes, abhflngig von den 
Eigenschaften der einverleibten Stoffe, und daher so- 
wohl fflr die verschiedenen Bakterienspecies als auch — 
wie man wohl annehmen darf — fflr die verschiedenen Sub¬ 
stanzen, die sich in den Kulturen einer und derselben 
Species vorfinden, verschieden. 

Ob auch die Herkunft des einzelnen Bakterienstammes und insbe- 
sondere seine Virulenz in dieser Hinsicht von Bedeutung ist, mflssen 
besondere Versuche lehren, welche zum Teil bereits im Gange sind. 

Ich mOchte, im Anschlusse an das eben Auseinandergesetzte, nur 
noch einer Beobachtung Erwflhnung tun, welche ich im Verlaufe dieser 
Studien mehrfach zu machen Gelegenheit hatte. Ich war wiederholt ge- 
zwungen, die Versuchstiere schon am Tage nach der letzten Injektion 
zu tOten, urn Serum zu erhalten, da das eine der beiden Tiere sich 
schwer krank zeigte und vermutlich die darauffolgende Nacht nicht mehr 
flberlebt hatte. Das Blut dieser, nur um 1—2 Tage zu frfih getoteten 
Tiere besaC ausnahmslos x ) ein so geringes Agglutinationsvermdgen, daB 
von einer Verwertung der erhaltenen Resultate fflr unsere Zwecke ab- 
gestanden werden muBte. Ohne Zweifel haben wir es hier mit derselben 
Erscheinung zu tun, welche kflrzlich auch Deutsch (Centralbl. f. Bakt. 
etc. Abt. I. Bd. XXXIII. 1903) beobachtet hat: n&mlich mit einer 
Bindung der bereits im Blute vorhandenen Agglutinine 
durch die injizierten bakteriellen Substanzen*). Ist dem 

1) D. h. nicht nur das Blut des erkrankten, sondern auch das des gesund 
gebliebenen Tieres. 

2) v. Dungern hat in ganz anajoger Weise einen rapiden Abfall des Prazipitin- 
gehaltes bei gegen Majaplasma immunisierten Kanin chen Deobachten kdnnen, wenn er 
Uinen neue Mengen von Plasma in die Ohrvene injizierte. Auch er bezieht die Ver- 
minderung der Antik5rpermenge auf eine einfache Absattigung des Prazipitins durch die 
eingefiihrte prazipi table Substanz. 


Kontrolltaube LVII. 
16. Februar 1 ccm Typhusbouillon 

20. ,, 2 „ n 

25. ,, m unter 


Kontrolltaube LIX. 

Hungert vom 1. M&rz ab 

3., 6. und 8. Marz je 2 ccm Typhusbouillon 

11. Marz lebt, m unter 


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Muller, Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunit&t.| 


713 


so, dann muB aber die gesamte, oft nicht unbetrachtliche Agglutinin- 
menge, welche wir am normalen Ablaufe unserer Versuche, d. i. etwa 
3 Tage nach der letzten Injektion, beobaehten konnten, in der ganz 
kurzen Zeit von 1—2 Tagen neugebildet worden sein, und es gibt 
uns somit das Verh&1 tnis der bei dem Hungertiere und 
Kontrolltiere gefundenen Agglutinationswerte zugleich 
annahernd das Verhaltnis der G esch win digkeiten an, mit 
welchen die Agglutinine unter den verschiedenen Ver- 
suchsbedingungen entstehen. Wir konnen daher, unter Beriick- 
sichtigung dieser Tatsache, die oben dargelegten Versuchsresultate aueh 
folgendermaBen formulieren: Die Entstehu ngsgesch windigkeit 
der Agglutinine wird durch die Nahrungsentziehung bei 
der Taube bald beschleunigt, bald verlangsamt, je nach 
der Art der einverleibten Bakterien. Dadurch wird aber der 
Zusammenhang unserer Versuche mit den im ersten Abschnitte ausein- 
andergesetzten theoretischen Anschauungen liber die natiirliche Bak- 
terienimmunitat, welche infolge der relativ langen Immunisierungsdauer 
bei unseren Experimenten vielleicht als ein ziemlich loser erscheinen 
konnte, in klareres Licht geruckt. Aber auch abgesehen hiervon, hat 
zweifellos die Veranderung in der Geschwindigkeit der Antikorper- 
produktion, welche durch die verschiedenen schadigenden Einwirkungen 
gesetzt wird, eine nicht zu unterschatzende Bedeutung fur den ganzen 
Verlauf einer bereits ausgebrochenen Infektionskrankheit (vergl. 
Wassermann, Wesen der Infektion, in Kolle und Wassermanns 
Handb. d. pathogenen Mikroorganismen). 

Idteratur. 

1) Fortschr. d. Med. 1890. 

2) Riforma med. 1891. Zitiert nach Bauragartens Jahresbericht. 

3) Atti della r. accad. dei fisiocritici in Siena. 1893. Zit. nach Baumgartens Jahres¬ 
bericht. 

4) Giorn. intern, delle science med. 1889. Nach Baumgartens Jahresbericht. 

5) Riforma med. 1891. Nach Baumgartens Jahresbericht. 

(j) Sem. m&i. 1890. 

7) Compt. rend. T. XCIV. 1882. 

8) Arb. a. d. kais. Ges.-A. Bd. IX. 1894. 

9) Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. Bd. VIII. 1890. 

10) Bull, de l'acad. de m6d. de Paris. 1878. Nach Metschnikoff, Die Immunitat. 

11) Ann. de l’Inst. Pasteur. T. IV. 1890. 

12) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. IX. 1891. 

13) II Morgagni. 1888. Zitiert nach Baumgartens Jahresbericht. 

14) Zeitschr. f. Heilk. Bd. XVIII. 

15) Arch. f. Hyg. Bd. XXVIII. 1897. 

16) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVII. 1898. 

17) Festschr. zur 100-jahr. Stiftungsfeier d. mediz.-chir. Friedrich Wilhelm-Institutes. 
Zitiert nach Kollmann. 

18) Hyg. Rundschau. 1897. 

19) Arch. f. Hyg. Bd. XLII. 

20) Arch. f. Ophthalmol. Bd. LII. 1901. 

21) Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XIII. 1899. 

22) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXII. 1902. 

23) Compt. rend. T. CXXIV. 


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714 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Nachdruck verboltn, 

Zur Agglutination der Streptokokken. 

[Aus dem k. k. serotherapeutischen Institute (Prof. Paltauf) und der 
k. k. Universit&tskinderklinik (Prof. Escherich) in Wien.J 

Yon Dr. Paul Moser und Dr. Clemens Frh. v. Plrquet. 

Mit 1 Tafel und 5 Figuren im Text 
(Schlufl.) 

Streptokokken mit mittellangen Eetten zeigen jedoch auch ohne 
weitere Vorbereitung typische mikroskopische Agglutination (Zeich- 
nung 5, Kontrolle Zeichnung 4). 

Die makroskopische Methode hat den Vorteil, dafi sie bequemer 
auszufilhren ist; aber einen besseren Einblick in den Vorgang der Ag¬ 
glutination und feinere Unterscheidungen gew&hrt die mikroskopische 
Anordnung. 



Fig. 4. 


In Bezug auf die Konstanz der Befunde sind sie gleichwertig: bei 
beiden linden wir Schwankungen der Besultate in miiBigen Grenzen — 
welche teilweise von mehr oder minder reichlichem Wachstume in der 
Bouillon resp. der Menge der vorhandenen Streptokokken abh&ngen 
(Versuche mit Streptococcus XIV, Serum Bertram) (Versuch 6). 

Bei gleicher Bouillonkultur linden wir die mikroskopische Agglu¬ 
tination um eine Verdiinnung hoher gehend als die makroskopische 
(Versuch 5); in Tropfchen verdiinnung ergibt sich eine weitere Erhohung 
durch den eingangs erw&hnten Fehler (Versuch 6). 


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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken. 


715 





Fig. 5. 


Versuch 6. 


Streptococcus XIY. Serum Bertram. 



Kultur- 

alter 

Serum 

vom | Alter 

Pipetten 

makroskop. mikroskop. 
+ 1 - -+ 1 ~ 

Tropfchenver- 

dunnung 

mikroskop. 

Beobachtung 

+ 1 - 

9. Juli 

1 Tag 


ca. 1 Monat 

8 

9 

! 



18. N ovbr. 

1 „ 

22. 

Septbr. 2 Monate 




8 



3 Tage 

22. 

o 

t) * »» 




6 



19 „ 

22. 

9 




7 



1 Tag 

8. 

Juli 4 „ 




8 


21. Novbr. 

2 Tage 



7 9 





25. „ 

1 Tag 






9 


13. J&nuar 

1 „ 


2 Monate? 

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Januar V* Monat 

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8 

7 

9 


III. Resultate in Bezug auf die Streptokokken bei 

Scharlach. 

Das Pferd Bertram war seit Beginn des Jahres 1900 mit Injektionen 
yon Bouillonkulturen vieler Streptokokkenstamme behandelt worden, die 
s&mtlich aus dem Herzblute von an Scharlach verstorbenen Kindern 
stammten. 

Wir untersuchten nun zunachst solche Stamme, die bereits injiziert 
worden waren. 

Streptococcus I — XII. Bei alien diesen bewirkte das Serum 
des Pferdes eine vollkommene makroskopische und mikroskopische Ag¬ 
glutination von mindestens 1 : 1000 (Verdtinnung 5). 


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Google 






716 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 


Es handelte sich nun darum, zu entscheiden, ob diese Agglutination 
nur eine Riickwirkung des Serums auf die zur Injektion verwendeten 
Stamme sei oder ob sie auf einer den Scharlachstreptokokken als solchen 
gemeinsamen Eigenschaft beruhe. 

Zu diesem Zwecke wurden einerseits Stamme aus Scharlach geprtift, 
die noch nicht zur Injektion des Pferdes benutzt waren 1 ), andererseits 
Streptokokken anderer Provenienz. 

In die erstere Gruppe gehoren weitere 9 Stamme aus dem Herz- 
blute von Scharlachleicheh, 2 aus Lymphdriisenabscessen bei Scharlach. 
Bei alien diesen, mit Ausnahme eines einzigen (XXIII), sehen wir nun 
gleichfalls die spezifische Agglutination 1 : 1000. 

Streptococcus XXIII wurde uns (wie Streptococcus XIX und XXI) 
in liebenswiirdiger Weisc durch Herrn Primarius P os pis chill ans dem Materiale des 
Kaiserjubilaum-Kinderspitales zur Vcrfiigung gestellt. Es stammt aus dem Herzblute 


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4000 16000 

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1000 16000 

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XII 

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Mikroskopisch (in Tropfchenverdunnung) 
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Serum 


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1) Die Stamme XIV—XXV wurden seithcr auch zur Immunisierung verwendet. 
Wir unterzogen nur solche Streptokokken der Agglutination, welche aus innercn Or- 
ganen bei Scharlach geziichtet worden waren. Weitere Untersuchungen sind im Gange, 
welche das Verhaltnis der Streptokokken aus skarlatinatosen Anginen zur Agglutination 
feststellen sollen. 


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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken. 


717 


eines 4 l /,-jahrigen Knaben, welcher am 28. Tage nach dem Beginne des Scharlachs 
starb. Die Sektionsdiagnose lautete: Lobulare Pneumonie, Pleuritis, nekrOtisierende 
Pharyngitis und Laryngitis, akute Nephritis. 

Die Annahme ist nicht von der Hand zu weisen, daB es sich hier um eine Se- 
kundarinfektion gehandelt haben konne. Der spate Todestag und die Pneumonie als 
hauptsachliche Todesursache wiirden dafiir sprechen. 

Die Scharlachfalle, aus denen die iibrigen Streptokokken dieser Gruppe stammen, 
starben am 4. (XIV), 4.? (XV), 7. (XXV), 10. (XXII), 21. (XVIII) Krankheitstage. 
XIX und XXV wurden intra vitam gewonnen. Von XX und XXI ist uns die 
Krankengeschichte unbekannt. 

Auf den Streptococcus XIV mochten wir noch kurz eingehen, 
weil wir denselben hauptsachlich verwendet haben. 

Richard Lindner, 3 Jahre; erkrankte am 11. Juni 1902 mit mehrmaligem 
Erbrechen, hohem Fiebcr, Delirien. 

Am 12. Scharlachexanthem, Spitaleaufnahme. UnregelmaBig verbreitetes Exan¬ 
them, lakunare Beliige an den Tonsillen, eiterig-schleimiger AusfluB aus der Nase. Viele 
Driisen tastbar, dock nicht iiber bohnengroB; Urin eiweiBfrei. Fieber uber 40°. In- 
jektion von 180 ccm gewohnlichem Pferdeserum ohne giinstige Wirkung (1. c. Normal- 
serum Krankengeschichte No. 5). 

Am 14. Juni Auskiihlen, Cyanose, Erbrechen, Exitus zu Beginn des 4. Krank- 
heitstages. 

15- Juni Obduktion (Prof. Pa It auf): Pharyngitis acuta ulcerosa et fibrinosa, 
Gastritis fibrinosa, Bronchitis acuta. Nephritis parenchymalosa acuta, Scarlatina. 

Dieser Streptococcus wurde 3 Wochen nach dem Tode des 
Kindes zum ersten Male gepruft und gab damals makroskopische Agglu¬ 
tination 1 : 64000 (s. Versuch 6). 

Nicht alle Streptokokkenstamme zeigen aber so hohe Agglutination 
sofort nach dem Herausziichten aus dem Tierkorper. 

So gab z. B. Streptococcus XXIV 13 Tage nach der Entnahme mit Serum 
Bertram vollkommene Agglutination nur in der Verdiinnung von 1:4, 14 Tage spater 
nach mehrmaliger Umztichtuug auf Agar und Bouillon erst die spezifische Reaktion; 
also ein ahnlicnes Verhalten, wie es Bail bei Typhus gefunden hat 1 ). Ganz analog 
verhielten sich die Streptokokken XX, XXI, XXII. 

Die einmal gewonnene Agglutinierbarkeit bleibt dann bestehen, 
doch schwanken die hohen Agglutinationswerte bei den einzelnen Ver- 
suchen um 1—2 Verdiinnungen (Versuch 6). Aus diesem Grunde halten 
wir auch die Unterschiede in der Agglutinationshohe zwischen Ver- 
dtinnung 5 bis Verdiinnung 7 (s. Tabelle) nicht geniigend, um zwischen 
den einzelnen Stammen Unterschiede zu machen. 

Wir gingen diese Frage an, indem wir — nach dem Vorgange van 
de Veldes — Kaninchen durch Injektionen mit Bouillonkulturen 
eines einzigen Stammes immunsierten. Die zwei von uns mittels 
Scharlachstammen hergestellten monovalenten Sera verhielten sich gegen- 
iiber den Scharlachst&mmen ganz gleichartig, vollst&ndig verschieden 
durch einen fremden Stamm das bedingte Serum. 

Das Serum gegen Streptococcus I agglutiniert den Streptococcus I voll- 
standig 1:1000, die Streptokokken IV, VIII, X, XII, XIV, XV vollstandig 1:250, 
unvollstandig 1:1000; den fremden Streptococcus Th (aus Stuhl) gar nicht. 

Serum gegen Streptococcus XIV wurde mit 26 verschiedenen Streptokokken- 
stammen sowohl makro- als mikroskopisch in den Verdiinnungen von 1 : 64—1 : 1000 
(Idex 3, 4, 5) gepruft. 17 von diesen Stammen sind aus Scharlachfallen geziichtct 
a, II, III, IV, VIII, X, XI, XII, XIV, XV, XVIII, XIX, XX, XXI, XXII, XXIV, 
XLVII). Makroskopisch agglutinierten von den Scharlachstammen alle bis auf II und 
VIII. VoUstandige Agglutination 1:1000 war bei I, IV, XI, XII, XIV, XV, XVIII, 


1) Bail, Untersuchungen uber die Agglutination von Typhusbakterien. (Prager 
med. Wochenschr. 1901.) — Versuche iiber Typhusagglutinine und Prazipitine. (Arch. f. 
Hyg. 1902.) 


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718 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


XIX, XX, XXI, XXII, XLVII, unvollstandige Agglutination 1:1000 (vollstandige 
1:250) zbigten III, X, XXIV. Von den 9 anaeren Streptokokken stammten 2 aus 
Peritonea!-", ter, 1 von einer ChoreaendocarditU, 3 von Erysipel (1 vom Menschen, 2 von 
Kaninchen), 2 aue Pferdeabscessen, 1 von einer Kaninchenseptikamie. Von samtlichen 
9 Stammen agglutinierten 1 Peritonitis- and der Choreastamm 1:1000, die anderen 
Stamme zeigten keine Agglutination. 

Serum gegen Streptococcus Th aus Stuhl hinwiederum agglutiniert den eigenen 
Streptococcus 1:64, den XIV. reciprok 1:16, den Streptococcus I und fl gar 
nicht. 

Von Streptokokken anderer Herkunft — welehe uns hauptsfichlich 
durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. Jellinek, Assistenten am 
k. k. Institute zur Darstellung von Diphtherieheilserum — zur Verfflgung 
gestellt waren, priiften wir 17 St&mme mit dem Serum Bertram. Keiner 
von ihnen wurde 1 : 1000 agglutiniert, ein einziger zeigte Agglutination 
in der Verdiinnung von 1 :250 — ein aus dem Eiter eines Empyems 
geziichteter Streptococcus. 

Gleichzeitig mit dem Serum Bertram untersuchten wir eine Reihe 
anderer Sera auf ihre Agglutinationskraft. Das Serum des Scharlach- 
streptokokkenpferdes Egmont verhielt sich wie Serum Bertram. 

Normales Pferdeserum flbte keine mit der spezifischen Wirkung 
vergleichbare Beeinflussung aus (VerdOnnung 1 : 64 durchweg negativ). 

Gegenflber den Scharlachstammen hatte weder Serum Tavel noch 
Serum Marmorek noch auch das durch Immunisierung mit scharlach- 
fremden Streptokokken gewonnene Wiener Antistreptokokkenserum eine 
nennenswerte Wirkung (nicht fiber 1 : 16). 

Nur das Serum Denys (L6wen) erwies sich als hoherwertig, was 
damit zusammenhangen kann, dafi es durch Injektion von Streptokokken 
aus Anginen erzeugt wird, unter denen sich Scharlachanginen befunden 
haben kdnnen (Agglutination in TrSpfchenverdfinnung 1 : 16—1 : 1000). 
Ein uns von Denys fibersandter Streptococcus wurde allerdings 
durch das Serum Bertram gar nicht beeinflufit. 

Einer genaueren und zwar makroskopischen Auswertung aller 
Scharlachstfimme unterzogen wir nur das Serum Aronson, welches uns 
ohne Trikresolzusatz zur Verfflgung gestellt wurde. Es gab mit dreien 
der Stamme IV, VI, XXII Agglutination bis 1 : 4000, zwei agglutinierte 
es nur 1 : 250, die fibrigen in noch geringerem MaBe. 

Die Agglutinationsresultate, welehe wir in unserer vorlaufigen Mitteilung 1 ) ver- 
tfffentlichten, dafi namlich das Arons onsche -Serum keinen aer damals gepriiften 
9 Stamme hoher als 1 :16 agglutinierte, waren wohl, wie Aronson angibt, durch den 
Trikresolzusatz des uns damals zur Verfiigung stehenden Serums bedingt. 

Die damals fur Serum Bertram mitgetenten Resultate waren mikroskopisch und 
durch Tropfchen verdiinnung gewonnen (Tafel rechts) und fielen darum hoher aus, als 
jetzt bei Kubikcentimeterverdunnung und makroskopischer Beobachtung (s. Versuch 6). 

Wir hatten damals auch fur normales Pferdeserum einmal eine Agglutination von 
1:64 gefunden; bei erneuter Nachpriifung fanden wir keine hoheren Werte als 1:4. 
Das damals verwendete Pferdenormalserum war unsicherer Provenienz. 

Endlich priiften wir noch Streptokkenstamme anderweitiger Her¬ 
kunft mit verschiedenen fremden Seris, fanden dabei nur selten Agglu¬ 
tination. 

So agglutinierte das Wiener Antistreptokokkenserum zwei der Stamme. mit welchen 
die betreffenden Pferde vorbehandelt waren, in der Verdiinnung 1:1000 (Trftpfchen 
verdiinnung), Serum Denys seinen homologen Stamm 1:64, Serum Aronson 2 Stamme 
Wiener Provenienz 1: 250. 


1) Sitzungsbericht der Gesellschaft fiir Kinderheilkunde auf der 74. Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Aerzte. 1902. 


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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken. 


719 


Schlufi sJLtz e. 

1) Streptokokken aus Scharlachblut, welche langere Zeit auf kiinst- 
lichen Nahrbbden gezflchtet sind, werden durch ein mit solchen Strepto¬ 
kokken hergestelltes Immunserum, sei es mono- oder polyvalent, in der 
llberaus grSCten Mehrzahl der Falle in spezifischer Weise agglutiniert. 

2) Die mikroskopische Agglutinationsmethode ist bei Streptokokken 
ebenso typisch als die makroskopische. 

Anhang. 

Agglutination von Scharlachstreptokokken durch 
menschliches Serum. 

In Analogic anderer Infektionskrankheiten war es naheliegend, beim 
Serum des scharlachkranken Menscben agglutinierende Eigenschaften auf 
Streptokokken aus Scharlach zu vermuten. 

Die Untersuchungen Baginskys und Sommerfelds fielen in dieser Richtung 
vollkomtnen negativ aus 1 2 ). 

Salge und Hasenknopf fanden dagegen durch eine andere Methodik hohe 
Agglutinatiouswerte (bis 1: 500) *). 

Unsere Beobachtungen wurden nach Art der Gruber-Widal- 
schen Reaktion angestellt; das Serum der Kinder wurde mit eintagigen 
Kulturen des Streptococcus XIV in den Verdiinnungen 1 : 2, 4, 8 
gemischt, nach 24 Stunden mikroskopisch auf seine Wirkung untersucht. 

In der beifolgenden Zusammenstellung (p. 720) sind die Ergebnisse 
von 51 Untersuchungen mit dem Serum Scharlachkranker nach der 
Hohe der Agglutination geordnet. 

Zur Kontrolle wurden 10 Serumproben von Placenten der Klinik 
Schauta und 18 von Kindern der inneren und der Masernabteilung des 
hiesigen Spitales entnommen. Nirgends lag eine positive Anamnese fiir 
uberstandenen Scharlach vor. In dieser letzteren Untersuchungsreihe 
fand sich niemals vollst&ndige Agglutination bei 1 : 8, dagegen einmal bei 

I : 4 (Endstadium von Meningitis), einmal 1 : 2 (Placentarserum), einmal 
unvollstiLndige Agglutination 1 : 2 (Perityphlitis). Spuren von Agglutina¬ 
tion in 5 Fallen; die ubrigen 20 Sera hatten keine Wirkung (9 unter 
10 Placenten, 5 unter 6 Masernkranken). 

Aus diesen Ergebnissen konnen wir nur wenig schliefien: 

Deutliche Agglutination findet sich viel haufiger bei Scharlachkranken 
(28 von 52, d. i. 54 Proz.) als bei Nichtscarlatinosen (3 von 28, d. i. 

II Proz.). Bei Scharlach scheint sich die Agglutination haufiger in 
schweren Fallen (Prognose II—IV, 9 unter 12) als in leichten (Pro¬ 
gnose I, 14 unter 33) zu finden. 

Den Herren Professoren Paltauf und Escherich, sowie Herrn 
Dozenten Dr. Kraus sind wir fiir Rat und Unterstutzung bei dieser 
Arbeit zu lebhaftem Danke verpflichtet. 


1) Baginekv und Sommerfeld, Ueber einen konstanten Bakterienbefund bei 
Scharlach. (Berl. klin. Wochenschr. 1900. No. 27.) 

2) Sitzungsbericht der Geeellschaft fiir Kinderheilkunde auf der 74. Versammlung 
deutscher Naturforscher und Aerzte. 1902. 


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720 


[Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIY. No. 7. 


Agglutination 


Name 

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Kram, Theresia 

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Heinde, Johann 

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9 

Ernegger, Rudolf 

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Trojna, Caroline 

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19 


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Pogatscher, Elisabeth 

10 

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8 

4 

Gorlich, Maria 

5 

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12 


4 

2 

Thiemler, Josef 

4 




IV 

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2 

Ondraceck, Franz 



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14 



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4 

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14 

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Spur 

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14 




Kutalek, Karl 

11 

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12 

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10 




4 

Bittner, Alois 

6 

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13 




5 

Burghart, Leopoldine 

3 


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40 


2 

„ Karl 

9 

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2 

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46 


3 

Hofbauer, Anton 

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4 

Tuma, Otto 

8 


II 



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4 

Rath, Josef 

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2 

Doppler, Barbara 

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2 





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Bartu, Karl 

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2 

Wasmer, Anton 

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V£scey, Rudolf 

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2 

Darilek, Karl 

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3 





Spuren 

Hubert, Franz 

8 

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Rutal, Willy 

Indinger, K^arl 

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3 



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Spuren 

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I 





9 





Winter, Josef 

10 

I 





12 





Kreuzburger, Franz 

9 

I 




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Svastal, Josefa 

7 : 

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30 


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Lobe, Bernhard 

6 

I 





30 


Spuren 

Hocath, Friedrich 

4 


II 



2 





keine Agglut. 

Janisch, Leopold 

4 

1 




6 





Biychta, Hermine 

5 

I 




6 






Raab, Julius 

3 

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9 




Schiffauer, Burgi 

3 

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Aschenbrenner, Mini 

4 

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Wolfram, Ludwig 

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I 





13 




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21 




Maurer, Franz 

8 

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16 




Wlach, Stephanie 

27, 

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18 




Biber, Leopold 

3 

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23 



Knoll, Johann 

10 

I 

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24 




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Centralblatt f. Baleteriologie AM. I. Bd. XXXIV. 

Moser u. v. Pirquet, Agglutination der Streplokokken. 



Fig. 3 


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Ghedini, Untersuchungen iiber die Wirkung einiger Organextrakte. 721 


Nachdruck verboten. 

Untersuchungen iiber die Wirkung einiger Organextrakte. 

[Aus dem Laboratorium fur Parasitologie der Kgl. Universit&t von Turin 
(Prof. Perronci to), Abteilung unter Leitung von Prof. Bruschettini.J 

Vorlaufige Mitteilung. 

Von Dr. G. Ghedini. 

W&hrend die experimentellen Beobachtungen liber die physiologische 
Wirkung des Extraktes von vielen Parenchymen und Geweben, die in 
den Organismus unter die Haut Oder per os eingefiihrt werden, sehr 
zahlreich sind, war fast niemand, der dieselben mit anatomischer und 
histologischer Methode ausgefiihrt hat. 

Eingehende Beobachtungen nach dieser Richtung hin machte nur 
Prof. Foh beziiglich des Nebennierenextraktes. 

W 7 ahrend ich mit meinen Untersuchungen beseh&ftigt war, welche 
den Gegenstand der vorliegenden Mitteilung darstellen, beschrieb ge- 
legentlich Ferrannini eigentlimliche Lasionen im Herzen der mitHerz- 
muskelextrakt behandelten Tiere. 

Albaran und B ern ar d beschrieben auch schwere Degenerations- 
lasionen in der Leber infolge der Einfuhrung von Leber- Oder Nieren- 
extrakt. 

L i n o s s i e r ferner und L e m o i n e beobachteten merkwiirdige Nieren- 
veranderungen infolge der Injektion von normalem Blutserum. 

Aber dariiber hinaus geht nichts. 

Und doch war es von groBein wissenschaftlichen Interesse, in dieser 
Beziehung tiefere Kenntnisse zu gewinnen, als die, welche uns von der 
Physiologie geliefert wurden, zu wissen, welchen direkten EinfluB die 
Organextrakte im Organismus ausiiben, welche uns die verschiedenen 
spezifischen cytolytischen Sera liefern, und es war auch von groBem 
praktisch-medizinischen Interesse, zu erforschen, aus welchem Grunde die 
fur einige an leichten und verlockenden Erfolgen so reiche Homootherapie, 
von vielen anderen mehr als vernachlassigt, und sogar fur die Ursache 
von nicht wenigen und nicht leichten Schadigungen gehalten wird. 

Es schien mir daher interessant, in anatomisch-histologischer Rich¬ 
tung die Wirkung einiger Organenextrakte zu untersuchen. 

Die Extrakte, die ich gewahlt habe, waren die folgenden: Der 
Extrakt von Pankreas, von Schilddrlise, von Thymus, von Gehirnsubstanz, 
von Hoden, von Ovarium, von Nebennieren. 

Zunachst will ich einen kurzen Bericht iiber die angewandte Technik 
geben. 

Die erwahnten Gewebe und Parenchyme — von Meerschweinchen und 
Kalbern herriihrend — wurden in sterilisierter Reibeschale zu einem Brei 
zerrieben, mit sterilisierter physiologischer Losung verdiinnt und dann bei 
sorgfaltiger Antisepsis erwachsenen Hunden (Mittelgewicht 6—8 kg) und 
Lammern unter die Haut injiziert. Die Einspritzungen wurden jeden zweiten 
Tag eine verschiedene Zeit hindurch 1, 2, 3 und auch mehr Monate in einer 
Dosis von 20, 30 ccin fur jedes Tier ausgefiihrt, indem gleichzeitig die 
reelle Menge der eingefiihrten Substanz fur jedes Tier berechnet wurde: 
2 Nebennieren von Meerschweinchen, eine Schilddriise von Meer¬ 
schweinchen, ein Viertel von Kalbsschilddriise, ein Meerschweinchen- 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 46 


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722 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 

gehirn, 1, 2 Meerschweinchenhoden, 3, 4 g von Thymus ungefahr fttr 
jedes Tier. 

Die Tiere, welche inzwischen unter den besten hygienischen Be- 
dingungen gehalten wurden, wurden fast immer durch Verblntung nach 
vorheriger leichter Chloroformnarkose getotet. 

Es folgen nun ohne weiteres die makro- und mikroskopischen Be- 
funde, welche ich vorlaufig in summarischer zusammenfassender Weise 
anftihre, da ich mir vorbehalte, sie binnen kurzem nach vollendeten Ver- 
suchen ausfUhrlicher und in alien Einzelheiten wiederzugeben. 

Die Stiicke wurden entweder in Alkohol und in Formol 2—4 Proz. 
und in Zenkerscher und Flemmingscher Fliissigkeit fixiert. Die 
Schnitte wurden mit Hamatoxylin, Eosin, mit Hematoxylin und van 
Giesonscher Fliissigkeit, mit Safranin und manchmal nach dem Ver- 
fahren von Pappenheim geffirbt. 


Ernahrungszustand ziemlich gut bei einigen Tieren, andere 
(mit Schilddrttse, Thymus, Nebennieren, Nervensubstanz) behandelte ab- 
gefallen. 

Skelettentwickelung bei den sehr jungen Tieren (mit Thymus 
behandelt) sehr verlangsamt. 

(NB. Bei den mit Nebennierenextrakt behandelten Tieren wurde 
immer ein ausgesprochenes Oedem beobachtet.) 

Gehirn: Da ich die Beobachtungen noch nicht mit alien Methoden 
beendigt habe, behalte ich mir vor, davon in der ausfiihrlichen Arbeit 
zu sprechen. Makroskopisch nichts Bemerkenswertes. 

Speicheldriisen: Normal. 

Schilddrttse: Fast immer an GroBe zugenommen — von gelb- 
licher Farbe — ziemlich hart — auf der Schnittoberflache nichts Be¬ 
merkenswertes. Bei der mikroskopischen Untersuchung: GroBe Menge 
von Kolloidsubstanz in den Drttsenacinis, viele derselben sehr ausgedehnt. 
Die die Acini auskleidenden Elemente im allgemeinen gut erhalten und 
angeordnet, manchmal abgestoBen und in der Kolloidsubstanz mit Lympho- 
cyten zusammen gemischt. 

Manchmal auch zahlreiche kleine neugebildete Acini mit spSrlicher 
Kolloidsubstanz in ihrem Inneren. Keine GefABausdehnung, keine Httmor- 
rhagieen, keine kleinzellige Infiltration, keine Bindegewebsreaktion. 

Diagnose. Hyperfunktionierende Schilddrttse. 

Lymphdrttsen. Enorme Volumzunahme, hauptsttchlich bei den 
Achsel- und Inguinaldrttsen. Die letzteren sogar dick wie Nttsse. Die 
Schnittfittche rostrot, feucht wegen der ausflieBenden Lymphe. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung: Wucherung der Lympho- 
cyten, aus denen die Folljkel und die Strange bestehen — sehr zahl¬ 
reiche Plasmazellen, Lymphraume sehr ausgedehnt und mit abgestoBenen 
Endothelien, Lymphocyten, polymorphen Leukocyten ausgefttllt, ins- 
besondere merkwttrdig jene Makrocyten, welche Hamosideringranula ent- 
halten (Phagocytose), rote Blutkorperchen (manchmal). Manchmal auch 
Hyperplasie des Sttttzbindegewebes und sehr deutliche GefaBerweiterung. 
Keine Httmorrhagieen. 

Diagnose: Einfache hyperplastische Lymphadenitis. 

Herz und Lungen unverandert. 

Magen, Darm, Pankreas ebenso. 

Leber: Beinahe normale Grttfie und Gewicht. Fast immer diffus 


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Ghedini, Untersuchungen fiber die Wirkung einiger Organextrakte. 723 


oder unregelmafiig gefleckt, blafigelb gefarbt; seltener tiefrot, obwohl der 
Tod des Tieres durch Verblutung erfolgte. Die Schnittflache fast immer 
Aussehen nach gekochtem Eingeweide, grau, glanzend, mit gelblichen 
Flecken. Mikroskopische Untersuchung: Sehr viele Zellkerne zerstort 
Oder wenig farbbar. das Protoplasma feinkOrnig in einigen Fallen, in 
anderen flockig, amorph, unbegrenzt, in anderen fast verschwunden. 
Durch die F1 e m m i n g sche Reaktion deutliche, dicht aneinanderliegende 
Fetttropfchen im Zellprotoplasma. Die Langhanssche Reaktion fflr 
das Glykogen sehr oft wiederholt, negativ. 

Die Blutgefafte erweitert, voll von Blut, um die Gefafie herum und 
unregelmafiig verbreitet Zellgruppen mit sparlichem Protoplasma, mit 
kleinem, rundem, sehr farbbarem Kerne (Lymphocyten). 

Zwischen den Elementen Hamatoidingranula oder gut erhaltene rote 
Blutkorperchen. Keine, oder manchmal schwache Bindegewebsreaktion. 

Diagnose: Parenchymatose degenerative Leberent- 
zundung mit kleinzelligen perivaskularen oder ausge- 
breiteten Infiltrationen, mitResten von diffusen Hamor - 
rha gieen. 

Milz: Beinahe von normaler Grofie. Farbe ebenso. Schnittflache 
braunrot, dichte und dicke Mai pig hi sche Korperchen. 

Mikroskopische Untersuchung: Lymphocytenwucherung in den Mai- 
pighischen Kbrperchen, zahlreiche Plasmazellen, haufig reichliche pig- 
menthaltige Leukocyten. Zahlreiche Megakaryocyten (in einem Falle). 
Freie und zwischen den Milzelementen verbreitete Hamatoidingranula 
mit gut erhaltenen und manchmal sehr zahlreichen roten Blutkorperchen 
zusammen. Schwache, haufig fehlende Bindegewebsreaktion. 

Diagnose: Hyperplastische follikulare Splenitis mit 
Resten von alten und frischen Blutungen. 

Nieren. Normale Grofie. Gelbliche Farbe der Rinde. Schnittflache: 
Die Rindensubstanz fast immer von normalen Dimensionen, gelblich 
mit rotlichen Streifen, die Marksubstanz weifi wie Elfenbein. 

Mikroskopische Untersuchung: Die glomerularen Endothelien oft ent- 
stellt oder zerstort, in einigen Fallen serofibrinoses Exsudat, welches sich 
zwischen der Schleife und der Kapsel ansammelt; Lymphocyten und rote 
Blutkorperchen zwischen den Schleifen, die glomerularen Kapillaren 
immer blutuberfiillt. Die Epithelien der gewundenen Harnkanalchen, der 
Henleschen Schleifen und der geraden Kanalchen grofitenteils kernlos 
oder mit flockigem amorphen Protoplasma. 

Die Flemmingsche, mit Unterbrechungen angestellte Reaktion 
zeigt deutliche dichte und dicke schwarze Fetttropfen in den Elementen 
der geraden Kanalchen und der Glomeruli. Rote Blutkorperchen, ser8s- 
fibrinoses Exsudat und sparliche Cylinder im Lumen der Kanalchen. In 
den Gefafien reichliches Blut. 

Gut erhaltene rote Blutkorperchen und Detriten derselben in den 
interkanalikularen Zwischenraumen. In der Mehrzahl der Falle um- 
schriebene Herde oder diffuse Zonen von Elementen mit sparlichem 
Protoplasma, mit rundem, kleinem Kerne. In einigen Fallen Reaktion 
seitens des Bindegewebes, besonders bei den Mai pighischen Pyramiden. 

Diagnose: Parenchymat6se degenerative Nephritis, 
oft verbunden mit kleinzelliger Exsudation und Infil¬ 
tration, interstitielle Blutungen. 

Nebennieren normal (in einigen Fallen schwache Blutungen). 

Mannlicher und weiblicher Geschlechtsapparat normal. 

46* 


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724 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Thymus 1 ). Sehr verminderte GroBe, besonders in einem Falle. 

Mikroskopische Untersuchung: Follikelabnahme, Starke Wucherung 
des interfollikularen Bindegewebes, besonders in einem Falle. 

Knochenmark 2 ). Himbeerrote Farbe. Gallertige Konsistenz. 

Mikroskopische Untersuchung: Sehr deutliche Menge von Fett- 
substanz, von der Reaktion mit Sudan 3 gut gekennzeichnet. Zahlreiche 
eosinophile Zellen mit groBen und kleinen Granulis, Lymphocyten, poly- 
morphen Leukocyten, Phagocyten, welche Fettgranula enthalten. Bei den 
verschiedenen untersuchten Praparaten die Megakaryocyten abwesend. 

Zusammenfassung: Die oberflachlichen, insbesondere die Achsel- 
und Inguinallymphdrusen, die Leber, die Nieren, die Milz der behandelten 
Tiere zeigen deutliche L&sionen von entziindlicher Natur, vorwiegend 
nach dem Degenerations- und Infiltrationstypus und Andeutungen von 
GefaBveranderungen; die Schilddriise derselben zeigt sich hyper- 
funktionierend. 

Keine Reaktion seitens der anderen, auch nicht der entsprechenden 
Organe. 

Da ich diese Ergebnisse bei 14 Tieren regelm&Big und gleichmSBig 
erzielte, so scheint es mir nicht zu kiihn, die erwahnten L£sionen auf 
die Elemente und auch auf die verschiedenen Nukleoproteide zuruck- 
fiihren zu konnen, welche ich im lebenden Organismus in fraktionierten, 
therapeutischen Dosen zirkulieren lieB. 

Die besagten Substanzen wiirden sich im Kreislauf wie Gifte ohne 
spezifische Charaktere verhalten, indem sie die bei lokaler Beriihrung 
schon nachgewiesenen, von einigen Physiologen und Klinikern schon ver- 
muteten Eigenschaften behalten und auBern — insbesondere und fast 
allein in den Organen, welche sie zuerst resorbieren; in den Organen, 
die zur Reinigung des Organismus dienen und die immer bei den ver¬ 
schiedenen Krankheitszustanden infolge einer toxischen Ursache 3 ) zu 
reagieren pflegen. 

Indem ich diese von mir erzielten, obwohl ziemlich zahlreichen und 
regelm&Big positiven Resultate mitteile, liegt mir der Gedanke fern, 
denselben den Wert von endgiiltigen Schliissen zuzuschreiben. 

Die zwei neuen Serien von Tieren, die ich jetzt in Behandlung habe, 
werden hoffentlich meine Beobachtungen bestatigen und mein Vertrauen 
verstarken. 

1—2) Die BeobachtuDgen beziehen sich auf 2 mit Thymusextrakt behandelte 
Lammchen. 

3) NB. Bei jedem einzelnen Tier wurde immer dafiir gesorgt, durch bakterioskopische 
Untersuchungen upd Kulturen die Abwesenheit von Mikroorganismen im Kreislauf fcst- 
zustellen, welche den Versuch maskieren konnten, imd ich bemerke auch, dafi nicht 
der geringste AbsceB vorkam. 


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Kokubo, Anfertigung und Aufbewahrung von Sporenseidenf&den etc. 725 


Nachdruck verbolen. 

TJeber die Anfertigung und Aufbewahrung von Sporen- 
seidenfaden fiir Desinfektionszwecke. 

[Aus dem hygien. Institut zu Gottingen.] 

Von Dr. Keisaku Kokubo, Kaiserl. japan. Stabsarzt. 

Von alien bakteriologischen Testobjekten, die zur Priifung von 
Desinfektionsmitteln oder Desinfektionsverfahren dienen, sind wohl die 
Milzbrandsporen dasjenige, welches ara frtihesten und am haufigsten an- 
gewandt ist. Jeder aber, der einmal mit diesem Testobjekt gearbeitet 
hat, wird es als Uebelstand empfunden haben, daB seine Widerstands¬ 
fahigkeit in ziemlich weiten Grenzen schwankt. Soweit ich die existie- 
rende Literatur tibersehe, wird man die Grenzen zu 1—15 Minuten 
stromenden Wasserdampf annehmen konnen. 

Einen Grund dieser Schwankungen hat v. Esmarch 1 ) in dem 
verschiedenen Verhalten der einzelnen Milzbrandstamme aufgefunden. 
Er hat gezeigt, daB Milzbrandstamme verschiedener Herkunft auch bei 
gleicher Art der Preparation groBe Unterschiede in der Widerstands- 
fkhigkeit aufwiesen, daB also gewissermaBen jedem Stamme eine spezi- 
fische Widerstandsfahigkeit gegen stromenden Wasserdampf zukommt. 

Auf Anregung von Herrn Prof. v. Esmarch habe ich nun fest- 
zustellen versucht, ob nicht auch die Art der Herrichtung des 
Sporenmaterials von EinfluB sei, ob nicht auch ein und derselbe 
Stamm bei verschiedener Art der Herstellung Testobjekte von ver¬ 
schiedener Widerstandsfahigkeit lieferte. Eine derartige Untersuchung 
erschien um so mehr angebracht, als die meisten Autoren, welche tiber 
Abtotung von Milzbrandsporen gearbeitet haben, tiber die Herstellung 
ihres Testmateriales keine naheren Angaben machen. 

Es war mir selbstversttindlich nicht moglich, a lie hier in Betracht 
kommenden Bedingungen zu variieren und auf ihren EinfluB zu unter- 
suchen. Ich habe deshalb den sicher recht erheblichen EinfluB des 
Materiales, an dem die Sporen angetrocknet sind, auBer acht gelassen, 
und meine Untersuchungen auf Seidenfaden, die wohl immer nocli ara 
haufigsten angewandt werden, und auch das bequemste Material dar- 
stellen, beschrankt. Die Impragnierung der Sporen geschah entweder 
so, daB die vorher sterilisierten Faden — Turnerseide No. 5 — mit der 
Pinzette in einer tippig gewachsenen Oberflachenkultur umgedreht 
wurden, wodurch reichliche Mengen der Kultur an ihr haften blieben. 
In einer anderen Versuchsreihe wurde dagegen die abgekratzte Kultur- 
masse in einer geringen Menge Bouillon aufgeschwemmt, und mit dieser 
Aufschwemmung die Faden impragniert. Als Niihrboden zur Ztichtung 
der sporenhaltigen Kulturen dienten Agar und Kartoffeln. Die Kulturen 
wurden bei 37° gehalten und waren 2 Tage alt Eine besondere 
Versuchsreihe hatte ergeben, daB die Ztichtungstemperatur ohne EinfluB 
auf die Widerstandsfahigkeit der Sporen war: 37° wurden deshalb ge- 
wahlt, weil hier die Sporenbildung am raschesten vor sich ging. Die 
Anwesenheit zahlreicher, wohlentwickelter Sporen wurde jedesmal durch 
das Mikroskop festgestellt. 


1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. I. p. 67. 


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726 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Ta- 

Sporen auf Agar geziichtet, in Bouillon auf- 



1 


An der Luft gctrocknet 



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im Hellen 

an der Sonne 

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6 1 

6 



Die mit Sporen impragnierten Faden habe ich teils an freier Luft, 
teils im Exsikkator fiber Chlorcalcium, teils im Vakuum getrocknet, und 
nachher teilweise im Dunkeln gehalten, teils dem zerstreuten Tageslicht, 
teils dem Sonnenlicht ausgesetzt. Die Widerstandsfahigkeit der so er- 
haltenen Sporenfaden gegen stromenden Dampf wurde mit Hilfe des von 
0 him filler angegebenen, auch von v. Brunn 1 ) benutzten Apparates 
festgestellt 

Von der v. Brunnschen Versuchsanordnung bin ich nur insofern 


1) Centralbl. f. Bakt. Bd. XXVIII. p. 309. 


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Kokubo, Anfertigung und Aufbewahrung yon Sporenseidenf&den etc. 727 


belle I. 

gescbwemmt und dann an Faden angetrocknet. 


Exsikkator getrocknet 


Unter der Luftpumpe getrocknet 


im Hellen 


an der Sonne 


im Dunkeln im Hellen 


an der Sonne 


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belle II 



















Agar geziichtet 






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4 

5 

5 

4 

2 

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5 

4 





6 

6 





5 | 







abgewichen, als ich die Faden nicht auf einem Drahtnetz dem Dampfe 
aussetzte, sondern sie zu diesem Zweck in ein Holzstabchen einklemmte. 
Ich wollte damit die ungleichmaBige Benetzung der Faden vermeiden, 
die bei der Verwendung des Drahtnetzes wegen des dort sich sammelnden 
Kondenswassers meistens nicht zu umgehen ist. Nach dem Heraus- 
nehmen aus dem Apparat wurden dann die Faden mit sterilisierter 
Schere dicht an dem Holzstabchen abgeschnitten und in Bouillon bei 
37 0 mindestens 5 Tage beobachtet. Jedesmal wurden 2 Faden zugleich 
benutzt; wenn sie verschiedene Resultate gaben, so ist das in den Tabellen 
besonders bemerkt. Die Temperatur des Dampfes schwankte je nach 


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728 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


Ta- 

Sporen auf Kar- 


An der Luft getrockuet 1 Im 


Aufbewahrt 

im Dunkeln 

im Hellen 

An der Sonne 

im Dunkeln | 

Zeit der 
Aufbewahrung 

35 

CO 

H 

H 

00 

28 T. 

. 

Xfl 

CO 

H 

8 T. 

28 T. 

CO 

H 

H 

-00 

H 

00 

OM 

4-9 

H 

8 T. 

H 

00 

-M 

Stamm A 









w 

(6) 

(6) 

(88) 





abgetotet nach Min. 

9 

9 

9 

5 

9 

9 

9 

4— 

5 

9 

9 

9 

4 

‘s 

7- 

8 

7 

5 










(0) 

(0) 

(30) 

(78) 




B 

5 

5 

5 

4 

5 

5 

4— 

3 

5 

4—5 

2-3 

1—2 

4 

4 

4 

3- 








5 


(0) 

(0) 

(30) 

(78) 




4 

C 

G 

6 

G 

5— 

6 

6 

5“ 

3— 

G 

G 

4—5 

2 

5— 

5— 

5- 

5 





G 




4 

(0) 

(0) 

1 (30) 

(78) 

6 

6 

2 

G 


D 

2— 

2— 

2— 

2 

2— 

2_ 

2 

1 — 

2—3 

2—3 

1 

1 | 

2 

2 

1— 


3 

~3 

3 


3 

3 

1 

2 

(0) 

(0) 

(30) 

(78) 



i 

2 

E 

3— 

3- 

2 — 

o_ 

3— 

3 

2— 

1— 

3-4 

3 

2 

1 

3 

3 

3 

2_ 


4 

1 4 

~3 

~3 

i 4 

i 


3 

2 

, (0) 

(0) 

(30) 

(78) 




f 3 

F 

r>— 

5— 

5 


5— 

5 — 

4— 

3— 

1 0 

5—G 

3—4 

2 

4— 

4- 

4- 

4 


6 

G 


1 5 

1 0 

G 

5 

1 4 


i 



5 

5 

i 5 

i 

i 


dem Baroraeterstande zwischen 98,5 und 100°. Die erste Priifung fand 
6 Stunden nach der Fertigstellung der Faden, die zweite nach 24 Stunden, 
die dritte nach 8 Tagen und eine vierte nach 28 Tagen statt. 

Samtliche Versuche wurden in gleicher Weise an 6 verschiedenen 
Milzbrandstammen, A—F, angestellt. Von diesen war A eine seit langer 
Zeit im Institut fortgeztichtete Kultur, C—F stammen aus Sporenmaterial, 
das von Herrn Prof. v. Esmarch in den Jahren 1882—1888 ange- 
fertigt ist. Ein besonderes Interesse verdient der Stamm B, weil er ein 
abgeschwachter Abkommling von A ist. Er stammt von einem Sporen- 
faden von A, der 9 Minuten im Dampf gewesen und dann in Bouillon 
ausgewachsen war. Die dadurch erzielte Resistenzverminderung scheint 
eine dauernde zu sein, wenigstens zeigt dieser Stamm in samtlichen Ver- 
suchen, in denen iiberhaupt Unterschiede zwischen den einzelnen Stammen 
hervortraten, eine wesentlich geringere Widerstandsfahigkeit als A. 

Die Ergebnisse der Versuche sind in den Tabellen I—III zusammen- 
gestellt Tabelle I gibt die Resultate der mit Bouillonaufschwemmung 
hergestellten Sporenfaden. Hier ist weder zwischen den einzelnen 
Stammen noch zwischen den verschiedenen Trocknungs- und Aufbe- 
wahrungsmethoden ein wesentlicher Unterschied zu konstatieren: fast 
alle Faden wurden nach 2 Minuten abgetotet, und diese Zeit ging in 
28 Tagen fast uberall auf 1 Minute herunter. Da aber diese Zahlen 
samtlich wesentlich niedriger sind, als die der Tabelle II und III, so 
ist anzunehmen, daG es sich hier von vornherein urn abgeschwachte 
Sporen gehandelt hat. Es ist ja durch zahlreiche Beobachtungen er- 
wiesen, das feuchte Milzbrandsporen beim Einbringen in Bouillon in 
grofler Zahl zu Grunde gehen; es erscheint deshalb nicht wunderbar, 
wenn die iiberlebenden eine Verminderung ihrer Resistenz erfahren. 

Ftir die Herstellung von moglichst widerstandsfahigem Sporen¬ 
material ist deshalb das andere Verfahren zu empfehlen, bei dem die 




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Kokubo, Anfertigung und Aufbewahrung yon Sporenseidenf&den etc. 729 


beUe III. 
toffeln gezuchtet. 


Exsikkator getrocknet 


1 

[Jnter der Luftpumpe getrocknet 

im Hellen 

an der Sonne in 

i Dunkeln im Hellen an der Sonne 


| 

H 


. | 


H -w . 1 . Eh ^ 


02 

H H 


02 H H ^ 02 


H , 

00 03 H H 00 ^ 

H H ^ 

CD 

fH 1 00 


CD rH GO cS I CD 

1 

00 | 

cS CD H 1 00 | c8 , CD 

FH OO CM 




(4) (6) (6) (78) 



(4) 

(6) (6) (78) 

7— 

7 6— 

5 

6-7 6—7 6 2—4 7 

7 

6- 

4- 7 6- 6 4 7 

6—7 6 3 

8 

7 




7 

5 7 





(0) (0) (30) (78) 



(0) 

(0) (30) (78) 

4 

4 3- 

3 

4 4 3 1-2 4 

4 

3- 

34 43 2 3-4 

3—4 3 1 


4 




4 






(0) (0) (30) (78) 



(0) 

(0) (30) (78) 

5— 

5— 4— 

3 

5—65—6 3—4 2 5 

5 

4 

4 15 15 4 3 5 

5 3 1—2 

6 

6 5 










(0) (0) (30) (78) 



' (0) 

(0) (30) (78) 

2 

2 1— 

1 

2 2 1 12 

2 


1— 2 | 2 !l— 1 2 

2 1 1 


2 





2 2 





(0) (0) (30) (78) 



(0) 

(0) (30) (78) 

3 

3 2 

1— 

3 3 2 1 3 

3 

2— 

2 2—2— 2 1—3 

2—3 1—2 1 



2 



3 

3 3 | 2 





(0) (0) (30) (78) 



(0) 

(0) (30) (78) 

4— 

4 4 

3 

5 4-5 3-4 1-2 4- 

4— 

4 

4 4- 4 3 2 4-5 

4 2-3 1 

5 | 



5 

5 


5 11 1 1 



Sporen ohne vorherige Aufschwemmung direkt auf die Faden 
gebracht werden, indem man einfach die Faden mit der Oberflachen- 
kultur innig in Berfihrung bringt. Auf diese Weise sind die Faden 
hergestellt, deren Resultate in den beiden folgenden Tabellen mitgeteilt 
sind, und zwar waren bei Tabelle II die Kulturen auf Agar, bei Ta- 
belle III auf Kartoffeln gewachsen. 

Hier zeigen sich zunachst zwischen den einzelnen Stammen erhebliche 
Differenzen. Am grOBten ist die Widerstandsfahigkeit des Stammes A, und 
zwar in samtlichen Versuchen, dann folgen C und F, dann E, B und D. 

Es wird also durch diese Versuche die v. Esmarchsche Be- 
obachtung, dafi die einzelnen Milzbrandstamme unter sich 
groBe Verschiedenheiten in der Widerstandsfahigkeit aufweisen, 
durchaus bestatigt. Daneben finden sich aber auch groBe Unterschiede 
je nach der Art der Herstellung und der Aufbewahrung, und 
zwar sind diese mit aufierordentlicher Regelmfifiigkeit bei alien Stammen 
in gleichem Sinne vorhanden. 

Zunachst ist hervorzuheben, dafi die auf Agar gewachsenen Sporen 
durchweg etwas resistenter sind, als die von der Kartoffel. 

Von den verschiedenen Trockenverfahren gibt das Trocknen an der 
Luft bei Zimmertemperatur die widerstandsfahigsten Sporen. Etwas 
geringer ist ihre Resistenz, wenn sie im Exsikkator, und noch geringer, 
wenn sie im Vakuum getrocknet werden. Beim Aufbewahren sinkt all- 
mahlich die Widerstandsfahigkeit, langsam im Dunkeln, etwas schneller 
im zerstreuten Tageslicht und noch schneller in der Sonne. Der Unter- 
schied zwischen der Aufbewahrung im Dunkeln und an einem sonnigen 
Ort ist aber nicht so groB, wie man nach den sonstigen bakteriziden 
Eigenschaften des Sonnenlichtes erwarten sollte 1 )- 

1 ) Die eingeklammerten Zahlen in den Tabellen geben die Dauer des wirklichen 
Sonnenscheines in Stunden an. 


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730 


; Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originals. Bd. XXXTV. No. 7. 


Zur Erzielung moglichst widerstandsfahigen Sporenmateriales wird 
«s sich hiernach also empfehlen, die in angegebener Weise hergestellten 
Faden an der Luft bei Zimmertemperatur zu trocknen und 
im Dunkeln aufzubewahren. Allerdings laBt sich hierbei eine Verun- 
reinigung durch Luftkeime hSufig nicht vermeiden, so daB aus diesem 
Grunde unter Urastanden das Trocknen im Exsikkator vorzuziehen ist. 


Nachdruck verboten . 

Ueber das Verhalten des Loefflersohen Mausetyphusbacillus 
zu dem v. Drigalski-Oonradischen Nahrboden. 

[Aus dem Institute fur Hygiene und experimented Therapie in Marburg. 

Abteilung fflr Hygiene. Vorstand: Prof. Bonhoff.] 

Von Dr. phil. C. Slebert in Marburg. 

(SchluB.) 

Zur Herstellung des agglutinierenden Serums wurde 4 Kaninchen 
je V 2 Agarkultur I, welche zuvor V, Stunde auf 60° erhitzt war, intra- 
venSs am Ohre injiziert. 3 Tiere gingen infolge der ersten Injektion 
zu Grunde. Auch bei dem letzten war eine erhebliche Wirkung zu be- 
merken, das Tier zeigte nach jeder Einspritzung eine mehrere Tage 
dauernde Prostration und fraB nichts, blieb aber am Leben. Es erhielt 
28 Tage nach der ersten Impfung 1, 17 Tage nach der zweiten 2, 
21 Tage nach der dritten 3 in der angegebenen Weise behandelte Agar- 
rohrchen intravenbs injiziert. 16 Tage nach der letzten Injektion ging 
auch dieses Tier zu Grunde. Die Sektion ergab keine Ver&nderung der 
Organe, M&usetyphusbacillen konnten nicht nachgewiesen werden. 14 Tage 
nach der zweiten und 20 Tage nach der dritten Einspritzung wurde 
Blut entnommen. Das erste Serum agglutinierte die Kultur I noch in 
der Verdflnnung von 1 : 2000, das zweite hatte keinen hoheren Agglu- 
tinationstitre. 

Urn mich zu iiberzeugen, daB ein speziell auf M&usetyphus reagie- 
rendes Serum vorlag, fuhrte ich Agglutinationsproben in der Verdflnnung 
von 1 :50, mit zwei verschiedenen Typhuskulturen, zwei Paratyphus- 
kulturen und einer Kultur von Bacterium coli aus. In 4 Fallen 
war keine Spur von Agglutination zu bemerken, dagegen wurde die 
eine Paratyphuskultur (B. Krdl) noch in einer Verdfln¬ 
nung von 1:400 agglutiniert (ein sehr auffallendes Verhalten, 
das weiter untersucht werden wird) 1 ). 

Die Agglutinationsprobe wiirde makroskopisch in der flblichen Weise 
ausgefflhrt 1 ccm verdttnntes Serum wurde mit 1 Oese 24-stflndiger 
Kultur im Reagenzglase verrieben, auf 20 Minuten in den Brfltschrank 
gebracht und dann beobachtet. Nach kflrzerer oder lflngerer Zeit, nach 
Gewinnung der Reinkulturen aus dem Tierkorper, wurde die Prflfung 
wiederholt, wobei sich ergab, daB die Agglutinierbarkeit um so groBer 


1 ) Dieses Verhalten verbietet nicht, vorliegendes Serum als ein fur Mausetyphus 
spezifisches zu betrachten, da schon wiederholt bei verschiedenen dieser Gruppe ange- 
horenden Bakterien Gruppenagglutination beobachtet wurde. 


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Siebert, Ueber das Verhalten des Loefflerschen M&usetyphusbacillus etc. 731.' 


wurde, je hfiufiger die Kulturen seit der letzten Tierpassage auf 
kfinstlichem Nfihrboden weiter geimpft waren. Dieses Verhalten stimmt 
mit dem bei anderen Bakterien, z. B. dem Pestbacillus durch vorge- 
nommene Agglutinationsversuche, festgestellten Tatsachen tiberein (5). 

Weiter habe ich festgestellt, dad das Serum, welches die Kultur I 
am 8. Februar im Verhfiltnisse von 1:2000 agglutinierte, 52 Tage 
spfiter nur noch bei stfirkerer Konzentration von 1 :600 agglutinierte. 
Auch dieses Verhalten stimmt insofern mit bekannten Tatsachen tiber¬ 
ein, als wahrscheinlich eine teilweise Umsetzung von Agglutininen in 
Agglutinoide stattgefunden hat. 

Die Ergebnisse der Untersuchungen, wie die Kulturen auf Mause 
wirken und fiber das Verhalten der aus den eingegangenen Tieren er- 
haltenen Kolonieen dem v. Drigalski-Conradischen Nfihrboden 
gegenfiber, sind in Tabelle II zusammengestellt. 

Von 7 subkutan behandelten Mfiusen gingen also nach Ausweis der 
Tabelle 4 nach 1 Tage, je 1 nach 2, 3 und 4 Tagen zu Grunde. Aus 
diesen konnten blaue Kolonieen mit positiver Agglutinationsprobe in 
alien Fallen isoliert werden. 

An 22 Mause wurden M.-T.-Kulturen und Organe der infolge von 
M.-T. verendeten Tiere verffittert, von diesen gingen 20 ein, und zwar 
8 nach 1—3 Tagen, 6 nach 5—7 Tagen, 3 nach 10—11 Tagen und 3 
nach 19—24 Tagen. Aus dem Darme wurden in 20 untersuchten Fallen 
15mal blaue Kolonieen isoliert, aus den Organen wurden 13mal Aus- 
striche auf den Drigalski-Nahrboden gemacht, wobei llmal aus der 
Milz, je 9mal aus Herzblut und Leber, 7mal aus Nieren blaue Kolonieen 
erhalten werden konnten. Im ganzen wurden bei diesen 20 Fallen 18mal 
blaue und rote, je lmal nur rote und nur blaue Kolonieen isoliert. Die 
aus 19 verschiedenen Tieren stammenden blauen Kolonieen gaben nur 
in 8 Fallen positive Agglutinationsprobe, was wohl dadurch zu erklaren 
sein dfirfte, daft aus Darm und Organen nur je 1 Ausstrich gemacht 
wurde. Der Mausetyphusbacillus scheint hiernach, per os gegeben, im 
Organismus nur in beschrankter Menge vorhanden zu sein. Und nicht 
alle blauen Kolonieen sind Mausetyphusbacillen. 

Die Mause 3 und 28 erhielten zur Kontrolle je 1 Agarkultur von 
blauen, nicht agglutinierten Kolonieen per os gereicht. Beide Mause 
blieben am Leben. 

Loeffler (1) nennt als spfitesten Zeitpunkt, an dem der Tod der 
mit Mausetyphus per os infizierten Tiere eintritt, den 13. Tag, Lunke- 
witsch (6) ffir Hausmfiuse, welche mit den Kadavern der an M.-T. 
verendeten Feldmfiusen geffittert wurden, den 47. Tag, Meresh- 
kowsky (7) sogar den 63. Tag. Um zum Ausdruck zu bringen, wie 
sich bei meinen Versuchen die mehrmals durch den Tierkdrper ge- 
gangenen Kulturen bezfiglich ihrer Wirksamkeit verhalten, gebe ich in 
Tabelle III eine reihenweise Zusammenstellung der Versuchstiere, die 
mit Darm und Organen oder mit Reinkulturen aus infolge von Mause¬ 
typhus verendeten Mausen infiziert wurden. 

Es geht aus dieser Zusammenstellung hervor, dad eine Erhfihung 
der Wirkung der Kulturen durch mehrmaliges Hindurchgehen durch den 
Tierkfirper nicht erreicht wird. 

No. 28 als 5. und No. 31 als 4 Glied der Reihe ist nicht ein- 
gegangen, bei No. 9, 30 und 29, vierten Gliedern der Reihe, trat erst 
nach 24, 22 und 19 Tagen der Tod ein. Am wirksamsten zeigten sich, 


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No. 7 


732 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 7. 



*<1 


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Frost, A simple method ef making collodion sacs for bacteriological work. 733 

abgeseben von den subkutan gegebenen Kulturen, weiter verffitterter 
Darm und Organe von verendeten Tieren. 

Aus der Zusammenstellung geht ferner hervor, daB der M&usetyphus- 
bacillus mehrere Generationen hindurch immer wieder auf die ange- 
gebene Methode isoliert werden konnte. 

Die Resultate der mitgeteilten Untersuchungen fasse ich in folgen- 
dem kurz zusammen: 

Der Loefflerache Mausetyphusbacillus wBchst auf v. Drigalski- 
Conradischem Nahrboden in blauen Kolonieen. 

Kaninchen sind recht empfindlich gegen Endotoxine des Mause¬ 
typhusbacillus. Es gelingt, Agglutinine bei Kaninchen zu erzeugen. 

Der v. Drigalski-Conradische Nahrboden ist unter gleich- 
zeitiger Anwendung der Agglutinationsprobe zur Isolierung des M.-T.- 
Bacillus geeignet. 


Zdteratur. 

1) Loeffler, Centr&lbl. f. Bakt. etc. Bd. XI. No. 5. 

2) Laser, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XI. No. 6/7. 

3) v. Drigalski-Conradi, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXIX. Heft 2. 

4) Kayser, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. p. 426. 

5) Kolle und Martini, Dtsch. med. Wochenschr. 1902. No. 1—4. 

6 ) Lunkewitsch, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XV. No. 22. 

7) Mereshkowsky, Centralbl. I Bakt. etc. Bd. XVI. p. 612. 


Nachdruck verbot&n. 

A simple method of making collodion sacs for 
bacteriological work. 

[From the Bacteriological Laboratories of the University of Wisconsin.] 

By William Dodge Frost, M. S. 

Instructor in Bacteriology, University of Wisconsin, Madison, Wis., U. S. A. 

With 3 Figures. 

The method about to be described was devised in the course of 
some work requiring a very large number of sacs. The experience of 
nearly a year indicates that the method is suited for general use. The 
technique is very simple and the method seems to combine many of 
the good points in the previously described methods. 

The detailed method of procedure is as follows: 

Forming the sac. Glass tubes are selected, of any desired size, 
with evenly rounded bottoms. Usually a small sized test-tube will be 
found to be of the right size. Thick collodion is then poured into the 
tube to a depth equal to the desired length of the sac. The collodion 
is then poured out along one side of the tube into another tube and 
from this one to another and so on until it is all used up or becomes 
filled with bubbles. The desired length of the tube can be secured in 
all of the tubes by tipping and rolling them thus bringing them collodion 
into contact with the glass to the desired height As the tubes are 
coated they are placed, mouth down, in a wire basket or test-tube rack 
as indicated in Fig. 1. In this way the extra collodion drains off and 


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CentralbL f. Bakt. etc I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


free access of air dries and hardens the collodion; leaving a thin coat 
covering the inner surface of the tube. The thickness of the coat depends 
on the consistency of the collodion. A ten per cent, collodion, in equal 
parts of alcohol and ether, makes a sufficiently thick coat for ordinary 
purposes. A three per cent, solution can be used to make tubes for 
chemical purposes. But it must be remembered that a thicker solution 
makes a stronger but slower dialysing sac and longer air drying makes 
a tougher but slower one. It seems necessary to have a tough sac since 
it has been found that bacteria will sometimes pass through a sac which 
will hold water. The collodion is allowed to air dry from a few minutes 
to several hours. When thoroughly air dry the sac usually shrinks from 
the tube and may be easily pulled out. The drying may be stopped at 



Fig. 1. Tube inverted to allow the 
air dry. 

Fig. 2. Sac ready for sterilization, 
of collodion. 

Fig. 3. Sac ready to be inoculated 



extra collodion to drain off and the film to 
A Surgeons knot. B Ends of cord. C Tongue 
into animal. 


any point by filling the tube with water and after standing a few minutes 
the collodion shrinks and the sac may be easily removed. Should cold 
water fail to loosen the sacs warm water will. There is very little 
danger from bubbles in this method as in the older ones, since any 
which form either spontaneously rupture or settle towards the mouth 
of the sac and are later cut off. 

According to this method a large number of sacs may be made in 
a short time. They may be kept for a long time in water, but be¬ 
come brittle if allowed to dry after they have once been hardened in 
water. 

Sterilization of sac. The sacs are filled from one fourth to 
three fourths full with bouillon or other culture medium if desired. 
They are then immersed in a test-tube of the medium. The sacs are 
held in position in the test-tube by means of the tongue formed by the 


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Frost, A simple method of making collodion sacs for bacteriological work. 735 


collodion flowing out of the tube. This tongue is folded over the lip 
of the tube (Fig. 2, c). Before, however, the sac is put in the test-tube 
a piece of cotton or silk cord is placed around the sac near the top 
and held in position by means of a surgeon’s knot, loosely drawn. The 
cord should be quite stout so that the sac can later be tightly closed. 
The ends of the cord are brought outside of the tube as shown at b 
(Fig. 2). Sterilization may be accomplished either in the autoclav or by 
means of the intermittent method of sterilization. 

Inoculation and testing of sac. The medium is inoculated 
by means of the platinum needles in exactly the same way in which 
tube cultures are ordinarily inoculated. The tube thus inoculated should 
be incubated for twenty four hours and if the medium outside of the 
sac remains clear the sac may be used. Otherwise it should be discarded. 
This testing of the integrity of the sac is necessary whatever method of 
making it is employed. 

Sealing the sac. The tube is placed in a tumbler or test-tube 
rack. The sac is then pulled out of the tube until the cords can be 
drawn tight so as to close the sac and securely tied. With sterile 
scissors the end of the sac is cut off a few millimeters above the 
constriction. If there is any moisture on the inside of the sac above 
the neck this must be removed with sterile filter paper and then a few 
drops of a thin solution is placed in the neck so as to hermetically seal 
the sac. The long and contaminated ends of the cord are now cut off, 
the sac dropped back into the test-tube, and the cotton stopper replaced 
(Fig. 3). The sac is now ready to be placed in the body cavity of an 
animal. The method of procedure here is of course the same as in 
any other method. 

Advantages of this method: 

1st- Simplicity. 

2nd- No danger from air bubbles. 

3 rd - May be made of any size or shape. 

4 th. No glass to break or irritate the animal. 

5 th - Maximum amount of dialysing surface. 


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736 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 7. 


Die Redaktion des „Centralblatts fiir Bakteriologie und Parasitenkundef* 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um 
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufsdtxe entweaer bet der Bin• 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben mu 
wollen oder spdtestens nach Empfang der ersten Korrekturao»dge direkt an 
den Verleger , Herm Gustav Fiscner in Jena, gelangen mu lassen . 


Inhalt. 


Abbott, A C. f The adrenal gland and its 
active principle in their relations to cyto- 
lysins and antitoxin production, p. 696. 

Bongert, J., Beitrfige zur Biologie des 
Milzbrandbacillus und sein Nachweis im 
Kadaver der groBen Haustiere. (Forts.), 
p. 623. 

Bose, F. J., Les Epitheliomas parasitaires. 
La clavelde et PEpithdlioma claveleux. 
(SchluB.), p. 666. 

Friedmann, Friedrich Frans, Der Schild- 
krOtentuberkelbacillus, seine Zuchtung, 
Biologie und Pathogenit&t, p. 647. 

Frost, William Dodg:e, A simple method 
of making collodion sacs for bacterio¬ 
logical work, p. 733. 

Ohedini, Ch, Untersuchungen fiber die 
Wirkung einiger Organextrakte, p. 721. 

Ohon, Anton u. Sachs, Milan, Beitrfige 
zur Kenntnis der anaeroben Bakterien 
des Menschen. fSchluB.), p. 609. 

Hersog, H., Die Abschwficbung der Sfiuge- 
tiertuberkulosebacillen im Kaltbliiter- 
organismus. (SchluB.), p. 675. 

Hoke, Edmnnd, Ueber Komplement- 
bindung durch Organzellen, p. 692. 

Ito, Snkehiko, Ueber die Aetiologie von 
„Ekiri“, einer eigentumlichen, sehr 


akuten, ruhrartigen epidemischen Kinder- 
krankheit in Japan. (SchluB.), d. 659. 

Hoknbo, Heisakn, Ueber die Anfertigung 
und Aufbewahrung von Sporenseiaen- 
fftden fur Desinfektionszwecke, p. 725. 

Lord, Frederick T., Diplococcus intra- 
cel lularis meningitidis (Weichselbaum) 
in the nose. Report of a case without 
Meningitis and review of the literature, 
p. 641. 

Macfadyen, Allan and Howland, Syd¬ 
ney, Upon the intracellular constituents 
of the typhoid bacillus, p. 618. 

Madsen, Thorvald , La constitution du 
poison diphtdrique, p. 630. 

Moser, Paul u. Frh. v. Firquet, Clemens, 
Zur Agglutination der Streptokokken. 
(SchluB.), p. 714. 

Mftller, Paul Theodor, Zur Theorie der 
natflrlichen antibakteriellen Immunitfit. 
(SchluB.), p. 700. 

Sachs, Hans, Ueber Differenzen der Blut- 
beschaffenheit in verschiedenen Lebens- 
altem, p. 686. 

Siebert, C., Ueber das Verhalten des 
Loefflerschen Mfiusetyphusbacillus zu 
dem v. Drigalski - Conradischen Nfthr- 
boden. (SchluB.), p. 730. 


Fromnuiiniche Boebdruckerel (Hermurn Fohle) In Jena. 


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Ceatnlil. f. Bald. etc. I. AbL Iriiiiali 11 mm. Hi. 1 


Naehdruck verboten. 


Das Yerhaltnis der Milchsaurebatterien zum Streptococcus 
lanceolatus (Pneumoniecoccus, Enterococcus u. s. w.). 

[Ans dem hygienischen Institut in Bonn.] 

Von Prof. Erase. 


Wer sich mit der Frage der Milchs&ureg&rung beschaftigt hat, wird 
die darin herrschende Verwirrung bemerkt haben. Sie fing damit an, 
dafi H n e p p e, der erste Forscher, der mit den Hilfsmitteln der modernen 
Methodik an das Studium der Milchs&urebakterien heranging, eine Be- 
schreibung von ihnen lieferte, die offenbar auf den gewdhnlichen Erreger 
der MilchsSuregarung nicht pafit, sondern auf einen seltenern Organis- 
mus, der allerdings auch die Eigenschaft hat, Milchs&ureg&rung zu er- 
zengen. AllmShlich ist das von sehr zahlreichen Autoren anerkannt 
worden; das Ungluck wollte aber, dafi gerade diejenigen, die zuerst 
eine gute Schilderung der wahren Milchsaurebakterien gaben, namlich 
Gunther und Thierfelder, an der Identit&t ihrer Mikroorganismen 
mit den H u e p p e schen festhielten. Die Verschiedenheit beider Bakterien 
erkannte Leichmann, er hatte aber den verh&ngnisvollen Gedanken, 
den gewdhnlichen Milchs&ureerreger Bact. lactis acidi im Gegen- 
satz zu Hueppes Bac. acidi lactici zu nennen. Dadurch war 
erst recht der Konfusion Vorschub geleistet; sie mufite noch dadurch 
gesteigert werden, dafi etwa gleichzeitig Lehmann und Neumann 
sowie Kruse in den von ihnen bearbeiteten Handbuchern die Namen 
Bacterium Gfintheri und Bacillus lacticus einfflhrten, wahrend 
Kozai spater von einem Bacillus acidi paralactici sprach. Alle 
diese Autoren sind zudem nicht von dem Vorwurf freizusprechen, dafi 
sie die sytematische Stellung, die naturlichen Verwandtschaften der von 
ihnen benannten und beschriebenen Bakterien nicht klar erkannten. Ich 
selbst hoffe, bald meinen Fehler wieder gutmachen zu kdnnen, m6chte 
aber schon hier in aller Kurze einige Resultate meiner Untersuchungen 
feststellen. Von der chemischen Seite der Frage, die ebenfalls sehr der 
Klfirung bedarf, spreche ich absichtlich nicht 

Hueppes Milchs&urebakterium ist identisch mit dem Bacillus 
agrogenes, wie ich (F1 ttgges Mikroorganismen. Bd. II. 1896. p. 340) 
das Escherichsche Bact. lactis aerogenes genannt habe. Es 
ist sehr h£ufig in der freiwillig sauer gewordenen Milch vorhanden, 
aber regelmafiig in so geringen Mengen, dafi es mit dem Prozefi der 
Sauerung nichts zu tun haben kann. Es f&rbt sich — das mfichte ich 
gegenhber Lehmann und Neumann (Atlas und Grundrifi der Bakt. 
2. Aufl. 1899) betonen — nicht nach Gram; die Unterscheidung eines 
grampositiven B. acidi lactici von dem B. agrogenes ist hinfSllig. 
Die Gramsche Farbung kann allerdings dadurch vorgetfiuscht werden, 
dafi die Kultur mit den echten Milchs&urebakterien verunreinigt ist Eine 
solche Verunreinigung kann selbst geubten Bakteriologen vorkommen, 
weil die Kolonieen der echten Milchsfiurebakterien auf den Platten aus 
saurer Milch so klein und so zahlreich sind, dafi sie manchmal nicht 
ohne weiteres sich von den viel grofieren des Bac. agrogenes trennen 
lassen. 

Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 


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47 



738 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


Der gewdhnliche Erreger der Milchs&ureg&rung ist 
dagegen ein Mikroorganismus, der zu den n&chsten Ver- 
wandten des Streptococcus lanceolatus, d. h. des Pneu- 
inoniecoccus, gehort. Seine Gestalt, seine Neigungzur Eettenbildung, 
seine farberischen Eigenschaften (Gram), sein Verhalten zu den Nahrboden, 
auch zur Milch sind im wesentlichen die gleichen. Unterschiede 
liegen darin, daB das Milchsaurebacterium auch bei 
niederer Temperatur wachst, und soweit bisher bekannt, 
keine Krankheiten bei Tieren und Menchen verursacht. 
Die etwas ovale, manchmal sogar deutlich stabchenartige, an dem Ende 
zugespitzte Form der Milchsaurebakterien findet sich bei dem Pneu- 
moniecoccus genau in derselben Weise wieder und hat anch manche 
Autoren bewogen, den letzteren unter die Stabchenbakterien einzureihen. 
Das hat aber schon deswegen seine Schwierigkeiten, weil die echte 
Kokkenform hier gerade wie auch beim MilchsMurebakterium gar zu haufig 
vorkommt. Man konnte sich nun dadurch helfen, daB man ftir diese 
morphologisch und biologisch gut charakterisierte Gruppe von Bakterien 
einen besonderen Genusnamen, wie Coccobacillus Oder Strepto- 
bacillus einfilhrte. Den letzteren wiirde ich selbst empfehlen, wcnn 
nicht ein wichtiger Umstand dagegen sprache, namlich die auBer- 
ordentlich nahen Beziehungen des Pneumoniecoccus zu 
dem sogenannten pyogenen Streptococcus, die namentlich seit 
meinen mit Pan sini gemeinschaftlich ausgefiihrten Untersuchungen 
(Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XI. 1892) fast allgemein anerkannt sind. Ich 
schlage daher vor, das Milchsaurebakterium Streptococcus lacticus 
zu nennen. DaB diese Bezeichnung eine naheliegende ist, erhellt auch 
schon daraus, daB zahlreiche Autoren aus Milch und Milchprodnkten 
Organismen isoliert haben, die sie Streptokokken nannten, und die sich 
doch in keiner Weise scharf von den Milchsaurebakterien unterscheiden 
lassen (vergl. z. B. den Streptococcus acidi lactici von Groten- 
feldt, die Streptokokken des Kumys von Freudenreich); und vielen 
anderen Forschern wird es uneingestandenermaBen gegangen sein, wie 
mir selbst, sie werden sich gewundert haben, warum man 
die Milchsaurebakterien durchaus zu den Bacillen, statt 
zu den Streptokokken gestellt hat. 

Selbstverstandlich ist der Streptococcus lacticus in ahnlicher 
Weise der Variabilitat unterworfen, wie der Streptococcus pyogenes 
und lanceolatus, der Bacillus aSrogenes u. s. w. Unter 
mehreren Dutzend Stammen, die ich aus saurer Milch isoliert habe, sind 
einige, die in Gelatine fast so schlecht wachsen wie der Pneumonie¬ 
coccus, andere, die Milch nur sehr langsam zur Koagulation bringen 
Oder nicht so viel Saure bilden, daB eine Gerinnung erfolgt; bei einzelnen 
herrscht die Stabchen-, bei anderen die Kokkenform vor. Auch durch 
die kunstliche Kultur gelingt es, ahnlich wie beim Pneumococcus, 
solche Varietaten zu erzeugen; wahrscheinlich wird ein genaues Studium 
den Beweis erbringen, daB eine scharfe Grenze zwischen dem Strepto¬ 
coccus lacticus und dem Streptococcus lanceolatus ebenso- 
wenig vorhanden ist wie zwischen dem Streptococcus lanceolatus 
und dem Streptococcus pyogenes. Immerhin ist die Unter- 
scheidung dieser 3 „Species“ aus praktischen GrQnden empfehlenswert. 

Ftir wenig ersprieBlich halte ich es dagegen, alle diese so zahl- 
reichen Varietaten zum Range von Arten zu erheben und besonders zu 
benennen. Z. B. sind der Streptococci!s enteritidis von Hirsch- 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 739 


Libbmann und der Enterococcus Thiercelins meines Er- 
achtens weiter nichts als echte MilchsSurebakterien, wie sie 
im Darm yon Kindern und Erwachsenen, Fleich- und 
Pflanzenfressern regelmaBig vorkommen. Uebrigens scheint 
der Streptococcus lacticus gleich dem Streptococcus lanceo- 
latus auf alien Schleimh&uten ein h&ufiger Gast zu sein, auf beide 
pafit also recht gut der Name der Schleimhautstreptokokken 
(vergl. Kruse, Pansini und Pasquale, Centralbl. f. Bakt Bd. VII. 
1890. No. 21). 


Nachdruck verboten 

Ueber die Anpassung der Bakterien an die Abwehrkrafte 
des infizierten Organismus 1 ). 

[Aus dem hygienisch- bakteriologischen Institute der Universitat Krakau 
Vorstand Prof. 0. Bujwid.] 

Von Dr. Philipp Eisenberg, Assistenten am Institute. 

I. 

Ein Fall von Pyocyaneusinfektion nebst Bemerkungen 
fiber die Serodiagnostik dieser Infektionen. 

Die pathogenetische Bedeutung des Pyocyaneusffir den Menschen 
ist bisber noch nicht aufgeklfirt. Einerseits scheint es in Ueberein- 
stimmung mit der von Schimmelbusch vertretenen Auffassung 
keinem Zweifel zu unterliegen, da IS dieser Mikroorganismus, ein naher 
Anverwandter des ubiquistischen B. fluorescens liquefaciens, ein 
steter Bewohner der menschlichen Hautdecken, in der Mehrzahl der 
Fa lie, wo wir ihn auf Wunden als Begleiter des sogenannten blauen 
Eiters finden, hier nur als ganz harmloser Gast verweilt. Andererseits 
zeigen die Untersuchungen zahlreicher Forscher, dad er unter be- 
sonderen Umstfinden beim Menschen ernste Erkrankungen hervorzurufen 
im stande ist, die sogar letal enden konnen. Normalerweise unfahig, 
die Schutzkrfifte des Organismus zu fiberwinden, kann er, wenn irgend- 
welche Faktoren diese Krafte herabsetzen oder vernichten, aus einem 
ungefahrlichen Gast ein offensiver Feind werden und pathogenetische 
Wirkungen entfalten. In Uebereinstimmung mit dieser Anschauung sehen 
wir, dad die Pyocyaneu s-Infektionen am dftesten im Gefolge anderer 
Erkrankungen auftreten, indem sie im abgeschwachten Organismus ein 
geeignetes Substrat finden Oder als Sekundarinfektionen, wenn durch 
die Wirkungen anderer Mikroorganismen dieses Substrat bereits vor- 
bereitet ist. So finden wir im Falle von Lanz und L use her eine 
chronische Strumitis nach einer Lungen- und Brustfellentzfindung, im 
Falle vonKrannhals eine todliche Allgemeininfektion nach einem 
eitrigen Pleuraempyem. Speziell das Kindesalter weist dieser Infektion 
gegenfiber nur eine schwache Widerstandsffihigkeit entgegen, doch auch 
hier finden wir gewohnlich auderdem noch andere prfidisponierende 
Momente in Form von hereditarer Lues, Magendarmerkrankungen etc. 
Die Untersuchungen von Kossel, Neumann, Manicatide, Finkel- 


1) Vorgelegt der mathem.-naturwiss. Sektion der k. k. Akademie dear Wieeensch. 
zu Krakau in der Sitzung vom 6. Juli 1903. 

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740 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8 . 


stein, Nicholson, Williams und Cameron, Blum zeigen, daft 
diese Pyocyaneus-Infektionen im Kindesalter relativ oft vorkommen 
und sich prognostisch sehr ernst gestalten. Die Feststellung der Stiolo- 
gischen Rolle des Pyocyaneusbei menschlichen Infektionen bietet ge- 
wisse Schwierigkeiten: in Fallen von Allgemein- resp. septischer Infektion 
kann wohl der Nachweis des Bacillus intra vitam im Blut und 
den inneren Organen in Reinkultur dazu berechtigen. Finden wir ihn 
dagegen im Sekret fiuBerer Wunden in Gesellschaft anderer pathogener 
Keime, so erhebt sich angesichts seiner Rolle als fakultativen Krank- 
heitserregers die Frage, ob im gegebenen Falle seine Rolle aktiv ist, 
oder ob er nur als unschuldiger Saprophyt zu betrachten ist. In solchen 
Fallen scheinen die neueren biologischen Reaktioncn berufen zu seiD, 
das entscheidende Urteil zu fallen, indem sie das Vorhandensein einer 
Infektion durch Nachweis der seitens des Organismus stattgefundenen 
Reaktion zu eruieren erlauben. Wenn das Serum der betreifenden 
Individuen spezifische, agglutinierende, koagulierende Oder bakterizide 
Eigenschaften aufweist, wenn es das Bordet- Gengousche Phanomen, 
antifermentative (v. Dungern, Simnitzky) oder antihamolytische 
Wirkungen zeigt, dann kbnnen wir selbst im Falle einer Mischinfektion 
unserem Bacillus eine pathogenetische Bedeutung zusprechen. Soviei 
mir aus der Literatur bekannt ist, haben sich bisher nur 2 Arbeiten mit 
dieser Seite des Problems beschaftigt. Im Jahre 1899 berichtet Esche- 
rich in seiner Arbeit iiber Pyocyaneus-Infektionen bei Sauglingen, 
daft er in 2 Fallen ein negatives Resultat der Agglutinationsprobe zu 
verzeichnen hatte; dazu mochte ich jedoch bemerken, daB weder das 
klinische Symptomenbild noch die Resultate der bakteriologischen Unter- 
suchungen die Annahme einer Pyocyaneus-Infektion beweisen. In 
letzter Zeit haben Achard, Loeper und Gr6net 3 Falle mit positiver 
Reaktion beschrieben: einen Fall von Infektion nach Hamothorax 
(Agglutination 1 / 40 ), eine Mischinfektion nach einer Pneumokokkenpleuritis 
(Aggl. Vioo) und eine Wundinfektion einer Quetschwunde (Aggl. Vio„)- 
In 3 anderen Fallen, wo der Bacillus wahrscheinlich nur als Saprophyt 
auf Wunden vegetierte, gab die Reaktion ein negatives Resultat, Kon- 
trolluntersuchungen und Serum von normalen Individuen gaben selbst 
bei Vio negative Resultate, nur das Serum eines Typhuskranken gab 
positive Reaktion bei 1 L 0 , weshalb die Autoren die Verdunnung t l„ (> 
als unteren Grenzwert fur spezifische Reaktionen annehmen. 

Da ich zur Zeit mich mit der Differenzierung in der Gruppe der 
fluoreszierenden Bakterien befasse, benutzte ich gerne einen sich dar- 
bietenden Fall von „blauem Eiter u , um persSnliche Erfahrung in diesem 
Punkt zu erwerben. Dem Primarius der chir. Abteilung des St. Lazarus- 
spitals in Krakau, Wohlg. H. Prof. Trzebicky, bin ich fur die gfitige 
Ueberlassung dieses Falles zu tiefem Dank verpflichtet. 

Es folge in kurzen Worten die Krankengeschichte dieses Falles: 
Josef Z., 43 Jahre alt, Pr.-No. 5756, Abt. Pr.-No. 937, aufgenommen 
am 28. Dezember 1902. Der Patient gibt an, daB er sich mit einer 
Axt vor 4 Monaten den rechten Unterschenkel, dicht unterhalb des 
Kniegelenks verletzt hat Es entstand eine Geschwulst, die rasch gr6Ber 
wurde, Rotung der Haut und Starke Schmerzen an dieser Stelle sowie 
im Kniegelenk. Die Geschwulst wurde einigemal vom Arzte gespalten, 
wobei jedesmal blutig-eitrige Flttssigkeit sich entleerte. Die Geschwulst 
breitete sich trotzdem weiter aus, das Wundsekret wies seit 2 Monaten 
grflne Fftrbung auf. Gegenw&rtig sind bedeutendes Schwfichegefflhl, 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 741 


Abmagerung sowie intensive Schmerzen in der affizierten Extremist zu 
verzeichnen. Am 28. November 1902 wurden in Narkose tiefe Incisionen 
gemacht, Eiter entleert und die entstandenen Wunden tamponiert. Am 
17. Dezember neuerliche Incisionen. Am 17. Januar 1903: Die Incisions- 
wunden heilen schlecht und entleeren reichlichen grflnlich verfarbten 
Eiter; der Allgemeinzustand recht elend. Am 23. Januar wird in 
Narkose die linke untere Extremitat im HQftgelenk exartikuliert (Dr. 
Juras), die Wnnde drainiert und zusammengenkht; am selben Tage 
6 Stunden nach der Operation tritt der Exitus ein. Der Fieberverlauf 
war meistens remitierend Oder intermittierend. Die am 24. Januar vor- 
genommene Obduktion (Ass. Dr. K. 01 in ski) ergab vollig normale 
innere Organe, bis auf eine Spur von Verfettung der Nieren und eine 
auffallende Andmie des ganzen Korpers. 

Bevor ich die Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchungen 
wiedergebe, mochte ich noch ganz kurz iiber ein seltenes und bis jetzt 
unaufgeklfirtes PhSnomen berichten, das unser Fall darbot. Schon bei 
Oelegenheit einer Blutentnahme aus der Fingerbeere bei Lebzeiten des 
Kranken konnte ich, abgesehen von einer auffallenden Hydramie, be- 
inerken, daB die Erythrocyten sich in der kleinen Eprouvette sogleich in 
Haufchen zu Boden senkten, wodurch ganz ungefarbtes Plasma fiber 
ihnen stehen blieb. Bei der Autopsie erschien das Blut in alien Ge- 
faBen (besonders deutlich in den HirngefaBen) als farblose Flfissigkeit, 
in der Haufen zusammengebackener Erythrocyten in Form von roten 
Punkten suspendiert waren. Das dem Herzen sowie den grofien Ge- 
ffiBen entnommene Blut lieB nach einer kurzen Weile in den Eprouvetten 
2 deutlich abgegrenzte Schichten unterscheiden, die des farblosen Serums 
sowie die der zusammengeballten Erythrocyten. Mikroskopisch sah man 
typische Haufen agglutinierter Erythrocyten, die selbst mechanisch aus- 
einandergeschfittelt nach einer Weile wieder sich zu Haufen vereinigten. 
Wir haben hier also das Phanomen der Autoagglutination vor uns und 
zwar sowohl in dem bei Lebzeiten entnommenen wie auch postmortal 
im intravaskuiaren Blute. Ein eigentttmliches Verhalten zeigte auch 
das Serum des Kranken gegenflber fremdem Blute (5-proz. Aufschwem- 
mung in 5-proz. NaCl-L5sung); wahrend das bei Lebzeiten aus einer 
Vesikatorblase entnommene Serum schwach isoagglutinierend wirkte, 
zeigte sich das bei der Autopsie erhaltene Serum gegenflber demselben 
Blut vollig inaktiv. Wenn wir annehmen, daB im lebenden Organismus 
Autoagglutination nicht eintreten kann, wfihrend sie nach dem Tode 
in den GefaBen in hochst pragnanter Weise zu sehen war, dann ware 
vielleicht die hervorgehobene Differenz darauf zurfickznffihren, daB die 
Agglutinine des Serums bei der Autoagglutination post mortem absorbiert 
wurden, wahrend intravital sich dazu keine Gelegenheit bot Was in 
unserem Falle als Ursache des Auftretens dieses interessanten Phanomens 
zu betrachten ist, ob die starke Anamie oder aber toxische Wirkungen 
seitens der die Wunde infizierenden Keime, wird wohl schwer zu sagen 
sein. Die bisher bekannt gewordenen Falle von Autoagglutination 
(Klein, Hayem, Reitmann, Obermayer) betreffen Patienten mit 
Hanot scher hypertrophischer Lebercirrhose, so daB sie kaum zur Er- 
klfirung des vorliegenden Falles herangezogen werden konnen. In letzter 
Zeit hat nun S. Flexner die Bedeutung solcher vitaler Autoagglutination 
ffir die Entstehung von hyalinen Thromben, die aus degenerierten 
agglutinierten Erythrocyten bestehen, hervorgehoben. Nach seiner An- 
sicht sollen solche Thromben besonders bei Infektionskr&nkheiten ent- 


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Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


stehen, wo die im Blute kreisenden bakteriellen Toxine die Erythrocyten 
agglutinieren; auf diese Weise will er die bei Abdominaltyphus, Pneumo- 
mie, Diphtheric gefundenen Thromben entstanden wissen. Es ist natiirlicb 
zur Zeit sehr schwer, sich in dieser Frage zu auBern; in seinen eigenen 
Fallen scheint Flexner (nach den mir zug&nglichen Eeferaten zu ur- 
teilen) keine Autoagglutination festgestellt zu haben, so daB seine Er- 
kl&rung vor der Hand wohl Hypothese bleiben muB, um so mehr, als 
viele Erfahrungstatsachen dagegen zu sprechen scheinen. Wissen wir 
ja, dafi KOrper, die in vitro Blutkdrperchen agglutinieren, sich im 
lebenden Blute ganz anders verhalten kdnnen, wie das durch die Be- 
obachtungen von Lau an vegetabilischen, von Bongiovannini an 
normalen und von Krans und Sternberg an spezifischen HSm- 
agglutininen bewiesen wird. Aus der Arbeit von Halban und Land- 
steiner wissen wir, daB in vitro ein UeberschuB an agglutinierbarer 
Substanz die Agglutination hemmt; dieser Faktor ist es auch wahrschein- 
Uch, der im GefaBsystem keine oder nur eine minimale Hemagglutination 
zul&Bt. Was speziell unseren Fall betrifft, so konnten hier bei der Autopsie 
keine Thromben gefunden werden, noch auch daran sich anschlieBende 
Folgeerscheinungen, trotzdem schon bei Lebzeiten Autoagglutination des 
Blutes in vitro konstatiert worden war. 

Die bakteriologische Untersuchung des eitrigen Wundsekretes habe 
ich in unserem Fall zum erstenmal am 12. Januar 1903 vorgenommen; 
der dickliche, grfln gefarbte geruchlose Eiter zeigte im mikroskopischen 
Bilde neben kernig und fettig degenerierten Leukocyten und kOrnigem 
Detritus eine gewisse Menge kurzer, dunner StSbchen und sp&rliche, 
nicht charakteristische Kokken. Durch Plattenverfahren wurden aus 
diesem Eiter 2 Arten isoliert, weiBe Eiterkokken und der Pyocyaneus. 
Bei einer abermaligen Untersuchung des Wundsekretes am 20. Jan. 1903 
fand ich im mikroskopischen Bilde neben den erw&hnten Kokken und 
Stabchen grbfiere und dickere plasmolysierte Stfibchen, die sich durch 
Kultur als der Hofmann-Wellenhofschen Pseudodiphtheriegruppe 
zugehbrig erwiesen. Nunmehr will ich ganz kurz die Merkmale des 
isolierten Pyocyan eus-Stammes anftihren, demich besondere Aufmerk- 
samkeit schenkte. Durch seine morphologischen sowie farberischen Merk¬ 
male (gram-negativ) entspricht er dem Typus, ebenso stimmen darnit 
die Kulturen auf den ablichen Nahrboden. Betreffs der biochemischen 
Eigenschaften mochte ich folgendes hervorheben: Milch wird nicht 
koaguliert, nur peptonisiert (unter 6 anderen von mir untersuchten 
St&mmen verhalten sich 5 ebenso, nur einer koaguliert sie auch), Nitrite 
werden von ihm denitrifiziert (Lehmann, Weissenfeld), Gelatine 
wird verfliissigt, koaguliertes menschliches oder Pferdeserum energisch 
peptonisiert. BezQglich der chromogenen Funktionen will ich bemerken, 
daB er auf verschiedenen Nahrboden Pyocyanin sowie Fluorescein pro- 
duziert und das an Bouillon- oder Gelatinekulturen zu beobachtende 
ChamBleonphinomen charakterisiert den Stamm als der /?-Variet5t von 
Ernst zugehorig. Bevor ich die Schilderung der in unserem Falle vor- 
genommencn Agglutinationsversuche angehe, mOchte ich mit einigen 
Worten einige technische Einzelheiten besprechen, die bei der Agglu¬ 
tination von fluoreszierenden Bakterien zu beriicksichtigen sind. Wie 
schon von Achard, Loeper und Gr6net bemerkt wurde, ist diesen 
Bakterien eine ausgesprochene Neigung zur Pseudoagglutination (spon- 
taner Sedimentierung) eigen, weshalb auch diese Autoren die Ver- 
wendung junger Bouillonkulturen befflrworten, die zwecks Entfernung 


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Eisenberg, Anpagsung der Bakterien an die Abwehrkrftfte des Organismus. 743 


event, vorhandener Flocken durch FlieBpapier filtriert werden sollen. 
Bei meinen Untersuchungen hatte ich Gelegenheit zu beobachten, dafi 
diverse Kalturen ein und desselben Stammes einmal spontane Nieder- 
schl&ge bildeten, das andere Mai keine,. ohne daB irgend ein Grund 
dafur zu eruieren wfire; so geniigen wahrscbeinlich minimale Ab- 
weichnngen in der chemischen Zusammensetzung des N&hrbodens speziell 
der Salze, urn Sedimentierung hervorzurufen. Jedenfalls zeigen sich 
meistens junge (8—12-stiindige) Bouillonkulturen homogen getrubt und 
weisen anch unter dem Mikroskope gewdhnlich keine Haufchen auf, so 
dafi selbst ein Filtrieren unnotig erscheint. Oft gelingt es auch, tadellose 
Emulsionen von jungen Schr&gagarkulturen zu erzielen. Der Agglu- 
tionationsprobe wurden folgende StSmme von fluorescierenden Bakterien 
unterzogen: 1) B. pyocyaneus 7, ein vor 2 Jahren aus einer Phlegmone 
herausgeziichteter Laboratoriumstamm, 2) B. pyocyanens Phi. 1 und 
3) B. pyocyaneus 24, 1, von mir vor einem halben Jahre aus Phleg- 
moneneiter isoliert, 4) B. pyocyaneus Kura von Herrn Dr. R. Nitsch 
aus dem Wasser des Kura-Flusses (bei Baku) isoliert und mir gfitigst 
uberlassen, 5) B. pyocyaneus 15 aus unserem Fall stammend, 6) B. 
fluorescens liquefaciens 7, aus dem Institutsmuseum, 7) 
B. fluorescens putitus (B. fluorescens non liquefaciens 
autorum) ebenfalls ein Laboratoriumstamm, 8) B. fluorescens 
Czap. von Herrn Dr. M. Bernacinski aus dem Eiter bei einer 
Endometritis septica isoliert und mir giltigst Qberlassen, der durch seine 
Eigenschaften sich dem B. fluorescens capsulatus Pottien n&hert. 
Die Ergebnisse der Agglutinationsversuche zeigt in tibersichtlicher 
Weise folgende Tabelle: 

+ positive Reaktion, + + stark positive, Sp. Spur, — negative Reaktion. 


Stamm 

| Serumverdiinnung 


V.o 

‘/a. 

7*o 

i ii 00 

VjlOO 

B. pyocyaneus 7 

+ 

4 

4 

4 

4 

— 

B. pyocyaneus Phi. 1 

4 

4- 

— 

— 

— 

— 

B. pyocyaneus 24, 1 

4 

+ 

— 

— 

— 

— 

B. pyocyaneus K. 

+ 

— 

— 

— 

— 

— 

Fluorescens liqu. 7 

Sp. 

— 

— 

— 

— 

— 

Fluorescens liqu. 7 

4 -f- 

4 4 

4 4 

4 4 

4 4- 

4* 

Fluorescens put. 7 

4 

4* 

— 

— 

_ 

— 

B. fluorescens Czap. 

1 + 

4 

— 


— 

— 


Bei einer eingehenden Analyse dieser Ergebnisse f&llt uns vor allem 
die Tatsache auf, dafi das Serum unseres Patienten, das die Laboratorium- 
st&mme vom Pyocyaneus und Fluorescens liqu. energisch agglu- 
tiniert, sich gegeniiber dem aus dem Kranken gezOchteten Stamm in- 
aktiv erweist Diese Erscheinung l&fit sich ungezwungen in Zusammen- 
hang bringen mit einer ganzen Reihe von Tatsachen, die von diversen 
Forschern beziiglich des Verhaltens von frisch aus dem menschlichen 
Organismus geziichteten Typhusst&mmen erhoben wurden und weiter 
unten in Zusammenhang mit anderen diesbeziiglichen Erscheinungen 
besprochen werden sollen. Derselbe Grund wird wohl bei der geringen 
Agglutinabilitat der St&mme Phi. 1 und 24, 1 vorliegen, die ungef&hr 
ein halbes Jahr vor Anstellung der Proben aus Wundsekret reinge- 
zilchtet und seither nur einigemal kiinstliche N&hrbdden passiert haben. 
Was den aus Wasser rein geziichteten Stamm K. anbelangt, muB ich es 
vorderhand unentschieden lassen, ob bei ihm die minimale Agglutina- 


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744 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIY. No. 8. 


bilitat mit der von einigen Untersuchern gefundenen geringen Agglutina- 
bilitat von aus dem Wasser gezflchteten Typhusstammen in eine Reihe 
zu setzen ist, oder aber ob er nicht vielleicht als biologisch vom echten 
Pyocyaneus diderenter Stamm zu betrachten ist, obzwar er sonst 
mit ihm in alien Merkmalen iibereinstimmt. Die beobachtete Agglu¬ 
tination der fluoreszierenden Bakterien ist wohl am besten als sogenannte 
„Gruppenagglutination“ zu deuten, wie sie fflr die Typhus-C o 1 i - Gruppe 
(Pfaundler, Nocard, Durham, de Nobele u. a.) sowie fflr 
Gruppe der sflurefesten Bakterien (Courmont und Descos) bereits be- 
kannt ist, und mit deren Feststellung im Bereiche der Fluorescentes- 
Gruppe sich eine Arbeit befafit, die ich binnen kurzem zu publizieren 
hoffe. Die frappante Tatsache, dafi der Fluorescens liquefaciens 7 
starker agglutiniert wird, als des Pyocyaneus 8 bedarf allenfalls noch 
einer speziellen Erklarung; man wird dabei zu berflcksichtigen haben, 
dafi auch der Stamm Pyocyanens 7 erst vor 2 Jahren aus dem 
menschlichen Organismus auf kflnstliche Nahrbdden gebracht wurde und 
seither nur jeden Monat eine Passage, d. i. ca. 24 Passagen im ganzen, 
durchgemacht hat, so dafi auch er vielleicht noch nicht die maximale 
Agglutinabilitat erreicht hat, wflhrend der saprophytische Fluorescens 
sie wobl normalerweise besitzt. Dafi der aus unserem Patienten ge- 
zuchtete Stamm Pyocyaneus 15 tatsachlich wenig agglutinabel ist, 
beweist weiterhin noch die Beobachtung, dafi er vom Serum eines gegen 
den Pyocyaneus 7 immunisierten Kaninchen, das den homologen 
Stamm bei Vioo deutlich agglutiniert, in den Verdflnnungen 7* und 7io 
nur spurweise agglutiniert wird. Die Prflfung des Serums unseres 
Patienten auf etwaige koagulierende (pr&zipitierende) Wirkung gegenflber 
Kulturfiltraten von Pyocyaneus 7 und Fluorescens liqu. 7 gab 
ein negatives Resultat, troztdem die betreffenden Filtrate mit ent- 
sprechenden Kaninchenimmunseris zusammengebracht ganz deutliche 
Niederschlage gaben, also prazipitable Substanz wohl enthielten. In 
letzter Zeit hat Belj aj ew festgestellt, dafi nur manche Sera von Typhus- 
kranken spezifische Niederschlage geben und zwar unabhflngig von 
ihrem Agglutinationstitre. 

Unserer Stamm, der Pyocyaneus 15, zeigte auch in anderer 
Hinsicht ein besonderes Verhalten; in den Prflparaten, in denen das 
Agglutinationsvermbgen des frischen Serums unseres Patienten in der 
Verdflnnung l / 2 im Mngenden Tropfen untersucht wurde, konnte ich 
eine auffallende Erscheinung beobachten. Nach 2-stflndigem Aufenthalt 
im Thermostaten waren in den Prflparaten aller auderen oben aufge- 
zahlten Stamme nur sparliche, undeutliche, schwach lichtbrechende 
Schatten von Stabchen, die Mehrzahl der Stabchen war verschwunden; 
nach 24 Stunden blieb das Bild unverandert, erst nach 48 Stunden trat 
sekundare Bakterienvermehrung ein, die oft in bakteriziden Versuchen 
beobachtet wird. Das Praparat des Stammes Pyocyaneus 15 zeigte 
nach 2 Stunden normale, wohlerhaltene Stabchen, hie und da zu minim&len 
HMufchen vereinigt, nach 24 Stunden eine kolossale Vermehrung der 
Bakterien, die mit einem dichten Rasen das ganze Praparat ausfflllen: 
Eine vollkommene Bestatigung dieser Befunde gab der bakterizide Ver- 
such nach der Buchnerschen Plattenmethode ausgefflhrt; wahrend die 
Platten aller anderen Stamme eine ausgesprochene bakterizide Wirkung 
des Serums zeigten, konnte bei unserem Stamme von Anfang eine 
deutliche Vermehrung beobachtet werden. Ohne vorlaufig an die theo- 
retische Deutung dieser Tatsache heranzutreten, die flbrigens weiter 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkrftfte des Organismus. 745 


unten ihren Platz finden soil, mochte ich noch ganz kurz die wichtigsten 
Eigenschaften unseres Falles rekapitulieren: wir haben es hier mit einer 
Wund-Mischinfektion zu tun, das Serum des Patienten agglutiniert in 
spezifischer Weise den Pyocyaneus, auBerdem zeigt das Blut das Pha- 
nomen der Autoagglutination; der aus dem Kranken herausgezfichtete 
Stamm zeigt sich resistent gegeniiber der Agglutinationswirkung des 
hSmologen Serums sowie gegeniiber der bakteriziden Wirkung mensch- 
lichen Serums. 


II. 

Ueber die Unempfindlichkeit der aus dem Organismus 
geziichteten Typhusbacillen gegeniiber der bakteriziden 
Wirkung menschlichen Serums. 

Ausgehend vom ungwObnlichen Verhalten des Pyocyaneus- 
Stammes im obigen Falle, beschlofi ich daraufhin, frisch aus dem Orga¬ 
nismus geziichtete Typhusstamme zu untersucben. Die oben beobachtete 
Unempfindlichkeit gegeniiber der bakteriziden Wirkung des Serums war 
allem Anschein nach auf eine Anpassung der Bakterien an diese Wir¬ 
kung im Verlaufe einer linger dauernden Infektion zurQckzufiihren. 
Um nun festzustellen, ob diese Erscheinung allgemeine Geltung haben 
dfirfte, schien es geboten, eine langer dauernde Infektion zu w&hlen, die 
den Bakterien zu einer derartigen Anpassung Gelegenheit geben konnte, 
andererseits aber eine Infektion, deren Erreger fiir die bakterizide 
Wirkung menschlichen Serums normalerweise zuganglich sind. Der 
menschliche Abdominaltyphus erffillt beide Bedingungen und bietet da- 
bei die Moglichkeit, die Erreger auf vielerlei Weise aus dem in- 
fizierten Organismus reinzuziichten, wie dies zahlreiche neuere Arbeiten 
beweisen, die die Isolierung der Typhusbacillen aus der Roseola, aus 
Blut und Harn zum Gegenstand haben. 

Wir besitzen gegenw&rtig 3 Methoden des Nachweises von bakteri¬ 
ziden Wirkungen; die von Buchner eingefiihrte Plattenmethode, die 
es erlaubt, die Versuchsergebnisse (iibrigens ziemlich ungenau) ziffern- 
maBig wiederzugeben, besitzt den Nachteil, daB sie zur Serumwirkung 
noch osmotische Storungen hinzufiigt, bedingt durch das Uebertragen 
der Bakterien auf einen neuen Nahrboden. Die von Pfeiffer einge- 
ffihrte und vortrefflich bearbeitete Methode, die das Peritoneum als 
Reaktionsmedium benutzt, erfordert grofie Tieropfer und auBerdem fiihrt 
sie einen nicht ganz gleichmaBig reagierenden und hochst komplizierten 
Faktor ein — den lebenden TierkOrper. Praktisch sehr bequem und 
leicht ausfUhrbar erscheint mir dagegen die Methode der Beobachtung 
im hangenden Tropfen, die, zuerst von Metchnikoff und Bordet 
zu diesem Zweck angewandt, seither wie ich glaube, ungerechterweise 
von spateren Forschern vernachlassigt wurde. Ebenso wie diePfeiffer- 
sche Methode, erlaubt sie den Verlauf der morphologischen Verknde- 
rungen, die wir als Bakteriolyse bezeichnen, genau zu verfolgen, mit 
beiden Methoden hat sie gemein, die Berflcksichtigung der quantitativen 
Verhaltnisse zu ermoglichen. 

Wie aus den Untersuchungen zahlreicher Forscher bekannt ist, 
wirken verschiedene normale Sera, darunter speziell das menschliche 
Serum, stark bakterizid auf Typhusbacillen, und das Pfeiffersche 
Phanomen gibt dafilr den morphologischen Ausdruck ab. Zur Be- 
schreibung dieses Phanomens bei Typhusbacillen, die von Pfeiffer, 
Kolle und Frankel, sowie von Radziewsky gegeben wurde, mdchte 


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746 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


ich folgende eigenen Beobachtungen hinzufflgen, die ich in meinen Ver- 
suchen sammeln konnte. Im Falle einer besonders starken Serum- 
wirkung sehen wir im Praparate Hfiufchen die aus undeutlich granu- 
lierten, schwach, licbtbrecbenden Massen bestehen, in den Haufchen 
stellenweise Kiigelchen deren Durchmesser die Breite eines Typhus- 
stabchens kaum oder nur unmerklicb iibertrifft, daneben isolierte, kaum 
sichtbare Schatten von Stabchen mit zerfransten wie angenagten Kon- 
turen, zuweilen auch nur kleinste Korncben als Ueberbleibsel der 
Schatten. Bei schwacherer Wirkung, d. i. bei langsamerem Verlaufe 
der Reaktion, sehen wir nach '/ a —1 Stunde zahlreiche stark licht- 
brechende Kugelchen verschiedener Grbfie, isoliert Oder zu Haufchen 
vereinigt, zuweilen Stabchen, die an einem Ende solche Kiigelchen tragen 
oder die es noch in ihrem Innern an einem der Pole einschliefien. Was 
ist nun das weitere Schicksal dieser Gebilde? Die Formen des granu- 
losen Zerfalls scheinen der Ausdruck des endgiiltigen Absterbens der 
betroffenen Bakterien zu sein; in den Praparaten, die den ersten Typus 
aufweisen, tritt fast nie Vermehrung der Bakterien ein, selbst bei einer 
bis zu 72 Stunden dauernden Beobachtung; nur ausnabmsweise sehen 
wir aus einem oder einigen Stabchen neues Wachstum entstehen in 
Form von Faden oder Knaueln. Es unterliegt auch keinem Zweifel, 
dafi ein Teil dieser Gebilde aus dem Praparate wenigstens fur unser 
Auge verschwindet; in Fallen von starker Serumwirkung bildet die 
Zahl der nach 30 Minuten sichtbaren kdrnig zerfallenen Stabchen und 
Schatten nur einen Bruchtheil der urspriinglich vorhanden gewesenen 
Bakterien, was aus dem Rest geworden ist, ist schwer zu sagen, jeden- 
falls bleibt aber ein gewisser Teil der Schatten auch nach Ablauf von 
72 Stunden noch unverandert Von den Kiigelchen kann man mit ziem- 
licher Wahrscheinlichkeit annehmen, dafi sie wenigstens in den ersten 
Stadien immer noch lebensfahig sind; indem zwar manche im Praparate 
verschwinden, andere aber zu Stabchen und Faden heranwachsen. In 
diesem Punkte bestatigt die morphologische Beobachtung die Ergebnisse 
der Plattenmethode und riickt sie zum Teil unserem Verstandnis naher; 
es wurde vielfach beobachtet, dafi man bei Einwirkung eines bakteri- 
ziden Serums nach einigen Stunden eine sterile Platte bekommt, 
wahrend nach 24 Stunden wieder reichliches Wachstum eingetreten ist. 
Wir miissen uns also vorstellen, dafi die sparlichen, nach einigen Stunden 
am Leben gebliebenen zu Kiigelchen umgewandelten Bakterien, da sie 
schon stark geschfidigt sind, die neuerliche osmotische Schfidigung beim 
Plattengiefien nicht mehr straflos aushalten konnen — daher die sterile 
Platte — wahrend sie in ihrem Milieu belassen sich noch erholen und 
weiterhin auch vermehren kdnnen. Wenn man bedenkt, dafi das Auf- 
treten der Kiigelchen gerade bei schwacherer bakterizider Serumwirkung 
auftritt (oft bei geringeren Serumkonzentrationen) und dafi sie zum Teil 
wenigstens zweifellos lebensfahig sind, wird man wohl am besten tun, 
wenn man in Uebereinstimmung mit Radziewski ihre Entstehung als 
Ausdruck einer gegenseitigen Einwirkung der bakteriziden Korper sowie 
des noch lebenden Bakterienprotoplasmas auffafit. Andererseits jedoch 
ist ein Teil der Kiigelchen dem Tode verfallen und erleidet eigentttm- 
liche morphologische Veranderungen, die nicht leicht zu deuten sind. 
Diese kleinen, 1 — 2 ju im Durchmesser erreichenden Kiigelchen dehnen 
sich ttbermafiig aus bis zur Grdfie von Leukocyten und dariiber, ohne 
dafi dabei die Scharfe der Konturen leidet (dadurch unterscheiden sie 
sich von den von A. Fischer bei der Plasmoptyse beschriebenen auf- 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 747 


gebl&hten Eugeln) Oder daB ihr Inhalt weniger stark lichtbrechend 
wflrde. Manche von ihnen enthalten in ihrer Mitte oder gegen die 
Peripherie zu matte scharfbegrenzte kuglige Rlume von 1—3 jtt Durch- 
messer, die an Dellon von Erythrocyten erinnern, bei anderen grenzt 
dieser Baum an die Peripherie der Kugel, wodurch ungefkhr das Bild 
von einem Malaria-Halbmond mit erhaltenem Kontur des Erythrocyten- 
schattens entsteht, bei anderen wieder gibt es 2—3 solcher Raume, deren 
Konturen einander schneiden. Diese groBen Gebilde, die innerhalb 
ca. 24 Stunden aus den kleinen Kiigelchen entstehen, erleiden dann 
wahrend der weiteren Beobachtung keinerlei Veranderungen. Sie ent¬ 
stehen wahrscheinlich durch Aufquellen aus den kleinen Kiigelchen; 
welche speziellen Bedingungen dazu erforderlich sind, kann man vorder- 
hand nichts sagen, ganz allgemein aber ware zu bemerken, daB man sie 
selten zu sehen bekommt, dann aber in groBer Menge. Da wir bisher 
in der Literatur nur farbige Reproduktionen der morphologischen Ver¬ 
anderungen bei der Bakteriolyse in den Arbeiten von Metchnikoff 
und Radziewsky besitzen, versuchte ich mittels der Photographie einige 
solche charakteristische Bilder zu fixieren. Gefarbte Praparate von 
hangenden Tropfen erzielte ich nach der Methode, die in meiner Arbeit 
dber die Fadenreaktion angegeben ist; die lufttrockenen Deckglaser 
fixierte ich stark in der Flamme, farbte mit gewohnlicher Methylenblau- 
ldsung oder langere Zeit mit verdunntem Karbolfuchsin, sodann spiilte 
ich energisch mit Wasser ab. Auf diese Weise gelingt es, eine ziemlich 
starke und gut differenzierte Farbung der Bakterien und ihrer patho- 
logischen Formen zu erzielen, wahrend der Hintergrund ganz ungefarbt 
oder nur ganz scbwach gefarbt herauskommt. 

Die wohlgelungenen Photogramme verdanke ich der geilbten Hand 
meines hochverehrten Chefs, Herrn Prof. 0. Buj wid, dem ich fur seine 
freundliche Muhewaltung auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank 
abstatte. Ich mochte noch bemerken, daB der bei starker Serumwirkung 
auftretende kornige Zerfall der Stabchen nach dieser Methode kaum 
darzustellen ist; beim Fixieren der Praparate verschwindet der Rest der 
Struktur und es bleiben nur amorphe, schlecht begrenzte und schlecht 
farbbare Schollen. In diesem Falle wie auch zur Reproduktion mancher 
Strukturdetails der oben beschriebenen groBen Kugeln ware wohl die 
Photographie in situ des ungefarbten Praparates heranzuziehen. Der 
von A. Fischer erhobene Einwand, daB beim Trocknen des hangenden 
Tropfens sekundare osmotische Prozesse und als ihr Ausdruck auch mor- 
phoiogische Veranderungen auftreten, trifft fur meine Praparate nicht 
zu, wo ich solche Veranderungen nicht beobachten konnte. Indem ich 
zu den Einzelheiten der Technik (ibergehe, will ich bemerken, dafi zu 
den bakteriziden Versuchen immer 18—24-stttndige Bouillonkulturen ver- 
wendet wurden und die Tatsache, dafi sie ein Drittel oder die Haifte 
des Volumens der Probe ausmachten, erlaubt die Annahme, die be- 
obachteten Veranderungen seien auf Hungerzustande der Bakterien zu- 
rttckzufOhren, von vornherein auszuscbliefien. Das menschliche Serum, 
dessen bakterizide Wirkung untersucht wurde, entnahm ich steril Vesi- 
katorblasen und bewahrte es bei niedriger Temperatur auf, wobei die 
bakterizide Kraft sich innerhalb der ersten 48 Stunden ungefahr gleich 
erhielt. Bei jedem Experiment wurde eine Kontrolle angestellt, wo zur 
Bouillonkultur physiologische NaCl-L&sung zugefflgt wurde; in diesen 
Proben vermehrten sich die Bakterien ganz betrachtlich, ohne Degene- 
rationsveranderungen aufzuweisen. Was die zu den Experimenten her- 


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748 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


angezogenen Typhusst&rome anbelangt, wurde der als Kontrolle dienende 
Stamm Ty. I, den ich dem liebenswiirdigen Entgegenkommen des Herrn 
Prof. R. Paltauf und des Herrn Doc. K. Sternberg in Wien ver- 
danke, seit einer Reihe von Jahren auf kUnstlichen N&hrboden in der 
Prosektur des Rudolfspitals in Wien fortgezflchtet. 4 andere St&mme 
sind von mir selbst aus Typhuskranken isoliert worden und zwar 3 ans 
der Roseola nach Neufeld-Schmiedicke, der 4. aus dem Bint nach 
der Methode von Castellani-Courmont (die StSmme: H&usler 
Ros. 2, Kosowski Ros. 2, Pachlowski R. 1, Ptak Kr. 1). Alle 
diese St&mme wurden den von Neufeld angegebenen Sticbproben unter- 
zogen und zeigten sich dabei als typische Typhusst&mme. Was ibre 
biologische Charakteristik betrifft, babe ich unterlassen, die Pfeiffer- 
scbe Reaktion mit ihnen anzustellen aus Griinden, die weiter unten er- 
ortert werden sollen. Die Agglutinationsprobe, zu der ein Immunserum 
von einem gegen den Ty. I immunisierten Pferd herangezogen wurde, 
ergab fflr die diversen St&mme folgende Grenzwerte: Ty. I Vsoooobis 
1 /ftoooo> Ty. H. Ros. 2 bei Vino negative Reaktion, Ty. Kos. Ros, 2 
1 /«ooo» Ty. Ptak Kr. 1 Vsooo* Wir sehen also in Uebereinstimmung 
mit einer ganzen Reibe von Autoren, daB frisch aus dem kranken 
Organismus herausgeztichtete St&mme sich viel schwerer agglutinieren 
lassen, als lange auf kiinstlichen N&hrboden fortgeztichtete. Die bak- 
teriziden Versuche wurden in der Weise angestellt, daB zu einer kon- 
stanten Menge Bouillonkultur und zwar zu einer kleinen Oese die 
gleiche Menge unverdtinnten oder entsprechend verdflnnten frischen 
menschlichen Serums zugesetzt wurde und zwar in 2 Parallelreihen, in 
denen das betreffende Serum einmal auf den Stamm Ty. I, das andere 
Mai auf den untersuchten aus dem infizierten Organismus geziichteten 
Stamm einwirkte. Die h&ngenden Tropfen wurden 3 Stunden bei 37 # , 
sodann bis 48—72 Stunden bei Zimmertemperatur gebalten und w&hrend 
dieser Zeit wurde einige Mai der vorliegende Befund notiert. Der 
Verlauf dieser Versuche l&fit sich im allgemeinen dabin resumieren, 
daB der Stamm' Ty. I unter der Einwirkung der diversen Sera eine 
pr&gnante Bakteriolyse aufwies, die Bakterien sich vermehrungsunf&hig 
erwiesen, Oder aber daB die Vermehrung erst nach Ablauf von 24 bis 
48 Stunden einsetzte. Im Gegensatz hierzu waren die aus dem Orga¬ 
nismus frisch geziichteten Bakterien entweder vollig resistent gegeniiber 
der bakteriziden Serumwirkung und vermehrten sich von Anfang an 
sehr fippig, indem sie unter der gleichzeitigen Einwirkung der Agglu¬ 
tination das Bild der Fadenreaktion gaben oder aber traten die Er- 
scheinungen der Bakteriolyse nur in den st&rksten Serumkonzentrationen 
auf und zwar in sehr beschranktem MaBe. Beispielshalber fflhre ich 
hier aus einer grofieren Anzahl ahnlicher Befunde das Protokoll eines 
solchen Versuches an, in dem das Serum von einem Typhuskranken 
einerseits auf den Stamm Ty. I, andererseits auf den Stamm H. Ros. 2 
einwirkte (s. Tabelle p. 749). 

Aehnliche Resultate ergaben sich bei Verwendung zahlreicher Sera 
von Gesunden wie von Kranken, darunter vorwiegend Typhuskranken. 
Um zu erfahren, ob die in diesen Versuchen beobachtete Unempfindlich- 
keit der aus dem Organismus geziichteten St&mme gegeniiber der bakte¬ 
riziden Wirkung menschlicher Sera streng spezifischer Natur ist, d. h. sich 
nur menschlichem Serum gegeniiber SuBert oder auch gegeniiber Seris 
von anderen Tierarten, untersuchte ich die Wirkung zahlreicher normaler 
Kaninchen- und Pferdesera (darunter auch einiger Sera von Diphtherie- 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 749 


Ser.- 

Verd. 

Zeit 

Stamm Ty. I 

Stamm H. Bos. 2 

V* 

75 Min. 

sparliche Haufchen von undeutlich 
granulierter, verwischter Struktur 

Fadenreaktion 


3 Std. 

wie vorhin 

zahlreiche, grofle, makroskopisch 
sichtbare Knauel 


5 „ 

wie vorhin 

die Knauel immer grofier, grofie 
Faden 


9 „ 

die Haufchen etwas deutlicher granu- 
liert, darin deutliche Kiigelchen 

wie vorhin 


12 „ 

wie vorhin, mehr Haufchen 

kolossale Knauel 


20 „ 

wie vorhin 

wie vorhin 

1 

| 

30 „ 

deutliche Haufchen aus Kiigelchen 
und Komchen bestehend, Schatten 
von zerfallenen Stabchen, nor- 
male Stabchen nicht zu 
sehen, keine Vermehrung 

immense Knauel 


42 „ 

wie vorhin 

wie vorhin 


VO „ 

wie vorhin 

wie vorhin 

*/4 

75 Min. 

Haufchen von undeutlich granuloser 
Struktur, sehr pragnantes Pfeiffer- 
sches Phanomen 

Agglutinaton, Anfang der Ver¬ 
mehrung 


3 Std. 

wie vorhin 

zahlreiche grofie Knauel, makro¬ 
skopisch sichtbar 


5 „ 

aus den Haufchen wachsen kleine 
Faden heraus 

kolossale Knauel, grofie Faden 


9 „ 

neben den Haufchen kleine und 
mittlere Knauel 

wie vorhin 


12 „ 

igrofie Knauel 

wie vorhin 


20 „ 

schone, makroskopisch sichtbare 
Fadenreaktion 

wie vorhin 


30 „ 

wie vorhin; hie und da in den Faden 
Kdrnchen und Kiigelchen 

kolossale Knauel 


42 „ 

wie vorhin; viele bewegliche Bak¬ 
terien 

;wie vorhin 


70 „ 

wie vorhin 

!wie vorhin 

l h 0 

75 Min. 

Haufchen von granuldser 
Struktur, sehr pragnantes 
Pfeiffersches Phanomen 

Agglutination, Anfang von Ver¬ 
mehrung 


3 Std. 

sehr pragnandes Pf. Phanomen, An- 
fang von Vermehrung 

makroskopisch sichtbare Fadenre¬ 
aktion, zahlreiche isolierteBakterien 


5 „ 

aus den agglutinierten Haufchen 
wachsen Faden heraus, viele freie 
Faden 

kolossale Knauel, Faden 


9 

kleine Knauel, viele isolierte Bak- 
terin und Faden 

wie vorhin 


12 „ 

mittlere Knauel, viele Faden und 
Bakterien zum Teil beweglich 

wie vorhin 


20 „ 

schdne Fadenreaktion 

wie vorhin 


30 „ 

wie vorhin 

immense Knauel 


42 „ 

wie vorhin 

wie vorhin 


70 „ 

wie vorhin 

wie vorhin 


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750 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7. 


pferden) auf diese St&mme. Es zeigte sich, daB die Resistenz sich auch 
auf die Wirkungen dieser Sera erstreckt. Als Beispiel fiihre ich fol- 
gende Versuche an: 

Versuch 5. Februar 1903. 

Normales Kaninchenserum No. 3. 




V, 2 Std. Haufchen von verwischter, granuloser Schwache Agglutination, die Stfib- 
Struktur, Schatten von Stabchen. chen meistens granulos degeneriert. 


4 „ Wie vorhin. Neben dem kornigen Haufchen 

kurze Faden kSrmg entartet. 

6 „ Wie vorhin, sparliche kurze Faden Wie vorhin. 

kbroig ^ntartet. 

15 „ Sparliche, kaum eichtbare Kiigel* Kleine Knauel und Faden deutlich 

chen und Kornchen, sonst leeres kbrnig entartet. 

Gesichtsfeld. 

42 „ Wie vorhin. Kolossale Knauel 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 751 

Auf Grund dieser Beobachtungen scheint es, daB die Resistenz der 
aus dem raenschlichen Organismus geziichteten St&mme insofern spe- 
zifisch ist, als sie gegentiber menschlichem Serum vollst&ndiger ist, als 
gegeniiber Seris anderer Tierarten. DaB diese Resistenz nur relativ ist, 
d. h. quantitativ begrenzt, wird auch durch eine andere Reihe von Be¬ 
obachtungen bewiesen. Dank den Arbeiten von Pfeiffer und Kolle, 
Gieorgiewski, Widal und Le Sourd wissen wir, daB schon im 
Verlaufe des Typhus die Produktion von spezifischen Immunkbrpern be- 
ginnt, die in den ersten Wochen der Rekonvaleszenz ihren Hflhepunkt 
erreicht und die normale bakterizide Kraft des Serums erhbht. Die 
Untersuchung von Seris, die gegen Ende der Typhuserkrankung Oder 
in der Rekonvaleszenz entnommen wlirden, in Bezug auf ihre Wirkung 
auf unsere St&mme hat ergeben, daB diese Stfimme sich ihrer Wirkung 
zug&nglich zeigen, doch um so viel weniger, als der Laboratoriumstamm. 
daB zur Erreichung der Wirkung starkere Serumkonzentrationen notig 
erscheinen, als bei jenem. Folgendes Beispiel mag das am besten er- 
l&utern: 

Versueh 21. Februar 1903. 


Ser.- 

Verd. 

Zeit 

Stamm Ty. I 

l 

Stamm Ptak Kr. 1 

V, 

90 Min. 

Schatten von Stabchen, Haufchen 
von undeutlicher, korniger Struk- 
tur, erhaltene Stabchen selten. 

Schatten von Stabchen, Haufchen 
von undeutlicher korniger Struk¬ 
tur, sparliche, erhaltene Stabchen. 


4 Std. 

Wie vorhin. 

Wie vorhin. 


0 „ 

Wie vorhin. 

Wie vorhin. 


20 „ 

Wie vorhin, keine Vermehrung. 

;Ein Netzwerk verschlungener, gut er- 
i haltener Faden, kompakte Haufen. 

7. 

90 Min. 

Schatten von Stabchen, Kiigelchen, 
Haufchen von verwischter, kor¬ 
niger Struktur, gut erhaltene 
Stabchen selten. 

Unvoll.standige Agglutination, gut 
erhaltene, meist unbewegliche 
Stabchen. 


4 Std. 

Wie vorhin. 

Unvollstandige Agglutination, starke 
Vermehrung. 


0 ,, 

Wie vorhin. 

Ein dichtes Netzwerk kurzer, gut 
erhaltener Faden. 


20 „ 

Einige kleine Kniiuel, sonst wie 
vorhin. 

Dichtes Netzwerk verschlungener 
Faden. 


Es wird hier am Platze sein, einem Einwurf zu begegnen, der 
moglicherweise erhoben werden konnte, daB namlich die Resistenz der 
aus dem Organismus frisch geziichteten Stamme auf einer Besetzung 
ihrer Rezeptoren fiir bakterizide Zwischenkdrper oder nach der Nomen- 
klatur von Centanni auf einer „Stomosierung der Stomiten u beruhen 
konnte. Dem ist entgegenzuhalten, daB die sparlichen Bacillen, die sich 
in einer Roseole oder in einigen Kubikcentimetern Blut finden, von der 
vollentwickelten Kultur durch eine Reihe von Generationen getrennt 
sind, wodurch die Einwirkung des obenerw&hnten Faktors ausgeschaltet 
wird. Ueberdies wnrde der aus dem Blute geziichtete Stamm nicht in 
Originalkultur, sondern in den davon abgeleiteten Generationen zu den 
Versuchen verwendet, um den EinfluB des in der Originalkultur ent- 
haltenen Serums zu eliminieren; in den Originalkulturen aus Roseolen 
ist diese Beimischung so verschwindend klein, daB sie ohne weiteres 
vernachl&ssigt werden darf. Endlich sei noch bemerkt, daB Kontroll- 


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752 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


untersuchungen mittels der Plattenmethode mit den obigen ganz iden- 
tische Resultate ergaben. 


III. 

Allgem eine Bemerkungen. 

Wir sahen oben, dafi ein Pyocyaneus-Stamm sowie einige frisch aus 
dem Organismns gezfichtete Typhusstamme sich mehr oder weniger 
resistant gegeniiber der agglntinierenden und bakteriziden Wirkung des 
Serums erweisen. Ich will nun, gestutzt auf eine Reihe von Tatsachen, 
die von verschiedenen Forschern beobachtet wurden, diese Erscheinungen 
erkl&ren und ihre Bedeutung fiir die Pathologie sowohl als auch fur die 
Immunitatslehre entsprechend wilrdigen. 

Die variierende Agglutinabilitat diverser Typhusstamme hat seit der 
Entdeckung der Agglutination die Aufmerksamkeit vieler Untersucher 
auf sich gezogen. A chard und Bensaude, Kolle, Johnston und 
McTaggard, Van de Velde, Foerster heben diese Erscheinung 
hervor, ohne eine theoretische Erklarung dafiir zu versuchen. Mills 
behauptet, dafi die Schnelligkeit, mit der diverse Stamme von demselben 
Serum agglutiniert werden, zu ihrer Virulenz in einem umgekehrten 
Verhaltnis steht; da wir nun wissen, dafi frisch aus dem Organismus 
kommende Stamme gewohnlich am virulentesten sind, und dafi sie bei 
fortgesetzter Passage auf kunstlichen NahrbQden an Virulenz einbflfien, 
ware die Beobachtung von Mills dahin zu deuten, dafi frisch aus dem 
Organismus geziichtete Stamme sich am schwersten agglutinieren lassen. 
Diese Behauptung findet ihre Bestatigung in zahlreichen Beobachtungen: 
Rodet stellte an drei aus Typhusmilzen gezQchteten Stammen fest, dafi 
diese Stamme, unmittelbar nach der Isolierung inagglutinabel oder schwach 
agglutinabel, nach einer Reihe von Monaten (8—12) sich vom Immun- 
serum normal agglutinieren liefien. Ein ahnliches Verhalten gegeniiber 
Coli-Immunserum beobachtete Rodet bei diversen, aus Typhusstiihlen 
gezQchteten Coli-Stammen. Ebenso sah Tarchetti bei frisch aus 
Typhusmilzen oder TyphusstQhlen gezQchteten Stammen geringe Agglu¬ 
tinabilitat. Smith und Tenant beschreiben zwei aus Typhusmilzen 
isolierte Stamme, die sich als wenig agglutinabel erwiesen, wahrend die 
Tatsache, dafi durch Immunisierung mit ihnen typisches Typhusserum 
erzielt werden konnte, sie unzweideutig als authentische Typhusstamme 
erscheinen lafit. Horton Smith sowie Rehns isolierten fihnliche 
Stamme aus Typhusmilzen sowie aus MesenterialdrQsen, Rem linger 
aus einem Pleuraexsudat, McWeeney aus der Gallenblase. Sacqu6p6e 
zQchtete aus 5 Typhusmilzen Stamme, die ursprunglich schwach agglu¬ 
tinabel nach einigen Monaten normale Agglutinabilitat wiedererlangten. 
Aehnliche Beobachtungen finden wir bei Nicolle und Tr6nel, Hor- 
rocks und P. Th. Mailer. Ban cel isolierte aus 3 posttyphdsen 
Abscessen inagglutinable Typhusstamme, die nach 6—11 monatlicher 
Passage auf kQnstlichen Nahrboden normale Agglutinabilitat aufwiesen. 
Unter 35 aus dem Blute von Typhuskranken gezQchteten Stammen fanden 
Courmont und Ban cel 7 vollkom men inagglutinable, 24 schwach und 
nur 4 normal agglutinable; in der folgenden Generation stieg die Agglu¬ 
tinabilitat successive bis zum Normalwert Andererseits hat eine ganze 
Reihe von Untersuchern aus typhusverdachtigen Wassern Stamme isoliert, 
die sich von authentischen Typhusstammen nur durch ihre Inagglutina- 
bilitat (zuweilen auch durch das Wachstum auf Kartoffeln) unterschieden; 
ich nenne hier nur die Beobachtungen von Rodet, Remlinger und 


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Eisenberg, Anpassnng der Bakterien an die Abwehrkrftfte deg Organismus. 753 


Schneider, Kister, R6my, Nicolle und Spillmann, Vaillard, 
Houston, Sacqudpde. Endlich haben bezfiglich der Choleravibrionen 
Pfeiffer und Kolle festgestellt, daB virulente, d. i. oft durch den 
Tierorganismus durchgeschickte Stfimme 70—lOOmal weniger aggluti- 
nabel sind als avirulente, seit lfingerer Zeit auf kttnstlichen Nfihrboden 
fortgezflchtete. Ueber ahnliche Erscheinungen bei Staphylokokkenstfimmen 
berichten in letzter Zeit Kolle und Otto, bei Pneumokokken Kar- 
vacki. Die Ursache der geringen Agglutinabilitfit der bisher bespro- 
chenen Stfimme kann verschieden sein. Was die aus unserer Umgebung 
gezflchteten Stfimme anbelangt, so kommen dabei recht verschiedenartige 
Faktoren in Betracht. 

Tarchetti berichtet, daB ein auf Glycerinbouillon mit steigendem 
Sodazusatz gezfichteter Stamm nacb 12 Generationen eine deutlich ver- 
minderte Agglutinabilitfit zeigte, nach 18 Generationen sich als inagglu- 
tinabel erwies; umgekehrt zeigte ein auf sauren Nfihrboden gezfichteter 
Coli-Stamm gesteigerte Agglutinabilitfit. Nach demselben Autor scheint 
auch der Gehalt des Mediums an Nfihrstoffen diese Funktion beein- 
flussen zukflnnen. Nach Nicolle und TrOnel setzt das ZQchten von 
Typhusstfimmen bei 42° C die Agglutinabilitfit stark herab; ein von 
diesen Autoren aus einem geimpften Meerschweinchen gezfichteter ur- 
sprflnglich inagglutinabler Stamm behielt bei 25—35° C gezfichtet, in 
einer Reihe von Generationen diese Eigenschaft, wfihrend er bei 10—20 C 
fortgezUchtet normale Agglutinabilitfit erlangte. Wie daraus zu ersehen 
ist, kdnnen viele Faktoren die Agglutinabilitfit der Bakterien beeinflussen 
und darin findet wohl das abnorme Verhalten der aus unserer Umgebung 
gezflchteten Stfimme zum Teil seine Erklfirung. Andererseits gelangen 
ja meistens ins Wasser Keime, die dem menschlichen Organismus ent- 
stammen, so daB sie in manchen FfiUen ihre biologische Abnormitfit 
schon mitbringen kdnnen. Was die aus dem infizierten Organismus ge- 
zflchteten Typhusstfimme betrifft, so ist die Ursache ihrer geringeren 
Agglutinabilitfit wohl in den biologischen Bedingungen zu suchen, denen 
sie im Organismus ausgesetzt sind. In einer sehr interessanten Arbeit 
haben Ransom und Kitashima nachgewiesen, daB man durch ZQchten 
von Choleravibrionen in einer Bouillon mit Zusatz von agglutinierendem 
Immunserum einen wenig agglutinablen Stamm erlangen kann; nach 
20 solchen Passagen wurde er nur bei 1 / lt0 von einem Serum agglu- 
tiniert, das ihn ursprflnglich noch bei Viooo agglutiniert hatte. Nach 
Tarchetti zeigte ein durch eine Reihe von Generationen auf einem 
agglutininhaltigen Nfihrboden gezfichteter Typhusstamm vermehrte Agglu¬ 
tinabilitfit. Sacqu6p6e erzielte durch ZQchten in Kollodiumsfickchen 
im Peritoneum typhusimmunisierter weiBer Ratten nach 5 Generationen 
einen stark hypagglutinablen Typhusstamm; .ahnliche, wenn auch minder 
prfignante Resultate hatte er bei Zflchtung in vitro auf agglutininhaltigem 
Nfihrboden zu verzeichnen. Dieselbe Erscheinung konnte P. Th. Mflller, 
wenn auch nicht konstant, bei Zflchtung von Typhusstfimmen auf einer 
Bouillon mit Zusatz von Typhusimmunserum beobachten; ein solcher 
Stamm wurde nach 10 Generationen nur bei '/aoo von einem Immun¬ 
serum agglutiniert, das den unbeeiniluBten Stamm bei Vjoooo agglu- 
tinierte. Aus diesen Beobachtungen folgt, daB die Typhusbacillen bei 
Ifingerem Kontakt mit Agglutininen gegenflber ihrer Wirkung unempfind- 
Hch werden. Es wird uns nicht befremden, daB nicht alle aus dem 
Organismus gezflchteten Stfimme diese Eigenschaft zeigen, wir mflssen 
bedenken, daB nicht in jedem Typhusfall Agglutinine in genflgender 

Brste Abt. On*. Bd. XXXIV. 48 


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754 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt, Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 

Menge entstehen, sowie daB zur Erlangung dieser Unempfindlichkeit 
Sfter auch eine lfingere Zeit erforderlich sein dflrfte. Der Mechanismus 
dieser Erscheinang wird wohl am besten auf eine Immunisierung der 
Bakterien gegenflber den Agglutininen zurflckzufflhren sein; die Bakterien* 
die Qberhaupt eine hohe biochemische Plastizit&t and eine bedeutende 
Anpassungslahigkeit aufweisen, kflnnen leicht eine solche Immunitfit er- 
langen. Schwieriger wird es wobl fallen, anzugeben, auf welcher bio- 
chemischen Veranderung in ihrer Zusammensetzung das Zustandekommen 
dieser Immunitat beruht; vor allem wire hier wohl an eine Vermehrung 
der agglutinierbaren Substanz, i. e. der Agglutininrezeptoren der Bakterien 
zn denken. Ransom und Kitashima haben festgestellt, daB die 
„immunisierten“ Bakterien nicht weniger Agglutinine absorbieren, als 
normale; es ist zn bedauern, daB diese Autoren ihre Experiments nach. 
dieser Richtung hin nicht vervollstandigt haben. Pfeiffer und Fried- 
ber ger fanden, daB durch oftmalige Tierpassagen auf einer hohen Virulenz 
erhaltene Cholerastamme, die 50—lOOmal geringere Agglutinabilitat auf¬ 
weisen als avirulente, seit langer Zeit im Laboratorium fortgezttchtete* 
eine bedeutend groBere Menge Agglutinin binden, als die avirulenten. 
Dementgegen berichtet MB Her auf Grund seiner Versuche, daB „im- 
munisierte u Typhusbacillen weniger Agglutinin absorbieren als normale* 
sowie dafi sie an das Kulturmilieu keine freien Rezeptoren abgeben* 
was man voraussetzen mflBte, wenn die Ehrlichsche Theorie auf diesen 
ImmunisierungsprozeB Anwendung finden sollte. Aus alien angeffthrten 
Untersuchungen geht hervor, dafi die Agglutinabilitat der Bakterien be- 
deutenden Variationen unterworfen ist, wie dies flbrigens von anderen 
biochemischen Merkmalen der Bakterien genugsam bekannt ist, und 
zwar speziell unter dem EinfluB der biologischen Daseinsbedingungen 
des betreffenden Stammes. Meine eigenen Beobachtungen bestatigen 
diese Ergebnisse betreffs der Typhusbacillen und erweitern sie, indem 
sie zeigen, dafi auch ein aus dem infizierten Organismus gezflchteter 
Pyo cyaneus-Stamm sich als inagglutinabel erweist 

Was nun die Empfindlichkeit gegenflber bakteriziden Serumwirkungen 
anbelangt, hat die Variabilit&t dieser Eigenschaft schon seit geraumer 
Zeit verschiedene Forscher bescbaftigt. Leclef untersuchte vergleichs- 
weise die bakterizide Wirkung normalen Kaninchenserums gegenflber 
2 Stammen von Kaninchenseptikamiebakterien verschiedener Virulenz; 
es ergab sich, daB der stark virulente Stamm gegenflber dieser Wirkung 
ganz immun ist, wahrend der in seiner Virulenz abgeschwachte, in pr&g- 
nanter Weise dieser Wirkung erlag. Gleichzeitig konnte Van de Velde 
in einer grflndlichen Arbeit flber den Mechanismus der Virulenz des 
Staphylococcus pyogenes feststellen, daB die virulenten Stamme 
sich von den avirulenten weder durch die Menge der gebildeten Toxine 
noch durch groBere Lebensfahigkeit noch durch Qppigeres Wachstum 
auf kflnstlichen N&hrb5den unterscheiden, daB dagegen ihr Verhalten 
gegenflber aktivem Kaninchenserum ganz different ist. Wahrend ein 
Stamm, der durch zahlreiche Passagen durch Kaninchen seine Virulenz 
fflr diese Tierart 800mal vergrSBert hatte, sich in aktivem Serum oder 
Pleuraexsudat flppig vermehrte, zeigte der wenig virulente Stamm sehr 
starke bakterizide Empfindlichkeit. Daraus zieht Van de Velde den 
SchluB, daB das Wesen der Virulenz im Grade der Widerstandsfahigkeit 
des betreffenden Bakterienstammes gegenflber der Wirkung der bakteri¬ 
ziden Wirkung der Safte eines gegebenen Organismus beruht. Im 
Jahre 1895 zeigten Pfeiffer und Kolle, dafi man um so mehr von 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 755 


einem spezifischen Typhusserum bedarf, um eine gewisse Menge Typhus- 
kultur im Meerschweinchenperitoneum abzutdten rosp. das Versuchstier 
zu retten, je virulenter der betreffende Typhusstamm ist, d. h. daB 
virulentere St&mme zugleich auch resistenter sind gegentiber bakteriziden 
Serumwirkungen. Dasselbe Verhalten konnte gleichzeitig Bordet be- 
zflglich verschiedener Cholerast&mme feststellen und nach ihm Nado- 
leczny in seinen Untersuchungen fiber Cholera- and Typhusst&mme ver¬ 
schiedener Virulenz. W&hrend die soeben erw&hnten Untersuchungen 
alle kttnstlich zu hoher Virulenz heraufgetriebene oder auf einer solchen 
erhaltene St&mme betreffen, zeigen meine eigenen Ergebnisse, daB frisch 
aus dem infizierten Organismus gezflchtete St&mme eine erhbhte Resistenz 
gegentiber der bakteriziden Wirkung des betreffenden Serums aufweisen. 
Der Zusammenhang zwischen dieser Tatsache und den oben berichteten 
ist unleugbar; wissen wir ja, daB frisch aus dem Organismus gezilchtete 
St&mme gewdhnlich virulenter sind, als die auBerhalb des Organismus 
gefundenen Oder auf kttnstlichen Nfihrbdden fortgezflchteten. Aufierdem 
finden wir in der Literatur Beobachtungen, nebenher erw&hnt, die die 
hbhere Resistenz solcher St&mme be3t&tigen. So berichtet Hafkine, 
daB ein frisch aus einem Typhuskranken herausgezflchteter Typhus¬ 
stamm sich gegentiber der bakteriziden Wirkung vom Humor aqueus 
des Kaninchens vollkommen resistenz erweist, w&hrend der Laboratorium- 
stamm prompt abgetfltet wird. Kionka, der das Hafkinesche Ex¬ 
periment wiederholte, untersuchte die bakterizide Wirkung von mensch- 
lichen Seris resp. Exsudaten auf einen frisch aus einer Typhusmilz iso- 
lierten Typhusstamm sowie auf einen seit langer Zeit auf kflnstlichen 
N&hrb5den fortgezflchteten. In diesem Experiment „ist kein deutlicher 
Unterschied in der bakteriziden Wirkung derselben Flflssigkeit auf beide 
untersuchten St&mme zu bemerken 14 . In Uebereinstimmung mit T r o m m s- 
dorff mufi ich jedoch bemerken, daB in den von Kionka angefflhrten 
Tabellen ein solcher Unterschied sich ganz deutlich bemerkbar macht; 
vor allem in den Versuchen No. 10, 12, 13; der aus dem Organismus 
gezflchtete Stamm zeigt zwar auch eine bakterizide Beeinflussung, jedoch 
in bedeutend geringerem Grade als der Laboratoriumstamm, wie aus 
zitierten Versuchen zu ersehen ist. In seinen Untersuchungen fiber aus 
dem Blute von Typhuskranken gezflchtete St&mme erw&hnt Courmont, 
daB das Serum eines Kranken (Beob. XXV) durch 10 Tage die Ent- 
wickelung des Laboratoriumstammes hemmte, w&hrend der aus seinem 
Blute gezfichtete Stamm darin ein rasch einsetzendes Wachstum zeigte. 

Wenn wir nun fragen, welchen Grand diese Resistenz der aus dem 
Organismus kommenden St&mme hat, so finden wir die Antwort darauf 
in den zahlreichen Untersuchungen, die sich mit der Anpassung der 
Bakterien an die bakteriziden Kr&fte des Organismus befassen. Als 
erster hat dieses Problem Hafkine im Jahre 1890 in der oben er- 
w&hnten Arbeit behandelt; er sab, daB Typhusbakterien, die normaler- 
weise sehr stark der bakteriziden Wirkung vom Humor aqueus unter- 
liegen, sich an diese Wirkung anpassen, wenn man sie auf N&hrb5den 
mit successive steigendem Zusatz dieser Flflssigkeit zfichtet. Nach 
11 Generationen, die auf diese Weise behandelt wurden, konnten sich 
die Bakterien in unverdfinntem Humor flppiger entwickeln, als in ge- 
wflhnlicher Bouillon. Im Jahre 1895 hat Bordet die Fragestellung er- 
weitert, indem er experimentell zu erfahren suchte, ob Choleravibrionen 
sich an die Wirkung spezifischen Choleraimmunserums anpassen kdnnen; 
er impfte also die Bakterien in das Serum, die sp&rlichen flberlebenden 

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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 8. 


Individuen gaben darin eine Kultur, von der nun wieder auf ein frisches 
Serumrohrcken tiberimpft wurde, und so fort. Nach 20 solchen Gene- 
rationen zeigten die Bakterien immer noch die Erscheinungen der 
Bakteriolyse; da jedoch die Zahl der Passagen zu gering war and auBer- 
dem quantitative Verh&ltnisse nicbt berflcksichtigt warden, kann man aus 
diesen Versuchen kaum bindende Schlflsse ziehen. Szekely stellte 
weiter fest, daB Bakterien, die durch einmalige Serumpassage an die 
bakterizide Wirkung eines Serums gewdhnt sind, von ihr weiterhin nicht 
beeinfluBt werden; die dazu erforderliche Zeit der Angewdhnung ist fflr 
verschiedene Bakterienarten verschieden. Wir werden angesichts dieser 
Ergebnisse kaum allzugroBes Gewicht legen kdnnen auf die Versuche 
von Denys und Kaisin, welche sahen, daB in Hundeserum vorge- 
zttchtete C o 1 i - Bacillen von diesem Serum auch weiterhin bakterizjd 
beeinfluBt werden. In Widerspruch zur angefiihrten Arbeit von Bordet 
berichten Ransom und Kit a shim a, daB ein durch 20 Generationen 
auf Bouillon mit Zusatz von Immunserum geziichteter Cholerastamm 
unter dem EinfluB dieses Serums im Meerschweinchenperitoneum fast 
gar keine Bakteriolyse zeigt, wfihrend die Ausgangskultur in ganz 
typischer Weise aufgelost wird. Bezuglich der normalen Bakteriolysine 
zeigte Sawtchenko und sodann Danysz die Mflglichkeit der An* 
passung von Milzbrandbacillen an die bakterizide Wirkung des Ratten- 
serums, Trommsdorff die Anpassung von Cholera- und Typhusbacillen 
an normales Kaninchenserum. Auf Grund dieser Tatsachen wird es 
wohl am rationellsten sein, die Resistenz der aus dem Organismus ge- 
zttchteten Stfimme als Ausdruck der Anpassung der Bakterien an die 
bakteriziden Krfifte des Organismus aufzufassen, wozu ihnen im infizierten 
Organismus genflgend Gelegenheit geboten ist. Es bleibt nun noch, 
um die Kette der auseinandergesetzten Tatsachen zu schlieBen, eine Reihe 
von Arbeiten zu besprechen, die zeigen, dafi durch diese Anpassung an 
die bakteriziden Krfifte eines bestimmten Organismus die Bakterien ihre 
Virulenz fflr diesen Organismus steigern. Wir sahen, daB virulente 
Stfimme gegenflber bakteriziden Serumwirkungen resistent sind, die 
soeben erwfihnten Untersuchungen beweisen, daB Bakterien, die durch 
lfingere Zeit der Wirkung bakterizider Sera ausgesetzt sind, mit der 
Zeit dagegen unempfindlich werden — daraus folgt nun logisch der 
SchluB, daB solche Bakterien wahrscheinlich auch eine hdhere Virulenz 
erlangen dflrften. Zahlreiche Untersuchungen, die die Einwirkung von 
Immunseris auf Bakterien zum Gegenstand hatten, berflhren indirekter* 
weise auch diese Frage; Metchnikoff hat als erster gefunden, daB 
Hog-Cholerabakterien in Kaninchenimmunserum gezuchtet, keine Ein- 
buBe an Virulenz erleiden, wie v. Charrin und Roger fflr den Pyo- 
cyaneus bebauptet haben. Derselbe Forscher fand, daB der von 
V. Metchnikoff in der vorderen Augenkammer immunisierter Meer- 
schweinchen gezflchtete eine Steigerung seiner Virulenz erffihrt. 

Aehnlich verhielten sich in Bordets Experimenten dieselben Vi- 
brionen in der Snbcutis immunisierter Tiere. Diese Ergebnisse wurden 
in der Folge von Sanarelli und Issaeff bestfitigt. Ebenso berichtet 
Mosny entgegen der Behauptung von Roger, daB Kulturen von 
Pneumokokken im Serum immunisierter Tiere virulenter sind als ent* 
sprechende Kulturen in normalem Serum, wenngleich sie weniger Bak¬ 
terien enthalten, als jene. In einer ausfflhrlichen und recht interessanten 
Arbeit hat Walker in letzter Zeit nachgewiesen, daB ein in Immun¬ 
serum geziichteter Typhusstamm seine Virulenz steigert; diese Beobach- 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte dee Organiamua. 757 


tang ist am so interessanter, als wir es dabei mit einer nicht ganz 
spezifischen Immunisierung von Bakterien zu tun haben insofern, als 
die auf einem Immunserum vom Pferde gezfichteten Bakterien sich fflr 
das Meerschweinchen virulenter erweisen. In einer weiteren Arbeit 
konnte dann Walker durch Zfichtung in normalem Eaninchenserum 
eine Steigerung der Virulenz von Typbusbacillen fflr Eanincben und 
Meerschweinchen erzielen sowie eine Erhfihung der Resistenz gegenflber 
der bakteriziden Wirknng normalen Kaninchenserums. In letzter Zeit 
endlich hat Hamburger in Bestfitigung der Walkerschen Resultate 
durch Zfichtung in normalen resp. Immunseris eine Steigerung der Viru¬ 
lenz von Coli- und Choleravibrionen erzielt; fiber fihnliche Ergebnisse 
berichtet in den letzten Tagen Shaw. Aus der angeffihrten Reihe von 
Untersuchungen ergibt sich zweifellos, daft Bakterien sich an die bakterizide 
Wirkung der Korperkrfifte anpassen kfinnen und daft sie dadurch fflr 
diesen Organismus eine erhfihte Virulenz erlangen. Angesichts der 
prinzipiellen Wichtigkeit dieser Tatsache wird auch die Frage hfichst 
interessant, auf welche Weise diese Immunisierung zu stande kommt 
und ob diese Erscheinung mit den sonstigen Immunitatserscheinungen 
in eine Reihe zu setzen ist Oder ob sie besonderen Gesetzen folgt. Die 
bisherigen Untersuchungen scheinen das erstere zu beweisen; Danysz, 
der bei normalen und „immunisierten a Bakterien ihre Bindungsf&bigkeit 
fflr die bakteriziden K or per verglich, fand, daft eine zweimal geringere 
Menge „immunisierter u Bakterien erforderlich ist, um die bakteriziden 
Kfirper einer gewissen Serummenge zu erschfipfen als normaler Bak¬ 
terien, d. h. daft bei der Immunisierung die Anzahl der Rezeptoren fflr 
die bakteriziden Kfirper an den Bakterien eine Steigerung erf&hrt. Der 
morphologische Ausdruck fflr diese Vermehrung des Rezeptorenapparates 
ist das Auftreten einer die Bakterien umgebenden Schleimhfille. Ueber- 
dies geben die „immunisierten“ Bakterien diese Rezeptoren an das 
Kulturmedium ab, so daft ihr Kulturfiltrat eine bedeutend grfifiere Menge 
bakterizider Stoffe neutralisiert, als dasjenige normaler Bakterien. 
Andererseits haben Pfeiffer und Friedberger nachgewiesen, daft 
virulente, d. h. „immunisierte tt Cholerastfimme eine bedeutend grfifiere 
Menge Rezeptoren fflr bakterizide Korper enthalten, als avirulente 
Stfimme, indem sie im Organismus eine bedeutendere Iramunkfirper- 
produktion anregen und in vitro grfifiere Mengen bakterizider Kfirper 
binden, als avirulente. Es bleibt noch die Frage fibrig, auf welche Weise 
dieser vermehrte Rezeptorengehalt die Bakterien gegenflber der Wirkung 
der bakteriziden Kfirper resistenter macht. Man kann sich in Ueberein- 
stimmung mit Pfeiffer und Friedberger vorstellen, daft schon ein 
geringer Teil einer gewissen Bakterienmenge im stande ist, eine be- 
stimmte Menge bakterizider Kfirper zu binden dank ihrem vermehrten 
Rezeptoren gehalt, wodurch der Rest vor der bakteriziden Wirkung ge- 
schfitzt wird, Oder aber, was mir rationeller erscheint, daft alle Bakterien 
in gleichem Mafte die bakteriziden Kfirper binden, daft jedoch angesichts 
des vermehrten Rezeptorengehaltes die Besetzung eines kleinen Teiles 
davon nicht genfigt, die Bakteriolyse hervorzurufen. In beiden Fallen 
wire die Vermehrung des Rezeptorengehaltes eine zweckmfiftige An¬ 
passung der Bakterien an den Aufenthalt im tierischen Organismus. 
Auf Grund der bisher berichteten Arbeiten sowie meiner eigenen Unter¬ 
suchungen kommen wir also zu folgenden Schlfissen: Die Bakterien 
kfinnen sich an die Wirkung bakterizider Kfirper sowohl im lebenden 
Organismus wfihrend der Infektion als auch in vitro durch Zfichtung 


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758 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 8. 

auf N&hrbdden, die diese Kdrper enthalten, anpassen; eine Folge dieser 
Anpassung ist die Immunit&t gegeniiber der Wirkung dieser Kdrper, 
bedingt durch die Vermehrung der entsprechenden Rezeptoren. Diese 
Immunit&t ermoglicht den Bakterien eine unbehinderte Vermehrung im 
infizierten Organismus und manifestiert sich als erhdhte Virulenz des 
betreffenden Stammes fllr diesen Organismus. Wenn also eine gewisse 
geringe Menge avirulenter Bakterien, in den Organismus eingeffihrt, der 
bakteriziden Wirkung seiner Korpers&fte erliegt und deshalb aufier 
stande ist, eine Infektion hervorzurufen, wird dieselbe Menge virulenter 
Bakterien der bakteriziden Wirkung standhalten, sich vermehren und 
eine Infektion herbeiftthren kdnnen. Die Virulenz der Bakterien ist 
demzufolge als derjenige Grad ihrer Anpassung an einen bestimmten 
Organismus zu bezeichnen, der ihnen erfolgreichen Widerstand gegen¬ 
iiber seinen Abwehrmitteln und ungehinderte Vermehrung gew&hr- 
leistet. 

Wir kommen nunmehr zur wichtigsten Frage, n&mlich, welche Be- 
deutung fur die Patbogenese und den Mechanismus der Infektion die 
oben erwiesene Anpassung der Bakterien an die bakteriziden Kr&fte des 
Organismus im Verlaufe der Infektion besitzt. Bei der Erorterung 
dieser Frage will ich vor allem den menschlichen Abdominaltyphus be- 
riicksichtigen, da die oben berichteten Beobachtungen vorzugsweise bei 
dieser Krankheit angestellt wurden — doch kdnnen diese Bemerkungen 
mit manchen Einschrfinkungen auch auf andere Infektionen bezogen 
werden. Unter den an der Infektion teilnehmenden Faktoren hat die 
Aera der ersten groBen Entdeckungen auf dem Gebiete der Aetiologie 
der Infektionskrankheiten die Rolle der pathogenen Mikroorganismen 
fast ausschlieBlich betont. Es schien damals feststehend, daB, wo diese 
gegeben sind, damit auch die Infektion gegeben ist und daB ihre Eigen- 
schaften im stande sind, alle Besonderheiten der einzelnen Infektionen 
zu erkl&ren. Aber die mit der Zeit erworbenen Kenntnisse von den 
Infektionen und der Immunit&t dagegen, von ihrem verschiedenartigen 
Verlaufe und der Intensit&t zeigten, daB ein solches Schema zu eng 
und zu einseitig ist, und zwangen den anderen Faktor in Rechnung zu 
ziehen — der zwar der exakten Forschung vorl&ufig schwer zug&nglich 
ist, wenn ihn auch die geniale Empirie der alten Aerzte schon erraten 
hat — sie forderten unabweislich die Beriicksichtigung des infizierten 
Organismus und seiner Disposition, der Gattungsdisposition sowohl wie 
der individuellen, dauernden und zeitlichen. mit seinen angeborenen und 
erworbenen Schutzmitteln. Gegenw&rtig beherrscht unsere Vorstellung 
von der Infektion die Idee eines Kampfes zwischen dem Organismus 
und den infizierenden Bakterien. Einerseits haben wir die Mikroorga¬ 
nismen, die auf irgend einem der Wege in genfigender Zahl in den 
Organismus gelangen mfissen, andererseits den Organismus, der sich vor 
dieser Invasion teils mit den ihm normalerweise eigenen Abwehrmitteln 
verteidigt, teils im Verlaufe der Infektion sich solche neue Mittel 
schafft. Doch wenn wir auch in letzter Instanz das Wesen jeglicher 
pathogener Wirkung der Bakterien in der Wirkung spezifischer chemi- 
scher Kdrper, der Bakterientoxine, sehen mfissen (logischerweise mfissen 
wir ihre Existenz auch bei jenen Infektionen postulieren, wo sie uns 
vorderhand noch unbekannt sind), so kdnnen wir doch vom Gesichts- 
punkte der Pathologie die pathogenen Bakterien unmdglich in eine Reihe 
mit irgendwelchem aus der Pharmakologie unbekannten Gift stellen, da 
wir es hier mit lebenden Wesen von wechselnden Eigenschaften zu tun 


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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkrftfte des Organismus. 759 


haben, die in hohem MaBe zu weitgehendsten Anpassungen bef&higt er- 
scheinen. Wenn also der Organismns znr Bek&mpfung der Infektion 
die bakteriziden Eigenschaften seiner Skfte, die phagocytfiren Wirkungen 
seiner Zellen, das Fieber, die Prodnktion von Immunkdrpern n. dergl. 
ins Treffen schickt, bleiben die Bakterien dabei nicht passiv, sondern 
passen sich nach MOglichkeit diesen verfinderten Bedingnngen an. Die 
Anpassung an die bakteriziden Krfifte des infizierten Organismns reprfi- 
sentiert sicherlich nur einen gewissen Teil dieser Wechselwirkung, 
weitere Untersuchungen werden ohne Zweifel auch andere Anpassungs- 
mOglichkeiten in den oben angedeuteten Richtungen nachweisen. Wir 
kOnnen folglich fortan nicht mehr in der Infektionsgleichung nnr zwei 
konstante GroBen beriicksichtigen — wenn auch nur ffir einen ganz 
speziellen Fall — die infizierten Mikroben und den infizierten Organis- 
mus, sondern mfissen nns immer die variable GrOBe beider Faktoren 
inimer vor Augen halten, die ganze Reihe moglicher wechselseitiger An¬ 
passungen, deren Resultat erst der klinische Verlauf mit seinem gfin- 
stigen Oder ungfinstigen Ergebnisse ist. Diese neue, meiner Ansicht 
nach sehr wichtige Seite des Infektionsproblems wurde erst in neuester 
Zeit beriicksichtigt: Von Hueppe und Welch auf Grund theoretischer 
Erw&gungen, von Radziewsky im Zusammenhange mit seiner sehr 
interessanten Infektionstheorie; meine eigenen Beobachtungen geben 
diesen Anschauungen eine praktische Basis und beweisen die Notwendig- 
keit der Berficksichtigung dieser VerhSltnisse bei jeder Infektionstheorie. 
Indem wir nun zu den speziellen Punkten, betreffend den Infektions- 
prozeB, fibergehen, begegnen wir vor allem der Frage, wieso fiberhaupt 
die Infektion eines Organismns zu stande kommen kann, der gegenuber 
den betreffenden Mikroben fiber bakterizide Krfifte verfttgt. Aus zahl- 
reichen Untersuchungen wissen wir, dafi die Existenz von bakteriziden 
KOrpern im Blute einer gewissen Tierart noch keineswegs eine Immu- 
nitfit dieser Species gegenfiber gewissen Infektionserregern bedingt; 
speziell ffir den uns interessierenden Fall des Abdominaltyphus ist uns 
bekannt, dafi menschliches Serum auf Typhusbacillen stark bakterizid 
wirkt, wie soli man sich nun demgegenfiber die MOglichkeit einer In¬ 
fektion beim Menschen erklfiren ? Die Infektion kommt bekannterweise 
auf dem Wege des Verdauungskanals zu stande; die in den Lymph- 
apparat des Verdauungstraktus eingedrungenen Bakterien finden hier die 
bakteriziden KOrper natfirlich nicht in solcher Konzentration vor, wie 
im Blute. Die empffinglicheren Individuen werden dabei wohl zu 
Grunde gehen, der Rest wird Gelegenheit finden, sich langsam an diese 
Wirkung anzupassen und, nachdem sie im Organismus festen FuB gefaBt 
haben, ihre pathogenen Wirknngen zu entfalten. In noch anderen Fallen 
konnten die infizierenden Bakterien — und diese Eventualitat wird oft 
genug eintreten — bereits vorher einen menschlicben Organismus pas- 
siert und sich an ihn angepafit haben, so dafi sie nunmehr widerstandslos 
sich im neuen Wirte vermehren kOnnen. Auf diese Weise ist es also 
die Anpassung der Bakterien — entweder eine gegenwfirtig vor sich 
gehende oder eine schon vorher in einer Reihe von Infektionen er- 
worbene — die Bakterien zum Haften und zur Fortexistenz im infi¬ 
zierten Organismus beffihigt — eine Anschauung, die um so mehr ge- 
rechtfertigt erscheint, als wir doch auch nur auf diese Weise auf Grund 
der Evolutionstheorie die Entstehung von pathogenen Abarten der Bak¬ 
terien aus Saprophyten uns vorstellen konnen. Doch auch ffir den 
weiteren Verlauf und die Besonderheiten des Typhusprozesses ist die 


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760 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


Anpassungsf&higkeit der Bakterien von grofier Bedeutung. Wir wissen, 
dafi die in den Follikelapparat des Darmes eingedrungenen Typhus- 
bacillen von hier stetig vom Anfange der Krankheit an ins kreisende 
Blut gelangen (SchottmOiler, Castellani, Courmont), dafi ferner 
auf diesem Wege im Organism us zahlreiche Bakterienmetastasen ent- 
stehen: In der Roseola, im Enochenmark, in der Milz und den Nieren. 
Wir wissen andererseits — auch speziell betreffs des Abdominaltyphus 
(Stern) — dafi auch im Verlaufe von todlichen Infektionen das Blut 
seine bakteriziden Eigenschaften bewahrt resp. die aufgebrauchten regene- 
riert; wie sind nun beide Tatsachen zu vereinen? Es scheint keinera 
Zweifel zu unterliegen, dafi bei diesem Durchgange durch das kreisende 
Blut ein Teil der Bakterien abgetbtet wird — moglicherweise sind auch 
die Intoxikationserscheinungen beim Typhus zum Teil auf die dadurch 
aus dem Bakterienkorper freiwerdenden Gifte zurOckzufOhren — nichts- 
destoweniger kann ein Teil der Bakterien dank seiner Immunit&t gegen- 
ttber bakteriziden Wirkungen sich beim Leben erhalten und an den 
metastatischen Herden lokale Ver&nderungen hervorrufen. Die Bak¬ 
terien, die wir aus dem Blute oder aus diesen Metastasen zuchten, sind 
eben jene, welche der Einwirkung der Korpers&fte standgehalten haben, 
ihre Immunit&t, die wir in vitro feststellen konnen, ist ein Ergebnis der 
Selektion, die im infizierten Organismus vor sich geht Es ist mSglich, 
dafi in Fallen von sogenannter TyphusseptikSmie, d. h. schwerer Allge- 
meininfektion mit sehr geringen anatomischen Lasionen am Darme oder 
sogar ohne solche die infizierenden, recht virulenten Bakterien auf dem 
Wege des Kreislaufes in verschiedene Organe gelangen kdnnen, obne 
an der Infektionspforte lokale Ver&nderungen zu setzen, ahnlich wir wir 
es z. B. beim Anthrax unserer Versuchstiere beobachten. Bei dieser 
Gelegenheit ware die Frage zu erwagen, ob man, wie Neufeld be- 
hauptet, die bakterizide Wirkung des Blutes dafiir verantwortlich machen 
kann, dafi die Typhusbacillen, obzwar sie konstant ins Blut gelangen, 
sich fflr gewdhnlich darin nicht vermehren; die Anpassungsf&higkeit der 
Bakterien mufi selbstverstandlich die Bedeutung dieses Faktors stark 
einschr&nken. Auch ist es mfiglich, dafi die Ursache dieser Erschei- 
nung in anderen entwickelungshemmenden Faktoren des Blutes zu suchen 
ist; sehen wir ja bei der Castellani-Courmontschen Methode, dafi 
die Bakterien trotz der Verdunnnung des Blutes von Vioo — V»«o nur 
sehr langsam sich vermehren, wofOr vielleicht die von Heim hervor- 
gehobene bakterizide Wirkung der Erythrocyten zum Teil verantwortlich 
zu machen ist. Andererseits ergibt sich aus den Beobachtungen von 
Schottmttller, dafi in letal verlaufenden Fallen sich sogar sub finem 
die Bakterien im Blute vermehren, was entweder auf ein Sinken der 
bakteriziden Kraft des Serums oder aber eine erbohte Anpassung der 
Bakterien zurQckgefUhrt werden kann. Endlich ware noch auf Grund 
der neuerworbenen Kenntnisse die Rolle der bakteriziden Kdrper bei 
der natfirlichen Heilung des Typhus ins Auge zu fassen. Pfeiffer 
und Kolle haben gefunden, dafi im Blute von Typhusrekonvaleszenten 
in den ersten Wochen nach der Entfieberung spezifische Immunkdrper 
enthalten sind, die dem Blute normaler Menscben abgehen. Bordet 
und Gengou konnten mittels einer speziellen Methode ihre Anwesen- 
heit im Blute von Typhusrekonvaleszenten nachweisen. Widal und 
Le Sourd fanden sie mittels derselben Methode zuweilen schon im 
Verlaufe der ersten Krankheitswoche, konstant in der zweiten, wobei 
ihre Menge stetig zunahm bis zum Anfange der Rekonvaleszenz, urn 


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Ei s enberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 761 


dann nach kflrzerer oder lingerer Zeit zu sinken. Dementgegen konnte 
Gieorgiewsky, der ebenfalls die Bordet-Gengousche Methode 
anwandte, w&hrend des Fiebers nie die Anwesenheit der Immunkdrper 
feststellen; nach seinen Angaben erscheinen sie erst in den ersten Tagen 
der Rekonvaleszenz (unter 21 untersnchten Fallen bei 3 erst am 6. Tage) 
und zwar zuerst in kleiner Menge, die langsam steigt Schon diese 
Umstande lassen die ursacblicbe Rolle dieser spezifischen Immunkflrper 
fflr die spontane Heilung des Typhus zweifelhaft erscheinen; dieser 
Zweifel ist am so mehr berechtigt, als mit dem Erscheinen dieser KOrper 
and selbst mit dem definitiven Fieberabfall die Typliusbacillen im infi- 
zierten Organismus durchaus nicht zu Grunde gehen mflssen. Zwar sind 
sie im Blute im Stadium der Apyrexie nach SchottmQller und 
Gourmont nicht mehr nachzuweisen, dafflr aber sind sie noch eine 
geraume Zeit hindurch im Stuhl und Urin zu linden. Obendrein wissen 
wir aus zahlreichen Beobachtungen, dad die Typhusbacillen sich jahrclang 
im Organismus latent erhalten kbnnen, um dann irgend einen posttyphbsen 
Prozefi anzuregen. Das beweist meines Erachtens, dad die spontane Heilung 
des Typhus nicht auf der Abtotung der Infektionserreger beruht, wenigstens 
nicht ausschliedlich; ich stimme in diesem Punkte mit A. Wasser- 
mann Qberein, dad die Heilung des Typhus und die dabei erlangte 
Immunit&t zum grddten Teil auf einer Immunisierung gegenflber den 
Typhusgiften beruhen mud. Andererseits wird das Erhaltenbleiben der 
Infektionserreger in einem Qber stark wirksame spezifische bakterizide 
Kr&fte verfOgenden Organismus erst dann verst&ndlich, wenn man die 
Anpassungsf&higkeit der Bakterien und die darauf basierte Immunit&t 
gegenflber diesen Kr&ften berflcksichtigt Hier sei es mir erlaubt, einige 
Worte betreffs der Stiologischen Typhustherapie anzuschlieden. Es wird 
natflrlich immer das Ideal einer solchen Therapie bleiben, ein zugleich 
antitoxisches und bakterizides Immunserum anzuwenden. Wenn wir 
jedoch vorderhand ein bakterizides Immunserum therapeutisch verwenden 
wollen, scheint es mir angezeigt, den Organismus mit dem Immunkdrper 
auf eiumal zu aberschwemmen, um den Bakterien die Mdglichkeit einer 
Anpassung an diese Korper zu nehmen. Die von den Bakterien im 
Organismus erlangte Immunit&t ist immer nur eine relative; eine starke 
Konzentration der bakteriziden Kdrper wird wohl im stande sein, auch 
diese immunisierten Bakterien abzutoten und den Organismus vom 
Feinde zu befreien. Indem ich mich vorderhand auf diese kurze An- 
deutung beschr&nke, behalte ich mir vor, auf diese Fragen in n&chster 
Zeit ausfahrlicher zurflckzukommen. 

Endlich w&ren noch einige Bemerkungen flber die Bedeutung der 
hier erdrterten Befunde fflr die diagnostische Anwendbarkeit des 
Pfeifferschen Versuches anzuschlieCen. Schon Bordet hat seinerzeit 
darauf aufmerksam gemacht, dafi angesichts der wechselnden Resistenz, 
die Cholerakulturen verschiedener Virulenz im bakteriziden Versuche 
zeigen, es wohl denkbar erscheint, dafi ein besonders virulenter Stamm 
flber die Grenze der Wirksamkeit der angewandten Serumdosis in seiner 
Resistenz hinausgeht und somit beim Pfeifferschen Versuche ein 
negatives Resultat gibt. Nun sahen wir oben, dafi gerade frisch aus 
dem Organismus gezflchtete Typhusst&mme, also solche, die eventuell 
durch den Pfeifferschen Versuch zu agnostizieren wSren, sich der 
bakteriziden Serumwirkung gegenflber resistent erweisen. Nimmt man 
also, wie Pfeiffer und Kolle vorschreiben, ein gewisses Minimum an 
Virulenz der Kultur als Vorbedingung, so ist man zwar nach unten 


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762 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 

davor gesichert, eine nicht spezifische Reaktion far eiae spezifiscbe zu 
halten, nicht aber nach oben hin, indem eine besonders virulente Kultur, 
z. B. eine, die in letzter Zeit eine Reihe von Menschenpassagen durch- 
gemacbt and sich den bakteriziden Wirkungen besonders gat angepafit 
hat, bei einer gegebenen Serummenge sich resistent erweisen kann. Es 
ist also mQglich, dafi es ebenso, wie es relativ inagglatinable Typhus- 
stamme gibt, die dennoch echt sind, daC es ebenso schwer bakterizid 
zu beeinflussende St&mme geben konnte, die trotz des negativen Aus- 
falles der Pfeifferschen Reaktion echte Typhusstamme w Siren — ein 
Punkt, der in Zukunft besondere Beriicksichtigung verdient. 

Znm Schlusse will ich nicht verfehlen, meinem hochverehrten Chef, 
Herrn Prof. 0. B uj w i d, auch an dieser Stelle ftlr seine jederzeit mir 
erwiesene liebenswllrdige Unterstiitzung meinen innigsten Dank ausza- 
sprechen. 

Krakau, 1. Juni 1903. 


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Macfadyen and Howland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 765 


Naekdruck verbotcn. 

Upon the intracellular constituents of the 
typhoid bacillus. 

[From the Jenner Institute of Preventive Medicine, London.] 

By Dr. Allan Maefadyen and Sydney Rowland. 

With 2 Figures. 

(SchluB.) 

IV. Apparatus and methods. 

It will be advisable in the first instance to give a full description of 
the methods that have been specially devised and employed for obtaining 
directly the intracellular juices of the typhoid bacillus and other orga¬ 
nisms. The general principle consists in freezing the micro-organisms to 
an extreme degree of brittleness by means of liquid air, and disintegrating 
the cells per se in a mechanically operated mill. 

In the case of the expressed juices obtained by the sand and Kiesel- 
guhr method, about 100 agar culture bottles were required to furnish an 
adequate growth of the orga¬ 
nisms for grinding purposes. 

In the present method, ten 
such agar cultures are suffi¬ 
cient for a single grind of the 
micro-organism in question. 

This in itself is a great saving 
in time and material. 

The virulent typhoid orga¬ 
nisms are grown on the surface 
of ten agar bottles at blood 
heat for 24 to 30 hours. The 
growth is then washed off with 
salt solution and the resultant 
emulsion of bacilli is spun in 
a high speed centrifuge. The 
process is repeated several 
times with freshly added salt 
solution, in order to cleanse 
the organisms from any extra¬ 
neous matter. The spun out 
bacteria are next reduced to 
the consistency of a pasty mass 
by a rapid drying on the sur¬ 
face of a Ghamberland filter 
through which air is being 
sucked. 

The average yield of 
washed bacteria, when freed 
as for as possible from ad¬ 
herent water, was about 0.15 g 

per culture plate. This repre- Fig. 1. Diagrammatic vertical section of liquid 
Sented quantitatively 1.5 ccm air grinding apparatus. 



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766 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 



of the 10 per cent salt 
solution of the cell 
juice prepared after 
the disintegration of 
the cells. 

The pasty mass 
of washed organisms 
is removed from the 
Chamberland filter 
and is introduced into 
the apparatus shown 
in diagrammatic sec¬ 
tion in fig. 1. This 
apparatus is construct¬ 
ed as follows: The 
horizontal plate A 
(also seen in the photo¬ 
graphic reproduction 
fig. 2) supports by the 
rods BB the plate CC. 
This plate, circular in 
plan forms the cover 
of the conical recept¬ 
acle BD on which is 
free to revolve the 
doubly coned plunger 
E. The vessel D can 
be removed from the 
covering plate C, to 
which it is attached 
by bolts, for the pur¬ 
pose of introducing the 
material to be disinte¬ 
grated, as in this in¬ 
stance the typhoid 
bacilli. The plate CC 
Fig. 2. Photographic reproduction of liquid air is furnished with a 

grinding apparatus. gland QQ f closely 

packed with ignited 

asbestos, through which works the rod F, which rigidly supports the cone E. 
The joint between CC and BD is made by means of an annular paper 
washer. A continuous rotary motion is imparted to F by means of the 
mechanism shown in fig. 2. At the same time a reciprocating motion is 
imparted by the worm and wheel gear seen at the side of the main 
supporting columns of the apparatus. When in operation, the apparatus 
is immersed in liquid air up to the level HH. 

The operation of the machine is as follows. On the descent of F, 
E is kept rotating with considerable pressure against D, and the surface 
of E being finely knurled, any material between E and B is reduced to 
powder, in which condition it finds its way into the upper cone of E. 
On the ascent of F (still revolving) this coarse powder falls to the bottom 
of B, and is again forcibly rubbed between the lower cone of E and the 
bottom of D, on the next descent of F. This sequence of operations is 


C oogle 














Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 767 

continued until no entire micro-organisms are found on microscopical 
examination, a result which can be accomplished in from l 1 /, to 2 hours, 
when dealing with 0.5 to 1 g of pasty organisms. It must be remembered 
that as the above sequence of operations will take place at about — 
190° C., the contents of D are in the condition of a dry powder. 

As a result of this process, there is obtained a pasty mass (when 
thawed), consisting of the entire substance of the organisms used. Moreover, 
this substance, at the moment of thawing, is chemically identical with the 
living protoplasm of the cell, the whole disintegration having occurred 
under conditions which preclude the possibility of any chemical change 
taking place. 

This pasty mass is mixed with salt solution (0.75 p. c.), rubbed up in 
an agate mortar, and the opaque suspension thus obtained is centrifugal- 
ised until free from suspended matter, and an opalescent solution of the 
intracellular constituents of the organism results. 

The centrifugalisation of such minutely divided material is occas- 
sionally a matter of difficulty, more especially if, by chance any unground 
organisms are found in the suspension. In those cases, in which a sterile 
juice is required the centrifugalisation must be very vigorous, and for this 
purpose it has been found that the best results are given by a very simple 
form of centrifuge, consisting of a horizontally mounted steel disc (36 in¬ 
ches in diameter) on the periphery of which are mounted strong glass 
tubes in steel cases hung on trunnions, the disc making from 3,000 re¬ 
volutions per minute. The glass tubes to prevent fracture under the great 
strain are floated in mercury, contained in the covering steel tubes. With 
such a disc, sterile juices have been obtained. 

The centrifugalised celljuice was as a rule equivalent to a 10 per 
cent solution of the intracellular constituents obtained. It represented the 
intracellular constituents of the typhoid organisms soluble in physiological 
salt solution, after a complete disintegration of the cells had been accom¬ 
plished. 

It is this material which was used in the experiments we are about 
to describe and it consisted of a bacterial celljuice practically identical 
with that contained within the living cell. 

These juices likewise had the merit of possessing a constant con¬ 
stitution, and thus were capable of being standardised as regards their 
physiological action. 

Y. Demonstration of intracellular toxin. 

The first experiments were carried out with the view of testing 

whether the typhoid celljuices obtained by cold grinding methods pos¬ 
sessed any toxic properties. It was found that if such a disintegrated mass 
be freed from whole bacilli (if present) and from other suspended in¬ 

soluble particles by centrifugalisation, an opalescent fluid results which on 
inoculation into animals in small doses, invariably proves toxic or fatal. 
It was therefore concluded that the typhoid bacillus contains within itself 
an intracellular toxin. The toxin thus obtained and employed for ex¬ 
periment is a ten per cent solution in normal saline of such intracellular 

constituents of the typhoid bacillus as are soluble in such a medium. 

The standard adopted in estimating the toxicity of the typhoid cell¬ 
juice was the amount found to prove fatal on intraperitonea] injection 
into the guinea pig. The intracellular fluid under these circumstances in¬ 
variably proved toxic in a short period of time. The toxicity of the juices 


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768 


Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 8. 


varied pari passu with the virulence of the living bacilli for the guinea 
pig. The greater the virulence of the organism employed, the greater 
was the toxicity of the intracellular constituents obtained from it, and 
vice versa. For example, the toxicity of the plasma obtained from an 
organism of which 0.1 ccm of a broth culture killed in a few hours was 
greater than in the case of an organism of which larger quantities of a 
broth culture failed to produce death in the same period of time. 

In the case of a broth culture of the typhoid organism of such a 
degree of virulence that >/,« of a cube on intraperitoneal injection, 
produced death infive to ten hours, the toxicity of the celljuice obtained 
from the same organism would be on an average as follows. On intra¬ 
peritoneal injection, 1 ccm of such a toxin killed in 3 hours; 0.5 ccm in 
3 to 4 hours; 0.2 and 0.1 ccm in 3 to 5 hours; 0.05 ccm in about 
12 hours and 0.02 ccm in about 40 hours. 

We have likewise obtained a juice of which 0.02 ccm has killed in 
six hours. 

The best result so far obtained as regards acute toxicity, was in the 
case of a 10 per cent toxin of which 0.003 ccm killed within 24 hours. 

No organisms were found in the blood or peritoneal cavity on postmortem 
examination. The effects were therefore produced by “devitalised” con¬ 
stituents of the typhoid bacillus. The peritoneal cavity contained a con¬ 
siderable amount of exudation; haemorrhages were present in the stomach; 
the small intestine was acutely congested and the suprarenal capsules were 
injected. 

Similar resnlts to the above were obtained in a very large number 
of repetition experiments and justified the conclusion that the typhoid 
bacillus contains an intracellular soluble toxin of considerable power. 

The toxin on subcutaneous injection into the guinea pig produced a 
toxin oedema at the seat of inoculation, and death has occurred after the 
injection of 0.5 ccm and 0.2 ccm of the toxin in about seven days. 

One of the effects of a sublethal dose of the toxic juice was the early 
and constant appearance in the blood of marked agglutinating properties, 
and sometimes this occurred a few hours after e. g., an intravenous in¬ 
jection. The constant presence of this reaction served to demonstrate the 
specificity of the celljuices with which we were dealing. 

The heat relationships of the toxins derived from the typhoid bacillus 
and other organisms are being investigated, and the results will be pu¬ 
blished in due course. 

VI. Immunising properties of the typhoid celljuices. 

It remained to test the typhoid celljuices for immunising and other 
properties. The preliminary experiments in this direction were made upon 
the rabbit and the monkey. The monkey was selected as an animal most 
likely to furnish data of possible application to man. For this purpose 
the typhoid celljuice was administered subcutaneously to the monkey. The 
injections did not produce any general symptoms beyond a transient rise 
in temperature, whilst the material was quickly absorbed after each in¬ 
jection without any traceable effect. 

In this manner doses of 0.5 to 1 ccm of the material were injected 
at intervals. An immediate result was the agglutination of the typhoid 
bacillus by the serum of the treated monkeys, whereas no such effect was 
produced by the serum of monkeys which had not been treated. 

This furnished useful evidence that the animals were under the in- 


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Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 769 


fluence of celljuices derived from the typhoid organism. The injections 
were repeated at intervals of 3—4 days, and after a lapse of 4—6 weeks 
the animals were bled. 

The serum obtained was then tested for immunising properties. The 
test objects were 1) a virulent culture of the typhoid bacillus and 2) the 
intra-cellular toxic juice of the same organism. A varying amount of the 
virulent bacilli and of their toxic celljuice was mixed with a varying 
quantity of the serum. The respective mixtures were then injected into 
the peritoneal cavity of the guinea pig. 

»jThe broth cultures of the typhoid organism used in the experiments 
were per se lethal in doses of 0.1 ccm in 5—10 hours. The typhoid 
celljuices were fatal in doses of 0.2 and 0.1 ccm in 3—5 hours and in 
doses of 0.05 ccm in about 12 hours. The serum was thus tested for 
1) specific antibacterial and 2) specific antitoxic properties. 

The experiments showed that the serum of the monkey, after in¬ 
jection of the typhoid celljuices, possessed antibacterial and antitoxic 
properties, inasmuch as the serum protected the experimental animals 
against the bacilli, and also against an intracellular toxin obtained from 
them. 

A simultaneous injection of 1) serum with the bacilli, and 2) serum 
with the toxic celljuice produced no lethal or toxic effects. The control 
animals on the other hand invariably succumbed. 

It was further investigated whether the serum possessed preventive 
and curative properties. 

The serum from treated monkeys was injected into guinea pigs, one 
injection being made in each instance, and the same animals received at 
an interval of 12—24 hours lethal doses of the typhoid bacillus and of 
its toxic intracellular juice respectively. The treated animals survived the 
test, whilst the control animals succumbed. It was therefore Concluded 
that the serum had protective properties. 

A third series of guinea pigs received lethal doses of the typhoid 
bacillus and of its toxic celljuice respectively. The serum was then in¬ 
jected at various intervals into individual animals. It was found that the 
lives of the animals could be saved by one injection of the serum, from 
a fatal infection or intoxication, even when half of the lethal period had 
elapsed in each instance. The serum therefore, possessed curative pro¬ 
perties. From the experiments made upon the monkey it would appear 
1) That by the injection of the intracellular juices of the typhoid organism 
into the monkey, it is possible to obtain a serum with both antibacterial 
and antitoxic properties; 2) That such a serum possesses curative and 
preventive properties as regards the typhoid bacillus and an intracellular 
toxin present in the same organism. It is believed that this has furnished 
for the first time proof that in the case of one species of pathogenic or¬ 
ganism, the intracellular juices of the organism when injected into a sui¬ 
table animal, give rise to the production of a serum which is both 
bactericidal to the organism itself and antitoxic as regards a toxin con¬ 
tained in its substance. How far such properties of the celljuice are 
shared by other pathogenic organisms is being made the subject of further 
inquiry. 

In the case of the rabbits treated with the typhoid celljuice, anti¬ 
bacterial and antitoxic properties were likewise found to be developed in 
their blood. The experiments which have been made with the goat are 
confirmatory of the above results, its serum likewise possessed antibacterial 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 49 


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770 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 


and antitoxic properties as regards the typhoid bacillus and the soluble 
toxin derived from it. At the present moment the experiments are being 
conducted on the horse. 

The in vitro experiments that have been made with the various 
serums obtained have confirmed the results obtained in the experimental 
animals. 

In was important to determine, whether in addition to being anti¬ 
toxic, the serum obtained from the experimental animals was likely under 
further treatment to possess an enhanced antitoxic value, and whether as 
in the case of diphtheria, any “overproduction” of antitoxin could be de¬ 
monstrated. We have found that the serum of an animal immunised by 
repeated injections of celljuice in doses of 0.2 ccm, can completely neu¬ 
tralise thetoxic effect of one hundred times the amount of a typhoid 
celljuice that is capable of producing death on intraperitoneal injection 
into the guinea pig in six hours. 

We conclude, therefore, that as the antitoxic value can be raised by 
repeated injections, there is every reason to hope that it can be still 
further raised by longer treatment. 

To those familiar with Ehrlich’s elaborate standardising methods 
with regard to the diphtheria toxin, the absence of similar data from this 
paper will no doubt be noted. It will, however, be equally obvious that 
a method of standardising and testing which has after much experiment 
by many observers, reached a high empirical standard of efficiency cannot 
be applied to a toxin of an entirely different nature. 

We are engaged in the consideration of the best method of stan¬ 
dardisation to be adopted with special reference to the typhoid toxin and 
intracellular toxins in general, and the lengthy experiments involved have 
not yet been completed. We must therefore, content ourselves with giving 
the protcfcoll of a typical experiment. 

Experiments with serum from monkey B. 

Injections intraperitoneal. 

0.2 ccm toxin killed in 4 J / ? hours. 

0.25 „ broth cult, killed m 10 hours. 

A. Injection of scrum followed by injection of typhoid culture and 
toxin. 

At 5 p. m. injection of serum made. 

Guinea Pig 1 Guinea Pig 2 Guinea Pig 3 Guinea Pig 4 
0.5 ccm 0.25 ccm 1 ccm 1 ccm 

the following day at noon 

0.25 typ. cult. 0.25 typ. cult. 0.2 toxin 0.1 toxin 

B. Simultaneous injection of serum and broth culture of typhoid 
bacillus. 

Guinea Pig 5 Guinea Pig 6 Guinea Pig 7 Guinea Pig 8 

0.5 serum 0.25 serum 0.1 serum 0.05 serum 

0.25 broth cult. 0.25 broth cult. 0.25 broth cult 0.25 broth cult. 

C. Simultaneous injection of serum and toxin. 

Guinea Pig 9 Guinea Pig 10 Guinea Pig 11 Guinea Pig 12 

1.0 ccm serum 0.5 ccm serum 0.2 ccm serum 0.1 ccm serum 

0.2 „ toxin 0.2 „ toxin 0.2 „ toxin 0.2 „ toxin 

D. Injection of typhoid bacillus followed by injection of serum. 

Guinea Pig 13 Guinea Pig 14 Guinea Pig 15 

At 12.50 0.25 ccm typ. broth cult. 0.25 ccm typ. broth cult. 0.25 ccm typ. broth cult. 
At 1.30 At 2.30 At 3.30 

0.25 ccm serum 0.4 ccm serum 0.5 ccm serum 

Guinea Pig 10 Guinea Pig 17 

At 12.50 0.25 ccm typ. broth cult. 0.25 ccm tvp. broth cult. 

At 4.30 At 5.30 

0.4 ccm serum 0.5 ccm serum 


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Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 771 


E. Injection of toxin followed by injection of serum. 
Guinea Pig 18 Guinea Pig 19 Guinea Pig 20 Guinea Pig 21 
At 1 p. m. At 1 p. m. At 1 p. m. At 1 p. m. 
0.2 ccm toxin 0.2 ccm toxin 0.2 ccm toxin 0.2 ccm toxin 

At 1.30 p. m. At 2 p. m. At 2.30 p. m. At 3 p. m. 

0.2 ccm serum 0.5 ccm serum 0.7 ccm serum 1 ccm serum 


Guinea Pig 22 
At 1 p. m. 
0.2 ccm toxin 
At 3.30 p. m. 
1 ccm serum 


All the animals survived the above test with the exception of No. 2 
which died after two days, and No. 21 which survived 4 1 / 2 hours. 


VII. General conclusions. 

Experiments are at present being conducted on the horse. 

It remains to be seen in how far the results already obtained are 
capable of being utilised outside the laboratory in clinical directions. 

It appears to us that the results detailed above possess considerable 
theoretical interest. The experiments have furnished a demonstration of 
the fact that it is possible to prepare a serum in the case of a given or¬ 
ganism which is bactericidal to the organism in question and antitoxic as 
regards a toxin contained within its substance. Further, the experiments 
by the demonstration of the presence of a specific intracellular toxin, may, 
it is possible, serve to explain the most striking feature in the course of 
typhoid fever — the intoxication. 

As regards the practical methods of preparing bacteriolytic serums, 
an immunisation of the animals* by means of disintegrated cells offers many 
advantages in practice, through the absence of serious local reaction and 
the rapidity of absorption of the inoculated material. 

There appears also, the possibility of obtaining bacterial vaccines of 
greater purity and capable of more accurate standardisation in the case 
of Enteric Fever, of Plague and other diseases, the symptoms of which 
may depend upon the presence of intracellular toxins in their exciting or¬ 
ganisms. This matter is one that is engaging our careful attention. 

In conclusion we have to express our appreciation of the valuable 
advice and help afforded by Professor James Dewar. F. R. S. in the 
course of these and other investigations. 


References. 

1) Macfadyen, Rowland and Morris, On expressed yeast cell plasma. (Proc. Royal 
Society. Vol. LXVII.) 

2) Mac/adyen, A., On the influence of the prolonged action of the temperature of 
liquid air on microorganisms. (Ibid. Vol. LXXI.) 

3) Macfadyen, A. ana Rowland, S., An intracellular toxin of the typhoid bacillus. 
(Ibid. Vol. LXXI.) 

4) Macfadyen, A., Upon the immunising effects of the intracellular contents of the 
typhoid bacillus. (Ibid. Vol. LXXI.) 

5) Wakelin Barratt, J. O., On the disintegration of rabid brain substance. (Ibid. 
Vol. LXXI.) 

6) George J. Petrie, On the relation of the leucocytes to the bacteriolytic power 
of the blood. (Journal of Path, and Bacteriology. 1903.) 

7) Harden, A. and Macfadyen, Enzymes in Tumours. (Lancet. July 25th. 1903.) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


Nachdruck verboteiu 

Beitrage zur Biologie des Milzbrandbacillus und sein 
Nachweis im Kadaver der grossen Haustiere. 

Vod J. Bonf 

stadtischem Tierarzt und Leiter des bakteriologisc] 

Schlachthofe zu Berlin. 

Mit 3 Tafeln. 

(Fortsetzung.) 

Im ersten Augenblick wird es allerdings befremdlich erscheinen, 
daB der tierische Organismus nicht den besseren und zutraglicheren 
Nahrboden ffir die Entwickelung pathogener Bakterien darstellt, und 
daB er nicht mindestens dasselbe leistet als der tote Nahrboden. Allein 
man darf nicht ttbersehen, daB der Tierkbrper fiber natfirliche Schutz- 
krfifte verfttgt, die von den pathogenen Bakterien zunfichst ttberwunden 
werden mflssen. So z. B. ist durch die Versuche von Fodor (37), 
Buchner (38), Nutt all (39) u. a. speziell ffir den Milzbrandbacillus 
nachgewiesen, daB das frische Blut bezw. das zellenfreie Blutserum 
(Buchner) verschiedener Tierspecies die Milzbrandbacillen abtfitet und 
vernichtet. Diese natfirliche Resistenz • kann sich nun bei einzelnen 
Individuen zu einer vollkommenen Immunitat steigern. Eine solche 
Im muni tfit ist verschiedentlich bei den Immunisierungsversuchen gegen 
Milzbrand beobachtet worden, indem von den als Kontrolltiere verwandten 
Schafen oder Kaninchen einzelne die Impfung mit Milzbrand fiberstanden. 
Eine solche individuelle Immunitat kornmt auch gar nicht so selten bei 
Mfiusen vor. Ich habe den negativen Ausfall der zu Demonstrations- 
zwecken vorgenommenen Impfung von Mausen mit virulenter Milzbrand- 
kultur mehrere Male beobachten konnen. Die Mause zeigten sich mehrere 
Tage krank, fiberstanden aber die Infektion, wahrend andere mit der- 
selben Kultur geimpfte Tiere prompt innerhalb 24 Stunden starben. 
Dieses Lebenbleiben einzelner Mause lafit sich nur durch die Annahme 
erklaren, daB auch bei diesen hoch empfanglichen Tieren eine individuelle 
Immunitat vorkommen kann. 

Zu dieser naturlichen Resistenz der Impftiere kornmt aber noch 
hinzu, daB der Milzbrandbacillus leicht fiufieren Schadlichkeiten zugang- 
lich ist, welche eine mehr oder minder tiefeingreifende Schw&chung seiner 
pathogenen Eigenschaften zur Folge haben und seine Ffihigkeit zur un- 
gestorten Entwickelung im Tierkorper beeintrachtigen. Die Mfiglichkeit 
einer solchen Virulenzabnahme beweisen vor alien Dingen die Pasteur- 
schen Schutzimpfungen und die hiernach vielfach modifizierten Immuni- 
sierungsversuche gegen Milzbrand. Behring (40) zeigte, daB die Milz¬ 
brandbacillen durch die Einwirkung desinfizierender Mittel, wie z. B. von 
Aqua chlori, Jodtrichlorid etc., derartig abgeschwacht werden, daB sie 
nicht mehr pathogen wirken, wohl aber noch auf NShrbfiden gedeihen. 
Weiterhin wissen wir aus den Untersuchungen von Me tschnikoff (41), 
daB die auBerhalb des Tierkbrpers im Blute schutzgeimpfter Hammel 
geztichteten Milzbrandbacillen fast vollkommen ihre Virulenz verlieren, 
so daB von geimpften Kaninchen nur ein einziges an Milzbrand starb. 

Phisalix (42) stellte fest, daB die Milzbrandbacillen durch Passage 
natfirlich immuner oder wenig empffinglicher Tiere (Hund) abgeschwficht 
werden. Diese Tatsachen beweisen die leichte Moglichkeit einer Virulenz- 


ert, 


£aboratoriams auf dem stadtischen 


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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


773 


abnahme der Milzbrandbacillen und berechtigen auch zu der Annahme, 
daB auch im faulenden Tierkorper durch die Einwirkung der FSulnis- 
keime Oder ihrerToxine eine Abschwachung der Virulenz der Milzbrand- 
stabchen stattfindet. Und in der Tat scheint die Annahme einer die 
Virulenz der Milzbrandbacillen abschw&chenden Wirkung der Ffiulnis- 
toxine durch die Versuche von Kostjurin und K rain sky (43) be- 
wiesen, welche nach Hinzufttgen einer bestimmten Quantitat von Faulnis- 
toxinen zu einer Reinkultur von Milzbrandbacillen den vollstandigen 
Verlust ihrer pathogenen Eigenschaften beobachteten, wShrend im Wachs- 
tum und in morpboldgischer Beziehung eine Abweichung nicht zu kon- 
statieren war. Nach meinen Untersuchungen scheint jedoch diesem Ver¬ 
lust der Virulenz eine Abnahme der Zahl der lebensfShigen Milzbrand¬ 
bacillen infolge bakteriolytischsr Wirkung der FSulnistoxine zu Grunde 
zu liegen, da nach einer gewissen Zeit der Einwirkung der F&ulnistoxine 
(Filtrat von fauligem Blute und fauliger Bouillon) die Milzbrandbacillen 
sich fast vollkommen aufgelost zeigten, andererseits aber eine neue 
Kultur von diesen mit FSulnistoxinen behandelten Milzbrandbacillen sich 
wieder vollkommen virulent zeigte. 

Zu der natfirlichen Resistenz der Impftiere und der schwankenden 
Virulenz der Milzbrandbacillen gesellt sich nun noch als ein die dia- 
gnostische Milzbrandimpfung hauptsachlich ungflnstig beeinflussendes 
Moment die antagonistische Wirkung einer ganzen Reibe von Bakterien 
auf die Milzbrandbacillen. Die Tatsache, daB die Milzbrandbacillen bei 
vorausgeschickter oder gleichzeitiger oder selbst nachfolgender Ver- 
impfung von verschiedenen Bakterien im Korper von empfanglichen 
Tieren nicht zur Entwickelung gelangen, sondern unter der antagonistischen 
Wirkung der letzteren in ihrer pathogenen Wirkung gelahmt und ver- 
nichtet werden, ist schon lange bekannt, jedoch bisher ausschlieBlich zu 
Immunisierungsversuchen gegen Milzbrand verwertet worden. C. Fraen- 
kel (18) hat zuerst darauf hingewiesen, daB in diesem hemmenden Ein- 
fluB anderer Bakterien die Erklarung fur den haufigen negativen Ausfall 
der diagnostischeu Milzbrandimpfung zu suchen sei. Mit Untersuchungen 
iiber den Antagonismus der Bakterien auf die Milzbrandinfektion haben 
sich eine ganze Reihe von Autoren beschaftigt. 

Emmerich (44), der zuerst Untersuchungen fiber diese Frage an- 
stellte, wies ffir die Erysipelkokken eine solche hemmende Wirkung auf 
die Milzbrandinfektion nach. Er stellte fest, daB durch gleichzeitige 
Verimpfung von Erysipelkokken und Milzbrandbacillen bei Kaninchen 
nicht nur die Milzbrandinfektion, sondern sogar die Ausbildung jedweder 
Krankheitserscheinungen verhindert werden konne. In einer Versuchs- 
reihe blieben von 9 Kaninchen, welche nach Vorbehandlung mit Erysipel¬ 
kokken mit virulenten Milzbrandbacillen subkutan geimpft wurden, 7 am 
Leben, wahrend die gleiche Anzahl Kontrolltiere prompt an Milz¬ 
brand starb. 

Pawlowsky (45) hat die Versuche Emmerichs bestfitigt, zeigte 
aber dann, daB noch der Pneumoniebacillus von Friedlfinder und der 
Micrococcus prodigiosus im stande sind, die Milzbrandinfektion 
hemmend zu beeinflussen. Zu denselben Resultaten in Betreff des Antago¬ 
nismus der Erysipelkokken auf die Milzbrandbacillen gelangte D 6 h 1 e (46). 
Mfihlmann (47) konstatierte, daB die Milzbrandbacillen in Symbiose 
mit dem DiplococcusFraenkel die Fahigkeit verlieren. Kaninchen 
todlich an Milzbrand zu infizieren. Nach den Untersuchungen von 
Olitz ky erwies sich der Bac. fluorescens als ausgesprochener Anta- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


gonist den Milzbrandbacillen gegeniiber und zwar durch Giftwirkung. 
Bouchard (49) bewies dasselbe fttr den Bac. prodigiosus und den 
Bac. pyocyaneus. In Betreff des letzteren nimmt er einen hem- 
menden EinfluB der Stoffwechselprodukte desselben auf den Verlauf der 
Milzbrandinfektion an. Zu demselben Resultat gelangten auf Grund von 
Versuchen mit sterilisierten Pyocyaneus-Kulturen Woodhead und 
Wood (50) und Roger (51). Buchner (52) erzielte durch gleich- 
zeitige oder nachfolgende subkutane Verimpfung von lebenden oder ab- 
getOteten Eulturen der Fried land erschen Pneumoniebacillen eine 
Hemmung der Milzbrandinfektion bei 21 Kaninchen, und zwar dauernde 
Heilung in 11 F&llen, Hinausschiebung des Todes in 10 Fallen, w&hrend 
8 Kontrolltiere in der normalen Zeit an Milzbrand starben. Als Ursache 
der Hemmungswirkung auf die Milzbrandinfektion sieht Buchner die 
eitrige Entzflndung an der Impfstelle an, welche sowohl durch lebende 
wie sterilisierte Eulturen hervorgerufen wird. 

v. Dungern (53) ftthrt die eklatante antagonistische Wirkung der 
FriedlBnderschen Bacillen auf die Milzbrandinfektion auf eine ge- 
steigerte Tatigkeit der Leukocyten zurflck, welche unter dem EinfluB der 
Stoffwechselprodukte des Fried 1 &nderschen Bacillus sich in grbBerer 
Zahl ansammeln und die Milzbrandbacillen aufnehmen und zerstdren. 

Weiterhin konnten Baumgarten und Czaplewsky (54) an 
Meerschweinchen, Beco (55) und G. Frank (56) an M&usen feststellen, 
daB die gleichzeitige Verimpfung einer Mischkultur von Staphylokokken 
und Milzbrandbacillen die Milzbrandinfektion unterdriickt. Der Regel 
nach sterben die MMuse an Staphylokokkenseptik&mie und nur aus- 
nahmsweise an protrahiertem Milzbrand. 

Sodann sind verschiedene Untersuchungen uber die antagonistische 
und heilende Wirkung der Stoffwechselprodukte des Bac. pyocyaneus 
auf die Milzbrandinfektion angestellt worden. Emmerich und seine 
Mitarbeiter (1. c.) stellten fest, daB die Milzbrandbacillen im Tierkdrper 
und in Bouillonkulturen durch den Bac. pyocyanens bezw. seine 
Stoffwechselprodukte in kurzer Zeit abgetbtet und durch Quellung und 
eine Art Verdauung vollstUndig aufgelost werden. Es handelt sich hierbei 
nach Emmerich um ein proteolytisches Enzym, welches erPyocyanase 
nennt. Infolge der Einwirkung der Pyocyanase tritt nicht eine wahre 
Virulenzabnahme der Milzbrandbacillen ein, wie Charrin (1. c.) an- 
genommen hat, sondern es handelt sich um eine progressive Abtotung 
und Aufldsung einer von Tag zu Tag zunehmenden Zahl von Milzbrand¬ 
bacillen. Hierdurch allein wird der Tod der Impftiere hinausgeschoben 
oder letztere bleiben am Leben. 

Nach Dietrich (57), welcher die tatsBchlichen Angaben von Emme¬ 
rich best&tigt, soil es sich nicht um einen VerdauungsprozeB durch ein 
Enzym, sondern um ein Absterben der Milzbrandbacillen in einem far 
sie ungeeigneten Medium handeln. Alsdann erfolge eine Auflbsung der 
Bacillen, wobei osmotische Verh&ltnisse eine groBe Rolle spielen (Plas- 
molyse und Plasmoptyse). 

Nach den obigen Ausfflhrungen konnen eine ganze Reihe von Bak- 
terien, die Qberall vorkommen und auch sekund&r in Milzbrandkadavern 
sich ansiedeln konnen, einen hemmenden EinfluB aui die Milzbrand¬ 
infektion ausQben. Wir mflssen demnacb mit der Mdglichkeit eines 
solchen hemmenden Einflusses durch sekund&re Bakterien, wodurch der 
Tierversuch von vornherein ungflnstig beeinfluBt wird, auch in der Praxis 
rechnen. Es kann dither nicht befremdlich erscheinen, daB die dia- 


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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzorandbacillus etc. 


775 


gnostische Milzbrandimpfung so oft im Stiche l&Bt und nicht das leistet, 
was man bisher von ihr vorausgesetzt hat. Eine entscheidende Be- 
deutnng fflr die Milzbranddiagnose, besonders in den zweifelhaften Fallen, 
ist der Impfung nicbt linger beizumessen, wie man bisher getan hat. 


3. Der Nachweis der Milzhrandhacillen dnrch Plattenkaltur. 

Der Nachweis der Milzbrandbacillen durch das Plattenverfahren 
stiltzt sich auf die Annahme, dafi denselben ein ganz cbarakteristisches 
Wachstum eigen tflmlich ist, wodurch ein leichtes Erkennen an dem Aus- 
sehen der Kolonie auch in einem Bakteriengemisch ermoglicht ist. Als 
typisch fflr den Milzbrand wird allgemein sein Wachstum auf der Gela¬ 
tine- oder Agarplatte angesehen (Koch, Flflgge). Einen Unterschied 
im Wachstum auf diesen beiden N&hrbbden habe ich nicht konstatieren 
konnen. Die Verwendung des Agars hat aber vor deijenigen der Gela¬ 
tine den Vorzug, dad er selbst bei hoher Aufientemperatur fest bleibt, 
was den weiteren Vorteil in sich schlieBt, dad die Agarplatten viel eher 
ein Wachstum erkennen lassen konnen als die Gelatineplatten, da erstere 
ein Bebriiten bei dem Temperaturoptimum von 37 0 ermQglichen, w&hrend 
letztere bei einer Temperatur unter 22° gehalten werden mflssen, da 
sonst die Gelatine sich verflflssigt und der Nachweis von Milzbrand- 
kolonieen in Frage gestellt wird. Der Milzbrandbacillus bildet bekannt- 
lich auf der Oberfl&che der Agar- und Gelatineplatte schon gelockte, 
medusenhaupt&hnliche Kolonieen (Phot. 4), welche makroskopisch ein 
weides, atlasgl&nzendes Aussehen besitzen. Allerdings zeigen die Ko¬ 
lonieen gewisser St&bchen, welche in die Gruppe der Heu oder Wurzel- 
bacillen gehbren, ebenfalls einen gelockten Rand (Phot. 6). Doch ist 
die Lockenbildung weniger zierlich, regelm&Big und deutlich ausgepr&gt. 
Auch erreichen jene Kolonieen moistens eine betrlchtliche Gr6Be, da 
sie das Bestreben zeigen, sich oberflachlich auszubreiten. Eine sichere 
Unterscheidung wird in zweifelhaften Fallen durch die Vergleichung 
des Zentrums der Kolonie oder der in der Tiefe gewachsenen Kolonieen 
herbeigefflhrt. In der Tiefe der Agarschicht wSchst der Milzbrand¬ 
bacillus ebenso charakteristisch wie auf der Oberfl&che. Die tiefen Milz- 
brandkolonieen gleichen makroskopisch kleinsten, mit zarten Ausl&ufern 
versehenen Flaumfederchen. Bei 50-facher VergrSderung erscheinen sie 
als grauschwarze unregelm&Bige Gebilde, welche ein eigentliches Zentrum 
nicht erkennen lassen und aus wenigen starren oder leicht gebogenen 
Auslaufern gebildet werden. Die tiefe Milzbrandkolonie setzt sich zu- 
sammen aus verschieden groBen, grobkornigen, ovalen Stucken, welche 
durch rankenartige F&den und knotige Aestchen miteinander verbunden 
sind. Das Ganze besitzt ein moosartiges Aussehen und kann mit dem 
Kelche einer Moosrose verglichen werden (Phot 5, 8). Die tiefen 
Kolonieen der fttr eine Verwechselung in Frage kommenden „Heu- oder 
Wurzelbacillen“ besitzen viele fadenfdrmige, mehr geradlinig verlaufende 
strahlige Ausl&ufer und Verastelungen, so daft der Vergleich mit der 
Haarkrone einer Distel zutreffend erscheint (Phot. 7, 9). 

An der unteren Fllche zwischen Glas und Agarschicht w&chst der 
Milzbrandbacillus zu einem feinen, dflnn gelockten Belage aus. Tritt 
von den in der Tiefe gewachsenen Kolonieen einer von den in ver- 
schiedener Ebene liegenden Auslaufern an die Oberfl&che, so bildet 
er sofort Haarlocken, die alsdann zu einer kometenschweifartigen Kolonie 
auswachsen. 

Die Gr6Be der oberfl&chlichen und auch der tief gelegenen Kolonieen 


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776 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 

h&ngt von dem mehr oder weniger dichten Wachstum ab. Die ober- 
flachlichen Milzbrandkolonieen zeigen jedoch selbst bei isoliertem Auf- 
gehen der Eolonieen bedeutend weniger Tendenz zum Oberflfichen- 
wachstum und erreichen deshalb nicht die GrQBe wie die in ahnlich 
aussehenden Eolonieen wachsenden und saprophytisch vorkommenden 
Stabchenarten. 

Das beschriebene charakteristische Aussehen der in der Tiefe ge- 
wachsenen Eolonieen, sowie die Bildung von feinen, deutlich hervor- 
tretenden Locken in Gestalt eines Eometenschweifes, sobald einer der 
wenigen Auslaufer die Oberflache der Agarschicht erreicht hat, gewahren 
sichere Anhaltspunkte fiir die Erkennung einer Milzbrandkolonie auch 
unter unzahligen anderen Eolonieen (Phot. 8). Bemerken mo elite ich 
noch, daB die deutliche Lockenbildung der Milzbrandkolonieen nur in 
den ersten 2 Tagen vorhanden ist, mit Eintritt der Sporenbildung je¬ 
doch allmahlich an Deutlichkeit abnimmt und verschwindet. 

In samtlichen Versuchen hat sich nun ergeben, daB das Platten- 
verfahren gegenuber der Impfung und dem morphologischen Nachweise 
im gefarbten Deckglasausstriche am sichersten zu einer richtigen 
Diagnose fuhrt. Dasselbe leistete in jedem einzelnen Falle mehr wie 
das Ausstrichpraparat, von der Impfung gar nicht zu reden, und selbst 
noch mehrere Tage spater, wenn der Nachweis im gefarbten Ausstriche 
nicht mehr gelang, gingen noch typische Milzbrandkolonieen auf, welche 
aus dem Bakteriengemisch isoliert auf ihre sonstigen biologischen Eigen- 
schaften geprflft werden konnten. Nur bei einer Untersuchungsprobe 
(No. 6), welche in einer Flasche mit der Aufschrift „Earbolsaure“) flber- 
wiesen wurde, gingen schon vom 2. Tage der Untersuchung an in den 
angelegten Platten keine Milzbrandkolonieen mehr auf, wahrend in den 
Ausstrichpraparaten noch mehrere Tage lang Milzbrandbacillen nachzu- 
weisen waren. Durch Nachfrage bestatigte sich der Verdacht, daB vor 
dem Einfullen des Milzbrandmaterials reine Earbolshure sich in der 
Flasche befunden hatte, welche man durch einmaliges Ausspulen zu 
entfernen versucht hatte. Durch Nacbprufung in der Weise, daB nach 
Benetzen der Innenwand einer Flasche durch Ausspulen mit 3-proz. 
Earbolwasser abgestrichene Pulpa einer Milzbrandmilz in dieselbe ein- 
gefttllt wurde, konnte in der Tat die intensive abtotende Eraft der stark 
verdflnnten Earbolsaure auf die Milzbrandbacillen festgestellt werden, 
wie dieses bereits Eoch (Id) hervorgehoben hat Somit fand der an- 
fangs Qberraschende negative Plattenbefund auf einfache Weise seine 
Erklarung. 

Meine Versuchsergebnisse bestatigen die von C. Fraenkel ge- 
machten Beobachtungen (1. c.) und stehen auch im Einklange mit den 
seit einer Reihe von Jahren im hygienischen Institute der tierkrzt- 
lichen Hochschule zu Berlin bei den bakteriologischen Milzbrandfest- 
stellungen Qber die Zuverlassigkeit des Plattenverfahrens gemachten 
Erfahrungen. 

J o h n e und E1 e 11 (1. c.) haben eine Lebensfahigkeit der Milz¬ 
brandbacillen so lange angenommen, als dieselbe mit gut differenzierter 
Eapsel sich prasentieren. Auf Grund meiner Untersuchungen stimme 
ich im allgemeinen dieser Ansicht zu, soweit das Unversehrtsein als 
Bedingung fttr die Lebensfahigkeit sich auf den Bacillenleib bezieht. 
Denn eine Bacillenkapsel ist nicht stets vorhanden, und dennoch sind, 
wie aus den Versuchstabellen zu ersehen ist, die Milzbrandbacillen noch 
lebens- und keimfahig. Ja selbst .wenn die Milzbrandbacillen auf- 


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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


777 


fallende bakteriolytische VerSnderungen zeigten, der Bacillenleib unge- 
f&rbte Liicken aufwies, gingen in den Flatten noch Milzbrandkolonieen 
auf. Es steht dies im Einklange mit Feststellungen von A. Fischer 
(1. c.), wonach die Bakteriolyse sich wieder volist&ndig ausgleichen kann, 
ohne daG durch dieselbe die Lebensfahigkeit der Bacillen beeintr&chtigt 
worden ware. Nun sind einzelne Autoren auf Grund von Versuchen, 
bei welchen der Nachweis der Milzbrandbacillen durch Impfung gelang, 
das Kulturverfahren aber im Sticbe lied, zu der Ansicht gelangt, daG 
die Keimfahigkeit des Milzbrandbacillus eher schwindet Oder durch die 
Faulnisbakterien unterdrflckt wird als die Infektionsfahigkeit. Hierauf 
dUrfte auch die bisherige Vorliebe fiir die Impfung bei der Milzbrand- 
feststellung gegenttber dem Kulturverfahren zum Teil zuriickzuftthren 
sein. Lange (1. c.) begrilndet seine Meinung, daG „die Impfung das 
feinere und scharfere Reagens auf Milzbrand a darstellt, mit dem Hin- 
weis, „daG die Milzbrandbacillen durch die ubermaGige Konkurrenz der 
reichlich entwickelten Faulniskeime geschwacht und ttberwunden werden, 
wahrend andererseits bei der relativen Unschadlichkeit vieler Faulnis¬ 
keime fflr den tierischen Organismus Oder auch dadurch, daG letztere 
den tierischen Organismus schwachen und selbst wenig virulentem und 
abgeschwSchtem Milzbrand gegenflber resistenzunfahig machen, beim 
Tierversuche die MOglichkeit fttr das Zustandekommen einer Milzbrand- 
infektion weit gunstiger liegen“. Diese Ansicht Langes ist, wie 
C. Fraenkel (1. c.) in seiner Arbeit bereits bewiesen und wie aus 
meinen Versuchen mit Sicherheit hervorgeht, als unrichtig zu bezeichnen. 
DaG die pathogenen Eigenschaften der Bakterien, ihre Virulenz, auGer- 
halb des Tierkorpers bedeutend fruher verschwinden als die Keimfahig¬ 
keit, lehrt die taglich zu machende Beobachtung beim kttnstlichen Fort- 
zttchten pathogener Bakterien. Dieselben konnen ihrer Virulenz voll- 
standig verlustig geworden sein, aber dennoch besitzen sie fflr lange 
Zeit noch ihr Fortpflanzungsvermogen. Vor alien Dingen ist aber in 
Betracht zu ziehen, daG die antagonistische Wirkung der verschiedenen 
Bakterien auf virulente Milzbrandbacillen sich nur im Tierkorper und 
nicht in der Kultur, weder in flflssigen noch auf festen Nahrbodeu, 
geltend macht. Buchner und v. Dun gem (1. c.) u. a. haben be¬ 
wiesen, daG die antagonistische Wirkung auf die Milzbrandinfektion nicht 
auf eine bakterizide Wirkung oder auf eine Entwickelungshemmung 
Oder selbst auf eine wirkliche Abschw&chung der Milzbrandbacillen zu- 
rflckzufflhren ist, sondern daG die hemmende Wirkung der Bakterien 
auf die Milzbrandinfektion auf einer antitoxischen Wirkung beruht, 
welche im Tierkorper durch die Einwirkung der letzteren auf die Ge- 
webszellen bedingt wird. 

Wie Emmerich fflr die Erysipelkokken, Pawlowsky fflr den 
Micrococcus prodigiosus, v.Dungern fflr den Friedl&nder- 
schen Pneumoniebacillus, Beco u. a. fttr die Staphylokokken u. s. w., 
so habe ich in gleicher Weise fflr Bact. coli, Proteus, Bac. bu- 
tyricus, Bac. acidi lact., Bac. phosphorescens, den Bacillus 
der KSlberruhr und der Schweinepest, fttr Staphylococcus albus 
und verschiedene Faulnisstabchen einen wachstumshemmenden EinfluG 
auf den Milzbrandbacillus nicht nachweisen kdnnen. Auch die Aus- 
keimung von Milzbrandsporen wird durch diese Bakterien nicht ver- 
hindert, wohl aber wird die Sporenbildung in mehr Oder weniger er- 
heblichem Grade ungttnstig beeinfluGt. Es muG demnach als bewiesen 
angesehen werden, daG die Infektiosit&t der Milzbrandbacillen, nicht 


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778 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 

aber ihre Keimf&higkeit, durch andere Bakterien gehemmt und aufge- 
hoben werden kann. Hierzu kommt aber noch, daB eine tddlich endende 
Milzbrandinfektion auch von der Zahl der Milzbrandbacillen abb an gig 
ist, wie F. Klemperer, Gabritsche wsky (58) und Sobern- 
heim (59) nachgewiesen haben. Kaninchen konnten 30—140 virulent© 
Milzbrandbacillen ertragen, ohne zu sterben. Nach meinen Versuchen 
sind 7—10 Milzbrandbacillen erforderlich, um bei MHusen eine in 3—5 
Tagen tddlich endende Milzbrandinfektion herbeizufiihren (s. w. u.). 
Nach Klemperer sind 4—5 Milzbrandbacillen zu einer tddlichen In- 
fektion bei M&usen erforderlich. Im faulenden Milzbrandmaterial nimmt 
aber die Zahl der lebensf&higen Milzbrandbacillen von Tag zu Tag 
rapide ab, wovon man sich durch Plattenaussaat leicht hberzeugen 
kann. Es ist also stets die Moglichkeit vorhanden, daB zu einem ge- 
wissen Zeitpunkt, wo die Untersuchung stattfindet, lebensf&hige Milz¬ 
brandbacillen in der fiir eine tddliche Infektion erforderlichen Zahl nicht 
mehr in dem verimpften Untersuchungsmaterial sich vorfinden, die aber 
in der Platte noch sehr gut nachzuweisen sind. 

Durch die obigen Ausfuhrungen glaube ich bewiesen zu haben, 
daB das Plattenverfahren gegeniiber der Tierimpfung bei der Milzbrand- 
diagnose eine grdBere Sicherheit gew&hrt und den Vorzug verdient, 
und es ist anzunehmen, daB in den Fallen, in denen das Tierexperiment 
gelang, die Plattenkultur aber angeblich im Stiche lieB, auch auf der 
Platte sich lebensfahige Keime haben entwickeln miissen, daB aber deren 
Kolonieen iibersehen worden sind. Ich mochte die Fehlresultate, welch© 
einzelne Autoren bei dem Plattenverfahren erhalten haben, darauf zu- 
rfickfiihren, daB nur die oberflachlich gewachsenen Kolonieen auf Haar- 
lockenbildung gepriift wurden, die in der Tiefe gewachsenen Milzbrand- 
kolonieen als solche jedoch nicht erkannt worden sind, oder aber daB 
die Durchmusterung der dicht bewachsenen Platten unterlassen wurde 
in der Meinung, daB in letzteren ein Erkennen von Milzbrandkolonieen 
unmdglich sei. Jedoch selbst in einer dicht bewachsenen Platte lassen 
sich an den von mil* angegebenen Merkmalen die in der Tiefe aufge- 
gangenen Milzbrandkolonieen als solche erkennen. Diese muB man auf- 
suchen, da in den Platten von faulem Milzbrandmaterial bei dem dichten 
Wachstum die Lockenbildung auf der Oberflache fast vollkommen unter- 
driickt wird. AnBerdem kommt es aber auch bei der Untersuchung von 
faulem Milzbrandmaterial sehr viel auf den Grad der Verdfinnung in 
der zur Platte ausgegossenen Kulturmasse an. Nehmen wir z. B. an, 
in dem zur ersten Verdiinnung in 10 ccm Agar verwandten Milzbrand¬ 
material (3 Oesen) bef&nden sich noch 10 entwickelungsf£hige Milz¬ 
brandbacillen. Von diesen 10 ccm Kulturmasse des Rohrchens No. 1 
werden wiederum 3 Oesen auf Rdhrchen No. 2 und von letzterem drei 
Oesen auf Rohrchen No. 3 Ubertragen, dann ist bei der minimalen 
Menge, welche zum Anlegcn der Platte No. 2 dem Rohrchen No. 1 
entnommen wird, die groBte Wahrscheinlichkeit vorhanden, daB kein 
einziger entwickelungsfahiger Milzbrandbacillus auf die Platte No. 2 ge- 
langt und noch weniger auf die Platte No. 2. In der Platte No. 1 sind 
aber die Milzbrandkolonieen iiberwuchert und unter der iiberm&Big 
grofien Zahl der aufgegangenen Kolonieen von F&ulnisbakterien nicht 
zu erkennen. Es ist eine einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung, die sich 
aus den angegebenen Zahlen: 10 Milzbrandbacillen auf 10 ccm Kultur¬ 
masse und hiervon 3 Oesen = 0,01 ccm, ohne weiteres ergibt, und 
nach welcher man auf das Aufgehen von Milzbrandkolonieen in der 


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Bongert, BeitiSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


779 


Platte No. 2 kaum rechnen kann. Man kann lOOmal je 3 Oesen dent 
Rdhrchen No. 1 entnehmen und zu ebensovielen Platten ausgiefien, 
dann hat man lmal die Aussicht, daB 1 Milzbrandkolonie aufgeht. Dem- 
nach wird man in solchen Fallen, wo weit vorgeschrittene Fftulnis- 
prozesse eine Starke Abnahme der lebensfahigen Milzbrandbacillen ver- 
muten lassen, gem&B dieser einfachen Ueberlegung nicht in der Oblichen 
Verdflnnung 3—4 Platten anlegen, sondern man verteilt die ganze 
Kulturmasse der ersten VerdOnnung auf eine groBere Anzahl von 
Rdhrchen und giefit diese zu ebenso vielen Platten aus. Hierdurch er- 
reicht man, dafi die wenigen noch vorhandenen keimfahigen Milzbrand¬ 
bacillen als erkennbare Kolonieen trotz des starken Bakteriengehaltes 
von Faulnisstabchen aufgehen und sich nicht der Feststellung entziehen. 

Das Plattenverfahren bietet aufier der groBeren Zuverlassigkeit noch 
den Vorteil, daB man die charakteristisch erscheinenden Kolonieen 
isolieren und die weiteren biologischen Verhfiltnisse, vor alien Dingen 
die Pathogenitat mit den Reinkulturen, priifen kann. In zweifelhaften 
Fallen, namentlich bei milzbranddhnlichen Kulturen, kann man in der 
Regel schon durch ein gefarbtes Ausstrichpraparat Oder durch die 
Untersuchung im hangenden Tropfen auf etwaige Beweglichkeit mit 
Leichtigkeit eine Unterscheidung von Milzbrandbacillen herbeifflhren, da 
die saprophytischen Stabchen, welche in der Platte ein ahnliches Wachs- 
tum zeigen, wie der Milzbrandbacillus. nach’ meiner Erfahrung zum 
Unterschied von letzteren alle beweglich sind. Auch die Bouillonkultur 
bietet in der Regel sichere differentialdiagnostische Merkmale. Wahrend 
die Milzbrandbacillen die Bouillon klar lassen und auf dem Boden des 
Rdhrchens in Form eines feinen flockigen Niederschlages wachsen, der 
aus einem Gewirr von langen Milzbrandfaden besteht, durchwachsen 
jene Stabchen die Bouillon gleichmaBig, da sie beweglich sind, und 
bilden alsdann unter gleichzeitiger Klarung der Bouillon und Sedimen- 
tierung eine Kahmhaut, welche sich durch Schfltteln nicht zerteilen laBt. 
Endlich gestattet die Plattenkultur in zweifelhaften Fallen noch die 
Priifung der Pathogenitat mit der Reinkultur. Ich habe eine grdBere 
Anzahl von Stabchen verschiedenster Provenienz mit milzbrandahnlichem 
Wachstum auf der Platte isoliert, aber alle zeigten sich nicht pathogen. 
Nach Verimpfen von groBen Dosen (1 ccm Bouillonkultur) starben die 
Mause nur vereinzelt, in der Milz fanden sich jedoch keine milzbrand¬ 
ahnlichen Kapselstabchen, sondern die verimpften Stabchen als ver- 
einzelte plumpe Langstabchen mit abgerundeten Enden. Durch Tier- 
passage erlangten letztere keine hdhere Virulenz, sondern was den ganz 
vereinzelten Tod der Mause nach langer als 48 Stunden zur Folge hatte, 
war die Masse des verimpften Materials. Man kann also bei zweifel- 
haftem Plattenbefunde nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen eine 
sichere Diagnose herbeifflhren. 

Nachdem der Beweis der Zuverlassigkeit des Plattenverfahrens er- 
bracht ist, ist noch nachzuweisen, ob der Milzbrandbacillus, auch im ab- 
geschwachten Zustande das oben beschriebene als typisch anzusehende 
Wachstum zeigt. Es ist die Konstanz des Wachstums auf der Platte 
zu beweisen. Ich habe nun versucht, nach den verschiedensten Me- 
thoden eine grdBere Anzahl von verschiedenen Milzbrandstammen ab- 
zuschwflchen. Es war mir aufgefallen, dafi die Pasteurschen Milz- 
brandvaccins in der Platte ein ganz differentes Wachstum zeigten, 
welches mit dem der Milzbrandkolonieen keine Aehnlichkeit mehr besaB. 
Die Kolonieen sind geschlossen, zeigen nur einen leicht gewellten Rand, 


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780 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 

aber keine Haarlockenbildung. (Phot. No. 10.) Die tiefen Kolonieen 
sind unregelm&llig rund, grauschwarz, ohne Ausl&ufer. Die Bouillon- 
kultur ist getrfibt, nach beendigtem Wachstum klart sie sich unter 
Bildung eines flockigen Bodensatzes. Die Stabchen, welche linger und 
d(inner wie die Milzbrandbacillen sind, bilden in der Bouillon keine 
langen F&den, sondern nur kurze, 2—3gliedrige VerbSnde. M&use, 
Kaninchen, Meerschweinchen sterben innerhalb 24—72 Stunden mit dem 
Bacillenbefunde, wie beim Milzbrande, jedoch sind die Kapselst&bchen 
linger wie bei ersterem. Mit ziemlich flbereinstimmendem Resultat 
habe ich 4 Vaccinproben, 2 aus Stuttgart und 2 aus Paris, nntersucbt. 
Ich versuchte nun 4 verschiedene Milzbrandst&mme nach derPasteur- 
schen Methode in Vaccins liberzufiihren. Als ich die bei 42—43° C 
gehaltenen Kulturen nach 14 Tagen durch Plattenaussaat prflfte 
(Vaccine II), zeigten die aufgegangenen Kolonieen das charakteristische 
Aussehen der Milzbrandkolonieen. Mit demselben Resultat untersuchte 
ich nach 4 und 5 Wochen die bei 42—43° gehaltenen Bouillonkulturen 
auf das Aussehen der aufgegangenen Kolonieen (Vaccin I). Das einzig 
Auffallende war die Starke Abnahme der Zahl der aufgegangenen 
Kolonieen, welche in ihrem Aussehen vollst&ndig mit Milzbrandkolonieen 
flbereinstimmten. Von 8 Mausen, mit 1 und 2 Oesen 5-w5chiger bei 
42—43° gehaltenen Bouillonkulturen geimpft, gingen 7 innerhalb 3—7 
Tagen an Milzbrand ein, 1 Maus blieb am Leben, w&hrend 4 mit den 
nicht erhitzten Ausgangskulturen geimpfte Kontrollm&use innerhalb 
24 Stunden an Milzbrand starben. Bei den an protrahiertem Milzbrand 
eingegangenen Mausen waren durch Ausstrich und Kultur Milzbrand¬ 
bacillen nicht nachzuweisen. Nach 6 Wochen langer Kultivierung bei 
42—43° blieben samtliche Platten steril. 4 M&use, mit je 2 Oesen 
subkutan geimpft, blieben gesund. Als ich jedoch zu jeder Platte 
0,25 ccm von jeder der 4 bei 42—43® gehaltenen Bouillonkulturen ver- 
wandte, gingen nur in 1 Platte 3 typische Milzbrandkolonieen auf, die 
anderen 3 Platten blieben auch bei dieser reichlichen Aussaat steril. 
Ich impfte nun mit den aufgegangenen Milzbrandkolonieen 2 M&use mit 
je einer Oese, desgleichen 2 andere M&use mit einer Kultur, welche ich 
aus einer am 6. Tage nach der Impfung mit einer 5 Wochen lang er¬ 
hitzten Kultur gestorbenen Maus erhalten hatte. S&mtliche 4 M&use starben 
prompt innerhalb 24—36 Stunden. Die gleiche Verzogerung des Todes 
erzielte ich bei M&usen, wie bei der Impfung mit der 5 Wochen bei 
42-43® kultivierten Milzbrandkulturen, mit der 2. Verdfinnung von 
virulenten Milzbrandkulturen, welche in 0,2 ccm 7—30 Milzbrandbacillen 
enthielt Die Bestimmung der Bacillenzahl geschah durch Plattenkultur 
mit derselben Kulturmenge. Aus dem Versuche geht also hervor, daft 
durch die permanente Kultivierung bei 42—43 0 eine allm&hliche Abnahme 
der Zahl der lebensf&higen Milzbrandbacillen herbeigefiihrt wird, aber 
keine Abschwachung im wahren Sinne des Wortes. Mit der Kultivie¬ 
rung von 4 anderen Milzbrandst&mmen bei 42—43 ® erzielte ich kein 
anderes Resultat. Es trat ebenfalls nur eine allm&hliche Abnahme der 
entwickelungsf&higen Milzbrandbacillen ein, bis schliefilich nach 5 bis 

6 Wochen nur noch sehr wenige Milzbrandbacillen vorhanden waren, 
so daft erst bei Verimpfung von 0,2 ccm Kultur die M&use nach 5 bis 

7 Tagen an protahiertem Milzbrand mit in der Regel negativem Bacillen¬ 
befunde starben. Die in den Platten aufgegangenen Kolonieen zeigten 
jedoch das typische Aussehen der Milzbrandkolonieen. 

R. Koch, Gaffky und Loeffler (lc.) erzielten nach der 


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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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Pasteurscben Methode der Kultivierung bei 42—43° C nach 29 Tagen 
wirklich abgeschwachten Milzbrand, welcher sich auch bei der Weiter- 
zttchtung fbr Meerscbweinchen und MSuse selbst bei Verimpfuiig grofier 
Dosen vollkommen avirulent erwies. Die physiologische Unwirksamkeit 
vererbte sieh von Generation zu Generation. Die Form der Bacillen 
hatte sich in keiner Weise gettndert. Sie bildeten lange Faden mit 
scharf abgesetzter Gliedernng und in diesen Sporen, wie der virulente 
Milzbrandbacillus. Es konnte mehrere Male beobachtet werden, als die 
Abschwachung der Bouillonkulturen sicb bemerkbar machte, dad nur 
vereinzelte Kolonieen in den von ersteren abgeimpften Gelatinekulturen 
aufgingen. Diese Kolonieen zeigten zum Unterschiede von virulenten 
Milzbrandkolonieen keine kraftige Fadenentwickelung „die Kolonie blieb 
im ganzen kleiner, die Faden waren kurz, stark gewunden, gekrauselt“. 
Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigten die einzelnen Glieder 
kolbige und wurstf5rmige Auftreibungen. Die abnorme Entwickelung 
zeigte sich jedoch nur in der ersten Generation; sobald eine solche 
Kultur weiter Uberimpft wurde, stellte sich sogleich das typische Bild 
des Milzbrandwachstums wieder ein. 

Koch und seine Mitarbeiter ftthren dieses „pathologische Wachsen 44 
auf den EinfluB der mitverimpften Zersetzungsprodukte zurttck, welche 
sich in der Bouillon durch das Wachsen der Milzbrandbacillen gebildet 
haben. 

Mit der Pasteurschen Methode erzielten Koch, Gaffky und 
Ldffler eine vollkommene Abschwachung der Milzbrandbacillen unter 
gleichzeitigem Abnehmen der Zahl derselben, Bildung von Involutions- 
formen und in einzelnen Fallen unter vorttbergehender Veranderung des 
typischen Wachstums der Milzbrandkolonie. Meine Fehlresultate in Be- 
treff einer wirklichen Abschwachung des Milzbrandbacillus mochte ich 
auf die Verwendung von Rinderbouillon als Nahrmaterial zurttckftthren, 
wahrend Koch und seine Mitarbeiter gem ail den Anlagen Pasteurs 
Htthnerbouillon benutzten. Ohne Zweifel hat aber der Nahrboden auf 
die Virulenz der Milzbrandbacillen einen EinfluB und dieses um so 
mehr, wie aus den Beobachtungen Metschnikoffs (1. c.) zu folgern 
ist, wenn zur Herstellung des Nahrbodens Fleisch von einem milzbrand- 
imm unen Tier, so z. B. vom Huhn, verwandt wird. Spater habe ich die 
Methode der Abschwachung des Milzbrandes nach Pasteur nochmals 
mit Verwendung von Hahnerbouillon an 2 Milzbrandstammen versucht 
und konnte nun in der Tat nach 27 Tagen eine allmahliche Umwand- 
lung der vorher typisch gewachsenen Milzbrandkolonieen in vaccinahn- 
liche Kolonieen mit gleichzeitiger Abnahme der Virulenz feststellen. 
Eine Konstanz der vaccinahnlichen Kolonieen wurde jedoch erst mit 
dem 38. Tage der Zttchtung erreicht. Vorher nahmen die von der Platte 
abgeimpften geschlossenen, atypischen Milzbrandkolonieen mit vaccin- 
ahnlichem Aussehen bei der Fortztichtung wieder normales Wachstum 
mit Lockenbildung an. Der UmwandelungsprozeB in vaccinahnliche 
Kolonieen spielte sich in den Htthnerbouillonkulturen in derselben Weise 
ab, wie bei den weiter unten erwahnten Methoden der Abschwachung, 
weshalb ich darauf verweisen mdchte. Der Umstand, daB Koch und 
seine Mitarbeiter kein dauerndes atypisches Wachstum der abgeschwachten 
Milzbrandkulturen erzielen konnten, dttrfte auf die nicht lange genug 
fortgesetzte Zttchtung bei 42—43° zurttckzuftthren sein. In neuester 
Zeit hat sich eingehend mit Untersuchungen aber die Abschwachung der 
Milzbrandbacillen nach der Pasteurschen Methode Sobernheim (59) 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


besch&ftigt. S. konstatierte bei seinen abgeschw&chten Milzbrand- 
stQmmen auBer verzogertem Wachstum keine Abweichung von virulenten 
Milzbrandbacillen, auch nicht in der Form, w ah rend die Pasteur schen 
Vaccins aufier Wachstumverzogerung auch Formabweichungen in sonst 
typischen Kolonieen auf Gelatine zeigten. Letzteres habe ich nicht be- 
statigen k5nnen. Sowohl auf der Gelatine- wie Agarplatte zeigen die 
Pasteur schen Vaccins atypisches Wachstum, geschlossene Kolonieen 
ohne Haarlockenbildung. S. fiihrt die abweichende Gestalt der Vaccin- 
bacillen nicht auf die Art der Abschwachung, sondern auf Rassenver- 
schiedenheiten der Milzbrandstamme zurOck. 

Ich versuchte nun mit der Methode von Chamberland und 
Roux (60) eine Abschwachung von Milzbrandkulturen herbeizufflhren 
und zwar durch ZQchten bei 37 0 C in Bouillon mit Karbolsatz 1:600 
bis 1000. Durch Plattenaussaat konnte ich nun in 1 von 4 Milzbrand- 
stammen feststellen, daB allmahlich vom 18. Tage an die Lockenbildung 
der oberflachlich gewachsenen Kolonieen undeutlicher wurde, bis sie 
schlieBlich fast vollkommen verschwunden war, und die Kolonieen das 
geschlossene runde Aussehen zeigten, wie die der Pasteur schen 
Vaccins. Vollkommen zeigte sich diese Umwandelung der Kolonieen 
am 28. Tage der ZQchtung. Dasselbe Resultat erzielte ich bei 2 Milz- 
brandstammen mit der von P h i s a 1 i x (65) empfohlenen Methode der 
Zuchtung bei 42° mit gleichzeitigem Ueberimpfen auf ein anderes 
Bouillonrdhrchen an jedem 5. Tage. Mit dem einen Milzbrandstamme 
erhielt ich nach 4maligem Ueberimpfen, also nach 20 Tagen, asporogenen 
Milzbrand, und nach weiteren 2 Abimpfungen zeigten die spQrlich auf 
der Platte aufgehenden Kolonieen ein geschlossenes, leicht gewelltes 
Aussehen, wie die Vaccinkolonieen. Mit dem anderen Milzbrandstamme 
gelang die UeberfUhrung in vaccinahnliche Kolonieen nicht. Bedeutend 
sicherer und schneller gelangte ich zum Ziele, als ich nach den An- 
gaben von Surmont und Arnould (61) die Rouxsche Methode mit 
der von Phisalix angegebenen verband. Nach 8-tagigem ZQchten in 
karbolisierter Bouillon bei 37 0 und daran sich anschlieBendem 2maligem 
Ueberimpfen an jedem 5. Tage in gewohnliche Bouillon erhielt ich 
asporogenen Milzbrand und nach weiteren 2 Ueberimpfungen vaccin¬ 
ahnliche Kolonieen bei 2 Milzbrandstammen. Die UeberfQhrung in 
vaccinQhnliches Wachstum erfolgt ganz allm&hlich derart, daB zuerst in 
den Platten wenige Kolonieen mit vaccin&hnlichem Typus unter vielen 
typischen Milzbrandkolonieen aufgehen (s. Phot. 11 — 14). Die Zahl zu 
Gunsten der ersteren vergroBert sich alsdann immer mehr, bis schlieBlich 
fast nur vaccinahnliche Kolonieen und sparliche typisch gewachsene Milz¬ 
brandkolonieen nachzuweisen sind. Gleichzeitig mit der Verfinderung 
der oberflachlichen Kolonieen, dem Ausbleiben der Haarlockenbildung, 
nehmen auch die in der Tiefe gewachsenen Kolonieen eine andere Ge¬ 
stalt an. Die starren rankenfOrmigen Ausl&ufer werden immer kQrzer, 
dQnner und nehmen an Zahl zu; es bildet sich ein grauschwarzes, un- 
regelmQBig rundes Zentrum, von dem feine, kurze, filzartige Fasern ab- 
gehen. Also auch die tiefen Kolonieen nehmen nach und nach eine 
geschlossene, mehr rundliche Gestalt an. 

Die 3 erhaltenen asporogenen Milzbrandstamme zeigten sich virulent 
und stimmten im Qbrigen vollkommen in morphologischer und kultureller 
Beziehung mit dem normalen sporenbildenden Milzbrand Qberein, wie 
auch Lehmann (62) und Behring (63) festgestellt haben. Die Locken¬ 
bildung ist deutlich ausgepragt, im weiteren Verlauf nehmen die Agar- 


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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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kulturen der sporenlosen Milzbrandstamme ein homogenes Aussehen an 
und zeigen auch keine glasigen oder durchscheinenden Stellen, welche 
man in alteren sporenhaltigen Kulturen stets beobachten kann. In Aus- 
strichpr&paraten von lO-t&gigen bei 36° C gehaltenen Agarkulturen der 
sporenlosen Milzbrandstamme waren weder freie noch in den Stabchen 
gelegene Sporen nachzuweisen. Die St&bchen zeigten bizarre Invo- 
lutionsformen und Zerfall durch Plasmolyse und Plasmoptyse. In 
den angelegten Platten gingen nach vorheriger Erhitzung des Aussaat- 
materials 1 / 2 Stunde lang auf 70° keine Milzbandkolonieen auf. Die 
Kulturen, welche von isoliert gewachsenen vaccinShnlichen Kolonieen 
durch Abimpfen angelegt wurden, zeigten sich avirulent fiir Kaninchen 
und Meerschweinchen, w&hrend M&use bei reichlichem Impfmaterial 
inehrfach nach 3—5 Tagen an Milzbrand starben und ein ausgebreitetes 
Oedem an der Impfstelle zeigten. Aufierdem war in den vaccin&hnlichen 
Kulturen verzogertes Wachstum, mangelhafte Sporenbildung und 
massenhaftes Auftreten von Involutionsformen zu konstatieren. In 
inorphologischer Beziehung bestand jedoch vollkommene Uebereinstim- 
mung mit virulenten Milzbrandkulturen. Als ich die vaccin&hnlichen 
Kulturen in der 4. Generation auf Agar durch Plattenaussaat auf das 
Aussehen der Kolonieen priifte, zeigten 2 derselben nicht mehr den ge- 
schlossenen Typus der Vaccinkolonieen, sondern normales Milzbrand- 
wachstum mit schdn gelockten Kolonieen. Nur an ganz vereinzelten 
Kolonieen war die Lockenbildung undeutlich, und die Kolonieen selbst 
geschlossen, so dad sie entfernt an das Aussehen der Vaccinkolonieen 
erinnerten. Im iibrigen war das Wachstum verlangsamt derart, dad 
erst nach 24 Stunden die aufgehenden Kolonieen einigermaden deutlich 
zu erkennen waren. Die geringe Virulenz blieb jedoch bestehen. Bei 
3 abgeschw&chten Milzbrandst&mmen war jedoch das atypische Wachs¬ 
tum in Gestalt der geschlossenen, leicht gewellten Vaccinkolonieen 
auch in den weiteren Generationen zu beobachten, dasselbe war also 
konstant geworden. 

Aus den obigen Versuchen geht in Uebereinstimmung mit den Ver- 
suchen von R. Koch und seinen Mitarbeitern (1. c.). Sorbenheim (59) 
u. a. hervor, dad auf kdnstlichem Wege durch methodische Einwirkung 
desinfizierter Mittel chemischer und physikalischer Natur eine Ab- 
schw&chung der Milzbrandbacillen herbeigefflhrt werden kann, welche 
auder dieser physiologischen Ab&nderung eine Verlangsamung und vor- 
ilbergehende Ver&nderung im Wachstum zur Folge hat, die jedoch 
bleibend wird, wenn die sch&digende Einwirkung l&ngere Zelt anh&lt. 
Die Abweichungen der Vaccinst&bchen von morphologischer und 
kultureller Beziehung so auffallend, dad man erstere fflr eine andere 
Species halten konnte. G a m a 1 e i a (63) macht bereits darauf aufmerk- 
sam, dad die morphologischen und biologischen Unterschiede der Vaccins 
von den Milzbrandbacillen ebenso grod seien, als manche andere 
Differenzen bei Bakterien, die man gegenw&rtig noch zum Unterschiede 
von Arten benutzt. Die kfinstlichen Ab&nderungen der normalen Wuchs- 
form ist bei den h5heren Pflanzen keine auff&llige Erscheinung. Im 
Reiche der niederen Pflanzen, der Bakterien, hat man bisher an die 
Konstanz der Form gleich einem Gesetz festgehalten. Absolute Konstanz 
der Form gibt es aber auch bei den Bakterien nicht, wie die Involutions- 
und verschiedenen Wuchsformen einzelner Bakterien beweisen. Aber 
auch die morphologischen Abweichungen der Vaccinst&bchen kann nicht 
weiter auffallen, da die Gestalt der Milzbrandbacillen schon durch Passage 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


verschiedener Tierspecies stark beeinfluBt werden kann. Beim Rinde, Schaf 
und bei der Ziege sind die Milzbrandbacillen in der Regel linger und 
dtinner, wie bei der Maus. Martel (64) sah nach Passage des Milzbrand- 
bacillus durch den HundekSrper keine Fadenbildung in Bouillonkultur 
mehr. In derselben zeigten sich nur kurze St&bchenformen, die hochstens 
4-gliedrige, kurze Verb&nde bildeten. Oft waren die St&bchen so kurz, 
daB sie Kokken glichen. 

Auch das von dem normalen Wachstum der Milzbacillen abweichende 
Aussehen der Kolonieen der Pasteurschen Vaccinst&bchen wird nicht 
weiter liberraschen kdnnen, da notwendigorweise der Verlust des Aus- 
wachsens zu langen F&den in fliissigen Medien sich auch auf der Platte 
geltend machen muB, und die Folge davon ist das Ausbleiben der 
Haarlockenbildung, die Bildung von geschlossenen Kolonieen. In dem 
Aussehen der Kolonieen haben wir einen MaBstab fflr die 
Beurteilung des Abschw&chungsgrades der Milzbrand¬ 
bacillen. 

Die Frage, ob die Vaccinst&bchen durch Passage der grofien Haus- 
tiere wieder das typische Milzbrandwachstum annehmen kdnnen, konnte 
ich nicht entscheiden, da ich nicht die Gelegenheit hatte, ein im Ver- 
laufe der Pasteur schen Milzbrandschutzimpfungen an Impfmilzbrand 
eingegangenes Schaf Oder Rind zu sezieren und die todliche Infektion 
bei einem Schafe mit Vaccinst&bchen mir nicht gelang. Ich habe mit 
demselben negativen Erfolge, wie Koch, Gaffky und Ldffler (1. c.) 
versucht, die Virulenz des Pasteur schen Milzbrandvaccins No. 2 
durch fortlaufende Tierpassage, und zwar zuerst durch M&use, dann 
durch Meerschweinchen und zuletzt durch Kaninchen mit neben einher- 
gehender Zflcbtung in Bouillon, der ich frisches Schafblut zusetzte, 
zu erhohen. Zuletzt starben die Kaninchen bei Verimpfung von 0,1 ccm 
48-stflndiger Bouillonkultur nach 48 Stunden. Aenderung des Aus- 
sehens der Vaccinkolonieen war nicht eingetreten. Wenn nun die Be- 
obachtung Chauveaus (75) richtig ist, wonach abgeschw&chter Milz¬ 
brand in Bouillonkultur den Virulenzgrad ftlr diejenige Tiergattung an- 
nimmt, deren Blut man der Bouillon vorlier zugesetzt hat, so mufite 
die subkutane Impfung einer solchen Kultur einen Hammel tflten. Allein 
es gelang mir nicht, eine tbdliche Infektion bei einem einj&hrigen 
Hammel mit 15 ccm einer derartigen Bouillonkultur, dem Endprodukt 
der fortlaufenden Passage von je 5 M&usen, Meerschweinchen und 
Kaninchen, herbeizufiihren. Jedoch sei dem, wie ihm wolle, es ist ohne 
weiteres zuzugeben, daB die M5glichkeit der kunstlichen Abschw&chung 
von Milzbrandkulturen mit gleichzeitigem atypischen Wachstum die Be- 
deutung der charakteristischen Kolonie des virulenten Milzbrandes fflr 
die praktische Milzbranddiagnose nicht beeintr&chtigen kann. Es ist 
namentlich in Betracht zu ziehen, daB die meisten Autoren, welche sich 
mit kfinstlicher Abschw&chung besch&ftigt haben oder spontan avirulent 
gewordene Milzbrandkulturen untersuchten, erw&hnen, daB trotz des 
Verlustes der Virulenz Ver&nderungen in morphologischer und kultureller 
Hinsicht nicht zu konstatieren waren in gleicher Weise, wie dies 
Behring und Lehmann (1. c.) bei dem sporenlosen Milzbrand fest- 
stellen konnten. Aber auch selbst wenn man ein naturliches Vorkommen 
von derartig abgeschw&chtem Milzbrand mit atypischem Wachstum in 
Sporenform annehmen wollte, dflrfte eine Infektion mit demselben bei 
unseren Haustieren vom Darmkanal aus als sehr fraglich erscheinen. 
Ich habe einem Hammel 6 sporenhaltige Kulturen der hochgezflchteten 


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Bongert, Beitriige zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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St&bchen von Vaccin II per os eingegeben, ohne daB das Tier irgend- 
welche Erankheitsymptome oder Temperatursteigerung zeigte. Anderer- 
seits ist eine Abschwachung des Milzbrandes in der Sporenform, in 
welcher er sich im Erdboden befindet, undenkbar. Die Sporen sind die 
Dauerform und bewahren die Virulenz, welche die Bacillen besafien, aus 
denen sie entstanden sind. 

Ich habe nun die anderen Metboden der Abschwachung des Milz¬ 
brandbacillus, welche den natiirlicben Verhaltnissen entsprechen, auf 
ihren EinfluB auf das Aussehen der Milzbrandkolonieen untersucht und 
zwar die Besonnung sporenbaltiger Kulturen (Arloing [66]), die 
Passage durch den Organismus milzbrandimmuner Tiere und die Ein- 
wirkung von Faulnis- und Bakterientoxinen auf Milzbrandbacillen und 
Sporen. 

Drei 4-tagige Agarplatten mit getrennt aufgegangenen Milzbrand¬ 
kolonieen und reichlicher Sporenbildung setzte ich an 3 aufeinander- 
folgenden Tagen bei standig klarem Himmel von morgens 10 Uhr bis 
nachmittags 5 Uhr den senkrechten Strahlen der Julisonne aus. Nach 
somit 21-stQndigem Besonnen priifte ich die Lebensfahigkeit der Milz¬ 
brandkolonieen durch Plattenaussaat. Ich iibertrug von jeder Platte je 
2 ganze Milzbrandkolonieen in flilssigen Agar und goB diesen ohne 
Verdflnnung zur Platte aus. Nach 48-stQndigem Aufenthalt im Brut- 
schrank zeigten sich 3 Platten steril, in 2 Platten gingen ca. 50 Kolonieen 
und in 1 Platte 5 Kolonieen mit typischem Milzbrandwachstum auf. 
Die Verimpfung der aufgegangenen Milzbrandkolonieen, 1 Oese an 
1 Meerschweinchen und 2 Mause hatte den Tod der Tiere innerhalb 
24-48 Stunden zur Folge. Durch die Insolation nach der Arloing- 
schen Methode wird also keine Abschwachung der Milzbrandbacillen bis 
zur Avirulenz, sondern ein allmahliches Absterben der lebensfahigen 
Milzbrandkeime herbeigefiibrt. 

Sodann impfte ich mehrere groBe Frosche mit virulentem Milzbrand- 
material, und zwar 2 mit sporenhaltiger Kultur in den Riickenlymph- 
sack und bei 2 fiihrte ich in letzteren die stark bacillenhaltige Milz von 
Milzbrandmausen ein. Bei der nach 7, 9, 13 und 15 Tagen vorge- 
nommenen Totung konnte ich feststellen, daB die Zahl der auf der 
Platte aufgehenden Milzbrandkolonieen allmahlich abnahm, eine Aende- 
rung im typischen Aussehen derselben trat jedoch nicht ein. In den 
Ausstrichpraparaten der eingebrachten Mausemilz fanden sich neben 
schlecht gefarbten Milzbrandstabchen in groBerer Zahl Involutionsformen 
derselben, namentlich viele an beiden Enden ahnlich einer Cigarre zu- 
gespitzte Stabchen, auBerdem in geringer Zahl vollkommen intakte, gut 
gefarbte Milzbrandbacillen mit schoner Kapsel (Phot. 4). In den Aus- 
strichen der Impfstelle der mit Kultur geimpften Frosche befanden sich 
einzelne freie Sporen und sporenhaltige, in Zerfall begriffene Milzbrand¬ 
stabchen. Die Kulturen aus dem Herzblut von 4 Froschen blieben 
steril. 2 Mause, welche mit den Milzbrandkolonieen geimpft wurden, 
welche aus den in den Lymphsack eingebrachten und 13 Tage lang 
darin verbliebenen Milzen aufgegangen waren, starben nach 24—36 
Stunden, desgleichen auch ein Meerschweinchen. Es ist somit der Be- 
weis erbracht, daB durch die Passage der milzbrandimmunen Frosche 
keine Abschwachung der Milzbrandbacillen herbeigefiihrt wird, wie man 
bisher angenommen hat, sondern daB nur eine nach und nach erfolgende 
Abtdtung durch Behinderung des Wachstums stattfindet, wie von 
Lubarsch (67) bereits festgestellt wurde, und daB durch den Auf- 


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enthalt im Organismus milzbrandimmuner Tiere das Wachstum der 
uberlebenden Milzbrandbacillen eiDe Aenderung von der Norm nicht 
erffihrt 

Endlich untersuchte ich, ob durch die Einwirkung der ver- 
schiedensten Bakterien eine Abschwfichung der Milzbrandbacillen und 
damit eine VerSnderung im Wachstum auf der Platte herbeigeffihrt wird. 
Ich habe aber bei den vielfachen Untersuchungen in dieser Richtung 
eine Virulenzabnahme fur kleine Versuchstiere und eine Anomalie im 
Wachstum nicht feststellen konnen. Solange ein lebensffihiger Milz- 
brandkeim noch vorhanden ist, kann man auch auf das Aufgehen einer 
typischen Milzbrandkolonie rechnen. Ich habe Milzbrandsporen in 
faulendem Blute aufgeschwemmt und ca. 1 Jahr lang in verkorkten 
Flaschen aufbewahrt, aber eine Abnahme der Virulenz und eine Ver- 
finderung im Wachstum nicht konstatieren konnen. 

Ich glaube somit bewiesen zu haben, daB das bekannte Aussehen 
der Milzbrandkolonieen charakteristisch und konstant ist, und daB das- 
selbe einen sicheren Anhalt fiir den Nachweis des Milzbrandes fur die 
Ffille der Praxis gew&hrt. 


Untersuchungen fiber die zweekmfifiigste Art der Aufbewahntng 

von Mllzbrandmaterlal. 

In dem ersten Teil der Arbeit, der Untersuchung fiber den Nach- 
weis der Milzbrandbacillen, hatte ich bereits darauf hingewiesen, daB 
die gebrauchlichen Methoden der Aufbewahrung von Milzbrandmaterial 
auf den bakteriologischen Nachweis nur eine nebensfichliche Bedeutung 
besitzen, und daB es hauptsfichlich auf die mehr oder minder zahlreich 
vorhandenen sekundfiren Bakterien und auf die AuBentemperatur an- 
kommt. Sind die beiden letzten Bedingungen gegeben, dann ist keine 
der bisher gebrauchlichen Methoden im stande, die Ffiulnisprozesse auch 
nur auf kttrzere Zeit aufzuhalten. Am lebhaftesten werdeu sich diese 
in dem halbflfissigen Material einer Flasche entfalten kfinnen, anderer- 
seits wird ein kompaktes Milzstflck, welches oberflfichlich eintrocknen 
kann, weniger leicht und schnell Ffiulnisprozessen anheimfallen. Aber 
auch das von 011 (1. c.) empfohlene Beschicken der Durchbruchsflfiche 
einer gekochten Kartoffel mit etwas Milzbrandmaterial hat nur dann den 
beabsichtigten Erfolg der Vermehrung und Sporenbildung der Milzbrand¬ 
bacillen, wenn das Material frisch und einigermaBen rein ist. Sobald die 
Besfiung der Kartoffel am 2.-3. Tage nach dem Tode des Tieres bei 
hoher AuBentemperatur erfolgt, werden die Milzbrandbacillen von den 
Faulnisbakterien ttberwuchert und unterdrttckt, die Vermehrung und 
Sporenbildung bleibt aus, die Milzbrandbacillen gehen in kurzer Zeit zu 
Grunde. Ich habe feststellen kfinnen, daB in faulendem Material der 
Milzbrandbacillus in der Regel trotz hoher AuBentemperatur und freiem 
Luftzutritt keine Sporen bildet, sondern zu Grunde geht. Ich komme 
hierauf noch eingehender zurfick. 

Von der Tatsache ausgehend, daB in Reinkulturen der Milzbrand¬ 
bacillus nach Verlauf von 24 Stunden bereits Sporen bildet, glaubte ich 
im Anfang, daB auch die Milzbrandbacillen aus dem Kadaver auf impro- 
visierten, flberall leicht zu beschaffenden Nahrsubstraten wachsen und 
bei sachgemafiem Transport in der Rocktasche unter dem EinfluB der 
Kfirperwfirme auch Sporen bilden wflrden. Ich machte nun verschiedene 
Versuche mit Milch, welche ich in Reagenzrfihrchen unter st&ndigem 
Umschfitteln mehrere Minuten lang fiber der Flamme kochte und nach 


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Bongert, Beitrfige zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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dem Abktthlen mit Milzbrandmaterial impfte. Weiterhin brachte ich 
frisches HtthnereiweiB auf der Mitte eines flambierten ObjekttrSgers zum 
Gerinnen und legte auf diesem festen Nahrboden mehrere Impfstriche 
an. Alsdann trug ich diese Rtthrchen und Objekttrager sorgsam ver- 
packt 1—1V, Tage bei mir, wenn die Aufientemperatur unter 20° stand. 
Aber alle diese Versuche schlugen fehl, wie bei der Oltschen Methode; 
sobald das Material FSulniskeime enthielt, wurden die Milzbrandbacillen 
tiberwuchert. Im Gegenteil, diese Versuche leisteten unter diesen Ver- 
haltnissen weniger, wie die gewdhnlichen Aufbewahrungsmethoden. Es 
mufite daher meine Aufgabe sein, eine Konservierungsmethode ausfindig 
zu machen, vermoge deren die Milzbrandbacillen im faulenden Material 
von der schadlichen Konkurrenz der Faulniskeime befreit werden, so 
dafi sie far langere Zeit ihre Lebensfahigkeit bewahren konnen. Wflrde 
es sich nur um Erhaltung der Form der Milzbrandbacillen mit Rttcksicht 
auf die Moglichkeit des morphologischen Nachweises in Ausstrichprttpa- 
raten handeln, so kOnnte man dieses sehr gut durch Zusatz von 1 %o 
Sublimatlosung zu abgestrichener Milzpulpa Oder Blut in einer Flasche 
erreichen. Wie festes Gewebe, so werden auch hier die zelligen Ele- 
mente und die Bakterien in dem flussigen Medium in dem Zustande, in 
welchem sie sich augenblicklich befinden, fixiert, die Faulnis sistiert und 
intakte Milzbrandbacillen lassen sich auf diese Weise noch nach Wochen 
erkennen. Da wir mit Rttcksicht auf den erforderlichen biologischen 
Nachweis der Milzbrandbacillen auf die Lebensfahigkeit derselben nicht 
verzichten konnen, hat die Konservierung mit Sublimat Oder einem 
sonstigen Fixierungsmittel keinen praktischen Wert fQr unsere Zwecke. 

Die Faulnisprozesse, welche die Milzbrandbacillen zerstttren, sind 
an einen gewissen Grad von Feuchtigkeit gebunden. Das Gesetz „Cor¬ 
pora non agunt nisi fluida u hat nicht nur fttr die chemischen Prozesse 
Gttltigkeit, sondern dasselbe ist auch conditio sine qua non fttr jedes 
organische Leben, welches es auch sein mag, so auch fttr das Wachstum 
der Bakterien, z. B. die Faulnisprozesse. Es lag also nichts n&her, als 
das Milzbrandmaterial eintrocknen zu lassen und zu sehen, wie lange 
sich die Milzbrandbacillen im eingetrockneten Zustande lebensfahig er- 
halten. Ich trug zu dem Zwecke die abgestrichene Milzpulpa in dicker 
Schicht auf Objekttrager auf, wobei der Rand und die beiden Enden 
freigelassen wurden, und lieB das Material in der Rocktasche, durch 
zweckmafiiges Verpacken genttgend gesichert, bei Zimmertemperatur und 
im Eisschrank langsam eintrocknen. Es war nun festzustellen, wie lange 
unter diesen Verhaltnissen der Milzbrandbacillus seine Lebensfahigkeit 
und sein Fortpflanzungsvermttgen bewahrt. Durch viele Versuche habe 
ich nun konstatieren kdnnen, dafi der Milzbrandbacillus in dicker Schicht 
auf Objekttragern eingetrocknet, in der Regel 10—14 Tage, mitunter 
aber 3 Wochen und noch langer sich lebens- und entwickelungsfahig 
erhalten kann. In dem eingetrockneten Zustande erfolgt ein ganz all- 
mahliches Absterben der Milzbrandbacillen. Hiervon kann man sich 
durch periodisch vorgenommene Plattenaussaat ttberzeugen. Die Zahl 
der aufgehenden Kolonieen nimmt immer mehr ab, die Verwendung 
gleicher Mengen des eingetrockneten Materials zur Plattenaussaat 
vorausgesetzt, bis schliefilich selbst bei reichlicher Aussaat keine einzige 
Milzbrandkolonie mehr aufgeht. Hieraus ist zu folgern, dafi die Ein- 
trocknung von reichlichem Ausgangsmaterial in dicker Schicht eher 
die Aussicht auf einen fttr langere Zeit ermoglichten Nachweis der Milz¬ 
brandbacillen gewahrt, als in dttnner Schicht. Bei der grdfieren Anzahl 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


der Milzbrandbacillen in dicker Schicht ist eher mit dem Vorhandensein 
von lebensfahigen Bacillen zu rechnen, welcbe den schadlichen Einflussen 
der Eintrocknung langere Zeit widerstehen. Aus demselben Grunde ist 
auch der Nachweis im bacillenreichen, eingetrockneten Material linger 
moglich, wie im bacillenarmen. Ich glaubte anfangs, daB fflr das Ge- 
lingen einer mflglichst langen Konservierung der Milzbrandbacillen auf 
das Ausstreichen in dicker Schicht der Nachdruck zu legen sei, und 
babe dies auch in der vorlaufigen Mitteilung im 7. Heft des XII. Jahr- 
ganges der Zeitschrift fflr Fleisch- und Milchhygiene, worin ich diese 
Methode als zweckmfiBig fflr die Aufbewahrung von Milzbrandmaterial 
zum Zwecke des spfiteren Nachweises empfahl, zum Ausdruck gebracht 
Das Ausstreichen in dicker Schicht hat aber nach den obigen Aus- 
fflhrungen im Prinzip nur eine nebensachliche Bedeutung, sie empfiehlt 
sich aber, da hierdurch die Eintrocknung und Fixierung mdglichst vieler 
Milzbrandbacillen am sichersten und zweckmfiBigsten erreicht wird. Be- 
zflglich der Moglichkeit des Nachweises wflrde man dasselbe erreichen 
kflnnen, wenn die gleiche Menge Material in dflnner Schicht ausge- 
strichen wflrde. Durch Parallelversuche konnte ich nachweisen, dab in 
groBerer Flache dfinn ausgestrichenes Milzbrandmaterial ebenso lange 
den Nachweis der Milzbrandbacillen in der Platte gestattete, wie die 
dick mit demselben Material bestrichenen Objekttrager, vorausgesetzt, 
daB dieselbe Menge eingetrockneten Materials zur Aussaat verwandt 
wurde. Auch die Art der Eintrocknung, ob bei hoher oder niedriger 
AuBentemperatur, ob langsam oder schnell, ist belanglos. Eine ver- 
zogerte Eintrocknung, z. B. durch Behinderung der Verdunstung herbei- 
geftthrt, kann unter Umstfinden bei gflnstiger Temperatur Sporenbildung 
ermoglichen, wenn das Material frisch ist In den meisten Fallen wird 
aber die verzogerte Eintrocknung den beabsichtigten Zweck der moglichst 
langen Konservierung durch Sporenbildung vereiteln, da eine Ueber- 
wucherung durch Fflulniskeime hierdurch begflnstigt wird. Die An- 
nahme, daB eine allmahliche, spontane Eintrocknung die Lebensfahigkeit 
der Milzbrandbacillen weniger schadigt, wie eine schnell erfolgende, trifft 
nicht zu. Bei schnell herbeigefflhrter Eintrocknung im Exsikkator fiber 
Chlorcalcium oder Schwefelsfiure blieben die Milzbrandbacillen ebenso 
lange lebensffihig, wie bei spontaner Eintrocknung. 

Bei der Konservierung der Milzbrandbacillen durch Eintrocknung 
habe ich nur in einem Falle unter vielen Versuchen Sporenbildung nach¬ 
weisen konnen. Um die Zuverlflssigkeit der Methode des Eintrocknens 
von Milzbrandmaterial auf Objekttragern zu erhflhen, versuchte ich 
mehreremal nach der Buchnerschen Methode durch Hinzufflgen von 
Aqua dest. oder 2-proz. NaCl-Losung in dem Objekttr&germaterial 
Sporenbildung herbeizuffihren. Die Versuche in dieser Richtung miB- 
langen jedoch alle, da, wie bei der verzogerten Eintrocknung eine schnelle 
Ueberwucherung mit Fflulniskeimen wegen des hohen Feuchtigkeitsge- 
haltes eintrat. 

Die Dauer der Moglichkeit des Nachweises der Milzbrandbacillen im 
getrockneten Zustande hflngt von der Menge der lebensfahigen Bacillen 
ab, welche zur Eintrocknung gebracht worden sind. Da nun im Kadaver 
die Zahl der lebensfahigen Milzbrandbacillen rasch abnimmt, wird 
man also um so lfinger in dem eingetrockneten Objekttrfigermaterial 
lebensfahige Milzbrandbacillen nachweisen kdnnen, je frflher nach dem 
Tode des Tieres das Milzbrandmaterial durch Eintrocknen fixiert wurde, 
wfihrend uingekehrt das eine Zeit nach dem Tode entnommene und zum 


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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


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Eintrocknen gebrachte Untersuchungsmaterial nur eine beschrankte An- 
zahl von Tagen linger den Nachweis der Milzbrandbacillen ermoglichen 
wird, wie das Ursprungsmaterial. In alien Versuchen habe ich nun 
feststellen konnen, daB bei vollkommen negativen Befunden des nicht 
eingetrocknet aufbewahrten Ausgangsmaterials, in welchem Milzbrand¬ 
bacillen kulturell nicht mehr nachzuweisen waren und Deckglasausstriche 
schon l&ngst im Stiche lieBen, in der Regel noch 8 Tage spater und 
noch l&nger in den mit dem eingetrockneten Material bes&ten Platten 
makroskopisch erkennbare Milzbrandkolonieen aufgingen (s. Tab.). Die 
Herstellung von Verdtinnungen hat sich dabei als iiberfltissig herausge- 
stellt, da die Milzbrandkolonieen ohne solche ebenfalls isoliert aufgehen. 
Das Anlegen der Plattenkulturen vereinfacht sich hierdurch ganz be- 
deutend, es erfordert keine besonderen technischen Fertigkeiten und ist 
den praktischen Verhaltnissen angepaBt. Man schabt das auf dem Objekt- 
tr&ger eingetrocknete Material mdglichst fein mit einem flambierten 
Messer in eine sterile Petrische Doppelschale und gieBt verflflssigten 
und wieder auf 43° abgekiihlten Agar fiber die zerkleinerten Milz- oder 
Blutpartikelchen. Innerhalb 24 Stunden sieht man alsdann meistenteils 
isolierte Milzbrandkolonieen aufgehen, welche aus den kleinen Partikel- 
chen des Aussaatmaterials hervorwachsen. Ist jedoch die Entnahme der 
Milzbrandprobe spat nach dem Tode des Tieres erfolgt und eine starke 
Verunreinigung mit Faulniskeimen vorhanden, so ist die Herstellung 
einer Aufschwemmung des eingetrockneten Untersuchungsmaterials in 
sterilere FlQssigkeit erforderlich, in welchen sich die trockenen Milz- 
oder Blutpartikelchen bald aufiSsen. Diese Aufschwemmung verteilt 
man auf eine groBere Anzahl steriler Petrischen Schalen, gieBt ver- 
flflssigten Agar herttber und vermischt letzteren mit der Aussaatfltissigkeit. 

Als Material zur Eintrocknung zwecks spaterer bakteriologischer 
PrQfung empfiehlt sich Milzpulpa und bei vorgeschrittener Faulnis Hals- 
venenblut gemaB dem von Kitt gemachten und begrttndeten Vorschlage. 

Nach meiner vorlaufigen Mitteilung in der Zeitschrift fur Fleisch- 
und Milchhygiene erschien in dem Doppelheft 3/4 des XXVII. Bandes 
des Archivs fiir wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde eine 
Arbeit von Hosang, welcher ebenfalls das Eintrocknen von Milzbrand- 
material in dicker Schicht an Objekttragern als ein zweckmaBiges Ver- 
fahren zur Aufbewahrung behufs spaterer bakteriologischer Untersuchung 
empfahl. Die Priifung der Zweckmafiigkeit des Verfahrens erstreckte 
sich nur auf die mikroskopische Untersuchung und die Impfung, den 
kulturellen Nachweis hat Hosang aufier acht gelassen. H. konnte mit 
24 und 48 Stunden alten eingetrockneten Blut- und Milzproben, welche 
4 Tage nach dem Tode einem an Impfmilzbrand eingegangenen Meer- 
schweinchen oder einer Maus entnommen wurde, durch Impfung von 
Mausen den Nachweis von Milzbrandbacillen fiihren. Mit Sicherheit ge- 
lang H. der Nachweis der Milzbrandbacillen bei seiner Versuchsan- 
ordnung bis zum 6. Tage nach dem Tode des Meerschweinchens bezw. 
der Maus, von da an erfolgte der Tod der Impfmause an Milzbrand un- 
regelmaBig, oder die Impfung versagte ganz. 

Die wenigen Untersuchungen von H. an kleinen Versuchstieren ge- 
statten jedoch keinen RiickschluB auf ahnliche Verhaltnisse bei den groBen 
Haustieren, auf die es doch in der Praxis allein ankommt. Zunachst 
sind die Faulnisprozesse bei unseren groBen Haustieren ganz anderer 
Art, sie verlaufen viel lebhafter und schneller, wie bei den kleinen Ver¬ 
suchstieren. Dazu kommt noch, daB letztere nach dem Tode sehr bald 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 8. 


auskiihlen, wodurch die F&ulnisprozesse aufgehalten werden, wShrend in 
den groBen unerSffneten Tierkadavern wegen des grdBeren Umfanges 
ein Auskfihlen nur sehr langsam erfolgt und sehr bald stinkende Faulnis 
eintritt W&hrend in uneroffneten Milzbrandkadavern der groBen Haus- 
tiere schon innerhalb 24—48 Stunden durch die Faulnis die Milzbrand- 
bacillen vemichtet werden kbnnen, gelingt der Nachweis bei unerSffneten 
Milzbrandm^usen, wie bereits erw&hnt, in Ausstrichprftparaten und durch 
die Plattenkultur in der Regel noch 8—10 Tage nach dem Tode, also 
ebenso lange und noch l&nger, wie Ho sang in dem eingetrockneten 
Milzbrandmaterial von M&usen und Meerschweinchen nachweisen konnte. 
Die Versuchsergebnisse von H. kSnnen auch aus dem Grunde als strikter 
Beweis fur die l&ngere Lebensf&higkeit der Milzbrandbacillen im einge¬ 
trockneten Zustande, als wie im Kadaver, selbst nicht angesehen werden, 
da H. gleichzeitig auszufiihrende Untersuchungen an den Versuchstieren 
selbst, denen er das Material zum Eintrocknen entnahm, nicht vorge- 
nommen hat. Auch ist H. auf das Wesen der Eintrocknung selbst nicht 
eingegangen. Ein Vergleich meiner Versuchsergebnisse mit denen von 
H. laBt aber gerade den Wert des Plattenverfahrens gegeniiber der 
Impfung besonders hervortreten. 

Aus meinen Versuchen liber die Nachweisbarkeit der Milzbrand¬ 
bacillen im eingetrockneten Milzbrandmaterial geht hervor, daB dieselben 
sich bedeutend linger lebensf&hig erhalten, als wie man bisher ange- 
nommen hat. Voraussetzung dazu ist, daB die Milzbrandbacillen vor 
der sch&dlichen Einwirkung der Faulnisbakterien geschlitzt werden, und 
das geschieht am sichersten im eingetrockneten Zustande. 

Auf die lange Lebensf&higkeit der Milzbrandbacillen im einge¬ 
trockneten Zustande hat zuerst, soweit ich aus der Literatur entnehmen 
konnte, Momont (68) hingewiesen. Als ich die Eintrocknung von 
Milzbrandmaterial auf ihre ZweckmaBigkeit fur eine sp&ter vorzunehmende 
Untersuchung prufte, kannte ich die Arbeit von Momont noch nicht. 
Ich hielt mich an die in den meisten Lehrbiichern iiber die Lebens- 
f&higkeit der Milzbrandbacillen enthaltenen Angaben, wonach die Milzbrand¬ 
bacillen eine sehr geringe Tenacit&t gegenliber auBeren Einfliissen besitzen 
und bald zu Grunde gehen, w&hrend die Milzbrandsporen auBerst resistent 
sind. R. Koch (1. c. p. 50 u. 243) gibt an, daB die Milzbrandbacillen 
in dauernd trockenem Zustande sich nur kurze Zeit lebensfahig erhalten 
kSnnen. Momont konnte experimentell nachweisen, daB der Milzbrand- 
bacillus im eingetrockneten Zustande sich bis zum 57. Tage lebensfahig 
erhalten kann. Auf die Momontsche Arbeit scheint sich auch die im 
Kittschen Lehrbuch, 3. Aufl., p. 271, befindliche FuBnote und die in 
der Friedberger und FrShnerschen Pathologic und Therapie der 
Haustiere, 4. Aufl., p. 478, enthaltene Angabe zu beziehen, wonach 
Milzbrandbacillen bis zum 60. Tage virulent bleiben konnen. Momont 
stellte seine Versuche derart an, daB er sofort nach dem Tode eines an 
Milzbrand gestorbenen Kaninchens 1—2 Tropfen Herzblut auf dem 
Boden von sterilen Reagenzrohrchen ausstrich, im Exsikkator iiber 
Schwefels&ure schnell zum Eintrocknen brachte und bei 16—22° und 
bei 33° bei Gegenwart von Luft und im Vakuum aufbewahrte. Alle 
2 Tage wurde zu je einem RShrchen Bouillon gefiigt und festgestellt, ob 
der Milzbrandbacillus auswachst. Bei Zimmertemperatur und Luftzutritt 
lebte der Milzbrandbacillus 57 Tage. Die erhaltenen Kulturen gingen 
oft erst nach 24 Stunden an. Eine Abschw&chung vor dem Tode war 
aber nicht eingetreten, denn die erhaltenen Kulturen tbteten ein Meer- 


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Bongert, Beitrftge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc. 


791 


schweinchen in 30 Stunden. Bei 33 0 und Luftzutritt lebten die Bacillen 
45 Tage. An Seidenfaden eingetrocknet, hielten sich die Milzbrand- 
bacillen bis zu 70 Tagen entwickelungsf&hig, ohne daB Abschw&chung 
erfolgte. Ich habe die Momontschen Versuche des Eintrocknens ste- 
rilen Milzbrandblutes in Reagenzrbhrchen nachgeprQft und kann im 
groBen und ganzen das Resultat derselben bestatigen. M. glaubte durch 
die schnelle Eintrocknung im Exsikkator die Sporenbildung auszu- 
schlieBen, obwohl er den Beweis hierfiir nicht geftihrt hat. Durch nega¬ 
tive Kulturergebnisse mit der H&lfte einer Aufschwemmung des auf dem 
Boden des Rbhrchens eingetrockneten Bluttropfens nach vorheriger Er- 
hitzung eine Stunde auf 70°, w&hrend die andere, nicht erhitzte H&lfte 
der Aufschwemmung eine Milzbrandkultur lieferte, konnte ich mich in 
mehreren Fallen iiberzeugen, daB in der Tat bei dieser schnellen Ein¬ 
trocknung eine Sporulation der Milzbrandbacillen nicht moglich ist. Bei 
einer von 5 Versuchsreihen gelang mir der Nachweis der Milzbrand¬ 
bacillen bis zum 51. Tage, in den 4 anderen bis zum 35.—40. Tage. 
Mehrfach konnte ich konstatieren, daB oft schon vom 20. Tage an ganz 
unregelmaBig einzelne Rohrchen steril blieben, wfthrend andere der¬ 
selben Versuchsreihe noch eine ganze Anzahl von Tagen sp&ter eine 
Milzbrandkultur lieferten. Es kann diese Erscheinung nach den obigen 
Ausfuhrungen nicht weiter auffallen, da das Absterben der Milzbrand¬ 
bacillen im eingetrockneten Zustande nicht etwa auf einmal erfolgt, 
sondern ganz allm&hlich, woriiber allerdings die Bouillonkultur keinen 
AufschluB geben kann, weil ein lebensf&higer Milzbrandbacillus ebenso- 
gut eine Kultur erzeugen wird wie 100 Bacillen, wenn auch etwas sp&ter, 
wohl aber die Plattenkultur. Diese allmahliche Abnahme der Zahl der 
lebensfahigen Milzbrandbacillen erklart auch das spate Angehen der 
Kultur; es ware unrichtig, hieraus auf eine Abnahme der Keimfahigkeit 
der Milzbrandbacillen zu schlieBen, zumal die Kulturen, wie Momont 
hervorhebt, sich vollkommen virulent zeigten. Ueber die Art des Ab- 
sterbens hat Momont keinen Ueberblick gewinnen kflnnen, da er seine 
Kulturversuche in der aufgefiillten Bouillon nicht durch Plattenaussaat 
auf die Zahl der aufgehenden Kolonieen kontrolliert hat Sodann ist 
noch in Betracht zu ziehen, daB Momont die Wirkung der Eintrocknung 
nur an sterilem, frischem Milzbrandmaterial geprtift, dieselbe an faulendem 
Material jedoch nicht entschieden hat. 


Erkl&rung der Photogramme. 

Phot. No. 1. Oedembacillen mit Kapseln aus 48-stundigem Milzbrandmaterial 
(Kuh No. 2). 

Phot. No. 2. Milzbrandbacillen aus der Milz vom Rind No. 10, 8. Tag. 

Phot No. 3. Oedembacillen mit deutlicher Kapsel aus der Milz von einem an 

Bauchfellentzundung geatorbenen Rinde. 

Phot. No. 4. Oberflachliche Milzbrandkolonie. 

Phot. No. 5. Tiefe Milzbrandkolonie. 

Phot. No. 6. Oberflachliche milzbrandahnliche Kolonie. 

Phot. No. 7. Tiefe milzbrandahnliche Kolonie. 

Phot. No. 8. Tiefe Milzbrandkolonie in einem Gemisch von Faulnisstabchen. 
Phot. No. 9. Tiefe Kolonie von Faulnisstabchen. 

Phot No. 10. Kolonie von Pasteurschem Vaccin II. 

Phot. No. 11. Abgeschwachter Milzbrand, 4mal iibergeimpft nach Phisalix; 
28 Tage bei 42—43°. 

Phot No. 12. Milzbrandkolonie aus Huhnerbouillon, 38 Tage bei 42—43° ge- 
halten. Uebergang zum Geschlossenwerden der Kolonie. 

Phot. No. 13. Abgeschwachte Milzbrandkolonie aus karbolisierter 30-tagiger 
Bouillonkultur, 8 Tage bei Bruttemperatur von 37 °, 22 Tage lang bei 42—43 0 gehalten. 
Vollkommen vaccinahnlich. 


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792 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 8. 


Phot. No. 14. Abgeschwachter Milzbrand, nach der Methode Surmout-Ar- 
nould hergeetellt. Vollkommen geschlossene Kolonie, nur noch pathogen fiir Mause. 

Die rhotogramme No. 1, 2 und 3 sind mit Oelimmereion Zeiss 2 mm, Proj.- 
Oknlar No. 4 bei gleichbleibendem Kammerauszug aufgenommen, Phot. No. 4 mit Obj. 
Zeiss 8 mm, Proj.-Okular No. 2 und die ubrigen Photogramme mit Obj. Zeiss 16 mm, 
Proj.-Okular No. 2. 

(Fortsetzung folgt.) 


Naehdruck verboten. 

Bemerkungen zu dem Artikel von Prof H. Bonhoff: 
„Zum Streit um den Meningococcus" (OentralbL f. Bakt etc. 
Abt I Orig. Bd. XXXIY. No. 2. p. 143). 

[Aus dem pathoL-anatom. Institute in Wien (Prof. A. Weichselbaum).] 
Von Prof. H. Albrecht und Prof. A. Ghon. 

In dem oben genannten kurzen Aufsatz sah sich Bonhoff ver- 
anlafit, einen „Irrtum“ richtig zu stellen, der sich in unseren Arbeiten 
fiber den Micr. mening. c. -sp. findet. Diesen Irrtum haben wir dadurch 
begangen, dafi wir 1) in unserer Arbeit vom Jahre 1901 (Wiener klin. 

Wochenschr. No. 41) sagten: „.Der Umstand, dafi die Kahm- 

hautbildung in Fleischbrfihekultur niemals erwfihnt wird . . . .“ und 
dafi wir 2) in der Entgegnung auf Jaegers Angriff (Centralbl. ffir 

Bakt etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII) sagten: „.der die allerdings 

neue Beobachtung der Kahmhautbildung in Fleischbrfihekulturen bringt 
. . . .“ Demgegenfiber stellte nunmehr Bonhoff fest, dafi er in seiner 
Arbeit vom Jahre 1901 (Mflnch. medizin. Wochenschr. No. 3), die „®/4 
Jahr* vor unserer erstgenannten erschienen war, der Kahmhautbildung 
in Fleischbrfihekulturen des Micr. mening. c.-sp. bereits Erw&hnung 
getan hat. 

Diese von Bonhoff festgestellte Tatsache ist ohne weiteres richtig. 

Wir bedauern lebhaft, diese „unzweifelhafte Tatsache u in unseren 
Arbeiten nicht besonders hervorgehoben zu haben, sind aber leider 
heute nicht mehr in der Lage, sicher angeben zu kdnnen, welchem Um* 
stande wir es zuschreiben mfissen, dafi die Wttrdigung dieser Tat¬ 
sache von uns seinerzeit unterlassen wurde. 

Bonhoff selbst erscheint diese Angelegenheit — wie er ausdrfick- 
lich sagt — nicht „von grofier Wichtigkeit u , er will die „unzweifelhafte 
Tatsache a nur ihrer selbst wegen festgestellt wissen. 

Dieser Meinung Bonhoffs, dafi die Angelegenheit wirklich nicht 
von „grofier Wichtigkeit“ sei, mdchten wir uns vollkommen anschliefien, 
sehen uns aber nunmehr gleichfalls genotigt hier eine n unzweifelhafte 
Tatsache“ festzustellen, die mfiglicherweise den von uns begangenen 
„Irrtum“ als entschuidbar finden lassen dfirfte. 

Diese Tatsache ist folgende: 

Wie aus Weichselbaums Arbeit: „Ueber die literarischen 
Schicksale des „Diplococcus intracellularis meningitidis* 
und seine fitiologische Bedeutung* (Centralbl. ffir Bakt. etc. 
Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. 1903. p. 525) hervorgeht, gab die Verwirrung, die 
Yorwiegend durch Jaeger in die Frage fiber die Aetiologie der epide- 
mischen Genickstarre gebracht worden war, Veraniassung, dafi uns 


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Centralbl . f. Bakt. Abt. I. Bd. XXXIV. Tafel II. 


Bongert , Milxbrandbacillm 


Verlng von Gustav Fischer in Jena. 

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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus. 


793 


Weichselbaum eine Neubearbeitung dieser Frage fibertrug. Wir 
nahmen diese Arbeit, wie gleichfalls aus dem zitierten Artikel Weichsel- 
baums und auch aus unserer Arbeit vom Jahre 1901 hervorgeht (p. 5 
des Sonderabdruckes) bereits im Jahre 1896 auf und verfiigten schon 
in diesem Jahre fiber eine ganz ansehnliche Anzahl einschlagiger Falle 
— 12 — die es uns ermdglichten, alle biologischen Eigenschaften des 
Micr. mening. c.-sp. kennen zu lernen. 

Das war also im Jahre 1896, 4 Jahre friiher als Bonhoff 
seinen Fall von Genickstarre zu untersuchen Gelegenheit hatte. 

Auf Grund dieser in seinem Institute ausgeftihrten 
Untersuchungen hat Weichselbaum, der in seiner grundlegenden 
Arbeit liber den Erreger der epidemischen Genickstarre (Fortschritte 
der Medizin. 1887) die Kahmhautbildung in Fleischbriihekulturen nicht 
erw&hnt — und wie er uns zu erklaren ermachtigt — auch nicht be- 
obachtet hatte, die genannte Eigentiimlichkeit des Micr. mening. c.-sp., 
in Fleischbriihekulturen ein Oberfiachenhautchen zu bilden, neben 
anderen nicht gekannten und bis dahin auch nicht erw&hn- 
ten Eigenttimlichkeiten dieses Coccus auch in seine „Parasitologie“ 
aufgenommen (p. 132). 

Dieses Werk Weichselbaums ist im Jahre 1898 bei 
G. Fischer in Jena (Handbuch der Hygiene von Th. Weyl) 
erschienen, 2 Jahre friiher als Bonhoff seinen Fall zu 
untersuchen Gelegenheit hatte und 3 Jahre friiher als 
Bonhoff seine im Jahre 1900 gemachte Beobachtung der 
Kahmhautbildung gedruckt sah. 

Auf einige unserer Meinung nach unnotige und unsachliche Be- 
merkungen in dem Aufsatze des Herrn Bonhoff wollen wir nicht 
reagieren. 


Nachdruck verbotcn. 

Der Schildkrotentnberkelbacillus, seine Ztichtung, Biologie 

und Pathogenitat 

[Aus dem anatom.-biologischen Institut der Universitat Berlin (Direktor: 
Herr Geh. Rat Prof. Dr. Her twig).] 

Von Dr. Friedrich Franz Friedmann, Berlin. 

Mit 1 Tafel. 

(SchluB.) 

17) Eidechse. 20. April 1903. R.K. Schkr.T-B. intraperitoneal. 
30. April tot. Kasige Knotchen mit zahllosen T.B. auf der Oberflache der 
Lungen, des Darmes, sowie in der Leber. Mikroskopisch: Leber in fettiger De¬ 
generation begriffen; kolossale Vermehrung der T.B. in diesem Organe, nament- 
lich in helleren, in Verkasung begriffenen Knotchen enorme Bacillenmassen; in grofieren 
Bacillenanhaufungen finden sich aufier den ganz saurefesten roten auch rotblau und 
blau gefarbte Inaividuen; auch in grofieren BTutgefafien der Leber sehr zahlreiche T. B. 
Hoden: In den interstitiellen Raumen, sowie in grofieren Blutgefafien finden sich 
massenhafte T.B., aber auch in den Samenkanalchen seibst, und zwar im Lumen der- 
aelben mitten zwischen Spermatozoen wurden T.B.-Haufchen gesehen. 

e) 9 Frosche. 

18) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal. 
17. Jan. tot. Am Mesenterium mehrere verkaste Lymphknoten mit zahl- 
reichen T.B. Mikroskopisch: Lunge normal, T.B. nicht gesehen. Leber keine 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 8. 


Gewebsveranderungen, aber die Mehrzahl der Kernkorperchen und Kerngeriiststrange 
sind auffallend saurefest, leuchtend rot. Stellenweise scheinen auch Triimmer 
von T.B. und kleine T.B. selbst in Zellkemen zu liegen. Milz: Derselbe Befund wie 
in den Leberpraparaten. Hoden normal. 

19) Frosch. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal. 

4. Febr. tot. An der Infektionsstelle geringe peritonitische Adhasionen. Leber 

f eschwollen, gelblich gefleckt, Milz ebenfalls geschwollen, nirgends Knotchen. 
likToskopisch: Leber gleichmaflig durchsetzt von kleinen Haufchen groBenteils 
Kornerform zeigender, stets saurefester T.B., die iiberall innerhalb und in nachster 
Nahe der Pigmentzellen liegen. Milz ebenso von zahlreichen T.B.-Hauf chen 
gleichmaBig durchsetzt. 

20) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intaperitoneal. 

8. Febr. tot. Hochgradig abgemagert. Die makroskopische und mikroskopische 
Untersuchung lieBen nichts Pathologisches erkennen, auch waren in Lunge, Leber, Niere, 
Milz, Ovarium T.B. nicht zu finden. 

21) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen. Dorsaler Lymphsack. 
24. Jan. tot. Auf der Leberoberflache zahlreiche weiBe Punktchen, Lungen normal 
aussehend. Mikroskopisch: Leber: Maflig zahlreiche, schwach rot gefarbte T.B., da- 
gegen zahlreiche rote Kernkorperchen und Kerngeriiststrange. Nieren: Ganz ver- 
einzelte T.B. gesehen, meist intrakanalikular, dagegen massennafte rot gebliebene Kerne 
reap. Kernkorperchen. 

22) Frosch. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. Dorsaler Lymphsack. 
10. Febr. tot. Im dorealen Lymphsack reichliches neugebildetes sulziges Gewebe mit 
kleinen Knotchen, auBerdem hier mehrere Kubikcentimeter eines hamorrhagischen 
Exsudates, das sehr zahlreiche, vielfach kbrnige, kleine T.B. enthalt, die meist frei 
(extracellular), zum Teil aber auch innerhalb von Rundzellen liegen. Geringes hamor- 
rhagisches Peritonealexsudat. Leber und Milz geschwollen, zahlreiche Punktchen. 
Mikroskopisch: Leber ganz und gar durcbsetzt von enormen T.B.-Massen, die meist 
in Haufen innerhalb groBer Zellen liegen; sie zeigen zum Teil Kornchenform, zum 
Teil sind es auch verzweigte Faden, zum Teil sind sie nur noch ganz schwach rot ge- 
farbt, viele endlich haben die Saurefestigkeit ganz eingebii6t und sind blau gefarbt. 
Auch in groBeren BlutgefaBen findet man, in Leukocyten eingeschlossen, zahlreiche 
T.B. Stellenweise liegen offenbar in den Leberzellenkernen T.B. und andere 
leuchtend rote Einschlusse. Auch die Kernkorperchen zeigen haufig die bereits oft 
erwahnte Saurefestigkeit. Auch die Lunge enthalt zahlreiche groBe ein- und 
mehrkernige Zellen, die mit T.B. vollgestopft sind. Auch in Milz und Nieren 
liegen die sehr zahlreichen T.B. meist in Haufen innerhalb grofier Zellen. Das 
sulzige Granulationsgewebe des Lymphsackes besteht ausschlieBlich aus Lymphzellen, 
die mit T.B. und saurefesten Kemeinschliissen vollgestopft sind. 

23) Frosch. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. Dorsaler Lymphsack. 
8. Febr. tot. Der Riickenlyraphsack enthalt wieder ein sulziges, hamorrhagisch infil- 
triertes Gewebe mit einzelnen gelblichen Knotchen, die mikroskopisch un- 
zahlige T.B. aufweisen. Geringe hamorrhagische Peritonitis, Schwellung der Ab- 
dominmorgane. Mikroskopisch: Leber zeigt einc enorme Vermehrung der T.B., 
das ganze Organ ist von Bacillenhaufen durchsetzt, auch in einern groflen Ast 
der Leberarterie sind massenhafte T.B. nachweisbar. Milz und Lunge zeigen 
keinerlei Gewebsveranderung, aber sind ebenfalls von dichten T.B.-Haufen gleichmaBig 
durchsetzt. Nieren: Im interstitiellen und parenchymatosen Gewebe sehr zahl¬ 
reiche T. B. - H a u f e n , besonders reichliche Bacillen in den Glomeruli. Hoden: 
Im interstitiellen Gewebe viele T.B.-Haufchen, bisweilen, aber viel seltener, auch in den 
Hodenkanalchen. 

24) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen. Hauttasche. 

17. Jan. tot. An der Infektionsstelle, iiber der die genahte Haut gut verheilt ist, 
ein sulziges, gelbliches hamorrhagisch infiltriertes Gewebe mit mehreren kasigen 
Knotchen. Leber zeigt weifie Punktchen; sonst innere Organe makroskopisch, 
ohne Veranderung. In Abstrichpraparaten der Leber sehr zahlreiche T.B. An Schnitten 
durch Haut- und Unterhautgewebe sieht man, daB die Epidermis vollkommen verheilt 
ist, im Unterhautgewebe an aer Impfstelle einige konfluierende, nur noch schwach farb- 
bare kasige Knotchen, die auBer reichlichen, oft auch lang ausgewachsenen, verzweigten, 
geschlangelten, kornigen T.B. auch Strahlenherde mit saurefesten Keulen enthalten; 
Fetztere liegen innerhalb zirkumskript verkaster Bezirke (vergl. vorige Arbeit). Die 
Knotchen entsprechen in Form und GroBe etwa den Tuberkeln der grofien Seewasser- 
schildkrote, von der die Reinkulturen stammen. Ovarium und Nieren ohne T.B. 
und ohne histologische Veranderungen. 

25) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenkn5tchen. Hauttasche. 

17. Jan. tot. An der Infektionsstelle ist von den implantierten Kasekn&tchen nicht* 
mehr zu sehen. Auf der Leberoberflache kleine grauweiBe Pflnktchen. 


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Friedmann, Der Schildkrfltentuberkelbacillus. 


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Lungen blaurot, in der recbten ein gut hirsekorngrofles weifies Knotchen. Mikroskopisch: 
In Leber, Milz sparliche T.B. Das Lungenknotchen besteht aus D&fomum-Larven, ent- 
balt keine T.B., ebenso wenig Herz, Nieren, Ovarium. 

26) Froscb. 19. Jan. 1903. R.K. Scbr.T.B. von einer Hauttasche 
am Riicken aus mit der Platinose allseitig im dorsalen Lymphsack 
verteilt. 

13. Febr. tot, nachdem sich in den letzten 2 Tagen tonische Krampfe eingeetellt 
batten. An der Infektionsstelle ein mit reicblicher GefaSentwickelung versenenes sulziges 
Granulationsgewebe, Leber zeigt Punktcben. Mikroskopisch: Leber zeigt bellere, 
kernarme Bezirke, ist ganz una gar von dichten T.B. - Sch warmen durch- 
setzt. Milz; Gewebe anscheinena wenig verandert, nirgends Knotchenbildung, das 

§ anze Organ ebenfalls von zahllosen T.B.-Nestern durchsetzt. Auch in 
en Nieren zablreiche T.B.-Haufchen, wenn aucb nicbt in so grofler Menge 
wie in Leber und Milz. Lungen ebenfalls voller Haufcben von T.B., aber obne 
nennenswerte Gewebsveranderungen. Ho den: Spermatogenese in vollster Entwicke- 
lung. Bacillen nicbt gesehen. 

f) 2 Karpfen. 

27) Karpfen. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal. 

7. Jan. tot. Reicbliches bamorrhagiscb fibrinoses Exsudat in der Peritonealboble, 
aucb auf Milz, Leber, Darmen fibrinose Auflagerungen. Mikroskopisch: Nieren: 
Hochgradig interstitielle Infiltration mit kleinen Kundzellen, viele Harnkanalchen mit 
homogenisierten Blutcylindern ausgegossen. Auf der Nierenoberflache, nicht im Innern 
des Organes, einzelne, meist schon kornig zerfallene T.B. In der Milz, in den Peritoneal- 
schwarten, in der Leber und in der Darmwand kleine, sich blau tingierende Stabchen, 
die vielleicht, aber iu diesem Falle nicht sicher, als entfarbte T.B. anzusprechen sind. 

28) Karpfen. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal. Bereits 
am nachsten Tage tot. Aufier einem geringen bamorrhagiscben Peritonealexsudat und 
einigen Adhasionen normaler Befund. 


B. WarmbI liter. 

g) 3 Hiihner. 

29) Huhn. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen in traperitoneal. 

8. Marz bei bestem Wohlsein getotet. In der Leber einige kleine Knotchen, 
die T.B. enthalten, sonst innere Organe normal aussehend, auch bei mikroskopischer 
Untersucbung. In der Milz fallen viele Zellen auf, die siiurefeste Granula ent- 
balten, sowie Kerne mit rotem Kernkorpercben und Kemgeriist. 

30) Huhn. 8. Marz 1903. Scbkr.T.B. intraperitoneal. 

3. April plotzlich tot, nachdem es bis zuletzt sebr gierig gefressen bat. Fibrinose, 
stellenweise adnasive Peritonitis, kasige peritoneale Scnwarten, namentlich 
am Netz, auch auf der Leberoberfladae fibrinos-kasige Bescblage, sowie ganz ver- 
einzelte Knotchen, die T.B. enthalten. In der Lunge werden bei mikroskopi¬ 
scher Untersuchung keine T.B. gefunden, dagegen finden sich in den verkiisenden Netz- 
abschnitten sehr grofie, meistens durch fibroses Bindegewebe sich abkapselnde Herde, 
in denen enorme Massen leuchtend roter T.B. liegen, aie in Form und Lagerung den 
Vogeltuberkelbacillen gleichen. Gerade die in diesem Falle mit den Schkr.T.B. erzeugten 
Netzherde sind mikroskopisch nicht zu unterscheiden von ebenfalls verkasenden Netz- 
konglomerattuberkeln einer an spontaner (Vogel-)Tuberkulose zu Grunde gegangenen 
Taube, die mir kurzlich (von Dr. Kalischer) aus dem Institut des Herrn Geheimrat 
Munk iibergeben und von der Kulturen angelegt, sind. 

31) Huhn. 19. Jan. 1903. Schkr.T.B. intraperitoneal. Dieses Tier, 
das noch zu einem weiteren Versuche verwandt wurde, ist zur Zeit des Abschlusses 
dieser Arbeit noch am Leben. 

h) 2 Tauben. 

32) Taube. 3. Jan. 1903. Lungenkn6tchen intraperiton eal. 8. Marz 
bei bestem Wohlsein getotet. AUe Organe sehen makroskopisch vollkommen normal aus. 

33) Taube. 8. Marz 1903. Schkr.T.B. intraperitoneal. Auch dieses 
Tier ist zur Zeit noch am Leben und im Versuch. 

i) 1 Hund. 

34) Hund. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal und 
Hauttasche (linkes Hinterbein). 

Die genahte Hauttaschenwunde verheilt glatt, in der Tiefe geringe Infiltration 
die spater verschwindet, auch geringe Leistendiiisen schwellungen genen bald zuriick. 

8. Marz bei bestem Wohlsein getotet. Unter der Hautnarbe wenig sulzig odematos 
durchtranktee Granulationsgewebe. Die inneren Organe zeigen keine Spur einer Ver- 
anderung. Mikroskopisch: In dem subkutanen Gewebe an der Impfstelle finden sich 
nekrotische Herde und in diesen homogene saurefeste Massen (eingeechraolzene T.B.- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 


Nee ter). Nach langerem Suchen wurden hier ganz vereinzelte blafirote lange kornige T.B. 
gefuuden. Die inneren Organe zeigen normale Beschaffenheit und enthalten keine T.B. 

k) 2 Ratten. 

35) Ratte. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal. 

15. Marz tot. In den Lungen zahlreiche Herdchen, die wie kasig aussehen. Milz 
und Leber geschwollen, sonst ohne Veranderung. Auch bei der mikroskopischen Unter¬ 
suchung erseheinen die Lungenherde wie verkasende Tuberkel, doch wurae kein einziger 
T.B. gefunden. Die iibrigen Organe von normalem Aussehen, enthalten keine T.B. 

36) Ratte. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal. 

28. Febr. bei bestem Wohisein getotet. Makroskopisch: auuer einer kleinen weifien 
Fleckung auf der Leber, sehen alle Organe normal aus. Mikroskopisch: Niere normal, 
Lunge kleine bronchopneumonische Herdchen, aber keine T.B. gefunden, Milz und 
Mesenterialdriisen normal, ohne T.B. Leber: Gewebe ohne Veranderung, keine 
T.B. gefunden, nur ist bemerkenswert, dafl die Leberzeilenbalken trotz starker Ent^ 
farbung stellenweise ganz rot geblieben sind. 

l) 3 weiBe Mause. 

37) Maus. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen. Hauttasche an der 
Schwanzwurzel. 

10. Jan. tot. Die Hautwunde ist nicht verheilt, sondern ulceriert. Im sub- 
kutanen Gewebe ein kasiger Herd, in welchera sich zahlreiche T.B., groflenteils Korn- 
chenfaden, finden. Jedoch sind die T.B. hier nur zum Teil saurefest und auch dann 
nur sehr matt rot gefarbt, vielfach zeigen sie eine metachromatische (blaue) Farbung. 
Lunge, Niere, Leber zeigen auch mikroskopisch keine Veranderungen und keine T.B.; 
dagegen finden sich sowohl in der — nicht vermehrten — Peritonemfliissigkeit als auch 
in einem kleinen schmierigen, Eitcr entleerenden AbsceB am Halse zahlreicne homogene, 
sowie kornige Bacillen, die genau wie T.B. aussehen, aber nicht saurefest, sondern meta- 
chromatisch blau gefarbt sind. 

38) Maus. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal. 8. April 
tot. Alle Organe sind bei makroskopischer und mikroskopischer Untersuchung voil- 
kommcn normal und frei von T.B. 

39) Maus, 3. Jan. 1903. Lungenknotchen subkutan. 28. Febr. gesund 
getotet. Alle Organe normal, frei von T.B. 

m) 1 Kaninchen. 

40) Kaninchen. 3. Jan. 1903. Lungen knotchen s ubkutan. 

24. April bei gutem Wohisein getotet. Innere Organe sehen vollkommen normal 
aus, nur finden sich in der Leber einige kleine weifie, strahlige Narben. An der In- 
fektionsstelle ein in dem lockeren Unterhautgewebe liegender, sehr verschieblicher, etwa 
erbsengroBer Knoten, der im Innern kasig geschmolzen und nach 
auflen durch eine derbe fibrose Kapsel abgegrenzt ist. Dieser Knoten 
war einige Zeit nach der Infektion fiihlbar geworden, war anfangs 
grofier geworden, dann aber auffallend schnell verkleiuert, und ware 
wohl ganz verschwunden, wenn das Tier langer am Leben gelassen 
worden ware. Derselbe besteht bei mikroskopischer Untersuchung aus einem aus 
gleichmaBigen Rundzellen zusammengesetzten Granulationsgewebe mit vielen saurefesten 
Kernkorperchen und Geriiststrangen. Dagegen werden erst, nach dem eine gro- 
Bere Anzahl von Serienschnitten vergeblich durchforscht war, in dem 
kasig geschmolzenen Zentrum vereinzelte kornige T.B. gefunden. Alle inneren 
Organe erweisen sich gesund; in der Leber mehrere, aus Coccidien bestehende Knoten, 
nirgends eine Spur von Tuberkeln oder Tuberkelbacillen. 

n) 10 Meerschweinchen. 

41) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Gelatine-R.K. Schkr.T.B. 
intraperitoneal. GroBe Dosis. 

Tot 12. Marz unter Intoxikationserscheinungen. Im Peritonealraume 
freie, kasige Klumpchen, eines der Milz adharierend. Im Netz beginnende Kndt- 
chenbildung, in der Milz Follikel geschwollen, Leber und Lunge makroskopisch 
normal aussehend. Mikroskopisch: Im Netz zahlreiche Knotchen mit groBen, runden 
Zellen, die mit Haufchen winzig kleiner, meist zu noch kleineren Kornern zer- 
fallender T.B. dicht vollgestopft sind 1 ) (vgl. Fig. 8, die dem Peritoneum der Blind- 

1) Rob. Koch fand ebenfalls „bei Meerschweinchen, welchen groBere Mengen 
von Tuberkelbacillen in die Bauchhohle injiziert wurden imd welche schon im Laufe 
der ersten Woche starben, im Peritoneum reichlich T.B. enthaltende Leukocyten. 

Einen dem meinigen ganz analogen Befund beschreibt neuerdings R6mer bei 
Mausen, die er mit groBen Dosen (0^01 g) Perlsuchtbacillen intrapentoneal infiziert 
hatte und die in der Kegel ebenfalls nach 4 Tagen zu Grunde gingen: *am Netz und 
an zahlreichen anderen Btellen des Bauchfells fanden sich schon mit bloBem Auge er- 


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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus. 


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schleiche entstammt). Stellenweise Bind diese saurefeeten Kornchen gar nicht mehr zu 
mehreren aneinandergereiht, sondern regellos in Massen in diesen Zellen verstreut; 
letztere scheinen so durch Phagocvtose resp. Auflosung die Bacillen zu bewal- 
tigen. Eigentliche Riesenzellenbildungen sind noch nirgends zu konstatieren. Die 
Zellen besitzen durchweg gut farbbare Kerne. Milz, Lunge und Leber zeigen 
weder Bacillen noch histologische Veranderungen, nur fallt auf, dafi auf alien Pra- 
paraten ein Teil der Leberzellenbalken trotz Entfarbung schwach rot geblieben ist. 

42) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Bouillon-R.K. Schkr.T.B. 
int raperitoneal. Sehr grofie Dosis. 

Tot 16. Marz unter Intoxikationserscheinungen. Netz aufgerollt, voller 
konfluierender kasiger Knoten, sonst sehen die inneren Organe makroskopisch, abge- 
sehen von einer mafiigen Hvperamie, normal aus. Mikroskopisch: Netz besteht aus 
einem meist aus lymphoiden Zellen bestehen den Granulationsgewebe, das 
enorme Mas sen von T.B. enthalt; letztere liegen wieder fast ausschliefilich inner- 
halb grower Rundzellen und gehen hier offenbar zu Grunde (durch Auflbsung). Die 
Milz zeigt keine histologischen Veranderungen, enthalt aber hier und da Haufchen 
von kleinen, kdrnigen T.B. 

43) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Gelatine-R.K. Schkr.T.B. 
intraperitoneal. Sehr grofie Dosis. 

Tot 16. Marz unter Intoxikationserscheinungen. An der Impfstelle ein 
grofierer, mit den Darmen verbackener, kasiger Herd, Netz, wie im vorigen Falle, mit 
zahllosen kasigen Knoten, dagegen erscheinen Milz, Leber, Lungen, Nieren makro¬ 
skopisch ganz normal. 

Mikroskopisch: Netz: grofienteils diffuses Granulationsgewebe, welches 
kol ossale T.B.-Massen enthalt, die wiederum grofitenteils intracellular zu 
Grunde zu gehen scheinen. Rob. Koch selbst konstatierte bei Katzen, Meer¬ 
schweinchen etc., die wenige Tage nach der Infektion starben: „Die Infiltration des 
Netzes bestand aus dichten, grofitenteils in Zellen eingebetteten Massen von Tuberkel- 
bacillen“. Aufierdem finden sich lymphoide Knotchen mit grofien Rundzellen, welche 
zum Teil ganz blafirote, schemenhafte, in Auflbsung begriffene T.B. enthalten; aufier¬ 
dem finden sich in ihnen Zellen, die mit zwar noch gut farbbaren, aber stets in kleinste 
Kornchen zerfallenen T.B. vollgestopft sind. Stellenweise, namentlich da, wo grofie 
T.B.-Ansammlungen sind, finden sicn kaum noch farbbare, in Verwesung begriffene 
Gewebsbezirke. Die Leber zeigt hier und da im interstitiellen Gewebe Haufchen 
kleiner Rundzellen, die T.B. enthalten, im ubrigen keine histologischen Ver¬ 
anderungen; aber auch im ganzlich unveranderten Gewebe hin und wieder kleine An- 
sammlungen von T.B., die auch hier stets sehr kleine, oft nur noch ganz schwach rot 
farbbare, also offenbar ebenfalls vor dem Untergange stehende Formen darstellen. 
Milz: Gewebe normal, enthalt ebenfalls hier und da kleine Haufchen korniger 
T.B. Nieren und Lungen: ganz normal, enthalten keine Bacillen. 

44) Meerschweinchen. 4. Februar 1903. Agar-R.K. Schkr.T.B. 
intraperitoneal. Sehr grofie Dosis. 

1. Marz bei bestem Wohlsein getotet. Netz enthalt einige kleine Knotchen und 
einen kleinerbsengrofien, kasigen Abscefi. Auf dem Peritoneum vereinzelte (4 oder 5 

§ esehen) grauweifie Knotchen. Mesenterialdriisen bis Bohnengrofie, geschwollen, Leisten- 
riisen apfelkerngrofi, Bronchialdriisen erbsengrofi. Leber von normaler Farbung, ent¬ 
halt einige wcifie, runde, perlmutterahnlich glanzende Knotchen Lungen iiberall luft- 
haltig, keine Knotchen. Milz und Nieren etwas geschwollen, keine Knotchen. 

Mikroskopisch: Netz: Zum Teil diffuses, mit Riesenzellen und Epithe- 
loiden versehenes Granulationsgewebe; dieses enthalt zahlreiche, sich in 
Kornchen auflosende und zerbrockelnde, aber noch leuchtend rot gefarbte T.B. Oft 
liegen neben einigen noch gut erhaltenen Bacillen grofie Massen solcher hoch- 
gradig degenerierterT.B. in Form feinster roter Piinktchen regellos zusammen 
in einer Riesenzelle (vgl. Fig. 12). Aufier diesen diffusen Wucherungen finden 
sich auch zirkumskripte Knotchen mit Epitheloiden, Riesen zellen und ver- 
einzelten T.B., also echte Tuberkel. Uebrigens finden sich auch hier, wie dies 

kennbare gelbliche Knotchen, welche mikroskopisch aus Leukocyten und unzahligen 
Tuberkelbacillen bestanden. tt 

1) Die durch Schkr.T.B. im Meerschweinchenkorper erzeugten Tuberkel unter- 
scheiden sich meistens durch ihre ruudliche Form una ihre weifie, etwas glanzende 
Farbung von den durch menschliche T.B. hervorgerufenen, mehr gelbliqjien, unregel- 
mafiig fleckigen Knotchen. Die vergleichende mikroskopische Untersuchung gibt hier- 
uber Aufschlufi, indem die durch Schkr.T.B. zwar ebenso wie die durch menschliche 
T.B. hervorgerufenen Tuberkel bacillenhaltige Riesenzellen und Epitheloide, aber einen 
grofieren Gehalt an polynuklearen Leukocyten („Eiterzellen“) als diese aufweisen (vgl. 
Fig. 7). 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


R. Koch bereits in seinem groBen Werk 1884 beschreibt und wie es sich bisher immer 
weiter bestatigt hat, „alle Uebergangsstufen zwischen einfachen epitheloiden Zellen mit 
einem Bacillus und den vollstanaig ausgebildeten vielkernigen und mit vielen Bacillen 
versehenen Riesenzellen* (Fig. 9a— e ). Aber sowohl diese umschriebenen Tuberkelknot- 
chen als die diffus tuberkulos erkrankten Gewebspartieen sind allseitig durch derbe 
Bindegewebsziige abgegrenzt. — Sehr viele untersuchte Mesenterialdriisen 
zeigen Seine Spur von Tuberkulose und keine T.B.’ ebensowenig die Bronchial- 
driisen und Leistendriisen. Die Leberknotchen, die nur in sehr sparlicher 
Zahl vorhanden und ebenfalls durch fibroses G ewe be begrenzt sind, bestehen 
teils aus gewohnlichen einkemigen Rundzellen, teils aus polynuklearen Leuko- 
cyten, stets enthalten sie Epitheloide und bisweilen auch Riesenzellen mit 
Haufchen kleiner T.B. Bis auf diese verschwindend wenigen Knotchen erwies 
sich das Lebergewebe auf sehr vielen untersuchten Schnitten aus den verschiedensten 
Gegenden des Organes ganz normal und frei von Bacillen. Auch Nieren, Milz, 
Lungen und Darmwand sowie die Lymphfollikel des Darmes zeigen keine Spur 
von Tuberkulose und keinen einzigen T.B. 

45) Meerschweinchen. 4. Februar 1903. Agar-R.K. Schr.T.B. intra- 
peritoneal. Enorme Dosis (5 ccm einer konzentrierten Emulsion), 
o. Marz getotet. Netz zusammengerollt, keine Knotchen. Leber durchsetzt von 
zahlreichen runden, weiBen, glanzenden Knotchen , Mesenterialdriisen wenig 

g eschwollen, zum Teil gelblich verfarbt. Milz init ihrer Unterlage fest verwachsen, an 
irem unteren Foie weiBliche Fleckung, zeigt aber keine Knotchen, Lungen normal, 
liberal! lufthaltig, Nieren ebenfalls normal. 

Mikroskopisch: Die Leberknotchen bestehen wiederum aus Rundzellen und 
polynuklearen Leukocyten, enthalten auch stets Riesenzellen, die von den typi- 
schen tuberkulosen nicht zu unterscheiden sind und Haufchen sehr 
kleiner T.B. 1 ) enthalten. Die meisten dieser Tuberkel sind bereits in Verkasung 
begriffen: in diesem Stadium sind die Zellkerne nur noch schwach farbbar und viel- 
fach miBstaltet UDd die T.B. nicht sehr zahlreich. Die j iin geren Tuberkel, die 
mit noch gut tingierbaren Kemen versehen sind, enthalten bedeutend mehr, 
oft grofie Mengen T.B., so dafi also diese letzteren in den Kndtchen zu Grunde 
gehen. Im unvcriinclerten Lebergewebe — aufierhalb der Knotchen — wurden nie- 
mals T.B. gesehen. Die Bacillen zeigen sowohl homogene als auch, vorzugsweise, k6r- 
nige Formen und finden sich grofitenteils intracellular. Milz: Viele Zellen enthalten 
rotgefarbte Granula, doch wurden sonstige Veranderungen oder T.B. nicht gesehen. 
Lungen und Nieren ohne histologische veranderungen und frei von T.B. 

46) Meerschweinchen. 19. Januar 1903. Gelatine-R.K. Schkr.T.B. 
intraperi toneal. 

20. Februar tot. Netz zusammengerollt, mit mehreren gelblichen Knotchen. Alle 
Mesenterialdriisen geschwollen von Apfelkern- bis Erbsengrofle. Leber zeigt auf der 
Oberflache und auf dera Durchschnitt einige der in den vorigen Fallen beschriebenen 
weifien Knotchen, Milz mit fibrinosen Sdiwarten, der Leibeswand fest angewachsen, 
Lungen auBer geringen Hypostasen tadellos. lufthaltig, ohne Knotchen, Bronchialdrusen 
wenig geschwollen, ebenso Inguinaldriisen. Nieren normal. 

Mikroskopisch: Die Netzknotchen zeigen kleine, meist nur schwach farbbare 
Zellkerne, keine Riesenzellen, und enthalten in kleinen Haufchen beieinander liegende, 
winzig kleine, meist kornig zerfallene T.B. Die Knotchen sind von derbem fibrosen 
Gewebe umschlossen; aufierhalb des Tuberkels findet sich nicht ein Bacillus; 
das umliegende lymphoide Gewebe ist meist normal, bacillenfrei. Doch cnthalt es bis¬ 
weilen Riesenzellen, die den tuberkulosen zwar ahnlich sind, aber an dieser Stelle 
nie einen T.B. enthalten. Lebergewebe, abgesehen von den erwahnten vereinzelten 
Knotchen, ganz normal und bacillenfrei. Ebenso ergibt die mikroskopische Unter- 
suchung zahlreicher Schnitte durch Milz, Lungen, Nieren, Neben nieren, 
Hoden, Darm, Mesenterialdriisen und Bronchialdrusen keinerlei histo¬ 
logische Veranderungen und keine T.B. 

47) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Agar-R.K. Schkr.T.B. intra¬ 
peri ton eal. 


1) Die Schkr.T.B. erscheinen im Meerschweinchenkorper schon nach einem Auf- 
enthalte von nur wenigen Tagen als winzig kleine Stabchen (Fig. 7, 9, 12) viel kleiner 
als menschliche T.B. im Saugetier- oder menschlichen Korper (Fig. 10 Riesenzelle aus 
einem Gaumenmandeltuberkel eines Kindes) resp. Schkr.T.B. im Schildkrotenkbrper 
(Fig. 11 pigmenthaltige Riesenzelle aus dcr tuberkulosen Schildkrotenlunge). Offenbar 
ist fur die GroBe, zu der der Bacillus in dem jeweiligen Wirtskorper auswachst, von 
EinfluB, ob er in diesem von vomherein geeignete oder weniger geeignete Emahrung 
findet. 


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F r i e d|m a n n, Der Schildkrtftentuberkelbaciilus. 


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23. April getdtet. Lungen, Milz, Nieren vollkommen normal, in der Leber, 
die vollkommen gesund aussieht, zwei ganz kleine, weiBe KnStchen (wie sie in den 
vorigen Fallen beschrieben) in der Gagend der Gallenblase. Im Netz einige sehr 
kleine, weiBgraue Knotchen und ein harter, kleinerbsengrofier, gelb- 
grauer Knoten, offenbar in Heilung und im Verschwinden begriffene 
Kesiduen der tuberkulosen Infektion. Mikroskopisch zeigen die affizierten 
Netzpartieen teils einzelne fibrds abgegrenzte, teils konfluierende Knotchen mit 
Riesenzellen und Haufen von T.B. (vgl. Fig. 7). Da, wo die Bacillen nicht 
mehr vorhanden sind, sieht man fast ausnanmslos in alien Zellkernen saurefeste 
(rote) Kernkorperchen und Kerngeriists trange. Oft sieht man auch dichte 
Haufen winzig kleiner T.B. innerhalb enorm groBer Riesenzellen, und zwar kann man 
bisweilen sehr schon verfolgen, wie sich um solche groBen Bacillenhaufen herum Riesen¬ 
zellen nach Art der Fremdkdrperriesenzellen gebildet haben. Viele kleinere Riesen¬ 
zellen, die in GroBe, Form und Kemanordnung vollkommen den gewohnlichen tuberku¬ 
losen Riesenzellen gleichen, enthalten einzelne winzig kleine T.B. und Bruchstiicke 
solcher. Im ubrigen bestehen die Tuberkel groBtenteils aus polynuklearen Leukocyten, 
die oft, aber durchaus nicht immer, T.B. enthalten. Leber: Die Mehrzahl der Zell- 
kerne enthalt saurefeste Einschliisse, im ubrigen keine Veranderungen, keine T.B. 
Milz: Keine histologischen Veranderungen, keine T.B. 

48) Meerschweinchen. 3. Januar 1903. Lungenknfttchen intra- 
peri toneal. 4. Februar bei bestem Wohlsein getotet. Makroskopisch und mikro¬ 
skopisch alle Organe normal, keine T.B. gefunden. 

49) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Agar-R.K. Schkr.T.B. intra- 
peri ton eal. 12. Mai bei bestem Wohlsein getotet. Makroskopisch und mikroskopisch 
alle Organe vollstandig gesund, nirgends eine Spur eines tuberkulbsen Herdes, kein 
T.B. gefunden. 

50) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Gelatine-R.K. Schkr.T.B. 
intrapulmonal (rechte Lunge). 

12. Mai bei bestem Wohlsein getdtet. Rechte Lunge zeigt an der Injektionsstelle 
ganz zirkumskripte, adhasive Pleuritis und an dieser Stelle ein einziges, durch die 
Pleura hindurchscheinendes, rundes, grauweiBes Lungen knotchen (in Form und Farbe 
vollkommen den oben beschriebenen Leberknotchen gleichend). Bronchialdrusen zu 
einem groBen, bindewebig umschlossenen Paket zusammengebacken. Beim Einschneiden 
entleert sich aus dem geschmolzenen Zentrum reichlich dickrahmiger Eiter, in dem T.B. 
nicht gefunden weraen. Die ubrigen Organe sind von normaler Beschaffenheit. 
Mikroskopisch: Der LungentuberSel, der einzelne degenerierte (kleine, kornige) 
T.B. enthalt, hat genau dieselbe Struktur wie die bei intraperitonealer Injektion mit aen 
Schkr.T.B. erzeugten Lebertuberkel. Er ist von derbem Bindegewebe rings 
umschlossen. Die Bronchialdrusen zeigen einfach den Charakter entzundlicher 
Infiltration mit purulenter Erweichung im Zentrum, keine Spur von Tuberkulose und 
keine T.B. Die ubrigen Organe erweisen sich bei mikroskopischer Untersuchung als 
vollkommen gesund. 


Anhang: Die S&urefestigkeit. 

Es sei zum Schlusse dieses Kapitels noch einmal auf jenen eigen- 
tiimlichen, bisher meines Wissens nicht beschriebenen Befund hin- 
gewiesen, der bereits oben in den betreffenden Tierprotokollen kurz 
verzeichnet wurde: Die Imbibition bestimmter Gewebsbestandteile mit 
saurefester, offenbar aus den Schkr.T.B. stammender Substanz. Sowohl 
bei fast alien untersuchten Kaltblfitern (Schildkroten, Ringelnattern, 
Blindschleichen, FrSschen) als auch bei der Mehrzahl der zu Versuchen 
verwendeten Warmbliiter (Huhn, Ratte, Kaninchen, Meerschweinchen) 
wurden derartige Beobachtungen verzeichnet; und zwar erwiesen sich 
entweder gewisse Kernbestandteile, Kernkorperchen, Strange des Kern- 
geriistes distinkt (s. o. Schildkrote, Blindschleiche, Frosch, Kaninchen, 
Meerschweinchen) oder bestimmte Gewebsbezirke, namentlich Leber- 
zellenbalken, diffus saurefest(s. o. Ringelnatter, Ratte, Meerschwein¬ 
chen) oder endlich es fanden sich in Leukocyten Einschliisse („Granu- 
lationen* ahnlich den in meiner vorigen Arbeit in der spontan tuber¬ 
kulosen Schildkrbtenlunge beschriebenen), die die f&rberische Reaktion 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


der T.B. gaben (s. o. Schildkr5te, Huhn). DaB dieses Rotbleiben be- 
stimmter Zellen resp. Zellbestandteile nur ein Zufall ist, etwa auf mangel- 
hafter Entfarbung beruht, ist ausgeschlossen, da auf Serienschnitten 
durch ein solches Organ imraer nur dieselben Kerne resp. Gewebs- 
territorien sich saurefest erweisen, ferner, da yon nicht infizierten Tieren 
stammende Kontrollpraparate niemals derartige Befunde zeigten. 

Dagegen sprechen fiir die Annahme, daB die saurefeste Sub* 
stanz direkt von Schkr.T.B. stammt, welche vorher an den ge- 
nannten Stellen vorhanden waren, aber als solche zu Grunde gegangen 
sind resp. ihre saurefeste Substanz abgegeben haben, einmal die beim 
Frosch gemachte Beobachtung, daB kleine Schkr.T.B. in Zellkernen 
lagen, dann aber die besonders in der tuberkulosen Ringelnatterleber 
festgestellte Tatsache, daB man innerhalb solcher diffus rot gebliebener 
Leberzellenbalken dichte T.B.-Ansammlungen antrifft und deren succes¬ 
sive Homogenisierung und Einschmelzung verfolgen kann, sowie daB 
sich in diesem s&urefesten Leberzellengewebe T.B.-Haufen finden, die 
ihre saurefeste Substanz yerloren und demzufolge die 
blaue Gegenfarbe angenommen haben. 

DaB man durch Extractionsmittel die Tuberkelbacillen ihrer spezi- 
fischen Farbbarkeit berauben kann, hat Robert Koch schon vor langer 
Zeit nachgewiesen. Spater hat dann auchBorrel den Tuberkelbacillen 
kiinstlich die Saure- und Alkoholfestigkeit genommen: Durch langeres 
Einwirken von warmem Xylol wurde den Tuberkelbacillen eine wachs- 
artige Masse entzogen, welche s&ure- und alkoholfest war, wahrend die 
behandelten Bacillen diese Eigenschaft eingebiiBt hatten, wohl aber noch 
die Fahigkeit besaBen, Tuberkel zu erzeugen. 

DaB in ganz j ungen Reinkulturen der Schkr.T.B. verein- 
zelte, noch nicht saurefeste Bacillenindividuen vorkommen, 
ist bereits oben im III. Kapitel erwahnt. Bei meinen in letzter Zeit 
recht zahlreich vorgenommenen Ziichtungen von Tuberkelbacillen aus 
den verschiedensten Tierkorpern, auch aus dem menschlichen 
Korper, habe ich diese Tatsache, die fiir die jungen menschlichen 
T.B. von Ehrlich und spater von Klein undMarmorek schon fest- 
gestellt war, regelmaBig bestatigt gefunden. 

DaB aber auch alte degenerierende Schkr.T.B. unter Um- 
standen einen Verlust der Saurefestigkeit erleiden und eine 
deutliche Kontrastfarbung annehmen, habe ich sowohl in den urspriing- 
lichen tuberkulosen Lungen der groBen Seewasserschildkr5ten (vgl. 
meine vorige Arbeit) als auch bei den mit den Reinkulturen der Schkr.¬ 
T.B. vorgenommenen Tierversuchen (vgl. oben die Protokolle) haufig be- 
obachtet. 

Es ist also die Saurefestigkeit keine den verschiedenen Arten von 
Tuberkelbacillen stets und in alien Entwickelungsstadien zu- 
kommende Eigenschaft. 

Ich behalte mir vor, auf diesen Punkt, dessen weitreichende prak- 
tische Konsequenz auf der Hand liegt, demnachst ausfQhrlicher ein- 
zugehen. 


Zusammenfassung. 

Der Schkr.T.B. findet im Korper samtlicher untersuchter Kalt- 
bliiterspecies (mit Ausnahme der beiden Karpfen, die einer akuten 
Intoxikation erlagen) eine enorme Vermehrung und schnelle Verbreitung 
in alien Organen: 


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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus. 


801 


Schildkrdten gehen in mehreren Wochen bis Monaten, ganz 
gleich, welcher Infektionsmodus gewfihlt wurde (intraperitoneal, intra- 
pulmonal, Hauttasche), an Miliartuberkulose, mit Massen von T.B. 
im Blute, zu Grunde. Dabei zeigt sich bisweilen ein gesetzroaBiger 
Verlauf: So gehen die beiden Tiere 3 und 4, die gleichzeitig mit gleicher 
Dosis infiziert waren, auch am selben Tage ein. 

Ebenfalls eine Miliartuberkulose mit erheblicher Vermehrung 
der eingefflhrten Schkr.T.B. entsteht bei Ringelnattern und Eid¬ 
ee hsen; doch erliegt die letztere Species schon viel schneller der In- 
fektion (nach 10 resp. 24 Tagen). 

Auch die untersuchten Blindschleichen (mit Ausnahme eines 
Tieres von 6 untersuchten) zeigten eine Allgemeinverbreitung der Ba- 
cillen, welcher sie nach einem Zeitraume von 7—54 Tagen erliegen. 

Auch Frfische, die die Infektion 14—36 Tage tiberstehen, zeigen 
eine erhebliche Vermehrung der Schkr.T.B. in ihrem Kdrper. 

Anders verhfilt sich der Schkr.T.B. im Warmblttterkfirper: 

Vogel scheinen der Infektion zu widersteben und bei dem oben an- 
gewandten (intraperitonealen) Infektionsmodus hSchstens lokale heilungs- 
fahige Erkrankungsherde zu bekommen; doch soil fiber diesen Punkt 
hier ein abschlieBendes Urteil noch nicht gefallt werden, weil mehrere 
Versuche mit einem von Homer (aus dem v. Behringschen Insti¬ 
tute) ffir Vogel angegebenen Infektionsmodus zur Zeit noch im Gange 
sind. 

Der Hund ist nach dem einen bisher vorliegenden Versuchsergeb- 
nisse offenbar immun. 

Auch Ratten scheinen nicht erapffinglich ffir die Infektion zu sein; 
denn die oben erwfihnten Lungenherde dfirfen, da T.B. in ihnen nicht 
gefunden wurden, nicht mit Sicherheit als ursprfinglich durch Schkr.T.B. 
hervorgerufen angesehen werden. 

Auch die weifieMaus scheint nach den bisherigen, allerdings 
noch nicht genfigend zahlreichen Versuchen immun zu sein. 

Beim Kaninchen bildet sich an der Infektionsstelle ein von vorn- 
herein begrenzt bleibender, verkiisender Herd, der allmahlich ganz ver- 
schwindet und das Wohlbefinden des Tieres in keiner Weise beein- 
trfichtigt. 

Sehr interessant sind die Resultate der Meerschweinchen- 
versuche: 

a) Injiziert man intraperitoneal enorm groBe Dosen, so gehen die 
Tiere akut (vgl. Fall 41, 42, 43) in 4—8 Tagen zu Grunde; sie zeigen 
dann kfisig-fibrinose Massen im Peritonealraume, speziell im Netz, wo 
sich auch schon beginnende Kndtchenbildung bemerkbar macht; meist 
sind die Schkr.T.B. dann auch bereits in die Leber und Milz verschleppt. 
Aber bereits bei diesen wenige Tage nach der Infektion gestorbenen 
Tieren zeigt sich, dad die direkt aus der Schildkrotenlunge gezfichteten 
Schkr.T.B. im Meerschweinchenkorper eine nennenswerte Vermehrung 
nicht erfahren, vielmehr groBenteils intracellular zu Grunde gehen. 

b) Ueberleben die Tiere nach solcher sehr hohen Infektionsdosis nur 
wenige Tage lfinger (im ganzen 12—14 Tage), so ist bereits echte 
Tuberkelbildung zu konstatieren, wie aus einem einer spfiteren 
Versuchsreihe angehorenden Protokoll hervorgeht, das ich hier als er- 
lfiuterndes Beispiel vorweg anffihre: Es handelt sich um ein 595 g 
schweres Meerschweinchen, welches mit der kolossalen Dosis von 0,3 g 
Reinkultur der Schkr.T.B. intravenos infiziert, nach einem anfanglichen 

Erate Abt. Orig. Bd. XXXIV. 51 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 


leichten Fieber und darauffolgendem standigen Temperaturabfall, am 
12. Tage auf 380 g abgemagert, zu Grunde ging; alle inneren Organe 
enthielten reichlich Haufchen meist zu Kornchen zerfallener Schkr.T.B., 
in der Lunge waren aber auch bereits zahlreiche, aus Riesenzellen, Epi- 
theloiden und polynuklearen Leukocyten bestehende Tuberkel vorhanden, 
die Mengen von Schkr.T.B. enthielten. 

c) Unter gewissen Umstanden, auf die einzugehen ich mir fur spfiter 
vorbehalten muB, uberleben die Meerschweinchen selbst die Applikation 
enorm groBer Dosen von Schkr.T.B. dauernd, wie die F&lle 44 und 45 
zeigen. Es bilden sich dann lokal (also bei intraperitonealer Infektion 
gewohnlich in Netz und Leber) echte, mit bacillenhaltigen Riesenzellen 
versehene Tuberkel, die aber stets durch ihre bindegewebige Abkapse- 
lung die Tendenz zur Heilung und Nichtgeneralisierung im Korper be- 
weisen. 

d) Die F&lle 46—50 zeigen, daB, wenn die Infektionsdosis 
nicht zu enorm hoch gew£hlt wird, die durch die Schkr.¬ 
T.B. im Meersch weinch enkorper hervorgerufenen tuber- 
kulosen Ver&nderungen stets abheilen und sogar vSllig 
verschwinden. Meerschweinchen 46 ist 32 Tage nach der Infektion 
an einem interkurrenten Darmkatarrh, der zur selben Zeit auch mehrere 
nicht infizierte Tiere im selben Stalle hinraffte, zu Grunde gegangen; 
die Meerschweinchen 47, 48, 49, 50 sind 44, 32, 65, 65 Tage nach der 
Infektion bei bestem Wohlsein getStet worden: Es fanden sich bei den 
Tieren 46, 47, 50 harmlose abgekapselte und im Verschwinden be- 
griffene Residuen der alten Infektion, auBerhalb dieser abgegrenzten 
Herde nicht ein Bacillus; in den Fallen 48 und 49 vollends war keine 
Spur einer Erkrankung mehr zu konstatieren. 

Der Bacillus der Schildkrotentuberkulose ist, wie zum SchluB noch- 
mals betont werden soil, innerhalb auBerordentlieh weiter Temperatur- 
grenzen (ca. 0—43°) zu wachsen im stande. 

Es sind seine bei 37° gewachsenen Kulturen von entsprechenden 
Kulturen der menschlichen Tuberkulose im Aussehen absolut nicht unter- 
scheidbar. 

Diese Besonderheit kommt auBer dem Schkr.T.B. von alien bisher 
bekannten Tuberkelbacillenarten nur dem Bacillus der Rindertuberkulose 
(Perlsucht) regelm&fiig zu. 

Es spricht diese Tatsache zu Ungunsten derjenigen Gegner der 
R. Kochschen Dualit&tslehre der Menschen- und Rindertuberkulose, 
die als ein Argument fur die Arteinheit der Menschentuberkulose und 
der Perlsucht die Tatsache ins Treffen fuhren, daB die Kulturen der 
menschlichen Tuberkulose und der Perlsucht ununterscheidbar sind. 
Denn letztere Tatsache beweist angesichts der Feststellung, daB zwei 
ohne weiteres sicher nicht identische Tuberkelbacillenarten (menschliche 
und Schildkrotentuberkulose) in ihren Kulturen trotzdem nicht zu unter- 
scheiden sind, nichts fur die Identitat der menschlichen Tuberkulose 
und der Perlsucht. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, bietet 
die Entdeckung des Schkr.T.B. und seiner kulturellen Eigenschaften eine 
Stdtze fur die R. Koch-Schtitzsche Lehre. 

Der Schkr.T.B. hat auch noch aus anderen Grtinden zu dem Bacillus 
der menschlichen und dem der Rindertuberkulose enge Beziehungen; 
er steht nicht nur im Aussehen seiner Kulturen, sondern auch in seinem 
tierpathogenen Verhalten dem Bacillus der Menschen- und dem der 
Rindertuberkulose besonders nahe, viel naher als der Bacillus der Fisch-, 


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Friedmann, Der Schildkrdtentuberkelbacillus. 


803 


Blindschleichen-, Frosch- und selbst der Vogeltuberkulose dem Koch- 
schen Bacillus stehen. 

Denn im Gegensatze zu all diesen ist der Schkr.T.B. im stande, im 
Korper des empf&nglichen Saugetieres, speziell im Meerschweinchen- 
korper, in alien Fallen echte Riesenzellen- und bacillenhaltige Tuberkel 
zu erzeugen, die von den durch Saugetiertuberkelbacillen hervorgerufenen 
oft nicht zu unterscheiden sind. 

Und ebenso wie der Perlsuchtbacillus beim Menschen an der In- 
fektionsstelle und in den regionSren Lymphdriisen wohl einige Tuberkel 
erzeugt, die aber die ausgesprochene Tendenz zum Lokalbleiben und 
^ur Heilung zeigen, wie andererseits — was aus dem offiziellen Berichte 
der Herren Geheimrat Robert Koch und Geheimrat Schtitz an den 
Herrn Unterrichtsminister und den Herrn Landwirtschaftsminister vom 
1. Juli 1901 hervorgeht und was ich auch aus mundlichen Mitteilungen 
der Herren Geheimrat Donitz und Geheimrat Schiitz weifi — mit 
Menschentuberkulose infizierte Rinder an der Infektionsstelle einen 
kasigen Herd und vielleicht auch eine Tuberkulose der region&ren 
Lymphdriisen bekommen, die aber, vorausgesetzt, daB nicht enorme 
Dosen angewandt werden, nicht weiter fortschreitet, sondern sich ab- 
grenzt und sp&ter ganz verschwindet: so entsteht, wie oben ausfflhrlich 
dargetan ist und wie ich es seither in einer groBen Zahl neuer, quan- 
titativ genau dosierter S&ugetierversuche best&tigt gefunden habe, durch 
Einverleibung nicht allzu groBer Dosen Schkr.T.B. im Korper der fiir 
die Tuberkulose empfanglichsten Species, des Meerschweinchens, ein 
zwar spezifisch tuberkuloser, aber regelm&Big lokalisiert bleibender und 
in Heilung iibergehender Herd. 

Ueber weitere wichtige Eigenschaften |des Schkr.T.B. werde ich 
demn&chst berichten. 


Iaiteratnrverzeichnis. 

Bataillon, Dubard et Terre, Un nouveau type de tuberculose. (Compt. rend, de 
la soc. de biol. 1897.) 

Bataillon, Moeller und Terre, Ueber die Identitat des Bacillus des Karpfens 
(Bataillon, Dubard, Terre) und des Bacillus der Blindschleiche (Moeller). (Zeitschr. 
f. Tub. u. Heilstattenwesen. III. 1902.) 

v. Behring, Beitr. z. experim. Therapie. Heft 5. Tuberkulose. 

Friedmann, F. F., Ueber die Bedeutung der Gaumentonsillen von jungen Kindera 
als Eingangspforte fiir die tuberkulose Infektion. (Zieglers Beitr. 28. 1900.) 

-, Experimentelle Studien iiber die Erblichkeit der Tuberkulose. (Zeitschr. f. klin. 

Med. Bd. XLIII. 1901.) 

-, Artikel „Tuberkelbacillen“. (Encyklopadie der mikroskop. Technik, hrsg. von 

Ehrlich, Weigert etc. 1902.) 

-, Spontane Lungentuberkulose mit grofier Kaverne bei einer Wasserschildkrflte 

(Chelone corticata). (Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 2.) 

-, Spontane Lungentuberkulose bei Schildkroten und die Stellung des Tuberkel- 

bacillus im System. (Zeitschr. f. Tub. Bd. IV. 1903. No. 5.) 

-, Der Schildkrdtentuberkelbacillus, seine Ziichtung, Biologie und Pathogenitat. 

[Kurze Mitteil.] (Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 26.) 

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Bd. II. 1884.) 

Koch, Rob. und Schiitz, Menschliche Tuberkulose und Rindertuberkulose (Perl- 
sucht). Bericht an den Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen- 
heiten und den Minister fur Landwirtschaft, Domanen und Forsten vom 1. Juli 1901. 
(Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilkunde. Bd. XXVIII. Heft 1 u. 2.) 

Moeller, Ueber dem Tuberkelbacillus verwandte Mikroorganismen. (Therap. Monats- 
hefte. 1898.) 

Romer, Ueber Tuberkelbacillenstamme verschiedener Herkunft. [Habilitationsschrift.] 
Marburg 1903. 

51* 


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804 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 8. 


Erkl&rung der Figuren. 

Fig. 1 u. 2. Kulturen der Schildkrotentuberkulose, gewachsen bei 22 0 resp- 37 °. 

Fig. 3. Kultur der menschlichen Tuberkulose. 

Fig. 4. Abstrichpraparat von einer Kultur der menschlichen Tuberkulose. 

Fig. 5 u. 6. Abstrichpraparate von Kulturen der Schildkrdten tuberkulose, ge¬ 
wachsen bei 37° resp. 22°. 

Fig. 7. Fibrds abgegrenztes Knotchen mit Riesenzellen, Epitheloiden, polynukl. 
Leukocyten und zahlreicnen Schkr.T.B. aus dem Meerschweinchenkorpcr, hervorgerufen 
durch Schkr.T.B. 

Fig. 8. Mit winzig kleinen, zu Kornchen zerfallenden Schkr.T.B. vollgestopfter 
Leukocyt aus dem Peritoneum der Blindschleiche. 

Fig. 9 a—e. Uebergangsformen von einfachen epitheloiden Zellen mit wenigen 
Bacillen bis zu vielkernigen bacillenreichen Riesenzellen; aus dem Netz eines mit 
Schkr.T.B. infizierten Meerschweinchens. 

Fig. 10. Riesenzelle aus einem Gaumenmandeltuberkel eines kleinen Kindes. 

Fig. 11. Pigmenthaltige Riesenzelle aus der spontan tuberkulosen Schildkroten- 
lunge. 

Fig. 12. Riesenzelle aus einem mit Schkr.T.B. erzeugten Netztuberkel dee Meer¬ 
schweinchens. 

Fig. 10, 11, 12 sind bei gleicher Vergrofierung (Zeiss Apochrom. Immers. 2,0; 
Kompens. Okul. 6) gezeichnet. 

Fig. 1-3 sind vom Maler M. Landsberg, Fig. 4—12 mit Zuhilfenahme des 
Zeissschen Zeichenapparates vom Verf. hergestellt. 


Nachdruck verboten. 

Die Trypanosomen in derMensohen- und Tierpathologie, sowie 
vergleichende Trypanosomenuntersuclmngen. 

Von Lydia Rabinowltsch und W. Kcmpner. 

Mit 1 Tafel. 

Die Erforschung der durch Trypanosomen hervorgerufenen Tier- 
seuchen in den heifien L&ndern hat in dem letzten Jabrzehnt in atio- 
logischer Beziehung bedeutende Fortschritte gemacht, wenn auch in 
prophylaktischer und therapeutischer Hinsicht bisher nur geringe Erfolge 
zu verzeichnen waren. Ueber die in Indien herrschende Surra, welche 
Pferde, Maulesel, Hunde, Rinder, Kamele, Biiffel und andere Tiere befallt, 
hat Lin gar d (4, 8) ausfdhrliche Berichte gegeben, denen sich Mitteilungen 
von Rogers (40) aus Indien, von Penning (9, 23), Vrijburg(24, 65), 
de Does (32) aus NiederlSndisch-Indien und v. Carougeau (31) aus 
Indo-China anreihen. Das Vorkommen der Surra wurde neuerdings auch 
auf den Philippinen (47—49) und der Insel Mauritius (79) festgestellt. 
Die Kenntnis der dieselben Tierspecies befallenden und dem klinischen 
Bilde nach mit der Surra identischen Nagana oder Tsetse-Krankheit 
in Afrika verdanken wir vor allem Bruce, welcher dieselbe im Zulu- 
land studiert und ein vollstfindiges Bild fiber die Aetiologie und Patho- 
logie derselben gegeben hat R. Koch (1,41) lenkte spSter durch ein- 
gehende Untersuchungen in Ostafrika, welche besonders auf die Be- 
kfimpfung der Tsetsekrankheit hinzielten, von neuem die Aufmerksam- 
keit auf die durch Trypanosomen bedingten Tierseuchen. Schilling 
(42, 66, 101) und Ziemann (74,109—110) haben die Nagana in West- 
afrika studiert und setzen ihre Arbeiten daselbst weiter fort. 

Als dritte Trypanosomenkrankheit wfire die Dourine, Beschfil- 
seuche der Pferde, in Algier zu nennen, ffir die Schneider und 


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Cmtralblait fnrBakUrioloqit Abt I. Bd XUV Fh/dmnn, fo'ScluldMttntukrkdhicilliis 



Ff Friedmann gez Verl.v. Gustav Fischer, j ena Lith Ans'vJ 


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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen-.u. Tierpathologie. 805 


Buffard (11—16) die bereits vorher von Chauvrat und Rouget ge- 
fundeuen Trypanosomen verantwortlich machen. 

Ferner wurden neuerdings Trypanosomen als Erreger der in SCLd- 
amerika seit Jahren bekannten Pferdekrankheit Mai de Caderas von 
Elmassian (34, 70, 118) in Paraguay beschrieben; weitere Unter- 
suchungen von Zabala (36), Voges (35, 71) und ganz besonders 
Ligni&res (73, 130, 131) in Argentinien haben die Aetiologie des Mai 
de Caderas bestatigt. 

Eine weitere pathogene Trypanosomenart hat T h e i 1 e r (54) im vorigen 
Jahre bei Rindern in Transvaal beschrieben, die aber sicherlich nicht 
mit den oben genannten Trypanosomenarten identisch ist. 

Aber nicht nur in den Lindern, in denen diese Seuchen heimisch 
sind, in Asien, Afrika und Amerika, sondern auch in Europa hat man 
dem Studium der Trypanosomenkrankheiten in den letzten Jahren mit 
groBem Eifer obgelegen, und vor allem waren es Nocard, Laveran und 
Mesnil in Paris, welche die Kenntnis s&mtlicher obengenannten Try¬ 
panosomen in fitiologischer und pathologischer sowie biologischer Be- 
ziehung in hohem Mafie durch eine groBe Reihe wertvoller Beitrage 
gefordert haben. In England haben Kanthack, Durham und Bland- 
ford (2) sowie Plimmer und Bradford (7, 59) nicht unwichtige Unter- 
suchungen fiber die Nagana angestellt. 

Dieses waren die wichtigsten Arbeiten der letzten Jahre, welche die 
Trypanosomen als Erreger verheerender Tierseuchen in den Vordergrund 
der Protozoenforschung gestellt haben. Ffir die menschliche Pathologie 
hatten diese flagellaten Blutparasiten jedoch bisher kaum ein Interesse, 
obwohl Hehir und Barron (105) fiber zweifelhafte Falle von Trypa- 
nosomenbefunden beim Menschen berichtet haben. Etwas sicherer lauteten 
die Angaben von Nep veu (3), welcher 1898 sieben Trypanosomenbefunde 
aus Algier mitteilte, von denen 6 Malariakranke betrafen. Da die Ffille 
bereits 7 Jahre frfiher untersucht warden, und nur eine sehr ungenaue 
Beschreibung der Parasiten vorliegt, so ist auch diese Mitteilung nicht 
als einwandsfreier Trypanosomenbefund beim Menschen anzusehen. 

Der erste sichergestellte Fall wurde im Vorjahre von Forde (95) 
und Dutton (93, 94) in Gambia, Westafrika, bei einem Europfier be- 
obachtet, der mit leichtem remittierenden Fieber erkrankt war und die 
Symptome groBer Korpersehwiiche und Anainie darbot. Im frischen 
Blut sowie im gefarbten Pr&parat wurden wiederholt, aber nur wahrend 
der Fieberstadien, Trypanosomen, allerdings in spfirlicher Anzahl, nach- 
gewiesen. Dutton hat die Parasiten genauer beschrieben und halt sie 
morphologisch dem Naganaparasiten ffir sehr fihnlich, Entwickelungs- 
formen wurden nicht gefunden; Tierversuche fielen voriaufig negativ aus. 
Derselbe Kranke kehrte nach Liverpool zurfick und wurde von Annet 
(103) in der Schule ffir Tropenmedizin bis zu seinem nach anderthalb 
Jahre erfolgten Tode weiter beobachtet; die Sektion unterblieb. Der 
Trypanosomenbefund wurde in den letzten Lebensmonaten immer spar- 
licher, jedoch bewies die Verimpfung auf weiBe Ratten und Affen das 
Vorhandensein derselben im Blut. Die Tiere zeigten eine chronische, 
2—3Monate wahrende, letal verlaufende Krankheit, die Parasiten waren 
aber nicht immer mikroskopisch nachweisbar. Hunde verhielten sich 
refraktar; die Angaben fiber die Tierversuche sind im fibrigen ziemlich 
kurz gehalten. 

In seiner ersten Mitteilung erwfihnt Dutton, daB er bei der Unter- 
suchung von Kindern in Gambia auf Malaria bei einem anscheinend ge- 


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Central!)], f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


sunden Kinde von 3 Jahren neben einigen Malariaringen Trypanosomen 
gefunden babe, die den oben beschriebenen vollstandig glichen. Diese 
Befunde veranlafiten die Liverpool School of Tropical Medicine eine 
Expedition nach Senegambien zur weiteren Erforschung der Trypano¬ 
somiasis zu senden (August 1902). Der kurze vorl&ufige Bericht von 
Dutton und Todd (103) iiber diese Expedition gibt ffinf weitere Try- 
panosomenbefunde im Blut unter mehr als 300 untersuchten Individuen l ) r 
einen bei einem Weifien und vier bei Eingeborenen. Bis auf einen Fall, 
der keine besonderen Krankheitserscheinungen und trotzdem die meisten 
Parasiten, bis zu 23 in einem PrSparat, zeigte, war bei den anderen vor 
allem unregelm&Biges Fieber, allgemeine SchwSche, zum Teil eine ver- 
grbfierte Milz vorhanden. Die Parasiten der verschiedenen FSlle glichen 
einander vollkommen; ihre Pathogenit&t fxlr Tiere wurde noch nicht 
sicber festgestellt, soweit aus den kurzen Angaben ersichtlich ist. Die 
Autoren glauben, dad die Trypanosomen im zentrifugierten Blut sicherer 
und h&ufiger nachgewiesen werden konnten. ErwShnt m8ge noch werden, 
daB sich in einer Ortschaft bei 6 Pferden, die zum Teil keine besonderen 
Krankheitserscheinungen zeigten, zahlreiche Trypanosomen im Blut fan den. 
Im Tierexperiment schienen sich dieselben den Naganaparasiten nicht 
un&hnlich zu verhalten, obwohl sie morphologisch angeblich Abweichungen 
zeigten. 

Kurze Zeit hierauf, im MSrz und Mai d. J., berichteten Man son 
(106), sowie M a n s o n und Daniels (122) fiber zwei TrypanosomiasisfSUe 
vom Kongo (Leopoldsville und Monsambe), welche Europ&erinnen be- 
trafen und in London beobachtet wurden. Bei beiden sollen die von 
Erythem begleiteten remittierenden Fieber nach Insektenstichen am 
Bein aufgetreten sein. Man son spricht bei dem zweiten Fall neuer- 
dings (107) die Vermutung aus, dafi die Infektion durch innigen Kontakt 
mit einer gleichfalls an Trypanosomiasis leidenden Person erfolgt sei. 
Wiederum fanden sich die Trypanosomen vornehmlich wfihrend der 
Fieberzeit in mafiiger Anzahl im Blut. Chinin war auch in diesen Fallen 
ohne Einflufi auf den Fieberverlauf, desgleichen Arsen, welches im 
Ford e-Dutton schen Falle sehr gfinstige Wirkung gezeigt hatte. Der 
erste Mansonscbe Patient kehrte nach Afrika zuriick, wfihrend der 
zweite sich noch in Behandlung befindet. Bei letzterem sah Man son 
vor einem Fieberanfall zwei Entwickelungsformen (angeschwollene Try- 
panosomon mit doppelter GeiBel) und nacher eine bedeutende Zunahme 
der Parasitenanzahl. Samtliche Uebertragungsversuche auf Ratten, M&use, 
Hund, Affe, Pferd, Schwein etc. fielen negativ aus. 

Vom Kongo liegen bisher noch einige ganz kurze Mitteilungen fiber 
Trypanosomenbefunde, anscheinend sfimtlich bei Europfiern, vor: 1 Fall 
von Le Moal (85) in Brazzaville, 1 Fall von Brumpt (115) in Boumba 
und 2 von Broeden (106) in Leopoldsville. Leishman (123) spricht 
bei einem Fall von Dum-dum-Fieber in Indien nur die Vermutung aus, 
daB er in der Milz mOglicherweise Entwickelungsformen von Trypano¬ 
somen gesehen habe. Dieselben Gebilde sah neuerdings auch Donovau 
(139) in Indien bei einigen F&llen in der Milz. 

Aus diesen im letzten Jahre erhobenen Befunden ging trotz deren 
bisher noch geringer Anzahl jedenfalls die Tatsache hervor, daB die 
menschliche Pathologic in den Tropen mit einer bisher unbekannten, von 


1) Im panzeri bat Dutton mmmehr fiber 1000 Individuen in Senegambien unter- 
eucht und 7mal Trypanosomen im Blute gefunden. (Lancet. 1903. 22. August, p. 542.) 


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Rabinowi tsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 807 


den Englflndern als „Trypanosomiasis u Oder ^Gambia fever“ bezeichneten 
Krankheitsform zu rechnen hat, als deren Erreger die im Blut gefundenen 
Trypanosomen angesehen werden mtissen. 

In rascher Folge hat nun die Trypanosomenforschung hinsichtlich 
der Aetiologie tropischer Krankheiten einen weiteren Fortschritt, und 
zwar wiederum von englischer Seite, erfahren. Anfang dieses Jahres 
erhielten wir aus London die Mitteilung, daB Castellani, der im Auf- 
trage der Royal Society nach Uganda, Zentral-Afrika, zur Erforschung 
der Schlafkrankbeit der Neger (sleeping sickness) entsandt war, Trypano¬ 
somen in der Cerebrospinalfliissigkeit der Kranken gefunden habe. Die 
Schlafkrankheit der Neger war bisher eine ebenso interessante wie dunkle 
Erkrankung. Sie herrscht epidemisch in verschiedenen Teilen Afrikas 
und befailt nur Neger. Ihr Hauptsymptom ist ein schlafsttchtiger Zu- 
stand, der sich schlieBlich bis zum tiefen Coma steigert. Der Verlauf 
ist chronisch, der fast unvermeidliche Tod erfolgt nach 3—12 Monaten. 
Der anatomische Befund ist, abgesehen von einer stets vorhandenen 
Hyperflmie der HirnhautgefflBe, negativ. Die bisherigen bakteriologischen 
Befunde widersprachen sich; die Mansonsche Theorie, welche als Ur- 
sache der Schlafkrankheit Filaria perstans ansieht, war auch noch zweifel- 
haft. Ganz neuerdings erkl&rte Ziemann (97) die Schlafkrankheit fflr 
eine Intoxikation, bedingt durch den GenuB von rohem Maniok. 

Kebren wir zu den interessanten Befunden Castellanis zurflck, 
tiber die nunmehr ausfflhrlichere Berichte (119, 125—127) vorliegen. 
Castellani hatte bei der Untersuchung schlafkranker Neger, welche 
in Entebbe (Uganda) vorgenommen wurden, den gliicklichen Einfall, die 
intra vitam durch Punktion gewonnene Cerebrospinalflflssigkeit jjvon 
ca. 15 ccm, von der die obersten blutig gefarbten 5 ccm abgegossen 
wurden, ca. 15 Minuten lang zu zentrifugieren und dann erst das Sedi¬ 
ment mikroskopisch zu besichtigen. Auf diese Weise konnten in der 
Cerebrospinalflflssigkeit von 34 Kranken in 19 Fallen, gleich ca. 60 Proz., 
Trypanosomen aufgefunden werden. Dieser Befund wurde zweimal auch 
post mortem bestatigt, in denen sich die Parasiten auch in den Seiten- 
ventrikeln vorfanden. Eine Blutuntersuchung wurde nur in wenigen 
Fallen, einmal mit sicherem positiven Trypanosomenbefund vorgenommen. 
Sowohl in der Cerebrospinalflflssigkeit wie auch im Blut sah Castellani 
Gebilde, die er fflr Entwickelungsformen der genannten Blutparasiten 
ansieht. Zur Kontrolle untersuchte Castellani in Entebbe die Hirn- 
Rflckenmarksflflssigkeit von. 12 Negern, die nicht an der Schlafkrankheit 
litten, sondern anderweitige Erkrankungen, zum Teil mit leichten Fieber- 
erscheinungen aufwiesen — samtliche Falle mit negativem Ergebnis. Hin- 
gegen fanden sich bei 3 Negern dieser Kontrollserie, welche Fieber- 
erscheinungen, mit Kopfschmerzen, in einem Fall vergroBerte Milz zeigten, 
sparliche Trypanosomen wflhrend der Fieberanf&lle im Blut. Malaria- 
parasiten waren in diesen Fallen, die ausfflhrlich von Baker (124) be- 
schrieben werden, nicht nachweisbar. 

Wenn auch durch diesen zum erstenmal von Castellani er- 
hobenen Trypanosomenbefund in der Cerebrospinalflflssigkeit schlaf¬ 
kranker Neger die Aetiologie und Pathogenese der bis dahin so ratsel- 
haften Erkrankung noch nicht vollstandig aufgeklflrt erscheint. so glauben 
wir bei dem hohen Prozentsatz der positiven Befunde doch immerhin 
schon jetzt die Behauptung aufstellen zu dflrfen, daB die Trypanosomen 
in einem ursflchlichon Zusammenhang mit der Schlafkrankheit stehen. 
Der zumeist post mortem von Castellani durch Kultur gesicherte 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 


Streptokokkenbefund scheint doch nur eine sekund&re Bedeutung zu 
haben. Unsere obige Annahme erhalt eine weitere gewichtige Stfitze 
durch folgende Mitteilung Bruces (120), des Entdeckers der Nagana- 
Trypanosomen, an die Royal Society, welche denselben zur weiteren Er- 
forschung der Schlafkrankheit nach Uganda entsandt hatte. In siimtlichen 
38 untersuchten Fallen von Schlafkrankheit fand Bruce Trypanosomen 
in der Cerebrospinalflflssigkeit, in 12 von 13 diesbeztiglich untersuchten 
Fallen auch im Blut 1 ). 

Kann somit die C a s t e 11 a n i sche Entdeckung als bestatigt angesehen 
werden. so erhebt sich nun vor allem die Frage nach der Art der Ueber- 
tragung der Krankheitserreger. Die Forschungen der letzten Jahre haben 
zur Genfige bewiesen, daB die Blutparasiten im allgemeinen durch In- 
sekten flbertragen werden. Dies dflrfen wir wohl nach dem vorliegenden 
Material auch fflr die Trypanosomen annehmen. Fur die nicht pathogenen 
Rattentrypanosomen haben wir den experimentellen Nachweis der Ueber- 
tragung durch Fldhe erbracht, und erfuhren eine Bestatigung durch 
Laver an und Mesnil. Me Neal undNovy sahen hingegen lebende 
Trypanosomen im Magen der Rattenlause (141). Als Verbreiterin der Na- 
ganatrypanosomenwird in alien von der Seuche heimgesuchten Gegenden 
die Tsetsefliege angenommen; B r u c e hat diese Annahme durch das Experi- 
mentgestfitzt. Fflr die Surratrypanosomen gelten Tabanus tropicus und 
Tabanuslineola in Indien als Uebertrflger, wahrend Curry (63,64) bei der 
Surra auf den Philippinen die Trypanosomen im Magen und Rflssel der ge- 
meinen Stallfliege, Stomoxys calcitrans, aufgefunden hat. Der Ueber- 
tragungsmodus des Mai de Caderas ist nach E1 massian und Ligni&res 
(73) noch nicht vSllig aufgeklart, obwohl letzterer ebenfalls in den 
Leibern von Stomoxys calcitrans , die von kranken Tieren stammten, in- 
fektionsfahige Trypanosomen nachwies; SivoriundLecler (100) haben 
sogar mit positivem Erfolg gesunde Pferde von diesen Fliegen stechen 
lassen. Hingegen sollen bei der Verbreitung der Dourine nach den 
Untersuchungen von Schneider und Buffard, sowie Nocards (17) 
die Trypanosomen durch den Coitus flbertragen werden. Unsere eigenen 
mit Dourinetrypanosomen angestellten Versuche zeigten jedocb, daB sich 
Ratten auch durch Vermittelung von Insekten, speziell Flohen, infizieren 
lassen. Wir setzten sowohl mannliche infizierte weiBe Ratten mit mflnn- 
lichen nicht infizierten als auch infizierte Weibchen mit nicht infizierten 
zusammen, so daB eine Uebertragung durch den Begattungsakt aus- 
geschlossen war, und erhielten in beiden Reihen positive Resultate. 
Die Uebertragung der Parasiten durch Zusammensperren infizierter und 
nicht infizierter Ratten in einen Kflfig gelang uns bei der Dourine nicht 
so haufig (30—40 Proz.) wie bei den Rattentrypanosomen (75—80 Proz.). 
DaB die RattenflShe in der Tat die Dourinetrypanosomen beherbergten, 
haben wir in aknlicher Weise wie bei unsern frflheren Versuchen mit 
Trypanosoma Lewisi festgestellt und auch durch den Befund von Trypa¬ 
nosomen im Flohmagen bestatigt. Eine einwandsfreie Uebertragung 
durch den Coitus mit sicherem AusschluB der Insekten als Vermittler 
der Dourinetrypanosomen war uns auch bei Kaninchen nicht moglich. 


1) Die Cas tellanischcn Befunde veraulafiten die portugiesische Expedition zur 
Erforschung der Schlafkrankheit (Annibal Bettencourt, Ayres Kopke, Gomes 
de ltezende ed Correia Men des), ihre Praparate nachzupriifen. In 4 von 12 Fallen 
liefien sich denn auch Trypanosomen im Blute auffinden, in der Cerebrospinaifliissigkeit, 
die jedoeh nicht nach der Castellanischen Methode verarbeitet worden war, dagegen 
nicht (147).J 


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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 809 


Ueber unsere Dourineversuche werden wir demnachst an anderer Stelle 
berichten. 

Jedenfalls gaben uns aber dieselben zu bedenken, ob die sogenannte 
Beschalseuche s. Dourine in der Tat durch Trypanosomen hervorgerufen 
wird, Oder falls dieses sich weiter bestatigen sollte — Symptome und 
Pathologic der Dourine zeigen ja eine weitgehende Uebereinstimmung 
mit Surra und Nagana — ob bei der Uebertragung der Parasiten neben 
dem Begattungsakt nicht auch noch blutsaugende Insekten eine Rolle 
spielen. Das in der Heimat der Dourine, in Algier, auch die Nagana 
zu Haus ist, zeigt uns eine neuere Mitteilung von Szewczyk (113). 
Nach de Does (33) kommt die durch Trypanosomen hervorgerufene 
Beschals&uche der Pferde auch auf Sumatra vor, woselbst die Surra 
endemisch ist. Ferner sprachen letzthin selbst Schneider und 
Buffard (98) die Vermutung aus, daB Rouget (111) seinerzeit wohl 
nicht mit Dourine-, sondern mit Naganamaterial gearbeitet habe. Es 
ware also in diesen Gegenden die Annahme eines gleichzeitigen Auf- 
tretens der Beschalseuche und der Nagana resp. Surra bei einem und 
demselben Tiere nicht ganz von der Hand zu weisen. Aus diesen 
Notizen ersehen wir jedenfalls, daB die Akten uber die Dourine noch 
nicht abgeschlossen sind. 

Die Mehrzahl der Trypanosomenseuchen scheint, wie wir soeben 
erfahren haben, durch Stechfliegen ihre Verbreitung zu finden. Die 
Vermutung, daB diese oder andere Insekten auch bei dem menschlichen 
Trypanosomenfieber oder bei der durch Trypanosomen hervorgerufenen 
Schlafkrankheit als Zwischenwirte eine Rolle spielen, gewinnt durch 
aitere Angaben eine nicht unwichtige Stfltze. So hat Livingstone 
und spater Sir John Kirk u. a. die tick-disease in Portugiesisch-Siid- 
afrika im Zambesital beim Menschen beschrieben, wahrend Daniels 
vom tick-fever in Britisch-Zentralafrika spricht; von letzterem ausgefiihrte 
Blutuntersuchungen fielen allerdings negativ aus. Man son (106) ist 
nicht abgeneigt, bei seinen oben geschilderten Trypanosomiasisfallen 
vom Kongo, die nach Insektenstichen auftraten, die von Livingstone 
beschuldigte giftige Zecke, Argos moubata, als Tragerin des Krankheits- 
keims anzusehen. 

Auch in den anderen meistens an Seen und Fliissen beobachteten Fallen 
von Trypanosomiasis, die bisher verzeichnet sind, ist es sehr wahrschein- 
lich, daB Insekten die Blutparasiten iibertragen haben; in alien diesen 
Gegenden ist besonders die Tsetsefliege zu Haus und die durch sie ver- 
breitete Nagana. Fiir die Verbreitung der Schlafkrankheit scheint sogar 
diese Fliege, die Glossina morsitans, allein in Frage zu kommen. In 
einer der letzten Sitzungen der Soci6t6 de Biologie erklarte dies 
B r u m p t (128) fiir sehr wahrscheinlich. Ueberall da, wo die Tsetsefliege 
nicht vorkommt, vermag sich die Krankheit nicht auszubreiten. So 
wurden verschiedene Falle von Schlafkrankheit nach den Antillen ver- 
schleppt, ohne daB die Krankheit dort festen FuB fassen konnte. Unter 
den verschiedensten Insekten, welche daselbst den Menschen bel&stigen, 
fehlt die Tsetsefliege. Interessanter sind die weiteren Daten, die 
Brumpt gibt. Wahrend in Banamia unter den am Kongo selbst 
lebenden 3000 Fischern die Schlafkrankheit entsetzlich wiitete, so daB 
augenblicklich nur noch 300 von ihnen leben, sind die in der Nahe 
einer Trappistenmission lebenden Eingeborenen, welche selten zum FluB 
hinunterkommen und ihr Trinkwasser aus Quellen beziehen, vollkommen 
von der Seuche verschont geblieben. Am Flusse selbst kommt die Tsetse- 


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810 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 

fliege in groBen Scharen vor, wShrend in der 20 Minuten vom Flusse 
abgelegenen Mission keine Fliege zu treffen ist. Die Einwohner eines 
anderen Dorfes, die schrecklich zu leiden hatten und mitten in der von 
der Schlafkrankheit befallenen Gegend wohnten, sind vollkommen gesund t 
seitdem sie Ackerbau treiben und nicht mehr zum FluB hinabkommen t 
wo sie von der Tsetsefliege gestochen werden konnten. Auch Sam bon 
(129) spricht sich angesichts der Castellanischen Befunde fdr die 
Verbreitung der Schlafkrankheit speziell durch die Tsetsefliege aus. 

Es ist aber nun eine weitere Frage zu beantworten, weshalb von 
der Schlafkrankheit im allgemeinen nur die Neger betroffen werden, 
obwohl vereinzelte F&lle auch unter WeiBen zur Beobachtung kamen. 
Sollte etwa der Geruch der Eingeborenen auch die Tsetsefliege be- 
sonders anziehen, wie dies fur Anopheles die Beobachtungen der eng- 
lischen Malariaexpedition (25) ergeben haben? Wenn auch die bis- 
herige Annahme, daB der Mensch, obwohl er im Laufe ktirzester Frist 
wiederholentlich von der Tsetsefliege gestochen wird, ohne ernstere 
Storungen davonkommt, nach den mitgeteilten Tatsachen nicht mehr 
zu Recht bestehen kann, so mtissen wir vorlaufig mangels plausibler 
Grunde das Verschontbleiben der WeiBen von der Schlafkrankheit fQr 
eine Rassenimmunit&t erklaren. Das in klinischer Beziehung von der 
Schlafkrankheit vollstandig differente und meistenteils unter leichteren 
Symptomen verlaufende Trypanosomenfieber bef&llt hingegen nicht nur 
Europ&er, wie es nach den ersten Berichten schien, sondern auch Ein- 
geborene. Nicht unerwahnt lassen wollen wir hier flbrigens die von 
Laver an (58) aufgestellte Hypothese, daB der Mensch deshalb nicht 
von der Nagana befallen werde, weil das menschliche Blutserum nach 
seinen Versuchen einen sch&digenden EinfluB auf die Naganatrypano- 
somen in unzweideutiger Weise ausubt. Nach neueren Versuchen La¬ 
ver an s (138) hat das menschliche Blutserum dieselbe Wirkung auch 
auf Surra- und Caderasparasiten. Diese Eigenschaft des menschlichen 
Blutserums konnen wir aber nicht als eine spezifische auffassen. Auf 
die Dourinetrypanosomen wirkte nach unseren Untersuchungen nicht 
nur das menschliche Blutserum mikrobizid, sondern in einigen Versuchen 
auch das Serum gegen Trypanosoma Lewisi aktiv immunisierter weiBer 
und passiv immunisierter grauer Ratten. 

Das Vorkommen von Trypanosomen beim Menschen in gewissen 
tropischen Distrikten durfte nach alledem voraussichtlich ein nicht allzu 
seltenes sein, wenn wir uns vergegenw&rtigen, daB bei dem bisherigen 
Untersuchungsmodus immer nur vereinzelte Parasiten, und zumeist nur 
w&hrend des Fieberanfalles, sichtbar wurden. Ferner wissen wir nach 
den Untersuchungen Bruces, daB anscheinend gesunde Tiere Nagana- 
parasiten in ihrem Blut beherbergen, und auch die menschliche Patbo- 
logie hat durch Kochs Malariaforschungen das Vorkommen von Plas- 
modien bei Kindern kennen gelernt, die zum Teil keine klinischen Er- 
scheinungen der Malaria darboten. 

Wie steht es nun mit der Morpbologie und Biologie der pathogenen 
tierischen und menschlichen Trypanosomen? Wir kennen bisher die 
Parasiten der Surra, Nagana, Dourine, Caderas, der sogenannten Trypa¬ 
nosomiasis und der Schlafkrankheit. Das von Theiler in Pretoria bei 
Rindern gefundene Trypanosoma ist schon wegen seiner fast doppelten 
L^nge als eine besondere Art aufzufassen. Den obigen Trypanosomen 
stehen von den ziemlich weit im Tierreich verbreiteten nicht pathogenen 
Arten am n£chsten die Blutparasiten der Ratten, das Trypanosoma Lewisi . 


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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 311 

Die morphologische Aehnlichkeit des letzteren mit den Surra- und 
Naganaparasiten ist eine derartige, daB alle Mheren Beobachter die- 
selben fur identisch hielten. Erst Koch gelang es 1898 die morpho- 
logischen und generellen Verschiedenheiten des Trypanosoma Lewisi 
festzustellen. Auf seine Anregung haben wir das Studium dieser Try- 
panosomenart verfolgt (5). Wir haben seinerzeit als erste den voll- 
st&ndigen Entwickelungscyklus des Trypanosoma Lewisi gegeben, sowie 
den naturlichen Infektionsmodus der Ratten experimentell aufgeklart. 
Wir haben ferner bei unseren diesbeztiglichen Immunisierungsversuchen 
zum erstenmal festgestellt, daB auBer der aktiven Immunitat bei den 
Protozoen auch eine passive Immunitat mit Sicherheit zu erreichen ist 1 ). 
Diese letztere Tatsache ist spater nur noch im beschrankten MaBe fhr 
die Naganaparasiten von Laver an und Mesnil (82), im ubrigen fQr 
keine andere Protozoenart nachgewiesen worden. Unsere Untersuchungen 
sind im groBen und ganzen von Laver an und Mesnil (52), sowie 
von Wasielewski und Senn (19), welch letztere sich allerdings mehr 
auf die Entwickelungsgeschichte der Trypanosomen beschr&nkt haben, 
bestatigt worden, wenn wir auch in der Deutung einzelner Befunde, 
speziell hinsichtlich der Entwickelungsformen zuweilen gefehlt haben. 
Zu unserer Entschuldigung mussen wir anffthren, daB die Technik der 
Romanowskyschen Farbung, die fur das Studium der Entwickelungs¬ 
formen durchaus erforderlich ist, seinerzeit noch nicht so vollkommen 
war. In der Tat ist es uns erst mit der von Wasielewski und Senn 
angegebenen und leicht auszuftihrenden Modifikation der genannten 
Farbung sowie spater mit einer eigenen und der Leishman schen (50) 
gelungen, die GeiBel in ihrem ganzen Verlauf bis in die Nahe des von 
uns als Nucleolus, von Laver an und Mesnil (28) als Centrosoma 
bezeichneten Gebildes zu verfolgen. Auf Grund dieser Tatsache miissen 
wir allerdings zugeben, daB unsere friihere Annahme geiBelloser Ent¬ 
wickelungsformen nicht zu Recht besteht. Die Vermehrung erfolgt in 
frei beweglichem Zustande und ist trotz der groBen Mannigfaltigkeit der 
Entwickelungsstadien, die wir seinerzeit samtlich abgebildet haben, im 
Prinzip immer die gleiche. Sie charakterisiert sich hauptsachlich als 
L&ngsteilung; die Inkonstanz der Teilungsebene scheint allerdings unsere 
friihere Deutung einer Querteilung nicht ganz von der Hand zu weisen. 
Neben der vornehmlich auftretenden L«angsteilung ist die friiher von 
uns als Segmentierung bezeichnete rasche und mehrfache Teilung des 
Parasiten, die zur Bildung rosettenfSrmiger Kolonieen fflhrt, ein haufiges 
Vorkommen. Bei diesem Teilungsmodus ist jedoch die Mutterzelle als 
solche nicht mehr erkennbar, wie Laver an und Mesnil sehr rich tig 
den Beobachtungen von Wasielewski und Senn entgegenhalten. 

Neben dem Studium der Rattentrypanosomen das wir bestandig weiter 
verfolgt haben, waren wir seit 3 Jahren dank der Liebenswurdigkeit des 
Herrn No card, welcher uns zweimal mit Dourine infizierte Kaninchen 
aus Alfort freundlichst tibermittelte, in der Lage, auch die Morphologie 
und Entwickelungsgeschichte dieser Trypanosomen kennen zu lernen. 
Zu unseren vergleichenden Trypanosomenstudien waren wir ferner in der 
Lage zu benutzen: frisches Naganamaterial, ungefarbte und gefarbte 
Surrapraparate aus Indien, ungefarbte Mai de Caderaspraparate von 
Herrn Nocard, ungefarbte und gefarbte Praparate von Gambiafieber 
direkt vom Menschen (von Herrn Dutton) sowie neuerdings Prapa¬ 
rate menschlicher Trypanosomen, die durch Ratte und Maus hindurch- 
geschickt waren (von Herrn Dutton und Todd), sowie endlich gefarbte 


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812 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 

Pr&parate von sleeping-sickness (von Herrn Castellani). Diesen Herren 
sei auch an dieser Stelle nochraals freundlichst gedankt. 

Anmerkung. W&hrend Drucklegung dieserMitteilung erhielten wir 
unverhoffterweise aus Alfort eine Sendung mit Caderastrypanosomen in- 
fizierter Meerschweichen. Des so friih dahingeschiedenen Meisters von 
Alfort, ProfessorEdmondNocards, der uns noch von seinem Kranken- 
lager aus dies letzte Zeicben seiner freundschaftlichen Gesinnung gab, 
werden wir stets in tiefster Yerehrung gedenken. Herrn Lignifcres, 
der uns die Tiere in so gutem Zusande und zum weiteren Studium be- 
sonders geeigneter Weise iibermittelte, sprechen wir unseren herzlichsten 
Dank aus. Eins der Tiere, welches kaum irgendwelche Zeicben der 
Erkrankung darbot, beherbergte eine groBe Anzahl von sehr lebhaft be- 
weglichen Parasiten ini Blut, welche die weiter unten beschriebenen 
Kennzeichen der Caderastrypanosomen aufwiesen. Wir sahen bei diesem 
Tier auch im gef&rbten Pr&parat nur erwachsene Parasiten. Die Ueber- 
impfung auf Meerschweinchen gelang leicht, sowohl auf intraperitonealem 
wie subkutanem Wege. Bei intraperitonealer Impfung sahen wir bereits 
am 2. Tag ganz vereinzelt, am 3. Tag in groBerer Anzahl in der mittelst 
Kapillare entnommenen Peritonealllussigkeit neben erwacbsenen Para¬ 
siten meistenteils in Teilung begriffene Entwickelungsformen, vornehm- 
lich mit 2, aber auch eine Anzahl mit 3 und 4 Kernen und der ent- 
sprechenden GeiBelzahl; wir fanden ferner multiple Teilungsformen, 
deren Protoplasma sich erst zur Segmentierung anschickte, mit 8 und 
10 Kernen, also fast die n&mlichen Verbaltnisse wie bei den Dourine- 
und Naganatrypanosomen. Leider ist uns die F£rbung der Basal- 
kbrperchen bei diesen Teilungsformen bisher nicht so gelungen, dafi 
wir iiber deren Verhalten bei dem VermehrungsprozeB schon hier ein 
vollst&ndiges Bild geben konnten. Am 3. Tage sahen wir bei demselben 
Meerschweinchen noch keine Parasiten im Blute, erst am 4. Tage waren 
einige erwachsene Parasiten, am 5. auch Entwickelungformen mikro- 
skopisch nachweisbar. Ueber das Ergebnis der ersten Versuchsreihen, 
die haupts&chlich zur Aufkl&rung des Uebertragungsmodus der Caderas¬ 
trypanosomen analag unseren Dourineversuchen vorgenoinmen wurden, 
konnen wir vielleicht schon demn&chst im AnschluB an die letzteren 
berichten. 

Gehen wir nun auf die Morphologie all dieser Parasiten ein. K o ch (1) 
sagt von den Rattentrypanosomen: „sie sind etwas langer und schlanker 
als das Surratrypanosoma und unterscheiden sich von demselben be- 
sonders dadurch, daB das Kopfende in einen langen schnabelartigen 
Fortsatz ausl&uft, w&hrend der Surraparasit am Kopfe fast stumpf 
endigt. tt Er erkl£rt weiter, daB er keinen wesentlichen Unterschied 
zwischen den an den verschiedenen Stellen (Stidafrika, Ostafrika, Indien) 
beobachteten Tsetse- und Surrakrankheiten erkennen konnte und daB 
er dieselben vorl&ufig fur identisch halte. Die Form des friiher als 
Kopfende, jetzt wobl allgemein als hinteres Ende bezeichneten Teiles des 
Parasiten ist in der Tat das haupts&chlichste morphologische Merkmal, 
welches das Rattentrypanosoma von alien anderen Trypanosomen unter- 
scheidet. Bei diesen letzteren, sowohl tierischen wie menschlichen Trypano¬ 
somen, l&uft das Hinterende mehr Oder weniger stumpf aus, obwohl nicht 
nur bei den verschiedenen Arten, sondern auch bei einer einzelnen in ein 
und demselben Praparat verschiedene Abstufungen zu verzeichnen sind. 
Zuweilen zeigt das hintore Ende bei diesen Parasiten sogar ein derartig 
zugespitztes Aussehen, wie es dem Rattentrypanosoma eigentiiralich ist 


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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- n. Tierpathologie. 813 


Die Formenunterschiede beziiglich des Hinterendes sind nicht so kon- 
stant, daB man bieraus eine Unterscbeidung der pathogenen Trypano¬ 
somen herleiten konnte. 

Dasselbe ist unserer Ansicht nach auch hinsichtlicb der Parasiten- 
lfinge der Fall. Koch halt, wie bereits zitiert, das Rattentrypanosoma 
fur lEnger als den Tsetse- resp. Surraparasit, wahrend Laver an und 
Mesni 1 sowie Bradford und P1 immer (59) gerade den Tsetsepara- 
siten fflr etwas groBer halten. Fiigen wir noch hinzu, daB Laveran 
und Mesnil in ihrer ersten diesbezttglichen Notiz (17. Nov. 1900 [22]) 
den Tsetseparasiten auf 30—34 n (die GeiBel inbegriffen) bemessen, in 
ihrer zweiten (29. M3rz 1901 [27]) auf 25—30 t», in ihrer dritten (25. Jan. 
1902 [53]) bei Ratte, Maus, Meerschweinchen, Kaninchen, Hund auf 
26—27 (m, bei Pferd und Esel auf 28—33 ft, so ersehen wir aus diesen 
Angaben zur Geniige, daB die Lflngeverhaltnisse der Trypanosomen 
keinen Anhalt zur Differenzierung geben. Auch schon Bruce hob her- 
vor, daB der Naganaparasit bei den verschiedenen Tierspecies in seiner 
GroBe variert, welche nach Bradford und Plimmer sogar in den 
verschiedenen Krankheitsstadien nicht unerhebliche Abweichungen 
zeigen soil. Die Surratrypanosomen, die bisher im allgemeinen fflr 
morphologisch identisch mit den Naganaparasiten galten, halten Laveran 
und Mesnil (79) nach neueren vergleichenden Untersuchungen filr 
etwas linger als die letzteren. Unsere eigenen Beobachtungen fflhren 
uns zu dem SchluB, daB bezfiglich der Lange keine konstanten Unter- 
schiede zwischen dem Rattentrypanosoma sowie den pathogenen tierischen 
und menschlichen Arten festzustellen sind, da selbst in ein und dem- 
selben Praparate mitunter langere und kflrzere Formen aufzufinden 
waren. Auch wir waren gleich Koch geneigt, das Rattentrypanosoma 
fflr lflnger zu erklflren, vergleichende Messungen zeigten uns jedoch, 
daB nur die Schlankheit desselben im Gegensatz zu den pathogenen 
Arten, deren Querdurchmesser wohl infolge der Breite der undulierenden 
Membran bis zu 1 ft groBer ist, diesen Anschein erweckt. Ein charakte- 
ristisches Unterscheidungsmerkmal, welches bisher aber weniger bervor- 
gehoben worden ist, scheint uns die Lagerung des Kerns zu sein, 
welcher sich bei Trypanosoma Lewisi meistenteils im ersten Korper- 
drittel befindet, wahrend er bei samtlichen anderen Arten ungefahr in 
der Mitte des Parasitenkorpers gelegen ist. Dieses waren die Haupt- 
punkte, welche im gefarbten Prfiparat mit Leichtigkeit das Rattentrypa¬ 
nosoma von den anderen Arten differenzieren. Im frischen Blutstropfen 
dflrfte eine sichere Unterscheidung bedeutend schwerer durchzufflhren 
sein, zumal wir der angeblich lebhafteren Beweglichkeit des Trypanosoma 
Lewisi keine allzu groBe Bedeutung beilegen. 

Welche morphologischen Unterschiede finden sich unter den Seuchen 
erregenden Trypanosomen der Nagana, Surra, Dourine, Caderas und den 
beiden bisher bekannten menschlichen Arten ? Wir konnen diese Frage nach 
unseren eigenen vergleichenden Untersuchungen kurz dahin zusammen- 
fassen, daB wir konstante morphologische Merkmale zwischen den ge- 
nannten Trypanosomen, wir sprechen vorlaufig nur von erwachsenen 
Formen, mit Ausnabme der Caderasparasiten, nicht feststellen konnten, 
die uns berechtigten eine Artverschiedenheit hieraus herzuleiten. Wir 
waren auch nicht im stande, in den Duttonschen und Castellani- 
schen Praparaten irgend welche besonderen Form- oder Strukturver- 
hflltnisse zu bemerken, die wir nicht auch bei den tierischen Trypano¬ 
somen gesehen batten. Die mehr oder weniger abgestumpfte Form des 


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814 • Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 

Hinterendes, die Lagerung des Basalkorperchens (Centrosoms) innerhalb 
oder ober- resp. unterhalb der Vakuole, die starkere Oder geringere 
KSrnung des Protoplasmas, die mehr oder weniger deutlich sichtbare 
Verbindung des scharf gef&rbten Randfadens mit dem Basalkdrpercken 
(ob ein solcher Zusammenhang uberhaupt existiert, dflrfte schwer nach- 
zuweisen sein), — alle diese morphologischen Einzelheiten zeigen bei den 
verschiedenen Tierspedes und sogar in ein und demselben Pr£parat der- 
artige Variationen, dafi uns wenigstens eine Differenzierung der einzelnen 
Arten unmoglich erscheint. 

Anders verhalt es sich bei den Caderasparasiten, bei denen das Basal- 
korperchen fast doppelt so klein ist, wie bei alien tibrigen Trypanosomen 
und welches den Farbstoff so schwer annimmt, daB die friiheren Beob- 
achter die Existenz desselben uberhaupt leugneten. Selbst in einer 
neueren Arbeit sagt Elmassian (118), der Entdecker des Caderas- 
trypanosoma, daB sich an der Stelle des Basalkorperchens nur „une boule 
rCfringente incolorable u befinde. Laver an und Mesnil (82) haben 
zuerst nachgewiesen, daB das kleine Chromatinkorn doch vorhanden sei 
und sich bei der von ihnen angewandten F&rbung (bleu B o r r e 1-Cosine- 
tannine) rot und nicht, wie bei den anderen Trypanosomen, violett f&rbe. 
Wir waren mit unserer Farbung nicht so glticklich und sahen selbst in 
ein und demselben Pr£parate Parasiten mit deutlich gefarbtem Basal- 
korperchen, w£hrend andere, ubrigens sonst gut gef£rbte Caderasparasiten 
dasselbe vermissen lieBen. Es ware vielleicht noch zu erw&hnen, daB sich 
im Protoplasmaleibe der Caderastrypanosomen mehr Granula linden, 
welche die Chromatinf&rbung annehmen, wie bei den anderen Trypano¬ 
somen. Im tibrigen sind die Form- und Strukturverhaltnisse der Ca¬ 
derastrypanosomen von denen der anderen pathogenen Arten nicht ver- 
schieden. Die Kleinheit und schwere Farbbarkeit des Basalkorperchens ist 
demnach in morphologischer Hinsicht das einzige pragnante Unter- 
scheidungsmerkmal der Caderasparasiten. Zur vergleichenden Ueber- 
sicht haben wir die verschiedenen Trypanosomenspecies auf einer Tafel 
zusammengestellt; man wird aus ihr ersehen, daB die pathogenen Arten 
morphologisch kaum voneinander zu trennen sind. 

Den Entwickelungscyklus der Trypanosomen waren wir nur bei der 
Dourine und der Nagana zu verfolgen in der Lage l ). Der Teilungs- 
modus charakterisiert sich ebenso wie bei dem Trypanosoma Lewisi im 
allgemeinen als Langsteilung mit dem Unterschiede, daB die Teilungs- 
ebene bei den genannten pathogenen Arten konstanter verRuift. Die 
Teilungsstadien zeigen iiberhaupt nicht so mannigfaltige Bilder wie die- 
jenigen der Ratten trypanosomen, zumal eine multiple Teilung nicht so 
haufig zu beobachten ist. Wir haben aber sowohl bei den Dourine- wie 
Naganaparasiten eine mehrfache Teilung der Mutterzelle konstatieren 
konnen, die zur Bildung rosettenfOrmiger Kolonieen fflhrt Bei der 
Dourine haben eine solche bereits Schneider und Buffard erw&hnt, 
w&hrend wir beziiglich der Naganatrypanosomen eine derartige Angabe 
in der Literatur nicht auffinden konnten. Entsprechend der im allge¬ 
meinen verh&ltnismaBig nicht sehr groBen Anzahl von Parasiten, die bei 
der Untersuchung der mit Dourine infizierten Tiere mikroskopisch sicht- 
bar sind, haben wir auch die Entwickelung der Dourinetrypanosomen 
nur mit groBer Mflhe verfolgen kOnnen. Wir glauben uns jedoch zu 


1) Bei den Caderastrypanosomen geht der Entwickelungscyklus wohl in der nam- 
M-ken Weise vor sich (s. Anmerkung p. 812). 


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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanoaomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 815 

der Annahme berechtigt, daB der Entwickelungscyklus wohl auch bei 
den anderen pathogenen Trypanosomenarten in gleicher, aber einfacherer 
Weise verl&uft, wie bei dem Trypanosoma Lewisi , ffir das wir seiner 
Zeit zura ersten Male den vollst&ndigen FortpflanzungsprozeB aufgestellt 
haben. Auch bei den menschlichen Trypanosoinen diirfte derselbe 
Teilungsvorgang bestehen; wir sahen in einem Prfiparate der Castel- 
lanischen Trypanosomen der Schlafkrankheit birnformige Jugendformen, 
wie sie bei alien anderen Trypanosomen beobachtet sind*). Ferner 
fanden wir in den Prapfiraten menschlicher Trypanosomen (Gambiafieber), 
die durch den Tierkfirper hindurchgegangen waren, vereinzelte Entwicke- 
lungsformen, wie sie alien Arten gemein sind. 

Aus vorstehendem glauben wir schlieBen zu dtirfen, daB sich eine 
Einteilung resp. Artsystematik der beschriebenen Trypanosomen auf 
Grund ihrer Morphologic und Entwickelungsgeschichte nicht durch- 
ffihren lfiBt, und daB wir zur Differenzierung ihre biologischen Eigen- 
schaften zu Hilfe nehmen mtissen. In der Tat hat es sich erst durch 
Immunisierungsversuche erweisen lassen, daB die Parasiten der Surra, 
Nagana, Dourine und Caderas verschiedene Arten darstellen. Tiere, 
welche gegen die eine dieser Seuchen immun gemacht worden waren, 
zeigten sich ffir die andere empffinglich. Diese Artverschiedenheit der 
Dourine und Nagana hat No card (39), die der Dourine und der Nagana 
von der Caderasseuche Ligni&res (131) nachgewiesen, w&hrend Laveran 
und Mesnil (137) durch wechselseitige Immunisierung und Infek- 
tion die Trennung der Surra, der Nagana und des Mai de Caderas er- 
moglicht haben. Unsere eigenen diesbezfiglichen Experimente ergaben 
unter anderem, daB gegen das Trypanosoma Lewisi aktiv immunisierte 
weiBe Ratten noch fur die Dourineparasiten empf&nglich waren. Anderer- 
seits zeigten sich jedoch einige Ratten, die eine leichte Dourineinfektion 
tiberstanden hatten, gegen das Trypanosoma Lewisi refraktar. Vergl. 
hierzu unsere friiheren Versuche mit Hamstertrypanosomen 1 2 ). 

Hinsichtlich ihrer Pathogenitat resp. Virulenz w&re eine Unter- 
scheidung der genannten Trypanosomenarten fast ebenso unmfiglich, wie 
auf Grund ihrer Morphologie, da die Empf&nglichkeit der verschiedenen 
Tierspecies fur ein und dieselbe Trypanosomenart eine sehr verschiedene, 
welche auBerdem noch groBen individuellen Schwankuugen unterworfen 
ist. Wir kennen ja iiberhaupt keinen Mikroorganismus, welcher bei 
alien Tierarten stets die gleichen Reaktionen auslost. Ferner miissen 
wir hier auch die Tatsache erw&hnen, daB die pathogenen Trypanosomen 
im hohen Grade die Eigenschaft besitzen, sich dem Organismus ihres 
Wirtes anzupassen. Dies haben in unzweideutiger Weise die Unter- 
suchungen fiber Nagana und Dourine ergeben, die teils in Afrika, teils 
in Europa angestellt wurden. So waren z. B. die anffinglich ffir Ratten 
und Mfiuse virulenten Dourineparasiten, die wiederholt durch den Hunde- 
korper hindurchgegangen waren, und welche uns im Kaninchenkorper 
tibermittelt wurden, ihrer Virulenz ffir diese Nager derartig verlustig 
gegangen, daB es uns erst nach mehr als 10-facher Passage gelang, 
weiBe Ratten mit dem gewtinschten Erfolge zu infizieren. 

Vielleicht gelingt es mit der Zeit, durch geeignete Zfichtungs- resp. 
Kulturverfahren, wie ein solches nach vergeblichen Versuchen frfiherer 


1) Diese und andere Entwickelungsfonnen finden sich auf einer Tafel, die 
Castellani dem Separatabdrucke des Sambonachen Artikeis (129) beigefiigt hat. 

2) 1. c. p. 277. 


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816 


Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 8. 


Autoren zum ersten Male erfolgreich N o v y ffir Trypanosoma Letoisi an- 
gegeben, eine DiffereDzierung der einzelnen Trypanosomenarten zu er- 
moglichen. Die Novysche Methode kann in der Tat als Zttchtungs- 
verfahren angesehen werden, wie wir uns selbst durch Versuche mit 
Tr. Letoisi ilberzeugt haben l ). 

In welchem verwandtschaftlichen Verbaltnis stehen nun die mensch- 
lichen zu den tierischen Trypanosomen ? Es lassen sich hierflber nur 
Vermutungen aufstellen, da bisher nur kurze Angaben fiber die Tier- 
versuche von Dutton und Todd vorliegen. Sollte es sich in der Tat 
erweisen, dafi die Castellanischen Trypanosomen der Schlafkrank- 
heit durch die Tsetsefliege verbreitet werden, wie Brumpt anzu- 
nehmen geneigt ist, so konnte man hieraus vielleicht auf eine engere 
Verwandtschaft dieser Trypanosomen mit den Naganaparasiten schlieBen. 
Doch hierfiber werden ja bald weitere Untersuchungen Aufschlufi bringen. 
Ebenso wie die Anopheles-Miicke die drei verschiedenen Parasitenarten 
der menschlichen Malaria zu fibertragen vermag, so ist moglicherweise 
auch die Tsetsefliege oder eine ihr verwandte Stechfliege dazu aus- 
ersehen, verschiedenen menschlichen oder tierischen Trypanosomenarten, 
deren Entwickelungsgang im Gegensatze zu den drei Parasitenarten der 
Malaria ein einheitlicher zu nennen ist, als Zwischenwirt zu dienen. 

Die Beweisffihrung der Artverschiedenheit der pathogenen tierischen 
Trypanosomen auf biologischem Wege, wie sie Laveran und Mesnil 
im Verein mit No card und Ligni&res gegeben haben, schlieBt sich 
folgerichtig der Entdeckung von R. Koch an, daB das Ueberstehen 
einer Malariafieberart, z. B. einer Quartana, nicht gegen die anderen 
Arten (Tropica und Tertiana) und umgekehrt immun macht — eine 
Tatsache, durch welcbe die fruhere Annahme von der Einheitlichkeit des 
Malariaparasiten endgtiltig widerlegt wurde. 

Literaturverzeichnis 2 ). 

1898. 

1) Koch, R., Reiseberichte iiber Rinderpest, Bubonenpest in Indien und Afrika, 
Tsetse- oder Surrakrankheit, Texasfieber, tropische Malaria, Schwarzwasserfieber. 
Berlin 1898. 

2) Kanthack, Durham and Blandford, On Nagana, or Tsetse fly disease. 
(Proceedings of the Royal Society of London. Vol. LXIV, received 1898. October 27. 
— Ins Deutsche ubersetzt von Nutt all, Hygienische Rundschau. 1898. 15. Dez. 
No. 24.) 

3) Nepveu, Sur un trypanosome dans le sang de l’homme. (Compt. rend, de la 
soc. de biol. 1898. Stance du 30 d&embre. p. 1172.) 

4) Lingard, Surra report. Appendices, including records of cases, charts and illu¬ 
strations. 230 p. Bombay 1898. 

1899. 

5) Rabinowitsch, Lydia und Kempner, W., Beitrag zur Kenntnis der Blut- 

E arasiten, speziell der Rattentrypanosomen. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. 
d. XXX. 1899. p. 251-294.) 

6) Plimmer, H. G. and Bradford, J. R., A preliminary note on the morphology 
and distribution of the organism found in tne Tsetse-fly-disease. (Veterinarian. 
Vol. LXXI1. 1899. p. 648.) 

7)-, Vorlaufige Notiz iiber die Morphologie und Verbreitung des in der Tsetse- 


1) Auch zur Kultivierung der Caderastrypanosomen ist das Verfahren ^eeignet 
und kann unter Umstanden den Tierversuch ersetzen; hierflber werden wir spater be- 
richten. 

2) Die einschlagige Literatur bis zum Jahre 1898 findet sich in unserer friiheren 
Arbeit, dieses Verzeichnis No. 5; die iilteren Arbeiten finden sich in der sehr ausfuhr- 
li<hen Zusammenstellung von Has sal, d. Verzeichnis No. 77. 


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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 817 


krankheit („Fly Disease 11 oder „Nagana u ) gefundenen Parasiten. (Centralbl. f. Bakt. 
etc. Bd. XXVI. 1899. p. 440.) 

8) Lingard, Report on Surra in equines, bovines, buffaloes, and canines, together 
with an account of experiments conducted with the Trypanosoma of rats, bandi¬ 
coots, and fish. 100 p. Bombay 1899. 

9) Penning, C. A., Over het voorkomen van anaemia pernicieusa infectiosa of wel 
Surra onder de paarden in Ned.-Indie. (Veeartsenijkundige Bladen voor Ned.- 
Indie. Deel XII. 1899. p. 123.) 

10) Nuttall, G. H. F., Die Rolle derlnsekten; Arachniden (Ixodes) imd Myriapoden 
als Trager bei der Verbreitung von durch Bakterien und tierischen Parasiten ver- 
ursachten Krankheiten des Menschen und der Tiere. (Hygien. Rundschau. 1899. 
No. 5, 0, 8, 10, 12.) 

11) Schneider, G. etBuffard, M., Note sur*xm parasite trouv6 dans le sang d’ani- 
maux atteints de dourine ou maladie du coit. (Bulletin de l’acad. de mm, 1899. 
25 juillet.) 

12) -, Contribution ft P4tude de la dourine. Nouveiles recherches. (Ibid. 1899. 

19 septembreJ 

13) -, La dourine experimentale du chien, fonction d’un trypanosome. (Ibid. 1899. 

3 octobre.) 

14) -, Transmission experimentale du trypanosome de la dourine par le coit. (Ibid. 

1899. 21 novembre.) 

1900. 

15) Schneider et Buffard, La dourine et son parasite. (Recueil de m£d. v6t6rin. 
Ser. VIII. Fasc. 7. 1900. 15 tevrier. No. 3. 51 p.) 

16) -, Le trypanosome de la dourine (Mai du coit). (Arch, de parasit. T. III. 

1900. No. 1. p. 124—133.) 

17) Nocard, Sur des notes de MM. Buffard et Schneider, concernant P6tude experi¬ 
mentale de la dourine du cheval. (Bulletin de Pacad. de med. 1900. Seeance du 
31 juillet. p. 154.) 

18) Rouget, Sang colore con tenant des Trypanosomes. (Journ. de med. de Bordeaux. 
Vol. XXX. 1900. 7 janvier. p. 12.) 

19) von Was ie lew ski und Senn, Beitrage zur Kenntnis der Flagellaten des 
Rattenblutes. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXXIII. 1900. p. 444.) 

20) Laver an, A. et Mesnil, S., De la longue conservation ft la glacifcre des trypano¬ 
somes du rat et de l’aerglom^ration de ces parasites. (Compt. rend, de la soc. de 
biol. 1900. Seance du octobre. p. 816.) 

21) -, Sur Pagglutination des trypanosomes du rat par divers serums. (Ibid. 1900. 

Seance 10 novembre. p. 939.) 

22) -, Sur le mode de multiplication du trypanosome du rat. (Ibid. 1900. Seance 

du 17 novembre. p. 976.) 

23) Penning, C. A., Verdere waarnemingen betreffende Surra in Ned.-Indie. (Vee¬ 
artsenijkundige Bladen voor Ned.-Indie. Deel XIII. Afl. 1. 1900.) 

24) Vrijburg, A. Surra. (Veeartsenijkundige Bladen voor Ned.-Indie. Deel. XIII. 
Afl. 1. 1900. p. 53.) 

25) Stephens and Christophers, Distribution of anopheles in Sierra Leone. 
(Rep. to the Mai. Com. Royal Society. Ser. I. 1900. p. 56.) 

1901. 

26) Stassano, Contribution ft l^tude du trypanosome. (Compt. rend, de la soc. de 
biol. 1901. Stance du 5 janvier. p. 14.) 

27) Laveran et Mesnil, Sur le mode du multiplication du trypanosome du Nagana. 
(Compt. rend, de la soc. de biol. 1901. Stance du 29 mars/p. 326.) 

28) -, Sur- la nature centrosomique du corpuscule chromatique post^rieur des try¬ 

panosomes. (Ibid. p. 329.) 

29) Stassano, H., Sur la fonction de relation du petit noyau des trypanosomes. 
Diskussion: Lav eran. (Ibid. 1901. Stance du 4 mai. p. 468.) 

30) Mesnil, F., Les trypanosomes et leur r61e pathogfcne. [Le$on faite ft Plnstitut 
Pasteur et recueillie par P. Gazeau.J (Arch, de m&l. navale. 1901. Avril. No. 4. 
p. 273—295.) 

31) Carougeau, Note relative ft Pexistence du trvpanosome en Indo-Chine. (Bul¬ 
letin de la soc. centrale de m£d. v6t£r. S4r. VIII. 1901. Stance du 23 mai. F. 8. 
No. 12. p. 295.) 

32) de Does, J. K. F., Bijdrage tot de kennis der trypanosomen-ziekten, in het bi- 
zonder die, welke op Java voorkomen. (Geneeskunaig Tijdschr. voor Ned.-Indie. 
Deel XLI. Afl. 1. 1901. p. 1-38.) 

33) -, Boosaardige dekziekte in het Soemedangsehe. (III. Rapport.) (Veeartsenij¬ 

kundige Bladen voor Ned.-Indie. Deel XIV. Afl. 1/2. 1901. p. 20.) 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 52 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


34) Elmassian, Mai de Caderas. (Conference faite au conseil national d’hygtehe 
le 19 mai 1901. Asuncion.) 

35) Voges, Das Mai de Caderas der Pferde in Sudamerika. (Berliner tierarztliche 
Wochenschr. 1901. No. 40. p. 597.) 

36) Zabala, Joaquin, Mai de Cadera. (Articulo publicado en los Anales del De- 
partamento Nacional de Higiene. Buenos Ayres. 1901. Nov. p. 49—72.) 

37) Schneider und Buffard, Prophylaxie de la dourine. 15 p. 1 Karte. Lyon 
1901. 

38) -Syphilis et dourine. (Rev. de nted. 1901. No. 2. p. 135.) 

39) Nocard, Sur les rapports qui existent entre la dourine et le surra ou le nagana. 

& t. rend, de la soc. de biol. 1901. Stance du 4 mai. p. 464.) 

rs, L., The transmission of the Trypanosoma Evansi by horse flies and 
other experiments pointing to the probable identity of Surra of India and Nagana 
or Tsetse-fly disease of Africa. (Proc. of the royal society of London. Vol. LXVIII. 
1901. Febr. 14. p. 163.) 

41) Koch, R., Ein Versuch zur Immunisierung von Rindern gegen Tsetsekrankheit 
(Surra). (Deutsches Kolonialblatt. 1901. No. 24.) 

42) Schilling, Bericht liber die Surrakrankheit de. Pferde. (Centralbl. f. Bakt. etc. 
Abt. I. Bel. XXX. 1901. p. 545.) 

43) Theiler, A., Die Tsetsekrankheit. (Schweizer Arch. f. Tierheilk. Bd. XLIII. 
1901. Heft 3 u. 4.) 

44) Blanchard, R., Mitteilung liber eine Trypanosomeninfektion von Kamelen. 

(Bull, de l’acad. de m6d. 1901. Stance du 29 oct. p. 100.) 

45) Schat, Mitteilung liber Surra und Untersuchungen darliber. (Arch. f. Java- 
Zuckerindustrie. 1901. Lfg. 5.) 

46) Rost, E. R., Report on the possibility of treating „Surra“ by injections of an 
antiparasitic serum. (Joum. of pathol. and bacteriol. 1901. p. 285.) 

47) Maus, L. M., A new epidemic disease among horses in the Philippine Islands. 
— The equine „Calentura u of the Philippines. (Monthly report of the board of 
health for the Philippine Islands. 1901. Sept.) 

48) Smith, Allen M. and Kinyoun, J. J., A preliminary note on parasitie disease 
of horses. (Army Pathological Laboratory. Manila. 1901.) 

49) Nockolds, Coleman, Surra in the Philippines. (American veterinarian Review. 
Vol. XXV. No. 9. 1901. Dec. p. 743.) 

50) Leishman, The application of Romanowsky’s stain in malaria. (Brit. med. 
Journ. 1901. Vol. II. p. 635.) 

51) Doflein, F., Die Protozoen als Parasiten und Krankheitserreger, nach bio- 
logischen Gesichtspunkten dargestellt. 274 p. 220 Fig. Jena (G. Fischer) 1901. 

52) Laveran et Mesnil, Recherches morphologiques et expdrimentales sur le try¬ 
panosome des rats (Tr. Lewisi Kent). (Annales de l’Inst. Pasteur. T. XV. 1901. 
p. 673—714.) 

1902 . 

53) Laveran et Mesnil, Recherches morphologiques et exp£rimentales sur le try¬ 
panosome du Nagana ou maladie de la mouene Ts4tsA (Annal. de l’lnst. Pasteur. 
T. XVI. 1902. p. 1—55.) 

54)-, Sur un nouveau trypanosome des bovid6s (Trypanosoma Theileri). (Compt. 

rend, de Tacad. des sciences. .1902. Stance du 3 mars. p. 512.) 

55) Bruce, D., Note on the discovery of a new trypanosome. (Lancet. 1902. 

March 8.) 

56) Laveran et Mesnil, Des maladies h trypanosomes, leur repartition & la surface 
du globe. (Janus. 1902. p. 117—130.) 

57)-, De revolution du Nagana et de sa variability suivant les egpfcees animates. 

(Bull, de Tacad. med. 1902. Seance du 3 juin.) 

58) Laveran, De Taction du serum humain sur le trypanosome du Nagana (Tr. 

Brucei). (Compt. rend, de Tacad. des sciences. 1902. Stance du 1. avril. p. 735.) 

59) Bradford and Plimmer, The Trypanosoma Brucei, the organism found in 
Nagana or Tsetse fly disease. (Quarterly Journal of microscopical science. N. S. 
Vol. XL’V. 1902. p. 449—471.) 

60) Slee, John G., Notes on a new disease of horses. (American veterin. Review. 
Vol. XXV. 1902. Jan. p. 819.) 

61) Nockolds, Coleman, Some further remarks on „Surra u . (American veterin. 

Review. Vol. XXV. 1902. No. 11. Febr. p. 900.) 

62) Stiles, Ch. W., Trypanosoma in a new r6ie. (American medicine. 1902. Febr. 8. 
p. 240.) 

63) Curry, J. J., Report on a parasitic disease in horses, mules and caribao in the 
Philippine Islands. (American medicine. 1902. March 29.) 


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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 819 


64) Curry, J. J., Surra or Nagana; a report of an acute, fatal epidemic disease 
affecting horses and other animals. (Ibid. Juli 19.) 

65) Vrijburg, A., Surra. (Veeartsenijkundige Bladen voor Ned.-Indie. 1902. Deel 14. 
Afl. 3. p. 207.) 

66) Schilling, Zweiter Bericht iiber die Surrakrankheit der Pferde und Rinder im 
Schutzgebiete Togo. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXI. 1902. No. 10. 
p. 452.) 

67) -, Immunisierung von Rindern gegen die Surrakrankheit. (Deutsches Ko- 

lonialblatt. 1902. 15. Juli. p. 315.) 

68) -, Bericht iiber weitere Versuche betreffend die Tsetsekrankheit. (Ibid. 1. Nov. 

p. 522.) 

69) Schneider et Buffard, Parasitisme latent et immunisation dans la dourine. 
(Journ. de mdd. vdt. et zootech. Lvon. T. LIII. 1902. 31 mars. p. 146.) 

70) Elmassian, Mai de Caderas. Flagelosis paresiante de los equideos. (Revista 
de la sociedad medica Argentina. Buenos Aires 1902.) 

71) Voges, O., Das Mai de Caderas. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXIX. 1902. p. 323 
—371.) 

72) Stiles, Ch. W., Voges* description of Mai de Caderas, a South American try- 
panosomatic disease of domestic animals. (Journal of comparative medecine and 
veterinary Archives. 1902. Sept. p. 565.) 

73) Lignibres, J., Contribution a l’etude de la trypanosome des 6quid6s sud- 
americains connue sous le nom de „Mal de Cadera 44 . Trypanosoma Elmassiani. 
(Revista de la sociedad medica Argentina. T. X. 1902. p. 481.) 

73a) — —, Contribuci6n al estudio de la tripanosomiasis de los equideos sud-ameri- 
canos conocida bajo el nombre de „Mal de Caderas 44 (Trypanosoma Elmassiani). 
(Semana Medica. Buenos Aires. Vol. IX. 1902. No. 37, 38; Boletin de Agricultura 
y Ganaderia. Vol. II. 1902. No. 40. p. 843.) 

74) Ziemann, Tsetsekrankheit in Togo (Westafrika). (Berliner klin. Wochenschr. 
1902. No. 40.) 

75) Stuhlmann, F., Notizen iiber die Tsetsefliege (Glossina morsistans Westw.) und 
die durch sie iibertragene Surrakrankheit in Deutsch-Ostafrika. (Ber iiber Land- 
u. Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika. Herausg. v. kaiseri. Gouvern. v. Deutsch- 
Ostafrika in Dar-es-Sal&m. Bd. I. 1902. Heft 2. p. 137—153. Taf. I—II. 4 Abb. 
im Text.) 

76) Endlich, R., Die Aussichten fiir die Bekampfung des Texasfiebers und der 
Tsetsekrankheit. (Tropenpflanzer. 1902. No. 6. p. 269—285.) 

77) Salmon, D. E. and Stiles, Ch. W., Emergency report on surra. With a 
bibliography of surra and allied trypanosomatic diseases by A. Hassal. 8°. 152 p. 
(U. S. Departm. of Agricult. Bur. of animal industry. Bull. No. 42.) Washington 
1902. 

78) Laveran et Nocard, Au sujet des mesures prophylactiques k prendre contre 
les maladies k trypanosomes. (Bull, de Facad. de med. 1902. Stance du 1. juli. p. 27.) 

79) Laveran, Sur r^pizootie de surra, qui a regne en 1902 k File Maurice. (Bull 
de Facad. de med. 1902. Stance du 28 oct. p. 361.) 

80) Laveran, Au sujet de deux trypanosomes des bovides du Transvaal. (Compt. 
rend, de Facademie des sciences. 1902. p. 717. Stance du 3 nov.) 

81) Laveran et Mesnil, Recherches sur le traitement et la prevention du Nagana. 
(Ann. de FInstitut Pasteur. 1902. p. 785.) 

82) -, Le Nagana et le mal de caderas sont deux entites morbides bien distinctes. 

(Compt. rend, de Facademie des sciences. 1902. p. 838. Seance du 17 novembre.) 

83) Armand-Gautier, La medication arrhenique dans la peste, le Nagana, le mal 
de cadera, la fifcvre du Texas, la malaria. (Bull, de Facademie de medecine. 1902. 
p. 550. Seance du 9 decembre.) 

84) Kerm organ t, Le Nagana au Chari. (Bull, de Facademie de medecine. 1902. 

E , 574. Seance du 16 decembre.) 
e Moal, Le Caducee. 1902. 20 decembre. 

86) Schilling, Die Bekampfung der Tsetsefliegenkrankheit und ihre wirtschaftliche 
Bedeutung. (Tropenpflanzer. Bd. VI. 1902. No. 12. p. 616.) 

87) Bosquier, R., Die Trypanosomenkrankheiten. (Journ. des scienc. med. de Lille. 
T. XLIII. 1902.) 

88) Kummer, 1st der Massaiesel immun gegen die Tsetsekrankheit. (Tropenpflanzer. 
1902. No. 10. p. 525.) 

89) Jurgens, Beitrag zur Biologie der Rattentrypanosomen. (Arch. f. Hyg. Bd. XLII. 
1902. p. 265.) 

90) Buard, G., De la frequence des trypanosomes dans le sang des rats d’egouts. 
(Compt. rend, de la soc. de biol. 1902. p. 877.) 

52* 


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820 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 8. 


91) v. Wasielewski, Ueber die Trypanosoma-Infektion. (Verhandl. des V. Internat. 
Zoologenkongresses zu Berlin, 12.—16. August 1901. Jena 1902. p. 99—114. 2 Fig.) 

92) Senn, G., Der gegenwartige Stand unserer Kenntnisse von den flagellaten Biut- 
parasiten. (Arch. f. Protistenkunde. Bd. 1. 1902. p. 344.) 

93) Dutton, J., Everett, S., Trypanosome occuring in the blood of man. (Thompson 
Yates laboratories Liverpool. Vol. IV. Part II. 1902. p. 455.) 

94) -, Note on a trypanosoma occuring in the blood of man. (Brit. med. Journ. 

1902. September 20.) 

95) Forde, R. M., Some clinical notes on a european patient in whose blood a try¬ 
panosoma was observed. (Journ. of trop. med. 1902. p. 261. September 1.) 

96) Sander, Beitrage zur afrikanischen Tsetsekrankheit. (Deutscher Kolonialkongrefi. 
Berlin 1902. Oktober.) 

97) Ziemann, 1st die Schlafkrankheit der Neger eine Intoxikations- oder Infektions- 
krankheit. (Centralbl. f. Bakt. Orig. Bd. XXXII. 1902. p. 413.) 

98) Buffard, M. et Schneider, G., Note sur Pexistence en Alg6rie d’une trypano¬ 
some autre que la dourine. (Rec. de m6d. v6t£rin. S6r. 8. T. IX. 1902. No. 23. 
p. 721-727.) 

99) Blin, Extraits d’un rapport sur une mission au Tonkin. (Bull, de la soc. des 
scienc. v6t£rin. de Lyon. 1902. No. 6.) 

100) Sivori, Fr^ddric et Lecler, Emmanuel, Le surra amdricain ou mal de 
caderas. (Ann. del min. de agricult. sect, de zootecnia, bacteriol. etc. Buenos Aires 

1902. T. I. No. 1. p. 1—79. 7 Taf. u. 44 Diagramme.) 

1903 . 

101) Schilling, 3. Bericht uber die Surrakrankheit der Binder und Pferde im Schutz- 
gebiete Togo. (Centralbl. f. Bakt. Orig. Bd. XXXIII. 1903. p. 184.) 

102) —, On Nagana and other Trypanosomes. (Journ. of trop. med. Vol. VI. 1903. 
No. 3. p. 45.) 

103) Dutton, J. Everett and Todd, S. H., Preliminary account of the investigations 
of the Liverpool expedition to Senegambia (1902), with a note by H. E. An nett. 
(British med. Journ. 1903. February 7.) 

104) Laveran, Sur deux hippobosques du Transvaal susceptibles de propager Trypano¬ 
soma Theileri. (Compt. rend, de la soc. de biol. 1903. p. 242. Sdance du 21 f&vrier.) 

105) Boyce, R. W., Ross, Ronald and Sherrington, Ch. S., The history of the 
discovery of trypanosomes in man. (Lancet. 1903. February 21.) 

106) Manson, Patrick, Trypanosomiasis on the Congo. (Journ. of trop. med. T. VI. 

1903. p. 85. 16 mars, and British med. Journ. 1903. p. 720. 28 March.) 

107) -, Tropical diseases. A manual of the diseases of warm climates. New and 

revised edition. London (Cassell & Co.) 1903. 

108) Max well-Adam s, Alex, Trypanosomiasis and its cause. (British med. Journ. 
1903. p. 721. 28 March.) 

109) Ziemann, Vorlaufiger Bericht iiber das Vorkommen der Tsetsekrankheit im 
Kiistengebiet Kamerun. (Dtsche med. Wochenschr. 1903. No. 15. p. 268.) 

110) -, Vorlaufiger Bericht liber das Vorkommen des Texasfiebers der Binder in 

Kamerun (Westafrika) und Weiteres iiber die Tsetsekrankheit (der Binder, Schafe, 
Ziegen, Esel, Pferde, Maultiere, Hunde) sowie fiber „Tiermalaria“ (der Schafe, 
Ziegen, Pferde, Esel etc.) (Ibid. No. 16.) 

111) Rouget, F., Contribution k Pdtude de la dourine. (Rec. de m6d. v6t6rin. S6r. 8. 
T. X. 1903. No. 3. p. 82—90. 15 f^vrier.) 

112) Busquet et Chenot, Sur l’etiologie de la dourine. (Bull, de Pacad. de m£d. 
1903. p. 564. Stance du 14 avril.) 

113) Szewczyk, J., Note sur une trypanosome observde dans Pextr6me sud-oranais. 
(Bull. soc. centr. m£d. vet£r. S4r. 8. T. X. 1903. p. 218—221. 30 avril.) 

114) Bower8, W. G., Trypanosomes, with special reference to surra. (The Journ. of 
Comparative Med. and Veterinary Arch. Vol. XXIV. 1903. p. 65. Februarv.) 

115) Brumpt, E., Extraits de lettfes communiques par Blanchard k Pacademie de 
m^decine. (Bull, de Pacad. de m(*d. 1903. p. 368. seance du 17 mars.) 

116) Durham, H. E., A trypanosome. (Liverpool School of Tropical Medicine, Memoir 
VII: Report of the Yellow Fever Expedition to Park of tne Liverpool School of 
Tropical Medecine and Medical Parasitology. Liverpool 1902. p. 79.) 

117) Elmassian, Mal de Caderas. (Veterin. Journ. N. S. Vol. VII. 1903. No. 40. 
p. 192—196. 1 Taf.) 

118) — et Mi gone, E., Sur le mal de Caderas ou flagellose Parisian te des 6qufcUjs 
8ud-Am4ricains. (Annales de Plnst. Pasteur. T. XVII. 1903. p. 241.) 

119) Caste 1 lani, Aldo, On the discovery of a species of Trypanosoma in the cere¬ 
brospinal fluid of cases of sleeping sickness. Datet Entebbe 5 April 1903. (Proceed, 
of the Royal Soc. Vol. LXXI. 1903. p. 501. May 14.) 


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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. $21 


120) Bruce, Note by the secretary of the Royal Society. Telegram received May 4. 
(Proceed, of the ftoyal Soc. Vol. LXXI. 1903. p. 5C)8. May 14.) 

121) Kruse, Ueber das Trypanosoma Castellani, den Erreger der Schlafkrankheit der 
Neger. (Sitzungsber. d. Niederrh. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde zu Bonn. 18. Mai 
1903.) 

122) Manson, Patrick and Daniels, C. W., A case of trypanosomiasis. (British 
Med. Journ. 1903. p. 1249. May 30.) 

123) Leishman, B. B., On the possibility of the occurence of trypanosomiasis in 
India. (British Med. Journ. 1903. p. 1252. May 30.) 

124) Baker, C. F., Three cases of trypanosoma in man in Entebbe, Uganda. (British 
Med. Journ. 1903. p. 1254. May 30.) 

125) Castellani, Researches on the etiology of sleeping sickness. (Journ. of Trop. 
Med. 1903. June 1.) 

126) — On the discovery of a species of trypanosoma in the cerebrospinal fluid of 
cases of sleeping sickness. (The Lancet. 1903. p. 1735. June 20.) 

127) — Some observations on the morphology of the Trypanosoma found in sleeping 
sickness. (British Med. Journ. 1903. p. 1431. June 20.) 

128) Brumpt, E., Maladie du sommeil et mouche Ts4-TsA (Compt. rend, de la soc. 
de biol. 1903. p. 839. Stance du 27 juin.) 

129) Sambon, L. W., Sleeping sickness in the light of recent knowledge. (Journ. of 
Trop. Med. 1903. July 1.) 

130) Lignifcres, J., Contribution ^ l’etude de la trypanosome des £quidds sud-am6ri- 
cains connue sous le nom de „Mal de Cadera“, Trypanosoma Elmassiani. (Bull, 
et AI4m. Soc. centr. m6d. \6t6r. 8* s^rie. T. X. 1903. 30 janvier, p. 51—69; 30 
fevrier, p. 109—134. 30 mars, p. 164—190.) 

131) — Contribution al estudio de la diferenciaci6n del Alai de Cadera y de las otras 
enfermades causades par trypanosomas. (Bol. Agricultura y Ganaderia. 3* ann4e. 
No. 50. 3 p. Buenos-Aires 1903. l ,r f6vr.) 

132) Bachmann, Alois et d e E1 i z a 1 d e, P., Contribution al estudio del Trypanosoma 
Elmassiani. (Anales del circulo medico argentino. 1903. 31 mars. 10 p.) 

133) Schilling, C., Ueber Tsetsefliegenkrankheit (Surra, Nagana) und andere Trypano¬ 
somen. (Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. VII. 1903. p. 255.) 

134) Boigey, Maurice, La trypanose ou maladies A, trypanosomes. (Rev. scientif. 
T. XIX. SOr. 4. 1903. No. 19. p. 583—590). 

135) Morel, Existence de la TsOtse et du Nagana au Chari. (Ann. dhygifcn. et de 
mOd. coloniales. T. VI. 1903. No. 2. p. 264-269. 7 Fig.) 

136) Cazalbou, Note sur un trypanosome du dromadaire au Soudan fran^ais. (Bull, 
de Pacad. de mOd. 1903. p. 807. Stance du 30 juin.) 

137) Lave ran ei Mesnil, Le Nagana, le Surra et le Caderas constituent trois entitOs 
morbides distinctes. (Compt. rend, de Pacad. des sciences. 1903. p. 1529. Stance 
du 22 juin.) 

138) — De Paction du s4rum humain sur les Trypanosomes du Nagana, du Caderas et 
du Surra. (Ibid. p. 15. Stance du 7 Juiilet.) 

139) Donovan, On the possibility of the occurrence of trypanosomiasis in India. 
(British Med. Journ. 1903. p. 79. July 11.) 

140) Mus grave, W. E., A preliminary "report on Trypanosomiasis (Surra) of horses 
in the Philippine Islands. (Alanila Aleaical Society. 1903. April 7.) 

140a)— and Willi am sou, N. E., A preliminary report on Trypanosomiasis of horres 
in the Philippine Islands. (Bureau of public, printing. Report issued by the 
Government laboratory. Manila 1903.) 

141) McNeal, Ward J. and Novy, Frederick G., On the cultivation of Trypa¬ 
nosoma Lewisi. (Contributions to Aledical Research, dedicated to Victor Clarence 
Vaughan by Colleagues and Former Students of the Department of Medicine and 
Surgery of the University of Alichigan. 1903.) 

142) Francis, Edward, An experimental investigation of Trypanosoma Lewisi. (Hyg. 
Laboratory of the Public Health and Marine Hospital Service. Bulletin No. 11. 
Washington 1903.) 

143) Martini, E., Ueber die Entwickelung der Tsetseparasiten in Saugetieren. (Zeitschr. 
f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XLil. 1903. p. 341.) 

144) Liihe, M., Flagellate Blutparasiten. (Jahresber d. pathog. Mikroorganismen etc. 
von Baumgarten und TangL 17. Jahrg. 1901. Leipzig (S. Hirzel) 1903. 

145) Castellani, Untersuchungen liber die Aetiologie der Schlafkrankheit. (Arch. f. 
Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. VII. 1903. p. 382.) 

146) Grothusen, Ueber das Vorkommen der Tsetse-(Surra)Krankheit beim Zebra. 
(Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. VII. 1903. p. 387.) 

147) Bettencourt, Annibal, Kopke, Ayres, de Rezende, Gomes et Mendes, 


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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 


Correia, Trypanosoma na doenya do somno. (A Medicina Contemporanea. 
28. Juni 1903.) 

148) Blanchard, Experiences et observations sur la marmotte en hibernation. — V. 
Receptivity k Fugard des trypanosomes. (Compt. rend, de la soc. de biol. 1903. 
d. 1122. Seance au 25 juillet.) 

149) Laver an et Mesnil, Maladies a trypanosomes, leur repartition k la surface du 

f lobe (Fin). (Janus. 15 aoilt 1903. p. 393—402.) 

Hobbs, La tryuanosomatose humaine d’aprfcs les derniers travaux. (Gaz. hebd. 
des scienc. med. ae Bordeaux. 2 aotit 1903.) 


Erkl&rnng der Tafel. 

Fig. 1, 2. Rattentrypanosoma (TV. Lewis i). 

Fig. 3, 4, 5. Nacanatrypanosomen. 

Fig. 6, 7, 8. Mai de Caderas-Trypanosomen. 

Fig. 9, 10, 11, 12. Surratrypanosomen. 

Fig. 13, 14, 15, 16. Dourinetrypanosomen. 

Fig. 17, 18, 19, 20. Trypano8omen des ^Gambia fever“ (Dutton). 

Fig. 21, 22, 23, 24. Trypanosomen der Scnlafkrankheit, sleeping sickness (Castel- 
1 a n i). 

Fig. 25. Jugendform derselben. 

Farbung nach Romanowsky. Vergrofierung 1000-fach. Zeiss, Apochromat, 
homog. 1mm. 2,0 mm, Kompensationsokular 8. 


Nachdruck verbolen. 

Two Distomes from Canadian Urodela 

By J. Stafford, M.A., Ph.D., Montreal, Canada. 

With 1 plate. 

1. Monocaecum baryurum (n. g., n. sp.) 

(Plate I, Fig. 1, 2, 3.) 

The worm here described first came under my notice on the 30th 
Oct. 1902 when a single individual was found in the rectum of the 
Menobranch ( Necturus maculatus Raf.). Of some 70 Menobranchs col¬ 
lected at that time under stones in shallow water along the River St. 
Lawrence at Point St Charles near Montreal only five or six have been 
found to contain this parasite and then only sparingly — one or two 
in each case. Altogether I have had about ten specimens but it is pos¬ 
sible that this does not represent the true number for some of the 
hosts were kept over winter until April and these contained no para¬ 
sites. This species occurs throughout the last half of the intestine — 
not always in the rectum. 

In size and shape there are of course the usual variations depend¬ 
ing upon conditions of pressure, age etc. A thoroughly representative 
specimen viewed from the surface under moderate contraction appears 
somewhat pear-shaped but flattened dorso - ventrally. Preserved and 
mounted it measures about 2,64 mm in length and 1,26 mm in greatest 
breadth. From the anterior end to the middle of the ventral sucker is 
1,61 mm. In a living worm the anterior end is capable of considerable 
extension and free movement, but the posterior end (oiQa — behind 
the ventral sucker — is broad, deep, and heavy ( (iaQi-S ) and capable of 
small, sluggish movements. 

The anterior sucker is slightly smaller than the ventral and both 
generally a little narrower in the transverse than in the longitudinal 


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Stafford, Two Distomes from Canadian Urodela. 


823 


direction. In the worm whose dimensions are given above the mouth- 
sucker measures 0,144 X 0,138 mm while the ventral sucker gives 0,241 X 
0,213 mm. The animal is of a flesh color with light brown patches (eggs) 
on each side of the posterior half. 

The cuticle has embedded in it backwardly sloping, fine spines — 
abundant and closely set anteriorly but disappearing towards the 
posterior end. 

The mouth (cavily of the anterior sucker) looks downwards and for¬ 
wards. There is a narrow prepharynx, a small, slightly muscular pharynx 
and a long, narrow oesophagus which expands at the end into a single, 
thin-walled, flask-shaped caecum (mono, caecum). This rather insigni¬ 
ficant intestinal system, measuring only 1,185 mm in the case described 
above, falls short of the ventral sucker sufficiently to allow the inter¬ 
position of a large seminal vesicle. 

The transverse commissure of the nervous system crosses above the 
anterior end of the pharynx and divides on each side into anterior and 
postorior lateral nerves. Two large excretory vessels unite immediately 
before opening by the excretory pore at the centre of the posterior end. 

The ovary is a conspicuous, spherical body situated on the right 
side of the ventral sucker. From it proceeds backwards and inwards 
the oviduct which soon receives the opening of the vitelline reservoir 
and of the Laurer’s canal and continues as ootype through the shell- 
gland to become the uterus beyond. The shell-gland is situated in the 
middle line just behind and rather above the level of the ventral sucker. 
The Laurer’s canal passes backwards, inwards and upwards to open 
in the mid-dorsal line about half way between the ventral sucker and 
the posterior end of the worm. The proximal part of the uterus acts 
as a receptacle for sperm, while the rest is a long sinuous tube suffi¬ 
ciently broad to accommodate several rows of eggs and running first back¬ 
wards towards the excretory pore, then curving outwards and forwards 
along one side as far as to the level of the ventral sucker, when it again 
turns backwards and towards the middle line; this* it crosses and it 
then repeats a similar course on the opposite side, first running for¬ 
wards and outwards to the level of the sucker, then backwards along 
the side to near the excretory pore, and finally forwards near the middle 
to the genital opening which is on the ventral surface close to the left 
side of the ventral sucker. The vitelline glands are paired, right and 
left, each half situated towards the side but between the level of the 
sucker and the posterior end. Each is lobed or composed of 6 to 9 
follicles which meet together and open into the end of the transverse 
vitelline duct. This curves forwards and inwards, meets with its fellow 
of the opposite side to form the reservoir, and the latter opens as al¬ 
ready discribed. 

The testes are elliptical bodies situated right and left just behind 
the level of the ventral sucker. The right one is immediately behind 
the ovary. From the inner side of each rises a fine vas deferens which 
runs forwards and inwards to meet its mate above and often just in 
front of the sucker where they enter a large thin-walled sac, the vesi- 
cula seminalis. This lies transversaly on a little higher level than the 
sucker and abuts as already mentioned against the posterior end of the 
intestine. In mature worms it is filled with ripe sperm. From its left 
end proceeds the ductus, surrounded by postate glands. The terminal 
part of the ductus ejaculatorius curves downwards and backwards and 


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824 Centralbl. f. Bakt, etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 

opens along with the end of the uterus into a common genital sinus 
which in turn leads to the outside through the genital pore at the left 
side of the ventral sucker. The walls of the terminal part of the ductus 
form a short, blunt, protrusible penis which in one case I saw everted 
half way across the sucker. The terminal part of the uterus (vagina) 
is scarcely thickened but appears slightly beaded. 

The eggs vary in shape and size, the largest and most normal in 
appearance being elliptical with a light-brown shell and measure about 
0,028 X 0,017 mm. 

With the known genera possessing a simple tubular intestine (.4s- 
pidogaster and its allies, and Haplosplanchnus) this worm possesses no 
close affinities. It is most directly related to Microphallus (see Literature 
at end of this paper, No. 1 and 2) with which it appears to agree pretty 
•closely excepting for the size and structure of the intestine. Its organi¬ 
zation otherwise, so far as I can judge without having studied Micro - 
phallus , would entitle it to be counted but a species of that genus. It 
may appear questionable whether such a difference as exists between 
the terminal parts of the intestinal systems of Microphallus opacus Ward 
and of this worm is sufficient upon which to propose a new genus. But 
if anatomical differences are to be taken as distinguishing characteristics 
of genera (not species) (No. 24, p. 837) then the worm here considered 
should rank as a new genus. The three worms Monocaecum baryurum , 
Microphallus opacus and Levinseniella pygmaea form a series of which 
the only evident anatomical differences are the absence of caeca (or 
only a single median caecum) in the first, very short caeca in the second, 
and somewhat longer caeca in the third. Their lengths as given are 
respectively 2,6, 1,7 and 0,5 mm. In external form, in the relative size, 
shape, and position of the genital organs, as well as in their structure, 
there is a very close agreement which is most surprising in the vitel- 
laria, the vesicula seminalis and the position of the genital opening. 
The first and third possess skin-spines while the second is said to have 
none. The eggs in the three cases measure 0,028, 0,034, and 0,052 mm in 
length i. e. inversely proportional to the sizes of the animals. The final hosts 
are respectively an amphibian, a fish, and a bird, of similar mud-loving 
habits. The intermediate host is probably a crayfish in all three cases. 
Of the menobranchs I examined some of those killed soon after capture 
contained remnants of crayfish ( Cambarus ) and snails ( Physa ) while one 
had a small frog and another a little menobranch in the stomach. 

Of the reported hosts of Microphallus viz. Amia calva, Ictalurus 
punctatus , Perea flavescens, and Anguilla anguilla , I have examined some 
specimens of all but the second, but without finding any specimens. I 
have no doubt, though, that I shall sooner or later come upon it and 
be in a better position to compare details of structure. 

2. Brachycoelium hospitale. 

(Plate I, Fig. 4, 5.) 

In a former paper (No. 72) I gave a short preliminary notice of this 
worm. My specimens were taken from the intestine of the spotted Newt 
(Diemyctylus viridescens Raf.). On some or most of the separate copies 
sent out I wrote that it also occurs in the red-backed Salamander 
(Plethodon erythronotus Green) and mentioned its relationship to D. 
crassicole Rud., both of which remarks were subsequently inserted in a 


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Stafford, Two Distomes from Canadian Urodela. 


825 


later note (No. 78). I shall give here a more complete account of its 
structure and classification, accompanied by a better figure. 

On several occasions since its discovery I have come upon this 
species but only one or two individuals at a time. To give some idea 
of how seldom it is to be found I may state that my last specimens 
were procured on the 25th of last month (April) when I examined twenty 
newts caught the day before. One contained a single B. hospilale among 
some small tape-worms, while another had two individuals of this species 
but no tape-worms. On May 5th seven more newts were examined but 
they yielded no worms. 

The living animal may reach a length of 4 mm. My largest mounted 
specimen measures a little under 3 mm in length and 0,5 mm in breadth, 
while another is 2,6 X 0,6 mm, and one of the smallest mature individuals 
I have is only half these last dimensions. The one from which the 
drawing is made measured about 2,25 X 0,5 mm. They are all so similar 
in shape, proportions, and appearance that one has no difficulty in re¬ 
cognizing the species. The shape is long-elliptical or linear, with slightly 
tapering and rounded ends, but flattened a little from above downwards. 
A section falling across the testes, selected from a series of a worm of 
the same size as the one figured, measures 5 mm across and 3 mm deep. 

In life the worm is of a faint yellowish-pink, but darker in the 
posterior half when laden with eggs. The anterior sucker is about one- 
third larger than the ventral sucker. In the specimen figured the mea¬ 
surements in the longitudinal and transverse directions were 0,220 X 0,207 
and 0,144 X 0,138 mm. The ventral sucker is placed on the midventral 
line, about one-third from the anterior end. In the case of the worm 
figured the middle of the sucker falls exactly one-third from the anterior 
end, but of course this does not always occur, for one end of the ani¬ 
mal may sometimes be more strongly contracted than the other. 

The surface is formed by a cuticle of from 0,01 to 0,02 mm in depth, 
varying chiefly with the state of contraction of the region, but being 
also more strongly developed towards the anterior end. It is perfectly 
smooth and without spines 1 ). 

The intestinal system is but feebly developed, extending through only 
a quarter to a third of the length of the worm. The mouth or cavity 
of the anterior sucker looks downwards, its aperture changing in size 
and shape with the contractions of the muscles of the sucker. The 
posterior wall is perforated to lead, by a very short pre-pharynx along 
which the cuticle of the mouth continues, into the pharynx, a small 
bulb-like, muscular-division of 0,07 mm length and 0,065 mm breadth in 
the individual described. Succeeding the pharynx is a narrow, thin- 
walled oesophagus of 0,2 mm length which branches into short right and 
left intestinal caeca. These are thick walled in consequence of their 
long epithelial cells, sacculated, about 2 mm long, with their ends 


1) In the first paper referred to I stated that there are fine spines in the cuticle 
of the anterior portion of the animal. In notes jotted down at different times since, 
I find the skin described as smooth, and I am very certain that the specimens I lately 
examined with a view to deciding this question were entirelv devoid of spines, for I 
took the greatest care and examined them perfectly fresh when the cuticle showed no 
signs of disintegration. I have forgotten particulars about the first specimens I described 
so that for the present two possibilities remain: either there are some individuals with 
spines and some without, or else I had made a mistake in transcribing from my 
earliest notes which I no longer preserve. Since similar differences of statement occur 
about other species 1 incline towards the former view. 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


diverging but reaching to about the level of the ventral sucker, the 
exact spot appearing different according to whether the anterior end of 
the animal is retracted or extended. 

The ovary is a globular, elliptical, or oval-shaped body, 0,14 X 0*10 mm 
in diameter, situated just behind the level of the ventral sucker, but 
of course in the centre of the vertical depth of the worm, and of about 
equal frequency on either side of the median sagittal plane of the body. 
From its inner side arises the oviduct which proceeds in an irregular 
course across to the opposite side of the body, receiving in quick suc¬ 
cession the openings of the receptaculum seminis, the Laurel’s canal, 
and the vitelline reservoir. These are generally upon the posterior side 
of the oviduct but that depends somewhat upon the manner in which 
the animal is compressed, for the continuity of these organs has to be 
determined in the living worm. The first is flask-shaped, generally 
much smaller than the ovary, and filled with sperm. The second is a 
narrow tube, running irregularly backwards and upwards to the mid¬ 
dorsal surface. The third is formed by the meeting of the transverse 
ducts from the vitelline glands. On the opposite side from the ovary, 
or more frequently close behind the ventral sucker, is a much more 
obscure body, the shell-gland, surrounding that part of the oviduct 
called the ootype. The next portion of the oviduct acts as a receptacle 
for sperm and this is succeeded by the long uterus that in adult worms 
is filled with eggs. The exact course of the uterus appears to vary 
somewhat in different individuals but is not easy to follow. The uterus 
is several times the lenght of the worm and consequently is much folded. 
In the first place one can recognize a descending part from the ovary 
to the posterior end of the animal, containing the youngest eggs, and 
an ascending part from the posterior end to the genital opening, con¬ 
taining older eggs. Most of the descending part is on one side of the 
animal while the ascending part is on the opposite side. Each half is 
thrown into a great number of transverse or oblique folds which often 
overlap or intermingle with those of the opposite side. I have specimens 
in which the descending part is on the opposite side from the ovary, and 
about the same number in which it is on the same side as the ovary. 
The uterus is thin-walled and generally so narrow as to accommodate 
but a single row of eggs, so that by looking along it one may observe 
successive stages of development of the contained embryos. Its distal 
end (vagina) is inconspicuous and opens ventrally, close in front of the 
ventral sucker. 

The testes are a pair of bodies, usually of slightly larger size but 
similar appearance to the ovary and situated right and left a little 
behind the level of the ovary, the one on the opposite side from the 
ovary being usually slightly in advance of the one on the same side as 
the ovary. Each gives rise to a slender vas deferens which runs an¬ 
teriorly, the two converging to meet at the hinder end of the penis-sac. 
This is a thin-walled sac, lying dorsal to and curving over that side of 
the ventral sucker turned towards the ovary. It is a small organ, rarely 
reaching behind the posterior edge of the ventral sucker although in 
the living worm under compression it may do so. Its posterior end 
is filled by the vesicula seminalis and its anterior end contains the 
narrow ductus ejaculatorius, the part between ductus and penis-sac 
being occupied by prostate glands. These parts are small and difficult 
to clearly determine, but I believe that the terminal part of the ductus 


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Stafford, Two Distomes from Canadian Urodela. 


827 


may be everted as a small protrusible penis and either project through 
the genital opening or be inserted into the vagina. At all events both 
male and female genital ducts meet here and open by a common genital 
pore in the mid-ventral line close in front of the ventral sucker. 

The vitellaria are composed of somewhat club-shaped follicles, 
narrowing into longer or shorter necks, and arranged along a longi¬ 
tudinal vitelline duct on each side of the body, from the level of the 
pharynx to the ovary on one side and to the testis on the other. From 
each longitudinal duct springs a transverse duct which passes back¬ 
wards and inwards to meet its mate of the opposite side and form the 
vitelline reservoir. A follicle is about 0,07 mm long by 0,048 mm broad 
and is composed of cells, containing granular protoplasm and con¬ 
spicuous nuclei, arranged about a narrow, central lumen. 

All the organs are supported by an intervening parenchyma tissue 
the outer layers of which contain unicellular skin-glands that open by 
narrow necks through the cuticle. Some similar glands of rather larger 
size are to be found deeper in the parenchyma about the oesophagus, 
their necks running forwards to open round the mouth or some of 
them apparently just in front of the pharynx. 

In the parenchyma are also to be found nerves and excretory ducts 
which however I have not followed in detail. The terminal part of the 
excretory system is a long median vessel, situated somewhat dorsally, 
and originating in the region just behind the testes by the union of 
left and right affluents. It opens by the excretory pore at the posterior 
end of the worm. 

The youngest eggs are light gray in color, showing the mass of 
embryonic cells and food-vitellus through their transparent shells. The 
oldest eggs have yellowish-brown shells and measure about 0,045 by 
0,037 mm in length and breadth while alive and little less when 
preserved. 

Brachycoelium hospitale is undoubtedly closely related to B. crassi - 
colie Rud. (No. 47). The internal organization, as far as it is known 
for both worms and as far as one can judge who has a practical ac¬ 
quaintance with only one of them, appears to be identical. It is 
questionable how much reliance should be placed upon the differences 
of size and form that occur in the literature. It would seem that B. 
hospitale is somewhat smaller and slenderer than B . crassicolle for 
Minot (No. 55) gives 4 mm as length and 1,2 mm as breadth of 
worms that, so far as I can judge from his account, were killed in 
alcohol. This mode of killing may also account for the shortness but 
greater breadth of the anterior end as shown in his figure. The same 
size is given also by Dujardin (No. 49). B. crassicolle has been 
roported from Salamandra , Triton , Anguis , Bana , and Bufo. I have 
never found B . hospitale in our Amblystoma , Bana or Bufo , although 
I think it should occur in the first. 

The genus Brachycoelium (Stiles and Has sail, 1898) (No. 65) 
appears to me well founded and B . crassicolle to be its proper type. 
Minot’s drawing and description are sufficient to show the main features 
of the genus which, so far as I can see, should never have been con¬ 
founded with Lecithodendrium (No. 66, 67, 68). Of course I am only 
in a position to compare the European types through an actual know¬ 
ledge of their American representatives. I know a Brachycoelium from 
our newts and I know a Lecithodendrium from our bats (No. 73) and 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


I believe they are both typical of the genera to which I refer them. 
The first agrees in external features with B. crassicolle (Minot, fig. 1) 
as closely as specimens under different treatment may be expected to do, 
and in internal structure as far as described for both. The second 
agrees with L. chilostomum Mehl. (== L. ascidioides van Ben.) as figured 
by Looss (No. 64) in nearly every respect excepting that the shape 
may vary a little and the suckers are of about equal size. Specimens 
of our Brachycoelium and Lecithodendrium prepared in the same way 
measure 2,25 X 0,5 mm and 0,92 X 0,55 mm. The ventral sucker of the first 
is one third from the anterior end, in the second it is in the centre of 
the length of the animal. The ovary of the first is in advance of the 
testes while in the second it is behind them. The testes of the first 
are behind the plane of the sucker but in the second they are more 
widely separated and are situated on each side of or slightly in advance 
of the plane of the sucker. 

Neither does B. hospitale belong to the genus Cymatocarpus (No. 75). 
Looss, who founded the genus Cymatocarpus (No. 4, p. 593) to include 
a new species from the intestine of an African turtle, apparently never 
thought of comparing it with B. crassicolle although he discussed the 
latter at considerable length. Cymatocarpus undulatus Looss, irrespective 
of its larger size and more robust nature has equal sized suckers, the 
oesophagus is longer in proportion, the ventral sucker, ovary, testes 
and vitellaria are placed farther back towards the centre of the body, 
while the end organs of the genital system are of much vaster pro¬ 
portions. In this connection it might be stated that D. heteroporum 
Duj. can not be counted a Brachycoelium (No. 75, p. 903, fig. 73). It 
certainly should be placed in a different genus from B. crassicolle which 
has been already done by Looss (No. 81, p. 611) who made it the 
type of his new genus Pycnoporus. 

Montreal, May 23, 1903. 

Related Literature. 

1. Microphallus opacus Ward. 

1) Ward, On the parasites of the Lake Fish. (Proceed, of the Amer. microscop. 
Soc. Vol. XV. 1894. p. 173—182. PI. I. Fig. 1—-6. Distoma opaca n. sp.) 

2) MacCallum, On the anatomy of two Distome parasites of freshwater fish. 
(Veterin. magaz. Vol. II. 1895. Distoma opaca,) 

3) Stossich: Lo Smembramento dei Bracnycoelium. (Boll. soc. adriat. sci. nat 
Vol. XIX. 1899. p. 9. Levinscnia opacum,) 

4) Looss, Weitere Beitrage zur Kenntnis der Trematodenfauna Aegyptens. (Zool. 
Jahrb. Bd. XII. 1899. p. 620, 621. Dist. opacum,) 

5) Liihe, Zur Kenntnis emiger Distomen. (Zool. Jahrb. Bd. XXII. 1899. p. 538.) 

6) Jagerski51d, Levinsenia (Distomum) pygmaea, etc. (Centralbl. f. Bakt. etc. 
Bd. XXVII. 1900. d. 732—740.) 

7) Ward, Notes on the parasites of the Lake Fisch. (Studies zooL Lab. Univ. Ne¬ 
braska. 1901. p. 175—187. 1 pi. 5 fig. Microphallus opacus.) 

8) Pratt, Synopses etc. The Trematodes. (Amer. naturalist. Vol. XXXVI. 1902. 
p. 903, 959. Fig. 75.) 

2. Lcvinscniclla brachysomum Crep. 

9) Rudolphi, Entoz. Synop. 1819 p. 120. D. calidris. 

10) Dujardin, Hist nat d. Helm. 1845. p. 447. D. calidris. 

11) Creplin, Wiegmanns Arch. 1846. p. 134, 136, 142; 1849. p. 48. D. brachysomum . 

12) Diesing, Syst. Helm. I. 1850. p. 397. 

13) -, Wiener Sitzber. XXXII. 1858. p. 354. 

14) Creplin, Compt rend. T. LXXXI. 1875. p. 475—476. 

15) Vi llot, Ann. d. sci. nat S6r. VI. T. VIII. 1878. p. 22. PI. V. Fig. 7.) 


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Stafford, Two Distomes from Canadian Urodela. 


829 


16) von Linstow, Arch f. Naturg. Bd. XLV1II. 1882. p. 20. 

17) -, Compendium d. Helm. 1878—1889. p. 136. 

18) Stoesich, I Dist. d. Ucceili. 1892. p. 6. 

19) Braun, Bronns Klassen etc. 1879—1893. p. 583. 

20) Stossich, (No. 3 above) p. 10. 

21) Looss, [No. 4) p. 617, 620, 622, 76a 

22) Liihe, (No. 5) p. 536—538. 

23) Ward, (No. 7) p. 175-176, 184. 

24) Looss, Ueber neue und bekannte Trematoden. (ZooL Jahrb. Bd. XVI. 1892. 
p. 703-705.) 

3. Levinseniella pygmaea Lev. 

25) Levin sen, Bidrag til kundskab om Gronlands Trematodfauna. 1881. p. 73. PI. III. 
Fig. 3. Distomum pygmaeum Lev. n. sp. 

26) Stossich, (No. 18) p. 5. 

27) -, (No. 3) p. 10. Levinsenia pygmaea . 

28) Liihe, (No. 5) p. 537—538. Note 30. 

29) Jagerskiola, Bergen Mus. Aarborg. 1899. p. 14—15. 

30) -, (No. 6) p. 732. 

31) Ward, (No. 7) p. 175—176, 184. Levinseniella pygmaea. 

32) Jagerskiold, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXX. 1901. p. 982. Spelotrema 

pygmaea. 

33) Stiles, Notes on Parasites. 1902. No. 58. Levinseniella pygmaea. 

34) Looss, (No. 24), p. 704 706, 784-86, 809, 826. 

35) Pratt, (No. 8) p. 903, 959. Fig. 71. 

4. Levinseniella macrophallos von Linst. 

36) von Linstow, Arch. f. Naturg. Jahrg. XLI. Bd. I. 1875. p. 190. Taf. II. Fig. 12. 
Dist. macrop. 

37) -, Ibid. 1877. p. 183. 

38) Braun, (No. 19) p. 585. 

39) Stossich, (No. 18) p. 5. 

40) — —, (No. 3) p. 10. Levinsenta macrophallos . 

41) Liihe, (No. 5) p. 536. 

42) Looss, (No. 4) p. 620. 

43) Ward, (No. 7) p. 175, 184. 

44) Looss, (No. 24) p. 704 

5. Brachycoelium crassicolle Rud. 

45) FrSlich, Beschreib. ein. neuen Eingew. (Naturf. Bd. XXIV. 1789. p. 119. Taf. IV. 
Fig. 8—10. Fasciola salamandrae.) 

46) Zeder, Naturg. d. Eingew. 1800. p. 215. Dist. salamandrae. 

47) Rudolphi, Entoz. Hist. 1809. p. 378. Dist. crassicolle. 

48) -, (No. 9), p. 102, 385. 

49) Dujardin, (No. 10) p. 404. 

50) Creplin, (No. 11) p. 147—148. 

51) Diesing, (No. 12) p. 356. 

52) Baird, Catal. Entoz. London. 1853. p. 52. 

53) Diesing, (No. 13) p. 339. 

54) Cobbold, Svnop. Dist. 1859. p. 18 

55) Minot, On Dist. crassicolle Rud. (Mem. Boston soc. nat. hist. 1878. p. 1—12. 
PL I.) 

56) von Linstow, Arch. f. Naturg. Bd. XLV. 1879. p. 183. D. flavocinctum. 

57) Braun, Paras, des Menschen. 1883. p. 41. Fig. 8. 2. Aufl. 1895. p. 128. Fig. 45. 

58) -, Zootom. Prakt. p. 106. Fig. 40. 

59) -, (No. 19) p. 672. 

60) Stossich, Dist. degli anfib. 1889. p. 4. 

61) -, I Dist. d. Rettili. 1895. p. 4, 20. 

612)-, Note parisit. 1897. p. 9. 

63) -, Saggio di una Fauna Elmintologica. 1898. p. 32. 

64) Looss, Die Dist. unserer Fische u. Frosche. 1894. p. 84. 

65) Stiles Hassall, An In ventary etc. (Arch, de Parasit. 1898. p. 83. Brachycoelium 
crassicolle.) 

66) Stossich, (No. 3) p. 9. Lecithodendrium crassicolle. 

67) Looss, (No. 4) p. 611, 614. 

68) Liihe, (No. 5) p. 536. 

69) — —, Ueber ein. Dist. (Centralbl. f. Bakt. etc. 1900. p. 562. 


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830 


Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 'XXXIV. No. 8. 


70) Stiles, Diskussion etc. (Zool. Jahrb. Bd. XV. 1901. p. 201.) 

71) Loose, (No. 24) p. 705, 768, 772, 814, 815, 816, 818, 821, 822, 832. 

6. Brachycoelium hospitale, 

72) Stafford, Some undescribed Trematodes. (Zool. Jahrb. Bd. XIII. 1900. p. 403. 
PL XXXVI, Fig. 3. Distomum hospitale n. sp.) 

73) — —, Notes on Worms. (Zool. Anz. Bd. XXV. 1902. p. 483. Distomum [ Brachy - 
coelium] hospitale .) 

74) Looss, (No. 24) p. 822. 

75) Pratt, (No. 8) p. 903, 959. Cymatocarpus hospitale, 

7. Pycnoporus heteroporus Duj. 

76) Dujardin, (No. 10) p. 402. Dist. heteroporum n. spJr 

77) Diesing, (No. 12) p. 382. 

78) Brandes, Helminthologisches. (Arch. f. Naturg. 1888. p. 247—251. Taf. XVII. 
Fig. 4.) 

79) Braun, (No. 19) PI. XXIII. Fig. 3.) 

80) Stossich, (No. 3) p. 9. Lecitkodendrium heteroporum . 

81) Loose, (No. 4) p. ol4. 

82) -, (No. 24) p. 772. 

83) Pratt, (No. 8) p. 903. Fig. 73. 

8. Lecithodcndrlum chiloslomum Mehlis (= Lecith, ascidioides van Ben.) 

84) Mehlis, Isis. 1831. p. 187. Dist, chUostomum, 

85) van Beneden, M&n. acad. roy. de Belg. T. XL. 1873. p. 30. Dist. ascidioides . 

86) Loose, (No. 64) Taf. III. Fig. 51. 

87) -, Rech. sur la faune paras, de FEgypte. 1896. p. 86. Lecithodendrium asci¬ 

dioides. 

88) Stossich, (No. 3) p. 8. 

89) LG he, (No. 5) p. 535, 536. 

90) Loose, (No. 4) p. 610. 

91) Braun, Eine Bemerk. ub. d. Fasc. d. Chirop. (Zool. Anz. Bd. XXIII. 1900. 
p. 387-391.) 

92) -, Trem. d. Chirop. (Ref. im Zool. Centralbl. 1901. p. 631.) 


Description of plate. 

Fig. 1, 2, 3. Monocaecum baryurum. 

Fig. 4, 5. Brachycoelium hospitale . C = intestinal caecum, Ex = excretory pore, 
LC — Laurer’s canal, M — mouth and mouth-sucker, N = transverse nerve com¬ 
missure, O = ovary, Oe « oesophagus, P = penis apparatus, Ph => pharynx, RU «= 
receptaculum seminis uterinum, BG = shell-gland, SV = seminal vesicle, T testis, 
U — uterus, V — ventral sucker, VG «== vitelline glands, Vg = vagina. 

Fig. 1. Monocaecum baryurum, magnified about 25 times natural dimensions, from 
the ventral surface. To the right of the ventral sucker is the genital opening. At the 
sides of the sucker may be seen the vasa deferentia running from the testes to the seminal 
vesicle. Immediately behind the sucker is the vitelline reservoir, receiving the two vitel¬ 
line ducts from the vitelline glands VG, Just behind the vitelline reservoir is the ootype 
surrounded by the shell-gland. 

Fig. 2. Median sagittal section through the same worm. 

Fig. 3. Five transverse sections through the same worm. 

Fig. 4. Brachycoelium hospitale , magnified about 25 times, from the ventral sur¬ 
face. About the oesophagus are unicellular glands. Close in front of the ventral 
sucker is the genital opening receiving the penis apparatus to the right and the vagina 
underiving the sucker. To the right of Laurer’s canal is the seminal receptacle, to 
the left of the canal is the vitelline reservoir connected by ducts with the glands VG. 

Fig. 5. Five transverse sections through the same worm. 


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Centmlblatt f!Bakteriologie AbtlB iIJlXXIV. Staffs, 



^ Fig.4: Fig. 5. 

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Fig. 3. 


\**' \ \i . Gustav Fisclwi*. 


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Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf hftmolyt. Vorg&nge. 831 


Nachdruck verboten . 

Ueber die Einwirkung von Glykogen auf hamolytische 

Yorgange. 

[Aus dera pharmakologischen Institute der UniversitSt Bonn.] 

Von Prof. Dr. Wendelstadt, Assistent am pharmakologischen Institute. 

Bei einer Untersuchung, welche auf einem anderen Gebiete liegt, 
mufite ich die Frage entscheiden, ob das Glykogen eine Einwirkung auf 
h3.molytische Prozesse ausiibt, wie dies eine Reihe von anderen bekannten 
Substanzen tut. Bei den ersten Versuchen in dieser Richtung Helen 
sofort einige Erscheinungen auf, die eine genauere Untersuchung nahe- 
legten. Die ersten Experimente, welche ich ebenso wie die weiteren 
in Gemeinschaft mit Fraulein T. Fellmer ausftthrte, ergaben, daB das 
Glykogen hemmend auf die Hamolyse wirkte bei den natiirlichen an- 
geborenen Hkmolysinen des Normalserums, aber gar nicht bei den 
kunstlichen durch Blutinjektionen gewonnenen des Immunserums. Dieser 
Unterschied zwischen der Wirkung bei den beiden Serumarten trat 
immer hervor, wenn wir ohne Riicksicht auf eine genaue Bestimmung 
der zur Losung notwendigen Menge von Ambozeptor und Komplement 
abgestufte Quantit&ten der Serumarten gegeniiber den passenden Blut¬ 
korperchen priiften. Die genaue Bemessung der Ambozeptoren und 
Komplemente hatten wir zun&chst auBer acht gelassen. Ich werde spater 
darauf zurtickkommen miissen bei dem Versuch einer Erklarung des 
Einflusses von Glykogen, die, wie ich jetzt schon vorwegnehmen mochte, 
zu dem Resultate ftthrte, daB der Unterschied zwischen der Einwirkung 
bei natiirlichen und bei kiinstlichen hUmolytischen Serumarten nur auf 
dem bei beiden verschiedenen Mengenverh&ltnissen von Ambozeptoren 
und Komplementen beruht. 

Das Glykogen ist in seiner Wirkung auch dadurch charakteristisch, 
daB es dieselbe nur dann bei natQrlichem angeboren h&molytischem 
Serum entfaltet, wenn es mit dem Serum eine Zeitlang zusammen- 
gelassen worden ist, ehe die betreffenden roten Blutkorperchen zugesetzt 
werden. Mischt man sofort Glykogen, Serum und Blut, so tritt keine 
hemmende Wirkung zu Tage. 

Die Versuche wurden angesetzt mit einem ganz reinen Glykogen, 
das Herr Dr. Nerking 1 ) aus Pferdefleisch gewonnen hatte und mir 
freundlichst uberlieB. Dieses Pr&parat ist ganz neutral und fibt keinerlei 
sichtbare Wirkung auf die roten Blutkorperchen aus. Die Praparate, 
welche im Handel bezogen werden konnen, sind zum Teil nicht so rein, 
reagieren sauer und losen Blutkorperchen auf. 

Bei alien Versuchen wurde eine Losung von 1 Teil Glykogen auf 
15 Teile 0,85-proz. Kochsalzlosung benutzt. Die Konzentration dieser 
Losung ist ganz willkflrlich angenommen. Man beobachtet die gleiche 
Wirkung bei sehr viel geringerem Zusatz. Eine bedeutende Erhohung 
des Glykogengehaltes wirkt auch nicht starker. Als geringste Menge 


1) Die Daretellungsmethode findet sich bei J. Nerking, Ueber die elementare 
Zusammensetzung und das Invertierungsvermogen des Glykogens. (Pflugers Arch. 


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832 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 


von Glykogen, die noch eine merkbare Wirkung ausflbte, fanden wir 
0,5 ccm einer Losung 1 : 1 500000. 

Die Versuchsanordnung war die folgende. Mit dem Serum, das 
gepruft werden sollte, wurden je 2 Reihen von Reagenzgl&sern in ab- 
gestuften Mengen beschickt und in alien die Flussigkeitsmenge durch 
Zusatz von 0,85-proz. Kochsalzldsung auf 2 ccm gebracht. Der einen 
Pfeife wurden je 3 Tropfen der Glykogenlosung zugefflgt, die andere 
diente als Kontrolle. Alle Reagenzglaser wurden 1 Stunde in den 
Brutschrank bei 37° gebracht und darauf jedem 2 Tropfen des passen- 
den defibrinierten Blutes zugesetzt. Die Mischung blieb noch Va Stunde 
im Brutschrank und wurde dann in ein kflhles Zimmer gestellt. Die 
folgende Zusammenstellung der Versuche, welche ohne vorherige Be- 
stimmung der zur L5sung notwendigen Menge Ambozeptoren und Kom- 
plemente nur durch einfache Abstufung der zugesetzten Mengen des 
blutlbsenden Serums angesetzt wurden, soil ein Beleg sein fiir die bei 
dieser Versuchsanordnung stets eintretende Verschiedenheit der hemmen- 
den Wirkung des Glykogens einerseits bei Normalserum und anderer- 
seits bei Immunserum. 


Versuch 1. 

Normales Kaninchenserum lost Ziegenblut. 
die Ldsungsfahigkeit in unserem Falle an. 


Die erste Tabelle gibt 


nales Kanin cheneerum 

Ziegenblut 

Losung 

1) 0,5 ccm 

2 Tropfen 

} 

2) 0,4 „ 

3) 0,3 „ 

2 „ 

2 „ 

? komplett 

4) 0^ „ 

2 

J 

5) 0,1 „ 

2 „ 

schwach 


Dasselbe 
Starke: 


Serum mit Glykogenzusatz lost Ziegenblut in folgender 


Normales Kaninchenserum 

1) 0,5 ccm 

2) 0,4 „ 

3) 0,3 „ 

4) 0,2 „ 

5) 0,1 „ 


Glykogenlosung 
3 Tropfen 

3 „ 

3 „ 


Ziegenblut 
2 Tropfen 


Losung 

schwache 

Spur 


Bei diesen Tabellen und alien folgenden ist die Aufftillung mit 
0,85-proz. Kochsalzl5sung zu 2 ccm zu erg&nzen und die Zeit der Ein- 
wirkung des Brutschrankes einzuschieben. 


Versuch 2. 

Normales Hundeserum 15st Meerschweinchenblut. Die Prilfung der 
L6sung ergab folgendes: 


Normales Hundeserum 

Meerschweinchenblut 


L5sung 

i) 

0,3 ccm 

2 Tropfen 



2) 

0,2 „ 

2 

>> 



3) 

0,1 

2 




4) 

0,09 „ 

2 

»» 


> komplett 

5) 

0,08 „ 

2 

>> 



0 

0,07 „ 

2 




7) 

0,06 „ 

2 

»> 



8) 

0,05 „ 

2 

>» 


stark 

0) 

0,04 „ 

2 


) 

10) 

0,03 „ 

2 


> schwach 

11) 

0,02 „ 

2 

ii 


1-0 

0,01 „ 

2 



Spur 


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Wendelfltadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf h&molyt. Vorg&nge. 833 


Dasselbe Serum mit Glykogenzusatz ldst iu folgender Weise: 


Norm ales Hundeeerum 


Glykogenloeung 


Meerachweinchen- 

blut 


1) 

0,3 

ccm 

3 Tropfen 

2 Tropfen 

2) 

0,2 

>> 

3 

2 „ 

3) 

0,1 

n 

3 

2 „ 

4) 

0,09 

if 

3 

2 

5) 

0,08 

ft 

3 

2 

6) 

0,07 

jy 

3 

2 

7) 

0,06 

jj 

3 

2 

8) 

0,05- 

ff 

3 

2 

9) 

0,04 

if 

3 

2 

10) 

0.03 

ff 

3 

2 

11) 

0,02 

ff 

3 - „ 

2 

12) 

0,01 

ti 

3 

2 „ 


Losung 


Spur 


0 


Versuch 3. 


Normales Meerschweinchenserum I6st Hammelblut. Es ergab sich 
folgende LosungsfShigkeit: 


Normales Meerschweinchenserum 

Hammelblut 

Ldsung 

1) 0,5 ccm 

2) 0,4 „ 

2 Tropfen 

2 ,i 

> stark 

3) 0,3 „ 

4) 0,2 „ 

2 „ 

2 „ 

i schwach 

5) 0,1 „ 

2 „ 

Spur 


Dasselbe Serum mit Glykogenzusatz ergab folgendes Resultat: 


Normales Meerschweinchenserum 

Glykogenlosung 

Hammelblut 

Losung 

1) 0,5 ccm 

3 Tropfen 

2 Tropfen 

Spur 

2) 0,4 „ 

3 „ 

2 „ 

). 

3) 0,3 „ 

3 

2 „ 

4) 0,2 „ 

3 

2 „ 

5) 0,1 „ 

3 „ 

2 „ 



Die hemmende Wirkung des Glykogens, die aus diesen Tabellen 
ersichtlich ist, kommt in gleicher Weise auch bei anderen natflrlichen 
HSmolysinen zur Geltung. So ergaben das gleiche Resultat Versuche 
mit einer Reihe von normalen Serumarten; Ziegen serum und Pferdeblut, 
Ziegenserum und Kaninchenblut, Meerschweinchenserum und Schweine- 
blut, Ochsenserum und Meerschweinchenblut, Kaninchenserum und Pferde¬ 
blut, Hundeserum und Kaninchenblut, Ochsenserum und Kaninchenblut. 

Auch die natflrlichen Hamolysine des Aalserums werden durch 
Glykogen beeinflufit Aalserum loste Kaninchenblut in einer Reihe von 
20 Reagenzgl&sern, in denen das Serum von 0,1 ccm bis zu 0,001 ccm 
abgestuft war, bis zum letzten auf, w&hrend die Losung nach Zusatz von 
Glykogen nur bis 0,01 ccm Serum ging. 

Im Gegensatz zu dieser Hemmung, die das Glykogen bei den 
natflrlichen H&molvsinen ausflbte, blieb es bei kflnstlich er- 
worbenen HSmolysinen bei gleicher Versuchsanordnung ohne EinfluB. 
Serum von Ziegen, die mit Hammelblut, Ochsenblut oder Schweineblut 
vorbehandelt waren, und Serum von Kaninchen, welche mit Ochsenblut 
injiziert worden waren, lflste die entsprechende Blutart mit und ohne 
Glykogenzusatz absolut gleich. 

Einem Kaninchen wurden neben seinen natflrlichen HSmolysinen 
fflr Ziegenblut, nachdem der EinfluB des Glykogens auf diese experimentell 
festgestellt war, durch Injektion von Ziegenblut kflnstliche HSmolysine 

Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 53 


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834 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


beigebracht. Wfihrend vor der Injektion die Einwirkung des Glykogens 
auf die losende Kraft der natflrlichen Hamolysine eine ganz deutliche 
war, zeigte sich nach 2 Injektionen von zusammen 50 ccm Ziegenblut 
gar keine Einwirkung mehr von Glykogen auf die Hamolyse. Dadurch, 
daB zu den normal vorhandenen Hamolysinen fflr Ziegenblut die kflnstlich 
erzeugten hinzukamen, wurde die Wirkung des Glykogens total auf- 
gehoben. 

Bei dem Serum einer Ziege, die mit Hammelblut injiziert worden 
war, wurde die Hamolyse fiir Hammelblut durch Glykogen nicht be- 
einfluBt, dagegen zeigte sich eine deutliche Wirkung auf die dem Serum 
der Ziege eigentflmlichen natflrlichen Hamolysine fiir Kaninchenblut. 
Die Versuche zeigen, daB das normale Serum in seiner Wirkung auf 
Blutkorperchen durch Glykogen deutlich gehemmt wird, wahrend eine 
solcbe Hemmung bei dem Immunserum nicht erkennbar wird. 

Die Zusammensetzung eines Normalserums unterscheidet sich von 
der eines Immunserums durch die grofiere Menge von Ambozeptoren in 
dem letzteren J ). Hierin mufite zunachst die Ursache fflr die verschiedene 
Glykogenwirkung gesucht werden. Die Experimente zeigen auch, daB 
die hemmende Wirkung des Glykogens durch eine Vermehrung der 
Ambozeptoren beeinfluflt wird. 

Bei den hierher gehorigen Versuchen wurden die zur Ldsung not- 
wendigen Ambozeptoren und Komplementmengen genau bestimmt nach 
der von H. Sachs*) ausfflhrlich beschriebenen Methode. 

Die Ambozeptoren lieferte zu den Versuchen das inaktivierte Serum 
einer mit Hammelblut mehrfach injizierten Ziege und die Komplemente 
wurden durch normales Ziegenserum herbeigeschafft. Je nachdem das 
inaktivierte Serum der Hammelziege mit normalem Ziegenserum gemischt 
wurde, war das Mengenverhaitnis von Ambozeptoren und Komplementen, 
welche zusammen die Losung von Hammelblutkflrperchen veranlaBten, 
ein verschiedenes. Wir nahmen eine konstante Menge Komplement, die 
in 0,3 ccm normalem Ziegenserum enthalten war, und setzten verschiedene 
Mengen von Ambozeptoren zu. Zu der Mischung fttgten wir 3 Tropfen 
Glykogenlflsung (1 : 15) und stellten sie 1 Stunde in den Brutschrank 
bei 37°. Darauf wurde experimentell festgestellt, daB 0,3 ccm normales 
Ziegenserum (Komplement) mit 0,2 ccm inaktiviertem Serum der Hammel¬ 
ziege (Ambozeptor) + Glykogen gerade ausreichten, 2 Tropfen Hammel¬ 
blut komplett zu 16sen. Verachoben wir das Mengenverhaitnis zu Un- 
gunsten der Ambozeptoren, d. h. setzten wir weniger inaktives Serum 
der Hammelziege zu, so nahm die Lflsung der Hammelblutkflrperchen 
ab, d. h. die hemmende Wirkung des Glykogens trat zu Tage. Vi el 
Ambozeptor hebt also die hemmende Wirkung des Gly¬ 
kogens auf. Ein gleichzeitig ohne Glykogenzusatz angestellter 
Kontrollversuch, bei welchem ebenfalls die Serummischung 1 Stunde in 
den Brutschrank gestellt wurde, zeigte schon eine komplette Lflsung bei 
0,3 ccm normalem Ziegenserum + 0,04 ccm inaktiviertem Serum der 


V ? Das Immunserum unterscheidet sich von dem normalen einzig und allein 
durch seinen Gehalt an inaktivem Immunkorper.* 4 v. Dungern, Die AntiKdrper. p. 40. 
Jena 1903. 

2) Sachs, H., Hamolysine und ihre Bedeutung fiir die Immunitatslehre. 
(Lubarsch-Ostertag, Ergebnisse d. path. Anatomie. Jahrg. VII p. 781.) 


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Wendelstadt, Ueber die Einwirkung yon Glykogen auf h&molyt. YorgUnge. 835 


Hammelziege, also bei sehr viol weniger Ambozeptor bei gleicher Menge 
Komplement. 


Inakt. Hammel¬ 
ziegenserum 

Normales Ziegen- 
serum 

A. 

Glykogen- 

losung 

Hammelblut 

(Ambozeptor) 

(Komplement) 


1) 03 ccm 

0,3 ccm 

3 Tropfen 

2 Tropfen 

2) 0,1 „ 

0,3 ,, 

3 

2 „ 

g) 0,09 „ 

0,3 „ 

3 

2 „ 

4) 0,08 ., 

0,3 „ 

3 

2 

5) 0,07 „ 

0,3 „ 

3 

2 

6) 0,06 „ 

0,3 „ 

3 

2 

7) 0,05 „ 

03 „ 

3 

2 

8) 0,04 „ 

03 „ 

3 

2 „ 

9) 0,03 „ 

03 „ 

3 

2 


Ldsung 


komplett 
fast komplett 
stark 

j Spur 


i 


0 


B. 


Inakt. Hammel- 
ziegenaerum 
(Ambozeptor) 

1) 03 Mm 

Normales Ziegen- 
serum 

Hammelblut 

(Komplement) 

0,3 ccm 

2 Tropfen 

2) 0,1 „ 

0,3 „ 

2 

3) 0,09 „ 

0,3 „ 

2 

4) 0,08 „ 

0,3 „ 

2 

5) 0,07 „ 

0,3 „ 

03 „ 

2 

6) 0,06 „ 

2 

7) 0,05 „ 

0,3 „ 

2 

8) 0,04 „ 

0,3 „ 

2 

9) 0,03 „ 

0,3 „ 

2 


Losung 


komplett 


fast komplett 


Ebenso wurde die Menge des zur Ldsung notigen Komplements mit 
dem gleichen Hammelziegenserum festgestelit. 


Inakt. Hammel- 
ziegeneerum 
(Ambozeptor) 

Aktives Ziegen- 
aerum 

(Komplement) 

Glykogen- 

15sung 

1) 03 ccm 

03 ccm 

3 Tropfen 

2) 0,2 jt 

0,1 „ 

3 

3) 0,2 „ 

4) 03 „ 

0,09 „ 

3 

0,08 „ 

0,07 „ 

3 

5) 03 „ 

3 

6) 03 „ 

0,06 „ 

3 

7) 03 „ 

0,05 „ 

0,04 „ 

3 

8) 0,2 „ 

3 

9) 0,2 „ 

0,03 „ 

3 

10) 03 „ 

0,02 „ 

3 


Hammelblut 


2 Tropfen 
2 
2 
2 
2 

1 :: 

1 :: 

2 


Ldsung 


| komplett 

| fast komplett 

stark 

halb 

Spur 


Die gleiche Pfeife ohne den Zusatz von Glykogen ergab die 
gleichen LSsungsveiMltnisse. Das Glykogen wirkte hier nicht hem- 
mend, da flberall Ambozeptoren im Ueberschufi waren. 

Ebenso konnte man die die H&molyse hemmende Wirkung des 
Glykogens auch bei normalen Seris bedeutend abschw&chen, indem 
man bei ihnen die Ambozeptoren durch Zufttgung von inaktivem Serum 
vermehrte. 


53* 


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836 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV.-No. 8. , 


A. 


Akt. Ziegenserum 

Glykogenlosung 

Kaninchenblut ^ Losung 

1 ) 0,4 ccm 

3 Tropfen 


2 Tropfen 'l 


2) 03 

31 03 

>» 

tt 

3 

3 


2 

2 

” ? schwach 

tt 1 

4) 0,1 


3 


2 



5) 0,09 

6) 0,08 

tt 

3 

3 


2 

2 

” | Spur 

7) 0,07 

tt 

3 


2 

1 0 

8) 0,06 

tt 

3 


2 




B. 




Akt. Ziegenserum 

Inakt. Ziegenserum 

Glykogenltisung 

Kaninchenblut” 

Losung 

1) 0,4 ccm 

2 03 „ 


0,6 ccm 

3 Tropfen 

2 Tropfen 

stark 


0,6 „ 

3 

tt 

2 „ 1 

halb 

3) 03 „ 


0,6 „ 

3 

it 

2 „ j 

4) 0,1 „ 


0,6 „ 

3 

tt 

2 „ , 


5) 0,09 ., 


0,6 „ 

3 

tt 

2 „ 


6) 0,08 „ 


0.6 .. 

0,6 „ 

3 

j» 

2 „ 1 

• schwach 

7) 0,07 „ 

8) 0,06 „ 


3 

tt 

2 „ 



0,6 „ 

3 

tt 

2 „ J 



Dasselbe Experiment wurde auch mit Hundeserum, dem durch 
inaktiviertes Hundeserum ein UeberschuB an Ambozeptoren zugesetzt 
wurde, gemacht Auch bei dieser natflrlichen Hamolyse konnte die 
Wirkung des Glykogens bedeutend eingeschrinkt werden durch Ver- 
mehrung der Ambozeptoren. 

Bei kunstlich erworbener Hamolyse tritt also die 
hemmende Wirkung des Glykogens ein, wenn die Menge 
der Ambozeptoren vermindert wird. 

Bei der angeborenen Hamolyse kommt keine Hem- 
mung zu stande, wenn die Menge der Ambozeptoren ver- 
mehrt wird. 

Wir mufiten uns nun die Frage vorlegen, kommt es auf die abso¬ 
lute Menge der Ambozeptoren an oder auf das Verhaltnis, in welchem 
ihre Mengen zu den Komplementen stehen. Der folgende Versuch zeigt, 
daB es auf das Verhaltnis der Mengen zueinander ankommt. 

Wir stellten die geringste Menge von einem inaktivierten Immun- 
serum (Ambozeptor) und die geringste Menge von einem normalen in- 
diffcrenten Serum (Komplement) fest, die zusammen gerade noch 
ausreichten, um eine Blutart zu 16sen. Diese Feststellung wurde mit 
und ohne Glykogen gemacht. .Verwendet wurden inaktiviertes Serum 
einer mit Ochsenblut vorbehandelten Ziege (Ambozeptor), normales 
Ziegenserum (Komplement) und gewaschene Ochsenblutkorperchen in 
5-proz. Aufschwemmung. Dabei fand sich, daB zur kompletten Losung 
von 1 ccm der 5-proz. Blutaufschwemmung ohne Glykogenzusatz gerade 
ausreichten 0,05 ccm inaktiviertes Immunserum + 0,25 ccm normales 
Ziegenserum. Mit Glykogenzusatz verschoben sich die Zahlen um ein 
geringes; hier waren 0,06 ccm inaktives Immunserum und 0,25 ccm 
komplementhaltiges Serum notig. Bei einer weiteren Verminderung der 
Ambozeptoren trat die hemmende Wirkung des Glykogens deutlich zu 
Tage, wie das ja nach den vorhergehenden Versuchen vorauszusetzen 
war. Wir gingen nun zu der Ermittelung, ob die absolute Menge des 
Ambozeptors Oder das Verhaltnis zur Menge des Komplements das Aus- 


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Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf h&molyt Vorgftnge. 837 


schlaggebende sei, von den ermittelten Zahlen 0,05 ccm inaktives Immun- 
serum und 0,25 ccm Normalserum aus und setzten 4 Versuchsreihen an, 
die erste mit 0,05 ccm Ambozeptor, die folgenden mit je 0,01 ccm 
weniger und stuften die Komplementmenge von 0,25 ccm bis auf 0,05 ccm 
in jeder Reihe ab. Die Ambozeptorenmenge blieb in jeder Reihe unter 
den einzelnen Reagenzgl&sern gleich; die Komplementmenge nahm ab. 
Das Verhaitnis von Ambozeptormenge zur Komplementmenge wurde 
also durch eine Verminderung der letzteren zu Gunsten der ersteren 
verschoben, w&hrend die absolute Menge Ambozeptor in den Gl&sern 
jeder einzelnen Reihe gleich blieb. Jede Versuchsreihe wurde mit und 
ohne Glykogen angesetzt. Wenn es nur auf das Verh&ltnis von Ambo¬ 
zeptor und Komplement ankam, so mufite die hemmende Glykogen- 
wirkung mit der Abnahme der Komplemente, also der Verschiebung zu 
Gunsten der Ambozeptoren, abnehmen. Dies war auch der Fall, wie 
die folgenden Tabellen zeigen. Das Verhaltnis zwischen Ambo¬ 
zeptorenmenge und Komplementmenge ist entscheidend. 


Ambozeptor 

Komplement 

la. 

GlykogenlSsung 

Blut 

1) 0,05 ccm 

0,25 ccm 

3 Tropfen 

1 ccm 

2) 0,05 „ 

020 „ 

3 

1 „ 

3) 0,05 „ 

0,15 „ 

3 „ 

1 „ 

4) 0,05 „ 

0,10 „ 

3 „ 

1 „ 

5) 0,05 „ 

0,05 ,, 

3 „ 

1 >, 


Losung 

Spur 

wenig 

mafiig 


Ambozeptor 

lib. 

Komplement 

Blut 

1) 0,05 ccm 

2) 0,05 „ 

025 ccm 

1 ccm 

020 „ 

1 „ 

3) 0,05 „ 

0,15 „ 

1 „ 

4) 0,05 „ 

0,10 ,. 

1 „ 

5) 0,05 „ 

0,05 „ 

1 „ 


Losung 
komplett 
fast komplett 


Ambozeptor 

1) 0,04 ccm 

2) 0,04 „ 

3) 0,04 „ 

4) 0,04 „ 

5) 0,04 „ 


Ha. 


Komplement 

Glygogenlosung 

Blut 

Losung 

025 ccm 
0,20 „ 

3 Tropfen 

3 „ 

1 ccm \ 

1 » J 

| Spur 

0,15 „ 

3 „ 

1 „ 

wenig 

0,10 „ 

0,05 ,, 

3 „ 

3 „ 

1 „ 1 

1 » J 

► mafiig 


Ambozeptor 

1) 0,04 ccm 

2) 0,04 „ 

3) 0,04 „ 

4) 0,04 „ 

5) 0,04 „ 


II b. 

Komplement Blut 
0,25 ccm 1 ccm 

0,20 „ 1 „ 

0,15 ,, 1 ,, 

0,10 „ 1 „ 

0,05 „ 1 „ 


Losung 
| komplett 
fast komplett 
l stark 


Ambozeptor 

Komplement 

Ilia. 

Glykogenlosung 

Blut 

1) 0,03 ccm 

025 ccm 

3 Tropfen 

1 ccm 

2) 0,03 „ 

020 „ 

3 „ 

1 „ 

3) 0,03 „ 

0,15 „ 

3 „ 

1 „ 

4) 0,03 „ 

0,10 „ 

3 „ 

1 „ 

5) 0,03 „ 

0,05 „ 

3 „ 

1 „ 


Losung 

0 

Spur 

1 

| wenig 
mafiig 


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838 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 8. 


nib. 



Ambozeptor 

Komplement 

Blut 

Lbsung 


1) 0,03 

ccm 

0,25 ccm 

1 ccm 



2) 0,03 

n 

0,20 

» 

1 „ 

1 


3) 0,03 

V 

0,15 

it 

1 „ 

> fast komplett 


4) 0,03 

u 

0,10 

a 

1 » 

I 


5) 0,03 

n 

0,05 

a 

1 „ 

) 





IVa. 



Ambozeptor 

Komplement 

Glykogenlosung 

Blut Lbsung 

i) 

0,02 ccm 

0,25 

ccm 

3 Tropfen 

1 ccm 1 n 

2 i 

0,02 „ 

0,20 

*i 

3 

11 

1 „ / ° 

3) 

0,02 „ 

0,15 

a 

3 

11 

1 „ Spur 

4) 

0,02 „ 

0,10 

ii 

3 

11 

1 JJ 1 nrunlcr 

5) 

0,02 „ 

0,05 

a 

3 

ii 

1 „ / Wenl « 





IVb. 




Ambozeptor 

Komplement 

Blut 

Losung 


1) 0,02 

ccm 

0,25 

ccm 

1 ccm 

komplett 


2) 0,02 

» 

0,20 


1 „ 

> 


3) 0,02 

a 

0,15 

ii 

1 ,, 

/ fast komplett 


4) 0,02 

a 

0,10 

ii 

1 „ 

/ 


5) 0,02 

a 

0,05 

ii 

1 „ 

stark 


Nachdem festgestellt war, unter welchen Verhaitnissen das Glykogen 
seine hemmende Wirkung entfaltet, war weiter zu untersuchen, an 
welcher Stelle es hindernd in die H&molyse eingreift, ob die Rezeptoren, 
die Ambozeptoren oder die Komplemente den Angriffspunkt liefern. Die 
Frage war experimentell leicht zu Ibsen. Wir brauchten uns bei der 
Versuchsanordnung nur an die grundlegenden Arbeiten von Ehrlich 
und Morgenroth zu halten. Wir konnten zu diesen Versuchen nur 
Normalserum verwenden, da bei ihm nur die Glykogenwirkung sichtbar 
wird. 

Wenn es die Rezeptoren sind, so muB eine Glykogenlosung, die 
auf die Blutkorperchen einwirkt, diesen die FShigkeit, Ambozeptoren zu 
verankern, nehmen. Dies ist nicht der Fall. Meerschweinchenblut 
wurde mit Glykogenlosung eine Stunde in den Brutschrank gebracht, 
dann abzentrifugiert und mehrfach mit Kochsalzlosung gewaschen. 
Hierauf wurde Ochsenserum zugesetzt, und die Losung trat ebenso stark 
auf wie ohne Glykogenzusatz. Das Blut hatte in beiden Versuchen in 
gleicher Weise mit Kochsalzlosung im Brutschrank gestanden und war 
ebenso oft gewaschen und zentrifugiert worden. Das gleiche Resultat 
ergab ein genau abgestufter Versuch mit Ziegenblut und Kaninchen- 
serum. Die Rezeptoren werden also durch das Glykogen 
nicht verSndert. 

Ob die Ambozeptoren vom Glykogen beeinfluBt werden, ist eben- 
falls leicht zu entscheiden. Bringt man inaktiviertes normales Serum, 
das mit Glykogen versetzt ist, mit den passenden Erythrocyten zu- 
sammen, so verankern sich die Ambozeptoren an die Rezeptoren. Die 
abzentrifugierten roten Blutkorperchen losen sich dann, wenn man sie 
mit einem komplementhaltigen Serum zusammenbringt. Durch Erwfirmen 
inaktiviertes Hundeserum wurde in abgestuften Mengen mit je 3 Tropfen 
der Glykogenlosung eine Stunde in den Brutschrank gebracht. Darauf 
Zusatz von je 2 Tropfen defibrinierten Kaninchenblutes und nochmals 
eine halbe Stunde Brutschrank. Danach Abzentrifugieren und Waschen 
der Erythrocyten mit NaCl-Losung. Wenn man nun Pferdeserum, 
welches die notigen Komplemente enthalt, auf die roten Blutkorperchen 


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Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf h&molyt. Vorg&nge. 839 


brachte, so muBte es sich entscheiden, ob die Ambozeptoren trotz der 
Gegenwart von Glykogen an die Rezeptoren herangegangen waren. Dies 
war der Fall. Die L6sung trat genau in derselben Starke auf bei den 
mit Glykogenlosung zusammengebrachten Blutkorperchen, wie bei den zur 
Kontrolle dienenden, die ohne Glykogen denselben Prozessen unter- 
worfen wurden. 

Das vdllig gleicbe Resultat ergab ein ebenso angestellter Versuch 
mit inaktiviertem Hundeserum und Meerschweinchenblut, wobei die Kora- 
plemente von Meerschweinchenserum geliefert wurden. Die Ambo¬ 
zeptoren wurden durch Glykogen an keiner Seite ange- 
griffen. 

Da weder die Rezeptoren noch die Ambozeptoren der natiirlichen 
Hamolysine von dem Glykogen beeinfluBt werden, so kommen die Komple- 
mente allein noch in Frage. Das Experiment best&tigte dies auch. 
LSBt man auf Blutkorperchen, welche mit dem Ambozeptor beladen 
sind, geeignetes komplementhaltiges Serum einwirken, so tritt Losung 
ein. Dieselbe wird aber abgeschw&cht, wenn das komplementhaltige 
Serum vorher mit Glykogen zusammengebracht wird. Die Verankerung 
der Ambozeptoren kann mit einem durch Erw&rmen inaktivierten 
Serum geschehen, dessen Komplemente vernichtet sind oder durch 
die Einwirkung eines normalen Serums in der Elite, da die Kom¬ 
plemente ja bei niedriger Temperatur nicht an die Ambozeptoren 
herangehen. Sachs 1 ) hat besonders darauf aufmerksam gemacht, 
daB man bei der Inaktivierung eines natiirlich hSmolytischen Serums 
durch W&rme nur dann auf ein Gelingen der Reaktivierung durch 
komplementhaltiges Serum rechnen kann, wenn man mit groBer Vor- 
sicht nur die Temperatur einwirken l&Bt, die gerade zur Vernichtung der 
Komplemente ausreicht. Ehe ich diese VorsichtsmaBregel kennen ge- 
lernt hatte, mifigliickten mir eine ganze Reihe von Reaktivierungs- 
versuchen bei dem natfirlich hSmolytisch wirkenden Serum. Ich benutzte 
stets 2 ccm Serum zum Reaktivieren. 

Die Versuche, welche den EinfluB des Glykogens auf das Komple- 
ment der natiirlichen Hamolysine zeigen, sind die folgenden. 

Durch 49°WSrme inaktiviertes Hundeserum in abgestuften Mengen 
wurde mit je 2 Tropfen Kaninchenblut zusammengebracht, und nachdem 
die Reagenzgl&ser eine Stunde bei 37 0 gestanden batten, abzentrifugiert. 
Auf die jetzt mit Ambozeptoren beladenen Kaninchenblutkorperchen 
wurden je 2 ccm Pferdeserum gebracht, die vorher mit je 3 Tropfen 
Glykogenldsung eine Stunde im Brutschrank gestanden batten. Eine 
Reihe von Reagenzgliisern wurde zur Kontrolle ebenso ohne Glykogen- 
zusatz angesetzt. Die hierunter stehende Tabelle zeigt die starke Ab- 
schw&chung der Komplemente. 


jlnakt. Hundeserum 

Kaninchenblut 

Losung 





A. Ohne 

Glykogenzusatz. 


i) 

0,3 

0,2 

ccm 

2 Tropfen 

1 Stunde bei 87 °, dann abzentri- 

\ 

2) 


2 

»* 

fugiert. Zusatz von je 2 ccm 
Pferdeserum, das 1 Stunde im 


3) 

0,1 


2 


} stark 

4) 

0,08 


2 

ii 

Brutschrank gestanden 


5 ) 1 

0,06 

ii 

2 

ii 

1 

6) 

0,04 

»» 

2 

ii 


schwach 


1) Sachs, H., Gibt es einheitliche Alexinwirkungen? (Berl. klin. Wochenschr. 
1902. No. 9 u. 10. p. 217.) 


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840 


Centralbl. f. Bakt etc I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


Inakt. H undeserum 


Kanincbenblut 


Loeung 


2 ) 

3) 

4) 

5 

6 


0,1 

0,08 

0,06 

0,04 


ccm 

»> 

a 

v 

a 

» 


B. Mit Glykogenzusatz. 


2 Tropfen 
2 
2 
2 
2 
2 


1 Stunde bei 87 °, dann abzentri- 
fugiert. Zusatz von je 2 ccm 
Pferdeserum, das 1 Stunde mit 
je 3 Tropfen Glykogen lbsung| 
im Brutschrank gestanden. 


stark 

Spur 



Bei dreimaliger Wiederholung ergab der Versuch stets dasselbe Resultat. 
In gleichem Sinne fiel ein ebenso angestelltes Experiment mit Hunde¬ 
serum und Kaninchenblut aus. 

Eine Abschwkchung der Wirkung der Komplemente durch Glykogen 
zeigte sich ebenfalls, wenn die Verankerung der Ambozeptoren in der 
K&Ite stattgefunden hatte. Kaninchenserum blieb mit Ziegenblut in 
2 abgestuften Pfeifen 18 Stunden im Eisschrank. Dann wurden die 
roten BlutkSrperchen in der Elite abzentrifugiert und mit Kochsalz- 
ldsung gewaschen und nochmals zentrifugiert. Das durch das Zentri- 
fugieren von den Erythrocyten und den daran haftenden Ambozeptoren 
befreite Serum wurde in einer abgestuften Reihe mit und in einer 
anderen gleichen Reihe ohne Glykogen eine Stunde in den Brutschrank 
gestellt. Brachte man nun das Serum, das die Komplemente ja noch 
enthielt, wieder mit den mit Ambozeptoren beladenen Blutkorperchen 
in der W&rme zusammen, so muBte sich in der einen Reihe zeigen, ob 
das Glykogen auf die Komplemente eingewirkt hatte. Die folgende 
Tabelle zeigt diese Einwirkung deutlich. 


Kaninchenserum I Ziegenblut 


Ldsung 


1. 

2 . 

3. 

4. 

5. 


0,5 ccm 
0,4 „ 
0,3 „ 
0,2 „ 
0,1 „ 


1. 

2 . 

3. 

4. 

5. 


0,5 ccm 
0,4 „ 
0,3 „ 
0,2 „ 
0,1 „ 


A. ohne Glykogenzusatz. 

2 Tropfen 18 Std. Eisschrank. Zentrifugierte, ge* 
2 „ waschene Blutkorperchen. Abzentrifu- 

2 „ giertes Serum, das 1 Std. bei 37° ge- 

2 „ standen. Beides wieder zusammenge- 

2 „ bracht. 

B. mit Glykogenzusatz. 

18 Std. Eisschrank. Abzentrifugierte u. ge-! 


stark 


schwach 


2 Tropfen 
2 „ 

2 „ 

2 „ 

2 „ 


Blutkorperchen. **««$} 

S 'ertes Serum, das 1 Std. mit je 3 Tropfen 
lykogenlosung bei 37 0 gestanden, 
des wieder zueammengebracht 


•fill 


stark 


Spur 


Ein Einflufi auf die Wirksamkeit der Komplemente 
ist durch diese Versuche sichergestellt. Es geht aus ihnen 
aber auch hervor, daB das Komplement durch das Glykogen nicht Toll- 
standig vernichtet wird; denn trotz des Zusatzes von Glykogen tritt eine 
LOsung ein in den Gl&sern, welche die grOSte Menge inaktivierten' 
Serums, d. h. die meisten Ambozeptoren enthalten. Die Einwirkung auf 
die Komplemente wird wieder beeinfluCt durch die Anwesenheit von 
Ambozeptoren. Im Vorhergehenden habe ich schon darauf hingewiesen, 
daB eine Vermehrung der Ambozeptoren die hemmende Wirkung des 
Glykogens aufhebt Durch diese 2 Tatsachen, einerseits die Einwirkung 
auf die Komplemente, andererseits die Aufhebung dieser Einwirkung 
durch verh&ltnism&Big grofie Mengen von Ambozeptoren, werden wir zu 


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Google- 















Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf h&molyt. Vorgftnge. 841 


der Annahme gedr&ngt, dafi zwischen Komplement und Gly¬ 
kogen eine Einwirkung stattfindet, welche durch ver- 
h&ltnism&fiig kleine Mengen Ambozeptor nicht in merk- 
barer Weise beeinflufit wird, die aber durch eine ver- 
h&ltnism&fiig grofie Menge beeinflufit wird. 

Der Unterschied der Wirkung des Glykogen bei Normal- und bei 
Immunserum findet nach unseren Versuchen seine Erkl&rung in dem 
Einflufi, den das verschiedene Mengenverh&ltnis zwischen Komplementen 
und Ambozeptoren ausflbt Wie schou oben angefflhrt murde, wirkt 
Glykogen nicht hemmend, wenn wir Komplement, Ambo¬ 
zeptor, rote BlutkOrperchen und Glykogen gleichzeitig 
zusammenbringen. Die Ldsung tritt gleich schnell und gleich 
energisch auf mit oder ohne Glykogenzusatz. Zur Erkl&rung lfifit sich 
die Tatsache heranziehen, dafi die Ambozeptoren eine grdfiere Affinitat 
zu den Komplementen erhalten, wenn sie an die Rezeptoren der Blut- 
korperchen herangetreten sind 1 ). 

Die Verwandtschaft der Verbindung (Ambozeptor — Re- 
zeptor) zu den Komplementen ist so viel starker, als die 
zwischen Komplement und Glykogen, dafi die Komple- 
mente bei gleichzeitiger Anwesenheit von Glykogen und 
an Rezeptoren verankerten Ambozeptoren zun&chst an 
die letzteren herangehen. 

Die Einwirkung des Glykogens auf die natflrliche H&molyse ist auch 
bei dem lebenden Tier zu beobachten. Einem Kaninchen injizierte 
ich innerhalb 24 Stunden 3mal je 1 g Glykogen in die Ohrvene. Das 
Serum, welches dem Tier eine halbe Stunde nach der letzten Ein- 
spritzung entnommen wurde, hatte fast ganz seine vorher bedeutende 
Losungskraft gegeniiber Ziegenblut verloren. Am 2., 4. und 7. Tage 
wurden weitere Proben entnommen, und es ergab sich, dafi die h&mo- 
lytische Wirkung ganz allm&hlich zurfickkehrte und am 7. Tage wieder 
so stark war, als vorher. Ob sich die Komplemente, die durch das 
Glykogen gebunden waren, ersetzt hatten, oder ob das Glykogen all¬ 
m&hlich aus der Verbindung geldst worden war, kann ich nicht ent- 
scheiden.' Die Einwirkung des Glykogens in vivo war zun&cht eine so 
vollst&ndige, dafi ein Zusatz von Glykogenlbsung zu dem entnommenen 
Serum keinen weiteren Unterschied machte. 

Da das Glykogen sich in den verschiedensten Geweben des KOrpers, 
auch im Blute, findet 2 ), so darf man wohl annehmen, dafi es im 
K6rper mit Komplementen auch normalerweise zu- 
sammenkommt und eine Verbindung eingeht. Die Eigen- 
tilmlichkeit dieser Verbindung, nur unter bestimmten Mengenverh&ltnissen 
durch die Ambozeptoren beeinflufit zu werden, fibt moglicherweise h&ufig 
im Serum eine Wirkung aus und kann vielleicht mitherangezogen 
werden bei der Beurteilung der von Morgegroth und Sachs 1 ) ver- 
offentlichten Tatsache, „dafi bei Gegenwart grdfierer Ambozeptormenge 
zur H&molyse kleinere Komplementdosen genflgen“. 


1) v. Dungern, 1. c. p. 35. „Man kann . . . mit Ehrlich annehmen, da8 die 
chemische Affinitat zwischen Immunkorper und Komplement an und fur sich sehr ge- 
ring ist, durch die Verbindung des Immunkorpers mit der Zelle aber eine betrachtliche 
Verstarkung erfahrt.“ 

2) Eine Zusammenstellung findet sich bei E. Pflflger, Glykogen. Kapitel III. 
p. 12b. Pfliige.rs Archiv. Bd. CVI. 


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842 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 8. 


Meine Versuche beschrfinken sich auf die Einwirkung des Glykogens 
auf die Hamolyse beim Serum. Ob es auch bei anderen hamolytischen 
oder bakteriolytischen Substanzen eine Einwirkung ausiibt, mtlsseu 
weitere Versuche ergeben. 

Ein Versuch mit Eeuzspinnengift, dessen blutldsende Wirkung 
durch Robert*) und Sachs 8 ) bearbeitet worden ist, fiel negativ aus. 
Das Glykogen hat gar keinen Einflufi. Kaninchenblut wurde in gleicher 
Weise mit und ohne Glykogenzusatz von dem Kreuzspinnengift geldst. 
Das war auch von vornherein anzunehmen, da wir es in diesem Fall 
mit ganz anders zusammengesetztem Gifte zu tun haben, als bei den 
Hfimolysinen. 

Aufier dem Glykogen untersuchten wir auf hemmende Wirkung hin 
auch noch andere Stfirkearten, nfimlich Reisstfirke, Inulin und 
Lie hen in. Von diesen Gbten Reisstfirke und Lichenin keine merkbare 
Wirkung aus, Inulin hemmte die Hfimolyse stark, sowobl bei normalem 
wie bei Immunserum. Von den Gummiarten wurden Gummiarabicum 
und Dextrin geprfift. Beide zeigten sich wirkungslos. Die chemische 
Zusammensetzung aller dieser Substanzen ist der des Glykogen fihnlich 
(C # H l0 O 6 )n. Wir pruften auch die Cellulose (C ls H 20 O, o )n ohne eine 
Hemmung zu erzielen. Ebenso wirkungslos erwies sich Chon dr in. 
Ueber die hemmende Wirkung des Carrageenmooses erschien, 
wfihrend wir mit der vorliegenden Arbeit beschaftigt waren, eine Publi- 
kation von v. Lingelsheim 1 2 3 4 ). Er fand eine hemmende Wirkung des 
Carrageenmooses auf die hamolytische Kraft von Rinderserum gegen 
Meerschweinchenblut und Schweineserum gegen Schafblut, also von 
Normalserumarten. Diese Einwirkung konnten wir bei Kaninchenserum 
gegeniiber Ziegenblut bestatigen; bei Prfifung gegenuber einem Immun¬ 
serum (Ochsenkaninchen), fiber welche sich kein Versuch in der ge- 
nannten Publikation vorfindet, fanden wir die Wirkung sehr viel weniger 
deutlich. v. Lingelsheim kommt zu dem Schlusse, dafi der Schleim 
des Carrageenmooses Ambozeptoren und Komplemente ausffillt, die 
letzteren aber nicht vollstandig. 

Pepton (Witte), das wir auch auf seine Einwirkung bei Hfimo- 
lysin prttften, hemmte deutlich bei Normalserum, aber nur schwach bei 
Immunserum. 

Ob auch bei diesen Substanzen, soweit sie eine dem Glykogen fihn- 
liche Wirkung ausfiben, ein fihnlicher ProzeB anzunehmen ist, und es 
auch auf einen Unterschied des Mengenverhfiltnisses zwischen Komple- 
ment und Ambozeptor ankommt, konnte erst nach eingehenden Ver- 
suchen entschieden werden. Eine Generalisierung ist bei so komplizierten 
Vorg&ngen jedenfalls nicht erlaubt. 

Das Resultat der vorhergehenden Arbeit ist, kurz zusammengefafit, 
dasfolgende: Das Glykogen iibt einen Einflufi auf die Kom¬ 
plemente aus und kann dadurch hemmend auf hamoly¬ 
tische VorgSnge einwirken. Diese Einwirkung tritt nur 


1) Morgenroth und Sachs, Ueber die quantitativen Beziehungen von Ambo¬ 
zeptor, Komplement und Antikomplement. (Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 35.) 

2) Kobert, Beitrage zur Kenntnis der Giftspinnen. Stuttgart 1901. 

3) Sachs , H., Zur Kenntnis des Kreuzspinnengiftes. (Beitrage zur chem. PhysioL 
und Pathol, von Uofmei6ter. Bd. II. p. 125.) 

4) v. Li ngelsheim, Ausfallung bakterizider und globulizider Blutfermente durch 
Pflanzenschleim. (Zeitschr. fur Hygiene und Infektionskrankheiten. Bd. XLII. p. 308.) 


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Volk, Bindung des Baklerioh&molysins an die roten Blutkorperchen. 343 


dann zu Tage, wenn in einem Serum im Verh&ltnis zur 
Menge der Komplemente wenig Ambozeptoren vorhanden 
sind. Eine Verschiebung des Verh&ltnisses der Mengen 
zu Gunsten der Ambozeptoren hebt die hemmende Wir- 
kung des Glykogens immer mehr und schliefilich ganz 
auf. Aus diesem Grunde wirkt das Glykogen hemmend 
bei Normalserum, nicht hemmend bei Immunserum. Denn 
in dem ersteren sind weniger Ambozeptoren als in dem 
letzteren im Verh&ltnis zu der Komplem entmenge. 

Ein Normalserum l&fit sich von einem Immunserum 
durch dies verschiedene Verhalten gegeniiber dem Gly¬ 
kogen unterscheiden. 

Die Wirkung des Glykogens ist in weiten Grenzen 
unabh&ngig von der zugesetzten Menge. Sie tritt nur 
ein, wenn das Glykogen dem Serum zugesetzt wird, ehe 
die passenden Blutkorperchen zugefugt sind. Die Ver- 
bindung Rezeptor und Ambozeptor wirkt so stark an- 
ziehend auf das Komplement, daB bei gleichzeitigem Zu- 
sammenbringen von Komplement, Ambozeptor, roten 
Blutkorperchen und Glykogen eineVerbindung von Kom¬ 
plement und Glykogen nicht stattfindet Oder wenigstens 
nicht bemerkbar wird. 


Nachdruck verboten. 

Ueber die Bindung des Bakteriohamolysins an die [roten 

Blutkorperchen. 

[Aus dem staatl. sero-therapeut. Institute in Wien, Vorstand 
Prof. P alt auf.] 

Von Dr. Richard Volk. 

Mit 1 Kurve. 

Mit Versuchen liber die Vielheit der Lysine im Staphylolysin be- 
schaftigt, muBte ich zun&chst die Bindungsverh&ltnisse dieses Giftes an 
die roten Blutkorperchen etwas genauer studieren. 

Durch die Untersuchungen von Schur ist die wichtige Tatsache 
festgestellt wordeu, daB sich der Wirkungswert verschiedener Lysin- 
mengen haupts&chlich durch die Reaktionsgeschwindigkeit kundgibt, mit 
der die Lyse erfolgt, eine Tatsache, die besonders bei hoheren Lysin- 
dosen auffallen muBte, da auch bei diesen sich der beschleunigende Ein- 
fluB der grOBeren Menge geltend machen konnte; es gelangt offenbar 
hierbei auch die grdBere Lysinmenge zur Wirkung. 

Ist nun Ehrlichs Ansicht richtig, daB nur die gebundene 
Lysinmenge einwirken kOnne — und dieses Gesetz ist bisher noch un- 
angefochten geblieben — so muBte man zur Erklarung der obigen Be- 
funde a priori annehmen, daB von der groBeren Lysinmenge auch mehr 
gebunden wird. Ehrlich und Morgenroth konnten nun, angeregt 
durch einen Versuch Bordets, konstatieren, daB bei Ein wirkung des 
Immunh&molysins auf rote Blutkbrperchen groBe Multipla der elnfach 


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844 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


ldsenden Dosis des Zwischenk6rpers verankert werden kdnnen. Diese 
Verh&ltnisse bei der Bindung der Bakterioh&molysine genauer kennen zu 
lernen, ist der Zweck meiner Untersuchungen. 

In Kttrze sei die Metbodik eines solchen Bindungsversuches ange- 
flihrt. Ich beniitzte vorwiegend das Staphylolysin, da es nichst dem 
Tetanolysin wohl das beststudierte BakteriohSmolysin ist und vor dem 
letzteren den Vorzug hat, daB es, mit Karbol-Glycerin versetzt, lange 
Zeit seinen Titre unver&ndert beibehalt. Nebenbei arbeitete ich auch 
mit dem Lysin des Vibrio Nasig, das auch gute Ldsungswerte gibt, sich 
aber doch viel rascher abbaut als das Staphylolysin. 

Es wurden also zu einer bestimmten Blutkdrperchenmenge steigende 
Dosen Lysins zugesetzt, das Ganze stets auf die gleiche Flttssigkeits- 
menge durch 0,85 Proz. NaCl-Losung ergBnzt, 2 Stunden bei 37° 
belassen und dann auf die Ldsungskraft ausgewertet. 

Zur Bestimmung der Lysineinheit bediente ich mich in Anlehnung 
anMadsen-Schur der kolorimetrischen Methode, nur ging ich bei der 
Grenzbestimmung nicht so weit hinunter, wie es letzterer fiir wttnchens- 
wert halt, sondern nahm eine Losungsgrenze, die etwa der Ehrlich- 
schen Marke „rot“ entspricht (was deshalb geschab, damit die Eigen- 
farbung des in hohen Konzentrationen zugegebenen Lysins nach Ein- 
wirkung auf Blutkdrperchen zwecks Ermittelung der tibrig gebliebenen 
Lysinmenge weniger stdrend wirke). Zur Kontrolle bestimmte ich 
iibrigens auch den Hb-Gehalt in einem oder dem anderen Versuche 
nach Fie i sc hi; dies jedoch konsequent durchzufiihren, ware bei der 
grofien Anzahl von Rdhrchen zu umstandlich gewesen. Auf diese Marke 
wertete ich nun jedes Lysin aus. 

Meinen ursprflnglichen Plan, die von Kraus und Ludwig be- 
schriebene Agglutination der roten Blutkorperchen als Indikator anzu- 
nehmen, mufite ich bald fallen lassen, nachdem schon die geringste 
Stdrung in der Isotonie zur Agglutination fiihrte, so daB die roten Blut¬ 
kdrperchen der Kontrolle auch nicht selten agglutiniert waren. Da- 
gegen war es mdglich, die Agglutination als unterstfitzendes Moment zu 
gebrauchen, da bei meiner Marke „rot“ die Blutkdrperchen am Boden 
des Reagenzglases eine „farblose“ agglutinierte Masse bildeten. Es sei 
bemerkt, dafi das Lysin fiir jeden Versuch besonders ausgewertet und 
der ganze Versuch mit einerlei Blutkdrperchen angestellt wurde. 

Die Berechnung geschah nun in der Weise, daB mir die Differenz 
der zugegebenen und tibrig gebliebenen Lysineinheiten, selbstverst&nd- 
lich stets auf dieselbe Fliissigkeitsmenge berechnet, die absorbierte 
absolute Lysinmenge angab, wShrend die relative durch den Quo- 
tienten aus absoluter absorbierter und zugegebener Lysinmenge bestimmt 
wird; ich gebe die letztere in Prozenten an. 

Der Methode haften ohne Zweifel manche Fehlerquellen an, die 
sich ja zum Teil vielleicht sogar noch korrigieren lieBen, so z. B. wenn 
man statt durch Blutkdrperchen durch die Stromata derselben binden 
lieBe, da ja an diesen die bindende Substanz haften dflrfte, was flbrigens 
noch zu zeigen ware. — Ich suchte eine Korrektur der etwaigen Fehler 
durch moglichst zahlreiche Kontrolluntersuchungen zu erzielen. 

Tabelle I gibt nun das Resultat eines solchen Versuches bei ver- 
schiedenen Lysin- und Blutmengen; die Kurve (Tabelle II) ist nach la 
gezeichnet. 


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Volk, Bindung deg Bakterioh&molysins an die roten BlutkOrperchen. 845 


Tabelle I. 

Wert dee verwendeten Lysins = 100 Lo. 


Zugegebene i 
Lysinmenge 
in ccm | 

Zugegebene 
Lysinmenge 1 
in Einheiten j 

Restliche 
Lysinmenge 
in Einheiten 

Absorbierte 
Lysinmenge 
in Einheiten 

Absorbierte 
Lysinmenge 
in Proz. 


5 Proz. Kan.-Bl. 



0,2 

20 

5 

15 

i 75 

0,4 

40 

83 

31,7 

! 79 

a. 03 

80 

25 

55 

69 

1,0 

100 

ca. 40 

ca. 60 

60 

1,6 

160 

83,3 

76,7 

48 


10 Proz. Kan.-Bl. 



0,2 

20 

0 

20 

100 

0,4 

40 

5 

35 

88 

b. 0,8 

80 

12,5 

673 

84 

1,0 

100 

25 

75 

75 

1,6 

160 

62,5 

973 

61 


20 Proz. Kan.-Bl. 



0,2 

20 

0 

20 

100 

0,4 

40 

0 I 

40 

100 

c. 0,8 

80 

5 

75 

94 

1,0 

100 

6,3 

93,7 

93,7 

1,6 

160 | 

25 

135 

84 



-' Die vorstehende Tabelle zeigt uns zun&chst, dafi nach Einwirkung 
des Lysins auf die roten Blutkdrperchen ein Verlust an Lysinwert ent- 
steht, dafi also Lysin gebunden wird. Doch ist die Menge des ge- 
bnndenen Lysins nicht stets die gleiche, sondern sie nimmt mit wachsen- 
der zngegebener Lysinmenge bei gleichbleibender Blutkdrperchenzahl 
zu nnd zwar in einer Weise, die eine Gesetzm&fiigkeit vorl&ufig nicht er- 
kennen lfifit. Aus der letzten Rubrik ersehen wir andererseits, dafi mit 
zunehmender Lysinmenge die relative Absorptionsgrdfie abnimmt, so 
dafi wir das Absorptionsgesetz des Staphylolysins so formulieren konnen : 
bei gleichbleibender Menge der bindenden Substanz wdchst die absolute 
Absorptionsgrdfie mit der zugegebenen Lysinmenge, w&hrend die relative 
fllllt, ein Verhalten, das in bester Uebereinstimmung mit den Bindungs- 
gesetzen der Immunkorper an die entsprechenden Receptoren steht. 
Daraus folgt aber wieder, dafi die absolute Absorptionsgrdfie anfangs 
rasch in die Hdhe steigt, sp&ter jedoch die Zunahme eine immer ge- 
ringere wird. 


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846 


Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 8. 


Um Fehler auszuschlieBen, modifizierte ich in einigen Versuchen die 
Anordnung so, daB ich zu den betreffenden Lysinblutkdrperchenver- 
dtinnungen entsprechende NaCl-Lysinverdunnungen auswertete, mit 
fihnlichem Resultate. 

Die roten Blutkdrperchen verschiedener Kaninchen binden bei 
gleicher VerdOnnung selbst vom selben Lysin nicht stets gleich viel, 
sondern oft erheblich weniger, als in obiger Tabelle ersichtlich, was ich 
nicht allein auf eine geringere Blutkorperchenzahl, sondern insbesondere 
auf eine VariabilitSt in der Menge der bindenden Substanz des einzelnen 
Blutkdrperchens zurflckfiihren mdchte. 

Die Bindung erfolgt auch bei niedriger Temperatur, nur erheblich 
langsamer als bei 37°. 

Mehrere Versuche, in der Absicht ausgefOhrt, Unterschiede in der 
Bindung zu bekommen, je nachdem ich das Lysin auf einmal Oder die- 
selbe Menge in Portionen zugab, Helen so aus, dafi ich entweder gar 
keine oder nur so geringe Unterschiede bekam, daB ich sie vorlfiufig 
kaum verwerten kann. 

Zum Vergleich wurde das Lysin des Vibrio Nasig betreffs seiner 
Bindung herangezogen, es gab fihnliche Resultate, nur scheinen noch 
grdBere Multipla als vom Staphylolysin gebunden werden zu konnen. 
Ich hatte zufSllig je ein Vibrio- und Staphylolysin von derselben GroBe 
der einfach ldsenden Dose. Die Tabelle III best&tigt meine oben aus- 
gesprochene Ansicht, indem Staphylolysin bereits Reste gibt in Ver- 
dttnnungen, in welchen das Vibriolysin noch vollstSndig absorbiert wird, 
trotzdem der Versuch mit denselben Kaninchenblutkorperchen aufgestellt 
wurde. 

Tabelle III. 


b.S« 

^ co . 



Zugegebene 

Zugegebene 

Restliche 

Absorbierte 

Lysinmenge 
in Proz. 

Lysin menge 

Lysinmenge 

Lysinmenge 

Lysinmenge 

in ccm 

in Einheiten 

in Einheiten 

in Einheiten 

0,2 

10 

0 

10 

100 Proz. 

0,4 

20 

5 

15 

75 „ 

0,8 

40 

12,5 

17,5 

68 „ 

0,2 

10 

0 

10 

j 

0,4 

0,8 

20 

40 

0 

0 

20 

40 

j > 100 Pro*. 

1,0 

50 

0(?) 

50 

ll 


Das den roten Blutkdrperchen anhaftende Serum spielt in den 
meisten Fallen far die Bindung gar keine Rolle, indem gewaschene und 
ungewaschene rote Blutkdrperchen dieselben Bindungswerte geben, ein 
Befund, der mit der von Neisser-Wechsberg gefundenen Tatsache, 
daB das normale Kaninchen serum gewdhnlich kein Antilysin enthalt, in 
vollem Einklang steht, nur in einem Falle konnte ich eine wesentliche 
Differenz in der Bindung zu Ungunsten der gewaschenen Blutkdrper¬ 
chen finden, die ich auf ein vorhandenes Antilysin zurOckfahren 
mdchte, leider hatte ich kein Serum mehr, um den direkten Beweis 
zu ffihren. 


Von vornherein sollte man wohl glauben, daB Multipla des Lysins 
durch entsprechende Multipla von Blut abgesattigt werden. Tabelle III 
zeigt aber, daB groBere Blutmengen zwar mehr, doch bei weitem nicht 
so viel, als gefordert whrde, binden. Ob dies nur an rein fiuBeren 
Dingen lingt, iusbesondere daran, daB das Lysin mit den Blutkdrperchen 


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Volk, Bindung des Bakterioh&molysins an die roten BlutkOrperchen. 847 

nicht so gut in Kontakt kommen kQnnte (infolge der Agglutination etc.), 
das mflssen erst weitere Versuche lehren. 

Es ist bekannt, daB zwischen Zugabe des Lysins und Losung eine 
gewisse Latenzeit liegt, die um so geringer wird, je groBer die zuge- 
gebene Lysinmenge ist Ganz fihnlich verhalt es sich mit der Ge- 
schwindigkeit der Bindung, wie ein einfacher Versuch lehrt: Es werden 
zu einer bestimmten Blutkdrperchenmenge die einfach und die 5-fach 
ldsende Dosis Staphylolysin zugegeben und nach verschiedenen Zeiten 
zentrifugiert, die darflberstehende Flfissigkeit abgehoben, der Rest auf 
dieselbe Menge aufgefiillt und 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen 
gelassen. Sieht man die gelOste Blutmenge, ausgedrfickt in Proz. Hb 
nach Fleischl, als Indikator fiir die Menge des gebundenen Lysins 
an, so lehrt Tabelle IV, daB um entsprcchenden Hb-Gehalt zu bekommen, 
die Latenzzeit um so groBer ist, je geringer die zugegebene Lysinmenge. 


Tabelle IV. 


Lysinmenge | 

O' 

5 '.J 

15' 

30' | 

Kontrolle 

0,02 | 

I 180 ! 

210 

275 

290 

350 

0,1 

I 425 

450 

460 


475 


Ein erhdhtes Interesse gewannen die obigen Befunde im Zusammen- 
halte mit den Ergebnissen Schurs, die er bei den Studien fiber die 
Wirkungsweise des Staphylolysins gewann. Er fand, dafi um so mehr 
Hb bei gleicher Menge Toxin gelost wurde, je mehr Blut zur Verffigung 
war. Die Menge des nach einer bestimmten Zeit gelfisten Hb wachst 
bis zu einem bestimmten Punkte mit der Blutkonzentration ziemlich 
rasch, um dann allmShlich wieder abzusinken. 

Andererseits wird aus gleichen Blutquantit&ten um so mehr 
Hb gelfist, je groBer die angewendete Toxinmenge ist, wobei jedoch 
Lysinmengen und gelostes Hb nicht einfach nach Multipla geht, sondern 
es wird pro Toxineinheit um so weniger gelfist, je mehr Toxin zuge¬ 
geben wird. 

Vergleicht man die Resultate dieser Untersuchungen mit den 
unserigen, so ist eine Abhfingigkeit zwischen Bindung und Losung in 
die Augen springend. Der Gedanke liegt nicht fern, die eigentfimliche 
Wirkungsweise des Staphylolysins mit seiner Bindung in Zusammenhang 
zu bringen. Es werden dadurch die Ergebnisse aus Schurs Arbeit 
verst&ndlich, da wir zu ihrer Erklarung von der Annahme, daB nur ge- 
bundenes Lysin wirkt, nicht abgehen mflssen. 

Pfeiffer und Friedberger konnten in einer kfirzlich erschie- 
nenen Arbeit einen Verbrauch von Choleraimmunkorpern bei Auflosung 
von abgetdteten Choleravibrionen im Meerschweinchenperitoneum nicht 
konstatieren, so daB sie geneigt waren, den bakteriolytischen ProzeB als 
einen katalytischen aufzufassen, wie dies Schur ffir die Bakteriohfirao- 
lysine getan hat. Bei der Bakteriohfimolyse wird ein Teil des Lysins 
so gebunden, daB er ffir die weitere Reaktion nicht in Frage kommt. 
Gegen die Fermentnatur spricht dies natfirlich gar nicht, da wir ja heute 
schon wissen, daB Fermente durch die K6rper, auf welche sie wirken, 
gebunden werden, und zwar sogar in groBen Mengen, ohne daB wir 
jedoch bisher die naheren Details der Bindung kennen wfirden. 


1) Als Kontrolle wurde ein Bohrchen, ohne es abzuheben, 24 Stunden stehen ge¬ 
lassen und der Hb-Gehalt nach Fleischl bestimmt. 


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848 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 

Immer wieder taucht zum Schlusse die Frage auf: Wie ist diese 
Bindung zu erkl&ren, was ist das ganze fur ein ProzeB? Ehrlich 
mufite, ausgehend von seiner Seitenkettentheorie, die Bindung fttr einen 
chemischen Vorgang halten und erklfirte die „Uebers&ttigung“ dadurch, 
dad jede Zelle viele Rezeptoren habe, die je nach der zugegebenen 
Toxinmenge in verschiedenem Grade besetzt werden. 

Eisenberg und ich konnten fihnliche VerhSltnisse bei der Bin¬ 
dung von Agglutinin an Typhus- und Cholerakulturen konstatieren; wir 
sprachen damals ebenfalls von einer Uebers&ttigung und glaubten „eine 
absolut konstante Kapazitat der agglutinierbaren Substanz wenigstens 
fflr Immunagglutinine negieren zu mtissen. u Wassermann kam in 
einer bald darauf erschienenen Arbeit zu denselben Bindungsgesetzen be- 
treffs der Agglutinine. 

Bald erkannte Eisenberg dieselben Gesetze auch fflr die Pr&zi- 
pitationsvorgange von EiereiweiB durch Immunserum als gflltig, erklftrt 
jedoch dieselben als Konzentrationswirkungen. In einem Autoreferat 
spricht er ausdrflcklich von einem Gleichgewichtszustand der beiden 
reagierenden Substanzen, der durch frischen Zusatz einer von beiden 
Komponenten gestfirt werden kann, wodurch die Reaktion wieder in 
Gang gebracht wird. 

Ganz fihnliche Ansichten finden wir bei Linossier und Lemoine, 
die von einer rupture d'6quilibre bei Zusatz frischen Prfizipitins Oder 
prazipitabler Substanz sprechen. Mflller schlieBt sich auf Grund von 
Versuchen fiber die Bindung des Laktoseruins an das KaseYn den An¬ 
sichten Eisenbergs vollstfindig an. 

Diese Auffassung wfirde auch fflr die Bakteriohfimolysine anwendbar 
sein, und es konnten demnach jene chemisch-physikalischen Gesetze zur 
Geltung kommen, die die Gleichgewichtszustfinde in Ldsungen und ihre 
StOrungen beherrschen. DaB es sich hierbei um einen echten Gleich¬ 
gewichtszustand reversibler Prozesse handelt, haben fflr die Agglutinine 
Landsteiner und Jagid in ihrer Arbeit gezeigt. Das Gesetz der 
Massen wirkung, wonach die cheinische Wirkung jedes Stoffes seiner 
wirksamen Masse oder Konzentration proportional ist, ermdglicht uns 
das Verstfindnis fflr die Bindungsverhfiltnisse. 

Zusammenfassung: 

1) Die Bindungsgrfifie der Bakteriohfimolysine ist abhfingig sowohl 
von der Menge des Lysins als auch von der der Blutkfirperchen, wobei 
die absolute Hohe des gebundenen Lysins mit der Zunahme der beiden 
Faktoren wachst, wahrend die relative abnimmt. 

2) Die GroBe der Bindung wechselt sowohl je nach dem Individuum 
derselben Spezies, als auch beim selben Individuum nach der Art des 
Lysins. 

3) Die Temperatur hat einen EinfluB auf die SchnelUgkeit der 
Bindung. 

4) Die Reaktionsgeschwindigkeit wachst mit der Menge des zuge¬ 
gebenen Lysins. 

5) Das Gesetz der Massenwirkung erklfirt uns die Eigentfimlichkeiten 
der Bindungsverhaltnisse. 


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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens. 


849 


Literatnr. 

Ehrlich u. Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. 1901. No. 9, 21, 22. 
Eisenberg, Ph., Bull, de l’acad. d. scienc. de Cracovie. 1902. Mai. 

-, Oentralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. XXXI. 1902. 

Eisenberg, Ph. u. Volk, R., Zeitschr. f. Hyg. Bd. XL. 1902. 

Landsteiner u. Jagic, Munch, med. Wochenschr. 1903. 

Madsen, Th.,,Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXII. 

Michaelis u. Oppenheimer, Arch. f. Anat. u. Phys. 1902. Suppl.-Bd. 

Muller, P. Th., Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. XXXIV. 1903. No. 1. 
Linossier et Lemoine, Compt rend, de la soc. de biol. 1902. p. 85. 

Neisser u. Wechsberg, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVI. 1901. 

Ostwald, Analytische Cnemie. 1897. 

Pfeiffer u. Friedberger, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. XXXIV. No. 1. 
Sachs, H., Lubarsch-Ostertag Ergebnisse. 1902. 

Schur, H., Hofmeisters Beitrage z. chem. Phys. u. Path. Bd. III. Heft 1—3. 
Wassermaun, Samml. klin. Vortr. No. 331. 

-, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII. 1903. 


yachdruck verboten. 

Zur Lehre von den antitoxischen Sens. 

[Aus dem staatlichen serotherapeutischen Institute in Wien (Vorstand: 

Prof. Dr. R. Paltauf).] 

Von Dr. Friedrich Wechsberg, Assist, a. d. I. med. Universit&tsklinik. 

Durch die zahlreichen Untersuchungen der letzten Jahre auf dem 
Gebiete der Immunit&tslehre haben wir eine groBe Reihe von wirksamen 
Substanzen kennen gelernt, die entweder erst nach Immunisierung ent- 
stehen oder bereits vorgebildet in dem Serum der verschiedensten Tiere 
enthalten sind. Bei der Kompliziertheit der vorliegenden Verh&ltnisse, 
die namentlich dadurch begriindet erscheinen, daB wir es ja nicht mit 
reinen Ldsungen der betreffenden Kbrper zu tun haben, kann es nicht 
wunder nehmen, wenn trotz reicher Arbeit selbst in grundlegenden 
Fragen noch keine Einigung erzielt werden konnte. Relativ rasch wurde 
es klar, daB man die verschiedenen Wirkungen der normalen Sera, 
wie Bakteriolyse, Agglutination, Prazipitation, antitoxische Wirkungen etc., 
wohl untereinander verschiedenen Substanzen zuschreiben muB. 

Weit schwieriger gestaltete sich schon die Beantwortung der Frage, 
ob jeder einzelne dieser K5rper als ein einheitlicher gedacht werden 
soil, d. h. ob z. B. die Agglutination der verschiedenen Bakterien durch 
ein normales Serum auf ein einheitliches Agglutinin zurflckzufiihren sei 
oder ob ftir jedes Bakterium wieder ein besonderes (spezifisches) Ag¬ 
glutinin in Frage komme. 

W&hrend der unitarische Standpunkt besonders von franzosischer 
Seite (Bordet), ferner von Buchner, Gruber etc. in einer grofien 
Anzahl von Arbeiten betont und stets aufs neue vertreten wurde, waren 
es namentlich Ehrlich und seine Schiiler, die die Ansicht von einer 
Vielheit der verschiedenen wirksamen Substanzen verfochten. So weit 
wir den heutigen Stand der Frage libersehen konnen, scheint sich die 
weitaus iiberwiegende Zahl der Forscher auf Ehrlichs Seite gestellt 
zu haben, glaubt ja sogar Metschnikoff auf Grund seiner Versuche 
zu der Annahme gezwungen zu sein, die Ansicht von einer Einheit des 
Alexins aufgeben und eine Makro- und Mikrocytase annehmen zu miissen. 

Knte Abt. Orig. Bd. XXXIV. 54 


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850 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate Bd. XXXIV. No. 8. 


Das scheinbar Dysteleologische der Ehrlichschen Auffassung war es 
wohl mehr als die Versuche der Gegner, weshalb man sich nur so 
schwer entschliefien konnte, den plurimistischen Standpunkt zu accep- 
tieren. 

Ohne auf diese Frage des weiteren eingehen zu wollen, sei nur 
noch hervorgehoben, dafi Landsteiner eine vermittelnde Stellung 
einnimmt. Auch er glaubt — seine Arbeiten befassen sich vorwiegend 
mit den normalen Agglutininen — nicht mit einer einheitlichen Sub- 
stanz sein Auskommen zu finden, sondern nimmt eine Mehrheit, 
allerdings keineVielheit der vorgebildeten wirksamen K5rper an. 
Durch Kombination verschiedener Agglutinine komme die jedesmalige 
Wirkung zu stande und in der Bestimmtheit der Kombination fflr den 
einzelnen Fall sei die Spezifit&t des Prozesses begriindet. Es k&men 
also in dem einen Falle die Agglutinine a, b und c, in einem zweiten 
c, d und e, in einem dritten a, b und d in Frage. Landsteiners 
Anschauung n&hert sich wesentlich der Ehrlichschen, denn gerade 
Ehrlich war es, der zuerst in einem Falle von Immunh&molysinen 
eine partielle Gruppengleichheit verschiedener Tiere experimentell fest- 
stellen konnte und spater ahnliche Verhaltnisse bei den Komplementen 
nachwies, so dafi sowohl ich als auch jiingst Wassermann als ganz 
natflrliche Konsequenz der Ehrlichschen Lehre den Satz aussprachen, 
dafi wir alle diese Reaktionen nicht so sehr als spezifisch fflr bestimmte 
Zellen als fur Zellen mit bestimmten Rezeptoren ansehen mussen, und 
in dieser Formulierung ist ohne weiteres die Mdglichkeit einer partiellen 
Gruppengleichheit zugegeben und von Wassermann erst jiingst in 
seiner ausgezeichneten Arbeit iiber die Agglutinine und Prazipitine be- 
wiesen. Die Differenz zwischen Ehrlich und Landsteiner ist also 
nicht so sehr eine prinzipielle als eine quantitative. Ehrlich nimmt 
eine partielle Identity als mOglich, Landsteiner als Regel an. 
Gegen die Land stein ersche Annahme sprechen vorl&ufig noch die 
von ihm selbst best&tigten Malkoffschen fiindungsversuche. Jeden- 
falls mufi aber auch er eine Mehrheit der einzelnen wirksamen Sub- 
stanzen annehmen, und es wird sich wohl diese Zahl mit der Zahl der 
untersuchten Einzelfalle vergrofiern. 

Es war nur ein Schritt, unsere fflr den Rezeptorenapparat der 
tierischen Zelle gewonnenen Erfahrungen auf die Rezeptoren der Bak- 
terien zu flbertragen. Auch in den Bakterien mussen wir eine Anzahl 
vorgebildeter Atomkomplexe annehmen, denen verschiedene Wirkungen 
zukommen. Einzelne von ihnen losen die Agglutininproduktion im Tier- 
korper aus und vermdgen die Agglutinine zu binden, andere rufen die 
Bildung der Immunkflrper hervor u. s. w. Durch das Studium des 
Rezeptorenapparates der Bakterien kdnnen wir unseres Erachtens wich- 
tige Aufschlflsse auf dem Gebiete der Immunitatslehre erwarten, und es 
liegen auch schon einige diesbezflgliche Untersuchungen vor, so von 
Ainley Walker, P. Th. Mttller, Hamburger und mir. — Bei 
diesen Untersuchungen mufi man aber in Analogie mit den Befunden 
an Tieren zu der Fragestellung kommen, ob es sich auch hier stets 
nur urn eine einheitliche Substanz handelt, die eine bestimmte 
Reaktion auszulCsen vermag, oder ob auch bei den Bakterien fflr die- 
selbe Wirkung verschiedene Atomkomplexe verantwortlich zu 
machen sind. 

Als ich bereits mit den vorliegenden Untersuchungen besch&ftigt 
war, erschien die bereits erwahnte Publikation von Wassermann, 


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Wechsberg, Zur hehre von den antitoxischen Sens. 


851 


in welcher er in unseres Erachtens einwandsfreier Weise den Nachweis 
einer Verschiedenheit dieser Gruppen ftir die Agglutinationsreaktion 
erbringt. 

Auch die Auffassung der Toxine als Rezeptoren ist, wie ich in einer 
frtiheren Arbeit bereits auseinandergesetzt habe, statthaft Es entsteht 
nun die Frage: Habenwir die Toxine als einheitlicheKorper 
aufzufassen Oder als zusammengesetzt aus einer Reihe 
von Partialtoxinen? 

Vereinzelte Beobachtungen liegen fiber diese Frage bereits vor; so 
gelang es Ehrlich und Madsen, in den Kulturfiltraten von Tetanus- 
bacillen neben dem Tetanospasmin, dem krampferregenden Gifte, ein 
blutkdrperchenlosendes Gift nachzuweisen; Neisser und Wechsberg 
fiihren auf Grund von Bindungsversuchen die h&molytische und leuko- 
cide Wirkung des Staphylotoxins auf untereinander verschiedene Gifte 
zurtick, wtihrend sie die Frage nach der Existenz eines Nephrotoxins 
im Staphylotoxin offen lassen muBten. — Markl nahm zwei verschiedene 
Gifte im Pesttoxin an. 

Dagegen gait es bisher als Regel, die Differenzen in den Dosen, 
die notig waren, um bei verschiedenen Tieren mit einem bestimmten 
Toxin die gleiche Wirkung zu erzielen, auf eine verschiedene Empf&ng- 
lichkeit der Tiere zu beziehen. DaB Differenzen in der Empfindlichkeit, 
ebenso wie anderen Noxen, auch Giften gegentiber bestehen, ist un- 
zweifelhaft. Die Untersuchung mit chemisch reinen Giften, wie Morphin, 
Kokain, Strychnin etc., beweisen dies zur Gentige. Daneben besteht 
aber speziell ftir die Toxine, die nicht chemisch reine Korper sind, die 
Moglichkeit, daB ein Teil dessen, was wir als verschiedene Empfindlich¬ 
keit bezeichnen, auf die Wirkung verschiedener Toxine, die in quan- 
titativ verschiedenen Verhaltnissen vorhanden sind, zurtickzuftihren ist. 
Der Ltisung der Frage, ob physiologisch gleiche Wirkungen eines 
Kulturfiltrates bei verschiedenen Tieren durch ein und dasselbe Toxin 
oder durch verschiedene Toxine herbeigeftihrt werden, d. h. ob wir auch 
bei den Toxinen berechtigt sind, von einer Reihe von Partialtoxinen zu 
sprechen, waren die folgenden Untersuchungen gewidmet. 

Zu diesen Untersuchungen schienen mir besonders jene Gifte ge- 
eignet, welche eine blutktirperchenauflosende Wirkung haben, weil hier 
das Experiment im Reagenzglase eine relative Exaktheit gestattet. 

Der Weg, der zur Beantwortung der Frage gewtihlt werden konnte, 
war nach dem gegenwartigen Stande unserer Technik ein dreifacher. 
Entweder es konnte eine Reihe von Toxinen untersucht und der Nach¬ 
weis gewisser quantitativer Schwankungen in dem Losungsvermtigen ver¬ 
schiedenen Blutktirperchen gegentiber geftihrt werden oder es konnten 
Bindungsversuche ein partielles Verschwinden des einen oder des an¬ 
deren Giftes zeigen, oder schliefilich es konnte durch Immunisierung von 
Tieren eine quantitativ verschiedene Ausbeute an Antitoxinen gegen die 
verschiedenen Partialtoxine erzielt werden. Ich entschloB mich zu dem 
letzteren Wege, weil ich dadurch gleichzeitig die Beantwortung einer 
zweiten Frage erhoffte. 

Zu meinen Versuchen wahlte ich das Staphylotoxin, von dem uns 
aus unseren mit Neisser ausgeftihrten Untersuchungen bekannt war, 
daB eine Reihe von Blutktirperchen und zwar in verschieden starker 
Weise von dem Gifte geltist werden. Mit einem und demselben Filtrate 
wurden Kaninchen, eine Ziege und ein Hund immunisiert und auBerdem 

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852 


Centralbl. f.JBakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV No 8. 


gelangte ein normales Pferdeserum, das bekanntlich relativ hohe Werte 
von Antistaphylolysin enthalt, zur Verwendung. 

Diese antitoxischen Sera wurden nun auf ihren Schutzwert geprfift 
und als Testobjekt verschiedene Blutkdrperchen gewfihlt, die durcb das 
Staphylotoxin geldst werden. Die Priifung erfolgte durch dasselbe 
Staphylotoxin, mit dem die Immunisierung vorgenommen worden war. 

Zunachst gait es natiirlich, den Losungswert unseres Eulturfiltrates 
gegenfiber den verschiedenen Blutkdrperchen zu bestimmen. Die fol- 
gende Tabelle gibt dariiber AufschluB. 


Tabelle I. 


Toxinmenge 

Kaninchen- 

blutkorperchen 

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Alle Blutkdrperchen wurden mit der ihnen enteprechenden isotonen NaCl-Ldeung otters 
gewaschen, aann mit NaOl-Losung auf das urspriingliche Blutvolumen aufgefuut. Zu 
jedem Rohrchen kam 1 ccm der 5-proz. Biutaufschwemmung. 


Aus dieser Tabelle ergibt sich, daB unser Staphylotoxin 1 Tropfen 
Kaninchenblut in der Dose von 0,1 ccm komplett zu I6sen vermag, 
Hammelblutkorperchen noch in der Dose von 0,01 ccm, Hundeblut- 
kfirperchen in der Dose von 0,5 ccm vollstfindig gelost werden, wahrend 
Ziegenblutkfirperchen durch 1,0 ccm Toxin noch nicht komplett aufgel5st 
und bei Meerschweinchenblutkorperchen auch nicht eine Spur von Ldsung 
erzielt werden konnte. 

Eine derartige Differenz in der Loslichkeit verschiedener Blutarten 
wurde bisher einfach durch eine verschiedene Empfindlichkeit der be- 
treffenden Blutkorperchen erklfirt, indem man sich wohl vorstellte, daB 
in dem einen Falle zur Erzielung des gleichen Effektes eine groBere 
Anzahl von Toxinmolekiilen n8tig war als in dem anderen, und auf 
diese Weise sich die Differenz in der komplett lOsenden Toxindose er- 
klaren lasse. 

Vergleichen wir die bei der Auswertung unseres Toxin gefundenen 
Werte mit jenen, die Neisser und ich seiner Zeit in unserer Arbeit 
fiber das Staphylotoxin publiziert haben, so ergibt sich bereits eine 
Differenz in den relativen Werten der einzelnen komplett lOsenden 
Dosen. So verhielt sich die einfach komplett lfisende Dose ffir Ka- 
ninchenblutkorpercben, zu der ffir Hammelblutkorperchen in unserera 
Falle wie 1:10, wahrend in den von Neisser und mir publizierten 
Versuchen das Verhfiltnis groBer war, als 20:1, also eine ganz enorme 
Differenz. Ich kann jedoch diese Differenz zu keinem strikten Beweise 
verwenden, da die Blutkfirperchen, ffir welche diese Toxine geprfift 
wurden, von ganz verschiedenen Tieren stammten, und sich, wie wir 


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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens. 


853 


jetzt durch vielfaitige Erfahrung wissen, ganz bedeutende Differenzen im 
Rezeptorenapparate zwischen den Tieren derselben Species finden. Es 
wurden ferner durch unser Toxin Meerschweinchenblutkorperchen gar 
nicht gelost, wahrend Neisser und ich eine wenn auch nicht Starke, 
so doch recht deutliche Losung konstatiert hatten. 

Weit wertvoller ftir die Beurteilung der Frage nach der Vielheit 
der Toxine scheint mir jedoch eine Beobachtung, die ich bei der Be- 
stimmung der Wertigkeit unseres Toxins ftir Hammelblutkdrperchen 
gemacht hatte. Die Prtifungstechnik war die usuelle. Es wurde 1 ccm 
der 5-proz. Blutaufschwemmung mit wechselnden Mengen des Toxins 
versetzt, durch 2 Stunden im Thermostaten bei 37° belassen und dann 
bis zum nachsten Tage im Eisschranke aufbewahrt. Bei dieser Ver- 
suchsanordnung lafit sich bei Kanin chenblutkorperchen der Grenzwert 
der kompletten Ldsung nach 2 Stunden Aufenthalt im Thermostaten schon 
annabernd bestimmen, wahrend die geringeren Grade der Ldsung erst 
am nachsten Tage manifest werden. 

Anders verhalt es sich jedoch bei der Ldsung der Hammelblut- 
korperchen. Hier konnte ich nach 2 Stunden Thermostat in jenem 
Reagenzrohrchen, das 1,0 ccm Toxin enthielt, eine vollstandige Auflosung 
der Blutkdrperchen konstatieren, wahrend in den flbrigen Rdhrchen die 
Sedimentierung der Blutkorperchen bereits begonnen hatte, die darflber 
stehende Fltissigkeit jedoch vollstandig farblos war, also keine Spur von 
Ldsung zeigte. Als ich am nachsten Tage die Rdhrchen dem Eis¬ 
schranke entnahm, fand sich bis zur Dose von 0,0025 ccm hinab der 
obere Teil der Fltissigkeit in den Rdhrchen vollkommen farblos, wahrend 
die untere Halfte dunkelrot gefarbt war, die Ldsung also scheinbar etwa 
dem Losungswerte „Kuppe u entsprochen hatte. Als jedoch die Rdhrchen 
aufgeschiittelt wurden, bemerkte ich, daB nur in Rdhrchen mit 0,005 ccm 
Toxin geringe und erst bei 0,0025 ccm deutliche Reste ungeldster Blut- 
kdrperchen vorhanden waren, dafi also bis zum Werte von 0,01 ccm 
eine komplette Losunj? erfolgt war. 

Dieser Befund ist meines Erachtens nur so zu deuten, dafi die 
Hammelblutkdrperchen das Gift rasch, noch vor ihrer Sedimentierung 
gebunden hatten, die Ldsung jedoch erst spat nach erfolgter Sedimen¬ 
tierung der Blutkorperchen erfolgte, oder anders ausgedrflckt, dafi bei 
den Hammelblutkdrperchen ein Gift in Wirksamkeit trete, das sich rasch 
bindet, jedoch eine lange Inkubationszeit hat, d. h. eine lange Latenz- 
periode vom Zeitpunkte der Vergiftung (Bindung) bis zum Auftreten 
der Vergiftungssymptome, wahrend bei den Kaninchenblutkdrperchen 
das Gift rasch angreift und auch relativ rasch ldst. Dem eventuellen 
Einwand, dieser Vorgang sei nicht so sehr in der Eigenart des Toxins 
begrtindet, sondern in der Eigenart der Hammelblutkdrperchen, wider- 
spricht die Erfahrung, dafi Hammelblutkdrperchen, durch andere hamo- 
lytische Agentien beeinflufit (hamolytisches Immunserum), ebenso schnell 
ihr Hamoglobin abgeben wie andere Blutkdrperchen. 

Diese Befunde scheinen mir schon ftir eine Verschiedenheit der 
Gifte zu sprechen; doch mdchte ich auf ihnen keine Schlfisse aufbauen, 
sondern erwahne sie nur als unterstiitzende accidentelle Befunde, da 
der Weg unserer Beweisftihrung ein anderer war. 

Nach Auswertung des Toxins gait es nun, die Wertigkeit unserer 
antitoxischen Sera bei Einstellung auf die verschiedenen Blutkdrperchen 
zu prtifen. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


Zun&chst mOchte ich einer Abweichung von der usuellen Bestimmung 
Erw&hnung tun, zu der ich durch die Verh&ltnisse gendtigt war. Im 
allgemeinen verwendet man als Testdose ein Multiplum der komplett 
ldsenden (einfach todlichen) Dose. Da ich jedoch mit meinem Staphylo¬ 
toxin bei Ziegenblutkorperchen auch durch 1,0 ccm Toxin noch keine 
vollst&ndige Lyse erzielen konnte, ich jedoch von einem gleichm&Bigen 
Ldsungswerte ausgehen wollte, w£hlte ich einen anderen, ziemlich wohl- 
charakterisierten Ldsungswert, das ist die LOsung „Kuppe“, welche ich 
als einfache Testdose (TD) bezeichne. Die Prflfnng erfolgte nun in der 
Weise, dafi ein Multiplum der einfachen TD mit abfallenden Mengen 
antitoxischen Serums gemischt, dieses Toxinantitoxingemisch 1 Stunde 
im Briitschranke blieb behufs moglichst vollst&ndiger Bindung von Toxin 
und Antitoxin, dann Blutaufschwemmung zugefflgt und schliefilich in 
der gewdhnlichen Weise beobachtet wurde. 

Die Aufklarung fur die Tatsache, dafi nicht stets das gleiche 
Multiplum der einfachen TD verwendet wurde, ist dadurch gegeben, 
dafi ich mich zunachst durch Vorversuche von den Ldsungsverh&Itnissen 
der einzelnen Blutkdrperchen tiberzeugt hatte, jedoch stets gelegentlich 
der Auswertung der antitoxischen Sera eine neuerliche Auswertung des 
Toxins fflr das betreffende Blut vornahm, das zu dem Versuche ver¬ 
wendet wurde, da mir aus meinen frflheren Versuchen mit Neisser 
bekannt war, dafi geringe individuelle Schwankungen in der Ldslichkeit 
zwischen den einzelnen Tieren derselben Species bestehen. So kam es, 
dafi ich mit der 4-fachen TD arbeiten wollte, diese Menge Toxin aber 
fiir das zum Versuche benutzte Blut nur die doppelte oder in einem 
anderen Falle wieder die 8-fache TD darstellte. Dies nur zur Auf- 
kl&rung. Fur das Wesen der Versuche und Versuchsresultate ist je¬ 
doch diese Tatsache vollkommen belanglos, da es nur auf relative Werte 
ankam. 


In den folgenden 4 Tabellen erscheinen die Versuchsresultate wieder- 
gegeben. 


Tabelle II. 


Blut- 

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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxiscken Sens. 855 


Tabelle III. 


Blut- 

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Tabelle IV. 


Blut- 

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Kaninchen- 

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Tabelle V. 


Blut- 

menge 

Toxin- 

menge 

Antitoxin- 

menge 

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2 

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Kaninchen- 

serum 

Hundeserum 

Ziegenserum 

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856 


Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


Wir ersehen aus diesen Versuchen zun&chst, daB die einzelnen Sera 
untereinander im Werte verschieden sind, ein Faktum, welches uns nur 
ein Ausdruck fur die verschieden starke Reaktion der betreffenden 
Tiere auf das eingefflhrte Toxin beziiglich der Bildung des Anti¬ 
toxins ist. 

Auffallend werden jedoch die Befunde, wenn wir die Versuchs- 
resultate in den einzelnen Tabellen untereinander vergleichen. 

Betrachten wir z. B. die Eolonne 3 in alien Tabellen, so ersehen 
wir daraus folgendes: 

Benutzen wir als Index fflr die Wertbestimmung unseres Ziegen- 
immunserums Kaninchenblutkdrperchen, so werden 0,02 ccm des Toxins 
durch V, 66 = 0,00390625 ccm des antitoxischen Serums vollst&ndig 
neutralisiert, so daB keine Spur von Lflsung auftritt. Es wfirde also, 
auf die Einheit ausgerechnet, 1,0 ccm Staphylotoxin durch 0,2 ccm 
Ziegenserum vollst&ndig neutralisiert werden. 

Verwenden wir jedoch als Testobjekt Hammelblutkdrperchen, so 
wflrde nach analoger Rechnung 1 ccm Staphylotoxin durch 0,1 ccm 
Ziegenserum, bei Verwendung von Ziegenblutkflrperchen 1 ccm Staphylo¬ 
toxin durch 0,0025 ccm und bei Hundeblutkflrperchen 0,06 ccm Ziegen¬ 
serum vollst&ndig neutralisiert wird. 

Diese auf den ersten Blick etwas eigenartigen Verh&ltnisse gestatten 
nach meiner Ansicht nur eine zweifache Deutung. Entweder ist diese 
Verschiedenheit in der Antitoxinmenge, die zur Neutralisation der 
gleichen Toxinmenge notig ist, nur der Ausdruck der verschiedenen 
Aviditat des Toxins zu dem zweiten variierten Faktor, den Blutkorper- 
chen, oder es gibt fflr die verschiedenen Blutkorperchen in dem Sta¬ 
phylotoxin untereinander verschiedene hamolytische Gifte und das im- 
munisierte Tier erzeugt gegen die einzelnen Partialtoxine auch quanti- 
tativ verschiedene Partialantitoxine. 

Wollen wir zun&chst die erste Deutung auf ihre Stichhaltigkeit 
prttfen, so mflBten wir annehmen, daB unter den gew&hlten Beispielen 
die Ziegenblutkorperchen die geringste - Aviditat zurn Toxin haben, weil 
wir in diesem Falle durch die kleinste Dose Antitoxin eine bestimmte 
Menge Toxin neutralisieren konnen, w&hrend die Kaninchenblutkdrper¬ 
chen die avidesten waren. Man mflBte sich vorstellen, daB die bereits 
fertige Verbindung Toxinantitoxin durch die stftrkere Avidit&t der bin- 
denden Gruppe am Kaninchenblutkdrperchen gesprengt wird, und daB 
erst durch sehr grofie Dosen Antitoxin (nach dem Prinzip der chemi- 
schen Massenwirkung) diese Sprengung vereitelt wird. Die Unhaltbar- 
keit dieser Erkl&rung wird jedoch sogleich klar, wenn wir uns in ganz. 
analoger Weise, wie fflr das Ziegenserum, die Werte fflr die anderen 
geprttften Sera berechnen. — W&re die verschiedene Aviditat der Blut- 
korperchen der ausschlaggebende Faktor, dann mflfiten wir auch bei den 
anderen Seris bei Einstellung auf verschiedene Blutkdrperchen ver¬ 
schiedene Antitoxin werte erreichen, stets aber mflBte die Serummenge 
bei der avidesten Blutkdrperchenart am grflBten, bei der wenigst aviden am 
geringsten sein. 

Fflhren wir dieses Rechenexempel aus, so finden wir, dafi neutrali¬ 
siert wird: 

1 ccm Toxin durch 0,78 ccm Kaninchenser. bei Einstellg. auf Kaninchenblutkdrperchen 

| » n „ 1,56 „ „ „ „ „ Hammelblutkdrperchen 

| » >i » 1,25 „ „ „ ,, „ Ziegenblutkorperchen 

1 >• » n 0,25 „ „ „ „ „ Hundeblutkdrperchen 


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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Seris. 


857 


DaB feruer neutralisiert wird: 

1 ccm Toxin (lurch 0,2 ccm Hundeserum bei Einstellung auf Kaninchenblutkorperchen 

1 „ „ „ 0,2 » ^ „ „ Hammelblutkorperchen 

1 „ „ „ 0<)^ „ » „ » „ Ziegenblutkorperchen 

1 „ „ „ 02 5 ” „ Hundeblutkorperchen 

Femer: 

1 ccm Toxin durch 0,2 ccm Pferdeserum bei Einstellung auf Kaninchenblutkorperchen 
1 „ „ „ 0,025 „ „ „ „ „ Hammelblutkorperchen 

1 ..0,04 „ „ „ „ „ Ziegenblutkorperchen 

1 „ „ „ 1,0 „ „ „ „ „ Hundeblutkorperchen 

Es wflrden demnach bei der Prflfung des Kaninchenserums die 
Hundeblutkorperchen die wenigst aviden sein, bei der Prflfung des 
Pferdeserums die avidesten, wShrend sich beim Pferdeserum die Hammel¬ 
blutkorperchen als die am wenigsten aviden, bei Prflfung des Kaninchen¬ 
serums als die avidesten erweisen wflrden, und nach der Prflfung von 
Hunde- und Ziegenserum die Ziegenblutkorperchen die am wenigsten 
aviden wfiren. 

Es ergibt sich also die Unhaltbarkeit der ersten Annahme, und es 
bleibt unseres Erachtens nur eine LOsung dieser Frage: DaB die 
LOsung der verschiedenen BlutkOrperchen durch das 
Staphylotoxin nicht auf ein einheitliches Gift zurfick- 
zuftthren ist, sondern daB fflr die verschiedenen Blut- 
kOrperchenverschiedene lytischeToxine vorhanden sind. 

Wir glauben also auf Grund unserer Versuche berechtigt zu sein, 
den Satz aufzustellen, daB das Staphylotoxin — und so weit eine Ver- 
allgemeinerung flberhaupt zulissig ist — wahrscheinlich auch 
eine Reihe anderer Toxine zusammengesetzt sind aus 
einer groBen Anzahl von Partialtoxinen, und daB bei der 
Immunisierung mit einem solchen toxischen Gemisch den Partial¬ 
toxinen entsprechend in verschiedenen quantitati ven 
Verhfiltnissen Partialantitoxine produziert werden. 

Eine weitere Frage ist es, ob iflr jede Tierart nur ein Partialtoxin 
oder deren mehrere in Frage kommen. — Ich glaube mich, zum Teil 
nach Analogie mit anderen flhnlichen Erscheinungen, hauptsfichlich aber 
durch einen Versuch von Kraus, der meiner Ansicht nach nur unter 
dieser Annahme seine einfache Deutung findet, fflr die zweite MOglich- 
keit aussprechen zu mttssen. Kraus fand gelegentlich seiner Versuche 
fiber das akut tOtende Gift eines Vibrio, flber die er demn&chst be- 
richten wird, eine fflr Kaninchen einfach tOdliche Dose, die durch eine 
bestimmte Menge eines antitoxischen Immunserums vollstandig neutra¬ 
lisiert wurde. Die doppelte tOdliche Dose wurde durch die doppelte 
Menge Antitoxin, die dreifache Toxinmenge durch die dreifache Anti- 
toxinmenge neutralisiert u. s. w. nach dem Gesetze der Multipla. 
Kraus fand aber des weiteren, daB auch normales Ziegenserum anti- 
toxische Eigenschaften besitzt, und daB die einfach tOdliche Dose durch 
eine bestimmte Menge des normalen Serums sicher neutralisiert werden 
konnte. — Sobald er aber auch hier das Gesetz der Multipla zur An- 
wendung bringen wollte, sah er, daB schon gegen die doppelte tOdliche 
Dose auch ein Vielfaches der nach der Rechnung nOtigen Serummenge 
vollstandig unwirksam blieb. 

Diesen Versuch bin ich nun geneigt so zu erklfiren, daB ich an- 
nehme, daB das akut tOdliche Vibriogift kein einheitliches ist, sondern, 
sagen wir der Einfachheit wegen, ein aus zwei untereinander verschie- 


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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


denen Partialtoxinen zusammengesetztes, in der einfach todlichen Dose 
des Giftes, also eine gewisse Menge des Giftes a (T a) und eine gewisse 
Menge des Giftes ft (T/?) enthS.lt. Weder die Menge To noch die Menge 
Tft reprasentieren fQr sich eine vollstSndige todliche Dose, erst To T£ 
vermogen das Tier zu tbten. — Das normale Ziegenserum enthSlt jedoch 
nur ein Antitoxin gegen a. ka sei die zur Neutralisierung von To 
notige Menge Antitoxin. Mischen wir nun To +1ft, die einfach todliche 
Dose mit jener Serummenge, welche ka enthalt, so wird To durch ka 
neutralisiert und es bleibt Tft, nicht neutralisiert, iibrig. Da diese Menge 
des Giftes ft jedoch nicht geniigt, das Tier zu t5ten, so kdnnen wir 
gegen die einfach todliche Dose des Vibriogiftes das Tier mit normalem 
Ziegenserum schiltzen. Nehmen wir aber die doppelt todliche Dose, so 
enthSlt dieselbe 2 Ta + 2 T ft, und versuchen wir, durch die doppelte 
Serummenge, die 2 ka enthSlt, zu neutralisieren, so bleiben jetzt 2 Tft 
iibrig, und diese Menge des Giftes ft geniigt, das Tier zu t5ten. Der 
Effekt wird aber derselbe bleiben, ob ich jetzt die doppelte, 3-, 4-, 5- 
u. s. w.-fache Dose des antitoxischen Serums nehme, stets bleibt das 
Gift ft ungesSttigt und wir haben durch die groBeren Serumdosen h5ch- 
stens freie ka neben den nicht neutralisierten 2 Tft. 

Unter der Annahme, daB fur das Versuchstier im Falle Kraus 
zwei Partialtoxine in Frage kSmen, ist das Resultat des Versuches 
einfach zu deuten. — Das Immunserum gegen das Vibriogift enthSlt ein 
Antitoxin gegen das Gift a und gegen das Gift ft, und deshalb gelingt 
die Neutralisierung nach dem Gesetze der Multipla. 

Weiteren Versuchen muB die Entscheidung der Frage vorbehalten 
bleiben, ob zwischen den einzelnen Tieren eine partielle Iden- 
titSt der Partialtoxine und -antitoxine besteht oder nicht, ob 
also die Wirkung im einzelnen Falle im Sinne Landsteiners durch 
eine bestimmte Kombination der einzelnen Elemente zu stande kommt, 
oder ob fur jedes Tier (Blutkorperchenart) spezifische Partialtoxine be- 
stehen. Ich mochte die Annahme einer partiellen GruppenidentitSt nicht 
fiir ausgeschlossen erachten. 

Soviel aber mochte ich durch meine Versuche fiir erwiesen halten, 
daB eine Mehrheit von Toxin und Antitoxin besteht, und 
dafi dieser Tatsache eine gewisse Bedeutung in theoretischer und prak- 
tischer Beziehung nicht abzusprechen ist. 

So wird es weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, zu ent- 
scheiden, inwieweit das, was wir bisher als verschiedene Empfind- 
lichkeit der Tiere bezeichnet haben, als Verschiedenheit in der 
Menge der einzelnen Partialtoxine und damit der Wirkung 
eines Toxins fiir eine bestimmte Tierart aufzufassen ist. 

Bei der weitgehenden Analogie in den prinzipiellen Punkten zwischen 
dem Rezeptorenapparate der Bakterien und den tierischen Zellen werden 
wir erwarten konnen, daB auch in dem Rezeptorenapparate der Bak¬ 
terien individuelleSchwankungen moglich sein werden, d. h. daB 
wir im speziellen Falle der Toxine neben gewissen konstanten Partial¬ 
toxinen individuellen Schwankungen in anderen begegnen werden, wie 
wir ja schon in dem von uns untersuchten Staphylotoxin kein Lysin fiir 
Meerschweinchenblutkorperchen fanden, wShrend Neisser und Verf. 
seinerzeit deutlich ein solches nachweisen konnten. — Durch derartige 
individuelle Schwankungen wird das wechselnde Krankheitsbild ver- 
stSndlicb, das ein und derselbe Mikroorganismus beim Menschen hervor- 
rufen kann, wie andererseits auch gewisse Epidemieen ein und derselben 


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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens. 


859 


Krankheit oft durch ganz bestimmte Symptome charakterisiert sind. So 
fiihrt ja, um nur ein recht bekanntes Beispiel herauszugreifen, die In- 
fektion mit Typhusbacillen in dem einen Falle zu starkeren Stdrungen 
von Seite des Sensoriums, in anderen wieder pravalieren die Symptome 
der Affektion des Darmtraktes, eine Differenz, die den Kliniker fruher 
zu einer doppelten Bezeichnung des Krankheitsbildes fiihrte. 

Dreyer und Madsen zeigten bekanntlich, daB Antitoxin- und 
Toxingemische, die ftir Meerschweinchen nur noch Toxonwirkung zeigten, 
deren Toxin also scheinbar vollkommen abgesattigt war, auf Kaninchen 
noch als Toxine wirkten. Dieser Versuch, der von den Gegnern der 
Ehrlichschen Lehre vielfach als gegen die Richtigkeit der Theorie 
sprechend angesehen wurde, findet meines Erachtens eine einfache 
LSsung in der Annahrae zweier verschiedener Toxine fiir Kaninchen und 
Meerschweinchen und ein fiir Meerschweinchen neutrales Toxin-Anti- 
toxingemisch ist eben nur ein fur Meerschweinchen neutrales, wahrend 
damit noch nicht gesagt ist, daB auch das fiir Kaninchen pathogene 
Partialtoxin gesattigt ist, genau wie unser fiir ZiegenblutkSrperchen neu¬ 
trales Toxin-Antitoxingemisch seiner lQsenden Eigenschaften fiir Kaninchen- 
blutkorperchen noch nicht beraubt ist. 

In Parenthese sei nur bemerkt, daB auch die Metschnikoffschen 
Versuche mit Skorpiongift und dessen Neutralisierung durch Krebsblut 
an Krebsen und Mausen in analoger Weise eine befriedigende LQsung 
linden, welche Deutung schon Aschoff in seinem ausgezeichneten 
Sammelreferate iiber Ehrlichs Seitenkettentheorie gegeben hatte. 

Von Interesse scheint mir der Nachweis von der Vielheit der Toxine 
auch fiir die Frage der partiellen Giftabs&ttigung nach Ehrlich, die 
durch die Untersuchungen von Arrhenius und Madsen und Gruber 
und v. Pirquet neuerdings in FluB gebracht worden ist. Ohne auf 
die so iiberaus interessanten Versuche der genannten Autoren hier naher 
eingehen zu wollen, die auf Grund der Analogie der Absattigungskurven 
die Einteilung in Proto-, Deutero- und Tritotoxine verwerfen und ein 
einheitliches Toxin annehmen, scheint es mir unter dieser Annahme bis- 
her nicht recht verstandlich, warum wir denn, von einem bestimmten 
Abs&ttigungsgrade angefangen, sowohl beim Tetanolysin (Madsen) als 
auch beim Staphylolysin (Neisser und Wechsberg) nur spurweise 
Losung erhalten und selbst vielfache Multipla stets nur den gleichen 
Ldsungsaffekt aufzubringen vermogen. — Wiirde es sich um ein ein¬ 
heitliches Toxin handeln, so sollte man erwarten, daB groBe Multipla 
auch eines kleinen Giftrestes doch endlich komplette Losung herbei- 
fiihren konnen. — Ich will jedoch auf diese Frage ebensowenig wie auf 
die derselben Streitfrage gewidmete jiingste Publikation Bordets ein¬ 
gehen, sondern nur die Moglichkeit andeuten, daB durch den Nachweis 
der Partialtoxine und Partialantitoxine auch die Frage der partiellen 
Giftabsattigung eventuell anders zu deuten ware, als durch das Nach- 
einanderabsattigen von Proto-, Deutero- etc.-Toxin-Toxoid etc. 

Nehmen wir exempli causa an, daB zur Losung einer bestimmten 
Blutkorperchenart zwei verschiedene Partialtoxine in Frage kommen, 
a und b, welche, wie wir der Einfachheit wegen annehmen wollen, 
zu gleichen Teilen in dem Kulturfiltrate vorhanden w&ren. Zur Losung 
einer bestimmten Menge Blutes ware nun eine bestimmte Menge Kultur- 
filtrat notig, die 100a-und lOOb-Molekiile enthalten wiirde. Immunisieren 
wir nun ein Tier gegen dieses Filtrat, so werden, wie wir aus unseren Ver- 
suchen ersehen haben, die einzelnen Partialantitoxine nicht quantitativ 


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860 


Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


gleich gebildet. Nehmen wir beispielsweise an, es wttrden in unserem Fall 
lOmal soviel Anti-a (Aa) gebildet als Anti-b (Ab), so wttrden in einer be- 
stimmten Menge Serum 10 Aa und 1 Ab enthalten sein. Wollen wir nun die 
frflher bezeichnete Filtratmenge 100a 4- 100b abs&ttigen, so brauchen wir 
dazu eine Serummenge die 1000 Aa +• 100 Ab enth&It. Durch kleinere 
Serummengen wttrde wohl das Partialtoxin a neutralisiert werden, aber 
es wttrden noch freie b-Molekttle vorhanden sein, wir wttrden daher 
nicht zur vollstttndigen Neutralisation kommen. 100a + 100b werden 
also durch 1000 Aa + 100 Ab komplett neutralisiert. S&ttigen wir 
jetzt unsere Toxinmenge partiell ab und fttgen wir zunSchst nur 1 j lu 
der zur vollstttndigen Neutralisation ntttigen Serummenge hinzu, so 
werden in diesem Zehntel 100 A a + 10 Ab enthalten sein. Diese 
Menge wttrde aber genttgend sein, das a-Toxin vollst&ndig und noch 
10 b-Toxineinheiten abzusttttigen, so dad durch Hinzufttgen des ersten 
Zehntels der zur vollst&ndigen Neutralisierung ntttigen Serummenge von 
200 Toxineinheiten bereits 110 verschwinden, anstatt, wie man ursprttng- 
lich erwarten sollte, 20. Wir konnten also von der Annahme eines 
Proto-, Deutero-, Tritotoxins absehen, und die eigenartigen steilen 
Kurven, welche man fftr die Werte der partiellen Abs&ttigung erhalt, 
wttrden sich einfach als die Resultierende darstellen aus der gleich- 
zeitigen Absattigung zweier Oder mehr Partialtoxine, 
gegen welche in dem betreffenden Immunserum Partialantitoxine in ver- 
schiedenen quantitativen Verh&ltnissen vorhanden sind. Ob daneben 
ffir jedes dieser Partialtoxine in seiner Bindung mit dem Antitoxin jene 
Gleichgewichtszust&nde in Frage kommen, bleibe dahingestellt. Jeden- 
falls ware durch unsere Auffassung neben den eigentttmlichen quanti¬ 
tativen Verhaltnissen auch die qualitativ verschiedene Wirkung des Gift- 
restes erklttrt. — Weitere Untersuchungen mttftten nun dahin gehen, wie 
sich die Absattigungskurve verhalt, je nachdem die partielle Abs&ttigung 
mit dem Immunserum dieses oder jenes Tieres vorgenommen wird. 
Ausdrttcklich sei aber hervorgehoben, daft unseres Ermessens die von 
uns vorgeschlagene Auffassung ebensowenig das Wesen 
der Ehrlichschen Theorie trifft, wie die der oben ge- 
nannten Forscher; dieselbe erscheint in dem Nachweise des Toxo- 
ides begrttndet, nicht aber in dem des Proto-, Deutero- und Trito¬ 
toxins. 

Auch praktisch kttme meines Eracbtens dem Nachweise der Partial¬ 
toxine und ihrer Antitoxine eine Bedeutung zu, und zwar zunachst fttr 
die Wertbestimmung unserer antitoxischen Sera, ferner fttr die Er- 
zeugung moglichst gttnstig wirkender antitoxischer Heilsera. 

Auf Grund ttufterst mtthsamer Untersuchungen ist es Ehrlich ge- 
lungen, eine brauchbare und fttr Deutschland obligatorisch eingeftthrte 
Aichungsmethode des Diphtherieserums festzustellen. Die Bedeutung 
der Wertbestimmung eines Serums liegt ja auf der Hand, da wir nur 
durch eine solche im stande sind, eine wirkliche Dosierung des Serums 
bei Anwendung zu Heilzwecken vorzunehmen. 

Es entsteht aber die Frage: Ist der im Tierversuch ge- 
fundene Wert eines Serums tats&chlich ein Maftstab fttr 
seine Wertigkeit 1 ) bei der therapeutischen Anwendung 


1) Unter Wertigkeit eines Serums ist hier, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, 
nur jener MaBstab fiir seine Wirksamkeit gemeint, der sich in seinem Gehalt an Im- 
munitiitseinheiten ausdriickt. 


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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens. 


861 


am Menschen? Und diese Frage kdnnen wir auf Grund unserer 
Versuche nicht ohne weiteres bejahen. 

Das Wesen einer jeden Wertbestiramung liegt in der vergleichs- 
weisen Einstellung eines Standardserums und des auf seinen Wert zu 
prtifenden antitoxischen Serums gegen ein gewisses Gift. Nehmen wir 
ftir unseren mitgeteilten Versuch das Kaninchenserum als Testserum an, 
so wGren, wie sich leicht aus der Tabelle II berechnen l&Bt, bei Ein¬ 
stellung auf Kaninchenblutkbrperchen samtliche anderen auf ihre Wertig- 
keit zu prufenden Sera (Ziegenserum, Hundeserum und Pferdeserum) 
4mal starker, als das Kaninchenserum. Bezeichnen wir die in 1 cCm 
nnseres Kaninchenserums enthaltenen Antitoxinmenge mit 1 I.-E. (Im- 
munitatseinheit), so wurden die flbrigen Sera je 4 I.-E. im Kubikcenti- 
meter enthalten. Es waren also alle geprGften Sera ftir eine therapeu- 
tische Anwendung gleichwertig. 

Hatten wir jedoch die PrGfung nicht auf Kaninchen, sondern bei- 
spielsweise auf Ziegenblutkorperchen (Tab. IV) vorgenommen, so wiirde sich 
durch analoge Rechnung ergeben, daB, wenn wir wieder die im Kubikcenti- 
meter Kaninchenserum vorhandene Antitoxinmenge als Einheit annehmen, 
das Hundeserum 64, das Ziegenserum 512 und das Pferdeserum 32 I.-E. 
enthalten wiirde. Wahrend wir also bei der ersten Wertbestimmung 
diese drei Sera als gleichwertig betrachten mufiten, und sie selbst wieder 
alle 4mal so stark wirksam als das Testserum, ware nach dem Ausfall 
der zweiten Bestimmung das Ziegenserum 8mal starker als das Hunde¬ 
serum und 16mal starker als das Pferdeserum. Wieder andere Daten 
ergeben sich durch Rechnung aus den Tabellen III und V. 

Uebertragen wir nun diese Versuchsergebnisse auf die Praxis, so 
sind wir zu dem Schlusse gezwungen, dafi der im Tierversuch ge- 
fundene Wert ftir ein Serum nicht ohne weiteres be- 
stimmend sein kann fQr seinen Wert in der menschlichen 
T h e r a p i e. 

Da natiirlich eine Auswertung eines Serums am Menschen nicht 
durchfOhrbar ist, so kSnnen wir erst dann die im Laboratorium be- 
stimmten Werte eines antitoxischen Serums als bindend fiir ihre An¬ 
wendung am Menschen erachten, wenn die gleichzeitige kli- 
nische Beobachtung ergibt, daB die im Tierversuch ge- 
wonnenen Werte parallel laufen mit dem Heileffekte 
beim Kranken, daB wirklich ein im Laboratorium hoher bewertetes 
Serum sich auch in der klinischen Therapie als wirksamer erweist. Ftir das 
Diphtherieserum ist durch vieltausendfache Beobachtung der Beweis er- 
bracht, daB eine solche Kongruenz besteht, und deshalb diirfen wir wohl 
auch weiterhin die Prtifungsresultate am Meerschweinchen als MaBstab 
ftir die Wertigkeit des Diphtherieheilserums in der menschlichen Therapie 
ansehen. Da wir aber beim weiteren Ausbau der Lehre wohl die Hoff- 
nung hegen diirfen, auch andere brauchbare antitoxische Heilsera er- 
zeugen zu konnen, so mtissen wir auf Grund unserer obenstehenden 
Deduktionen die Forderung erheben, daB ftir jedes neue Heil- 
serum erst wieder der Beweis zu erbringen ist, daB der 
Tierversuch uns wirklich den richtigen MaBstab fur die 
Wertigkeit des Serums beim Menschen gibt, und immer 
wieder werden viele parallel laufende Beobachtungen im Laboratorium 
und am Krankenbette notig sein, die Richtigkeit der im speziellen Falle 
gewGhlten Priifungstechnik zu beweisen. Es ist ja selbstverst&ndlich 
und bereits des ofteren betont worden, daB ftir den Heileffekt noch eine 


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862 


Central!)], f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


Reihe anderer Faktoren in Frage kommen, so in erster Linie die Avi- 
ditatsverhaltnisse zwischen Toxin und Antitoxin einerseits und KOrper- 
zelle und Toxin andererseits. 

Ebensowenig bedarf es wohl kaum einer besonderen ErwShnung, 
daB ftir die hier besprochenen Verhaltnisse eine Verallgemeinerung far 
alle Toxine stets nur mit einer gewissen Reserve auszusprechen ist, wie 
wir ja gerade in der Immunitatslehre es gelernt haben, jeden einzelnen 
Fall streng zu individualisieren. Eine einseitige Betonung der von uns 
vorgelegten Tatsachen ware ebenso ein Fehler, wie unseres Erachtens 
die vollstandige AuBerachtlassung derselben. 

Die Differenz zwischen den einzelnen Partialtoxinen, soweit solche 
uberhaupt nachweisbar sind, kann sich entweder auf eine Verschieden- 
heit in der haptophoren und toxophoren Gruppe erstrecken, 
oder nur bezfiglich der toxophoren zum Ausdruck kommen. 
Zu den letzteren scheint, soweit unsere bisherigen Untersuchungen 
reichen, das Diphtherietoxin zu gehoren, indem Ehrlich bei dem Proto-, 
Deutero- und Tritotoxin eine Identitat der haptophoren Gruppe an- 
nimmt. In diesem Falle wird ein Antitoxin gegen alle Partialtoxine 
wirksam sein. Bezieht sich aber, wie es nach unseren Untersuchungen 
beim Staphylotoxin der Fall|zu sein scheint, die Differenz sowohl auf 
die haptophore als auch auf die toxophore Gruppe, dann werden sich 
auch samtliche von uns klargelegten Konsequenzen geltend machen. 

Die Bildung der Partialantitoxine wird aber auch in diesem Falle 
abhangig sein von dem Rezeptorenapparate des betreffenden immuni- 
sierten Tieres, so daB wir auch bei Immunisierung zweier verschiedener 
Tiere gegen die gleichen Partialtoxine Partialantitoxine werden erhalten 
konnen, falls in dem gewahlten Falle die beiden Tiere gerade in den 
in Betracht kommenden Rezeptoren eine Identitat aufweisen. Zwei 
solche Sera werden sich dann beztiglich ihres Heilwertes auch fflr ver- 
schiedene Tiere stets entsprechend ihrein Gehalt an I.-E. verhalten, von 
den anderen, friiher erwahnten Faktoren, wie Aviditat etc. natflrlich ab- 
gesehen. Es spricht also ein solcher Fall noch nicht unbedingt gegen 
die von uns vertretene Anschauung von Partialtoxinen, die sowohl in 
der haptophoren als auch toxophoren Gruppe verschieden sind. 

Endlich glaube ich, daB sich aus dem Nachweise der Partialtoxine 
und Antitoxine einige Fingerzeige fOr die Darstellung antitoxischer Sera 
ergeben. Wir haben oben darauf hingewiesen, daB die Kulturfiltrate der 
Bakterien in Bezug auf einzelne Partialtoxine gewissen Schwankungen 
unterliegen diirften, daB gewisse Partialtoxine in dem einen Kulturfiltrat 
vorhanden sind, in dem anderen aber fehlen. Unser Bestreben wird 
darauf gerichtet sein miissen, antitoxische Sera darzustellen, 
die soweit als mdglich, gegen alle Partialtoxine, die ein Bakterium 
produziert, Antitoxine enthalten, da wir es ja vorlBufig noch nicht 
entscheiden konnen, welche Partialtoxine gerade fflr die krankmachende 
Wirkung am Menschen verantwortlich zu machen sind. 

Urn dies zu erreichen, werden wir zunBchst die Immunisierung 
nicht mit dem Kulturfiltrat nur eines Stammes vornehmen dOrfen, denn 
es ware so mdglich, daB dieses Kulturfiltrat gerade ein Partialtoxin nicht 
enthalt, das zwar kein konstantes Sekretionsprodukt des betreffenden 
Bakteriums, aber dennoch, wenn es vorhanden, im stande ist, den Krank- 
heitsprozeB wesentlich zu beeinflussen. Wir wiirden dann aber bei 
Immunisierung mit diesem Filtrat auch das entsprechende Partialanti- 


V 


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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens. 


863 


toxin nicht hervorrufen, und so mit einem derartigen antitoxischen Serum 
in einzelnen Krankheitsf&llen keine oder ungeniigende Resultate erzielen. 
Wir werden also mit den Kulturfiltraten verschiedenerStamme 
immunisieren mtlssen. Inwieweit die Erfiillung dieser Forderung not- 
wendig ist, wird im wesOntlichen davon abhangen, wie sich die Toxin- 
produktion im speziellen Falle verhalten wird. GewiB gibt es Bakterien 
— und zu diesen scheint der Diphtheriebacillus zu gehoren — die ziem- 
lich konstant in der Giftproduktion sind, und bei denen sich nach den 
bisherigen Untersuchungen der Unterschied der einzelnen Gifte auf die 
toxophore Gruppe besehrfinkt, wahrend andere wieder bedeutende Schwan- 
kungen aufweisen werden. Bei ersteren wird natiirlich ein durch Im- 
munisierung mit einem bestimmten Toxin erzeugtes Antitoxin sich ziem- 
lich allgemein als wirksam erweisen, trotzdem auch fflr diese Bakterien 
in einzelnen Fallen die Mfiglichkeit der Produktion eines seltenen auch 
in seiner haptophoren Gruppe verschiedenen Partialtoxins nicht von der 
Hand zu weisen ist Fiir jene Bakterien hingegen, die weniger konstant 
in der Produktion ihrer Toxine sind, und deren Partialtoxine sich auch 
in der haptophoren Gruppe unterscheiden, wird sich die Notwendigkeit 
einer Immunisierung mit einer groBeren Anzahl von Kulturfiltraten ver- 
schiedener Provenienz als notwendig erweisen. Aber selbst damit wird 
noch immer nicht die Garantie gegeben sein, auch wirklich gegen alle 
diese Partialtoxine hochwertige Partialantitoxine zu erzielen. Wir haben 
in unseren Versuchen gesehen, daft die Tiere sehr verschieden in Bezug 
auf die Produktion der einzelnen Partialantitoxine reagieren. 

Eine Tatsache, die sich in unseren Versuchen ziemlich deutlich aus- 
pr&gt, scheint, wenn sie nicht Zufall ist — und dariiber miissen weitere 
Versuche die Entscheidung bringen — einen Weg in dieser Beziehung 
zu deuten. Gehen wir noch einmal die Auswertung unserer drei Immun- 
sera durch (von dem normalen antitoxischen Pferdeserum rauB ich hier 
natiirlich absehen), so ergibt sich, daB jedes dieser Immunsera seine 
relativ groBte Wirksamkeit stets gegen die Blutkorperchen der gleichen 
Tierart entfaltet. 

So fibertrifft das Ziegenserum in seiner Schutzkraft fiir Ziegenblut- 
kfirperchen die beiden anderen Immunsera um das 8—512fache an Wert, 
wahrend es bei der Auswertung auf die anderen Blutkorperchen die 
beiden anderen Sera nur um das 1—32fache fibertrifft oder sogar hinter 
denselben an Wirksamkeit zuriicksteht Das Gleiche ergibt sich bei 
Auswertung des Kaninchenserums bezttglich der Kaninchenblutkdrperchen, 
und des Hundeserums fiir die Hundeblutkorperchen. Ohne auf die 
mfigliche Deutung dieser Tatsache des nfiheren einzugehen, mfichte ich 
nur andeuten, daB sie sehr wohl in dem Wesen der Ehrlichschen 
Theorie begrfindet erscheint. Es wfirde also dieser Befund dafttr 
sprechen, die antitoxischen Sera durch Immunisierung der 
gleichen Tierart, die wir schfitzen wollen, darzustellen. 
Dieser Weg scheint gangbar fiir die Tierpathologie, nicht moglich ist er 
natiirlich ffir die Serumtherapie beim Menschen. Ob wir fiir die mensch- 
liche Therapie statt dessen die Immunisierung von dem Menschen mog- 
lichst nahestehenden Tieren wahlen sollen — und von diesem Gesichts- 
punkte aus waren vielleicht doch wieder die friiheren Versuche v. Beh¬ 
rings und Kitashimasan Affen aufzunehmen — Oder durch Mischung 
von Immunseris, die von verschiedenen Tieren stammen, in dieser Frage 
mufi die praktische Erfahrung entscheiden. 


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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8. 


Wie dem auch sei, die Erzeugung moglichst polyvalenter 
antitoxischer Heilsera gegen die verschiedenen Partial- 
antitoxine der Krankheitserreger muB unseres Erachtens das Ziel der 
Serumtherapie sein, namentlich in jenen Fallen, fiir welche der Nach- 
weis verschiedener Partialtoxine gelungen ist. 

Wien, 18. Juli 1903. 


Die Reddktion des „Centralblatts filr Bakteriologie und Parasitenkunde“ 
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige Wiinsche um 
Lieferung von besonderen Abdrucken ihrer Aufsdtxe entweder bet der Ein- 
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben zu 
wo lien oder spdtestens nach Embfang der ersten KorrekturabzUge direkt an 
den Verleger, Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen. 


Intuit. 


Albrecht, H. u. Ohon, A., Bemerkungen 
zu dem Artikel von Prof. H. Bonhoff: 
„Zum Streit um den Meningococcus" 
(Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. 
Bd. XXXIV. No. 2. p. 143), p. 792. 

Bongert, J., Beitr&ge zur Biologie des 
Milzbrandbacillus und sein Nachweis im 
Kadaver der groflen Haustiere. (Forts.), 
p. 772. 

Eisenberg 1 , Philipp, Ueber die Anpassung 
der Bakterien an die Abwehrkrafte des 
infizierten Organismus, p. 739. 

Friedmann, Friedrich Frans, Der Schild- 
krOtentuberkelbacillus, seine Ziichtung, 
Biologie und Pathogenitat. (SchluB.), 

Kruse, Das Verhaltnis der Milchsaure- 
bakterien zum Streptococcus lanceolatus 
(Pneumoniecoccus, Enterococcus u. s. w.), 
p. 737. 


Macfadyen, Allan and Rowland, Syd¬ 
ney, Upon the intracellular constituents 
of the typhoid bacillus. (SchluB.), p. 765. 

Rabinowitsch, Lydia u. Kempner, W., 
Die Trypanosomen in der Menschen- 
und Tierpathologie, so wie vergleichende 
Trypanosomenuntersuchungen, p. 804. 

Stafford, J., Two Distomes from Canadian 
Urodela, p. 822. 

Volh, Richard, Ueber die Bindung des 
Bakteriohamolysins an die roten Btut- 
kOrperchen, p. 843. 

Wecheberg, Friedrich, Zur Lehre von 
den antitoxischen Seris, p. 849. 

Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von 
Glykogen auf hamolytische Vorgange, 
p. 831. 


Frommumtche Buchdruckerei (Ilernann Pohle) in Jen*. 


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CintnlM. f. lakt etc. I. ttt Oriiiiale. Bi. XXKIV. No. 9. 


Inhaltsverzeichnis. 


1. Verzelchnis der in Band XXXIV enthaltenen Arbeiten. 


Abbott, A. C., The adrenal gland and its 
active principle in their relations to 
cytolysins ana antitoxin production. G96 
Albrecht, H. und Ghon, A., fiemerkungen 
zu dem Artikel von Prof. H. Bonhoff: 
Zum Streit um den Meningococcus. 792 
Argutlnsky, P., Zur Kenntnis des Tropica- 
parasiten (Plasmodium praecox Gr. et 
Fel.). Die Tiipfelung der Wirtszellen der 
Halbmonde. 144 

Bail, 0., und Pettersson, A., Untersuch¬ 
ungen iiber natiirliche und kunstliche 
Milzbrandimmunitat V u. VI. 167 

-, Untersuchungen iiber natiirliche und 

kunstliche Milzbrandimmunitat VII. 445. 

540 

Band!, J., Beitrag zur bakteriologischen 
Erforschung des Gelbfiebers. 46.1 

Bertarelll, E., Ueber einen ziemlich selte- 
nen Tuberkelsputumbefund. 411 

—, Untersuchungen und Beobachtungen 
iiber die Biologic und Pathogenitat des 
Bacillus prodigiosus. 193. 312 

Bongert, J., Beitrage zur Biologie des 
Milzbrandbacillus und sein Nachweis im 
Kadaver der groBen Haustiere. 497. 623. 

772 

Bonhoff II., Studien iiber den Vaccine- 
erreger I. 242. 336 

—, Zum Streit um den Meningococcus. 143 
Bose, F. J., Les Epitheliomas parasitaires. 
La claveiee et rEpitheiioma claveleux. 

413. 517. 666 

Carega. A.. Ueber die aktiven Substanzen 
des Bacillus coli. 323 

Cattarina, G., Ueber eine bewimperte 
Micrococcusform, welche in einer Septi- 
kamie der Kaninchen gefunden wurde. 

108 

Cohn, L., Zur Kenntnis einiger Trematoden. 

35 

Dean, G., A disease of the rat caused by 
an acid-fast bacillus. 222 

Doerr, R., Beitrag zum Studien des Dysen- 
teriebacillus. 385 

Dnngern ?•, Bindungsverhaltnisse bei der 
PrSzipitinreaktion. 355 

Eisenberg, P., Ueber die Anpassung der 

Er*te Abfc. Orig. Bd. XXXIV. 


Bakterien an die Abwehrkrafte des infi- 
zierten Organism us. 739 

Eisenberg, P., Ueber die Bindungsverhalt¬ 
nisse zwischen Toxin und Antitoxin. 259 
Engels, Einige Hiindedesinfektionsversuche 
nach vorheriger kiinstlicher Infektion 
der Hande mit Micrococcus tetragenus 
und Staphylococcus pyogenes aureus. 84 

Friedberger, E. siehe Pfeiffer. R. 
Friedmann, F. F., Der Schildtrotentuber- 
kelbaciUus, seine Ziichtuug, Biologie und 
Pathogenitat. 647. 793 

Frost, W. D., A simple method of making 
collodion sacs for Bacteriological work. 

733 

Galli-Valerio, B^ Sur un cas d’append icite 
avex Oxyuris vennicularis L. et Tricho- 
cephalus trichiurus L. 350 

Gheaini, G., Untersuchungen iiber die 
Wirkung einiger Organextrakte. 721 

Glion, A. und Sachs, M., Beitrage zur 
Kenntnis der anaeroben Bakterien des 
Menschen II. Zur Aetiologie des Gas- 
brandes. 289. 398. 481. 609 

— siehe Albrecht, II. 
de Grandl, S 


S, Beobachtungen fiber die 
* Tetanusbacillus. 97 


Geifieln des 


Hansemann, v., Ueber siiurefeste Bacillen 
bei Python vesicularis. 212 

Harris, U. F., A modification of the Ko¬ 
rn anowsky stain. 188 

Herzog. H., Die Abschwachung der Sauge- 
tiertuberkulosebacillen im Kaltbliiterorga- 
nismus. 535. 675 

—, Experimentelle Beitrage zur Formal- 
dehyd-Wasserdampfdesinfektion. 170 
Hetsen, H., Weiteres zur kulturellen Dif- 
ferenzierung der Ruhrbacillen gegeniiber 
ruhrahnlichen Bakterien. 580 

Hirschbrueh und Sehwer, Die Cholera- 
diagnose mit Hilfe eines Spezialagars. 

58o 

— siehe Kampmann. 

Hoke, E., Ueber Komplementbindung durch 
Organzellen. 692 

Jensen, C. O., Experimentelle Untersuch- 
ungen iiber Krebs bei Mausen. 28. 122 


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866 


Register. 


Jochmann, G. und Moltreeht, 20 Falle 
von Bronchopneumonie bei Keuchhusten- 
kindern, hervorgerufen durch ein influ- 
enzaartiges Stabchen: Bacillus pertussis 
Eppendorf. % 15 

Jto, S., Ueber die Aetiologie von „Ekiri u , 
einer eigentiimlicben, senr akuten, ruhr- 
artigen, epidemischen Kinderkrankheit 
in Japan. 509. 659 

Kampmann , Hlrsehbrneh und Lange, 

Massenerkrankung bei Enten mil eigen- 
artigem Diphtheriebacillenbefund der 
Conjunctiva. 214 

Kempner, W. siehe Rabinowitseh, L. 
Klein, E., Weitere Untersuchungen uber 
die Klemsche tierpathogene Here. 224 
Kttppen, A., Tuberkulosestudien. 6 

Koknbo, K., Ueber die Anfertigung und 
Autbewahrung von Sporenseidenfaden fiir 
Desinfektionszwecke. 725 

Krans, B-, Ueber ein akut wirkendes Bak- 
terientoxin. 488 

Kruse, Das Verh&ltnis der Milchsaure- 
bakterien zum Streptococcus lanceolatus 
(Pneumoniecoccus, Enterococcus u. s. w.) 

737 

Kueharzewski, H., De Finfluence dee 
toxines diphterique et t£tanique sur 
Fh4moglobine, La morphologie et le poids 
sp&ifique du sang. 381 

Lambotte, U., Contribution il PStude de 
Porigine de Palexine bactericide. 453 
Lange siehe Kampmann. 

Linstow v., Helminthologische Beobach- 
tungen. 526 

Ldwit, M.. Ueber Niederschlagsbildung bei 
der Agglutination. 156. 251 

Lord, F. T., Diplococcus intracellularis 
meningitidis (Weichselbaum) in the nose. 
Report of a case without Meningitis and 
review of the literature. 641 

Luekseh F., Ein Beitrag zur pathologischen 
Anatomie des Paratyphus. 113 


Maefadyen, A. and Rowland, 8., Upon 
the intracellular constituents of the 
typhoid bacillus. 618. 765 

Madsen, Th., La constitution du poison 
diphterique. 630 

Maggiora* A. und Valenti, G. L., Ueber 
eine iniektidse Krankheit beim Genus 
Turdus. 326 

Meyer, A., Naphtholblau als Reagens auf 
Bakterienfett. 578 

Moltrecht siehe Jochmann, G. 

Moser, P. und Pirquet, CL, Zur Agglu¬ 
tination der Streptokokken. 5607 714 

MUller, P. Th., Geht das Tetanolysin mit 
den Proteiden des Serums und des Ei- 
klars eine ungiftige Verbindung ein? 567 
—, Weitere Studien iiber das Laktoserum. 

48 

Zur Theorie der natiirlichen antibak- 
teriellen Immunit&t. 458. 550. 700 


Nognehi, H., On the heat lability of the 
complements of cold-blooded animals. 283 
—, On the multiplicity of the serum haem- 
agglutinins of cold-blooded animals. 236 

Obermaier, G., Ueber die Trinkwasserdes- 
infektion mit Jod nach Vaillard. 592 
OmelianskL W., Beitrage zur Differential- 
diagnostik einiger pathogener Bakterien- 
arten. 1 

Otto, k, Weitere Beitrage zur Agglutina¬ 
tion der Staphylokokken. 44 

Fottorsson, A* siehe Bail, 0. 

Pfeiffer, R. und Friedberger, E., Weitere 
Beitrage zur Theorie der bakteriologi- 
, schen Immunit&t. 70 

Pick, E. P., Ueber den Gehalt der einzel- 
nen Eiweiflfraktiouen des Serums an 
CholeraimmunkOrpern. 556 

Pierl, G., Kurze Erwiderung auf Herrn 
Dr. Loose* Mitteilung: Wei teres fiber die 
Einwanderung der Ankylostomen von der 
Haut aus. 531 

v. Pirquet, CL siehe Moser, P. 

Presta, A. siehe Torto, R- 
Pritecher, Ueber die kunstliche Immunit&t 
gegen Staphylokokken. 437 

Rabinowitseh, L. und Kempner, W., Die 
Trypanosomen in der Menschen- und 
Tierpathologie, sowie vergleichende Try- 
panosomenunterscheidungen. 804 

Rodella, A^ Beitrag zur Frage der Bedeu- 
tung anaerober Bakterien bei Darm- 
krankheiten. 14 

Rowland, S. siehe Maefadyen, A. 

Sachs, H., Ueber Differenzen der Blatt- 
beschaffenheit in verschiedenen Lebens- 
altern. 686 

8aehs. M. siehe Ghon, A. 

Sauerbeck, EL, Zur Frage des Pankreas- 
cytolysins. 573 

Schwer siehe Hlrsehbrneh. 

Segln, A^, Ueber die Einwirkung der Bak¬ 
terien auf verschiedene Zuckerarten. 202 
Slebert, C., Ueber das Verhalten dee 
Loefflerschen Mausetyphusbacillus zu 
dem v. Drigalski-Conxadischen Nahr- 
boden. 601. 730 

Silbersteln, M., Beobachtungen uber die 
Entstehung von jungen Malariaparasiten 
aus dlteren. ' 149. 225 

Stafford JL, Two Distomes from Canadian 
Urodela. 822 

Strong, O., Zur Zuchtung der anaerobes 
Bakterien. 598 


Tarruella J. siehe Tnrrd, R. 

Tnrrd, K, Tarruella, J. und Presta, A., 
Die Bierhefe bei experimeatell erzeugter 
Streptokokken- una Staphylokokken in¬ 
fection. 22 


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l 


Register. 


867 


Yagedes, Zur Abhandlung von Krompecher 
und Zimmermann „Ueber die Viruienz 
der TuberkeibacilJen u in Bd. XXXIII 
N. 8. dieser Zeitwchrift. 507 

Yalenti, G. L. siehe Magglora, A. 

Yolk, R., Ueber die Bindung des Bakterio- 
hamolysins an die roten Biutkorpercken. 

843 

Weehsberg, F., Zur Lehre von den anti- 
toxischen Sens. 849 

Weadelstadt, Ueber die Einwirkung von 
Glykogen auf hamolytische Vorgange. 

Wiener, E., Ein Apparat zur Zuchtiing 
von Mikroorganismen in beweglichen 
fUksigen Medien. 594 

—, Weitere Bemerkungen zur Entstehung 
von Ratten epizootieen. 406 


Wolff, A., Bemerkungen zu vorstehender 
Entgegnung. 557 

Zangger, H., Deutungsversuch der Eigen- 
schaften und Wirkungsweise der Immun- 
kbrper. 428 

Zielleezky, R., Antwort auf die Bemer¬ 
kungen von Herm Dr. Wolff in seiner 
Abhandlung „Die Differentialdiagnose 
des Typhusbaeillus vom Bact. cob auf 
Grund der Saurebildung“ betreffend die 
von mir angestedten Versuche iiber 
„biochemische und differentialdiagnoeti- 
sehe Untersuchungen einiger Bakterien 
mittelst Phenolphtnaldnn&hrbdden. 479 
Zschokke, F., Ein neuer Fad von Dipy- 
lidium caninum (L.) beirn Menschen. 42 
Znpnlk, L., Bacterium muris. 213 


II. Namen- mid SaehYcrzelchnls. 


Agglutination, Bildung der Niederschlage. 

156. 251 


Alexine, Entstehung. 453 

Amphistomum dolichocotyle Cohn in Her- 
petrodryas fuscus. 37 

Anaeroben, GefaSe fur Zfichtune. 598 
—, Vorkommen im Darmkanal Dei Darm- 
krankheiten. 14 

Ankyloetonhum americanum, Beschreibung. 

526 

—, Eindringen von der Haut aus. 531 



der Bakterien an bakterizide 
752 


Appendicitis mit Oxyuris vermicularis und 
Trichocephalue trichiurus. 350 


Bacdlen saurefeete in Python veticularis. 

212 

Bacdlus acidi lactici, Ein wirkung auf Z ucker- 
arten. 205 

— des Gasbrandes, Entstehung von 

Schaumorganen. 613 

- rCultur und Biologie. 304 

-> Morphologic und Farbung. 300 

-, Tierversuclie. 398. 481. 609 

-, — mit Kulturfdtraten. 611 

— diphtheriefihndcher bei Entenerkran- 

kung. 214 

— dysenteriae, Einwirkung auf Zuckerarten. 

205 

-, Impfung auf immune Tiere. 703 

-, Isolierung und Kultur. 385 

-, kujturelk Unterscheidung von ahn- 

Uchen Arten. 580 

-, Verhalten gegen Serum Ekirikranker. 

662 

— enteritidis, Einwirkung auf Zuckerarten. 

205 


Bacidus fluorescens liquefaciens, Einwir¬ 
kung auf Zuckerarten. 205 

— — non liquefaciens, Einwirkung auf 

Zuckerarten. 205 

— icteroides, pathogene Wirkung. 474 

— lactis aerogenes, Einwirkung auf Zucker¬ 
arten. 205 


— pertussis bei Bronchopneumonie beim 

Keuchhusten. # 15 

— pneumoniae, Einwirkung auf Zucker¬ 
arten. 205 

— prodigiosus, Bibliographic. 321 

-, Einwirkung aut Zuckerarten. 205 

-, Pathogen!tat fur Tiere. 196 

— —, toxiscne Wirkungen. 199. 312 


— —, Wirkung im Yerein mit anderen 

Bakterien. 313 

— psittacorum, Einwirkung auf Zucker¬ 
arten. 205 


— pyocyaneus, Einwirkung auf Zucker¬ 
arten. 265 

— —, Impfung auf immune Tiere. 701 

— sSurbfester bei Rattenerkrankung. 222 

— subtilis. Einwirkung auf Zuckerarten. 

205 

— syncyaneus, Einwirkung auf Zucker¬ 
arten. 205 


— typhi murium, Ziichtung auf v. Dri- 
galsiri-Conradischem Nahrpoden. 601.730 

Bacterium coli commune, aktive Substanzen. 

323 

-—, Einwirkung auf Zuckerarten. 205 

-, Verhalten gegen Serum Ekiri¬ 
kranker. 662 

-zur Erzeugung von Rattenepi- 

zootien. 406 

— faecalis alcadgenes, Einwirkung auf 

Zuckerarten. 205 


55* 


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868 


Register. 


Bacterium icteroides, Einwirkung auf 
Zuckerarten. 205 

— muris, systematische Stellung. 213 

— vulgare, Einwirkung auf Zuckerarten. 205 

-, Impfnng auf immune Tiere. 707 

Bakterien, Einwirkung auf Zuckerarten. 202 
Bakteriohamolysin, Bindung an die roten 

Blutkorper. 843 

Bierhefe, Einwirkung auf Zuckerarten. 205 
—, Wirkung auf Strepto- und Staphylo- 
kokken in Xulturen. 25 

— zur Immunisierung bei Streptokokken- 

infektionen. 22. 24 

Brachycoelium hospitale Staff, in Diernyc- 
tylus viridescens. 824 

Bronchopneumonie bei Keuchhusten, Ur- 
sache der Bac. pertussis. 15 

Choleraambozeptoren> Verhalten bei der 
Bakteriolyse. 77 

Choleraimmunkdrper im Serum. 556. 557 
Choleravibrionen, Differentialdiagnose mit 
einem Spezialagar. 585 

—, Einwirkung auf Zuckerarten. 205 
—, Rezeptorenapparat. 76 

Cytolysine, Literatur. 576 


Dipbtheriebacillen lebende fur Immunisie- 
rung8versuche. 421 

—, Unterscheidung von Pseudodiphtherie- 
bacillen auf Nahrbdden mit Ameisen¬ 
saure. 4 

Diphtherietoxin, Wirkung auf das Blut. 381 
—, Zusammensetzung. 630 

Diplococcus intracellularis meningitidis in 
der Nase. 641 

Dipylidium caninum beim Menscben. 42 
Dysenterie, Literatur. 397 


Ekiri, Uebertragbarkeit. 511 

—, Verbreitung in Japan. 509 

Ekiribacillus, Agglutination. 659 

—, Isolierung. 512 

—, Morphologic und Eigenschaften. 513 
—, Verhalten gegen Menschenblutsera. 662 

—,-Tiersera. 664 

Entenerkrankung durch einen diphtherie- 
ahnlichen Bacillus. 214 


Erythrocyten des Blutes, Empfindlichkeit. 

686 

Formaldehyddesinfektion, Literatur. 186 
Formaldehydwasserdampfdesinfektion. 170 

Gasbrand, bakteriologische Befunde. 289. 

39a 481. 609 

Gelbfieber, Bakteriologie. 463 

—, Serumimter8uchungen. 469 

Glykogen, Einwirkung auf hamolytische 
Vorgange. 831 

Gyrocotyle amphiptyches. 531 

— medusarum v. Linst., Beschreibung. 530 

— rugosa. 531 

fiamagglutinine im Serum kaltbliitiger 
Tiere. 286 


Handedesinfektion nach kiinstlicher Ver- 
unreinigung mit Eiterkokken. 84 

Hefe tierpathogene von Klein, Vorkommen 
von Granulomata in den infizierten 
Meerschweinchen. 224 

Hoploderma mesocoelium Cohn in Draco 
volans. 35 

Hydromermis, Beschreibung. 530 


Immunitat, naturliche, Ursachen. 458. 550. 

700 

Immunkorper, Eigenschaften und Wir¬ 
kung. 428 

— gegen bakteriolytische Ambozeptoren, 
Bildung. 70 


Kollodiumsacke, Anfertigungsmethode. 733 
Komplementbildung durch Organzellen. 092 
Komplemente im Serum kaltbliitiger Tiere, 
Verhalten gegen Hitze. 283 

Krebs bei Mausen. 2a 122 

Laktoserum, Fallung des Kaseins. 48 
Lecithin, Vorhandensein im Blut 688 
Liolope copulans, Kopulierung durch den 
Laurerscnen Kanal. 39 

Luft fliissige, Apparate zur Einwirkung 
auf Bakterien. 765 

Malariaparasiten, Teilung. 149. 225 

Meningococcus, Historisches. 792 

—, Oberflachenhautchen. 143 

Mermis albicans in Raupen von Agrotis 
orbona. 529 

— mirabilis v. Linst., Beschreibung. 527 

— nigra v. Linst., Beschreibung. 529 

— mgrescens in Forficula acanthopygia. 

529 

Micrococcus agilis albus Cattar. bei Kanin- 
chenseptikamie. 108 

— tetragenus, Einwirkung auf Zuckerarten. 

205 

Milzbrand, Empfanglichkeit des Kanin- 
chens. 445. 540 

Milzbrandbacillen, Einwirkung auf Zucker¬ 
arten. 205 

—, Nachweis durch Impfung. 628. 7 72 

—,-Plattenkultur. 775 

—, — in Ausstrichpr&paraten. 502. 623 
—, Unterscheidung von ahnlichen Arten 
auf Nahrbdden mit Ameisensaure. 5 
—, Verhalten gegen Pferde- und Ratten- 
serum. 167 

Milzbrandmaterial, zweckmafiige Aufbewah- 
rung. 786 

Monocaecum baryurum Staff, in Necturus 
maculatus. 822 

Nahrbdden mit Ameisensaure. 1 

Naphtholblau als Reagens auf Bakterien- 
fett. 578 

Nebennieren, Verhaltnis zu Cytolysinen und 
Antitoxinproduktion. 696 

Organextrakte, Wirkungen. 721 


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Register. 


869 


Pankreas, Literatur. 577 

Pankreascy tolysin, kritische Uebereicht. 573 
Paramermis, Beschreibung. 530 

Paratyphus, pathologische Anatomic. 113 
Paratyphusbacillen, Einwirkung auf Zucker- 
arten. 205 

Pestbacillen, Unterecheidung von Bac. 
pseudotuberculosis rodentium auf Nahr- 
boden mit Ameisensaure. 5 

Plasmodium praecox, Tupfelung der Blut- 
korperchen mit Halbmonden. 144 

Prazipitine, Bindungsverhaltnisse. 355 
Pseuaomermis, Bescnreibung. 530 

Pyocyaneusinfektion, Serodiagnostik. 739 
Rattenepizootieen, Erzeugung durch patho¬ 
gen e Bakterien. 406 

Rattenerkrankung durch einen saurefesten 
Bacillus. 222 

Romanowskysche F&rbung, Literatur. 191 
-, Modifikation. 188 

Sarcina lutea, Einwirkung auf Zucker- 
arten. 205 

Schafpocken, Entstehung. 669 

—, histologischer Befund. 415. 517 

—, Untersuchung des Virus. 524. 666 

Serum, Hamolysine ' und Komplemente. 

691 

Sporenseidenfaden, Anfertigung und Auf- 
bewahrung. 725 

Staphylococcus pyogenes albus, Aggluti¬ 
nation. 45 

— — —. Einwirkung auf Zuckerarten. 

205 

-aureus, Agglutination. 45 

-, Einwirkung auf Zuckerarten. 205 

-citreus, Agglutination. 44 

— -, Einwirkung auf Zuckerarten. 205 

Staphylokokken, kunstliche Immunitat. 437 
Streptococcus lacticus Kruse, systematische 

Stellung. 737 

Streptokokken, Agglutination. 560. 714 

Tetanolysin, Verhalten zu den Proteiden. 

567 

Tetanusbacillen, GeiSeln. 97 

Tetanus toxin, Wirkung auf das Blut 381 


Toxine, Bindung durch Antitoxine im 
K6rper. 259 

—, Konstitution. 851 

— und Antitoxine, Literatur. 281 

Jrinkwaseerdesinfektion mit Jod. 592 
Trypanosomen, Einflufl auf den Organis- 

mus. 804 

—, Literatur. 816 

Tuberkelbacillen, Agglutinationspriifung. 6 

— der Kaltblutler, Literatur. 685 

— der Saugetiere, Abschwachung in Kalt- 

- 535. 675 

647 
652 
799 
654. 793 
411 
13 
507 
Unter- 
326 
Zucker- 
205 
618 


blutlern, 

— der Schildkrote, Kultur. 

-, Morphologie. 

-, Saurefestigkeit. 

-, Tierversuche. 

— im Sputum in Reinkultur. 

—, Literatur uber Agglutination. 

—, Virulenzunterschieae. 

Turdusseuche, bakteriologische 

suchungen. 

Typhusbacillen, Einwirkung auf 
arten. 

—, extracellulares Toxin. 

—, immunisierende Eigenschaften des Zell 
saftes. 768 

—, Impfung auf immune Tiere. 700 
—, intracelfulares Toxin. 620. 767 

—, Unempfindlichkeit gegen menschliches 
Serum. 745 

—, Unterecheidung von Coli-Bacillen auf 
Nahrbdden mit Ameisensaure. 2 

—,-durch die Saurebildung. 479 

—, Verhalten gegen extreme Kaltegrade. 

622 

—,-Serum Ekirikranker. 662 

— zur Erzeugung von Rattenepizootieen. 

409 

Vaccineenreger, Ziichtungsvereuche.244.336 
Vibrio Finfieri, Einwirkung auf Zucker¬ 
arten. 205 

— Metschnikowi, Impfung auf immune 

Tiere. 705 

— Naskin, Produktion akut wirkender 

Toxine. 488 

Zuchtungsapparat fiir Bakterien in bew^g- 
lichen Meaien. 594 


in. Yerzelelmls der Abbildungen. 


Amphistomum dolichocotyle Cohn. 37 
Anaeroben, Gefafie furZiichtung. 598—600 
Apparat fur Einwirkung fliissiger Luft auf 
Bakterien. 765. 766 

Bacillen des Gasbrandes. 616 (Taf. I—III) 
Bakterien anaerobe bei Darmxrankheiten. 

14 

Blinddarm mit Trichocephalus und Oxyuris. 

352. 353 

Brachycoelium hospitale Staff. 830 (Taf.) 

Fig. 4. 5 


Choleravibrionen, agglutinierte Haufen. 

259 [Taf.) Fig. 5. 6. 7d 
Diphtherietoxin, Kurven fiber Zusammen- 
setzung. 634. 635. 639. 640 

Dy8entenebacillus, Kulturen. 397 (Taf.) 

Hoploderma mesocoelium Cohn. 35. 36 

Kollodiumsacke, Anfertigung. 734 

Krebs bei Mausen, Habitusbilder und 
Schnitte. 142 (Taf. I—IV) 

Kurven fiber Eintritt der makroskopi- 


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870 


Register. 


echen und mikroskopischen Agglutina- 
tion. 664 

Liolope copulans, Schnitte. 40 

Lysin, Kurve uber das Verhalten zu Ery- 
throcyten. 845 

Mermis mirabilis y. Linst. 528 

— nigra v. Linst. 529 

Micrococcus agilis albus Cattar. 110 

Milzbrandbaciflen, Kulturen. 791 (Taf.^1 

Monocaecum baryurum Staff. 830 (Taf.) 

Fig. 1-3 


Plasmodium praecox. 148 (Taf-) 

Schafpocken, Schnitte. 418. 420. 518. 519. 

622. 523. 673 (Taf. I-IIL 
Schiitlelapparat fur Bakterienziichtung. 596 


Streptokokken, Agglutination. 562. 563. 

F 714. 715. 720 (Taf.) 

Tetanusbacillen, Geifieln. 100. 101 

Trypanosomen. 822 (Taf.) 

Tuberkeibacillen der Sfiugetiere im Kalt- 

bliiterorganismus. 685 (Taf.) 

— der Scnildkrote. 804 (Taf.) 


Typhusbacillen, agglutinierte Haufen. 259 
■ (Taf.) Fig- 1-4, 7a—c 



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DUE JUN 5 1978 

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