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Centralblatt fur Bakteriologie,
Parasitenkunde und ...
THE LIBRARY
OF
THE UNIVERSITY
OF CALIFORNIA
DAVIS
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CENTRALBLATT
far
Bakteriologie, Parasitenkunde und Mektionskrankheiten.
Erste Abtellang. XXXIV. Band.
Originale.
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Googl
CENTRALBLATT
far
Bakteriologie, Paras it e n ku n d e
ini lifektioiskraikkeitei.
In Verbindnng mit
Geh. Med.-Bat Professor Dr. Loeffler
in Greifswald,
Professor Dr. R. Pfeiffer
in Kdnigsberg
and
Staatsrat Professor Dr. M. Braun
in Kdnigsberg
herausgegehen von
Prof. Dr. Oscar Ulilworm in Berlin.
Erste Abtellung. XXXIV. Band.
Medizmiscb-liyeieiiisGlie Batteriologje null tierisclie PaMeiMe.
Original©.
Mit 81 Tafeln and 59 Abbildangen im Text©.
—C—--O-
Jena,
Verlag von Gustav Fischer.
1903
LWivsRsrrY of California,
LIBRARY
DAvtf' 9 ' tized by Google
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Cntralbl. f. Ball etc. I. ttt Origiaale. H. XXXIV. Ni. I.
Nachdruck verboten.
Beitrage zur Differentialdiagnostik einiger pathogener
Bakterienarten.
[Aus dem Laboratorium von Prof. Dr. S. Winogradsky im Kaiserl.
Institute fdr experimentelle Medizin in St Petersburg.]
Von W. Omellanskl.
In der vorliegenden-Notiz beabsichtigen wir, die Aufmerksamkeit
auf einen neuen Nahrboden zu lenken, der ein gutes diagnostisches
Hilfsmittel zur Unterscheidung vieler nahe verwandter Bakterienarten
abgibt. Die Bedeutung derartiger Untersuchungen, zumal wenn die-
selben klinisch wichtige Mikroben betreffen, ist eine so augenscheinliche,
daB es wohl unnfltz sein diirfte, hierflber viel Worte zu verlieren.
Mit der Frage von der Zersetzung der Ameisensfiure durch Mikroben
beschfiftigt *), haben wir zu speziellen Zwecken vielfach einen Nahrboden
angewandt, welcher aus gewdhnlicher Fleischbrtihe, versetzt mit 0,5 bis
1 Proz. ameisensaurem Natron und Phenolphthalein, bestand und durch
Agar (2 Proz.) gelatiniert wurde.
Schon frQher sind Versuche gemacht worden, das Phenolphthalein
zu diagnostischen Zwecken zu verwerten, doch ist es erst in letzter Zeit
Zielleczky 2 ) gelungen, befriedigende Resultate zu erzielen. Den Urn-
stand benutzend, dafi die Bakterien in verschiedenem Grade befahigt
sind, eine Saureentwickelung hervorzurufen, zQchtete Zielleczky diverse
Bakterienarten auf alkalischen Nahrbdden, welche mit Phenolphthalein
versetzt und mithin gefarbt waren. Wahrend des Wachstums einiger
Bakterien wurde ein schnelles Schwinden dieser Ffirbung durch Saurung
des Nahrbodens wahrgenommen. So trat bei parallelen Kulturen von
B. coli und B. typhi in der ersteren schon nach 5—8 Stunden eine
Abnahme der Farbung, nach 24 Stunden aber ganzliche Entfarbung auf,
wahrend die Kultur des Typhusbacillus in den ersten 8 Stunden ihre
Farbe ilberhaupt nicht verfinderte und nach 24 Stunden nur eine geringe
Abnahme der Farbung zeigte (geringer als die Kultur des.B. coli nach
8 Stunden). Liefi man die Kulturen weiter im Brutschranke stehen, so
begannen die des B. coli nach 3 Tagen wieder rot zu werden, wahrend
der Typhusbacillus dieselbe Erscheinung erst einen Tag spater erkennen
liefi.
Wie gleich gezeigt werden soli, haben wir das Phenolphthalein in
entgegengesetztem Sinne angewandt, d. h. bei uns bestand das positive
Resultat im Auftreten der alkalischen Reaktion, also in der Farbung
des Nahrbodens, was viel deutlicher und schfirfer wahrnehmbar ist als
die Entfarbung des Nahrbodens, wie sie bei Zielleczky stattfand.
Das Phenolphthalein setzten wir unserem Nahrboden gemafi den
Angaben Zielleczkys zu. Die Stamml5sung des Phenolphthalelns
wurde durch Losen von 0,5 g dieser Substanz in 100 ccm eines Ge-
1) Eine ausfuhrliche Mitteilung fiber diese Frage soli in nicht ferner Zeit ver-
offentlicht werden.
2) Zielleczky, R., Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXII. p. 752.
Erete Abt. Orig. Bd. XXXIV. 1
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 1.
menges gleicher Teile von Alkohol und Wasser hergestellt. Diese
LOsung wurde vor der Anwendung mit dem 20-fachen Volumen Wasser
verdOnnt und dann in einer Quantitat von 1 ccm auf 5 ccm Agar resp.
0,7 ccm auf 5 ccm Bouillon zugesetzt.
Die Bouillon war lackmusneutral bereitet, so daB sie ihre urspriing-
liche Farbe durch den Zusatz von Phenolphthalein nicht anderte.
Die Zersetzung der Ameisensaure durch die Mikroben fiihrt zur
Entwickelung von Wasserstoif und Kohlensaure. Wurden ameisensaure
Alkalisalze der Zersetzung unterworfen, so bleibt ein Teil der aus-
geschiedenen Kohlensaure an das Alkali gebunden. Es haufen sich auf
diese Weise im Nahrboden losliche Karbonate an, und mit fortschreiten-
dem Wachstum der Bakterien wird derselbe mehr und mehr alkalisch,
was sich durch das Auftreten einer Rosafarbung durch Phenolphthalein
kenntlich macht
Der hierbei beobachtete Farbenwechsel erfolgte in unserem Falle,
wo wir ameisensaures Natron durch den von uns isolierten Mikro-
organismus zersetzten, so schnell und der Uebergang von der normalen
Farbe der Bouillon zur hochroten Phenolphthaleinfarbung trat so scharf
hervor, daB wir auf den Gedanken kamen, diesen Nahrboden dazu zu
verwenden, um verschiedene Mikroben durch ihr ungleiches Verhalten
zur Ameisensaure zu charakterisieren.
Hinsichtlich des letzteren Punktes besitzen wir bereits ziemlich
ausfuhrliche Kenntnisse, welche wir hauptsachlich den sorgfaitigen
Untersuchungen Maassens 1 ) verdanken. Dieser Forscher ziichtete
verschiedene Mikroben in 1-proz. Peptonlosung unter Zusatz der nbtigen
Mineralsalze sowie Vio normaler LOsungen von Salzen verschiedener
Sauren, unter anderem auch von ameisensaurem Natron. Doch konnen
die SchluBfolgerungen, die der genannte Forscher betreffs des ungleichen
Verhaltens verschiedener Bakterien gegen Ameisensaure formuliert hat,
naturlich nur mit gewissen Einschrankungen acceptiert werden, da es
wohl mbglich ist, daB bei anderer Beschaifenheit des Nahrbodens, anderer
Temperatur u. dgl. ein anderes Verhalten der Bakterien gegen Ameisen¬
saure zu Tage treten wurde.
Wir haben daher, ungeachtet der iiber diesen Gegenstand bereits
bekannten Daten, beschlossen, auf unserem Nahrboden das Wachstum
einiger Gruppen nahe verwandter Mikroben zu priifen, und zu diesen
Versuchen diejenigen unter denselben gewahlt, deren Differentialdiagnostik
ein klinisches Interesse bietet.
Als Priifstein der Methode wahlten wir die Unterscheidung von
Bac. typhi abdominalis und Bact. coli commune, und nahmen
von jeder dieser beiden Arten je 2 Kulturen verschiedener Provenienz
in Arbeit. Da in beiden Versuchsreihen die namlichen Resultate er-
halten wurden, wollen wir dieselben gleichzeitig beschreiben. In diesen,
wie auch in alien iibrigen Fallen wurde die Impfung auf schrager Agar-
flache in Reagenzgiasern vorgenommen, und zwar so, daB die Platinose
mit der ihr anhaftenden Kultur nicht nur die ganze Oberflache des
schrag erstarrten Agars, sondern auch das Kondensationswasser infizierte,
was, wie wir sehen werden, fiir die Charakteristik der Mikroben von
Bedeutung ist. Unser Nahrboden erwies sich als gunstiger fiir das
B. coli, welches auf demselben Qberaus uppig emporwuchs, und weniger
giinstig fiir den B. typhi, dessen Wachstum etwas schwacher ausfiel
1) Maas sen, A., Arb. aus dem KaiserL Gesundheitsamte. Bd. XII. 1896. p. 340.
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Omelianski, Beitrfige zur Differentialdiagnostik einiger pathogener Bakterienarten. 3
als auf dem flblichen Agar. Die ersten Anzeichen der eingetretenen Zer-
setzung der Ameisens&ure machen sich beim B. coli meist schon nach
3—4-stflndigem Stehen im Thermostaten bei 37° bemerkbar und SuBern
sich in einer G&rung der Eondensflflssigkeit. Iu diesem Moment ist noch
keine FSrbung des N&hrbodens vorhanden, dieselbe erscheint erst nach
5—8 Stunden. Die ersten Spuren der F&rbung werden gewdhnlich im
oberen Teile des Gl&schens, wo die Agarschicht am diinnsten ist, wahr-
genommen, sodann breitet sich dieselbe allm&hlich nach unten hin aus,
indem sie unmittelbar unter dem Impfstriche auftritt, urn nach 2—3
Tagen die ganze Gallerte dnrchzuf&rben. Am l&ngsten bleibt die ur-
sprflngliche Farbe des N&hrbodens unten erhalten, insbesondere wenn
die Abschragung des Agars nicht unmittelbar am Boden beginnt, sondern
in einiger Entfernnng von demselben. Im letzteren Falle ist der untere
Teil des Agars h&ufig von Gasblasen zerrissen, welche sich durch G&rung
der auf den Boden des Glases durchgesickerten Flflssigkeit bilden. Hat
der N&hrboden einmal seine intensiv rote Farbe angenommen, so be-
wahrt er dieselbe, solange man die Eultur auch stehen lassen mag.
Ganz anders verhielt sich der Typhusbacillus. Erstens, konnte nie-
mals eine G&rung der EondensflQssigkeit beobachtet werden. Dann er-
schien die RosafSrbung des N&hrbodens zuerst am 2.-3. Tage, bisweilen
auch sp&ter, und hatte, was besonders wichtig ist, einen ganz anderen
Charakter als beim Bact. coli, so dafl man die beiden Eulturen
in keinem der Wachstumsstadien miteinander verwech-
seln kann. Die unter Einflufi des Typhusbacillus hervorgebrachte
F&rbung ist n&mlich anfangs eine schwach rosa-gelbliche, welche mit
zunehmendem Alter der Eultur einen etwas ges&ttigteren ziegel- oder
fleischroten Ton annimmt. Eine gleichalterige Eultur des Bact. coli
dagegen, die etwa 10 Tage bei 37° gestanden hat, nimmt einen satt
roten, etwa dem Safte roter Rflben fihnlichen Ton an.
Stellen wir nun das Qber Bac. typhi und Bact. coli Gesagte
zusammen, so konstatieren wir zwischen denselben folgende Unter-
schiede:
1. Tag. a) Bac. typhi: SchwScheres Wachstum als beim Bact.
coli mit Wahrung der ursprUnglichen Farbe des N&hrbodens. Ab-
wesenheit von G&rung im Eondenswasser.
b) Bact. coli: Ueppiges Wachstum, welches dem Wachstum auf
gewdhnlichem Agar nicht nachsteht. Deutliche Rosaf&rbung des N&hr¬
bodens. G&rung des Eondenswassers.
Folgende Tage. a) Bac. typhi: Allm&hlich, am 2.—3. Tage
erscheinende und sehr langsam zunehmende ziegelrote F&rbung des
Agars. G&rung tritt nicht ein.
b) Bact. coli: Schnelle Rotf&rbung des Nahrbodens in 2—3 Tagen
bis zu ges&ttigter roter Farbe. StQrmische G&rung im Eondenswasser,
wobei das untere Ende der Agarmasse von den Gasbl&schen zerrissen
wird. Die G&rung steht erst still, wenn aller Agar durch und durch
rot gef&rbt ist
Die von uns beschriebene Methode unterscheidet sich vorteilhaft
von der Methode Zielleczkys darin, dafl 1) der Farbenwechsel von
Gelb zu Rot unvergleichlich deutlicher ist als der umgekehrte, dafi wir
2) bier ein neues Merkmal in der G&rung des Eondenswassers haben,
und dafl 3) der Farbenton, den die Typhuskultur annimmt, sich von
demjenigen deutlich unterscheidet, der fflr das Bact coli charakte-
ristisch ist
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 1.
Es ist bemerkenswert, daB bei Zielleczky die Entffirbung des
Agars bedeutend sp&ter vor sich ging als die Entf&rbung der Bouillon.
In unserem Falle wurde gerade das Gegenteil beobachtet. Doch kommt
in Bouillonkultur ein anderes Merkmal zu Hilfe, welches ebenso leicht
die beiden Mikroorganismen zu unterscheiden gestattet: das ist die reich-
liche Gasentwickelung in den Kulturen des Bact. coli, die bereits
3—4 Stunden nach der Impfung beginnt 1 2 ). In Bouillonkulturen des Bac.
typhi gelang es uns nicht, Gasbildung zu konstatieren. Der Unter-
schied tritt besonders scbarf hervor, wenn man die Kulturen schfittelt
Die Typhuskultur sch&umt hierbei nicht, die Kultur des Bact. coli
dagegen bedeckt sich mit einer dicken Schaumschicht. Die Proben
lassen sich besser in Reagenzgl&sern mit hoher Bouillonschicht anstellen.
Setzten wir statt Phenolphtalel'n Methylenblauldsung (1 : 100),
5 Tropfen zu 500 ccm Agar, so gewahrten wir in den Kulturen des Bact
coli eine fast vollst&ndige Entf&rbung nach Ablauf von 6—7 Stunden
(bei 37°), w&hrend die Typhuskulturen zu dieser Zeit ihre Farbe noch
bewahren (bisweilen wird dieselbe etwas blasser). Auch in diesem Falle
empfiehlt es sich, die Kulturen durchzuschiitteln. In der Typhuskultur
wird dadurch die Farbe, welche eben beginnt, zu erblassen, wieder her-
gestellt, wahrend das SchQtteln die Kulturen des Bact. coli, die mit
Gasen gesattigt sind, nur wenig beeinfluBt.
Gute Resultate haben wir auch mit Indigokarmin erhalten: eine
2-proz. L5sung des Farbstoffes wurde gesondert sterilisiert und 0,1 ccm
davon zu 10 ccm flflssigem, aber nicht mehr heifiem Agar zugesetzt
Der Umschlag von Blau ins Gelb ist mit Bact. coli bereits nach 15
bis 20 Stunden bemerkbar. Auf Bouillon tritt die Entf&rbung viel sp&ter
ein. Bac. typhi zeigt dieselbe Erschbinung erst am 3.-4. Tage der
Kultur.
Vollkommen analog dem Bact. coli verhalt sich Bac. Neapoli-
tanus Emmerichs, welcher als eine der Abarten des Bact. coli
angesehen wird. Es wiederholen sich nicht nur dieselben Erscheinungen
(Rotf&rbung des Nahrbodens, G&rung etc.), sondern es geschieht auch in
derselben Frist.
Ferner verglichen wir das Verhalten von Bac. diphtheriae und
von Bac. pseudodiphthericus auf demselben N&hrboden. Auch
hier arbeiteten wir mit je 2 Kulturen verschiedener Provenienz. Der
Bac. diphtheriae w&chst zwar deutlich auf diesem N&hrboden, doch
ist seine Entwickelung im ganzen eine schwache und die F&rbung bleibt
aus. Dagegen w&chst der Bac. pseudodiphthericus auBerordent-
lich ttppig, als dicker Belag von gelblicher Farbe, und ruft am 2.—3. Tage
eine F&rbung hervor, die allerdings nicht so intensiv ist, wie beim
Bact. coli. Eine G&rung des Kondenswassers wird hier nicht be¬
obachtet
Bei vergleichender Priifung von Diphtherie- und Pseudodiphtherie-
kulturen empfiehlt es sich, weniger Natr. form, zuzusetzen, n&mlich
0,5 Proz. oder sogar noch weniger. In der Pseudodiphtheriekultur tritt
dann die FSrbung friiher auf (vor Ablauf von 24 Stunden) als in N&hr-
bOden mit 1 Proz. Natr. form., dabei aber wird auch das Wachstum der
1) Das Gas, welches Kulturen des Bact. coli in Bouillon mit Zusatz yon
ameisensaurem Natron entwickeln, besteht aus Wasserstoff und Kohlensaure. Bei an-
aerober Garunc setzte sich das Gas zweier Portionen folgendermaflen zusammen:
H 2 C0 2
1) 76,9 Proz. 23,1 Proz.
2) 78,3 „ 21,7 *
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Omelianski, Beitr&ge zur Differentialdiagnostik einiger pathogener Bakterienarten. 5
Diphtheriekultur bedeutend erleichtert, ohne daB dieselbe sich dadurch
fSxbt. AuBerdem scbadet es nicht, wenn man dabei auch das Neutrali-
sieren der Bouillon viel genauer, namlich mit Phenolphthalein als In-
dikator ausfUhrt. Dagegen ist eine solche Neutralisation bei Versuchen
mit Bac. typhi und Bact. coli gar nicht vorteilhaft, da in diesem
Falle bald nach dem Bact. coli auch die Typhuskultur sich, wenn auch
schwacher, zu farben beginnt. Der Diphtheriebacillus hat namlich auf
Ameisensaure gar keine Wirkung, der Typhusbacillus dagegen eine
schwache, aber deutliche, und so erklart es sich, daft eine ganz scharfe
Einstellung der Nahrldsung auf Phenolphtale'in im ersten Falle nichts
schaden kann, im zweiten aber (Typhusbacillus versus Coli comm.)
die Differenzen eher an Scharfe einbafien. Diese Beobachtung stimmte
vollkommen mit den diesbezuglichen Daten von M a a s s e n flberein. So
gibt er an:
Bac. typhi abdominalis: Deutlicher Ameisensaureverbrauch.
Bact coli commune: Ziemlich starker Ameisensaureverbrauch.
Bact diphtheriae hominum: Eein Ameisensaureverbrauch.
Der Bac. pseudodiphthericus ist von Maassen nicht unter-
sucht worden. Nach unseren Versuchen zu urteilen, miiBte man in
seiner Rubrik vermerken: „Deutlicher Ameisensaureverbrauch 14 .
Dank der freundlichen Mitwirkung von Prof. Dr. D. Zabolotny
wurde es uns ermdglicht, auch das Wachstum des Bac. pestis ver-
schiedener Provenienz auf unserem Nahrboden zu erproben. Zu diesen
Versuchen wurden verwandt:
a) Pestbacillen verschiedener Provenienz, isoliert aus Menschen bei
den Epidemieen in Mongolei, Wladimirowka, Batum, Odessa, Glasgow,
Bombay und Rosario.
b) Ein Pestbacillus, der aus Rattenleichen in Odessa isoliert
worden war.
c) Ein Pestbacillus, welcher ebenfalls aus Ratten in Kapstadt er-
halten worden war (Bac. Edingtoni).
Parallel wurde verwandt:
d) Bac. pseudotuberculosis rodentium (Pfeiffer), welcher
dem Pestbacillus nahe steht und leicht mit demselben verwechselt werden
kann, da er unter den Nagetieren eine pestahnliche Erkrankung hervorruft.
Alle die erwahnten Pestbacillen ohne Ausnahme entwickeln sich
auf unserem Agar schw&cher als auf gewohnlichem, und rufen keine
Ffirbung hervor. Bac. pseudotuberculosis rodentium dagegen
f&rbt den Nahrboden rot.
Weiter haben wir dasselbe Substrat (mit 0,5-proz. Natr. form.) zur
Diagnose einiger Bacillen der Anthraxgruppe angewandt. Wir nahmen
B. anthracis, B. anthracoides, einen Anthrax-ahnlichen, aus Mist
von uns isolierten Bacillus und B. subtilis.
B. anthracis w&chst schwach und ruft keine Spur von Farbung
hervor.
B. anthracoides entwickelt sich dagegen sehr flppig und farbt
nach 30 — 40 Stunden den NShrboden rosa, nicht rein, sondern mit
einem braunlichen Ton.
B. subtilis endlich und der Anthrax-ahnliche Bacillus aus Mist
wachsen mafiig gut, wobei auch eine schwache Rosafarbung des Bodens
eintritt, aber viel spater als mit B. anthracoides, namlich am 4—5.Tage.
Der Choleravibrio und die ihm nahe stehenden Arten verhielten
sich samtlich gegcn unseren Nahrboden negativ, was ja auch nach den
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV - No. 1.
Daten von Maassen vorauszusetzen war. Wenn auch einige unter
denselben, wie z. B. Vibrio Finkler-Priori, deutliches Wachstnm
zeigen, so rufen sie doch keine F&rbung hervor. Wir haben gepruft:
Vibrio cholerae asiaticae, V. Milleri, V. Finkler-Priori
and V. Metschnikovi.
Ebenso negative Resultate haben wir auf unserem NShrboden (0,5-
proz. Natr. form.) mit einigen sSurefesten Bakterien erhalten: 1) B. tu¬
berculosis, 2) B. von L. Rabinowitsch, 3) B. Mdlleri, 4) einem
aus verschiedenem Unkraut im Jurjewer Veterinftr - Institut isolierten
Bacillus, 5) einem auf Timotheusgras in Jurjew und der Erim gefundenen
Bacillus. Der Boden erwies sich als ftir diese Arten vollst&ndig un-
tauglich, obgleich wir ihn in einigen Versuchsreihen auch mit Zusatz
von 7 Proz. Glycerin anwandten.
Zum Schlusse erwahnen wir, daC man, urn dasselbe Prinzip der
Begilnstigung der alkalischen Reaktion zu differentialdiagnostischen
Zwecken anzuwenden, auch andere FettsSuren statt Ameisens&ure be-
nutzen kOnnte. Wir gebrauchten auch 1-proz. Natr. acet. mit Phenol-
phthale'in bei Versuchen mit 1) B. typhi abd. und B. coli, 2) B.
diphth. und B. pseudodiphth. Es ging dabei ahnlich wie mit
Natr. form., nur war die F&rbung der B. coli- und B. pseudodiphth.-
Kulturen 1) nicht so intensiv, 2) trat dieselbe etwas spater ein und
3) war keine Garung des Kondenswassers in C o 1 i - Kulturen bemerkbar.
Nachdruck vcrboten.
Tuberkulosestudien.
Von Dr. A. KOppen in Norden.
I. Hethode fur die AgglatlnationsprKftuig der Tb 1 ).
Bei dem zuerst an eigenbeweglichen Bakterien beobachteten Agglu-
tinationsphanomen waren zwei Phasen zu unterscheiden, das Stadium des
Unbeweglichwerdens der Bakterien und dasjenige der Verklebung (Ver-
klumpung) jener. Als die Agglutinationsprflfung auch auf Bakterien
ohne Eigenbewegung ausgedehnt wurde, liefien sich selbstverstiindlich
keine zwei Stadien unterscheiden; es konnte lediglich die Verklumpung
zur Wahrnehmung gelangen. Bei Bakterien, welche, wie die Tb, in
festen Verbanden wuchsen, mufite dieser Zusammenhang zun&chst ge-
16st werden, wenn von einem Eintritt der Verklumpung die Rede sein
sollte. Arloing (Mitt. a. d. Kongr. f. inn. Med. in Montpellier. 1898)
erreichte dies, indem er tuberkuloses Material nach Passage durch den
Tierkorper auf Kartoffel und von dort auf Bouillon, welche tAglich ge-
schflttelt wurde, impfte. So wuchsen die Tb einzeln, hatten aber an
Virulenz bedeutend eingebtiflt.
Von deutschen Forschern ist aufier Koch (1) auch Beck und
Lydia Rabinowitsch (2) die Zuchtung des Arloingschen Stammes
gelungen; doch haben sie wegen einiger Abweichungen der ihrigen die
Ursprungskultur des Lyoner Bakteriologen zu ihren Versuchen vor-
gezogen; ebenso haben sich Bendix (3), Rumpf-Guinard (4). Moel¬
ler (5) und Ruitinga (5a) derselben bedient. Moeller gibt aus-
1) Dieselbe war bereits vor langer als einem Jahre im Prinzip fertig.
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KOppen, Tuberkulosestadien.
7
drUcklich an, daB er die erforderliche GleichmQBigkeit nicht selbst habe
erzielen konnen. Auch Gebhard und von Torday (6) betonen den
leichten MiBerfolg des Arloingschen Verfahrens. Neuerdings hat
Gourmont (7) die Kulturen verdQnnt und formolisiert, wodurch die
Anwendbarkeit zwar erleichtert, die UmstUndlichkeit der Gewinnung der
AgglutinationsflQssigkeit aber nicht abgeschafft wird. Das MiBliche ist,
daB trotz genanester Beachtung der Vorschrift die Kultur nach des Er-
finders (8) eigenem ZugestQndnis nicht immer gleichmaBig ausfQUt. Dies ist
nicht verwunderlich, denn das Wachstum des Arloingschen Tuberkel-
bacillus ist ein so abnormes, daB dieser als ein reines Kunstprodukt an-
zusehen ist. Die ZQchter nennen ihn mit Recht eine kflnstlich geschaffene
Varietat des Kochschen Bacillus. Wenn sie dann aber hinzufiigen,
daB diese ihr Analogon in der Natur finden konne, so fehlt fQr diese
Vermutung jeder Anhalt. Wenn die NachzQchtung solcher Spielarten
noch einigermaBen gleichmaBig ausfallt, so ist dies grOBtenteils einem
gliicklichen Zufall zu verdanken.
Die berQhrten Uebelstande veranlassten v. Behring und Koch,
eine andere AgglutinationsflQssigkeit herzustellen.
v. Behring (9) verwandte abgetotete Tb, welche zerkleinert in
alkalischem Wasser emulsioniert wnrden. Am zweckm&fiigsten erwies
sich die Einwirkung von 1 Liter '/*-proz. Natronlauge auf 10 g getrockneter
und zerkleinerter Tb wahrend 8 Tage bei 37®. Die alkalische Reaktion
wurde durch Essigsaure abgestumpft.
In ahnlicher Weise ging Koch (1. c.) vor, der die zu Staub ge-
mahlenen Tb in der 100-fachen Menge Karbolkochsalzlosung auf-
schwemmte, 6 Minuten zentrifugierte und dann zum Gebrauch auf das
10000-fache verdflnnte.
Beiden Verfahren gemeinsam ist, daB die Tb nicht vereinzelt, son-
dern zerstUckelt werden.
Als Mangel beider Verfahren ist die Veranderlichkeit des Agglutina-
tionstitres zu nennen. Letzterer steigt im Laufe der Zeit in erheblicher
Weise; nach Romberg (10), dem ich beipflichte, bei der v. Behring-
schen FlQssigkeit durch Ausfallen der wachsartigen Bestandteile der Tb,
bei der Kochschen FlQssigkeit vielleicht noch aufierdem zufolge des
KarbolsQurezusatzes. Diese Unbestandigkeit muB notvendigerweise die
Beantwortung der Frage, ob eine zu prflfende Substanz nach einiger
Zeit an agglutinierender Wirkung gewonnen hat Oder nicht, erschweren.
Ein weiterer Uebelstand der Kochschen FlQssigkeit ist ihre geringe
Haltbarkeit; die StammflQssigkeit halt sich im Eisschrank nicht langer
als 14 Tage. Welche Unbequemlichkeit dies mit sich bringt, braucht
nicht weiter ausgefuhrt zu werden. SchlieBlich ddrfte es wohl auch
zweifelhaft sein, ob durch das Zentrifugieren immer dieselbe Menge
fester Substanz eliminiert wird. Wenn dies aber nicht geschieht, kann die
Zusammensetzung der FlQssigkeit jedesmal nicht gleichmaBig ausfallen.
Ich komme nnnmehr auf die Anstellung der Probe zu sprechen.
Wahrend Arloing und v. Behring bezw. Romberg die Kia-
r u n g der AgglutinationsflQssigkeit als Zeichen der eingetretenen Agglu¬
tination ansprechen, nimmt Koch, genotigt durch die geringe Opales-
zenz seiner Probeflflssigkeit als unterste Grenze das Vorkommen eines
bei makroskopischer Betrachtung eben noch deutlich erkennbaren schwe-
benden und gleichmaBig verteilten Niederschlages an.
Dieser Niederschlag beweist aber noch keine Agglutination! Wenn
man ein mikroskopisches Praparat von einem Tropfen einer derart be-
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8
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 1.
einfluBten Probeflflssigkeit mit erkennbaren, also nicht zu Staub gemah-
lenen Tb untersucht, so liegen nur ganz wenige Tb in ganz kleinen
lockeren H&ufchen zusammen; die weitaus meisten Tb liegen einzeln.
Von den H&ufchen ist es noch zweifelhaft, ob sie wirklich agglutiniert
sind oder ob nicht vielmehr die Tb im Praparat zusamraengetrieben
sind. Man darf wohl annehmen, daB diese makroskopische „grisselige
Trttbung“, wie ich den Niederschlag nennen mochte, keine Agglutinations-,
sondern eine Pr&zipitationserscheinung ist.
Auch durch vergleichsweise Prflfung zeigt es sich, daB grisselige
Trfibung und Agglutination nicht identisch sein konnen. Ein Blick auf
die von Rumpf und Guinard veroffentlichte Tafel, welche den gleich-
zeitigen Ausfall der Agglutinationspriifung nach Arloing und Koch
darstellt, lehrt, daB, eingerechnet einer leichteren Agglutinierbarkeit der
Kochschen Flflssigkeit, unmdglich dieselbe Probe vorliegen kann.
Dieselbe Beobachtung machte Th el lung (11), welcher beide Probe-
flflssigkeiten auf ihre Agglutinierbarkeit durch das Serum von mit Neu-
tuberkulin behandelten Meerschweinchen prflfte. Es reagierten auf die
Lyoner Eultur mehrere Tiere negativ, welche die Kochsche Flflssigkeit
zum Toil stark agglutinierten.
Beweisend ffir den positiven Ausfall der Probe ist nur die
K1 & r u n g.
Fflr den Verlauf der Agglutination von Wichtigkeit ist die Konzen-
tration, in welcher die agglutinierbare Substanz vorhanden ist, indem
je nach dem Verh<nis, in dem die zu prflfende Substanz zu der agglu-
tinierbaren steht, die Bindungsverh<nisse sich flndern 1 ). A lie Methoden
aber arbeiten mit gleichmSBig zusammengesetzter Flflssigkeit, welcher
die zu prflfende Substanz in wechselnder Menge zugesetzt wird. Da-
durch kommen grofie Unterschiede in dem Gehalt der Gesamtflflssigkeit
an agglutinierbarer Substanz zu stande, und es kann auf diese
Weise vorkommen, daB eine Probe mit weniger Serum die Reaktion
zeigt, eine solche mit mehr Serum aber nicht.
Nicht ohne Bedeutung ist, wie auch Romberg ausfflhrt, die Re¬
aktion der Flflssigkeit. Da nun das Blut mit dem Stehen immer mehr
an Alkaleszenz einbfifit, das Serum bereits nach kurzer Zeit sauer rea-
giert, so muB auch die Agglutinationsflflssigkeit mit steigendem Serum-
zusatz sauer, zum mindesten in seiner Reaktion ver&ndert werden, da
die bisherigen Methoden die Aenderung des Alkaleszenzgrades nicht be-
rflcksichtigen. Denn die ProbeflQssigkeit hat flberall die gleichgradige
Reaktion. Hierdurch wird die Gleichm&Bigkeit der Probe beeintr&chtigt.
Die Aufgabe, welche ich mir gestellt hatte, war die: Eine Agglu¬
tinationsflflssigkeit herzustellen, welche die Tb vereinzelt enthielt, welche
leicht und stets gleichmafiig zu bereiten und die nicht nur haltbar, son¬
dern auch unverSnderlich und in einer solchen Konzentration brauchbar
war, dafi sie nach Ablauf der Reaktion eine Kl&rung sicher erkennen
lieB. Aufierdem sollten bei Anstellung der Probe Unterschiede im Vo-
lumen und des Alkaleszenzgrades wegfallen bezw. ausgeglichen werden.
Es war klar, daB als Ausgangsmaterial nur die gewflhnliche Tb-Kultur
in Betracht kommen konnte.
Zun&chst hatte ich versucht, durch sorgf<iges Verreiben der Tb
mit purer Kalilauge im Achatmorser und bis 12-stflndiges Kochen die
Tb zu isolieren. Dies gelang aber erst nach h&ufigem Filtrieren durch
1) Wegen der Einzelheiten mufi ich auf die einschlagige Literatur verweisen.
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KOppen, Tuberkulosestudien,
9
feinstes Filtrierpapier. Zwar lieB sich die so bereitete Aufschwemmung
als Agglutinationsflflssigkeit verwerten; es fehlte aber jeder sichere An-
haltspnnkt, wieviel Tb auf dem Filter zuflckblieben und wie viele
schliefilich zur Prflfung kamen, da das Anfangsgewicht der Tb wegen
der erlittenen Ver&nderung dieser dnrch das Kochen nicht in Rechnung
gestellt werden durfte.
Tabelle.
No.
I
II
“3
Jfl
v i
yi|
VII
vmj
IX
X
XI
XTT
XIII
XIV
Serum
500
400 1
300
250
20 o!
T5ol
100
75
50
25
20
15
10
5
AgFl
AgE
500
600 ]
700
750
800
850
900
925
950
975
980
985
990
995
3
3,75
5
6
7^
10
15
20
30
60
75
100
150
300
Ungefahr. Ver-
haltnis von
Serum: AgFl
i
*
i
i
i
4
A
A
A
rftr
t4tt
So konnte die erste Forderung nach der Gleichm&fiigkeit der dar-
gestellten Probeflflssigkeit auf diese Weise nicht erfiillt werden.
Diese Versnche batten gezeigt, daft die Lockerung der die Bacillen
zusammenhaltenden Substanz auf diesem Wege nur unvollkommen er-
folgte. Dieser Kitt besteht aus einer wachsartigen Masse nnd es mufite
mflglich sein, dieselbe auf physikalischem oder chemischem Wege zu
entfernen und dadurch die Tb zu vereinzeln.
Die Behandlung mit Aether fflhrte zu halbwegs befriedigendem
Ergebnis. Was aber storte, war der Umstand, dafi die Tb nach ihrer
Entfettung und Aufschwemmung in Kochsalzldsung jede Emulgierungs-
fahigkeit vermissen liefien; sie sanken sehr bald zu Boden. Dadurch
konnten bei mehrstflndigem Stehenlassen der Proben leicht Irrtflmer
entstehen.
Deshalb entschloB ich mich fflr die Verseifung.
Die ganze Glycerinbouillonkultur wird auf ein feines Faltenfilter ge-
schflttet Nach Ablaufen der Fliissigkeit werden die Tb, von denen man
wegen ihres engen Zusammenbalts nur einen unmerkbaren Verlust hat,
einigemal mit physiologischer (0,85 Proz.) Kochsalzlflsung ttbergossen,
um durch die Entfernung des anbaftenden Glycerins ein vollkommenes
Trocknen zu ermoglichen. Dies geschieht nach Aufschutten der Tb auf
eine flache Schale im Brfltofen unter gelegentlichem Umkehren der Tb
im Laufe eines bis mehrerer Tage, je nach Menge der Tb 1 ).
Es wird nun von den durchaus trockenen Tb ein Quantum, z. B.
1 g, abgewogen, mit der 3-fachen Menge (3 ccm) warmer 33 1 /,-proz.
w&sseriger Kalilauge Obergossen und nach gutem Durchgezogensein,
wozu mehrere Stunden notig sind, portionsweise im Achatmdrser auf
das sorgf<igste zu einem durchaus gleichm&fiigen Brei verrieben, der
gar keine Kdrnung mehr zeigen darf. 1 g Tb verreibt man am besten
in 4 Portionen. Die dem Mflrser und Pistill anhaftenden Reste werden
mit einem weiteren Kubikzentimeter ‘/s Kalilauge aufgenommen; das
Ganze wird in einer passenden, gut zugedeckten Abdampfschale fflr
mehrere Stunden in den Brfltofen gestellt.
Diese starke Kalilauge, welche das Zellprotoplasma nicht angreift,
soil w&hrend dieser Zeit die Kittsubstanz gleichm&fiig durchdringen.
1 ) Bevor man die Tb trocknet, kann man sie, um jeder Gefahr vorzubeugen, in
der flachen Schale durch 10—15 Minuten lange Einwirkung des stromenden Wasser-
dampfes abtoten.
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Centralbl. f. Bajtt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Danach wird die Schale mit dem Brei auf das kalte Wasserbad ge-
setzt, in welchem das Wasser im Verlaufe von etwa 15 Minuten zum
Sieden gebracht wird. W&hrend dieser Zeit wird der Brei unter fleifiigem
Umrflhren mit dem Glasstabe durch Wasserzusatz auf dickflflssige Eon-
sistenz gebracht und wShrend der n&chsten 15 Minuten, in denen die
Verseifung, auch unter fortgesetztem Umrflhren, vor sich gehen soli,
erhalten, was man dadurch erreicht, dafi das verdampfte Wasser durch
tropfenweisen Zusatz von Spiritus ersetzt wird. Die fertige Seife wird
durch allmflhliches Zusetzen von heifiem destillierten Wasser ad 100,0
geldst
Natronlauge gibt feste Seifen und eignet sich deshalb nicht so gut
fflr den vorliegenden Zweck.
Das fertige Pr¶t nenne ich Agglutinationsstam mflflssig-
keit. Sie ist von milchigem Aussehen, gibt beim Schfltteln einen
Schaum und l&Bt dabei die Tb — wie die Colibacillen im Bakterien-
urin — in Wolkenbildung erkennen. Im fibrigen hat sie ein gleich-
mflfiiges Aussehen und darf vor allem keine Brflckel enthalten. Die Re-
aktion ist alkalisch. Sie zeigt, jedenfalls infolge des Seifengehaltes,
keine Neigung zu faulen Oder zu schimmeln und ist deshalb, da sie
steril hergestellt werden und unbeschadet ihrer Brauchbarkeit auch
hinterher nochmals kurz sterilisiert werden kann, unbegrenzt haltbar.
Deshalb sind antiseptische Zusfltze, welche sie in ihrer Beschaffenheit
findern kflnnten, flberflttssig; ein Ausfallen der wachsartigen Bestandteile
der Tb kann ebenfalls nicht mehr statthaben, da das Fett, welches als
Mantel und Kitt diente, verseift ist Man kann deshalb sagen, dafi fflr
absehbare Zeit eine Aenderung des Agglutinationswertes nicht eintritt
Eine Spur dieser Stammflflssigkeit in einen Tropfen Wasser ge¬
bracht, in bekannter Weise gefflrbt und mikroskopisch untersucht, zeigt
die Tb vereinzelt, in ihrer Form unverflndert und gut gef&rbt, wenn
der S&urealkohol (25-proz. alkoholische Salpetersaure) nicht zu lange ein-
wirkte. Da man annimmt, dafi die Tb ihre S&ure-Alkoholfestigkeit ihrem
Fettgehalt verdanken, so ist ihre erhaltene spezifische Farbf&higkeit
ein Zeichen dafflr, dafi das im Innern der Bacillenleiber enthaltene Fett
unbeeinflufit geblieben, dafi also nur das Mantel- und Klebefett verseift
wurde.
Die gebrauchsfertigen Agglutinationsprobeflttssig-
keiten werden so hergestellt, dafi je 1 1 / 2 ccm der Stammflflssigkeit ad
50,0, 60,0, 70,0, 75,0, 80,0, 85,0, 90,0, 92,5, 95,0, 97,5, 98,0, 98,5, 99,0,
99,5 ccm 0,85-proz. Eochsalzlflsung gebracht wird — AgFl I—XIV.
In alien GlSsern ist der prozentuarische Kochsalzgehalt derselbe;
das Volumen, die Konzentration und der Alkaleszenzgrad sind ver-
schieden und zwar je kleiner das Volumen, desto grflfier die Alkales-
zenz und die Dichte. Das bereits bei der Stammflflssigkeit beschriebene
„Schflttelph&nomen“ tritt hier besonders gut hervor; im flbrigen zeigen
die Flflssigkeiten ausgeprflgte Opaleszenz, deren Stflrke sich nach der
Dichte richtet.
Von diesen Flflssigkeiten werden aus den verschiedenen GlSsern
(I—XIV) in kleine sterile Eprouvetten 500, 600 u. s. w. bis 995 cmm ge-
rflllt. Ich bediene mich der in den Apotheken zum Aufnehmen von
Zahnwatte viel benutzten Gl&ser, welche 7 cm lang, s / 4 cm weit und
einen gewfllbten Boden haben. Zum Verschlufi nehme ich statt Watte
Edrke, weil bei ersterer ein gehflriges Mischen kaum mdglich ist. Leichter
im Gebrauch sind Glaser mit eingeschliifenem Glasstdpsel und einge-
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Kflppen, Tuberkulosestudien.
11
brannter Bezeichnnng, die man sonst jedesmal aufkleben mufi. Jedes
derartige Glas kommt aber auf ca. 40 Pfg. zu stehen.
Bei Anstellung der Probe wird der Inhalt der Glaser mit der zu
priifenden FlQssigkeit ad 1000 cmm aufgefullt und durch mehrmaliges
Umkehren gut vermischt. Man erhait dadurch die Verhaltnisse des
Serums zu AgglutinationsflQssigkeit 1:1 bis 1:200 (cf. Tabelle). Man
wird jedoch nicht samtliche Proben anzusetzen brauchen. Vermutet
man ein schwaches Agglutinationsvermdgen, so stellt man eine Reihe
der unteren Proben an, von den hdheren nur einige, und umgekehrt.
Wabrend vor dem Serumzusatz die Konzentration und die Alkales-
zenz des Inhalts der Probeglaschen dem jeweiligen Inhalt der Glaser
mit den AgglutinationsflQssigkeiten entsprach, also verschieden stark
und groB war, ist nunmehr — nach dem Zusatz des Serums bezw.
der zu priifenden FlQssigkeit — das Volumen sowohl wie der Gehalt
an Tb in alien Giasern derselbe; ebenso der Salzgehalt, da Serum und
AgglutinationsflQssigkeit isotonisch sind. Aber auch der Alkaleszenz-
grad wird Qberall, soweit mflglich, derselbe, indem die durch die grSfiere
Serummenge herabgedruckte Alkalinitat durch die hohere Alkalinitat der
AgglutinationsflQssigkeit jedesmal ausgeglichen wird. Dieser Ausgleich
kann ohne Verschiebung der normalen Verhaltnisse nur unter der Be-
dingung zu stande kommen, daB der Alkaleszenzgrad der grdfiten Ver-
dQnnung annahernd dem des Blutes entspricht Dies ist tatsachlich der
Fall, wovon man sich Qberzeugen kann, wenn man Blut in die Probe-
rohrchen einbringt. Das Blut wird nicht lackfarben, die roten Blut-
korperchen werden nicht zerstort, sondern sie senken sich zu Boden.
Aus demselben Grunde lafit sich diese AgglutinationsflQssigkeit auch zur
Prflfung des Blutes selbst verwenden.
Die Proberohrchen werden in den Brutschrank gestellt und ruhig
stehen gelassen, bis die Reaktion beendet ist
Da der Inhalt der Glaser sich nur durch die Farbung infolge des
geringeren Oder starkeren Serumzusatzes, nicht aber durch die Dichtig-
keit, welche Qberall gleich ist, unterscheidet, so sind Veranderungen
durch den Vergleich der Glaser leicht zu erkennen. Man bedarf, und
das ist ein weiterer Vorzug dieser Methode, zum Vergleich keines agglu-
tinierenden Serums als Kontrolle.
Der Ablauf der Reaktion gestaltet sich nunmehr so, daB der Inhalt
einiger Glaser sich trQbt, er ist opak, undurchsichtig geworden; das
SchQttelphanomen ist nicht mehr sicher zu erkennen. Etwas spater
werden diese FlQssigkeiten grisselig (fein bis grobkdrnig getrflbt) und
trennen sich dann noch in solche, bei denen die suspendierende Flussig-
keit klar wird, und in solche, bei denen dies nicht stattfindet In den
ersteren ist die Reaktion vollkommen positiv, d. h. samtliche agglutinier-
bare Substanz ist durch die agglutinierende gebunden. Diesem chemi-
schen Vorgange schlieBt sich dann der physikalische des Sedimentierens
an; wartet man das Ende dieses letzteren ab, so ist die Beurteilung
des Ausfalles der Reaktion sehr leicht. Ich verfahre zu diesem Zwecke
so, daB ich die Rdhrchen, welche Qber Nacht im Brutofen gestanden
haben, am anderen Morgen ins Zimmer stelle. Bei dieser Temperatur
scheint mir das Sedimentieren schneller zu gehen. Spaterhin am Abend
desselben Tages ist auch diese Phase abgelaufen.
Von den anderen Giasern verandern einige ihren Inhalt gar nicht;
einige trflben sich noch. Man darf hierin wohl eine PrBzipitations-
erscheinung sehen; hierzu reicht die im Serum befindliche bindende
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Substanz noch aus, w&hrend in den Gl&sern, deren Inbalt bei nnklar
bleibender FlQssigkeit grisselig wird, noch ein fiber die Pr&zipitation
hinansreichender Ueberschufi an bindender Substanz eine unvollstfindige
Agglutination verursacht. Dies l&Bt sich auch durch die mikroskopische
Untersuchung zeigen.
In den hellgebliebenen oder lediglich getrfibten Gl&sern liegen alle
Tb, einerlei aus welcher Hohe des Inhalts man die Probe nimmt, ein-
zeln. Untersucht man eins von den Gl&sern, in denen ein grisseliger
Niederschlag sich in der unklaren Flfissigkeit zu Boden gesenkt hat,
so findet man in den oberen Schichten viele einzelne und manche in
kleinen Haufen liegende Tb; das Sediment enth< meist kleine H&ufchen
von Tb, wenig einzelne — unvollkommene Agglutination. In den Gl&sern
mit ganz klarer FlQssigkeit befinden sich nach vollendetem Sedimentieren
in den oberen Schichten keine Tb, bei ungenfige'nder Sedimentation
grfifiere Haufen von Tb, welche auch in beiden F&llen den Boden be-
decken — vollkommene Agglutination.
Der einmal gebildete Niederschlag, welcher bei der unvollkommenen
Agglutination fein, bei der vollkommenen massig ist, verteilt sich durch
Umkehren der Gl&ser nicht in frfiherer Weise, d. h. er ldst sich nicht,
sondern er bleibt deutlich erkennbar.
Reicbt die makroskopische Betrachtung auch ffir alle die F&lle aus,
wo das Serum vfillig klar zur Verwendung kommt, so ist die mikrosko¬
pische Untersuchung doch da notwendig und allein noch im stande, eine
Antwort zu geben, wo das Serum bezw. die zu prfifende Flfissigkeit
aus einem unglficklichen Zufall oder aus anderen Grfinden mehr oder
weniger getrfibt benutzt wird.
Bei der Prfifung des Agglutinationswertes des Blutes hat man
mit der Schwierigkeit zu rechnen, dieses ohne jede Spur von Gerinnung
in die Proberdhrchen hineinzubringen. Zu diesem Zwecke mufi man
das Blut direkt aus der Wunde mittels der vorher mit physiologischer
Kochsalzldsung ausgespfilten Pipette entnehmen und ohne Verzug in
die durch Umschfitteln wandbenetzten Gl&schen verbringen, worauf
durch mehrmaliges Umkehren das Blut gut verteilt wird.
Die Rdhrchen mflssen senkrecht im Brutschrank stehen. Bei einem
Verh<nis von Blut zu Probedfissigkeit wie 1:50 ist nach 2 Stunden
ca. V 8 , nach 4 Stunden sind ca. */s und nach 6 Stunden ist die Ge-
samtheit der roten BlutkOrperchen sedimentiert und liegt als Kuchen am
Boden des Glases. Bei geringeren Blutmengen nimmt dieser Vorgang
natfirlich etwas weniger, bei groCeren Blutmengen etwas mehr Zeit in
Anspruch. Man kdnnte denken, dad die sich niedersetzenden Blut-
kdrperchen die Tb mitreifien mfifiten. Das ist aber nicht der Fall;
denn wenn man einen Tropfen der obenstehenden Flfissigkeit unter¬
sucht, findet man die Tb wie sonst.
Nach vollendetem Sedimentieren kann man die Reaktion an der
darfiber befindlichen Flfissigkeit in gewohnter Weise beurteilen.
Den Agglutinationswert berechne ich nicht nach dem Ver¬
h<nis, in dem die geprfifte Flfissigkeit zur Menge der Agglutinations-
flfissigkeit steht, sondern nach der Menge der festen Substanz, welche
durch ein gewisses Quantum der zu prfifenden Flfissigkeit agglutiniert
wird und zwar bezeichne ich als Agglutinationseinheit (AgE) das Ver¬
h<nis von 1 ccm der zu prfifenden Flfissigkeit zu 1 mg feste Substanz.
Diese Berechnung setzt eine exakte Bearbeitung der festen Substanz
voraus, wie sie in dieser Methode durchgeffihrt ist, und macht zugleich
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KOppen, Tubarkulosestudien.
13
alien Ungleichheiten der Testflflssigkeiten, wie sie nach den bisherigen
Metboden unumgflnglich waren, ein Ende. (Vergleichsweise habe ich in
der Tab elle die alte Bezeichnnng nebenbei mitaufgefflhrt.)
Die Handlichkeit der Metbode ist wohl ohne weiteres einleuchtend.
Hat man einmal mehrere Reihen von Proberohrchen mit Agglutinations-
flflssigkeit beschickt, so ist man jederzeit, die Probe anzustellen, in der
Lage. Auch die Sparsamkeit ist nicht gering zu achten and zwar nicht
sowohl in betreff der Probeflflssigkeit — (man kann mit 1,0 Tb */ 3 Mil-
lionen Prflfungen vornehmen) — als besonders in betreff des Sernms,
da man mit 1 ccm derselben und weniger auskommt.
Um die Vorziige meiner Metbode knrz zusammenznfassen, so l&Bt
sich von ihr sagen, daB sie bei stets leicht und gleichmaBig herzustellen-
der, sowie haltbarer und unver&nderlicher Probeflflssigkeit die Fehler,
welche durch Aenderung des Volumens, der Konzentration und der
Alkaleszenz veranlafit werden, vermeidet und dafi sie handlich und
sparsam ist
Ich gebe mich dem Wunsche und der Hoffnung hin, daB diese
meine Methode sich bei der Nachprflfung bew&hren und dafi sie auch
bei der Agglutinationsprflfung anderer Mikroorganismen als prinzipielles
Vorbild dienen moge.
Literatur.
1) Koch, R., Ueber die Agglutination der Tuberkelbacillen und iiber die Verwertung
dieser Reaktion. (Deutsche med. Wochenschr. 1901. No. 48.;
2) Beck, M. u. Rabinowi tsch, L., Ueber den Wert der Courmontschen Serura-
reaktion fiir die Fruhdiagnose der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr. 1900.
No. 25.)
3) Bendix, E., Zur Serodiagnostik der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr.
1900. No. 14.)
4) Rumpf, E. u. Guinard, L., Ueber die Agglutination der Tuberkelbacillen und
die Verwertung dieser Reaktion. (Deutsche med. Wochenschr. 1902. No. 8.)
5) Moeller, A., Zur Fruhdiagnose der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr.
1901. No. 50.)
5a) Rutin ga, P., Zur Berumdiagnose der Tuberkulose. (Zeitschr. f. Tuberkulose etc.
Bd. III. 1902. Heft 6.)
6 ) v. Gebhardt, Fr. u. v. Torday, A., Ueber die Berumdiagnose der Tuberkulose.
(Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 28.)
7) Courmont, P., Comparaison des r&ultats du s6ro-diagnostic tuberculeux et de la
cytologie dans les £panchements pleuraux. (Compt. rend, de la Soc. m4d. des
h6pitaux de Lyon. 1902. No. 3. Centralbl. f. Bakt Bd. XXXI. 1902. No. 21/22.)
8 ) Arloing, S. u. Courmont, P., Ueber den Wert der Serumreaktion fiir die friih-
zeitige Diagnose der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr. 1900. No. 48.)
9) Romberg, E., Zur Berumdiagnose der Tuberkulose. (Deutsche med. Wochenschr.
1901. No. 18, 19.)
10) -, Weitere Mitteilungen zur Berumdiagnose der Tuberkulose. (Munch, med.
Wochenschr. 1902. No. 35
11) Thellung, Fr., Experimenteller Beitrag zur Frage der Agglutination und zur
Behandlung der Tuberkulose. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXIL 1902. Orig. No. 1.)
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Google
14
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 1.
Nachdruck verboten.
Beitrag zur Frage der Bedeutung anaerober Bakterien bei
Dannkrankheiten.
[Aus dem Hygiene-Institut der Universitat Zfirich.]
Von Dr. A. Bodella, Assistenten am Institute.
Mit 1 Figur.
In unmittelbarem Zusammenhange mit meinen Publikationen fiber
anaerobe Bakterien des Sauglingsstuhles*) steht die nachfolgende Mit-
teilung, welche als eine vorlaufige zu betrachten ist.
Die schon frflher wiederholt gemachte Erfahrung, dafi in den nach
der Methode der Tuberkelbacillenfarbung angefertigten Stuhlpr¶ten
von an chronischem Darm-
kartarrhe leidenden Pa-
tienten sich rundliche
saurefeste Gebilde mikro-
skopisch nachweisen lie-
Ben, gab mir Veranlas-
sung, auch bei Sauglin-
gen ahnliche Versuche
anznstellen. Das Material
wurde auf Objekttrager
nicht sehr diinn aufge-
strichen, in der fiblichen
Weise fixiert und dann
in heiBer Fuchsinlbsung
(Ziehlscbe Losung) 1 / 1
Stunde lang gefarbt Die
Entfarbnng in 5 - proz.
Schwefelskure und nach-
traglicher AbspQlung mit
konzentriertem Alkohol
war etwas schwacher, als
dieselbe bei der Tuberkelbacillenfarbung zu sein pflegt. Die Grun-
dierung des Praparates mit Methylenblau geschah auch hier in der
fiblichen Weise.
Ffir verschiedene chronische und subakute Falle von Darmkrank-
heiten kann das hier gezeichnete Praparat als Muster dienen.
Dafi die rotgefarbten Gebilde nichts anderes als Sporen von an-
airoben Bacillen sind, konnten wir sehr leicht feststellen, dank der grofien
Widerstandsfahigkeit derselben gegen Warmeeinwirkung.
Wir liefien in der Tat das mit steriler Bouillon aufgeschwemmte
Material 3—4 Minuten bei der Temperatur des siedenden Wassers und
impften nachher dasselbe in einige RShrchen mit flfissigem Agar. Es
kamen immer nur anaerobe Mikroorganismen zur Entwickelung.
Dafi auch in normalen Stuhlg&ngen sich regelm&fiig sporentragende
anaerobe Bacillen befinden, haben wir schon in den oben erwahnten
Arbeiten mitgeteilt. Doch zeigten bei unseren damaligen Untersuchungen
1 ) Zeitechr. f. Hygiene. Bd. XXXIX. p. 201 u. Bd. XLI. p. 466.
Im Original sind die grOBeren Punkte rot, das ilbrige
ist Islau gefSrbt.
Digitized by ^ooQle
Jochmann u. Moltrecht, Bronchopneumonie bei Keuchhustenkindem etc. 15
die direkten mikroskopischen Stuhlprfiparate nie so reichliche freie
Sporen von anaSroben Bacillen.
Ohne hier an die Frage herantreten zu kCnnen, ob die hier ge-
schilderte Erscheinnng in kausalem Zusammenhange mit den Krankheits-
prozessen steht, wSiren wir zufrieden, die Anregung, die hier kurz be-
schriebene Methode bei Untersuchung pathologischer StuhlgSnge syste-
matisch einzufflbren, gegeben zu haben.
Nachdruck verboten.
20 FaUe von Bronchopneumonie hei KeuchhustenMndem,
hervorgerufen durch ein inflnenzaahnliches Stabchen:
Bacillus pertussis Eppendorf,
[Aus dem allgemeinen Krankenhause Hamburg-Eppendorf, medizinische
Abteilung (Oberarzt Dr. Rumpel).]
BeitrSge zur Aetiologle des Keuchhustens.
Von
Dr. Georg Jochmann, und
Assistenzarzt der medizinischeo Univerfii-
tatsklinik Breslau, friiher Assistenzarzt am
Allgemeinen Krankenhause Hamburg-
Eppendorf.
Dr. Moltrecht,
Assistenzarzt am Hamburg-Eppendorfer
Krankenhause.
In einer Mitteilung aus dem Jahre 1901 von Georg Jochmann
und Paul Krause 1 ) wurde festgestellt, daB bei der bakteriologischen
Untersuchung des Auswurfes von Keuchhustenkindem in der Mehrzahl
der Falle ein influenza&hnliches Stabchen gefunden wird, das ausschliefilich
auf hamoglobinhaltigen NahrbSden gedeiht. Dasselbe wurde damals
zum Unterschiede von anderen in der Literatur beschriebenen Pertussis-
Bacillen Bacillus pertussis Eppendorf genannt, weil es im
Hamburg-Eppendorfer Krankenhause in tiberwiegender Menge im Keuch-
hustensputum gesehen wurde. »
Es ist ovalar, von der Grgfie und Form des Influenzabacillus, mit-
unter zu zweien liegend, nie in Ketten. Es zeigt sehr geringe Neigung
zur Scheinfadenbildung; bei schwacher Farbung ist eine Andeutung
von Polfarbung vorhanden, da dann die Mitte oft ungefarbt bleibt. Es
ist unbeweglich, farbt sich nicht nach Gram und gedeiht nur auf
hamoglobinhaltigen Nahrboden in der Form von Tautrdpfchen-
kolonieen, die von denen des Influenzabacillus nicht unterschieden
werden konnen und die bei durchfallendem Lichte stark Licht brechen
und bei auffallendem Lichte zart blafigrau aussehen.
Gelegentlich jener Mitteilung wurde bereits darauf hingewiesen, daB
dieses Stabchen kein harmloser Sputumbewohner ist, sondern ffir den
kindlichen K5rper, der ihn beherbergt, verderblich zu werden vermag.
Als Beweis dafflr konnten 3 Falle mit Sektionsbefund aufgefilhrt werden,
in denen es gelang, aus bronchopneumonisch infiltrierten Lungenpartieen
durch die Kulturmethode den beschriebenen Bacillus zu gewinnen und
in 2 Fallen auch mit Sicherheit im mikroskopischen Schnitt nachzuweisen.
Die Aussaat von 1 oder 2 Oesen des blutigen Parenchymsaftes der in¬
filtrierten Lungenbezirke auf Glycerinagarplatten fflhrte jedesmal zu
dem flberraschenden Resultat, daB der Bac. pertussis Eppendorf be-
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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
reits auf der Originalplatte nahezu in Reinkultur gedieh. Nach 24 Stunden
Bebriitung bei 37 0 waren die Platten fibers&t mit den charakteristischen
Tautrdpfchenkolonieen des Bacillus pertussis, zwischen denen nur
selten vereinzelte Kolonieen des Diplococcus lanceolatus sich
zeigten.
Seitdem wurden die Beobachtungen im Hamburg - Eppendorfer
Erankenhause weiter fortgesetzt und aufier systematisch fortgeftthrten
regelmaBigen Sputumuntersuchungen bei jedem zur Sektion kommenden
Eeuchhustenkinde, das an einer Bronchopneumonie erkrankt war, eine
genaue bakteriologische Untersuchung der erkrankten Luugenpartieen
durch das Eulturverfahren, sowie eine pathologisch-anatomische Unter¬
suchung an Schnittprfiparaten vorgenommen. Bei alien den zur Sektion
gekommenen Eeuchhnstenkindern war bereits in vivo in dem Sputum der
Bac. pertussis Eppendorf in Masse gefunden und durch die Eultur-
methode isoliert worden. Die bakteriologische Untersuchung geschah in
der Weise, daB oberhalb der infiltrierten Lungenpartie die Pleura mit
einem glfihenden Messer abgesengt wurde, worauf mit einem sterilen
Skalpell auf den bronchopneumonischen Herd eingeschnitten wurde. Von
dem Parenchymsaft dieses Bezirkes wnrden dann mehrere Oesen auf
Glycerinagarplatten ausgestrichen. Ein Hinzufiigen von Blut zu den
Nfihrbflden war flberflflssig, da der ausgestrichne Lungensaft selbst schon
genfigend Hfiraoglobin enthielt. Auf diese Weise gelang es in 20 Fallen
unter 22 Bronchopneumonieen jenesinfluenzaBhnliche Stabchen zu isolieren.
Die bekannten strukturlosen transparenten Tautrfipfchenkolonieen, die
denen des Influenzabacillus znm verwechseln gleichen, waren jedesmal
in ganz enormer Menge auf den Platten verbreitet und fanden sich in den
meisten Fallen nahezu in Reinkultnr. Als Begleiter sahen wir in einzelnen
Fallen auf den Platten vereinzelte Eolonieen von Diplococcus lan¬
ceolatus, Streptococcus pyogenes, Staphylococcusalbus,
Micrococcus catarrhalis (Pfeiffer). Dabei konnte jedesmal
wieder jenes Phanomen beobachtet werden, auf das wir schon gelegentlich
der ersten Arbeit fiber den Bac. pertussis Eppendorf aufmerksam
gemacht wurden, daB nfimlich in der Umgebung derartiger vereinzelter
fremder Eolonieen der Bac. pertussis ein ganz anderes Wachstum wie
gewfihnlich erkennen lieB. Wahrend sonst die Eolonieen desselben sehr klein
sind, von tautrfipfchenartigem Ansehen und gar keine Neigung zeigen zu kon-
fluieren, wachsen sie in der Umgebung fremder Eolonieen, z. B. des
Streptococcus, zu groBen Eolonieen heran bis zu 2 mm Durchmesser
und konfluieren auch zum Teil. Von den Originalplatten aus wurden
jedesmal Uebertragungsversuche auf hamoglobinfreie Nahrbfiden: hfimo-
globinfreien Glycerinagar, Gelatine, Ascitesserum, Ameisenagar, Milch,
Lackmusmolke, Bouillon gemacht, jedesmal ohne Erfolg. Dagegen
konnte der gefundene Bacillus auf hamoglobinhaltigen Nahrboden, so
z. B. auf Glycerinagar mit menschlichem Placentablut jedesmal in meh-
reren Generationen fortgezuchtet werden.
Das durch das Eulturverfahren aus den bronchopneumonischen
Herden isolierte Stabchen unterschied sich in keiner Weise von dem so
haufig — bis jetzt 60mal — aus dem Sputum von Eeuchhustenkindern
gezfichteten influenzaahnlichen Stabchen. Die einzelnen Stamme wichen
in ihren morphologischen Eigentfimlichkeiten nur wenig voueinander
ab, fast stets war eine gewisse Regelmafiigkeit in der Form und GrfiBe
der einzelnen Individuen vorhanden, nur bei 3 Starn men, die aus broncho¬
pneumonischen Lungenpartieen gezfichtet waren, sahen wir ein Abweichen
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Jochmann u. Moltrecht, Bronchopneumonie bei Keuchhustenkindem etc. 17
von dieser RegelmSBigkeit, indem dfinnerc und plumpere, kfirzere und
lfingere Individuen miteinander abwechselten.
Untersucht man systematisch etappenweise den ganzen Bronchial-
baum so wie es Pfeiffer (2) gelegentlich seiner Untersuchnngen fiber
Influenzapneumonie beschreibt, so findet sich ganz fihnlich wie bei der
Influenzapneumonie in dem Ausstrichprfiparat des Schleimhantsekretes
der Trachea nnd des Kehlkopfes ein Gemisch von Streptokokken, Lanceo-
latus und Bac. pertussis, nnd je weiter man nach abw&rts in die
feineien Ver&stelungen der Bronchien geht, desto mehr fiberwiegt der
Bac. pertussis, bis er im Lungengewebe fast allein in Reinknltur
an getr often wird.
Makroskopisch wich der Befund der nntersuchten Lungen nicht
von den gewohnlichen Formen der katarrhalischen Bronchopneumonie
ab. Graue Oder geblichgraue fiber die Schnittfl&che leicht prominierende
Herde von verschiedenster GrfiBe, derber Konsistenz und herabgesetztem
Luftgehalt zeigten sicb in grofier Anzahl innerhalb blutreicher Lungen-
partieen. Auf Drnck liefi sich aus den Lumina der kleinsten Bronchioli
ein gelbliches Exsudat ausquetschen.
H&ufig war eine Anzahl bronchopneumonischer Herde konfluiert
und es fanden sich dann groBere Infiltrationen von grauroter Farbe
und stark herabgesetztem Luftgehalt mit glatter Schnittfl&che. Dort wo
die Herde bis an die Pleura heranreichten, fanden sich zarte graue
Auflagerungen auf derselben. Wo das nicht der Fall war, blieb sie glatt
und spiegelnd.
Mikroskopisch wurden die Lungen an Schnittpr¶ten unter-
sucht, die mit H&matoxilineosin, nach van Gieson, nach Weigerts
Fibrinf&rbemethode, ferner mit Orcein gef&rbt worden waren. Zur
Differenzierung der Bakterien wurde aufierdem jedesmal eine Ffirbung
mit polychromem Methylenblau vorgenommen und mit Tanninorange
gebeizt.
Die mikroskopische Untersuchung der Lungen ergab im wesentlichen
die gleichen Ver&nderungen, wie sie Pfeiffer bei der Beschreibung der
Influenzapneumonie schildert.
Es handelt sich stets um bronchopneumonische, znm Teil zu grd-
fieren, ja zu lob&ren konfluierende Erkrankungsherde in den Lungen.
Bei schwacher VergroBerung heben sich die einzelnen Herde durch ein
kernreicheres Zentrum, in welchem die Lungenstruktur fast vdllig ver-
wischt ist, und eine hellere Peripherie deutlich voneinander ab.
Die Bronchien sind selbst in den erkrankten Lungenabschnitten zum
Teil vdllig intakt, meist dagegen mehr oder weniger hochgradig ver-
findert. Oft flndet man, und zwar in einzelnen F&llen fast ansschlieBlich,
eine stellenweise oder vfillige Desquamation des Epithels ohne tiefer
greifende Ver&nderungen, an anderen Stellen eine Abhebung des Epithels
durch Runzelleninfiltration. In vorgeschritteneren Stadien geht dann
diese Infiltration in die Tiefe der Bronchialwand nm endlich noch auf
das peribronchiale Gewebe fiberzugreifen, w&hrend letzteres bei weniger
vorgescbrittener Affektion der Bronchialwand, keine Zeichen einer Er-
krankung oder nur verschiedene Grade der Hyper&mie zeigt.
Der Inhalt der Bronchien und der gleichartig erkrankten Bronchiolen
ist meist ein eitriger, seltener ein blntiger. Zwischen und in den Zellen
des Bronchialinhalts findet man auch die oben nfiher beschriebenen
Bakterien, doch bei weitem nicht in der Menge, wie das Pfeiffer fflr
seine Influenzaf&lle beschreibt nnd abbildet.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 2
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Ig Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Die an einigen Stellen recht reichliche Durchsetzung des peripronchi-
alen Gewebes mit Rundzellen laBt sich vielfach weit in die benachbarten
Alveolarsepta hinein verfolgen, welche hierdurch und dnrch die Er-
weiternng der GefaBe stellenweise eine sehr erheblicbe Breite ange-
nomraen baben. Nahert man sich dem Zentrum der lobularen Herde,
so kann man dort bisweilen einen Schwund der Alveolarsepten be-
obachten.
Die erkrankten Alveolen verhalten sich sowohl im selben Praparat,
als besonders bei den verschiedenen Lungen auBerst different. Dem
schon bei schwacher VergrbBerung erkennbaren Unterschied zwischen
Zentrum und Peripherie der Erkrankungsherde entspricht auch der Zell-
reichtum der Alveolen sowohl wie ihrer Septa. Wahrend man in jenen
an der Peripherie oft nur wenige Epithelien und im wesentlichen eine
serbse Flflssigkeit vorfindet, sind die Alveolen, je weiter nach dem
Zentrum, um so dichter mit EiterkOrperchen gefiillt, bis schliefilich die
mit zelligem Exsudat vollgepfropften Alveolen mit ihren ebenfalls dicht
infiltrierten Septen die Lungenstruktur kaum mehr erkennen lassen.
Neben solchem, vom Bilde der gewdhnlichen Bronchopneumonieen
kaum abweichenden Verhalten linden sich nun viel haufiger und ausge-
dehnter als bei ihr regelmaBig in den untersuchten Lungen grbBere und
kleinere Bezirke, in denen der Alveolarinhalt vollig oder zum grdBten
Teile aus roten Blutkdrperchen besteht. Letztere finden sich dann
auch, wie erwahnt, in den zugehSrigen Bronchien. Die hamorrhagischen
Lungenabschnitte zeigen meist nur geringe entzflndliche Veranderungen.
Auch in den Alveolen findet sich der Bacillus pertussis Eppen-
dorf nur in einzelnen Exemplaren, meist frei, mitunter in Zellen liegend.
Andere Bakterien wurden nicht gefunden.
Die Farbung auf Fibrin ergibt ein sehr geringes Vorhandensein
desselben. Es lokalisiert sich ausschliefilich in der Peripherie der Krank-
heitsherde, und ist auch hier nur in sehr geringer Menge nachweisbar.
Das Verhalten der elastischen Fasern ergab, wie nach neueren
Untersuchungen (3) zu erwarten war, keine Veranderungen.
Fassen wir noch einmal das Resultat zusammen, indem wir die drei
Beobachtungen der ersten Arbeit (1) hinzurechnen: In 2 3 unter 25 unter¬
suchten Fallen gelingt es aus bronchopneumonischen Herden, die im
Verlauf des Keuchhustens aufgetreten sind und zum Tode der Kinder
geffihrt haben, in Qberwkltigender Menge, meist in Reinkultur, als Erreger
dieser Bronchopneumonie ein morphologisch und biologisch vom In-
fluenzabacillus nicht zu unterscheidendes Stabchen nachzuweisen, das
bereits in vivo bei den betreffenden Keuchhustenkindern im Sputum in
grofier Menge gefunden worden war. Dieses namliche Stabchen hat der
eine von uns (Jochmann) wahrend einer 2-jahrigen Untersuchungs-
periode bereits in 60 Stammen aus dem Auswurf von Pertussis-
Patienten isoliert und zwar hat er dasselbe, wie in der Zeitschrift f.
Hygiene u. Infektionskrankh. 1903 genauer ausgefiihrt wird, bei der
letzten fortlaufenden Untersuchungsreihe von 40 Fallen in jedem Falle
im Stadium convulsivum ohne Ausnahme gefunden.
Man kdnnte hier vielleicht einwenden, daB bei den im Kranken-
haus behandelten Kindern eine Hausinfektion vorliegen kann, so daB
dadurch die gleichartigen Befunde bei so vielen Kindern erklart werden
warden. Dagegen ist jedoch zu bemerken, daB die Sputumuntersuchungen
stets sofort nach dem Einliefern der Kinder ins Krankenhaus vorge-
nommen wurden und daB einige von den verstorbenen Kindern, bei
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Jochmann u. Moltrecht, Bronchopneumonie bei Keuchhustenkindern etc. 19
denen in bronchopneumonischen Harden die Bacillen in Reinkultur ge-
funden wurden, bereits rait diesen Bronchopneumonieen ins Krankenbans
kamen und nach wenigen Tagen daran zu Grnnde gingen.
Es erhebt sich nun die Frage: 1st dieses influenza&hnliche
St&bchen, das als Bacillus pertussis Eppendorf (Joch¬
mann und Krause) beschrieben wurde, der spezifische
Erreger des Keuchhustens oder ist er identisch mit dem
Pfeifferschen Influenzabacillus?
DaB er eine grofie Rolle w&hrend der Keuchhustenerkrankung
spielt, darfiber besteht nach diesen Untersuchungen kein Zweifel mehr.
Ihra gegenuber tritt der Diplococcus lanceolatus zum Beispiel
vollkommen in den Hintergrund. Wenn wir den letzteren auch h&ufig
im Sputum der Keuchhustenkinder finden, so ist er an Zahl jenen in-
fluenza&hnlichen St&bchen doch stets sehr unterlegen, vor allem aber
f&llt ins Gewicht, dafi er unter 25 Fallen nur 2mal als Erreger der die
Tussis convulsiva komplizierenden Bronchopneumonie nachgewiesen wurde
wahrend der Bacillus pertussis sich 23mal fand.
Mit dem von Pfeiffer beschriebenen Pseudoinfluenzaba-
cillus hat unser influenzaahnliches Stabchen nichts zu tun, da niemals
eine derartig ausgesprochene Scheinfadenbildung, wie sie P f e i f f e r be-
schreibt und abbildet, in den Kulturen des Bacillus pertussis be-
obachtet wurde.
Sehr nahe jedoch steht er dem echten Influenzabacillus.
Die Form und GrSBe, die Art der Lagerung im Sputum, das Verhalten
gegenfiber der Gram-Farbung, die mangelnde Beweglichkeit, sowie das
biologische Verhalten ist vollig dasselbe. Selbst die Neigung, auf Blut-
agarplatten in Gegenwart von anderen Bakterien in der Nahe fremder
Kolonieen sogenannte „Riesenkolonieen“ zu bilden, wie sie Grass-
berger (4) fiir die Influenzabacillen beschreibt, ist ihm zu eigen. Dazu
kommt nun auch, dafi er ganz ahnliche pathologisch-anatomische Ver-
anderungen setzt wie der Influenzabacillus, wie wir aus den oben ange-
fuhrten Lungenbefunden ersahen. Dafi er auch ahnlich wie der Influenza¬
bacillus noch andere Komplikationen bedingen kann, so zum Beispiel
Entziindungen des Mittelohres, beweist ein Fall, bei dem der eine von
uns (Jochmann) aus dem Eiter der aufgemeifielten Paukenhdhle den
Bac. pertussis in Reinkultur nachweisen konnte. Bei demselben
Fall fand sich auch eine durch den gleichen Erreger bedingte Broncho¬
pneumonie.
Pfeiffer hat die echten Influenzabacillen stets nur bei Influenza-
kranken und Influenzarekonvaleszenten angetroffen. Er betonte aus-
driicklich diese Tatsache als Beweis ftir die spezifische Natur der von
ihm gefundenen Mikroorganismen. Demgegen fiber finden sich in den
letzten Jahren Angaben in der Literatur, die gerade ffir das Kindes-
alter die Influenzabacillen als eine h&ufig vorkommende Ursache ffir
Sekundarinfektionen hinstellen.
Meunier (5) gibt an, in 15 Fallen von infantiler Bronchopneumonie,
zum Teil im Anschlufi an eine herrschende Influenzaepidemie, zum Teil
prim&r nach Angina oder Masern teils aus dem Venenblut, teils aus
punktiertem Lungensaft Influenzabacillen erhalten zu haben.
Leiner (6) beschreibt 11 von ihn beobachtete Diphtherief&lle, die
zur Sektion kamen und die alle als Komplikation schwere durch In¬
fluenzabacillen bedingte Bronchitiden und Pneumonieen zeigten. Bei der
mikroskopischen und kulturellen Untersuchung fanden sich bis in die
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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
feinsten Bronchien hinab ebenso wie in den pneumonischen Herden In-
fluenzabacillen, vielfach vermengt mit Diphtheriebacillen.
Sflsswein (7) hat bei 21 Fallen lOmal den Influenzabacillus bei
Masernerkrankungen gefnnden. Er untersuchte bei Lebenden das Sekret
der Nasengange, bei Sektionen den Bronchialinhalt nnd pneumonisches
Exsudat. Er schliefit daraus, daB Influenza eine sehr haufige Neben-
erkrankung bei Masern ist
Jehle (8) ist auf Grand seiner Untersuchungen der Ansicht, daB die
Influenza im Kindesalter hfiufig als sekund&re Infektion zu beobachten
ist. Sie sei meist im tiefercn Respirationstraktus lokalisiert, kdnne jedoch
auch auf den Tonsillen allein vorkommen, ohne daB es zu einer In¬
fektion der Bronchien kommt. Bei den akuten Exanthemen komme es
nahezu regelmaBig zu einem Eindringen der nebenbei vorkommenden
Influenzabacillen in die Blutbahn, so zum Beispiel bei Scharlach.
Halten wir zu diesen Literaturangaben noch unsere Befunde hinzu,
so geht jedenfalls daraus hervor, daB die Bacillen aus der Influenza-
gruppe bei den Erkrankungen des Respirationstraktus des Kindesalters
eine groBe Rolle spielen.
Ob aber der von uns beobachtete Bacillus pertussis Eppen-
dorf, welcher morphologisch und biologisch mit dem Influenzabacillus
(ibereinstimmt, nun auch identisch ist mit dem Pfeifferschen In¬
fluenzabacillus, miissen wir dahingestellt sein lassen, solange wir nicht
in der Lage sind, mit unserem Bacillus pertussis auch das klinische
Bild der Influenza erzeugen zu kdnnen — die Spezifizit&t des
Pfeifferschen Bacillus fiir die Entstehung der Influenza vorausgesetzt.
Nachdem jetzt feststeht, dafi der Bacillus pertussis fast konstant
im Keuchhustensputum gefunden wird, w&re es daher immerhin von
Interesse, festzustellen, ob in der N&he von Keuchhustenkindern h&uflg
bei Erwachsenen Influenzaerkrankungen vorkommen Oder ob umgekehrt
bei geh&ufterem Auftreten von Influenzaerkrankungen nun auch eine
Zunahme an Keuchhustenf&llen in der Nfthe der Influenzakranken zu
konstatieren ist.
Jedenfalls ist nach unseren Befunden die Wahrschein-
lichkeitsannahme nicht mehr unberechtigt, daB dem in-
fluenza&hnlichen St&bchen Bacillus pertussis Eppendorf
(Jochmann und Krause) bei der Keuchhustenerkrankung
eine Stiologische Rolle zukommt, da er fast konstant im
Keuchhustensputum vorkommt und fast in alien Fallen
die komplizierenden Bronchopneumonieen bedingt.
Belege fur die bakteriologischen Befunde.
1) Peters, Fritz, 2 Jahr. Diagnose: Pertussis, Rhachitis, Bronchopneumonie,
Otitis media duplex. Aus dem Parencnymsaft der Bronchopneumonie in Beinkultur
Bacillus pertussis Eppendorf. Auf Blutagar fortgezuchtet in 2 Generationen.
2) Stein, 3 Jahr. Diagnose: Pertussis, Brechdurchfali, Bronchopneumonie. Aus
letzterer neben wenig Lanceolatus massenhaft Bac. pertussis. Auf Blutagar in
1 Generation fortgezuchtet.
3) Pahl, Franz, 5 Jahr. Diagnose: Pertussis, Enteritis, Bronchopneumoniae
confluentes. Aus don Safte der infiltnerten Partieen Bac. pertussis in Beinkultur.
3 Generationen.
4) Bremer, 3 Jahr. Diagnose: Pertussis, Scarlatina, Bronchopneumonie. Aus
letzterer Bac. pertussis in uberwiegender Menge neben Streptococcus pyogenes.
2 Generationen.
5) Schiller, 1 */, Jahr. Diagnose: Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer
einzelne Kolonieen von Staphylococcus aureus und massenhaft Ba c. pertussis.
1 Generation.
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Jochmann u. Moltrecht, Bronchopneumonie bei Keuchhustenkindern etc. 21
6) Men the, 3 Jahr. Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer neben einigen
Staphylokokkenkolonieen massenhaft Bac. pertussis. In der Umgebung der Strepto-
kokkenkolonieen bildet der Bac. pertussis „Riesenkolonien“. 2 Generationen.
7) Sc hate, Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer viel Bac. pertussis
neben einigen Kolonieen Micrococcus catarrhalis (Pfeiffer). 1 Generation.
8) Paust, Elisabeth, 4 Jahr. Pertussis, Otitis media duplex, Bronchopneu¬
monie. Aus letzterer massenhaft Bac. pertussis. 3 Generationen.
9) Widmann, Pertussis, Broncnitis, Spasmus glottidis, Bronchopneumonie.
Aus letzterer neben Streptokokkenkolonieen massenhaft Bacillus pertussis.
4 Generationen.
10) Muller, Amandus, 7 Monate, Pertussis, Renes cysticae congenit. Broncho¬
pneumonie. Aus letzterer massenhaft Bac. pertussis in Reinkultur. 2 Generationen.
11) Leise, Else, Pertussis, Bronchopneumonie lobi inferioris pulmonum.
Aus dem Parenchymsaft der infiltrierten Lungenbezirke viel Bac. pertussis neben
einzelnen Streptokokkenkolonieen, in deren Kolonieen er „Riesenkolonieen“ zeigt.
12) Schau, Carl, V 4 Jahr, Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer viel
Bacillus pertussis. 2 Generationen.
13) Lesche, Amanda, 3 Jahr. Pertussis Bronchopneumonie. Aus letzterer
viel Bac. pertussis neben einzelnen Streptokokkenkolonieen.
14) Wendt, Ernst, 2% Jahr, Pertussis, Bronchopneumonie. Neben Staphylo¬
coccus albus aus dem Saft der letzteren viel Bac. pertussis. 2 Generationen.
Etwas unregelmafiigere Formen als gewohnlich.
15) Schmidt, Eduard, 1 Jahr. Pertussis, Bronchopneumonie. Aus letzterer
neben einzelnen Streptokokkenkolonieen massenhaft Bac. pertussis. 1 Generation.
16) Wange, Marie, 2 l / 2 Jahr. Pertussis, Bronchopneumonie. Reinkultur von
Bac. pertussis aus dem Parenchymsaft der infiltrierten Lunge. 3 Generationen.
Etwas unregelmafiige Formen.
17) Busch, Elsa, 1 Jahr. Pertussis, Bronchopneumonie beider Unterlappen.
Bac. pertussis in Reinkultur aus dem Parenchymsaft isoliert. 2 Generationen.
18) Koch, Ernst, 2 1 /* Jahr. Pertussis, Bronchopneumoniae. Aus letzterer neben
einzelnen Streptokokkenkolonieen massenhaft Bac. pertussis. 1 Generation.
19) Meyer, Rudolf, 3 Jahr. Pertussis, Tuberculosis peritonei et glaudul mesent.
Bronchopneumoniae. Aus letzterer Reinkultur von Bac. pertussis. Der Stamm zeigt
unregelmafiige Formen, diinnere und plumpere Stabchen wechseln ab. 2 Generationen.
20) Carstens,5Monate. Pertussis,Bronchitis,Gastroenteritis, Bronchopneumoniae
Aus letzterer massenhaft Bac. pertussis. 3 Generationen.
Xdter&tur.
1) Jochmann, Georg und Krause, Paul, Zur Aetiologie des Keuchhustens.
(Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh. Bd. XXXVI. 1901?)
2) Pfeiffer, R., Die Aetiologie der Influenza. (Zeitschr. f. Hygiene und Infektions¬
krankh. Bd. XIII. 1893.)
3) Sawada, K., Virchows Archiv. Bd. CLXIX. 1902. p. 263.
4) Grassbeirger, R., Beitrage zur Bakteriologie der Influenza. (Zeitschrift f. Hygiene
u. Infektionskrankh. Bd. XXV.)
• 5) Meunier, H., Dix cas de bronchopneumonies infantiles dues au bacille de Pfeiffer
(Influenzabacillus). (Arch. g4ndr. de m4d. 1897. F^vrier.)
6) Leiner, Karl, Ueber Influenza als Mischinfektion bei Diphtherie. (Wiener klin.
Wochenschr. 1901. No. 41.)
7) Suss we in, J., Die Influenza bei Masern. (Wiener klin. Wochenschr. 1901. No. 47.)
8) Jehle, L., Ueber die Rolle der Influenza als Mischinfektion bei den exanthe-
matischen Erkrankungen und das Vorkommen von Influenzabacillen im BLut.
(Zeitschr. f. Heilkunde. Bd. XXII. 1901. Heft 5.)
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22
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Nachdruck verboten.
Die Bierhefe bei eiperimentell erzeugter Streptokokken- und
Staphylokokkeninfektion.
[Aus dem Laboratorium der Academia de Ciencias m6dicas de Catalufla.}
Von Prof. Dr. B. Turrd, J. Tarruclla und Dr. A. Presta.
Aus dem Spanischen fibertragen von Dr. Alfred Berliner, Berlin.
Zahlreiche klinische Beobachtungen, welche zwei von uus fiber die
Behandlung der Staphylokokken- und Streptokokkeninfektionen mittelst
Bierhefe gemacht und verfiffentlicht J ) haben, gaben den Anlafi zu vor-
liegender experimenteller Arbeit
I. Tell.
a) Die Streptokokkeninfektionen.
Aus einer Eiterpustel wurde ein Streptococcus isoliert und nach
dem Marmorekschen Verfahren seine Virulenz bis zu einem ge-
wissen Grade gesteigert, alsdann ein Tropfen aus einer Bouillonkultur
6 Kaninchen von annfihrend gleicher Grdfie, Ffirbung und Gewicht
in die Ohrmuschel eingeimpft Nach 24 Stunden bereits gab sich eine
deutliche Entzfindung der Impfstelle zu erkennen, am markantesten,
wenn man die Ohren im auffallenden Oder durchfallenden Lichte be-
trachtete; bei gleichzeitigem Berfihren beider Ohren war die lokale
Temperatursteigerung gut abzuschfitzen. 2 Kaninchen verbleiben
als Kontrolltiere; die fibrigen 4 erhalten jedes eine Einspritzung von
10 ccm Saccharomyces cerevisiae unter die Rfickenhaut. Zur
Verwendung kommt aus einer Mfinchener Stammkultur durch 6-tSgige
Zfichtung in Malzbrfihe erhaltene Hefe, nach Aspiration des Bodensatzes,
woselbst die Kultur am dichtesten ist.
Drei Tage nach der Impfung: Es besteht kein bemerkens-
werter Unterschied zwischen den 4 geimpften Tieren und den Kon-
trolltieren. Das Erysipel entwickelt sich bei alien durchg&ngig in gleicher
Stfirke; die LOfTel hfingen bereits herab, kdnnen jedoch von den Tieren
selbstfindig wieder aufgerichtet werden. Die subkutane Hefeinjektion
hat in situ anscheinend keine Reaktion erzeugt. Bei jedem der 4
Kaninchen wird an anderer Stelle die Hefeeinspritzung wiederholt,
wiederum 10 ccm.
Vier Tage nach der Impfung: Sichtliches Fortschreiten des
Erysipels bei den beiden Kontrolltieren: Es besteht deutliche teigig-
serfise Infiltration, die Haut schwillt an und ist feucht, die Ohrlappen
sind vollig herabgesunken. Eines der Tiere weist bei Rektalmessung
eine Temperatursteigerung von 1,7° fiber die Norm auf, das andere von
0,9°. Dagegen hat bei den 4 anderen Tieren die Entzfindung gegen
den vorangegangenen Tag kaum Fortschritte gemacht, die Hautdecken
bleiben trocken, Oedem und Hyperamie sind anscheinend nicht so stark,
die Ohren sinken spontan herab, konnen aber bei Berfihrungen aufge-
1) Tarruella, J. und Presta, A., Die Bierhefe in der Behandlung der Exan-
themerkrankungen sowie der Staphylokokken- und Streptokokkeninfektionen:
I. MitteUung: Revista de JVledicina y Cirurgia. Juni 1901. No. 6.
II. Mitteilung: Revista Ihero-Americana 1902. No. 6—9.
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Turr<5, Tarruella u. Presta, Bierhefe bei Strepto- u. Staphylokokkeninfektion. 23
richtet werden. Die Temperatur schwankt bei ihoen zwiscben 0,3 and 0,8°
fiber der Norm. Jedes Tier erhUlt wieder eine Injektion von 10 ccm
Hefe.
Ffinf Tage nach der Impfnng: Intensives Erjsipel bei beiden
Kontrolltieren, das eine derselben lfiBt das Obr nachschleifen, es sickert
eine klare, gelblicbe Flfissigkeit hervor; bei dem anderen ist die
Schwellung nicht so betrlichtlich, jedoch die fieberhafte Reaktion starker;
sie fiberschreitet die Norm um 1,9°, wfihrend sie bei seinem Genossen
nur 1° fiber dem Normalen zeigt. Was die 4 mit 30 ccm Hefe be-
handelten Tiere anbelangt, so weisen sie eine unzweifelhafte Besserung
auf: Ihre Ohren schwellen sichtlich ab, richten sich leicht auf, die
Epidermis wird trocken und blfitiert ab; fast alle zeigen normale
Temperatur. Nach 2-tSgiger Zwischenpause erhalten sie wieder eine
Injektion von 10 ccm.
Sieben Tage nach der Impfnng: Das eine der Kontroll-
Kaninchen zeigt stfindiges Aussickern seroser Flfissigkeit, der innere
Ohrrand beginnt sich abzustofien, die Hantdecken sind nicht mehr so
geschwollen wie zuvor. Bei dem zweiten Tiere beginnt das Erysipel
abzuklingen, doch bleibt die Temperatur danernd hoch, sie fiberschreitet
noch 1,5° die Norm; das Tier friBt nicht und zeigt sich schl&frig. Die
fibrigen 4 kfinnen als geheilt gelten. Nach Ablauf von weiteren 4
Tagen erhalten sie noch 10 ccm Hefe injiziert, um die Heilung zu
verbfirgen.
Zehn Tage nach der Impfung: Einem der Kontrolltiere geht
es besser; der fiuBere Ohrrand beginnt zu vernarben unter Zurficklassung
eines zackigen Saumes. Bei dem zweiten verschlimmert sich das Befinden,
es stirbt am folgenden Tage, dem elften nach der Impfung, an allge-
meiner Streptokokkeninfektion. Aus der serosen Flfissigkeit des Herz-
beutels werden Reinkulturen des Mikroorganistnus gezfichtet. Was die
4 mit Hefe behandelten Kaninchen anbelangt, so bieten sie keinerlei
Zeichen einer Infektion mehr.
Injiziert man 4 Oder 6 Tage hindurch Kaninchen je 10 ccm
einer Bierhefekultur, so erlangen die Tiere eine Widerstandskraft gegen
die Wirksamkeit des Streptococcus, derart, daB sie temporarimmun
gegen das infektidse Agens erscheinen. Es wurden also 4 Kaninchen,
die alles in allem 40—60 ccm Hefe erhalten halten, 2 Tropfen einer
Streptokokkenkolonie eingeimpft, wahrend 2 Kontrolltiere nicht vor-
behandelt waren. Bei den letzteren entwickelt sich ein Symptomenbild,
analog dem oben beschriebenen, dagegen kommt von den 4 praventiv
behandelten Kaninchen nur bei einem eine lokale Hyperfimie obne
spfitere Folgen zu stande, die drei anderen zeigen weder lokal noch all¬
gem ein irgendwelche bemerkenswerte Reaktion. Dieses refraktare Ver-
halten ist jedoch nur ein vorttbergehendes; wir sind aufier stande, die
Grenzen seiner Dauer weder nach oben noch nach unten hin zu be-
stimmen, da sie individuellen Schwankungen zu unterliegen scheint.
Die gleiche Widerstandskraft besteht gegen fiber der intravenosen
Einimpfung virulenter Streptokokkenkulturen: Wfihrend die Kontroll¬
tiere einer Allgemeininfektion erliegen, zeigen Kaninchen nach Prfiventiv-
behandlung mit 40—60 ccm Saccharomyces-Kultur, wenn man tfiglich
um 10 ccm successiv steigt, in der Mehrzahl keine Entwickelung einer
Infektion, hfichstens sehr abgeschwacht im Vergleich zu der typischen
Infektion der Kontrolltiere.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
b) Die Staphylokokkeninfektionen.
Unsere diesbeziiglichen Versuche trugen mehr den Stempel des Zu-
falligen als die vorangegangenen: Einmal war der geringe Virulenzgrad
des Staphylococcus pyogenes aureus Oder albus die Ursache,
daB nur ein lokaler Abscefi entstand, der rasch zur Heilung kam, ohne
daB man auch nur mit einiger Sicherheit die Wirkung der Bierhefe
hatte erkennen konnen, ein andermal hatte die hohe Virulenz des
Mikroorganismus eine so akute Septikamie zur Folge, daB die Heilkraft
des Mittels nicht genau zu beurteilen war. Trotzdem fallt es, nach
wiederholten Versuchen, nicht schwer, Kulturen des Staphylococcus
aureus von einem mittleren Virulenzgrad zu erhalten, der weder in
wenigen Tagen zum Tode fOhrt, noch auch zu abgeschwacht ist, urn
nicht binnen 15—25 Tagen unter Bildung multipier Eiterherde den
exitus letalis zu bewirken. Impft man eine bestimmte Dosis dieser
Kulturen ein, sei es durch intravendse Injektion, sei es in die Bauchhohle,
so bildet sich im ersten Falle eine PyUmie heraus, unter Entstehung
multipier Abscesse der Bauchorgane, speziell in der Leber und den
Nieren, im zweiten Falle kommt es zu einer eitrigen Peritonitis,
deren Dauer nach der Beschaffenheit der Falle wechselt. Die Heilkraft
der Bierhefe, deren Anwendung, wie oben beschrieben, erfolgt, ist unbe-
streitbar aus dem Krankheitsverlauf der behandelten Kaninchen, ver-
glichen mit dem der Kontrolltiere, zu erkennen. Totet man ein be-
handeltes Tier und ein Kontrolltier zwischen dem 4. und 5. Tage,
so ergeben sich sehr instruktive Bilder bei der Autopsie: Wahrend
bei dem ersten die Entzllndungserscheinungen an den Baucheingeweiden
in Abnahme begriffen sind und die Eiteransammlung verringert und ab-
gekapselt ist, sehen wir bei dem Kontrolltiere den EntziindungsprozeB
immer weiter vordringen und viel reichlichere Eitermassen Qberall;
zwischen dem 8. und 10. Tage kann man beobachten, daB der
Eiter dicker und konsistenter geworden ist und daB sich deutliche
Absorptionsvorgange abspielen, die den EntziindungsprozeB abklingen
lassen. Bei den Kontrolltieren dagegen tritt gerade das Gegenteil ein.
Die Praventivbehandlung von Kaninchen mittelst taglicher Hefe-
injektionen aus Kulturen des Saccharomyces cerevisiae bedingt
eine gewisse zeitliche Immunitat Oder grSBere Widerstandskraft gegen
den Staphylococcus pyogenes albus und aureus. Impft man
zwischen dem 6. und 7. Behandlungstage die Tiere subkutan mit einer
gleichen Dosis derselben Kultur, so bilden sich bei dem Kontrolltiere
Abscesse, bei den praventiv behandelten kommt es entweder gar nicht
zu Veranderungen oder es bildet sich eine gutartige Entztindung, ohne
daB wir je eine Vereiterung beobachtet hatten.
II. Tell.
Die soeben geschilderten Versuche zeigen uns bei einem Vergleich
mit den klinischen Beobachtungen, iiber die wir ausftthrlich in den
beiden oben genannten Mitteilungen berichtet haben, daB die
Heilwirkung der Hefe beim Kaninchen langsamer eintritt als beim
Menschen, vielleicht tragt daran der Umstand Schuld, daB bei letzterem
die Einfuhr des Mittels durch den Verdauungstraktus erfolgt, beim
Kaninchen auf hypodermatischem Wege. Bei der Behandlung der
Furunkulose, der Phlegmonen, des Erysipels, der Blattern wahrend ihrer
Periode der Eiterbildung tritt rasche Heilung nach Beginn der Be-
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Turr<5, Tarruella u. Presta, Bierhefebei Strepto- u. Staphylokokkeninfektion. 25
handlang ein, desgleichen sind bei Masern, Scharlach u. s. w. die
Wirkungen der Hefe deutlich zwischen dem 2. und 3. Tage er-
kennbar. Bei den Pocken lafit sich im Stadium serOser Blasenbildung
durch rechtzeitige Anwendung der Hefe der Uebergang in das Stadium
der Pustelbildung vermeiden. Beim Haninchen hingegen erfolgt die
Wirkung langsamer, erst zwischen dem 4. und 5. Tage; sie ist
jedoch nicht veranlafit durch ldsliche Stoffe, die die Hefe in ihrem
Kulturmedium hinterl&fit. Filtriert man nSmlich unter Druck die Fltlssig-
keit aufs genauste, so iibt sie keinerlei Heilkraft mehr aus; dagegen
wirken die Hefezellen, auch wenn man sie zweimal in destilliertem
Wasser wascht, noch immer in gleicher Weise. Diese Tatsache beweist
zur Evidenz, dafi das wirksame Prinzip im Protoplasma des Saccha-
romyces wurzelt und erst in gelostem Zustande in die Erscheinung
tritt, sobald es ungehindert in den Organismus dbergehen kann.
Nach Injektion von Hefekulturen in das Unterhautzellgewebe
kommt es zu einer „aktiven“ Hyper&mie mit seroser Exsudation und
reichlicher Auswanderung weiBer Blutkorperchen; von letzteren werden
die Hefezellen eingekapselt, aufgelost und schliefilich verdaut. Die frei
in der Lymphe umherschwimmenden Zellen werden von dieser ange-
griffen, zeigen fortschreitende Vakuolenbildung, bis sich ihr Protoplasma
in eine durchscheinende Masse verwandelt, die weder mit sauren noch
basischen Farbstoffen tingierbar ist; schliefilich verschwinden sie ganz.
Dieses Phfinomen ist v611ig identisch mit den von dem einen von uns 1 2 )
beschriebenen Vorgfingen bei der Einwirkung des Schilddrttsen-, Muskel-
und Nierensaftes auf den Milzbrandbacillus. Desgleichen hat D u c 1 o m e *)
derartige Vorg&nge von Zellaufldsungen nach Injektionen in die Bauch-
hohle beschrieben, wobei sie jedoch r'ascher verlaufen. Dadurch, dafi das
wirksame Prinzip im Protoplasma der Hefezellen frei wird und in
Losung geht, erwirbt das Blutserum der Kaninchen eine Eigenschaft,
die es normalerweise nicht besitzt, namlich auf Streptokokken sowie
auf Staphylococcus aureus und albus agglutinierend zu wirken;
nur auf diese Bakterien erstreckten sich unsere Versuche. Diese Eigen¬
schaft wird um so ausgesprochener, je weiter die Behandlung fort-
schreitet.
Die Agglutination des Strep toco ecus und S tap hylococcusbleibt
ebenso deutlich bei Anwendung von Hefekulturen in Rinderbouillon oder
in der Wtirze des Darrmalzes, wie es zur Fabrikation des Bieres be-
nutzt wird. In kaum 24 Stunden ist der Prozefi schon ganz deutlich.
Bei dem Streptococcus tritt sogar die Agglutination so rasch auf
wie beim B. Eberth nach Zufiigung des agglutinierenden Tropfens
zwischen Objekttrfiger und Deckglfischen.
„In vitro“ sieht man die nicht mehr keimf&higen Streptokokkenver-
b&nde sich zu Klumpen an den W&nden des Reagensrdhrchens zu-
sammenballen; allmfihlich senken sie sich zu Boden unter gleichmafiiger
Verteilung, ohne die Flflssigkeit zu truben. Die Agglutination erfolgt
schon nach Zusatz weniger Tropfen der Hefekultur.
Die agglutinierende Substanz der Saccharomyces - Eulturen scheint
ihrer Natur nach den Enzymen anzugehoren; durch Erw&rmung auf 55°
verliert sie ihre Wirksamkeit, in alten Eulturen schon bei 45°. Wahr-
1) Turr6, R., Zur Bakterienverdauung. (Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd.
XXXII. 1902. No. 2.)
2) Duciome, Traits de microbiologie. Bd. III. Cap. XXXVI.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. -1.
scheinlich stellt das von Duclaux beschriebene Phanomen der „Selbst-
verdauung“ in alten Hefekulturen eine Auflosung der Protoplasmasub-
stanz in der Fliissigkeit dar; das Protoplasma enthalt die agglutinierende-
Materie, deren Wirksamkeit sicb schon in 48-stilndigen Kulturen ein-
stellt und nach Erwarmung bis zur Gerinnung aufhort.
Legt man eine Kultur des Streptococcus und der Hefe in demselben
Medium an, so lafit sich folgendes beobacbten: Erstlich entwickelt sich
der Streptococcus bereits in agglutinierter Form oder in Knftuelform,
zweitens verliert er rasch die Eigenschaft, auf Gelose oder Gelatine
fibertragen, weiter zu wachsen; endlicb schwficht sich seine Virulenz
rascher ab als auf den gewohnlichen Eulturmedien.
Das Verschwinden der Virulenz des Staphylococcus aureus
und a 1 b us bei gemeinschaftlichem Wachstummit dem Saccharomyces-
Pilz lafit sich gleicbfalls als untrtigliches Faktum durch Vergleich mit
Kontrollversuchen nachweisen.
Aus der oben angedeuteten Versuchsreihe glauben wir zwar nicht
den Schlufi ziehen zu kdnnen, dafi mit dem noch so dunklen Pha-
nomen der Agglutination die Heilwirkung der Hefe bei Streptokokken-
und Stapbylokokkeninfektionen genugend aufgekiart ist, sondern wir
wollen nur damit feststellen, dafi die Eigenschaften dieser Bakterien-
gattungen in Gegenwart der Hefe eine tiefgreifende Aenderung er-
fahren. Wenn wir ein Mittel besfifien, das Protoplasma der Hefezellen
loslich zu machen, so wiirde vielleicht der Nachweis gelingen, dafi
gegeniiber den genannten Bakterienarten, wenigstens in vitro, das Proto¬
plasma ein machtiges Antiseptikum darstellt; so aber mflssen wir uns
begniigen, diese Behauptung auf iudirektem Wege nachzuweisen.
So konnten wir beispielsweise bei einer eitrigen Erkrankung des
Warzenfortsatzes folgende Beobachtung machen: Am 4. Tage der
Bierhefebehandlung — zu der wir uns berechtigt halten, auf Grund
zahlreicher klinischer Beobachtungen in alien Fallen, wo fitiologisch
Staphylokokken oder Streptokokken nachweisbar sind — war eine
Geloseaussaat des Eiters gemacht worden, versehentlich nicht zu Beginn
der Kur. Tags darauf fanden wir das GeloserShrchen vbllig steril,
obwohl es mit einer geniigenden Quantitat Eiter beschickt worden war.
Von diesem ROhrchen impften wir mit der Nadel auf ein zweites (iber
und sahen nach 24 Stunden typische, isolierte Kulturen des Staphylo¬
coccus aureus aufgehen. Dieser unerwartete Ausgang des Versuches
ftthrte uns dazu, ihn in anderen Fallen zu wiederholen, und konstant
konnten wir die Beobachtung bestatigen, dafi Eiter, im Ueberschufi aus-
gesat, das Aufgehen der Kolonieen sowohl des Streptococcus wie des
Staphylococcus verzSgert, und dafi die Zahl der Kolonieen sich ver-
ringert, in gleichem Mafie, wie die Behandlung fortschreitet; nicht selten
trifft man nach 10oder 12Tagen auf sterilen Eiter. Streptokokken, die
von Kaninchen stammen, welche eine Hefebehandlung durchgemacht
haben, verlieren die Ffihigkeit, sich auf den gewohnlichen Eulturmedien
fortzupflanzen und zeigen rasche Abschwfichung ihrer Virulenz; auch
die Staphylokokken schwachen sich ab, ohne jedoch die Fort-
pflanzungsfahigkeit einzubufien.
Aus diesen Beobachtungen lassen sich folgende Schliisse ableiten:
1) Der Eiter von Individuen, die mit Bierhefe behandelt sind, ent-
halt eine Substanz, welche die Keimfahigkeit der betreffenden Bakterien-
spezies hindert, indem sie nach Art eines Antiseptikums wirkt.
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Turr<5, Tarruella u. Presta, Bierhefe bei Strepto-u. Staphylokokkeninfektion. 27
2) Diese Substanz wirkt bakterizid gegen die betreffenden Bakterien-
arten, denn die Zahl der Keime verringert sich von Tag zu Tag.
3) Die Substanz schw&cht auch die Virulenz der Keime ab. Dem-
zufolge mflssen wir im Protoplasma der Saccharomyces- Zellen
wirksame Pinzipien Oder Substanzen annehmen, die der Keimfahigkeit
der Staphylokokken und Streptokokken entgegenwirken, indem
sie gleichzeitig ihren Yirulenzgrad abschw&chen und sie selbst vernichten,
vorausgesetzt daB diese Stoffe gelost sind und sich in dem LQsungs-
mittel verbreiten kOnnen. Die verdauende TStigkeit der Leukocyten
gibt uns einen Fingerzeig, wie die LOsung dieser Substanzen vor sich
geht, sobald sie auf hypodermatischem Wege in den Organismus flber-
gehen. Im Bbrigen, wenn man die Bierhefe durch den Digestionstraktus
einverleibt, geht die Yerdauung ihrer Zellen auf ganz andere Weise vor
sich: Hochwertige Pepsinlosungen flben keine Wirkung auf die Zellen
aus, ebenso werden sie von Pankreasldsungen, die nach Heiden-
h a i n scher Methode hergestellt sind, wenig beeinfluBt; auch der direkt aus
dem Ductus Wirsungianus gewonnenePankreassaft ist wirkungslos.
Lediglich der durch Selbstverdauung des Pankreas 1 ) erhaltene
Saft scheint einigermaBen auf die Hefezellen einzuwirken, und auch
dieser nur langsam. Wie werden sie also im Digestionsapparate ver-
daut? Wahrscheinlich ist dabei die Bakterienflora des Darmkanals im
Spiele, die in gleicher Weise auf sie wie auf zellulosehaltige Substanzen
einwirkt. Wir stellten nun folgenden Versuch an: Hundert Kolben mit
Malzbriihe, die mit Saccharomyces-Pilzen beschickt waren, wurden
mit menschlichen Exkrementen geimpft. Natflrlich entwickelten sich die
verschiedenartigsten Bakterien, doch so, daB einige Spezies uberwogen.
Die methodische Untersuchung dieser Kulturen ergab nun zur Evidenz,
daB die Zahl der Hefezellen in 60 Proz. der Proben auf weniger als
die Halfe zurOckgegangen war, in 30 Proz. waren sie fast vdllig ver-
schwunden.
Es lag schlieBlich in unserer Absicht, einige Spezies, die eine
besonders inteusiv verdauende Kraft auf die Hefezellen auszuUben
schienen, zu isolieren, jedoch sind unsere diesbezuglichen Beobachtungen
fOr eine Veroffentlichung noch nicht genGgend spruchreif.
Immerhin scheint uns die Tatsache, daB die Hefezellen unter der
Einwirkung der Darmbakterien verschwinden, einiges Licht zu verbreiten
iiber den Mechanismus, welcher die LGsung und Assimilierung der im
Protoplasma der Bierhefe enthaltenen streptokokken- und staphylokokken-
feindlichen Prinzipien vermittelt.
SchluBfolgerungen:
I. Die Bierhefe Gbt bei experimenteller Anwendung
eine deutliche Heilwirkung gegenOber einer Strepto-
kokkeninfektion des Kaninchens aus, sowohl bei lokaler
wieAllgemeinerkrankung; dieAnwendung erfolgt subku-
tan in Dosen von lOccm aus einer gut entwickelten Kultur;
sie ist 5 Tage mindestens, 12 Tage in maximo zu wieder-
holen. Die gleichen Verhaltnisse herrschen bei der
Staphylokokkeninfektion.
1) Pi y Slinger, A., Sociedad de Biologia. Barcelona 1902.
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Centraibl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
II. Nach Subkutaninjektion von 10 ccm Bierkefe 4—6
TagehindurcherzieltmanbeimKanincheneinetemporfire
Immunitfit gegen experimentell erzeugte Streptokokken-
and Staphylokokkeninfektion.
III. Das wirksame Prinzip des Saccharomyces cere-
visiae ist nicht in seiner Kulturfltissigkeit enthalten; es
wurzelt im Zellprotoplasma und tritt in Tatigkeit, sobald
es durch vorhergehende Verdauung seitens der Leuko-
cyten der Kfirperlympke gelfist ist.
IV. DasBlutserumdermitHefebehandeltenEaninchen
zeigt agglutinierende Eigenschaften gegenflber dem
Streptococcus und Staphylococcus aureus und albus.
V. MitHefebeschickteRinderbouillonoderMalzbrflhe
wirken vom 2. Tage an agglutinierend auf die genannten
Bakterienarten; bei der Erwfirmung auf 55 0 erlischt diese
Eigenschaft.
VI. In dem Eiter eines mit Bierhefe behandelten In*
dividuums verringert sich die Zahl der pyogenen
Keime, je lfinger die Behandlung dauert; der Eiter wird
schliefilich steril, gleichzeitig nimmt der Virulenzgrad
immer mehr ab.
VII. Das wirksame Prinzip der per os aufgenommenen
Bierhefe wird lfislich und assimilationsffihig unter der
verdauendenWirkunggewisser Bakterienarten der Darm-
flora, die noch nicht genau bestimmt sind.
Nachdruck verboten.
Experimentelle Untersuchungen iiber Krebs bei Mausen.
Von C. 0. Jensen,
Prof, an der tierarztlicben und landwirtschaftlichen Hochschule zu {Copenhagen.
Mit 4 Tafeln.
Nachdem das Wesen der ansteckenden Krankheiten jetzt in den Haupt-
stucken klargelegt worden ist, hat die pathologische Forschung sich mit
Eifer auf die Fragen nach der Aetiologie und Genese der bosartigen
Geschwfllste geworfen; und die wi«htigen Entdeckungen der jfingsten
Jahre auf dem Gebiete der Immunitfitslehre, besonders der Nachweis
von Hfimolysinen, Cytotoxinen und Pracipitinen, im Verein mit der hier-
durch erregten Hoffnung, auf dem hier betretenen Wege nun auch wirk¬
same Mittel gegen die Krebskrankheit zu linden, haben diesen Be-
strebungen einen machtigen StoB vorwarts gegeben. Betrachtet man
das Ergebnis der zahlreichen und umfassenden Arbeiten, so muB man
indes eingestehen, daB dasselbe nur ein durftiges ist. Wir wissen jetzt
nicht mehr als vor 20 Jahren fiber die ursfichlichen Verhfiltnisse der
malignen Tumoren.
Anhanger der Theorie von der parasitfiren Entstehung der Ge-
schwfilste haben fitters behauptet, man werde vermutlich schon allein
durch die Entwickelung der mikroskopischen Technik und durch um-
fassende genaue mikroskopische Untersuchungen zur Klarlegung der
ursfichlichen Verhfiltnisse des Cancers gelangen kfinnen, indem sie auf
lie eingehende Kenntnis der Entstehungsursachen der Malariakrank-
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Jensen, Experimentelle Untereuchungen iiber Krebs bei Mfiusen.
29
heiten hinwiesen, die man fast einzig und allein auf diesem Wege er-
worben hat. Es lfiBt sich wohl nicht bestreiten, daB eine entwickelte
mikroskopische Technik uns anch auf diesem Gebiete wird vorwfirts
bringen konnen; die zahlreichen bis jetzt vorliegenden Untersuchungen
warnen uns aber, allzu fest darauf zu vertrauen, daB es uns auf diesem
Wege gelingen sollte, die Frage nach der Aetiologie und Pathogenese
der Geschwfilste zu lOsen. Es kommt mir als hochst wahrscheinlich
vor, daB man, um Klarheit nicht nur fiber die ursachlichen Verh<nisse,
sondern auch fiber eine Reihe anderer, noch nicht geldster Fragen mit
Bezug auf die Pathogenese und die fibrigen Verhfiltnisse der Geschwfilste
zu erlangen, seine Zuflucht zur experimentellen Forschung nehmen mufi.
Dies ist jedoch nicht so zu verstehen, als ob man diesen Weg nicht
schon frflher eingeschlagen hfitte; im Gegenteil, es liegen nicht nur aus
den letzten Jahren, sondern auch aus frfiherer Zeit sogar recht um-
fassende Versuche vor, speziell fiber die Mdglichkeit einer Uebertragung
der Geschwfilste von Individuum auf Individuum. Die Resultate dieser
Versuche waren im groBen und ganzen jedoch nur wenig befriedigend
und wesentlich negativen Charakters, indem es sich fiuBerst schwierig
erwiesen hat, ein Material zu beschaffen, das sich fiberhaupt ffir solche
experimentelle Forschung eignete. Weitaus die meisten Sarkome und
Carcinome lassen sich bekanntlich nur fiuBerst schwierig auf andere In-
dividuen fibertragen, und selbst wenn dies bei einem einzelnen der ge-
impften Tiere gelingt, ist es selbstverstfindlich, daB man nicht im stande
ist, aus einzelnen derartigen Versuchen weitergehende Schlflsse zu ziehen.
Um zu grfifierer Klarheit zu gelangen, muB man solche Geschwulst-
formen aufsuchen, die siGh mit Leichtigkeit auf andere Individuen fiber¬
tragen lassen, und zwar am liebsten bei kleineren Versuchstieren, die
in so grofier Anzahl, wie erforderlich ist, herbeigeschafft werden kOnnen,
speziell also bei Ratten und Mfiusen. Es liegen nun auch Beobach-
tungen fiber Geschwfilste bei diesen Tieren vor, die sich mit grfifierer
Oder geringerer Leichtigkeit auf andere Individuen derselben Gattung
transplantieren lieBen; so verweise ich auf Han aus (1) Transplan-
tationen eines unzweifelhaften Hautcarcinoms einer Ratte, auf M o r a u s (2)
zahlreiche Uebertragungen des Adenocarcinoms einer weifien Maus und
auf L o e b s (3) und V e 1 i c h s (4) Rattensarkome.
Ich selbst babe eine lfingere Reihe von Jahren hindurch solchen
Geschwfilsten nachgespfirt und nach und nach mehrere MSuse mit car-
cinomatfisen Tumoren gefunden, eine Uebertragung derselben auf andere
Mfiuse gelang aber nicht. Erst vor reichlich 2 Jahren kam ich in Be-
sitz eines solchen transplantabeln Tumors einer weiBen Maus, die einst
mit Melanosarkomzellen eines Pferdes geimpft worden war und, von
dieser Impfung unabhfingig, eine ca. haselnufigroBe Geschwulst am Rttcken
bekam, welche an die Haut adhfirent war und ihren Ausgang offenbar
aus dieser genommen hatte, sich aber zugleich abwfirts erstreckte und
ihren wesentlichsten Sitz im subkutanen Gewebe hatte. Diese Ge¬
schwulst lieB sich auf andere Mfiuse fibertragen, indem sich bei 3 unter
5 geimpften Mfiusen Tumoren von ganz fihnlicher Beschaffenheit wie
bei der ersten entwickelten, und aus diesen Mfiusen gelang es mir spfiter,
durch fortgesetzte Impfung die Geschwulst auf eine sehr groBe Anzahl
anderer Mfiuse zu fibertragen. Im Dezember 1901 gab ich in einem
Vortrag in der Biologischen Gesellschaft (zu Kopenhagen) (5, 7) eine
kurz gefafite Uebersicht fiber die damals vorliegenden Resultate; so
konnte ich mitteilen, daB es gelungen sei, die Geschwulst durch 8 Gene-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original?. Bd. XXXIV. No. 1.
rationen hindurch von Maus auf Maus zu transplantieren, daB es nicht
geglfickt sei, das Vorhandensein von Schmarotzern im Geschwulstgewebe
zu konstatieren, und daB einige Versuche in betreff der Widerstands-
fahigkeit der Zellen angestellt worden seien. Ueber letzteren Punkt
gab ich spater im April 1902 an demselben Orte (6) eine raehr um-
fassende Uebersicht. Endlich teilte ich in meinem ersteren Vortrage
das Ergebnis einiger Heilungsversuche ausfiihrlich mit, indem ich an-
ffihrte, daB ich ein Kaninchen mit steigenden Mengen zerstofiener
Cancermasse geimpft hatte, und daB das Blutserum dieses Kaninchens
sich im Besitze heilender Eigenschaften gezeigt habe, so daB einige
M&use mit ziemlich groBen Geschwfilsten durch Behandlung mit dem¬
selben vbllig geheilt worden wSren, indem die Geschwttlste einschrumpften
and resorbiert worden seien.
Seitdem habe ich die Versuche in verh<nism&Big groBem MaB-
stabe in vielen verschiedenen Richtungen fortgesetzt Mehrere dieser
Versuchsreihen sind beendigt oder wenigstens zum voriaufigen AbschluB
gebracht worden, und im folgenden werde ich nach einer Schilderung
der groberen Verhaltnisse und des histiologischen Baues der Geschwulst
Versuche ausfiihrlich besprechen, die angestellt sind, um die biologischen
Verhaltnisse der Geschwulstzellen aufzuklaren. Dagegen sind die Ver¬
suche fiber das Vorkommen einer natiirlichen Immunitat und die Mog-
lichkeit der Erzeugung einer kiinstlichen Immunitat bei den Mausen noch
nicht abgeschlossen, was auch von den Heilungsversuchen gilt.
Hinsichtlich der letzteren hebe ich jedoch schon hier folgendes her-
vor: Unsere Bemfihungen bezwecken ja das Auffinden eines Mittels
gegen den Krebs, das nicht nur die lokale Behandlung der Geschwulst
gestattet, sondern auch auf den ganzen Organismus universelle Ein-
wirkung hat, mithin auch auf eventuell vorhandene Metastasen — eines
Mittels, welches die weitere Verbreitung des Leidens im Organismus
verhindern und auf die Geschwulstkrankheit, wo diese sich auch lokalisiert
haben mochte, heilend wirken kdnnte. Abgesehen von den im wesent-
lichsten verlassenen Versuchen, dieses Resultat durch Bakterien oder
Bakterienprodukte zu erzielen, erblicken wir ffir den Augenblick nur
zwei Wege:
Wir kdnnen versuchen, eine aktive Immunitat bei
dem Patienten dadurch hervorzurufen, daB wir ihn mit
seinen eigenen Geschwulstzellen behandeln, so dafi sich
im Blute Stoffe (Cytotoxine) bilden, welche die fernere Verbreitung der
Geschwulstzellen, eventuell auch deren fortgesetztes Leben und Wachs-
tum an der prim&r angegriffenen Stelle verhindern. Meines Wissens
liegen in der Literatur nur Mitteilungen von v. Leyden und Blumen-
thal (8) fiber ein paar derartige Versuche an Menschen vor, das Re¬
sultat lfiBt sich aber nicht zur Entscheidung fiber die Brauchbarkeit der
Methode verwerten. Meine an Mausen angestellten Versuche in dieser
Richtung, deren Anzahl freilich nur noch gering ist, d e u t e n darauf hin,
daB es nicht nur moglich ist, bei gesunden Mausen eine aktive . Immu¬
nitat den Geschwulstzellen gegenfiber hervorzurufen, sondern daB es auch
mdglich ist, bei einer bereits von einem Tumor angegriffenen Maus eine
aktive Immunitat durch Behandlung mit losgetrennten Geschwulstzellen
zu erzeugen, so daB das fortgesetzte Wachstum der Geschwulst ver-
hindert und das Geschwulstgewebe nach und nach getdtet und resor¬
biert wird.
Der andere Weg, den wir einschlagen kdnnen, ist der, dem Pa-
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Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei Mftusen.
31
tienten dadurch eine passive Immunit&t beizubringen,
•da6 wir ihn mit einem Immunserum behandeln, welches
mittelsfortgesetzterEinimpfungvonGeschwulstmaterial
-auf ein anderes Tier dargestellt wurde. Es liegen, wie in
meiner vorl&ufigen Mitteilung beriihrt, ziemlich zahlreiche Versuche am
Menschen in dieser Kichtung vor, durchweg jedoch nur Versuche von
sehr geringem Werte. Was ich in meinem ersten Vortrage ttber die
Serumbehandlung von M&usen mit KrebsgeschwQlsten QuBerte, kann ich
in allem Wesentlichen festhalten; es scheint indes mit gewissen Schwierig-
keiten verbunden zu sein, ein solches Heilsernm herzustellen, und die
Resultate waren bisher noch unsicher (d. h. bisweilen Qberraschend gut,
bisweilen aber auch vollst&ndig negativ), weshalb ich die n&here Be-
-sprechung dieser Versuche aufschiebe, bis ich grSBere Elarheit und zu-
verl&ssigere Resultate erlangt haben werde.
Gleich nach Veroffentlichung meines ersten Vortrags wurde der-
selbe in verschiedenen Tagesbl&ttern referiert, und aus diesen fand der
Inhalt den Weg nach dem Auslande. Mehrere der Blatter gaben ein
unrichtiges Referat, und speziell wurde meinen Versuchen gar zu grofie
Tragweite beigelegt, so dafi es den Anschein erhielt, als ob ein Mittel
gefuuden ware, welches sich auf angegriffene Menschen anwenden lieSe.
Da es wohl nicht zu vermeiden ist, dafi auch diese ausfQhrliche Mit¬
teilung in den Blattern besprochen wird, sehe ich mich zu folgender
Aeufierung veranlafit: Selbst wenn es gelingen sollte, ein Serum mit
absolut heilender Wirkung auf Geschwulstformen bei Mausen darzu-
stellen, oder selbst wenn es gelingen sollte, auf die oben erwahnte Weise
cine aktive Immunitat gegen die Geschwulst zu erzeugen, dQrfen wir
darum doch nicht ohne weiteres feststellen, wir hatten sichere Mittel
zur Behandlung der Krebskrankheit beim Menschen gefunden, da es in
hohem Grade Qbereilt sein wQrde, aus Versuchen an kleinen Tieren in
dieser Richtung Folgerungen rQcksichtlich des Menschen zu ziehen.
Ich glaube nicht, dad wir vorlaufig grofie Hoffnung auf
die Serumbehandlung der Krebskrankheit beim Menschen
setzen dQrfen. Die Darstellung eines solchen Serums wird namlich
auBerst schwierig fallen, und es wird nichts weniger als leicht sein, ge-
eignetes und hinl&ngliches Impfmaterial fQr die Sernmtiere zu beschaffen;
ferner wird man sich nicht mit einem einzelnen Serum begnQgen kSnnen,
sondern muB wahrscheinlich eine grofie Reihe von Sera gegen die ein¬
zelnen Formen des Krebses haben. Hierzu kommt Qberdies, dafi alle
bisher dargestellten Cytotoxine (mit Ausnahme der Hfimolysine) nur ge-
ringe Wirkung besitzen, so dafi diejenige Menge Serums, die in den
Organismus eingefuhrt werden mufi, um die spezifische Wirkung zu er¬
zeugen, eine unverhfiltnismfifiig grofie wird. Hiermit ist nicht gesagt,
dafi mir die Arbeit in dieser Richtung hoffnungslos erscheinen sollte;
im Gegenteil, die Arbeiten der letzteren Jahre auf den Gebieten der
Bakterien- und ZellenimmunitQt haben uns so viele Ueberraschungen
bereitet, dafi ein wirksames Cancerserum nicht als ein Unerreichbares
betrachtet werden kann, und Qberdies steht uns fQr den Augenblick
wohl kein anderer gangbarer Weg offen; nur darf man nicht sogleich
gar zu grofie Erwartungen und Hoffnungen hegen. Wir haben gewifi
noch einen weiten und mfihevollen Weg bis zum Ziel, und unsere bis-
herige Kenntnis der Cytotoxine ist noch sehr gering.
Die Mitteilungen, die ich im folgenden geben werde, betreffen teils
den Bau der Geschwulst, mit welcher ich arbeitete, teils die Versuche,
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Central!)], f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
dieselbe auf andere Mfiuse vie auch auf andere Tierarten zu fibertragen,
ferner die wichtigen Fragen nach der parasit&ren oder nichtparasitfiren
Entstehung der Geschwulst und nach dem Vorkommen der Immunitfit bei
den Mfiusen gegen die Geschwulstzellen. Endlich werde ich eine Ueber-
sicht fiber die biologischen Verhfiltnisse der Geschwulstzellen geben:
fiber ihre Lebensffihigkeit (Vita propria), nachdem sie aus der Verbindung
mit dem angegriffenen Organism us getrennt sind, und ihre W ider stands-
ffihigkeit gegen eine Reihe fiufierer Einwirkungen wie Wfirme, Kfilte,
Licht, Eintrocknung und Antiseptica.
Das Vorkommen bdsartiger Geschwttlste bei Mfiusen.
Ueber das Vorkommen von Geschwfilsten bei Mfiusen liegen sonder-
barerweise, wenn man die ungeheuere Anzahl von Mfiusen bedenkt, die
heutzutage in den Laboratorien benutzt werden, nur verhfiltnismfifiig
wenige Mitteilungen vor. Li v in good (9) hat in einer kleinen Arbeit
5 Ffille von Geschwfilsten bei weifien und grauen Mfiusen beschrieben,
nfimlich ein Adenocarcinom in der Lunge einer weifien Maus, ein Adeno-
carcinom im subkutanen Gewebe, ebenfalls bei einer weifien Maus —
dieser Tumor rezidivierte nach Exstirpation und verursachte Metasta-
sierung nach der Lunge — ferner ein vom Vorderbeine einer weifien
Maus ausgehendes Adenocarcinom, gleichfalls mit Metastasen in der
Lunge, ein Adenocarcinom aus der Axilla einer grauen Maus und endlich
ein Adenom, das von der Haut am Beine einer grauen Maus ausging.
Loeb (3a) berfihrt in Kfirze das Vorkommen eines Carcinoms bei
einer weifien Maus.
Morau (2) endlich fand bei einer weifien Maus ein Adenocarcinom,
dessen Uebertragung von Tier auf Tier ihm 5 Jahre hindurch gelang.
Die Geschwfilste der einzelnen geimpften Tiere boten im wesentlichen
denselben mikroskopischen Bau dar wie die ursprfingliche Geschwulst,
wenngleich bei einigen Tieren kleine Verschiedenheiten anzutreffen waren.
Die Geschwulst veranlafite keine Metastasenbildungen; nach partieller
Exstirpation entstanden indes Rezidive, zuweilen mit stfirkerer subkutaner
Verbreitung.
Ganz neulich (wfihrend der Korrektur) hat Bor re 1 (10 b) ein meta-
stasierendes Adenocarcinom beschrieben, welches sich auf andere Mfiuse
transplantieren liefi; ein positives Resultat wurde allerdings nur bei ca.
10 Proz. der geimpften Tiere erreicht.
Ich selbst habe im Laufe der Jahre mehrere Ffille von Carcinomen
bei Mfiusen untersucht; so fand ich in der Haut und Subkutis einer
weifien Maus eine Reihe erbsengrofier Tumoren, die sich bei mikro-
skopischer Untersuchung wie Plattenzellencarcinome gebaut erwiesen.
Metastasen fanden sich nicht Bei einer anderen weifien Maus fand
ich an einem Hinterbein eine reichlich haselnufigrofie Geschwulst, die
unter dem Mikroskop einen adenocarcinomatdsen Bau mit kleinen cysti-
schen Hfihlen zeigte. Es bot sich mir die Gelegenheit, noch ein paar
andere Geschwfilste zu untersuchen, fiber deren Verhfiltnisse ich jedoch
keine nfiheren Aufzeichnungen gemacht habe. Transplantationsversuche
mit den hier genannten Tumoren mifilangen.
Hierzu kommt die Geschwulstform, die ich im folgenden nfiher be-
sprechen werde, und die ich bei meinen Arbeiten benutzte. Es kfinnte
vielleicht sogleich die Frage erhoben werden: Spricht die Leichtigkeit,
mit welcher M or aus Adenocarcinom und meine Geschwulst sich auf
andere Individuen fibertragen liefien, wie auch der Mangel an Metastasen-
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Jensen,,Experimentelle Untereuchungen fiber Krebs bei Mftusen.
33
bildung nicht entschieden gegen die Diagnose Carcinom? An diesem
Orte verveise ich nur darauf, daB die von Hanau bei einer Ratte ge-
fundene Geschwulst, die ja ohne Zweifel als ein Plattenzellencarcinom
aufzufassen ist, da sie nfimlich von Verhornungsprozessen begleitet war,
sich ebenfalls mit Leichtigkeit auf andere Individuen transplantieren lieB,
und daB der Mangel an Metastasenbildung ja auch gewissen Krebsge-
schwfilsten des Menschen eigentiimlich ist.
Der Bau der Geschwulst
Die ursprfingliche Geschwulst erwies sich als ein ca. haselnu&groBer,
unter der Haut gelegener und an diese stark adh&renter Tumor. Das
Geschwulstgewebe war von heller, weifigelblicher Farbe; an den Schnitt-
fl&chen fan dan sich einige ganz kleine, noch hellere Flecke, die augen-
scheinlicb von Degeneration und Zerfall herrfihrten. Die Konsistenz
war ziemlich weich, das Stroma des Bindegewebes augenscheinlich spftr-
lich. Die Geschwulst war von einer ziemlich gef&Breichen Bindegewebs-
masse urageben; die nahe gelegenen Glandeln waren angeschwollen, zu-
. sehends aber nicht angegriffen. Von dieser Maus wurde Impfung auf
5 andere M&use unternommen auf folgende Weise:
Ein Teil der Geschwulst wurde in einem Mdrser zerstofien, mit
steriler physiologischer Kochsalzlosuug gemischt, und ein wenig dieser
Fltissigkeit wurde den M&usen subkutan eingespritzt Wie oben genannt,
erschienen bei drei der auf diese Weise geimpften Tiere subkulane Ge-
schwfilste, die sich hinsichtlich ihres Baues in allem Wesentlichen eben-
so wie die primfire Geschwulst verhielten. Die ursprttngliche Geschwulst
wurde sogleich einer oberfl&chlichen Untersuchung unterworfen, welche
die Diagnose Carcinom ergab. Leider ging der Rest dieses Tumors
zu Grunde, indem die Formalinflflssigkeit, in welcher derselbe aufbe-
wahrt wurde, verdampfte, so da# eine sp&ter angestellte Untersuchung
keine so genauen Resultate gab, wie man hfitte wflnschen mogen. Die
Geschwulst war, wie gesagt, an die Haut adherent, und es ist wahr-
scheinlich, daB sie ursprttnglich von den Hautdrflsen oder vielleicht von
der Epidermis selbst ausgegangen war; der schlechte Konservierungs-
zustand des Materials gestattete aber nicht, einen unumstofilichen Beweis
zu ffihren, daB dies sich wirklich so verhielt. Die mikroskopische
Untersuchung der ursprflnglichen Geschwulst zeigt, soweit sich aus der
ziemlich fibeln Beschaffenheit des Gewebes schlieBen l&Bt, einen typisch
carcinomatdsen Bau. Dagegen wurden die Geschwiilste der 3 obenge-
nannten M&use zum Gegenstand einer genauen mikroskopischen Unter¬
suchung gemacht. Sie scheinen sich, histologisch betrachtet, in allem
Wesentlichen ebenso wie die ursprUngliche Geschwulst zu verhalten und
unterscheiden sich in ihrem Bau in keiner Beziehung von denjenigen
Gesch wills ten, welche wir sp&ter durch fortgesetzte Impfung von Tier
auf Tier erzeugten oder welche wir noch jetzt nach Verlauf von zwei
Jahren durch Transplantation erregen; die Geschwulst scheint mit an-
deren Worten trotz der unabl&ssigen Uebertragung von Individuum auf
Individuum im Verlaufe der beiden Jahre ihren Charakter nicht ver-
tndert zu haben.
Nach Einimpfung von Geschwulstteilen einer Maus in das subkutane
Bindegewebe einer anderen Maus entsteht nach Verlauf kiirzerer oder
l&ngerer Zeit, gewdhnlich nach 14 Tagen, ein kleines Knfitchen, das in
der Regel lose, in der Subkutis ein wenig verschiebbar liegt. Dieses
w&chst mit verschiedener Geschwindigkeit an. Es kann im Laufe einiger
Erate Abt. Orig. Bd. XXXIV. 3
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV, No. 1.
Monate ganz langsam an GrbBe zunehmen, so dafi es nur die GroBe
einer Bohne Oder einer HaselnuB erreicht, in weitaus den meisten Fallen
hat es aber w&hrend des genannten Zeitraums eine GrbBe erreicht, die
zwischen der einer halben WalnuB und der eines halben Hflhnereies
schwankt, und ein Gewicht, das bis auf 15—20 g ansteigen kann (Taf. I.
Fig. 1 u. 2).
Betrachtet man die kleineren Geschwtilste, so findet man sie von
einer gewbhnlich gefafireichen, ziemlich diinnen Bindegewebsra embran
umgeben; das Gewebe ist meistens gleichfbrmig ohne makroskopische
Zerfallsprodukte, von grauweifiem feuchtem Aussehen. Die groBeren Ge-
schwttlste kbnnen sowohl nach der Haut als nach dem unterliegenden
Gewebe vbllig verschiebbar sein, kdnnen andererseits aber auch sekundfir
auf die Haut fibergreifen, diese so durchwachsen, dafi Ulcerationsprozesse
entstehen. Aeltere Geschwfilste bieten h&ufig ein grobes, lappiges Aeufiere
dar, sie sind meistens von einem mehr oder weniger hfimorrhagischen
Oedem umgeben und ebenso wie die kleineren durch ein Bindegewebs-
hautchen gegen die Umgebungen abgegrenzt Die Farbe ist je nach der
Blutfulle bald rbtlich, bald heller, grauweifi oder gelblichweifi; an den
Schnittflachen sieht man nur sparliches Bindegewebe, hie und da Gefafie
und Injektionsrbte; das Gewebe ist sonst einigermafien fest mit ge-
sprenkelten weifien Zerfallsflecken. Nur ausnahmsweise treten ein-
greifendere Zerfallsprozesse ein, so dafi grdfiere Teile der Geschwulst
in eine breiige, fettige Masse umgebildet sein kdnnen.
Die nahe gelegenen Glandeln sind ziemlich oft angeschwollen; nur
in einem einzigen Falle zeigten sie makroskopische Veranderungen, die
auf eine Metastasenbildung hindeuten konnten; leider gingen diese
Glandeln aber verloren, ohne vorher mikroskopisch untersucht worden zu
sein. Metastasierung nach inneren Organen wurde nie beobachtet.
Was den mikroskopischen Bau betrifft, so ist dieser je nach der
Altersstufe der Geschwulst ein wenig verschieden. In nicht gar zu
grofien Geschwfilsten findet man einen typisch carcinomatbsen Bau (Taf. II.
Fig. 3). In einem relativ sparlichen Bindegewebsstroma, das einige ge-
wbhnliche Bindegewebszellen enthalt, in der Regel aber keine Rund-
zelleninfiltrationen birgt, findet man eine grofie Anzahl Krebsalveolen,
oft von ziemlich unregelmafiiger Form, die mit Krebszellen angefiillt
sind. Die Versorgung mit Gefafien scheint nicht besonders reichlich zu
sein, in den Bildern tritt dieselbe gewohnlich nicht hervor. Die Form
der Zellen erweist sich bei naherer Untersuchung als etwas verschieden,
sie sind rundlich, polygonal oder auch ganz unregelmafiig. Der Zell-
kbrper ist grofi, gewbhnlich ziemlich homogen, der Zellkern ist ebenfalls
grofi, rund oder oval mit hervortretendem Chromatingerttste und Kern-
korperchen. In der Regel findet man Mi to sen in ziemlich bedeuten-
dem Umfange, und diese zeigen meistens vbllig normale Verhfiltnisse,
zuweilen sieht man jedoch auch atypische Mitosen von verschiedener
Form. (SchluB folgt.)
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Cohn, Zur Kenntnis einiger Trem&toden.
35
Nachdruck verboten,
Zur Eenntnis einiger Trem&toden.
Mit 4 Figuren.
Von Dr. Lndwlg Cohn-Greifswald.
JToploderma mesocoeUum n. g. n. sp.
Im DOnndarm eines Draco volans aus dem dstlichen Java (ftlteres
Spiritusexemplar) fand ich drei kleine Trematoden, fflr welche ich die
oben genannte neue Gattung aufstellen
muB. Im Schnitte erwiesen sich die
anatomischen Details als genflgend er-
halten, wie ich denn jetzt schon mehr-
fach die Beobachtung machen konnte,
daB altes, unter ungttnstigen Bedin-
gungen konserviertes Fasciolidenmate-
rial (Alkoholkonserviernng des ganzen
Wirtstieres) oft unerwartet gut er-
halten ist, so daB sich die Unter-
suchung alter Doubletten (Schlangen,
Eidechsen u. s. w.) wohl lohnt. Am
Totalpr¶te war nicht mehr zu
sehen, als ich in Fig. 1 eingezeichnet
habe, weil die Genitaldrflsen fast ganz
durch die Uterusschlingen und den
Bauchsaugnapf verdeckt werden; auch
die Lage des Genitalporus liefi sich
nicht feststellen nnd ist nach der
Schnittserie eingezeichnet.
Die Fascioliden haben eine Total-
linge von 1,8—1,9 mm und etwa in
der Mitte der Lange die groBte Breite
von 0,61 mm. Nach dem Hinterende
zu, das breit abgerundet ist, ver-
schmalern sie sich kaum, wahrend die
Breite nach dem nur 0,3 mm breiten
Vorderende hin langsam abnimmt.
Der vordere, kleinere Teil vor dem
Bauchsaugnapf ist hell und sehr durch-
sichtig, der hintere durch die immen-
sen Eimassen dunkelbraun gefarbt.
Der Mundsaugnapf, in der Auf- Ep
sicht eifdrmig und 0,2 mm lang, hat Fig. l. Hopioderma mesocoeiium n. sp.
dorsoventral eine Tiefe von nur Totalprftparat 60/1.
0,12 mm; am vordersten Ende gelegen,
Offnet er sich rein ventral. An ihn setzt sich ein kleiner, 0,07 mm
messender Pharynx an, dann folgt ein langer Oesophagus von 0,19 mm,
der sich durch sehr starke Muskulatur, insbesondere Ringfasern, aus-
zeichnet, so daB er wohl die geringe saugende Kraft des Pharynx zu
unterstiitzen geeignet ist. Dicht hinter der Stelle, wo er in Fig. 2 eben
noch getroffen ist, liegt die Gabelung der Darmschenkel. Diese verlaufen
der dorsalen Seite gen&hert und treten nur mit ihrer stark konvexen
3*
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 1.
Krfimmung nfiher an den Seitenrand heran. Sie ziehen wenig fiber die
Mitte der Kdrperl&nge hinaus; sie reichen ganz wenig weiter als die
Dotterstdcke (Fig. 1) nach hinten. In Fig. 2 ist, ebenso wie das hinterste
Ende des Dotterstockes, so auch dasjenige des gleichseitigen Darm-
schenkels getroffen.
Die Haut ist bei meinen Exemplaren nur streckenweise erhalten;
wo sie aber am Vorderende erhalten ist, zeigt sie sich mit zahlreichen
kleinen, dichtstehenden Stacheln durchsetzt. Das hintere Ende scheint
nnbewehrt zn sein. Das Wasser gefSBsy stem weist am Hinderende eine
langgestreckte, schief dorsoventral verlaufende Exkretionsblase auf, die,
kurz vor der Ausmfindung am hintersten Ende, zu einer muskuldsen
Vesicula anschwillt; der dickwandige Kanal, durch welchen diese aus-
mfindet, ist von grofien Zellen (Drfisen?) umlagert
Der Bauchsaugnapf liegt wenig hinter dem ersten Kdrperviertel,
ist kuglig nnd hat einen Durchmesser von 0,13 mm, also kleiner als der
Mundsaugnapf. Dorsal von ibm liegt der hintere Hoden; der vordere,
der direkt vor dem anderen liegt,
befindet sich zum Teil auch noch
im Bereich des Bauchsangnapfes.
Die Vasa efferentia mfinden in
einen birnfBrmigen Girrhusbeutel,
der fast Hoden gro Be hat und
direkt vor dem Saugnapf, ventral
vom vorderen Hoden liegt Zu
hinterst findet sich im Cirrhus-
beutel eine einmal im Knie ge-
knickte Vesicula, mehr als die
Hfilfte des Hohlraumes ausffil-
lend. Der Cirrhus ist dfinn und
lang. Der Genitalporus (seine
Lage ist in Fig. 2 nach Nachbar-
schnitten durch Punktierung an-
gegeben) liegt fast genau in der
Mitte zwischen beiden Saug-
nfipfen.
Hinter dem hinteren Hoden,
und zwar ebenso weit von ibm entfernt, als er es von dem vorderen
Hoden ist, liegt das nach vorn zugespitzte, birnfdrmige Ovarium von
0,2 mm. Es liegt ebenfalls dorsal, doch nicht in einer Linie mit den
Hoden, sondern nach der anderen Seite etwas verschoben, so daB ich
in Fig. 2 seine Lage nur andeuten konnte. Der Ovidukt entspringt
dorsal am Hinterende und wendet sich alsbald ruckwfirts, uin den
Ausffihrungsgang des Receptaculum aufzunehmen, das, 0,12 mm groB,
dicht hinter dem Ovar liegt. Der Laurersche Kanal beginnt (Fig. 2)
bereits auf der Hdhe des hinteren Hodens und zieht aufien am Ovarium
vorfiber. Die Schalendrflse liegt nach innen vom Receptaculum. Der
Uterus steigt in anfangs ganz, spllter Oberwiegend quer verlaufenden
Windungen nach hinten und ffillt die ganze hintere Korperhalfte bis
zur Exkretionsblase dicht aus. Der aufsteigende Ast windet sich dann
ventral zwischen Hoden und Cirrhusbeutel einerseits, dem Bauchsaug-
napfe andererseits durch und mfindet hinter dem Cirrhus. Die Eier
sind fiberaus zahlreich und recht klein, 0,06:0,048 mm.
Die Dotterstdcke bestehen aus dicht gedriingten zahlreichen Follikeln
H
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Cohn, Zur Kenntnis einiger Trematoden.
37
und ziehen an beiden R&ndern bis knrz vor das Ende der Darmschenkel;
sie liegen nach auCen zu von diesen und umfassen sie. Vorn reicht
der eine Dotterstock bis dicht an das Hinterende des Mundsangnapfes,
wfihrend der andere an diesem seitlich vorflber bis fast an das &uBerste
Vorderende zieht. Der Verbindungsgang beider DotterstOcke liegt wenig
hinter der Schalendrflse.
Obgleich mit Dicrdtoelium Dnj. part. (Looss 1899, p. 633) verwandt,
ist die vorstehend beschriebene Art Reprasentant eines neuen Genus,
das hauptsachlich durch die noch starkere Verlagerung der Keimdrfise
und der Hoden nach vorn gekennzeichnet ist Die Diagnose der Gattung
ware: Bestachelte Fascioliden mit einander genaherten Saugnapfen, von
denen der Mundsaugnapf grOBer ist. Die Hoden dorsal vom Bauch-
saugnapf, auf gleicher Hdhe mit diesem, hinter einander; Ovarium dicht
hinter den Hoden. Laurerscher Kanal vorhanden, ebenso Begattungs-
organ. Darmschenkel wenig fiber die Mitte der Kdrperlfinge reichend,
Oesophagus lang. Dotterstdcke stark entwickelt und bis zum Mund¬
saugnapf reichend. Uterus in der hinteren Korperhalfte.
Amphistomum dolichocotyle n. sp.
In demselben Exemplare von Herpetodryas fuscus , in welchem ich
das von mir beschriebene Leptophyllum stenocotyle fand, war im End-
darm noch ein zweiter Trematode enthalten. 0,9—1,0 mm lang, waren
die Exemplare birnfdrmig, am Hinterende, der breitesten Stelle, 0,42 mm
breit wahrend die Breite vorn, gleich hinter dem Mundsaugnapf ge-
messen, nur 0,22 mm betrug. Der dorsoventrale Durchmesser war dem
queren etwa gleich, so daB Querschnitte durch alle Teile der Lange
etwa kreisfOrmig wurden.
Das Vorderende wird von dem grofien Mundsaugnapf eingenommen,
an dessen zentrale Hfihlung sich zwei groBe, seitliche Taschen ansetzen,
die am Kreosotprfiparate in toto gut zu sehen sind. Der gesamte Saug-
apparat miBt 0,16:0,13 mm. Die Scheidewand zwischen beiden aneinander
grenzenden Taschen sondert dieselben bis oben, so daB sie nur mit dem
eigentlichen Saugnapflumen, das sich in den Oesophagus fortsetzt,
kommunizieren. Die Wandung der Taschen ist dick, aber von sehr
loser Textur und von nur sparlichen Radifirfasern durchsetzt, zwischen
welchen zahlreiche groBe Muskelzellen liegen. Einige Exemplare
zeigen, daB der Mundsaugnapf mit Hilfe der Taschenmuskulatnr etwas
vorgestfilpt werden kann, so daB er dann lippenformig fiber das Vorder¬
ende hinausragt. Der Hohlraum der Taschen ist, je nach dem Kon-
traktionszustande, bald rund, bald verengt bis spaltfdrmig, am Hinterende
stets enger als vorn. Ein Faktum, das ich mir nicht zu deuten weifi,
das ich aber auf Schnitten mehrfach konstatieren konnte, ist, daB die
Saugnapftaschen nach hinten zu eine Durchbohrung ihrer Wandung auf-
weisen. Ich konnte aber nirgends den Zusammenhang des hier durch-
tretenden Eanals mit irgend etwas anderem auffinden, — das Lumen
der Taschen fiffnet sich hinten durch den Gang einfach jederseit ins
Parenchyn; der Erhaltungszustand war zur sicheren Verfolgung der
einschl&gigen histologischen Verhfiltnisse doch nicht gut genug. Aus-
geschlossen ist die Verbindung dieser Gfinge mit den (weiter unten
beschriebenen) Auftreibungen der Exkretionsgeffifie, die hier in der N&he
dicht am Mundsaugnapf liegen.
Auf den Mundsaugnapf folgt ein ansehnlicher Oesophagus von
0,12 mm Lange und geringer Breite, dessen Hinterende, dicht der
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38 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV, No. 1.
Darmgabelung aufsitzend, der kleine kuglige Pharynx von 0,06 mm
Durchmesser umgibt. Die Darmschenkel haben die mehrfache Breite
des Oesophagus, sind aber nur kurz; sie durchziehen noch nicht das
ganze mittlere Drittel der KOrperl&nge und enden schon vor den Dotter-
stficken, in einer H6he etwa mit dem Hinterrande des Hodens (Fig. 3).
Das Darmlumen ist mit einem recht hohen Epithel ausgekleidet
Der Exkretionsporus liegt nahe dem Hinterende auf der dorsalen
Fl&che (etwa auf der Hfihe der Mitte des Endsaugnapfes). Die kurze,
weite Exkretionsblase geht erst gerade nach vorn, teilt sich aber bald
in zwei L&ngskanSle, die in starken Windungen nach dem Vorderende
hinziehen. Sie verlaufen innerhalb der Darmschenkel, dorsal und beider-
seits der Mittellinie genahert, im vordersten Teil nahe am Oesophagus
und parallel demselben. Nahe am Hinterrande des Mundsaugnapfes
biegen dann die G&nge beiderseits nach aufien, den hinteren Rand der
Taschen umziehend, und enden nach aufien
von den letzteren mit einer langgestreckten
Verbreiterung, welche durch Muskelfasern
am Hautmuskelschlauch aufgehangt sind.
Die Exkretionskan&le sind in ihrem Ver-
laufe von sehr wechselnder Breite, selbst
auf Querschnitten aber nicht zu verken-
nen, da ihr charakteristischer Inhalt aus
tiefdunkeln, kleinen Kugeln besteht, welche
auch am Totalpraparate in Kreosot die
Exkretionskan&le als dunkle Streifen und
ebenso die Auftreibungen im Vorderkorper
erkennen lassen.
bo Mehr als doppelt so grofi, wie der
Mundsaugnapf samt Taschen, ist der kr&f-
tige Endsaugnapf. Wie ich in Fig. 3 an-
zudeuten suchte, liegt dieser Saugnapf
zum Teil noch auf der ventralen Fl&che,
greift aber schon bedeutend nach der
terminalen Fl&che fiber. Er ist 0,3 mm
breit bei 0,37 mm L&nge. Er hat zwei,
hintereinander liegende Sauggruben, von
denen die vordere noch ganz ventralw&rts,
die hintere schon mehr terminalw&rts gewendet ist. Die aufiere Um-
randung des Gesamtnapfes verl&uft, eine Einkerbung zwischen beiden
Gruben ausgenommen, kontinuierlich um beide, die innen durch eine
niedrige, die H3he der Umwallung nicht erreichende Scheidewand von
einander getrennt sind.
Ein charakteristisches Merkmal des Genitalsystems ist das Vor-
handensein nur eines Hodens. In der Mittellinie, von der Darmgabelung
nur durch den Genitalporus getrennt und der ventralen Fl&che gen&hert,
liegt der kuglige Hoden von 0,17 mm Durchmesser. Das Vas deferens
geht am hinteren Ende des Hodens dorsal ab, verl&uft erst, stark ge-
wunden, ventralw&rts, um dann nach vorn zu umzubiegen. Der Cirrhus-
beutel ist kolbenf5rmig und seine Richtung ist fast ganz dorsoventral.
Sein dorsales, erweitertes Ende enth< eine m&Big grofie Vesicula semi-
nalis. Die Ausmfindung des Cirrhus liegt in einem flachen Genitalatrium
neben dem weiblichen Porus.
Hinter dem Hoden liegen die weiblichen Genitaldrfisen, die nicht
Fig. 3. Amphistamum dolichocotyle
n. sp. TotalprSparat 65/1.
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Cohn, Zur Kenntnis einiger Trematoden.
39
weiter als bis zur Mitte des Endsaugnapfes nach hinten reichen. Das
etwa kuglige Ovarium ist klein, nur 0,075 mm im Durchmesser, und
enth< wenig zahlreiche Eizellen. Es liegt rechts von der Mittellinie,
zum Toil noch auf einer Hohe mit dem Hinterende des Hodens. Seitlich
den R^ndern des Endsaugnapfes sind die Dotterst5cke angelagert, deren
jederseits wenige Follikel durch eine breite Brticke in Verbindung
treten, so daB man fast den Eindruck eines zweiflflgeligen Organes
erhalt. Ganz dorsal und auf der linken Seite liegt das langgestreckte,
gewundene Receptaculum seminis auf einer Hdhe mit dem Ovarium;
der Laurersche Kanal ist kurz und miindet median etwa in einer^Hdhe
mit dem Hinterende des Hodens. Die kompakte runde Schalendrflse
liegt median warts neben dem Ovarium (zwischen diesem und dem Re¬
ceptaculum) und hat etwa die GrOBe des Ovariums. Der Uterus wendet
sich, von der Schalendriise aus, dorsalw&rts, zieht zuerst mit einer
kurzen Schlinge nach dem hinteren Korperende zu, wendet sich dann
nach vorn und verlfiuft dorsal und in starken Querwindungen zum
Genitalporus. Die Eier sind wenig zahlreich und sehr grofi; sie messen
0,073:0,036 mm.
Die Verwandtschaft der eben beschriebenen Art mit Diplodiscus
subclavatus (G.) ist aus einigen Punkten der Organisation unverkennbar.
Die Konfiguration des Mundsaugnapfes, die Einzahl des Hodens, die
Lagerung des Ovariums sind entsprechend, ebenso die Bildung des
Darmtraktus. An diesen Froschparasiten erinnert auch durchaus der
Verlauf und das optiscbe Verhalten des Exkretionsapparates sowie der
Verlauf des Uterus mit den wenigen, grofien Eiern. Ganz abweichend
verhalten sich aber, abgesehen vom Endsaugnapfe, die Dotterstbcke, die
bei meiner Species karg, bei Dipl, subclavatus sehr stark entwickelt
sind. Jedenfalls ist dem Amph. brachycoelium eine Stellung in der N&he
jener Art anzuweisen, wenn es auch wohl ein anderes Genus vertritt.
Ich stelle dieses nicht auf, da sich die Begriindung neuer Genera auf
einzeln stehende Arten ftir diese Gruppe noch nicht empfiehlt, solange
eine allgemeine Uebersicht und somit ein Einblick fehlt, welches die
wichtigen, zur generischen Einteilung geeigneten Merkmale sind.
Ueber Kopulatlon durch den Laurerschen Kanal.
In No. 12. Bd. XXXII. 1902 dieser Zeitschrift beschrieb ich einen
Fund unter den Originalexemplaren von Liolope copulans C., den ich als
Kopulation zweier Exemplars durch den Laurerschen Kanal deutete;
ich gab auch eine Abbildung der beiden zusammenh&ngenden Individuen
nach einem TotalprSparate. DaB es sich urn eine Kopulation handelte,
schloB ich aus der gegenseitigen Lagerung der Fascioliden; die eine
batte ihre BauchflSche der Rtickenfl&che der anderen zugekehrt und war
mit ihr in der Hdhe etwa, wo der Laurersche Kanal der zweiten
liegen muBte, durch eine Brflcke, die ich als Cirrhus deutete, verbunden.
Seitdem ist mir der Zweifel ausgesprochen worden, die Abbildung ergebe
denn doch nicht mit genttgender Sicherheit den Beweis fur eine Kopu¬
lation der Art. Ich entschloB mich daher, eine Schnittserie (sagittal)
durch beide Exemplars zu legen. Bei der Kleinheit des Objektes und
der verschiedenen Kriimmung der Exemplars war die Orientierung
schwer, so daB die Schnitte nur subsagittal gingen, doch lSBt sich
immerhin aus der Serie mit Sicherheit nachweisen, daB meine erste
Deutung den Tatsachen entsprach. Zum Beweise reproduziere ich aus
der Serie vier Schnitte (Fig. 4 a—e). Das in den Abbildungen oben
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
liegende Individuum wendet seine konkav eingebogene Bauchseite nach
oben; das untere kehrt der Rftckenseite des ersteren seine Bauchseite
zu (Fig. 3 1. c. ist also um 90° nach links gedreht). In Fig. 4a ist der
Fig. 4a—e.
Liolope copulans C.
Schnitte aus einer
schiefen Sagittalserie. Die
Schnitte folgen auf einan-
der, zwiscnen b und c
liegen 3 Schnitte, zwischen
c und d 1 Schnitt, e =
Detail zu c.
Lk Laurerscher Kanal
H Hoden
Cr Cirrhus
Oh Genitalhaken des Cir¬
rhus
Vt Vesicula seminalis.
/
e Gh
Laurersche Kanal eben angeschnitten, in 4b, dem n&chstfolgenden
Schnitte der Serie (zu 10 /«) steht er often. Vergleiche mit normalen
Exemplaren zeigen, dafi die Kanalmiindung gegenttber dem Ruhezustande
stark gedehnt ist, was, wie weiter unten folgt, auch ftlr die anderen Teile
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Cohn, Zur Kenntnis einiger Trematoden.
41
des Laurerschen Kanals der Fall ist. Zwischen 4b und c liegen drei
Schnitte. In 4c sehen wir am unteren, aktiven Exemplar den Cirrhus
oberfl&chlich an der Wurzel angeschnitten, in 4d ist er schon besser
getroffen, so daB sein Tangentialschnitt schon bis an das obere Indi-
vidunm heranreicht; er war es, der die beiden Exemplare zusammen-
hielt. In meiner ersten Notiz (1. c. p. 879) schrieh ich: „Die Basis liegt
zwar frei, doch ist bei der groBen Ltinge des’Cirrhus das versenkte
Ende lang genug, um tief im Laurerschen Kanal zu haften“. Und so
finden wir auch in 4c am Kanaleingang Haken des Cirrhus (Gh.) haften
(Fig. 4e gibt das Detail bei st&rkerer VergroBerung), und sehen dann in
4d im Innern des ganz schief angeschnittenen Kanals gleiche Cirrhus*
haken.
Aus der Beschreibung und Fig. 2e der vorigen Notiz geht hervor,
das Liolope copulans kein Receptaculum seminis besitzt; hier hingegen
sehen wir im Zusammenhang mit dem Laurerschen Kanal (ein anderer
Schnitt zeigt die Verbindungsstelle) eine grofie, prall mit Sperma gefiillte
Hdhlung. Es ist das ein tempor&res Receptaculum, — eine passive Auf-
treibung des inneren Endabschnittes des Kanals, der ja, wie meist die
Genitalg5nge der Plathelminthen, stark dehnbar ist So ist bei Liolope
copulans bei jungen Exemplaren auch die Vesicula nur klein, sp&ter aber,
auf der H6he der Entwickelung, von kolossaler GroBe.
Auf Grund des Vorstehenden kann jetzt, glaube ich, kein Zweifel
bestehen, daB hier eine Kopulation durch den Laurerschen Kanal vorlag.
Mit Rucksicht auf das N&chstfolgende mOolite ich noch bemerken, daB
auch bei dem passiven Exemplare, wie benachbarte Schnitte zeigen, der
Cirrhus voll ausgestulpt ist.
Ich babe n&mlich noch einen zweiten Fall zu erw&hnen, der mir
sonst wohl nicht deutlich genug gewesen ware, um ihn zu beschreiben,
im AnschluB an das Vorhergehende aber wohl als weiterer Beleg dienen
kann. Unter zahlreichen Exemplaren von Echinostmoum spinulosum (Rud.)
aus Alca torda fand ich zwei, die fest aneinander hafteten. Das eine
kehrte, ganz wie in dem oben beschriebenen Fall, seine Bauchseite nach
aufien, das andere hatte seine Bauchseite auf den Riicken des ersteren
gelegt das Vorderende herumgebogen und sich mit dem Mundsaugnapf
befestigt; beide lagen aber nicht wie bei L. copulans , von einander
fortgebogen, sondern einander dicht an. Eine Querschnittserie durch
beide gemeinsam zeigte nun, daB das festgesogene den Cirrhus hervor-
gestiilpt hat <l^r hier zwar nicht im Laurerschen Kanal des anderen
steckt aber dicht daneben liegt: 40 p vor dem Schnitte, der bei dem
passiven Exemplare den Laurerschen Kanal offen zeigt, erscheint
genau an derselben Stelle bei dem aktiven der ausgestfilpte Cirrhus.
Da Laurerscher Kanal und Cirrhus nur ^ mm voneinander ent-
fernt sind, so darf man wohl das bei dem passiven Exemplare prall mit
Sperma gefiillte Receptaculum dahin deuten, dafi hier soeben die Kopu¬
lation stattgefunden hat. Und auch das passive Exemplar hat den
Cirrhus vorgestiilpt — ganz wie bei L. copulans, was wohl mit der
Erregung bei der Kopulation durch den Laurerschen Kanal im Zu-
sammenhange steht.
Aus dem oben Beschriebenen folgt:
1) Eine Begattung durch den Laurerschen Kanal findet bei Fas-
cioliden statt, und zwar als dritter Modus neben der Befruchtung
zwischen zwei Individuen durch das Uterusende einerseits, der Selbst-
befruchtung auf gleichem Wege andererseits (fur diesen letzten Modus
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42 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 1.
liegt mir in Brack. crassicoUe ein Beleg vor, indem man auf Sagittal-
schnitten den in den eigenen Uterus eingefflhrten Cirrhus sieht).
2) Das Vorhandensein oder Fehlen des Receptaculum seminis im
Verlaufe des Laurerschen Kanals sowie die GrSBe des Receptaculum
sind keine zuverl&ssigen systematischen Merkmale, da ein solches be
L. copulans, wo ein Receptaculum sonst fehlt, zeitweilig auftreten kanni
Nachdruck verboten.
Ein neuer Fall von Dipylidium caninum (L) beim Menschen.
Von F. Zschokke, Basel.
Der Bandwurm Dipylidium caninum (L.), der vielleicht besser unter
den Namen Taenia canina L., T. cucumerina Bl., T. elliptica Batsch be-
kannt ist, gehort zu den allerhSufigsten Darmschmarotzern von Hund
und Katze. Besonders regelmaBig und oft massenhaft bewohnt er die
in Haus und Zimmer gehaltenen Tiere. Viel seltener verirrt sich die
Tanie auf den Menschen; immerhin ist ihr Vorkommen im menschlichen
Darm in etwa 34 Fallen festgestellt worden.
Die Falle verteilen sich geographisch in folgender Weise: RuBland
3 Falle, Schweden 4 Falle, abgesehen von den Angaben Linnds und
seines Schulers God. Dubois, die den Bandwurm als den Menschen
haufig bewohnend bezeichnen, Danemark 7 Falle, Schottland 1 Fall,
Frankreich 2 Falle, Deutschland ca. 11 Falle, Schweiz 6 Falle.
Es darf indessen als sicher gelten, daft sich der Parasit im Menschen
viel hauliger einstellt und unbeachtet bleibt, da er entweder nennens-
werte Krankheitserscheinungen nicht hervorruft Oder die Aerzte "seine
Gegenwart nicht zu entdecken wissen.
In der kasuistischen Zusammenstellung iiber das Vorkommen von
D. caninum im Menschen nimmt die Schweiz eine ziemlich ungiinstige
Stellung ein.
Schoch-Bolley fand den Bandwurm in einem Kind; H. Mflller
zitiert sein Auftreten in drei erwachsenen Personen von 38, 40 und 45
Jahren und in einem 13 Monate alten Kind 1 ). Zu diesen 5 in Ziirich
und Umgebung beobachteten Fallen kann ich einen Fall aus Basel ffigen.
Ein Studierender der Medizin sammelte im Dickdarm einer mannlichen
Leiche (Alter 35—40 Jahre) bei Gelegenheit der Sezierflbungen eine An-
zahl freier Glieder des Hundebandwurms. Die Proglottiden erreichten eine
Lange von 10 und eine Breite von 1,5 mm; sie waren mit Eipaketen gefiillL
Bemerkenswert sind die schweizer Falle der Gegenwart von D. caninum
im Menschen auch dadurch, daB sie sich zum groBeren Teil auf er-
wachsene Personen beziehen.' Nur zweimal wurde der Wurm in Kindern,
in vier Fallen dagegen in Mannern und Frauen von 35—40 Jahren
gefunden.
Dieses Verhaitnis steht im Widerspruch zu den an anderen Orten
gemachten Erfahrungen. Im erwachsenen Menschen wurde D. caninum
aufierbalb der Schweiz nur zweimal, von Blanchard in Frankreich und
von Cobbold in Schottland, nachgewiesen. Dem stehen 24 sichere
Mitteilungen iiber das Vorkommen des Schmarotzers in Kindern von
1) Er traf den Wurm dreimal in demselben Jahre im Menschen an.
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Zschokke, Ein neuer Fall von Dipylidium caninum (L.) beim Menschen. 43
7 Wochen bis 14 Jahren gegenflber. Von den 24 Fallen beziehen sich
21 auf die Infektion im zartesten Alter von hochstens 3 Jahren, die
librigen 3 verteilen sich auf Kinder von 8, 13 und 14 Jahren. In min-
destens 9 Fallen bewohnte D. caninum Kinder, welche das erste halbe
Lebensjahr noch nicht zurtickgelegt hatten. Die T&nie kdnnte also
beinahe der Bandwurm der kleinen Kinder genannt werden, wenn nicht
die in der Schweiz gemachten Erfahrungen auch fdr ihr h&ufigeres Vor-
kommen bei Erwachsenen sprechen wilrden.
Ueber die Lebensgeschichte von Dipylidium caninum sind wir
genflgend aufgekl&rt. Melnik off zeigte vor geraumer Zeit, dafi die
Hundelaus, Trichodectes canis, dem Bandwurm als Zwischenwirt dient;
Grassi undRovelli bewiesen sp&ter, daB der Hundfloh, Pulex serra-
ticeps, noch viel haufiger die Rolle des Zwischentrllgers Qbernimmt und
daB auch im Menschenfloh, P. irritans, das cysticerkoide Stadium der
Tanie zur Entwickelung gelangt. Dagegeu scheint die frliher von ver-
schiedenen Autoren vertretene Ansicht direkter Uebertragung des Para-
siten, ohneBenfitzung eines Zwischenwirts, sich nach neueren Erfahrungen
nicht halten zu lassen. Eingeschlossen in die Epizoen des Hundes
wdrden also die Larvenstadien von D. caninum in den Darm des defini-
tiven Wirts — Hund, Katze, Mensch — Einkehr halten 1 ).
Bei Hunden bringt die Gegenwart zahlreicher Exemplare des
Cestoden nicht selten schwere digestive und nervdse Stdrungen hervor.
So erscheint es durchaus nicht ausgeschlossen, dafi der Schmarotzer
auch fdr den Menschen gelegentlich pathogene Bedeutung gewinnen kann.
Eine Kontrolle des Vorkommens der Tanie bei Hund und Katze
ddrfte wohl geboten sein. Nach meinen Erfahrungen bewohnt der
Parasit die Hunde von Basel und Umgebung auBerst h&ufig, die Katzen
etwas seltener. Die lastig grofie Zahl iiberflflssiger Hunde, die hier ge-
halten werden, leistet der Verbreitung des Bandwurms alien nur wfinsch-
baren Vorschub.
DaB eine scharfere Ueberwachung der Hunde angezeigt ware, beweist
das in letzter Zeit wiederholt beobachtete Auftreten von Echinococcus-
Infektion des Menschen in Basel. Ein Fall des Vorkommens des Para-
siten war besonders typisch und furchtbar. Es handelt sich urn einen
im BQrgerspital verstorbenen 35-jahrigen Mann, der Basel selten, die
Schweiz nie verlassen hatte. Im Netz behcrbergte er, wie die Sektion
zeigte, 30—35 Echinokokkencysten von Erbsen- bis Faustgrbfie; der
Beckenraum war von den Blasen erfullt Aufierdem lag in der Leber
ein Echinococcus cysticus. Den verhangnisvollen Parasiten verdanken
wir bekanntlich ebenfalls dem treuen Freund, Hund genannt
Die Literatur Uber Dipylidium caninum hat Huber in seiner
„Bibliographic der klin. Helminthologie“ sehr gut zusammengestellt;
derselbe Autor gibt im Anschlufi an eine Notiz von As am, der den
Bandwurm bei einem Kind in Murnau beobachtete, ein kasuistisches Ver-
zeichnis, dem ich nur weniges beifttgte. Gleichzeitig erg&nzte er die biblio-
graphischen Angaben. (Miinchner mediz. Wochenschr. 1903. No. 8.)
1) Ricerche cmbriologiche sui Cestodi. (Atti dell’ accademia Gioenia di scienze
naturali in Catania. Vol. IV. 1892.)
Anmerkung. Durcb Herrn Dr. VV. Bulloch erhielt der Unterzeichnete vor
wenigen Tagen ein Glaschen mit reifen Gliedern von Dipylidium caninum, die einem im
^London Hospital Medical College 11 polikliuiscb behandelten Kinde zu mehreren Hundert
abgegangen waren.
Konigsbeerg i. Pr., 10. Mai 1903. M. Braun.
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Google
44
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIY. No. 1.
Nachdruck verboten.
Weitere Beitrage zur Agglutination der Staphylokokken.
[Aus dem Institut fflr Iufektionskrankheiten in Berlin.
(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. R. Koch.)]
Von Dr. R. Otto, Oberarzt beim 1. Garde-Feldartillerie-Regiment,
Assistenten am Institute.
Als im vergangenen Jahre Prof. W. Kolle und ich 1 ) den Nach-
weis fflhrten, dal hochwertig agglutinierendes, suit menschenpathogenen
Traubenkokken hergestelltes Serum als ein Differenzierungsmittel der
echten menschenpathogenen Staphylokokken und der saprophytischen
Kokkenarten benutzt werden kann, war es uns — bei dem verhaltuis-
maBig seltenen Vorkommen des Staphy). citreus in Eiterherden des
Menschen — nicht gegliickt, in den Besitz eines aus Eiter stammenden
Staph, pyogenes citreus zu gelangen, der von unserem Serum
agglutiniert wurde und somit sich als echter menschenpathogener
Staphylococcus erwiesen h£tte. Erst anfangs dieses Jahres erhielten
wir dnrch die Liebenswurdigkeit des Herrn Dr. Czaplewski (C61n)
einen Staph, citreus, den er fast in Reinkultur neben einzelnen
Streptokokken in Furunkeleiter gefunden und aus demselben isoliert
hatte. Auf Anreguug des Herrn Prof. Kolle benutzte ich daher diese
Gelegenheit, um die Zugehorigkeit dieses Citreus zur Klasse der
menschenpathogenen Traubenkokken nachzuweisen, zumal auch aus der
Arbeit von Neisser und Wechsberg 2 ) liber das Staphylotoxin hervor-
geht, daB ihnen bei ihren Untersuchungen kein Staph, citreus zur
Verftigung gestanden hat.
Die morphologische und kulturelle Prflfung ergab, daB sich der
tibersandte Citreus, aufier durch seine schone, saftige, citronengelbe
Farbbildung, beim Wachstum auf schwach alkalischem Agar, in Gelatine
etc. in nichts von Aureus - und Albus-St&mmen unterschied. Er war
nnbeweglich, f&rbte sich mit den gebr&uchlichen Farblosungen gut und
behielt, nach Gram gef&rbt, die ViolettfSrbung. Die Gelatine wurde
von ihm ziemlich stark verfllissigt, Bouillon gleichm&Big getrfibt und in
Traubenzuckerbouillon kein Gas gebildet. Ffir Mause und Meerschweinchen
zeigte er sich wenig pathogen, dagegen totete 1 / in Oese, intravends
Kaninchen eingespritzt, dieselben prompt in 36—48 Stunden. Im Ver-
gleich zu dem Staph, aureus I und albus XII unserer Sammlung
erwies sich der neue Citreus in Bezug auf H&molysinbildung als in
der Mitte stehend. Die Menge des von diesen 3 Traubenkokken beim
Wachstum in schwach alkalischer Bouillon (13 Tage lang bei 37°) ge-
bildeten Staphylohamolysins verhielt sich fur den Aureus-, Citreus-
und Albus- Stamm wie 1:2:5. Die PrQfung der Quantitat der gebil-
deten Lysine ergab namlich, daB die einfache, komplett Blutkdrperchen
ldsende Dosis bei dem
Staph, aureus I 0,1 ccm
„ citreus XXXV 0,2 „
_,, albus XII 0,5 „
1) Kolle, W. und Otto, R., Die Differenzierung der Staphylokokken mittels der
Agglutination. (Zeitsehr. f. Hyg. u. Infektionakrankh. Bd. XLl. 1902.)
2) Neisser, M. und Wechs berg, F., Ueber das Staphylotoxin. (Zeitsehr. f.
Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXXVI.)
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Otto, Weitere BeitrSge zur Agglutination der Staphylokokken.
45
betrug. Aehnlich verhielten sich die 3 Staphylokokken in Bezug auf
die Leukocidinbildung, indem auch bier der Citreus in der Mitte stand.
Durch Benutzung eines Aureus- und eines Citreus-Antihfimolysins
liefi sich leicht durcb die bei Einstellung des Aureus-Toxins mit dem
Citreus-Antitoxin (und umgekehrt) erfolgende Neutralisierung der
Nachweis flir die Identitfit der von dem Citreus und dem Aureus
gebildeten Toxine liefern, wie dies bereits von Neisser und Wechs-
berg ffir die Alb us- und Aureus-Toxine geschehen ist. Wenn nun
hierdnrch schon mit groBer Wahrscheinlichkeit die Arteinheit der 3 pyo-
genen Staphylokokken erwiesen war, so war doch der sichere Beweis
daffir noch nicht erbracht, dafi es sich im vorliegenden Falle urn einen
echten menschenpathogenen Staphylococcus handelte. Zur Zeit ist
dieser nur auf Grund der Agglutination m5glich. Es fehlte bisher noch
die Beweisfflhrung, dafi nur die echten menschenpathogenen, von spezi-
fischem Serum agglutinierten Traubenkokken, Staphylotoxin bilden.
Zur Anstellung der folgenden Versuche benutzte ich aufier dem
tibersandten Citreus-Stamm (No. XXXV) einen nicht pathogenen
Citreus unserer Sammlung (No. XXVI), sowie je 1 echten pyogenen
Aureus und A lb us (No. I und XII) und je 1 nicht pathogenen
Aureus- und Alb us-Stamm (VIII und IX). Wfihrend mir fiir die
Kulturen I, XII, XXXV und VIII die homologen Serumproben
zur Verfiigung standen, ist es mir bisher nicht gelungen, mit dem
Staphylococcus IXund XXVI ein hochwertig agglutinierendes Serum
zu gewinnen. Hierauf mufi besonders Wert gelegt werden, denn aus der
UnmOglichkeit mit den genannten Kulturen IX und XXVI ein hoch¬
wertig agglutinierendes Serum herzustellen, gelit mit Sicherheit bervor,
dafi diese Kokken nicht in die Gruppe der echten pathogenen Trauben¬
kokken gehoren. Es wird dadurch der Einwand entkrfiftet, dafi dieselben
schwer agglutinable bezw. inagglutinable Kokkenstamme
wiiren. Die Untersuchungen fiber die Agglutinationseigenschaften der
Staphylokokken, mit welchen Herr Prof. Kolle und ich uns noch
dauernd beschfiftigt haben, lassen keine Zweifel darfiber, dafi es Unter-
schiede in der Agglutinabilitfit der einzelnen Kokkenstamme gibt. Man
findet unter den echten pathogenen Kokken schwer und leicht aggluti-
nierbare Kulturen. Ich hatte erst neuerdings Gelegenheit, einen aus
einem Osteomyelitisherde stammenden, auffallend schwer agglutinierbaren
A u r e u s - Stamm zu erhalten. Dieser wurde von einem Serum, das alle
unseren pathogenen Kulturen mindestens bei 1:1000 deutlich agglutiniert,
nur bis 1:100 agglutiniert, wfihrend allerdings normales Serum derselben
Tierart ihn auch bei Verdfinnungen von 1:20 in keiner Weise beeinflufite.
Es wurde nun mit dieser Kultur ein Serum an Kaninchen hergestellt
und es zeigte sich, dafi das Tier nach knrzer Vorbehandlung ein
stark agglutinierendes Serum gab, welches unsere pyogenen Trauben-
kokkenkulturen bis 1:1000 deutlich agglutinierte und natfirlich auch
den — homologen — schwer agglutinierbaren Stamm, aber diesen wieder
nur bis 1:200. Die folgende Tabelle zeigt ferner, dafi von demselben
Serum (No. XXXVI) die nicht menschenpathogenen Stfimme selbst bei
Konzentrationen von 1:50 nicht beeinflufit wurden.
Um nun auf den Staph, citreus zurfickzukommen, so gebe ich
hier zunfichst noch einmal eine Tabelle mit Angaben fiber die Herkunft
der bei den folgenden Agglutinationen verwandten Stfimme. Alles
nfihere, insbesondere fiber die Ausffihrung der Agglutinationen ergibt
sich aus der bereits oben erwfihnten Arbeit „Ueber die Differenzierung
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46
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Tabelle I.
Einstellung eines Kaninchen-Staphylokokkenserums (XXXVI) mit
Traubenkokken verschiedener Herkunft.
Kontrolle mit
Lfd.
Kultur
Verdiinnung
normalem
Kan.-Serum
No.
Verdiinnung
V50
V I
/too
7,00
VftOO |
Viooo
Vso
1/
7 100
1
Aureus I
+
4-
+
+
+
0
0
2
,, VIH
Albus IX
0
0
0
0
0
0 1
0
3
0
0
0
0 |
0
0 i
0
4
„ XII
+
+
+
+ 1
+
0 1
0
5
Citreus XXVI
0
0
0
0
0
0
0
6
„ XXXV
+
+
-f
+
+
0
0
Or«nze
7
Aureus XXXVI
+
+
+ 1
0
0
o
0
der Staphylokokken mittels der Agglutination 11 . Bemerkt sei noch, daB
das Serum von Kaninchen mittels intravenOser Injektionen gewonnen
wurde. Die Tabellen III bis VI lassen die Ausftihrung der einzelnen
Untersuckungen erkennen.
Tabelle II.
Herkunft und Hamolysinbildung.
Lfd.
No.
Kultur
Herkunft
Hamolysin¬
bildung
1
Aureus I
Peritonitis purul.
+
2
„ VIII
Luft
0
3
Albus IX
Haut
0
4
„ XII
Abscefl
+
5
Citreus XXVI
Kralsche Sammlung
0
6
„ XXXV
Furunkel
+
Aus dieser Tabelle geht hervor, daB die 3 pyogenen (aus Eiter vom
Menschen stammenden) Kulturen H&molysin bildeten, wahrend bei den
Stammen No. VIII (Luft), IX (Haut) und XXVI (Krai) keine Spur von
Hamolysinbildung nachzuweisen war. Weitere Untersuchungen bestatigten
bei alien bisher von mir daraufhin gepriiften Staphylokokkenkulturen,
daB alle agglutiniert werdenden Stamme Hamolysin bildeten, wahrend
dies bei den nicht agglutiniert werdenden nicht der Fall war.
Tabelle III.
Agglutination mit Aureus-Serum I. Titre: 0,0005.
Lfd.
Staphylokokkenserum I (Kaninchen)
Normales
Kan.-Serum
No.
Kultur
Verdiinnung
Verdiinnung
Vbo
Vtoo
i/
/too
V# 00
Viooo
/tooo
i/
/5000
7 ..
7,00
1
Aureus I
+
+
+
+
+
+
0
0
0
2
„ VIII
0
0
0
0
0
0
0
0
0
3
Albus IX
0
0
0
0
0
0
0
0
0
4
„ XII
+
+
+
+
+
0
0
0
0
5
Citreus XXVI
0
0
0
0
0
0
0
0
0
6
„ XXXV
+
+
+
1 +
+
0
0
0
0
Digitized by t^.ooQle
Otto, Weitere Beitrilge znr Agglutination der Staphylokokken.
47
Tabelle IV.
Agglutination mit Aureus-Serum VIII. Titre: 0,002.
Lfd.
KuJtur
Staphylokokkenserura (Kaninchen)
Normales
Kaninchenserum
No.
Verdiinnung
Verdunnung
VsO
7,00
7,00 j
V 500
Vtooo
V 50
7,00
1/
/too
1
Aureus I
0
0
0
0
0
0
0
0
2
„ VIII
4-
4-
4-
4"
0
0
0
0
3
Albus IX
0
0
0
0
0
0
0
0
4
„ XII
0
0
0
0
0
0
0
0
5
Citreus XXVI
0
0
0
0
o 1
0
0
0
6
„ XXXV
0
0
0
0
0
0
0
0
Tabelle V.
Agglutination mit Albus-Serum XII. Titre: 0,0002.
Lfd.
Kultur
Staphylokokkenserum (Kaninchen)
Normales
Kaninchenserum
No.
Verdunnung
Verdunnung
1/
/ 50
_
Vioo
V
/too
7,00
V1000
Vtooo
Voooo
V10000
7,o
7,00
Vtoo
1
Aureus I
1 +
4-
4"
4-
4-
4*
+
0
0
0
0
2
„ VIII
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
3
Albus IX
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
4
XII
Citreus XXVI
+
+
4“
4“
4-
4-
0
0
0
0
0
5
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
6
„ XXXV
4-
4-
4-
+
4-
4*
0
1 o
0
0
0
Tabelle VI.
Agglutination mit Citreus-Serum XXXV. Titre: 0,005.
Lfd.
Kultur
Staphylokokkenserum XXXV (Kaninchen)
Normales
Kaninchenserum
No.
Verdunnung
Verdunnung
I Vso
1 Vioo
Vtoo |
' Vfioo j
VlOOO
Vtooo |
Voooo
V 10000
| 7, 0
| V 100
Vtoo
Grenze
1 1
1
Aureus I
4-
4-
4-
+
4-
4-
0
0
0
0
0
2
„ VIII
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
3
Albus IX
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
4
„ XII
+
4-
4“
4~
4-
0
0
0
0
0
0
5
Citreus XXVI
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
6
„ XXXV
4- |
4- |
1 4-
1 4- |
4-
o
o I
0
0
0
0
Aus diesen Agglutinationsreihen geht wieder hervor, daft die 3 aus
Eiterungen stammenden Staphylokokken (vergl. Tabelle II) sich voll-
kommen homolog verhalten, namlich der Aureus I, Albus XII und
Citrous XXXV. Die 3 anderen nicht aus Eiterungen stammenden
Traubenkokken (VIII, IX, XXVI) sind sowohl von den ersten 3 art-
verschieden, wie die Versuche der Tabelle III, V und VI beweisen, als
auch untereinander nicht identisch, wie aus Tabelle IV hervorgeht.
Es ergibt sich aus diesen Untersuchungen folgendes Resultat:
1) Gerade wie es z. B. unter den zahlreichen Vibrionen nur einen
speziellen Vibrio cholerae asiaticae gibt, der allerdings in den
einzelnen St&mmen wieder weitgehende morphologische Unterschiede
zeigen kann, so findet sich unter den zahlreichen in der Natur vor-
kommenden Staphylokokken nur eine Art der echten menschenpathogenen
Digitized by
Google
48
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Traubenkokken. Die einzelnen St&mme dieser Art kOnnen sich durch
verschiedene Farbbildung unterscheiden.
2) Mit Hilfe eines hochwertig agglutinierenden, mit menschenpatho-
genen Eokken hergestellten Serums ist eine strenge, spezifische Differen-
zierung der pathogenen und der saprophytischen Traubenkokken mOglich.
3) Es gibt leicht und schwer agglutinierbare Staphylokokkenkulturen,
die man mit Hilfe der Serumreaktion trotzdem streng differenzieren kann.
4) Auch mit Hilfe der schwer agglutinierbaren, echten menschen-
pathogenen Stapliylokokkenst&mme l&Bt sich ein stark agglutinierendes
Serum hervorrufen, welches die echten menschenpathogenen Trauben¬
kokken verschiedener Herkunft agglutiniert. Dagegen gelingt es nicht
mit Hilfe der nicht agglutinierten St&mme der saprophytischen Kokken
ein Serum herzustellen, welches pathogens Staphylokokken agglutiniert
5) Die agglutiniert werdenden, also pathogenen Kokken bilden
H&molysin (Staphylotoxin), die nicht agglutiniert werdenden, sapro¬
phytischen StSmme dagegen nicht
Nachdruck verboten.
Weitere Studien liber das Laktoserum.
[Aus dem hygienischen Institute der Universit&t Graz.J
III. Mitteilung.
Von Dr. Paul Theodor Mttller, Privatdozent u. Assistent am Institute.
Mit 1 Kurve.
In zwei vorhergehenden Studien fiber das Laktoserum und dessen
kasei'nfallende Wirkung 1 2 ) suchte ich einerseits n&heren Aufschlufi fiber
das Wesen dieses F&llungsvorganges und fiber die Eigenschaften des
hierbei entstehenden Reaktionsproduktes zu erlangen, andererseits fest-
zustellen, wie weit das Kasei'n ver&ndert bezw. gespalten werden kann,
ohne seine pr&zipitinerzeugende Kraft im Organismus einzubfifien. Um
nun unsere Kenntnisse fiber das Laktoserum zu einem gewissen vor-
l&ufigen AbschluB zu bringen, erfibrigte noch ein genaueres Studium
der quantitativen Seite dieses Vorganges und ein Vergleich der
erhaltenen Ergebnisse mit dem, was wir fiber die anderen verwandten
Pr&zipitinreaktionen in dieser Hinsicht wissen, eine Aufgabe, deren
Bearbeitung den Gegenstand der vorliegenden Mitteilung bildet.
I. Die pr&zipitinbindende Kraft des Kaselns.
Die schfinen Untersuchungen von Eisenberg und Volk 3 ) haben
gezeigt, dafi die Bakterien imstande sind, weit mehr der spezifisch auf sie
abgestimmten Agglutinine zu absorbieren als zu ihrer Agglutination er-
forderlich w&re, daB sie also sich mit Agglutinin zu fibers&ttigen trachten.
Es war von Interesse, zu untersuchen, ob ahnliche Verh<nisse
auch bei dem Laktopr&zipitin beobachtet werden konnen und ob also
das Kase'in ein Vielfaches der zu seiner F&llung erforderlichen Pr&zipitin-
menge zu binden vermag Oder nicht.
1) Arch. f. Hyg. Bd. XLIV. 1902. Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXII.
1902.
2) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XL. 1902.
Digitized by LjOOQle
Mtiller, Weitere Studien fiber das Laktoserum* 49
Diese Versuche warden in folgender Weise angestellt. Je 10 ccm
Laktoseram warden mit steigenden Milchmengen (0,5, 0,75, 1,0, 2,0 etc.
bis 8,0 ccm) versetzt, auf 20 ccm mit destilliertem Wasser aufgefllllt
und die Entstehung des Prftzipitates abgewartet x ). Hierauf wurde das
letztere durch Zentrifugieren von der Fliissigkeit getrennt. Je 2 ccm
Verauch I.
Serum von 3 K an inches , die innerhalb 14 Tagen 40 ccm Milch
intraperitoneal erhalten batten.
Serum
Milch
Bemerkung
Zentrifugat
Milch
10 ccm
0,5 ccm
Zentrifugat klar
2 ccm
0,1 ccm
Fallung
4-
2
Q? „
4-
9,5 ccm H t O
2
0,3 ,,
TT
4
>»
0,1 „
Fallung
6
,,
0,1 „
„
10 ccm
0,75 ccm
klar
2
0,1 „
0
4-
2
,,
0^ „
0
9,25 ccm H,0
2
,,
0,3 „
0
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0
6
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Fallung
10 ccm
1,0 ccm
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0
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6
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10 ccm
2,0 ccm
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0
4-
2
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045 »
0
8,0 ccm H^O
2
,,
0,3 „
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4
,,
0,1 „
0
6
,,
0,1 „
0
10 ccm
3,0 ccm
klar
2
0,1 .,
0
4*
2
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0^ „
0
7,0 ccm H,0
2
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0
4
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0,1 „
0
6
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0
10 ccm
4,0 ccm
schwach triib
2
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6,0 ccm H,0
2
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0
4
it
0,1 „
0
6
ii
0,1 „
0
10 ccm Serum 4- 5 ccm Milch 4- 5 ccm ILO
Zentrifugat: triibe
10 „ „ 4-6 „ „
4“ 4 „ ,«
stark triibe
19 „ „ 4“ 7 „ „
4* 3 „ „
,,
sehr stark milchig getriibi
19 „ „ 4" 8 ,, ,,
4- 2 „ „
,,
do.
Bestimmul
ig der Wirksamkeit des Serums:
1 ccm Serum 4- 0,2 ccm
Milch
1 ,,
1 >i
a 4- 0,4 „
„ 4- 0,6 „
„ 1
„
Fallung
1 >i
„ 4- 0,7 „
,,
1 „
„ + 0,8 „
”
1 „
„ 4- 0,9 „
„
0
1 „
v + 1,0 „
J
Ergebnis: 0,75 ccm Milch haben aus 10 ccm Serum soviet Prazipitin absorbiert,
dafl 2 ccm des Zentrifugates («= 1 ccm Serum) nicht mehr 0,1 ccm Milch zu fallen
vermochten, d. i., da 10 ccm Serum 7 ccm Milch fallen, etwa das 8-fache der-
jenigen Prazipitinmenge, welche zur Fallung der 0,75 ccm Milch
ausreichte.
1) Gewdhnlich wurden die Proben 1—2 Stunden stehen gelassen.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV.
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4
50
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Versuch II.
Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 50 ccm Milch
intraperitoneal erhalten hatten.
Serum
Milch
Bemerkung
Zentrifugat
Milch
10 ccm
0,25 ccm
I Zentrifugat klar
1 ccm
0,1
ccm
0
4-
2
0,1
11
Fallung
9,75 ccm 11,0
2
0,2
11
0
2
»
0,3
11
0
4
11
6,1
11
Fallung
6
11
0,1
11
»•
10 ccm
0,5 ccm
klar
1
11
0,1
11
0
4-
2
11
0,1
11
0
9,5 ccm 11*0
2
11
0,2
11
0
2
11
0,3
11
0
4
11
0,1
11
Fallung
6
11
0,1
11
ii
10 ccm
0,75 ccm
klar
1
0,1
0
4“
2
11
0,1
11
0
9,25 ccm H,0
2
11
0*
11
0
2
0,3
0
4
11
0,1
11
0
6
11
0,1
11
Fallung
10 ccm
1,0 ccm
klar
1
11 1
0,1
11
0
4-
2
11
0,1
11
0
9,0 ccm H,0
2
11
02
11
0
2
11
03
11
0
4
11
0,1
11
0
6
11
0,1
11
0
10 ccm
2,0 ccm
klar
1
11
o.l
11
0
4-
2
11
0,1
11
0
8,0 ccm H,0
2
11
0,2
11
0
2
11
03
11
0
4
11
0,1
11
0
6
11
0,1
11
0
10 ccm Serum + 3,0 ccm Milch + 7,0 ccm Wasser Zentrifugat: klar (Spur?)
10 „ „ + 4,0 „ „ 4- 6,0 „ „ „ schwach triib
10 „ „ 4 - 5,0 „ „ 4- 5,0 „ „ „ stark milchig
10 „ „ 4- 6,0 „ „ 4- 4,0 „ „ „ sehr stark milchig
Wirksamkeit des Serums:
1 ccm Serum
1
1
1
1
1
0i3 ccm Milch
OS „ „
6>5 „ „
6,6 ,, ,,
6.7 „ „
6.8 „ ,,
Fallung
6
0
Ergebnis: 0,5 ccm Milch absorbierten aus 10 ccm Serum soviel Prazipitin, dafi
2 ccm Zentrifugat (= 1 ccm Serum) nicht mehr 0,1 ccm Milch fallen konnten: da
10 ccm Serum 6 ccm Milch pr&zipitieren, eomit etwa die 10-fache Prazipitin-
menge von derjenigen, aie fiir die Fallung von 0,5 ccm ausreichte.
derselben, welche also einem Kubikcentimeter des ursprilnglichen Lakto-
serums entsprachen, warden dann durch Zusatz von 0,1, 0,2 ccm Milch
auf die Anwesenheit von Prazipitin gepriift Gleichzeitig wurde in einer
besonderen Versuchsreihe die failende Kraft des Laktoserams bestimmt
(Versuch I a. II).
H&tte nan das zugesetzte Casein nur so viel Prazipitin an sich
gerissen als zu seiner Fallung erforderlich war, so hatte also z. B. in
Versuch I der Zusatz von 1 ccm Milch zu 10 ccm Laktoserum, welche
etwa 7,5 ccm Milch zu fallen vermochten, darin noch solche Mengen
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Mfiller, Wei tare Studien fiber das Laktoserum.
51
PrSzipitin zurttcklassen mussen, dafi dieselben far 6 ccm Milch noch
eben ausreichten. 2 ccm des Zentrifugates (= 1 ccm Serum) h&tten
dann noch imstande sein mttssen, 0,6 ccm Milch zu pr&zipitieren. Wie
aus unseren Versuchen hervorgeht, ist dies jedoch durchaus nicht der
Fall. In dem zitierten Beispiele wurde nicht einmal 0,1 ccm Milch
mehr dnrch die 2 ccm des Zentrifugates abgeschieden, womit also be-
wiesen ist, dafi in der Tat weit mehr Pr&zipitin durch das
Kaseln absorbiert wird, als dasselbe zu seiner F&llung
braucht. Eine ann&hernde Vorstellung von der Hdhe des absorbierten
Multiplums gibt die Tatsache, dafi 0,5 ccm Milch noch genhgend
Pr&zipitin in 10 ccm Serum zurdckliefien, urn 1,0 ccm Milch zu fallen,
0,75 ccm hingegen nicht mehr; die Menge von 0,75 ccm Milch hat
somit so viel Pr&zipitin gebunden, dafi davon weniger in unserem
Gemisch zurflckblieb als far die F&llung von 1 ccm Milch erforderlich
ware, d. i. also mindestens die far 6 — 6,5 ccm Milch not-
wendige Pr&zipitinmenge Oder ein etwa 8 — 10-faches Mul¬
tiplum. Aehnlich verlief Versuch II *). Bekanntlich ist die agglutinin-
bindende Kraft der Bakterienleiber eine bei weitem grOBere. Im wesent-
lichen verh< sich jedoch, wie wir eben gesehen haben, das Laktopr&zipitin
in dieser Hinsicht ganz analog wie das Agglutinin, und stimmt auch
mit dem von Eisenberg studierten Verhalten anderer Pr&zipitinarten
(die gegen Hfihnereiweifi und normales Pferdeserum wirksam waren)
aufs beste fiberein. Erw&hnt sei noch, dafi nach Versuchen von Ehr¬
lich und Morgenroth auch die Erythrocyten hohe Multipla der zur
Ldsung ausreichenden Minimaldosis des h&molytischen Zwischenkorpers
zu binden vermdgen.
II. Wird das Kaseln durch Laktoserum stets vollst&ndig
gef&llt oder nicht?
Eine weitere fUr das Verst&ndnis des uns besch&ftigenden F&llungs-
vorganges &ufierst wichtige Frage ist die, ob derselbe stets zu einer
vollkommenen Abscheidung des Kaseins ftthrt, Oder ob mehr oder minder
grofie Mengen des letzteren der F&llung entgehen kdnnen, ob mit anderen
Worten die F&llungsreaktion eine vollst&ndige ist oder nicht.
Schon aus den im vorigen Abschnitte wiedergegebenen Versuchen I
und II l&Bt sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit der Schlufi ab-
leiten, dafi die Pr&zipitation besonders bei Zusatz grofierer Milchdosen
keine vollst&ndige sein kann. Denn w&hrend die vom Niederschlage
durch die Zentrifuge befreiten Flfissigkeiten vollkommen klar und durcn-
sichtig waren, solange sich die zugesetzten Milchmengen unter einer
gewissen Grenze (in unserem Falle unter 4 ccm) hielten, war von
dieser Grenze aufw&rts eine stets zunehmende, erst opaleszierende, dann
milchige Trttbung derselben zu beobachten, welche kaum auf etwas
anderes zu beziehen sein konnte als aut in Ldsung gebliebenes Kaseln.
Dafi diese Vermutung in der Tat zutrefifend war, geht aus den folgenden
Versuchen (III u. IV) hervor. Die Anordnung desselben war eine ganz
ahnliche wie bei Versuch I und II, nur mit dem Unterschiede, dafi zu
den erhaltenen Zentrifugaten nicht Milch, sondern geringe Mengen (0,05,
0,1, 0,2) von Laktoserum hiuzugefugt wurden. Ueberall da nun,
1) let die Zeitdauer, wahrend welcher Kaaei'u und Prazipitin aufeinander ein-
wirken, eine langere (12—24 Stunden), so wird das letztere noch vollstandiger absorbiert,
wie Versuche gezeigt haben.
4*
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52
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1.
wo die86 Flflssigkeiten klar waren, blieb dieser Zusatz
ohne jede Wirkung, war also das Kaseln anscheinend
vollst&ndig durch das Laktoserum ausgef&llt worden;
da jedoch, wo die Zentrifugate die erw&hnte Trflbung
aufwiesen, trat sofort Pr flzipi tation ein, ein Beweis
dafflr, dafi dieselben noch dentliche Mengen von Kaseln
in Ldsnng enthielten. Zugleich liefi sich zeigen, dafi mit der
Znnahme der zn dem Laktoserum hinzugefflgten Milchmengen und somit
auch mit der zunehmenden Trflbung der erhaltenen Zentrifugate immer
grOBere Mengen von Laktoserum notwendig wurden, urn noch Fflllung
zu erzeugen; dafi mit anderen Worten die in Lflsung bleibenden Kaseln-
mengen hierbei immer grflBer wurden. Je mehr Kaseln also zu
dem Laktoserum zugesetzt wird, desto unvollstfindiger
Versuch III.
Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 50 ccm Milch
intraperitoneal erhalten hatten.
Serum
Milch
Bemerkung
Zentrifugat
Serum
Nach
2 Stunden
10 ccm
1 ccm
klar
2 ccm
0,05 ccm
0
4-
2 „
0,1 „
0
9 ccm H,0
2 „
0,2 „
0
2 „
0,3 „
0
10 ccm
2 ccm
klar
2 „
0,05 „
0
4-
2 „
0,1 „
0
8 ccm H,0
2 „
0,2 „
0
2 ,,
0,3 „
0
10 ccm
3 ccm
klar
2 „
0,05 „
0
4*
2 „
0,1 „
0
7 ccm H,0
l »
0*2 n
0
2 a
0,3 „
0
10 ccm
4 ccm
leicht triib
2 „
0,05 u
Fallung
4“
2 »
0,1 „
tt
6 ccm H,0
2 »
0,2 „
tt
2 »
0,3 ,,
tt
10 ccm
5 ccm
triib
2 »
0,05 ,,
a
4-
2 ”
0,1 „
tt
5 ccm H,0
2 „
0,2 „
if
2 „
0,3 „
tt
10 ccm
6 ccm
stark triib
2 „
0,05 „
a
4”
o
6 a
0,1 „
ft
4 ccm H,0
2 ”
^ it
0,2 „
0,3 „
ft
tt
10 ccm
7 ccm
milchig getriibt
2 „
0,05 ,,
0
4“
2
0,1 „
Fallung
3 ccm H,0
2 ,, .
0,2 „
a
2 „
0,3 „
tt
10 ccm
8 ccm
milchig getrubt
2 »
0,05 „
0
4~
2 »
0,1 „
0
2 ccm H,0
2 „
0,2 „
Fallung
2 a
0,3 ,,
»>
Beetimmung der Wirkeamkeit
1 ccm Serum + 0,6 ccm Milch
1 ,» »» "i" 0,1 » »,
1 » „ + 0,8 >, „
1 ,i a “b 0,9 ,, „
1 ,» ,» 1,0 », ,,
dee Serums:
| F&llung
0
Ergebnis: Mit der Zunahme der zugesetzten Milchmenge nimmt auch die in.
Lfeung meibende Menge zn, so dafi also die Fallung immer unvollstandiger wird.
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Mil Her, Weitere Studien fiber das Laktoserum.
53
Vereuch IV.
Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 40 com Milch
erhalten hatten.
Serum
Bemerkung
Zentrifugat
Serum
Nach
2 Stunden
10 ccm
2 ccm
klar
2
ccm
0,05 ccm
0
+
2
0,1
yy
0
8 ccm H t O
2
0,2
yy
0
2
0,3
0
10 ccm
3 ccm
klar
2
>>
0,05
yj
0
+
2
>»
0,1
yy
0
7 ccm H s O
2
V
0,2
yy
0
2
»
03
yy
0
10 ccm
+
4 ccm
Spur von
Triibung
2
2
V
it
0,05
0,1
yy
yy
Failung
yy
6 ccm H 2 0
2
V
0,2
yy
yy
2
V
03
yy
10 ccm
5 ccm •
trub
2
»>
0,05
yy
0
2
»>
0,1
03
yy
Failung
5 ccm H 2 0
2
»»
yy
yy
2
»»
0,3
yy
10 ccm
6 ccm
stark trub
2
1)
0,05
yy
0
2
»
0,1
03
yy
0
4 ccm H a O
2
n
yy
Failung
2
0,3
0,05
yy
10 ccm
7 ccm
stark milchig
2
yy
0
+
getrubt
2
yy
0,1
i 03
yy
0
3 ccm HjO
2
yy
0
2
»»
i 03
yy
Failung
Wirksamkeit des Serums:
1 ccm Serum + 0,4 ccm Milch
1 »> u -f" 0,5 ,, ,,
1 yy yy 0,6 „ ,,
1 » ,* “h 0,7 ,, ,,
1 » » + 0,8
| Failung
0
wird, von einer gewissen Grenze ab, die Failung; von
einer bestimmten, noch grSBeren Kaseinmenge an bleibt die Failung
schlieBlich vollkommen ans.
Wir haben somit bei dem Laktoserum zwei verscbiedene Grenz-
punkte zu unterscheiden: 1) denjenigen, bei welchem das Kaseln noch
eben anscheinend vollstandig ausgefallt wird und 2) denjenigen, bei
welchem (Iberhaupt keine sichtbare Abscheidung desselben rnehr erfolgt.
Der letztere dieser beiden Grenzpunkte ist es, den wir unseren Be-
stimmungen der „failenden Kraft“ des Laktoserums in der vorliegenden
wie in einer frflheren Mitteilung zu Grunde gelegt haben.
Der eben dargelegte Befund steht nun in einem gewissen Wider-
spruch mit den Beobachtungen, die Eisenberg an den von ihm
untersuchten PrBzipitinen gemacht hat. Eisenberg 1 ) schreibt: „Bei
jeder Prazipitinreaktion sind neben dem Reaktions-
produkt in der oberen Fliissigkeit Ueberschflsse beider
reagierender Substanzen nachweisbar, die nebeneinander
reaktionslos kogxistieren. Auf Grund eines allgemeinen
Gesetzesderchemischen Energetikistein Gleichgewichts-
zustand zwischen den Komponenten des Systems ein-
1) CentralbL f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXI. 1902.
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54
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
getreten und erst durch neuerlichen Zusatz einer der
reagierenden Substanzen kann dieser Zustand urage-
stflrzt und die Reaktion wieder in Gang gebracht werden.,
Durch grofie Zusfitze der einen Substanz kann die
Reaktion in der Weise beeinflufit werden, dafi die andere
bis auf geringe Reste aufgebraucht wird; doch lassen
sich selbst dann noch mittels geeigneter Methoden diese
Reste nachweisen ui ).
Hatten nun diese Beobachtungen Eisenbergs auch fflr das Lakto-
serum und dessen Prfizipitin ihre Gfiltigkeit, so ware demnach zu er-
warten, dafi sowohl durch Zusatz von Milch als von Serum zu unseren
vom Niederschlage befreiten Gemischen neuerdings eine Failung hervor-
gerufen wiirde. Statt dessen haben wir jedoch im Vorhergegangenen
gesehen, dafi einerseits die klar gebliebenen Zentrifugate mit Serum
nicht mehr reagierten und dafi andererseits in denjenigen Proben, bei
welchen der ursprttngliche Milchzusatz ein grOBerer war, kein Prazipitin
mehr nachgewiesen werden konnte. Da jedoch gegen diese Proben der
Einwand erhoben werden konnte, dafi die hierbei verwendeten Flflssig-
keitsmengen (2 ccm) vielleicht zu geringe waren, um Spuren von Prazipitin
oder Kase'in zu entdecken und dafi ferner auch der Zeitraum von
2 Stunden, nach welchem die Untersuchung vorgenommen wurde, fiir
die Abscheidung dieser geringen Mengen ein zu kurzer war, wurden
noch die folgenden Experimente angestellt. Wie frflher, wurden zu
10 ccm Serum steigende Mengen von Milch und die zur Erganzung auf
20 ccm ndtige Wassermenge hinzugefiigt. Nachdem die Gemische
12 Stunden bei Zimmertemperatur gestanden hatten und sich eine
mdglichst vollstfindige Abscheidung des Kaselns vollzogen hatte, wurden
die Proben grfindlich zentrifugiert, die obenstehende FlQssigkeit dann,
zur Entfernung etwaiger grOberer FlOckchen, durch ein Filter durch-
geschickt und in toto zu den Yersuchen verwendet.
Jene Proben, die ein absolut klares Zentrifugat ergaben, oder nur
jene minim ale Opaleszenz zeigten, die vielen Seren zukommt, wurden
dann mit je 2 ccm Laktoserum versetzt; jene Mischungen, die bereits
nach dem Zentrifugieren eine wenn auch nur schwache milchige
Opaleszenz aufwiesen, wurden stets doppelt angesetzt, und zwar wurde
die eine davon mit 2 ccm Laktoserum, die andere mit 0,05 ccm Milch
beschickt; die starker getriibten Zentrifugate endlich, deren Kaseingehalt
nach ihrem Aussehen und nach dem fruher Auseinandergesetzten keinem
Zweifel unterliegen konnte, wurden nur durch Milchzusatz auf die
Anwesenheit von Prfizipitin geprilft. Nach 2, 4 und 24 Stunden wurden
die ROhrchen zentrifugiert und daraufhin untersucht, ob sich ein Boden-
satz von Kase'in gebildet hatte.
Diese Experimente ergaben nun folgendes: Die ursprflnglich vOllig
klaren Fltissigkeiten hatten nach 4-stiindigem Kontakt mit dem Lakto¬
serum ihr Aussehen nicht wesentlich verfindert, hochstens hatte die
erwfihnte Opaleszenz um ein eben Merkliches zugenommen. Nach dem
Zentrifugieren zeigte sich entweder gar kein Bodensatz oder nur einige
minimale weifie FlOckchen, die mit einigem guten Willen noch als Kasein-
flOckchen angesprochen werden konnten. Nach 24-stflndigem Stehen
1) Analoge Befunde beschreiben Linossier und Lemoine, Compt. rend, de la
soc. de biol. 1902; ferner Michaelis und Oppenheimer, Arch. f. Anat. u. Physio¬
logic 1902.
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> Milller, Weiiere Stndien fiber das Laktoseram.
55
war die Opaleszenz bezw. die Abscheidang des Kasei'ns entschieden
deutlicher and nicht mehr zweifelhaft, immechin aber doch noch auBer-
ordentlich gering. In den stSrker opaleszenten und milchig getrflbten
Flflssigkeiten hatte sich unter dem Einflusse des Serums, wie zu er-
warten war, eine dentliche starke F&llung gebildet, die nach dem Zentri-
fugieren als weiBlicher Belag an der Kuppe des Reagenzglases haftete.
Der Milchznsatz zu diesen an und filr sich schon kasel'nhaltigen
Proben war jedoch ganz erfolglos geblieben (Versuch V—VII).
Versuch V.
Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tageu 50 ccm Milch
intraperitoneal erhalten hatten.
Grenze der Wirksamkeit: 1 ccm Serum fallt uoch 0,7 ccm Milch, nicht mehr 0,8 ccm.
Serum
Milch
Wasser
Zentrifugat
■+■ 0,05 ccm
Milch
-f 2 ccm Serum
l
10 ccm
1,0 ccm
9,0 ccm
Fallung
klar
Spur (?)
10 „
2,0 „
8,0 „
>>
*»
—
it
10 „
3,0 ,,
7,0 „
»»
Spur
Opaleszenz
0
geringe Fallung
10 „
4,0 „
6,0 „
leicht triib
0
starke Fallung
10 „
5,0 „
5,0 „
,»
stark triib
0
10 „
6,0 „
4,0 „
n
stark milchig
0
tt
tt
Versuch VI.
Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 30 ccm Milch
erhalten hatten.
Grenze: 1 ccm Serum fallt 0,2 ccm Milch, nicht mehr 0,3 ccm.
Serum
Milch
Wasser
Zentrifugat
+ 0,05 ccm . o
Milch |+ 2 ccm feerom
10 ccm
10 „
10 „
10 „
10 „
0,4 ccm
0,6 „
1,0 „
2,0 „
3,0 „
9,6 ccm
9,4 „
9,0 „
8,0 „
7,0 „
Fallung
tt
tt
tt
0
klar
Spur
Opaleszenz
leicht triib
stark triib
geringe Fallung
Spur (?)
0 (Spur?)
0 (Spur?)
0
Spur
geringe Fallung
starke Fallung
Versuch VII.
Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 50 ccm Milch
intraperitoneal erhalten hatten.
Grenze: 1 ccm Serum fallt noch 0,7 Milch, nicht mehr 0,8 ccm.
Serum
Milch
Wasser
Zentrifugat
+ 0,05 ccm
Milch
-f 2 ccm Serum
10 ccm
0,6 ccm
9,4 ccm
Fallung
klar
0
10 „
1,0 „
9,0 „
8,5 „
it
tt
0
0 (Spur?)
10 „ j
1,5 „
a
tt
0
0 (Spur?)
10 „
2,0 „
8,0 „
tt
Spur triib
0
Spur
10 „
3,0 „
7,0 „
tt
triib
0
starke Fallung
10 „
4,0 „
6,0 „
tt
stark triib
0
sehr starke
Fallung
. 10 „
5,0 „
5,0 „
tt
stark milchig
0
Es waren somit in alien jenen Proben, bei welchen
sich klare Zentrifugate ergeben hatten und somit das zu-
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56
CentnlbL f. Bakt etc. L Abt. Original e, Bd. XXXIV. No. 1.
gesetzte Milchquantum nnter jenem erv&hnten Grenz-
werte geblieben var, bestenfalls our minimale Mengen
von Kaseln nachzuweisen. Alle ROhrchen bingegen mit
hdherem Milchznsatze enthielten zwar reichlich Kaseln,
aber keine oder hOchstens ganz minimale Spnren von
freiem (dnrch weiteren Milchznsatz nachveisbarem) Prfi-
zipitin. Eine Zone also, innerhalb velcher, vie bei den
von Eisenberg stndierten Prfizipitinen, ffillende und
ffillbare Snbstanz in grOfierer Menge frei nebeneinander
bestehen, ohne sich gegenseitig zn beeinflussen, ist bei
dem Laktosernm nicht dentlich ausgepr> Es ist viel-
mehr die F&llnng des Kaselns auch bei geringem Pr&zi-
pitinflberschuB stets eine fast vollstfindige.
Um alien Mifiverst&ndnissen vorzubeugen, mdchte ich hier sofort
bemerken, dafi ich weit davon entfernt bin, hierin einen vesentlichen
Unterschied zwischen dem Laktopr&zipitin nnd den anderen Prizipitin-
arten zn sehen. Dann ist es ja sehr naheliegend, die grOBere Voll-
stfindigkeit der Laktoserumffillung (einen geringen PrfizipitinflberschuB
voransgesetzt) gegenflber den anderen spezifischen FSJlungsreaktionen
sich einfach dadnrch zn erklfiren, daB dem Laktoprfizipitat eine geringere
Ldslichkeit zukommt als den anderen Eiweififfillungen; ist es ja doch
ein allgemeines Grnndgesetz der Chemie, dafi unter sonst ahnlichen
VerhSltnissen diejenigen Reaktionen am vollst&ndigsten verlanfen, deren
Reaktionsprodukt am nnldslichsten ist Diese Annahme hat aber am
so grQBere Wahrscheinlichkeit fttr sich, als ja der eine Bestandteil des
Laktoprfizipitates, nfimlich das Kaseln, dnrch die verschiedensten Agen-
tien aufierordentlich leicht aus seiner Ldsnng abgeschieden werden
kann; jedenfalls viel leichter als die moisten anderen EiweifikOrper.
Das von nns beobachtete Verhalten des Laktoserums gegenflber
dem Kaseln steht somit von diesem Gesichtspankte aus gar nicht im
Widerspruche mit den Eisenbergschen Befunden, sondern ordnet sich
denselben als spezieller extremer Grenzfall nnter. Die minimalen
Kaselnmengen, (he, wie wir gesehen haben, auch in den klaren Proben
enthalten sind, bestfltigen diese Anffassung vollkommen. Will man die
so gewonnenen Ergebnisse in Kurvenform Qbersichtlicher darstellen, so
kann man etwa folgendermafien verfahren. Man vShle als Abscisse
die Anzahl der Knbikcentimeter Milch, welche zu 10 ccm des Lakto¬
serums hinzugefflgt wurden. Als Ordinaten werden einerseits die Ka¬
selnmengen, andererseits die Prfizipitinmengen aufgetragen,
welche nach Abzentrifugieren des entstandenen Laktoprfizipitates noch
in Ldsung nachzu weisen sind. Ein Mafi fQr die ersteren besitzen wir
in der Menge Laktosernm, welche diese Caselnmengen eben zu fallen
vermag; umgekehrt messen wir die zurfickgebliebenen Prizipitinquanta
durch die Milchmengen, mit welchen dieselben noch eine Ffillung zu
geben vermogen, d. i. durch ihre obere Flllungsgrenze. Ein bestimmtes
Quantum Prfizipitin und die von demselben eben noch geffillte Milch-
menge kommen also in unserer Kurve durch gleiche Ordinatenhdhen
zum Ausdruck.
Der Anfangspunkt der Prazipitinkurve wird durch die „ffillende
Kraft u des betreffenden Serums reprasentiert (in Versuch I, der dieser
Kurve zu Grunde gelegt ist, also durch die Milchmenge von 7,5 ccm).
Der Endpunkt derselben (Ordinate 0) liegt nach dem frliher Auseinander-
^esetzten da, wo die erhaltenen Zentrifugate sich zu trflben beginnen,
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Mfiller, Weitere Studien fiber das Laktosenim.
57
also in unserem Beispiel zwischen
3 und 4 ccm Milch. Eben hier
befindet sich auch der Anfang der
Kase'inkurve (Ordinate 0), da
die erw&hnten Spuren von Kaseln,
welche sich auch in den klaren
Zentrifngaten nachweisen lassen,
natflrlich zu gering sind, am in
dieser Darstellung zum Ansdrnck
zu kommen. Der Endpnnkt der
Kase'inkurve ist dadurch gegeben,
dafi von der oberen F&llungsgrenze
ab alles Kaseln in L5sung bleibt;
es ist also die zu der Abscisse 7,5
gehOrige Ordinate ebenfalls gleich
7,5. Einzelne zwischen diesen Grenz-
punkten gelegene Werte ergeben
sich aus Versuch I und Versuch IV,
welche je mit gleich stark wirks-
amen Serum gemischen angestellt
wurden und daher wohl ohne
8
7
6
5
4
3
2
1
0
012345678 Anzahl
der Kubikcentimeter Milch, die zu 10 ccm
Serum zugesetzt wurden.
- Eurre des in Lfisung gebliebenen
Prfizipitins.
-- Kurve des in Lfisung gebliebenen
Easelns.
weiteres miteinander verglichen
werden kOnnen. Natflrlich beansprucht die so erhaltene Kurve nicht
mehr, als ein ungef&hres Bild von den quantitativen Verhaltnissen bei
der Lak toser urn fall un g zu geben. Fflr eine wirklich exakte Ermittelung
des diesen Verhaltnissen zu Grunde liegenden Gesetzes reicht hingegen
weder die Zahl der gewonnenen Werte noch auch, wie aus dem folgenden
Abschnitte deutlicher hervorgehoben wird, die angewendete Methodik
aus. Es lag jedoch die Ldsung dieser Aufgabe auch gar nicht im Plane
der vorliegenden, mehr orientierenden Versuche.
III. Die partielle F&llung des Kaselns durch
Laktoserum.
Fassen wir nunmehr unsere bisherigen Versuchsergebnisse flber den
quantitativen Verlauf der LaktoserumMlung zusammeu, so kdnnen wir
dieselben folgendermafien darstellen. Bei Zusatz steigender Milchmengen
zu einem gegebenen Quantum Laktoserum beobachtet man zun&chst eine
Zone, innerhalb welcher das Kaseln bis auf Spuren vollst&ndig gefailt
wird. Da das Kase'in vie! grofiere Prazipitin mengen absorbiert, als zu
seiner Fflllung erforderlich sind, so linden sich in den hierbei erhaltenen
klaren Filtraten nur geringe Mengen desselben vor neben den erw&hnten
Spuren von Kaseln. Steigert man die zugesetzte Milchmenge weiter,
so bleiben von einer gewissen Grenze ab immer grdBere Kaseinmengen
in Ldsung; daneben finden sich nur Spuren freien Pr&zipitins. Endlich
erreicht man eine weitere Grenze, bei der flberhaupt keine F&llung mehr
zu beobachten ist.
Es trat nun die Aufgabe an uns heran, die Vorg&nge bei dieser
unvollst&ndigen Fallung, die sich zwischen den beiden genannten Grenz-
werten abspielt, nflher zu untersuchen. Vor allera war es von Interesse,
zu ermitteln, welche Mengen Laktoserum zur vollst&ndigen Ffillung des
in Ldsung gebliebenen Kasel'ns erforderlich sind undob man v er -
schiedene Serummengen bendtigt, wenn man einerseits
eine bestimmte Milchquantitflt durch sofortigen Zusatz
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.58
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
der gesamten erforderlichen Sernmmenge ausf&llt, und
andererseits zuerst eine partielle F&llung erzeugt,
welche man erst durch weiteren Znsatz von Seram zu dem
trttben Zentrifugat vervollst&ndigt. Denn da, wie wir im
vorigen gesehen haben, das Kase'in bei seiner F&llung im stande ist,
viel mehr Pr&zipitin zu binden, als unbedingt zu seiner Abscheidung
erforderlich ist, so kann es durchaus nicht als selbstverst&ndlich an-
geseben werden, dafi die beiden genannten Wege zu demselben Resul-
tate ftthren.
Die Versuchsanordnung war folgende: Wie frflher, wurden je 5 ccm
Laktoserum mit steigenden Milchmengen versetzt und auf 10 ccm Ge-
samtflflssigkeit erg&nzt. Nach 2-stttndigem Stehen wurden die Proben
zentrifugiert und einerseits die „untere F&llungsgrenze“ bestimmt, bei
welcher eben noch vollst&ndige Abscheidung des Kaseins erzielt worden
und somit das erhaltene Zentrifugat klar war, andererseits je 1 ccm
der trttben Zentrifugate mit steigenden Serummengen zusammen-
gebracbt. Nach etwa 1 / i Stunde wurden die letzteren Proben neuer-
dings ausgeschleudert und beobachtet, bei welchem Serum-
zusatz das noch in Ldsung befindliche Kase'in eben
vollkommen ausgef&llt war 1 ); durch Multiplikation mit
10 erhielt man aus dem beobachteten Serumwerte jene
Menge, welche zur Abscheidung des gesamten, der ersten
F&llung entgangenen Kaseins erforderlich war, und
dieser Wert, um 5 (d. i. die ursprttnglich verwendete
Serummenge) vermehrt, ergab die gesamte zur F&llung
verbrauchte Serumquantit&t.
Diejenige Serummenge, welche erforderlich war, die gleiche Milch-
menge auf einmal zu fallen, ergab sich auf einfache Weise durch
Umrechnung aus der genannten „unteren F&llungsgrenze u .
Vergleichen wir nun die aus Versuch VIII sich ergebenden und in
Tabelle IX ttbersichtlich zusammengestellten Werte der Serummengen
miteinander, welche bei den beiden in Rede stehenden F&llungsverfahren
zur Abscheidung gleich grofier Milchquanta erforderlich waren, so sehen
wir, dafi die Unterschiede nur ganz unbetr&ch tliche sind
und dafi somit beide Arten der F&llung, die sofortige
totale und die fraktionierte, in 2 Abschnitten sich voll-
ziehende, ungef&hr gleich grofie Mengen von Laktoserum
bentttigten. Wenn nun auch schon dieser Versuch die
Existenz bedeutenderer, sofort in dieAugen springender
Differenzen mit Sicherheit auszuschliefien gestattet, so
kdnnten doch noch immerhin kleinere, konstant in dieselbe Richtung
fallende Unterschiede bei den beiden F&llungsverfahren bestehen. Da
n&mlich die Auffindung der Grenze, von welcher ab die Zentrifugate
sich zu trttben beginnen, begreiflicherweise mit unvermeidlichen Beob-
achtungsfehlern verknttpft ist, und da ttberdies dieser Fehler bei obiger
1) Zeigt das Serum, wie dies nicht selten der Fall ist, an und fur sich schon
einen gewissen Grad von Opaleszenz Oder Trubung, so sind auch die bei vollkommener
AusfalTung des Kaseins erhaltenen Zentrifugate nicht imm$r ganz klar; man mutt dann
jene Grenze feststellen, von welcher ab die Triibung eben zuzunehmen beginnt, was bei
einiger Uebung und bei giinstiger Beleuchtung keine besonderen Schwierigkeiten hat.
Um Qbrigens Selbsttauschungen nach Moglienkeit auszuschliefien, habe ich stets die
Bdhrchen in der Weise nach mrem Triibungsgrade geordnet, dafi ich ihre Etiquettierung
zugedeckt hielt und also nicht wissen konnte, welche Probe ich vor mir hatte; uberdiea
wurde dieses Verfahren stets 2—3mal wiederholt.
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M tiller, Weitere Studien tiber das Laktoseram.
Vereuch VIII.
59
Serum
Milch
JBemerkung.
Zen trifug.
Serum |
i
Zentrifugat
5 +
2,5 ccm
Zentrifugat
_
23 H.O
klar
—
—
_
(Grenze:
—
—
—
2,75 ccm)
—
—
—
5 +
2 H.O
3,0 ccm
Spur von
Trubimg
je 1 ccm
0,05 ccm
04 „
Fallung
n
triib
klar
0,15 *
0,2 ,
V
77
n
77
5 +
3j5 ccm
stark txub
do.
0,05 ,
triib
13 H.O
0,1 ,
0,16 ,
V
Spur getriibt
it
klar
02 .
71
77
5 +
4,0 ccm
stark milchig
do.
0,1 „
0,2 „
0,25 .
triib
1,0 H.O
getriibt
77
77
Spur
klar
0,3 ,
77
77
5 +
4,5 ccm
do.
do.
0,1 „
triib
0,5 H.O
02 „
77
schwach triib
025 .
77
Spur
036 ,
77
klar
5 + e
5,0 ccm
do.
do.
02 ,
77
triib
03 ,
77
77
0.4 ,
0,45 ,
77
77
Spur
klar
5 +
5,5 ccm
sehr stark
je 1,2 ccm
0,4 ,
77
triib
1,5 H.O
milchig
03 n
77
Spur vonTriibg.
getriibt
0,56 ,
77
klar
0,6 „
77
77
5 +
6,0 ccm
do.
do.
0,5 ,
77
triib
1,0 H.O
0,6 „
77
Spur triib
0,05 jj
77
klar
0,7 ,
77
77
5 +
6,5 ccm
do.
do.
0,6 „
77
triib
0,5 H.O
0,7 „
77
Spur
0,75 „
77
klar
03 ,
77
77
Tabelle IX.
Die zur Fallung von x ccm Milch notige Serummenge in ccm
Milch
bei sofortigem Zu-
satz der ganzen
Menge
bei fraktioniertem
Zusatz
2,5 ccm
5,0 ccm
5,0 ccm
3,0 „
5,4 „
63 „
5,75 ,,
3,5 ,,
625 „
4,0 „
72 ,,
72
4,5 „
8,1 „
8,0 „
5,0 „
9,1 „
9,25 „
5,5 „
9,95 „
10,25 ,,
6,0 „
10,9 „
1125 „
63 „
113 „
1225 „
Berechnung sich verzehnfacht, so sind die erhaltenen Serumwerte nattir-
licherweise mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, welche sicb jedoch
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60
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
durch VergrOBerung der benutzten Fliissigkeitsmengen bis zu einem ge-
wissen Grade herabdrtlcken laBt. Es wurden daher noch die folgenden
Versnche (X—XIII) angestellt, bei welchen etwas grOBere Zentrifugat-
mengen in Verwendung kamen. Auch bier zeigte sich im all-
gemeinen wieder eine recht gute Uebereinstimmung
zwischen den zur totalen Fftllung auf den beiden ver-
schiedenen Wegen erforderlichen Serummengen. Etwas
Versuch X.
Serum von 3 Kaninchen, die innerhalb 14 Tagen 40 ccm Milch
A erhalten batten.
Serum
Milch
Wasser
Nach 2 Stunden zentrifugiert
5 ccm
0,5 ccm
4,5 ccm
leicht opaleszent
5 „
1,0 „
4,0 „
unverandert leicht opaleszent
5 „
1,1 „
3,9 f t
ti a a ■
5 „
1,2 „
33 „
Spur starker opaleszent (?) (Grenze 1,2 ccm)
5 „
13 .,
3,7 „
deutlich triib
5 „
1,4 „
3,6 „
starker triib
5 „
1,5 „
33 „
noch starker trub
B 30 ccm Serum -f- 15 ccm Milch 4- 15 ccm Wasser.
Zentrifugat
Serum
Nach 2 Stunden zentrifugiert
5 ccm
2,5 ccm
trub
5 „
2,6 „
leicht opaleszent (Grenze 2,55 ccm)
5 „
2,7 „
„ „ (etwas weniger)
5 „
2,8 „
unverandert
5 „
2,9 „
>1
Serum men ge fiirf bei sofortiger Totalfallung 10,25 ccm
2,5 ccm Milch\ bei Fraktionsfallung 10,1 „
Versuch XL
A Serum von 4 mifc Milch vorbehandelten Hasen.
Serum
Milch
Wasser
Zentrifugiert nach 2 Stunden
5 ccm
1,55 ccm
3,45 ccm
klar
5 „
1,6 „
3,4 „
ii
5 „
1,65 „
3,35 „
ii
5 „
1,70 „
33 „
ii ^
5 „
1,75 „
3,25 „
Spur? (Grenze 1,72 ccm)
5 „
2,0 „
3,0 „
leicht triib
5 „
2,5 „
2,5 „
starker triib
B
25 ccm Serum + 20 ccm Milch -f 5 cccm H,0.
Zentrifugat
Serum
Zentrifugiert nach 2 Stunden
5 ccm
3,6 ccm
klar
5 „
3,4 „
ii
5 „
3,2 „
Spur (Grenze 3,2 ccm)
5 „
3,0 „
deutliche Spur
5 „
23 „
sehr geringe Triibung
5 „
2,6 „
triib
Serummenge fiirf a) bei sofortiger Totalfallung 11,7 ccm
4 ccm Milch \ b) „ fraktionierter Fallung 11,4 „
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Miiller, Weitere Studien fiber das L&ktoserum.
61
Versuch XIL
A Serum von 4 mit Milch behandelten Hasen.
Serum
Milch
Wasser
Nach 2 Stun den zentrifugiert
2 ccm
0,6 ccm
1,4 ccm
klar
2 „
0,7 „
13 *
y>
2 „
03 „
13 ,,
,, (?) (Grenze 0,8 ccm)
2 „
0,9 „
l,l „
Spur triib
2 „
1,0 „
1,0 „
deutlich triib
2 „
1,1 „
0,9 „
1 starker „
2 „
13 ,,
03 „
t) ii
2 „
13 „
0,7 „
II 19
B 30 ccm Serum •+• 20 cm Milch + 10 ccm H,0.
Zentrifugat
Serum
Nach 2 Stunden zentrifugiert
4 ccm
0,7 ccm
triib
4 „
03 „
schwach triib
4 „
0,9 „
ii ii
4 „
4
1,0 „
1,1 ,,
Sj?ur triib (Grenze 1,05 ccm)
4 „
13 „
»i
4 „
13 „
klar
4 „
1,4 „
ii
4 „
13 ,,
91
Serummenge fur f a) bei sofortiger Totalfallung 8,2 ccm
3,3 ccm Milch\ b) „ fraktiooierter Fallung 7,6 „
Vereuch XIII.
A Serum von 5 mit Milch vorbehandelten Kanincheu.
Serum
Milch
Wasser
Nach 2 Stunden zentrifugiert
2 ccm
0,5 ccm
1^ ccm
klar
2 „
0,6 „
1,4 „
ii
2 „
0,7 „
13 „
ii
2 „
0,8 ,,
13 „
leicht triib (Grenze 0,75 ccm)
2 „
0,9 „
1,1 „
starker trub
2 „
1,0 „
1,0 „
ii ii
2 „
1,1 „
0,9 „
ii ii
2 „
13 »
03 „
ii ii
B 25 ccm Serum + 7,5 ccm H,0 4- 17,5 ccm Milch.
. Zentrifugat
Nach 4 Stunden zentrifugiert
4 ccm
0,6 ccm
stark trub
• 4 „
03 *
ii ii
4 „
1,0 „
ii ii
4 „
13 „
schwach triib
4 „
1,4 „
ii ii
4 „
1,6 „
Spur starker wie die folgende (?) Probe
4 „
W „
opaleszent (Grenze 1,7 ccm)
4 „
2,0 „
unverandert opaleszent
Serummenge furl a) bei sofortiger Totalfallung 9,32 ccm
3,5 ccm Milchj b) „ fraktionierter Fallung 9,25 „
grdfier waren die Differenzen our bei Versuch XII, wo
zur fraktionierten Fallung 0,6 ccm Laktoserum weniger
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62
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
erforderlich waren als zur einzeitigen totalen Abschei-
dung des Kaseins. Aucb bei den anderen Versuchen lagen
flbrigens die Differenzen stets nach derselben Richtung
und niemals war die zur fraktionierten Fallung ge-
brauchte Serummenge grdfier als die andere. DaB es sich
hierbei nicht um einen Zufall des Experiments gehandelt haben dfirfte,
geht aus der Wiederholung dieser Versuche hervor, welche stets ein
identisches Resultat ergaben. Wir werden auf diese anscheinend para-
doxe Tatsache, dafi die fraktionierte Fallung zuweilen eher etwas ge-
ringere Serummengen erfordert, 'als die sofortige Totalfallung, und auf
ihre mutmafiliche ErklSrung noch in dem nSchsten Abschnitte dieser
Abhandlung zurQckzukommen haben.
Nach dem eben Dargelegten kdnnen wir somit behaupten, dafi die
zur fraktionierten Fallung einer bestimmten KaseYn-
menge erforderliche Serumquantitat jedenfalls nicht
grdfier ist als jene, welche zur sofortigen totalen Ab-
scheidung derselben eben hinreicht Daraus folgt aber
mit Notwendigkeit weiter, daB auch der in der ersten
Fraktion ausfallende Kasein an teil hdchstens diejenige
Prazipitinmenge absorbiert haben kann, welche zu seiner
totalen Fallung eben n5tig war.
Ist es nun moglich, so wollen wir uns weiter fragen, auf Grand
der bis jetzt bekannten Daten die Kaseinmengen zu berechnen, welche
bei der partiellen Fallung abgeschieden werden. Die GrSBen, die uns
zu dieser Berechnung zur Verfugung stehen, sind: 1) diejenige Serum¬
menge, welche die gesamte Kaseinmenge abzuscheiden vermag, und
2) diejenige, welche den in L6sung gebliebenen Anted des Kaseins aus-
fallt. Kdnnen wir nun, etwa durch einfache Subtraktion der zweiteh
Grofie von der ersten, die dem gefailten Anted entsprechende Prazi¬
pitinmenge ermitteln?
Um diese Frage zu beantworten, mflssen wir folgende Ueberlegung
anstellen. Wir haben zwar im zweiten Abschnitte dieser Arbeit ge-
sehen, dafi die kaselnhaltigen Zentrifugate, die durch partielle Ausfaliung
des Kaseins erhalten werden, kein (oder nur spurenweise) freies Pra-
zipitin enthalten. Wenn nun aber KaseYn und Prazipitin, wie gesagt,
nicht frei nebeneinander in Losung zu bestehen verm6gen, so ist da-
mit naturlich nicht ausgeschlossen, dafi unter Umstanden eine
Verbindung beider geldst bleiben kann. Dafi diese MOglich-
keit in der Tat besteht, beweist schon das bereits mehrfach erwahnte
Ausbleiben jeder Fallung 1 ) bei Ueberschreitung der „oberen Grenze“
des Milchzusatzes. Hierbei ist das Prazipitin sicher nicht im freien Zu-
stande vorhanden, sondern an KaseYn gebunden, da sonst weiterer Ka-
seYnzusatz eben eine Fallung hervorrufen mttfite, was nicht der Fall ist
Ueberdies kann man durch Essigsaurezusatz nicht nur das KaseYn, son¬
dern gleichzeitig auch das Prazipitin aus dem Gemisch entfernen, wah-
rend, wie ich in einer friiheren Arbeit zeigen konnte, das freie Prazi-
1) Es set hier besondere hervorgehoben, dafi auch Ei sen berg bei semen Prazi-
pitinstudien gefunden hat, dafi ein Ueberschufi prazipitabler Substanz das Auftreten der
Ileaktion hemmt, und dafi dieser Autor ebenfalls annimmt, „dafi der spezifische Nieder-
schlag bis zu einem gewissen Grade im LJeberschusse der Eiweifildsung lbslich ist, etwa
wie Alkalialbuminat mit Sauren Niederschlag gibt, der sich im Ueberschufi der Saure
auflost". (Bullet, de l’acad. scienc. de Cracovie. 1902. Mai.) Aehnliches berichtet Ca¬
mus. (Compt. rend, de la soc. de biol. 1902.)
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Mttller, Weitere Studien aber das L&ktoserum.
63
pitin (auch bei Gegenwart von Parakaseln) nicht durcb Essigs&ure
geffillt wird. Es ist somit zweifellos, dafi die in diesem Ge-
mische entbaltene Verbindung vonKaseln und Prazipitin
ldslicherNaturist.
Unter diesen Umstfinden liegt aber die Vermutung aufierst nahe,
dafi auch in jenen Proben, bei welchen eine unvollstfindige Fallung des
Kaselns stattgefunden hatte, nicht reines Kaseln, sondern eine derartige
Verbindung von Kaseln und Prfizipitin in Ldsung geblieben ist. Ist
dem so, dann kann aber begreiflicherweise der Kaseln-
gehalt dieser Zentrifugate durch Serumzusatz gar nicht
ermittelt werden, da wir ja die in Ldsung gehaltene Prft-
zipitinmenge nicht kennen und nur bestimmen, wie viel
Prazipitin zur vollkommenen Fallung fehlt: das ist die
Differenz der zur Fallung erforderlichen und der tat-
sachlich vorhandenen Prazipitinmenge ermitteln. Aus dem
oben Gesagten geht hervor, dafi daher die Berechnung, welclie der Kon-
struktion unserer im zweiten Abschnitte dieser Abhandlung reprodu-
zierten KaseTnkurve zu Grunde gelegt wurde, nicht einwandsfrei ist,
wenn dieselbe auch immerhin ein ungeffihres Bild von dem quantitativen
Verlauf der partiellen Fallung zu geben vermag.
IV. Weitere Versuche fiber die partielle Fallung des
Kaselns.
Urn nun einen noch genaueren Einblick in die quantitativen Ver-
haltnisse der Laktoserumffillung zu gewinnen und speziell die absoluten
Mengen des ausgeschiedenen Kaselns zu bestimmen, wurde der folgende
Weg eingeschlagen. Es wurde eine mdglichst grofie Quantitfit (Serum
von 5—6 Tieren) Laktoserum gesammelt und nach grfindlicher Durch-
mischung dessen Stickstoffgehalt nach Kjeldahl bestimmt. Ebenso
wurde der N-Gehalt einer grofieren Portion Milch, welche fttr die ganze
Versuchsreihe ausreichend war, festgestellt.
Hierauf wurden zu je 5 ccm Serum, wie frfiher, steigende Milch-
mengen hinzugeffigt, nach erfolgter Fallung (ca. 2 Stunden) zentrifugiert,
und in 5 ccm der mehr minder milchig getrfibten Flfissigkeit der Stick¬
stoffgehalt bestimmt. Die Differenz des Gesamtstickstoffes und des —
auf Volumen berechneten — Zentrifugatstickstoffes (d) gibt dann die
Menge des gefallten (Kaseln-) Stickstoffes. Um nun diesen so erhaltenen
Wert auf Kubikcentimeter Milch umrechnen zu kdnnen, mufite noch fol¬
gende Korrektur angebracht werden: da namlich durch das Laktoprazi-
pitin nicht die gesamte N-Substanz der Milch gefailt wird, sondern im
wesentlichen nur das Kaseln, so bleibt also ein Teil des Milchstickstoffes
hierbei in Ldsung, und dieser Anteil mufi proportional der gefallten
Milchmenge sein. Seien also z. B. x die Anzahl der Kubikcentimeter
Milch, deren Kaseln geffillt worden ist, so ist ax deren gesamter N-
Gehalt und bx jene N-Menge, die hierbei in Ldsung geblieben ist. Die
Differenz dieser beiden Werte: ax — bx ist dann gleich dem Stickstoff (d)
des gefallten Kaselns, also jenem Werte, den wir experimentell ermittelt
haben. Da wir nun a, den Stickstoffgehalt der Milch, kennen, b aber
leicht bestimmen kdnnen, so ergibt sich x einfach aus der Gleichung
d = ax — bx
d
a- u.
Da der nicht auf Kaseln zu beziehende Teil des Milchstickstoffes
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64
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. BA. XXXITT - No. 10.
bekannilich ca. 10 — 16 Proz. betr>, so h&tten wir b einfach als =
10 — 16 setzen kflnnen. Wir zogen es jedoch vor, b direkt dadurch zu
ermitteln, daJB wir zu 5 ccm Serum ein Milchquantum hinzusetzten,
welches sicher total gefallt wurde, uud in dem klaren Zentrifugat den
N bestimmten. Die DiiFerenz zwischen dem Gesamt-N und dem Zentri-
fugat-N gab hier, wo alles Casein entfernt war, direkt den in L5sung
gebliebenen Anteil des Stickstoffes. Wie man aus den Versuchsproto-
kollen ersehen wird, stimmt der so erhaltene Wert iibrigens meistens
ziemlich gut mit dem obigen flberein.
Versuch XIV.
Serum von 5 Kaninchen, welche innerhalb 14 Tagen je 40 ccm Milch
intraperitoneal erhalten batten,
Klargrenze fur 2 ccm Serum: 0,6 ccm Milch.
a) 4 ccm Milch =* 18,00 ccm NaOH
1 “ 4,50 ,, „
b) 5 „ Serum 40,35 „ „
I. 5 ccm Serum + 1,5 ccm Milch 4- 3,5 ccm H,0; Zentrifugat klar.
Total© Fallung dee Kaseins.
Ges.-N (5 ccm Serum + 1,5 ccm Milch) 47,10 ccm NaOH
N des Zentrifugates _ 42,00 „ „
N gefallt 5,10 ccm NaOH
Von 1,5 ccm Milch somit in Losung geblieben 6,75 — 5,10 = 1,65 ccm NaOH
fur 1 „ n ,, ,i „ » = 1,0 a „ x )
Gefallt: das Kasein von
1,5 ccm Milch.
II. 5 ccm Serum + 1,75 + 3,25 H,0; Zentrifugat leicht triib.
Ges.-N 48^2 ccm NaOH
N des Zentrifugates 43,70 „ „
N gefallt 4,52 ccm NaOH
Korrektur 4,52 = 4,5 x — 1,0 x )
mm 3,5 X I
4*2 > Gefallt: das Kasein von 1,3 ccm Milch.
x =^- 1 ’ 3ccm )
III. 5 ccm Serum + 2,0 ccm Milch + 3,0 ccm H,0; Zentrifugat starker triib.
Ges.-N 49,25 ccm NaOH
N des Zentrifugates 44,60 „ „
N gefallt 4^5wm NaOH
Korrektur 4,65 = 3,5 x \
4,65 - 0 > Gefallt: das Kasein von 13 ccm Milch.
x = #‘ =1 - 3ccm /
IV. 5 ccm Serum + 2,25 ccm Milch + 2,75 ccm H g O; Zentrifugat stark triib.
Ges.-N 50,48 ccm NaOH
N des Zentrifugates 47,30 „ „
N gefallt 3,18 ccm NaOH
Korrektur 3,18 -= 3,5 x
3,18
x = 0,9 ccm
Gefallt: das Kasein von 0,9 ccm Milch.
V. 5 ccm Serum -f- 2,5 ccm Milch + 2,5 ccm H 2 0.
Ges.-N 51,60 ccm NaOH
N des Zentrifugates 50,16 „ „
W gefallt 1,44 ccm NaOH
Korrektur 1,44 = 33 x
nil
x = «= 0,41 ccm
DyO
1 ) Dieser Wert ist auffallend hoch (22 Proz. des Ges.-N der Milch).
| Gefallt: das Kasein von 0,4 ccm Milch.
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Google
MGller, Weitere Studien liber das Laktoserum.
65
VI. 5 ccm Serum + 3,0 ccm Milch + 2,0 ccm H^O.
Ges.-N 53,85 ccm NaOH
N dee Zentrifugates 53,50
N gefallt
0,35 ccm NaOH
x 1 q
0,1 ccm /
VII. 5 ccm Serum + 3,5 ccm Milch + 1,5 ccm H,0: Fallung?
sretailt 0,35 ccm JNaUH
Korrektur 0,35 = \ Gefallt: das Kasein von 0,1 ccm Milch,
x = 0,1 ccm j
Ges.-N 56,10 ccm NaOH
N des Zentrifugates 55,80
N gefallt
gelailt 0,3
Korrektur 0,3 = 3,5
0,30 ccm NaOH
x = jjy ■= 0,08 ccm j
Gefallt: das Kasein von 0,08 ccm Milch
Versuch XV.
Serum von 6 Kaninchen, die innerhalb 3 Wochen 50 ccm Milch
intraperitoneal erhalten hatten.
Klargrenze des Serums: 0,8 — 0,85 ccm Milch (fur 2 ccm Serum).
a) 3 ccm Milch = 12,63 ccm NaOH
1 v n “* n n
b) 2 „ Serum = 14,28 „ „
1 » V ~ „ ,,
I. 5 ccm Serum + 2 ccm Milch + 3 ccm H«0; Zentrifugat vollkommen klar.
Totale Fallung des Kaseins.
Ges.-N (5 ccm Serum + 2 ccm Milch) 44,12 ccm NaOH
N des Zentrifugates 36,C~
44,12 ccm NaOH \
36,66 „ }
7,46 ccm NaOH /
Gefallt: das Kasein von
2 ccm Milch.
N gefallt
Von 2 ccm Milch somit in Ldsung geblieben 8,42 — 7,46 = 0,96 ccm NaOH
fhr 1 ,, ,, ,, ,, ,, ,, == 0,40 „ „
II. 5 ccm Serum + 2,5 ccm Milch + 2,5 ccm H a O; Zentrifugat leicht triib.
Ges.-N (5 ccm Serum + 2,5 ccm Milch) 46,23 ccm NaOH
N des Zentrifugates _36,96 „ „
N gefallt 9,27 ccm NaOH
x «= die Milchmenge, deren Kasein gefallt wurde.
Korrektur 9,27 = 4,21 x — 0,48 x
= 3,73 x
9,27 o.
x - m - 2,4 ccm
Gefallt: das Kasein von 2,4 ccm Milch.
III. 5 ccm Serum + 3,0 ccm Milch + 2 ccm H 2 0; Zentrifugat triibe.
Ges.-N (5 ccm Serum + 3,0 ccm Milch) 48,33 ccm NaOH
N des Zentrifugates_38,56 „ „
N gefallt
Korrektur 9,77
3,73 x
9,77 o *
m = 2,6 ccm
9,77 ccm NaOH
Gefallt: das Kasein von 2,4 ccm Milch.
IV. 5 ccm Serum + 3,5 ccm Milch +1,5 ccm H a O.
Ges.-N (5 ccm Serum + 3,5 ccm Milch) 50,44 ccm NaOH
N des Zentrifugates_ 39,92 „ „
N gefallt
get
Korrektur 10,52 = 3,73 x
10,72
X = 3,73 =
10,52 ccm NaOH
I Gefallt: das Kasein von 2,8 ccm
2,8 ccm ! Milch.
V. 5 ccm Serum + 4,0 ccm Milch + 1,0 ccm H,0.
Ges.-N 52,54 ccm NaOH
d es Zentrifugates 43,82
N gefallt
geiani' 8,72 ccm NaOH
Korrektur 8,72 = 3,73 x 1
8^72
" “ 3,73 =
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV
* 2,3 ccm
Gefallt: das Kasein von 2,3 ccm Milch.
5
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66
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 1.
VI. 5 ccm Serum + 4,5 ccm Milch + 0,5 ccm 11,0.
Ges.-N 54,64 ccm NaOH
N dee Zentrifugates 47,22 „ „
N gefallt 7,42 ccm NaOH
Korrektur 7,42 3,73 x \ Gefallt: das Kasein von 2,0 ccm Milch,
x = 1,98 ccm J ’
VII. 5 ccm Serum + 5,0 ccm Milch.
Ges.-N 56,75 ccm NaOH
N des Zentrifugates 49,56 „ „
N gefallt 7,19 ccm NaOH
Korrektur 7,19 —■ 192 ccm} Oei&llt: das Kase'in von 1,9 ccm Milch.
VIII. 5 ccm Serum + 5,5 ccm Milch.
Ges.-N 58,85 ccm NaOH
N des Zentrifugates 56,64 „ „
N gefallt 2,21 ccm NaOH
Korrektur 1 = Gefallt: das Kasein von 0,6 ccm Milch.
Versuch XVI.
Serum von 6 Kaninchen, die innerhalb 3 Wochen je 60 ccm Milch
intraperitoneal erhalten halten.
Klargrenze fur 5 ccm Serum 1,5 ccm Milch.
a) 5 ccm Milch = 21,17 ccm NaOH
1 >1 » 4,23 „ „
b) 5 „ Serum ■= 36,25 „ „
I. 5 ccm Serum + 1,5 ccm Milch + 3,5 ccm H t O; klar.
Totale Ffillung des Kaseins.
Ges.-N 42,59 ccm NaOH
N des Zentrifugates 37,00
N gefallt
5,59 ccm NaOH
Von 1,5 ccm Milch somit in Losung geblieben 6,34 — 5,59
fur 1 11 «« 11 M 11 «t
0,75 ccm NaOH
0)5 „ „
II. 5 ccm Serum + 2,0 ccm Milch + 3,0 ccm H,0; Zentrifugat triib.
Ges.-N 44,71 ccm NaOH
N des Zentrifugates 38,00 „_„
N gefallt
Korrektur 6,71
6,71 ccm NaOH
> 3,73 x
:g--l ( 79ccm
Gefallt: das Kasein von l, 8 ccm Milch.
III. 5 ccm Serum + 2,25 ccm Milch + 2,75 ccm H,0; Zentrifugat trilb.
Ges.-N 45,76 ccm NaOH
N dee Zentrifugates 39,20 „ „
N gefallt 6,56 ccm NaOH
Korrektur 6,56 3,73 x 1
0)56 - _ K >Gefallt: das Kasein von 1,8 ccm Milch.
x ■“ 3^3 = 1 * 75ocm /
IV. 5 ccm Serum + 2,5 ccm Milch + 2,5 ccm H*0.
Ges.-N 46,82 ccm NaOH
N des Zentrifugates 40,86 „ „
N gefallt 5,96 ccm NaOH
Korrektur 5,96 ** 3,73 x 1
5,96 , > Gefallt: das Kasein von 1,6 ccm Milch.
X “ 3773 - 1 - 59 ocm /
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M filler, Weitere Studien fiber das Laktoserum.
67
V. 5 ccm Serum 4- 2,75 ccm Milch -f 2,25 ccra H,0.
Ges.-N 47,88 ccm NaOH
N dee Zentrifugates 4336 „ „
N gefallt 4,52 ccm NaOH
Korrektur 4,52 - 3,73^ J Gefallt: das Kasein von 1,2 ccm Milch.
VI. 5 ccm Serum + 3,0 ccm Milch + 2,0 ccm H^O.
Ges.-N 48,94 ccm NaOH
N dee Zentrifuga tes 46,60 „ „
N gefallt 2,34 ccm NaOH
Korrektur 2,34 = j Gefallt: das Kasein von 0,6 ccm Milch.
VII. 5 ccm Serum + 3,5 ccm Milch + 1,5 ccm H,0.
Ges.-N 51,05 ccm NaOH
N des Zentrifugates 50,40 „ „
N gefallt 0,65 „ „
Korrektur 0,65 = J Gefallt: das Kasein von 0,2 ccm Milch.
Tabelle XVII.
Serum
Milch
Davon ge-
gefallt
In Lfisung
geblieben
Prozent Milch
gefallt
Prozent Milch
in Losung
5 ccm
1,5 ccm
1,5 ccm
0 ccm
100
0
5 „
1,75 „
13
0,45 „
74
26
5 „
2,0 „
1,3
0,7 „
65
35
5 „
235 „
0,9
135 „
40
60
5 „
23 „
0,4
2,1 „
16
84
5 „
3,0 „
0,1
2,9 „
3,3
96,7
5 „
33 „
0,08
3,42 „
2,0
98,0
TabeUe XVIII.
Serum
Milch
Davon ge¬
fallt
In Losung
geblieben
Prozent Milch
gefaUt
Prozent Milch
in Losung
5 ccm
2,0 ccm
2,0 ccm
0 ccm
100
0
5 „
23 .
2,4 „
0,1 „
96
4
5 „
3,0 ,
33 .
2,6 „
0,4 ,
03 ,
86
14
5 »
2,7 „
77
23
5 „
4,0 *
43 .
23 „
1,7 „
57
43
5 .
2,0 „
•2,5 „
44
56
5 ,
5,0 „
1,9 „
3,1 .
38
62
5 „
5,5 „
0,6 „
4,9 „
10
90
Tabelle XIX.
Serum
MUch
Davon ge¬
faUt
In Losung
geblieben
Prozent Milch
gefallt
Prozent Milch
in Losung
5 ccm
1,5
ccm
1,5 ccm
13 „
0 ccm
100
0
5 .
2,0
>»
03 ,,
90
10
5 „
2,25
»»
13 „
0,45 „
80
20
5 .
2,50
1,6 „
0,90 „
64
36
5 ,
2,75
13 „
135 „
43
57
5 ,
3,00
ii
0,6 „
2,4 „
20
80
5 *
3,5
ii
03 „
3,3 ,,
6
94
In den Tabellen XVII bis XIX finden sich die zahlenm&Bigen Er-
gebnisse der Versuche XIV bis XVI nochmals flbersichtlicher zusammen-
gestellt. Der 2. Stab dieser Tabellen enth< die zu 5 ccm Serum hin-
68
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1.
zugeftigten, stufenweise ansteigenden Milchmengen in Kubikcentimeter;
der 3. die gef&llte, der 4. die in Ldsung gebliebene Milcbmenge, eben-
falls in Kubikcentimeter. Im 5. und 6. Stab sind endlicb dieselben
Grdfien in Prozenten der zugesetzten Milchmengen ausgedrflckt.
Betrachten wir nun zun&chst die 3 letzten Kolumnen, so bemerken
wir folgendes: Wir sehen, wie die in Ldsung bleibenden
Kaseinmengen von der Klargrenze ab immer grdBer
werden, und zwar sowohl absolut als prozentuell, eine Tat-
sache, die wir bereits in einem frflheren Abschnitte auf anderem Wege
gefunden hatten. Mit zunehmendem Milchzusatz wird also die Lakto-
serumf&Ilung immer unvollstindiger. Dementsprechend nimmt, wie
Stab 5 zeigt, die prozentische Menge des gef&llten Kaselns bei Ueber-
schreiten der unteren Grenze stetig ab. — Daraus ergibt sich nun aber
sofort eine wichtige SchluBfolgerung und zugleich die Beantwortung
einer im vorigen Abschnitte aufgeworfenen Frage. Wie wir n&mlich
daselbst auseinandergesetzt haben, kann das gef&llte Kaseln hdchstens
soviel Pr&zipitin absorbiert haben, als zu seiner Abscheidung eben er-
forderlich ist. Da nun aber, wie eben gezeigt, mit wachsendem Milch¬
zusatz ein immer kleinerer Bruchteil des Kase'ins abgeschieden wird, so
folgt daraus, daB gleichzeitig ein immer grdBerer Bruchteil
des vorhandenen Pr&zipitins in Ldsung bleiben muB, und
zwar, wie wir schon hervorgehoben haben, nicht in
freiem, sondern in gebundenem Zustand.
Es erfibrigt noch, die absoluten Mengen der gef&llten Milch,
die sich in Stab 3 zusammengestellt linden, zu diskutieren. Bei Ver-
such XVII werden dieselben von der Klargrenze aufw&rts immer kleiner
und kleiner, bis schlieBlich keine merkliche F&llung mehr eintritt, die
obere F&llungsgrenze also erreicht wird. Etwas verschieden hiervon zeigt
sich jedoch der Verlauf der Kaselnabscheidung in Versuch XVIII und
XIX, hier nimmt n&mlich die gef&llte Milchmenge mit steigendem Milch¬
zusatz zun&chst noch etwas zu, um erst nach Erreichung dieses Maxi-
mums wieder allm&hlich bis zur Null herabzusinken. Mit anderen
Worten: die maximale Milchmenge, die durch eine be-
stimmte Serumquantit&t uberhaupt gef&llt werden kann,
ist bei den letzterw&hnten Versuchen etwas grdBer, als
diejenige Milchmenge die noch eben vollkommen ausge-
f&lltwird, also die Klargrenze bildet; bei den erstbesprochenen
Versuchen hingegen fallen diese beiden GroBen, die maximale und die
vollkommen gef&llte Milchmenge, zusammen.
Wir wollen nicht auf die Frage eingehen, wie diese Unterschiede
zwischen den verschiedenen Laktoseren (oder den verschiedenen Milch-
proben?) zu deuten sind; wir wollen hier nur eine Konsequenz be-
sprechen, die sich aus diesen Tatsachen ergibt und vermutlich die Er-
kl&rung filr die auffallende, bereits im vorigen Abschnitt mitgeteilte Be-
obachtung bildet, daB unter Umst&nden zu fraktionierten, in zwei Zeiten
erfolgenden F&llung einer gegebenen Milchmenge weniger Pr&zipitin
erforderlich ist, als zur sofortigen vollkommenen F&llung.
Wenn n&mlich, wie wir eben gesehen haben, eine bestimmte Serum-
menge im stande ist, bei par tie Her F&llung eine groBere absolute
Case'inmenge abzuscheiden, als sie vollkommen (d. i. bis zur Erzie-
lung klarer, casei'nfreier Zentrifugate) zu f&llen vermag, so ist natilr-
lich umgekehrt zur F&llung ein und derselben Milchquan-
tit&t eine grbBere Serumquantit&t erforderlich, wenn
dieselbe totaliter gefallt werden soli, als wenn gleich-
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Milller, Weitere Studien fiber das Laktoserum.
69
zeitig noch ein bestimmter Milchfiberschufi vorhanden
ist, der in Lbsung bleibt, wobei also zwar nur eine par-
tielle F&llung eintritt, aber doch dieselbe absolute
Kase'inquantitfit niedergeschlagen wird. Da nun in dem
Falle der fraktionierten F&llung, wie wir sie im vorigen Abschnitte aus-
geffihrt haben, die erste Fraktion durch partielle Abscheidung ent-
steht, nnd nur die zweite Fraktion vollkommen, ohne Rest,
ausgef&llt werden mull, so ist klar, dafi nach dem eben Auseinander-
gesetzten die im ganzen bei diesem Verfahren verbrauchte Serum-
menge geringer sein mud resp. sein kann, als wenn das ganze Kasei'n
auf einmal vollst&ndig entfernt wird, eine Folgerung, die mit den beobach-
teten Tatsachen bestens fibereinstimmt.
Fassen wir die Hauptergebnisse dieser Arbeit nochmals kurz zusammen:
1) DasKaseln vermaguntergfinstigenUmst&nden weit
raehr Pr&zipitin zu binden, als zu seiner F&llung er-
forderlich ist
2) Bei stufenweisem Milchzusatz zu einer bestimmten
Serumquantit&tkbnnen wir eine erste Zone unterscheiden,
innerhalb welcher das Kasei'n bis auf minimale Spuren
vollstfindig ausgef&llt wird, und eine zweite Zone, inner¬
halb welcher eine gewisse, mit steigendem Zusatz grdlier
werden deKasel'nmenge in Losung bleibt.
3) Innerhalb dieser Zone der partiellen F&llung ist in
den vom Niederschlage befreiten Flflssigkeiten kein oder
nur spurenweise freies Pr&zipitin nachzuweisen.
4) Mit der zugesetzten Milchmenge w&chst nicht nur
der absolute Wert der in Ldsung bleibenden Kasei'n -
menge, sondern auch deren relative GrbBe, so dafi also
hierbei die F&llung immer unvollst&ndiger wird, bis end-
lich eine Grenze erreicht wird, von welcher ab fiberhaupt
keine merkliche Abscheidung des Kaseins mehr eintritt.
5) Das bei der partiellen F&llung sich abscheidende
Kasei'n absorbiert nicht mehr Pr&zipitin, als zu seiner
F&llung erforderlich ist
6) Da der hierbei in Lbsung bleibende Rest des Pr&-
zipitins, wie gesagt, nicht im freien Zustande nachweis-
bar ist, so mull man annehmen, dafi er mit dem zurfick-
bleibenden Kasei'n eine lbsliche Verbindung einge-
gangen ist.
7) Mit zunehmendem Milchzusatz w&chst auch die
Menge des in Lbsung bleibenden Pr&zipitins.
Aus alledem ergibt sich, dafi sich die quantitativen Verh<nisse der
Laktoserumf&llung zwar im allgemeinen den fiir die anderen Pr&zipitine
ermittelten Gesetzen anschlieden, dafi aber andererseits doch gewisse,
durch den besonderen Charakter der fsllbaren Komponente, des Kaseins,
bedingte Differenzen bestehen. Jedenfalls haben sich aber auch
bei diesen Untersuchungen keinerlei Tatsachen ergeben,
die mit der Annahme einer chemischen Bindung zwischen
Kasei'n und Pr&zipitin unvereinbar w&ren, so dafi wir uns
also in dieser Beziehung vollkommen der Ansicht von Eisenberg und
Volk, bezw. Eisenberg anschlieden kbnnen. Auch Joos ist flbrigens
bei seinen Untersuchungen fiber den Mechanismus der Agglutination zu
einer analogen Auffassung gelangt
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70
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Origin&le. Bd. XXXIV. No. 1.
Nachdruck verboten .
Weitere Beitrage zur Theorie der bakteriolytischen
Immunitat
[Aus dem hygienischen Institut der Universit&t Kdnigsberg i. Pr.]
Von B. Pfeiffer und E. Frledberger.
I. Zur Frage der Bildung von Immunkdrpern gegen bak-
teriolytische Ambozeptoren.
In einer frflheren Arbeit „Ueber Antikdrper gegen die bakteriolyti¬
schen Immunkdrper der Cholera 11 hatten wir gezeigt, dad das Serum
von Kaninchen, die mit Ziegencholeraimmunserum vorbehandelt wurden,
die Eigenschaft erworben hatte, die bakteriolytische Wirkung der Ziegen-
choleraambozeptoren im Meerschweinchenperitoneum zu hemmen resp.
vSllig aufzuheben.
Wir fanden, dad genaue quantitative Beziehungen bestehen zwischen
der Menge des Immunserums und der paralysierenden Dosis des Anti-
immunserums, ferner dad diese Wirkung des Antiserums eine spezifische
war, indem sie nur gegen die von der Ziege stammenden Cholera-
ambozeptoren sich geltend machte, gleichgiiltig, ob das Serum normaler
oder aber das mit Cholerabakterien immunisierter Ziegen benutzt wurde,
w&hrend das Serum choleraimmunisierter Kaninchen durch das Anti¬
serum nicht beeinfludt wurde.
Wir zogen aus den von uns beobachteten Tatsachen den Schlud,
dad es sich hier nicht um die Wirkung von Antikomplementen, sondern
urn echte Antiambozeptoren handeln mlisse, obwohl theoretisch die Exi-
stenz der letzteren Art von KQrpern nur schwer verst&ndlich erschien,
da, wie Ehrlich mit Recht hervorhebt, man kaum erwarten konnte,
entsprechende Gegengruppen, die den Rezeptoren der Bakterien analog
sein miidten, in den Zellen hoherer Tiere anzutreffen.
Diese theoretischen Schwierigkeiten haben uns veranladt, die Frage
der Antiimmunkorperbildung gegen bakteriolytische Ambozeptoren einer
erneuten Prflfung zu unterziehen, zumal inzwischen Tatsachen bekannt
geworden sind, welche einer eingehenden Berucksichtigung bedurften.
Hier ist zun&chst an die Moglichkeit eines Abbaues der Cholera-
ambozeptoren der Ziege im Organismus des Kaninchens in dem Sinne
zu denken, dad zwar die cytophile Gruppe erhalten bleibt, die komple-
mentophilen Gruppen aber verloren gehen. Ein derartig ver&nderter
Ambozeptor wflrde die Rezeptoren des Choleravibrio verstopfen kbnnen
und dadurch die hemmende Wirkung des Antiimmunserums erkl&ren,
vorausgesetzt, dad die Aviditat dieser Ambozeptoroide zum mindesten
gleich ist derjenigen normaler Ambozeptoren.
An sich ist diese Auffassung von vornherein recht unwahrscheinlich
mit Riicksicht auf die enorme Zahl von Rezeptoren, die wir an Cholera¬
bakterien nachweisen konnten, und in Anbetracht der Tatsache, dad die
Besetzung von einer sehr geringen Zahl derselben mit intakten Ambo¬
zeptoren ausreichend ist, um bei Gegenwart passenden Komplementes
die Bakteriolyse herbeizufUhren. Ferner wiirden die quantitativen Ver-
hSltnisse bei unserer Versuchsanordnung von diesem Standpunkt aus kaum
verstandlich erscheinen.
Da namlich in unseren Versuchen die Bakteriendosis stets die
gleiche war (eine Normalose), so mudte ein Serum, welches durch seinen
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Pfeiffer u. Friedberger, BeitrSge zurTheorie der bakteriolyt Immunitat. 71
Ambozeptoroidgehalt die Bakteriolyse infolge von Verstopfung der Re¬
zeptoren des Bakteriums hinderte, diese Wirksamkeit entfalten, jeder
beliebigen Dosis des Choleraimmunserums gegenflber, w&hrend unser
Antiimmunserum in seiner hemmenden Dosis genau parallel ging der
Quantitfit des Choleraimmunserums. Auch ware die spezifische Wirkung
unseres Antiserums gegenflber den Ziegencholeraambozeptoren bei der
Ambozeptoroidhypothese nur in dem Falle verstandlicb, wenn wir bei
den Choleravibrionen Rezeptoren annehmen, welche spezifisch gegen die
aus den verschiedenen Tierspecies stammenden Choleraambozeptoren
abgestimmt sind, mit anderen Worten: Der Choleravibrio mflsste
einen ungeheuer reichhaltigen Rezeptorenapparat besitzen, von denen
einzelne Gruppen z. B. nur fflr Ziegen, andere fflr Kaninchen, wieder
andere nur fflr Meerschweinchen u. s. w. bestimmt wfiren. Wir werden
weiterhin Versuche anfflhren, welche gegen die hier supponierte, das
Vorstellungsvermogen flberschreitende Kompliziertheit des Bakterien-
baues sprechen.
Bedeutungsvoll fflr die uns beschaftigende Frage war ferner eine Arbeit
von Morgenrotb und Sachs „Ueber die quantitativen Beziehungen
von Ambozeptor, Komplement und Antikomplement“ (Berl. klin.
Wochenschr. 1902. No. 35).
Hier wurden von den Autoren Beispiele angefflhrt, in welchen der
Antikomplementbedarf keine einfacbe Funktion der Komplementmenge
darstelhe, sondern von der vorhandenen Menge des Ambozeptoren ab-
hangig war, also ahnliche Verhaltnisse, wie in unseren eigenen Versuchen
zur Beobachtung kamen.
Wir wollen auf eine nahere Diskussion dieser theoretisch hoch-
interessanten und sehr schwierigen Fragen hier nicht naher eingehen,
zumal wir unsere Auffassung der Existenz bakteriolytischer Antiambo-
zeptoren durch die nun im folgenden wiederzugebenden Versuche wesent-
lich stfltzen kOnnen.
Wir legten uns namlich die Frage vor, ob im Experiment eine
Differenz hervortreten wflrde, 1) wenn das Antiimmunserum zuerst mit
den Choleraambozeptoren und dann erst mit Cholerabakterien versetzt
wflrden oder 2) wenn das Antiimmunserum mit Choleraambozeptoren
in Beziehungen gebracht wflrde, welche bereits vorher an die Rezep¬
toren der Bakterien herangetreten waren.
Im ersteren Falle mufite die Hemmung der Bakteriolyse eintreten,
da ja die Bedingungen fflr eine Vereinigung des Antiambozeptors an
den Ambozeptor besonders gflnstig lagen, gleichgflltig, ob durch diese
Verbindung die cytophile oder die komplementophile Gruppe des Ambo-
zeptors verstopft war.
Im zweiten Falle waren a priori zwei Moglichkeiten vorhanden.
A. Der Antiimmunkdrper steht im Aviditatsverhaltnis zur cyto-
philen Gruppe des Ambozeptors, dann mufite, da der Ambozeptor schon
an die Rezeptoren des Bakteriums gebunden war, das Antiimmunserum
aufier stande sein, seine hemmende Wirkung zu entfalten, oder
B. der Antiambozeptor hat als Angriffspunkt die komplementophile
Gruppe des Ambozeptors; dann war trotz der vorherigen Bindung von
Choleravibrio und Ambozeptor eine Hemmung der Bakteriolyse zu er-
warten.
Die Versuche zur Entscheidung dieser Frage wurden in folgender
Weise angestellt:
Verwendet wurde als Antiimmunserum das Serum von Kaninchen,
die mit Choleraziegenimmunserum vorbehandelt waren. Die Wirksam-
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72
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
keit dieses Serums entsprach fast genau den Werten, welche wir in
unserer ersten Arbeit (Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 1) fflr das da-
mals verwendete Antiserum angegeben haben.
Das Choleraziegenserum hatte einen Titer von 1 / 16 mg, die Cho-
lerakultur die Virulenz von 1 I 10 Normaldse.
Wir wollen eine der Versuchsreihen ausfiihrlich schildern.
Versuch A.
0,50 mg Choleraziegenserum (= 7,5 I.E.), werden mit einer Oeee Cholera in
1 ccm physiologischer Kochsalzlosung gemischt und 40 Minuten bei Zimmertemperatur
gehalten. Nunmehr wird 0,02 des Antiserums zugesetzt und die Mischung einem Meer-
schweinchen von 245 g intraperitoneal injiziert. Sofort nach der Injektion massenhaft
Vibrionen. Aber schon nach 1 Stunde sind nur noch Kornchen zu finden. Das Tier
bleibt am Leben.
Versuch B.
Im entsprechenden Parallelversuch wird die gleiche Dosis [0,5 mg Choleraziegen¬
serum (- 7,5 I.E.)] mit 0,02 Antiserum und 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung ge¬
mischt und 40 Minuten bei Zimmertemperatur gehalten. Jetzt wird 1 Oese Cholera
hinzugefdgt und diese Mischung einem Meerschweinchen von 250 g Gewicht intra¬
peritoneal injiziert.
Verlauf der Infektion.
Sofort nach der Injektion: sehr viel Vibrionen;
nach 35 Minuten: massenhaft Vibrionen neben reichlichen Kornchen;
nach 4 Stunden: massenhaft Vibrionen, keine Granula;
folgender Tag: Tier tot mit typhischem Cholerabefund.
Wir sehen also, daB in der Tat die Wirkung der drei Komponenten
Choleravibrio, Antiimmunkdrper und Ambozeptor ganz auffallige Diffe-
renzen zeigt je nachdem man erst den Vibrio mit dem Ambozeptor zu-
sammenbringt oder vorher den Ambozeptor mit dem Antiserum mischt.
Die Versuche verliefen demnach genau so, wie wir es
erwarten durften, wenn in dem Antiimmunserum ein
Antiambozeptor mit Affinit&t ftlr die cytophile Gruppe
des Ambozeptors vorhanden ware. Die Antikomplementhypo-
these wiirde unserer Auffassung nach hier ganz im Stich lassen.
Derartig glatte und beweisende Versuchsresultate, wie sie eben ge-
schildert wurden, sind allerdings nur dann zu beobachten, wenn ein
ganz bestimmtes, fflr jeden Fall auszuprobierendes Verhaltnis von Im-
munserum und Antiserum getroffen wird.
Wird die Quantitat des Antiimmunserums vergrdBert resp. die
Menge des Choleraimmunserums verringert, so tritt die Hemmung der
Bakteriolyse wieder hervor, so daB die Tiere sterben.
Ein derartiger Versuch folgt nunmehr.
Versuch C.
7- mg Choleraziegenserum (= 2 I.E.) wird mit 1 Oese Cholera gemischt, 40 Mi¬
nuten bei Zimmertemperatur gehalten, dann nach Zusatz von 0,02 Antiserum einem
Meerschweinchen von 210 g Gewicht intraperitoneal injiziert.
Verlauf der Injektion. J
Sofort nach der Injektion: sehr viel Vibrionen;
nach 45 Minuten: massenhaft Kornchen, sparlich Vibrionen;
nach 2 Stunden: Zunahme der Bakterien;
folgender Tag: Tier tot.
In alien solchen Fallen, auch wenn die Tiere schlieBlich sterben,
beobachteten wir eine deutliche Differenz in der Schnelligkeit und dem
Umfang der Vibrionenzerstdrung, je nach den Versuchsbedingungen und
zwar stets in dem Sinne, daB die Bildung der Granula im Meerschwein-
chenperitoneum bei vorheriger Bindung des Ambozeptors an dem
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Pfeiffer u. Friedberger, Beitr&ge zurTheorie der bakteriolyt Immunit&t 73
Vibrio sehr viel intensiver in Erscheinung trat, als wenn umgekehrt
Ambozeptor und Antiserum zuerst in Beziehung treten konnten.
Die Tatsache, daB bei einem relativen Ueberwiegen des Anti-
immunserums der Tod der Tiere durch Hemmung der Bakteriolyse,
auch wenn die Ambozeptoren am Vibrio schon vorher verankert waren,
eintrat, erkl&ren wir uns durch eine Art Massenwirkung der Antiambo-
zeptoren, wobei die Bindung Rezeptor-Ambozeptor gesprengt wird zu
Gunsten der Verbindung Ambozeptor-Antiambozeptor.
Weitere Versuche belehrten uns, daB die Choleravibrionen
zu den wirksamen Bestandteilen des Antiserums keine
direkte Affinitfit besitzen.
Wir wiesen dies dadurch nach, daB wir im Verh<nis 1:20 ver-
diinntes Antiimmunserum mit Cholerabakterien zusammenbrachten und
zwar pro Kubikcentimeter mit einer Normalose Bakterien.
Nach 20 Minuten langem Stehen bei Zimmertemperatur wurde zen-
trifugiert und dann die von Bakterien befreite Flflssigkeit auf ihren Ge-
halt an Antiambozeptoren gepriift.
Es ergab sich hierbei keine Verringerung der die Bakteriolyse
hemmenden Wirkung.
Zur Kontrolle wurden die abzentrifugierten Bakterien dann mehr-
mals mit stets erneuten Mengen physiologischer Kochsalzlbsung ge-
waschen. Von dem Bodensatz wurde eine Menge, die etwa 1 •/* Oesen
entsprach, in 1 ccm physiologischer Kochsalzldsung aufgeschwemmt und
nach Zusatz von nur ‘/io mg Choleraziegenserum (= 1,5 I.E.) einem
Meerschweinchen intraperitoneal injiziert. Es trat prompte Aufldsung
der Vibrionen ein; das Tier blieb am Leben, w&hrend das Kontrolltier,
welches dieselbe Menge des Bodensatzes ohne Zusatz von Cholera¬
ziegenserum erhalten hatte, typisch an Choleraperitonitis zu Grunde
ging.
Ferner untersuchten wir, wie sich das Antiserum beim Erhitzen
verhalten wflrde.
Ein Antiserum, welches in der Dosis von 0,03 die Wirkung von
15 I.E. der Choleraziegenambozeptoren aufhob, wurde l 1 /* Stunden in
einen auf 60° eingestellten Thermostaten gebracht; tianach zeigte sich
eine deutliche Verminderung der hemmenden Wirkung, indem 0,03 des
auf 60° erhitzten Antiserums nicht mehr die bakteriolytische Wirkung
von 15, sondern nur noch von 8 I.E. Ziegencholeraambozeptoren para-
lysierte.
Es geht aus diesem Versuch hervor, dafi die wirk¬
samen Substanzen des Choleraantiambozeptorenserums
relativ stabile Gruppen sein mflssen und sich der Hitze-
einwirkung gegenflber analog den Serumsubstanzen vom
Ambozeptorentypus verhalten.
Unsere friiheren Arbeiten hatten uns zu der Vorstellung gefilhrt,
daB die im normalen Ziegenserum vorhandenen Choleraambozeptoren
mit denen bei der Immunisierung sich anh&ufenden, mit hdchster Wahr-
scheinlichkeit als identisch aufzufassen sind. Hiernach durften wir er-
warten, dafi es uns gelingen wflrde, auch durch Verimpfung normalen
Serums die Bildung von Antiambozeptoren anzuregen.
In der Tat hat diese Voraussetzung durch das Experiment ihre
Bestatigung gefunden.
Wir behandelten Kaninchen in genau derselben Weise, wie wir dies
mit Ziegencholeraimmunserum getan hatten, mit normalem Ziegenserum,
welches eine so stark schiitzende Wirkung zeigte, daB schon 5 mg da-
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74 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIY. No. 1.
von im Meerschweinchenperitoneum eine Oese Cholera zur Auflosung
brachte.
Von diesen Kaninchen erhielten wir ein Serum, welches eine
deutlich hemmende Wirkung entfaltete, und zwar so, daB
0,1 Antiambozeptorenserum bis zu 5 I.E. von Choleraziegenimmunserum
komplett paralysierte. Dieses mit normalem Ziegensernm erhaltene
Antiimmunserum war demnach mindestens lOmal schwficher als die
durch Vorbehandlung mit Choleraziegenimmunserum friiher erhaltenen.
Auch dieses Resultat steht in voller Uebereinstimmung mit unserer
Auffassung, wonach es sich bei unseren Versuchen um das Auftreten
von Antiambozeptoren, nicht aber urn das von Antikomplement handelt,
da der Komplementgehalt des Normalserums sich nicht unterscheidet
von dem des immunserums, wohl aber die Quantitat der darin enthaltenen
Ambozeptoren.
Wire der Komplementgehalt des zur Vorbehandlung benutzten
Serums das Entscheidende, so mtiBten, gleichgfiltig ob Normal- oder
Immunserum zur Vorbehandlung diente, die entstehenden Antisera an-
nahernd gleichwertig gewesen sein.
Die beobacbtete tats&chliche Differenz ist unter diesen Umst&nden
ein wichtiges Argument fur die Existenz von Antiambozeptoren.
Es muB hier erwahnt werden, daB es nicht unter alien Umst£nden
und bei alien Tierspecies gelingt, Antiimmunkdrper gleich leicht und
sicher in nachweisbaren Mengen zu erzeugen. Eine Taube z. B., die
5 ccm Ziegencholeraimmunserum (Tit. Vs mg) in den Brustmuskel in-
jiziert erhalten hatte, lieferte ein Serum, von dem selbst 0,1 3 Immu-
nitatseinheiten von Ziegencholeraserum nicht tangierte.
Auch die Vorbehandlung eines Foxterriers mit sehr wirksamem
Kaninchencholeraimmunserum (Tit. 1 / 16 mg) lieferte kein deutlich hem-
mendes Serum, da 0,05 Serum des vorbehandelten Hundes nicht einmal
1,5 I.E. Choleraziegenserum paralysierte.
Wir wollen hier hervorheben, daB es uns auch mit Typhusimmun-
serum gelungen ist, entsprechende Antiimmunsera zu erzeugen.
Wir behandelten 2 Kaninchen genau in derselben Weise in 8-tagigen
Intervallen mit 3 Injektionen von je 10 ccm Typhushundeimmunserum
(Titer 1 mg).
Nur bei dem Serum des einen Kaninchens zeigte sich eine deut-
liche, wenn auch schwache, Wirksamkeit, indem 0,1 des Antiimmun-
serums 2 IE. des Immunserums in ihrer Wirkung aufhob.
Die Resultate einer Reihe derartiger Versuche sind ersichtlich aus
der nebenstehenden tabellarischen Zusammenstellung.
Es ist nun die Frage zu er3rtern, wie wir uns die Konstitution
dieser Antiambozeptoren zu denken haben.
Die nachstliegende Vorstellung ist die, daB sie den Rezeptoren der
Bakterien, mit welchen die cytophile Gruppe der Ambozeptoren sich
verbindet, entsprechen. Man wiirde dann gewissermaBen freie Rezep¬
toren des Kochschen Vibrio im Serum der mit Ambozeptoren im-
munisierten Tiere zu erwarten haben; bei dieser Voraussetzung miifite
die Moglichkeit bestehen, mit derartigen Antiimmunseris ebenso wie mit
der Bakteriensubstanz selbst eine aktive Immunisierung zu erzeugen.
Diese Vorstellung ist von vornherein sehr unwahrscheinlich. Trotz-
dem haben wir sie durch ein Experiment zu prufen gesucht, indem wir
eine kleine junge Ziege mit erheblichen Quantit&ten des Serums von
Kaninchen vorbehandelten, welchen wir zur Erzeugung von Antiimmun-
korpern vorher Ziegencholeraimmunserum injiziert hatten.
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Pfeiffer u. Friedberger, BeitrSge zur Theone der bakteriolyt IramunitSt 75
T abelle.
Gewicht des
Meerschweinchens
in Gramm
Infektions-
dosis von
Typhus.
Virulenz
V 10 Oese
Dosis des
Typhusimmum-
serums vom Hund
Dosis des Anti-
immunserums
vom Kaninchen
Besultat
1
320
1
1 Oese |
5
mg
0,1
lebt
290
i „
3
o.l
lebt
290
i „
2
0,1
tot
Prozefi abgelau-
fen. (Grenze der
Wirkung.)
250
i „
3
»»
0,2
tot mit typischem
Typhusbefund
310
i „
2
0»
do.
250
i „
3
0,3
do.
240
i
1,0
)>
0,3 Normal-
serum des
Kaninchens
vor der Be¬
ll and lung ent-
nommen.
lebt. Kontrolle.
Das Serum dieser Ziege wurde vor und nach dem Versuche titriert.
Das Resultat war ein vollstandig negatives, indem der Titer des Serums
dieser Ziege gegeniiber Choleravibrionen sich vollig unverfindert zeigte,
eine aktive Immunisierung also nicht nachweisbar war. Da in diesem
Fall das uns fur die Vorbehandlung zur Verfligung stehende Antiserum
leider relativ geringwertig war, so halten wir diese Frage noch nicht
fflr defiriitiv abgeschlossen. Wir sind mit weiteren Versuchen nach
dieser Richtung hin zur Zeit beschfiftigt.
Aus theoretischen Grflnden sind wir aber zu einer anderen Auf-
fassung fiber die Natur der Antiambozeptoren geneigt. Es mfissen
die Antiambozeptoren Zellbestandteile sein, welch e
eine haptophore Gruppe von analogem Bau, wie die Bak-
terienrezeptoren haben, die im ttbrigen aber von diesen different
sein kfinnen.
Bei der genauen Verfolgung der immunisierenden Kraft des Serums
von Mensch und Tier, welche eine aktive Oder passive Immunitat gegen
Cholera erworben haben, sehen wir, daB die im Serum in einem ge-
gebenen Moment so reichlich vorhandenen Choleraambozeptoren mehr
oder weniger schnelt wieder verschwinden, besonders rasch ist dies der
Fall nach der Einverleibung von heterologem Immunserum.
Wo bleiben diese Ambozeptoren des Serums? Unter den normalen
Sekreten linden wir nur in der Milch eine erhebliche Ausscheidung
von Immunsubstanzen. Da aber auch bei den nicht milchenden Tieren
die Immunkfirper ebenso rasch verschwinden, so mfissen wir uns nach
anderen Moglichkeiten umsehen, und da liegt der Gedanke nahe, daB
sie einfach an die Zellen zurttckkehren, von denen sie sezerniert sind.
Diejenigen Gruppen, an welche die Ambozeptoren des Serums sich
wieder anheften, konnten unter bestimmten, nicht stets realisierten Ver-
haltnissen gewissermafien hypertrophieren und ihrerseits als Antiambozep¬
toren in die Blutbahn fibergehen. Ihr freies Auftreten im Serum wfirde
dadurch als ein Specialfall zu betrachten sein.
Wenn infolgedessen andere Autoren auf Antiimmunwirkung des
Serums nicht gestoBen sind, bei Tieren, welche beispielsweise mit Tetanus
oder Diphtherietoxin vorbehandelt waren, so erscheint dies nun nicht
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76 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
allzu wunderbar. Vielleicht k5nnte man aber auf indirektem Wege
dieser Frage n&her kommen.
Man muBte Tiere z. B. mit Diphtherieantitoxin vorbehandeln und
von Tag zu Tag den Grad der noch vorhandenen passiven Immunitat
quantitativ verfolgen. Wflrde sich herausstellen, daB bei sp&teren,
wiederbolten Injektionen von Antitoxin das Verschwinden der Antikdrper
rascher und vollst&ndiger sich vollzieht, wie bei der ersten Injektion,
so wflrde diese Tatsache in unserem Sinne zu deuten sein.
Man sieht andererseits, welch groBe praktische Konsequenz der L5-
sung dieser Frage fflr den Gebrauch antitoxischer und bakteriolytischer
Sera zu Immunisierungszwecken beizumessen ist. Es ist n&mlich die
Mdglichkeit ins Auge zu fassen ist, daB durch voraufgehende passive
Immunisierung der Organismus so ver&ndert werden kann, daB er spater
auBer stande ist, im Ernstfalle sich der gleichen Antikflrper, z. B. der
Diphtherieantitoxine des Pferdeserums, zur Neutralisierung des Toxins
Oder zur Vernichtung der Krankheitserreger zu bedienen.
II. Ueber den Rezeptorenapparat des Choleravibrio.
Wir hatten frflher (Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 25) nach-
gewiesen. daB die Bindungsfahigkeit der Choleravibrionen fflr die Immun-
korper des Gholeraserums in weiten Grenzen schwankt und daB sie, so
weit wir aus unseren bisherigen Versuchen urteilen konnen, mit der
Virulenz der Bakterien in Beziehung steht in dem Sinne, daB mit Er-
hohung der Virulenz auch die Affinit&t der Vibrionenrezeptoren fflr die
Choleraambozeptoren sich steigert.
Damit im Zusammenhang stehend erschien uns die Tatsache, daB
auch die immunisierende Wirkung der Cholerabakterien der Virulenz
parallel ging. Wir muBten aus diesen Beobachtungen den Schlufi ziehen,
daB die Zahl der am Vibrio vorhandenen Rezeptoren eine sehr grofie sei,
wahrend die Besetzung eines kleinen Bruchteiles derselben mit Ambo-
zeptor und Komplement schon genflgt, um die Auflosung herbeizufflhren.
Wir zeigten ferner, daB bei reichlichem UeberschuB von Ambo-
zeptoren die immunisierende Wirkung der so mit Choleraambozeptoren
vollstandig beladenen Choleravibrionen erheblich geschw&cht oder sogar
vflllig ausgeschaltet war.
Man konnte sich nun fragen, ob die Korn pi exi tat der Verhaltnisse
noch weiter geht und ob die Rezeptoren des Cholerabakteriums, welche
mit den Choleraambozeptoren der verschiedenen Tierspecies sich ver-
binden, unter sich wieder different sind.
Die Beantwortung dieser Frage geht eigentlich schon aus unseren
frfiheren Arbeiten hervor. War die letzterw&hnte Annahme richtig, so
muBten zur Aufhebung der immunisierenden Wirkung ausschliefilich
Isoambozeptoren befflhigt sein, wflhrend die Choleravibrionen nach Be-
ladung mit Heteroambozeptoren ihre immunisierende Wirkung behalten
sollten. Nun haben wir schon Beobachtungen publiziert (Berl. klin.
Wochenschr. 1902. No. 25. S.-A. p. 12. Tab. IV), wonach der immunisierende
Effekt der Choleravibrionen fflr Kaninchen nicht allein durch Kaninchen-
immunserum, sondern auch durch Ziegenimmunserum in fast der gleichen
Weise ausgeschaltet wird. Wir haben diese Experimente nochmals
wiederholt unter Versuchsbedingungen, die uns besonders beweisend
erscheinen. Wir injizierten Je 2 Oesen Choleravibrionen in das Meer-
schweinchenperitoneum. im Versuch A mit 2500, im Versuch B mit
25 000 IE. (entsprechend 0.1 resp. 1,0 Z i e g e n choleraserum vom Titer
1 / 2 5 mg)-
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Pfeiffer u. Friedberger, Beitr&ge zur Theorie der bakteriolyt Immunitftt 77
Nach etwa 40 Minuten, als die Zerstorung der Vibrionen schon fast
vollstandig war, wurden die beiden Meerschweinchen getotet, ihr Peritoneum
mit physiologischer KochsalzlOsung ausgewaschen und dann die Wasch-
fltissigkeiten, wie in den friiheren Versuchen (Pfeiffer, Deutsche med.
Wochenschr. 1901. No. 50/51. S.*A. p. 5), durch Berkefeld-Liliput-
kerzen filtriert. Die vollkommen klaren, kulturell auf Sterilit&t geprflften
Filtrate wurden Kaninchen in die Ohrvene injiziert.
Das nach 8 Tagen abgenommene Serum dieser Kaninchen zeigte
in Versuch A (2500 IE.) einen Titer von 9 mg und in Versuch B
(25 000 IE.) den noch geringeren Titer zwischen 0,05 und 0,01, wobei
mdglicherweise ein Teil des Wertes durch noch im Blute zirkulierende
Reste der enorm hohen Menge von passiv flbertragenen Ziegencholera-
ambozeptoren bedingt war.
Vergleichen wir diese Versuchsergebnisse mit den friiheren bei der
gleichen Versuchsanordnung nach Abs&ttigung mit einem UeberschuB
von Kaninchencholeraambozeptoren erhaltenen Titerwerten (Berl. klin.
Wochenschr. 1902. No. 25. S.-A. p. 11. Tab. IV), so finden wir eine sehr
befriedigende Uebereinstimmung.
Esist demnach wohlkaum mehr daran zu zweifeln, daB Kaninchen¬
choleraambozeptoren und Ziegencholeraambozeptoren an
denselben Rezeptoren des Kochschen Vibrio angreifen
und sich deshalb auch gegenseitig vertreten konnen.
III. Ueber die Art der Bindung der Choleraambozeptoren
an die Gholerabakterien und ihr Verhalten bei der
Bakteriolyse.
Wir wissen, wie auch in dieser Arbeit schon mehrfach betont ist,
daB die Gholerabakterien abh&ngig von ihrer Virulenz ein sehr groBes
Multiplum derjenigen Ambozeptorenmenge, welche zu ihrer AuflSsung
notwendig ist, an sich binden kSnnen. Die Bakterien sind ihrerseits
lebende Gebilde und man konnte daher sich fragen: Was wird aus
den an die Bakterien gebundenen Choleraambozeptoren
beim weiteren LebensprozeB der Bakterien?
Der Gedanke war von vornherein nicht von der Hand zu weisen,
daB die lebenden Bakterien eine zerstorende Wirkung auf die an sie
geketteten Ambozeptoren auszuQben vermochten und es wiirde eine
derartige Konstatierung mit unseren bisherigen Vorstellungen ilber das
Wesen der Virulenz gut vertr&glich gewesen sein.
Zur Prflfung dieser Frage bes&ten wir eine Mischung von 0,1 Ziegen-
choleraserum = 2500 IE. in 5 ccm Bouillon mit virulenter Cholera,
brachten diese Mischung, urn eine mdglichste Entwickelung der Cholera-
bakterien herbeizuftihren, 2 Tage in den Brutschrank bei 37 0 und bewahrten
sie dann bei Zimmertemperatur weitere 4 Wochen auf. Die resultierende
Kulturfliissigkeit prflften wir nach dieser Zeit auf die Zahl der darin noch
vorhandenen Immunit&tseinheiten, indem wir die getrQbte Bouillon mit
dem darin befindlichen Bodensatze durch langdauerndes Schfltteln mit
einer abgemessenen Menge physiologischer Kochsalzldsung moglichst
gleichm&fiig emulsionierten und von der Emulsion in der gewdhnlichen
Weise weitere Verdtlnnungen anlegten. Eine Verdttnnung, welche einem
Gehalt von 2,5 IE. entsprach, hatte im Meerschweinchenversuch noch
prompte bakterienaufldsende Wirkung.
Leider wurde bei diesem Versuche die untere Grenze der Wirksam-
keit nicht ermittelt.
Immerhin ist zu folgern, daB selbst nach 32-tBgigem
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
tippigem Wachstum der Cholerabakterien in verdiinntem
Immunserum noch mindestens die H&lfte der ursprfing-
lich der Bouillon zugesetzten Choleraambozeptoren vor-
handen war.
In einem zweiten Versuche wurde 0,1 Gholeraziegenserum (Titer
*/, 6 mg = 1500 IE.) mit 5 ccm Bouillon versetzt und mit virulenter
Cholera infiziert. Das Rdhrchen wurde 2 Tage im Brfltschranke bei
37° und dann weitere 16 Tage bei Zimmertemperatur, vor Licht ge-
schfitzt, aufbewahrt. Es wurde dann die durch Cholerabakterien stark
getrfibte Flfissigkeit durch krfiftiges Schfltteln sorgffiltig emulsioniert und
1500-fach verdfinnt, so daft jeder Kubikcentimeter nur noch 1 IE. enthielt
In 1 ccm = IE. wurde dann 1 Oese normal virulenter frischer
Cholera aufgeschwemmt und einem Meerschweinchen von 210 g in die
Bauchhdhle gespritzt
Das Tier bleibt unter normalem Ablaufe der Vibrionenzerstdrung
am Leben. Ein zweites Tier mit 1,5 IE. (= 115 ccm der Verdflnnung),
in gleicher Weise behandelt, verhfilt sich ebenso. Damit ist bewiesen,
daB nach 18-tSgigem Wachstume der Cholerabakterien in verdiinntem
Choleraimmunserum die ursprfinglich eingebrachte Menge von Immuni-
tatseinheiten noch quantitativ nachweisbar war.
Hier konnte man immerhin den Einwand erheben, daB ein etwaiger,
wenn auch geringer, Verlust durch die unvermeidlichen, auf einige Pro-
zent zu schatzenden Versuchsfehler verdeckt sein konnte. So hatten
von den eingebrachten ursprfinglichen 1500 IE. beispielsweise 50 bis
100 IE. verschwinden konnen, ohne daB dies in den Versuchen zu Tage
getreten ware. Deshalb wurde auch folgendes Experiment angestellt:
7,5 IE. wurden zu 5 ccm Bouillon aufgeftillt, mit lebender viru¬
lenter Cholera infiziert und 2 Tage in den Brfltschrank gestellt. Von
dieser fippig gewachsenen Cholerabouillon vermochte 1 ccm = 1,5 IE.
eine voile Oese neu zugesetzter frischer virulenter Cholerakultur prompt
zur Auflosung zu bringen. Es waren also noch mindestens 5 IE. vor-
handen, wahrscheinlich aber, wie aus dem schnellen Verlaufe des Auf-
ldsungsprozesses geschlossen werden darf, noch die Gesamtmenge von
7,5 IE.
Wir kommen somit zu dem nunmehr unabweislichen Schlusse, daB
die Choleravibrionen aufier stande sind, bei ihrem Lebens-
prozesse Choleraimmunkorper zu zerstdren.
Dieses Besultat diente uns als Ausgangspunkt fflr die Priifung einer
anderen wichtigen Frage, wie sich nfimlich die an die Choleravibrionen
gebundenen Choleraambozeptoren verhalten, wenn in der Bauchhdhle
des Meerschweinchens die Bakteriolyse eintritt.
Zunfichst versetzten wir Verdfinnungen 1 : 100 des Ziegencholera-
serums vom Titer 1 / 2B mg mit solchen Mengen frischer virulenter
Cholera, daB pro Kubikcentimeter eine Normaldse emulsioniert war.
2 ccm dieser Emulsion, enthaltend 500 I.E., und 2 Oesen Cholera kamen
Vj Stunde in den Briitschrank bei 37°. Es wurde danach zentrifugiert,
die zuriickbleibenden gut agglutinierten Bakterien wurden dann 5mal
mit je 5 ccm physiologischer Kochsalzldsung ausgewaschen, indem immer
wieder von neuem zentrifugiert und das fiberstehende Waschwasser ab-
gegossen wurde zur Entfernung jeden Restes ungebundener Ambo-
zeptoren. Der so grflndlich gewaschene Rfickstand wurde in einem ge-
messenen Volumen Kochsalzldsung aufgeschfittelt und mdglichst gleich-
m&fiig wieder emulsioniert. Von dieser Stammemulsion wurden dann
weitere Verdfinnungen angelegt zur Ermittelung deijenigen Dosis, welche
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Pfeiffer u. Friedberger, BeitrSge zurTheorie der bakteriolyt Immunitat. 79
noch gerade eine Oese frisch zugesetzter virulenter Cholera im Meer-
schweinchenperitoneum zur AuflSsung zu bringen vermochte.
So wurde festgestellt, dafi in der kleinen Menge von
•Cholerabakterien, welche infolge der bei den verschie-
denen Manipulationen unvermeidlichen Verluste nur
als ein nicht unerheblich veringerter Bruchteil der
ursprfinglich einges&ten 2 Oesen veranzuschlagen war,
1 50 I.E., kondensiert waren, d. h. die Bakterien, welche die Tr&ger
dieser Immunit&tseinheiten waren, warden nicht allein selbst aufgeldst,
sondern setzten bei ihrer Destruction im Peritoneum des Meerschwein-
chens noch so viel gebundene Ambozeptoren in Freiheit, dafi sie fflr
die Bakteriolyse von 150 Oesen virulenter Cholera ausgereicht hfitten.
Eine Wiederbolung des Versuches ergab vflllig identische Resultate.
Immerhin war bei den eben dargelegten Experimenten nur etwa
Vs der ursprfinglich vorhandenen Ambozeptoren wiedergefunden worden,
w&hrend der Rest in dem Waschwasser vermutet werden konnte. Anderer-
seits war doch die MQglichkeit vorhanden, dafi ein gewisser Bruchteil
der Ambozeptoren deshalb nicht ermittelt werden konnte, weil er zwar
gebunden, aber nachtr&glich bei der Bakteriolyse der damit beladenen
Vibrionen verbraucht worden war.
Dieser Erwfigung nachgehend, stellten wir den folgenden Ver-
such an:
Wir bereiteten eine Verdiinnung desselben Choleraziegenserums
(Titer Vss mg) im Verhfiltnis 1 : 1000, so dafi pro Kubikcentimeter
25 I.E. vorhanden waren. 2 ccm dieser letzteren Verdiinnung versetzten
wir mit 2 Oesen Cholera und liefien diese Mischung 25 Minuten bei
37°. Jetzt wurde wieder gut geschilttelt und nun durch Titrierung die
Menge der in toto noch nachweisbaren Choleraambozeptoren festgestellt, wo-
bei ganz davon abgesehen wurde, was gebunden, was noch frei davon war.
Es ergab sich, dafi 0,04 der Emulsion gerade noch 1 Oese neu zuge¬
setzter virulenter Cholera im Meerschweinchenperitoneum bakteriolysierte,
d. h. es war jetzt die Gesamtmenge der ursprfinglich ein-
gebrachten Ambozeptoren noch nachweisbar, eine Zer-
stdrung von Ambozeptoren bei der Aufldsung der mit
ihnen verbundenen Cholerabakterien war in diesem
Versuche nicht festzustellen, wobei zu berficksichtigen ist, dafi
Verluste von wenigen Prozenten der Ambozeptoren durch die Fehler-
quellen verdeckt werden konnten.
Wir mfissen daraus schliefien, dafi zum mindesten die
fiber eine Immunitfitseinheit hinausgehende Menge von
Antikdrpern, auch wenn sie vor der Bakteriolyse an die
Bakterienrezeptoren verankert war, bei der durch das
Komplement verursachten vollst&ndigen Aufldsung wie¬
der frei und aktlonsf&hig wird 1 ).
Eine gute Bestfitigung dieser Auffassung geben auch die folgenden
Versuche, die wir der Wichtigkeit dieser Frage entsprechend in extenso
reproduzieren.
1 ) Diese von uns feetgestellte Tateache scheint zunachst in Widerepruch zu stehen
mit der Arbeit Morgenroths, Ueber die Bindunghimolytischer Ambozeptoren. (Munch,
med. Wochenschr. 1903. No. 2), wonach die Fahigkeit hamolytischer Ambozeptoren, von
dem Rezeptor eines Blutkdrperchens auf den Kezeptor eines anderen Blutkorperchens
iiberzuspnngen, nur so lange besteht, als dieselben nicht auch Komplemente verankert
haben.
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80
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Versuch A.
v, Oese Cholera wird mit 1 I.E. Choleraziegenserum gemischt und 10 Minufcen
im Eisschranke gehalten, um einerseits eine Vermehrung der Vibrionen mfiglichst zu
verhindern, andererseits aber doch die Bindung des Ambozeptors an den Vibrio zu er-
moglichen. Dieses Gemisch wurde danach in 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung
einem Meerschweinchen von 230 g intraperitoneal injiziert. Nach 20 Minuten wurde
7* Oese Cholera, in 0,4 ccm physiologischer Kochsalzlosung emulsioniert, nachgespritzt
und durch Kneten gut in der Bauchhohle verteilt. Die Bakteriolyse nahm ihren nor-
malen Verlauf; das Tier blieb am Leben.
Versuch B.
1 Oese Cholera wird mit 2,5 IE. gemischt, wieder 10 Minuten im Eisschranke
gehalten, dann einem Meerschweinchen von 250 g Gewicht intraperitoneal injiziert; nach
20 Minuten sehr viel Granula, viel weniger gut erhaltene Vibrionen. Jetzt wird eine
zweite voile Oese Cholerakultur nachgespritzt. Trotz dieser enormen Choleradosis bleibt
das Tier am Leben.
Diese Versuche geben zu folgenden Betrachtungen Veranlassung:
Selbst 1 / 2 und sogar eine ganze Oese Cholera verbrauchen, wenn
sie 1 resp. 2 1 /* I.E. fixiert haben, zur Bakteriolyse offenbar hfichstens
nur V 2 resp. 1 I.E., so dafi die zweite Hftlfte der Ambozeptorenmenge
wieder disponibel wird, um nochmals die gleiche von neuem zugeffihrte
Menge von Cholerabakterien zu losen. Man konnte hier auf den Ge-
danken kommen, ob denn fiberhaupt beim bakteriolytischen Prozefi
Ambozeptoren verbraucht werden oder ob dieselben immer von neuem
sich regenerierend wie eine katalytisch wirkende Substanz die Ver-
einigung von Vibrio und Komplement herbeiffihren A ). Ein Versuch diese
Hypothese exakt zu prfifen, trifft auf erhebliche Schwierigkeiten, da die
Bakterien lebende und sich vermehrende Gebilde sind, die in die
Bauchhohle eingebrachten Ambozeptoren aber im Laufe des fiber gewisse
Zeit sich hinziehenden Auflfisungsprozesses durch Resorption zum Teil
verschwinden, woffir dann die eigenen normalen Ambozeptoren der betref-
fenden Tierspecies in gar nicht zu kontrollierenden Mengen mit dem Saft-
strom in die Bauchhohle geffihrt werden, Bedingungen, durch welche ab-
solut quantitative Messungen, die zur Entscheidung dieser Frage erforder-
lich sind, sehr erschwert werden. Es ist zu ffirchten, dafi auch das
Studium der Hfimolyse, das in den Hfinden Ehrlichs und seiner
Schiller so fiberraschende Aufschltisse gegeben hat, bei der Losung
dieses Problems im Stich lassen wird, da eben im Reagenzglase keine
echte Hamolyse, sondern nur eine Abtotung der Erythrocyten, die mit
einem Austritt des Hemoglobins verbunden ist, in Erscheinung tritt,
wfihrend das Stroma erhalten bleibt und daher voraussichtlich die an
dasselbe einmal verankerten h&molytischen Ambozeptoren nicht mehr
frei gibt. Ffir diese AufFassung spricht auch der bekannte Versuch von
Bordet, wonach eine bestimmte Menge hfimolytischen Immunseruras
verschiedene Mengen von Erythrocyten totet, je nachdem die letzteren
auf einmal oder portionsweise zugesetzt werden.
Im letzteren Falle verankert die erste Portion der roten Blutzellen
die Gesamtmenge der hfimolytischen Ambozeptoren durch Ueberbindung t
so dafi ffir die spfiter zugesetzten Erythrocyten nichts mehr fibrig bleibt.
1) Die Tateache, dafi zur Aufloeung einer Oese Cholera doch immerhin eine
Immunitdtseinheit notwendig ist, wird allerdings mit dieser von uns nur rein hypothetisch
betrachteten Annahme zunachst unvereinbar erscheinen, da auch die kleinsten Mengen
immer wieder von neuem sich regenerierender Ambozeptoren schliefilich die grofiten
Mengen von Cholerabakterien bakteriolysieren miifiten. Dabei aber ist nicht beriick-
sichtigt, dafi die Bakterien sich vermehren und dafi bei nicht zureichenden Mengen des
Immunkorpers die Wuchenmg der Vibrionen rascher fortschreiten kann wie ihre Zer-
storung.
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Pfeiffer u. Friedberger, BeitrSge zur Theorie der bakteriolyt Immunit&t 81
Der Widerspruch zwischen diesem Versuch Bordets and unseren
Resultaten erkl&rt sich eben dadurch, daB im Reagenzglasversuch fiber-
haupt keine ecbte H&molyse eintritt, deshalb die .einmal fixierten Ambo-
zeptoren nicht mehr von neuem aktionsf&hig werden kdnnen. Auch die
Angabe von Morgenrotb, velche wir oben erw&hnt baben, wflrde
von diesem Standpunkte aus verst&ndlich werden.
Trotz der eben dargelegten theoretiscb konstruierten Schwierigkeiten
ist es uns docb, wie wir glauben, gelungen, die wicbtige Frage, ob bei
der Bakteriolyse ein Verbrauch von Ambozeptoren eintritt, bis zu einem
gewissen Grade zu Idsen und zwar durch folgende Versuchsanordnung,
die, der Wichtigkeit des Experimentes entsprechend, in extenso mit-
geteilt werden soil:
Versuch I.
5 IE. Choleraziegenserum werden in 2,5 ccm pbysiologischer Koch-
salzlosung gelQst und mit 5 Oesen virulenter Cholera, welche gleichfalls
in 2,5 ccm pbysiologischer Kocbsalzldsung aufgeschwemmt und um die
Vermehrung der Vibrionen auszuschalten, bei 60° 2 Stunden lang sicher
sterilisiert waren, zusammengebracht, so daB jeder Kubikcentimeter der
Mischung 1 IE. und 1 Oese abgetflteter Cholera enthielt. Diese Mischung
wurde darauf 6 Stunden im Brfltschranke bei 37° gehalten und dann
austitriert.
Titrierung der Emulsion:
No. 67, Meerschweinchen 220 g, erhalt
{If oZ cSto“* } toWpaitoDOl
10 „ 30 Min. viel Granula; ziemlich sparlich Vibrionen
1 „ noch wenig Vibrionen; viel Granula
3 „ vereinzelte Granula
5 „ Prozefi abgelaufen
No. 63, Meerschweinchen 190 g erhalt
6 Ob 30 Mia.{‘
7 „ ®/ 4 Vibrionen, l / 4 Granula
9 „ ziemlich Vibrionen, weniger Granula
Folgenden Tag: Prozefi abgelaufen; Peritoneum mikroskopisch steriL
Zu diesen Versuchen wurden folgende Kontrollen angestellt:
I. Kontrolle: Um zu entscheiden, ob nicht vielleicht abgetdtete Cho¬
lera in entsprechender Menge an sich schfltzt, wurde folgender Versuch
gemacht:
No. 70, Meenchweinchen 190 g, erhalt
>2 Ob 5 MO, * bge ““‘ (,Kdl) }
3 „ 15 „ ziemlich viel Vibrionen
4 „ 30 r do.
Folgenden Tag: Tier f, Vibrionen massenhaft in Beinkultur.
II. Kontrolle: Es muBte ferner festgestellt werden, ob die abge-
tQteten Cholerabakterien tats&chlich die eingebrachten 5 IE. vollst&ndig
verankert hatten, oder ob ein Teil derselben frei in der ZwischenflQssig-
keit noch nachweisbar war. Es wurde daher die Emulsion scharf zentri-
fugiert und die absolut klare Flflssigkeit vorsichtig (ohne Bakterien) vom
Bodensatze abgegossen.
Titrierung der Flflssigkeit:
No. 65, Meerschweinchen 240 g, erhalt
10 Ob 30 Min. {{’ 6 <CaS“.' U8 “ } “■**■*««»•
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Erste AM. Orig. Bd. XXXIV.
6
82 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
11 Uhr 30 Min. ziemlich viele Vibrionen; sparliche Granula
12 „ 20 „ massenhafte Vibrionen; sear sparliche Granula
3 „ a ii
1. V +. Vibrionen massenhaft in Beinkultur.
Versuch II.
Ffir eine weitere Versuchsreihe wurde wiederum eine Emulsion von
5 ccm Flflssigkeit, enthaltend 5 Oesen abgetdteter Cholera und 5 IE.
des gleichen Immunserums, hergestellL Der einzige Unterschied gegen
die Versuchsanordnung im vorigen Experiments bestand darin, daB die
Emulsion 14 Stunden (statt 6 im vorigen Versuche) im Brdtschranke
bei 37° gehalten wurde.
Titrierung der Emulsion:
No. 71, Meerechweinchen 190 g, erhalt
10 Uhr 15 Mia. {'£ «- IE -> j
11 „ 20 „ sehr viele Granula; wenige Vibrionen
12 „ „ „ „ noch immer sparliche Vibrionen
3 „ abgelaufen.
No. 75, Meerechweinchen 200 g, erhalt
11 Uhr 40 Min. Injektion wie bei Meerechweinchen No. 71
12 „ 50 „ 2 / 8 Granula, 1 / 8 Vibrionen
3 „ fast abgelaufen (nur sparliche Granula)
Am folgenden Tage stirbt das Tier an einer Sekundarinfektion mit B. ooli. Das
Peritoneum ist jedoch mikroskopisch frei von Choleravibrionen.
No. 71a, Meerechweinchen 200 g, erhalt
5 Uhl 40 Min. {P o r<*K“' > " }
6 „ 50 „ */ f Vibrionen, */• Granula
Folgenden Tag: Tier tot, Vibrionen massenhaft in Beinkultur.
Wir dtirfen aus diesen Versuchen den (iberraschenden SchluB ziehen,
daB 1 IE. der Choleraimmunkdrper, auch wenn sie an bei 60° abge-
toteten Choleravibrionen festgebunden ist, bei der Aufldsung derselben
im Peritoneum des Meerschweinchens nicht verschwindet, sondern in
einer Form wiedererscheint, welche die Aufldsung bis zu vollen s / 4 Oesen
lebender virulenter Cholera von l /io OeseVirulenz herbeizufflhren ver-
mag. Wird eine gauze Oese Cholera gegeben, so sterben die Tiere,
auch wenn theoretisch sogar 1,2 IE., an tote Cholerabakterien gebunden,
ihnen zur Verfugung stehen. Es hingt dies unserer Auffassung nach
damit zusammen, daB die Aufldsung der Choleravibrionen und das da-
durch bedingte Freiwerden der an sie gebundenen Ambozeptormengen
eine gewisse Zeit erfordert, wUhrend welcher die lebenden Vibrionen
eine nicht unbetrachtliche Vermehrung erfahren.
Wir miissen nun weiter fragen: Was niitzt den virulenten Bakterien
ihre gesteigerte Affinitat ffir die Ambozeptoren, wenn sie dieselben weder
durch ihren Lebensprozefi vernichten kdnnen noch auch bei ihrer eigenen
Zerstdrung verbrauchen? Demgegeniiber mdchten wir auf die schdne
Arbeit von Radziewsky, Untersuchungen zur Theorie der bakteriellen
Infektion (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVII. 1901) verweisen, wo diese
Verhaltnisse sehr lichtvoll auseinandergesetzt sind. Wir fiihren einige
Stellen der Arbeit wortlich an.
„In der Wirklichkeit ist sowohl die Bauchhohle als auch das Blut-
gefaBsystem ihrem Umfang nach fiir den mikroskopischen Mikroben
unendlich grofi. Schon bei normalen Bedingungen ist es unmdglich
anzunehmen, daB jede Volumeinheit der Bauchhohle unbedingt gleich-
wertig sei einer jeden anderen Einheit nach ihrem Inhalte, nach dem
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Pfeiffer u. Friedberger, Beitrfige zurTheorie der bakteriolyt.Immunitftt 83
Gharakter der darin enthaltenen Elemente. Die Ern&hrung der Zellen
der darin enthaltenen Organe, der Stoffwechsel im allgemeinen, d. h. die
Assimilation gewisser Stoffe, die Dissimilation anderer schaffen solche
Bedingungen, welchen zufolge an einer Stelle der Baucbhdhle sich gar
nicbt ganz dasselbe abspielt als an einer anderen Stelle.“
„Die bakterizide Substanz wirkt auf den Mikroben, indem sie mit
ihm eine Verbindung eingeht. Das ist der zweite Punkt der gegen-
w&rtigen Vorstellungen von der Wirkung der bakteriziden Stoffe. Stellen
wir uns vor, dad in einer gewissen Volumeinheit der peritonealen
Fliissigkeit sich ein gevisses Quantum bakterizider Stoffe einerseits und
eine gewisse Menge Mikroben andererseits findet. Die bakteriziden
Stoffe gehen — dank ihrer spezifischen Eigenschaften — eine Verbindung
ein mit den sich daselbst befindenden Mikroben, die Mikroben — wie
man sich auszudrticken pflegt — fixieren auf sich diese Substanzen.
Infolgedessen wird die genannte Volumeinheit von bakteriziden Stoffen
frei, d. h. es werden sich darin wieder Bedingungen herstellen, welche
fttr die weitere Vermehrung von stttrkeren Mikroben, die sich eben
daselbst oder in der benachbarten Volumeinheit vorfinden, gttnstig sind.
Auf solche Weise ist es leicht denkbar, daB in den verschiedenen Punkten
der Bauchhdhle, des Blutes oder eines beliebigen anderen Organes eine
best&ndige Schwankung in der Spannung der bakteriziden Stoffe statt-
finden muB. u
„Eben wegen der Anpassungsf&higkeit der Mikroben genflgt schon
die blofie Schwankung in der Spannung der bakteriolytischen Substanzen
dazu, daB die st&rkeren Individuen sich vermehren kdnnten, ungeachtet
der Zerstdrung anderer Individuen in der Nachbarschaft u
Zum SchluB dieser Abhandlung wollen wir noch der Frage nSher
treten, ob. die Fixierung der Ambozeptoren an die Bakterien eine sehr
feste ist — eine Bindung im chemischen Sinne — oder nur eine lockere
Adsorption durch Fl&chenattraktion.
Um uns hiertiber ein Urteil zu bilden, fall ten wir Ziegencholeraserum
mit frischen Cholerakulturen aus, wuschen dann die abzentrifugierten
Vibrionen mit immer neuen Mengen steriler physiologischer Kochsalz-
lttsung, wobei selbstverstandlich nach jeder Waschung von neuem
zentrifugiert wurde, bis der Berechnung nach jede Spur der ungebundenen
Ambozeptoren entfernt sein mnBte. Den schliefilich erhaltenen Boden-
satz emulsionierten wir in einem gemessenen Quantum Kochsalzlosung
und liefien die Emulsion dann l&ngere Zeit im Eisschranke resp. bei
Zimmertemperatur stehen; darauf wurde von neuem scharf zentrifugiert,
die ganze klare Flttssigkeit vorsichtigst abgegossen und dann in einem
Spitzglas ttber Nacht der spontanen Sedimentation tiberlassen. Es ge-
schah dies, um auch den letzten Rest von eventuell in der Flttssigkeit
vorhandenen mit Ambozeptoren beladenen Choleravibrionen zu entfernen ').
Der naheliegende Weg, diese Aufschwemmung durch Berkefeld-
Kerzen zu filtrieren, konnte nicht beschritten werden, da Kontrollversuche
ergaben, daB ein nicht zu vernachlttssigender Bruchteil von Ambo¬
zeptoren im Filter zurttckbehalten wurde.
Wir ttberzeugten uns, daB unter diesen Versuchsbedingungen aus
den mit Ambozeptoren ges&ttigten Vibrionen nur sehr geringe Mengen
von Ambozeptoren wieder abgegeben wurden, was sehr wahrscheinlich
1) Die An wend ling des Sedimentationaverfahrens war zulassig. da die benutzte
Cholerakuitur ihre Bewegung«fahigkeit eingebuSt hat. (cfr. Berl. klin. Wochenschr.
1902. No. 25.)
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Centralbl. f Bakt. etc I.. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 1.
auch noch auf die letzten Spuren von in der scheinbar klaren FlQssigkeit
zurflckgebliebenen ambozeptorbeladenen Bakterien zurflckzufflhren sein
dflrfte.
Nach unserer Ansicht sprechen die Resultate eher far eine ziemlich
feste Bindung als far eine rein physikalische Adsorptionswirkung.
Unsere Untersuchungen fahrten zu folgenden Ergebnissen:
1) Die im Serum eines mit Choleraimmunserum vorbehandelten
Tieres auftretenden Antiambozeptoren greifen in die cytophile Grnppe
des Ambozeptors ein.
2) Die Antiambozeptoren gegen Choleraimmunkdrper besitzen keine
Affinitat far die Rezeptoren des Choleravibrio.
3) Die Gholeraantiambozeptoren sind relativ stabile Kdrper, die
durch '/j-standige Erhitzung auf 60° nicht zerstdrt werden.
4) Auch die Ambozeptoren des Normalserums vermbgen die Bildung
von Antiambozeptoren im Tierkdrper anzuregen.
5) Die Erzeugung von Antiambozeptoren gelingt nicht bei alien
Tierspecies gleich leicht und sicher.
6) Die Erzeugung von Antiambozeptoren gelingt auch gegen die
Ambozeptoren des Typhusimmun(hunde)serums.
7) Die Antiambozeptoren sind hdchst wahrscheinlich als Zellbestand-
teile aufzufassen, welche eine haptophore Gruppe von analogem Ban
wie die Bakterienrezeptoren haben, im abrigen aber in ihrer Konstitution
von diesen different sind.
8) Der Rezeptorenapparat des Choleravibrio ist wahrscheinlich nicht
far die Ambozeptoren der verschiedenen Tierspecies spezifisch different.
9) Ueberschflssig an Choleravibrionen verankerte Choleraambo-
zeptoren werden bei der Bakteriolyse wieder frei und aktionsf&hig.
10) Die Cholerabakterien sind auBer stande durch ihren Lebens-
prozefi die Choleraimmunkdrper zu zerstdren.
11) Bei der Bakteriolyse der Cholerabakterien ist ein Verbrauch
von Choleraimmunkdrpern nicht nachzuweisen.
Kdnigsberg i. Pr., 9. April 1903.
Nachdruck verboten .
Einige HMedesinfektionsversuche nach vorheriger
kiinstlicher Infektion der lade mit Micrococcus tetragenus
und Staphylococcus pyogenes aureus.
[Aus dem Institut far Hygiene und experimentelle Therapie zu Marburg.
Abteilung far Hygiene. Vorstand: Prof. Bonhoff.]
Von Dr. Engels, z. Z. 1. Assistent am hygienischen Institute zu Posen.
Die Versuche zur bakteriologischen Prafung von HSndedesinfizien-
tien waren bisher von mir so ausgefahrt worden, daB ich nach Far-
bringers Vorgange die gewdhnliche Tageshand mit ihrem jeweiligen
Bakteriengehalte dem von Paul und Sarwey eingefabrten Nach-
prafungsverfahren mit Hilfe des sterilen Fastens aussetzte 1 ).
Es erschien nun angebracht, festzustellen, ob die durch die fraheren
Versuche erprobten Lysoform-, Bacillol- und Sublaminalkoholldsungen,
1 ) Engels, Arch. f. Hygiene. Bd. XLV. Heft 3 u. 4.
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Engelg, Elnige Hftndedesinfektionaverouche nach kfinstlicber Infektion etc. 85
insbesondere wiederum in ihrer 2-proz. reap. 2-prom. Konzentration,
auch anderen Prflfungsmethoden standzuhalten im stande seien.
Es sollte in erster Linie die neuerdings von Krdnig and Blum-
berg eingefflhrte Methodik mitEinschiebung des Tierexperimentes ver-
sncht werden.
Krdnig and B lam berg 1 ) waren es, welche wiederholt gegen die
Uebertragang der Haatabscbabsel auf kfinstliche N&hrboden nach er-
folgter Desinfektion als ein nicht den praktischen Verh<nissen ent-
sprechendes Verfahren Front gemacht batten. Sie setzten daher an ihre
Stelle die Ueberimpfang auf empfangliche Versuchstiere. Dazu war es
natfirlich notwendig, dafi vor der Desinfektion die H&nde mit bestimmten
Bakterienarten beschickt wurden, welche ffir unsere Laboratoriumstiere
hdchst pathogen, fQr den Menschen sich aber als unsch&dlich erwiesen.
Zu diesem Zwecke w&hlten Krdnig and Blamb erg den diesen An-
forderangen gerecht werdenden Micrococcus tetragenas.
In ihrer gemeinsamen Arbeit: Vergleichende Untersuchungen fiber
den Wert der mechanischen and Alkoholdesinfektion der H&nde gegen-
fiber der Desinfektion mit Quecksilbersalzen, speziell dem Quecksilber-
fithylendiamin *) heifit es auf p. 3: „ Da das Tierexperiment alien
Verhfiltnissen, wie sie bei der Operation in Frage kommen, vollst&ndig
nachkommt, so brauchen wir daher bei anserer Versachsanordnang das
Desinficiens nicht vorher chemisch unwirksam zu machen, sondern wir
dflrfen fihnlich wie bei der Operation, so auch hier beim Tierexperiment,
die Hfinde dann als genfigend desinfiziert ansehen, wenn auf den Tier-
korper fibertragene Hautabschabsel keine im Tierkdrper mehr entwicke-
lungsfShigen Keime enthalten. Durch die Einschaltung des Tierversuchs
ist also die ganze Methode der Prflfung der H&ndedesinfektionsverfahren
den praktischen Verh<nissen eng angepafit.“
Diese soeben beschriebene Krfinig-Blumbergsche Methodik wurde
auch bei unserem sogleich zu erw&hnenden Versuche zu Grunde gelegt
Die Tetragenus-Kultur, welche in unserem Versuche verwandt
werden sollte, wurde mir durch Herrn Prof. Krdnig resp. Herrn Dr.
Fflth in Leipzig in dankenswerter Weise fibermittelt, so dafi wir mit
demselben Materiale zu arbeiten im stande waren, wie Kronig und
Blumberg.
Um eine hdchstmdgliche Virulenz zu erzielen, wurde die Kultur
zun&chst mehrere Male hintereinander durch eine Maus geschickt. Trotz
Verimpfung grofier Men gen Materials trat indes der Tod infolge Tetra¬
gon u s -Septik&mie erst nach 3 Tagen regelm&fiig ein. Ich mufite mich
mit diesem Virulenzgrade zufrieden geben, da es mir nicht gelang, durch
noch weitere Ueberimpfungen die Pathogenit&t dieses Tetragenus ffir
M&use zu steigern.
Ca. 10 Tage nach Eingehen der letzten Maus wurde mit der aus
Milz gewonnenen Tetragenus-Reinkultur, und zwar mit frischer 24-
stfindiger Kultur, der erste Versuch gemacht.
Herr Prof. Bonhoff hatte die Freundlichkeit, denselben vorzu-
nehmen. Geprfift wurde der 2-prom. Sublaminalkohol.
Die Versuchsanordnung war genau dieselbe, deren sich Krdnig
und Blumberg bedient hatten.
Nach der Antrocknung der Tetragenus-Traubenzuckerbouillon-
aufschwetmmung an den H&nden wurden letztere 5 Minuten long kr&ftig
1 ) Kr*3nig, Centralbl. f. Gvnak. 1899. No. 45. — Krdnig und Blumberg,
Bei trace zur Handedesinfektion. Monographie. Leipzig (Georgi) 1900.
2 ) Miinch. med. Wochenachr. 1900. No. 29 u. 30.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
mit steriler Seife und steriler Bflrste in sterilem heifien Wasser ge-
waschen, darauf die Seife mit sterilem Wasser von den Hftnden ent-
fernt und nun wfthrend 5 Minuten die Desinfektion mit 2-prom. Sub-
laminalkohel mit Hilfe eines sterilen Flanelllappens vorgenommen.
Die mSglichste Entfernnng der Desinfizientien geschah durch Ab-
spfilen der HSnde mit sterilem Wasser (2 1) and darauffolgender steriler
1-proz. Pcptonkochsalzldsung (1 1).
Die Entnahme geschah in der Krfinig-Blumbergschen Form
(1. c.):
„Es wird in die eine Hohlhand ein Teeldffel voll sterilisierten
Marmorstaubes geschflttet und eine kleine Menge neutraler sterilisierter
Traubenzuckerbouillon hinzugetan, dann wird der mit Flfissigkeit ver-
setzte Marmorstaub auf beiden HSnden energisch verrieben, nngefShr
5 Minuten lang, schlieBlich wird unter allm&hlichem Zusatz von Trauben¬
zuckerbouillon der Marmorstaubbrei durch festes Aneinanderdrflcken
der Hfinde ausgeprefit und in einer sterilen Schale aufgefangen.“
Diese Marmorstaubaufschwemmung wurde zu gleichen Teilen
5 M&usen (jeder ca. 1 ccm) unter die Rfickenhaut gebracht.
Zur Kontrolle wurde mit einem Hdlzchen vor Beginn der Hinder
waschung und der Desinfektion ein Teil der Tetragenus-Kultur von
den H9nden abgekratzt, dieses Hdlzchen in ca. 2 ccm sterilen Wassers
grflndlich abgespfilt und diese Spulflussigkeit einer Maus subkutan inji-
ziert. Gleichzeitig wurde von dieser FlQssigkeit ein Ausstrich auf Agar
gemacht.
Das Resultat war folgendes:
Keine der 5 M&use, welche mit derTetragenus-Marmorstaubauf¬
schwemmung geimpft waren, ging ein.
Das ware ja ein gunstiges Ergebnis gewesen, wenn uns nicht die
Kontrollmaus im Stiche gelassen hStte. Trotzdem auf dem schrag er-
starrten Agar Tetragenus iippig gewachsen war, blieb die mit dem-
selben Materiale geimpfte Maus am Leben. *
Die Virulenz des Tetragenus war demnach viel zu gering, als
daB man bei Verwendung der Krdnigschen Methode Resultate hatte
erhalten kdnnen. Die Methode setzt voraus, daB zum mindesten einige
wenige Tetragenus-Keime, auf die Maus verimpft, den Tod derselben
mit Sicherheit herbeifflhren. Unsere Kultur vermochte nur in sehr
grofien Dosen, 1 / 1 0 24-stfindiger Agarkultur, die meisten MQuse bei sub-
kutaner Impfung prompt zu tdten.
Trotz nachheriger wochenlanger Bemfihungen gelang es mir nicht,
durch Tierpassagen, durch Ueberimpfungen von Maus auf Maus, von
Maus auf Meerschweinchen, von Meerschweinchen auf Maus, von Meer-
schweinchen auf Meerschweinchen etc., die auch augenblicklich noch fort-
gesetzt werden, eine hinreichende Virulenz des Tetragenus zu erreichen.
Es muBte deshalb von den Versuchen nach KrSnig-Blumberg-
scher Methode einstweilen Abstand genommen werden.
Indes die Ansichten fiber die Verwendbarkeit des Tierexperimentes
gegenfiber den kulturellen Verfahren gehen weit auseinander.
Schon im Jahre 1891 fiufierte sich Behring 1 ) in einer Kontroverse
gegen Geppert fiber diese Frage mit folgenden Worten:
„Nun kOnnen wir durch das Tierexperiment nicht soviel erfahren,
als durch den Kulturversuch, n&mlich nur, ob die Bakterien noch in-
1 ) Behring, Die Sublimatfrage nnd Herr Geppert. (Dteche med. Wochenschr.
1891. No. 29 u. 30. — Weiterhin siehe Behring, Berl. klin. Wochenschr. 1890. p.240;
dann: Bckampfung der Infektionskrankheiten. p. 41.
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Engels, Einige H&ndedesinfektionsversuche nach kiinstlicher Infektion etc. 87
fektids sind, nicht aber, ob sie auch abgetdtet sind; und bekanntlich
kfinnen unter Umstfinden pathogene Bakterien noch leben, ohne zu in-
fizieren ... Hieraus kann man auch entnehmen, daft man tatsfichlich
die Infektionsgefahr nur dann mit Sicherheit ausschlieGen kann, wenn
durch schnell wirkende Desinfektionsmittel eine Abtdtung der in Frage
kommenden Infektionserreger erzielt wird. Daruber kann aber, wie ge-
sagt, nur der Kulturversuch, nicht das Tierexperiment entscheiden. u
Weiterhin sagt Behring an einer anderen Stelle derselben Arbeit:
„Aus den spater zu erwahnenden Versuchen geht mit Sicherheit her-
vor, daC man nach der Sublimatbehandlung der Sporen noch Kulturen
bekommt, wenn die geimpften Tiere ganz gesund bleiben; und es ist
ja von vornherein klar, dafi es so sein muB. Der vdlligen Abtdtung
geht eben ein Stadium der beeintrachtigten Lebensfunktionen der Bak¬
terien voraus, zu denen auch die Fahigkeit gehfirt, Tiere zu infizieren.
Wir kennen zwar Zustande der Bakterien, in denen sie noch lebens-
fahig, aber nicht mehr virulent sind; wir kennen jedoch nicht das Um-
gekehrte.“
Es wflrde zu weit ffihren, wollte ich an dieser Stelle noch naher
auf die angeschnittene Frage eingehen. Wir haben gehdrt, daB Beh¬
ring sehr gewichtige Einwendungen gegen das Tierexperiment gegen-
fiber den kulturellen Methoden erhoben hat, dabei gestfitzt auf seine
Versuche und seine Erfahrungen.
Ich konnte mich also mit Erfolg der kflnstlichen Infektion der
Hande mit diesem Tetragenus-Stamme in einer Reihe von Versuchen
bedienen, bei denen an Stelle des Tierexperimentes wieder das kul-
turelle Verfahren zum Nachweise lebensffihiger Bakterien nach erfolgter
Desinfektion trat. Es kam wiederum, wie auch in meinen oben ange-
gebenen Arbeiten, die Paul Sarweysche Nachpriifungsmethodik mit
Hilfe des sterilen Kastens zur Verwendung, nur mit der Abweichung,
dal! statt der normalen Tageshand jetzt die kiinstlich mit Tetrageaus
infizierte Hand als Testobjekt diente.
Mit Hilfe kleiner Quantitaten von Traubenzuckerbouillon wurden 5
24-stiindige Agarkulturen mit einer starken, grofien, sterilen PlatinOse
vom Nahrboden abgekratzt und in ein kleines steriles Schalchen gebracht.
Diese Bakterienaufschwemmung verrieb ich auf der Oberhaut meiner
Hande, indem ich durch mittelkraftig ausgeffihrte Waschbewegungen fur
eine gleichmaCige Verteilung der Kulturen an Handen und Fingern
sorgte. Die Kulturen lieB ich sodann 5 Minuten antrocknen.
Als Kontrolle diente mir mit regelmafiig positivem Erfolge die Ab-
impfung von der trockenen Hand (siehe folgende Tabelle).
In einem Punkte trat nun noch eine kleine Aenderung in dem bis-
herigen Verfahren ein. Bislang waren von dem Wasch- resp. dem
Sandbadewasser nur geringe Quantitaten (2 ccm) zur Verarbeitung zu
Platten und somit zur Prfifung auf Keimen gekommen.
Hier lieB ich das in meinen Abhandlungen fiber Wassersterilisation*)
beschriebene und vorher erprobte Verfahren eintreten, wo ich den
Nachweis noch lebender Mikroorganismen im Wasser derart ffihrte, dafi
ich die gesamte Versuchsmenge in einem Nahrboden, in 1-proz. Pepton-
kochsalzldsung umwandelte und so die eventuell vorhandenen Keime
sofort unter gfinstige Ernfihrungs- und Wachstumsbedingungen setzte.
1) Engels, Das Schumburgsche Verfahren der Trinkwasserreinigung mittels Brom.
(Centralbl. f. Bakt etc. Abt I. Ba. XXXI. 1902. No. 13.) — Weitere Studien fiber die
Sterilisation von Trinkwasser auf chemischem Wege. (Traubesches Verfahren mit Hilfe
von Chlorkalk.) (Ibid.)
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Tabelle 1 .
Bak teriologische Untersuehung desin fizierter Hande mit Hilfe des Paul Sarweyschen sterilen Kastens
nach kiinstlicher Infektio’n beider Hande mit Tetragen us-Keim an.
□ CO = steril, : : = wenig Keime ( 1 — 20 ), = viele Keime ( 20 — 80 ), ■■■ = sehr viele Keime (fiber 80 ).
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1.
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2-proz. Bacillolalkohol.
Engels, Einige Hftndedesinfektionsversuche nach kfinstlicher Infektion etc. 89
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 1.
In genau derselben Weise fiigte ich bei den vorliegenden Versuchen
dem gesamten Wasch- resp. dem Sandbadewasser so viel einer sterilen
konzentrierten und im sterilen Kasten befindlichen Peptonkochsalzlbsung
zu, bis ich das gewiinschte Nkhrsubstrat erhielt. Die dazu nStigen
Utensilien befanden sich natflrlich im sterilen Kasten, in dem ja auch
der ganze ProzeB vor sich ging. Vorbedingung fflr dieses Vorgehen
war natfirlich, dafi der Micrococcus tetragenus sich in Pepton-
wasser reichlich vermehrt, auch wenn er nur in wenigen Exemplaren in
diesen N&hrboden gelangt Wir haben uns durch eigene Versuche da-
von fiberzeugt, dafi das wirklich der Fall ist.
Wie alle gegossenen Platten, so kamen auch die beiden Kolbchen
eines jeden Versuches in den Brtltschrank bei 37 0 C. Nach 2-tfigigem
Verweilen bei Briittemperatur wurden 2 ccm des Inhaltes eines jeden
Kdlbchens zur Agarplatte verarbeitet und letztere bis zum Schlufi der
Beobachtungszeit (8 Tage) der tibrigen Platten des Versuches bei 37° C
aufbewahrt.
Nach dieser soeben beschriebenen Versuchsanordnung wurden die
nachfolgenden 15 Versuche von mir angestellt, und zwar je 5
mit 2-proz. Lysoformalkohol
„ 2- „ Bacillolalkohol und
„ 2-prom. Sublaminalkohol.
Tabelle 2.
Phase der Versuchsanordnung solche Keime mehr nach-
gewiesen werden. Wie Tabelle 2 zeigt, waren auch die Pepton-
waschwasser- und Peptonsandbadlosungen in alien Versuchen frei von
Tetragenus. In zwei Fallen waren auf den gegossenen Platten des
betreffenden Kolbcheninhaltes (Versuch 1 der Lysoformalkoholreihe
— Peptonsandbad und Versuch 4 derselben Reihe — Pepton wasch wasser)
Kartoffelbacillen gewachsen.
Im flbrigen waren neben „sterilen“ Platten in einzelnen Fallen
(siehe Tabelle 1) noch Platten mit „wenigen u Keimen zu konstatieren.
Die jedesmal gefundene Keimzahl gibt Tabelle 1 wieder. Ich betone
nochmals, dafi es sich hier in keinem Falle um Tetragenus-Kokken
gehandelt hat.
Unter den gewachsenen Kolonieen befanden sich auch Staphylo-
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Engels, Einige H&ndedesinfektionsversuohe nach kttnstlicher Infektion etc. 91
kokkenkolonieen, die ich in der Tabelle absichtlich nicht besonders mar-
kiert habe, da es sich bier nur um den Nachweis von eventuellen
Tetragenus-Keimen handeln and nar solche Keime ausdrflcklich her-
vorgehoben werden sollten, falls sie zur Entwickelung gekommen wfiren.
Der Ausfall der Versuche ist daher als positiv zu bezeichnen.
Prozentuarisch verhielt sich das Resultat folgendermafien:
Desinficiens
Sterile
Platten
Wenige
Keime
(1-20)
Vide Keime
(20- 80)
Sehr viele
Keime
(iiber 80)
2-proz. Lysoformalkohol
2-proz. Bacillolalkohol
2-prom. Sublaminalkohol
Mit 2-proz. Lysoformall
83,1 Proz.
81,5 „
93,9 „
lohol und i
10,9 Proz. —
18,5 „ ! -
6,1 „ : -
f-proz. Bacillolalkohol <
erzielte ich
in diesem Falle bedeutend mehr sterile Platten als bei meinen frfiheren
Versuchen.
Ein Gleiches konnte ich ffir den 2-prom. Sublaminalkohol fest-
stellen, wenngleich hier nur ein geringes Plus gegen frflher verzeichnet
werden konnte.
Schluliergebnis dieser Versuchsreihe:
Nach kfinstlicher Infektion der Hfinde mit Micrococcus tetra-
genus gelingt es mit Hilfe der drei gepriiften Desinfektionslfisungen,
dem 2-proz. Lysoformalkohol, dem 2-proz. Bacillolalkohol und dem 2-
prom. Sublaminalkohol, mit Sicherheit diese Keime an den Handen zu
vernichten und unschfidlich zih machen.
Die zweite Reihe von Versuchen, deren Resultate ich hier kurz
wiedergeben mochte, beschfiftigte sich mit der kfinstlichen Infektion der
Hfinde mit einem Eitererreger, dem Staphylococcus pyogenes
aureus, vor der Desinfektion.
Es war mir aufgefallen, daB durch keines der von mir gepriiften
Desinfizientien die Staphylokokken von den H fin den mit Sicherheit ent-
fernt werden konnten. Allerdings waren in einer Anzahl von Versuchen
keine eitererregenden Keime nachgewiesen; in der Mehrzahl jedoch
liellen sich durch unsere Kulturverfahren solche konstatieren, freilich
nach Benutzung der alkoholischen Ldsungen von Lysoform, Bacillol und
Sublamin in 2-proz. resp. 2-prom. Konzentration stets nur einige wenige.
Besonders kamen dieselben bei Verwendung des Sublaminalkohols so
vereinzelt vor, dafi ich geneigt war, anzunehmen, diese Keime seien
zuffillig nicht von meinen Hfinden, sondern beim GieBen der Platten
- aus der Umgebung auf den Nfihrboden gekommen, zumal die Kolonieen
schon meist 24 Stunden nach dem Versuche ganz oberflfichlich lagen.
Um mir fiber diesen Punkt Aufklfirung zu verschaffen, stellte ich
die folgenden Versuche an.
Die kfinstliche Imprfignierung der Haut, der Hfinde und Finger
geschah mit dem Staphylococcus pyogenes aureus.
Aus einem Furunkel wurde derselbe frisch rein gezfichtet. Zum
Beschicken der Hfinde wurde gleich die erste, also die virulenteste
Generation benutzt. Die Traubenzuckerbouillonaufschwemmung von
' meist 4 Agarrfihrchen wurde durch Waschbewegungen wiederum gleich-
mfiBig auf Hfinden und Fin gem verteilt
Auch im Verlaufe dieser Versuchsreihe wurde das Waschwasser
und das Sandbadewasser regelmfifiig im sterilen Kasten in 1-proz. Pepton-
kochsalzldsung fibergeffihrt und nachher weiter behandelt, wie ich bei
-den Tetragon us-Versuchen schon erwfihnt habe.
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Tabelle 3.
Bakieriologische Prufung desinfizierter Hande mit Hilfe des Paul Sarweyschen sterilen fastens
nach vorheriger Infektion der Hande mit Staphylococcus p yogenes aureus.
□ □□ = steril, 'I::::;;;;;; = wenig Keime (1—20), <^0^> = viele Keime (20—80), ■■■1 = sehr viele Keime (iiber 80).
92
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1.
2-proz. Bacillolalkohol.
Engel8, Einige Hindedesinfektionsversuche nach kiinstlicher Infektion etc. 93
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94
Centralbl. f. Bakt etc, I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 1.
Der Gang der fibrigen Versuchsanordnung blieb derselbe vie in
der ersten Versuchsreihe mit Hilfe des Paul Sarweyschen Kastens.
Tabelle 3 und 4 mdgen die Resultate dieser Versucbsreihe veran-
schaulichen.
Tabelle 4.
2-pro
z. Lysoformalkohol |
2-proz. Bacillolwasser
2-prom. Sublaminalkohol
1
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Pepton-
waschwasser
Pepton-
sandbad
Pepton-
waschwasser
Pep ton-
sandbad
Pep ton-
waschwasser
Pepton-
sandbad
8
6
Triibung
am
Keim-
gehalt
Triibung
am
Keim-
gehalt
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Keim-
gehalt
Triibung
am
Keim-
gehalt
Triibung
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Keim-
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Keim-
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Das Resultat war demnach folgendes:
Zunachst fiel die Kontrolle, die Entnahme von Keimen von der
trockenen Hand, stets positiv aus.
Was den Desinfektionserfolg selbst angeht, so waren in der Lysoform-
alkoholreihe in 4 von 5 Versuchen Staphylokokkenkolonieen trotz der
Desinfektion der H&nde noch zur Entwickelung gekommen.
Versuch 1 zahlreiche Kolonieen
„ 2 1 Eolonie
„ 3 2 Kolonieen
rt 5 2 „
Auffallend ist, dafi im ersten Versucbe der Keimgebalt des Sand-
bades ein relativ hober ist. Die Ursacbe dieser mit den frflheren Des-
infektionsergebnissen nicht Qbereinstimmenden hohen Keimzahl konnte
nicht eruiert werden.
In der zweiten Versuchsreibe mit 2-proz. Bacillolalkohol erwiesen
sich 4 Versuche vfillig frei von Staphylokokken. Dagegen waren in
einem Versuche — Versuch 1—3 Kolonieen gewachsen.
Der 2-prom. Sublaminalkohol hatte in 2 Versuchen je 1 Kolonie des
Staphylococcus pyogenes aureus noch zur Entwickelung kommen
lassen.
In den Peptonkdlbchen konnten nur lmal (Peptonsandbadewasser des
ersten Versuches der 2-proz. Lysoformalkoholreihe) Staphylokokken nach-
gewiesen werden, in zwei anderen Fallen dagegen der Kartoffelbacillus
(Peptonwascbwasser in Versuch 1 und 3 der Lysoformalkoholreihe).
Im ubrigen waren die Keimzahlen nach der Desinfektion, in Pro-
zenten ausgerechnet, folgende:
Desinficiens
Sterile
Platten
Wenige
Keirae
( 1 - 20 )
Viele Keime
(20-80)
Sehr viele
Keiine
(fiber 80)
2-proz. Lysoformalkohol 72,3 Proz. 20,2 Proz. 1,5 Proz. —
2-proz. Bacillolalkohol 84,6 „ 15,4 „ — —
2-prom. Sublaminalkohol 92,3 * 7,7 „ — —•
Blicken wir nun zuriick auf die Ergebnisse der letzten 15 Versuche,
so muB ich zugeben, dafi es mir nicht gelungen ist, durch eine der drei
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Engels, Einige HAndedesinfektionsverauche nach kfinstlicher Infektion etc. 95
geprfiften Desinfektionsldsungen s&mtliche Staphylokokkenkeime mit
Sicherheit auf der Haut der Hfinde zu vernichten. Die Resultate meiner
flbrigen Desinfektionsversuche baben demnach bezfiglich des Staphylo-
kokkenbefundes sowohl als aoch der einzelnen Prozentzahlen, wie sie
in oben stehender, kleiner Tabelle ftir die verschiedenen Platten auf-
gezeichnet sind, Beatatigung gefunden.
Bedenken wir, dafi bis jetzt noch kein chemiaches Desinficiens be-
kannt ist, welches in einer ftir den menschlichen Organismus unsch&d-
lichen Konzentration mit absoluter Gewifiheit s&mtliche Eitererreger der
H&nde w&hrend einer Desinfektion abtOtet oder unschfidlich macht, so
ist, jedenfalls von diesem Standpunkte aus, der immerhin verschwindend
kleine Stapbylokokkenbefnnd nach der Desinfektion mit Lysoform-,
Bacillol- und Sublaminalkobol in 2-proz. resp. 2-prom. L5sung nicht von
wesentlicber Bedeutung. Ich glaube, wir kdnnten und wflrden es mit
Freuden begrtiBen, wenn alle in der Praxis bisher gebr&uchlichen Des-
inficientien imstande w&ren, einen derartig hoben desinfektorischen Effekt
zu zeitigen, wie er den drei gepriiften Ldsungen, dem 2-proz. Lysotorm-
alkohol, dem 2-proz. Bacillolalkohol und dem 2-prom. Sublaminalkohol,
nach meinen Versuchen in der Tat zukommt
Unterdessen hat aber meine schon frflher ausgesprochene Ueber-
zcugung, dafi es sich bei den wenigen auf den Platten nach der Des¬
infektion auftretenden Staphylokokkenkolonieen nicht um die zur Infektion
der Handoberfl&chen benutzten, sondern um andere, aus der Luft Oder
von der Eleidung stammende Keime handelt, sich entschieden vertieft,
und es erschien mir wfinschenswert, wenigstens einen Versuch der
Differenzierung dieser Kokken vorzunehmen. Der Umstand, dafi die auf
den Platten auftretenden Staphylokokkenkolonieen sich morphologisch
und kulturell von den verwendeten Reinkulturen nicht unterscheiden
lassen, spricht noch nicht ftir Identit&t derselben. Wir haben aber
Methoden, die in viel feinerer Weise eine Wiedererkennung bestimmter
Bakterienarten gestatten. Um kurz zu sein, will ich hier nur auf die
Arbeit von Kolle und Otto 1 ) verweisen, in der festgestellt ist, dafi es
durch Immunisierung von Kaninchen mit verschiedenartigen Kokken,
z. B. aus der Luft Oder aus Eiterungsprozessen stammenden, gelingt,
Sera zu erhalten, die in starken Verdttnnungen agglutinierend nur wirken
auf Arten von Kokken, welche mit den zur Immunisierung der Tiere
verwendeten identisch sind. Dieser Tatsache kann man sich in aus-
gezeichneter Weise zur Feststellung des Umstandes bedienen, ob die
nach der Hfindedesinfektion auf meinen Platten wachsenden vereinzelten
Kokkenkolonieen von den zur Infektion der Handoberfl&che verwendeten
oder aus der Umgebung, aus der Luft Oder von meiner Kleidung stammen.
Ich babe also seit einiger Zeit mehrere Kaninchen mit verschieden¬
artigen Stapbylokokken immunisiert, um agglutinierende Sera zu er¬
halten. Bei den nicht aus Eiterungsprozessen stammenden Kokken hat
das Verfahren auch nach kurzer Zeit zur Gewinnung von Blutsera
gefflhrt, die in einer Verdfinnung von 1:200 bereits agglutinierend auf
die zur Immunisierung verwendete Bakterienart wirken. Bei den aus
Eiterungsprozessen stammenden Kokken bin ich bisher nicht zu einem
Erfolg gelangt Nach mehrfachen Einspritzungen steigender Dosen der
Eiterkokken war in dem gewonnenen Blutserum auch nicht einmal in
Verdflnnung von 1:20 eine agglutinierende Wirkung nachzuweisen. Da
dieser Befund in Uebereinstimmung ist mit den anderwfirts gewonnenen
1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XLI.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 1.
Erfahrungen, so muB ich ab war ten, bis anch bei den mit Eiterkokken be-
handelten Tieren Agglutinationswirkung des Blutes sich einstellt, nm dann
meine letzten Versuche der H&ndedesinfektion noch einmal zn wiederholen.
Ich mdchte nun diese Arbeit nicht beschlieBen, ohne einer unglflck-
lichen Folgeerscheinung der ktlnstlichen Infektion mit dem frisch aus
einem Furunkel geziichteten und in 1. Generation benutzten Staphylo¬
coccus pyogenes aureus Erw&hnung getan zu haben. Ich hatte
mir dabei eine Furunkulose beider H&nde mit teilweiser Beteiligung
des rechten Unter- und Oberarmes und beiderseitige Lymphangitis und
Lymphadenitis bis in die Achselhohle hinein zugezogen, die ein chirur-
gisches Eingreifen in der Klinik notwendig machte. Es hatten sich
36 Furunkel nacheinander gebildet. Die Folgen in Gestalt bl&ulichroter
Flecken sind zum Teil jetzt noch sichtbar. Die neuen Nachschflbe,
welche ununterbrochen auftraten, zeitigten stets kleinere Furunkel,
schliefilich nur noch pustelartige Gebilde, so daB man an eine allmShlich
eingetretene Immunit&t denken kdnnte.
Nun kOnnte man leicht geneigt sein, in diesem Falle einer un-
geniigenden Wirksamkeit der 3 Desinfektionsldsungen die Schuld zuzu-
schreiben. Ich stehe in keiner Weise auf diesem Standpunkte; es ist
bekannt, daB bei Desinfektionsprflfungen ein grofies Gewicht auf eine
gut gepflegte, nicht l&dierte Haut gelegt werden mufi. Dem Umstande,
daB ich diese Versuche etwas zu sehr forciert habe, und dadurch mir
die Gelegenheit genommen war, die nach jedem Versuche alterierte
Haut sich erst wieder erholen zu lassen, ist die Entstehung der
Furunkulose einzig und allein zuzuschieben.
Meist wurden an einem Tage zwei Versuche ausgeffihrt, der eine
vormittags und der andere gegen Abend. Dabei konnte von einer
Schonung der Haut nicht die Rede sein; sie wurde vielmehr an vielen
Stellen rissig, und der Staphylococcus fand einen bequemen und
sicheren Schlupfwinkel gegenuber den Desinfizientien, um so mehr, als
ich leider unterlassen habe, die irritierte Haut meiner H&nde durch
Behandlung mit indifferenten Pasten etc. in der richtigen Weise vor
Schaden zu bewahren.
Es spricht diese Folgeerscheinung der ktlnstlichen Infektion als
Resultat einer Desinfektionsprflfung von dem eben prBzisierten Gesichts-
punkte aus meines Erachtens durchaus nicht gegen die bisher mit den
gleichen Desinfektionsldsungen erzielten Erfolge.
Inhalt.
Colin, Ludwig, Zur Kenntnis einiger Tre-
matoden, p. 35.
Engels, Eimge Hftndedesinfektionsversuche
nach vorheriger kunstlicher Infektion der
H&nde mit Micrococcus tetragenus und
Staphylococcus pyogenes aureus, p. 84.
Jensen, C. O., Experimen telle Unter-
suchungen uber Krebs bei M&usen, p. 28.
Jochmann, Georg u. Moltrecht, 20 F&lle
von Bronchopneumonie bei Keuchhusten-
kindern, hervorgerufen durch ein in-
fluenza&hnliches St&bchen: Bacillus per¬
tussis Eppendorf, p. 15.
XOppen, A., Tuberkulosestudien, p. 6.
Mftller, Paul Theodor, Weitere Studien
iiber das Laktoserum. III, p. 48.
Omelianski, V., Beitr&ge zur Differential-
diagnostik einiger pathogener Bakterien-
arten, p. 1.
Otto, R., Weitere Beitr&ge zur Aggluti¬
nation der Staphylokokken, p. 44.
Pfeiffer, R. u. Priedberger, E., Weitere
Beitr&ge zur Theorie der bakteriolyti-
schen Immunitftt, p. 70.
Rodella, A., Beitrag zur Frage der Be-
deutung anaerober Bakterien bei Darm-
krankheiten, p. 14.
Turrd, R., Tarruella, J. u. Presta, A. r
Die Bierhefe bei experimentell erzeugter
Streptokokken- una Staphylokokkenin-
fektion, p. 22.
Zsohokke, F., Ein neuer Fall von Dipy-
lidium caninum (L.) beim Menschen^
p. 42.
Fromnunnach« Bochdruckerei (Hennann Pohle) In Jena.
Digitized by *
le) in Jena.
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tmtnlil. i. Bakt etc. I. JUrt. Irigiiali. H. XXXIV. Ha. 2.
Nachdruck verboten.
Beobacbtungen liber die Geisseln des Tetanusbacillus.
[Aus dem hygienischen Institut d. Kgl. Universitat Turin. Direktor:
Prof. Dr. L. Pagliani.]
Von Dr. Silvio de Grand!.
(Ins Deutsche libertragen von Dozent A. Wihlfahrt, Turin.)
Mit 12 Figuren.
Eine morphologische Eigentfimlichkeit des Tetanusbacillus, die
GeiBeln, einer PrQfung zu unterziehen und sie auch in Verbindung mit
ihrem funktionellen Aequivalent, der Bewegung, ins Auge zu fassen, schien
mir eines gewissen Interesses nicht bar zu sein, eine Annahme, die ihre
Berechtigung schon in der Tatsache findet, daB die wenigen Forscher,
die sich bisher mit diesem Argument beschaftigt haben, zu sehr un-
gleichen Schlflssen gekommen sind.
Rudolf Schwarz beschrieb als erster im Jahre 1891 den Tetanus-
bacillus und seine GeiBeln 1 2 ). Mit Material des Herrn Prof. Tizzoni,
aus Bouillonkulturen unter H nach Fraenkel, forderte er mit der
Loefflerschen Fftrbungsmethode eine einzige GeiBel zu Tage, die
gebuchtet und 1—4mal so lang war, wie der Mikrobenkorper, und an
einer seiner Extremitfiten oder aber seitwirts in ihrer Nahe sich vor-
fand, leicht losgelost werden konnte und zur Zeit der Sporenbildung
verschwand.
Dieser Befund wurde erst 1895 von Kanthack und Connell
nachgepriift. Ihre dabei erhaltenen, von den vorigen stark abweichenden
Resultate kamen sozusagen erst 2 Jahre sp&ter durch ihre Publikation
im Journal of Pathology and Bacteriology 1 ) zur allgemeinen Kenntnis
und waren seiner Zeit auf Basis eines Agarstrichkulturen in Buchner-
schen Rdhren entstammenden Materials erhalten worden, und dies in
zwei verschiedenen Entwickelungsperioden, 4 und 14 Tage nach erfolgter
Eins&ung. Nach diesen Autoren sind die Tetanusbacillen reich an GeiBeln,
die zahlreicher (20—30) sind und feiner gekrummt, aber im Vergleich
mit dem Bacillenkdrper weniger lang als die des Typhusbacillus.
Einige dieser besitzen zwischen so beschaffenen GeiBeln, die unter-
schiedshalber PrimhrgeiBeln genannt werden, noch 2 Oder 3 st&rkere
und deutlich spirale GeiBelprozesse, die sogenannten Sekund&rgeiBeln.
Wahrend erstere in jungen Kulturen zahlreicher zu sein scheinen,
zeigen sich letztere in grSBerer Anzahl in den alten Kulturen, in welchen
nach den genannten Autoren sich zuletzt nur noch Bacillen befinden
mit einer einzigen SekundBrgeiBel und sp&rlichen, schattenahnlichen
Ueberresten der PrimargeiBeln. Die gesporte Form ist gewOhnlich ohne
GeiBeln oder weist nur in seltenen Fallen deren Spuren auf.
Im Jahre 1898 kam W. Votteler beim Studium der Differential-
1) Schwarz, R., Lo Bperimentale. 1891. No. 18. p. 378.
2) Kanthack and Connell, The flagella of the tetanus bacillus and other
contributions to the morphology of the tetanus bacillus. (The Journal of Path, and
Bact. Vol. IV. 1897. No. 4 p. 462.)
Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 7
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
diagnose der pathogenen Anaflroben*) bezflglich der Geifieln des
Tetanusbacillus zu Schlflssen, die mit denen Kanthacks und Connells
flbereinstimmten, doch schreibt er dem Bacillus eine bedeutend grofiere
Anzahl (50—100) Geifieln zu, unterl&fit es aber auch gleichzeitig nicht,
zuzugeben, dafi diese starken Schwankungen unterworfen ist.
Bei diesem Pnnkte ist man stehen geblieben, und meines Wissens
hat sich bis heute kein anderer Forscher direkt mit diesem Argumente
beschaftigt.
Die Verfasser der Lehrbflcher von 1891 bis heute stfltzen sich nun,
wenn sie diese morphologische Eigentflmlichkeit nicht fiberhaupt voll-
stfindig unbeachtet lassen, entweder auf die von dem einen Oder dem
anderen Verfasser geaufierte Ansicht
Nicht nnr vor 1895, sondern auch spater und selbst noch vor ganz
knrzer Zeit linden wir Verfasser, die mit oder ohne Zitieren von Schwarz
die Existenz einer einzigen Endgeifiel feststellten. Andere dann, die
der Ansicht von der Vielfaltigkeit der Geifieln zuneigen, tun es mit
Mifitrauen, ohne die Einzelheiten der Struktur und der Disposition der
englischen Autoren zu acceptieren.
So z. B. — um nur bei den bekannteren Autoren zu bleiben —
spricht Flflgge in seinem Lehrbuch aus dem Jahre 1896 *) nicht von
den Geifieln des Tetanusbacillus; ebenso schweigen sich hier fiber voll-
stfindig aus: das Lehrbuch von Miquel und Cam bier 1 2 3 ) und das
andere von Besson 4 ), beide aus dem Jahre 1896. Lehmann und
Neumann bringen in ihrem Lehrwerke aus demselben Jahre beide
Ansichten vor, unterlassen es dabei 5 ) aber, sich zu Gunsten der einen
oder der anderen zu erkiaren.
In dem klassischen System der Bakterien von Migula steht da-
gegen ausdrflcklich, dafi der Tetanusbacillus mehrgeifielig sei, es aber
seine besonderen Schwierigkeiten habe, dies zu beweisen, da die Geifieln
an der Luft verloren gingen.
Auf der anderen Seite haben wir dann das neueste Beispiel
Gfinthers 6 ) und das samtlicher italienischer Autoren, ich zitiere nur
z. B. Abba 7 ) und Perroncito 8 ), deren Lehrbflcher in diesem Jahre
noch neu aufgelegt wurden und die samtlich von einer einzigen Geifiel
reden. _
Angesichts einer solchen Meinungsverschiedenheit hielt ich es, wie
ich bereits sagte, fflr angebracht, das Argument wieder aufzunehmen
und es genaueren und weitgehenden Prflfungen zu unterziehen.
Schwarz hatte sich bei seinen Experimenten nur der Bouillon-
kulturen und einer einzigen Farbemethode, der Loefflerschen, bedient,
wAhrend Kanthacks und Connells Versuche nur auf 4—14tagigen
Agarstrichkulturen und der Farbemethode van Ermengems und der
weniger bekannten Pitfields basiert waren. Beide arbeiteten nur mit
einer Abstammung des Tetanusbacillus.
1) Votteler, Wilhelm, Differentialdiagnose der pathogenen Anaeroben. (Zeit-
schrift f. Hygiene. 1898. p. 480.)
2) Flflgge, Die Mikroorganismen. Leipzig 1896.
3) Miquel, P. et Cambier, R. Paris 1902.
4) Besson, A., Technique microbiologique et s6rotherapique. Paris 1902.
5) Lehmann und Neumann. Mflnchen 1896.
6) Gtinther, Awiamento alio studio della batteriologia. Torino 1902.
7) Abba, Manuale tecnico di microscopica e bacteriologia. Torino 1902.
8) Perroncito, E., I parassiti deU’uomo e degli animali utrili. 1902.
Digitized by Ld.ooQle
Silvio de Grandi, Beobachtungen fiber die Geifieln des Tetanusbacillus. 99
Meine Untersuchungen im hygienischen Institute des Herrn Prof.
Dr. Pagliani erfolgten successiv an 2 verschiedenen Stammen von
Tetanusbacillen. Der eine war seit ungefahr 1 Jabre im Institute und
kam aus dem Laboratorium von Kr41, der andere wurde mir freund-
lichst vom Institut fflr pathologische Anatomie des Herrn Prof. Dr. Foa
flberlassen. Icb verwandte bei meinen Versuchen Bouillon- und Agar-
strichkulturen, die unter H und in Bucbnerschen Rdhren entwickelt
worden waren. Hiervon bereitete icb in den verschiedenen Entwicke-
lungsperioden 20 Stunden bis 14 Tage alte Pr¶te — aus Bouillon-
und Kulturpatine —; praparierte bis zum 6. Tage von 24 zu 24 Stunden,
nachber sprungweise und mit grOfieren Zeitabstflnden. Die Beobachtungen
wurden methodisch ausgefflhrt und bezflglich beider Tetanusbacillen ver-
schiedener Abstammung wiederholt.
Urn nun von vornherein Praparationsfehler zu vermeiden, bediente ich
mich verschiedener Farbemethoden: namlich derjenigen von Loeffler,
Morax und Nicolle, Gino de Rossi und Trenkmann einerseits
und der van Ermengemscben andererseits. Wie bekannt, ist das
Verfahren dieses letzten Autors und der iibrigen vollstandig verschieden,
flberdies ist in denen von Gino de Rossi, Trenkmann und van
Ermengem die Warmeeinwirkung vollstandig ausgescblossen.
Gleichviel mit welcber Methode, waren die Resultate konstant und
fflr jede Prflparatserie vergleichbar, d. h. fflr alle Prflparate, die Kul-
turen eines bestimmten Alters in einem bestimmten Medium entstammten.
Die erbaltenen Bilder wechselten von Methode zu Methode nur hinsieht-
lich der Elarheit und Deutlichkeit, im flbrigen waren sie bis ins Einzelne
identisch. In jeder Hinsicht die besten Ergebnisse erhielt ich mit der
van Ermengemschen Methode, die auf der Reduktion der Silbersalze
beruht, was der von Golgi zur Farbung der Geifieln verwendeten
schwarzen Reaktion entspricht Sehr gute Resultate gab auch die
Moraxsche Methode, wobei bemerkt sei, dafi die Zugabe eines Tropfens
1-proz. Schwefelsaurelosung in die Moraxsche Beize ihre Wirkung be-
deutend steigerte.
Im Nachstehenden die Resultate:
Der Tetanusbacillus ist bezflglich des Vorhandenseins und der Form
der Geifieln sehr verschieden gestaltet, je nach seinem Alter und dem
Mittel, in dem er gewachsen ist.
In der ersten Zeit und in seiner vollstfindigsten Form prfisentiert er
sich vollstandig von Geifieln umlagert, die an Zahl und Feinheit alle
die der anderen Mikroorganismen flbertreffen. Sie finden sich auf der
Lfingsseite des Mikrobenkflrpers und sind 1—l 1 / 1 mal so lang wie dieser.
Gewohnlich stehen sie perpendikulfir zur Achse des Kdrpers und sind
teils leicht gekrflmmt und fast gerade, teils gekrflmmt mit kurzen und
naheliegenden Well ungen und schliefilich auch teilweise ausgesprochen
spiral (s. Photogr. 1, 2, 3, 4).
Was bei den Prfiparationen nach den verschiedenen Methoden noch
am haufigsten ist, ist das Antreffen von Formen, die weit entfernt sind,
ein flberzeugendes und klares Bild zu bieten. Gewohnlich sehen wir die
Geifieln unter der Form einer konfusen Masse um den Bacillus herum,
die die Farbung und der Metallniederschlag en bloc traf, oder unter
Form eines verwirrten Knauels, der hier und da Verzweigungen zu
besitzen scheint (s. Photogr. 5). Angesichts der Anzahl und der Dflnne
der Geifieln ist dies ja leicht verstandlich. In den sorgsam ausgefflhrten
Praparaten bleibt einem aber immer ein Feld, in dem die Bacillen-
7*
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Fig. 1 und 2. Bac. tet. mit zahlreichen feinen Geifieln (I. Form). — Isolierte
Elemente verechiedener Lange. — Aus 2-tagigen Agarstrichkulturen. — Farbung nach
Morax und Nicolle.
Fig. 3. Bac. tet. mit Geifieln (I. Form). — Vollstandig entwickeltes Element.
— Aus 44-stiindiger Bouillonkultur (innerhalb Buchnerscher Tuben). — Farbemethode
van Ermengem.
Fig. 4. Kurzer, wahrscheinlich aus 2 Elementen zusammengesetzter Faden
(Geifieln I. Form). — Aus 44-stiindiger Bouillonkultur. — Farbemetnode van Er¬
mengem.
Fig. 5. Zwei kurze Bac. tet. (Geifieln der I. Form mit anscheinender Veraste-
lung). — Aus 48-stiindigen Agarstrichkulturen. — Farbung nach Morax und Nicolle.
Fig. 6. Faden verschiMener Lange (Geifieln der I. Form). — Aus 20-stiindiger
Bouillonkultur. — Farbung mit moditizierter van Erinengemscher Methode (sear
starker Niederschlag des Metallsilbers auf den MikrobenkSrper und die Geifieln).
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Silvio de Grandi, Beobachtungen iiber die GeiBeln des Tetanusbacillus. 1Q1
Fig. 7. Langer Faden (GeiBeln der I. Form). — 44-stundige Bouillonkultur. —
Farbemethode van Ermengem.
Fig. 8. Bac. tet. mit gelichteten GeiBeln (II. Form). — Aus 3-tagiger Agarstrich-
kultur. — Koloration van Ermengem.
Fig. 9. Bac. tet. (II. Form). — Einzelne Elemente und rechts kurzes Filament.
— Aus 4-tagiger Agaretrichkultur. — Farbung nach Morax und Nicolle.
Fig. 10. Bac. tet., in dem die Flagellen zu Tage treten (III. Form). — Aus 4-
tagiger Agaretrichkultur. — Farbung nach van Ermengem.
Fig. 11. Bac. tet. mit Flagellen (III. Form). — Aus 4-tagigen Bouillonkulturen.
— Farbung nach van Ermengem.
Fig. 12. Bac. tet. mit beginnender Sporenbildung (GeiBeln, die das Uebergangs-
stadium von der I. zur II. Form zum Ausdrucke bringen). — Aus 44-stiindigen Bouil¬
lonkulturen. — Farbemethode van Ermengem.
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102
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
formen vollst&ndig ausgestreckte und regelmafiig disponierte Geifieln
haben, was ermoglicht, ihrem Laufe zu folgen.
Verwandte ich bei der Methode van Ermengems eine bedeutend
stflrkere SilbernitratlQsung, als solche der Erfinder selbst angiebt (2-proz.),
so erhielt ich Pr¶te, in denen die Geifieln in ihrer vollen Grdfie
erhalten blieben und die Eigentflmlichkeiten einer jeden einzelnen wahr-
zunebmen waren. Es sind dies Formen, bei denen der MikrobenkOrper
infolge des aufiergewflhnlichen Niederschlages des Silbermetalles un-
gemein angewachsen ist, wobei dasselbe, indent es den besagten Korper
quasi wie in eine Scheide einhflllt, den Ursprung und das erste Stflck
der Geifieln verdeckt. Das unbedeckt bleibende Stflck der Geifieln tritt
infolge seiner aufierordentlich intensiven F&rbung deutlich individualisiert
hervor, ohne Spur von Verzweigung und mit den obengenannten Eigen-
tfimlichkeiten (s. Photogr. 6).
Es hS.lt sehr scbwer, die Zahl solcher Geifieln festzustellen, beson-
ders da der Tetanusbacillus sehr verschieden lang ist; besonderen
Schwierigkeiten begegnet aber eine solche Aufstellung, wenn der Ba¬
cillus die oben beschriebene Form angenommen hat, da er sich dann zu
kurzen oder langen Fflden vereinigt, in denen die einzelnen Elemente in
keiner Weise mehr zu unterscheiden sind. Will man also eine Berech-
nung anstellen, so begegnet man nicht nur Schwierigkeiten und Irr-
tfimern, die durch die Anzahl und die Dflnne der Geifieln bedingt sind,
sondern man verf&llt auch leicht in den Fehler, sich bei dieser Berechnung
insofern zu irren, als man zu diesem Zwecke eine nicht vollsUndig ent-
wickelte oder eine aus mehreren Elementen zusammengesetzte Form
untersucht. — Trotzdem aber glaube ich nicht zu fibertreiben, wenn ich
einem Tetanusbacillus in voller Entwickelung 50—70 Geifieln zuweise
(s. Photogr. 1 u. 3).
In einer zweiten Periode nimmt der Tetanusbacillus bezflglich der
Geifieln gradweise, aber rasch ein anderes Aussehen an. Ein Teil der-
selben trennt sich ab und verliert sich; die fibrigen, ungefahr 20—30,
werdeu allmahlich dflnner, verlflngern sich bis zur 2—3fachen Lfinge des
Bacillus, verlieren die erwflhnte spirale oder enggebogene Disposition
vollstandig und bieten vielmehr ein stark gewundenes Aussehen dar (s.
Photogr. 7 u. 8). Alles in allem nflhert sich der Tetanusbacillus in
diesem Moment seiner Form nach dem Typhusbacillus, unterscheidet sich
aber von ihm durch die Anzahl und die grdfiere Dflnne der Geifieln.
In den diese zweite Form aufweisenden Praparaten linden sich
zahllose abgetrennte und im Felde zerstreute Geifieln, die in den gut
angefertigten Praparaten der ersten Form fehlen.
Eine dritte Form des Tetanusbacillus wird durch das Erscheinen
4 'ener Elemente charakterisiert, die Kanthack und Connell „se-
cun dare Geifieln u nannten. Es handelt sich dabei um jene Pro-
dukte, die als Ergebnis der Vereinigung verschiedener Geifieln oder der
bedeutenden Verdickung einzelner Geifieln erklflrt werden und nach
Loeffler 1 ) seit dem Jahre 1900 unter dem Namen „Wimperhaare“
und „Haarzopfe“ gefflhrt werden, wahrend sich in Italien der Name
„Flagellen u eingebflrgert hat, der leider unrechterweise auf alle Geifiel-
prozesse ausgedehnt wurde. Genau wie der Uebergang von der ersten
zur zweiten Form, geht auch das Erscheinen solcher Flagellen im Tetanus-
1) Loeffler, Eine neue Methode zum Farben der Mikroorganismen und besondera
ihrer Wimperhaare und Geifieln. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. 1899. August.)
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Silvio de Grandi, Beobachtungen fiber die GeiBeln des Tetanusbacillus. IQS
bacillus gradweise vor sich. Das Pbotogr. 10 zeigt, wie in einem Tetanus-
bacillus der zweiten Gruppe sich Geifielbiischel in 4 Richtungen verteilen
und dies derart, daB sie sich schlieBlich nach erfolgter Verstrickung und
Yerwirrung zu separaten Elementen ausbilden. Unten und rechts tritt
eine dieser schon klar individualisierten Flagellen deutlich hervor. Sie
sehen aus wie Faden, doch sind sie viel dicker und langer als die
GeiBeln, engspiralformig, wie verwickelt, steif und haben eine einzige
korkzieherartige Richtung. Bei ihrem Erscheinen sind sie zahlreich,
niemals aber mehr als 4 pro Bacillus; spater nehmen sie in einer Weise
an Zahl ab, daB schlieBlich zu einem gewissen Zeitpunkte die meisten
Bacillen nur eine einzige aufweisen. Gleich bei ihrem Erscheinen er-
fahren die GeiBeln eine bedeutende Verminderung, was sich aus ihrem
wahrscheinlichen Formationsmodus leicht erklaren laBt. Ihr Verschwinden
Oder das langsame ZerflieBen in dickere Flagellen bedeutet das voll-
standige Verschwinden der GeiBeln, so dafi man also in den alten Ele¬
menten mit einem einzigen Wimperhaar gewdhnlich keine Spuren von
GeiBeln entdeckt.
In dieser Periode sind die GeiBeln vollstandig verschwunden, und
die Bacillen nahe daran, der Sporenbildung anheimzufallen.
Wahrend nun ein Anfang von Sporenbildung sich nicht nur bei
den Flagellenformen zeigen kann, sondern sogar selbst in Uebergangs-
formen aus der ersten in die zweite Gruppe (s. Photogr. 12), so ist da-
gegen die vollstandige Sporifikation ein Kennzeichen der absolut glatten
Formen.
Wir sehen also, daB der Tetanusbacillus in der Periode, die der
Sporenbildung vorangeht, mit GeiBeln erscheint, die sich, sei es nun
durch Verlust oder durch Veranderung der Elemente, modifizieren und
uns also gestatten, drei aufeinanderfolgende, genau unterschiedene und
unter sich durch Uebergangsformen verbundene Formationen zu er-
kennen, die da sind:
Eine erste Form mit zahlreichen und feinsten GeiBeln an den Langs-
seiten des Mikrobenkorpers.
Eine zweite Form mit gelichteten und nicht so feinen, aber langeren
und gewundenen GeiBeln.
Eine dritte Form mit langen, verschlungenen, steif aussehenden Fla¬
gellen (Wimperhaaren) und immer sparlicheren GeiBeln.
Die erste Form beobachtet man in den Eulturen innerhalb der
Buchner sehen Rohren bis zum 2. Tage in Bouillon und bis zum 3.
im Agarausstrich. Gerade wie es nun zu einer Seltenheit gehdrt, diese
Form auch spater zu linden, ist es auch aufierst selten, in der ersten
Periode Formen der anderen Gruppen zu begegnen. Von der ersten
Periode an schliefien sich die anderen Formen direkt an, in einer Weise
aber, dafi man folgende Perioden unterscheiden kann, in denen die ein-
zelnen Formen vorherrschen. So z. B. sind am 3. Tage in Bouillon
und am 4. Tage in Agar die Formen mit gewundenen GeiBeln vor-
herrschend, wahrend am 4. Tage in Bouillon und am 5. und 6. Tage in
Agar die Formen mit grofien Flagellen fast exklusiv sind. Danach erhalt
man nur noch Bacillen, die immer schwacher und schwacher mit Geifiel-
prozessen besetzt sind, so daB am 10. Tage in den beiden Kulturboden
nur noch einige Elemente eine oder mehrere Flagellen oder ein BQschel
kurzer und undeutlicher GeiBeln aufweisen.
Die Zeitdifferenz, welche sich zwischen den beiden Befunden der in
den zwei Bdden befindlichen Eulturen ergeben hat, scheint mir wohl dem
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104
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Umst&nde zugeschrieben werden zu mflssen, dafi bei den Bouillonkulturen
der anaerobische Zustand eher und vollst&ndiger erreicht wird. In der
Tat bemerkte ich nnn auch, dafi die angefflhrte Differenz verschwand,
sobald icb die Agarausstricbkulturen in den Bucbnerschen Rdhren
vor Einsetzung in den Brntapparat 24 Stnnden lang im Kflhlen hielt,
derart, dafi der Sauerstoff in gebiihrender Weise in dem Moment ab-
sorbiert wurde, in welchem die Entwickelung der Kultur begann. Aufier-
dem fand ich, sobald ich die Kulturen in Bouillon unter H, anstatt in
den Buchnerschen Rdhren, entwickelte, dafi in ihnen scbon nach
40 Stnnden die Flagellenformen in grofier Zahl existierten, die, wie ich
schon sagte, in den in Buchnerschen Rdhren stehenden Kulturen erst
am 3. Tage erscheinen und nicht frtther als am 4. Tage vorherrschen.
Die exklusive Gegenwart der Formen mit zahlreichen Geifieln in
den ersten Tagen, das Vorherrschen der anderen in den nachfolgenden
Perioden der Kulturentwickelung, der zu Tage getretene Zusaramenhang
zwischen dem Erscheinen solcher Formen und der Beschleunigung oder
Versp&tung in der kulturellen Entwickelung machen es klar, dafi es sich
hier nicht urn verschiedene Formen handelt, die der Tetanusbacillus ohne
Unterschied annehmen kann (wie dies Votteler glaubte), sondern
urn wirkliche, aufeinander folgende Entwickelungsstadien (wahrscheinlich
involutive), von denen das erste auch zeitlich genau unterschieden ist,
wflhrend die iibrigen zu rasch aufeinander folgen und wahrscheinlich in
ungleicher Weise bei den einzelnen Bacillenelementen.
Diesem scheint aber die bekannte Tatsache zu widersprechen, dafi
nfimlich in den Kulturen schon nach 36 oder 48 Stunden (unter H) sponge
Formen auftreten, welche also in dieser kurzen Zeit die ganze vor-
beschriebene involutive Entwickelung hfitten durchmachen mflssen. Ab-
gesehen aber ganz davon, dafi es mir gar nicht so schwer ankommt,
zu glauben, dafi einige Elemente den anderen gegenflber eine raschere
Entwickelung aufweisen konnten, mufi ich noch erwflhnen, dafi fast alle
von mir in dieser Periode beobachteten sogenannten gesporten Bacillen
weit davon entfernt waren, das wahre Aussehen der resistenten Form
des Tetanusbacillus zu bieten. Es handelt sich um St&bchen, die fast
immer 1 anger als gewdhnlich sind und gegen das eine Ende zu eine
keilfdrmige, nicht stark hervortretende Schwellung zeigen, mit einem
starker lichtbrechenden Punkt. Jenseits dieser Schwellung ist haufig
noch das letzte glatt abgeschnittene Ende des Bacillus sichtbar. Diese
Formen mit einfachen Anzeichen von Sporenbildung folgen, wie ich schon
erwflhnte, bezflglich der Geifieln der Evolution der anderen Bacillen
(Photogr. 12). _
Die Beobachtungen von Kanthack und Connell bleiben im
wesentlichen bestfltigt, werden teilweise aber erweitert und in einigen
Einzelheiten modifiziert.
Der Tetanusbacillus ist wirklich vielgeifielig und zeigt sich in den
nachfolgenden Perioden unter den von ihnen beschriebenen Formen;
doch sind diese Formen nicht die einzigen, noch sind sie in alien Einzel¬
heiten genau zur Geltung gebracht.
Die erste, wahre und vollstflndige Form des gegeifielten Tetanus¬
bacillus mufite notwendigerweise den beiden zitierten Autoren entgehen,
die 4- und mehrtflgige Agarstrichkulturen verwandten. Tats&chlich
existiert in ihrer Arbeit keine diesbezflgliche Andeutung, und die von
ihnen als vollstMndig erachtete Form entspricht hinsichtlich Beschreibung
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Silvio de Grandi, Beobachtungen aber die GeiBeln dee Tetanusbacillns. 105
ond Photogramm g&nzlich derjenigen, die ich die Form mit gelichteten
GeiBeln nannte.
Da sie nun aber ihre Beobachtungen auf Kulturen in einem ein-
zigen N&hrboden ausgefflhrt batten, welche ziemlich fernliegenden Ent-
wickelungsperioden (4 und 14 Tage) angehbrten, so erlaubte gerade
dieser Umstand ihnen nicht, mit der gebflhrenden Sicherheit 1 ) das zeit-
liche Aufeinanderfolgen der verschiedenen Formen darzulegen und um
so weniger die Perioden der kulturellen Entwickelung zu pr&zisieren, die
sie durchmachen.
Wenn sie dann behaupten, dafi die F&den weiter auseinander
stehende und feinere GeiBeln haben als die isolierten Bacillen, so ver-
fallen sie einer Ungenauigkeit. Die Pbotogramme 4, 6, 7 zeigen fflr die
erste Form und das Photogramm 9 fflr die zweite deutlich, daB die
FSden den ihnen eigenen kulturellen Entwickelungseigentfimlichkeiten
entsprechen.
Auch scheint mir ihre Vermutung, daB einige Formen der Flagellen-
bildung entgehen, indem sie aus der fflr sie vollst&ndigen Form mit
gelichteten GeiBeln in die gesporte, glatte flbergehen, nicht bestfitigt;
eine Vermutung, die sie fflr berechtigt hielten, weil sie Bacillen mit
Anzeichen von Sporenbildung angetroffen hatten, die nur von dflnnen
GeiBeln besetzt waren. Ich fflr meinen Teil habe gefunden, wie ich
wiederhole, daB solche Formen die gewohnliche StraBe wandeln und zur
bestimmten Zeit auch Flagellen aufweisen.
Dagegen habe ich keine Elemente gehabt, die es mir gestattet
batten, ihre Beobachtungen zu best&tigen oder zu bek&mpfen, die sie
auf der Basis von mit der van Ermengemschen Methode erhaltenen
Befunden (die auch ich sebr oft anwandte) gemacht hatten, nach welchen
Befunden es vollst&ndig klar ware, dafi der Tetanusbacillns von einer
von den GeiBeln perforierten Kapsel umgeben ist, welche eine direkte
Dependenz des Protoplasmas der Bakterienzellen darstellt.
Votteler, der offenbar seine Nachforschungen angestellt hat, ohne
die Arbeit von Kanthack und Connell zu kennen, und flberdies
keine systematischen Beobachtungen ausfflhrte, gibt uns ziemlich unvoll-
stfindige Beschreibungen. Aus ihnen und besser noch aus seinen Photo*
grammen entnehmen wir, daB es ihm gelungen ist, die erste Form mit
zahlreichen — dichten — GeiBeln und die zweite mit stark gelichteten
GeiBeln zu beschreiben, aber nicht die dritte mit GeiBeln. Aufierdem
kam er zu dem Schlusse, daB man bezfiglich derselben an einen Poly-
morphismus des Tetanusbacillus glauben mflsse, womit er es also unter-
liefi, den Zusammenhang hervorzuheben, der zwischen den einzelnen
Formen existiert.
Die Resultate von Schwarz kann man nicht dadurch erkl&ren, dafi
man einfach annimmt (wie dies Kanthack tut), daB er auf ein-
flagellige Formen geraten sei, und auch nicht, indem man einfach be-
hauptet — wie dies Votteler sich gestattet — daB die von ihm ver-
wandte F&rbemethode ungenflgend sei; eher schon, wenn man beide
Punkte zusammenfafit. Schwarz gebrauchte in der Tat 2-t&gige
Bouillonkulturen unter H. Unter solchen Verhfiltnissen kann der Te*
tanusbacillus wohl Flagellen aufweisen, aber immer auch GeiBeln, die
1) Kanthack and Connell, loc. cit p. 454: „so far as we are able to judge,
the young'est forms possess only the thin, primary processes: subsequently thicker ones
appear . . . . It seems that the primary flagella are the first to disappear . . .
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106
Contralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
eine gute Ffirbemethode ans Tageslicht geffirdert hfitte. Nun steht es
aber aufier Frage, dafi die Loefflersche Methods in der Gestalt, wie
sie von Schwarz angewandt wurde, d. h. mit dem Zusatze von Natrium-
hydrat zur Beize, zur Ffirbung der fiufierst feinen Geifieln des Tetanus-
bacillus durcbaus nicbt geeignet ist. Die Kulturen dieses Bacillus haben
eine scbarfe alkaliscbe Reaktion, und da ist es natfirlich, daran zu
denken, dafi die Beizung der Bacillenelemente dann starker eintritt,
wenn die Beize sauere Reaktion besitzt. Icb habe aucb bereits darauf
hingewiesen, dafi der Zusatz von H 2 S0 4 zur Moraxscben Beize (die
auch die Loefflersche ist) die Einwirkung stark fhrdert. Schwarz
befand sich somit in ungfinstigeren Beobachtungsverhaltnissen, und das
wird wohl der Grund gewesen sein, weshalb es ihm nur gelang, einige
der grofien Flagellen des Tetanusbacillus zu farben, nie aber die dfinnen
Geifieln. _
Angebracbt scheint es mir auch, einige Worte fiber die Prfiparations-
technik vorzubringen, nicht nur weil in dieser Hinsicht ein Satz Mi-
gulas (in Migulas System der Bakterien) „viele Geifieln, peritrich
geordnet, aber nicht sichtbar, da sie, wie es scheint, an der Luft ab-
geworfen werden ...ins Auge ffillt, mit anderen Worten gesagt, dafi
es fast unmdglich ist, die Geifieln des Tetanusbacillus nachzuweisen,
sondern auch, weil mir einige im Laufe meiner Untersuchungen ge-
machte technische Erfahrungen bemerkenswert zu sein scheinen.
Vor allem kann ich hier nicht umhin, den Resultaten Migulas
gegenfiber zu bemerken, dafi der Nachweis der Tetanusgeifieln keine
grfifieren Schwierigkeiten hat als der anderer, und dafi ich konstatieren
konnte, dafi man auch aus Material, das .bis zu 3 Tagen im Wasser und
an der freien Luft suspendiert war, noch sehr gute Resultate zu erhalten
vermochte.
Alle von mir streng nach Angabe der Erfinder gehandhabten Me-
thoden gaben zum mindesten gute Resultate.
Eine wichtige Rolle schien mir die Vorsorge zu spielen, mit der
das Material, auf dem Deckglfischen gesammelt, ausgebreitet wird. Es
kann nie genug wiederholt werden, dafi die Verdfinnung der Kultur-
patine oder des Bouillontropfens mit der grfifiten Geschicklichkeit und
in den ndtigen Proportionen ausgeffihrt werden soli, da man im fertigen
Prfiparate nur wenige und isolierte Formen haben mufi, dafi ferner das
Deckglfischen vollstfindig rein gehalten werde, derart, dafi der Flfissig-
keitstropfen sich fiber seine ganze Oberflfiche gleichmfifiig verteilt und
die Eintrocknung des Materials langsam an der Luft oder im Brfitkasten
vor sich geht, und dafi schliefilich die Fixation mittels der Flamme ver-
mieden werden mufi.
Eine besondere Berficksichtigung verdient die Prfiparationstechnik
der Bouillonkulturen. Allerseits wurde darfiber geklagt, dafi solche Prfi-
parationen schlechte Resultate ergeben, und zwar wegen der albuminoiden
Substanz, welche nfitigerweise die Bacillen begleitet und deren Form
entstellt, indera sie sich auf sie und urn sie herum niederschl> und
ffirbt. Ich dagegen habe festzustellen vermocht, dafi dies in keiner
Weise der wirklichen Tatsache entspricht, oder wenigstens, dafi wir zur
fast vollstfindigen Vermeidung des vorgenannten Uebelstandes ein ganz
einfaches und sicherlich nicht nur beim Tetanusbacillus verwendbares
Mittel besitzen. Den Beweis hierffir erbringen die Photogramme 3, 4,
6, 7, 11, 12, welche Bouillonkulturprfiparaten entstammen, die aller-
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Silvio de Grand i, Beobachtungen fiber die GeiBeln des Tetanusbacillus. 107
dings keinen sauberen Grand haben, in denen aber trotzdem die Beob-
achtnng der Elemente mir nicht im geringsten gestdrt erschien, wenn-
gleich weder an den Elementen noch am Grunde die geringste Re-
touche vorgenommen worden ist. Um dies zu erreichen, gentigt es,
dafi der zur Beobachtung verwandte Kulturtropfen so reich an Bacillen
ist, dafi er eine ziemlich starke VerdQnnnng gestattet. Nach solchem
Vorgehen wird man im Prfiparate eine nicht zu spfirliche Anzahl von
Bacillenformen und fiufierst geringes albuminoides Material haben. Eul-
turen, die solches Material liefern, werden wir erhalten, wenn wir be-
sonders zwei Punkte beachten, d. h. dieselben ausgiebig einsfien und
sie unter den besten Verhfiltnissen (entsprechende Bouillonreaktion,
Temperaturoptimum etc.) sich entwickeln lassen.
Im Verlaufe dieser Beobachtungen habe ich nicht verfehlt, von jeder
Eultur solche Prfiparate im hfingenden Tropfen zuzubereiten, die im
stande waren, die Bewegungsffihigkeit des Tetanusbacillus darzutun.
Wie bekannt. wird allgemein angenommen, dafi derselbe nur wenig be-
weglich ist; einige Autoren (z. B. Vasseler) gehen sogar so weit,
diese Bewegungsffihigkeit fast auf ein Nichts zu reduzieren. Aus
meinen Beobachtungen hingegen geht hervor, dafi die meisten Tetanus-
bacillen, abgesehen von der Molekularbewegung, vollstfindig immobil
sind, auch in nicht gesportem Zustande, dafi einige wenige Formen eine
langsame and unbedeutende Bewegung haben, nfimlich den Lagewechsel
eines ihrer Enden und eine leichte seitliche Oscillation, und dafi es
schliefilich nur ganz ausnahmsweise mbglich ist, einige gewdhnliche kurze
Formen anzutreffen, die mit wirklicher Translations-Bewegungsffihigkeit
ausgestattet sind.
Angesichts der grofien Anzahl von Geifieln, die als Bewegungs-
organe angesehen werden, und ihres Bestehens auch in Zeitperioden,
in denen die anderen Bakterien solche nicht mehr aufweisen, stfifit eine
Erklfirung auf nicht unbedeutende Schwierigkeiten.
Es kam mir der Gedanke, dafi diese Tatsache von den Beobach-
tungsbedingungen abhfingen kdnne. Ich wechselte also Natur und Re-
fiktion des Suspensionsliquids, sowie Temperatur, aber ohne Resultat
Daraufhin entschlofi ich mich, meine Zuflucht zur Beobachtung und
Eultur im hfingenden Tropfen im anaeroben Zustande zu nehmen. Es
ist bekannt, dafi andere Anaeroben und absolute Anaeroben sich unter den
gewbhnlichen aSroben Beobachtungsverhfiltnissen im hfingenden Tropfen
fiir einige Zeit mobil zeigen; deshalb mufite ich selbstverstfindlich den
Erfolg bezweifeln. Doch versuchte ich es angesichts der von Eanthack-
Connell gefiufierten Ansicht 1 ), dafi nfimlich ein Apparat, der die Beob¬
achtung im hfingenden Tropfen unter anaSroben Verhfiltnissen gestatten
wfirde, wahrscheinlich die Beweglichkeit des Tetanusbacillus dartun
kdnnte.
Die gewbhnlichen Versuche bezQglich Absorbierung des Sauerstoffs
vermittelst Natriumpjrogallsfiure erwiesen sich sofort als ungenfigend;
Afiroben und Anaeroben verhalten sich dabei fast ganz wie in den ge-
wohnlichen Objekttrfigern, weil in ihnen die Absorbierung des Sauer¬
stoffs langsam, gradweise und niemals vollstfindig ist.
Ich habe darum die Probe mit einer kleinen Zelle wiederholt und
1) loc. cit.
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108
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2.
meine Beobachtungen dabei in Wasserstoffatmosph&re angestellt, die
meiner Ansicht nach vollstfindig zweckentsprechend ist und von mir in
der Rivista d’lgiene. 1902 bescbrieben wurde. Ich babe da tagelang die
Entwickelung und die Mnltiplikation der in den Bouillontropfen einge-
sftten Tetanuskeime bis zur Sporenbildung verfolgt und konnte niemals
eine Vermehrung ihrer Beweglichkeit konstatieren.
Die Tatsache bleibt also sonderbar und schwierig zu erklfiren, wenn-
gleich nicht allein dastehend. Es scheint in der Tat, dafi unter den nicht
pathogenen Bakterien einige Geifieln sich mit geringem oder keinem Be-
wegungsvermflgen ausgestattet erweisen (Klein). Das kann aber doch die
allgemeine Ansicht nicht entkr&ften, dafi nfimlich die Geifieln Bewegungs-
organe seien, verdiente aber meines Erachtens immerhin zur allgetneinen
Kenntnis gebracht zu werden, und zwar nicht zum wenigsten, weil es
einen logischerweise auf den Gedanken bringen kann, dafi in bestimmten
Bakterien die Geifieln ihre Funktion ganz oder teilweise verloren haben,
und schlieBUch dartut, wenn dies erforderlich ware, dafi die Anzahl der
Geifieln nicht die geringste Beziehung hat zur Bewegungsstarke.
Ich betrachte es zum Schlusse als einen Akt dankbarer Pflicht-
erfflllung, wenn ich an dieser Stelle Herrn Prof. Dr. Pagliani und
seinem Assistenten, Herrn Prof. Dr. Batarelli, fflr die mir im Laufe
meiner Arbeit erteilten Ratschlfige und Hilfeleistungen meinen besten
Dank abstatte.
Nachdruck verboten.
Ueber eine bewimperte Micrococcusform, welche in einer
Septikamie der Kaninchen gefunden wurde.
Von 6. Catterina, Priv.-Doz. fflr Bakteriologie an der kgl. Universitat
Padua.
Mit 4 Figuren.
Mehrere Jahre sind seit den ersten Befunden von verschiedenen
pathogenen Formen, welche Septikamieen bei Kaninchen erregen, bereijtg
verstrichen. 1872 impfte Davaine 1 2 ) in Ffiulnis flbergegangenes Rinder-
blut den genannten Tieren ein und erhielt eine Septikamie, welche audi
Koch*) 6 Jahre spater nach Inokulation von Saft faulenden Fleisches bei
denselben Objekten hervorzurufen vermochte. Das rings um die Impfstelle
sich bildende Oedem sowie das Blut enthielten Haufen von eifdrmigen
Mikrokokken, welche im stande waren, die Krankheit auf andere Kaninchen
und auf Mause zu flbertragen; der von den genannten Autoren bei beiden
Tierarten beobachtete klinische Zustand stimmte vollkommen mit jenem
flberein, den man erhalt, wenn man den Micrococcus cholerae
gallinarum diesen Tieren einimpft.
Eine weitere Septikamie, welche in ihren Wirkungen der oben er-
wahnten sehr ahnlich ist, erhielt Daren berg 3 ), als er Tuberkelprodukte
einigen Kaninchen einimpfte. Diese Septikamie von epidemischem Charakter
war einem eifdrmigen Micrococcus zuzuschreiben, der haufenweise
1) Davaine, Rdcherchee but quelques questions relatives & la septic&nie. (Bullet,
de l’Acad. de m4d. 1872.)
2) Koch, Ueber die Aetiologie der Wundinfektionskrankheiteu. Leipzig 1878.
3) Darenberg, Note sur une septic^mie du lapin. (Soc. de biol. 1886. p. 457.)
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C atterin a, Ueber eine bewimperte Micrococcusform etc.
109
oder aach zu Ketten aneinandergereiht auftritt, Gelatine nicht verflQssigt
nnd einer Temperatur von 55 0 C, ohne seine Virulenz einzubfifien, recht
gat zu widersteben vermag.
Eine spontane Kaninchenseptikamie wurde im Jahre 1887 von
Smith 1 ) und eine andere 1888 von Thoinot und Masselin 2 3 ) studiert;
beide waren von dem gleichen Mikroorganismus hervorgerufen, dessen
Wirkungsweise jener des oben genannten Micrococcus cholerae
gallinarum sehr ahnlich ist.
Im Jahre 1888 beschrieben Eberth und Schimmelbusch 8 ) eine
Septikamie bei Wieseln und wilden Kaninchen, die ahnlich den von den
frfiheren Autoren beobachteten war und gleichfalls von einem eiformigen
Micrococcus hervorgerufen war, der bei Hfihnern nicht pathogen ist
Endlich wurde das Jahr darauf von L u c e t 4 ) eine Septikamie beobachtet,
welche, den frfiheren ahnlich, ebenfalls von einem Micrococcus be-
dingt war, der bald einzeln, bald paarweise auftreten kann und Gram
widersteht 1890 studierte Eberth selbst mit Maudry 5 * ) eine Kanin-
chenseptikamie, die mit jener oben erwahnten von Smith und von
Thoinot und Masselin beobachteten vollkommen identisch war.
Im Dezember vorigen Jahres bot sich nun auch mir Gelegenheit,
eine Kaninchenseptikamie zu studieren, deren besondere Merkmale,
namentlich was den pathogenen Erreger betrifft, mir einer Mitteilung
wert erscheinen. Damals wurden mir zu wiederholten Malen tote Kaninchen
gebracht, bei welchen ich folgende pathologisch-anatomische Verletzungen
vorfand: Hypertrophie und Schwarzfarbung der Milz; reichliches Coagulum
in den Herzhdhlen und braune Farbung des Blutes. Die Parenchym-
gewebe aller untersuchten Organe und das Blut zeigten unter dem
Mikroskope reichliche Mengen von Mikrokokken, welche vorwiegend isoliert
auftraten.
Bei den Kulturen, welche mit dem den verschiedensten Organen
entnommenen Material angestellt wurden, erhielt ich die Entwickelung
des bereits in den toten Kaninchen beobachteten Micrococcus. Die
verschiedenen Kulturmerkmale lassen sich nachstehend zusammenfassen:
Die durch Einstich in Gelatine vorgenommenen Kulturen sind
charakteristisch; schon nach 3 Tagen erschienen bei 22° C langs der
von der Nadel durchsetzten Strecke ganz winzige, zu dieser mehr oder
weniger schrfig gestellte Faden, die starker in den tieferen Schichten
des Substrates entwickelt waren. Die weifiliche Kolonie an der Ober-
flSche erschien unregelmfifiig warzig und ihre Mitte erhob sich fiber die
Gelatineflache, welche niemals verflQssigt. Auf Gelatineplatten bekommt
man bei 22° C binnen 3—5 Tagen eine Entwickelung von Kolonieen
sowohl in den oberflfichlichen als auch in den tieferen Schichten; die-
selben sind unregelmafiig, amdboid; von ihrer Peripherie gehen zahl-
1) Smith, Th., A contribution to the study of the microbe of rabbit septicoemia.
(The Journ. of comp. med. T. VIII. 1887. p. 24.)
2) Thoinot et Masselin, Septicoemie spontan£e des lapins. (Precis de micro-
biologie. Ed. II. 1894. p. 402.)
3) Eberth und Schimmelbusch, Fortschr. d. Med. Bd. VI. 1888. p.295, und
Virchows Archiv. Bd. CXVI. 1889. p. 327.
4) Lucet, Bur une nouvelle septicoemie du lapin. (Annal. de l’lnstit. Pasteur.
1889. No. 8.)
5) Eberth und Mandry, Die spontane Kaninchenseptikamie. (Fortschr. d. Med.
Bd. VIII. 1890.)
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110
Centralbl. f.JBakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
reiche kurze F&dchen aus. Die Oberfifichenkolonieen erbeben sich mit
dem Zentrum des Nahrsubstrates und wachsen auch rascher.
Eine Auss&ung auf Agaragar gibt bei 37 0 C schon nach 24 Stunden
isolierte Kolonieen, welche eine ausgesprochener weiBliche Farbe besitzen
als die Gelatinekolonieen; sie sind unregelm&fiig, aufierordentlich klein and
erheben sich mehr oder weniger fiber die freie Flftche des Substrates.
Fig. 1. Fig. 4. Fig. 2.
Fig. 1. Gelatinekultur nach 3 Tagen, bei 22° C.
„ 2. Gelosekultur nach 24 Stunden, bei 37° C.
„ 3. Farbung mit Lbfflers Beagens (Oc. 4, Obj. Im. hom. ernes C. Reichert-
schen Mikroskopes).
„ 4. Farbung mit den Losungen von Nicolie und Morax (Oc. 4, Obj. */i»
Im. hom., Mikr. Reichert).
In peptonisierter Brfihe werden bei 37° C kleine Flocken gebildet,
w&hrend die Nahrlosung ungetrfibt bleibt; die Flocken sind sehr zart,
so dafi dieselben beim Schfitteln der Flfissigkeit darin sich gewissermaBen
aufzulosen scheinen und die Brfihe trfiben, indent sie ihr die ihnen
eigene Farbe verleihen. In der Brahe selbst wurde nie die geringste
Bildung eines Oberflachenhautchens wahrgenomuien.
In geronnenem Blutserum, mit Oder ohne Glyzerinzusatz, erhSlt man
bei 37° C nach 24 Stunden die gleichen Kulturerfolge wie bei Agar-
kulturen; auf Kartoffeln hat man hingegen eine Entwickelung von un-
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Catterina, Ueber eine bewimperte Micrococcusform etc.
Ill
regelm&Bigen, am Bande gelappten Kolonieen von der gleicben weiClichen
Farbe wie auf den ftbrigen NahrbSden.
Die Entwickelnng geht auch in der Milch recbt gut vor sicb, wenn
auch die letztere sich makroskopisch nicht im geringsten zu andern
scheint, selbst wenn sie tagelang bei einer Temperatur von 37 0 C be-
lassen wird.
Die Indolprflfung fiel negativ aus.
Bei anafiroben Eulturen wird die Entwickelnng, besonders in den
ersten Kolonieen, einigermafien verzOgert.
Dieser Micrococcus farbt sich mit den gewObnlichen Farbungs-
mitteln gut und widersteht Gram.
Er tritt fast immer isoliert auf, hat einen Durchmesser von 1,5 fi
und nur selten sind Diplokokkenformen an ihm zu beobacbten.
Seinen inneren Bau betreffend, last sicb ein zentraler, starker ge-
farbter Teil ganz deutlich wahrnehmen, und wenn der Mikroorganismus
in Vermehrung begriffen ist, dann streckt sich der zentrale Teil und
nimmt die Gestalt eines kleinen Stabchens an.
Bings um den zentralen Teil findet sich ein Hof, der sich weniger
intensiv farbt und von einer Membran oder Guticula begrenzt wird, rings
um welcher wiederum ein zweiter Hof bemerkbar wird, der sich aber
nicht farben last.
Nach dem Verhalten dieses zentralen Teiles sowohl den Tinktionen
gegenflber, als auch betreffs der Form, die er bei der Vermehrung an-
nimmt, glaube ich, daS derselbe als Zellkern anzusprechen sei.
Bei der Beobachtung im hangenden Tropfen nimmt man eine leb-
hafte eigene Bewegung an ihm wahr; welcher Umstand meine Aufmerk-
samkeit desto mehr auf sich zog, als ich gleich anfangs vermutete, daS
jene Bewegung von flimmernden Wimpern bedingt ware, wahrend bis
jetzt bekanntermaSen nur bei sehr wenigen Mikrokokken derartige Organe
wieder gefunden wurden.
Der erste diesbezOgliche Mikroorganismus wurde im Jahre 1889 von
Ali Cohen 1 ) beschrieben, der ihn aus dem Trinkwasser isolierte und
Micrococcus agilis benannte. An demselben fand der genannte
Autor normal nur einen Wimperfortsatz, wahrend L3ffler spater ihrer
mehrere an dem namlichen Mikroorganismus beobachtete. Nachtraglich
beobachtete Ldffler 2 3 ) einen anderen mit BewegungsvermSgen ausge-
statteten Micrococcus, den er auch kultivierte und beschrieb; einen
dritten fand Menge 8 ) und nannte ihn Micrococcus agilis citreus.
Mit Anwendung der gewdhnlichen eigenen Wimper-Tinktionsmethoden
gelang es mir, an der beschriebenen Micrococcusart 2 Wimpern, die
an zwei entgegengesetzten Stellen vorkommen, ersichtlich zu machen.
Was die Natur der Wimpern betrifft, so glaube ich nicht, daS die-
selben einfache Fortsetzungen der den Mikroorganismus umhfillenden
Membran sind, sondern ich glaube, daft sie als Fortsatze des Zellproto-
plasmas angesehen werden milssen. Denn eine genaue Beobachtung lehrt,
dafi die eigentliche Membran sich am Grande der Wimper unterbricht,
ja sogar auf diese zurtickfaltet und sie kappenartig umhtillt. Dieses Be-
wegungsorgan diirfte somit, meiner Meinung nach, aus zwei wohl ge-
schiedenen Teilen bestehen, namlich aus Protoplasma als Ausflufi des
1) Ali Cohen, Centralbl. f. Bakteriol. Bd. VI. 1889. p. 33.
2) Ldffler, Ibid. Bd. VI. 1889. p. 219 und Bd. VII. 1890. p. 634—637.
3) Menge, Ibid. Bd. XII. 1892. jtto. 2—3. •
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112 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 2.
Zellprotoplasraas, und dieser Teil wtirde die eigentliche Wimper bilden,
und aus jenem erwahnten kutikularen, kappenartigen Ueberzuge.
Wenn man etwas von den Kulturobjekten mit einer Platindse Kanincben
unter die Oberhaut bringt, so sterben die Tiere nacb ca. 48 Stunden
nnter den krankhaften Erscheinungen von HaarstrSuben, Anorexic und
allgemeiner Erstarrung.
Der autoptische Befund weist an der Impfstelle keinerlei Ver&nde-
rungen auf; die Milz ist hypertrophisch und schw&rzlich geffirbt, braunes
Coagulum liegt in den Herzkammern, das Blut ist gleicbfalls braun;
ganz derselbe Befund wie bei den Kanincben, die man mir gebracht
nnd in denen icb den in Rede stehenden Micrococcus gefunden
hatte.
Im Blute kommt dieser Mikroorganismus in reichlicben Mengen,
isoliert und nur selten gepaart, vor.
Meerschweinchen und M&use sterben binnen 40—60 Stunden unter
denselben Erscheinungen, die man an den inokulierten Kanincben be-
obachten kann.
Bei Htihnern erhalt man keine pathologische Erscheinung, selbst
dann nicht, wenn 0,5 cm von Bouillonkulturen denselben eingeimpft
wurden.
Die Wirkungsweise des Micrococcus bleibt in Kulturen durch
ungefahr Monatsdauer erhalten.
Die in Bouillon zur Entwickelung gelangten und durcb 15 Tage
bei 37° C gehaltenen, nachber mit Cbamberlands Filter filtrierten
Kulturen wurden in einer steigenden Menge, von 2—20 ccm der filtrierten
Brfihe, 5 Kanincben inokuliert und ich erbielt damit innerhalb eines
Monats gewissermafien eine Vaccination, so dafi 2 derselben einer
Impfung mit dem Virus micrococcus widerstanden, das 3. starb w&brend
des Experimentes nach 20 Tagen und die flbrigen erlagen 3 Tage nach
der Impfung des virulenten Micrococcus, obwohl dieselben ganz so
behandelt worden waren, wie die beiden (lberlebenden.
Aus den vorgelegten Beobachtungen glaube ich nun schliefien zu
kdnnen:
1) Der von mir isolierte Micrococcus ruft bei Kanincben, Meer¬
schweinchen und weifien Mausen eine echte Septik&mie hervor.
2) Kraft seiner Eigenschaften ist dieser Micrococcus als eine
von den bisher bekannten verschiedene Art anzusehen und ich werde
ihn Micrococcus agilis albus benennen.
3) Die Filtrate der Kulturprodukte dieses Micrococcus verleihen
in gewissen Fallen den Kanincben eine Immunitat gegenflber dem viru¬
lenten Micrococcus.
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Lucksch, Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. H3
Nachdruck verboten.
Ein Beitrag znr pathologischen Anatomie des Paratyphus.
[Aus Prof. Chiaris pathol.-anatom. Institute an der deutschen
Universitat in Prag.]
Von Dr. Franz Lucksch, I. Assistenten am Institute.
Bei der in diesem Winter in Prag aufgetretenen grfifieren Epidemie
von Typhus abdominalis hatten wir fitters Gelegenheit, solche F&lle in
unserem Institute zu obduzieren. Die anatomischen Befunde waren
dabei im allgemeinen die gewfihnlichen. Am 29. Dezember 1902 kam
wieder ein Fall zur Sektion, der dabei gemachte Befund war jedoch
ein so verschiedener von dem, was wir in solchen Fallen zu linden ge-
wohnt sind, daft ich nach der Sektion den Herren Klinikern gegenflber
erklaren mufite, daft es sich hier wahrscheinlich nicht urn einen Typhus
abdominalis handeln dfirfte. Die, wie in jedem Falle, so auch hier, vor-
genommene bakteriologische Untersuchung ergab weitere Anhaltspunkte
daffir und ffihrte schlieftlich zu dem Resultate, daft es sich im vorliegen-
den Falle um eine Infektion mit einem Paratyphusbacillus handle. Da
die durch diese Bacillen hervorgerufenen Erkrankungen gewfihnlich
leichterer Natur sind und selten zum Tode fflhren, ist es begreifUch,
daft wir fiber die anatomischen Veranderungen, welche sich im Verlaufe
dieser Infektionskrankheit bilden, noch sehr wenig wissen. Es liegen
bis jetzt erst drei Obduktionsbefunde vor, der von Longcope, Sion
und Negel und der von R. Schmidt. Ich glaube daher, den von
mir beobachteten Fall zur weiteren Kenntnis bringen zu mfissen, um
so einen Beitrag zur pathologischen Anatomie dieser Erkrankung zu
liefern. Ich will zunachst das Wichtigste aus der Krankengeschichte,
sodann das Sektionsprotokoll und die sich daran anschliefiende bakterio¬
logische und histologische Untersuchung des Falles bringen.
Aus der Krankengeschichte, die ich der Liebenswfirdigkeit des
Herrn Hofrats Prof. Dr. Pribram verdanke, ware anzuffihren:
Anamnese (24. Dezember 1902):
Patient, 25 Jahre alt, wird in bewufitlosem Zustande eingebracht. Sein Begleiter
gibt an, dafi derselbe vor einer Woche unter Mattigkeit, Abgescnlagenheit und Schwache
erkrankt sei; er habe kein Flufiwasser getrunken, sondern Sodawasser; der Stuhl war
in letzter Zeit diarrhoisch; seit 4 Tagen lag er zu Bette, seit 2 Tagen war er be-
wufitlos.
Status: Conjunctiva des rechten Auges gerotet. Das Gesicht blaulich. Lippen
trocken, mit gelben Borken bedeckt. Zunge ebenfalls trocken, braunschwarz. Mund
wird often gehalten. Patient atmet ziemlicn oberflachlich. Ueber den Lungen iiberall
Pfeifen und Giemen. Abdomen stark aufgetrieben. Bauchdecken sehr stark gespannt.
Durch Perkussion ist eine mafiige Milzvergrofierung nachweisbar. Milz aber nicht
tastbar. In der Haut des Abdomens einzelne verstreute Roseolen. An den Unter-
schenkeln stecknadelkopfgrofie, dunkelrote Flecken in der Haut Patient ist benommen
und Jafit Harn und Stuhl unter sich. Im Harn Eiweifi und Indikan.
Decursus: Die Temperatur betrug am ersten Tage 38° C, an den folgenden bis
zum Tode 39 0 C. Das Rasseln liber den Lungen nimmt zu, ebenso die Benommenheit,
und im Kollaps stirbt der Kranke am 28. Dezember 1902.
Am 26. Dezember 1902 war dem Patienten Blut entnommen worden und die mit
diesem Serum vorgenommene Gruber-Vidalsche Reaktion ergab mit 3 Typhus ab-
dominalis-Stammen in der Konzentration von 1:40 ein positives Resultat.
Die klinische Diagnose lautete daher: Typhus abdominalis, Bronchitis diffusa,
Pneumonia lobul. bilat., Albuminuria, Petechiae ped. utr., Suffusio antibrachii p. in-
jectionem^(C^^ nac ^ d em T 0 d e nahm ich die Obduktion vor.
Erstc Abt. Orig. Bd. XXXIV.
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114
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 2.
Sektlonsprotokoil.
Der Korper 175 cm laog, von mittlerem Knochenbau, schwachlicher Muskulatur,
mager. Die allgemeine Deck© blaS mit blassen Hypostasen ruckwarts. Totenstarre vor-
handen. Haupthaar dunkel. Pupillen mittelweifc, gleich. Die sichtbaren Schleim-
h&ute blafi. Hals und Brust schmal. Abdomen aufgetrieben. Aeufieres Genitale
normaL An den unteren Extremitfiten punktformige dunlrelrote Fleckchen.
Die weichen Schadeldecken blafi. Sena del, Meningen und Gehirn
ohne Besonderheiten.
Das Zwerchfell beiderseits bis zur 5. Rippe reichend. Die Schilddriise ge-
wohnlich. Die Schleimhaut der Halsorgane olafi. Die Lungen an der Spitze
leicht fixiert, in ihren Unterlappen mit einzelnen rotlichen bis erbsengrofien Anscnop-
pungsherden durchsetzt, sonst etwas geblaht und starker blutreich und durchfeuchtet.
1m Herzbeutel klares Serum. Das Herz ziemlich grofi, reichlich fettbewachsen,
sein Fleisch sehr blafi und weich. Die Klappen und die Intima der Aorta zart, die
Schleimhaut der Luft- und Speiserbhre blafi.
Im Abdomen der Darm sehr stark meteoristisch. Die Leber eher etwas kleiner,
sehr weich, blafi und leicht zerreifilich. In der Gallenblase blasse Galle, erstere nicht
weiter verandert. Die Milz leicht geschwollen, dunkelrot, weich. Die Nieren blafi
und schlaff. Die Schleimhaut der Hamblase blafi. Am Genitale nichts Abnormes.
Die Schleimhaut des Mage ns mit einzelnen bis linsengrofien Blutungen versehen. Der
Dunndarm stark ausgeaehnt, seine Schleimhaut allenthalben blafi; weder seine Eio-
zelfollikel noch die Peyerschen Plaques geschwollen. Die Schleimhaute dee Dick-
darmes im allgemeinen ebenfalls blafi, im Coecum und CJolon ascendens mehrere
Stellen, wo sich unregelmafiige quergestellte Geschwiire, einzelne mit nekrotischen Ge-
websfetzen, in der Mitle finden. Dieselben stehen in Gruppen von zweien und dreien,
ihre Bander zeigen keine besondere Schwellung, sie haben eine Ausdehnung bis zu 1 qcm.
Im Colon transversum die Follikel, 1—2 mm im Durchmesser messend, graugelblich
f efSrbt, mit einem 1 mm breiten, roten Hofe umgeben. Im Rectum und der S-Schlinge
eine pathologische Veranderung. Samtliche mesenterialen Lymphdriisen von
dunkelroter Parbe, nicht vergrofiert; auch die des Dickdarmes nicht geschwollen, mit
Ausnahme einer in der Nahe des Coecums, die Kirschgrbfie hat. Pankreas und
Nebennieren normal.
Da die sofort vorgenommene bakteriologische Untersuchung der
Ausstrichprfiparate von der Galle und vom Milzsafte keine sicheren An-
haltspunkte ffir Typhus abdominalis gab, wurde die pathologisch-anato-
mische Diagnose vorlS,ufig in suspenso gelassen.
Die gleich nach der Sektion hergestellten AbstrichprSparate von den
Pneumonieherden in der Lunge zeigten sp&rliche G r a m - best&ndige
Kokken zu zweien und hier und da ein nicht Gram-best&ndiges St&b-
chen. In den von der Galle aus der Gallenblase stammenden fanden
sich vereinzelte, nicht G r a m - bestAndige, kurze Bacillen und ein paar
Gram-bestandige Kokken. In denen von der Milz konnte ich keine
Mikroorganismen finden.
Es wurde weiter von der Galle aus der Gallenblase und dem Milz¬
safte auf Agarplatten gestrichen. Nach 8 Stunden zeigte sich auf den
mit Galle bestrichenen ein reichliches Wachstum weifilicher, ziemlich
dicker Kolonieen in s&mtlichen Strichen. Diese Kolonieen bestanden
aus nicht Gram-bestAndigen, gut beweglichen Bacillen, die etwas lAnger
waren als Typhus abdominalis-Bacillen. Auf der von der Milz be-
schickten Platte zeigte sich auch nach mehreren Tagen kein Wachstum.
Bei der weiteren Kultivierung der Bacillen auf Zuckerglycerinagar,
in Milch und auf Kartoffeln zeigte es sich, daB diese weder mit Typhus
abdominalis noch mit Coli stimmten, und es wurden daher noch ver-
schiedene andere NAhrbbden beschickt, um die Natur des Bacillus fest-
zustellen. Ich lasse nun die geordneten Resultate dieser Untersuchungen
folgen:
Der Bacillus, um den es sich handelte, war ein kurzes, gut beweg-
liches StAbchen, das die Gramsche FArbung nicht annahm, es besaB
mehrere GeiBeln.
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Lucksch, Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. U5
Auf Agar wuchs derselbe etwas fippiger als Typhus abdominalis
und hatte eine weiBlich-graue Farbe.
Im Agarstiche zeigte sich Wachstum im Stiche und an der Ober-
fl&che.
Im Zuckerglycerinagarstiche konnte man leichte Gasentwickelung
wahrnehmen.
Die Kolonieen in Gelatine waren rund und zeigten eine leichte
braune Farbung und KSrnung; eine Aderung, wie bei Typhus abdomi-
nalis-Kolonieen, war nicht zu erkennen.
Auf schrager Gelatine entwickelte sich ein weifilich-grauer, etwas
durchscheinender, schleimiger Belag, der hauptsachlich im Striche wuchs
ohne besondere Breitenausdehnung.
Im Gelatinestiche erfolgte Wachstum in der Gelatine und an der
Oberflache.
In Bouillon trat leichte Trflbung auf.
Auf Eartoffeln entwickelte sich schon nach einem Tage ein brUun-
licher, schleimiger Belag, der nach einiger Zeit eine ziemliche Dicke er-
reichte.
Die Milch gerann nicht, sondern wurde nach wochenlangem Stehen
heller.
Indol konnte selbst in 4—5 Wochen alten Bouillonkulturen nicht
nachgewiesen werden.
Auf dem Nahrboden von Drigalski und Conradi entwickelten
sich rasch blaue, ziemlich dichte Kolonieen.
In Lackmusmolke bildete der Bacillus in den ersten 4—5 Tagen
Sfiure, dieselbe erschien wahrend dieser Zeit rot, spater jedoch trat eine
blauviolette Farbung auf, die fortan bestehen blieb.
In Neutralrotagar zeigte sich schon nach einem Tage gelbliche
Fluorescenz.
Auf der Klinik des Herrn Hofrats Pfibram war ebenfalls von der
Sektion weg von der Milz geimpft worden und zwar mit Erfolg. Eine
daher stammende Kultur, die mir freundlichst tiberlassen wurde, zeigte
dieselben kulturellen Eigenschaften, wie die von mir aus der Gallen-
blase erhaltene.
Es wurde nun auch die Gruber-Vidalsche Reaktion vorge-
nommen, wie dies aus den folgenden Tabellen (p. 116) ersichtlich ist
Ich will zu diesen Untersuchungen gleich bemerken, daB ich infolge
Mangels von Serum die Autoagglutination nicht weiter fortsetzen konnte,
dagegen wurde dieselbe an der Klinik fortgesetzt und in der Konzen-
tration von 1 :1000 positiv gefunden, wobei jedoch ebenfalls die obere
Grenze noch nicht erreicht war. Die von mir vorgenommenen Gruber-
Vidalschen Proben waren mikroskopisch untersucht worden, die auf
der Klinik nur makroskopisch.
Es erflbrigt nun noch, die Ergebnisse der histologischen Unter-
suchung anzufflhren. Es wurden geschnitten Leber, Milz, Nieren, ver-
schiedene Stellen des Dickdarmes und die vergroBerte mesenteriale
Lymphdrflse.
In der Leber war mikroskopisch leichte fettige Infiltration zu er¬
kennen, namentlich im Zentrum der L&ppchen, es fanden sich in den
Leberzellen kleinere und grdBere Fetttropfen. AuBerdem war das Proto¬
plasma der Zellen leicht gekQrnt.
* j n der Milz fand sich geringe Vermehrung der Pulpaelemente, eine
besondere Hyperkmie konnte nicht konstatiert werden.
8*
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116
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
TabeUe I.
Gruber-Vidal mit den Bacillen dee Falles und:
eigenem
Serum
Serum von
einer Sektion
von T. a. vom
3. I. 1903
Serum von
einer Sektion
von T. a. vom
10. I. 1903
1:50 +
1:100 +
1:200 +
1:400 +
1:50 4-
1:100 +?
1:50 +
1:100 -
1:50 +
1:100 + ?
1:50 +
1:100 + ?
1:40 —
TabeUe II.
Gruber-Vidal mit dem Serum dee Falles und:
eigenen
Bacillen
Bac. T. a.
aus der
Sammlg.
A
Bac. T. a. aus
der Sammlg.
B
Bac. T. a. aus
der Sammlg.
C
Bac. T. a. von
einer Sektion
vom
15. XII. 1902
Bac. T. a. von
einer Sektion
vom
3. I. 1903
Bac. T. a. von
einer Sektion
vom
5. I. 1903
1:50 +
1:50 +?
1:50 +
1:50 +
1:50 +
1:50 +
1:50 +
1:100 +!
1:100-
nach 5 St.
1:100 +
1:100 +
1:100 +?
1:100 +
1:100 + ?
1:200 +
1 :400 +
1:200 + ?
1:200 +?
1:200 —
1:200 +?
1 :200 +?
Die Nieren zeigten geringe Kfirnung des Protoplasmas ihrer Zellen,
sonst war an ihnen keine Veranderung zu erkennen.
In der vergrdBerten Lymphdriise lieJJ sich Vermehrung der Lymph-
zellen nachweisen, auBerdem fanden sich in ihr auch zahlreiche ver-
grdfierte Endothelien mit einem, zwei Oder mehreren Eernen, die stellen-
weise eine betrfichtliche GroBe erreicht hatten. Eine Ansdehnung Oder
stfirkere Fflllung der Blutgef&Be war nicht zn erkennen.
Was die Verfinderungen des Darmes betrifft, will ich zun&cbst mit
denjenigen Stellen beginnen, wo die Follikel deutlicher hervortraten und
dann die Beschreibung der Geschwfire anschliefien.
Man fand auf Schnitten durch die Wand des Colon ascendens die
Follikel zum Teil getroffen, zum Teil bloB angeschnitten. Dieselben
waren nicht vergrofiert, doch enthielten sie, ebenso wie die oben genannte
Lymphdriise, reichliche vergrOfierte Endothelien. In der Nachbarschaft
der Follikel sah man eine leichte kleinzellige Infiltration der Submucosa.
Die Schleimhaut fiber den Follikeln war fiberall kleinzellig infiltriert, doch
konnte man an ihr stellenweise noch gut erhaltenes Epithel erkennen.
Die Submucosa zeigte in den von den Follikeln entfernten Stellen keine
entzfindliche Reaktion, die Muscularis war vollkommen frei davon. Unter-
halb der Follikel waren die Gef&Be der Submucosa dilatiert und mit
Blut geffillt.
Dort, wo Geschwfire vorhanden waren, war die Mucosa und Sub-
mucosa zum Teil ganz geschwunden, zum Teil fanden sich noch Reste
der Lieberkfihnschen Krypten mit ziemlich gut erhaltenem Epithel.
Wo dies der Fall war, zeigten sich Submucosa, Muscularis und Serosa
in gleicher Weise in mittlerem Grade von Rundzellen durchsetzt, ebenso
war dies in der nfichsten Nachbarschaft der Geschwfire der Fall, jedoch
nur auf eine kurze Strecke. Eine besondere Schwellung der Follikel an
diesen Stellen war nicht zu erkennen; die Blutgef&Be waren etwas di¬
latiert.
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Goo e
Lucksch, Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. U7
Dasselbe Bild fand sich auch dort, wo die GeschwQre bis zur Mus-
cularis reicbten, nur daB dort eben Mucosa und Submucosa fehlten.
Diese Verhfiltnisse zeigen, daB die Ver&nderungen, die hier vor-
lagen, denen, wie wir sie bei Typhus abdominalis zu finden gewohnt
sind, ganz unfihnlich waren, denn es feblte ihnen das haupts&chlichste
Gharakteristikum derselben, die markige Infiltration des lymphatischen
Apparates; eher fihnelte das Bild dem der Dysenteric, obwohl es auch
diesem nicht ganz entsprach.
In Bezug auf den Befund von Bakterien in den Schnitten gelang
es mir nicht mit Sicherheit, solche in der Leber, der Milz, den Nieren
und der Lymphdrfise nachzuweisen. Dagegen fanden sich in den Darm-
geschwfiren, in der Mucosa und Submucosa kurze Bacillen in geringer
Anzahl, die sich nacb Gram nicht farbten, auBerdem aber auch in
den oberfl&chlichen Schichten Gr a m - bestfindige Kokken und grdBere
Bacillen.
Aus dem Gesagten ergibt sich wohl ohne weiteres, daB es sich in
dem hier besprochenen Falle um einen Fall von Paratyphus handelt.
Ich glaube, nach der neuesten zusammenfassenden Arbeit von Brion 1 )
nicht erst ausffihrlich auf die Literatur zuriickkommen zu mtissen und
mich mit einem Hinweise auf diese Publikation begnfigen zu kfinnen.
Bezflglich der klinischen Angaben trifft das zu, was Brion hin-
sichtlich der Symptomatologie anffihrt, nfimlich, daB der Paratyphus vom
Typhus kliniscb nicht zu trennen sei. Die Krankheit trat bei unserem
Patienten unter Mattigkeit und Abgeschlagenheit auf, es bestanden Diar-
rhoen, leichter Milztumor und Roseolen, die Zunge war belegt. Das
Fieber war eine Con tin ua. Als Komplikationen traten auf Conjunctivitis
und Bronchitis — alles Symptome, die fttr Abdominaltyphus sprechen,
und, zusammengehalten mit dem positiven Ausfalle der Serumreaktion,
unbedingt zur Diagnose Typhus abdominalis fiihren muBten. Dieselben
Symptome finden sich aber auch bei Paratyphus, und es spricht daher
von den klinischen Angaben nichts gegen die Auffassung der Erkran-
kung als solchen.
Die Diagnose konnte jedoch, trotzdem der anatomische Befund
bereits den Verdacht erweckt hatte, daB es sich hier nicht um Abdo¬
minaltyphus handeln dfirfte, nur durcb die bakteriologische Untersuchung
gestellt werden, durch welche die Identitat des Erregers der Erkran-
kung mit dem von Feyfer und Kayser aufgestellten Typus B der
Paratyphusbacillen festgestellt werden konnte. Die Beweglichkeit, das
Aussehen der Kulturen auf Agar und Gelatine, das braune Wachstum
auf Kartoffeln, die fehlende Milchgerinnung, die Verg&rung von Zucker,
das Wachstum auf dem Drigalskischen Nahrboden, in Neutralrotagar
und in Lackmusmolke stimmten aufs genaueste mit den fiber den Para¬
typhus B gemachten Angaben. Damit ffillt auch der Verdacht, der
durch den anatoniischen Befund etwa rege werden konnte, daB es sich
um den Kruseschen Dysenteriebacillus gehandelt haben konnte, weg.
Auch die Agglutinationsresultate sind vollkommen mit denen bei
Paratyphus ttbereinstimmend. Die Autoagglutination ging bis 1 : 1000
makroskopisch, wfihrend die Agglutination von Typhus abdominalis-Ba-
cillen durch das Serum des Falles nur bis 1:200 mikroskopisch gelang,
wobei auch noch nach mehreren Stunden immer noch Bacillen beweg-
lich blieben, die Reaktion also nicht als eine vollstfindig positive ange-
sehen werden konnte.
1) Brion, Deutsche Klinik. Bd. II. 1903.
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CentralbL f. Bakt etc. L Abt Originate. B<L XXXIV. No. 2.
Wie verhfilt sich nun das anatomische Bild dazu? Wie schon ge-
sagt, verlfiuft der Paratyphus nur in seltenen Ffillen letal. Die Angaben
fiber die Obduktionsbefunde sind daher sebr spfirlich. Brion ffihrt
4 Autoren an, die TodesfaUe an Paratyphus beobachtet haben, schliefit
aber sofort die Ffille von Lie pm an d und Strong, nnd, wie ich
glaube, mit vollem Rechte, aus, da es sich bei dem ersteren augen-
scheinlich nach dem Ausfalle der Sernmreaktion um eine Mischinfektion
mit Typhus abdominalis handelte — es fanden sich dabei typische, in
Abheilung begriffene Typhusgeschwfire im Darme — bei dem zweiten
ein Bacillus 42 Stunden nach dem Tode aus der stark zersetzten Leiche
isoliert wurde, der nicht einmal vom eigenen Serum agglutiniert wurde.
Es bleiben also nur die bei Brion zitierten Ffille von Longcope und
von Sion und Negel, sowie ein dritter, von R. Schmidt 1 ) zur
selben Zeit publizierter, bei Brion noch nicht erw&hnter Fall fibrig.
In dem Falle von Longcope handelte es sich um einen 22-jfihrigen
Mann, der unter den klinischen Erscheinungen von Typhus abdominalis
gestorben war. Der Bacillus, der dabei gefunden worden war, entsprach
dem Paratyphus B von Kayser. Als Sektionsbefund gibt Longcope
an: leichte Milzschwellung, allgemeine parenchymatose Degeneration,
herdweise Nekrose in der Leber (mikroskopisch nachgewiesen), am
Darme nur deutlicheres Hervortreten der Follikel im Dickdarme, sonst
nirgends Schwellung oder Geschwfirsbildung, auch an den mesenterialen
Lymphdrfisen nichts Abnormes.
Die Beobachtung von Sion und Negel bezog sich auf einen 24*
jfihrigen Mann, der unter den Symptomen von Typhus abdominalis er-
krankt war. AuBer diesen waren aber noch Erscheinungen von seiten
des Gehirns aufgetreten, nfimlich Trismus, Opisthotonus, Lfihmung der
rechten Korperhfilfte und Aphasie. Der bakteriologische Befund stimmte
mit dem Typus B der Paratyphusbacillen. Anatomisch fand sich: Milz-
tumor, parenchymatose Degeneration, Enteritis mit dysenterieartigem
Character im untersten Ileum, eine Laennecsche Vegetation im linken
Herzventrikel, embolische Erweichungsherde im Gehirn, Infarkte der
Milz und der Nieren, Bronchitis und Pneumonie. In Bezug auf den
Darm ist angegeben, daB die gesamte Darmschleimhaut leicht, die des
untersten Ileum und des Colon ascendens stfirker gerotet war, daselbst
fanden sich anch hirsekorngroB hervortretende Follikel. Im Endteile
des Ileums zeigten die Schleimhautfalten in einer Ausdehnung von 10 cm
graue, schmutzige, 1 mm breite Streifen, die auf eine gleichfarbige,
kleienartige Ablagerung zurfickzuffihren waren, dieselben liefien sich
leicht abschaben und unter ihnen war die Schleimhaut etwas weniger
gl&nzend und stfirker rot. Es war keine Spur von Intumeszenz oder
Ulceration der Peyerschen Plaques und der Solitfirfollikel, nicht die
geringste Prominenz oder Injektion dieses Lymphapparates vorhanden;
ebensowenig war dies bei den mesenterialen Drfisen der Fall.
In Bezug auf den Fall von R. Schmidt wfire hervorzuheben, daB
der 33-jfihrige Patient unter pyfimischen Symptomen erkrankte, die gar
keine Anhaltspunkte ffir Typhus abdominalis boten. Die bakteriologische
Untersuchung ergab einen Bacillus, der sich kulturell vollkommen wie
Bacillus typhi abdominalis verhielt, nur daB er Spuren von Indol
bildete, sich aber durch die Sernmreaktion von diesem unterschied;
Typhus abdominalis-Serum agglutinierte nfimlich die Bacillen des Falles
1) Schmidt, R*, Wien. klin. Wochenschr. 1902.
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Lucksch, Bin Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. 1X9
auch nicht im Verh<nisse von 1:10, w&hrend es die Bacillen eines
Typhus abdominalis-Falles noch in der Konzentration von 1 : 16000 ag-
glutinierte. Die Sektion ergab Endocarditis der Trikuspidalklappe nnd
Embolie der Arterie des rechten unteren Lungenlappens, weiter eiterige
Lnngenabscesse nnd Pleuritis, h&morrhagische Nephritis, Milztumor,
Cholangitis suppurativa in der Leber, Gallensteine und EntzQndung der
Gallenblase. Vom Darme und von den MesenterialdrQsen ist in dem
Sektionsbefunde nichts angegeben.
Nach dem Gesagten handelt es sich in dem Falle von Longcope
urn eine in Bezug auf klinische Symptome und bakteriologischen Befund
typische Erkrankung von Paratyphus, ebenso scheint dies in dem Falle
von Sion und Negel gewesen zu sein, dieser war aber aufterdem
kompliziert durch die klinischen Symptome von seiten des Gehirnes; der
bakteriologische Befund stimmt mit dem bei Paratyphus B. Hingegen
geht aus der Beschreibung des Falles von R. Schmidt hervor, daft
derselbe klinisch als Pyohamie verlief und weiter der bakteriologische
Befund nicht mit den von Kayser aufgestellten Typen A und B des
Paratyphus in Einklang zu bringen ist Ich glaube daher auch, die dabei
beobachteten anatomischen Befunde bei meinen weiteren Ausfflhrungen
nicht weiter beriicksichtigen zu mtlssen.
Vergleiche ich nun die drei Falle von Longcope, Sion und Negel
und mir, so zeigt sich zunachst eine Uebereinstimmung beztiglich der
klinischen Symptome, sie boten samtlich die des Typhus abdominalis, in
dem Falle von Longcope und mir rein, in dem von Sion und Negel
mit den obengenannten Komplikationen. Es zeigt sich weiter, daft auch
der bakteriologische Befund derselbe war; in alien 3 Fallen konnte
ein Bacillus geziichtet werden, der dem Typus B des Paratyphusbacillus
entsprach. Diese Uebereinstimmung erstreckt sich nun auch auf die
anatomischen Befunde. Es findet sich in alien 3 Fallen Milztumor,
parenchymatose Degeneration der Organe und ein durchaus nicht ffir
Typhus abdominalis sprechender Befund im Darmkanale. In Long-
copes Falle waren nur die Follikel des Dickdarms leicht geschwollen,
in dem von Sion und Negel war der Diinndarm leicht gerbtet, Coecum
und Colon ascendens starker, im untersten Ileum leichte dysenterieartige
Veranderung der Schleimhaut, im obersten Dickdarme die Follikel leicht
geschwollen. In meinem Falle deutlicheres Hervortreten der Follikel
im Dickdarme und dysenterieartige Geschwiirsbildung daselbst; alien
dreien ist gemeinsam das Fehlen einer typhus&hnlichen Affektion be-
sonders im Dunndarme und der Schwellung der mesenterialen Lymph-
driisen. Beztiglich der weiteren Befunde von Sion und Negel mdchte
ich bier nur in Kiirze bemerken, daft ich die Laennecsche Vegetation
im linken Ventrikel mit den konsekutiven Embolieen als eine Komplika-
tion auffassen mdchte, wie sie bei jeder schwereren Erkrankung vor-
kommen kann.
Darf man sich nun aus diesen drei Obduktionsfallen einen Schlufi
auf die pathologische Anatomie des Paratyphus erlauben, so wflrde der¬
selbe lauten: Der Paratyphus ist eine Krankheit, die in anatomischer
Hinsicht mit den (ibrigen Infektionskrankheiten gemeinsam hat den Milz¬
tumor und die parenchymatdse Degeneration der Organe, bei der aber
im Gegensatz zu dem verwandten Typhus abdominalis besonders hervor-
sticht das Fehlen einer besonderen Ergriffenheit des gesamten lympha-
tischen Apparates des Darmes. Es kommt dabei im Darme hochstens
zu einer dysenterieartigen Affektion.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. A.bt Originale. Bd. XXXIV. No. 2.
Nun gibt es ja ohne Zweifel auch sichere F&lle von Typhus abdo-
minalis, die ohne jede Darmver&nderung und speziell ohne Schwellung
des Lymphapparates des Darmes verlaufen, wie dies durchGhiari und
Kraus, Opie, Blumenthal, Henoch u. a. schon seinerzeit her-
vorgehoben wurde. Sion und Negel bezweifeln dieses, sie wollen
alle Typhen ohne Darmlokalisation auf die Infektion mit den Para-
colibacillen, wie sie sie nennen, zurfickgefiihrt wissen und sagen, daB
zu der Zeit, als jene obengenannten Autoren ihre F&lle verdffentlichten,
der Paratyphus noch nicht bekannt war, also eine Verwechselung mit
diesem vorkommen konnte. Ich bin nun aber in der Lage, aus der
allerletzten Zeit, w&hrend der ich mich schon mit der Bearbeitung
dieses Falles von Paratyphus besch&ftigte, 2 sichere F&lle von Typhus
abdominalis ohne Darmlokalisation anzuftthren.
In dem ersten Falle handelte es sich um eine 26-j&hrige Frau, die
bei ihrer Aufnabme in die Klinik des Herrn Ober-San.-Rats Prof. Dr.
v. Jaksch am 12. Dezember 1902 positive Gruber-Vidalsche Re-
aktion gezeigt hatte. 6 Wochen darauf starb sie. Bei der Sektion am
20. Januar 1903 fand sich eine Suffusion der Kopfhaut, im rechten Stirn-
lappen ein htthnereigroBer AbsceB, parenchymatdse Degeneration der
Organe; am Darme nur leichte RStung und Schwellung der Schleimhaut
ira untersten Ileum, die mesenterialen Drttsen waren leicht geschwollen,
eine davon taubeneigrofi und verk&st. Als Erkl&rung fflr die Suffusion
der Kopfhaut und den Gehirnabscefi sei angeftthrt, daB die Patientin vor
ihrer Aufnahme ins Krankenhaus im Fieberdelirium aus dem ersten
Stocke in den Hof gesprungen war und sich dabei am Kopfe verletzt
hatte.
Die bakteriologische Untersuchung des Falles ergab kulturell aus
dem Gehirnabscesse Gram-bestandige Kokken und nicht Gram-be-
st&ndige St&bchen, die nicht weiter verfolgt wurden. Aus der Gallen-
blase konnte ein Bacillus in Reinkultur gezttchtet werden, der sich
kulturell wie Bacillus typhi abdominalis verhielt, z. B. in Gly-
cerinzuckeragar kein Gas bildete. Die mit dem Serum des Falles und
Typhus abdominalis-Bacillen angestellte Gruber-Vidalsche Reaktion
war positiv im Verh<nisse von 1:40, diesel be mit den Bacillen des
Falles und Typhus abdominalis-Serum in der Konzentration von 1 :80
positiv.
Der zweite hier zu erw&hnende Fall betraf ein 12-jahriges Madchen.
Dasselbe hatte ebenfalls in der Klinik des Herrn Hofrat Prof. Dr. Pri¬
bram eine positive Gruber-Vidalsche Reaktion gezeigt im Verh<¬
nisse von 1 :40. Dann war aber eine bulbSse Dermatitis und Haut-
h&morrhagieen aufgetreten, so daB der Verdacht auf Sepsis rege wurde.
Patientin starb am 4. Februar 1903. Die klinische Diagnose lautete:
Typhus abdominalis. Pneumonia lobularis. Bronchitis diffusa. Sepsis?
Dermatitis bullosa. Haemorrhagiae cutis. Decubitus multiplex. Oedema
pedum.
Bei der Sektion 13 Stunden nach dem Tode fand sich akuter Milz-
tumor leichteren Grades mit einem an&mischen Infarkte, leichte paren-
chymatOse Degeneration der Leber, katarrhalische Bronchitis und Lobul&r-
pneumonie beiderseits, die Pusteln, H&morrhagieen der Haut und mehrere
Dekubitusgeschwttre. In Bezug auf den Darm erwies sich die Schleim¬
haut desselben leicht gerotet, die Follikel etwas hervortretend, die mesen¬
terialen Drttsen leicht geschwollen.
Aus den Hautpusteln wuchs ein Streptococcus, aus der Gallen-
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Lucksch, Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie des Paratyphus. 121
blase wuchs ein Bacillus, der sich kulturell ganz wie Bacillus typhi
abdominalis verhielt, in ZuckernahrbSden kein Gas bildete. Die
Gruber-Vidalsche Reaktion war positiv mit Bacillen und Serum des
Falles in der Konzentration von 1 : 80, mit den Bacillen des Falles und
Typhusimmunserum von 1 : 80 und mit dem Serum des Falles und zwei
Typhus abdominalis-St&mmen von 1: 80.
Ich glaube, daft aus diesen Untersuchungen schon hervorgeht, daft
es sich in beiden Fallen um sicheren Typhus abdominalis ohne Darm-
lokalisation gehandelt habe. Diese Falle von sogenannter primarer
Typhusseptikamie sind aber dock als Ausnahmen zu bezeichnen, und ich
habe in den letzten 4 Jahren, obwohl wir jahrlich gegen 20 Typhus
abdominalis-Falle ‘) im Institute sezieren, keinen weiteren beobachten
kbnnen.
Wahrend derartige Befunde also beim Typhus abdominalis zu den
Ausnahmen gehbren, scheint das Fehlen oder die geringe Ausbildung
einer Darmaffektion nach den bisher gemachten Beobachtungen bei
Paratyphus die Regel zu sein. Und es scheint mir weiter, daft diese
Annahme in den klinischen Symptomen eine Sttitze finde. Es zeigt sich
namlich, daft der Paratyphus eine leichtere Erkrankung als der Typhus
abdominalis darstellt, und es scheint zweitens diese Tatsache darauf zu
beruhen, daft der Darmkanal nicht immer oder wenn dann in leichterem
Grade und andersartig dabei affiziert erscheint Fur diese Auffassung
spricht, daft eigentlich ziemlich selten Diarrhden dabei auftreten, bloft
in 18 Proz. der Falle, wie Brion angibt, und dann die sehr selten zu
beobachtenden Darmhamorrhagieen — bis jetzt bloft in 5 Proz. der
Falle beobachtet. Ich glaube, daB diese klinisch beobachteten Tat-
sachen wirklich fflr die geringere Beteiligung des Darmes bei Para¬
typhus sprechen, denn sonst mhftten doch die Diarrhden dfters auftreten,
und ferner dafflr, daft, wenn der Darm auch dabei in Mitleidenschaft
gezogen wird, die Veranderungen desselben geringfflgigerer Natur sein
dttrften, da so selten Blutungen auftreten, die ja auch bei anderen
leichteren Darmaffektionen gelegentlich beobachtet werden oder aber
auch bei irgendwelchen anderen septikamischen Prozessen.
Ich glaube daher, daft Falle, bei denen klinisch die Symptome des
Abdominaltyphus aufgetreten waren und in denen anatom isch eine
Darmaffektion fehlt oder dieselbe vom typischen Charakter der bei
Typhus abdominalis vorkommenden abweicht, den Verdacht auf Para¬
typhus werden erwecken mflssen. Es wird aber auch dann immer nur
die bakteriologische Untersuchung die Diagnose sichern kdnnen und
durch diese eine Infektion mit Typhus abdominalis- oder Kruseschen
Dysenteriebacillen auszuschliefien sein.
1) Im Jahre 1899 17, 1900 15, 1901 27, 1902 28 Falle. Im Januar und Februar
1903 zusammen 15.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2.
Nachdruck verboten .
Experimentelle Untersuchungen iiber Krebs bei Mausen,
Von C. 0. Jensen,
Prof, an der tierarztlichen und landwirtechaftlichen Hochschule zu Kopenhagen.
Mit 4 Tafeln.
(SchluB.)
Untersucht man die Zellen in frischem Zustande, so findet man in
nicht gar wenigen kleine Fetttropfen eingelagert, nnd einzelne Zellen
scheinen das Objekt einer entschieden fettigen Degeneration zn
sein. In einigen der grdBeren Krebsalveolen trifft man in der mittleren
Partie haufig einen ZerfallprozeB an, so daB samtliche Zellen ab-
gestorben sind; diese haben zum Teil ihre auBere Form behalten, zeigen
aber keine bestimmte Struktur und keinen deutlichen Kern mehr, wie
sie sich auch nicht mittels der gewohnlichen Kernf&rbungsmethoden
f&rben lassen. Ihr AeuBeres erinnert an kolloid degenerierte Zellen, von
denen sie sich aber durch ihr Verhalten gegen mehrere Farbstoffe (z. B.
Malachitgrfln) unterscheiden. Oft ist die Grenze zwischen den lebenden
and den zerfallenen Zellenschichten eine sehr scharfe. Mitnnter findet
man eine Grenzschicht, die sich in geffirbten Pr¶ten durch ihre
intensive Farbe hervorhebt, die dadurch entsteht, daB der oft zerfallene
Kern sich diffus und besonders intensiv ffirbt. Rundzellen kommen in
den zerfallenen Partien gewohnlich nicht Oder nur vereinzelt vor, da-
gegen sieht man dann und wann homogene rundliche Korperchen in
nnd zwischen den Zellleibern liegen, welche die Farbstoffe, z. B. Hfima-
toxylin, aufnehmen und sich diffus farben (Pseudoparasiten, s. sp&ter).
In den groBeren Geschwtilsten sind die Krebsalveolen bedeutend
grCBer, die Bindegewebsziige zwischen denselben sind oft ganz diinn und
schmal, und fast ohne Ausnahme findet man im Innern der Alveolen
erhebliche Zerfallprozesse, so zwar, daB die Randpartie stets frische,
lebensfahige Zellen, gewohnlich mit ziemlich reichlichen Mitosen, zeigt
Sehr allgemein findet man in den SuBeren Teilen der Zellen des Krebs-
alveols zahlreiche rote Blutkorperchen, die zwischen den Krebszellen
liegen oder auch, worauf ich spater zuruckkommen werde, haufig in
diese aufgenommen sind.
In seltenen Fallen (besonders bei grauen Mausen), wo die Geschwulst
aus irgend einem Grunde sehr langsam angewachsen ist, kann man das
Bindegewebe stark entwickelt und zwischen den verhfiltnismafiig sp&teren
Krebsalveolen breite Ziige bildend finden. Die Zerfallvorgfinge treten
dann gewohnlich etwas weniger hervor, auch ist die Anzahl der Mitosen
meistens eine geringere.
In einzelnen Geschwtilsten fand ich Abiinderungen, die sich in ge~
wissen Beziehungen von den hier besprochenen unterscheiden. So
stiefien mir ein paarmal Bilder auf, die alien mbglichen Grund zu der
Annahme gaben, daB die Druckverh<nisse den lebhaft proliferierenden
Zellen recht ungiinstig gewesen waren, so daB diese stellenweise eine
von der gewohnlichen abweichende Form angenommen batten, indem
sie d(Inner, mehr langgestreckt, zum Teil sogar spulenformig geworden
worden, so zwar, daB ihre iibrigen Eigenschaften wie auch ihre eigen-
tiimliche Lagerung ganz dieselben geblieben waren wie in den anderen
Geschwtilsten. Einzelne Geschwttlste boten ein anderes eigentfimliches
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Jensen, Experimentelle Untersuchungen.fiber Krebs bei Mftusen.
123
Verhalten dar, indem in grofiem Umfange Ver&nderungen gefunden
warden, die ganz denjenigen entsprechen, welche unter anderem von
Pianese(9) unter der Bezeichnung „Keratohyalindegeneration u
beschrieben sind. Die von dieser Degeneration angegriffenen Zellen
liegen teils in den peripheren Partien der Krebsalveolen in der N&he
des Bindegewebsstromas, teils auch einzeln, fleckweise oder als diinne
Zfige tiefer im Innern oder sogar in der Mitte der Krebsalveolen. Die
Zellen sind an Form viel unregelm&fiiger als gewdhnlich, oft sehr lang-
gestreckt, zuweilen stundenglasffirmig and nehmen z. B. nach F&rbung
nach van Giesons Methode im Gegensatz zu den normalen Ge-
schwulstzellen S&urefuchsin and H&matoxylin in ihren Zellleibern auf, so
dafi sie als braunrote Zellen mit einem meist d iff us geffirbten Kern
hervortreten. Auch gegen andere Farbstoffe wie H&matoxylin, Alaun-
karmin, Pianeses Martiusgelb-S&urefuchsin-MalachitgrQn zeigen diese
Zellen die der Keratohyalinbildung eigentflmlichen Farbenreaktionen. In
ganz geringer Anzahl lassen derartig ver&nderte Zellen sich in den
meisten der nntersuchten GeschwQlste nachweisen. Vollig verhornte
Zellen kommen, wie wir spfiter sehen werden, nur fiufierst selten vor.
Die auf Tafel II wiedergegebenen Mikrophotographien werden flb-
rigens das mikroskopische Bild der Geschwulst veranschaulichen.
Wie ist diese Geschwulst nun aufzufassen, ist sie mit Recht als ein
Carcinom zu betrachten?
Der Umstand, dafi keine Metastasen vorkommen, kann in dieser
Beziehung nicht entscheidend sein, da wir ja auch z. B. beim Menschen
unzweifelhafte carcinomatdse GeschwQlste antreffen, die nicht von Meta-
stasenbildung begleitet sind, und, wie oben berflhrt, konnen wir auch
nicht aus dem Umstande, dafi die Geschwulst sich so leicht auf andere
Individuen Qbertragen l&fit, den Schlufi ziehen, es handle sich nicht um
ein echtes Carcinom. Da die ursprflngliche Geschwulst, wie bereits be-
merkt, nicht zu so eingehender Untersuchung kam, wie erwttnscht ge-
wesen ware, l&fit sich der sichere Beweis, dafi die Geschwulst ursprflng-
lich vom epithelialen Gewebe ausging, nicht mit absoluter Gewifiheit
fQhren. Der vQllig carcinomartige Bau, die scharfe Grenze zwischen
den Zellenhaufen und den Bindegewebszfigen, die kolloidahnliche Um-
bildung der Zellen in den zentralen Teilen der Krebsalveolen und nicht
zum wenigsten die keratohyaline Degeneration der Zellen sprechen jedoch
entschieden dafflr, dafi die Geschwulst wirklich epithelialen Ursprungs
ist. Uebrigens scheint es mir fflr die folgenden Arbeiten von ziemlich
untergeordneter Bedeutung, ob wir die Geschwulst als ein Carcinom
oder als ein Endotheliom betrachten wollen; dieselbe ist jedenfalls eine
wesentlichst aus Zellen gebaute Geschwulst, die sich durch stets fort-
schreitendes Wachstum auszeichnet, eine Geschwulst, die mithin ihrem
ganzen Charakter zufolge bdsartig ist und den malignen GeschwQlsten,
die wir am Menschen und an unseren Haustieren kennen, an die Seite
gestellt werden mull. Und es mag wohl ganz sicher sein, dafi die Er-
gebnisse, die sich durch experimentelle Untersuchungen
dieser Geschwulst gewinnen liefien, auch bei sp&teren
Untersuchungen fiber andere Gesch wulstform en Anlei-
tung zu geben vermOchten.
Uebertragung der Geschwulst auf andere weifie Mfiuse.
Aus der ursprfinglichen Maus wurden, wie schon gesagt, Impfungen
an 5 M&usen unternommen, deren drei von der Geschwulst angegriffen
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 2.
wurden. Die eine dieser drei starb 2 Monate nach der Irapfung und
hatte eine haselnuBgroBe, ziemlich weiche, etwa3 lappige Geschwulst an
der Impfstelle unter der RQckenhaut; es fanden sich keine Metastasen.
Die zweite vurde 3 1 ', Monate nach der Impfung getotet. Maus und
Geschwulst zusammen wogen 34 g, die Geschwulst allein 20. Diese
erstreckte sich fiber den groilten Teil des Rttckens als eine groBe knotige
Anschwellung; sie war der Haut adhfirent, diese war aber nicht durch-
ulceriert. Auch bei dieser Maus wurden keine Metastasen gefunden.
Die dritte Maus wurde l 1 /* Monate nach der Impfung getotet. Sie
hatte am Riicken eine Geschwulst von der GrSBe einer kleinen WalnuB;
dieselbe war stark lappig, etwas weich und in der Mitte ein wenig zer-
fallen; auch bei dieser Maus fanden sich keine Metastasen. Aus den
beiden zuletzt genannten Mfiusen wurden nun 10, resp. 6 Mause geimpft.
Bei 6 der 10 Mause entwickelte sich eine Geschwulst; aus der anderen
Abteilung wurden zwei 8 Monate nach der Impfung getotet, ohne Ge-
schwulstbildung zu zeigen, wkhrend sich bei den iibrigen vier Geschwfllste
von gewohnlichem Aussehen und betrachtlicher Gr8Be entwickelten.
Die Impfung geschah in alien diesen Fallen auf folgende Weise:
Die erkrankten Mause wurden durch Chloroform getotet, in Lysol-
wasser gelegt, mit einem reinen Tuche abgetrocknet und auf einem
Brette ausgespannt, worauf die Rtlckenhaut mittels steriler Instrumente
losdisseziert wurde. Man schnitt ein Stuck der Geschwulst heraus und zer-
quetschte dasselbe in einem sterilen M8rser, worauf man die zerquetschte
Geschwulst mit physiologischer Kochsalzlosung mischte. Von dieser
Fliissigkeit, die sich unter dem Mikroskope als viele freie Zellen und ganz
kleine Gewebsstuckchen enthaltend erwies, spritzte man darauf den Mausen
eine geringe Menge unter die Haut ein. Auf diese Weise haben wir
im Laboratorium eine groBe Anzahl Impfungen auf Mause unternommen.
In der letzten Zeit wandten wir dagegen moistens eine andere Impf-
methode an, indem wir ca. stecknadelkopfgroBe Stficke der Geschwulst-
masse abschnitten und diese mittels einer scharf geschlilfenen, einer In-
jektionsspritze angepaBten Kaniile im subkutanen Gewebe anbrachten;
die Stficke steckten wir in die Kaniile, fQhrten diese in die Subcutis
hinein und schoben darauf das Stfick mittels eines Stiletts hinaus.
Letztere Methode brachten wir in Anwendung, teils weil es gleich den
Anschein hatte, als gabe sie zuveriassigere Resultate, teils weil wir auf
diese Weise leichter zu verfolgen vermochten, was mit den eingefiihrten
Stuckchen geschah, und speziell brauchbares Material zur mikroskopischen
Untersuchung der Entwickelung der neuen Geschwulst beschaffen konnten.
Beim Zusammenzahlen der vorliegenden Resultate erwies es sich jedoch,
dafi die Injektion der zerquetschten Geschwulstmasse etwas bessere
Ergebnisse geliefert hat als die andere Methode.
Nehmen wir nur solche Versuche mit, wo es sich um einfache
Transplantation handelt, ohne daB das Gewebe vorher besonderer Be-
handlung unterworfen worden ware, so sind bis Ende Dezember 1902
im ganzen 844 Mause geimpft worden. 232 derselben starben im Laufe
der ersten 14 Tage, zu einem Zeitpunkte also, da das Resultat der Im¬
pfung sich noch nicht mit Sicherheit feststellen lieB (meistens wegen
beschwerlicher Geburt, an infektiosen Darmleiden, zuweilen an anderen
Infektionen). Unter den zurttckgebliebenen wurden 274 mittels Injek¬
tion der zerquetschten Geschwulstmasse geimpft, und bei 121 derselben
kam es zur Geschwulstbildung; an 338 wurde Impfung mittels einver-
leibter Stttckchen unternommen, und unter diesen wurden 128 von Ge-
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Jansen, Experimentelle Untereuchungen uber Krebs bei Mausen.
125
scbwfilsten angegriffen. Lassen wir in diesen Reihen aber einige einzelne
Impfungen an einer ziemlich grofien Anzahl von Tieren weg, wo das
Resultat ein vfillig negatives war, so stellt sich das Verhaltnis so, dafi
ungeffihr die Hfilfte der geimpften Tiere von Geschwulst-
bildung angegriffen wurde. Wie die genannten Ffille, in welchen
die Impfung ein vfillig negatives Resultat gab, zu erklaren sind, lfifit
sich noch nicht mit Bestimmtheit entscheiden. Es scheint nur wenig
wahrscheinlich, dies dem Umstande zuzuschreiben, dafi die Geschwulst
desjenigen Tieres, aus welchem geimpft wurde, plfitzlich gegen andere
Individuen vbllig „avirulent“ geworden sein sollte, wahrscheinliclier ist
die Annahme, dafi die geimpften M&use einem Stanime angehdrten, der
gegen die Einwirkung der Geschwulstzellen besonders widerstandsfahig
war, ein Verhalten, auf welches ich spfiter zurfickkommen werde.
Die Versuche erstrecken sich fiber 2 1 /* Jahre und die Uebertragung
von Tier auf Tier umfafit augenblicklich (Januar 1903) 19 Generationen.
In fast alien Fallen, wo es fiberhaupt zur Gescbwulstbildung kam,
war der Erfolg der Transplantation derselbe. Die einverleibten Stfick-
chen verschwinden im Laufe weniger Tage; in ca. 14 Tagen, ausnahms-
weise schon in 6—8 Tagen, kann man die Haut hindurch aufs neue ein
kleines Knotchen finden. Dieses wfichst wahrend der nfichsten Wochen
und erreicht in 2—3 Wochen die GrOfie einer Erbse bis die einer Bohne.
um darauf im folgenden Monat so grofi wie eine Walnufi oder darfiber
zu werden. Nach Verlauf von 2—3 Monaten kann die Geschwulst sehr
betrfichtlichen Umfang erlangen, so dafi sie den grofiten Teil des Rfickens
des Tieres einnimmt und sich bis auf die Seite erstreckt, und nicht
selten fibertrifl't ihr Gewicht, wie das oben angeffihrte Beispiel zeigt,
sogar erheblich das der Maus selbst In ganz einzelnen Fallen war das
Wachstum noch weit scbneller, so dafi sich in 4—6 Wochen riesige Ge-
schwfilste entwickelten; in anderen, ebenfalls aber nur ganz einzelnen
Fallen war das Wachstum ein ganz langsames, so dafi noch nach Ver¬
lauf mehrerer Monate nur erbsen- bis bohnengrofie Geschwfilste von
ziemlich fester Konsistenz gefunden wurden. Wfihrend die Geschwfilste
anfangs das Tier nicht zu genieren scheinen, tritt, wenn diese eine be-
deutende Grfifie erreicht haben, Abmagerung ein, und gewohnlich stirbt
das Tier in kachektischem Zustande. Nicht so gar selten wird die Ge¬
schwulst allmfihlich an die Haut adhfirent werden, dieselbe durchwacbsen
und durchsetzen, so dafi mehr oder weniger umfassende Ulcerationsbil-
dungen entstehen und die MS use an von diesen ausgehenden Infektionen
sterben konnen.
Es scheint, dafi die Beschaffenheit des eingeimpften Materials einen
nicht ganz geringen Einflufi auf das Resultat hat. Soweit ich zu sehen
vermag, wird das Resultat weniger sicher, wenn zur Impfung kleinere,
jfingere Geschwfilste benutzt werden, die noch in lebhaftem Wachstum
begriffen sind, wfihrend die Uebertragung sicherer zu sein scheint, wenn
man noch nicht zerfallene Stficke bereits grofi gewordener Geschwfilste
benutzt. Die Erklfirung ist vermutlich in dem Umstande zu suchen, dafi
man in jungen Geschwfilsten Massen von Zellen in Teilung findet, und
dafi solcbe Zellen besonders empfindlich sind und wahrscheinlich die
wenn auch kurze Unterbrechung des Stoffwechsels nicht ertragen kfinnen,
wfihrend man in den filteren Geschwfilsten weniger Mitosen und ver¬
mutlich mehr Zellen im „Stadium der Ruhe“ antrifft, wenn dieser Aus-
druck zulfissig ist
Es drfingt sich selbstverstfindlich eine Frage hervor: Wie kann
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXX TV. No. 2 .
es zugehen, dafi mehr als dieHfilfte der geimpfte n M&use
nicht von Geschwfllsten angegriffen werden? Rfihrt dies
einzig und allein von Zufalligkeiten her, so dafi keine genflgende Ver-
wachsung des einverleibten Stflckes mit dem lebenden Gewebe zu rechter
Zeit zn stande kam, oder beruht es anf Fehlern bei der eigentlichen
Impfung. anf eingedrnngenen Infektionsstoffen u. dgl., Oder ist die Ur-
sache endlich anderswo zu suchen? Ich bemerke hier, dafi kleine Zu-
ffilligkeiten naturlich gewifi eine Rolle spielen wie bei alien anderen
Transplantationen. Ferner geschieht es selbstverst&ndlich dann and
wann, dafi zugleich mit dem Stfickchen Mikroben eingefflhrt werden, and
mitunter kann man sehen, dafi die kleinen eingefflhrten Stflckchen, statt
resorbiert zu werden, sich nach und nach in eine dicke, breiige Masse
verwandeln, die von einer Bindegewebskapsel umgeben ist und in der
sich Bakterien nachweisen lassen. Im grofien und ganzen rflhren die
negativen Resultate aber gewifi von dem Umstande her, dafi eine grofie
Anzahl der M&use von vornherein immun sind, was ver-
mutlich heifit, dafi ihre Gewebss&fte auf die eingefflhrten Geschwulst-
zellen todliche Wirkung haben; wenigstens geht aus unseren Versuchen
hervor, dafi diejenigen M&use, die einmal geimpft wurden, ohne Ge-
schwfilste zu bekommen, durch sp&tere Impfungen nicht angegriffen
werden. Dieses Ergebnis ist indes nicht als ein absolut sicherer Beweis
aufzufassen, dafi die M&use von Anfang an immun gewesen seien, indem
ja sehr wohl denkbar ist, dafi die einmalige Impfung einen gewissen
Grad der Immunit&t erzeugt h&tte, so dafi die negativen Resultate
sp&terer Impfungen sich auf diese Weise erkl&ren liefien. Die Versuche
hinsichtlich dieses Punktes sind noch nicht abgeschlossen, weshalb ich
mich auf deren Besprechung nicht n&her einlassen werde, ich habe aber
guten Grund, zu hoffen, dafi sie fiber dieses Verh<nis hinl&ngliches
Licht verbreiten werden, das mir unter anderem fflr die Wertsch&tzung
der zahlreichen negativen, von anderen Forschern an Hunden und an¬
deren Tieren angestellten Transplantationen von grofier Wichtigkeit zu
sein scheint. Verh< es sich so, dafi eine Geschwulst, die wie die vor-
liegende sehr leicht flbertragbar ist, nur die H&lfte der geimpften Tiere
angreift, so kflnnte man sich ja sehr wohl denken, dafi andere Ge-
schwulstformen nur 1 / i , */io oder eine noch weit geringere Anzahl der
mit denselben geimpften Tiere angriffen; und dies fordert uns auf, uns
bei Versuchen in dieser Richtung nicht mit Impfung ganz weniger Tiere
zu begnflgen, sondern stets eine mflglichst grofie Anzahl anzuwenden.
Verschiedene Beobachtungen, auf die ich mich indes nicht n&her ein¬
lassen werde, scheinen denn auch anzudeuten, dafi vielleicht eine Art
Familiendisposition zur Geschwulst Oder umgekehrt eine Familienimmu-
nit&t gegen dieselbe vorliegt. Es dflrfte deshalb bei sp&teren Transplan-
tationsversuchen an Hunden guter Grund vorhanden sein, die Trans¬
plantationen soweit raoglich an Individuen zu unternehmen, die zu der-
selben Rasse gehdren wie der krebskranke Hund, Oder besser noch die
Versuche an Tieren anzustellen, die mit dem angegriffenen in naher
Verwandtschaft stehen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dafi wir auf diese
Weise im stande sein werden, weit sicherere Resultate zu erzielen, als
dies bisher mflglich war.
Uebertragung der Geschwulst auf Hausm&use.
Aufier an weifien M&usen wurden auch Impfungen auf graue Haus¬
m&use (Mus museulus) unternommen, von welchen die weifien be-
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Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei M&usen.
127
kanntlich eine Variet&t bilden. An fangs war es mit Schwierigkeiten ver-
bunden, die Geschwulst auf dieselben zu Qbertragen, indent mehrere
Impfungen an einer grofien Anzahl von M&usen ein vollig negatives
Resultat lieferten. Bei sp&teren Versuchen gelang die Impfung zu
wiederholten Malen, bei Transplantation aus einer weifien Maus wurde
aber nur eine geringe Anzahl angegriffen. So fiihre ich an, dad in
einer Versuchsreihe unter 10 grauen M&usen nur eine einzige angegriffen
wurde. Nachdem die Geschwulst erst einmal auf graue M&use Qber¬
tragen worden war, geschah die Uebertragung von grauer Maus auf
graue Maus etwas leichter; im grofien und ganzen wird jedoch unter
den grauen M&usen eine bedeutend geringere Anzahl angegriffen als
unter den weifien. Unter 84 derartigen Transplantationen gaben nur 27
ein positives Resultat.
Die Geschwulstbildung verl&uft Qbrigens bei den grauen M&usen in
allem wesentlichen ebenso wie bei den weifien, jedoch ist das Wachs-
tum h&ufig etwas langsamer; die Geschwulst erweist sich oft als etwas
reicher an Bindegewebe, wie sie auch nicht immer so betr&chtliche Grbfie
erreicht, als es bei weifien M&usen der Fall ist
Eine Uebertragung der Geschwulst von grauen M&usen auf weifie
zurQck erwies sich als sehr leicht, und die Geschwulst erlitt hierdurch
gar keine Ver&nderung.
Versuche der Uebertragung auf andere Tierarten.
Es wurden aufierdem Versuche angestellt, die Geschwulst auf andere
Tierarten zu Qbertragen, z. B. auf die W a 1 d m a u s (Mus sylvaticus),
die der Hausmaus aufierordentlich nahe steht. Leider war es mir nicht
mdglich, mir mehr als 2 Exemplare dieser M&useart zu verschaffen, und
das Resultat wiederholter Impfung war negativ. Die Uebertragung auf
Brandm&use (Mus agrarius ) (12 Exemplare) gab ebenfalls negatives
Resultat, und dasselbe gilt von Versuchen einer Uebertragung der Ge¬
schwulst auf Feldm&use (Arvicola agrestis ), Rotm&use ( Arvicola
glareola), Haselm&use (Myoxus aveUanarius ), weifie Ratten ver-
schiedenen Alters, Meerschweinchen, Kaninchen, Ziegen und
Enten. Bei s&mtlichen diesen Tieren wurden die einverleibten StQck-
chen, wie es scheint, im Verlaufe ganz kurzer Zeit reaktionslos resobiert;
nur ausnahmsweise erhielt sich eine Zeitlang ein kleines bindegewebs-
artiges Knotchen an der Impfstelle.
Transplantation Oder Infektion?
Es dr&ngt sich selbstverst&ndlich sogleich die Frage in den Vorder-
grund: Ist eine Geschwulst wie die vorliegende infektidsen Ursprunges?
Sind die besprochenen Uebertragungen von Tier auf Tier als Transplan¬
tationen zu betrachten, Oder liegt die Uebertragung eines Infektions-
stoffes vor, so dafi die neue Geschwulst von der reizenden Einwirkung
des Infektionsstoffes eben auf das Gewebe des Tieres herrQhrt?
Um diese Frage ins reine zu bringen, verfolgte ich sorgf<ig den
Verlauf der Impfung w&hrend der n&chsten Tage nach dieser an einer
grbfieren Anzahl von M&usen. Zu diesem Zweck legte ich wiederholt
kleine, stecknadelknopfgrofie GeschwulststQckchen in das subkutane Ge¬
webe. Die M&use wurden darauf mit dem Zwischenraum von einem
Tage getdtet, so dafi ich im stande war, GeschwulststQcke zu unter-
suchen, die 1, 2, 3, 4 u. s. w. Tage am neuen Aufenthaltsorte gelegen
hatten. Es zeigte sich nun bei diesen Untersuchungen, dafi die statt-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 2.
findenden Prozesse freilich stets dieselben sind, daB sie aber geschwinder
oder langsamer verlaufen kdnnen. In Kflrze wird man folgendes wahr-
n eh men:
Nach Verlauf von 1—2 Tagen findet man das eingelegte Stack fast
v611ig nekrotisch, die Zellen schwellen an and werden hydropisch, die
Kerne verlieren ihr Chromatin. Die Zellen lassen sich nicht mehr f&rben,
kdnnen aber noch 1 Oder 2 Tage als rundliche, eckige Kdrperchen ohne
bestimmte Struktur aussehen, um darauf zn einer Detritusmasse zu zer-
fallen (Taf. Ill, Fig. 5). Zwischen diesen zerfallenen Gewebsmassen
bemerkt man indes gewohnlich hie und da kleine Ansammlungen von
Zellen, die ihr normales AeuBere vollstandig behalten haben und sich
wie normale Zellen fSrben lassen (Fig. 9). Es kann keinem Zweifel unter-
liegen, daB diese Zellenhaufen, die nicht mit dem Qbrigen Gewebe zn
Grunde gegangen sind, ihre Lebensffihigkeit bewahrt haben. Die Detritus¬
masse verschwindet nun sehr schnell durch Resorption. Schon nach
Verlauf von 3—4 Tagen beobachtet man oft, daB das einverleibte Stflck-
chen bedeutend kleiner geworden ist; man findet, daB es jetzt wesentlich
aus Bindegewebe besteht, welches ein wenig hyalin umgebildet ist und
in grdBerer Anzahl Risse umschlieBt, die den nunmehr leeren, einge-
fallenen Krebsalveolen entsprechen. Hie und da findet man in den
Rissen noch ein wenig Detritusmasse, wie man auch an einzelnen Stellen
grdfiere Ansammlungen derselben sehen kann (Fig. 6). Die erhaltenen
Zellen liegen nun mehr oder weniger von dem dergestalt eingefallenen
Bindegewebe umschlossen. Ist das Stuckchen groBer, so trifft man er-
haltene Zellenhaufen nur in der Peripherie, nie in der Mitte an.
Wieder nach ein paar Tagen wird alles abgestorbene Gewebe resorbiert
sein, das Bindegewebe hat einen noch entschiedeneren hyalinen Charakter
angenommen, und fast alle Bindegewebszellen im zentralen Teile des
StQckes sind verschwunden. Zugleich beginnen im Umkreis und in den
peripheren Teilen des Stttckes eine Menge neugebildeter GefSBe wie auch
zahlreiche Fibroblaste aufzutreten. Die Oberlebenden Krebszellen befinden
sich in lebhafter Proliferation (Fig. 7); die Zellen sind kleiner als fruher,
die Kerne durchweg groB; Mitosen scheinen um diesen Zeitpunkt nicht
vorzukommen, eine Teilung der Zellen durch direkte Kernteilung oder
durch Fragmentation vermochte ich indes nicht sicher nachzuweisen.
Die Zellenhaufen sind stets von dem umliegenden Gewebe scharf abge-
grenzt (Fig. 10), und nie bemerkt man Bilder, die andeuten konnten,
daB solche Zellenhaufen von einer Proliferation von Fibroblasten oder
von anderen, dem Tiere selbst angehorenden Zellen herrOhrten. Was
aus dem ursprfinglichen, jetzt hyalin umgebildeten Bindegewebe wird,
das mit absoluter Sicherheit festzustellen war mir nicht mdglich. Es
scheint, als ob dasselbe allmahlich von der Peripherie an nach innen
von Fibroblasten und kleinen Gef&Ben durchwachsen wird, und aller
Wahrscheinlichkeit nach verfallt es deshalb gradweise der Resorption;
mfiglicherweise bleibt ein Teil desselben doch auch erhalten.
Wahrend der folgenden Tage dauert die Proliferation der Zellen-
massen an, so daB man 8—10 Tage spater oft eine ca. stecknadelknopf-
groBe Geschwulst von typisch carcinomatosem Bau antreffen kann, mit
zahlreichen, kleineren, von Zellen angefullten Krebsalveolen und spar-
lichen, jedoch deutlichen untermischten Bindegewebszagen (Fig. 8).
Nach aufien ist eine derartige kleine Geschwulst von zellenreichem
Bindegewebe umgeben, das sich ohne scharfe Abgrenzung bis ins um-
liegende Gewebe fortsetzt. Um diesen Zeitpunkt findet man in den
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Jensen, Experimentelle Untereuchungen fiber Krebs bei M&usen.
129
Zellen zahlreiche Mitosen, gewdhnlich tod vollig typischem normalen
AeuBeren. Die Krebsalveolen wachsen nun an, nnd nach Verlauf von
12—14 Tagen ist es nicht ungewohnlicb, in der Mitte der grdBeren be-
ginnende Zerfallsprozesse, wie oben erwahnt, anzutreffen.
Es l&Bt sichalsonicht bestreiten, dafiwires beidiesen
Uebertragungen der Gescbwulst von Tier auf Tier mit
einer echten Transplantation zu tun haben. Der grdfite Teil
des Gewebes wird allerdings nekrotisch, es bleiben aber kleine Zellen-
h&ufchen zurQck, die fQr die Entwickelung der neuen Geschwulst die
Grundlage bilden. Dies entspricht flbrigens ganz dem, was M o’r a u
rQcksichtlich seiner Carcinome fand und ebenfalls dem, was Loeb bei
seinen Rattensarkomen konstatierte.
In guter Uebereinstimmung hiermit stehen auch die Resultate von
Impfversuchen mit stark zerquetschter Geschwulstmasse.
Die Versuche wnrden auf etwas verscbiedene Weise angestellt Bei
einigen derselben wurde die Geschwulstmasse wie gewdhnlich in einem
Mdrser ausgerieben, darauf mit Kieselguhr gemischt und in einem znr
Pulverisierung von Bakterien konstruierten Walzenapparat zerquetscht,
am mit Sicherheit davon ansgehen zu kdnnen, daB keine lebenden Zellen
Qbrig geblieben waren; die Masse wurde hierauf den M&usen teils in
die exkoriierte Oberhaut eingerieben, teils in die Haut, unter dieser und
in die Bauchhdhle eingespritzt, stets aber mit negativem Resultat. Selbst
in solchen F&llen, wo ich die Geschwulstmasse nur stark in einem Mdrser
ausrieb und nach VerdQnnung mit Kochsalzldsung die FlQssigkeit durch
mehrere Schichten feiner Gaze filtrierte, so daB keine zusammenh&ngen*
den GewebsstQckchen mit hindurchschlupften, wurde das Ergebnis der
Impfung ein unsicheres, ja fast immer ein negatives.
Obgleich es folglich keinem Zweifel unterliegen konnte, daB die Ueber-
tragungen als wirkliche Transplantationen zu betrachten waren, hielt ich
meine Aufmerksamkeit selbstverst&ndlich dennoch auf die Frage ge-
richtet, ob sich in den GeschwQlsten nachweisbare Parasiten vor-
fanden.
Pr¶te gut fixierter Geschwulststflcke (wesentlich mit Zenkers
FlQssigkeit behandelt) wurden auf mannigfachste Weise gef&rbt: mit
Karbolmethylenblau, Karbolfuchsin mit nachfolgender Entf&rbung, nach
der von Russell angegebenen Methode, nach Gram, van Gieson,
Pianese u. s. w. An Pr¶ten, die nach diesen verschiedenen
Methoden behandelt worden waren, lieBen sich in einigen GeschwQlsten
Qberhaupt keine Bildungen konstatieren, die sich als Parasiten deuten
Oder solche auch nur vermuten lassen konnten. In anderen GeschwQlsten
dagegen fand ich, bald in sp&rlichen, bald in SuBerst grofien Mengen
verschiedene Kdrperchen, die zu den sog. „Zelleinschlttssen u zu z&hlen
sind. Einzelne derselben lagen frei, die meisten in den Zellen einge-
schlossen, in einzelnen GeschwQlsten kamen diese Kdrperchen auch im
Bindegewebe vor. In einigen Fallen handelte es sich urn runde, scharf-
begrenzte Kdrper, deren nahere Untersuchung sie mit Sicherheit als
rote Blutkdrperchen erkennen lieB (Fig. 11), indem sie die GrdBe
der letzteren hatten, auf dieselbe Weise wie diese gegen Farbstoffe
reagierten und eisenhaltig waren; naufig konnte man denn auch, wie
Olt dies bereits an Hundecarcinomen getan hatte, Mengen von roten,
freiliegenden Blutkdrperchen zwischen den Krebszellen nachweisen.
Die Hauptmenge der gefundenen Korper war jedoch anderer Art.
Nach van Giesons Methode gef&rbte Pr¶te zeigten oft im Innern
Eme Abt. Orig. Bd. XXXIV.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. BiL XXXIV. No. 2.
der Zellen kleine kugelige, homogene KSrperchen oder Trdpfchen, die
sich schwach braunlich-gelb f&rbten. Die kleinsten derselben waren
selbst bei ImmersionsvergrdBerung nicht viel mehr als punktformig,
andere dagegen von bedeutenderer Grofie. In einigen GeschwQlsten
fand sich eine geringere Anzahl derartiger Bildungen, die dafQr dann
erheblich groBer waren (Fig. 12). Meistens lagen sie innerhalb der
Zellen, h&ufig aber auch zwischen diesen; sie stellten homogene, kngelige
oder etwas unregelmaBig gestaltete Korper ohne Spur eines Kerns dar.
Sie f&rbten sich nach van Giesons Methode br&unlichgelb. In einigen
derselben konnte man im Innern kernahnliche Flecke nachweisen (Fig. 13);
diese Flecke waren ebenfalls vollig homogen ohne Spar von Struktur,
zeichneten sich aber dadurch aus, daB sie sich bei der erw&hnten Ffirbung
dunkelbraun farbten. Einige dieser Flecke waren von geringer Gr8Be,
andere von recht bedeutendem Umfang, so daB sie den gelblichen Kdrper
fast ganz ausfflllten. H&ufig fand man 2 oder noch mehr, langgestreckte,
unregelm&Bige oder rundliche Flecke der genannten Art, die man mit
etwas gutem Willen vielleicht als Kerne deuten konnte. In einzelnen
Fallen traf ich in besonders groBen Korperchen sogar eine Anzahl runder
Kfigelchen an, so daB der ganze Kdrper einem Schmarotzer mit Sporen
ahnlich sein konnte (Fig. 14). Wie diese ZelleinscklQsse eigentlich zu
deuten sind, muB ich dahingestellt sein lassen; von Blastomyceten
kann hier jedenfalls nicht die Rede sein, obschon diese
Korperchen ja grofie Aehnlichkeit mit denjenigen Bildungen darbieten,
die in den Geschwiilsten gefunden und als solche beschrieben worden
sind. Verfolgt man diese Bildungen von den ganz kleinen Punkten und
Tropfchen in den Zellen an bis sie betr&chtlichere Grofie erreicht haben,
so erhalt man mehr den Eindruck, daB es sich um eine Art intra-
zellularer Sekretion oder, wenn man so will, um eine kolloidahnliche
Degeneration handelt. Diese Korperchen behalten zum Teil ihre Fuchsin-
farbe bei Entfarbung mit Saure und verbleiben farbig nach Grams
Methode, wahrend sie dagegen, nach Russ ells Methode gef&rbt, sich
h&ufig mehr oder weniger entfarben. Von kollolden Bildungen unter-
scheiden sie sich u. a. dadurch, daB sie mit Malachitgrun nicht stark ge¬
farbt werden.
In Praparaten, die nach der von B o r r e 1 (10) angegebenen Methode
gefarbt worden waren, wies ich in einzelnen Geschwiilsten eine aller-
dings nur ganz geringe Anzahl Bildungen nach, die den von Sawtchenko
und Borrel angegebenen entsprechen, und die den Untersuchungen
des letzteren zufolge vermutlich ja als blofie Zentrosomen zu
deuten sind.
Wie friiher erwahnt, fand in einzelnen Geschwiilsten eine Kerato-
hyalindegeneration statt. Die von dieser Umbildung betroffenen Zellen
haben, wie oben bertihrt, ein ziemlich unregelmaBiges, oft langgestrecktes,
ja keulen- oder stundenglasfdrmiges AeuBere, wie sie sich auch durch
die recht homogene Beschaffenheit des Kerns von den gewohnlichen
Zellen wesentlich unterscheiden. Diese Zellen, die teils zerstreut zwischen
den anderen Krebszellen lagen, teils in grofierer Anzahl gesammelt waren,
namentlich in den peripheren Teilen der Krebsalveolen, ahneln v8llig
den von Pianese (11) abgebildeten kerato-hyalin degenerierten Zellen,
die er mit Korotnefs „Schmarotzern“ :Rhopalocephalus carcino-
matosus identifiziert. Einzelne der solchergestalt umgebildeten Zellen
waren abgeplattet und gekriimmt und lagen unmittelbar an einer anderen
Zelle (Fig. 15); mitunter fand sich eine Krebszelle von zwei solchen ab-
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Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei Mfiusen.
131
geplatteten, gekrflmmten Zellen umgeben, die eine Art Kapsel am die
Krebszelle bildeten (Fig. 16); die vdllige Verhornung derartiger Zellen
kann die Bildung von Pseudococcidien veranlassen. Auch in
•einer anderen Weise kdnnen coccidien&hnliche Kdrpercben entstehen;
so fand ich wenige Male in den Geschwfllsten eine eigentQmliche Um-
bildung einzelner Zellen; der Korper derselben war homogen, licht-
brecbend geworden and zagleich stark verkleinert, so daft die Zelle als
ein freies, ovales KQrperchen zwischen den gewdhnlichen Zellen liegt;
die Kerne kQnnen eine Zeitlang ihre ursprQngliche Gestalt behalten,
werden aber nach und nach homogen.
Bakterien liefien sich bei mikroskopischer Untersuchnng nie in
den GeschwQlsten konstatieren. Die verschiedenen GeschwQlste ent-
hielten, wie oben berflhrt, eine verschiedene Anzahl der genannten
Pseudoschmarotzer. In einigen waren diese iiberhaupt nicht zu kon¬
statieren, in anderen aber in groBer Menge vorhanden. In grSBter
Menge fand ich sie in einer ganz frischen Geschwulst, die ich ca. 10 Tage
nach der Impfnng untersuchte, ferner in einer Geschwulst, die sich in-
folge einer Serumbehandlung teilweise in Zerfall nnd Resorption befand,
and endlich bei einer grauen Mans in einer Geschwulst, die sich sehr
langsam entwickelte, reich an Bindegewebe war und keratohyaline Urn-
bildung eines grofien Teiles der Krebszellen zeigte.
Aufier diesen mikroskopischen Untersuchungen wurden ziemlich um-
fassende ZQchtungsversuche mit aseptisch herausgenommenen Ge¬
schwiilsten angestellt, indem zur Verwendung kamen: gewdhnliche Gelatine,
Agar-Agar, Serumagar, Agar mit Zusatz von AscitesflQssigkeit, erstarrtes
Serum, Zwetschengelatine, Bouillon und Bouillon mit Zusatz von Serum,
bezw. AscitesflQssigkeit. Die besaeten Glaser wurden teils bei Kdrper-
temperatur, teils bei Zimmertemperatur erhalten; es wurden Methoden
angewandt. die aerobes Wachstum gestatteten, auBerdem aber auch solche,
die zur Zflchtung anaerober Formen benutzt werden. Nur wenige
Male entstanden Kulturen einer kleinen Bacillenart, die sich als fur
M&use durchaus unschadlich erwies, und die vermutlich'einige Generationen
hindurch von Geschwulst auf Geschwulst mitgeschleppt worden war.
Sp&ter wurde die Bacillenform nicht wieder beobachtet. Kulturen
von Blastomyceten kamen nie vor.
Die mikroskopischen Untersuchungen und die ZQchtungsversuche
leisteten also der Annahme, daB die Geschwulst infektiOser Entstehung
sein sollte, durchaus keinen Anhaltspunkt. Der Nachweis der Persistenz
der Zellenhaufen bei der Uebertragung und die negativen Resultate
nach Einimpfung der zerquetschten Geschwulstmasse widersprechen ent-
schieden der parasit&ren Entstehung der Geschwulst, wenn sie auch nicht
vdllig ausschlieBen, daB es sich urn eine Symbiose von Zellen mit einem
vermutlichen Schmarotzer handeln kann. Die zahlreichen, im folgenden
zu referierenden Versuche Qber die Widerstandsfahigkeit des Schwulst-
gewebes gegen Qufiere Einwirkungen zeigen, daB das Geschwulstgewebe
sich in dieser Beziehung wesentlich wie anderes tierisches Gewebe ver-
halt und sprechen mithin ebenfalls gegen die parasit&re Entstehung der
Geschwulst
Vita propria der Zellen.
Da es mir von nicht geringem Interesse schien, zu sehen, wie wider-
standsf&hig gegen verschiedene QuBere Einwirkungen das Krebsgewebe
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 2.
ist, warden ziemlich amfassende Reihen von Versuchen angestellt, toils
fiber die Lebensffihigkeit des Gewebes, nachdem es vom Organismus
getrennt worden war, toils fiber dessen Wider standsffihigkeit gegen
Wfirme, Kfilte, intensives Licht, Eintrocknen und gegen die Einwirkung
gewisser Antiseptica.
Die Versncbe hinsicbtlich der „Vita propria“ des Krebsgewebes
warden folgendermafien ansgeffibrt:
Nach Tdtnng der Maas darch Chloroform schnitt man nnter anti-
septischen Mafiregeln Geschwalststficke aas, die in sterilen Reagenz-
gl&sern angebracht warden, wo sie verscbiedene Zeitr&ume hindurch
blieben; daraaf fand Impfung statt and in der Regel warden za jedem
Versucbe 5 Mfiuse benutzt. In den meisten Fallen wurde die Geschwulst-
masse zerqnetscht, mit KocbsalzlOsang aasgerieben and auf obengenannte
Weise eingespritzt; nur bei einzelnen Versuchen geschah die Impfung
mittels Einverleibang kleiner Geschwalststficke. Da es von vornherein
wahrscheinlich war, daB die Lebensffihigkeit der Zellen sich als ver-
schieden erweisen wfirde, je nachdem dieselben sich in hdherer oder
niederer Temperatnr befanden, warden 3 Reihen von Versuchen an¬
gestellt. In der einen warden die Glfiser bei Kdrpertemperatar aufbewahrt,
bei der zweiten standen sie im Laboratorium bei ca. 16—18° C, wfihrend
sie in der dritten Reihe bei einer Temperatur, die zwischen 1 and 3
bis 4° C variierte, in einem Eisschrank anfgehoben waren.
Zur Impfung wandte man bei den Versuchen, die man zu vergleichen
wfinschte, soweit mfiglich Stficke derselben Geschwulst an, die, aaf
Reagenzglftser verteilt, z. B. 2, 4, 6, 8, 12, 20 Tage lang aufbewahrt
warden. In sfimtlichen Fallen gaben Kontrollimpfungen mit dem zum
Versuche angewandten Geschwulstgewebe ein positves Resultat.
Das Ergebnis der ersten Reihe von Versuchen ist aus beigeffigtem
Tab. I. Versuche mit bei 37° C aufbewahrtem Geschwulstgewebe.
Das Ge¬
schwulstge¬
webe hatte
gelegen
Anzahl der
geimpften
Mause
Zu friih ge-
storbene
Mause
Mause mit
negativem
Resultat
Mause mit
positivem
Resultat
24 Stunden
4
4
_
__
Das Gewebe vol-
48 „ {
4
4
—
4
4
0
; o
lig zerfalien
72 „
4
2
2
o
Schema zu ersehen and war in Kflrze folgendes: Das Geschwulstgewebe
erwies sich auCer stande, sich 24 Standen lebend za erhalten, indem
keine der mit solchem Gewebe geimpften Mfiuse von Geschwfilsten an-
gegriflFen wurde.
Wurde das Geschwulstgewebe bei gewdhnlicher Zimmertemperatur
aufbewahrt, so zeigte es sich im Besitze bedeutend grofierer selbstfindiger
Lebensffihigkeit. Wie die Uebersichtstabelle angibt, war nicht nur Ge¬
schwulstgewebe, das 24 Stunden gelegen hatte, im stande, nach Ein-
impfung GeschwUlste zu erregen, sondern auch nach 2—12-tfigigem Auf-
bewahren hatte die Lebensffihigkeit des Gewebes sich erhalten, so daB
nach Impfung auf Tiere positive Resultate erschienen. Bei lfingerem
Aufbewahren starben die Zellen und die Transplantationsversuche mit
solchem Gewebe gaben negatives Resultat.
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Jensen, Experimentelle Untersuchungen liber Krebs bei Mftusen. 133
Tab. II. Das Geschwulstgewebe bei Zimmertemperatur aufbewahrt.
Das Ge¬
schwulstge¬
webe hatte
gelegen
Anzahl der
Zu friih ge-
Mause mit
Mause mit
geimpften
storbene
negativem ,
positivem
Mause
Mause
Besultat
Besultat
1 Tag
5
2
0
3
2 Tage {
4
4
—
3
2
1
2
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4
—
4
0
8 „
4
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1
3
12 • {
4
4
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3
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3
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4
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16 ,
4
—
4
0
18 ,
4
—
4
0
Wurde das Gewebe im Eisschranke aufbewahrt, so erhielt es sich
noch linger lebend, indem ich noch, nachdem es 18 Tage lang gelegen
hatte, positiven Ausfall der Impfung erhielt.
Tab. III. Dae Geachwuletgewabe bei 1—3° C im Eisschrank aufbe¬
wahrt.
Das Ge¬
schwulstge¬
webe hatte
gelegen
Anzahl der
Zu friih ge-
Mause mit
Mause mit
geimpften
Mause
storbene
Mause
negativem
Besultat
positivem
Besultat
24 StundenJ
5
6
3
2
2
3
1
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5
—
2
3
2 Tage
4
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2
2
3 -
4
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2
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2
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3
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1
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4
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2
2
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4
1
1
2
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4
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2
2
4
1
3
0
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4
4
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4
4
0
0
22 ,
4
1
3
0
24 , 1
4
—
4
0
Dieser in die Augen fallende Unterschied der Versuchsreihen l&fit
sichziemlichsicherfolgenderweiseerkl&ren: DieZellen sind, solange
siebeiEdrpertemperatnrgehaltenwerden, nicht im stande,
den Stoffwechsel zu entbehren, und wird dieser unler-
brochen, wieimVersnche, fallen sie schnell demTodean-
heim; werden sie dagegen bei niederenTemperaturen auf¬
bewahrt, so fallen sie in eine Art Ruhezustand, w&hrend
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134 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIY. No. 2.
dessen sie den Stoffwechsel lange zu entbehren ver-
radgen x ).
SelbstverstSndlich erhalten wir bei einer Versuchsanordnung wie
dieser keine vdllig klare und genaue Auskunft darilber, wie lange die
Zellen sich nach dem Tode der Mans unter den verschiedenen Verhfilt-
nissen am Leben erhalten haben, indem man ja nicht behaupten darf,
die Zellen seien in den Fallen, wo man negatives Resultat der Impfung
erhielt, schon vor dieser abgestorben; es ist ja sehr wahrscheinlich, dafi
Zellen, die noch lebend sind, sich aber in geschwachtem Znstande be-
finden, sich unter den nenen Umgebungen nach der Transplantation
weit schwieriger zurechtfinden und deshalb auch leichter unterliegen
werden. Die Versuche geben aber doch leidliche Haltepunkte fiir die
Beurteilnng der selbst&ndigen Lebensfahigkeit der Zellen.
Vergleichen wir die hier mit dem Geschwulstgewebe erreichten
Resultate mit dem, was wir fiber die Lebensfahigkeit der normalen
Epidermis wissen, wie Transplanstationsversuche dieselbe dargelegt haben,
so linden wir, dafi das Geschwulstgewebe im Besitz einer etwas ge-
ringeren Lebensfahigkeit ist als die normale Oberhaut. So
kann angeffihrt werden, dafi Wentscher (12) mit Hfilfe von Trans-
plantationsversuchen nachwies, wie die Epidermis 22 Tage lang ihre
Lebensfahigkeit zu erhalten vermag, und dafi Ljunggren (13), der
Epidermisstfickchen in steriler Ascitesflfissigkeit aufbewahrte, noch nach
Verlauf eines Monats das Gewebe lebend fand, so dafi Transplantation
mit demselben positives Resultat lieferte. Unter anderen Versuchen, die
sich zum Vergleich heranziehen lassen, kdnnen wir besonders Donatis
und Solieris (14) Experimente mit Periost von Hiihnern nennen; sie
erlangten positives Resultat, wenn das Gewebe nicht fiber 192 Stunden
bei 3—6°, 168 Stunden bei Zimmertemperatur oder 100 Stunden bei
40—41° gelegen hatte.
Die Einwirkung hdherer Temperaturen auf die Lebens¬
fahigkeit des Geschwulstgewebes.
Die Versuche wurden folgendermafien angestellt: Das Geschwulst¬
gewebe wurde in einem Mdrser zerquetscht, in Kochsalzldsung ausge-
rieben und in dfinnen Reagenzglasern angebracht, die ein Thermometer
enthielten. Darauf tauchte man die Reagenzglaser in heifies Wasser, bis
die erwfinschte Temperatur erreicht war, was gewdhnlich nur l / 4 Minute
dauerte, und brachte dieselben nun in einem Wasserbade von deijenigen
Temperatur an, deren Einwirkung man zu untersuchen wfinschte. Um
den Versuch nicht gar zu umfassend zu machen, wurden nur Unter-
suchungen fiber die 5 Minuten dauernde Einwirkung der verschiedenen
Temperaturen angestellt, und die gewfihlten Temperaturen waren 45, 46,
47, 48, 50 und 55°.
Wie aus dem Schema hervorgeht, war die Einwirkung von
45—46° nicht im stande, das Geschwulstgewebe zu tdten,
w&hrend wir dagegen bei Temperaturen von 47° oder
darttber stets ein negatives Resultat der Impfung er-
hielten.
Des Vergleiches wegen ffihren wir rficksichtlich des normalen Ge-
lj Bei der Aufbewahmng bei Korpertemperalur tritt eine teilweiae Selbstverdauung
ein; die Fermententmckelung steht aber walirscheinlich in Verbindung mit dem Ab¬
ater ben der Zellen.
Digitized by t^.ooQle
Jen gen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei Mftusen. 135
Tab. IV. Das Geschwulstgewebe erwarmt und darauf eingeimpft
Temperatur
Dauer
Anzahl der
geimpften
Mause
Zu friih ge-
storbene
Mause
Anzahl der
M&use mit
negativem
Resultat
Anzahl der
Mause mit
positivem
Resultat
45 0
5 Min.
4
_
2
2
46°
—
4
2
1
1
46 0
—
4
1
3
0
47 0
—
4
1
3 1
0
48°
—
4
—
4
0
50°
—
5
—
5
0
55°
—
4
—
4 1
1 0
vebes an, daB Wentscher durch Transplantationsversuche zu kon-
statieren vermochte, daB die Epidermis noch nach 14-stiindiger Erhitznng
auf 50° lebensffihig war. Auch gegen diese Einwirkung ist das Ge-
schwulstgewebe also weniger widerstandsfahig als das normale Gewebe.
Der EinfluB starker Abkfihlung auf die Lebensf&higkeit
des Geschwulstgewebes.
Besonderes Interesse dttrften die Untersuchungen fiber die Ein¬
wirkung der Kfilte auf das Geschwulstgewebe darbieten, da das Gefrieren
bekanntlich als Heilmittel gewisser Geschwulstformen in Vorschlag ge-
bracht worden ist (Howitz).
Die Versuche wurden folgendermaBen ausgefiihrt: Man rfihrte die
zerriebene Geschwulstmasse in physiologischer Kochsalzlosung aus und
brachte sie in dfinnwandigen Reagenzgl&sern an, die mit einem Thermo¬
meter versehen in die verschiedenen K<emischungen getaucht wurden;
es war mit ziemlich grofien Schwierigkeiten verbunden, die Glfiser mehrere
Minuten lang bei derselben Temperatur zu erhalten, soweit moglich wurde
dies jedoch durchgeffihrt, und groBe Schwankungen traten nicht ein. Man
benutzte zu hdheren Temperaturen Mischungen von Salz, Eis und Wasser,
zu groBeren Kfiltegraden Mischungen von Schnee und Chlorcalcium, ferner
Kohlens&ureschnee und Mischungen desselben mit Alkohol, bezw. Aether,
und endlich zu einem einzelnen Versuche flfissige Luft. Auf diese Weise
erreichte man Temperaturen zwischen -f- 1 und wahrscheinlich ca. h- 180°.
Das Resultat der Versuche geht aus untenstehender tabellarischer
Tab. V. Das Gesch wulstgewebe stark abgekuhlt und darauf einge¬
impft
Temperatur
Dauer
Anzahl der
geimpften
Mause
Zu friih ge-
storbene
Mause
Anzahl der
Mause mit
negativem
Resultat
Anzahl der
Mause mit
positivem
Resultat
ca. -f- 180°
4—5 Min.
4
_
4
0
ca. -r 100 »
ca. 10 „
4
1 _
4
0
o
O
•1-
ca. 10 v
4
—
4
0
-f- 20°
3 ,
4
—
4
0
-r 18°
5 n
4
—
2
2
~ 16—17°
5 »
4
1
2
1
~ 12°
5 -
4
—
2
2
|
30 ,
4
1
3
0
-7- 10° {
10 ,
4
—
3
1
1
3 .
4
—
4
0
— 5°
3 ,
4
1
2
1
2°
2 .
4
1
2
1
Digitized by t^.ooQle
136
Centralbl. f. Baku etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Uebersicht hervor, aus der zu ersehen ist, daB eine 10 Minuten dauernde
Abkfihlung auf -f- 10® das Gewebe nicht zu tOten vermochte, wfihrend
die 30 Minuten dauernde Einwirkung derselben Temperatur dazu im
stande war. Eine kurze oder sogar 5 Minuten lange AbkUhlung auf
Temperaturen von -f- 12, 16 und 18° vermochte ebenso wenig das Ge¬
webe zu t5ten, wkhrend dies dagegen durch eine 5 Minuten anhaltende
Abktthlung auf niedrigere Temperatur, wie es schien, mit Sicherheit be-
wirkt wurde.
Es ist selbstverstandlich schwer, mittels derartiger Versuche durch-
aus genaue und zuverlassige Resultate zu erzielen, weil man wohl kaum
sicher sein kann, daft samtliche Teile der Geschwulstmasse genau gleich
stark abgekfihlt sind, ferner weil die Impfungen ohnehin nicht immer
ein absolut zuverlassiges Resultat geben, indem, wie frtiher hervor-
gehoben, mitunter Falle vorkommen, wo man nach Impfung von z. B.
5—10 Mausen nicht einmal bei der Halfte, sondern nur bei ganz einzelnen
Anschlag erhalt Da die Versuchsresultate aber in so guter Ueberein-
stimmung miteinander stehen, wird man den obengenannten SchluB jedoch
mit ziemlicher Sicherheit ziehen kdnnen. Was hier von den Abkflhlungs-
versuchen gesagt wurde, gilt im wesentlicben natttrlich auch von den
Erhitzungsversuchen und anderen Versuchsreihen, die im folgenden ge-
nannt werden.
Die todliche Wirkung des Lichtes auf das Geschwulst-
gewebe.
Versuche fiber die todliche Wirkung des Lichtes auf die Geschwulst-
zellen wurden in Finsens medizinischem Lichtinstitute unter
Leitung des Dr. Hans Jansen, Assistenten am Laboratorium an-
gestellt.
Zur Beleuchtung wurde ein Finsenscher Konzentrationsapparat
(15) angewandt, wie dieser zur Behandlung der Lupuspatienten benutzt
wird. Die Lichtquelle war eine Kohlenbogenlampe von ca. 70 (65 —70)
Amp&res, die Stromstfirke ca. 50 (48—51) Volt; die Dicke der Kohle
^ mm ; der Diameter der Frontlinse war 8 cm, deren Entfernung von
22 mm °
der Lichtquelle 13 cm. Die Lichtst&rke entsprach im wesentlichen der
bei der Behandlung des Lupus zur Anwendung kommenden.
Die Versuche geschahen folgendermafien: Die Maus wurde ge-
tOtet; die Geschwulst wurde losdisseziert und in einer sterilen Glas-
schale angebracht, und aus den am wenigsten zerfallenen Teilen der¬
selben wurden kleine Stfickchen ausgeschnitten. Zur Beleuchtung wurde
ein von Dr. Jansen (16) konstruierter und abgebildeter Apparat an¬
gewandt, welcher aus 2 Quarzplatten besteht, die dergestalt in einer
Einfassung von Messing angebracht sind, daB sie sich mehr oder weniger
eng aneinander pressen lassen. Wir legten die Gewebsstttckchen zwischen
die Quarzplatten und drfickten diese gegeneinander, so daB wir # eine
gleichmfiBige, dttnne Schicht halbzerquetschter Geschwulstmasse be-
kamen. Soweit moglich, vermieden wir die Benutzung von Geschwulst-
stficken, welche zerfallene Stellen oder sichtbare Mengen Blutes ent-
hielten. Die kleine Quarzkapsel mit dem Geschwulstgewebe brachten
wir im Lichtkegel des Konzentrationsapparats an und zwar in solcher
Entfernung von letzterem, dafi sie sich ein wenig hinter dem Brenn-
punkte an einer Stelle befand, wo der Kegel einen Durchmesser von
18 mm hatte, Durch Ueberrieselung beider Seiten der Quarzschachtel
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Jensen, Experimentelle Untersuchungen flber Krebs bei Mftusen.
137
mit Wasser verhinderten wir die Erw&rmung der Gewebsstiicke auf
Temperaturen flber 25—30° C.
Nach verschiedene Zeit andauernder Beleuchtung impften wir die
Geschwalstteile auf gewdhuliche Weise in die Subcutis weifier Mause
ein; zu jedem Versuche wurden in der Regel 5 Mause benutzt, und der
Sicherheit wegen wurde stets zugleich Impfung mit nichtbeleuchteten
Teilen des Geschwulstgewebes an einer gleichen Anzabl M&usen unter-
nommen.
Es wurden 5 Reihen von Versuchen ausgefflhrt; die erste mit
dickeren Schichten Geschwulstmasse, die flbrigen mit 0,2 mm dicken
Schichten; in den beiden ersten Versuchsreihen wurde das Gewebe nur
von der einen Seite beleuchtet, in den flbrigen wurde die Quarzkapsel
dagegen nach Verlauf der halben Beleuchtungsdauer so gedreht, dad
nun die entgegengesetzte Flflche der Lichtquelle zugekehrt war; hier-
durch erzielte man die gleichm&fiigere Beleuchtung der gesamten Ge-
websmasse.
Das Ergebnis der Versuche ist aus untenstehenden Tabellen zu er-
sehen.
Tab. VI. Einwirkung des Lichtes. — Die Versuchsreihen I — II.
Dicke
Dauer
der
Beleuchtung
Anzahl
Zu friih
Mause
Mause j
der
der
j gestor-
mit
1 mit
Gewebs-
masse
geimpften
Mause
bene
Mause j
negativem
Res ul tat
positivem
Resultat !
1 mm
1 Stunde
5
4
0 i
1
Versuchsreihe I.
0,5 „
15 Minuten
5
1
1
3
(Die Stromstarke bei
5 „
5
_
4
1
► diesem Versuche
Kontrolle
(nicht be¬
schwacher, ca. 60 Am¬
leuchtet)
5
1
1
3
peres.)
0,2 mm
2 Stunden
5
—
5 1
0
1 Stunde
5
—
5
0
V
/ >2 ))
4
—
4
0
> Versuchsreihe 11.
Kontrolle
(nicht be¬
leuchtet)
1 5
_
2
1 3
War das Gewebe 1 mm dick, so vermochten die Lichtstrahlen also
nicht, dasselbe in dem Umfange zu durchdringen, dafi das Gewebe ge-
tOtet wurde, selbst bei lange andauernder Beleuchtung. Bei einer Ge-
websdicke von 0,5 mm war auch eine 15 Minuten dauernde Einwirkung
des Lichtes hierzu nicht genflgend, w&hrend eine Va-stfindige Beleuch¬
tung nur 0,2 mm dicker Gewebsscheiben mit Sicherheit tddlich auf die
Zellen wirkte.
Die folgenden Versuchsreihen wurden alle drei auf dieselbe Weise,
mit derselben Dicke des Gewebes und mit Beleuchtung beider Seiten
(s. oben) ausgefflhrt.
Es geht hieraus hervor, dafi das intensive Licht die Ge-
schwulstzellen leicht totet. Es lfifit sich nicht entscheiden, wie
kurz die Einwirkung zu sein braucht, um die einzelnen Zellen zu toten;
aus den beiden letzten Versuchsreihen ist indes ersichtlich, dafi samt-
liche Gewebsteile einer 0,2 mm starken Schicht nach Verlauf von 1—2
Minuten getotet waren, wenn die Beleuchtung, wie angeftthrt, abwechselnd
beide Fl&chen der Schicht getroffen hatte. In Uebereinstimmung mit
frflheren Erfahrungen und Beobachtungen haben die Versuche zugleich
dargetan, dafi die wirksamen Lichtstrahlen nur in verhaltnism&fiig ge-
ringem Grade im stande sind, in die Gewebe einzudringen, und dafi
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138
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Tab. VII. Die Versuchsreihen III—V.
Dicke
Dauer
der
Beleuchtung
Anzahl
Zu friih
Mause
Miiuse 1
der
der
gestor-
mit
mit
Gewebs¬
masse
geimpften
Miiuse
bene
Miiuse
negativem
Resultat
positivem
Resultat |
0,2 mm
30 Minuten
5
_
5
o
20 „
5
1
4
0
10 „
5
—
5
0
Versuchsreihe III
Kontrolle
(nicht be-
leuchtet)
5
_
4
1
0,2 ram
10 Minuten
5
3
2
0
5 „
5
1
4
0
2 V
1 Minute
4
4
4
1
0
3
> Versuchsreihe IV
Kontrolle
(nicht be-
leuchtet)
5
3
0
I
2
0,2 mm
10 Minuten
5
—
5
0
5 „
5
4
1
0
2 »
1 Minute
5
5
2
1
3
4
0
0
Versuchsreihe V
Kontrolle
j (nicht be-
l leuchtet)
5
—
3
2
ihre Wirkung auf die Zellen, nachdem sie eine nur 0,5 mm dicke Ge-
websschicht passiert haben, schon erheblich abgeschw&cht ist, wenn man
auch bei mehr als 15 Minuten andauernder Beleuchtung wahrscheinlich
die Destruktion einer Gewebsschicht von dieser Dicke erreichen wird.
Das Resultat der Versuche bietet gewisses Interesse dar, weil man
noch nicht ganz dariiber im Reinen ist, inwiefern man bei Behandlung
des Lupus (und des Cancer) mit Licht wesentlichst mit einer direkt
todlichen Wirkung auf die Schmarotzer und die patbologischen Zellen
Oder nur mit einer indirekten Wirkung mittels hervorgerufener Zirkula-
tionsanderungen zu schaffen hat, eine Frage, die gegenw&rtig im Licbt-
institute naherer Untersuchung unterworfen wird.
Die Wirkung der Eintrocknung des Geschwulstgewebes.
Es war sehr wahrscheinlich, daC das Geschwulstgewebe — wie die
tierischen Zellen fiberhaupt — sich sehr empfindlich gegen Eintrock¬
nung zeigen wfirde. Es wurden, um dies zu illustrieren, 3 Versuche
angestellt
Ein Stttck einer Geschwulst wurde im Morser verrieben; die Masse
wurde in 2 sterilen Glasschalen ausgebreitet; die eine wurde 3 1 /, Stun-
den im Exsiccator Uber Schwefelsaure angebracht, wahrend die andere
1 1 /2 Stunden lang der Luft ausgesetzt wurde, bis die Gewebsmasse trocken
war. Von einer anderen Geschwulst wurde in Uhnlicher Weise die ge-
quetschte Gewebsmasse ca. V 2 Stunde der Einwirkung der Luft aus¬
gesetzt, so daR die Gewebsmasse halbtrocken war. Die so behandelten
Gewebsteile wurden dann in Kochsalzlosung verteilt und an MUusen
subkutan injiziert. Zu jedem Versuche wurden 5 M&use angewandt
und nicht eingetrocknete Teile derselben Geschwulst wurden zur Kon-
trolle an anderen M&usen in derselben Weise eingeimpft. Die Resultate
der Impfungen mit der eingetrockneten Masse war, wie Tab. VIII zeigt,
vollig negativ; die Zellen hatten selbst eine nur teilweise Eintrocknung
nicht ertragen konnen.
Digitized by t^.ooQle
Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei Mftusen. 139
Tab. VIII. Wirkung der Eintrocknung.
Behandlungsweise dee Gewebes
Anzahl
der
geimpften
Mause
Zu friih
gestor-
bene
Mause j
Mause
mit
negativem
Kesultat
Mause
mit
poeitivem
i Kesultat
i
a) (iber Sehwefelsaure getrocknet
5
5
0
b) an der Luft getrocknet
5
—
5
0
c) nicht volletandig eingetrocknet
5
—
5
0
Kontrolle
16
5
6
5
Einwirkung von Antiseptica auf das Geachwulstgewebe.
Es schien mir von gewissem Interesse zu sein, zu untersuchen,
wie verschiedene antiseptische Flussigkeiten auf das Geschwulstgewebe
wirken, teils am hierdurch fQr oder wider die Annahme, die Geschwulst
konne von Infektionsstoffen herruhren, Anhaltspunkte zu bekommen,
teils weil mehrere Antiseptica unter der Form von Injektionen in die
Geschwulstmasse selbst ja beim Menschen therapeutische Anwendung
gefunden haben. Diese Versuche bieten indes noch groBere Schwierig-
keiten dar als die bereits genannten. Zerquetscht man die Geschwulst¬
masse so fein, dad man nur losgerissene Zellen und keine zusammen-
h&ngender kleinen Gewebsstflckchen hat, so wird das Resultat der Im-
pfung nSmlich ein ziemlich unsicheres, wahrend andererseits, wenn sich in
der Aufschlemmung kleine Gewebsstiicke befinden, die Einwirkung der
antiseptischen Stoffe auf die ganz kleinen und auf die etwas groBeren
KlQmpchen eine verschiedene werden muB.
Die Versuche wurden folgendermafien ausgefflhrt: Nach sorgf<igem
Ausreiben der Geschwulst mit Kochsalzlosung in einem Morser filtrierte
man dieselbe durch Gaze, so daB jedenfalls nur ganz kleine Gewebs-
stQckchen mit hindurchpassieren konnten, und mischte sie darauf vor-
sichtig mit ebenso viel Teilen einer antiseptischen Losung. Wiinschte
man z. B. die Wirkung von 1 Proz. Karbolsaure zu priifen, so mischte
man gleiche Teile der Geschwulstaufschlemmung und 2-proz. Karbol-
wassers zusammen. Nachdem man das Geschwulstgewebe der Einwir¬
kung dieser FlQssigkeit so lange, wie man wunschte, ausgesetzt hatte,
goB man eine groBe Menge steriler Kochsalzlosung hinzu, worauf die
FlQssigkeit ein paar Minuten lang geschuttelt und zentrifugiert wurde.
Die klare FlQssigkeit wurde abgegossen, der Bodensatz dagegen mittels
abermaliger Aufschlemmung in steriler Kochsalzlosung ausgewaschen,
um nach nochmaligem Zentrifugieren auf Tiere geimpft zu werden.
Zu den Versuchen wurde teils Karbolsaure, teils Pyoktanin
benutzt, letzteres wesentlichst, weil es bekanntlich therapeutische An¬
wendung gefunden hat.
Karbolsaure wurde in Losungen von 1, '/j, ‘/ 4 und 1 / 8 Proz.
gebraucht.
Es zeigte sich, daB die 5 Minuten dauernde Einwirkung einer J / 4 —
1-proz. Karbolsaurelosung das Gewebe tStete, so daB die Einimpfung
des solchergestalt behandelten Gewebes ein vollig negatives Resultat
gab, wShrend dagegen eine x / s -proz. Karbolsaure nach 5 Minuten langer
Einwirkung nicht im stande war, das Geschwulstgewebe zu tQten.
Die Geschwulstzellen werden also viel leichter durch
Karbolldsungen geschadigt als die in dieser Beziehung
bisher untersuchten Schmarotzer.
Digitized by
Google
140 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Tab. IX. Wirkang der Karbollttsungen auf das Geschwuls tgewebe.
Starke der
Los un gen
Dauer der
Einwirkung
Anzahl
dergeimpften
Mause
Zu friih
gestorbene
Mause
Mause mit
negativem
Besultat
Mause mit
positivem
Resultat
1 Proz.
5 Minuten
5
5
0
Vt »
5 „
4
—
4
0
V/4 »
5 „
4
2
2
0
|
5
4
—
l
3
Vs „ |
2 „
4
—
3
1
1 Minute
4
2
2
! o
Die Pyoktaninversuche wurden auf ganz dieselbe Weise aus-
gefiihrt. Zur Anwendung kam nur eine */t<rP roz - LSsung, deren Ein-
wirkung das Gewebe 1, 2 und 5 Minuten laug ausgesetzt wurde. Die
Versuche gaben ein ziemlich unsicheres Resultat und sind hier nur der
Vollst&ndigkeit wegen mitgenommen. Nach der
Tab. X. Wirkung der Pyoktaninloeungen auf das Geschwulstgewebe.
Starke
der Lftsung
Dauer der
Einwirkung
Anzahl der
geimpften
Mause
Zu friih
gestorbene
Mause
Mause mit
negativem
Resultat
Mause mit
positivem
Resultat
1 Promille
5 Minuten
4 i
1
3
0
1 „
5 „
4
—
3
1
1 » 1
2
4
1
2
1
1 »
; 2
4
—
4
0
1 »
1 1 Minute
4
1
3
0
1 „ 1
1 1 ..
4
—
4
0
1 Minute andauernden Einwirkung erschifcn in beiden Versuchsreihen
negatives Resultat, w&hrend wir dagegen nach 2 Minuten langer Ein¬
wirkung in beiden Fallen einen einzelnen positiven Ausschlag erhielten.
Der Grund, weshalb die Pyoktaninversuche ein so unsicheres Resultat
gaben, ist wahrscheinlich in dem Umstande zu suchen, daB Pyoktanin
die losgerissenen Zellen sehr schnell f&rbt, w&hrend es nur langsamer
bis in die Mitte sogar ganz kleiner Gewebsstucke eindringt, so daB ein
geringer Unterschied der Gr5Be derselben bei den einzelnen Versuchen
auf den Ausfall entscheidenden EinfluB erhalten kann.
Fassen wir die Ergebnisse dieser verschiedenen Versuchsreihen zu-
sammen, so sehen wir, daB das Geschwulstge webe sich in allem Wesent-
lichen ziemlich so wie normale Epidermis und andere normale tierische
Gewebe zu verhalten scheint, insoweit wir deren Widerstandsf&higkeit
Clberhaupt kennen, daB dasselbe im ganzen aber doch etwas weniger
widerstandsfahig zu sein scheint. Dagegen erweist sich ein bedeutender
Unterschied zwischen der Widerstandsf&higkeit der Geschwulstzellen
gegen die verschiedenen Einwirkungen im Vergleich mit der Wider-
standsf&higkeit der Bakterien, der Blastomyceten und anderer Pflanzen-
schmarotzer, und schon dieser Umstand allein macht es hdchst unwahr-
scheinlich, daB wir die Ursache einer Geschwulstbildung wie der vor-
liegenden in Pflanzenschmarotzern sollten finden kdnnen. Auch die in
den letzten Jahren nachgewiesenen, der mikroskopischen Untersuchung
Digitized by t^.ooQle
Jensen, Experimentelle Untersuchungen fiber Krebs bei M&usen.
141
unsichtbaren Schmarotzer zeigen den verschiedenen hier in Betracht
kommenden Einwirkungen gegenflber anderes Verhalten. So haben
Marx und Sticker neuerdings einen derartigen Ansteckungsstoff als
Ursache der beim Federvieh vorkommenden Geschwulstbildung Epi¬
thelioma contagiosum nachgewiesen und gefunden, daB derselbe
im stande ist, ein liingere Zeit andauerndes Eintrocknen zu ertragen,
wie auch, daB er im Besitz einer sehr bedeutenden Resistenz gegen die
Einwirkung der War me, der Kaite und des Sonnenlichtes ist und durch
£/ 2 -stflndige Einwirkung 1-proz. Karbolwassers nicht beeinfluBt wird.
Man darf deshalb wohl auch davon als wahrscheinlich ausgehen, daB
auch diese Gruppe von Ansteckungsstoffen bei der Aetiologie dieser Ge-
schwulst nicht in Betracht kommen kann. Dagegen ist es wahrschein¬
lich, daB nackte Amdben und ahnliche 1-zellige tierische Schmarotzer
sich im wesentlichen auf ahnliche Weise gegen Erwarmung, Eintrocknen
und vielleicht Abkiihlung verhalten werden, wie die Geschwulslzellen
meinen Untersuchungen zufolge dies tun, und es laBt sich deswegen
wohl nicht von vornherein ausschlieBen, dafi man derartige Schmarotzer
als Erreger der Geschwulst linden konnte; die frflher beriihrten Unter¬
suchungen fiber den Verlauf der Transplantation wie auch das negative
Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung sprechen aber entschieden
daffir, daB auch keine solchen Schmarotzer vorhanden sind und die Ur¬
sache der Geschwulst reprfisentieren.
Die Hauptresultate der hier referierten Untersuchun¬
gen sind in Kttrze folgende:
1) Die Geschwulst zeigt einen entschieden carcinomatfisen Bau, gibt
jedoch keine Metastasen. Sie setzt stets ihr Wachstum fort, bis die
Maus an Kachexie oder infolge einer Durchulceration der Haut stirbt
2) Die Geschwulst liefi sich bis jetzt 19 Generationen hindurch auf
weifie Mftuse fibertragen; die Uebertragungen gelangen bei 40—50 Proz,
der geimpften Tiere. Die Uebertragung auf graue Mfiuse glfickte; es
wird aber nur eine geringere Anzahl derselben nach Impfung ange-
griffen. Auf keine andere Tierart ist die Geschwulst tibertragbar.
3) Die Uebertragung ist eine einfache Transplantation; das einfache
Zerquetschen der Gcschwulstzellen vor der Einimpfung bewirkt ein nega¬
tives Resultat der Impfversuche. Es kommen bei einigen Mausen im
Geschwulstgewebe Pseudoschmarotzer vor. Ein Anhaltspunkt ffir die
Annahme einer parasitfiren Entstehung der Geschwulst wurde nicht ge¬
funden.
4) Das Geschwulstgewebe vermag sich in isoliertem Zustande bei
einer Temperatur von 1—3° ca. 18 Tage, bei Zimmertemperatur ca. 12
Tage lang lebend zu erhalten, w&hrend es bei Kfirpertemperatur kaum
24 Stunden leben bleibt.
5) Das Geschwulstgewebe wird durch 5 Minuten dauernde Erwar¬
mung auf 47 0 und durch die wenige Minuten dauernde Einwirkung von
h- 20° getotet. Ebenfalls wird es leicht durch intensives Licht getotet,
-die Lichtstrahlen kfinnen aber nur bis zu sehr geringer Tiefe ins Gewebe
eindringen. Partielles Eintrocknen wirkt gleichfalls tfitend, und eine
1 U~ proz. Karbollosung vermag im Laufe von 5 Minuten die Lebens-
i&higkeit der Zellen aufzuheben.
Digitized by t^.ooQle
142
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 2.
Erkl&mng der Tafeln.
Fig. 1. Graue Hausmaus mit Tumor, vor 2 1 /^ Monaten geimpft.
Fig. 2. Weifie Maua mit lappigem Tumor. Die Haut am Riicken entfernt. Vor
ca. 2 Monaten geimpft.
Fig. 3. Schnitt einer jungeren Geschwulst. Kleinere Krebsalveolen. Die schwarzen
Korperchen sind Mitosen.
Fig. 4. Schnitt einer etwas alteren Geschwulst. Grdfiere Krebsalveolen, in deren
Innerem die Zellen stark zerfallen sind. Sparliches Bindegewebe.
Fig. 5. Transplantiertes Geschwulststiickchen 2 Tage nach der Uebertragung. Die
Krebszeilen grofitenteils zerfallen (a), an einigen Stellen zum Teil erhalten (6). Wegen
des Zerfalls und der begin nenden Resorption der Zellmasse ist das Gewebe eingefalien
und die Bindqgewebsziige scheinen verdickt. Schwache VergroBerung.
Fig. 6. Transplantiertes Gewebsstiickchen 4—5 Tage nach der Uebertragung. Bei
a Haufen teilweise erhaltener Krebszeilen; bei b ein Rifi des Gewebes als Ueberbleibsel
einer Krebsalveole, deren Inhalt resobiert ist. Nur die Bindegewebsmasse hat sich er¬
halten. Schwache VergroBerung.
Fig. 7. Transplantiertes Gewebsstiickchen 6—7 Tage nach der Uebertragung. Das
Gewebe mit den Umgebungen verwachsen. Bei a Ueberreste des eingefiihrten, jetzt
hyalin umgebildeten Bindegewebes. b neugebildetes Bindegewebe. Das Krebsgewebe
vollig resorbiert, mit Ausnahme kleiner prohferierender Zellenhaufen (c). Schwache Ver-
grofierung.
Fig. 8. Transplantation. Hanfkorngrofier Tumor 9—10 Tage nach der Ueber¬
tragung. Schwache Vergrdfierung.
Fig. 9. Transplantation. 2 Tage nach der Impfung. Das Gewebe zerfallen, ein-
zelne Zellenhaufen erhalten. Stark vergroBert.
Fig. 10. Transplantation. 6—7 Tage nach der Uebertragung. Proliferierende Zellen-
haufchen (siehe Fig. 7 c\ Stark vergroBert.
Fig. 11. Krebszelle mit eingeschlossenen roten Blutkdrperchen.
Fig. 12. Pseudoschmarotzer. GroBe, runde, homogene, zum Teil intracellulare
KOrper.
Fig. 13. Pseudoschmarotzer. Rundliche Korper mit kernahnlichen Bildungen.
Fig. 14. Pseudoschmarotzer. Zerstreute, rundliche Korper; in einer Kreoszelle
ein wenig oberhalb der Mitte ein groBer, runder Korper mit mehreren kugeligen, dunkel-
farbigen „Pseudosporen u .
Fig. 15. Keratohyalin degenerierte Krebszeilen (dunkel), zwischen den gewohn-
lichen Krebszeilen gelegen. Bei a eine sichelformig gebogene, degenerierte Zelle, un-
mittelbar an einer normalen Krebszelle liegend. Bei b ein rotes Blutkdrperchen.
Fig. 16. Bei a eine von 2 gekrummten, keratohyalin umgebildeten Zellen um-
schlossene Krebszelle (beginnende Pseudococcidienbildung).
Die Mikrophotograpnieen sind nicht retouchiert; nur an Fig. 2 sind 2 schwarze
Flecken weggenommen. Samtliche Praparate sind in Zenkers Fliissigkeit fixiert und
nach van Gieson gefarbt.
Literatnr.
1) Hanau, Erfolgreiche Uebertragung von Carcinom. (Fortschr. d. Med. Bd. VII.
1889. p. 321.)
2) Morau, Recherches exp^rimentales sur la transmissibilit4 de certains n£oplasmes.
(Arch, de m4d. exp6r. et d’anat. pathoL T. VI. 1894. p. 677.)
3) Loeb, a) On transplantations of tumors. (Joum. of med. research. VoL VI. 1901.
p. 28. — b) Virch. Arch. Bd. CLXVII. d. 175.)
4) Velich, Beitrag zur Frage nach der Uebertragung des Sarkomes. (Wien. med.
Blatter. 1898. d. 711 u. 729. — Ref. Baumgartens Jahresber. 1898.)
5) Jensen, C. 0., Forsdg med Kreeftsvulster. (Biologisk Selskabs Forhandlinger.
Kobenhavn 1901—02. p. 6.)
6) -, Forsdg med Musecancer. (1. c. p. 20.)
7) -, Nogle Forsdg med Krseftsvulster. (Hospitalstidende. 1902. No. 19.)
8) v. Leyden u. Blumenthal, Vorlaufige Mitteilungen uber einige Ergebnisse der
Krebsforschung auf der 1. medizinischen Klinik. (Deutsche med. Wochenschr. 1902.
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9) Livingood, Tumors in the mouse. (The John Hopkins Hospital Bulletin. 1896.
No. 66-67.)
10) Borrel, a) Les theories parasitaires du cancer. (Ann. de PInst. Pasteur. T. XV.
1901. p. 49.) — b) Epithdlioses infectieuses et epitn^liomas. (Ibid. T. XVII. 1803.
p. 112.)
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Bonhoff, Zum Streit um den Meningococcus. 143
11) Pianese, G., Beitrag zur Histologie und Aetiologie dee Carcinoms. (Zieglers Beitr.
z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. 1896. 1. SuppL-Heft.)
12) Wentscher, J., Wie lange und unter welchen Umstanden bleibt die Lebensfahig-
keit der menschlichen Epiaermiszellen aufierh&lb des Organismus erhalten? (Cen¬
tralbl. f. Chir. 1898. No. 1.)
13) Lj unggren, Om hudepitelets form&ga att utanfdr manniskeorganismen kunna
bibeh&Ua lifvet, med sarskild hansyn till hudtransplantation. (Nordisk med. Arkiv.
1998. No. 8.)
14) Morpurgo, Die Vita propria der Zellen des Periosts. (Virch. Arch. Bd. CLVII.
p. 172.)
15) Fin sen, N. R., La phototh^rapie 1899. (Meddelelser fra Finsens medicinske
Lysinstitut. Bd. IV. Kbbenhavn 1902. p. 32.)
16) Jansen, Hans, Undersogelser over de Daktericide Lysstraalers Evne til at traenge
f ennem Huden. (Meddelelser fra Finsens medicinske Lysinstitut. Bd. V. Kdben-
avn 1903. p. 44.)
Nachdruck verboten.
Zum Streit um den Meningococcus.
Von Prof. H. Bonhoff in Marburg a. L.
Die im Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. 1903.
No. 1 n. 7 gefflhrte Kontroverse zwischen Weichselbaum and Al¬
brecht und Ghon einerseits, H. Jaeger andererseits gibt mir Ge-
legenheit, einen Irrtum der Herren Albrecht und Ghon richtig zu
stellen, der sich schon in ihrer ersten Arbeit in der Wien. klin. Wochen-
schrift. No. 41. p. 18 des Sonderabdruckes findet und in der Arbeit
H. Jaegers sowohl wie der Entgegnung Albrecht und Ghons im
Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXIII wiederkehrt. Nachdem Albrecht
und Ghon unter den biologischen Merkmalen des Meningococcus
auf p. 9 des Sonderabdruckes auch die Bildung einer Kahmhaut in
Fleischbrtthe erw&hnt haben, folgt auf p. 18 der Satz: „Ebenso kann
der Umstand, dafi die Kahmhautbildung in FleischbrOhekultur nie-
mals erwahnt wird, nicht dazu herangezogen werden, die von den
erw&hnten Autoren beschriebenen Kokken als andere Arten hinzustellen.
Eine Erklarung fttr das Nichtbeobachten dieses kulturellen Merkmales
haben wir bereits oben zu geben versucht."
H. Jaeger sagt in seiner Streitschrift zur Frage der morphologi-
schen und biologischen Charakterisierung des Meningococcus intra¬
cellular is auf p. 27: „Mit der Behauptung, dafi Kahmhautbildung zu
den charakteristischen Merkmalen der Meningokokken gehore, stehen
Albrecht und Ghon ganz isoliert. Wie meine Tabelle p. 128—131
zeigt, ist diese Erscheinung nicht einmal von denjenigen Forschern be-
obachtet worden, deren Untersuchungen vor den Augen der Herren
Albrecht und Ghon Gnade gefunden haben."
Und in ihrer Entgegnung hierauf lassen sich auf p. 504/505 Al¬
brecht und Ghon dahin vernehmen: „Zu Punkt 5, der die aller-
dings neue Beobachtung der Kahmhautbildung in Fleischbrdhe-
kulturen bringt, beschrankt sich Jaeger auf die Bemerkung, dafi wir
mit dieser Beobachtung isoliert dastehen. Er verspricht darauf zurtick-
zukommen, was aber nicht geschieht. Dem darfiber in unserer Arbeit vom
Jahre 1901 Gesagten haben wir hinzuzuffigen, dafi auch alle inzwischen
neu erhaltenen St&mme diese Eigentflmlichkeit... zeigen.... Wir kdnnen
Herrn Jaeger iibrigens die Versicherung geben, dafi wir mit der Be¬
obachtung dieser Eigentttmlichkeit auch nicht mehr isoliert dastehen etc."
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144
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Nicht veil mir diese Angelegenheit von grofier Wichtigkeit schiene,
sondern zur Feststellung einer unzweifelhaften Tatsache will ich hier
einige Sfitze aus meiner Arbeit: „Ueber einen Fall von Cerebrospinal-
meningitis und den Diplococcus intracellularis“ anfGhren, zumal ich
zu denen gehdre, die vor den Angen der Herren Albrecht und
Ghon Gnade gefunden haben. Auf p. 5 des Sonderabdruckes, p. 90
der Mfinch. mediz. Wochenschrift. 1901. No. 3 (15. Januar) ist zu
lesen: „Vor allem die fltissigen NfihrbQden ... zeigten in iiberraschend
schneller und haufiger Weise die Eigentflmlichkeit des Meningo¬
coccus, auf kfinstlichem Nahrboden rasch abzusterben. Meist liefi
sich schon von der 1. Generation auf flussigem Nahrboden, die vom
Agar geimpft war, eine 2. Generation in flfissigem Materiale nicht mehr
erzielen. Die Bouillon trtibte sich meist gar nicht, selten nur ganz
gering. Die 3. Generation — immer bei 2-tfigiger Abimpfung — blieb
immer aus und man mufite von neuem vom Agar abimpfen, um flQssige
Kulturen zu erhalten. Es gelingt nun aber doch auch, auf flQssigem
NShrmateriale fortdauernde Kulturen zu erhalten, wenn man dafQr
sorgt, daft das Qbergeimpfte Material an der OberflSche der FlQssigkeit
haften bleibt. Bringt man von dem auf dem Agar befindlichen Kultur-
materiale etwas an die Wand des Reagenzglases an der Stelle, an
welcher sich beim Stehen der Rdhrchen im BrQtschranke der Rand der
Fltissigkeitsoberflfiche befindet, so sieht man, dafi sich in 24—48 Stunden
ein zerbrecbliches graues Hautchen auf der Oberfl&che der N&hrlQsung
entwickelt, das allerdings sehr die Neigung hat, beim geringsten SchQtteln
in einzelnen Brocken zu Boden zu sinken. Aufierdem sieht man die
Bouillon in toto getrQbt und einen ziemlichen Bodensatz von grauem
Materiale. Von dem erw&hnten H&utchen auf neues flfissiges N&hr-
material flbertragene Stflcke lassen unter alien Umstfinden, wenn man
dafQr sorgt, dafi die StUckchen wenigstens zum Teil an der Oberflache
bleiben, eine ncue Kultur aufgehen; man braucht sogar nur etwa jeden
4. Tag abzuimpfen. Spfiter allerdings findet man auf den AusgangsrQhr-'
chen meist keine HautstQckchen mehr.“
Da die Herren Albrecht und Ghon doch, wie sie bewiesen
haben, sehr aufmerksam zu lesen verstehen, wundert es mich, dafi ihnen
dieser Passus meiner a / t Jahr vor der ihrigen erschienenen und von
ihnen zitierten Arbeit entgangen ist.
Marburg, 27. Mfirz 1903.
Nachdruck verboten.
Zur Kenntnis des Tropicaparasiten (Plasmodium praecox
Gr. u. FeL).
Die Thpfelung der Wirtszellen der Halbmonde.
Von Prof. P. Argutinsky, Kasan.
Mit 1 Tafel.
In meiner letzten Mitteilung fiber das Plasmodium vivax Gr. n. Fel. 0
habe ich eine Methode beschrieben, um Malariaparasiten lebend, also
1) Malariaetudien. Zweite Mitteilung. (Archiv f. mikroek. Anat. Bd. LXI. 1002).
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Centralblatt f. Bacteriologie Abt. I Bd. XXXIIII.
Jensen, Krebs bei Mausen. Taf. II.
0. Jensen, phot.
Crayondruck von J. B. Obernetter, Miinchen.
Verlag von Gustav Fischer in
Google
Jena .
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nraioiatt f. Bacteriologie Abt. I Bd. XXXIIII.
Jensen , Krebs bei M&usen. Taf. 1
O .Tpn«*n nhnf
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Argutinsky, Zur Kenntnis des Tropicaparasiten.
145
im frischeD, flfissigen Blute, zu fixieren 1 ) und zur Fftrbung der so ge-
wonnenen Prfiparate nur altes, l&ngere Zeit im Zimmer gestandenes
Sodamethylenblau (und Eosin) empfohlen.
Die erhaltenen Resultate macbten es wfinschenswert, die angegebene
Methode auch bei anderen Malariaparasiten zu versuchen. Eine be-
sonders gfinstige Gelegenheit zum Studium des Tropicaparasiten wurde
mir in den verflossenen Herbst- und Wintermonaten geboten, da ich
eine Reihe von leichten Tropicaerkrankungen (bei Kindern) in lingerer
Beobachtung hatte. Ich will in den folgenden Zeilen fiber ein Ergebnis
dieser Studien kurz berichten:
Durchmustert man ein, nach obiger Methode gewonnenes Tropica-
pr¶t, so f&llt, falls es Garaeten enthfilt, eine interessante und uner-
wartete Tatsache auf*: Die halbmondtragenden Blutkorperchen zeigen
nfimlich eine ausgesprochene Tfipfelung ihres freien, den Halbmond
umgebenden Randes; sie sind mit denselben Tfipfeln besetzt, wie solchc,
seit Schfiffners Entdeckung, an den mit Tertianaparasiten infizierten
Blutzellen allgemein bekannt sind 2 ).
1) Weitere Versuche mit dieser Methode haben ergeben, dafi es von bedeutendem
Vorteil ist, zur Raucherung eine etwas grofiere Menge Essigosmiumsauregemiseh, im
ganzen etwa 20 Tropfen (16—24 Tropfen) zu n eh men, die Praparate etwa 20—30 Minuten
mit WasserstoffsupJgroxydlOsung zu behandeln und das Auswaschen (nach H a O,) 12—
24 Stunden dauern zu lassen, bei mehrmaligem Wechseln des Wassers.
2) In einer im November v. J. erschienenen Arbeit [Die Malaria perniciosa.
(Centralbl. f. B&kt I. Abt. Originale. Bd. XXXII. 1902. No. 10)1 berichtet Maurer
fiber eine eigentfimljche Veranderung mancher infizierter Blutkorpercnen bei derTropica-
erkrankung. Er findet bei den „gro2en Ringen" und reifen Formen der Tropicaschizonten
an den von ihnen befallenen Blutkorperchen „eine Anzahl intensiv roter Flecken". Er
sagt: „Die Anzahl dieser Flecken ist in verschiedenen Blutkorperchen verechieden
§ rofi; neben solchen, die nur 1, 2 oder mehr tragen, finden wir andere, welche reichlich
amit ausgestattet, immer jedoch ist ihre Zahl eine leicht zahlbare. 41
Diesen Flecken werden von Maurer die Tertianatupfel gegenfibergestellt. Von
ihnen (den Tertian tfipfeln) wiederholt er auch in dieser Arbeit: „oie erscheinen von An-
fang an durch die ganze Blutscheibe verteilt als feine Tfipfel; sie wachsen mit dem
Grofierwerden des Blutkorperchens resp. mit dem des Parasiten, nicht an Zahl, sondern
an Masse." Im Gegensatz hierzu heifit es von den Flecken der Tropica: „Wahrend an
den, von kleinen Ringen bewohnten Blutkorperchen nichts zu beobachten auffiel, sehen
wir die Flecken erecneinen, sobald die Parasiten grofier werden, und zwar sind sie
sparlicher oder zahlreicher auf einem Blutkorperchen, je nachdem der Parasit kleiner
cxier grofier ist; daraus geht hervor, dafi die Iiecken nicht auf einmal auftauchen, son¬
dern einer nach dem anderen entstehen, ein ganz prinzipieller Unterschied von der Enl-
stehung der Tfipfelung beim Tertianparasiten."
Die Tropicaflecken beschreibt Maurer folgendermafien: „alB Punkte, feinste Ringel-
chen, als Schleifen und Streifen.vorherrschend sind die kleinen Ringelchen" *).
Er erklart die Flecken als oberflachliche Substanzverluste des Blutkorpercnens, ver-
ursacht durch den Tropicaparasiten. Er meint: „Wir mfissen die beschriebenen, in ud-
seren Praparaten rot gefarbten Punkte, Ringelchen, Striche betrachten als Substanz-
veranderungen resp. -verluste auf der Oberflache des Erythrocyten, die eine Folge
sind von Angriffen des Parasiten, welche dieser unternimmt, um sich an seinem Trager
festzuhalten, oder sich Nahrung zu verschaffen.so lange er (der Tropicaparasit)
Mein ist, sind seine Ansprfiche gering, und die Verletzungen, die er seinem Wirt bei-
bringt, dementsprechend unbedeutena und ffir uris nicht sichtbar; mit seinem Wachs-
tum andert sich beides und die letzteren werden so eingreifend, dai£ wir im stande sind,
sie durch Farbung nachzuweisen."
*) Solche Ringelchen, und zwar in den namlichen Entwickelungsstadien des Tropica¬
schizonten hat bereits Schfiffner [Beitrag zur Kenntnis der Malaria. (Deutsches Arch,
f. klin. Med. Bd. LXIV. 1899)| gesehen una abgebildet. Man vergleiche die Figg. 8—15
bei Maurer mit der Fig. 29 bei Schfiffner. Letzterer hielt diese Ringelchen ebenso
wie die Tfipfelung des Tertianparasiten ffir „Ausscheidung8produkte u oder „abgeschnfirte
Teile" des Parasiten.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 10
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146
Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Da hier, in Kasan, keine schweren, pernici5sen Tropicaerkrankungen
zu beobachten sind, so finde ich im peripherischen Blute der Tropica-
kranken entweder nur Halbmonde oder Halbmonde und „Ringe u , seltener
„Ringe tt allein, dagegen keine mittelgroBen und erwachsenen Tropica-
schizonten.
Bei den jungen Formen, den sogenannten „Ringen“, habe ich nie
eine Tiipfelung der von ihnen infizierten Erythrocyten wahrnehmen
kfinnen. Ueber das Verhalten der Blutkorperchen, welche mit mittel¬
groBen oder reifen Tropicaschizonten behaftet sind, kann ich dagegen
nichts berichten, weil ich nie eine Milzpunktion gemacht und auch nie
einem Todesfall bei Tropica begegnet bin.
In einem nach der oben erw&hnten Methode fixierten und sorgf<ig
mit altem Sodamethylenblau (und Eosin) gef&rbten Tropicablutpr¶t
ist die Tiipfelung der halbmondtragenden Erythrocyten — dieTropica-
tttpfelung — mit einer Sch&rfe und Pr&gnanz zu beobachten, die
nichts zu wtinschen tibrig l&Bt, aber sie tritt nur dann hervor, wenn das
Pr¶t intensiv gefarbt wird. Bei einer schwachen, ungenligenden
F&rbung fehlt sie dagegen ganz, wie es auch bei der Darstellung der
Tertianatupfelung nach der gewOhnlichen Methode der Fall ist. Wahrend
aber die Tertianatupfelung so leicht bei der liblichen Fixierung und bei
Farbung mit wenig gereiftem Sodamethylenblau nachzuweisen ist, habe
ich bis jetzt an den im Alkohol, Alkohoiather oder Sublimat fixierten,
getrockneten Tropicablutausstrichen, welche allerdings mit nur wenige
Wochen altem Sodamethylenblau gefarbt wurden, nichts von einer TQpfe-
lung der Wirtszellen der Halbmonde wahrnehmen kOnnen*). Es scheint
auch alien anderen Beobachtern ebenso ergangen zu sein 2 ).
Gerade bei den Gameten — sowohl bei Jugendformen ale auch bei reifen Halb-
monden — findet Maurer diese Flecken nie, und sucht hierfur eine Erklarung (in
Uebereinstimmung mit seiner Theorie der Flecken bildung) darin, dafi „der Tropica-
gamet wahrend seines Wachstums sich passiv verhalt, keine amoboiden Bewegungen
ausfiihrt und das Blutkorperchen selbst nicht angreift.“ Mehrmals betont er das Fehlen
der Flecken bei den Gameten. So sagt er an einer Stelle: „lch betonenochmals,
dafi der freie Teil des Blutkorperchens bei alien diesen Formen, d. h.
bei den Gameten, Btets vollkommen fleckenlos ist.“ (Gesperrt im Original.)
Aus dem Angefuhrten ersieht man, daU Maurer die bei „grofien Ringen** und
reifen Schizonten aes Tropicaparasiten von ihm beobachteten Flecken als kleine Ringel-
chen, Streifen, Schleifen etc. beschreibt und abbildet, und auf das bestimmteste he-
hauptet, dafi sie bei den Halbmonden ausnahmslos fehlen und nie beobachtet werden.
Nun, da es mir gelungen, bei den halbmondtragenden Blutkorperchen eine un-
zweifelhafte Tiipfelung nachzuweisen, welche sich als eine der Tertianatupfelung ganz
analoge erwiesen hat, so liegt es nahe, jene von Maurer in „grofien Ringen“ und reifen
Schizonten beobachteten Flecken ebenfalls als Tiipfelung aufzufassen. Hiermit wird
Maurers Auffassung, dafi seine Flecken „Verluste auf der Oberflache der Erythro¬
cyten, infolge von Angriffen von Parasiten“, seien, unhaltbar und mufi der Ansicht
weichen, dafi man es mit derselben Erscheinung zu tun hat, wie bei der Tertiana¬
tupfelung, die allgemein als Folge der Einwirkung des Parasiten auf den ganzen Erythro¬
cyten auigefafit wird*).
1) ldi behalte mir vor, nachzuweisen, ob nicht auch in den so fixierten, getrock¬
neten Tropicalblutausstrichen mit altem, stark gereiftem Sodamethylenblau die oben
beschriebene Tiipfelung der Halbmonde zu erhalten ist. Wahrscheinlich ist das der Fall.
2) Auch die Autoren, welche an lebenden Tropicaparasiten gearbeitet haben, be¬
richten nichts von einer Tiipfelung der halbmondtragenden BlutzeUen.
*) Es sei mir hier gestattet, zugleich der Vermutung Ausdruck zu geben, dafi die
von Maurer an der Hand der stark tingierten Praparate beschriebene „Kapsel des
Halbmonde8“ ein Kunstprodukt, eine Folge von Ueberfarbung ist, und dafi sie sich
beim vorsichtigen Ausziehen der Farbe als getupfelter Saum erweisen wird, eben, als
die von mir beschriebene Tiipfelung des Erythrocyten im Umkreise de6 Halbmondes.
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Argutinski, Zur Eenntnis des Tropicaparasiten.
147
Entgegen der Mufigen Angabe, daB die Jugendstadien der Halb¬
monde nur bei schwerer Tropicainfektion im peripherischen Blute ge-
funden werden, waren in mehreren unserer ganz leichten Tropicafalle
(bei Kindern) aufier den reifen Halbmonden auch ihre Entwickelungs-
stadien zu beobachten, allerdings keine Fruhstadien.
In unseren Dauerprfiparaten weisen alle Halbmonde eine so aus-
gezeichnete Kernffirbung, eine so scharfe Differenzierung der Protoplasma-
ffirbung bei beiden Arten von Gameten auf, daB man in alien vorkom-
meDden Stadien der Entwickelung die weiblichen und die mannlichen
Gameten stets auf den ersten Blick unterscheiden kann. Die Tiipfelung
ist bei weiblichen Halbmonden, bei reifen wie bei unreifen, fast stets
viel mehr in die Augen springend als bei mannlichen, zum Teil gewiB
deshalb, weil der Erythrocytensaum um den schm&leren, weiblichen
Halbmond etwas breiter ist, w&hrend er beim breiteren mannlichen
Halbmond ganz fein ausfallt.
Die reifen mannlichen Halbmonde sind kiirzer und breiter, haben
weniger verschm&lerte Enden als die weiblichen, besitzen ein hyalines,
blaBblSulich gefarbtes, manchmal fast farbloses Protoplasma und einen
grofien, l&nglichen, oft hockerigen, leuchtend karminrot gefarbten Kern,
der den grdBten Teil des Halbmondes einnimmt und auf dessen Ober-
flSche die Pigmentkorner sitzen. Der Erythrocytensaum ist, wie bereits
erwahnt, fast immer schmaler, als beim weiblichen Halbmond und ent-
halt meist nur eine 1-reihige Tiipfelung um den Halbmond, auch sind die
Tfipfeln feiner und weniger intensiv gefarbt als beim weiblichen Gameten.
Die reifen weiblichen Halbmonde erscheinen mit einem dunk-
leren, gesattigt blaugefarbten Protoplasma, das an den Enden noch
dunkler gefarbt ist und in guten Praparaten hSufig einen alveolaren
Bau zeigt. Der weibliche Garnet ist schmaler, gewohnlich etwas langer
als der mannliche und meist ein wenig eingebogen; auch haben die
weiblichen Halbmonde einen breiteren Erythrocytensaum. Der kleine
runde oder ovale karminrot gefarbte Kern, der zuweilen eine leicht
granulierte Oberflache darbietet, ist von Pigmentkornchen oder -stabchen
besetzt, die entweder gleichmaBig auf demselben verteilt oder mehr an
einem Kernpol angehauft sind. Die Lage dieses Kernes im Halbmonde
ist eine verschiedene, am haufigsten eine zentrale oder dem einen Ende
des Halbmondes etwas genahert, seltener liegt der Kern ganz nahe an
einem Zellende. In anderen wenigen Fallen schmiegt er sich, gleich
entfernt von beiden Halbmondenden, der konvexen Langsseite des Halb¬
mondes an.
Der Erythrocytensaum um den weiblichen Halbmond zeigt bei
starker Farbung des Praparates eine ausgesprochene rotviolette Tflpfe-
lung. Der Saum selbst hat eine blassere, manchmal viel biassere Farbe
als die nicht infizierten Erythrocyten, ja er kann fast entfarbt sein. Die
rotviolett gefarbten Tiipfel sind ziemlich zahlreich, gewohnlich unregel-
mafiig im Saum verteilt und weisen keine auffallenden GroBenunter-
schiede auf. In Blutpraparaten, deren Farbung dunkler als sonst aus-
gefallen ist, in denen die nicht infizierten Erythrocyten einen blaulichen
Farbenton angenommen haben und auch das Protoplasma der weiblichen
Halbmonde eine gesattigtere Blaufarbung als sonst zeigt, hebt sich die
Umsaumung des Halbmondes mit rotvioletten Tiipfeln auBerordentlich
scharf hervor. Sind auch in den meisten Fallen die Tflpfel auf den
Erythrocytensaum beschrankt, so trifft man hie und da auch weibliche
Halbmonde, an denen auBerdem noch zahlreiche Tflpfel fiber dem
10*
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148 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Halbraond selbst nachzuweisen sind, allerdings meist nicht ganz so
zahlreich.
Vergleicht man im mikroskopischen Bilde die Tropica- und Tertiana-
tQpfelung miteinander, so Qberzeugt man sich bald von der groBen
Aehnlichkeit derselben. EigentQmlieh ist aber ihr oben erwfihntes ver-
schiedenes Verhalten gegenOber der F&rbung mit Sodamethylenblau and
Eosin, was besonders augenf&llig wird, wenn in einem und demselben
Malariablutpr¶t Tertianaparasiten und zugleich auch Tropicagameten
vorhanden sind. Stellt man in einem solchen Prftparat durch gewOhn-
liche Fixierung und FSrbung die TertianatQpfelung dar, so zeigt sich
hierbei keine Spur einer TQpfelung um die Halbmonde. Fixiert man
dagegen solches Blut ganz frisch und noch flilssig nach der oben er-
wahnten Methode, f&rbt es mitsehr altem Sodamethylenblau (und Eosin)
und stellt so die TropicatQpfelung dar, so ist dann wiederum von der
TertianatQpfelung nichts zu sehen, weil sie sich nun bereits entf&rbt hat.
Die TropicatQpfel f&rben sich also schwerer als die der Tertiana, aber
einmal gefarbt, halten sie bei Differenzierung der F&rbung mit saurem
Alkohol die Farbe starker zurQck und entf&rben sich schwerer als die
TertianatQpfel, was vielleicht mit der Aufquellung der von Tertianpara-
siten befallenen Erythrocyten und der etwaigen Schrumpfung der Blut-
zellen bei Tropicainfektion im Zusamraenbang stehen mag.
Zum Schlufi mochte ich noch die Bemerkung hinzufQgen, daB nun
sorgfaltig zu untersuchen wfire, ob beim dritteu menschlichen Malaria-
parasiten, dem Plasmodium malariae Lav., ebenfalls eine TQpfelung nach¬
zuweisen ist Oder ob der Quartanaparasit in dieser Hinsicht, gegenuber
den anderen zwei Parasiten, einen auffallenden Unterschied zeigt. In
jedem Falle wird ein entscheidendes Ergebnis einer solchen ITnter-
suchung auch theoretisch von grofiem Interesse sein.
Erkl&rung der Abbildungen.
Die Figg. 10—15, welche Tertianaparasiten darsteilen, Bind mit in die Tafel auf-
genommen, um die Differenzierung der verschiedenen Arten von Parasitenzellen der
Tertiana durch die jetzt etwas modifizierte Essigosmiumsauremethode zu zeigen. Das
verschiedene farberische Verhalten des Protoplasmas beim Schizonten, Makrogameten und
Mikrogametocyten wird durch diese Methode besonders deutlich zum Ausdruck ge-
bracht Vor allem ist hervorzuheben, wie aufierordentlich scharf das Protoplasma des
Makrogameten. dessen Eigentiimlichkeiten ganz besonders von Schaudinn genau
ermittelt und oeschrieben sind, sich bei dieser Methode vom Protoplasma des Scnizonten
unterscheidet, wahrend dieser Unterschied bei der ublichen Untersuchungsmethode der
Malariaparasiten meist recht undeutlich oder gar nicht ins Auge fallt.
Untersuchungsmethode: Fixierung der noch fliissigen Blutausstriche in Dampfen
des Essigosmiumsauregemisches wahrend einer halben Minute. Trockenwerdenlassen.
Behandeln der Ausstriche mit offizineller Wasserstoffsuperoxydlbsung 30 Minuten lang
und Auswaschen wahrend 12—24 Stunden mit einigemal gewechseltem destiUierten
Wasser. Farben mit altem Sodamethylenblau und Ek)sin. Differenzierung mit an-
gesauertem Alkohol.
Zeiss, Apoch. homog. 1mm. 2 mm, Komp.-Ocul. 18. Vergrofierung ca. 2250.
Abbes Zeichenapparat.
Figg. 1, 2, 3. Junge mannliche Halbmonde mit feiner Tupfelung des schmalen
Erythrocytensaumes.
1) Ueber den Generationswechsel der Coccidien und die neuere Malariaforschung.
(Sitzung8berichte Ges. naturf. Freunde Berlin. 1899.) — Der Generationswechsel der
Coccidien und Hamosporidien; eine Zusammenfassung der neueren Forschungsergebnisse.
(Zool. Centralbl. Bd. IV. 1899.) — Studien fiber krankheitserregende Protozoen. II. Plas¬
modium vivax (Gr. et FeL). (Arbeiten a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. XLX. 1902.
Heft 2.)
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Centralblattf Bakteriologie Abt. I Bd. XXXIV.
P. Argutinsky, ZurKenntnissdes Tropieaparastten.
Dm Argutuaky go.
Vertag tod Gustav Fischer, Jena.
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P. Wait*, Lith., Jana.
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Silberstein, Ueber die Entstehung yon jungen Malariaparasiten etc. 149
Fig. 4 f 5. Reife weibliche Halbmonde mit Tupfelung des Erythrocytensaumee.
Fig. 6. Weiblicher Halbmond. Tupfelung um und ubcr demselben.
Fig. 7 ebenso wie Fig. 6, aber die Tupfelung ist im Praparat nicht gut ausgepragt
Fig. 8, 9. Weibliche Halbmonde mit Tupielung des Erythrocytensaumee.
Fig. 10. Junger ambboider Tertianaechizont
Fig. 18. Reiier Tertianaschizont.
Fig. 11, 14. Tertianamikrogametocyten.
Fig. 12, 15. Tertianamakrogameten.
An der Fig. 15 sieht man eme scharf ausgeeprochene Tertianatiipfelung, die ganz
denselben Character zeigt, wie die Tropicatupfelung. Man vergleiche diese Figur nament-
lich mit den Figg. 4 und 5.
Die Figg. 10, 11, 12 sind einem und demselben Blutausstrich entnommen, einem
anderen die Ingg. 13, 14, 15.
Jedem infizierten Erythrocyten ist ein nicht infiziertee rotes Blutk&rperchen bei-
gegeben, als Indikator der erzielten Farbungeintensitat des Prfiparates.
Nachdruck verbot&n.
Beobachtungen liber die Entstehung von jnngen Malaria-
parasiten aus alteren.
Von Horltz Silberstein, Schiffsarzt, Amsterdam.
Seitdem Go 1 gi fiir die Tertian-und Quartanparasiten, Marchiafa va
and Bignatni far die kleinen Parasiten einen im wesentlichen gleichen
Modus der Entwickelung der jungen Generationen aus alteren nacbge-
wiesen haben, namlich den durch Sporulation, ist derselbe allgemein von
den Malariaforscbern acceptiert worden. Spatere Untersucher, wie
Mannaberg, namentlicbaber Ziemann, haben die feineren Verh<-
nisse dieses Vorganges richtiggestellt. Auch kommt ihnen das Ver-
dienst zu, gewisse andere Modalitfiten der Sporulation, die von Golgi
neben seiner ursprflnglichen, gleichsam klassischen aufgestellt waren, als
irrtamliche zurQckgewiesen zu haben.
Danach besteht die Sporulation kurz darin, dafi in dem herange-
wachsenen und einen soliden Klumpen von Protoplasma darstellenden
Mutterparasiten sich das Pigment in der Mitte konzentriert, dafi das
Chromatin in eine bei den verschiedenen Arten der Parasiten ver-
schieden grofie Zahl von TeilstQcken zerffillt, von denen jedes ein Stack
der protoplasmatischen Substanz an sich zieht und mit dieser einen
jungen Parasiten bildet Die Anordnung, welche die jungen Gebilde
vor ihrer Trennung wahrnehmen lassen, hat man bald als einer Marga-
retenblume, bald als einer Sonnenblume, bald als einer Morula gleiehend
unterschieden.
Wahrend nun aber bei der Tertiana, namentlich aber der Quartana,
Sporulationsformen im peripherischen Blute deutlicb beobachtet werden
kdnnen, sollen nach dem abereinstimmenden Zeugnis der Autoren die
Sporulationsvorgange bei kleinen Parasiten sich in den inneren Organen
allein abspielen. Und in der Tat sind sie dort auch haufig genug ge-
funden worden. Es ziemt sich demnach, den eben beschriebenen Modus
far die Bildung der jugendlichen Formen aus alteren als einen wissen-
schaftlich feststehenden zu betrachten und festzuhalten.
Indessen ist neuerdings die Allgemeingaltigkeit dieses Prozesses
von A. Plehn in einer Monographic (Die Malaria der afrikanischen
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150 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 2.
Negerbevolkerung, besonders mit Bezug auf die Immunit&tsfrage) in
Zweifel gezogen worden. Zwar weiB man, daB viele Parasiten es nicht
bis zar Sporulation bringen, indem sie entweder frdh zu Grunde gehen,
oder von vornherein steril sind, was sich durch das Fehlen oder ge-
ringe Vorhandensein der Chromatinsubstanz kund gibt, oder endlicb, in¬
dem sie sich in einer noch nicht hinreichend erkannten Weise zu
Sph&ren und Halbmonden umwandeln und als Geschlechtszellen einem
anderen Schicksal entgegengehen. Davon abgesehen aber, muBte nach
den bisherigen Theorieen jeder entwickelungsf&hige Parasit denselben ein-
heitlichen Weg wandeln, der zu seiner oben skizzierten Art der Sporu¬
lation fuhrte.
Plehn nun 13.fit eine Sporulation nur bei den protoplasmareichen
Tertian- und Quartanparasiten zu. Fiir die kleinen Parasiten der tro-
pischen Fieber dagegen nur insofern, als sich einzelne Exemplare der-
selben morphologisch den grofien Parasiten naheren, also auch reich an
Protoplasma sind. Wo dieses nicht zutreffe, wo das Protoplasma an
Masse gering sei, also bei den typischen Ringformen der kleinen Para¬
siten, da leugnet er das Vorkommen einer Sporulation. Diese sollen,
nachdem sie eine gewisse GroBe erreicht, einfach samt ihrem BlutkOrper-
chen zerfallen. Hdchstens soil unter Umst&nden ihr Kern erhalten
bleiben und dann die Grundelemente fttr einen neuen Parasiten her-
geben kdnnen. Es ware also hiermit ein neuer Weg fiir die Bildung
jugendlicher Formen aus alteren gefunden. Die Resorption der Zerfalls-
produkte von Blutkdrperchen und Parasit, und nicht die Sporulation, sei
es, die den Fieberanfall ausldse. Gestfltzt wird diese Behauptung durch
die Tatsache, daB Plehn auch trotz eifrigen Bern Aliens haufig genug
bei der Untersuchung innerer Organe von Patienten, die an tropischer
Malaria gestorben waren, keine Spur von Sporulationsformen gefunden
hat DaB die tropischen Ringe, wie die Erfahrung zeige, vor einem
nenen Fieberanfall aus dem Blute schwinden, rflhre nicht daher, daB sie
sich zur Sporulation in innere Organe zurAckziehen, sondern daB sie
eben in grofiem Mafistabe zu Grunde gehen.
Ich habe die Arbeit PI eh ns zu einer Zeit gelesen, wo ich selbst
mit Untersuchungen iiber das Schicksal der Malariaparasiten im mensch-
lichen Blute beschaftigt war. Unter anderem suchte ich die Entstehung
der jungen Parasitengeneration aus ihrem Mutterparasiten zu studieren.
Hierzu veranlaBten mich einige eigentiimliche Falle von tropischer
Malaria sowie Erfahrungen iiber Tertiana, die in mir die Ueberzeugung
erweckten, daB junge Parasiten nicht immer dem Vorgange der Sporu¬
lation ihren Ursprung verdanken, und ferner, daB da, wo es zur Sporu¬
lation kommt, diese nicht immer nach dem althergebrachten Schema er-
folgt sondern durch das h&ufige Vorhandensein von wenig Protoplasma
nicht unwesentlich modifiziert wird. In dem ersten Punkte allein be-
riihren sich meine Konklusionen einigermafien mit denen P1 e h n s. In
alien anderen Beziehungen aber differieren sie.
Um dies von vornherein deutlich zu machen, stelle ich sogleich
voran, daB ich mehrere Wege der Entwickelung fiir eine ganze, um-
schriebene Gruppe protoplasmaarmer tropischer Ringformen zu jungen
Formen zu beobachten Gelegenheit gehabt habe, wahrend diese nach
Plehn einem friihzeitigen Untergange geweiht sind. Ferner, wo es
nicht zur Bildung einer Vielheit von Parasiten nach einem mit der
typischen Sporulation identischen oder ihr verwandten Prozesse kommt,
da kann aus einem Mutterparasiten ein einziger neuer Parasit entstehen.
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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 151
aber nicht nur nach dem Modus von Plehn, wonach die Ringsubstanz
g&nzlich zu Grunde gehe und unter Uinstanden das Chromatin allein
der Ausgangspunkt f(ir einen neuen Parasiten werde — ein Modus, der
mirtrotz eigener Erfahrungen noch nicht sichergestellt genug erscheint
— sondern vorwiegend in einer anderen, weiter unten zu beschreibenden
Weise. Endlich soil gezeigt werden, daB dieselben Verhattnisse, welche
die Entstehung der Jugendforraen gewisser kleiner Parasiten beherrschen,
auch bei grofien Tertianparasiten zu finden sind, daB es also nicht er-
laubt ist, in dieser Beziehung eine scharfe Grenze zwischen kleinen
Parasiten und groBen zu ziehen, daB es auch nicht angeht, die einen
als arm an Protoplasma zu bezeichnen und die anderen als reich daran,
da es auch groBe Tertianparasitenformen gibt, die ebenfalls relativ arm
an Protoplasma sind. Wer h&tte nicht auch bei Tertiana simplex feine
Ringe im Jugendzustande und im herangewachsenen ganz phantastisch
gestaltete, ein Maschenwerk feiner Faden darstellende Formen gesehen,
mit nur stellenweise st&rkerer Anhaufung protoplasmatischer Substanz
innerhalb dieses Maschenwerkes ?
Den folgenden Ausfflhrungen sind, soweit sie tropische Malaria be-
treffen, vor allem einige durch kleine Parasiten bedingte, bemerkens-
werte Erkrankungen zu Grunde gelegt. In der Mehrzahl derselben
konnte nicht mit Sicherheit ausgemacht werden, ob sie den halbmond-
oder den sph&renbildenden kleinen Formen angehbrten. Da ich indes
die zu besprechenden Teilungsvorg&nge wohl an zweifellos spharenbilden-
den Parasiten beobachtet babe, dagegen an zweifellos halbmondbildenden
bisher nicht, so ist es wohl gestattet, die Qbrigen Falle, welche analoge
Erscheinungen, wie die zweifellos sph&renbildenden kleinen Parasiten
darboten, gleichfalls als solche zu betrachten.
Was die Falle von Tertiana simplex, bedingt durch den groBen
Golgischen Parasiten, betrifft, so liegen den folgenden Untersuchungen
meist solche von Tertiana duplicata zu Grunde, der beinahe ausschliefi-
lichen Form, unter der sich in meiner Umgebung diese Fieberform
manifestiert.
Das EigentQmliche, sozusagen Exceptionelle, der zu Grunde ge-
legten Falle lag nun darin, daB bei ihnen schon in der peripheren Zirku-
lation auch an kleinen Parasiten Erscheinungen auftraten, die als Teilungs-
vorgange aufgefaBt werden muBten, was bei kleinen Formen nicht vor-
kommen soil.
Wir wollen nun im folgenden nacheinander erst die feinen, sodann
die grdberen Ringformen betrachten.
1. Ringformen mit minitnaler Protoplasmamenge.
Diese finden sich bei tropischer Malaria aufierordentlich haufig. Ihr
Kontur ist wie mit der Feder gezeichnet, und in ihren GroBenverhalt-
nissen schwanken sie von den allerkleinsten Formen bis zu ‘/ B Blut-
kSrperchengroBe und dariiber. Ihre Ringform ist sehr regelmafiig, ihr
Chromatinkorn meist einfach. Manchmal indes, vor allem bei Tertiana
maligna, sind die mittleren Formen auch blatt- und bandfdrmig. Was
nun ihre Vermehrung betrifft, so kann man sich an geeigneten Fallen
leicht fiberzeugen, daB sie nicht, kaum geboren, dem Untergange geweiht
sind, sondern im Gegenteil eine oft aufierordentliche, auf ihre Reproduk-
tion gerichtete Lebenstatigkeit zeigen. Und zwar beginnt dieselbe ent-
weder schon friih, indem gleichsam noch im Jugendalter der Parasiten
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIY. No. 2.
bereits Teilungsformen auftreten, oder solche treten erst sp&ter auf, nach-
dem der Ring eine gewisse Grfifie erreicht hat
a) Fruhzeitige Teilung.
Es beginnt zunfichst eine Wucherung des Chromatins. Dieses
wftchst anfEnglich in die Lange and wird st&bchen- oder vielmehr bogen-
fOrmig. Ein solcher Bogen amgreift oft die halbe Peripherie des Ringes,
manchmal selbst mehr. Hin und wieder bleibt das Korn ancb erbalten,
and sitzt das verl&ngerte Stflck Chromatin wie ein Kometenschweif an
seinem Kern. In diesem Anfangsstadium der Teilnng ist die Ringform
noch stets erhalten. Bald darauf jedoch fangt auch der feine Proto¬
plasmaring an, sich zu verandern, indem er sich streckt and noch dflnner
wird. Die Ringform bietet nun schnell alle Zeichen ihrer morpbologischen
AuflOsung. Sie ist zerrissen und bangt an einem oder beiden Enden
ihrem Chromatinkdrper als ein feiner, oft wellig gestalteter oder un-
regelm&fiig geknickter Faden an. In derselben Zeit hat das Chromatin
seinen WucherungsprozeB fortgesetzt. Jetzt beginnt seine Teilung. Das
Stabchen spaltet sich, die Bogenformen zerfallen in oft treppenartig
tibereinanderliegende Teilstucke, es treten noch AbschnQrungen einzeln^r
KOrner auf etc. Der Endzustand ist eine ZerschnQrung des gewucherten
Chromatins in einzelne Ahscbnitte, wahrend die Ringsubstanz, da sie
sich an dem Wucherungsprozesse des Chromatins kaum aktiv beteiligt,
neben der Chromatinmasse beinahe verschwindet.
Jetzt nehmen die einzelnen Chromatinstficke je eine gewisse
Quantitat des Protoplasmas der Ringsubstanz und bilden mit ihr einen
neuen Parasiten. Dieser ist im Beginne oft nicht ringformig, sondern
den Verhaitnissen seiner Entstehung entsprechend, im gefarbten PrSparate
vielfach kometenartig: ein kleines Korn mit einem bogig gekrUmmten
Protoplasmafaden. Die Anzahl der so entstandenen jungen Parasiten
ist natflrlich den Chrom atinteilstucken entsprechend.
DaB die protoplasmatische Ringsubstanz bei dieser Form der Teilung
eine so geringe Rolle spielt, liegt wohl haupts&chlich an der Schnellig-
keit, womit sich der ProzeB der Teilung bei diesen jungen Formen ab-
spielt. Demgemafi kommt es auch nicht zu einer Pigmententwickelung.
Haufig ist der Anteil an protoplasmatischer Substanz, welcher einem
der Teilsttlcke des Chromatins zugefallen ist, so aufierordentlich klein,
daB derselbe sich farberisch nicht nachweisen laBt. Wir haben dann
scheinbar ein einfaches Chromatinkorn, aber mit einem Hof, einem Blut-
kOrperchen aufliegend.
Von einer organischen Zersthrung der Ringformen, ihrem Unter-
gange, ist also bei diesem Teilungsmodus keine Rede. Allein morpho-
logisch verschwindet der Ring, indein er durch die andrangende, in
Wucherung begriffene Chromatinmasse offenbar zersprengt und zerrissen
wird. Er nimmt aber am Aufbau des neuen Parasiten seinen legitimen
Anteil. Dies wird auch aus der Farbenreaktion seines Protoplasmas
deutlich, das sich in alien Phasen mit der Romanowsky-Ziemann-
schen Methode schhn blau farbt, wahrend abgestorbenes Protoplasma
dabei schwarzlich khrnig erscheint.
Was nun die Ursache dieses Teilungsmodus, den ich einen frflh-
zeitigen genannt und genauer noch einen Qberstilrzten heiBen mdchte,
so weiB ich dieselbe nicht. In einem meiner diesen Untersuchungen zu
Grunde gelegten Falle, der von Anfang an beobachtet werden konnte,
nahm man in den ersten 24 Stunden den gewOhnlichen Entwickelungs-
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Silberstein, Ueber die Entstehung yon jungen Malariaparasiten etc. 153
vorgang der Parasiten wahr von kleinsten zu grSBeren, das Blutkdrper-
chen Vs — 7s ausfflllenden Formen, welche letzteren im wesentlichen
Ringformen oder Modifikationen derselben waren. Von da an bis kurz
vor der Akme des Fiebers, welche nach weiteren 16 Stunden erreicht
wurde, waren mehr kleine und mittlere Formen vorherrschend. Aber
von dor 40. Stunde an bis gegen den 24 Stunden sp&ter beginnenden
Temperaturabfall waren ausschlieBlich die eben beschriebenen in iiber-
stttrzter Teilung begriffenen feinen Formen vorhanden. Es kam also von
einem gewissen Zeitpunkt an hier nicht mehr zur Ausbildung proto-
plasmareicher, Slterer Gebilde.
Ebenso verhielt es sich wahrscheinlich bei einem Soldaten der N.-I.
Armee, welcher erst in Behandlung kam, nachdem er schon mehrere
Tage gefiebert hatte. Die bei ihm vorgenommenen Blutuntersuchungen
umfaBten den letzten Fiebertag und boten ahnliche Befunde, wie im
vorhergehenden Falle, d. h. nur kleine Teilungsformen.
In einem anderen Falle, der gleichfalls einen Soldaten betraf, und
dessen Attacke nur 12 Stunden dauerte, waren w&hrend der ganzen
Zeit bei den wiederholten Blutuntersuchungen nur kleinste und groBere,
in lehhaftester Cbromatinteilung begriffene, sehr protoplasmaarme, wie
mit der Feder gezeichnete Formen zu finden.
In einem vierten Falle endlich traf man typische Teilungsformen
junger protoplasmaarmer Ringformen nur im Beginn des Fiebers und
zwar mit derselben Intensity und Deutlichkeit, wie bei den vorhergehen¬
den. Sp&ter dagegen grobe, kleine und mittlere sowie protoplasmareiche,
groBe Parasiten in vergrdfierten und getUpfelten Blutkorperchen. Dem-
nach hat es sich hier urn eine Tertiana simplex gehandelt, und geht
daraus hervor, daB auch bei groBen Parasiten sehr feine, protoplasma¬
arme Formen auftreten, und daB diese ein ahnliches Verhalten, wie ge-
wisse Formen kleiner Parasiten zeigen konnen. Bemerkenswert ist
ferner, daB hier zu Beginn lediglich protoplasmaarme, in lebhaftester
Chromatinteilnng begriffene Formen vorhanden waren, und dafi erst aus
diesen sich die protoplasmareichen und alle Charaktere der Golgi schen
Parasiten darbietenden Formen entwickelten, woraus gefolgert werden
mag, daB die Protoplasmaarmut junger Parasiten durchaus nicht bedeutet,
daB dies auch im weiteren Verlaufe so bleiben werde.
Es geht also aus obigen Beobachtungen so viel hervor, daB kleine
Ringformen mit wenig Protoplasma keine so verg&nglichen Gebilde sind,
daB sie im Gegenteil unter Umst&nden, und zwar sowohl bei tropischen
wic Golgi schen Parasiten, eine groBe vitale Energie besitzen, und daB
die Behauptung Plehns bezuglich derselben: „Teilungsvorgange im
Kern sind nicht zu beobachten u 1. c. p. 26 in ihrer Allgemeinheit nicht
aufrecht zu erhalten ist Allerdings trifft man ihren eben beschriebenen
Teilungsmodus namentlich bei tropischen Formen nicht unter alien Urn-
standen im peripheren Blute an. Das schliefit aber nicht aus, daB er
bei anderen Arten tropischer Parasiten vielleicht in inneren Organen
stattfindet, wie der typische SporulationsprozeB auch. Das kOnnte viel¬
leicht fflr die kleinen, Halbmonde bildenden Parasiten der Fall sein, bei
denen man ganz gewohnlich Wucherungszustanden des Chromatins in
der peripheren Zirkulation, aber keinen Teilungsvorg&ngen begegnet.
Indes ist dies eine bloBe Vermutung, auf die vorlBufig weiter kein Wert
gelegt werden soli. Tatsache ist jedenfalls, daB dieser Entwickelungs-
typus kleiner Ringformen, da bisher nicht beschrieben, nicht allzu haufig
vorkommt, obwohl es verwunderlich ist, daB mir wenigstens vier derartige
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154 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
F&lle in kurzer Zeit begegnet sind. Mfiglicherweise liegt das an der
Malariaform. Meine F&lle stain men von Java, und soweit sie durch
kleine Parasiten bedingt sind, gehOren sie wahrscheinlich sfimtlich einer
ganz besonderen Gruppe an, n&mlich, wie schon bemerkt und wie weiter
unten noch ausfUhrlicb an der Hand einer genau verfolgten Kranken-
geschichte gezeigt werden soli, den kleinen spharenbildenden an, einer
Art, die noch in anderen Hinsicht gleichfalls Interesse verdient, weil sie
wenigstens eine Stfltze fflr die sogenannte, unter deutschen Autoren
namentlich von Plehn betonte, Unitatstheorie der Malariaparasiten zu
bieten scheint.
Wenn demnach die groBe Abteilung der halbmondbildenden Para¬
siten vorl&ufig anBerbalb der bisherigen Erfirterungen fiber Teilungs-
modalitfiten und Schicksalsgestaltungen junger protoplasmaarmer Ring-
formen zu fallen scheint, so ist damit nicht gesagt, dafi sie es nun sind,
welche vorwiegend in den Rahmen der von Plehn aufgestellten und
in ihren wesentlichen Zfigen schon angeftthrten Hypothese fallen. Auch
hier ist Weiterentwickelung die Regel, Stillstand und Untergang die
Ausnahme. Nur scheint — wie ttbrigens vielfach bei der anderen
Gruppe auch — die Entwickelung feiner Ringformen sich im wesent¬
lichen derart zu vollziehen, dafi sie zu groberen Formen mit reichlichem
Protoplasma auswachsen. Dies geht z. B. aus folgenden abgekttrzt wieder-
gegebenen Fallen hervor:
Ein javanischer Kellner, Sakiman, erkrankt um 12 Uhr mittags
mit Schfittelfrost. Im Blute zahlreiche kleinste Ringe von allerfeinster
Zeichnung mit winzigem Chromatinkorn. Abends fieberfrei. Am folgen¬
den Morgen starke Dosis Chinin, gleichzeitig Blutuntersuchung. Im
Blute viele schfinste Ringformen von ca. 1 / ft Blutkfirpergrfifie mit reich¬
lichem Protoplasma und st&rkerem Korn. Keine einzige Form des vor-
hergehenden Tages. Um 3 Uhr neuer Anfall. Im Blute keine Parasiten.
Am n&chsten Tage gesund.
Es unterliegt hier wohl keinem Zweifel, dafi die prim&ren feinsten
Ringe im weiteren Verlaufe zu den grofieren und grfiberen ausgewachsen
sind.
Zur selben Annahme mufi man im folgenden Falle kommen:
Eine javan. Frau aus Deli erkrankt mit Frost, heftigen Kopfschmerzen
und akuter Gastroenteritis, Temperatur 39,3. Im Blute nur allerkleinste,
sehr feme Ringe von ca. Vie Blutkfirpergrfifie. Solit&re Chromatin-
kfirner mit Hof. Kleinste, randst&ndige Formen. Nachts fieberfrei, eben-
so den ganzen folgenden Tag. In der fieberfreien Periode findet man
im Blute nur protoplasmareiche, grfibere Ringe von 1 / B —'/* Blutkorper-
grfifie. Da man bei der ersten Blutuntersuchung nur allerkleinste,
feine, bei der zweiten nur grfifiere, grdbere Formen fand, so kfinnen
letztere nur aus ersteren hervorgegangen sein.
b) Sp&tere Teilung.
Haben sich die kleinen Parasiten mit minimaler Protoplasmamenge
nicht durch frfihzeitige Teilung vermehrt, so kfinnen sie, falls sie durch
kontinuierliche Weiterentwickelung ihrer konstitutiven Elemente nicht in
grfibere Ringformen mit reichlichem Protoplasma fibergegangen sind,
ihren Gharakter als feine Ringformen bewahren und zun&chst weiter-
wachsen, wobei die achromatische Zone immer grfifier wird, wfihrend die
basiseh gef&rbte peripherische Zone dftnn bleibt. Nun kfinnen sich in
einem gegebenen Augenblicke die oben geschilderten Vorg&nge wieder-
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Silberstein, Ueber dia Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 156
holen, d. h. unter vorwiegender Beteiligung des Chromatins an dem Zer-
scbnfirungsprozefi wird der Ring gesprengt, und die einzelnen Teilstttcke
treten mit je einem Chromatinstficke zu einem neuen Parasiten zusam-
men. Dies war vor allem in meinem dritten Falle gat zu sehen. Hier
erreichten die grofien Formen l /s — V* BlutkorpergroBe, blieben aber
auBerordentlich protoplasm aarm, wihrend die Teilungsvorgdnge am Chro¬
matin durch ihre besondere Intensity auffielen.
In anderen Fallen jedoch vollziehen sich die Dinge, infolge einer
weniger passiven Beteiligung des Protoplasmas, etwas komplizierter.
In dem ersten meiner Falle, der spater ausfilhrlich mitgeteilt werden
soli, sah man haufig von dem Cbromatinkorn entgegengesetzten Pol des
Binges einen feinen Fortsatz ausgehen. Nicht selten waren es selbst
mehrere Fortsatze, die von verschiedenen Punkten der Peripherie des
Ringes ausstrahlten. Etwas spater wurde die Ringform durch einen
Protoplasmafaden, der quer von einer Peripherie zur anderen durch die
achromatische Zone ging, in zwei meist ungleiche Halften zerlegt, w&h-
rend zwischen den Fortsatzen sich quere Verbindungsfaden ausbildeten.
War nur ein Fortsatz vorhanden, so spaltete er sich erst gabelfbrmig,
sodann trat gleichfalls zwischen den divergierenden Faden eine Verb in¬
dung auf. So kam es zu inaschenformigen Bildungen, von denen viele
sehr fein gezeichnet blieben, andere jedoch etwas reichlicher mit Proto¬
plasma versehen waren. Im weiteren Verlauf traten dann deutliche
Zeichen der Chromatin beteiligung auf, indem sich nicht selten groBere
maschenformig konstruierte Parasiten mit 5—6 Chromatinkornern zeigten,
welche fiber ihre Oberflfiche ausgestreut waren. Es ist wohl gestattet,
diese letzteren aus dem vorhergehenden Zustande abzuleiten und hierin
die Einleitung zur Teilung dieser Parasiten zu erblicken, deren weitere
Phasen sich aber im peripheren Blute nicht mehr beobachten lieBen.
Doch ist so viel wohl mit einiger Sicherheit zu sagen, dafi es hier nicht
mehr zu einer klumpigen Gestaltung des Protoplasmas, wie beim typischen
Sporulationsprozesse, kommen dilrfte, da die Chromatinspaltung ja schon
zugleich mit dem Beginne der Teilung auch die Endphase der Ent-
wickelung des Protoplasmas des Mutterparasiten ankfindigt Eine Pig-
mententwickelung war neben der Chromatinteilung auch hier nicht zu
konstatieren, da die protoplasmatische Substanz so gering war. Dagegen
war eine solche bei analogen Bildungen etwas protoplasmareicherer
kleiner sowie Golgischer Parasiten, wie wir gleich sehen werden, haufig
sehr deutlich zu beobachten.
Es besteht endlich noch eine eigentfimliche Art der Entwickelung
junger Parasiten aus filteren protoplasmaarmen Ringformen, die jedoch
bei den grdberen Formen abgehandelt werden soil, da sie unter Um-
stfinden beiden gemeinsam ist. (Fortsetzung folgt)
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156
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Nachdruck verboten.
Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
[Aus dem Institute far allgemeine und experimentelle Pathologic der
k. k. Universitat Innsbruck.]
Von Prof. Dr. H. Ltiwlt, Innsbruck.
Mit 1 Tafel.
Die vorliegende Untersuchung wurde durch Beobachtungen Qber die
bakterizide und agglutinierende Wirkung des Vogelplasma ohne Zusatz
und das Vogelserum angeregt, die an einer anderen Stelle 1 2 3 ) mitgeteilt
sind. Dort hatte sich gezeigt, dafi bei der Impfung des Plasma nnd
Serum einer Ente und einer Gans mit verschiedenen Mikroben nach
kurzem Aufenthalte im Thermostaten bei 37° C, manchmal aber auch
bei Zimmertemperatur, ein fein- bis grobflockiger Niederschlag entstand.
der makroskopisch vollig den Eindruck einer intensiven Agglutination
machte. Bei der mikroskopischen Untersuchung im hangenden Tropfen
ttberzeugte man sich jedoch sofort, dafi die einzelnen Flocken nicht, wie
bei der Agglutination im Saugetierblute, aus den zu Haufen vereinigten
Mikroben bestehen, sondern dafi die Hauptmasse der Flocken aus kuge-
ligen oder ovalen, schwach glfinzenden plattchenartigen Gebilden ge-
bildet wird, zwischen denen auch im nativen Praparat vereinzelte oder
grdfiere Mengen von Mikroben erkannt werden konnten. Hier stellte
sich also die Agglutination zweifellos als eine Niederschlagsbildung mit
eingeschlossenen Mikroben dar und bildete auf diese Weise einen inter-
essanten Beleg ffir die von Paltauf und seinen Schulern *) vertretene
Theorie der Agglutination, welche ja in ihrer gegenwOrtigen Fassung
im wesentlichen dahin geht, dafi die Mikroorganismen durch spezifische
frei in der FlQssigkeit, aber auch an den Bakterienleibern selbst ent-
stehende Niederschl&ge eingeschlossen und daher agglutiniert werden.
Am Vogelblute war also in diesen Fallen die Darstellung und Sichtbar-
machung des die Mikroben agglutinierenden Niederschlages in Qber-
raschend einfacher Weise gelungen, w&hrend ja bekanntlich die Unsicht-
barkeit des die Mikroben verbindenden Niederschlages bei der Agglu¬
tination im Saugetierblute, abgesehen von den direkt erzeugten spezi-
fischen Niederschiagen und einigen anderen von Kraus 8 ) bereits ange-
fahrten Fallen, der allseitigen Anerkennung der sonst so plausibeln
Paltaufschen Hypothese hindernd im Wege steht [Bordet 4 ), Di-
neur 5 ), Nicolle 6 ), Harrison 7 )].
BezUglich dieses aus plattchenartigen Elementen zusammengesetzten
Niederschlages in dem untersuchten Enten- und Gansplasma und Serum
kann nur gesagt werden, dafi derselbe in verdunntem Alkali, nicht aber
1) Vergl. Lowit, M. u. Schwarz, C., Ueber Bakterizidie und Agglutination im
Normalblute. I. Bakterizidie und Agglutination im Normalserum und im kiinstlichen
Plasma. (Zeitschr. f. Heilkunde. Abt. f. interne Med. 1903.)
2) Vergl. Kraus, R., Zur Theorie der Agglutination. (Zeitschr. f. Heilkunde.
Bd. XXIII. 1902. Abt. f. interne Med. p. 369 f.)
3) a. a. O. p. 379 und Kraus, R. u. Seng, W., Wien. klin. Wochenschr.
1899. p. 1.)
4) AnnaL de l’Institut Pasteur. T. XIII. 1899. p. 225.
5) Bulletin de l’acad&nie royale de m£decine de Belgique. T. XI. 1897. p. 705.
6) Annal. de l’lnstitut Pasteur. T. XII. 1898. p. 161.
7 ) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXX. 1901. p. 115.
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Low it, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
157
in verdttnnter Sfinre nnd nicht bei erhObter Temperatur (60° C) lSslich
war, dafi dagegen ans dem ungeimpften Plasma und Serum durch ver-
diinnte Essigsfiure und auch noch durch manche andere Substanzen ein
analoger Niederschlag ausgef&llt werden konnte, der sich im wesent-
lichen wie der durch Bakterien gebildete Niederschlag verhielt. In-
dessen konnte man sich leicht davon flberzeugen, dafi der durch Sfiure
ausgefallte Niederschlag aus dem Vogelplasma und Serum nicht mit der
durch die Bakterien in Plfittchenform niedergeschlagenen Substanz
identisch war, oder zum mindesten nicht die gesamte Menge derselben
enthielt, denn nach der Abzentrifugierung des durch S&ure gebildeten
Niederschlages zeigte das entsprechend neutralisierte Vogelplasma und
Serum noch starke Ffillung durch die betreffenden Mikroben.
Von besonderem Interesse erschien aber die Eigenschaft dieses eigen-
artigen Niederschlages aus dem Vogelplasma und Serum zu sein, dafi
eine entsprechende F&rbung desselben bei mannigfacher Variation der Ver-
suchsbedingungen nicht gelingen wollte. Weder im angetrockneten noch
im feuchten Zustande, in der Flttssigkeit suspendiert und mehrfach zentri-
fugiert und gewaschen, war hier mit den verschiedensten F&rbungen ein
halbwegs brauchbares Resultat zu erzielen. Am besten wirkte noch
wfisserige konzentrierte Methylenblauldsung, welche dem abzentrifugierten
und 2 — 3mal mit 1-proz. Kochsalzlosung gewaschenen Niederschlage in
geringer Menge zugesetzt wurde, worauf nach 24-stflndigem Stehen im
Thermostaten bei 37° C eine leichte metachromatische F&rbung (rosa
bis rotviolett) der einzelnen plfittchenartigen Elemente und eine dunkle
Blauf&rbung der vorhandenen Mikroben, im hfingenden Tropfen unter-
sucht, konstatiert werden konnte. Doch war die Farbung des Nieder¬
schlages immer nur sehr blafi; eine Antrocknung und Fixierung des¬
selben am Deckglase erwies sich als untunlich, weil dabei die charakte-
ristische aus plfittchenartigen Elementen bestehende Form des Nieder¬
schlages nicht erhalten blieb, derselbe vielmehr nur in Form einer
blafirosa bis blafivioletten amorphen Wolke zwischen den Mikroben und
um dieselben herum erkannt werden konnte.
Weitere chemische und morphologische Untersuchungen liber den
eben erwfihnten bei dieser Art der F&llung im Vogelplasma und Serum
beobachteten Niederschlag konnten aber nicht vorgenommen werden,
weil bei der Verfolgung dieses Gegenstandes an zwei weiteren G&nsen
dieser Niederschlag im Plasma ohne Zusatz und im Normalserum (gegen
Typhus- und Coli-Bacillen, gegen Vibr. cholerae u. Metschni-
koff, gegen den B. pyocyaneus) unter den gleichen Versuchsbedin-
gungen nicht entstand, unter welchen derselbe an der ersten Ente und
Gans bei wiederholten Versuchen mit grofier Leichtigkeit und Pr&gnanz
zu stande gekommen war.
Es hatte sich also bei diesen beiden Tieren um eine zuf&llige, viel-
leicht durch individuelle Verh<nisse bedingte Niederschlagsbildung in
dem geimpften Plasma und Serum gehandelt, welche hdchst wahrschein-
lich durch F&llung eines im Plasma und Serum der beiden genannten
Tiere enthaltenen Korpers bedingt worden war, welche aber nicht ein-
mal eine Verallgemeinerung f&r das Vogelblut flberhaupt, geschweige
denn fttr das S&ugetierblut gestattete. Immerhin war durch diese Be-
obachtungen der Wunsch angeregt worden, die Frage der Niederschlags¬
bildung bei der Agglutination einer erneuerten Prttfung zu unterziehen.
Gowifi ist jedem Beobachter, der sich mit der mikroskopischen Unter-
suchung agglutinierter Mikroben im h&ngenden Tropfen eingehend be-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originals. Bd, XXXIV. No. 2.
sch&ftigt hat, die Erfahrung bekannt, daB die in einem Haafen aggluti-
nierten Organism en zwar in der Regel dicht aneinander gedrangt sind
and einen Zwischenraum zwischeneinander nicht frei lassen, aber gar
nicht so selten kommen sowohl im Normalserum als auch im Immun-
serum solche Haafen vor, bei welchen die agglutinierten Mikroben nicht
dicht nebeneinander liegen, sondern durch groBere oder kleinere helle
and scheinbar leere Zwischenr&ume voneinander getrennt sind, welche
gewissermaBen eine Verbindung zwischen den einzelnen Mikroben im
Haafen herzastellen scheinen. Gerade solche Haufen legen doch den
Gedanken ungemein nahe, daB hier zwischen den im Haafen befindlichen
Mikroorganismen eine homogene, amorphe Substanz als Verbindung
oder als Niederschlag vorhanden sein miisse, welche sich wahrscheinlich
wegen ihrer besonderen Lichtbrechungsverhaltnisse von der umspfilenden
Fltlssigkeit oder von dem umgebenden Medium tiberhaupt nicht abhebt,
and daher als solche nicht erkannt werden kann.
Aber alle Versuche, diese supponierte, die Mikroben im agglutinierten
Haufen untereinander verbindende, sie gewissermaBen einschlieBende
Substanz im h&ngenden Tropfen oder am angetrockneten Deckglas-
praparate *) zur Darstellung zu bringen, schlugen mir anfangs vollstfindig
fehl, wie sie ja auch vor mir bereits von zahlreichen anderen Beobachtern
nicht zur Darstellung gebracht werden konnte. Immerhin hatten diese
Bemtthungen am Hunde- und Kaninichenserum den Erfolg, daB man bei
Vornahme der Farbung mit konzentrierter w&sseriger Methylenblaulosung
in der oben am G&nseplasma und Serum angefQhrten Weise auBerst
blasse metachromatische F&rbungen einer zwischen den agglutinierten
Mikroben befindlichen homogenen Substanz erzielen konnte, welche aber
entscheidende Bilder ftlr die hier verfolgte Frage nicht lieferten.
Erst der mehr gelegentlich gemachte Befund, daB man mit ver-
dfinnter w&sseriger Eosinlbsung und mit rotstichigem w&sserigem Me*
thylenblau, namentlich mit der nach Nocht 1 2 3 ) hergestellten stark rot*
stichigen Methylenblaulosung gute F&rbungen der supponierten Zwischen-
substanz zwischen den agglutinierten Mikroben erhalt, ftihrte zur Aus-
arbeitung einer Methode, mit welcher die farberische Darstellung dieser
Zwischensubstanz gut gelungen ist. Diese Methode besteht in folgendem:
In dem Normalserum oder Immunserum verschiedener Tiere — es
wurde an Kaninchen, Hunden, Meerschweinchen und Affen (Hamadryas
macncus ) *) gearbeitet — wurde im unverdOnnten oder in entsprechend
verdiinntem Zustande des Serum Agglutination verschiedener Mikroben
hervorgerufen; Typhusbacillen und Vibrio cholerae kamen dabei
vorwiegend in Verwendung, doch wurden auch andere bewegliche Mikro¬
organismen (B. coli, B. pyocyaneus, V. Metschnikoff) gelegent¬
lich geprQft. Sobald die im Thermostaten bei 37° C vor sich gehende
Agglutination makroskopisch gut kenntlich war, oder auch friiher, wenn
1) Will man mikroskopische Praparate agglutinierter Bakterien herstellen, so wird
man, aa die agglutinierten Mikroben namentlicn bei Verwendung des Kaninchenserum
in der Warme aesagglutiniert werden (im Meerschweinchenserum ist das nicht der Fall),
beiin Antrocknen der agglutinierten Haufen an das Deckglas die Warmewirkung ganz
vermeiden mussen, oder sie doch jedenfalls den Wert von 40— 50° C nicht iiberstagcn
lassen diirfen.
2) Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Bd. XXV. 1899. p. 704.
3) Prof. Bernheimer hatte die groBe Liebenswiirdigkeit, die Benutzung des
Blutes zweier von ihm im Institute am GroBhirn operierter, sonst aber ganz gesunder
Affen fur den vorliegenden Zweck zu gestatten, wofflr ihm auch an dieser Stelle mein
besonderer Dank ausgesprochen sei.
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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
159
es sich darum handelte, die der fertigen Agglutination vorausgehenden
Ver&nderungen im Serum und an den Mikroben festzustellen, wurden
im SpitzrOhrchen 10—15 ccm sterilen destillierten Wassers zugesetzt
und durch eine kraftige Zentrifugierung die agglutinierten Mikroben
abgetrennt, was meistens nach 10—20 Minuten erfolgt war. Hierauf
wird die ttberstehende Flfissigkeit abgegossen und die Zentrifugierung
mit der gleichen Fliissigkeitsmenge noch 2mal wiederholt, um sfimtliche
Beimengungen des Serums zu entfernen. Die nach jeder Zentrifugierung
von neuem aufgerfihrten Mikroben kdnnen dann, in wenig Fliissigkeit
suspendiert, entweder sofort Oder nach einiger Zeit zu den folgenden
F&rbungen verwendet werden.
Es sei gleich an dieser Stelle betont, dak mit s&mtlichen verwen-
deten Mikroben Kontrollversuche in der Weise angestellt wurden, daB
von einer frischen, hfichstens IS—20 Stunden alten Agarkultur des be-
treffenden Stammes eine entsprechend kleine Menge abgestrichen, in
0,75-proz. Kochsalzlosung fein verteilt und nach einem Aufenthalte von
10—15 Minuten im Thermostaten bei 37° C sofort der 3maligen Zentri¬
fugierung mit destilliertem Wasser unterzogen wurde. Mit den auf diese
Weise abgesetzten Mikroben wurden (zur Kontrolle) jeweilig die gleichen
FSrbungen wie mit den agglutinierten in folgender Weise vor-
genommen.
Eine Oese der 3mal zentrifugierten, gewaschenen und in wenig
destilliertem Wasser aufgeschwemmten Mikroben wird auf das Deckglas
flbertragen, hier etwas ausgebreitet und dann an der Luft oder unter
zeitweiligem schwachem ErwSrmen am Deckglase angetrocknet Hierauf
werden auf die beschickte Seite des Deckglases 1—2 Tropfen der
Nochtschen Methylenblauldsung gebracht, das Deckglas wird dann bis
zur Rauchentwickelung an der Flamme erhitzt und dann erkalten ge-
lassen. Nach wenigen Minuten wird die uberschussige Farbe vom
Deckglase vollstandig abgespfilt und das Pr¶t neuerdings in analoger
Weise wie oben getrocknet Untersucht man die Pr¶te von agglu¬
tinierten Mikroben nach EinschluB in Balsam in diesem Zustande mit
starken Systemen, so wird man jetzt bereits, da wo Agglutination zu
stande gekommen war, in der Regel neben den gut gef&rbten, gut er-
haltenen Oder in gewissem Sinne veranderten Mikroben, eine mehr oder
weniger deutliche blafibl&uliche bis blaBrotviolette Zwischensubstanz in
und an den agglutinierten Haufen erkennen kdnnen, in welcher die
Mikroben eingebettet erscheinen, und welche in den in analoger Weise
hergestellten, aber in Ldfflers Methylenblau gefilrbten Praparaten ent¬
weder gar nicht oder nur andeutungsweise kenntlich ist. Es liegt also
eine Zwischensubstanz vor, welche in der basischen Farbe allein nicht
oder nur sehr unvollkommen f&rbbar ist, welche dagegen bereits dem
Rot aus Methylenblau [Methylen-Azur 1 )] gegenfiber in der N ochtschen
Farbenlfisung eine weit bessere Ffirbbarkeit aufweist. Namentlich ist
dies bei agglutinierten Choleravibrionen der Fall, bei welchcn die mit
Nocht-Blau allein gefilrbten Praparate die Zwischensubstanz in weit
besserem Grade als bei agglutinierten Typhusbacillen erkenuen lassen.
Untersucht man nun Kon trollpr¶te normaler (nicht agglutinierter)
Mikroben, welche direkt vom Agar abgestrichen, in der oben angegebeneu
Weise hergestellt und dann der gleichen Ffirbungsbehandlung unter-
1) Vergl. Michaelis, L., Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXIX. 1901. p. 763, sowie
L. Michaelis und Wolff, A., Virchows Archiv etc. Bd. CLXVII. 1902. p. 151 f.
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C«ntnilbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2.
worfen warden, so sind weder makro- noch mikroskopisch Zeichen der
Agglutination nachweisbar und von der angefilhrten Zwischensnbstanz ist
nichts zn sehen. Veranderungen des Mikrobenleibes sind aber an diesen
Kontrollpraparaten, wenn auch nur sehr sp&rlich, jedenfalls vorbanden;
einzelne Mikroben erweisen sich nur als schwacb f&rbbar, andere zeigen
abnorme, geblahte Formen, auch sind an einzelnen Mikroben die Zeichen
der Plasmolyse und Plasmoptyse [A. Fischer ')] zweifellos kenntlich,
aber diese Veranderungen sind doch nur recht selten konstatierbar, die
bei weitem grdBte Zahl der vorhandenen Mikroben bietet in diesen
Kontrollpraparaten beziiglich Farbbarkeit und Aussehen vdllig normale
Verhaltnisse dar. Diese Beobachtung steht in Uebereinstimmung mit
der Angabe von A. Fischer 1 2 3 * * * * 8 ), daB beim Uebertragen plasmolysier-
barer Bakterien (anBer Cholera) vom Agar in Kochsalzldsung von 0,75
oder 2 Proz. die Plasmoptyse nicht sofort eintritt, daB vielmehr zum
mindesten ein Aufenthalt von Stunde in der Salzldsung notig ist,
um bei der darauffolgenden Uebertragung in Wasser die sofortigen
Erscheinungen der Plasmolyse und Plasmoptyse zu erhalten, wahrend in
den obigen Versuchen die Mikroben hdchstens 10—15 Minuten in der
Kochsalzldsung verblieben und dann sofort wieder in Wasser zentrifu-
giert wurden. Jedenfalls kann gesagt werden, daB die durch FMrbung
darstellbaren Erscheinungen der Plasmolyse und Plasmoptyse an den der
gleichen Behandlung unterzogenen Kontrollpraparaten normaler (nicht
agglutinierter) Mikroben, namentlich bei Bac. typhi, B. coli com¬
mune, nur sehr geringgradige sind 8 ), daB liier, soweit das mit den
verwendeten Methoden uberhaupt erkennbar ist, so gut wie normale
Verhaltnisse beziiglich Aussehen und Farbbarkeit der Mikroben herr-
schen, und dafi an ihnen niemals die im folgenden zu beschreibenden
Erscheinungen der Niederschlagsbildung zur Beobachtung kamen, welche
mit den gleichen Methoden an den der Agglutination unterworfenen
Mikroben erkannt werden konnten. Damit ist wohl zur Geniige dar-
getan, daB diese letzteren nicht durch die angewendeten Untersuchungs-
methoden fur sich allein bedingt sein konnen.
Wenn nun auch die angegebene Farbung der agglutinierten Mikroben
mit N o c h t blau bereits die zwischen den Mikroben befindliche Zwischen-
substanz ziemlich deutlich erkennen laBt, so erschien es doch wfinschens-
wert, diese Substanz in morphologischer Beziehung noch scharfer und
klarer hervortreten zu lassen. Dieses Ziel wurde durch Nachfarbung
mit Eosin erreicht, das auch in starken Verdflnnungen eine groBe farbe-
rische Affinitat zu jener Zwischensubstanz besitzt. Da aber auch stark
verdiinnte wasserige Eosinldsungen die mit Methylenblau Oder Nocht-
blau vorgefarbten Praparate sehr rasch entfarben und auf diese Weise
eine gleichzeitige Darstellung der durch Methylenblau gefarbten Mikroben
und der durch Eosin gefarbten Zwischensubstanz nur unter besonders
gQnstigen, dabei aber immerhin vom Zufall abhangigen Bedingungen
gestatten, so stieB die angestrebte Doppelfarhung anfangs auf grofie
1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionsk. Bd. XXXV. 1900. p. 1.
2) a. a. O. p. 25 n.
3) Bei nicht agglutinierten (normalen) in analoger Weise bchandelten Cholera-
vibrionen sind die angefiihrten Veranderungen, wahrscheinlich infolge groflerer Empfind-
lichkcit dicser Mikroben gegen osmotische Einwirkungen (A. Fischer), etwas starker
ausgebildet, aber auch hier findet sich normales Aussehen und normale Farbbarkeit bei
der Ueberzahl der vorhandenen Mikroben. B. pyocyaneus hingegen wurde durch
die angewandte Methode weit starker verandert und erwies sich mithin zu den vor-
liegenden Untcrsuchuugen nicht recht brauchbar.
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LA wit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
161
Scbwierigkeiten, die erst ftberwunden warden, als es gelang, eine
passende Mischung von N ochtblau-Eosin fiir die Nachffirbung mit
Eosin darzustellen.
Diese Miscbung bestebt aus 2 ccm der von mir verwendeten stark
alkalischen and rotstichigen Nochtblauldsung, der 3 Tropfen einer
konzentrierten (gesfittigten) wfisserigen Ldsung von wasserldslichem Eosin
(GrAbler) beigesetzt werden. Die Mischung nimmt einen blauvioletten
Farbenton an und enth< keinen Niederschlag, wfihrend beispielsweise
eine Miscbung von 2 ccm der gleichen Nochtblauldsung und 2 Tropfen
der wfisserigen EosinlOsung einen starken Niederschlag enthalt. Im
Dunkeln aufbewahrt, bleibt die erstere Mischung lange in ihrem anffing-
lichen Zustande erhalten, am Lichte bildet sich nach 1—3 Wochen ein
deutlicher Niederschlag, worauf dann die Mischung an Ffirbekraft ver-
liert. Es ist sehr wahrscheinlich, dad der jeweilige Alkaligehalt und die
jeweilige Beschaffenheit der verwendeten Nochtblauldsung auf das Zu-
standekommen einer niederschlagsfreien Mischung von Einflnfi ist, wes-
halb wohl verschiedene Nochtblauldsungen eines differenten Zusatzes
der Eosinldsung bedflrfen werden. Wahrscheinlich ist in dieser Mischung
das sogenannte eosinsaure Methylenazur (Michaelis und Wolff) bei
der Farbung beteiligt, doch kdnnen hieriiber bestimmte Angaben nicht
gemacht werden.
Diese Mischung wird nun in der Weise verwendet, dad ein oder
zwei Tropfen derselben auf das mit Nochtblau vorgefarbte und wieder
vdllig trockene Prfiparat gebracht und mdglichst rasch wieder abgespdlt
werden, worauf nach neuerlicher Trocknung des Prfiparates der Einschlufi
in Balsam erfolgt. Die Dauer der Einwirkung der Nochtblau-Eosin-
mischung darf nur eine sehr kurze, wenige Sekunden betragende sein,
da auch diese Mischung noch ein sehr starkes EntffirbungsvermOgen
gegen die mit Methylenblau und Nochtblau gef&rbten Prfiparate besitzt.
Hier hangt alles von der Ffirbungsdauer der Nochtblau-Eosinmischung
ab, einige Sekunden zu viel oder zu wenig kdnnen dabei fflr den er-
zielten Ffirbungscharakter des Praparates von Bedeutung sein. Es ist
Sache der Uebung, hier das richtige ZeitmaB zu finden, das in meinen
Beobachtungen etwa zwischen 2—10 Sekunden lag, wobei zu berttck-
sichtigen ist, dafi sich aueh die verschiedenen Mikrobenarten in verschie-
denem Grade resistent gegen die Entfarbung bei der nachtraglichen
Behandlung mit der Nochtblau-Eosinmischung zeigten, und dafi auch
die Zwischensubstanz in den agglutinierten Haufen bei Verwendung ver-
schiedener Mikrobenarten ein verschiedenes FfirbungsvermSgen der ge-
nannten Mischung gegenflber besitzt. So hat es sich beispielsweise ge-
zeigt, dafi die Zwischensubstanz in den agglutinierten Haufen der
Choleravibrionen, die sich mit Nochtblau bereits gut zar Darstellung
bringen lafit, die nachtragliche Eosinfarbung weit schwerer annimmt, als
jene der Typhus- und Co 1 i-Bacillen, sowie des V. Metschnikoff.
In jedem Falle aber wird man wohl mit dem Umstande zu rechnen
haben, dafi auch in gnt gelungenen Doppelffirbungen von Mikroben- und
Zwischensubstanz in den agglutinierten Haufen ein Teil der Mikroben
bereits entfarbt sein dflrfte; je kleiner und dilnner der Haufen ist, desto
grdfier ist namentlich an den Randpartieen desselben die Gefahr der
Mikrobenentffirbung daselbst.
Ob nun die bei den Doppelffirbungen erzielte Tinktion der Zwischen¬
substanz in den agglutinierten Haufen eine reine Eosinf&rbung oder eine
Bnte Abt. Orig. Bd. XXXIV. 11
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV, No, 2.
FSrbung mit einer besonderen in dem Gemenge erst entstandenen Misch-
farbe (eosinsaures Methylenazur nach Michaelis und Wolff) dar-
stellt, wurde nicht weiter geprflft; es kann in dieser Beziehnng nur ge-
sagt werden, dafi man, wie bereits erw&hnt wurde, auch mit reiner
wfisseriger, stark verdflnnter Eosinldsung eine deutlicbe EosinfSrbung
der Zwischensubstanz bei vorausgegangener Methylenblauf&rbung der
Mikroben in den agglutinierten Haufen erzielen kann.
Die mit der eben beschriebenen Methode augstellten Untersuchungen
erstrecken sich auf die Agglutination des Typhus und Coli-Bacillus,
des B. pyocyaneus, des Vibrio cholerae und V. Metschnikoff
bei Einwirkung des Normalserums von Rind, Kaninchen, Katze, Meer-
schweinchen, Hunden, Affen, Enten und Gansen, ferner des Typhus- und
Choleraimmunserums von Kaninchen und Meerschweinchen, sowie der
zugehorigen Kontrolluntersuchungen an den nicht agglutinierten, sonst
aber in gleicher Weise behandelten Mikroben. Es wurde ferner auch
die Agglutination der durch W&rme (bis zu 60° C) abgetoteten Typhus-
bacillen durch die verschiedenen Sera, sowie die sogenannte chemische
Agglutination (Malvoz) 1 ) des Typhusbacillus durch Sfiurewirkung in
das Bereich der Untersuchung gezogen. Am eingehendsten wurde die
Wirkuug der Normalsera vom Kaninchen, Meerschweinchen, Rind und
Affen gegen die genannten Mikroben geprflft.
In dieser Beziehung kann nun gesagt werden, daft auch im Normal-
serum vom Kaninchen, Meerschweinchen, Rind und der Katze die Ag¬
glutination der genannten Mikroben bei geringer Verdflnnung des Serums
(1:0—1:10) in der Regel nicht vermiBt wird und nach wechselndem
Aufenthalte bei 37 0 C (von 10 Minuten bis zu 24 Stunden) makro- und
mikroskopisch, manchmal namentlich bei schwacher Agglutination aber
nur mikroskopisch konstatiert werden kann. In der Literatur findet sich
vielfach die Angabe, daB die Normalsera von Kaninchen und Meer¬
schweinchen gegen Typhus, Cholera und andere Mikroben nicht aggluti-
nierend wirken; dieses negative Resultat dflrfte nach meinen Erfahrungen
vor allem durch den gewflhlten Verdttnnungsgrad und auch durch den
verwendeten Mikrobenstamm veranlaBt sein. Auch ich habe Typhus-
und Coli-St&mme in der Hand gehabt, welche auch bei schwacher
Verdflnnung des Normalserums inagglutinabel waren, wAhrend andere
Stflmme im gleichen Serum und bei gleicher Verdflnnung sehr schone
Agglutination darboten. Im allgemeinen wurde durch derartige Ver-
haitnisse die Regel nicht beeintr&chtigt, daB auch das Normalserum die
Erscheinung der Agglutination darbietet, die sich nicht wesentlich von
der gleichen Erscheinung im Immunserum unterscheidet.
Dagegen konnten wohl in dem Verhalten der agglutinierten Mikroben-
haufen bei Verwendung der Normalsera verschiedener Tierarten gewisse
chemische Differenzen gefunden werden, die zwar nicht allseitig durch-
geprflft und mit den Verh<nissen im Immunserum verglichen worden
sind, welche aber doch auf gewisse, wenn auch nicht prinzipielle che¬
mische Differenzen des unter dem Einflusse verschiedener Tiersera zu-
stande gekommenen Agglutinationsvorganges hinweisen. So erscheinen
1) Annales de l’Institut Pasteur T. XI. 1897. p. 582. Ibid. T. XII. 1898. p. 857
et T. XIII. 1899. p. 630.
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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
163
die im normalen Kaninchenserum agglutinierten Typhusbacillen (Typhus S)
nach kurzer Einwirkung (2—5 Minuten) einer Temperatur von 55--60° C
wieder desagglutiniert, ja vielfach erwiesen sich unter diesen Verh<-
nissen die wieder frei gewordenen Typhusbacillen vbllig normal beweg-
lich, was auch von anderer Seite bereits beobachtet wurde. Die im
Normalserum von Meerschweinchen agglutinierten Typhusbacillen (Ty¬
phus S) werden aber auch nach einer 10 Minuten langen Einwirkung
von 55—60° C nicht mehr desagglutiniert; das Gleiche gilt bezttglich
der Agglutination von Coli-Bacillen (Coli III) und Choleravibrionen
(Cholera M) im Meerschweinchenserum. Hier scheint also die Bindung
zwischen Agglutinin und agglutinabler Substanz eine festere, und die
Desagglutination der agglutinierten Mikroben eine schwerere als im
Kaninchenserum zu sein.
AuBerdem liegen auch gewisse Differenzen bezttglich der Desagglu¬
tination der agglutinierten Haufen in verdiinnten S&uren und Alkalien
vor, je nach yerwendung verschiedener normaler Tiersera. So genttgt
eine geringe Menge verdiinnter S&ure (Essigsfiure, Salzs&ure), um die
im Kaninchenserum agglutinierten Haufen der verschiedenen Mikroben
wieder zu desagglutinieren, w&hrend verdttnnte Lauge (1-proz. NaOH)
hier manchmal versagt, manchmal aber erst bei starkerem Zusatz die
Desagglutination hervorruft. Im Meerschweinchenserum hingegen ver¬
sagt vielfach die verdttnnte S&ure, w&hrend das verdttnnte Alkali meist
leicht und sicher die Desagglutination bewirkt; im Katzenserum wieder-
um erweisen sich verdttnnte S&ure und verdttnntes Alkali nahezu gleich
wirksam und bedingen beide in gleichem Grade Desagglutination. Ob
hier wirklich differente Losungsverh<nisse der agglutinierten Substanz
vorliegen, oder ob hierbei nur der verschiedene Salzgehalt der verwen-
deten Tiersera, eventuell sonstige Differenzen derselben, an der verschie¬
denen Desagglutinierbarkeit beteiligt sind, wurde nicht n&her geprttft.
Jedenfalls weisen derartige Beobachtungen darauf hin, daB die Aggluti¬
nation der Mikroben nicht ausschlieBlich durch die Mikroben selbst be-
einfluBt wird, sondern daB noch andere durch das umgebende Medium
bedingte Umst&nde auf dieselbe einwirken. Eisenberg und Volk 1 ),
Eisenberg 2 3 ), Pick 8 ) haben gleichfalls Angaben fiber die Einwirkung
von WiLrme, von Sauren und Alkali etc. auf die Agglutination und die
dabei mitwirkenden Komponenten vorwiegend im Immunserum gemacht
und ftthren die gefundenen Ver&nderungen haupts&chlich auf Alteration
des Agglutinins und der agglutinierbaren Substanz, weniger auf solche
der agglutinierten Substanz zurttck.
Das morphologische Verhalten der agglutinierten Mikrobenhaufen,
soweit dasselbe mit der frtther beschriebenen Methode erkannt werden
kann, wurde der Hauptsache nach im Normal- und Immunserum als
gleichartig befunden; es laBt sich kurz dahin charakterisieren, daB
zwischen den agglutinierten Mikroben stets eine homo¬
gene, die Mikroben untereinander verbindende und in
wechselnder Menge vorhandene Zwischensubstanz sicher
nachgewiesen werden kann, welche eine deutliche farbe-
rische Affinit&t zu Eosin und vielleicht auch zu gewissen
1) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionsk. Bd. XL. 1902. p. 155 f.
2) Centralbl. f. Balit. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXI. 1902. p. 773 f.
3) Hofmeieters Beitrage z. cbem. Physiol, u. Pathol. Bd ( I. 1901. p. 351 ff.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Mischfarben (eosinsaures Methylenazur) besitzt. Die aggluti-
nierten Mikroben sind raithin in einem Niederschlage
eingeschlossen und es erscbeint damit auch der morpho-
logiscbe Nachweis far die Annabme, daB (in den untersuchten
Fallen) die Agglutination der Bakterien dem Wesen nach
als eine Niederschlagsbildung aufzufassen ist, erbracht.
(Vergl. Tafel, Fig. 1, 2, 3, 4, 5.)
Bezfiglich dieses Niederschlages Oder dieser Zwischensubstanz ist
nun zu sagen, dafi sie im gefarbten Praparate — im ungefarbten ist sie
in diesem Mafie uberhaupt nicht sichtbar — den Eindruck einer mehr
Oder weniger vbllig homogenen Masse macht, an welcher aber ab und
zu auch eine gewisse Gitterung hervortreten kann; jedenfalls ist die
Substanz meistens vbllig strukturlos und macht auch in dieser Beziehung
den Eindruck eines amorphen Niederschlages. Dieser Niederschlag findet
sich in der Regel stets mit eingeschlossenen Bakterien vergesellschaftet,
ab und zu, wenn auch sehr selten, konnen bakterienfreie. rosa gef&rbte
Niederschlage im Praparate gefunden werden, doch muB gleich an dieser
Stelle betont werden, daB derartige Befunde nicht als Beweis fflr die
freie Entstehung der Niederschlage, das ist fflr ihre unabhangig von den
Bakterien erfolgende Bildung angesprochen werden kbnnen, da dem
frflher Erwahnten entsprechend, nur eine scheinbare Abwesenheit der
Bakterien, durch Entfarbung derselben, vorliegen kann.
Die Form des Niederschlages schlieBt sich in der Regel eng an die
durch die gefarbten Mikroben begrenzte und durch dieselben deutlich
kenntliche Haufenbildung an, dabei sind die Mikroben in diesen Haufen
bald dichter, bald dtinner gesat, gelegentlich kbnnen auch mitten im
Haufen oder am Rande bakterienfreie Stellen des Niederschlages vor-
handen sein (Fig. 1, 2, 3, 4 a, 6), die aber, wie der Bakteriengehalt der
Haufen im Praparate iiberhaupt, durch die bei der geschilderten Far-
bung wohl unvermeidliche Entfarbung der Mikroben mitbedingt sein
kbnnen. Die innige Beziehung des roten oder blaulichen Niederschlages
zu den Mikroben in den Prkparaten schiitzt wohl vor dem Einwande.
daB man es dabei nur mit einem aus der verwendeten Mischfarbe
(Nochtblau-Eosin) stammenden Niederschlage zu tun hat, eine Annahme
Obrigens, welche gegeniiber den Resultaten an den Kontrollpraparaten,
an welchen der gefarbte Niederschlag vbllig fehlt, und gegenfiber den
sofort zu erwahnenden Befunden an den isolierten, auBerhalb der ag-
glutinierten Haufen liegenden Mikroben nicht aufrecht erhalten werden
kbnnte.
Es fragt sich nun, ob wir durch die geschilderte Farbungsmethode
einen Aufschlufi fiber die Entstehung des die Bacillen agglutinierenden
Niederschlages erhalten kbnnen. Bekanntlich vertrat Paltauf 1 2 3 ) auf
Grund der von Kraus*) entdeckten spezifischen Niederschlagsbildungen
die Anschauung, daB die Agglutination durch frei im Serum wahrschein-
lich durch Gerinuungsvorgfinge zu stande kommende spezifische Nieder¬
schlage entsteht, welche die vorhandenen Mikroben gewissermaBen ab-
fangen und einschlieBen, wobei also den Mikroben eine mehr passive
Rolle zufallt Spater hat Paltauf 8 ) seine Anschauung dahin modifi-
1) Wien. klin. Wochenschr. 1897. p. 431.
2) Ebenda. 1897. No. 32. p. 736.
3) Vergl. bei Kraus, R., Zeitschr. f. Heilk. Bd. XXIII. 1902. p. 379.
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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
165
ziert, dafi er die Agglutination nicht bloB auf freie, unabhfingig von den
Mikroben entstehende, spezifische Niederschlage zurflckftthrt, sondern
daB er die Bildung der Niederschlage in die Bakterien selbst verlegt,
und neben den frei entstehenden auch die an den Bakterien selbst ent-
stehenden Niederschlage als Ursache der Agglutination anspricht. Zahl-
reiche andere Autoren hatten dann gleichfalls auf die Abstaromung der
agglutinablen Substanz aus den Mikroben (oder aus den agglutinierten
zelligen Elementen, Elfstrandt) 1 ) und auf den Umstand hingewiesen,
daB die Mikroben bei der Agglutination keine rein passive Rolle spielen
(Bordet 2 3 ); doch soil auf die naheren Literaturangaben hier mit Rflck-
sicht auf die zahlreichen vorhandenen Literaturzusammenstellungen nicbt
eingegangen werden. Es sei hier nur darauf hingewiesen, daB Fr.
Milller s ) das Austreten von Inhaltsmasse bei der Agglutination von
Kaninchenerythrocyten unter dem Einflusse von Rizin direkt beobachten
konnte, und daB E. P. Pick 4 5 ) die aus den Bakterien stammende (Bak-
terienkoagulin) und die aus dem Serum stammende Komponente (Serum-
koagulin) gesondert prufen und das Bakterienkoagulin als das chemisch
aktive wesentliche Agens, das Serumkoagulin hingegen als den passiven
Komplex der ganzen Erscheinung ansprechen konnte 6 ). Ebenso raumt
die Annahme von Nolf 6 ), daB bei der Agglutination die Sufiere Schicht
der Mikkroorganismen in einen kolloiden, erstarrungsBhnlichen Zustand
(g61ification) fibergeffihrt wird, sowie jene von Gruber 7 ), dafi durch
die Immunsera gewisse Stoffe in den Bakterienmembranen unloslicher
gemacht, verschrumpft und zur Auscheidung gebracht werden, wodurch
auf der Oberfl&che der Bakterien klebrige Rauhigkeiten entstehen, den
Mikroorganismen eine aktive Rolle beim Zustandekommen der Aggluti¬
nation ein, ohne dieselbe jedoch schftrfer zu prUzisieren.
Die im folgenden mitzuteilenden Beobachtungen stehen mit der
Anschauung in guter Uebereinstimmung, daB den Bakterienleibern selbst
eine nicht unwesentliche Rolle bei der Bildung des durch die ange-
fflhrte FUrbungsmethode darstellbaren Niederschlages zufallt, und er-
bringen morphologische Anhaltspunkte fiber die Art der Niederschlags-
bildung an den Mikroorganismen.
Untersucht man nimlich die grOBeren, nach der angegebenen Me-
thode in den Praparaten gefarbten Haufen (Fig. 1, 2, 3, 5), so wird
man an diesen keinen Anhaltspunkt fiber die Beziehung der Mikroben
zu der gefarbten Zwischensubstanz gewinnen konnen. Die Mikroben
bieten zwar hier haufig Veranderungen ihrer Beschaffenheit dar, auf die
wir noch zurttckkommen, allein diese Veranderungen gewahren zunachst
keinen Einblick in die Entstehung der gefarbten Zwischensubstanz. Das
Gleiche gilt auch ftir die kleineren Haufen, kurz ffir alle Mikroben-
ballen, in denen die Agglutination abgelaufen und fertig vorliegt.
Ueber die Beziehung der Mikroben zu dem bei der Agglutination
nachgewiesenen Niederschlage gewahrten dagegen in manchen nach Ab-
1) Gorbersdorfer VerOffentlichungen, herausgegeben von R. Robert, Bd. I. Stutt¬
gart 1898. p. 48.
2) Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XIII. 1899. p. 225 s.
3 ) Arch. f. exper. Path. etc. Bd. XLII. 1899. p. 302.
4) Hofmeisters Beitrage z. chem. Phys. u. Path. Bd. I. 1901. p. 351 f.
5) a. a. O. p. 464.
6) Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XIV. 1900- p. 297 s.
7) Vergl. bei Kraus, R., 1. c. p. 373.
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166 Centralbl. f Bakt etc I* Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2 .
lauf der Agglutination hergestellten Praparaten die isolierten, nicht in den
agglutinierten Haufen eingeschlossenen Mikroben bereits einen gewissen
AufschluB, noch besser aber konnte man sich iiber die hier in Betracht
kommenden Verh£ltnisse orientieren, wenn man den Vorgang der Agglu¬
tination im Reagenzrohrchen nicht vollst&ndig ablaufen lieB, dieselbe
vielmehr zu verschiedenen Zeiten ihres Ablaufes unterbrach und nun
mikroskopische Pr¶te nach der angeftihrten Methode w&hrend ver-
schiedener Perioden der noch nicht vollendeten Agglutination herstellte.
Ich verfuhr zu diesem Behufe in der Weise, daB ich mehrere R5hrchen
des gleichen Serums (Normal- und Immunserum) rasch hintereinander
und mflglichst gleichm&Big mit dem gleichen Mikrobenstamme impfte
und gleichzeitig in den Thermostaten bei 37° C stellte. Das Normal-
serum wurde dabei unverdiinnt oder in schwachen Verdiinnungen (1 : 4
bis 1:10), das Immunserum A ) gleichfalls unverdiinnt Oder in starken Ver-
diinnungen (bis 1 : 15625) verwendet. In kurzen Zwischenr&umen (an-
n&hernd alle 5 Minuten) wurde ein Rohrchen dem Thermostaten ent-
nommen, rasch mit Wasser in dem friiher erw&hnten MaBe verdiinnt,
zentrifugiert und in der obigen Weise Pr¶te aus demselben ange-
fertigt. Im allgemeinen stellte sich dabei heraus, daB, je hochwertiger
das Serum war, auch in so kflrzerer Zeit die ersten Erscheinungen der
mikroskopischen Niederschlagsbildung an den Mikroben bereits nach-
weisbar waren. Die Immunsera vom Kaninchen und Meerschweinchen
zeigten dementsprechend die gleichen Erscheinungen der Niederschlags¬
bildung an den isolierten Mikroben viel friiher als die Normalsera der
gleichen Tierart. Indessen erwies sich auch das unverdunnte Normal-
serum vom Rinde als im hohen Grade agglutinierend gegen Typhus-
bacillen und Choleravibrionen; es konnten mit diesem Normalserum
ganz analoge Resultate wie mit dem Immunserum erzielt werden, so
daB tats&chlich die aus dem Normal- und Immunserum gewonnenen
mikroskopischen Bilder untereinander keine irgendwie wesentlichen Ver-
schiedenheiten erkennen lieBen.
I) Es wurde mit zwei Kaninchentyphus-Immunseris, von denen das eine noch bei
einer Verdiinnung von 1:50 000 nach 24 Stunden noch deutliche Agglutination zeigte,
und mit zwei Meerschweinchencholera-Immunseris gearbeitet, von denen das eine noch
bei Verdiinnung von 1:15 625 agglulinierte.
(Schlufi folgt.)
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Bail u. Pettersson, Naturliche und ktinstliche Milzbrandimmunit&t V. u. YI. 167
Nachdruck verboten.
TJntersuchimgen liber naturliche nnd ktinstliche Milz-
brandimmuiiitat Y. und YI
[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universit&t Prag
(Vorstand: Prof. Hueppe).]
Mit Untersttitzung der Gesellschaft zur FOrderung deutscher Wissen-
schaft, Kunst und Literatur in BOhmen.
Von
Dozent Dr. Oskar Ball und Dozent Dr. Alfred Pettersson
Assistenten dee Institutes. Stockholm.
V. Das Verhalten des Pferde- und Rattenserums gegen
Milzbrandbacillen.
Von den in den frtiheren Abschnitten untersuchten Serumarten war
das Kaninchenserum allein im stande, sowohl an sich Milzbrandbacillen
abzutoten, als auch andere an sich unwirksame Sera zu erg&nzen; mit
anderen Worten, enthielt einzig das Kaninchenblut die zur AbtStung
der Bacillen ndtigen Komplemente, w&hrend Immunkorper (Ambozeptoren)
bei den verschiedensten, nattirlich widerstandsf&higen und empfanglichen
Tieren nachgewiesen werden konnten. Nur selten fand sich eine hSchst
geringffigige milzbrandtotende Wirkung im Ochsenserum und auch im
Hiihnerserum A ).
AuBer dem Kaninchen liefern noch 2 Tiere in ihrem Blute reichlich
Komplemente: die Ratte und das Pferd. Beide Blutarten enthalten
auBerdem entsprechende Iramunkbrper, so daB sie und zwar meist recht
stark milzbrandtOtend wirken. Daneben erganzen sie, mehr Oder minder
gut, die gleichen Sera, welche auch durch Kaninchenblut sich aktivieren
lassen.
Tabelle I.
Pferdeeerum C, Rattenserum B fur sich und mit Huhner-, Schweine- und Kinderserum
gemiecht untersucht. Als Kontrolle auch Mischungen mit Kaninchenserum
(auszugsweise wiedergegebener Versuch).
Sofort Nach 4 Std.
1) 1
ccm
Pferdeserum
0
2) 1
71
77
V,
Std. 58‘
33
3) 1
7)
Rattenserum
3
4) 1
71
77
V,
Std. 58°
5000
5) 1
71
Kaninchenserum
0
6) 1
71
77
V,
Std. 58°
0
7) 1
77
Huhnerserum
2
ca. 10000
8) 1
71
77
+
0,05 ccm
Pferdeserum
224
9) 2
77
77
+
0,05 „
Rattenserum
0
10) 1
77
77
+
0,05 „
Kaninchenserum
a
32
H) 1
71
Ochsenserum
.a
4000
12) 1
77
77
+
0,05 „
Pferdeserum
!>•
2
13) 1
77
77
+
0,05 ,,
Rattenserum
w
0
14) 1
77
*77
+
0,05 „ •
Kaninchenserum
0
15) 1
77
Schweineserum
1120
16) 1
7»
77
+
0,05 „
Pferdeserum
1
17) 1
77
77
+
0,05 „
Rattenserum
0
18) 1
77
77
+
0,05 „
Kaninchenserum
3
1) Dies beobachtete Pettersson bei Versuchen mit Hiihnera in Stockholm. Bei
den Prager Versuchen fehlte jede Bakterizidie. Rasseneigentumlichkeit ?
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168
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
Erwfihnung verdient noch das Verhalten dieser beiden Serumarten
beim Va'St^digen Erwfirmen auf die ubliche „Inaktivierungstempe-
ratur“ von 56—60°. Bei Untersuchung einer grQBeren Anzahl Sera
findet man die gleicben Abweichungen wie beim Eaninchensernm:
manchmal gelingt die Inaktivierung, ein anderes Mai aber nicht. Gerade
in dem angelfihrten Versuche wurde das Rattenserum bei 58° unwirk-
sam, das Pferdeserum ertrug diese Temperatur ohne wesentliche Schfidi-
gung. Ganz entsprecbend ergfinzte auch das erhitzte Pferdeserum nocb
die anderen Serumarten (gleichgfiltig ob diese ebenfalls erwfirmt waren
Oder nicht), wfihrend das Rattenserum diese Wirkung verloren hatte.
Es scheint aber, als ob das regelmfifiige Verhalten gerade umge-
kehrt ware. Meist enthalt das Blut von Pferden keine hitzebestandigen
Komplemente, wohl aber das von Batten. Ein durch Erhitzen unwirk-
sam gemachtes Pferdeserum wird durch Zusatz geringer Mengen frischen
Serums der gleichen Tierart sofort wieder milzbrandtStend.
Tabelle II.
2 ) 1
3) 1
4) 1
5) 1
6 ) 1
7) 1
8 ) 1
ccm
tt
Pferdeserum D
ii ii
V,
Std. 58° 1
yt
ii
yy
l
„ 58 0 + 0,05 ccm Pferdeeer. D akt. I
yy
yj
yy
„ 58° + 0,02 „ „ „ „ )
»»
V
ii
E
yy
V,
„ 58° \
n
yy
V,
„ 58° + 0,05 ccm Pferdeeer. E akt. (
i)
V
yy
7
„ 58° + 0,02 „ „ „ „ J
Sofort
)I
Nach 4 Std.
0
ca. 10000
12
288
0
ca. 8000
20
27
TabeUe HI.
1) l ccm Rattenserum D
2) 1 „ „ „ V, Std. 58°
3) 1 „ „ E
4) 1 „ „ „ % „ 58®
5) 1 „ Ochsenserum 7t „ 58°
6) 1 „ „ V* » 58® 4- 0,02 ccm Rattens. D akt.
7) 1 „ „ V, „ 58® + 0,02 „ ,i DY.St.58®
8) 1 „ „ V, „ 58° + 0,02 „ „ E it.
9) 1 „ „ V, » 58® + 0,02 „ „ „V,St58®
Sofort
1
§
M
Nach 4 Std.
0
0
0
0
ca. 8000
0
4
1
0
Die Erscheinung, dafi Rattenserum die halbstfludige Erhitzung aut
liber 55° vertrkgt, ist bereits lange bekannt. Die erste Erwfihnung
diirfte sich bei Savtschenko 1 ) finden.
Wieso gerade diese 3 voneinander so abweichenden Tiere den
gleichzeitigen Reichtum ihres Blutes an Immunkdrper und Komplement
fOr Milzbrand erlangt haben, lfiBt sich vorlfiufig nicht einmal vermuten.
DaB kein Zusammenhang der milzbrandtdtenden Kraft des Blutes mit
der natflrlichen Immunitfit der blutliefernden Tiere besteht, wird aber
dadurch neuerdings wieder klar.
VI. Die Menge des Immunkdrpers im normalen Serum
verschiedener Tiere.
Da das Verhalten des Serums verschiedener Tiere gegen Milz-
brandbacillen ganz offenbar in keinem Zusammenhange mit der Empfind-
lichkeit dieser Tiere gegen die Milzbrandinfektion steht, so lag es nahe,
in dem Gehalte eines Serums an Immunkbrpern einen solchen Zusammen¬
hang festzustellen. Es hatte sich sehr frUhzeitig (zuerst beim Schafe)
1) Ann. de Flnst Pasteur. 1897. No. 12.
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Bailu. Petter88on, Natflrliche und kiinstliche Milzbrandimmunit&t. V u. YI. 169
herausgestellt, dafi nicbt nur das Serum relativ immuner Tiere (Hund,
Huhn), sondern auch das hochempf&nglicher sich glatt durch Kaninchen-
serum erg&nzen l&Bt, also Ambozeptoren besitzt, die einerseits in den
entsprechenden Rezeptor des Milzbrandbacillus eingreifen, andererseits
dem Komplemente des Kaninchen-, Ratten- und Pferdeserums Anlage-
rung ermoglichen. Aber — und dieser Gedanke, der zuf&llig durch
einige Versuche am Anfange best&tigt schier, wurde lange Zeit vergeb-
lich verfolgt — es ware denkbar gewesen, dafi ein grdfierer Gehalt an
solchen Ambozeptoren dem Serum natttrlich immuner Tiere eigen sei
und in Zusamnienhang mit ihrer Unempfindlichkeit st&nde.
Ein Mittel, diesen Gehalt quantitativ zu bestimmen, bietet die Ab¬
sorption mittels Milzbrandkulturen dar, auf welche schon wiederholt ver-
wiesen wurde 1 ).
Es stellte sich beraus, dafi diese Menge der (meist bei 100° abge-
toteten) Milzbrandkulturen, welche man einem immunkdrperhaltigen,
normalen Serum zusetzen mufi, urn demselben die Erg&nzungsf&higkeit
durch Kaninchenserum zu nehmen, eine sehr schwankende ist, nicht nur
ffir verschiedene Arten, sondern auch fOr Individuen der gleichen Art,
dafi aber auch hier eine Beziehung zur natflrlichen Immunitat nicht ge-
sucht werden kann 2 ).
Das auffailigste Verbal ten zeigt dabei das Rinderserum, also das
eines Tieres, das nach dem Schafe vielleicht am allermeisten der Milz-
brandinfektion ausgesetzt ist Mit Ausnahme eines einzigen Falles gelang
es niemals, 1 ccm Rinderserum durch Milzbrandbacillen zu erschdpfen.
Auch eine ganze Agarkultur auf 1 ccm genugte nicht Selbst dann, wenn
Milzbrandbacillen im Serum 12—20 Stunden gewachsen waren, liefi sich
dasselbe nacb Entfernung der Bacillen auf der Zentrifuge nocb erganzen.
Umgekehrt wurde das Serum des sehr widerstandsfkhigen Schweines
meist durch viel geringere Mengen, 1 / ia — 1 / s tote Agarkultur fOr 1 ccm,
seines Immunkdrpergehaltes beraubt
Hundeserum zeigte die allergrOfiten Schwankungen, ebenso Schaf-
serum. Nur das Hahnerserum stimmte einigermafien zu der Annahme,
in welcher die Versuche begonnen wurden. Denn fast immer war es
nur sehr schwer seiner Immunkdrper zu berauben.
Tabelle I.
Zur Absorption werden je 3 ccm Ochsenserum mit bei 100° abgetfiteten Milzbrand-
agarkulturen behandelt und zwar:
wkam 31
b) 3
Ochsenserum a) 3 ccm + ®/ l0 ]
ii d) 3 „
Nach 1-stdndigem Aufenthalte bei 37‘
werden die Bakterien abzentrifugiert:
)
Agarkulturen
1 ) 1
2 ) 1
3) 1
4) 1
5) 1
6 ) 1
7) 1
ccm Ochsenserum
+ 0,05 CCm ITftninr.hftna ftr iim
a
a + 0,05 ccm Kaninchenserum
b + 0,05 „ „
c + 0,05 „ „
d 4 - 0,05 „ „
+
+
+
wobei starke, typische Agglutinatiotf erfolgt,
Sofort
3
li
a
<M
s
Nach 4 Std.
10000
0
10000
0
0
0
0
1) Bail, Dieses Centralbl. 1903. No. 5. — Petterson, Ibid. No. 8.
2) Jedenfalls sind die Kulturmassen, die man zur Erschopfung braucht, sehr gjrofi,
wenn man sie mit den geringen Mengen yon z. B. Staphylokokkenkulturen vergleicht,
welche die Sera unwirksam machen konnen.
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170
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale Bd. XXXIV. No. 2.
Tabelle II.
Zur Absorption werden, wie in der yorigen Tabelle, hergestellt
Schweinesera a) 2 ccm + % j Agarkulturen
b) 2
+ 7»
1) 1 ccm Schweineeerum
2 ) 1
3 ) 1
Sofort
Nach 4 Std.
10000
4) 1
5) 1
6 ) 1
>)
7i
-t- 0,05 ccm Kaninchenserum
0
if
a
cS
10000
ft
a + 0,05 ccm Kaninchenserum
250
V
>1
tf
ft
b
b + 0,05 ccm Kaninchenserum
| ca. 10 000
Tabelle III.
Zur Absorption werden, wie in der ersten Tabelle, hergestellt:
Hiihnerserum a) 2 ccm + 2 / B |
„ b) 2 „ 4 - Vi > Agarkulturen
„ c) 2 „ + 2 J
Sofort
1) 1 ccm Hiihnerserum
2 ) 1 „
3 ) 1 „
4) 1 „
5) 1 „
+ 0,1 ccm Eaninchenserum
a -f 0,1 ccm Kaninchenserum
b + 0,1 „
c + 0,1 „ „
I
lO
Nach 4 Std.
10000
6
149
168
29
Nachdruek verboten .
Experimentelle Beitrage zur Formaldehyd-Wasserdampf-
desinfektioiL
[Aus dem hygienischen Institute der Universitat Zflrich.]
Von Hans Herzog.
Mit 2 Figuren.
Unsere einfachsten Desinfektionsmittel sind der strdmende Wasser¬
dampf und die heiBe Luft. Das eigentliche Agens ist hierbei nicht die
Temperaturerhohung an und fflr sich, sondern im ersteren Falle ist es
das Wasser, denn „heiBes Wasser darf mit Recht als ein mit starken
chemischen Kraften ausgestatteter Kdrper betrachtet werden, der auf
sehr viele organische Verbindungen zersetzend einwirkt“ (Behring);
im zweiten Fall wirkt nicht die trockene Hitze, sondern die heifie
Luft und speziell der SauerstofF.
Der strdmende Wasserdampf hat den Nachteil, daft er die Objekte
stark durchnaBt, viele Gegenstknde beschadigt und Blut- und Eiterflecken
durch Eiweifigerinnung einbrennt. Die heiBe Luft ruiniert ebenfalls
viele GegenstSnde und wirkt zudem weuiger bakterizid. Ausgehend
von diesen beiden Prinzipien, dem strdmenden Wasserdampf und der
erhitzten Luft, suchte man die Desinfektionsmethoden zu verbessern.
Statt des Wasserdampfes nur kaltes Wasser, welchem chemisch
wirkende Desinfizientien zugesetzt wurden, zu nehmen, erwies sich in
den meisten Fallen als irrationell. Walter (38) taucht Kleidungs-
stflcke und Ledersachen 24 Stunden lang in eine 1-proz. Formollbsung.
Fbrster (10) empfiehlt das Einlegen der Wasche in eine 10-fache Ver-
dunnung von Kreosolwasser.
Nachdem Koch (18), Behring (4), Heider (15), Pottevin (26)
u. a. nachgewiesen, daB mit einer Steigerung der Temperatur die des-
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Herzog, Experiment Beitrftge zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. 17}
infizierende Kraft solcher w&sserigen Losungen rapid zunimmt, traten
auch diese in die Reihen der brauchbaren Desinfektionsmittel ein.
Behring empfiehlt 1,4 Proz. Soda enthaltende Wascblaugen, Heider
heiBe LysollSsungen von 0,5—2 Proz., Nocht (23) eine 3—5-proz.
Karbolsaureldsung von 40—50°. Zur Desinfektion von mit Blut, Eiter
und Kot beschmutzter Wksche sind diese Verfahren entscbieden von
Vorteil, indem Verunreinigungen sich losen, so dafi, falls die W&sche
kalt eingeweicht wird, keine Flecken eingebrannt werden.
Da die heiBe Luft erst bei hoher Temperatur und bei langer
Dauer sicher keimtotend wirkt, beschadigt sie die zu desinfizierenden
Objekte.
Nun hat aber Schumburg (32) in neuerer Zeit ein Desinfektions-
verfahren empfohlen, mittels dessen er auch feinere Kleider, Leder u. s. w.,
ohne sie zu schfidigen, desinfizieren will, solange keine sporentragenden
Bakterien (Milzbrand und Tetanus) in Betracht kommen. Der genannte
Forscher geht vora Prinzip der HeiBluftsterilisation aus; statt der
trockenen heiBen Luft kommt aber feuchte heiBe Luft zur Anwendung.
Durch gleichzeitiges Verdunsten von Wasser soil die mechanische Be-
wegung der Luft und infolgedessen ihr Eindringen in die Objekte be-
fordert werden. Immerhin darf der Feuchtigkeitsgehalt der Luft gewisse
Grenzen nicht tiberschreiten, da sonst Ledersachen schrurnpfen. „Bei
einer relativen Feuchtigkeit von 60 Proz. scbeint die Zone ftir die
feuchte Luft von 100° getroffen zu sein, in welcher einerseits die sporen-
freien pathogenen Keime zu Grunde gehen, andererseits Leder nicht
angegriifen wird.“ Die Methode wird zur Zeit noch weiter geprflft.
Schon frflher wurden statt der heiBen Luft verschiedene chemisch
wirkende Gase zu Desinfektionszwecken benutzt, so das Chlor, die
schweflige S&ure und das Broin. Von der schwefligen Saure, welche
ganz besonders von der Hamburger Cholerakommission empfohlen worden
war, sagt Behring (4), „daB das Gas bei einer Versuchsdauer und
Dosis, welche die Praxis im tiufiersten Falle noch zul&Bt, in die groBeren
Verkehrsgegenstande wie Ballen und Bunde nicht tief genug eindringt“.
Die genannten Gase wurden mit der Zeit aus der Desinfektions-
praxis verdr&ngt durch das Formaldehydgas, welches sich speziell ftir
die Zimmerdesinfektion als geeignet erwies. Es kommt hierbei neben
der spezifisch bakteriziden Wirkung dieses Gases noch besonders die
ann&hernde Gleichheit der spezifischen Gewichte von Luft und Form-
aldehyd in Betracht, wodurch die Verteilung desselben im Raume er-
leichtert wird. Die unz&hligen Versuche, welche mit dem Trillatschen
Autoklaven, dem Scheringschen Aeskulap, dem Lingnerschen Glyko-
formalapparat, den Karboformalgltihblocks, den Sprayapparaten von
Prausnitz und von Czaplewski und dem Apparat von Fltigge
angestellt worden sind, ergaben gute Resultate, aber nur was die Ober-
fl&chendesinfektion anbelangt.
Urn nun mit gasformigen Desinfizientien Tiefenwirkung zu erzielen,
wurde das Vakuum zu Hilfe genommen. Man hoffte, daB, nachdem die
Luft aus den zu desinfizierenden Objekten herausgezogen ware, das
Gas in gentigender Menge in die Tiefe derselben eindringen wflrde;
allein auch hier entsprach, wie wir sp&ter sehen werden, der Erfolg den
Erwartungen selbst dann nicht, wenn das Gas unter erhohtem Drucke
in einen luftverdtinnten Raum einstrtimte.
Einen prinzipiell wichtigen Fortschritt stellt die Methode von
Esmarch (8) dar. An die Stelle des trockenen Fornialdehyddampfes
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172
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
tritt der strdmende Formaldehydwasserdampf, eventuell in Verbindung
mit dem Vakuum.
Bevor wir n&her auf die Metbode eintreten, werfen wir einen kurzen
Ueberblick auf die Entwickelung und den gegenw&rtigen Stand der
Formalindesinfektion mit Ausschlufi der Zimmerdesinfektion.
Der im Jahre 1869 von Hofmann entdeckte Aldehyd der Ameisen-
sSure oder Formaldehyd (CH 2 0) ist ein farbloses, stechend riechendes
Gas, welches beim Abkflhlen sich zu einer farblosen, bei — 21 0 sieden-
den Fltlssigkeit verdichtet und das leicht in Wasser lOslich ist Seine
antiseptischen Eigenschaften wurden erst 1892 fast gleichzeitig von
Trillat und von Aronson gepriift. Wie die Aldehyde im allgemeinen,
polymerisiert auch der Formaldehyd sehr leicht; hierdurch entstehen
feste Korper, der Paraformaldehyd (CH 3 0) 2 und das Trioxymethylen
(CH s O) ? ; die aktive Substanz hat sich in eine inaktive verwandelt
(Bombicci) [5J. Das Formalin des Handels ist die konzentrierte
40-proz. Formaldehydlosung. Sobald diese Lbsung fiber 40 Proz. hinaus
eingedampft wird, scheidet sich eine weifie Masse aus, bestehend aus
den eben genannten Polymeren. Urn diese fiir die Praxis hdchst un-
angenehme Polymerisation zu verhdten, wurden dem Formalin gewisse
Substanzen zugesetzt wie Chlorcalcium (Chloroformol von Trillat),
Menthol (Holzin von Rosenberg), Glycerin (Glykoformal von Wa 11her-
Schlossmann), Oder es wurde das Formalin unter hohen Druck ge-
setzt (Trillat) oder stark verdfinnt (Flfigge). Basierend auf diesem
grofien Fortschritte, nahm dann die Zimmerdesinfektion einen raschen
Aufschwung und gab befriedigende Resultate.
Nicht dasselbe kann man behaupten betreffs Desinfektion von
Kleidern, Leder, Pelzwaren, Seidenstoffen, Buchern, Biirsten, K&mmen
und einer Menge anderer Gegenst&nde, welche den strdmenden Wasser-
dampf nicht vertragen. Zum grofien Teil werden solche Gegenst&nde
vor der Ankunft der Desinfektoren von den Leuten verborgen, weil
diese ffirchten, dafi ihr Eigen turn im Wasserdampfe verdorben werde.
L&fit man aber genannte Objekte in dem mit Formaldehyd zu des-
infizierenden Zimmer zurflck, so werden sie nur unvollst&ndig sterilisiert
und halbe Desinfektion ist unter Umst&nden schlimmer als gar keine.
Im Jahre 1893, also noch zur Zeit der ersten Formalinbegeisterung,
gab Lehmann (20) eine Methode der Kleiderdesinfektion an, welche
jedermann gestatten wiirde, zu Hause die Eleider auf die einfachste
VVeise selbst zu sterilisieren. Die Kleider wurden von Lehmann in
eine Kiste gebracht und hier 12 Stunden lang bei gewbhnlicher Zimmer-
temperatur D&mpfen ausgesetzt, welche sich aus 15 g Formalin ent-
wickelten, oder es wurden mit Formalin getrfinkte Tilcher zwischen die
Kleider gelegt. Milzbrandsporen, welche in stromendem Wasserdampf
7—8 Minuten lebend geblieben waren, sollen hierbei abgetotet worden
sein. Das Verfahren war auch fttr Lederwaren, Biirsten, Bflcher u. s. w.
berechnet.
Frank (11 u. 12) empfiehlt zur Desinfektion von tierischen Haaren,
Fellen u. s. w. Alkohold&mpfe oder als noch besser wirkend, Dampfe
des Spiritusvorlaufs, welchen er ein ganz besonders intensives Pene-
trationsvermdgen zuschreibt. Das zu desinfizierende Material befindet
sich in einem metallenen Behklter, welcher auf 65—70° erw&rmt wird
und in welchem Alkohold&mpfe 4 Stunden lang auf die Objekte ein*
wirken. Am wirksamsten zeigten sich D&mpfe, welche aus 40*proz.
Alkohol entwickelt wurden.
Digitized by ^ooQle
Herzog, Experiment. Beitr&ge zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. 173
Abba and Bondelli (1) desinfizieren Frauenkleider, Pelzsachen,
HQte u. s. w. in einem besonderen Raume derart, daB jene an einem
von der Decke herabh&ngenden rotierenden Metallkranze aufgeh&ngt
und so den Formaldehydd&mpfen ausgesetzt werden; der Raum selbst
kann bis auf 80° erhitzt werden.
Nach der Methode von Petruschky (25) werden alle wertvollen
Kleider and andere Gegenst&nde, welche den strdmenden Wasserdampf
nicht vertragen, in einem fest verschlossenen Schranke durch eine sehr
groBe Menge Formaldehyd (400 g = 1000 ccm Formalin), welcher dnrch
eine Oeffnung von aufien eingeleitet wird, desinfiziert Hinz (18),
welcher die Methode prQfte, fand bei Anwendung von 2 1 Formalin
nach 2-sthndiger Einwirkang Kleider and auch Pelzsachen keimfrei;
dagegen waren trotz der groBen Formalinmenge Milzbrandsporen in
einer Stiefelspitze und in einem Besen lebend geblieben. Aehnliche
Versuche wurden mit dem Sprayapparat von Prausnitz gemacht
Nicht sporentragende Bakterien wurden abgetotet, Sporen aber, sowie
auch Pediculi, blieben am Leben.
Das Verfahren von Petruschky wurde wesentlich vereinfacht
von Rositzky (29). Statt des teuren Trillatschen Autoklaven be-
nutzt letzterer einen einfachen Dampftopf. Vom diesem aus wird der
Dampf in das Innere eines Schrankes zu einem Gef&B mit Spray*
vorrichtung geleitet; im Gef&Be befindet sich Formalin, welches durch
den unter einer gewissen Strdmung eindringenden Dampf direkt nach
aufw&rts versprayt wird. Die Desinfektionsdauer betr> 9 Stunden;
far einen Schrank von 1 cbm Rauminhalt braucht es 100 ccm 40-proz.
Formaldehydldsung. Das Verfahren kommt in Danzig und, mit geringen
Modifikationen, in der Grazer Desinfektionsanstalt zur Anwendung.
Walter (37 u. 38) beschreibt einen Apparat. mittels dessen er
Kleider, besonders Uniformen, bei 50—70° desinfiziert. Aus einem
Autoklaven mit 3—3 1 /* Atmosph&ren Ueberdruck werden D&mpfe von
Formochlorol in einen Blechkasten (130:50 cm) eingeleitet. Der Blech-
kasten ist von einem Mantel aus demselben Material umgeben und kann
durch Einleiten von Wasserdampf aus einem Maschinenkessel erw&rmt
werden. Das Verfahren ergab gute Resultate und diese zeigten keine
bedeutende Differenz, ob gleichzeitig noch Luft abgesogen wurde oder
nicht
Merkel (22) prOfte die Methode einer franzdsischen Gesellschaft
in Marseille nach (wohl das Verfahren der Soci6t6 chimique des Usines
du Rhone). Er benutzte zu seinen Versuchen den gewdhnlichen Des-
infektionsapparat (3:2 m) einer Pinselfabrik. Es wurden Borsten mit
Milzbrandsporen impr&gniert und ins Innere von groBen Borsten- und
RoBhaarpaketen gesteckt Im Apparate wurde ein Vakuum, entsprechend
680 mm Quecksilberdruck, geschaffen und aus einem Autoklaven wurden
3 Stunden lang unter 3 Atmosph&ren Ueberdruck Formaldehydd&mpfe
eingeleitet. Trotz dieser komplizierten Einrichtung bekam Merkel
ein v5llig negatives Resultat.
Dasselbe Verfahren wurde auch nachgeprfift von Dunbar und
Musehold (7). Die zu desinfizierenden RoBhaare wurden in losem
Zustande unter gew5hnlichem Druck, in Ballen unter vermindertem
Druck (60 statt 760 mm) den Dampfen von Formochlorol ausgesetzt.
Sobald der Desinfektionsraum (10 cbm) mit Formaldehydd&mpfen ge-
s&ttigt war, wurde das Einstr5men der D&mpfe untprbrochen; die
Borsten- und Rofihaarbandel blieben noch 12—16 Stunden in Kontakt
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174
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 2.
mit den Formaldehydd£mpfen. Die Resultate stimmen mit denjenigen
von Merkel iiberein. Die in einer Tiefe von 10 cm in Rofihaar-
paketen untergebracbten Milzbrandsporen von mittlerer Resistenz waren
nicht abgetotet worden. Das Innere der Borstenbiindel hatte sich fur
Formaldehydd&mpfe leichter zuganglich erwiesen. Die Mangel des Ver-
fahrens beruhen nach Dunbar und Musehold darauf, „daB durch
die Anwendung des Vakuums das Eindringungsvermdgen des Form-
aldehyds nicht in einem fOr den besonderen Zweck ausreichenden Grade
gesteigert wird, und dafi der in den Desinfektionsraum zustromende
Dampf sich ungleichmaBig verteilt, namlich in der Hauptsache sich in
den unteren Teilen des Desinfektionsraumes sammelt“.
Einen Apparat auf demselben Prinzip beruhend und wohl das Vor-
bild ftir denjenigen der Socidtd chimique des Usines du Rhone, beschrieb
1897 der Amerikaner Kinyoun (17) als Modifikation seines schon 1895
konstruierten Desinfektionsapparates. Auch hier soli das Vakuum es
gestatten, das Formaldehydgas zur Desinfektion dichterer, schwer durch-
dringbarer Objekte zu verwenden. Da der von Kinyoun angegebene
Apparat, soviel ich ersehen konnte, in der deutschen Literatur bis jetzt
keine Erwahnung gefunden hat, lasse ich eine kurze Beschreibung des-
selben folgen: An der Seite eines cylinderformigen Desinfektionsraumes
befinden sich 2 kleine Cylinder; der eine derselben ist aus Kupfer, der
andere aus Eisen; damit die darin enthaltenen Fltissigkeiten bequem
erhitzt werden ktinnen, sind beide kleinen Cylinder, die sogenannten
„boilers“, mit Dampfrbhren umwickelt; tiberdies sind sie mit Ein- und
Ausflufirdhren sowie mit Manometern versehen. Die AusfluBrohren
beider boilers miinden durch eine gemeinsame Oeffnung in den Be-
hSlter. Der Kupfercylinder wird mit Formochlorol, der eiserne mit
Ammoniak gefiillt; mit letzterem sollen nach vollendeter Desinfektion
die Objekte desodoriert werden. Nachdem der Desinfektionsraum mit
den zu desinfizierenden Gegenstanden beschickt und gut verschlossen
worden, wird die Luft aus demselben abgesogen, bis der Atmospharen-
druck auf die Halfte gesunken ist. Wahrend dieser Zeit lafit man durch
die Dampfrohrenrolle, welche den kleinen kupfernen Cylinder umgibt,
Dampf stromen, bis das Manometer den gewiinschten Druck angibt;
alsdann wird der Hahn geoffnet und das Formaldehydgas sttirzt mit
Vehemenz in den Desinfektionsraum. Auf diese Weise kann man in
letzterem leicht jeden beliebigen Prozentsatz Formaldehyd erhalten und
daher auch die Desinfektionszeit nach Wunsch regulieren. Vor allem
unterscheidet sich der Apparat Kinyouns von denjenigen, welche von
Dunbar und Musehold sowie von Merke 1 benutzt wurden, dadurch,
dalS durch Vorwarmung des Mantels die Temperatur im Innern des Des¬
infektionsapparates bis auf 85° gesteigert werden kann, eine Temperatur,
welche man mit den in Europa gebrauchlichen Apparaten nicht erreicht.
Kinyoun benutzt seinen Apparat besonders zur Desinfektion von
gepolsterten Mobeln, Matratzen, Biichern, Pelzen und feineren Textil-
arbeiten.
Diese kurz beschriebenen Methoden sind entweder zu wenig wirksam
Oder sie arbeiten mit zu teuren Apparaten, wie dasjenige von Walter,
von der Society des Usines du Rh6ne, von Petruschky, welch letztere
Methode zudem sehr teuer im Betriebe ist, da der Apparat kolossale
Mengen Formaldehyd verbraucht, auch das Franksche Verfahren dflrfte
ziemlich kostspielig sein. Schon mehr ftir die Praxis geeignet scheinen
die Verfahren von Abba und Rondelli sowie dasjenige von Rositzky;
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Herzog, Experiment. Beitr&ge zur Formaldehyd AVasserdampfdesinfektion. 175
allein auch diese arbeiten zu langsam, unter Umstfinden auch zu un-
sicher und wurden mit zu wenig resistenten Testobjekten gepriift. Bei
der amerikanischen Methode ist der teure Trillatsche Autoklav durch
einen kleinen kupferuen Cylinder ersetzt Um eine Temperatur von
85° im Innenraum zu erhalten, ist es erforderlich, einen dickeren, wider-
standsfahigeren Mantel an dem Desinfektionsapparat anzubringen, was
den Preis der Anlage etwas erhfiht.
Alle genannten Desinfektionsverfahren nehmen zum Ausgangspunkte
das Formaldehydgas; demselben werden zur Verstfirkung seiner Wirkung
Wasserdampfe beigegeben. Kokubo (19), ein Schuler v. Esmarchs,
geht umgekehrt vom 100-grSdigen Wasserdampfe aus, dessen des-
infizierende Kraft er durch Zusatz verschiedener Substanzen zu erhfihen
sucht. Kokubo kommt zu dem ilberraschenden Resultate, daft durch
Zusatz minimaler Mengen von Formaldehyd zum stromenden Wasser-
dainpf die Desinfektionswirkung des letzteren kolossal gesteigert wird.
Ein KartofFelbacillus, der dem strdmenden Wasserdampfe 130 Minuten
widerstanden hatte, ging nach Zusatz von 0,1 Proz. Formaldehyd bereits
nach 7 Minuten zu Grunde.
v. Esmarch (8) hat nun auf diesem Prinzipe die neue Methode
aufgebaut. Seine Versuche ergaben:
Dafi man durch Formaldehydzusatz zum 100-grfidigen Wasserdampf
die Desinfektionszeit fur umfangreiche, dichte und zusammengeprefite
Objekte bedeutend abkfirzen konne;
dafi auch blofi 70—80-grSdiger Wasserdampf bei Zusatz geringer
Mengen von Formaldehyd freie Sporenfaden sehr rasch sterilisiert;
dafi durch 70—80-gradigen Formaldehydwasserdampf eine bedeutende
Tiefenwirkung erzielt werden kann, falls gleichzeitig die Luft mit gewisser
Intensity abgesogen wird.
Auf Grund dieser Resultate empfiehlt v. Esmarch die Verwendung
von 70—80-gradigem Formaldehydwasserdampf in Verbindung mit einem
geringen Vakuum als allgemeine Desinfektionsmethode. v. Esmarch
selbst hat seine Methode mit weniger widerstandsfahigem Materiale
gepriift, und ich folgte daher gern der Einladung meines verehrten
Lehrers, Herrn Dozent Dr. Silberschmidt, die Resultate der beiden
Forscher, v. Esmarch und Kokubo, nachzuprfifen.
I.
Nachdem mehrere Vorversuche in einem improvisierten Apparate
ermutigende Resultate gegeben, ging ich zuerst an die Prfifung freier,
d.h. nicht eingewickelter Seidenffiden. Letztere wurden nach Behring (4)
so hergestellt, dafi 5—6 Tage alte Kartoffel- oder Agarreinkulturen mit
einem ausgegltthten Platinspatel abgeschabt und in sterilem destillierten
Wasser verrieben wurden. In diese Aufschwemmung kamen Seidenf&den,
die im Autoklaven sterilisiert worden waren, fiber 1 Stunde lang zu
liegen; dann wurden sie einzeln herausgenommen, in sterile mit Filtrier-
papier austapezierte P e t r i - Schalen gelegt und mehrere Tage bei 40°
im Brutschrank gelassen. Zur Prfifung der so hergestellten Sporenfaden
stand mir ein kleiner Desinfektionsapparat, eine Art Kochscher Topf,
zur Verffigung, der seiner Zeit von Prof. Roth zu seinen Versuchen
benutzt worden war. Die Seidenfaden wurden zu 4—5 zwischen zwei
sterile Klotzchen aus Hartholz dadurch eingekeilt, dafi die beiden
Klfitzchen durch Klammern zusammengeprefit wurden. In der Mitte
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
der einen Klammer war ein Bindfaden befestigt, und am Ende dieses
Bindfadens hing ein Gegengewicht.
Sobald das im Deckel des Apparates steckende Thermometer die
Siedetemperatur zeigte (in Zurich 98,5°), wurden die Kldtzchen mit den
eingekeilten Seidenfftden rasch und unter mSglichst wenig Dampfverlust
der Innenwand des Apparates nach bis zu halber H5he hinabgelassen,
so dafi die Fftden frei in das Lnmen des Apparates hineinragten. Das
Gegengewicht hing an der AuBenwand herunter. Nach Ablanf einer
bestimmten Anzahl Minuten wurde der Deckel auf der betreffenden Seite
gelflftet und ein bestimmtes Kldtzchen herausgezogen. Die Sporenfftden
wurden mit ausgegluhter Schere abgeschnitten, in sterile Bouillon ge-
bracht und 10 Tage lang tftglich im Brutschranke kontrolliert.
Es wurden auf diese Weise gepriift: Ein Milzbrandbacillus vom
Pferd (Milzbrand — Pferd), ein Milzbrandbacillus gewonnen aus der
Pustula maligna eines Patienten und auf eine Maus Uberimpft (Milz¬
brand—Maus). ferner Seidenfftden, welche Herr Prof. Egli im Jahre
1893 mit Subtilis imprftgniert hatte (Subtilis 1893) und endlich ein
Kartoffelbacillus, der vor einiger Zeit aus einer 8 Jahre lang auf-
bewahrten BQchse mit unversehrter kondensierter Milch isoliert worden
war (Mesentericus vulgatus II aus Milch).
Seidenfftden, mit Sporen der genannten Bakterienarten infiziert,
wurden im kochenden Wasser, im strdmenden Wasserdampf und in
Formaldehydwasserdampf verschiedener Konzentration geprUft. Die Re-
sultate, mit denjenigen von Kokubo iibereinstimmend, veranschaulicht
folgende Tabelle I:
Tabelle 1.
Versuche mit freien SporenfSden.
Bakterienart
stromender
Wasser¬
dampf
kochendes
Wasser
Formaldehydwasserdampf
0,1 Proz. | 0,5 Proz. | 1,0 Proz.
Milzbrand—Pferd
4— 5 Min.
Kein Wachstum mehr nach:
1 2 Min. 1 1 Min. 1 1 Min. 1
1 Min.
Milzbrand—Mane
9-10 „
4-5 „
2- 3 „
1 „
1
Subtil is 1893
130 „
45 „
8-10 „
3—5 „
2-3 „
Mesent. aus Milch II
150 „
60 „
10-15 w
5-6 „
2-3 M
Zu diesen Versuchen wurde 40 Proz. Formalin (Originalflasche von
Schering) verwendet Die Fftden wurden immer in Bouillon Qber-
impft, da nachgewiesen ist, daft die Resultate genauer sind als bei Ver-
wendung fester N&hrboden. R. Koch (18) gibt die Vorschrift, man
solle, damit nicht die Probe dem Nfthrboden zu viel von dem Des-
infektionsmittel zuffihrt, wodurch das Bakterienwachstnm verhindert
werden kann, einerseits die Probe moglichst klein nehmen und anderer-
seits das Desinficiens vor dem Ueberimpfen aus der Probe zu entfernen
suchen. Trotz diesem Rate zog ich es vor, zu jedem Versuche 4—5
Sporenfftden zu verwenden, um rascheres Wachstum und mdglichst
flbereinstimmende Resultate zu erhalten. Ueber letzteren Punkt bemerkt
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Herzog, Experiment Beitr&ge zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. 177
Behring (4) in Uebereinstimmnng mit Pottevin und Geppert:
„Auch die Zahl der an dem Seidenfaden haftenden Sporen ist auf das
Resultat der Prfifung von EinfluB, weil die einzelnen Sporen nicht die
gleiche Wider standsf&higkeit besitzen und weil die Wahrscheinlichkeit,
sehr widerstandsffihige Exemplare am Seidenfaden vorzufinden, um so
grfiBer ist, je mehr Sporen demselben anhaften“. Um die Sporenf&den
von etwa noch anhaftendem Formaldehyd zu befreien, wurden sie vor
der Ueberimpfung in sterilem destillierten Wasser, dem wenig Ammoniak
beigefQgt war, geschwemmt. Auf diese Weise soil unwirksames Hexa-
methylentetramin entstehen nach der Formel:
6 CH 2 0 + 4 NH S = 6 H,0 + (CH,),N 4 .
Bei den spateren Versuchen mit Paketen, Sckuhen u. s. w. wurden
die Faden direkt fiberimpft, da besonders angestellte Versuche keine
Wachstumsdifferenz zwischen neutralisierten und nicht neutralisierten
Sporenfaden ergaben. Schumburg (31) behauptet tibrigens, gesttttzt
auf zahlreiche Experimente, dafi Formaldehyd mehrere Stunden in Be-
rfihrung mit Ammoniak bleiben miisse, bis Hexamethylentetramin ent-
stehe. Das einzige Mittel, um einen EinfluB des iibertragenen Form-
aldehyds auf das Versuchsergebnis auszuschlieBen, bleibt demnach die
alte Kochsche Empfehlung einer gehorigen Verdfinnung durch An-
wendung kleiner Objekte (Faden, Glasperlen) und groBer Mengen flfissigen
Nfihrmaterials. Der Prozentgehalt der verwendeten Losungen bezieht
sich stets auf das darin enthaltene Formaldehydgas, nicht auf das
Formalin. Wenn z. B. von 1-proz. Formaldehyd wasserdampfen gesprochen
wird, so ist dies so zu verstehen, dafi auf 1 1 der zu verdampfenden
Losung 25 ccm Formalin (40-proz.) kommen. Die Versuche von Brunn (6)
geben des weiteren darfiber Auskunft, in welchem Verhaitnis Form¬
aldehyd einerseits und Wasserdampf andererseits aus einer stark ver-
dfinnten Formaldehydlosung verdampfen. Bei einer Konzentration fiber
8 Proz. verdunstet mehr Wasser als Formaldehyd, bei Konzentration
unter 8 Proz. mehr Formaldehyd. „Je verdfinnter die Ausgangslfisung,
um so mehr Formaldehyd entweicht und kann fur die Desinfektion
nutzbar gemacht werden. 11 Dieser Satz erklfirt zum Teil die 6fter
beobachtete Tatsache, daB fflr kurz dauernde Versuche mit schwachen
Formaldehydldsungen die Konzentration wenig in Betracht kommt. So
fand auch Kokubo (19) die Widerstandsf&higkeit seines Kartoffelbacillus
gegen Formaldehydwasserdampfe von 0,5, 1,0, 2,0 und 3,0 Proz. kaum
1 Minute variierend.
II.
In zweiter Linie haudelte es sich darum, festzustellen, ob auch bei
niedrigerer Temperatur bedeutende Unterschiede bestehen in der keim-
totenden Wirkung des Wasserdampfes und des Formaldehydwasserdampfes.
Als Testobjekte wurden auBer den schon genannten Bakterienarten noch
benutzt: Ein gewohnlicher Kartoffelbacillus (Mesentericus I), ein
Staphylococcus pyogenes aureus und ein Subtilis, gewonnen
aus einer nach Eisensplitterverletzung entstandenen Panophthalmie und
als deren spezifischer Erreger beschrieben von B&nziger und Silber-
schmidt (33). Ich wfihlte zu diesen Versuchen die Temperatur von
70°, weil diese ffir die spfiter zu erorternde Frage der Desinfektion von
Leder, Seide und Pelzsachen besonders in Betracht kommt. Die Resultate
linden sich in der folgenden Tabelle.
Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 12
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178
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 2 .
TabeUe II.
Widerstandsfahigkeit von infizierten Seidenfaden in Wasserdampf
von 70° mit und ohne Formaldehyd.
Bakterienart
30 Min. in
Wasser¬
dampf
30 Min. in
0,1-proz. Forin-
aldehydwasser-
dampf
3 Stdn. in
Wasser¬
dampf
15 Min. in
1,0-proz. Form-
aldehydwasser-
dampf
Staphylococcus aureus
+
Milzbrand—Pferd
+
—
Milzbrand—Maus
+
—
Mesent. vulg. I
+
—
Subtil.—Panophthalm.
+
+
—
—
Subtilis 1893
+
+
+
—
Mesent vulg. II.—Milch
+
+
+
—
Milzbrand—Maus in 1,0 Proz. Forraaldehydwasserdampf von 70°:
nach 3 Minuten +
4 —
V ^ T)
III.
Behufs Prfifung der Tiefenwirkung von Formaldehydwasserdfimpfen
verschiedener Konzentration benutzte ich moglichst widerstandsffihige
Testobjekte, namlich Sporen vom Milzbrandbacillus—Maus, welche im
strOmenden Wasserdampf 9 Minuten, im kocbenden Wasser 4 Minuten
lang lebend geblieben waren, und den Subtilis 1893, dessen Sporen
im Wasserdampf erst nach 130 Minuten, im kochenden Wasser erst
nach 45 Minuten abgetdtet wurden. Der Mesentericus — Milch II,
welcher bei den frflheren Versuchen die resistentesten Sporen gezeigt
hatte, erwies sich in Aufschwemmungen anderer Kulturen als weniger
widerstandsffihig. Was die Wahl der Testobjekte fur Formaldehyd-
versuche betrifft, sind die Ansichten der Autoren wesentlich verschieden.
Die Mehrzahl derselben erklart sporenhaltiges Material und unter den
pathogenen Mikroorganismen den Milzbrand als am widerstandsfahig-
sten gegeniiber Formaldehydeinwirkung. Im Gegensatz hierzu wollen
Hammer und F e i 11 e r (14) geradezu eine elektive Wirkung des Form-
aldehyds auf Milzbrand beobachtet haben. Abba und Rond elli (1)
sowie auch Reichenbach (27), Walter (37) u. a. fanden eine mangel*
hafte bakterizide Wirkung des Formaldehyds gegeniiber nicht fiber
4 Wochen alten Staphylokokkenfaden. Ottolenghi (24) fand die
Wirkung einer Formalinlosung 10 : 100 auf tuberkulfisen Auswurf
mangelhaft. Spengler(35) halt eineVernichtung der Tuberkelbacillen
nach der F1 fi g g e schen Formalindesinfektionsmethode ffir ausgeschlossen
und verlangt, daB Tuberkelbacillen als Testobjekte benutzt werden.
(Nach Spenglers Ansicht ist der Tuberkelbacillus im Gegensatz zu
anderen Sputumbakterien so widerstandsffihig gegen Formaldehyd, daB
sich letzterer zur Isolierung von Tuberkelbacillen und Tuberkelbacillen-
splittern aus Bakteriengemischen sowie zu deren Zfichtung eignet).
Sit sen (34) betont, „daB die Widerstandsfahigkeit der vegetativen
Formen der Bakterien (lurch das Trocknen anfangs zunimmt und erst
bei fortschreitender Austrocknung wieder abnimmt. Die Zunahme der
Widerstandsfahigkeit ist um so grfiBer, je besser der Organismus das
Trocknen aushfilt“. Es liegt die Annahme nahe, daB die Beobachter,
welche nicht sporentragende Bakterien, wie Staphylokokken, dem Form-
aldehyd gegeniiber widerstandsfahiger fanden als Milzbrandsporen, mit
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Herzog, Experiment Beitr&ge zur Formaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. 179
sehr wenig resistenten Milzbrandsporen gearbeitet haben. Die mir zur
Verftigung stehenden Staphylokokken gingen sowohl im stromenden
Wasserdampf als auch im Formaldehydwasserdampf von 70° rasch zu
Grunde.
Neben den Sporen von Milzbrand—Maus wurden stets noch solche
von dem viel resistenteren Subtilis 1893 verwendet, um den Grad der
desinfizierenden Wirkung da noch weiter kontrollieren zu kSnnen, wo
jener abgetQtet wurde. Ueber diesen Punkt bemerkt Reischauer (28):
„Jetzt aber, wo man weiB, daB die Erreger der Pest, der Cholera, der
Diphtherie, der Tuberkulose, der Influenza und des Typhus viel weniger
resistent sind als die Milzbrandsporen, braucht man von einem Des-
infektionsmittel nicht zu verlangen, daB es auch Sporen von Kartoffel-
und Heubacillen abt5tet, sondern kann sich mit einer sicheren Wirkung
auf die praktisch in Betracht kommenden begntigen. Unter diesen kennt
man freilich die Erreger der Pocken, des Scharlachs und der Masern
noch nicht; aber einmal spielen sie doch im allgemeinen nicht die
Rolle der erstgenannten und andererseits hat man begriindetes Recht
zu der Annahme, daB sie eine besonders hohe, fiber die anderen In-
fektionserreger hinausgehende Widerstandskraft nicht besitzen tt . Im
Gegensatz hierzu verlangt Behring (4), „daB allgemeine Desinfektions-
mittel, wenn sie die Gewfihr bieten sollen, daB sie auch die noch nicht
entdeckten Krankheitserreger unschadlich machen, der Anforderung ent-
sprechen muBten, daB die bekannten Lebewesen samtlich durch sie ihre
Vitalitat einbtiBen u .
Zu unseren Versuchen mit einem kleinen Paket wurde der
schon frfiher erw&hnte kleine Desinfektionsapparat von Roth benutzt.
1. Versuchsreihe.
Das Paket selbst wurde in 3 Schichten eingeteilt, um das Ver-
halten der Sporen in verschiedener Tiefe beobachten zu kfinnen. Es
umfafite:
1) Die innere Schicht: 3-fach Baumwolldamast;
2) die mittlere Schicht: 3-fache Wollschicht;
3) die fiuBere Schicht: 4-fache Wollschicht;
so daB z. B. die F&den der inneren Schicht in 3-fach Baumwolldamast
Tabelle III.
Kleines Paket in stromendem Wasserdampf von 98,5° mit und ohne
Formaldehy d.
Bakterienart
10 Min. in
Wasserdampf
30 Min. in
Wasserdampf
10 Min. in
Formaldehyd¬
wasserdampf
30 Min. in
Formaldehyd¬
wasserdampf
»- *
O XJ o
||s
Mittlere
Schicht
o
fe .q
ca o
Innere
Schicht
101°
Mittlere
Schicht
Aeufiere
Schicht
Innere
Schicht
94°
Mittlere
Schicht
Aeufiere
Schicht
Innere
Schicht
100°
Mittlere
Schicht
Aeufiere
Schicht
Staphyloc. p. aur.
Milzbrand— Pferd
+
+
_
_ ' _
_
_
• _
_
_
_
_
Milzbrand—Maus
+
+
4-
_ _
_
_
_
_
_
_
_
Subtilis 1893
+
+
+
+ ‘+
+
4-
+
—
—
—
_
Mesent. vulg. II
-L
+ 1 +
+
4-
4-
—
—
—
Temperaturangabe eines Maximal thermometers.
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12 *
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180
Centraibl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2.
und 7-fach Wolle eingewickelt waren. AuBerdem waren die Sporenfaden,
je 4—5 an der Zahl, in sterile Filtrierpapierkapseln eingehflllt.
Die Faden wurden vor dem Ueberimpfen in Ammoniakwasser ge-
schwemmt.
2. Versnchsreihe.
(Mit dem kleinen Desinfektionsapparat)
Das Paket, fester verschnflrt, besteht aus:
1) Innere Schicht: 270 g RoBhaar, fest verschnflrt.
2) Mittlere Schicht: 1-fach Filz und 4-fach Leinwand.
3) Aeufiere Schicht: 4-fach Wolle.
Als Testobjekte kommen Sporenfaden von Milzbrand—Maus und
Subtilis 1893 zur Verwendung.
Tabelle IV.
Paket in stromendem Wasserdampf von 98,5° mit und ohne
Formaldehyd.
Bakterienart
Milzbr.—Maus
gubtilis 1893
10 Min. in
Wasserdampf
30 Min. in
Wasserdampf
10 Min. in
0,1-proz.
Formaldehyd-
wasserdampf
10 Min. in
0,5-proz.
Formaldehyd-
wasserdampf
10 Min. in
1,0-proz.
Formaldehyd-
wasserdampf
Innere
Schicht
1 Mittlere
Schicht
i!
Innere
Schicht
Mittlere
Schicht
Aeufiere
Schicht
Innere
Schicht
Mittlere
Schicht
i Aeufiere
j Schicht
Innere |
Schicht '
Mittlere
Schicht
! Aeufiere
| Schicht
Innere
Schicht
Mittlere
Schicht
Aeufiere
Schicht
+
+ |
i
1 + +
+
+
+
+
+
+
+*
+
+*
+*
+*
+*
—
*
1 l +
+1
*
—
+* bedeutet stark verzdgertes Wacbstum.
Die Sporenfaden wurden vor dem Ueberimpfen in Ammoniakwasser
geschwemmt.
3. Versuchsreihe.
Nachdem die Versuche mit kleinen Paketen eine bedeutend inten-
sivere Desinfektionswirkung der 98,5 - gradigen Formalinwasserdampfe
gegenflber dem einfach strflmenden Wasserdampfe ergeben hatten,
wurden dieselben mit einem voluminoseren Pakete wiederholt. Diesmal
benutzte ich einen grflBeren Apparat von Roth (30) (50 cm HOhe und
32 cm Durchmesser, innen gemessen), der in hiesiger Augenklinik zum
Sterilisieren von Verbandstoffen benutzt wird. Es wurden die gleichen
Sporenfaden als Testobjekte benutzt, wie bei der 2. Versuchsreihe.
Tabelle V.
GroBes Paket in strdmendem Wasserdampf von 98,5° mit und ohne
Formaldehyd.
Bakterienart
15 Min. in
Wasserdampf
30 Min. in
Wasserdampf
15 Min. in
0,1-proz. Form-
aldehydwasser-
cfampf
10 Min. in
1-proz. Form-
alaehydwasser-
dampf
Innere
Schicht
2. Schicht
3. Schicht
Aeufiere
Schicht
Innere
Schicht
-4^
u
o
OQ
3. Schicht
Aeufiere
Schicht
Innere
Schicht
■+*
a
|
CO
Aeufiere
Schicht
Innere
Schicht
1
-*■»
l
n
Aeufiere
Schicht
Milzbrand—Maus
Subtilis 1893
+ 1
+
+
! +
+
+
+
+
+
+ ;
+
+
+
+
+
+
+
“h
—
+
+
+
—
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Herzog, Experiment Beitrfige zur Fonnaldehyd-Waseerdampfdeeinfektion. 181
Das Paket war in 4 Schichten eingeteilt:
1) Innerste Schicht: 5-fach Filz.
2) 2. Schicht: 1 Wolldecke (24-fache Wollschicht).
3) 3. Schicht: 1 Wolldecke (16-fache Wollschicht).
4) AeuBerste Schicht: 1 Wolldecke (8-fache Wollschicht).
Sporenf&den vor dem Ueberimpfen in Ammoniakwasser geschwemmt.
IV.
Zn den Versuchen bei niedrigerer Temperatur wurde ein eigens zu
diesem Zwecke konstruierter Apparat (Fig. 2 A) benutzt. Derselbe be-
steht aus starkem Zinkblech, hat Cylinderform, eine Hohe von 35 cm
and einen Durchmesser von 25 cm. Um eine allzu rasche Abkuhlung
des Apparates zu verhtiten, wurde derselbe mit einer 3-fachen Woll¬
schicht umgeben. Der im Apparate (s. Fig. 2) sich befindende Teil des
Dampfzuleitungsrohres ist an dem leicht nach oben konvexen Deckel
befestigt; der fiber dem Hahn befindliche Teil dagegen ist abschraubbar.
In der Mitte des Deckels steckt ein Thermometer. Eine kleine AbfluB-
rShre nahe dem Boden des Apparates wurde mittels eines Gummi-
schlauches mit einem Vakuummeter verbunden. Von der dem Zuleitungs-
rohr entgegeDgesetzten Seite des Deckels ffihrt ein druckfester Gummi-
schlauch zur Wasserstrahlpumpe. Behufs luftdichtem Abschlufi befindet
sich zwischen Deckel und oberem Rand des Cylinders ein Gummiring;
der Deckel selbst wird mittels abnehmbarer Schrauben am Cylinder
befestigt.
Die Temperatur im Innern des Cylinders lieB sich leicht durch
Handregulierung des Bunsenbrenners ziemlich konstant erhalten. Die
Versachsanordnung war derart, daB die Formaldehydwasserd&mpfe direkt
aus dem kleinen Apparat Roth (Fig. 2 B) in den Blechcylinder hinfiber-
geleitet warden (4. Versuchsreihe); oder es wurden aus dem genannten
Apparate nur Wasserd&mpfe eingeleitet, w&hrend eine Formaldehyd-
lOsung im Cylinder aufgestellt war (5. Versuchsreihe); oder endlich es
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182 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 2.
wurde die FormaldehydlOsung direkt im Blechcylinder A verdampft
(6. Versuchsreihe).
Versuchsreihe 4a.
Um zunachst die Tiefenwirkung von Wasserd&mpfen und Form-
aldehydwasserdampfen zu prflfen, wurde wieder ein Paket gewahlt,
dessen innere und BuBere Schicht Sporenfaden einschlossen. Es bestand:
die innere Schicht aus 5-fach Filz und 8-fach Wolle;
„ dufiere „ „ 2 „ Wolle.
Tabelle VI.
Paket in Wasserdampf von 80° mit und ohne Formaldehyd.
Bakterienart
a
30 Min.
in
Wasser-
dampf
b
30 Min.
in
0,5-proz.
Form-
aldehyd-
wasaer-
dampf
ohne
Vakuuin
c
30 Min.
in
0,5-proz.
Form-
aldehyd-
wasser- .
dampf
300 mm
Druck¬
differenz
d
30 Min.
in
1-proz.
Forru-
aldehyd-
wasser-
dampf
250 mm
Druck¬
differenz
e
60 Min.
in
1-proz.
Form-
aldehyd-
wasser-
dampf
280 mm
Druck¬
differenz
f
60 Min.
in
4-proz.
Form-
aldchyd-
wasser-
dampf
430 mm
Druck¬
differenz
c
<N
««>
Is
§.2
o
Aeufiere
Schicht 82°
Innere
Schicht 73°
AeuBere
Schicht 83°
Innere
Schicht 76°
Aeufiere
Schicht 78°
Innere
Schicht 76°
gS
s -
3 ij
O--
Innere
Schicht 76°
gS
ti
CO
Innere
Schicht 78°
AeuBere
Schicht 81°
Staphylococcus aureus
+
_
_
_
_
_
|
_
Milzbrand—Maus
+
+
+ +
+
—
+
—
+
—
+
—
Subtilis 1803
+
+
+ 1 +
+
+
4-
+
+
—
+
—
NB. Unter Vakuum verstehen wir bier die Differenz zwischen dcra Luftdruck
innerhalb und demjenigen auBerhalb des Apparates, ausgedriickt in Millimetem, und
welche Dmckdifferenz von der Quecksilbersaule des Vakuuinmeters angezeigt wird.
Wir sehen, besonders aus c und f, daB die Tiefenwirkung 80-gradiger
Formalinwasserdampfe nicht eine sehr betrachtliche ist, da selbst beim
Verdampfen einer 4-proz. Losung Milzbrand—Maus in der inneren
Schicht nicht abgetOtet wurde.
Die Versuchsanordnung war folgende: Im Dampfentwickelungsapparat
wurde mittels einer Bunsenflamme Wasser zum Sieden gebracht und
bei Anwendung des Vakuums gleichzeitig die Luft aus dem Cylinder
abgesogen und letzterer leicht vorgewBrmt, um eine {Condensation des
einstromenden Dampfes an den W&nden des Cylinders zu vermeiden.
Zeigte das Vakuummeter die gewdnschte Druckdifferenz, so wurde das
Formalin in den Verdampfungsapparat gegossen, dann der Hahn des
Dampfzustrdmungsrohres ganz leicht geSffnet, so daB der Dampf langsam
einstromte. Die Zeitrechnung begann mit dem Momente, da das Thermo¬
meter des Cylinders die gewdnschte Temperatur anzeigte. Nach Ablauf
der Versuchszeit wurde das Vakuum durch weiteres Zuleiten von Form-
aldehydwasserd&mpfen ausgeglichen und der Apparat noch 1 Stunde
unerbffnet gelassen; alsdann wurden die Objekte herausgenommen und
die Seidenflden tlberimpft.
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Herzog, Experiment. Beitr&ge zur Formaldehy d-Wasserdampf desinfektion. 183
Versuchsreihe 4b.
Nachdem, wie aus vorhergehendem ersichtlich, die Paketversuche
nicht allzu gtinstige Resultate ergeben hatten, wurden nun, den Ver-
haltnissen der Praxis moglichst angepafit, infizierte Seidenfaden in ver-
schiedene Gegenst&nde gesteckt Es kommt bei diesen letzteren Ver-
suchen weniger auf die Durchdringnng dichter Gegenstande an als
■vielmehr auf die Wirkung gegenttber sogenannten „ to ten Winkeln“.
DaB letztere sehr ungilnstige Verhaltnisse darbieten, zeigen die Resultate,
welche mit den in der Stiefelspitze untergebrachten Seidenfaden erlangt
wurden. Die Versuchsanordnung ist die gleiche wie bei der Versuchs-
reihe 4a.
Tabelle VII.
Sporenfaden lose in verschiedenen Oegenstiinden untergebracht und
Formaidehydwasserdarapfen ausgcsetzt bei 70°.
Form-
aldehyd-
wasser-
dampf
in Proz.
Zcit
in
Min.
Vakuum
in Milli-
metern
Verpackung
Bac.
coli
Milz¬
brand—
Maus
Subtilis
1893
1
' 30
500
Glac4handschuh
+
—
—
Stiefelspitze, Schaft umgebogen
+
+
+ -
—
60
300
Glac6handschuh
—
—
—
—
—
300
Stiefelspitze, Schaft umgebogen
+
+
+
—
—
300
270 KoOhaar, verschniirt
+
+
+
—
—
—
2 Peizstreifen, ubereinander gelegt
+
+
2
—
360
Stiefelspitze, Schaft umgebogen
—
+
+
—
—
—
Peizstreifen, ubereinander gelegt
—
—
—
—
270 g RoBliaar
—
—
—
—
1 —
—
Buch, geschlosscn
+
+
+
4
—
430
Schuhspitze, Schaft offen * l
—
—
—
—
—
_ 1
Schuhspitze, Schaft umgebogen * 2
—
+
+
*' ** Els waren in beiden Schuhen gleichzeitig Seidenfaden sterilisiert worden,
welche mit Subtilis-Panophthalmie, Staphylococcus pyogenes aureus und
Milzbrand—Pferd infiziert waren.
5. Versuchsreihe.
In dieser Versuchsreihe wurde nur Wasserdampf eingeleitet; eine
Porzellanschale auf dem Boden des Blechcylinders B war gefllllt mit
Tabelle VTII.
Sporenfaden lose in yerschiedenen Gegenstanden untergebracht und
Formaldehyd wasserdampf en von 70° ausgesetzt.
Vakuum
in Milli¬
meter
Verpackung
Milz¬
brand—
Pferd
Milz¬
brand—
Maus
Subtilis
1893
400
4-fach Wolle
+
-1-
+
380
AeuBere Rocktasche, nach unten schauend
—
—
» n oben „
—
—
+
—
Brusttasche des verschnurten Rockes
_
+
+
450
Schuhspitze
_
+
+
—
KleiderDhrste
_
_*
—
Pelz
—
—
+
* Die in der Biirete versteckten Sporenfaden waren nicht in Filtrierpapierkapseln
eingewickelt, sondern lagen frei auf dem Boden der Biirste.
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184
Centralbl. f. Bait, etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
400 ccm einer 10-proz. FormaldehydlOsung. Aus dem Verdampfungs-
apparate A werden 60 Minuten lang WasserdSmpfe eingeleitet. Die
Temperatur im Cylinder wird auf 70° gehalten.
Diese 5. Versnchsreihe war unternommen worden, um zu sehen, ob
man nicht durch bloBes Hineinstellen einer Formaldehydldsung in einen
gewohnlichen Desinfektionsapparat mit Hilfe des Luftabsaugens befrie-
digende Resultate erzielen konnte. Trotz des relativ starken Vakunms
ist aber der Effekt kein besonders guter, weil auf diese Art zu wenig
Formaldehyd verdampft.
6. Versuchsreihe.
Die Formaldehydldsung wird direkt in dem Blechcylinder verdampft,
und zwar werden zuerst das Wasser und die Objekte hineingetan, dann
wird die Luft abgesogen und das Wasser im Cylinder gleichzeitig er-
hitzt Sobald das Thermometer auf 70° steht, wird das Formalin in ab-
gemessener Menge durch das Dampfzuleitungsrohr, dessen oberer Teil
abgeschraubt worden, hineingegossen; die Temperatur wurde 60 Min.
bei 70° gehalten.
Die Sporenfaden kamen in das gleiche Paket wie bei der 4. Ver¬
suchsreihe: Innere Schicht — 5-fach Filz und 8-fach Wolle;
SuBere „ — 2-fach Wolle.
Tabelle IX.
Paket in 70-gradigera Wasserdampf mit und ohne Formaldehyd.
Vakuum
60 Min. in
Wasserdampf
400 mm
30 Min. in 2-proz.
Formaldehyd-
wasserdampfen
350 mm
60 Min. in 2-proz.
Formaldehyd-
wasserdampfen
380 mm
Innere
Aeufiere
Innere
Aeufiere
Innere
AeuBere
B&ktenen &rt>
Schicht
Schicht |
Schicht
Schicht
Schicht
Schicht
Milzbrand—Pferd
+
_.
•f
_
_
_
„ — Maue
+
+■
+
—
—
Subtilis 1893
+
+
+
—
+
—
NB. Das Maximalthermometer in der Fliissigkeit auf dem Boden des Cylinders
stand jeweilen bei 90°.
Tabelle X.
Sporenfaden in verschiedenen Gegenstanden untergebracht und
70-gradigen Wasserdampf en mit und ohne Formaldehyd ausgesetzt.
Formaldehyd-
wasserdampf
in Prozent
Zeit in
Minuten
Vakuum
in Milli¬
meter
Verpackung
Milz¬
brand—
Maus
Subtilis
1893
_
60
360
Kocktasche (R. verschniirt)
+
+
—
60
360
Schuhsjpitze
+
-r
—
60
360
270 g Rofihaare
+
—
60
360
Pelz, zusammengelegt
-
+
1
30
380
Rocktasche
—
+
1
30
380
Schuhspitze
—
+
1
30
380
270 g llobhaare
—
+
1
30
380
Pelz
+
-f
1
60
360
Rock
1
60
360
Schuhspitze
—
—
1
60
360
270 g RoOhaare
—
—
1
60
360
Pelz
—
—
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Herzog, Experiment BeitrSge znr Fonnaldehyd-Wasserdampfdesinfektion. Jg5
Bei den Versuchen der 5. and 6. Versnchsreibe waren die Objekte
aach Ablauf der eigentlichen Desinfektionszeit noch 2 Stnnden im Cy¬
linder gelassen worden. Der Apparat kfihlte sich w&hrend dieser Zeit
-etwas ab (die Temperatur sank meist von 70° auf 40°); das Vakunm
aber blieb beinahe gleich.
Neben den eigentlichen Versuchsobjekten warden stets noch Seiden-
master, Leder and Pelzwaren und zwar stets wieder die gleichen in
den Desinfektionscylinder gelegt. Ich konnte makroskopisch weder eine
Aendernng in der Farbe noch irgend sonst eine Sch&digung der ge-
nannten Gegenst&nde nachweisen.
Fassen wir nnsere Resultate zusammen, so kfinnen wir wohl sagen,
daB die Tiefenwirkang der Formaldehydwasserd&mpfe eine bedeutendere
ist, als sie das Formaldehydgas trotz der vielen Methoden seiner Anwen-
dnng bis hente hat erreichen kOnnen.
Fflr die Erklfirung dieser Wirkung lieBe sich vielleicht folgendes
geltend machen: Nach der Fli egnerschen (9) „Tabelle fflr ges&ttigten
Wasserdampfe brancht es, urn Wasser znm Sieden zn bringen:
bei 45° einen Druck von */ 10 Atmosphare
60 ® •/
" ” ” ” •r
» O»o ,, » » U
tf ft tf tf /10 ft
Urn also bei 69° Wasser znm Sieden zn bringen, muB der Luft-
drnck statt 700 nnr 210 mm betragen, d. h. er braucht eine Druck-
differenz von 490 mm. Sobald wir 70-grfidiges Wasser oder eine Forma-
linlfisung unter einen Druck von 210 mm setzen, haben wir es folglich
mit „str6mendem Dampfe“ zn thun, welcher eben viel gleichm&fiiger
and viel tiefer in die Objekte eindringt, als nicht strfimender.
SchluBs&tze:
1) Wie aus den mitgeteilten Versuchen ersichtlich, wird die Wir¬
kung des str6menden Wasserdampfes durch gleichzeitiges Verdampfen
von Formaldehyd bedeutend gesteigert.
2) Eine besonders intensive Steigerung der desinfizierenden Kraft
fiuBert sich in den Versuchsresultaten mit 100 resp. 98,6-gradigem Form-
aldehydwasserdampf. So gin gen beim Verdampfen einer 0,1-proz.
Formaldehydldsung Sporen von Bacillus mesenterius II, welche
im einfach strfimenden Wasserdampfe nach 145 Min. noch lebend waren,
bereits nach 10—15 Min. zu Grunde.
3) Eine so bedeutende Steigerung der Desinfektionswirkung in der
Tiefe volumindser Objekte, wie v. Esmarch sie beobachtet hat, konnten
wir nicht beobachten. Der Formaldehyd scheint von den feuchten
SuBeren Schichten der Objekte absorbiert zu werden, so daB sich hier
wftsserige Formaldehydlbsung ansammelt und relativ wenig Formaldehyd
in die Tiefe dringt; immerhin iiben schon geringe Mengen desselben
eine nicht unbedeutende bakterientdtende Wirkung aus.
4) Die Versuche mit Formaldehydwasserdampf von nur 70—80®
ergaben sehr intensive bakterizide Wirkung gegenttber freien Sporen-
f&den. So gingen Sporen von Milzbrand—Maus, welche dem strfimenden
Wasserdampfe von 98.5° 9 Min. widerstanden hatten, in 1-proz. Form-
aldehydwasserdampf von 70° schon nach 4 Min. zn Grunde.
5) Die Anwendung von 70-grftdigem Formaldehydwasserdampf unter
Zuhilfenahme des Vakuums behufs Desinfektion der verschiedensten Ob¬
jekte, hat nicht durchgehends zu befriedigenden Resultaten gefUhrt.
Digitized by t^ooQle
186 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 2.
Am gfinstigsten waren die Versuchsergebnisse, wenn die Verdampfung
der Formaldehydlfisung in demselben Apparate vorgenommen wurde,
welche die zn desinfizierenden Objekte enthielt. Es darf dieser Unter-
scbied in den Versuchsergebnissen wohl hervorgehoben werden, damit
bei weiteren Forschungen die Frage der Art und Weise der Formalin-
wasserdampfentwickelung Beriicksichtigung findet.
6) Die eine Tatsache verdient besonders betont zu werden, wie dies
schon v. Esmarch hervorhebt, daB bei richtiger Versuchsanordnung
Formaldehydwasserdfimpfe ■von 70—80 0 im stande sind, auch die wider-
standsf&higsten Sporen zu vernichten, d. h. bei einer Temperatur,
welche ffir Gegenstande wie Leder, Pelz, Seidenstoffe u. s. w. nicht
sch&dlich wirkt.
7) Eine wichtige Frage, welche der Lfisung noch harrt, ist die der
Desinfektion groBer Ballen, speziell von RoBhaarballen; und so w&re
die Einffthrung einer Methode, welche statt der teuren, unter erhohtem
Druck arbeitenden Desinfektionsapparate mit billigeren zu demselben
Resultate kommen wflrde, sehr zu begrttBen.
Wir dttrfen uns wohl dem Wunsche v. Esmarchs anschliefien und
hoffen, daB diese neue vielversprechende Methode durcb weitere experi-
mentelle Beitr&ge unterstfltzt werde, da noch viele praktische Fragen
der Erledigung bedflrfen und erst durch zahlreiche, mit verschiedenen
Apparaten und unter verschiedenen Bedingungen ausgefiihrte Labora-
toriumsversuche aufgeklfirt werden kdnnen. Hoffen wir also, daB der
Ausspruch Martins (21): „Wenn es einen Punkt gibt, fiber den alle
Untersucher einig sind, so ist es der, daB das Formol ein Oberflfichen-
desinficiens ist“, bald seine Richtigkeit eingebfifit haben werde.
Am Schlusse meiner Arbeit sei es mir vergonnt, Herrn Prof. Dr.
O. Wyss ffir die Ueberlassung des Materials des hygienischen Insti¬
tutes, sowie besonders Herrn Dozent Dr. Silberschmidt ffir die An-
regung zu dieser Arbeit, sowie ffir den allzeit gfitigst gespendeten Rat
meinen herzlichsten Dank auszudrficken.
Liters, tur.
1) Abba und Rondelli, Weitere behufs Desinfektion von Wohnraumen mit dem
Scheringschen formogenen Apparat ausgefiihrte Versuche. (Centralbl. f. Bakt.
Bd. XXVIII. No. 12/13. p. 337.)
2) Aronson, Ueber die antiseptische Eigenschaften des Formaldehyde. (Berliner
kleine Wochenschr. 1892. p. 749.)
3) —, Ueber eine neue Methode zur Desinfektion von grofieren Raumen mittels
Formalin. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXV. 1897. p. 168.)
4) Behring, Bekampfung der Infektionskrankheiten. Infektion und Desinfektion.
Leipzig (G. Thieme) 1894.
5) Bombicci, Contributo alio studio della disinfezione colla Formaldeide. (Ufficio
d’lgiene di Padova Giornale della Reale SocietA Italiana d^giene. Anno 1902.)
6) v. Brunn, Formaldehyddesinfektion durch Verdampfung verdiinnten Formalins.
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXX. 1899. p. 201.)
7) Dunbar und Musehold, Untereuehungen iiber das von der Soci6t4 Chimique
des Usines du Rh6ne fur Haare und Borsten erapfohlene Desinfektionsverfahren
mit Formaldehyd im luftverdiinnten Raume. (Arbeiten aus dem kaiserl. Gesund-
heitsamte. Bd. XV. 1899. p. 144.)
8) v. Esmarch, Die Wirkung von Formal in wasserdampfen im Desinfektionsapparate.
(Hyg. Rundschau. 1902. No. 19. p. 961.)
9) Fliegner, „Tabelle fur gesattigten Wasserdampf“. Des Ingenieurs Taschenbuch.
Berlin (W. Ernst & Sohn) 1899.
10) For8ter, Versuche iiber Waschedesinfektion. (Hyg. Rundschau. Bd. XX 1900.
p. 513.)
11) Frank, Ueber Desinfektionswirkung des Alkohols, insbesondere der Alkoholdampfe.
(Miinch. med. Wochenschr. 1901. No. 4. p. 139.)
Digitized by t^.ooQle
Herzog, Experiment. Beitrflge zur Formaldehyd-Wasserclampfdesinfektion. 187
12) Verfahren zum Deeinfizieren tierischer Haare des Spiritusvorlaufes. (Ref. in der
Hyg. Rundschau. 1901. d. 711.)
13) Geppert, Ueber desinnzierende Mittel und Methoden. (Berlin, klin. Wochenschr.
1890. No. 11.)
14) Hammer und Feitler, Ueber elektive Wirkung des Formalins auf Milzbrand-
bacillen. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXIV. 1898. p. 349.)
15) Heider, Ueber die Wirksamkeit der Desinfektionsmittel bei hoheren Temperaturen. •
(Arch. f. Hyg. Bd. XV. 1892. p. 341.)
16) Hinz, Experimentelle Untersuchungen zur Frage der Verwendbarkeit des Formal-
dehyds zur Desinfektion von Kleiaungsstucken und von Wohnraumen. Inaug.-
Diss. Kiel, 1900.
17) Kinyoun, Formaldehyd as a desinfecting agent and its practical application.
(Public Health Reports. Vol. XII. 1897. No. 5. p. 89.)
18) Koch, R., Ueber Desinfektion. (Mitteilungen aus dem kaiserl. Gesundheitsamte.
Bd. I. 1881. p. 234.)
19) Kokubo Keisatu, Die kombinierte Wirkung chemischer Desinfektionsmittel und
heifier Wasserdampfe. (Centralbl f. Bakt. Bd. XXXII. 1902. No. 3. p. 234.)
20) Lehmann, Vorlaufige Mitteilungen iiber die Desinfektion von Kleidern, Leder-
waren, Biirsten und Bfichern mit Formaldehyd. (Munch, med. Wochenschr. 1893.
No. 32. p. 597.)
21) Martin, La disinfection pour Paldihyde formique gazeuse. (Rev. d’hyg. 1899.
^ 613.) '
erkel, Ein Desinfektionsversuch mittels dee Trillatschen Apparates und des
Vakuums bei Formalinentwickelung. (Munch, med. Wochenschr. 1898. No. 46.
p. 1484.)
23) Nocht, Ueber die Verwendung von Karbolseifen zu desinfizierenden Zwecken.
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. VH. p. 521.)
24) Ottolenghi, Ueber Desinfektion von tuberkulosen Sputa in Wohnrfiumen.
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXIV. p. 259.)
25) Petruschy und Hinz, Ueber Desinfektion von Kleidungsstiicken mittels str6-
menden Formaldehyde. (Dtsche med. Wochenschr. 1898. p. 527.)
26) Pottevin, Recherches sur le Pouvoir antiseptique de F aldehyde formique. (Annales
de FInstitut Pasteur. 1894. p. 796/)
27) Reichenbach, Versuche fiber Formalindesinfektion von Eisenbahnwagen.
28) Reischauer, Vergeichende Untersuchungen fiber die Brauchbarkeit verschiedener
Verfahren zur Ausrtihrung der Wohnungsdesinfektion mit Formaldehyd. (Hyg.
Rundschau. 1900. p. 577.)
29) Rositzky, Ueber ein einfaches, fiir den praktischen Arzt bestimmtes Verfahren
zur Kleiderdesinfektion mittels Formaldehyde.' (Munch, med. Wochenschr. 1899.
p. 1372.)
30) Roth, Ein Desinfektionsapparat fur Kleider und Verbandstoffe. (Korresp.-Blatt f.
Schweizer Aerzte. 1890. p. 208.)
31) Schumburg, Zur Tecnnik der Untersuchung bei der Formaldehyddesinfektion.
(Deutsche mS. Wochenschr. 1898. No. 52. p. 834.)
32) —, Ueber die Desinfektionskraft der heifien Luft. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XU.
1902. p. 167.)
33) Silberschmidt und Banziger, Zur Aetiologie der Panophthalmie nach Hacken-
splitterverletzungen. (Bericht fiber die 30. Versammlung der ophthalmolog. Gesell-
schaft, Heidelberg 1902.)
34) Sitsen, Ueber den Einflufi des Trocknens auf die Wideretandsfahigkeit der
Mikrobien Desinfektionsmitteln gegenfiber. (Centralbl. f. Bakt. Bd. XXVI. p. 65.)
35) Spengler, TuberkelbaciUenzfichtung aus Bakteriengemischen und Formalaehyd-
desinfektion. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII. 1903. p. 90.)
36) Trillat, Sur les propri4t4s antiseptiques de la formaldehyde. (Compt. rend. etc.
1892. No. 114. p. 1278.)
37) Walter, Zur Bedeutung des Formalins (resp. Formols) als Desinfektionsmittel.
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXI. 1896. p. 421.)
38) —, Formaldehyd als Desinfektionsmittel. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVI. 1897
p. 454.)
Digitized by t^.ooQle
188
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt, Original©. Bd. XXXIV. No. 2.
Nachdruck verbot&n .
A modification of the Romanowsky stain
* [From the Laboratories of Pathology and Bacteriology of the Atlanta
College of physicians and surgeons.]
By H. F. Harris, M. D., of Atlanta, 6a.
Since the publication by Homan owsky (1) in 1890 of his method
of differential staining of the protoplasm and nucleus of the malarial
parasite, many modifications of his process have been proposed with
the object of simplifying the stain, and making the results more certain.
Among those who have made notable advances in this direction are
Ziemann (2), Nocht (3), Ruge (4), Maurer (5), Renter (6), Mi-
chaelis (7), Leishman (8), Wright (9) and Giemsa (10). The
method, a recommended by Romanowsky, was so uncertain in its
results that it proved to be of but little practical value, though great
credit is due to this investigator for having first discovered it. The
stain was consequently not very generally employed until the matter was
taken up by Ziemann, who, after a number of careful experiments,
succeeded in working out a formula for its preparation that gives fairly
satisfactory results. The next important step forward was the discovery
of Nocht that the characteristic nuclear coloration cannot be secured
by absolutely pure methylen blue, but that this effect is produced as a
result of the presence in solutions of this stain of a substance that he
called “red from methylen blue”, and that the latter is formed as a
result of the decomposition of the former, particularly when it is ex¬
posed to the prolonged action of watery alkaline solutions. This “red
from methylen blue” was found by him to be present to a considerable
extent in Unna’s alkaline methylen blue. Michaelis showed later
that the staining principle produced in these alkaline methylen blue
solutions is a substance called methylen azure, and Giemsa has
recently succeeded in preparing this dye in a pure state, though its cost
is quite considerable. Giemsa does not recommend the employment
of methylen azure alone for staining blood, but advises a mixture of
it with methylen blue before adding it to the eosin solution. Maurer
made a valuable contribution to this subject when he showed that by '
using different proportions of eosin and alkaline methylen blue the depth
of the coloration secured could be controlled. He also proved that the
optimum time for placing the blood films in the staining solution is at
the moment when the protoplasmic and nuclear dyes are mixed. A new
departure in preparing the Romanowsky stain was made by Reuter
in 1901; this investigator discovered the fact that when solutions of
eosin and old alkaline methylen blue are mixed, a precipitate occurs,
which, when filtered out of the mixture and dissolved in alcohol, will
color the parasite in a characteristic manner. Leishman, a short
time after this, recommended that the stain be prepared in practically
the same way, with the exception only that he dissolves the precipitate
in pure methylic alcohol in place of ethylic alcohol. Wright has also
recommended a stain prepared in a similar way, the only difference being
that he has shown that a sufficient quantity of methylen azure may be
formed from solutions of alkaline methylen blue by simply heating
Digitized by ^ooQle
Harris, A modification of the Romanowsky stain.
189
in an Arnold sterilizer for an hour. In a more recent paper Reuter
has accepted the modifications of Leishman and Wright.
While studying malaria during the past autumn, I prepared stain¬
ing solutions after the various formulae that have been above referred
to, and succeeded in a number of instances in getting most excellent
results, but was early struck with the fact that all of these mixtures
are in a measure uncertain, — the results obtained from specimens of
blood from the same individual with the same staining fluid being at
times quite different, and old blood films usually fail entirely the react
in a proper manner. Perhaps the most certain and best of the modifi¬
cations of this method heretofore proposed are those of Reuter,
Leishman and Wright, but I find that the stain, even when pre¬
pared in this way, is not altogether certain in its action. The solution
prepared according to the formula of Giemsa (the stain was procured
directly from Gruebler) gives excellent results when it is freshly
made, but I have found that after a short time the azure undergoes
some change, and in order to secure a proper effect the proportions in
which it is mixed with the eosin solution have to be changed. This is
very annoying, and carries us back to the original difficulties that we
encountered when working with this stain. Giemsa says that the
solutions of this dye are permanent, and that we do not have to change
the proportions when mixing with eosin, but whatever be the cause my
experience fails to substantiate his claim, though when the stain is
freshly prepared the results are faint but excellent. Another matter of
some importance in connection with all of these stains is that properly
color the parasites after the preparations have been made for some
months, which for the purpose of class demonstration is quite annoying.
While working with these modifications of the original method it
occurred to me that it might be possible that the stain could be pro¬
duced by putting the preparation first in either the eosin or methylen
blue, and later transferring it to the other. It seemed that if this could
be done that we would be saved the annoyance of constantly mixing
the solutions, and might be able to escape the uncertainty in results by
which they are all more or less marred. A few experiments demon¬
strated that this is quite feasible, and that most excellent and powerful
results could be produced when the preparations are made in this way.
A 1—1000 solution of Gruebler’s water soluble eosin was prepared,
and another consisting of one part of Unia’s alkaline methylen blue
(made from Gruebler’s methylen blue, med. pur.) in nine parts of
water. The blood films were stained for a minute in the former solu¬
tion, and from five to ten minutes in the latter. When the preparations
were made in this way it was generally found that they were a trifle
too blue; this difficulty may be readily removed by pouring upon the
films a solution of U n n a’s glycerine-ether mixture made by adding one
drop of this compound to 10 ccm of water, allowing it to act for a few
seconds, and then washing thoroughly with distilled water. The excess
of color may also be removed of Maurer suggested, by drying, and
then washing a second time in water. When the blood was treated in
this way it was found that it exhibits all of the effects produced by the
other modifications of the Romanowsky method, with the difference
only that the coloration of the nucleus is decidedly more powerful, and
when the stain is allowed to act sufficiently long Maurer’s “nuclear
remains of the erythrocytes” are beautifully shown. It must, however,
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190
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
be admitted that while a characteristic stain can be always secured by
this method the intensity of the effect is rarely precisely the same in two
preparations. As the result of further experimentation it was determined
that when the preparations are old they should be allowed to remain in
the second solution somewhat longer than the time above given, —
twenty to thirty minutes being necessary in order to secure the best
results. It may be mentioned that the granules in the red cells that
have been attacked by the parasite of tertian fever are beautifully shown
by this method — somewhat older blood films that were stained from
twenty to thirty minutes giving exceptionally fine effects. At this point
it may be noted that these granulations appear to be increased in size
by the action of alkalies upon the more or less degenerated cells, since
the longer the preparations stay in the solution — which is decidedly
alkaline in reaction — the more pronounced are the granules, and if
they remain in contact with the reagent sufficiently long the corpuscles
containing parasites become greatly distorted, and would apparently in
the course of time be entirely destroyed. After a number of experi¬
ments it was determined that the proportion of Unna’s methylen blue
solution, as first used, was greater than necessary, and that the addition
of pure methylen blue to the stain was of advantage.
Solutions of Giemsa’s “Azur I (pur.)” and his „Azur II zur Blut-
farbung” were also experimented with, they having been used just as
was the alkaline methylen blue after the blood was stained with the
eosin; in both instances a characteristic nuclear coloration was secured,
but the effect obtained from the pure azure was not so good as that
gotten from the stain especially recommended for blood work. Neither
of these stains act so powerfully as the alkaline solutions; they do not
color the chromatin of the sexual forms except very slightly, and old
blood films are scarcely stained at all.
Some attention has also been given to the different methods of
fixing the blood, and while alcohol alone; or in combination with ether
gives in from ten to twenty minutes excellent results, or methylic alcohol
in a much shorter time, I am satisfied that the quickest and best pro¬
cess for clinical purposes in that of Reuter, which is to fix the blood
for a few seconds in a mixture of ninety parts of alcohol and ten parts
of formalin. The method of Janscd and Rosenberger (11) for
spreading blood is for general purposes much superior to the older pro-
ceedures, and particularly on account of the greater rapidity with which
it may be done is to be highly recommended. As the blood is spread
on slides when this method is used it is much more convenient to plunge
the preparation directly in the stain than to attempt to cover them with
the fluid while being held in the forceps. I have found the Coplin
jar, as in all cases where staining is to be done in this way, almost in¬
dispensable. The steps in the staining of blood according to the method
I have proposed is then as follows:
1) Spread the blood by means of the method of Janscd and
Rosenberger.
2) Fix for a few seconds in Reuter’s formalin alcohol mixture,
and rinse with water.
3) Place the preparation in a 1—1000 solution of Gruebler’s
water-soluble eosin, and allow to remain from thirty seconds to two
minutes; they may remain longer, but the blood cells are then colored
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Harris, A modification of the Romanowsky stain. 191
so deeply that the red nuclei of the parasites do not present a decided
contrast.
4) Remove from the staining solution, and wash several times in
distilled water.
5) Place in a solution consisting of 2,5—5 parts of Unna’s al¬
kaline methylen blue to which is added sufficient distilled water to
make one hundred parts; 2,5 parts of a 1 % sulution of methylen
blue may be combined with the above with advantage. The slide
remains in the stain from 5—30 minutes depending upon the age of
the preparation.
6) Remove from the staining solution and wash in distilled water
If the blood appear too dark, pour on it a solution of Unna’s glycerine
ether mixture made by adding one drop to 10 ccm of distilled water,
and after this acts for a few seconds rinse off with water.
7) Dry without the application of heat.
8) Mount in acid-free balsam.
This method has the advantage that after the solutions are prepared
they may be used indefinitely, that we are saved the annoyance of having
to constantly mix the stains, that the proper degree of coloration can
be secured in a short time, and that very old preparations may be
stained. Notwithstanding the fact that when the process is carried out
as above directed the nuclear staining of the parasite is very powerful
all of Maurer’s degrees of coloration may be obtained by regulating
the stay of the preparation in the solutions depending upon the age of
the films.
Bibliography.
1) Romanowsky, Zur Frage liber den Bau der Malariaparasiten. (Wracz. 1890.
p. 1171 ff.)
2) Ziemann, Ueber Malaria und andere Blutparasiten. 1898.
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1900. p. 178.)
5) Maurer, Die Tiipfelung der Wirtszelle des Tertianparasiten. (Centralbl. f. Bakt.
etc. Abt. I. Bd. XXVIIL 1900.)
6) Reuter, Ueber den farbenden Bestandteil der Romano wsky-Nochtschen Malaria-
plasmodienfarbung etc. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt I. Bd. !XXX. 1901.)
7) Michael is, Das Methylen blau und seine Zersetzungsprodukte. (Centralbl. f. Bakt.
etc. Abt. I. Bd. XXIX. 1901.)
8) Leishman, A rapid, and simple method of producing Romanowsky staining in
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10) Gliemsa, Farbemethoden fur Malariaparasiten. (Centralbl. f. Bakt etc. Abt. I.
Bd. XXVIII. 1902.)
11) Janscd u. Rosenberger, Arch. f. klin. Med. Bd. XXI. p. 449.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 2.
Die Redaktion des „Centralblatts filr Bakteriologie und Paremitenkmtdf'
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufsdtxe entweaer bei der Ein-
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben mu
wollen oder spdtestens nach Empfanjg der ersten Korrekturabzilge direkt an
den Verleger, Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen .
Inhalt
Argutinsky, P., Zur Kenntnis des Tro-
picaparasiten (Plasmodium praecox Gr.
u. Fel.), p. 144.
Bail, Oskar u. Pettersson, Alfred, Unter-
suchungen fiber natdrliche und ktinstliche
Milzbrandimmunit&t V. u. VI., p. 167.
Bonkoff, H., Zum Streit um den Meningo¬
coccus, p. 143.
Catterina, CL, Ueber eine bewimperte
Micrococcusform, welche in einer Septi-
k&mie der Kanincben gefunden wurde,
p. 108.
de Chrandi, Silvio, Beobachtungen fiber
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Harris, H. F., A modification of the Ro-
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bei der Agglutination, p. 156.
Lncksch, Frans, Ein Beitrag zur patho-
logischen Anatom ie des Paratyphus,
p. 113.
Silberstein, Morits, Beobachtungen fiber
die Entstehung von jungen Malariapara-
siten aus ftlteren, p. 149.
Prommaniuche Bochdrockeret (Hermann Pohle) in Jena.
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CentnlH. f. hkl etc. I. Abt Originals. II. miY. Hi. 3.
Nachdruck verboten.
TJntersuchungen und Beobachtungen iiber die Biologie
und Pathogenitat des Bacillus prodigiosus.
[Ans dem hygienischen Institute der kgl. Universitfit Turin unter
Leitung des Herrn Prof. Dr. Pagliani.]
Von Dr. E. Bertarelli, Privatdozent und Assistant.
Ins Deutsche fibertragen von Dozent A. Wihlfahrt, Turin.
Zahlreich sind die Nachforschungen und Studien fiber den B. pro¬
digiosus, und es lohnte sich nicht der Muhe, noch fiber seine Biologie
zu sprechen, wenn nicht nachstehende, dieses Thema bertthrende Unter-
suchungen wohl zu einer genaueren Kenntnis einiger ffir die Biologie
dieses Keimes interessanter Tatsachen fuhrten.
Um WeitlSufigkeiten zu vermeiden und nicht oft Erw&hntes zu
wiederholen, erspare ich mir die Geschichte des B. prodigiosus.
Scheurlen hat schon seit dem Jahre 1896 einen guten Teil der
Notizen, die wir fiber diesen Keim besitzen, im Auszuge zusammen-
gestellt und dabei auch, und zwar in vorzfiglicher Weise, des geschichtlich
bekannten, sozusagen epidemischen Auftretens des B. prodigiosus
gedacht.
Anstatt die zahlreichen, den B. prodigiosus behandelnden Arbeiten
hier aufzuffihren, dessen Bibliographic ich ans Ende dieser Studie ver-
legt habe, dfirfte es wohl genttgen, hier in grofien Zfigen aller jener
Erw&hnung zu tun, die sich mit ihm ex professo abgaben, und alle jene
Arbeiten zu fibergehen, in denen dieser Keim nur beil&ufig — speziell
bei Gelegenheit systematischer Nachsuchungen fiber Desinfektionsmittel —
hinsichtlich seiner Resistenz und Aktivitfit erwfihnt wird.
Nach Ehrenbergs Entdeckung des B. prodigiosus im Jahre
1839 (was nicht ausschlieBt, daB der Venezianer Bartolomeo Bizio
seiner schon 1819 Erwfihnung tat) beschrieb ihn dann Cohn als Micro¬
coccus. Schottelius studierte ihn neuerdings und analysierte als
Erster die Pigmentsubstanz desselben. Spfiter kehrte Kuntze zu diesem
Argumente zurfick, bezfiglich dessen dann auch Kfibler und Rosen¬
berg, SchrOter, H. Marx, Schlfiter, Schneider, Mflller,
Kowalewski, Spica, Kraft u. a. wertvolle Publikationen machten.
Der grdfite Teil dieser Autoren beschfiftigte sich haupts&chlich mit
der Morphologic des B. prodigiosus, der Natur seines Pigmentes
und den Umst&nden, die die Pigmentation modifizieren konnten.
So behandelt Schneider in seiner Studie chemische Differential-
eigenschaften des Prodigiosus-Pigmentes; Schottelius zeigt uns,
unter welchen UmstSnden und durch welche Einwirkungen sich das
Pigment ver&ndert und wie leicht es ist, pigmentlose Kulturen zu er-
halten, die nicht einmal nach Uebertragung auf Kartoffeln ihre charak-
teristische Farbe zurfickerhalten.
Kuntze dagegen interessierte sich besonders ffir das Studium
des Einflusses der verschiedenen dem Kulturboden beigeffigten Salze
und die damit zusammenh&ngenden pigmentarischen und morphologischen
Ercte Abt. Orig. Bd. XXXIV. 13
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Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3.
Ver&nderungen dieses Eeimes. Auch KAbler trat einigen Problemen
der Morphologic des 6. prodigiosus n&her, besonders seiner Ent-
wickelung unter besonderen Verh<nissen, wShrend Rosenberg die
verschiedenen Eigenschaften und die Natur der farbigen Substanzen
eingehend behandelte, ein Argument, bezQglich dessen Spica und
neuerdings Kraft interessante Beitr&ge verOffentlichten, letzterer be¬
sonders behandelte in seiner Doktoratsthese fast alle Punkte der che-
mischen Konstitution des Pigmentes. Analoge Nachforschungen hat
Schlfiter angestellt liber die Entwickelung in sauern und AlkalibOden,
w&hrend Wasserzug mit seinen interessanten Studien Aufkl&rung zu
bringen suchte fiber die morphologischen Modifikationen, die dieser Keim
bei Zfichtung auf antiseptische Mittel enthaltendem Boden aufweist.
Scheurlen trat in seiner vorgenannten Arbeit der Mobilit&t und den
GeiJieln des Prodigiosus n&her. F. MQ11 or studiertc die reduzierende
Kraft dieser Bakterien; Gorini konzentrierte seine Nachforschungen
auf das koagulierende Ferment derselben. Kowalevski rflckte den
Stoffwechselprodukten n&her, w&hrend H. Marx und Woithe ihre Auf-
merksamkeit einigen morphologischen Besonderheiten zuwandten, die
sich vor allem auf die Anwesenheit der Babes-Ernst-KOrperchen in
dem Prodigiosus bezogen.
Hier sei es mir gestattet, einige weniger interessierende Arbeiten
zu fibergehen, wie z. B. die Fermis iiber die peptonisierende Kraft
der Keime, die von Wolfenden und Rost, Galeotti u. a. fiber die
Einwirkung des Lichtes auf das Pigment des Prodigiosus, und jene
Stagnitta-Balistreris fiber die Formation von Schwefelwasser-
stoff etc.
Weniger zahlreich sind die Forschungen, die die pathogene und
toxische Aktion des B. prodigiosus ins Auge fassen.
In einer systematischen Studie fiber die Ursachen der Eiterung
haben zuerst Grawitz und de Bary beobachtet, daft die subkutane
Inokulation von Hunden, Ratten und Kaninchen mit Prodigiosus-
Kulturen nach Verlauf von 3—6 Tagen an der Inokulationsstelle AbsceC-
bildung bewirkte. Zu demselben Resultate gelangten sie nach Inokulation
getOteter Prodigiosus-Kulturen und Terpentin.
Die Beobachtung Grawitz’ und de Barys ffihrte sogar zu den
Versuchen, den B. prodigiosus zur Heilung des Garcinoms zu ver-
wenden. W. B. Colies und Friedrich haben zu diesem Zwecke in
die nicht operierbaren Carcinommassen Prodigiosus-Kulturen in-
okuliert, um in der vom Neoplasma betroffenen Gewebezone eine krfiftige
Eiterung hervorzurufen. Die Erfolge waren indes wenig ermutigend
und es wurden daher die Versuche nicht wiederholt
J. Steinhaus hat die Nachforschungen fiber die Eiterungsf&higkeit
des Prodigiosus kontrolliert und dabei beobachtet, daft die in Hund
und Katze inokulierten lebenden oder toten Kulturen dieses Keimes
Abscesse ergeben, w&hrend die Eiterung im Kaninchen nur schwer zu
stande kommt.
Nach den Arbeiten von Grawitz und de Bary verdienen hier
die zahlreichen Untersuchungen Rogers und anderer Franzosen in
Erinnerung gebracht zu werden fiber die Einwirkung des B. pro¬
digiosus und die dementsprechende Verst&rkung der pathogenen Eigen¬
schaften geschw&chter oder an und ffir sich inoffensiver Keime.
Roger inokulierte dem Kaninchen subkutan 1—2 ccm Pro-
digiosus-Kultur und bemerkte dabei nur das Entstehen lokaler
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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 195
Erscheinungen; darauf injizierte er mit dem Prodigiosus einige
Tropfen gangr&nOser Serositfit (septischer Vibrio?) und erzielte den Tod
des Tieres in weniger als 24 Stunden. Niemals fand er aber im Blute
den Prodigiosus; er schlofi daraus, daB dieser Eeim ein Gift
bildet, das ein der Entwickelung des septischen Vibrio gfinstiges Terrain
erzeugt. Mit den in Alkobol unlQslichen, in geeigneter Weise separierten
und dem Kaninchen zusammen mit dem gangr&ndsen Serum injizierten
Prodigiosus - Substanzen beobacbtete er analog eine immediate
Steigerung des septischen Vibrio.
Roger kam mehrmals auf dieses Argument zurfick und beschrieb
in einigen Arbeiten verschiedene fQr die Biologie des B. prodigiosus
und die Kenntnis von den mikrobiscben Assoziationen fiufierst inter-
essante VorgSnge. So bemerkte er z. B., daB die Inokulation von
4—5 Tropfen Prodigiosus in die Blutbahn des Kaninchens hSchstens
SchlBfrigkeit, Anorexie und transitorische Hyperthermie erzeugte. In¬
jizierte er kleine Quantitfiten Prodigiosus und hfimatischen MUzbrand-
bacillus, so gelang es ihm, die Wirkung des Milzbrandbacillus zu re-
duzieren, so dafi also die mit reinem Milzbrandbacillus geimpften frflher
starben als jene Tiere, denen B. prodigiosus mit Milzbrandbacillus
inokuliert worden war. Bei den Meerschweinchen zeigte sich ein ent-
gegengesetztes PhBnomen.
Mit kleinen Dosen soli es diesem Autor Qberdies gelungen sein,
die Virulenz des Streptococcus zu steigern, ohne mehr als die 16s-
baren Produkte der Bakterien dazu zu verwenden.
Vail lard und Vincent batten beziiglich des Tetanus identische
Resultate und Besson beziiglich des septischen Vibrio, alles Ergebnisse,
die schon von Monti in Italien fur andere Keime und andere mikro-
bische Assoziationen erhalten worden waren.
No card ging auf der Basis der Rogerschen Beobachtungen weiter
und wies darauf hin, dafi die Substanz, welche im Prodigiosus ganz
besonders die Eigenschaft besitzt, die Virulenz des symptomatischen Milz¬
brandbacillus zu steigern, das Trimethylamin sei.
In Italien versuchte es C. Mass a mittels des B. prodigiosus
Saprophyten zu verst&rken und verdffentlichte dann, dafi es ihm mit
Inokulation von an und fQr sich unsch&dlichen Mischungen von B. pro¬
digiosus und violaceus gelungen sei, die Tiere durch eine
Mischung von Prodigiosus und Violaceus zu t5ten. Ein ziemlich
zweifelhaftes Resultat und derart, dafi Baumgarten, als er diese
Arbeiten in seinem Jahresberichte vorbrachte, es fQr n8tig hielt, eine
besondere Notiz beizufQgen, die besagte, dafi die Resultate mit Reserve
aufgenommen werden mQssen, nicht zum mindesten wegen der Unzu-
l&nglichkeit der Kontrollversuche.
Neuerdings hat H. Marx das Studium der Pathogenit&t des Pro¬
digiosus von neuen Gesichtspunkten an wieder aufgenommen, und es
ist ihm auch wirklich nach Inokulation von B. prodigiosus und
B. oedematis maligni gelungen, im Frosche den Prodigiosus
virulent zu machen, in einer Weise, dafi er fQr weifie M&use pathogen
wurde. Es verlor jedoch der Prodigiosus sein Pigment, so dafi dann
bei den mit den M&usen vorgenommenen Isolierungen eine der haupt-
s&chlichsten Differentialeigenschaften des Keimes fehlte, Eben deshalb
weist Czaplewski, der die Arbeit in Baumgartens Jahresbericht
besprochen hat, darauf hin, dafi diese Beobachtungen mit Reserve auf-
zunehmen seien.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Aus alledem erhellt schliefilich, dafi nach Ansicht fast aller Autoren
(sowohl beziiglich lebender wie toter Kulturen) der B. prodigiosus
ffir die Versuchstiere nicht pathogen ist. Nur einige der Autoren
hsdten daffir, dafi der Bacillus im stande ist, EiterungsvorgSnge zu be-
wirken, die besonders von dem bakterischen Protein erzeugt werden,
welch letzteres ein bemerkenswertes chemotaktisches Vermdgen haben
soil. Demgem&fi finden wir in vielen Lehrbflchern und Wfirterbfichern
der Bakteriologie nichts fiber eine mdgliche toxische oder septikfimische
Wirkung des B. prodigiosus, sei es auch nur experimentell und
nicht spontan.
Einige Handbficher besagen sogar ohne weiteres, dafi der Pro¬
digiosus geradezu inaktiv ist(Miquel, Gambier, Abba, Lustig,
Eisenberg, Migula etc.), einige andere, Flfigge, Lehmann-
Neumann, glauben, dafi der B. prodigiosus als solcher inaktiv ist,
dagegen die Pathogenitfit anderer Keime verst&rken kann. Wenige
Lehrbflcher nur (Gfinther, Fraenkel) erwfihnen, dafi grofie Dosen
dieses Keimes bei subkutaner Inokulation eine Lokalentzfindung mit
nachfolgender Suppuration und gleichzeitigen allgemeinen transitorischen
Erscheinungen hervorrufen kfinnen. Deshalb pflegt roan also im allge¬
meinen der Anschauung zu huldigen, dafi der Prodigiosus ent-
weder absolut inoffensiv oder hochstens ffir die Versuchstiere schwach
toxisch ist.
Vorliegende Untersuchungen verdanken ihren Ursprung dem Zufalle.
Im Begriffe, den Meningococcus W eichselbaums, der in Turin von
V an z etti isoliert worden ist, virulent zu machen, hatte ich diesen Kokken
mit den verschiedensten pathogenen Keimen und Saprophyten in Meer-
schweinchen und Kaninchen verimpft, ohne wirklich positive Resultate zu
erhalten. Zwei der mit starken Dosen (2 ccm Mischung zu gleichen Teilen
Bouillonkultur von Meningococcus und Prodigiosus) auf intra-
venfisem Wege geimpften Kaninchen erlagen nach 24 Stunden. Der mikro-
skopische Befund legte klar, dafi der Tod infolge toxischer Septikamie ein-
getreten war. Das parietale und viscerale Peritoneum war hyperfimisch,
ebenso die Nebennieren, die Milz dagegen etwas angeschwollen und tiefrot
gef&rbt, sowie etwas weicher als gewohnlich. Die mit diesem Organ
angestellten Versuche ergaben die Gegenwart zahlreicher nach Gram
sich ffirbender Kokken. Die Kulturen der Milz, des Blutes und der
anderen Organe sprachen ffir die Gegenwart einer grofien Quantitat
von Bacillen, die sowohl morphologisch wie auch hinsichtlich ihres Ver-
haltens dem Gramschen Verfahren gegenfiber an den inokulierten
Prodigiosus erinnerten. Angesichts eines solchen Autoren und Lehr-
hfichern zuwiderlaufenden Befundes habe ich versucht, den B. pro¬
digiosus den verschiedensten Tieren auf verschiedenen Wegen einzu-
impfen.
Zu diesen Proben habe ich sowohl Laboratoriums-Prodigiosus,
der vor einigen Jahren aus dem Trinkwasser Turins isoliert worden
war (kurze Zeit, nachdem betrfichtliche Massen Prodigiosus zwecks
Prfifung der Filterkraft dieser Terrains fiber die Zone ausgegossen
worden waren, in der sich das betreffende Wasser ansammelte), wie auch
solchen aus den Laboratorien des Dr. Kr41, Prof. Fo& und Prof.
S o r m a n i verwandt.
Die 4 Sorten des Prodigiosus zeigten nun ein sehr fihnliches
Verhalten, waren aber von verschiedener IntensitSt Die im Labo-
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Bertarelli, Ueber die Biologie nnd Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 197
ratorium konservierte Sorte hat sich am aktivsten erwiesen and es
wurden also die nachstehend beschriebenen Untersuchungen hauptsfichlich
mit ihr ausgeffihrt. Ich halte es fQr Qberflflssig, hier noch besonders
zu bemerken, daB hierbei die morphologischen und kulturellen Kenn-
zeichen der angewandten Keime genau kontrolliert wurden und genau
denen entsprachen, die in alien Atlanten und Lehrbfichern dem Pro¬
digiosus zugeschrieben werden.
Wirkung des Prodigiosus in den Tieren: Der B. pro¬
digiosus hat bei Laboratoriumstieren diskrete pathogene Kraft.
Die Einimpfung von Bouillonkulturen oder wfisserigen Agarkultur-
emulsionen auf intraperitonealem Wege ffihrt beim Meerschweinchen
nach kfirzester Zeit den Tod herbei, sobald man sich nur einer st&rkeren
Dosis bedient. Von wenig aktiven Kulturen sind hochstens 2 ccm er-
forderlich; von stfirkeren geniigen 0,8—1 ccm. So tdteten die im
Laboratorium vorhandenen Kulturen das Meerschweinchen in 18—36
Stunden.
Die subkutane Inokulation ist beim Meerschweinchen weniger wir-
kungsvoll; doch gelingt es zuweilen, das Tier bei Verwendung von
2—2,5 ccm zu tdten. Einige Stfimme des Prodigiosus aber bewirken
auf diesem Wege niemals den Tod des Tieres.
Die intravenOse Injizierung ist beim Tiere bei einer Dosis von
1—1,5 ccm Bouillonkultur nach 12—24 Stunden t5dlich.
Der Tierbefund ist konstant: Akute EntzUndung des ganzen Perito-
neums, dfirftiges serOses Exsudat, Ausdehnung der Intestinalkrflmmungen,
hyperfimische Nieren und Nebennieren, zuweilen mit hfimorrhagischen
Flecken, normale oder wenig vergrOBerte Milz, lebhafte Ffirbung mit
rotbraunen hfimorrhagischen Flecken. An den Lungen und an der Leber
nichts Bemerken swertes.
Der Befund kommt also im groBen und ganzen einer schweren
akuten Vergiftung gleich. Die mikroskopische Untersuchung der Milz
ergibt im ganzen Organ zerstreute Kokken. Dieselben Bakterien-
formen, wenn auch in geringerer Anzahl, so doch immer noch in be-
deutenden Quantitfiten, finden sich im Blute. Auch in der Leber sind
besagte Keime, ebenso in den Nieren (doch in geringerer Anzahl) und
im Eierstock. In alien diesen Organen begegnen wir jedoch keinen
beachtenswerten Lfisionen, abgesehen von Hyperfimie und eventuellen
hfimorrhagischen Infarkten. In ganz seltenen Fallen, bei denen der Tod
36 Stunden nach erfolgter Inokulation eintritt, wird makroskopisch und
mikroskopisch eine beginnende Fettdegeneration der Leber sichtbar.
Die Kulturenprflfung ergab ebenfalls die Gegenwart zahlreicher
Bacillen in der Blutbahn, Bacillen, denen wir stets an den Extremitfiten
der Blutwege begegnen und die in den isolierten Kulturen zahlreiche
und typische Prodigiosus-Kulturen zu stande bringen.
Die Mikroorganismen konnen auch fiber die Placenta hinansgehen;
so findet man bei tragenden Meerschweinchen nach Prodigiosus-
Inokulationen zahlreiche Bacillen in den Organen des FOtus.
Das Bemerkenswerteste bei diesen Kulturen ist, daB sie fast immer
rot erscheinen (zuweilen rosa, feuerrot und auch selbst fuchsinrot), auch
dann, wenn sie bei 37° auf alkalischem Agar gezfichtet wurden. Dieses
sich fast konstant darbietende Phfinomen wird noch augenscheinlicher,
wenn man die Kulturen zuerst 24 Stunden lang auf 37° halt (wfihrend
welcher Zeit sie bereits eine deutlich rote Ffirbung aufweisen) und sie
dann auf 25° bringt. Ueberdies erwerben die seit geraumer Zeit pigment-
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198 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 3.
losen Laboratoriumskulturen, die sich, selbst auf Kartoffeln geziichtet,
sehr schlecht pigmentieren, mit der Tierpassage das VermOgen, die
chromogene Substanz stark zurttckzubilden. Dieser Vorgang ist nicht
nur deshalb interessant, weil er nicht nur ein kleines biologisches Problem
ldst, nm dessen Ldsung sich Schottelius resultatlos bemuht hat (da
die seit langer Zeit pigmentlosen Prodigiosus-Massen auf keinem
Wege Pigment erwerben, auch nicht bei Zflchtung auf Kartoffeln und
den verschiedensten Bdden), sondern auch, weil es dem entspricht, was
Gessard ganz kurzlich betreffs des Pyocyaneus beobachtete. Dieser
Verfasser hat in der Tat wahrgenommen, daft der B. pyocyaneus unter
gewissen Umst&nden des parasit&ren Lebens im lebenden Organism us die
Eigenschaft erwerben kann, ein fluorescentes und ein rotbraunes Pigment
zu erzeugen.
Die Serieninokulation erhdht beim Meerschweinchen die Pathogenit&t
des Prodigiosus nur unbedeutend. Niemals jedoch gelingt es, den
Tod des Tieres mit Dosen von weniger als 0,5—0,5 ccm herbeizuffihren,
selbst wenn die Kulturen 12 Tage alt sind.
In dieser Hinsicht mOchte ich auf die grofte Wirksamkeit hinweisen,
die die alten Kulturen im Vergleiche zu den neuen haben. Es kommt
dies vor allem daher, dafi die den Tod der Versuchstiere veranlassenden
Erscheinungen zum grOBten Teile toxische sind und die Toxizitfit mit
dem Alter der Kulturen w&chst.
Ist die inokulierte Dosis nicht tddlich, so kann roan den B. pro¬
digiosus auch nach 3—4 Tagen in der Blutbahn der geopferten
Tiere vorfinden; selten nur kann man Bakterien enthaltende Phagocyten
antreffen.
Nach subkutaner Inokulation zeigt sich dagegen fast immer eine
Lokalreaktion (wenn die inokulierte Dosis nicht tddlich ist), die durch
ein wenig reichliches purulentes Exsudat charakterisiert ist. Nur in
SuBerst seltenen Fallen kommt es zu einer AbsceBbildung, wie solche
Grawitz und de Bary beschreiben.
Das Kaninchen ist weniger empfanglich als das Meerschweinchen,
doch tritt auch bei ersteren nach Injizierungen mit 2—2,5 ccm 8—12 Tage
alter Bouillonkultur leicht der Tod ein, wobei der Befund wie gewdhnlich
auf Toxikamie und dazu noch auf Gegenwart von Keimen in Milz und
Blut lauten wird. Zu demselben Resultate gelangt man mit Inokulation
geringerer Dosen in die Blutbahn.
Die Ratte (Decumanus albinus ) ist ebenfalls dem Prodigiosus
gegentiber sehr empfindlich, was in einem gewissen Widerspruche steht
mit ihrem sonstigen Verhalten gegentiber anderen Keimen, die fQr
andere Tiere weit pathogener sind. Eine Peritonealinokulation von
0,2—0,3 und zuweilen auch 0,1 ccm Bouillonkultur tdtet das Tier in
weniger als 24 Stunden mit Erscheinungen und Befund wie beim Meer¬
schweinchen. Auch die subkutane Injizierung einer Dosis von 0,3—0,4 ccm
wirkt fast sofort tddlich.
Noch empfindlicher ist die kleine Maus (Musculus albinus ), die stets
schon bei subkutaner Einimpfung von 0,1 ccm 6 Tage alter Bouillon¬
kultur erliegt.
Die Kennzeichen der aus der Milz, den anderen Organen und dem.
Blute der durch Prodigiosus verendeten Tiere erhaltenen Kulturen
sind fast konstant, womit also gesagt ist, daB nicht allein pigmentlose
St&mme des B. prodigiosus sofort das Pigment zurfickerwerben,
sondern sich sehr oft auch bei 37° pigmentiert zu erhalten vermogen.
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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 199
Mit der Zeit und nach zahlreichen Durchg&ngen habe ich schliedlich
einen Prodigiosus erhalten, der auf 37-gradigem Agar wfihrend 2
oder 3 Kulturpassagen rot wuchs, wihrend er ziemlich bladrosa blieb,
wenn man ihn in der gewShnlichen Zimmertemperatur ztichtete.
Isoliert man dann den Prodigiosus aus den Organen der nach
Injektionen mit diesem Eeime erlegenen Tiere, so zeigt er etwas ver-
finderte Form und sieht wie ein echter plumper Bacillus aus, aber be-
deutend weniger kokkenfdrmig als in den gewShnlichen Eulturen.
Fassen wir also alles zusammen, so kommen wir zu folgendem
Resultat: Der Prodigiosus kann in einigen Tieren (beson-
ders im Meerschweinchen, in der Ratte und der Maus)
eine tddliche toxische Septik&mie erzeugen, sobald er
in raittelstarken Dosen inokuliert wird. Der Befund so
bebandelter Tiere ist der einer fiberwiegenden Intoxi-
kation, doch beobachtet man unterm Mikroskop und ver-
mittelst der Eulturen eine unzweifelhafte Gegenwart
und Vermehrung des B. prodigiosus im Blute und den
Organen.
Ueberdies erh< der Prodigiosus nach Durchg&ngen
durch das Tier, falls er pigmentlos, das Pigment zurfick
und das auch, wenn es nicht gelingt, ihm das nach Ear-
toffelkulturencharakteristische Pigment wiederzugeben.
Ist er pigmentiert, so kann er das Pigment verst&rken,
und sich auch h&ufig bei 37° G pigmentiert erhalten.
Handelt es sich nun wirklich urn eine Form von sekund&rer Septi-
kfimie Oder um akute Intoxikation, oder wird etwa die Gegenwart von
Bacillen in der Blutbahn und der Milz nicht von einer agonischen oder
postmortalen Invasion inokulierter Eeime bedingt, einer Invasion, die
durch eine akute Intoxikation ermOglicht wird, die ihrerseits wieder den
bakterischen Protelnen oder den inokulierten ldslichen Produktefi ihre
Entstehung verdankt?
Die Tatsache, mit subkutanen Injektionen einen gleichen Befund
erhalten zu haben, wfirde nun wirklich innerhalb gewisser Grenzen die
Mdglichkeit ausschlieden, dad es sich um eine zuf&llige Gegenwart der
inokulierten Eeime handelt Ueberdies wiesen die auf peritonealem
Wege mit 1 ccm Bouillonkultur geimpften und 6 Stunden nach der
Injektion getdteten Tiere schon grode Quantit&ten B. prodigiosus in
der Milz auf.
Um aber darzutun, daft das Vorhandensein der Bacillen in der
Blutbahn nicht nur keine passive Erscheinung ist, sondern im Gegenteil
einer gewissen Bedeutung nicht entbehrt (bedeutungsvoll, wenngleich
sekund&r nach Intoxikation), kann man noch andere fiberzeugende Be-
weise heranziehen.
Vor allem fallt es nicht schwer, zuzugeben, dad die Eeime in der
Blutbahn des noch lebenden Tieres auderordentlich vervielf<igt sind.
Zu diesem Zwecke habe ich aus dem inokulierten Material isolierte
Pr¶te hergestellt und die Zahl der Eeime und approximate auch die
der inokulierten Bacillen berechnet Ebenso wurde mit einer aus Blut-
und Milzsaft bereiteten Normallosung verfahren und dann zu isolierenden
Eulturen geschritten. Nimmt man auch hier eine approximative Be-
rechnung der angetroffenen Eeime vor, so ergibt sich, dad das Ver-
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200
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Origin&le. Bd. XXXIV. No. 3.
hfiltnis zwischen inokulierten und vorgefundenen Keimen mindestens
1:100 ist So ist es alsdann moglich, die toxische von der septikfimischen
Wirkung zu trennen. Zu diesem Zwecke habe ich die Toxizitat der
filtrierten Bouillonkulturen, der durch die Warme getdteten Bouillon-
und Agarkulturen geprfift.
Die mit der Eerze filtrierten Prodigiosus-Bouillonkulturen sind
nicht sehr giftig, was schon daraus hervorgeht, daB das Meerschweinchen
4— 8—10 und 20 Tage alte filtrierte Bouillonkulturen in Dosen von
5— 8 und oft auch von 10 ccm folgenlos vertragt.
Die durch Hitze getoteten Bouillonkulturen (der Prodigiosus ist
sehr widerstandsffihig, seine, nach zahlreichen Seriendurchgangen er-
haltenen Kulturen widerstehen noch 1 Stunde lang bei selbst 80°) haben
eine schon ausgeprfigtere toxische Wirkung. Mit 6—8-tfigigen Kulturen
tfitet man aber ein Meerschweinchen nur nach Dosen, die den doppelten
und 3-fachen der lebenden Kulturen entsprechen; mit 15— 20-tagigen
Kulturen erhait man dasselbe Resultat auch mit solchen, die nur wenig
unter dem Doppelten der lebenden Kultur stehen. Doch tritt der Tod
in keinem Falle so rasch ein wie nach Verwendung lebender Kulturen.
Urn diese Tatsachen nun besser zu beleuchten, trachtete ich danach, die
pathogenen Eigenschaften des Prodigiosus ffir einige Tiere, besonders
ffir das Meerschweinchen, zu verstarken.
Die Serienpassagen steigerten nun aber den Keim nur sehr wenig,
und niemals gelingt es, Kulturen (nicht mehr als 48-stflndige) zu er-
halten, die unter 0,8—0,9 ccm ttidlich sind. In diesem Falle jedoch
zeigen die 10—12-tagigen Kulturen eine groBere Toxizitat, derart, dall
man mit ihnen Meerschweinchen auch mit 0,5 ccm lebender Kultur tdten
kann.
Die Passagen durch verschiedenartige Tiere, wie Mause, Ratten,
Meerschweinchen und Kaninchen, geben auch kein besseres Resultat,
ebenso bleibt die Assoziation des Prodigiosus mit Keimen, die sich
anderen Tieren gegeniiber ohne Beimischung inaktiv erweisen (Proteus,
Menln gococcus intracellularis, Staphylococcus aureus
[abgeschwacht], Choleravibrio etc.) wenig erfolgreich.
Bessere Resultate habe ich erzielt mit Passagen im Peritoneum
mittels Celloidinsackchen. Nach 6 Durchgfingen erhielt ich einen Pro¬
digiosus, dessen 24-stfindige Kultur (erhalten durch Einsaung des
Produktes des letzten Seriensackchens in Bouillon) ein Meerschweinchen
bei einer Dosis von 0,4 ccm in 24 Stunden tdtete. Dieselbe 24-stfindige
Bouillonkultur, einmal bei 80° getOtet, bewirkte erst bei einer Dosis von
0,3 ccm letalen Ausgang, wfihrend hingegen dieselbe 36-stfindige Kultur,
mit der Kerze filtriert, auch dann inaktiv war, wenn sie in starken
Dosen — 8 ccm — ins Peritoneum des Meerschweinchens injiziert
wurde.
Mit anderen Worten, es war gelungen, mit dieser 24-stflndigen Kultur
die septikfimische Kraft zu verstarken, wahrend das toxische Vermfigen
eher schwach blieb.
Diese Steigerung ist also bei den Celloidinsackdurchgfingen fast
konstant, wenn sie auch nicht immer einen so hohen Wert erreicht.
Giftige Produkte des Prodigiosus. Nach alledem ist es also
unzweifelhaft, daB die hauptsfichlichste Ein wirkung des Prodigiosus
auf die Versuchstiere die toxische ist Aller Wahrscheinlichkeit nach
wird das mit lebenden Kulturen inokulierte Tier rasch vergiftet und
gestattet eine rasche und reiche Entwickelung des Keimes, der so die
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Bertarelli, Ueber die Biologie nnd Pathogenitftt des Bacillus prodigiosus. 201
toxische Substanz yermehrt and den Tod herbeif&hrt Es ging also der
Tod in Wirklichkeit immer yon einer Toxikfimie aus, bei Gegenwart
von zahlreich yermehrten Keimen in der Blutbahn, die dann auch noch
ihrerseits, dnrch Verstftrkung der Toxikfimie, schaden.
Eine solche Tatsache, die nan freilich nicht ganz mit dem flberein-
stimmt, was nach Radziewski bei dem grOfiten Teile der Infektionen
geschieht, wflrde es erklfiren, warum trotz weitgehender Verbreitung des
Prodigiosus in der Natur and seiner bedeutenden Resistenz niemals
weder beim Menschen noch beim Tiere spontane Prodigiosus* Infek¬
tionen beobachtet warden, n&mlich, weil eben die Inokulation starker
Keimquantit&ten erforderlich ist, um eine beachtenswerte Einwirkung zu
erzielen.
Auf jeden Fall geht darans hervor, dafi der Prodigiosus eine
wirklich sehr bedeutende toxische Kraft besitzt and in dem vergifteten
Organismus eine rapide Multiplikation im Kreislanfe bewirken kann. Es
tritt dies auch effektiv mit einer solchen Beharrlichkeit ein, dafi ich
mich beim Unterrichte zur Darlegnng einer Septik&mie im Laboratorium
(besonders aber zur einfachen Demonstration der im Kreislaaf and der
Milz befindlichen Keime) stets des Prodigiosus bediene, der, wenig-
stens von diesem Gesichtspankte aus, bessere and konstantere Resultate
abgibt als andere Keime mit grOfierer pathogener Kraft
Aus einigen der yorerwfthnten Untersuchangen (Roger, Vaillard
etc.) erhellte, dafi die Tom Prodigiosus gebildeten ldslichen Sub-
stanzen die Eigenschaft besafien, die Virulenz sonst wenig wirkungSToller
Keime zu Terstfirken und dies in derselben Weise wie der Pro¬
digiosus. Meine Versuche ffihrten mich jedoch zu anderen Resultaten.
Ich hielt es daher fflr angebracht, einige der yom Prodigiosus
gebildeten oder in ihm enthaltenen toxischen Substanzen genau zu
untersuchen, um zu erfahren, welchen Ton beiden die bei den Versuchs-
tieren beobachtete rapide Intoxikation zuzuschreiben ist
Lbsbare Produkte: Mit der Kerze filtrierte Prodigiosus-
Bouillonkulturen yerschiedenen Alters besitzen ein schwaches toxisches
VermQgen.
Zum Beweise dieser Tatsache nachstehend einige Daten aus dem
Laboratoriumsprotokoll:
Mai 1902. Filtrierte 10-tagige Bouillonkulturen.
Gewicht in g Injektion
Meenchweinchen 300 Bauchhdhle
» 320 „
„ 310 „
„ 300
320 „
„ 350
„ 320
ccm
4
7
6
8
10
8
6
Beeultat
lebend nach 10 Tagen
lebend
do.
stirbt in 24 Stunden
do.
lebend
stirbt in 36 Stunden
Im allgemeinen gelingt es, selbst mit 10—12 —15-tfigigen ins Peri¬
toneum injizierten Bouillonkulturen in Dosen unter 6 ccm nicht das
Meerschweinchen zu t5ten. 2 —3-tfigige Bouillonkulturen sind fast ab-
solut kraftlos, auch wenn sie aus mit verst&rktem Material pr&parierten
Kulturen erhalten warden, die den in der BauchhOhle des Meerschweinchens
gehaltenen Celloidins&ckchen entstammten. Das alte BouUlonkulturen-
filtrat ist bei weitem wirksamer. Zweifellos ist es sicher, dafi eine
direkte Beziehung existiert zwischen Alter und Wirksamkeit des Fil-
trats.
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202 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 3.
Diese filtrierten Bouillonkulturen enthalten nun auch chemotaktische
Substanzen, dergestalt, daB man nach Bauchhdhleninjektionen das Auf-
treten eines dfirftigen, ziemlich leukocytenreichen Exsudats wahrzunehmen
vermag nnd aufierdem eine diskrete Quantitfit h&molytischer Substanzen.
Diese Tatsache ist schon von Pasquini in einigen seiner Studien fiber
die hfimolytische Kraft der Kulturfiltrate verschiedenster Keime fest-
gestellt worden.
Die hfimolytische Wirkung habe ich an den roten Blutkdrperchen
des Meerschweinchens und des Kaninchens sowohl nach der Methode
Londons wie auch mit der direkten Probe an nicht gewaschenen Ery-
throcyten untersucht, mit dem Ergebnisse, daB die hfimolytische Wirkung
der Prodigiosus-Bouillonkulturen bezfiglich der Erythrocyten des
Meerschweinchens sehr stark ist, dagegen hinsichtlich der des Ka¬
ninchens fast nicht existiert. Das erhaltene Hfimolysin weist eine
den {Oxischen Bakterien sehr fihnliche Beschaffenheit auf.
Bringt man das Filtrat bei 0° in Berfihrung mit den roten
Blutkdrperchen des Meerschweinchens und fibertrfigt man dann von
neuem die Erythrocyten in eine Losung von NaCI von 0,85 Proz. bei 37°,
so emulsionieren sich die Erythrocyten, d. h. es existierte in dem Hfimo¬
lysin eine haptophore Gruppe, die im stande ist, sich bei niederer Tem-
peratur auf den Erythrocyten zu fixieren.
Bakterienprotelne: Die durch*Hitze getdteten und von
den ldsbaren Produkten mittels wiederholter Filtration und Waschungen
mit physiologischen Ldsungen getrennten Bakterienkdrper erweisen
sich Tieren gegenfiber bedeutend wirksamer als die lQslichen Produkte.
Mit 1 mg dieser bakterischen Kadaver kann man den Tod des Meer¬
schweinchens in weniger als 36 Stunden nach vollendeter peritonealer
Inokulation herbeiffihren.
Gegenfiber den verschiedenen Kulturen ergibt sich jedoch ein ganz
anderes Verhalten.
Um nun die Wirkung des Bakterienprote'ins und seinen Effekt
bei Tieren zu studieren, babe ich mich weniger Extraktionsmethoden
bedient, da mir die geeigneten Mittel fehlten, die es mir ermoglichten,
die Proteine nach alien auf Kompression basierenden Systemen herauszu-
ziehen. (SchluB folgt)
Nachdruck verboten.
Ueber die Einwirkung der Bakterien auf verschiedene
Zuckerarten.
[Aus der bakteriologischen Untersuchungsstation des Garnisonlazarettes
Wflrzburg.]
Von Apotheker Adalbert Segin.
In einer unter der Leitung des Herrn Stabsarztes und Privat-
dozenten Dr. DieudonnS ausgeffihrten Arbeit hat Barsikow 1 ) zur
Differenzierung von Typhus- und Coli-Bacillen zwei mit Lackmus ver-
setzte NfihrbOden empfohlen, von denen der eine aus Nutrose, Milch-
1902 %, ^44)^° ZUt des Typhusbacillus. (Wiener klin. Rundsch.
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Begin, Ueber die Einwirkung der Bakterien auf verschiedene Zuckerarten. 203
zucker SS 1,0, Nad 0,5, Aq. dest. ad 100 besteht, der andere an Stelle
von Milchzucker Traubenzucker enthlllt. Auf beiden N&hrbOden ruft
B. coli nach 24 Stunden eine starke S&urebildung und eine massige
Ansscheidnng von Kasein hervor; B. typhi zeigt in der Traubenzucker-
15sung dasselbe Verhalten, w&hrend es den Milchzuckern&hrboden un-
verftndert lfifit. Klopstock 1 ) empfahl diesen N&hrboden zur Unter-
scheidung von Typhus-, Coli- und Ruhrbacillen. Sowohl der Typhus-
wie der Ruhrbacillus lfifit den Milchzucker enthaltenden N&hrboden
dauernd unverfindert, w&hrend B. c o 1 i innerhalb 24 Stunden das Kasein
ausf&llt. In dem mit Traubenzucker versetzten N&hrboden ruft B. typhi
und B coli nach 24 Stunden S&urebildung und Gerinnung hervor, da-
gegen bewirkt der Ruhrbacillus nur eine geringere S&urebildung und
keine Gerinnung, wenigstens nicht in den ersten Tagen. Mittelst des
Milchzucker enthaltenden N&hrbodens lfifit sich also Typhus und Coli,
mittelst des mit Traubenzucker versetzten Typhus und Ruhr differen-
zieren.
Auf Anregung des Herrn Stabsarztes und Privatdozenten Dr. Dieu-
donnd untersuchte ich eine weitere Reihe von Bakterien, und zwar
wurden hierzu aufier Milch- und Traubenzucker mehrere andere
Zuckerarten (Maltose, Galaktose, Fruktose, Raffinose) und diesen fihnlich
zusammengesetzte hdherwertige Alkohole (Erythrit, Dulcit, Mannit) ver-
wendet. Die N&hrbdden hatten, entsprechend den Angaben von Bar-
sikow, folgende Zusammensetzung: Zucker (bezw. Alkohol), Nutrose
afi 1,0, NaCl 0,5, Lackmustinktur 10, Aq. dest. ad 100. Die Herstel-
lung geschah stets in der Weise, dafi zun&chst die Ldsung der Nutrose
und des Chlornatriums eine Stunde lang sterilisiert, und dann die ent-
sprechende Zucker- bezw. Alkoholart zugefiigt wurde. Die in Mengen
von ca. 10 ccm abgefiillte N&hrflussigkeit wurde in den Reagenzrdhrchen
abermals */ 4 Stunde lang dem strdmenden Dampfe ausgesetzt. Diese
fraktionierte Sterilisation sollte eine durch zu langes Erhitzen bewirkte,
mehr oder weniger tiefgreifende Zersetzung des Zuckermolekflls ver-
hindern, wie eine solche bereits mehrfach bei Milch- und Traubenzucker
vermutet wurde. Zu den Milch- und Traubenzuckern&hrbdden, sowie zu
denen mit Erythrit und Maltose versetzten verwendete ich eine Lackmus¬
tinktur von Kahlbaum-Berlin, zu den tibrigen eine von Merck-Darm¬
stadt bezogene.
Tabelle A gibt eine Uebersicht- iiber die gewiihlten Bakterien und Nahrboden.
Die auf eine Zeitdauer von 8 Tagen sich erstreckenden Beobachtungen suchte ich durch
entsprechend gewahlte Zeichen mftglichst genau wiederzugeben. So bedeutet das Zeichen
—, urS der betr. Nahrboden vollig unverandert blieb, braw. aufier dem Wachstum keine
bemerkenswerten Veranderungen vor sich gin gen, das Zeichen + dafi eine ausge-
sprochene Koagulation des Kaseins eintrat. Tb — bezeichnet eine Trubung, deren In-
tensitat es zweifelhaft erscheinen liefi, ob sie lediglich durch das Wachstum des Bak-
teriums oder durch eine gleichzeitige unvollstandige Kaseinausscheidung hervorgerufen
wurde. Wurde oder war gleich von An fang an diese Trubung so intensiv, dafi ihre
Entstehung durch Koagulation mehr Wahrscheinlichkeit fiir sich hatte, so bezeichnete
ich diesen Fall mit +. Einige Bakterien verursachten eine eigentiimliche, an lilablau
erinnernde Farbung Hes Nahroodens (in der Tabelle durch 1 bezeichnet), die sehr oft
mit der durch das Zeichen + sjmbolisierten Trubung verbunden war; t. El. bedeutet
teilweise, v. EL vdllige EntfarCung des Nahrbodens, s s schwach saure, s stark saure
Reaktion. Die Kulturen wurden wahrend der Dauer der Versuche auf 37° gehalten
und aus dem Brutschrank entfernt, sobald eine zweifellose Koagulation eingetreten war.
1) Beitrag zur Differenzierung von Typhus-, Coli- und Ruhrbacillus. (Berl. klin.
Wochenschr. 1902. No. 34.)
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204
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Aus Tabelle A geht hervor, daft Milcbzucker von verh<nism&tiig
wenig Bakterien angegriffen wird; einzelne verarsachen zwar saure Re-
aktion, doch genflgt die erzengte Sfiure anscheinend nichl zur F&llung
des Kaseins (Vibr. choler., Pneumon. Friedl&nder). In viel
hdherem MaBe wie Milchzucker wird Traubenzucker zersetzt Mit
Ausnahme einiger wenigen (Tetrag. L6de, B. faecal. alcalig. r
Staphyl. pyogen. citr.) war entweder S&urebildung allein oder,
gleichzeitig mit dieser, Koagulation zu konstatieren. Bemerkenswert ist
die Tatsache, daB keines der zu den Versuchen herangezogenen Bak¬
terien Erythrit unter Sfiurebildung angriff, wie sie bei den anderen
N&hrbdden eintrat; es entstanden wohl Trflbungen nnd mehr oder weniger
intensive Niederschlftge, doch waren sie stets von dem bereits oben er-
w&hnten Farbennmschlag in Lila begleitet (B. pyocyan., B. sub til is)
und verschwanden bisweilen wieder (S arc in a lutea). Anf Mai to so
wirkt eine erhebliche Anzahl Bakterien unter S&urebildung; die saure
Reaktion tritt jedoch bei verschiedenen nur vorflbergehend ein (B. en¬
ter it., Staphyl. pyog. alb.). Auffallend ist der vollstandig einer
Koagulation Shnliche starke Niederschlag ohne gleichzeitige saure Reak¬
tion (Typhus, B. coli, B. icteroi'des). Er l&Bt sich vielleicht auf die
Weise erkl&ren, daB die erzeugte Saure durch das Natrium der Nutrose
(dieselbe ist eine lOsliche Kaseinnatriumverbindung) nach der Koagulation
nentralisiert wird; dafflr spricht auch der Umstand, daB der Ausf&llung
des Kaseins stets eine S&urebildung vorausging. Eine Koagulation
ohne gleichzeitige saure Reaktion konnte ich nur bei Maltose feststellen.
Dnlcit wurde Shnlich dem Erythrit sehr wenig angegriffen; eine aus-
gesprochene Koagulation trat nicht ein. Saure Reaktion war nur ver-
einzelt wahrzunehmen (B. acid, lact., B. enterit.. Psittacosis).
Die uppig wuchernde Sarcina lutea und Staphyl. pyogen. aur.
ausgenommen, war das Wachstum gering. Galaktose setzt der Ein-
wirknng der Bakterien keinen groBen Widerstand entgegen und verh<
sich in dieser Beziehung Bhnlich dem Traubenzucker und der Fruktose;
doch verursacht die aus letzterer Zuckerart erzeugte S&ure h&ufiger
Koagulation wie diejenige aus Galaktose. Mannit zeigt insofern ein
der Maltose fihnliches Verhalten, als bei ihm sich ebenfalls bisweilen
voriibergehende saure Reaktion zeigte (B. lact. a grog., Pneura.
Friedl.) ohne gleichzeitige Kaseinausscheidung; doch war, wenn eine
solche eintrat, dies stets, im Gegensatz zur Maltose, in saurer LGsung
der Fall. Raffinose verhielt sich insofern analog dem Dnlcit -und
Erythrit, als sie ebenfalls von sehr wenig Bakterien in erheblichem
MaBe angegriffen wurde und wie die beiden zuletzt genannten keine
zweifellose Koagulation aufwies. Bei Tetrag. L5de und Vibr. pro-
teus Finkler-Prior verschwand die eingetretene Trtlbung wieder.
Hefe Hofbrauhaus (Wflrzburg) zeigte eine Schichtung, deren obere
schwach saner war, w&hrend die untere farblos erschien mit neutraler
Reaktion.
Wie ein Blick auf die Tabelle A zeigt, wurden die mit Merckscher
Lackraustinktur bereiteten N&hrb0den sehr h&ufig und bald entf&rbt,
wfihrend dies bei den Kulturen, die Kahlbaumsche Lackraustinktur
enthielten, nur selten der Fall war; ftir derartige Versnche ist daher der
bereits von Drigalski und Conradi 1 ) empfohlenen Kahlbaumschen
Tinktur der Vorzug zu geben.
1) Drigalski und Conradi, Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXXIX.
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Segin, Ueber die Einwirkung der Bakterien auf verschiedene Zirckerarten. 205
Tab el l e A. (Erklarung der Zeichen und Abktirzungen siehe Text.)
Nutrosenahrboden enthaltend:
Milchzucker
Traubenzueker
Beobachtung nach Tagen
1
2
3
4
5
6
7
8
i j
u
3 1
A\
5
t)
7
8
Staphyl. pyogenes albus
—
s
8
8
6
8
s
8
—
8
8
8
8
8
8
8
Staphyl. pyogenes aureus
—
s
+
8
—
8
8
8
+
S
Staphyl. pyogenes citreus
—
—
—
8
8
S
8
8
—
—
—
—
—
—
—
Tetragen. Lode
—
—
—
—
1
1
1
—
—
—
—
—
—
—
—
Sarcina lutea
—
—
—
—
1
1
8
8
8
8
8
8
8
3
Bac. anthrac.
—
—
—
—
—
—
—
8
8
8
8
_L
8
+
8
Bact. acid. lact.
+
s
|
+
8
| |
Bact. coli
+
s
+
8
Bact. typhi
—
— ;
—
—
—
—
—
8
±
S
+
8
Paratvphus „ Bremen"
—
—
—
—
+
8
1
Paratyphus Brion-Kayser
8
8
8
8
8
8
Tb
8
+
8
Paratyphus Schottmiiller
—
—
_
—
; —
—
—
8
4-
j 8
Paratyphus Stamm-Pelzer
8
s
8
8
6
, 8
8
8
+
8
Bact. faecal, alcalig.
—
, —
—
. 1
1
1
1
l
—
—
—
—
-
—
—
Bac. dy sen ter.
ss
S 8
88
S 8
68
ss
88
SS
S
+
8
Bact. enteritidis
—
1 —
—
—
—
—
—
—
+
8
Bact. lactis aerog.
+
s
|
8
! +
3
:
Bact. icteroides
-
—
—
—
+
8
Psittacosis
—
j
—
—
—
—
+
8
Pneumon. Friedlander
s
8
1 8
8
| 8
s
1 s
8
8
1 .8
Bact. fluoresc. liquef.
—
—
_•
; —
—
| _
—
—
1 —
1 —
8 8
! 8 8
S3
Bact. fluor. non liquef.
—
—
—
1 _
8 8
88
| 88
8
±
8
+
8
Bact. prodigios.
—
—
—
8
! +
8
8
+
8
Bact. pyocyan.
—
—
tE.
t. E.
t. E.
t. E.
±1
8
8
±
8
±i
' 8
4~
s
—
1 8
St
Bact. syncyan.
—
—
—
— 1
—
—
—
—
—
8
' 8
8
8
8
1 8
Bact. subtilis
—
—
—
—
-
t. E.
t. E.
t. E.
8 '
T
±
8
+
8
8
|±
8
Bact. vulg. protens
—
—
—
—
s
8
8
~
8 !
8
8
8
. +
, 8
Bact. vulg. rairabilis
—
—
—
—
-
—
8 8
1 88
—
— 1
S
8
3
1 ~
8
-
s
8
Vibrio cholerae
—
8
S
S
8
8
8
8
—
8
8
8 i
8
8
8
> |
8
Vibr. prot. Finkler-Prior
—
—
—
in
i gell) ubergehend
—
3
8
8 j
j_l
8
8
8
Hefe Hofbrauhaus
—
• -
-L
—
1 —
—
—
( —
6
8
8
1 8
1 s
1 8
3
1 8
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV No. 3.
Nutrosenahrboden
Beobachtung nach Tagen 1
Erythrit
4 rr
_ Maltose _
8~ 1 I 2 3!4 5|b'7 I 8
Staphyl. pyogenes albus
Staphyl. pyogenes aureus
Staphyl. pyogenes citreus
Tetragen. Lode
Sarcina lutea
Bac. anthrac.
Bact. acid, lact:
Bact. coli
Bact. typhi
Paratyphus „Bremen“
Paratvphus Brion-Kayser —
i i + 4- + + +M" ■+■ 4- 4*
“ ± ± T T “ “-iTTTiTTT T
Iss 1 s L r
s —
ix
; S 61 8 8 8 8 8
Paratyphus Schottmuller — — —
Paratyphus Stamm-Pelzer — — —
Bact. faecal, alcalig. — — —
Bac. dysenter. — — —
Bact. enteritidis
Bact. lactis aerogen.
Bact. icteroides
Psittacosis
Pneumon. Friedlander
Bact. fluoresc. liquef.
Bact. fluor. non liquef. I —
88 88
-1-+ + + +
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88 888886 B
± + + ± ± ±
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T t.~E. t. E. t. E. t.~E. 8 s
;S8 88 8 8 8 8
+ ± + + ± + + , ±
“TTTTTTT ±ii± +
Bact. prodigioe.
Bact. pyocyan.
Bact. syncyan.
Bact. subtilis
Bact. vulg. proteus _______ - 88geB888
Bact. vulg. mirabilis _______ -“ ~ 7 7 T T
Vibrio cholerae — — — — — — — — —
Vibr. pro.. Finkta.ftio, - - - f f f f +-±±+f + f
Hefe Hofbrauhaus ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^-1-
Digitized by
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I 3H+“ I H+
Segin, Ueber die Einwirkung der B&kterien auf verschiedene Zuckerarten. 207
enthaltend:
Dulcit I Galaktose
1 j 2 I 3 I 4 I 5 I 6 7 I 8 1 | 2 I 3 I 4 I 5 I 6 I 7 I 8
208
Centraibl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Nutrosenahrboden
Fruktose
Beobachtung nach Tagen
1
2
3
4
5
6
L 7 1
| 8
Staphyl. pyogenes albus
—
8
Tb
8
_Tb
8
Tb
t. E.
Tb
t. E.
Tb
_ t. E.
_ Tb
t. E.
Staphyl. pyogenes aureus
88
88
88
88
8
8
8
8
Staphyl. pyogenes citreus
— i
+
8
Tetragon. Lode
—
88
i
i 88
t. E.
t E.
t E.
Tb
~t. E.
Tb
t. E.
Sarcina lutea
1
_Tb
8
_Tb
8
_Tb
8
Tb
~t. E.
Tb
t. E.
Tb
! — t. E.
Tb
v. E.
Bac. anthrac.
—
ss
1 88
t. E.
t. E.
t. E.
i tE.
t. E.
Bact. add. lact.
8
+
8
Bact. coli
—
8
+
8
1
Bact. typhi
—
+
8
1
I
Paratyphus „Bremen u
8
+
8
i
Paratyphus Brion-Kayser
—
— ,
+
8
Paratyphus Schottmuller
—
S
+
B
+
s
+
8
Paratyphus Stamm-Pelzer
8
+
8
Bact. faecal, alcalig.
—
—
t. E.
t. E.
t. E.
v. E.
_
V. E.
v. E.
Bac. dysenter.
—
s
8
+
8
Bact. enteritidis
—
—
—
—
—
—
±
±
8 8
8
8
8
8
8
8
8
Bact. lactis aerogen.
—
88
8
8
8
8
6
8
Bact. icteroidcs
88
+
8
Psittacosis
6
+
8
Pneumon. Friedlander
—
±
+
88
8
8
±
8
±
8
Bact. fluoresc. liquef.
—
—
8
8
±
8
±
8
Bact. fluor. non liquef.
—
—
t. E.
t. E.
t. E.
88
88
86
Bact prodigios.
—
±
8
4-
8
4
8
Bact. pyocyan.
—
_Tb
8
_Tb
8
Tb
8 i
Tb
t E.
Tb
t. E.
Tb
“t. E.
Bact. syncyan.
—
—
—
8
±
8
±
8
±
8
+
8
Bact subtilis
±
4~
±
+
8
8
8
8
Tb
8
__Tb
8
i __Tb
, 8
Bact. vulg. proteus
88
88
88
8
8
Bact. vulg. mirabilis
—
Tb
Tb
Tb
Tb
t. E.
Tb
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Tb
— v. E.
Tb
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Vibrio cholerae
±
±
±
±
±
1 ±
8
8
8
8
8
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Vibrio proteus Finkler-Prior
—
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8
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8
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Hefe Hofbrauhaus
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8
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8
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Segin, Ueber die Einwirkung der Bakterien auf verechiedene Zuckerarten. 209
enthaltend:
Mannit
Raffinose
1
1 2
3
4
5
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7
8
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3
4
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6
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“ 1
“ 1
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8
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68
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—
—
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88
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_
Tb
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—
—
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—
±
±
—
—
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Tb
Tb
Tb
Tb
Tb
Tb
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—
—
—
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88
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—
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6
t. E.
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“t. E.
~t E.
—
—
—
—
—
—
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 14
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210
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3.
In dem Verhalten von Typhus und Paratyphus gegen fiber den ver-
schiedenen Znckerarten zeigten sich im allgemeinen keine scharfen
Gegens&tze. Im Milchzucker-, Dulcit- und Raffinosen&hrboden trat
weder bei B. typhi noch bei den verschiedenen Paratyphusst&mmen
(Paratyphus Bremen, P. Brion-Kayser, P. Schottmfiller,
P. Stamm-Pelzer) ausgesprochene Koagulation ein, nur bei einigen
Saurebildung; andererseits verursachten in Traubenzucker-, Fruktose-
und Mannitn&hrbdden s&mtlich vollst&ndige Easeinausscheidung, in Galak-
tosen&hrboden nur Typhus, Paratyphus Bremen und P. Stamm-
Pelzer vollst&ndige, die beiden anderen nur unvollst&ndige Koagulation.
Erythrit greifen sie fiberhaupt nicht an, und nur in ihrem Verhalten zu
Maltose war insofern ein bemerkenswerter Unterschied festzustellen, als
P. Stamm-Pelzer und P. Schottmfiller diese Zuckerart nicht
zersetzten, P. Brion-Kayer teilweise, Typhus und P. Bremen voll-
stfindige Koagulation bewirkten.
Urn einen Anhaltspunkt fiber die Menge der gebildeten Sfture zu
erhalten, wurden einige Kulturen, die S&urebildung ohne Koagulation
zeigten, und einige andere, die beide Erscheinungen gleichzeitig auf-
100
wiesen, mit Kalilauge titriert. Von den nicht koagulierten pipet-
tierte ich 5 ccm ab, die koagulierten wurden zuerst filtriert. Die in
Tabelle B angegebenen Zahlen beziehen sich auf 100 ccm Kultur.
Tabelle B. (Zeichen und Abkiirzungen wie bei Tab. A.)
Titration der nach 8 Tagen gebildeten Sauremenge mit ?-^-KOH
Nutrosenahrboden.
11
i
Trauben
zucker
Erythrit
Maltose
Dnlcit
Galak-
tose
Frak-
tose
Mannit
£ §
Staphyl. pyog. alb.
Bact. acid, lact
— s 3,4
+ s 3,4
-8 33
+ 8 53
be
§
±8 2,4
i
-f* 8 2,11 -f* 8 1,5
Bact. coli
+ 8 4,5
+ s 4,2
— s 4,8
14* 8 1,6
Parat. „ Bremen u
2
+ s 3,2
— s 2,6
Bact. enterit.
z
— 8 1,8
Bact. lact aerog.
S3
MS
— a 0,8
1
Bact icteroi'des
OQ
"f* 8 1,6
Pneum. FriedL
Bact fluor. liq.
■
0?
l
-s 2,6
I
— 8 23
Bact vulff. prot.
Vibr. cholerae
m
— s 4,4
— 8 2,9
-s 2,8
l
-8 1 fi
— s 2,4
Diese Beispiele zeigen, dafi die Menge der erzeugten S&ure bei den
geprfiften Bakterien nicht allzusehr differiert; da trotzdem die S&ure¬
bildung nicht immer Koagulation verursachte, so dflrfte der Grund
dieser Erscheinung wohl darin liegen, dafi ffir die Kaseinf&llung nicht
allein die Menge, sondern auch die Art der gebildeten S&ure mafi-
gebend ist. In fihnlichem Sinne haben sich bereits Blachstein 1 ) und
P4r6*) ge&ufiert.
1) Archivee dee eciencee biologiques pubL par l’lnstitut imp4r. & St. P4terebourg.
T. L No. 1, 2 et 3.
2) Annalee de l’lnetitut Pasteur. 1892 et 1893. Compt. raid, de la eoc. de biolog.
1897. p. 446.
Digitized by
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Segin, Ueber*die Einwirkung der Bakterien auf verschiedene Zuckerarten. 211
Tabelle C. (Zeichen und Abkiirzungen wie bei Tab. A.)
Serumnahrboden, entnaltend:_
Milchzucker
Traubenzucker
Beobachtung nach Tageu
1
2
3
4
5
()
7
8
1
2
3
4
5
6
[7_
8
Staphyl. pyog. alb.
88
±
8
+
8
88
+
8
Staphyl. pyog. aur.
—
+
8
8
+
8
Staphyl. pyog. citr.
—
~
—
-
—
—
—
—
—
+
8
Tetrag. Lode
—
8
8
8
+
8
+
8
8
+
8
Sarcina lutea
-
—
—
—
—
—
—
8
+
8
Bact. anthracis
—
—
—
—
—
—
—
8
+
8
Bact. acid, lactic.
+
8
+
6 •
Bact. coli
+
S
+
8
Bact. typhi
—
-
—
—
—
—
-
—
+
8
Paratyphus Bremen
—
—
—
—
—
—
—
—
+
8
Parat. Brion-Kayser
—
—
—
—
-
—
—
—
+
8
Parat. Schottmuller
—
—
—
—
—
—
—
—
+
8
Parat. Stamm-Pelzer
—
—
—
—
—
—
—
—
+
S
Bact. faecal, alcalig.
Bac. dysenteriae
—
—
—
8
8
8
8
+
8
—
—
—
—
—
—
Bact. enteritidis
—
—
—
— 1
—
—
_
—
+
s
Bact. lact. aerogen.
8
8
±
8
+
8
+
8
Bact. icteroides
—
—
u
—
—
—
—
+
8
Psittacosis
—
—
—
—
—
—
1
—
+
8
Pneumon. Friecllander
—
—
—
S 8
68
8
8
8
+
8
Bact. fluor. liquef.
Bact. fluor. non liquef.
_
8
8
8
8
6
8
8
8
±
8
+
8
—
—
Bact. prodigios.
—
—
—
8
8
8
+
8
88
| +
8
Bact. pyocyan.
8
8
8
8
8
8
t. E.
vTe.
—
+
8
Bact. syncyan.
—
8 a
8
+
8
8
+
8
Bact. subtilia
—
—
—
—
—
—
—
_ 1
±
8
8
+
8
Bact. vulgare proteus
—
—
—
—
B
8
8
8
+
8
Bact. vulgare mirabilis
—
—
-
—
—
—
—
—
8
8
±
8
+
8
Vibrio cholerae
—
—
86
88
8 8
8
8
8
8
±
8
+
S
Vibr. prot. Finkler-Prior
—
—
—
—
—
—
—
8
+
8
Hefe Hofbrauhaus
—
—
—
—
—
—
—
—
8
+
8
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212
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd XXXIV. No. 3.
Nachdem, wie Hanna 1 ), Dieudonn6 4 ), Hanson und Bussell 3 )
gezeigt haben, auch in verdiinnten, mit Zucker versetzten Blutserum-
nfihrbdden durch Einwirkung der von B. coli nnd anderen Bakterien-
arten gebildeten Sauremengen eine intensive F&llung des Eiweifies ein-
tritt, benntzte ich zum Vergleiche zwei NahrbOden folgender Zusammen-
setzung: Rinderblutserum, Lackmnstinktur (Kahlbaum) fia 10, Aq.
dest. 79,0 Milch- bezw. Traubenzucker 1,0. Dieselben wurden in der
gleichen Weise wie die Nutrosen&hrbOden hergestellt, eine Koagulation
wfihrend des Sterilisierens trat nie ein. Zu den Versuchen benutzte ich
dieselben Bakterien wie bei NutrosenShrbOden. Tabelle C gibt die ge-
machten Beobachtungen wieder.
Ein Vergleich des Ser u m milchzuckernfihrbodens mit dem Nutrose-
milchzuckernahrboden zeigt bei den meisten Bakterien ahnliches Ver-
halten. Die Sfturebildung des Serumnahrbodens fQhrt jedoch dfters znr
vollstandigen Koagnlation wie diejenige des Nutrosen&hrbodens (Tetrag.
Ldde, B. syncyan., Staphyl. pyog. alb.). In noch hSherem Mafie
ist dies in den entsprechenden Traubenzuckern&hrboden der Fall; so
findet sich im N u t r o s e traubenzuckernShrboden eine Reihe von Bak¬
terien (Vibr. choler., Tetrag. L5de, Sarcina lutea, B. vulg.
mirab., B. syncyan., Staphyl. pyog. citr. und alb., Vibr. prot.
Finkler-Prior, Hefe Hofbrauhaus), die nur Sfiurebildung bewirken,
wahrend sie im Serum traubenzuckernahrboden vollstandige Koagulation
verursachen. Da die verschiedenen Nahrbbden mit denselben Rein-
kulturen geimpft waren, und stets unter den gleichen Bedingungen kon-
trolliert wurden, so bleibt fflr die Tatsache, dafi in den SerumnahrbOden
die Koagulation haufiger war als in den korrespondierenden Nutrose-
nahrboden, nur die Annahme iibrig, dafi die im Rinderblutserum ent-
haltenen EiweifikOrper durch Saure weit leichter ausfallbar sind als das
Kasein der Nutrose.
Nachdruck verbolen*
Ueber saurefeste Bacillen bei Python veticularis.
Von Prof. v. Hansemann.
Das gesteigerte Interesse, das man neuerdings saurefesten Bakterien
entgegenbringt und besonders eine Untersuchung von Lydia Rabino-
witsch in diesem Centralbl. (Bd. XXXIII. 1903. No. 8) veranlassen
mich zu folgender, leider nicht erschOpfender Mitteilung. Es handelt
sich um den Befund solcher Bacillen bei einer Python veticularis, die im
hiesigen Aquarium gestorben und die mir von Herrn Direktor Hermes
freundlichst flberlassen wurde zu vergleichend anatomischen Unter-
suchungen.
Bei der Sektion fand sich in der BauchhOhle, mit dem Netz zu-
sammenhfingend in der Nahe des Pankreas ein traubenfdrmiger Korper,
der aus einer grofien Zahl bis erbsengrofier Knoten bestand. Die Aehn-
lichkeit, die makroskopisch mit Perlsucht bestand, veranlafite mich zu
1) Journal PathoL Bacteriol. 5.
2) Hygien. Rundschau. 1902.
3) The Medical News, 1903. febr.
Digitized by
Google
Zupnjik, Bacterium muris.
213
'weiterer mikroskopischer Untersuchnng. Dabei stellte sich zuerst her-
aus, dafi mikroskopisch diese Aehnlichkeit mit Perlsucht keineswegs
bestand, vielmehr erwies sich das Gewebe als ein von Rundzellen reich-
lich durchsetztes Granulationsgewebe, in dem sich keine Verkasung,
keine Riesenzellen nnd auch keine Verkalkung erkennen liefi. Wohl
fanden sich einige nekrotische Herde, die durch eiterigen Zerfall hervor-
gebracht waren, aber nicht durch Verkasung. Schon bei schwacher Ver*
grdfierung konnte man in der Umgebung der eiterig zerfallenen Partie
grfifiere Zellen erkennen mit eigentfimlich kSrnigem Protoplasma. Mit
den gewbhnlichen Ffirbungsmethoden liefien sich Bakterien nicht darin
nachweisen, dagegen zeigten sich nun bei Anwendung Ziehlscher
LOsung und Nachbehandlung mit Gabbetscher Losung eine grofie
Menge rot geffirbter Stabchen, die in Form und Grfifie durchaus den
Tuberkelbacillen glichen. Dieselben sind einzeln oder in Gruppen zu-
sammengelagert, zum Teil auch mit ihrem Ende sich berflhrend. Die
meisten Stabchen sind in ganzer Ausdehnung rot gefarbt, einige aber
zeigen punktfdrmige Unterbrechungen, wie solche bei Tuberkelbacillen
so hfiufig sind. Durch diese Farbung liefi sich nun feststellen, dafi die
eigentfimlichen Granulationen, die man bei gewdhnlicher Zellffirbung in
den grofien Zellen sah, auf die Anhaufung saurefester Bacillen in diesen
Zellen zurflckzufiihren ist.
Diese grofien Zellen mit ihrem Bakteriengehalt erwiesen sich als
morphologisch fibereinstimmend mit den Leprazellen. Leider war dieser
Bacillenfund erst erhoben, als das gesamte Material schon gehartet war,
so dafi Impfversuche nicht mehr angestellt werden konnten. Es bleibt
daher unaufgeklart, ob diese Bacillen mit Tuberkelbacillen identisch
sind oder ob es sich hier urn einen von dem Tuberkelbacillus differenten
saurefesten Bacillus handelt. Das erstere ist besonders deswegen
zweifelhaft, weil ein von der Tuberkulose gfinzlich differentes Krankheits-
bild entstanden war. In beiden Fallen aber ist dieser Befund be*
merkenswert, da auch Tuberkulose bei den Kaltblfltern nicht zu den
haufigen Erscheinungen gehOrt. Vielleicht gelingt es bei weiteren Unter-
suchungen, die gleiche Affektion wieder aufzufinden und dann die hier
bestehenden Lflcken auszufQUen.
Nachdruck verboten.
Bacterium muris.
[Aus der I. deutschen medizinischen Klinik in Prag.
(Vorstand: Hofrat Prof. Pribram.)]
Von Dr. L. Zupnlk, klin. Assistenten.
In Bezug auf die in No. 7 dies. Centralbl. (Bd. XXXIII) erschienene
Publikation von E. Klein: „Ein neuer pathogener Mikrobe zur Gruppe
der Diphtheriebacillen gehSrig = Bacterium muris" erlaube ich mir
darauf hinzuweisen, dafi wir im Jahre 1897 im hiesigen hygienischen
Institute (Prof. Hueppe) eine Epidemic unter weifien Ratten zu ver-
zeichnen batten, als deren Erreger sich ein plasmolysiertes Stabchen
herausgestellt hat Es bildete das letztere den Ausgangspunkt einer
Reihe von experimentellen Untersuchungen fiber Diphtheriebacillen, deren
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Endergebnis im vorigen Jahre in der Prager med. Wochenschrift unter
dem Titel: „Die Aetiologie der Diphtherie" niedergelegt wurde.
Die plasmolysierten Bakterien wurden daselbst in zwei natflrliche
Grnppen oder, wie icb es heute rich tiger zu nennen glaube 1 ), in zwei
Gattungen eingeteilt, und zwar die Loefflersche undHoffmann-
Wellenhoffsche. Jede derselben enthSlt eine grdBere Anzahl von
natflrlich verwandten Arten. Die Erreger unserer Rattenseuche gehdrten
der Loefflerschen Gattung an.
Nachdruek verboten.
Massenerkrankung bei Enten mit eigenartigem Diphtherie-
bacillenbefund der Conjunctiva.
[Aus dem Kdnigl. bygienischen Institute in Posen.
Direktor: Medizinalrat Prof. Dr. Wernicke.]
Von Dr. Kampmann, Dr. Hlrschbruch nnd Dr. Lange,
Kgl. Kreistierarzt, Posen. Assistenten des Institutes.
Anfangs August 1902 trat unter den Enten des Rittergutes Poklatki,
Kr. Schroda, eine eigenartige Krankheit auf, indem zu Anfang einige
Tiere trfibe Augen zeigten, eine gewissermaBen nervose Unruhe bekun-
deten, fortwahrend mit dem Kopf unter das Geiieder fuhren und den-
selben best&ndig zu reinigen sich bemiihten.
ZunSchst wurde dem Auftreten der krankhaften Erscheinungen wenig
Bedeutung zugemessen, da bei einem groBeren Geflflgelbestande sich
immer Storungen der Gesundheit in dieser oder jener Form sowohl im
Friihjahr wahrend der Brutzeit als- auch im Sommer und bis in den
Herbst hinein bei dem jungen Nachwuchs einzustellen pflegen, welche,
wenn sie nicht in seuchenartiger Weise und unter grOBerer Sterblichkeit
auftreten, als ein notwendiges Uebel bei jeder Gefltigelzucht angesehen
werden.
Der krankbafte Zustand nahm indessen mit jedem Tage an Verbrei-
tung zu, und zwar befiel derselbe merkwflrdigerweise ausschlieBlich die
Enten, obschon dieselben mit anderem Geflflgel, mit Hflhnern, Perl-
bflhnern und Puten zusammenlebten, denselben Futterplatz und zum
Teil dieselben Futtertroge benutzten, und sogar mit dem genannten Ge¬
flflgel denselben Stall bewohnten. Zun&chst wurden die jflngeren Tiere
im Alter von 3—4 Wochen befallen; allmflhlich erkrankten auch die 2
—3 Monate alten Tiere, ja selbst auf flltere Zuchtenten erstreckte sich
das Leiden, so daB von dem ca. 240 Stflck starken Bestande mehr als
40 Proz., also etwa 100 Tiere erkrankten und von diesen etwa 25 Proz.
der Krankheit erlagen.
Bezflglich der Entstehung der Krankheit muBte es zweifelhaft er-
scheinen, ob dieselbe als eine seuchenhafte resp. speziflsch ansteckende
Geflflgelkrankheit zu betrachten sei, weil die Tatsache vorlag, daB nur
die Enten erkrankten, wahrend das andere Geflflgel von der Krankheit
verschont blieb; es wurde dem klinischen Krankheitsbilde entsprechend
die Diagnose: „eitrige nekrotische Conjunctivitis" gestellt.
1) cf. Ueber die Tuberkulinreaktion. (Dtsch. Archiv f. klin. Med. Bd. LXXVI.
1903. Heft 1—*3.)
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Kampmann, Hirschbruch u. Lange, Massenerkrankung bei Enten etc. 215
Das Kr&nkheitsbild ist folgendes:
Nach den oben beschriebenen Anfangsstadien, der Trflbang der
Aagen, der Unruhe, dem ewigen Putzen des Kopfes, zeigt sich nach
wenigen Tagen schon sine entzfindliche Affektion des Lidsackes der
Angen und des Augapfels; es beginnt sich im Lidsack zun&chst flttssiges,
weifigelbes, getrflbtes Sekret anzusammeln, welches aus den Augen ab-
flieBt, und am Schnabel entlang bis zum Schnabelrande herabrinnt, oft-
mals in die Nasendffnung gelangt, auch wohl in die Mundhohle.
Mit der zunehmenden Sekretabsonderung tritt bald eine Aenderung
in der Beschaffenheit des Sekrets ein; dasselbe wird an der Luft dicker
und nimmt eine erst mehr gelbe, dann mehr schmutzigbraune Farbe an,
es wird trockener, und die kranken Tiere bemflhen sich in einemfort,
diese Absonderungsmassen aus den Augen zu entfernen, sie schlagen
mit dem Kopfe seitw&rts und schleudern so die Augensekrete fort,
schieben den Kopf unter die Fidget und zeigen eine dauernde Unruhe;
merkwdrdigerweise sieht man die Tiere fast nie sich mit den FuBzehen
die Augen putzen.
Mit der zunehmenden Sekretabsonderung stellen sich dann Begleit-
erkrankungen am Augapfel ein, es entstehen entzdndliche Reizungen
der Cornea, des Blinzknorpels, die Augenlider verkleben und das Sekret
wirkt zerstdrend auf die durchsichtige Hornhaut; es kommt zur Ge-
schwdrsbildung, die Cornea wird oftmals perforiert, die vordere Augen-
kammer entleert ihren Inhalt, es tritt Kollaps der Cornea ein und da-
mit ist ein Grad der Krankheit erreicht, der fur das Tier verhangnisvoll
wird, weil es zur Verodung des Augapfels, zur Blindheit fiihrt.
Mit den ersten Erkrankungen der Conjunctiva stellen sich dann
noch weitere Begleiterscheinungen ein; das Sekret der Augen wird
durch das Schleudern mit dem Kopfe aus den Lidspalten wohl mdglichst
entfernt, es bleibt aber meistens am Kbrper des Tieres haften und zwar
zum grfiBten Teile an den Flfigeln, so wohl an deren oberen als auch an
den unteren Fl&chen; es klebt im Gefieder fest, trocknet ein, reizt die
SuBere Haut, bringt eine Entzfindung der Oberhaut zu stande, diese
pflanzt sich fort auf die Unterhaut und die Wurzeln der Federn, es ent-
steht ein Ekzem, welches groCe Ausdehnung gewinnt. Es fallen zu¬
n&chst die Flaumfedern, sp&ter auch die Flugfedern aus, die Fliigel
werden schlieBlieh kahl und sind mit harten borkigen Krusten bedeckt
Je intensiver die Conjunctivitis sieh zeigt, je mehr Sekret abgeson-
dert wird, je grbBer der Reizzustand ist, der sich am erkrankten Auge
und um dasselbe herum abspielt, um so umfangreicher ist auch die se-
kund&re ekzematOse Erkrankung der Fliigel bezw. der BuBeren Haut,
die sich nicht selten fiber den ganzen Rficken hin ausdehnt und sich an
der oberen Halsseite bis zum Kopfe fortsetzt
Mit der heftigen Erkrankung der Augen tritt nun ein natfirlicher
Vorgang in die Erscheinung; die kranken Tiere beginnen sehr schnell
abzumagern; zun&chst, wenn erst die katarrhalische Form der Conjunc¬
tivitis eingetreten ist, gehen die Patienten noch ins Wasser. F&ngt aber
der Zustand der Verklebung der Lidspalten an sich einzufinden, dann
linden sieh die Tiere nicht mehr zurecht, sie kdnnen nicht sehen, stol-
pern fiber den Weg, stoBen an Str&uchern etc. an und vermeiden das
Wasser, sie sitzen dann vorzugsweise auf trockenem Boden, wenns geht
im Sonnenschein und sind ununterbrochen besch&ftigt, sich des Augen-
sekrets resp. der eingetrockneten Massen zu entledigen.
Damit ist dann das Stadium erreicht, welches ffir die Tiere das
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216 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 3.
kritische wird, da die selbstredend eintretende mangelnde Ernfihrung
schliefilich zum Tode fuhren mud.
Der Verlauf der Krankheit ist demnach kein rascher, im Gegenteil,
es gehen Tage und Wochen hin, bis die Krankheit sich entwickelt, ihre
H5he erreicht, sich zum Bessern wendet und in Heilung ausgeht Oder
einen tddiichen Ausgang nimmt
Bei einer Anzahl kranker Tiere beschr&nkten sich die Sekund&r-
erscheinungen aber nicht allein auf die oben beschriebenen Hautaffek-
tionen, sondern es treten noch schwere Stdrungen in den Werkzeugen
der Futteraufnahme ein, insbesondere zeigt sich der Schnabel der Enten
fflr die Einwirkungen des Augensekrets sehr empfindlich. Besonders
der Oberschnabel zeigt h&ufig Erkrankung in seiner Substanz.
Es treten Deformationen auf, der Rand des Schnabels zerf&llt gan-
gr&nartig, der Schnabel nimmt eine andere Form an, biegt sich oben
oder seitwSrts urn, die R&nder schlieCen nicht mehr mit dem Unter-
schnabel, und so wird das kranke Tier auch an der normalen Futterauf¬
nahme gehindert
Erkrankungen an den Schleimh&uten der Schnabelhdhle, des Rachens
oder des Schlundes sieht man nicht auftreten, auch Stdrungen in den
Absonderungen, wie man solche bei krupds-diphtheritischen Darmaffek-
tionen, als Durchfall und dergl. auftreten sehen kann, sind nicht be-
obachtet worden
Es kann der Verlauf der Krankheit etwa in drei Stadien eingeteilt
werden:
1) das ansteigende Stadium, welches einen Zeitraum von 4—10 Tagen
umfafit;
2) das Hdhenstadium von der zweiten Woche bis zum hdchsten und
oftmals tddiichen Grad der Krankheit;
3) das Rekonvaleszentenstadium; dies umfafit eine verschieden grofie
Zeitspanne und richtet sich je nach dem Grade, wie das befallene Indi-
viduum durch die Krankheit in seinem Ern&hrungszustande zurflck-
gekommen ist.
Hat ein krankes Tier im Verlaufe der Krankheit wenigstens eine
unversehrte durchsichtige Hornhaut behalten, oder ist wenigstens eine
nicht perforiert oder total getrubt worden, dann tritt mit Aufhdren
der Sekretbildung auch in verh<nism&fiig kurzer Zeit das Stadium
quod antea ein.
Die Tiere, welche sterben, sind natdrlich ausnahmslos sehr abge-
raagert und blutarm.
Die inneren Organe sind ziemlich unver&ndert, haben ein normales
Aussehen und sind hdchstens mehr oder weniger atrophiert, leichte
parenchymatdse Trflbungen der Leber sind das einzige Augenffillige.
Die Krankheit hat im Verlaufe des Sommers bis in den Herbst
hinein unter den Enten des genannten Dominiums bestanden. Von den
ca. 240 vorhandenen Enten waren bis zum Herbst, wie oben schon er-
wtlhnt, ca. 100 Tiere erkrankt und von diesen 25 Proz. gestorben,
15 Proz. der erkrankten Tiere wurden im Initialstadium geschlachtet
und ca. 60 Proz. sind wieder gesund geworden. Im Herbst ist dann
die Krankheit erloschen bezw. es sind keine neuen Erkrankungsf&lle
vorgekommen.
Von gleichen Erkrankungen unter den Enten anderer Besitzer in
der Gegend ist nichts bekannt geworden. Auch die angestellten Nach-
forschungen haben ein negatives Resultat gehabt
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Kampmann, Hirschbruch u. Lange, Massenerkrankung bei Enten etc. 217
Die kranken Enten haben, wie gesagt, trotz innigster Berfihrung mit
dem sonstigen Geflflgel des Gehdfts, dieses uicht infiziert, eine Erschei-
nnng, die mit groBer Wahrscheinlichkeit zu dem Schlnsse berechtigt, dafi
die Ursache der Krankheit an einem Ort zu snchen ist, welcher von
dem sonstigen Geflflgel nicht besucht wird, nnd die kann nnr in Frage
kommen, ob von den Teichen des Gutes, in welchen die Enten sich auf-
gehalten haben, die Erankheitsnrsache abznleiten ist.
Diese Vermutnng hatte urn so mehr ihre Berechtigung, als die ge-
samten Stallungen, in denen das Geflflgel untergebracht war, nnd welche
frfiher als Schweinest&lle benutzt worden waren, bald nach den ersten
schweren Krankheitsf&llen grflndlich desinfiziert wurden und wochenlang
nicht zur Aufnahme des Geflflgels dienten.
Das ganze Krankheitsbild, der Verlauf und das Wesen der Krank¬
heit liefien darauf schlieBen, daB eine Erkrankung vorliege, welche bak-
teriellen Ursprungs ist.
Entsprechend der Vermutung, dafi die Grundlage fflr das ganze
Krankheitsbild in der Erkrankung der Augen liege, haben wir uns auch
zun&chst der Untersuchung des Augensekrets zugewandt. In Ausstrich-
pr¶ten der dflnnflflssigen, ein wenig fadenziehenden, kleine gelbweise
Brflckel enthaltenden Flflssigkeit fiel vor allem der v&llige Mangel von
Eiterkflrperchen auf. Urn so reichlicher war der Gehalt an Bakterien.
Eine einzige das Bild beherrschende Bakterienart war nicht zu linden.
Der Hauptsache nach handelte es sich urn Kurzstflbchen, hie und da
mit Andeutung von Keilform, und urn Diplokokken. Die Fflrbung nach
Gram ergab ebenfalls vorlSufig noch kein irgendwie verwertbares
Resultat.
Mit dem Material wurden Glycerinagarplatten gegossen und einige
Serumplatten bestrichen. Aufierdem wurde eine weifie Maus mit einer
Oese Sekret subkutan geimpft Da sich auf den Serumplatten am n&ch-
sten Morgen gutes Wachstum verschiedener Bakterienarten zeigte, nnd
da sich auf den Glycerinagarplatten keine Art vorfand, die nicht auf dem
LSffler-Serum besser gewachsen ist, haben wir fflr die Weiter-
bearbeitung unserer Aufgabe die Serumplatten benutzt.
Die Maus blieb gesund.
Unter im ganzen fflnf verschiedenen Arten, die nach der Hflufigkeit
der von ihnen gebildeten Kolonieen flberhaupt als mutmafiliche Erreger
in Betracht kommen konnten, erregte ein Stamm nnser besonderes In-
teresse. Es waren kurze, keilfflrmige Stflbchen mit diphtheriebacillen-
fihnlicher Anordnnng im Prfiparate, die auf gewohnlichem Bouillonagar
gut wachsen und einen matten, graugelblichen Belag bilden. Sie fiber-
ziehen das Kondenswasser des Rdhrchens mit einem leicht gekrfiuselten,
sich an der Glaswand emporschiebenden H&utchen.
Diese Aehnlichkeit des Agarstriches mit der bekannten Wachstums-
form vieler sSurefester Bacillen liefi uns zunflchst vermuten, dafi es sich
urn derartige Mikroorganismen handle. Die weitere Untersuchung ergab
nach dieser Richtung ein negatives Resultat Die schon in der Lagerung
ausgesprochene Aehnlichkeit mit den Diphtheriebacillen veranlafite uns,
in zweiter Linie die eventuelle Zugehorigkeit unseres Stammes znr Diph-
theriegruppe genauer zu studieren.
Dabei fanden wir, dafi sich besonders auf LOffler-Serum sehr viel
grflfiere St&bchen als auf Agar bilden, welche sehr sch&ne Keulenform
und Bfinderung (wflsseriges Methylenblau) bei typischer Lagernng auf-
weisen. Auch die Babes-Ernstschen Kdrperchen sind durch die
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 3.
Neissersche Ffirbung prompt nachweisbar, and zwar schon zu einer
Zeit, in der ibr Auftreten als fiQr echte Diphtheriebacillen charakteristisch
bezeichnet wird. Wir glanbten anf unserer Serumplatte, da wir stets
nur diphtherolde Stabchen im mikroskopischen Prfiparate sahen, mit
einer Reinkultnr zn arbeiten. Als wir dann zum Zwecke der Beobachtung
des Kolonieenwachstums Glycerinagarplatten gossen, traten zu unserem
Erstaunen dreierlei wohldifferenzierte Arten von Kolonieen zn Tage.
ZunSchst f&nden wir nach 24 Stunden bis linsengrofie, flache, grau-
weifie, matte Kolonieen mit unregelm&Big gekrfiuseltem Rand, die nur
durch ihren matten Glanz entfernt an Kolonieen echter Diphtheriebacillen
erinnerten. Ein Nabel war meist deutlich ausgebildet Bei schwacher
VergrOfierung sahen wir grobgranuliertes Gefflge, scharfzackigen Rand.
Die Kolonieen waren mfiBig lichtdurchlassig bei grauweiBer Ffirbung.
Die Untersuchung der einzelnen Bakterien im hangenden Tropfen und
im geffirbten Praparate ergab, daB es sich um Mitglieder der Diphtherie-
gruppe handelte.
Von diesem Typus A war leicht eine zweite Art von Kolonieen zu
trennen. Es handelte sich um knopffdrmig fiber die Oberflfiche des
Agars emporragende, sehr kleine, glfinzende, glattrandige Kolonieen, die
schwache, graugelbe Ffirbung besitzen (Typus B).
Bei genauer Durchforschung der Platten lieB sich noch ein dritter
Typus (G) auffinden, der sich in seinen Agarkolonieen von B nur durch
seine etwas groBeren Ansiedelungen von deutlich gelber Farbe unterschied,
die bei schwacher VergroBerung (ebenso wie B) wenig Licht durchliefien
und dunkelgrau-braunlich waren.
Typus B und C bestanden im Gegensatz zu A aus verhfiltnismfifiig
kleinen Formen, die aber nach Form und Lagerung ebenfalls deutlich
diphthero'ides Geprfige besaBen. Die Unterscheidung von B und G auf
der Agarplatte erforderte aber doch recht genaue Beobachtung und war
nicht immer mit absoluter Genauigkeit moglich trotz der oben ange-
gebenen Merkmale.
Ganz anders und sehr leicht war im Gegensatz hierzu die Unter-
scheidungsmoglichkeit auf der L6ffl erschen Blutserumplatte. A wfichst
hier viel fippiger als echte Diphtherie und hat gegeuflber dem leicht
gelblichen Ton dieser Bakterien eine ausgesprochen weiBgraue Ffirbung.
Auch der Glanz ist bei unserem Stamm A um ein geringes weniger
matt, als bei den L6ff 1 erschen Bacillen.
B und C sind auf der Serumplatte ohne weiteres vom Typus A zu
unterscheiden, da sie hier in ganz besonders intensiver Weise Farbstoff
bilden. Die Kolonieen vom Stamm B sind deutlich strohgelb bis wachs-
farben, wfihrend die Ansiedelungen von G schon von den kleinsten an
eine erheblich sattere Ffirbung als die ersteren besitzen. Bei grdBeren
Kolonieen ist der Unterschied der Farbe besonders schOn. Die Bakterien-
rasen vom Diphtheroid G sind dann durch ein schfines leuchtendes Gold-
orange ausgezeichnet. B kommt auch an ganz alten Kolonieen nie fiber
eine — wenn auch etwas krfiftigere — wachsgelbe Ffirbung hinaus.
Eine Serumplatte, die mit Bouillonaufschwemmung eines Gemisches
von alien 3 Stfimmen beschickt ist, gewfihrt aber nicht bloB durch die
verschiedenartige Ffirbung der einzelnen Kolonieen, sondern noch mehr
fast bei dichter Besfiung durch das von Tag zu Tag wechselnde Kolorit
ein ganz eigenartiges und hfichst interessantes Bild. Die Schnelligkeit
des Wachstums der drei Stfimme erfolgt in derselben Reihenfolge, wie
wir sie aufgezfihlt haben. Der Abstand zwischen A und den farbstoff-
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Kampmann, Hirschbrucb n. Lange, Massenerkranknng bei Enten etc. 219
bildenden Pseudodiphtheriebacillen ist hierbei ein besonders groCer;
weniger deutlich ist der Unterschied zwischen B und C. Eine Platte
mit Mischkultur durchlfiuft allmfihlich alle Schattierungen vom leichtestea
hellgrau fiber gelbgran, strohgelb und orange bis zum krfiftigen gold-
orange.
Beim genanen morphologischen Studium der auf Serum gewachsenen
Arten wurden folgende Unterscbiede festgestellt;
Die Bacillen des Typus A zeichnen sich dadurch aus, dafi sie be¬
sonders groBe Formen mit ausgeprfigter Keulenbildung zeigen. Das
Einzelbakterium ist etwa lV t mal bis doppelt so lang wie das echte
Corynebacterium diphtherias und zeigt sich ihm bei Klatsch-
prfiparaten in der Lagerung ganz analog. Hierher rechnen wir in erster
Linie die bekannte staketenartige Anordnung in Reihen; aber auch die
Aneinanderffigung zweier oder dreier Keulen, die sich mit ihren schmalen
Enden zu berflhren scheinen, ist oft und schon zu finden. Dabei zeigt
das Bakterium vom Stamme A schon bei einfacher Methylenblauffirbung
eine schfine Bfinderung. Die einzelnen Binder sind verhfiltnismaBig
breit und scharf abgegrenzt. Wir haben — wie das ja fttr viele Ver-
treter der Diphtheriegruppe schon bekannt ist — die grofien und eigen-
artigsten Formen in Prfiparaten von alten Kulturen gesehen. Die
Babes-Ernstschen Korperchen treten in erheblicher Zahl und als
grofie Gebilde schon auf 13-stfindigen Rinderblutserumplatten (37 °) auf,
leicht nachweisbar durch die bekannte Neissersche Ffirbung. Auf
23-stfindigen Kulturen ist es fast schwer, einen Bacillus ohne Polkdrper-
chen zu finden. Bei ganz alten Kulturen, die nach ein- bis mehrtfigigem
Stehen im Brfitschranke im Zimmer aufbewahrt worden sind, geht die
relative Zahl der Korperchen wieder zurfick bis zu fast volligem Ver-
schwinden.
Im Gegensatz zu diesem Typus A besitzt der 2. Stamm die kleinsten
Formen. Die auf Serum gewachsenen Bakterien sind nur x / 8 bis 1 / t
so groB wie echte Diphtheriebacillen gleichen Alters, die sich auf dem-
selben Nfihrboden entwickelt haben. Die Bakterien des Stammes C sind
wieder etwas grofier und plumper als B, so daB auch im geffirbten
Klatschprfiparate einer Mischkulturplatte ohne zu groBe Schwierigkeit
die Kolonieen der farbstoffbildenden Bakterien voneinander unterschieden
werden konnen. Keulenbildung und typische Lagerung sind bezeichnend
ffir die Zugehorigkeit zur Diphtheriegruppe. Auch die gelegentliche
Lagerung in zwei Gliedern, die mit den schmalen Enden sich berfihren
und die Schenkel eines stumpfen Winkels bilden, fehlt ebensowenig wie
die allerdings noch seltenere Bildung eines dreistrahligen Sterns. Die
Bfinderung und septierte Ffirbung bei Typus B und G ist nicht so deut¬
lich wie bei den echten Diphtheriebacillen und noch weniger wie bei
unserem Stamme A. Bei beiden farbstoffbildenden Arten konnen von
23 Stunden an sehr vereinzelte Polkorperchen durch Ffirbung nach
Neisser nachgewiesen werden. ,
Alle Merkmale, welche der Diphtheriegruppe eigentfimlich sind, ge-
horen auch unseren 3 Arten an, insbesondere die Ffirbbarkeit nach
Gram und die mangelnde Beweglichkeit; Milch wird nicht zur Gerinnung
gebracht, Gelatine nicht verflfissigt.
Die erste Form zeigt auf alien Nfihrbdden ein schwficheres Wachs-
tum, wenn das Impfmaterial aus einer alten Bouillonkultur stammt, als
wenn die Kultur noch jung ist. Ein Unterschied zwischen dem Wachs-
tum von altem und jungem Impfmaterial IfiBt sich beim Typus A in
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Bouillon feststellen. Wahrend nhmlich frische und lebenskraftige Bacillen
in der Bouillon ein schOnes Hautchen an der Oberflache bilden, das
bald in kleinere Schuppen zerfallt, die dann zum Teil zu Boden sinken,
wahrend die Flfissigkeit im groBen und ganzen klar bleibt und nur ver-
einzelte Br&ckel aufweist, ist die Hautbildung in Bouillon, die mit altem
Material beschickt ist, gegenflber der Ansammlung von Bacillen am
Boden sehr geringfflgig. Auf dem Glycerinagarstrich zeigt der Stamm
A einen grauweiB lichen, mattglfinzenden Belag; Stamm B und C konnen
in diesem Kulturverfahren nur schwer voneinander unterschieden
werden: beide wacbsen ziemlich flppig, der Rasen besitzt eine glanzende
Oberflache (B starker als C) und in den unteren Partieen gegen das
Kondenswasser hin, tritt bald gelblicbe Farbung auf, die bei beiden
Stammen mehr strohgelb ist Ein deutlicher begunstigender EinfluB
von Glycerinzusatz zum Agar auf das Wachstum konnte nicht beobachtet
werden.
In der Bouillonkultur unterscheiden sich die Starame 2 und 3 deut-
lich von dem oben beschriebenen Bilde des Stammes A dadurch, daB
die Hautchenbildung fehlt. Die Bouillon wird von diesen beiden im
Gegensatz zn der geringen Brdckelbildung (A) sehr bald — wenn auch
in geringem Mafie, aber doch gleichmfiBig — getrQbt Diese TrObung
verschwindet dann nach einigen Tagen unter Ansammlung eines sandigen,
mehr oder weniger gelb gefarbten Bodensatzes.
Die Reaktion der Bouillonkultur ist beim Stamm A anfangs sauer,
wird aber spater wieder alkalisch, wahrend sie bei den Stammen B und
G ganz schwach alkalisch ist.
In der Milch wachsen alle 3 Stamme bei 37° gut, bringen die Milch
nicht zur Gerinnung bei neutraler Reaktion. Die gewachsene Bakterien-
menge sammelt sich bei alien drei am Boden des Rdhrchens und bildet
bei B und C schon sehr bald die charakteristischen Farben, d. li. mehr
wachsgelb bei B, mehr goldorange bei C, wahrend bei A die anfangs
graue Masse erst nach einigen Wochen einen leicht gelben Farben-
schimmer annimmt. In Traubenzuckerbouillon tritt bei alien Stammen
keine Gasbildung auf; wahrend auf Kartoffeln auch bei Bruttemperatur
Stamm A und B tiberhaupt nicht, Stamm C nur auBerst schwach an-
gehen, ist auf Gelatine bei samtlichen Stammen (22°) ein wenn auch
sehr schwaches, so doch deutliches Wachstum erkennbar. Die FarbstofF-
bildung tritt nur bei Stamm 3 in geringem Grade auf. Ein proteoly-
tisches . Ferment wird nicht gebildet. Im Gelatinestich fanden wir bei
A, B und C auf der Oberflache ein kleines KnOpfchen, wahrend im
Stichkanal nur in den obersten Abschnitten Wachstum stattfindet.
Auch nach ihrem Verhalten im tiefen Traubenzuckeragarstich halten
wir alle drei Diphtherolde far obligate Aerobier; sicher aber sind sie
Philaerobier.
Der Gedanke, daB bei unseren 3 Stammen ein ahnliches Verhalten
vorliege, wie es bei dem .Staphylococcus aureus von Neumann
u. a. konstatiert wurde, daB namlich bei Verarbeitung einer gelben Ko-
lonie zu Platten nicht nur wieder gelbe Kolonieen, sondern auch
weiBe auftreten, daB es sich also urn Transformationsvorgange handle,
lag nahe.
Wir haben uns aber durch wiederholtes Plattengiefien davon flber-
zeugt, daB stets nur Kolonieen des gleichen Typus erschienen. Auch
war auf Serumplattenausstrichen die Erkennung des jeweilig vorliegen-
den Typus mOglich.
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Kampmann, Hirschbruch u. Lange, Massenerkrankung bei EDten etc. 221
Unseres Wissens ist in der Literatur fiber das Vorkommen von
Corynebakterien im Entenauge nichts verfiffentlicht. Die Saurebildung,
welche eine Zeitlang als spezielle Eigentfimlichkeit ffir die echten Diph-
theriebacillen in Anspruch genommen worden war, muBte als diagno-
stisches Merkmal wieder fallen gelassen werden, nachdem die Beobach-
tungen, wie die Kurthschen gezeigt hatten, daB es auch s&urebildende
PseudodiphtheriestMmme gibt. K. fand 3 Arten, die er mit dem Namen
B. pseudodiphtheriticns acidnmfaciens zu einer Gruppe zu-
sammenfaBte. In diese Gruppe wfirde auch unser Typus A hinein-
gehfiren.
Ueber farbstoffbildende Mitglieder der Diphtheriegruppe ist in der
Literatur nur wenig bekannt. So machen Lehmann-Neumann die
Angabe, daB sie oft in alten Agarkulturen von Pseudodiphtheriebacillen
braunrote bis braunschwarze Verf&rbung beobachtet haben. DaB es sich
hierbei kaum um echte Farbstoffbildung gehandelt haben kann, geht
aus der Bemerkung der genannten Autoren hervor, daB dieser Ffirbung
auf Glycerinascitesagar bei einer Kultur nach 10—14 Tagen, bei drei
anderen Stfimmen noch sp&ter auftrat. Es liegt hier also eine mit
Alterserscheinungen zusammenhfingende Umfarbung nach der dunkleren
Nuance hin vor.
Das ist ja eine Eigenschaft sehr vieler Bakterien; die wir auch bei
unseren farbigen Pseudodiphtheriest&mmen beobachtet haben. Was
unsere Typen B und C von den Stfimmen unterscheidet, welche L. und
N. beschreiben, ist die Eigenschaft, von Anfang an echte Farbstoffbildung
zu zeigen. In fihnlicher Weise, wie unsere Stamme, verh< sich nur eine
Pseudodiphtheriekultur, welche von Honl in Prag stainmt und die eben-
falls von L. und N. beschrieben wurde; diese zeigte auf alien N&hrboden
einen rfitlichen Ton, der besonders intensiv (rosa) in der obersten Schicht
einer Milchkultur zu linden war. Der Vollst&ndigkeit halber sei hier
das B. diphth. avium (Loir und Duclaux) erw&bnt, der auf Kar-
toffeln fippig gelbweiB wSchst. Dieses Bakterium hat seinen Namen aber
nur von seiner Eigenschaft, pathologisch-anatomisch und klinisch diph-
therieartige Krankheitserscheinungen bei den verschiedensten Vfigeln
hervorzurufen. Nach der Beschreibung, die wir bei Flfigge und nach
dessen Angaben im Matzuschita fanden, ist dieser Bacillus eigenbe-
weglich, nach Gram nicht f&rbbar und koagulierte die Milch. Es handelt
sich selbstverstfindlich hierbei auch gar nicht um einen Diphtherie-
(Coryne)bacillus.
Flfigge ffihrt ihn unter der Gruppe der h&morrhagischen Septi-
kfimie auf, fibrigens, wie wir glauben, mit Unrecht. Die Richtigkeit der
Zupnikschen Beobachtung einer langsam eigenbeweglichen Gram-
negativen, farbstoffbildenden angeblichen Varietfit des L 5 f f 1 e r schen
Bacillus 1 ) ist von Sobernheim bestritten worden.
Auch wir zweifeln an der Richtigkeit der Klassifizierung.
Bei der auBerordentlichen Seltenheit von stark sfiurebildenden un-
echten Diphtheriebacillen und der noch grdfieren Seltenheit von Pseudo-
diphtheriestfimmen mit echter Farbstoffbildung glauben wir die Beschrei¬
bung unserer Stfimme schon jetzt verdffentlichen zu sollen, obwohl
unsere Untersuchungen fiber den Zusammenhang des bakteriologischen
Befundes mit dem klinisch-anatomischen Bilde noch nicht abge-
schlossen sind.
1) Zupnik, L., Ueber Variabilitat der Diphtheriebacillen. (Berl. klin. Wchschr.
1897. No. 50. p. 1085.)
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222 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Da wir die drei verschiedenen Diphthero'idarten von Bacillen 1 2 zu-
n&chst aus den Augen einer nns vom Gute Poklatki Qbersandten kranken
Ente gezuchtet hatten, nnd alle drei Arten auch sp&ter noch bei einer
zweiten kranken Ente wiederfanden, glanbten wir feststellen zu sollen,
ob der graue and die beiden farbigen Pseudodiphtheriest&mme auch bei
gesnnden Enten im Auge zu finden sind. Wir haben zu dem Zwecke
auf dem Wochenmarkte zu Pudewitz die Augen von 10 Enten unter-
sucht, die aus verschiedenen Bestfinden stammten.
Hierzu haben wir sterile DiphtherieabstrichrOhrchen benutzt, indem
wir den Tieren mit dem Watteb&uschchen die Tasche unter der Nickhaut
auswischten. In Posen haben wir, wie bei der Diphtherieuntersuchung,
Ausstriche auf L6ffler-Serumplatten angelegt und dort, wo gefarbte
Klatschpr¶te uns das Vorhandensein von Diphtheroiden anzeigten,
durch PlattengieBen die St&mme herausgezilchtet. Bei 2 Enten fanden
wir unseren grauen Pseudodiphtheriestamm wieder, bei einer Ente den
hellgelben und den orangefarbenen Stamm.
In den Augen von 7 Enten fanden wir keine keilfdrmigen Bacillen.
E3 m5ge hier noch gesagt sein, dafi die Augen der 3 Enten, welche
Tr&ger der beschriebenen Pseudodiphtherieformen waren, bei der Unter-
suchung v6llig gesund aussahen.
Pseudodiphtheriebacillen sind sicher in der Natur noch viel starker
verbreitet, als man in der Literatur bisher annahm; aber das Vorkommen
von gleich drei verschiedenen Formen, von denen zwei sich durch eine
schdne Farbstoffbildung auszeichnen, in den Augen verhaltnism&Big vieler
Enten, gesunder und kranker, hat auch uns flberrascht, trotzdem einer
von uns sich zur Zeit mit der Frage des Vorkommens von diphtheroiden
Bakterien besonders beschaftigt.
Eine besondere Frage ist es nun, inwieweit die geschilderten Bak¬
terien in einem ursachlichen Zusammenhang mit der massenhaften Er-
krankung der Enten steht, und ob sie iiberhaupt pathogene Eigenschaften
besitzen, mogen sie nun septisch Oder toxisch wirken.
Auch die Untersuchung der Fahigkeit, im Serum vorbehandelter
Tiere spezifische Agglutinine zu bilden, muB noch erortert werden.
Mit der experimentellen Feststellung dieser und noch einiger anderer
Fragen sind wir zur Zeit noch beschaftigt.
Nachdruck verboten.
A disease of the rat caused by an acid-fast bacillus.
By George Dean, A.M., C.M., M.B.,
Bacteriologist-in-Charge, Serum Department, Jenner Institute of Preventive Medicine,
London.
The disease affecting the skin, musculature, and glands of the rat
(Mus decumanus) caused by an acid-fast bacillus described by W. K. Ste¬
fan sky 1 ) at Odessa and Lydia Rabinowitsch*) at Berlin, is probably
of wide distribution.
1) Stefansky, Eine lepraahnliche Erkrankung bei Wanderratten. (CentralbL f.
Bakt etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. No. 7.)
2) Babinowitsch, Ueber eine Hauterkrankung der Batten. (Centralbl. t Bakt
etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. No. 8.)
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Dean, A disease of the rat caused bj an acid-fast bacillus.
223
It was observed here and its nature recognised by me quite in¬
dependently in February of this year. The Department here is situated
on a small farm about 11 miles from London. In connection with
certain work on plague the servants were instructed to destroy, or
capture alive, as many rats as possible. At the end of February a rat
was brought to me which had been found in a dying condition and
killed.
The animal was emaciated and was suffering from an extensive
affection of the skin. A great part of the skin of the thorax and abdomen
was denuded of hair, and projecting above the surface of this bare area
were several nodules the size of peas or beans. Near these nodules
there were several small ulcerated areas. The axillary glands were en¬
larged. There were no visceral lesions present.
On cutting through the abdominal wall it was found to be greatly
thickened; at one point reaching half an inch, and to have a cheese-like
consistence.
I do not propose to enter on a full description of the histological
appearances observed; they are almost identical with those described
by Stefan sky in his second form of the disease where the skin and
muscle are chiefly involved (hautmuskul&re Form). At the point where
the process had advanced furthest, near the ulcerated areas, there was
a proliferation of the connective tissue elements, as well as infiltration
of leucocytes, causing atrophy of the epithelial layer. The affeeted area
of the abdominal wall was beset with small nodules with necrotic centres
surrounded by leucocytes. There appeared rather more evidence of
necrosis in this case than in those described by Stefansky. There
was no evidence in the nodules of giant-cell formation but this was a
marked feature in the lymphatic glands. The cell proliferation had ex¬
tended between the muscular fibres, a great many of which had lost
their striation and become atrophied.
The bacillus.
Practically the whole area involved was packed with acid-fast ba¬
cilli. In sections which had been stained with Carbol-Fuchsin (Ziehl-
N eel sen) and treated several times with 25 % sulphuric acid, washed
with water, treated with methylated spirit, and counterstained with Me¬
thylene Blue or Haematoxylin, the great bulk of the section was found
stained with Fuchsin, and on minute examination this was seen to be
due to the enormous number of the “acid-fast” bacilli present. The
bacilli lay not only in the necrotic areas, but were present also in large
numbers in the cells. Many of the cells were so tightly packed with
the bacilli that only the nuclei were visible. The resemblance of some
of the larger cells to “lepra-cells” as described by Stefansky is
striking. This occupation of the granulation cells by the acid-fast ba¬
cilli is a very marked feature of the condition. It extends to those lying
between the atrophic muscular fibres, and many of the fibres themselves
are replaced by masses of bacilli
The bacilli are on an average about 5 (i in length; a few longer
forms were observed. They have frequently the granular appearance
found in the leprosy bacillus. No branching or clubshaped forms were
found. In addition to being acid- and alcohol-fast the bacillus retains
the colour when stained by Gram’s method.
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224
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Cultivation. Attempts to cultivate the bacillus on the ordinary
media failed.
Inoculation. Two white rats were inoculated on the 21st February.
A pocket was made in the skin of the abdomen, and a particle, the size
of a hemp seed, from the diseased area, was inserted into the pocket.
Two months later the rats showed no signs of infection.
The disease, first described by Stefansky presents very distinct
pathological characteristics. There can be little doubt that the acid-fast
bacillus present is the pathogenic agent. As has been remarked by
Rabinowitsch it is improbable that the bacillus is one of the “Mist-
bakteria” which has secondarily infected a previously existing lesion; if
that were the case one would not expect to find any difficulty in ob¬
taining pure cultures.
The condition is one of interest 1 ) as being one of the very few
diseases due to “acid-fast” bacilli which occur naturally in the animal
body, as the glandular form might on superficial naked-eye exami¬
nation be mistaken for plague, as the disease has a wide distribution
since it has been described as occurring in Odessa, in Berlin, and now in
England.
Elstree, Hertford,£ 18th! April 1903.
Nachdruck verboten.
Weitere Untersuchungen iiber die Kleinsche tierpathogene
Hefe.
Von E. Klein in London.
Betreffs des von Dr. E. Cohn in Bd. XXXIII. 1903. No. 9 dieses
Centralbl. unter obigem Titel erschienenen Aufsatzes erlaube ich mir,
zu den verschiedenen von Dr. Cohn zitierten Autoren auch meine
eigene ausfuhrliche Arbeit hinzuzuftlgen. Vor mehr als 2 Jahren habe
ich in dem Report of the medical officer of the Local Government Board
(fflr 1900—1901) das Vorkommen von Granulomata in den mit der
obigen Hefe infizierten Meerschweinchen (Hoden, Darm) so wie von mit
der Hefe intravenOs infizierten Kaninchen (Rfickenmark, Spinalganglien)
beschrieben und durch 12 Photogramme illustriert
1) Since the above was written three other examples of the disease have been met
with in the district. An interesting additional feature of resemblance to leprosy was
observed in the fact that in certain rats the nasal secretion contained the acid-fast
bacillus.
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Silberstein, Ueber die Entstehung yon jungen Malariaparasiten etc. 225
Nachdruck verboten.
Beobachtungen iiber die Entstehung von jungen Malaria-
parasiten aus alteren.
Von Moritz Silberstein, Schiffsarzt, Amsterdam.
(Forteetzang und SchluB.)
Bevor wir indes zu den grOberen Formen mit reichlichem Proto¬
plasms ubergehen, sei hier noch kurz auf Ver&nderungen hingewiesen,
welche feine Ringformen zeigen, sobald sie zu Grunde gehen. Die Be-
hauptung P1 ehn s, daB viele dieser Formen frtibzeitig zu Grunde gehen
und sich nicht weiter entwickeln, ist sicherlich wahr. Als allgemeines
Prinzip indessen entspricht es den Tatsachen, glaube ich, nicht. Dieser
Untergang nun ist hier ein scheinbar spontaner, vielleicht durch ein
MiBverh<nis zwischen der individuellen Lebensenergie vieler Parasiten
und den reaktiven Kr&ften des Organismus bedingt. In manchen (nicht
gerade zahlreichen) Fallen, findet man dieses Verhalten sehr ausge-
sprochen, in anderen wieder wird das kaum wahrgenommen. Stirbt ein
Parasit ab, so wird zunachst seine protoplasmatische Substanz betroffen.
Sie erscheint aufgelockert, die Ringform ist teilweise verschwunden, oft
bestehen nur noch einzelne, von ihrem Chromatinkorn getrennte Trlimmer.
Solche abgestorbene protoplasmatische Substanz ist, wie oben gezeigt,
mit der Romanowsky-Ziemannschen Methode deutlich zu erkennen.
Die achromatische Zone, wo sie noch vorhanden ist, ist blendend weiB.
Das Chromatinkorn widersteht am langsten und f&rbt sich noch schon
rot, wenn das Protoplasma schon desorganisiert erscheint. Endlich
stirbt es auch selhst ab, es f&rbt sich nunmehr dusterrot bis schwarz-
lich. Merkwfirdigerweise scheinen solche absterbenden Parasiten bei-
nahe stets mit dem Chromatinkorn voran nach der Peripherie des Blut-
korperchens verschoben zu sein. Vielfach findet man den Parasiten,
Oder was von ihm (ibrig geblieben ist, neben dem Blutkorperchen, mit
dem er allein noch durch sein Chromatinkorn verbunden ist. Es ist, als
ob der absterbende Parasit durch Verlust seines Haftungsvermogens
gleichsam von der Fl&che des BlutkSrperchens herabsinkt. Noch spater
trifft man nur noch schwarzliche, dem Rande des Blutkorperchens an-
klebende, runde Chromatinkorner. Das Chromatin zeigt bei diesen frflh
zu Grunde gehenden Formen keine Wucherungsvorgfinge. In einem
Falle von Tertiana maligna traten solche Formen erst nach Chiningaben
auf und waren in der fieberfreien Periode, welche ca. 5 Tage dauerte,
im Blute zu finden. Einen Tag vor dem Rezidiv sah man neben solchen
abgestorbenen Formen wieder auf einmal einzelne typische Ringformen
mit blaugefarbtem Protoplasma und rotem Korn. In einem anderen
fihnlichen Falle, bei- einem Javanen, traten viele absterbende und abge¬
storbene Formen schon vor der Chiningabe auf, so daB ein Abh&ngig-
keitsverhaltnis zwischen beiden Dingen nicht zu bestehen braucht. Aehn-
lich verhielt es sich bei einem Marinematrosen mit einem Rezidiv von
tropischer Malaria, bei welchem einige Stunden vor der Apyrexie, gleich-
falls vor irgend welcher Chiningabe, schon zahlreiche abgestorbene Formen
im Blute vorhanden waren. Es soil aber schon hier hervorgehoben
werden, daB man beim Absterben kleiner tropischer Ringformen in der
Regel keinerlei strukturelle Verftnderungen an ihren Blutkorperchen
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 15
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226
Centr&lbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate Bd. XXXIV. No. 3.
wahrnimmt. Eine Ausnahme scheinen unter Umst&nden kleine, sph&ren-
bildende Parasiten zu machen, die sich manchmal in dieser Beziebung
wie Golgische Parasiten verhalten kdnnen.
Nach den Mitteilungen PI eh ns nun ist das gleichzeitige Zugrunde-
gehen des Chromatins beim Zerfall des Parasiten keine Notwendigkeit,
sondern, wie oben schon hingewiesen, soli es unter Umst&nden erhalten
bleiben und selbst wieder der Ausgangspunkt eines neuen Parasiten
werden. Meine eigenen Erfahrungen in dieser Hinsicht sind nun, wie
weiter unten gezeigt werden soil, derartige, dad ich die Mdglichkeit eines
solchen Vorganges nicht einfach von der Hand weisen mdchte. Viel-
fach begegnet man bei kleinen wie Golgischen Parasiten Beziehungen
zwischen Korn und Parasitenkfirper, die eine Deutung im Plehnschen
Sinne nahelegen. Es bleibt aber immer der Zweifel, ob ein solches
Korn, das scheinbar durcb sein tinktorielles Verhalten sehr lebenskrfiftig
erscheint, nicbt noch nachtrfiglich doch bald abstirbt, ohne zur Ent-
wickelung eines jungen Parasiten die Elemente geliefert zu haben.
Die Erfirterungen fiber das Zngrundegehen protoplasmaarmer
tropischer Ringformen legen es nahe, die dabei vorhandenen Verhfiltnisse
mit denen bei grofien Parasiten zu vergleichen. Icb mud mich in dieser
Beziebung auf Golgische beschranken. Es zeigt sich nun, dad ein
Absterben von Parasiten, oft in groder Zahl, neben vielen intakt bleiben-
den gerade hier ein sehr hfiufiges Vorkommnis ist, und zwar betrifft es
nicht allein protoplasmaarme jfingere, sondern vielfach auch protoplasma-
reiche erwachsene Formen und Sphfiren. Hier nun kann man einen
Einblick gewinnen in die vermutliche Ursache, die unter Umst&nden,
wenigstens bei Golgischen und ihnen verwandten Parasiten, ein Ab¬
sterben derselben bedingen kdnnen. Diese besteht darin, dad der Parasit
sein Nahrungsterrain, das Hfimoglobin der Blutscheibe, aufgezehrt hat
und nun keine Existenzm figlichkeit mehr besitzt. Es ist bekannt, dad
Tertianparasiten eine sogenannte Tfipfelung der Blutscheibe bedingen.
Diese Tfipfelung tritt am schfinsten auf, wo das Hfimoglobin ganz auf¬
gezehrt ist Dann sieht man von der ehemaligen Blutscheibe nur die
den Zustand der Tfipfelung bedingenden Kfirner, die mit der Roma-
nowskyschen Methode rfitlich-violett erscheinen. Wahrscheinlich sind
diese Kfirner der Ausdruck von Knotenpunkten des Stromanetzes des
Blutkfirperchens, an denen sich der Farbstoff niederschlfigt. In dieser
Kfirneransammlung, deren Anordnung noch durch den Kontur des Blut¬
kfirperchens bestimmt ist und in der von Hfimoglobin oft keine Spur
mehr vorhanden ist, liegt nun der abgestorbene Parasit oder seine Reste.
Ist die desorganisierende Tfitigkeit des Parasiten eine sehr intensive, so
kfinnen schon mittlere Formen mit ganz wenig Protoplasma den eben
beschriebenen Zustand des Blutkfirperchens bedingen und so selbst mit
absterben. Das Bild, welches ein solcher Parasit bietet, erinnert an die
oben far die tropischen Ringe gegebene Darstellung. In vielen Ffillen
weist ein winziger, etwas granulierter, schwach geffirbter Rest auf den
ehemaligen Parasiten hin, in anderen ist auch dieser verschwunden.
Dagegen bleibt das Chromatin, im Anfange wenigstens, wie bei den
tropischen Formen, stets erhalten. Spfiter ist auch hier ein Absterben
desBelben, unter gleichzeitiger Aenderung des tinktoriellen Verhalten s,
hfiufig wahrzunehmen. Aehnlich sind die Erscheinungen, wenn grofie
Parasiten absterben. Auch hier lfist sich die Verbindung mit dem
Chromatin, das entweder als solitfires Korn, oder in Form mehrerer
Stflcke, oder eines Stfibchens etc. oft weit von den Trfimmern des
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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparaaiten etc. 227
Parasiten entfernt liegt. 1st vom Parasitenleibe gar nichts mehr zu
sehen, dann kflndet seine frtihere Existenz das Chromatin allein an,
welches innerhalb des Stromas liegen bleibt.
Gehen Sph&ren unter denselben Umst&nden vor ihrer vfilligen Reife
zu Grunde, dann verhalten sie sicfa fihnlich. Ihr Chromatin, oft der
einzig flbrig gebliebene Teil, ist dentlich aufgefasert.
1st aber die Lebenst&tigkeit des Parasiten eine weniger intensive,
bleibt neben der Tflpfelung des BlutkOrpers genfigend Hemoglobin flbrig,
bis der Parasit seinen Reifezustand erreicht, dann allein kann es zur
Bildung von Jugendformen kommen.
Es ergiebt sich also, dafi ein Zugrundegehen von Parasiten in oft
erheblicher Zahl kein auf tropische Formen allein beschr&nktes Ph&nomen
ist, daB kleine nnd grofie, an Protoplasma reiche und arme Formen
nnter geeigneten Verh<nissen davon betroffen werden kGnnen, dafi also
anch flier kein Unterschied zwischen kleinen und grofien Parasiten be-
steht. Nur scheint der Untergang Golgischer und manchmal kleiner,
ihnen verwandter, sph&renbildender Parasiten mit dem gleichzeitigen
Zerfall des BlutkOrpers verbunden oder durch ihn bedingt zu sein. Bei
den eigentlichen tropischen Ringformen aber weist nichts, nicht einmal
eine metachromatische Verf&rbung, auf ein Leiden des BlutkGrperchens
bin. Wenn hierin ein Abweichen von dem Verhalten der Golgischen
Formen vorhanden ist, so ist das eben ein Beweis dafflr, daC noch andere
Bedingungen wie die erOrterten vorhanden sein kdnnen, welche ein Ab-
sterben von Parasiten bedingen. An der Hand obiger Ausfflhrungen
sind wir jetzt in der Lage, die Theorie Plehns zu beurteilen, nach
welcher das Absterben der kleinen Tropenringe die Regel, und nach
welcher die dabei sich bildenden Zerfallsprodukte im Verein mit denen
des gleichfalls zerfallenden BlutkGrperchens und nicht der kaum vor-
handene Sporulationsvorgang es sei, die bei kleinen Parasiten den neuen
Fieberanfall bedingen und wodurch dieser den Charakter eines ein-
fachen Resorptionsfiebers erhalten soli. Ware das wirklich die Regel,
so ware damit ein bedeutungsvoller Gegensatz zu dem Verhalten grofier
Parasiten gegeben, der urn so fremdartiger klingt, wenn man dabei an
die Unitatsbestrebungen Plehns denkt.
Die Plehnsche Theorie stfltzt sich nun auf zweiMomente: einmal
das pldtzliche Schwinden der kleinen Ringe aus der Zirkulation kurz
vor einem neuen Anfall und zweitens das haufige Fehlen von Sporulations-
formen selbst in inneren Organen.
Die erste Tatsache nun trifft durchaus nicht allgemein zu. Sehr
haufig sieht man auch bei tropischen Parasiten in alien Stadien, auch
kurz vor einem neuen Anfall, die Parasiten in der Zirkulation. Was
aber das Fehlen der Sporulationsformen betrifft, so stehen hier wiederum
Wahrnehmungen gegenfiber, die das Gegenteil beweisen. Nun sollen
aber die diesbezQglichen Erfahrungen Plehns nicht in Zweifel gezogen
werden. Es folgt daraus nur, dak junge Parasitengenerationen nicht
immer dem typischen Sporulationsprozek ihren Ursprung danken. Wir
haben diesen Umstand oben schon teilweise erbrtert und soil derselbe
sogleich noch weiter verfolgt werden.
Doch kehren wir zuvor noch zu der Frage des pldtzlichen Schwundes
der Parasiten aus der Zirkulation zurflck. Derselbe soli sich so er-
klkren, dafi das Absterben und Zerfallen von Parasiten und Blutkdrper
gleichzeitig erfolge, sodak von dem Vorgang selbst nichts wahrgenommen
15*
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228 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
warden konne, nur sein Endresultat, das Schwinden der Parasiten, trete
in die Erscheinung.
Wenn man sich vergegenwartigt, was soeben (iber das Absterben
von kleinen und Golgischen Parasiten ausgefiihrt worden ist, so wird
man den Eindrnck gewonnen baben, da6 es sich hierbei nicht nm etwas
Pldtzliches, gleichsam um ein mit Blitzesschnelle eintretendes PhSnomen
handelt, wodurch ganze Parasitengenerationen mit ihrem Wirt anf einmal,
sozusagen, aus dem Dasein weggefegt werden, sondern der Vorgang
vollzieht sich allmahlich im Laufe des Fiebers Oder zwischen den An-
fallen, 'bald an diesem, bald an jenem Parasiten und an anderen gar
nicht Auch entzieht er sich nicht geheimnisvoll den Blicken, sondern,
in der freien Zirkulation stattfindend, gestattet er auch, das Verhalten der
Blutkorperchen dabei zu studieren, wobei sich, wie nochmals hervor-
gehoben werden soil, zeigt, daB beim Zugrundegehen kleiner Ringformen
die Blutkbrper gewdhnlich intakt bleiben. Sie kdnnen sich also an der
Bildung der Zerfallsprodukte gar nicht beteiligen.
Folgende kurz wiedergegebene Krankengeschichten sollen zur Stfitze
obiger AusfQhrungen dienen:
Ein Marinematrose, chronischer Malarialeidender, erkrankt mit Tem-
peratur 39,5 im Indischen Ozean. Im Blute zahlreiche feine, kleine und
mittelgroBe Tropenringe, Chromatin einfaches Korn oder doppelt, auch
stabchenfOrmig oder einen grOBeren Abschnitt der Peripherie des Parasiten
einnehmend. Solit&re Chromatinkdrner mit Hof, dem Blutkdrperchen auf-
liegend. Sehr viele Blutkdrperchen mit basophilen Kdrnungen.
Acht Stunden spSter Temperatur 38,G. Meistens im Zerfall begriffene
Hinge. Blutkdrperchen dabei intakt. Solitare Kdrner. Andere, aber
sp&rliche, feine Formen mit intensiver Chromatinteilung. Einzelne intakte
Ringe. Am folgenden Morgen fieberfrei. Zahlreiche Parasitentrttmmer.
Auch viele freie und aufgequollene Parasiten. Einzelne intakte Ringe.
Abends Temperatursteigerung bis 37,8. Dann gesund.
An diesem Falle sieht man erstens, daB ein weitgehender Zerfall
von Parasiten sich den Blicken des Beobachters nicht entzieht, daB er
ferner sehr viele Stunden lang andauert, daB die Blutkdrperchen dabei
intakt erscheinen, daB endlich der Zerfall von Parasiten schon wahrend
des Fieberzustandes stattfinden kann und durchaus nicht in der Apyrexie
kurz vor einem neuen Anfall einsetzt. Auch sollte man meinen, daB
hier durch den weitgehenden Zerfall von Parasiten soviel Resorptions-
stoffe angeh&uft sind, daB ein folgender, mindestens gleich intensiver
Anfall hatte eintreten mflssen. Anstatt dessen erfolgte eine abendliche
Temperatursteigerung von nur 37,8° C. Dieselbe ist geniigend erkiart
durch die geringe Anzahl der zeitlich noch vorhandenen Parasiten.
• Der zweite Fall betriflFt einen Soldaten der N. J. Armee mit kleinen
spharenbildenden Parasiten und Uebergangsformen zu groBen (siehe
darflber noch weiter unten). Seit 3 Tagen intermittierende kurze, aber
mit hoher Temperatur einsetzende Fieberanfalle, beginnend um 11 Uhr
vormittags. Patient kommt erst am 4. Tage in Behandlung.
1. Untersuchung: Temperatur 40,4. Kleine Ringformen mit kraftigem
Korn. Mittlere, dQnn gezeichnete Formen = */« — 1 / 4 BlutkbrpergrSBe
mit ein oder mehreren FortsStzen, auch Querfaden, die durch die achro-
matische Zone ziehen. Einige dieser Formen zeigen Chromatinwucherung
und Teilung. Auffallend viele Blutkorperschatten. Kleine Spharen. Hin
und wieder eine groBe in getflpfelten BlutkSrperchen.
2. Untersuchung, 4 Stunden spater. Temperatur 37,9. Mittlere
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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariap&rasiten etc. 229
Formen ahnlich wie oben, auch hier manchmal Chromatin in Teilung.
Andere Formen von ahnlichem Bau, aber reicber an Protoplasma. Die
sie enthaltenden Blutkorper sind ofters getflpfelt, aber nicht vergrOBert.
Grdbere kleine Hinge, solit&re Chromatinkorner mit Hof. Sehr hflufig
solitare Korner Oder Stabchen mit Spuren eines Parasiten oder ohne
solche in stark getflpfelten, nicht vergrflBerten Blutkorperchen. GroBere
protoplasmaarme, mit Fortsatzen versehene Ringformen oder maschen-
fOrmige Bildungen von V*—'/« Blutkorperchen. Letzteres zeigt normale
Dimensionen. Restkorperbildung bei mittleren, protoplasmaarmen Formen
(die Bedeutung der Restkdrperbildung soli weiter unten dargelegt werden).
Kleine zerfallene Spharen in stark getflpfelten Blutkorperchen. GroBe
Spharen. Einige groBe Golgische Parasiten. Blutkdrperschatten.
3. Untersuchung, 8 Stunden spater: Temperatur 37. Ganz ahnliche
Befnnde wie oben. Grofie Parasiten nicht vorhanden. Die meisten er-
reichen 1 / 3 —BlutkorpergrOfie. Anch jetzt viele zerfallene Parasiten
and Blutkflrperschatten.
4. Untersuchung. Am folgenden Morgen Temperatur 36,6. Einzelno
grobe kleine Ringe, eine Sporulationsform in stark getflpfelten, nicht
vergrflBerten Blutkorperchen. Spharen. Vielfach Parasiten im Zerfall.
RestkOrperbildung. Blutschatten. Mittags und abends Temperatur 37,3.
Seitdem gesund. Chininbehandlung. Auch hier also tritt der Zerfall
schon im Stadium des abnehmenden Fiebers ein. In der Apyrexie
dauert derselbe fort. Die Zerfallsprodukte werden durch ein konkomittieren-
des Absterben vieler BlutkOrper, was sich durch die zahlreichen Schatten
kundgibt, noch erheblich vermehrt. Auch jetzt sind eigentlich alle Be-
dingungen far ein intensives Resorptionsfieber gegeben, trotzdem mittags
urn 12 Uhr nur eine Temperatursteigerung von 37,3° C.
Ganz ahnlich verhielt es sich in einem dritten, durch Golgische
Parasiten bedingten Falle. Auch bei diesem, obwohl Zerfallsstoffe in
groBer Menge im Stadium des abnehmenden Fiebers und in der Apyrexie
vorhanden waren, erfolgte eine nur kurze zweite Temperaturerhebung
von 37,6° C.
Mit Absicht sind die obigen Falle so ausgewahlt worden, dafi sie
verschiedenen Parasitenarten entsprechen, um namlich daran zu zeigen,
daB trotzdem gleichartige Verhaltnisse und keine trennenden Unterschiede
mit Bezug auf ihr biologisches Verhalten im menschlichen Blute be-
stehen. Meiner Ansicht nach haben wir es bei samtlichen Parasiten¬
arten mit gleichen Schicksalsgestaltungen zu tun. Das will sagen: Viele
Parasiten vollenden ihren Entwickelungscyklus nicht, indem sie frflher
oder spater absterben, viele andere dagegen gelangen auf die eine oder
andere Weise zur Reproduktion neuer Individuen, deren Schicksal sich
ahnlich gestaltet wie das ihrer Eltern, wodurch in meist kurzer Zeit,
vor allem durch therapeutische Eingriffe noch unterstfltzt, die Zahl der
Parasiten so erheblich abnimmt, dafi sie zeitweise unschadlich werden.
2. GrObere Ringformen.
Ringformen mit reichlichem Protoplasma kOnnen, wie oben wahr-
scheinlich gemacht, aus feinsten Ringformen durch kontinuierliches Wachs-
tum direkt hervorgehen. Jedoch ist dies nicht der einzige Weg. In
zahlreichen Fallen kann man sich fiberzeugen, dafi die grOberen Formen
schon in der Anlage, in ihren jfingsten Exemplaren als solche kennbar
sind. Diese bestehen aus einem soliden Klflmpchen Protoplasma und
einem krfiftigen Chromatinkorn. Eine achromatische Zone ist hflufig in
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230
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV, No. 3.
diesem Stadium kaum zu erkennen Oder nur schwach angedeutet. Sie
entsteht erst auf einer etwas spateren Stufe der Entwickelung und damit
aucb die typische Ringform. Das sind nun auch die Formen, welche
ihren Ursprung dem klassischen Sporulationsprozesse der Autoren ver-
danken. Ihre weitere Entwickelung fflhrt sie wiederum diesem Sporu¬
lationsprozesse zu. Dabei wSLchst der protoplasmatische Teil, die achro-
matische Zone, nachdem sie ein gewisses Maximum ihrer Ausdehnung
erreicht, nimmt unter der Massenzunahme des Protoplasmas wieder ab.
Der Parasit ist jetzt beinahe kugelig oder in die Breite gezogen, einem
soliden Cylinder ahnlich. Eine schwache achromatische Zone trennt ihn
jetzt von dem gleichfalls vergrSBerten oder in die Lange gezogenen
Chromatinkorn. In diesem Stadium ist auch meist deutlich Pigment
vorhanden. Die weiteren, zur Sporulation fflhrenden V or gauge entziehen
sich in diesem Moment der Beobachtung im peripheren Blute, doch
kdnnen sie in den inneren Organen weiter verfolgt werden. Dieser Ent-
wickelungsgang war oft mit schoner RegelmaBigkeit vor allem bei Halb-
monde bildenden kleinen Parasiten zu verfolgen.
Wo indes das Protoplasma nicht reichlich vorhanden ist, sieht man
Zustfinde, welche an diejenigen bei grSBeren Ringformen mit wenig
Protoplasma erinnern. So findet man mittlere Ringformen, bei denen
die eine Haifte des Ringes eine spindelfOrmige Verdickung zeigt, die
andere ein rundes Korn. Die dazwischen liegenden Abschnitte sind
ganz fein gezeichnet. In der weiteren Entwickelung vollzieht sich eine
Verbindung zwischen Spindel und Korn, der Parasit nimmt an Masse
zu und in einem Stadium, wo man die pigraentierten groben, vor der
Sporulation stehenden Formen wahrnimmt, ist er als ein langliches, mit
zwei Vakuolen versehenes Gebilde zu erkennen, das ca. 1 / J Blutkorperchen
einnimmt und dessen Chromatinteil stark stabchenformig in die Lange
gezogen ist. Weiterhin zerfailt der Cbromatinstab in 4—5 Teilstticke,
wahrend das Protoplasma, obwohl noch mehr gewuchert, keine Neigung
zeigt, sich zu einem soliden Klumpen zu gcstalten, sondern seinem Ent-
stehungsmodus gemaB eine deutliche achromatische, durch einen mehr
oder weniger entwickelten Protoplasmafaden in zwei Abschnitte zerlegte
Zone aufweist. Auch zu maschenfSrinigen Bildungen, wie sie oben ffir
die protoplasmaarmen grSBeren Ringformen beschrieben worden sind,
kommt es haufig. Sie sind indes protoplasmareicher und enthalten
gleichfalls 5—6 fiber ihre Oberflache zerstreute Chromatinkdrner. Es
ist wohl kein Zweifel, daB solche Gebilde Teilungsformen reprfisentieren,
um so mehr, als man hier haufig auch feine Pigmentierungen wahrnimmt.
Auch begegnet man Formen, die ganz entschieden einer Verschmelzung
zweier Parasiten gleichen. Zu beiden Seiten der Berfihrungsflache sieht
man dort, wo diese die Peripherie schneidet, je ein gut entwickeltes
Chromatinkorn.
Eine sehr eigenartige Weise der Entstehung von jungen Parasiten
aus alteren ist an erwachsenen protoplasmareichen sowie auch proto-
plasmaarmen Parasiten zu beobachten, die man, oberflachlich betrachtet,
fiberhaupt nicht mit irgend einer Form der Sporulation vergleichen kann.
Denn wahrend bei einer solchen, wie sie auch beschaffen sein mag, das
Endresultat die Bildung einer Vielheit von Individuen ist, kommt es
hier nur zur Bildung eines einzigen. Ein groBer Teil des Mutterparasiten,
ja sein grOBter Teil, stirbt ab und bildet einen Restkfirper, der gewOhn-
lich in mehrere, nicht seiten pigmentierte Teilstticke zerfallen ist, die
regellos an der Oberflache des Blutkdrpers liegen. Ein winziger, in der
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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 231
unmittelbaren N&he des Chromatiakorns gelegener Toil des Proto¬
plasmas vereinigt sich mit diesem zu eiaem neuen Parasiten. Es ist
dieser Prozefi gewissermafien mit einer VerjQngung zu vergleichen. Auch
an feinen Ringformen ist er zu beobachten. Der Restkorper oder seine
Teilstlicke sind in diesem Falle nattirlich gering. Demgem&fi bildet auch
das Chromatinkorn mit dem flbrig gebliebenen Teile des Parasitenleibes
einen winzigen, kleinen Ring. Derartige feinste Ringe aber kdnnen sich
auch von soliden, massigen Restkdrpern abschnfiren. Im allgemeinen
jedoch sind die von bedeutenderen Restkdrpern abstammenden Parasiten
auch von groberem Ban. Unter diesen letzteren wandeln sich auch
manche zu Sph&ren um und kann man junge, kleine Spharen, kennbar
an ihrem massigen Protoplasma mit den schwarzen Pigmentst&bchen,
der zentralen achromatischen Zone, in der das stark entwickelte, schon
aufgefaserte Chromatin liegt, beobachten, neben Stiicken des in der N&he
liegenden Restkdrpers.
Von diesen Vorg&ngen kann man sich an geeigneten Prfiparaten
auf das deutlichste flberzeugen, besonders wiederum, wenn man sich
der Romanowsky-Ziemannschen Methods bedient, welche Rest-
kdrper von lebendigen Teilen des Protoplasmas genau zu differenzieren
gestattet. Auch hier kann es wiederum geschehen, dafi der flbrig ge-
bliebene, lebendige Teil des Protoplasmas so klein ist, dafi er sich
farberisch nicht nachweisen lafit, und dafi wir neben den Trflmmern
des Restkdrpers nur ein kraftiges, solitares Chromatinkorn fin den. In
solchen Fallen jedoch weist ein haufig zu konstatierender Hof um ein
solches Korn auf eine nichtsdestoweniger bestehende Differenzierung bin.
Man wiirde meines Erachtens jedoch fehl gehen, wenn man alle
solitfiren Chromatinkorner derart oder von dem bei kleinen Ringen be-
schriebenen liberstflrzten Teilungsprozefi herleiten wollte. Die Mehrzahl
dieser Kdrner sieht man ja gerade im Beginne oder kurz vor Ausbruch
des prim&ren Fieberanfalles. Daraus ist zu entnehmen, dafi sie gewohn-
lich allerjtlngsten Erstlingsformen entsprechen, von denen sie sich nur
durch die minimale Menge ihres Protoplasmas unterscheiden, welches
allein durch den hellen Hof um das Korn angedeutet ist.
Diese Entstehung eines neuen Parasiten durch Losldsung von
einem Restkdrper, der dem Untergange anheimfallt, ist ein Vorgang, der
nicht allein auf gewisse tropische Parasiten beschrfinkt ist, denn in alien
seinen Entwickelungen, selbst bis auf das solit&re Chromatinkorn, habe
ich ihn auch bei grofien Tertianparasiten gefunden. Ja bei letzteren
befand sich das Chromatinkorn fern von seinem RestkSrper.
Hier allerdings konnte man oft den Eindruck gewinnen, als ob diese
ChromatinkOrner nach dem Plehnschen Modus die lebensf&higen Ueber-
reste eines im flbrigen ganz zu Grunde gegangenen Parasiten seien, ob-
wohl vielfach in der Umgebung des Kornes oder der Kdrner kein Hof zu
sehen war. Darauf aber mufi man meines Erachtens ein grofies Gewicht
legen. Wo ein Hof vorhanden, da ist auch hdchst wahrscheinlich ein vom
Korn gesondertes Protoplasma anwesend, das eben durch diesen Hof an¬
gedeutet wird, und man kann verstehen, dafi sich hier ein neuer Parasit
bilden kann, da ja alle seine Grundelemente erhalten geblieben sind.
Wo aber das Chromatinkorn, scharf begrenzt, ohne einen solchen Hof
dem Blutkdrperchen aufliegt, da ist sicherlich auch keine vom Kern
gesonderte protoplasmatische Substanz vorhanden, und bleibt es vor-
laufig doch zweifelhaft, ob wir ein solches Korn, 30 lebenskr&ftig es auch
durch sein tinktorielles Verhalten aussehen mag, mit einem von einem
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232 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Hofe umgebenen in seiner Bedeutung gleichstellen diirfen. Nicht un-
wahrscheinlich ist es, dafi ein solches scharf umgrenztes Korn, ohne
einen protoplasmatischen Restkorper, sei er auch noch so klein, noch
nachtrfiglich abstirbt und keinen neuen Parasiten bildet. Indessen bier
sind noch weitere Untersuchungen nfltig.
Doch kehren wir zur Betrachtung der RestkOrperbildung zurflck.
Auf den ersten Blick scheint sie ein sehr ungewOhnlicher Vorgang zn
sein, und lohnt es sicherlich die Mtihe, das Wesen desselben zu er-
grflnden and ihn womOglich auf bekannte VorgSnge zurflckzufflhren.
Wenn ich mir nun die Umst&nde vergegenwfirtige, unter denen icb
die mit RestkOrperbildung einhergehende Entstehung junger Parasiten
am Mufigsten beobachtet babe, so trat diese gewOhnlich in der zweiten
Hfilfte des Fieberzustandes Oder gegen das Ende desselben auf, zu ciner
Zeit, wo sich bereits therapeutische Indikationen fflr die Darreichung
von Chinin eingestellt hatten. Es lag daher nahe, eine ungenflgende
Chininwirkung als Ursache zu betrachten. Das Chinin, als ein Proto-
plasmagift, schadigt in erster Linie den protoplasmatischen KOrper des
Parasiten, wfihrend das Chromatinkorn besser widersteht. Unter solchen
Umst&nden kann es kommen, daB diejenigen Teile des Parasitenleibes,
die in der unmittelbaren Nachbarschaft des Chromatinkorns gelegen
sind, einen so starken nutritiven Einflufi von diesem erfahren, dafi der-
selbe grofier ist wie die schadigende Wirkung des Chinins. Die peri-
pherischer gelegenen Teile des ParasitenkOrpers dagegen, auf welche
sich der nutritive Einflufi des Chromatinkorns nur in geringem Mafie
erstreckt, unterliegen der abtOtenden Wirkung des Chinins und bilden
den RestkOrper. In mehreren Fallen von Tertiana simplex, sowie
von spharenbildenden kleinen Parasiten konnten diese Phfinomene indes
noch vor der Verabreichung des Chinins wahrgenommen werden. Daraus
folgt, dafi, wenn das Chinin flberhaupt einen Einflufi auf diese Art der
Entstehung junger Parasiten besitzt, derselbe jedenfalls kein spezifischer,
sondern hOchstens ein begflnstigender ist. Es scheint dieser Vorgang
der RestkOrperbildung auf einer Art verminderter vitaler Energie der
Parasiten zu beruhen, infolge deren sie im Reifezustande nicht mehr zu
sporulieren vermOgen, und so erklart sich dann auch die Tatsache, dafi
solche Formen — wo sie auftreten — erst gegen das Ende des Fieber¬
zustandes auftreten. Wir hatten hier also eine abortive Sporulation vor
uns. Letztere Auffassung erhalt eine wesentliche Stiitze durch das
Studium an Golgischen Parasiten, insofern aus ihm hervorgeht, dafi
die RestkOrperbildung mit der Produktion eines einzigen Parasiten
Uebergfinge aufweist zu Reproduktionsvorgfingen, welche zur Sporu¬
lation hiniiberleiten. Es kommen fflr das Studium dieser Verhaltnisse
relativ protoplasmaarme erwachsene Golgi sche Parasiten in Betracht.
Wir haben schon gesehen, dafi es auch bei diesen zu grofien, maschen-
fOrmigen Formen kommt. Wfihrend aber bei tropischen Parasiten die
maschenfGrmigen Bildungen aus ganz wenig Protoplasma bestehen, kommt
es hier, innerhalb des feinen Fadennetzes, noch zu st&rkeren lokalen An-
haufungen von Protoplasma, wodurch sie sich zum Studium der ein-
schlflgigen Verhaltnisse mehr eignen. Hfiufig nun kann man sehen,
dafi der junge Parasit sich innerhalb der starken Protoplasmaanhfiufung
bildet, wobei das Chromatin dieser unmittelbar anliegt oder in ihr ein-
gebettet erscheint, ohne eine Spur von achromatischer Zone. Spfiter
schnflrt sich der grOfite Teil des Parasitenleibes ab und liegt, nicht
selten durch einen grOfieren Zwischenraum getrennt und in mehrere
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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 233
Teilstflcke zerfallen, neben dem jungen Parasiten, der durcbaus und in
jeder Hinsicht einer aus dem typischen Sporulationsprozefi hervor-
gegangenen Form gleicht, n&mlich ein intensiv gef&rbtes, oft etwas in
die L&nge gezogenes Chromatinkorn, eingebettet in einer kleinen rund-
lichen Masse von Protoplasma. Wo aber die Verh<nisse giinstig sind,
sieht man selbst 3—4 Ghromatinkdrner in einer groCeren Anh&ufung
von Protoplasma eingebettet. Dieses enth< auch Pigmentkdrnchen.
Der Qbrige Teil des Parasiten ist fein netzfdrmig gestaltet und zeigt
durch seinen schwarzlichen Farbenton, daB er sich demnfichst zu einem
Restkdrper umwandeln wird. Dann aber gleicht die massige Kon-
zentration des pigmentffihrenden Protoplasmas mit den 3—4 in ihm
eingebetteten Chromatinkdrnern schon sehr vielen Bildern, die man bei
der typischen Sporulation findet So triift man auch Blutkdrperchen,
die 3—4 junge Parasiten mit Spuren ernes Restkdrpers zwischen ihnen
enthalten. Aus alledem geht wohl hervor, daB man im Rechte ist, wenn
man die Entstehung von Parasiten mit RestkOrperbildung als eine abortive
Sporulation auffaBt.
In besonders schdner Weise trat die Restkdrperbildung in einem
Falle von Tertiana simplex auf, der hier mitgeteilt werden soil.
Patient erkrankt den 17. November 1902 um 8 Uhr morgens mit
Frost, Temperatur 37,5.
Im Blute echte Sporulationsformen, etwas grOBer als ein Blut¬
kdrperchen. In einigen noch der Rand des Blutkdrperchens als blasser,
farbloser, ganz feine Pigmentkdrnchen enthaltender Saum zu erkennen.
In den meisten Pigment zentral konzentriert, in einigen liegt ein Pigment-
haufen in der Peripherie.
Grobe kleine Ringformen mit achromatischer Zone.
Runde oder eifdrmige kleine Formen, protoplasmareich, in denen
die achromatische Zone fehlt oder nur angedeutet ist. Chromatinkorn
stark entwickelt.
Viele mittlere, schdn gezeichnete Ringe, mit m&Big entwickeltem
Protoplasma = */# BlutkdrpergrdBe.
Andere von derselben GrdBe, aber etwas unregelmaBig gezeichnet.
Ihr Protoplasma ist vielfach etwas aufgefasert, durch die achromatische
Zone ziehen h&ufig ein oder zwei F&den.
Ringformen von */« BlutkdrpergrdBe mit wenig Protoplasma. Vom
Rande des Ringes geht hier haufig ein Fortsatz aus.
Sph&ren in getflpfelten, etwas vergroBerten Blutkdrperchen. Multiple
Kdrnungen in vielen Blutkdrpern.
Den 17. November 1 Uhr mittags Temperatur 39.
Kleinste runde Formen mit reichlichem Protoplasma. Chromatin
zentral, ohne achromatische Zone. Andere zeigen achromatische Zone,
Chromatin peripherisch.
Ringformen = */ 4 — l l h BlutkdrpergrdBe, protoplasmaarm, mitfeinem
Fortsatz. Oft ist dieser Fortsatz netzfdrmig verzweigt. Vielfach achro¬
matische Zone durch einen Querfaden geteilt.
Grdbere Ringe mit gut entwickelter achromatischer Zone und kr&ftigem
Chromatinkorn.
In den grdBeren Ringen h&ufig Ttipfelung der m&Big vergroBerten
Blutkdrper zu linden.
Den 17. November 8 Uhr abends fieberfrei.
Durch Querf&denbildung, Aussenden von Forts&tzen, Verbindungs-
f&den zwischen diesen, entstehen maschenfdrmig gestaltete Parasiten
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3.
mit stellenweise grober, stellenweise allerfeinster Protoplasmazeichnung.
Chromatin hierbei in Wncherung Oder in Teilung begriffen. Parasiten
= 1 / 4 — l /» BlutkdrpergrdBe. Blutkdrper stark getflpfelt und m&fiig ver-
grABert Hflufig scheinen die Parasiten desorganisiert, in Teilstflcke zer-
fallen, die ganz schwach gef&rbt erscheinen. Chromatin dabei vielfach
ganz isoliert oder mit einem krflftiger gefflrbten kleinen Protoplasma-
abschnitt einen Ring biidend.
Einige Male Doppelinfektion von BlutkOrperchen. Diese alsdann
stark vergrdBert und getflpfelt.
Vielfach sind die Blutkdrperchen derart affiziert, daB nur die die
Tflpfelung bedingenden rdtlichen Kdrner flbrig bleiben, wflhrend das
H&moglobin zerstort ist. In diesen Trfimmern schwach angedeutete
Reste von Parasiten und Sphflren. Auch hier ist das Chromatin gut er-
halten.
Kleine protoplasmareiche Parasiten mit deutlicher achromatischer
Zone und feinem Fortsatz in getflpfelten Blutkdrperchen.
Den 18. November 7 Uhr morgens Temperatur 37,1.
Kleine, sehr protoplasmareiche Ringe in getflpfelten, etwas ver-
grdBerten Blutkdrperchen.
Vielfach kleine Formen von elliptischer Gestalt mit reichlichem
Protoplasma. Achromatische Zone in einem der Pole, darin das krflftige
Chromatinkorn.
Kleine, protoplasmareiche, runde oder eifdrmige Parasiten, Chromatin
peripherisch oder zentral, ohne oder mit kleiner achromatischer Zone.
Neben diesen Parasiten enthalten die Blutkdrperchen hflufig deutliche
Restkorper, die ein einziges Oder mehrere Teilstflcke prflsentieren, meist
dunkler gefflrbt, kdrnig und oft pigmentiert sind. Sie stehen mit den
Parasiten in keinem Zusammenhang.
Grofie maschenfdrmig gestaltete Parasiten mit stellenweise st&rkerer
Protoplasmaanhflufung, in welcher 2—3 Chromatinkdrner eingebettet sind.
Ein maschenfdrmig gestalteter groBer Parasit mit 5 Chromatinteil-
stflcken, etwas pigmentiert.
Ein vergrdfiertes Blutkdrperchen enthfllt 3 Parasiten, zwischen ihnen
Restkdrper. Dies reprasentiert gewissermaBen ein weiteres Entwicke-
lungsstadium der vorhergehenden Form.
Restkdrper mit einem einzigen Parasiten sind im Pr¶te vor-
herrschend.
Den 18. November 1 Uhr mittags Temperatur 38,3.
Kleine protoplasmareiche Parasiten ohne achromatische Zone.
Sphflren.
Vielfach kleine Parasiten mit reichlichem Protoplasma. Chromatin
in diesem eingebettet oder durch schmale achromatische Zone getreunt
Neben ihnen liegen mannigfach gestaltete Restkdrper.
Feinste Ringformen mit krflftigem Chromatinkorn, daneben Restkdrper.
Mittlere, protoplasmareiche, unregelmflfiig gestaltete Formen.
Blutkdrperchen vergrdBert und getflpfelt
Den 18. November 8 Uhr abends Temperatur 39.
Protoplasmareiche, mittelgroBe Formen, ohne achromatische Zone,
in mflBig vergrdBerten, aber stark getflpfelten Blutkdrperchen.
Blutkdrperchen, deren Hflmoglobin gflnzlich aufgezehrt ist und die
allein die den Tflpfelungen entsprechenden roten Kdrner zeigen, ent¬
halten neben Stflcken sehr blaBgefflrbter protoplasmatischer Substanz
2—3 stark gefflrbte, isolierte Chromatinkdrner. Vielfach kleine, runde,
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Silberstein, Ueber die Entstehung von jungen Malariaparasiten etc. 235
protoplasmareiche Formen mit meist zentralem Chromatin und geringer
BestkOrperbildung. BlutkOrper stark getttpfelt und wenig yergrdBert
Den 19. November 7 Uhr morgens fieberfrei.
Zahlreiche aufgequollene und desorganisierte Parasiten in der Mehr-
zahl frei zwischen den Blutkdrperchen.
Eeine getttpfelten BlutkOrper mehr zu sehen.
Wenige metachromatische BlutkOrperchen.
Obiger Fall wttrde bei oberfl&chlicher Betrachtung als eine gewOhn-
liche Tertiana duplicata imponieren, wobei die zweite Generation
um 24 Stunden in ihrer Entwickelnng hinter der ersten zurttcksteht.
Einigermafien entspricht ihm auch der Parasitenbefund, indem zu Beginn
des zweiten Fieberanfalles grofie Parasiten der ersten und kleinste Formen
der zweiten Generation vorhanden zu sein scheinen. Indessen beherrscht
dieses Verhfiltnis nicht den Zustand und gibt ihm nicht sein charak-
teristisches Geprfige. Denn die Mehrzahl der grofien Formen ist in
Chromatinteilung und BestkOrperbildung begriffen, wfihrend die fiber-
wiegende Zahl der kleinen Parasiten durch Abschntirung von BestkOrpern,
deren Trttmmer noch neben ihnen liegen, hervorgegangen sind. Es ist
demnach anzunehmen, dafi diese kleinen Formen einen hervorragenden
Anted an dem zweiten Fieberanfall nehmen und ihn mit bedingen.
Daraus aber wttrde folgen, daft die erste Generation anstatt in 48 sich
in 24 Stunden entwickelt habe und dafi die abortive Sporulation, als
welche wir die BestkOrperbildung bezeichnet haben, nicht allein als ein
unvollstfindiger, sondern auch als ein ttberstttrzter Prozefi aufzufassen
ist Es wttre erwttnscht, Fade von Tertiana duplicata in dieser Hin-
sicht einer Prttfung zu unterziehen. Nicht unwahrscheinlich ist es, dafi
solche Verhaitnisse mehr angetroffen werden dttrften.
Weiterhin zeigt unser Fall das Bemerkenswerte, dafi nur die erste
Generation, welche den Ausbruch des durch einen Schttttelfrost einge-
leiteten primfiren Anfalls veranlafit hat, ihre Existenz der typischen
Sporulation verdankt. Spater waren keine Sporulationsformen mehr
wahrzunehmen und erfolgte die Bildung junger Parasiten durch Ab-
schnttrung von einem BestkOrper Oder vielleicht von solit&ren Chromatin-
kOrnern nach Zugrundegehen des ganzen Parasitenleibes (Typus Plehn).
Auch trat, obwohl die Temperatur im zweiten Anfall ebenso hoch stieg
wie im ersten, kein Schttttelfrost mehr auf. Da unser Fall bezttglich
seines Yerlaufes sich in nichts von anderen ahnlichen Fallen dieser Art
unterscheidet, so ist auch hierin die Lehre von der Tertiana dupli¬
cata zu prttfen. Ja vielleicht hat die hier gemachte Erfahrung eine
grOfiere Tragweite und findet sich ahnliches auch bei anderen Fieber-
arten, womit zugleich auch das haufige Fehlen von Sporulationsvorgangen
selbst in inneren Organen (Plehn) seine einfache Erklarung linden
dttrfte.
Es sei mir nun gestattet, die ausftthrliche Mitteilung des mikro-
skopischen Blutbefundes bei einem meiner am genauesten beobachteten
und obigen Ausftthrungen zu Grunde gelegten F&lle zu geben.
Patient, ein europaischer Heizer, erkrankt zum erstenmal auf der
Heimreise im Indischen Ozean. Auf der Kttstenreise hatte er eine 8-tagige
Chininprophylaxe mit 0,5 g Chinin. sulf. taglich durchgemacht. Auf der
Heimreise gleichfalls einer solchen Behandlung unterworfen, erkrankt
er am 4. Tage der Prophylaxe abends 8 Uhr mit Gefttbl von Kalte und
heftigen Kopfschmerzen. Es folgte nun ein Fieber, welches erst staffel-
fOrmig anstieg, bis es nach ca. 45 Stunden sein Maximum erreichte
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Centralbl. f. Bakt. etc I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
(40,7° C). Darauf fiel es in weiteren 24 Stunden bis 37,5°. Hieran
schloB sich ein 44 Stunden dauernder Zustand schwankender Temperatur-
verhaltnisse, wahrenddessen zweimal in 24 Stunden die Temperator
die normale flberschritt und wieder unter die normale fiel.
Den 1. September 8 Uhr morgens, 12 Stunden nach dem Fieber-
anfall, erste Blutuntersuchung:
Vereinzelte, allerkleinste, sehr fein gezeichnete Ringformen mit
winzigem Chromatinkorn. Solitare ChromatinkOrner vielfach mit Hof.
Viele regelmafiige protoplasmareiche Ringformen von ca. 1 / s Blnt-
kOrpergrOBe. Chromatinkorn im schmalen Teile des Binges gelegen.
Blutkorperchen mit multiplen basophilen KOrnungen sind hin und wieder
vorhanden. Temperatur 38,3°.
Den 1. September 1 Uhr mittags Temperatur 39,4.
Allerfeinste, oft randstfindige Formen. Zahlreiche, schOne, proto¬
plasmareiche Ringformen ca. 1 /„— 1 / 6 BlutkOrpergrOBe. Chromatinkorn
vergroBert, vielfach hakenfOrmig gestaltet und Ofters innerhalb der
achromatischen Zone gelegen, indes mehr gegen den schmalen Abschnitt
der Ringfigur hin gerichtet. Anderc Parasiten von l&nglicher Gestalt er-
reichen ca. l /« BlutkorpergroBe. Sie haben eine durch einen Protoplasma-
faden in zwei Abschnitte geteilte achromatische Zone. Ibr Chromatin ist
stark stabchenfOrmig ausgezogen.
Den 1. September 4 Uhr mittags Temperatur 38,6.
Einzelne sehr feine kleinste Ringformen, auch randstSndig. Solitare
KOrner.
Mittlere Ringe ca. V« der BlutkOrperchen mit mSBiger Protoplasma-
entwickelung. GroBe Parasiten mit reichlichem Protoplasma ca. Vs bis
V* BlutkorpergroBe. Chromatin haufig gewuchert, achromatische Zone
deutlich, aber Ringform unregelmaBig Oder modifiziert.
Den 1. September 8 Uhr abends Temperatur 39,9.
Ueberwiegend feinste kleine Ringe. Auch grdbere kleine Ring¬
formen vorhanden. Solitare KOrner.
Sparliche mittlere und groBere protoplasmareiche Parasiten von
*/#—V8 BlutkOrpergrOBe.
Den 1. Oktober 1 Uhr nachts Temperatur 39,3.
Praparat nicht gelungen, jedoch einzelne grObere Ringe von mittlerer
GrOBe gut erkennbar.
Den 1. Oktober 5 Uhr morgens Temperatur 39,4.
Auch dieses Praparat nicht gelungen. Mittlere Formen, keine
grOBeren erkennbar.
Den 1. Oktober 1 Uhr mittags Temperatur 39,7.
Viele randstandige allerfeinse Formen. Solitare KOrner.
Kleine Formen mit sehr wenig Protoplasma. Vielfach Ringform
dabei erhalten. Vielfach aber dieselbe zerrissen. Das Protoplasma er-
scheint dann haufig fadenfOrmig, an einem Oder beiden Enden dem
Chromatin anhangend, geknickt oder wellig gestaltet. Chromatin dabei
in lebhaftester Wucherungund Spaltung begriffen. Oft ist diese Wucherung
und Spaltung so intensiv, daB nur minimale Andeutungen des proto-
plasmatischen Teiles vorhanden sind.
Den 1. Oktober 5 Uhr nachmittags Temperatur 40,7.
Zustand derselbe, womOglich noch ausgesprochener.
Den 1. November 9 Uhr morgens Temperatur 38,2.
Allerfeinste kleine Formen, grOBtenteils mit starker Chromatin-
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Silberstein, Ueber die.Entstehung you jungen Malariaparasiten etc. 237
wucherung und Teilung. Solit&re K5rner. Hin und wieder eine etwas
grOBere, protoplasmareiche Form.
Den 1. November 1 Uhr mittags Temperatur 38,2.
Sp&rliche kleine Parasiten, wie oben. Seitdem trotz noch bestehen-
der Temperaturschwankungen Parasitenbefnnd negativ.
Ueberblicken wir aufmerksam die Resultate der Blutuntersuchung,
so kann man mit ziemlicber Sicherheit eine Generation von Parasiten
nnterscheiden, die ihren Entwickelungscyklns in 24 Stunden zu voll-
ziehen scheint. Daneben aber sind in demselben. Zeitraum auch Parasiten
in den verschiedensten Stadien der Entwickelung vorhanden. Sp&ter
findet man nnr kleinere und mittlere Formen bis etwa zur 40. Stunde.
Von da an aber, vom 1. Oktober 1 Uhr mittags bis 1. November 1 Uhr
mittags finden sich nur kleine Formen mit sehr sparlichem Protoplasma
und lebhafter Chromatinteilung. Daraus darf man wohl schliefien, dafi
es von der 40. Stunde an nicht mehr zum Auswachsen der Parasiten
kam, sondern dafi sie sich in Qberstiirzter Weise, kaum entstanden, immer
wieder bis zum ErlOschen des Fiebers teilten.
Ferner ist wohl unzweifelhaft, dafi die Parasiten, was ihre Zu-
gehorigkeit, ihren Ort im System betrifft, den kleinen Parasiten zu-
gerechnet werden mflssen. Selbst in ihren grOfiten Exemplaren er-
reichten sie durchschnittlich nur l / 4 — x / a BlutkorpergrOBe.
Nachdem unser Patient noch eine Zeit lang nach ErlOschen seines
Fiebers t&glich mit */* gChinin, sp&ter ungefahr eine Woche lang einen
Tag urn den anderen mit derselben Dosis behandelt worden war, erkrankt
er am 18. Oktober 1902 an seinem ersten Rezidiv, vom Typus einer
Febris intermittens quotidiana. Jedoch kam es nur zu zwei Anf&llen.
Den 18. Oktober 4 Uhr mittags, 12 Stunden nach Beginn des Fiebers,
erfolgte die erste Blutuntersuchung. Temperatur 40® C.
Zahlreiche kleine und kleinste sehr protoplasmaarme Formen.
Ebensolche mit viel Protoplasma. Bei manchen derselben ist keine
achromatische Zone vorhanden. Solit&re KOrner mit Hof einzeln oder
zu zweien.
Mittlere feine und grbbere Ringe = 1 / s BlutkOrper. Basophile mul¬
tiple Kdrnungen von Blutkorperchen.
Manche BlutkOrper zeigen 2—5-fache Infektion und sind dann
deutlich vergrOBert
Sph&ren in alien Stadien der Entwickelung: 1) Sph&ren in der Anlage.
Sie bestehen aus einem Kliimpchen Protoplasma mit schw&rzlichem,
st&bchenfOrmigem Pigment und starkem Chromatinkorn. 2) Junge Sph&ren,
fallen ungef&hr die H&lfte eines BlutkOrpers, sind kugelrund, zeigen das
charakteristische st&bchenfOrmige Pigment, haben eine etwas peripher-
w&rts verschobene achromatische Zone, innerhalb deren das kr&ftige,
schon aufgefaserte Chromatin. 3) In erwachsenen Sph&ren liegt das
kr&ftig* gef&rbte, zerfaserte Chromatin an der Peripherie. Protoplasma-
leib ebenfalls kr&ftig gef&rbt. Neben vielen schw&rzlichen Pigment-
st&bchen ist auch einiges gelbes Pigment vorhanden. Achromatische
Zone fehlt. Doch trifft man auch Sph&ren, die, obwohl die GrOfienver-
h<nisse erwachsener aufweisend, ganz wie junge gebaut sind, nur ist
die achromatische Zone genau zentral. Die erwachsenen Sph&ren iiber-
schreiten nicht die GrOfie eines BlutkOrperchens, vielfach sind sie selbst
kleiner, im Gegensatz zu denjenigen Gologischer Parasiten, die viel
grOBer sind. 4) Alte Sph&ren. Ihr Protoplasmaleib f&rbt sich nur blafi.
Ihr Chromatin, gleichfalls nur schwach gef&rbt, manchmal kaum ange-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 3.
deutet, anfgefasert, liegt in einer grofien achromatischen Zone Oder
Vaknole. Im weiteren Verlaufe treten 2—3 Vakuolen auf, zuletzt zer-
fallt die Sphere in 3—4 blasse, unregelmaBig pigmentierte Teilstflcke,
v&hrend das Chromatin nur angedeutet Oder verschwunden ist.
Den 18. Oktober 9 Uhr abends Temperatur 37,5.
Kleine protoplasmareiche Ringformen. GrObere Ringformen ca. 1 / 4
BlutkCrpergrOBe.
Ebensolche Ringformen mit sehr wenig Protoplasma. Unter diesen
sind viele mit einem feinen Protoplasmafortsatz versehen. Andere
weisen an ihrem ganzen Umfange auBer dem Hauptfortsatz noch kleinere
Nebenfortsfttze auf. Bei anderen ver&stelt sich ein Hauptfortsatz und
durch quere Verbindung der gabelfOrmigen Zweigstucke entsteht ein
feines Maschenwerk. In vielen Fallen zieht ein Protoplasmafaden quer
durch die achromatische Zone einer feinen Ringform und teilt sie ia
zwei ungleiche Abschnitte.
GroBe, maschenfOrmig gestaltete, ein vergrOBertes BlutkOrperchen
beinahe ganz ausfiillende Parasiten mit 5—6 an ihrer Oberflache ver-
teilten ChromatinkOrnern.
Den 19. Oktober 7 Uhr morgens Temperatur 36,5.
Beinahe ausschlieBlich BlutkOrperchen, welche neben kleinen feinsten
Ringformen RestkOrper enthalten, kennbar an ihrer schwarzlichen Far-
bung und daran, dafi sie in keinem Zusammenhange mit dem Parasiten
stehen, sondern oft weit von ihm abgelegen und aus mehreren Teilstflcken
bestehend erscheinen.
Den 19. Oktober 12 Uhr mittags Temperatur 37,2.
Wieder Parasiten mit Restkorpern, aber Parasiten etwas grOfier und
protoplasmareicher als um 7 Uhr.
Spharen.
GroBe maschenfOrmige Parasiten in vergrOBerten BlutkOrperchen.
Nachts Temperatur 33.
Den 20. Oktober 7 Uhr morgens Temperatur 37,2.
Blutbefund ahnlich, wie bei der vorhergehenden Untersuchung.
Parasiten spBrlich. BlutkOrper mit basophilen KOrnungen. Viele Blut¬
kOrperchen mit anklebendem schwarzlichem Chromatinkorn.
Gehen wir nun zu einer kritischen Betrachtung des Blutbefundes
dieses Rezidivs iiber. Wir finden dabei bei einem Vergleiche mit der
primkren Erkrankung einige sehr in die Augen fallende Unterschiede.
Zimachst die Spharen. Sie waren im primBren Anfalle Oberhaupt nicht
vorhanden. Das ist aber kein Wunder, denn die Spharen, wie die ihnen
biologisch gleichwertigen Halbmonde, kommen bei einem Erstlingsfieber
nicht vor. Sie finden sich erst nach einiger Zeit und ist ihr Auftreten
zugleich mit einem Wiederausbruch des Fiebers verbunden. Bei Halb-
monden konnte ich ihr Erscheinen im Mittel am 10. Tage beobachten.
Auch Spharen zeigen ein ahnliches Verhalten. Allerdings hat e*s hier
ca. 6 Wochen gedauert, bis sie zugleich mit dem ersten Rezidiv an
den Tag kamen. Ihre Kleinheit — sie erreichten hOchstens die GrOBe
eines BlutkOrpers — unterschied sie von denjenigen bei Golgischen
Parasiten und gestattete zugleich, die Einreihung unserer Parasiten, die
wir aus der prim Sr en Erkrankung schon als kleine kennen gelernt
hatten, in die Klasse der spharenbildenden kleinen zu machen. Dagegen
stimmten sie morphologisch mit groBen Spharen vOllig flberein.
Ein zweiter Unterschied besteht darin, daB die frtihere, Oberstttrzte
Teilung der kleinen und mittleren protoplasmaarmen Ringformen im
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Silberstein, Ueber die Entstehung yon jnngen Malariaparasiten etc. 239
Rezidiv nicht mehr auftritt. Im Gegenteil finden wir jetzt Entwickelungs-
formen, die einen langsameren und weniger intensiven Modus andeuteu.
Die Ringformen wachsen zu BlutkSrperchen heran und wandeln sich
durch Aussendung von Forts&tzen zu maschigen Bildnngen uin, unter
gleichzeitiger Teilnng des Chromatins. Die vorherrschende Vermehrungs-
form aber ist die, dafi die Ringe, feine Oder grObere, nachdem sie eine
gewisse GrSfie erreicht, zur RestkOrperbildung Obergehen, ein Vor-
gang, dessen Bedeutung als abortive Sporulation infolge verminderter
Vitalitfit wir oben wahrscheinlich zu machen gesucht haben. Alles das
finden wir bei Golgischen Parasiten auch, so dafi, abgesehen von der
Kleinheit unserer Parasitenform, die beobachteten Eigenschaften der*
selben auf eine innere Verwandtschaft hindeuten. Demnach geht es nicht
an, um es noch einmal zu wiederholen, zwischen kleinen Parasiten und
grofien Tertianparasiten eine so scharfe Grenze zu ziehen, wie es Plehn
tut, der doch an einer anderen Stelle seiner Monographic als Vertreter
der Unit&tstheorie der Malariaparasiten auftritt
Was nun letztere Theorie betrifft, so liefert unser erstes Rezidiv
noch keine entscheidenden Tatsachen. Allerdings finden sich vereinzelte
maschenfbrmige Parasiten, die in ihren Dimensionen ihre Genossen weit
fibertreffen, in vergrOfierten BlutkOrperchen liegen und kaum von
Golgischen Parasiten in demselben Stadium zu unterscheiden sind.
Dagegen bieten sie niemals die Erscheinung der Tfipfelung, ein fQr die
Diagnose echter grofier Tertianparasiten sehr wichtiges Moment Der
einzige Schlufi, zu dem wir auf Grund einer Analyse des Blutbefundes
in unserem ersten Rezidiv vorl&ufig berechtigt sind, ist der, dafi kleine,
sph&renbildende Parasiten ein gewisses Variabilit&tsvermdgen besitzen,
infolgedessen es geschehen kann, dafi einzelne Parasiten sich zu grofien
Formen umwandeln. Aehnliches hat Plehn fQr afrikanische kleine Para¬
siten beobachtet und zwar vorwiegend bei Individuen, die nicht mit
Chinin behandelt worden waren. Diese Aetiologie aber kann in unserem
Falle nicht angefQhrt werden, da er reichlich genug Chinin erhalten hat
Richtiger ist es vielleicht, dieses Ph&nomen auf inhfirente Eigenschaften
gewisser kleiner sphfirenbildender Parasiten zurQckzufQhren, unabhfingig
von irgend einer medikamentdsen Behandlung. Die Entwickelungsweise
dieser kleinen Formen hat uns schon eine v511ige Uebereinstimmung mit
gewissen Formen Golgischer Parasiten gezeigt woraus wir auf eine
bestehende Verwandtschaft beider geschlossen haben. Das Studium des
zweiten Rezidivs unseres Patienten jedoch, wovon der Blutbefund so-
gleich gegeben werden soil, wirft ein solches Licht auf die hier
herrschenden Verhaitnisse, dafi es den Wert eines Beweises im Sinne
der von Plehn, Laveran u. a. verteidigten Uni tats theorie erreicht.
Den 16. November 1902 12 Uhr mittags. Patient meldet sich erst
16 Stunden nach Ausbruch seines Fiebers. Im Blute viele protoplasma-
reiche kleine Ringformen.
Grofie grbbere Ringe 1 I 4 —‘/» Blutkorpergrflfie. Ebensolche sehr
feine, protoplasmaarme Ringe, achromatische Zone durch ein Oder zwei
Querffiden in Abschnitte zerlegt
Ebensolche Ringe mit lfingerem feinem Fortsatz. Vielfach ist
letzterer so verfistelt dafi er ein maschenf5rmiges Gebilde darstellt
das mit dem Ringe durch einen Stiel zusammenhangt.
Viele kleinste Formen mit Restk5rpern. GrQfiere maschenformige
Bildungen = '/s BlutkOrpergrbfie, mit starkerer Ansammlung von Proto-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 3.
plasma in der Umgebung des Chromatins, welches in dem Protoplasma
eingebettet erscheint
Den 16. November 4 Uhr mittags.
Kleinste feine und grObere Ringe. GrQBere Ringe, die sich wie die
oben beschriebenen protoplasmaarmen verhalten. Kleine Parasiten mit
RestkSrper.
GroBe Parasiten = */* Blutk6rpergr8Be, BlutkSrper vergroBert.
Protoplasma maschenformig, mit starkerer Anh&ufung in der Gegend des
Chromatins, das in mehrere Teilstiicke zerfallen ist.
Mehrfache Infektion eines Blutkorperchens durch kleine, protoplasma-
reiche Parasiten. Blutkorperchen vergrOBert und getiipfelt.
Sphere, ein vergrSBertes und gettlpfeltes Blutkorperchen
zur Halfte fQllend. GroBe Sph&re, Blutkorperchen vergrOBert und
getfipfeli
Den 16. November 8 Uhr abends.
Mehrzahl der Ringformen = l /<— Vs BlutkOrpergrOBe, feine und
grObere Zeichnung. Ihr Verhalten wie oben.
Maschenf5rmige Parasiten = Vs vergrSBertes Blutkorperchen.
Chromatin bis in 5 Teilstiicke zerfallen.
Sph&re in getiipfel tem Blutkorperchen. Feine kleine Ringe mit
RestkOrpern.
Ringformen an ihrem dem Chromatin gegentkberliegenden Teile
stark verdickt, oft geht von dieser Stelle noch ein langer, dicker Fortsatz
aus, welcher etwas pigmentiert ist GrOBe = 1 / s Blutkorperchen.
Den 17. November 8 Uhr morgens.
Vielfach kleine Parasiten mit RestkOrper. MaschenfSrmige Parasiten
= V, Blutkorperchen mit stellenweise stfirkerer Protoplasmaanh&ufung.
Chromatin gewuchert oder in Teilstiicke zerfallen. Protoplasma vielfach
fein pigmentiert. Blutk5rperchen manchmal vergroBert und ge-
t ii p f e 11.
Kleine Formen, protoplasmareich, mit oft pigmentiertem RestkSrper.
Chromatin zentral. BlutkOrper vergroBert und getiipfelt.
Wir sehen also, daB unser Fall, den wir von seinem ersten Beginne
haben verfolgen konnen, im Anfange nur kleine Parasitenformen erkennen
lieB, daB schon im ersten Rezidiv sich grSBere, an Golgische Parasiten
erinnernde Formen fanden, und dafi der Parasitenbefund im zweiten
Rezidiv schon Golgischen Parasiten n&her steht wie den kleinen, von
welchen sie ausgegangen.
In der Tat finden sich vielfach ziemlich groBe Formen in ver-
groBerten und getupfelten Blutkorperchen, so daB, wer den Patienten nicht
gekannt und dieses zweite Rezidiv allein beobachtet h&tte, auf den Ge-
danken h&tte kommen miissen, es hier mit einem Falle von Tertiana
simplex zu tun zu haben.
Wir sind demnach auf Grund dieser Erfahrung berechtigt, anzu-
nehmen, daB kleine sph&renbildende tropische Formen im Laufe der Zeit
in Golgische Formen flbergehen konnen, und dafi fur diese wenigstens
die unitarische Auffassung einiger Malariaautoren (Plehn, Laveran)
zu Recht besteht.
Fassen wir zum Schlusse die obigen Ausflihrungen zusammen, so
ergibt sich:
1) Protoplasmaarme Ringformen sind h&ufig keine kurzstundigen
Gebilde, sondern zeigen vielfach eine intensive, auf ihre Reproduktion
gerichtete Vitalit&t.
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Silberstein, Ueber die Entstehnng yon jungen Malariaparasiten etc. 241
2) Protoplasmaarme Ringformen findet man nicht allein bei tropischen
kleinen, sondern auch bei Golgischen Formen und es besteht in ihrem
Verhalten bezfiglich ibrer Weiterentwickelung meist kein prinzipieller
Unterschied.
3) Protoplasmaarme Parasiten konnen sich zu protoplasmareichen
umwandeln und verhalten sich dann wie diese. (cf. 4.) Bleiben sie proto-
plasmaarm, so teilen sie sich in einer von der normalen Sporulation ab-
weichenden Weise. Und zwar unterscheidet man die ttbersttlrzte Teilung
junger und die sp&tere Teilung alterer Formen. In dem ersten Falle
nimmt das Protoplasma, entsprechend seiner geringen Menge und der
Schnelligkeit des Teilungsprozesses, keinen aktiven Anteil an dem damit
verbundenen Wucherungs- und Spaltungsprozesse des Chromatins. Da-
gegen erh9.lt jedes der Teilstiicke des Chromatins den seinen, wenn
auch sehr geringen Anteil an protoplasmatischer Substanz. Oft ist dieser
so gering, dafi man es scheinbar nur mit einem solit&ren Chromatinkorn
zu tun hat, das aber in solchen Fallen von einem Hofe umgeben ist.
Im zweiten Falle sind die Verhaltnisse dieselben, sobald das Protoplasma
arm bleibt. Nimmt es aber an Masse zu, so bekommt es auch seinen
Anteil am Teilungsprozesse. Es kommt dann zu maschenformigen Bil-
dungen bei gleichzeitigem Zerfall des Chromatins in Teilstucke. Vielfach
kommt es hier zur Restkorperbildung und zur Bildung solitarer Korner.
4) Grobe Ringformen kommen zur typischen Sporulation oder sie
wachsen gleichfalls zu maschenfdrmigen Bildungen aus, die sich wie
sub 3 verhalten. Vielfach kommt es zur Restkorperbildung.
5) Die Restkorperbildung ist ein sehr verbreiteter Vorgang und als
abortive Sporulation aufzufassen. Sie findet sich bei kleinen spharen-
bildenden wie bei groBen Tertianparasiten.
6) Vielfach haben Ringformen nur ein kurzes Dasein. Sterben sie
ab, so stirbt gewobnlich auch ihr Chromatin. Unter Umstanden soil
dieses jedoch erhalten bleiben und der Ausgangspunkt eines neuen
Parasiten werden (P1 e h n). Da aber ein solches Chromatinkorn keinen
Hof besitzt, so ist es noch eine Frage, ob es nicht noch nachtraglich
abstirbt, ohne einen Parasiten geliefert zu haben.
7) Solitare Chromatinkorner mit einfem Hofe konnen bei alien Arten
der Teilung entstehen und zu jungen Parasiten auswachsen. Sehr haufig
aber sind sie, da sie oft schon zu Anfang oder selbst vor Ausbruch des
Erstlingsfiebers vorhanden sind, allerkleinsten Erstlingsformen gleichwertig.
8) Bei Tertianparasiten kommt es vor, daB nur die erste Generation
durch typische Sporulation entsteht. Im weiteren Verlaufe entstehen
junge Formen durch Abschniirung von einem RestkOrper. Dabei kommt
es in der Regel nur zur Bildung eines einzigen Parasiten. Mdglicher-
weise ist hierin ein allgemeines Prinzip zu finden, welches auch andere
Parasiten arten umfaBt.
9) Kleine spharenbildende Parasiten kdnnen im Laufe einer relativ
kurzen Zeit in grofie Golgische iibergehen.
10) Das Absterben von tropischen Ringformen laBt in der Regel keine
sichtbaren Veranderungen an den sie beherbergenden Blutkorperchen
erkennen.
11) Die Hypothese, nach welcher ein neuer Malariaanfall bei tropischen
Parasiten nicht durch den SporulationsprozeB oder ihm verwandte Vor-
gange, sondern durch einen massenhaften plotzlichen Zerfall von Parasiten
und Blutkdrperchen entstehen soli, scheint wenig wahrscheinlich.
16
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Nachdruck verbolen.
Studien liber den Vaccineerreger. I
Von Prof. H. Bonhoff, Marburg a. L.
Das Vierteljahrhundert der Entwickelung, welches hinter der bakterio-
logischen Wissenschaft liegt, hat die grdfiten Errungenschaften gezeitigt.
Es ist eine betr&chtlicbe Anzahl von Erkrankungen des Menschen und
der Tiere in ihren Ursachen genau erkannt worden. Anch fiber das
Vorkommen nnd Verhalten der Mikrobien dieser Infektionskrankheiten
in unserer Umgebung, fiber die Art ihrer Wirkung im Kdrper, fiber die
Einzelheiten des Eampfes zwischen Kdrper und Parasiten haben unsere
Kenntnisse hervorragenden Zuwachs erfahren.
Gegenfiber diesen grofien Errungenschaften ist. die Tatsache, daB
wir fiber eine groBe Zahl von Infektionserregern so gut wie gar nichts
wissen, von einer noch groBeren Zahl wenigstens die Form nicht kennen,
in auffallender Weise in den Hintergrund getreten.
Wenn wir uns in der menschlichen Pathologie zun&chst um-
sehen, so sind als Infektionskrankheiten, deren Erreger wir nicht kennen,
vor allem die akuten Exantheme und die Syphilis zu nennen. Eine
weitere Gruppe umfaBt das groBe Gebiet der nicht durch Fadenpilze etc.
bedingten infektiosen Hautkrankheiten. Als dritte Gruppe kommt in
Betracht eine Anzahl von Krankheiten des Nervensystems, deren Gharakter
als Infektionen schon lange bekannt ist, vor allem die spinale und
cerebrale KinderlShmung und die Landrysche Paralyse; ferner die
Arthrogryposis. An der Spitze einer vierten Gruppe, durch deren zu-
sammenfassende Besprechung jedoch nichts pr&judiziert werden soli, sei
der Keuchhusten genannt Dann die akute gelbe Leberatrophie, die
primfire hypertrophische Lebercirrhose, die Leberabscesse der Tropen,
soweit sie nicht durch Amdben bedingt sind, das Noma, der Mumps,
die strumosen Erkrankungen, die Beri-Beri, die Schlafkrankheit der
Tropen. Es bleiben eine ganze Anzahl von Erkrankungen des Menschen
ttbrig, bei denen der Charaktei* als Infektionskrankheit zweifelhaft er-
scheinen kann; die sogenannten Konstitutionskrankheiten, ferner Rhachitis
und Osteomalacie und manches andere.
Auch unter den tierischen Infektionen ist eine betrachtliche
Anzahl solcher zu finden, fiber deren Ursachen wir nichts wissen. Ich
nenne die Hundestaupe, die Rinderpest, die Lyssa, die ja auch auf den
Menschen ttbergeht, die beiden verschiedenen Formen von Pocken bei
Saugetieren, die Geflfigelpocken, die afrikanische Pferdesterbe, die
Stomatitis pustulosa contagiosa, die Beschalseuche der Pferde, den
Bl&schenausschlag des Pferdes und Rindes, das Petechialfieber (Morbus
maculosus). Auch die Maul- und Klauenseuche des Rindes und Schweines,
ferner die von Gentanni und von Lode und Gruber beobachtete
und als Kyanolophiea bezeichnete Htthnerseucbe gehoren hierher.
Gerade unter diesen tierischen Infektionskrankheiten existiert nun
aber eine Anzahl, fiber deren Erreger wir, wenigstens hinsicht-
lich ihrer Morphologie, in nfichster Zeit Neues unter keinen
Umst&nden werden zu erwarten haben. Dazu sind zu rechnen auBer
den beiden letztgenannten die sfldafrikanische Pferdesterbe und, wenn
"ine Mitteilung von Nicolle und Adil-Bey sich bestfitigt, auch die
i nderpest.
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Bonhoff, Studien ttber den Vaccineerreger. I. 243
Es gehoren dazu ferner nach den Untersachungen von Marx und
Sticker die Geflttgelpocken und nach Borrels Mitteilungen die
Schafpocken. Bei diesen Krankheiten, ebenso wie bei einer Erkrankung
der Tabakpflanze, der sogenannten Mosaikkrankheit, handelt es sich urn
Erreger, die jenseits der Sichtbarkeit liegen, also so klein sind, dafi wir
sie auch mit unseren besten Vergrofierungen nicht erkennen kOnnen.
Es war mir eine Zeit lang wahrscheinlich, dafi auch die Hundestaupe
zu dieser Gruppe gehore, da Infektionsversuche an Hunden, die vor
Jahren mit den Reichelt- und Berkefeld-Filtraten von Staupe-
sekreten geimpft waren, in zahlreichen Fallen positive Resultate ergeben
batten. Ich bin indes in dieser Auffassung wieder zweifelhaft geworden,
da die Wiederholung der Versuche an Tieren, welche in einem niemals
mit staupekranken Hunden belegten Stalle gehalten wurden, vollig
negative Resultate ergeben hat Wenn die letztgenannten Tiere nicht
eine Immunitfit gegen Staupe besessen haben — was nicht ausgeschlossen
ist, da es sich nicht um ganz junge Hunde und nicht urn edlere Rassen
handelte — so ware das zuerst erhaltene Resultat als durch Stallinfektion
hervorgerufen anzusehen.
In der menschlichen Pathologie sind durch unsichtbare Lebewesen
bedingte Infektionen noch nicht festgestellt worden. Es ist aber bereits
die Ansicht geaufiert, dafi ein Teil der in ihren Erregern unbekannten
menschlichen Infektionskrankheiten durch wegen ihrer Kleinheit unsicht¬
bare Mikrobien hervorgerufen sei. So sagt z. B. Metschnikoff in
seinem Buche fiber Immunitfit p. 2: „In dieser Kleinheit gewisser
Bakterien ist sehr wahrscheinlich der Grund zu suchen, weshalb es
bisher nicht gelungen ist, die Erreger einer ziemlich grofien Anzahl von
Infektionskrankheiten zu finden, z. B. von Scharlach, Roteln .. . Pocken
u. a. m.“ Es wird spfiter Gelegenheit genug sein, auf diese Anschauung
zurttckzukommen. Hier genfigt es, festzustellen, dafi bisher der Beweis
dafttr nicht erbracht ist, dafi eine der oben genannten menschlichen In¬
fektionskrankheiten durch mikroskopisch unsichtbare Lebewesen bedingt
werde.
Welch ein weites Feld zukfinftiger Tfitigkeit liegt vor uns! Fast
kfinnte das Erreichte in seiner Grofie und Mannigfaltigkeit beeintrfichtigt
erscheinen! Jedenfalls dttrfte es angemessen sein, weniger daran zu
denken, wie herrlich weit wirs gebracht, als an das Buch mit sieben
Siegeln, das vor uns liegt.
Denn eine Aufklfirung fiber die Ursachen der oben genannten In¬
fektionskrankheiten hatte sowohl eine hohe theoretische als eine
eminente praktische Bedeutung. Dies braucht eigentlich kaum des
weiteren ausgeffihrt zu werden. Doch sei bezfiglich der praktischen
Bedeutung erwfihnt, dafi die Auffindung des Erregers der Pocken viel-
leicht auch Aufklfirungen fiber die Masern- und Scharlacherreger zur
Folge haben wfirde. Aehnliches liefie sich innerhalb der oben ange-
ffihrten Krankheitsgruppen auch von einigen anderen Erregern erwarten.
Ferner, wenn wir auch vielleicht hinsichtlich der Prophylaxe bei manchen
Infektionen, wie z. B. den Pocken, der Lyssa, so Vollkommenes erreicht
haben, dafi die Sicherheit vor Erkrankung selbst durch genaueste
Kenntnis der Parasiten kaum wird gesteigert werden konnen — bei
anderen Erkrankungen fehlt uns doch bis heute auch jede primitivste
Grundlage zu einer Vorbeugung, soweit sie nicht auf ganz allgemein
anwendbaren Isolier- und Desinfektionsmafiregeln beruht Auch hin¬
sichtlich der Behandlung und Heilung dieser Erkrankungen dfirfen wir
16 *
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
von genauerer Erkenntnis der Erreger, vielleicht wenigstens bei einigen
derselben, gfinstige Erwartungen hegen. Und schliefilich wfirde doch
auch der Erweiterung unserer Eenntnisse (iber Immunit&t, die sich im
Gefolge der Erkenntnis der fraglichen Parasiten zweifellos einstellen
wfirde, eine praktische Bedeutung nicht abzusprechen sein.
Ehe ich meinen eigenen Untersachungen nfiher trete, mull noch die
Frage erortert werden, ob nicht der dauernde MiBerfolg in der Auf-
findung der mutmafilichen Mikrobien vielleicht darin seinen Grund hat,
dafi kdrperliche Elemente, lebende, zellige Gebilde, eben gar nicht vor-
liegen, dafi es sich bei der Aetiologie der betreffenden Erkrankungen u m
cbemische Agentien, Enzyme z. B., handelt Diese Auffassung
ist neuerdings nicht allzuselten und zwar von verscbiedenen Seiten
ventiliert worden. Ich kann mich fiber diesen Punkt ganz kurz fassen.
Zunachst ist meines Erachtens die Moglichkeit, dafi Enzyme den In-
toxikationserkrankungen fihnliche Krankheiten erzeugen kfinnten, nicht
von der Hand zu weisen. Es ist auch mdglich, dafi solche Erkrankungen
einmal en- oder epidemisch oder wenigstens in gehfiufter Zahl auftreten
konnen. Festzuhalten ist aber, dafi ein Beispiel ffir etwas Derartiges
bisher in der Pathologie nicht vorliegt. Im fibrigen verweise ich hin-
sichtlich dieses Punktes einmal auf die Darstellungen Henles in seinen
„pathologischen Untersuchungen" aus dem Jahre 1840: „Wir treffen . . .
zuerst auf eine allgemeine und charakteristische Eigen sch aft, welche nur
der lebenden Materie zugeschrieben werden kann, das Vermogen namlich,
sich auf Kosten und durch Assimilation fremder organischer Substanz
zu multiplizieren". Weiterhin empfehle ich ein genaues Studium der
Untersuchungen von Loeffler und Fro sch fiber die Maul- und
Klauenseuche und eine im 31. Bande des Centralblattes ffir Bakteriologie
und Parasitenkunde erschienene Arbeit von Ernst Joest fiber un-
bekannte Infektionsstoffe, die die einschligigen Fragen fiufiert klar und
grfindlich behandelt und in welcher der Verfasser auch hinsichtlich der
meisten oben genannten Infektionskrankheiten schon auf Grund theo-
retischer Erwagungen zu dem Schlusse kommt, dafi sie durch ein Con-
tagium vivum, durch zellige Gebilde, erzeugt werden mfissen.
Bei dem Bestreben, hinsichtlich der Aetiologie der oben aufgez&hlten
zweifellosen Infektionen etwas weiter zu kommen, war die Auswahl des
Materials, mit welchem die Versuche angestellt werden sollten, nicht
ohne Bedeutung. Von vornherein auszuschliefien waren zunachst die-
jenigen Erkrankungen des Menschen, die, auf Tiere fiberhaupt nicht
fibertragbar, eine spezifische Plage des Genus humanum darstellen.
Von den fibrig bleibenden Infektionskrankheiten sind zweifellos zwei
am meisten zum Studium der unbekannten Erreger geeignet und haben
tatsfichlich oft genug zu Untersuchungen gedient, weil einmal das In-
fektionsmaterial sich verhfiltnismfifiig leicht beschaffen lfifit und zweitens
empfangliche Tiere in genfigender Zahl zur Verffigung stehen: die Lyssa
und die Kuhpockenerkrankung. Die Lyssa involviert immerhin bei
der Verbreitung des Infektionsstofifes eine gewisse Gefabr ffir die Um-
gebung des Untersuchenden, die bei Arbeiten mit Vaccine nicht vor-
handen ist Mit letzterer schien also das geeignetste Versuchsobjekt
gegeben zu sein.
Die eigenen Untersuchungen, fiber welche nunmehr berichtet werden
soil, erstrecken sich fiber einen Zeitraum von mehreren Jahren, ein-
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Bonhoff, Studien fiber den Yaccineerreger. I.
245
gerechnet die Zeit, die aus irgend welchen Griinden zum Arbeiten an
dem Thema nicht benutzt wurde.
Zur Zeit des Beginns meiner Beschaftigung mit dem Gegenstand
war bereits fur die meisten Bakteriologen feststehend, dafi es sich bei
den Erregern der akuten Exantheme um Bakterien nicht handeln kdnne.
Hatte doch eine tausendfach wiederholte Untersuchung, von den ver-.
schiedensten Autoren mit aller Gew&hr der Genauigkeit und ZuverlSssig-
keit ansgefiihrt, immer dasselbe eindeutige Resultat ergeben: Kulturelle
Sterilitat der zur Uebertragung geeigneten Krankheitsprodukte, Un-
mdglichkeit, durch mikroskopische Untersuchung, F&rbung etc. irgend
etwas Spezifisches nachzuweisen. Skmtliche Methoden des kulturellen
und mikroskopischen Bakteriennachweises, die bisher in irgend einem
Falle von Erfolg gekrbnt gewesen wareD, hatten bereits Anwendung er-
fahren, die neuen zum Experiment herangezogenen MOglichkeiten waren
nach jeder Richtung hin variiert und in grofiter Mannigfaltigkeit aus-
geprobt worden.
Trotz alledem liefi sich damals fflr den, welcher anfing, sich mit
dem Gegenstand zu besch&ftigen, die Moglichkeit, dafi sich ein pflanz-
licher zQchtbarer Mikroorganismus auffinden lasse, nicht von vornherein
ganz von der Hand weisen. Als Warnung vor einem allzu schnellen
Aufgeben der Hoffnung, auf dem angegebenen Wege das Ziel zu er-
reichen, mufite immer die Geschichte der Auffindung des Tuberkel-
bacillus dienen. Vielleicht war es doch nicht so ganz ausgeschlossen,
durch tunlichst enge Anlehnung an die Bedingungen der Vermehrung
im Kdrper, durch Benutzung mdglichst frischen, noch „korperwarmen“
Aussaatmaterials, durch zahlreichste Variation der aufieren Verhaltnisse,
vor allem der Temperatur- und Feuchtigkeitsverhaltnisse den Erfolg zu
fassen. Auch die Tatsache, daB sich weder mikroskopisch noch
kulturell etwas erreichen lieB, konnte zunachst an dieser Auffassung
nichts andern. Man hatte ja denken kdnnen, daB sich, wenn auch eine
Zflchtung unmoglich sei, doch mikroskopisch etwas mflsse auffinden
lassen, ebensogut wie z. B. in Rekurrensfallen die mikroskopische Unter¬
suchung des Blutes zur rechten Zeit den Krankheitserreger sofort auf-
deckt, wahrend seine Ziichtung unmoglich ist; und wenn ich nicht irre,
ist dieser Ansicht, dafi man doch wenigstens mikroskopisch die eventuell
vorhandenen Bakterien miisse nachweisen konnen, verschiedentlich, auch
von autoritativer Seite Ausdruck verliehen worden. Aber wer hat vor
dem Beginn der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts Tuberkel-
bacillen in tuberkuldsen Drflsen oder ihrem Einschmelzungsprodukt
gesehen? Oder wie viele Untersucher haben auch heute noch an der
Impfstelle des Starrkrampfes bei Fallen ohne Mischinfektion Tetanus-
bazillen mikroskopisch nachgewiesen oder gar herausgezfichtet? Wenn
es sich anch bei dem Inhalt der Vaccinepustel wahrscheinlich um weit
zahlreichere Krankheitserreger als in den eben angefQhrten Beispielen
handelt — der Mifierfolg hier konnte immerhin auch an einer Kleinig-
keit, an der Nichterfiillung einer einzigen, vielleicht ganz nebensachlich
erscheinenden oder einer bezw. mehrerer fundamentaler Bedingungen
liegen.
Bei meinen Untersuchungen ist deshalb die Moglichkeit, eine Ziich-
tungsmethode zu finden, niemals aufier Acht gelassen und tatsachlich
bis zum FrQhjahr 1902 eine unzahlige Menge von Einzelversuchen nach
dieser Richtung ausgeffihrt worden. Was zunachst das Material be-
trifift, an welchem die Untersuchung vor sich ging, so handelt es sich
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246 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
in der Hauptsache urn frische menschliche oder K&lbervaccine. Daneben
aber babe ich im Laufe der Zeit, von der festen Ueberzeugung durch-
drungen, dafi der Erreger der Variola im groBen und ganzen identisch
sein mflsse mit dem der Vaccine, eine betr&chtliche Zahl von Pocken-
kranken, bezw. deren Krankheitsprodukte in den verschiedensten Stadien
.des Pockenprozesses untersucht. Ferner sind im Laufe der Jahre fast
alle mir zugSnglichen FSlle von Scharlach, Maseru und Syphilis und zwar
deren Krankheitsprodukte, Rachenbelag, Bindehautsekret, Eiter der Ge-
schwflre etc. und deren Blut zu verschiedenen Zeiten der Erkrankung
toils zu Kontrollzwecken, teils aber auch, um vielleicht hier, wo, wie
schon erw&hnt, nach meiner und gewifi auch anderer Ansicht dasselbe
Genus von Erregern vorliegt, einen Fingerzeig zu erhalten, einer ge-
nauen Prufung unterzogen worden. Auch das Sputum keuchhusten-
kranker Kinder, so oft es rein erh<lich war, ferner die Krankheits¬
produkte einiger in ihrer Aetiologie unaufgekl&rter tierischer Infektionen,
z. B. besonders der Hundestaupe, haben zu Kontrolluntersuchungen
gedient.
Bezflglich des methodischen Vorgehens wurde bei alien
Untersuchungen nach dieser Richtung der Hauptwert gelegt und die
meiste Zeit verwendet auf die mikroskopische Durchsuchung des frischen
Materials im natflrlichen Zustande. Dabei wurde nicht nur mit Ver-
grfifierungen bis 2250fach untersucht, sondern auch der Versuch ge-
macht, durch Aenderungen im Brechungszustande der Medien, Dinge,
die eventuell wegen ihrer mit dem umgebenden Medium vflllig gleichen
LichtbrechungsverhSltnisse unsichtbar waren, fflr unser Auge sichtbar
zu machen. Eine ges&ttigte Lavuloselosung diente zur Aenderung der
Lichtbrechung, durch seitliche Beleuchtung und farbiges Licht wurde
versucht, eine Verst&rkung der VergroBerung zu erreichen.
Gleichzeitig mit diesen Untersuchungen des Materials im natflrlichen
Zustande wurden selbstverstfindlich gef&rbte Prfiparate von demselben
Material hergestellt, mit so ziemlich alien Einzelfarben und alien Farben-
kombinationen, die bis zum Beginne der Arbeiten bekannt waren und
im Laufe der letzten Jahre neu mitgeteilt worden sind. Auch war ich
bemfiht, durch neue, mir zweckm&Big erscheinende Zusammenstellungen
der verschiedensten Farbreagentien meinem Ziele nflher zu kommen.
Neben diesen histologischen Untersuchungen gingen stetig Versuche
einher, durch moglichste Anpassung des Nahrbodens an die natflrlichen
VerhSltnisse eine Entwickelung des Krankheitserregers auf kflnstlichem
Material zu erhalten. In frfihester Zeit habe ich unter zahlreichen
Fehlversuchen zu leiden gehabt und bin, wie andere auch, mancher
Bakterienart naher getreten, die sich bei genauerer Untersuchung als
gleichgflltig erwies, weil die Vorbedingung fflr derartige Versuche, ein
von fremden Bakterien freies, den Erreger aber in mflglichster Reich-
lichkeit enthaltendes Aussaatmaterial, nicht so leicht zu erffillen war als
heute. Jetzt kann man dieselbe bei der Pockenlymphe auf die aller-
verschiedenste Weise, durch Zentrifugieren der Lymphe, durch Bebandeln
derselben mit Glycerin bei Bruttemperatur, durch subtilste Desinfektion
der Haut des Kalbes am Rflcken, Impfung an dieser Stelle und Okklusiv-
verband, durch vierstfindigen Aufenthalt der Lympbe in der Bauchhdhle
des Kaninchens und wahrscheinlich auch noch auf manche andere Weise
weit leichter erffillen.
In einem Falle ist auch Lymphe von der Firma Merck in Darm¬
stadt, durch freundliche Uebersendung seitens des Herrn Dr. Land-
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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I.
247
mann erhalten, verwendet worden. Dieselbe erwies sich als v611ig
steril, war aber, wie auch bei Untersucbungen derselben Lymphe von
anderer Seite festgestellt worden ist, entschieden in der Wirkung ab-
geschwficht. Bei einem Erstimpfling entwickelten sich an drei von vier
Impfschnitten nur abortive Pusteln, der vierte Schnitt blieb reaktionslos.
Bei den ZUchtungsversuchen sind nun Menschen- und Kfilberserum
im flttssigen und festen Zustande, natfirlich stets von empffinglichen,
nicht irgendwie immun gewordenen Individuen, fttr sich allein oder
kombiniert mit den allerverschiedensten Stoffen organischer und an-
organischer Natur, hauptsficblich herangezogen worden. AuBerdem sind
geprfift die tibrigen Bestandteile des Blutes von Kfilbern, vor allem
Hfimoglobinldsungen moglichst frischer Bereitung; ferner frischer und
filterer Muskelsaft des Kalbes, durch Bakterienfilter keimfrei gemacht,
also unerwfirmt; frei von Zusatzen und in den verschiedensten Kom-
binationen; auch diese Nfihrboden in fliissigem und festem Zustande.
Endlich ist wiederholt dasjenige Material, in dem sich die Vaccineerreger
doch zweifellos vermehren, der Inhalt der Epidermiszellen des Kalbes,
in mbglichst wenig verfindertem Zustand in Verbindung mit Kalberserum
zu den Versuchen benutzt worden.
Die Resultate aller dieser sich fiber Jahre ausdehnenden Versuche
sind, um es moglichst kurz zu sagen, vdllig negative. Ffir meine Person
habe ich aus alien diesen eigenen Versuchen die Ueberzeugung ge-
wonnen, daB es nicht gelingt, eine praktisch brauchbare Vermehrung
der Vaccinekeime auf den genannten kfinstlichen Substraten zu erzielen
und daB es sich bei den Erregern der Kuhpocken um
pflanzliche Organismen, die eine engere Verwandtschaft
mit den verschiedenen uns bekannten mikroskopisch
sichtbaren Bakterien zeigen, nicht handeln kann.
,,Lorsqu’on examine au microscope, avec les plus forts grossissements,
de la lymphe vaccinale recueillie au 4e jour, en tubes capillaires, avec
toutes les precautions de puret6 possibles, on n’y trouve que trbs peu
et quelquefois pas de batteries colorables par les methodes usuelles.
A l’etat frais, on y observe en revanche une multitude de grains ex-
tremement petits, r4fringents, mobiles, qui semblent bien etre les elements
virulents du vaccin, car on ne les rencontre jamais dans le sang, ni dans
les exsudats recueillies chez les animaux enikat d’6ruption vaccinale“').
Von der Anwesenheit dieser sehr kleinen, stark lichtbrechenden und
beweglichen Korner in jeder Lymphe und in dem Inhalt jeder Pustel
der Menschen- und Kuhpocken haben sich schon zahlreiche Untersucher
fiberzeugt und kann man sich in der Tat jederzeit sehr leicht fiberzeugen.
Sie sind vom vierten Tage an mit Sicherheit in groBen Mengen in dem
erw&hnten Material zu finden.
Diesen Kfirnern bin ich wfihrend meiner Untersuchungen lfingere
Zeit nachgegangen. Es war mir gelungen, dieselben Gebilde, wie ich
glaubte, in groBeren Mengen in besonderem kfinstlichem Nfihrboden sich
entwickeln zu sehen und mit der siebenten Generation derartigen
Materials Pusteln beim Kalbe zu erzeugen. Die Art der Bereitung
dieses Nfihrmaterials will ich zunfichst mitteilen, da es mir nicht ganz
1) Calmette et Gu4rin, Kecherches sur la vaccine exp4rimentale. (Annales
Pasteur 1901. p. 166.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
ausgeschlossen erscheint, daB auch von anderer Seite der Gedanke, auf
dem anzugebenden Wege zum Ziele zu kommen, verfolgt werden kbnnte.
Hat doch Babes bei der Zfichtung des Hundswaterregers Gehirnsubstanz
in ahnlicher Weise, wie ich gleich beschreiben werde, verwendet; wie
er glaubt, mit einem gewissen Erfolge. Und hat doch auch Loewit
inzwischen bei seinen Leukfimieparasiten Versuche zur Zfichtung in
Milz- und Lymphdrfisensubstanz gemacht (p. 236).
Blut und Fleischbestandteile des Kalbes hatten sich bei meinen
Untersuchungen bereits mehrfach als unzulanglich zu Zflchtungsversuchen
erwiesen — auch die schon von Anfang an von mir gesehenen stark
lichtbrechenden Eornchen waren nicht zur Entwickelung gekomuien.
Es blieb der Versuch, die inneren Organe des Kalbes, die kernreichen,
als N&hrmaterial zu verarbeiten. Viel Hoffnung wurde auf diesen Ver¬
such nicht gesetzt, da es sehr fraglich erschien, ob die in Lbsung ge-
gangenen Nukleine und fihnliche Ebrper, die ja bekanntlich bei der
Ernahrung des Menschen als Ersatz fiir Eiweifi nicht dienen kbnnen,
imstande sein warden, den Nahrstoff fiir parasitfire niedere Organismen
abzugeben. War doch sogar das Gegenteil, eine Abtbtung solcher
parasitfirer Organismen, durch manche der zu verarbeitenden Organe,
wie Milz, Knochenmark, nicht ausgeschlossen. Urn so grbBer war mein
Erstaunen, als sich herauszustellen schien, dafi gerade dieses Material
sich eignen sollte.
Die Bereitung des NS.hrbodens war folgende: Von einer l /i o Normal-
Natrium- oder Kaliumhydroxydlosung wurden mehrere Liter bereitet
und sicher sterilisiert. Mit dieser Lbsung wurden die mbglichst steril
zerkleinerten Organe der verschiedensten Tiere, hauptsfichlich von Rindern,
Kfilbern, Kaninchen, Meerschweinchen und Hunden, und zwar vor allem
h&ufig die Milz, etwas weniger oft Leber und Nieren, ganz selten Gehirn
und Knochenmark abergossen, eine Zeit lang extrahiert, dann ausgeprefit
und durch steriles Fliefipapier filtriert. Das Filtrat stellte, nachdem es
mit steriler 0 -Normalsfiure auf brauchbare, Ubrigens verschieden hohe
Alkalescenzgrade gebracht war, den N&hrboden vor, der also dadurch
charakterisiert war, daB es sich um niemals Qber Kbrpertempe-
ratur erwarmte Alkaliextrakte der lebenswichtigsten
Organe handelte. Natfirlich war es nicht leicht, solche Nahrboden
steril zu erhalten, da ja von dem Moment des Todes des Tieres an-
dauernd Gelegenheit zur Infektion mit Mikroorganismen in reichstem
MaBe gegeben war. Trotz der gebrauchten VorsichtsmaBregeln wurde
es vielleicht niemals gelungen sein, zum Ziele zu kommen, wenn nicht
aberall bester Wille und vor allem bei meinem damaligen Diener wahre
Unermttdlichkeit vorhanden gewesen ware. Was die VorsichtsmaBregeln
betrifft, so wurde, um das Material von den Schlachttieren zu erhalten,
der Diener am Tage vorher von der Stunde des Schlachtens benach-
richtigt, ging dann mit sterilisierter Doppelschale und einigen sterilen
Messern zum Schlachthause, das betreffende Organ wurde mit gereinigten
und nach damaliger Methode frisch desinfizierten Handen gefafit und
mbglichst sofort nach Eroifnung der betreffenden Korperhbhle mit den
mitgenommenen Messern herausgeschnitten. Nach der Herausnahme
ging eine energische Abspiilung mit steriler physiologischer Kochsalz-
losung an dem Organ vor sich. In der Doppelschale ins Laboratorium
transportiert, wurde es sofort mit Fleischhackmaschine zerkleinert und
zwar unter mehreren Lagen Fliefipapier, die fiber der Maschine aus-
gespannt waren. Der aufgefangene Brei wurde mit der erwfihnten
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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I.
249
Alkalildsung im Verhaltnis von 1:2, zuweilen auch mit mehr der Losung
versetzt und nun zunachst in Flaschen, die mit Korken verschlossen
waren, eine halbe bis ganze Stunde im Schflttelapparat kraftig durch-
geschOttelt Die Flaschen warden dann in einen grofien Glastrichter
der mit Seihtuch versehen war, entleert, das Seihtuch oben zusammen-
gedreht und der Inhalt desselben mit den H&nden ausgepreBt. Ueber
die pressenden Hfinde war vorher ein Paar Gummihandschuhe gezogen,
das 2 Stunden in l%o Sublimat gelegen hatte, die Hande selbst waren
natflrlich vorher griindlich nach FQr bringerscher Methode desinfiziert
worden. Das in steriler Flasche aufgefangene Prefiergebnis wurde dann
in mbglichst kleinen Portionen auf kleine in Fiaschchen steckende Papier-
filter gebracht, die in mdglichst groBer Zahl vorhanden waren, so daB
hOchstens immer 10—20 ccm des Extraktes auf ein Filter kamen. Das
letztere war notwendig, weil besonders von den 1:2 Alkalildsung ver-
setzten Breiextrakten, selbst nach 24 Stunden Filtrierens nur sehr wenig
Filtrat erhalten wurde; die zahe, eiweiB- und mucinreiche Masse verlegte
geradezu die Poren der Filter. Es war auch deshalb empfehlenswert,
weil man hoffen konnte, aus mehreren kleinen Portionen spater eher
eine keimfreie zu erhalten, als wenn die ganze Masse vereint stunden-
lang in einem Filter filtriert hatte.
Dann wurde die ganze Batterie der Filter und Fiaschchen mit
mehreren Bogen Fliefipapiers bedeckt und bei mdglichst niedriger
Temperatur sich selbst iiberlassen. Nach ca. 12—24 Stunden wurde
das Filtrat aus den einzelnen Fiaschchen unter peinlichen Vorsichts-
maBregeln, mit sterilen Pipetten, ohne Schfitteln, in Reagenzgiaser ge-
fflllt, hier mit Vio’Normalsaure versetzt, derart, daB eben keine sichtbare
Trflbung der ganz klaren braunlichen Flttssigkeit eintrat, und die
Reagenzgiaser mit dem fertigen Nahrboden dann in den BrUtschrank
gestellt. Nur solche Rdhrchen wurden zu den Versuchen benutzt, die
nach 4-tagigem Aufenthalt bei 37° C im Agarausstrich sich steril er-
wiesen. Ich brauche kaum besonders zu erwahnen, daB alle Gegenstande,
mit denen das Material wahrend der Zubereitung in Beruhrung kam,
also Fleischhackmaschine und dariiber gespanntes FlieBpapier, die Glaser,
in denen der Brei aufgefangen wurde, alle Flaschen, Korken und Glas¬
trichter, Seihtuch, Reagenzgiaser etc. vorher auf das sorgfaltigste im
strbmenden Dampfe sterilisiert waren.
Trotz aller dieser VorsichtsmaBregeln erhielt ich weit haufiger in-
fizierte, als sterile Nahrboden; und eine unendlicbe Geduld und Mflhe
gehOrte dazu, nur von jedem Organ wenigstens einige Male keimfreies
Material zu gewinnen. Mit Ausnahme des Kalbshirnextraktes, den ich
nur einmal keimfrei erhielt, ist es mir indes bei samtlichen Organen
ofter gelungen.
Die auf die angegebene Weise steril erhaltenen Nahrboden wurden
im fliissigen und festen Zustande (mit 3 Proz. Agar aa versetzt) mit
steriler, aber den Krankheitserreger reichlich enthaltender Lymphe be-
impft. Als Ausgangsmaterial kam dabei hauptsachlich der Inhalt der
Pusteln erstgeimpfter Kinder zur Verwendung, ferner Kalberpusteln in
den verschiedenen Zeitpunkten ihrer Entwickelung. Jede einzelne Probe,
die zur Aussaat diente, wurde auf ihre Fahigkeit geprflft, beim Kalbe
echte Vaccinepusteln zu erzeugen. Zur Kontrolle dienten, wie scbon
erwahnt wurde, Blut von Kindern, die an akuten Exanthemen litten, so
lange sie auf der H5he der Krankheitsentwickelung sich befanden; das
Blut und die Krankheitsprodukte staupekranker Hunde etc. Nach der
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Impfung des N&hrbodens blieb derselbe 8 Tage im Brutschrank bei
37° C stehen; dann wurde auf denselben N&hrboden abgeimpft von dem
ersten Robrchen und damit die zweite ^Generation 14 hergestelit, die
wieder 8 Tage im Briitschrank blieb, bis von ihr auf ein drittes Robrchen
desselben N&brbodens als dritte „ Generation 44 abgeimpft wurde etc.
Naturlich fand in der Zwischenzeit eine wiederholte Untersuchung des
Materials im h&ngenden Tropfen und gef&rbten Zustande statt. Von
der siebenten ^Generation 44 der auf diesem N&hrboden nfortgezfichteten 44
Lympheerreger wurde ein Kalb in bekannter Weise in die Haut der
rasierten Bauchdecken geimpft und von dem Erfolg der Impfung ge-
schlossen auf die Mftglicbkeit, den N&hrboden als Zilchtungsmaterial
ftir den Vaccinekeim zu benutzen. Die siebente Generation wurde als
beweisend angesehen, weil in Vorversuchen festgestellt war, daft bei
der Uebertragung von gleichen Mengen der Lympbe in Bouillon, Aufent-
halt der letzteren im Brutscbrank fur 8 Tage und Abimpfung in weitere
Bouillonrohrchen die Parasiten der Kuhpocken nur selten noch in dem
funften Bouillonrohrchen, bei der fiinften „Generation tt nachweisbar, d. h.
durch die F&higkeit dieser Bouillon, beim Kalbe Vaccinepusteln zu er-
zeugen, feststellbar waren. In sechster ^Generation 44 habe ich niemals
noch eine Wirkung dieser Bouillon beim Kalbe gesehcn. Wenn man
also von der siebenten „Generation 44 auf dem Organextrakt-N&hrboden
positive Resultate erhielt, so schien damit der Beweis einer Vermehrung
der Krankheitserreger in diesem N&hrboden um so mehr erbracht, als
ein Hineingelangen von Pockenkeimen in die Scbnittwunden auf andere
Weise, etwa von dem von frfiher her infizierten Stallboden oder dem
Futter der Tierst&nde her, als ausgeschlossen gelten konnte und gelten
kann, wie (ibrigens auch v. Wasielewski neuerdings gezeigt hat.
Die mikroskopischen Untersuchungen des Materiales im N&hrboden
zu verschiedenen Zeiten w&hrend des Aufenthaltes im Brutschrank zeigten,
dafi eine hdchst auffallende Ver&nderung in dem N&hrboden vor sich
ging, die sich schon bei der Betrachtung mit bloBem Auge aufdr&ngte:
der bis dahin vOllig homogene, braune, durchsichtige N&hrboden trflbte
sich allm&hlich, wurde schmutziggrau und lieB eine groBe Anzahl kleinster
Brbckchen beim Schfitteln erkennen. Wahrend des Aufenthalts im Brut¬
schrank trat diese Ver&nderung allmahlich und in immer zunehmendem
Mafie ein, nicht ganz regelmaBig und nicht immer gleich deutlich, aber
doch im ganzen in gleichm&Biger Weise. Die mikroskopische Betrachtung
ergab, daB eine groBe Anzahl kleinster Gebilde, zum Teil das Licht sehr
stark brechend und lebhafteste Molekularbewegung zeigend, Gebilde, die
sich mit Farbstoffen nicht darstellen lieBen, in dem N&hrboden, und zwar
ebenfalls in mit dem Aufenthalt bei 37° steigender Zahl, vorhanden
waren. Da nun unglflcklicherweise bei den ersten Versuchen in un-
beimpften Oder mit etwas Glycerinwasser versetzten Kontrollrohrchen,
die ebenfalls im Brfltschrank gehalteu waren, diese Ver&nderung inner-
halb 8 Tagen nicht eintrat oder wenigstens bei weitem nicht so deutlich
-und ohne mikroskopisch nachweisbare stark lichtbrechende Kornchen,
so glaubte ich in der Tat auf dem richtigen Wege zu sein und ein
Mittel zur kiinstlichen Zfichtung des Vaccineerregers gefunden zu haben.
In dieser Meinung wurde ich natfirlich besonders gefestigt durch den
oben schon erw&hnten Versuch, bei welchem es mit der siebenten
^Generation 44 meines ^N&hrbodens 44 gelang, beim Kalbe echte Kuhpocken
zu erzeugen.
Dieser positiv ausgefallene Versuch ist indes ganz vereinzelt geblieben,
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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
251
also wohl auf Zufalligkeiten. reichlicheres Aussaatmaterial, weit groBere
Anzahl von Parasiten in der Ausgangslymphe oder dergleichen, zurtlck-
zuftihren. Denn die mehrfache Wiederholung der oben auseinander-
gesetzten Versuchsanordnung hat ergeben, daB, wenn auch vielleicht eine
sehr gute Konservierung, doch eine wirkliche dauernde Vermehrung des
Kuhpockenkeimes auf dem beschriebenen Nahrboden nicht stattfindet;
daB der unbeimpfte Nahrboden an sich bei langerem oder
kflrzerem Aufenthalt im Briitschrank, zuweilen, aus unbe-
kannten GrOnden, schon nach ganz kurzer Zeit, Kdrnclien ver-
dachtiger Beschaffenheit und sehr verschiedener GroBe er-
zeugt, die auch ein sehr hohes LichtbrechungsvermSgen
besitzen; und dafi also auf dem eingeschlagenen Wege ein Fortschritt
nicht zu erhoffen ist. Mir ist darait auch die Anschauung, daB die in
der Vaccinepustel vorkommenden Korner die Erreger der Kuhpocken
sind, hinfallig geworden. Ich halte diese Korner fflr Produkte der Ein-
schmelzung von Zellen, die in dem sehr eiweiBreichen Material allmahlich
auftreten, gleichgflltig, wodurch die Einschmelzung bedingt wird. Eine
Ziichtung des Pockenkeimes ist also auch auf diesen
Nahrboden ausgeschlossen, ebensogut wie eine Zuchtung der
Erreger der anderen in den Bereich dieser Untersuchungen einbezogenen
Krankheiten. (SchluB folgt)
Nachdruck verboten.
Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
[Aus dem Institute fflr allgemeine und experimentelle Pathologie der
k. k. Universitat Innsbruck.]
Von Prof. Dr. M. LOwit, Innsbruck.
Mit 1 Tafel.
(SchluB.)
Bei diesen Untersuchungen stellte sich nun folgende gewiB beach-
tenswerte Erscheinung heraus. Wurden nSmlich die mit dem aktiven
Normal- oder Immunserum beschickten ROhrchen innerhalb der ersten
5—8 Minuten nach der Impfung rasch wieder dem Thermostaten ent-
nommen zu einer Zeit, wo weder makro- noch mikroskopisch (im hangen-
den Tropfen) Zeichen der Agglutination vorhanden oder hdchstens erst
kleinste mikroskopische Haufcben von 5—8 Mikroben nachweisbar waren,
und nun in der obenerwahnten Weise der energischen Zentrifugierung
unterworfen, so konnte bereits nach der ersten, 8—10 Minuten wahren-
den Zentrifugierung in den vom Boden des Spitzglases wieder aufge-
rflhrten Mikroben schon makroskopisch und dann auch mikroskopisch
deutliche Agglutination erkannt werden, wahrend in analog behandelten
Kontrollpraparaten der der Einwirkung der Sera nicht unterworfenen
Mikroben keine Spur von Agglutination weder makro- noch mikrosko¬
pisch nachweisbar war. Da in entsprechend geimpften Kontrollrohrchen
mit Normalserum, die wahrend der Dauer der Zentrifugierung anderer
in gleicher Weise beschickter Rohrchen ruhig im Thermostaten geblieben
waren, die Agglutination noch nicht oder nur viel geringgradiger einge-
treten war, so muBte aus diesem Verhalten geschlossen
werden, daB selbst nach der kurz dauernden Einwirkung
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
der Sera bereits eine Vorbereitung der Mikroben zur
Agglutination eingetreten war, welche aber noch nicht
hinreichte, um in dem sich selbst fiberlassenen Rohrchen
uni diese Zeit die Agglutination hervortreten zu lassen,
welche aber nach Hinzutritt der auch nur kurze Zeit
w&hrenden Zentrifugierung genfigte, uni die Agglutinie-
rung der vorbereiteten Mikroben zu bewirken.
Durch diese Beobachtungen erscheint ein unraittelbarer Hinweis
gegeben zu sein auf die beiden zuerst von Bordet 1 2 ) aufgestellten,
dann von verschiedenen anderen Autoren acceptierten zwei Phasen des
Agglutinationsprozesses. Bordet unterscheidet bekanntlich 1) jene
Phase, in welcher die Mikroben (oder andere zellige Elemente) das Ag¬
glutinin in sich oder an sich fixieren, was von Ehrlich und Morgen-
roth*) bereits vor Bordet erkannt worden war; und 2) jene Phase,
wo infolge ge&nderter molekulfirer Attraktion in der Ldsung eine Be-
rfihrung und Verbindung der Mikroben untereinander erfolgt. Beide
Phasen des Prozesses konnten bereits von Bordet getrennt werden,
und sie scheinen auch in unseren Versuchen durch die Wirkung der
Zentrifugierung, wenn auch nicht in so scharfer Weise, wie bei Bor¬
det, markiert zu sein. Man kann sich wohl dahin aussprechen, daft
die Aenderung der molekul&ren Attraktion in unseren Beobachtungen
wahrscheinlich durch die Zentrifugierung erfolgte, indem dabei die Mikro-
organismen der Wirkung der Zentrifugalkraft folgen, mithin nach einer
bestimmten Richtung fortbewegt und auf diese Weise miteinander in
Berfihrung gebracht werden.
Allein welche Verfinderungen oder Vorbereitungen mfissen in den
Mikroben stattgefunden haben, damit durch die Zentifugierung die Ag¬
glutination derselben vollzogen wird, da doch normale, durch die fehlende
Einwirkung der Sera nicht ver&nderte Mikroben durch die Zentrifugie¬
rung allein nicht agglutiniert werden ? Diese Frage wird durch die bis-
herigen Beobachtungen nicht beantwortet, indem der Nachweis der phy-
sikalischen oder chemischen Fixierung des Agglutinins durch die Mikroben
w&hrend der ersten Phase uns fiber jene Veranderungen der Mikroben
(oder der zelligen Elemente Uberhaupt), die sie zur Agglutination ge-
eignet machen, nicht orientiert.
Untersucht man nun mit Typhus- oder Cholerabakterien beschickte
Immun- oder Normalsera, die nur wenige Minuten im Thermostaten
belassen und zu einer Zeit aus demselben entnommen wurden, da weder
makroskopisch noch im hfingenden Tropfen irgendwelche oder nur ganz
geringgradige Zeichen der Agglutination wahrnehmbar sind, in der oben
auseinandergesetzten Weise, so findet man in den gefarbten Pr¶ten
zwar vielfach groBere und kleiner agglutinierte Haufen in der bereits
geschilderten Form, aber wechselnde Mengen der Mikroben liegen iso-
liert, einzelweise, oder sind hochstens in ganz kleinen Gruppen von 2
bis 4 Mikroben miteinander verbunden. Gerade diese isoliert liegenden
Mikroben lassen nun in gelungenen Praparaten mit genttgender Deut-
lichkeit erkennen, daB viele derselben sicher rosa oder rot-
violett geffirbte Anhfingsel von verschiedener Form an
dem Bakterienleibe besitzen (Fig. 4 c, d, e, Fig. 6 b, c), die man
in Kontrollpr¶ten von der Agglutininwirkung nicht ausgesetzten
1) L c.
2) Berl. klin. Wochenschr. 1899. No. 1 u. 22; 1900. No. 21 u. 31.
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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
253
Mikroben niemals vorfindet, die aber auch an manchen der isoliert
liegenden Mikroben in den obenerw&hnten Prfiparaten nach kurzer Ag¬
glutination fehlen konnen.
Diese Anhingsel umschliefien entweder den Mikrobenleib vollst&ndig
oder sie sitzen ihm nor von einer Seite mehr zipfelfOrmig auf und
konnen recht mannigfache Formen darbieten. Immer aber handelt es
sich dabei um ganz kurze und kleine Gebilde, die nur bei scharfer Ein-
stellung und bei guter Beleuchtung') erkannt werden kOnnen. Diese
Anh&ngsel erscheinen vollig strukturlos und amorph, wie die Zwischen-
substanz in den agglutinierten Haufen flberhaupt, und es kann wohl
einem Zweifel nicbt unterliegen, dafi diese Anh&ngsel an den isolierten
Mikroben mit der Zwischensubstanz der agglutinierten Haufen in tinkto-
rieller und auch sonst in chemischer Beziehung fibereinstimmen; a lie
Einwirkungen n&mlich (WSrme, Sfiure, Alkali), welche Des-
agglutination hervorrufen, bringen die Zwischensub¬
stanz in den agglutinierten Haufen und die eben erwahn-
ten Anhangsel an den isolierten Mikroben zum Ver-
schwinden, und es ist wohl sehr wahrscheinlich, dad dabei eine
Losung der Zwischensubstanz in den Haufen und eine L5sung der ge-
schilderten Anhangsel stattfindet; indessen sei doch besonders betont,
dad das Verschwinden der Zwischensubstanz und der sogenannten An¬
hangsel sowie die Unmdglichkeit, dieselben nach der Desagglutination
der Mikroben farberisch wieder darzustellen, nicht unbedingt der Aus-
druck eines Losungsprozesses sein mud.
Acceptiert man diese Annahme, dad die Zwischensubstanz in den
agglutinierten Haufen und die sogenannten Anhangsel der isolierten
Mikroben zusammengehorige und identische Gebilde sind, so erscheint
dam it eine Grundlage fflr die Entstehung der Zwischensubstanz in den
agglutinierten Haufen gewonnen zu sein. Die genannten Bilder weisen
namlich darauf hin, dad unter Einwirkung der agglutinierenden Ursache
aus dem Mikrobenleibe gewisse in tinktorieller und chemischer Beziehung
vom Mikrobenleibe differente Substanzen austreten nnd mit dem Mi¬
krobenleibe als die sogenannten Anhangsel im Zusammenhang stehend
nachgewiesen werden kOnnen. Ueber die chemische Beschaffenheit dieser
ausgetretenen Substanz (Anhangsel) und fiber die Verfinderung, welche
dieselbe unter der Einwirkung der agglutinierenden Ursache erleidet,
geben die vorliegenden farberischen Untersuchungen keine Auskunft,
doch ist es ja aus anderweitigen chemischen Untersuchungen im hohen
Grade wahrscheinlich gemacht, dad die Wechselwirkung zwischen agglu-
tinierender Ursache (Agglutinin) und agglutinierbarer Substanz als ein
den Gerinnungsvorgangen nahestehender Prozed aufzufassen ist, dessen
Substrat nun auch morphologisch in der Zwischensubstanz und den so¬
genannten Anhangseln wahrscheinlich nachgewiesen ist.
Das Wesen der Agglutination im Normal- und Immunserum wird
daher auf Grund der vorliegenden Beobachtungen in Uebereinstimmung
mit der Theorie von Paltauf wohl als eine Niederschlagsbildung unter
aktiver Mitbeteiligung des Bakterienleibes aufzufassen sein, wo bei aller-
dings eine Entscheidung der Frage durch die vorliegenden Unter¬
suchungen nicht gegeben ist, ob die aus dem Bakterienleibe aus-
tretenden Substanzen auch primfir am Bakterienleibe entstehen und
1) Bei kiinstlicher Beleuchtung (Auerlicht und elektrisches Licht) sind die ge-
schilderten farberischen Differenzen weit schlechter als bei Tageslicht zu erkennen.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originals. Bd. XXXIV. No. 3.
fixiert werden, oder ob diese Substanzen erst frei in die umgebende
FKissigkeit fibertreten 1 ), hier niedergeschlagen werden und sich erst
sekund&r am Bakterienleibe fixieren. Eine wesentliche Schadigung der
Form und Beschaffenheit des Bakterienleibes muB, nach den hier-
tlber bekannten Erfahrungen, durch diese die Agglutination bedingende
Veriinderung des Bakterienleibes nicht eintreten, ob jedoch diese Ver-
Snderung nicht in einer gewissen, die Einwirkung anderer schadigender
Einflflsse (Alexin) fordernder Beziehung steht, ist auf Grund dieser Be-
obachtungen nicht direkt zu entscheiden.
Wir werden uus also beztiglich des Zustandekommens der Bak-
terienagglutination im Normal- und Immunserum auf Grund der
hier mitgeteilten Befunde dahin aussprechen kSnnen, 4aB bei der
Agglutination Niederschlagsbildungen in und an den
Mikroben und vielleicht auch frei in der umgebenden
Fliissigkeit aus dem Bakterienleibe entstammenden Sub¬
stanzen zu stande kommen, die tinktoriell in den dies-
bezuglichenPriparaten nachweisbar sind. Diese Nieder¬
schlagsbildungen dflrfen als die Ursache der Verbindung
der Mikroben untereinander, mithin als ein wesentliches
Moment der Agglutination angesprochen werden. Ob nun
diese Verbindung in der Weise bewerkstelligt wird, daB die mit den
Anhangseln (NiederschlSgen) behafteten Mikroben durch ge&nderte Gra¬
vitations- und Attraktionsverh<nisse einander genfihert und dann mit-
einander vereinigt werden, oder ob dieselben durch freie, der gleichen
Quelle entstammende NiederschlBge abgefangen werden, oder ob durch
derartige Niederschlagsbildungen gefinderte Verh<nisse der molekularen
Attraktion zwischen den Mikroben und der umgebenden Fliissigkeit im
Sinne Bordets veranlaBt werden, oder ob alle drei Momente an dem
Zustandekommen der Agglutination mitwirken, wird durch die vor-
liegenden Beobachtungen nicht entschieden. Indessen wird durch diesen
Umstand an der Auffassung der Agglutination als einer durch (spezi-
fische) Niederschlagsbildungen bedingten Erscheinung nichts geSndert.
Es ist ubrigens nicht ausgeschlossen, daB die von Gruber 2 3 ) zuerst be-
schriebenen und als Ursache der Agglutination angesprochene Quellungs-
bilder der Mikroben durch die im vorausgehenden geschilderten Nieder¬
schlagsbildungen an den Mikroben bei der Agglutination bis zu einem
gewissen Grade mitveranlaBt wurden. Die von Neufeld 8 ) vor kurzem
beschriebene Quellung der Pneumokokken bei der Agglutination der-
selben durch ein Immunserum wird von Neufeld selbst nicht als eine
Stutze der Gruberschen Quellungstheorie angesprochen, andererseits
wird diese Erscheinung aber auch nicht auf Komplementwirkung zurflck-
gefiihrt. Neufeld meint, daB es sich bei den Pneumokokken um einen
ganz speziellen Fall handelt, indem nur bei diesen eine sichtbare Quel¬
lung mit den durch die Agglutininwirkung bedingten Gerinnungsvor-
g&ngen in den oberfl&chlichen Schichten der Bakterienzelle zu stande
kommt.
Die im vorausgehenden angefilhrte F&rbung der bei der Bakterien-
1) Der chemische Nachweis der aus den Mikroben stammenden sogenannten „Bak-
terienkoaguline“ ist durch E. P. Pick (1. c.) erbracht worden.
2) Miinch. med. Wochenschr. 1896 p. 285. Deutsche med. Wochenschr. 1896.
p. 234. Wien. klin. Wochenschr. 1896. No. 11 u. 12. Munch, med. Wochenschr. 1899.
p. 1329.
3) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XL. 1902. p. 54.
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Li)wit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
255
agglutination zu stande kommenden Niederschlagsbildungen wurde auch
an den nacb der Methode von R. Kraus hergestellten Pr&zipitinen
(Koaguline) gepruft, und zwar wurde ausschlieBlich das durch Kaninchen-
immunserura ausgefallte Pr&zipitin in einer filtrierten Typhusbouillon-
kultur der angegebenen F&rbung unterzogen, wobei sich dieses letztere
in tinktorieller Beziehung und auch in seinen Ldslichkeitsverh<nissen
(gegen War me, Saure und Alkali) vollig gleich mit der sogenannten
Zwischensubstanz der durch Immunserum agglutinierten Typhusbaeillen
verhielt. Damit erscbeint wohl ein nicht unwichtiger Hinweis, gewiB
aber kein unbedingter Beweis, fur die Identitat der Pr&zipitine und der
agglutinabeln Substanz gegeben, die, wenn auch neuerdings noch durch
Beljaeff 1 2 3 ) geleugnet, doch durch die Beobachtungen von Kraus und
Pirko*), von Ford 8 ), Klein 4 ), Wassermann 5 6 ) und anderen gut
gestutzt erscheint Man wird aber, wie auch Wassermann*) und
Klein 7 ) hervorheben, bei der Beurteilung der Beziehungen zwischen
Prazipitinen und agglutinabler Substanz immer darauf zu achten haben,
daB in alten Kulturfiltraten neben der durch das Immunserum ausgefallten
agglutinablen Substanz gewiB auch noch andere aus den ausgelaugten
BakterienkOrpern herriihrende Substanzen als Bestandteil des Pr&zipitates
vorhanden sein konnen, ein Moment, das bei der Beurteilung einer etwa
vorhandenen Inkongruenz zwischen Prazipitinbildung und Agglutination
gewiB im hohen Grade Beachtung verdient. Da mithin der bei der
Prazipitation gebildete Niederschlag nicht ausschlieBlich aus der bei der
Agglutination in Betracht kommenden agglutinablen Substanz des Bak-
terienleibes bestehen muB, da ferner, wie namentlich Klein gezeigt hat,
der bei der Prazipitierung entstehende Niederschlag mit jenem bei der
Agglutination sich bildenden nicht identisch sein mufi, wenn sie auch
nahe verwandt sein kdnnen, und da endlich nach den Untersuchungen
von Eisenberg und Volk 8 ) ein sehr wechselndes Bindungsvermogen
zwischen Agglutinin und agglutinierbarer Substanz besteht, so wird auch
eine etwa vorhandene Inkongruenz zwischen Prazipitinbildung und Ag¬
glutination nicht als ein direkter Beweis gegen die Annahme ange-
sehen werden konnen, dafi spezifische Niederschlagsbildungen bei der
Entstehung der Agglutination und bei der Prazipitierung in Betracht
kommen.
Weitere Untersuchungen werden zu entscheiden haben, ob bei
jeglicher Form der Agglutination und Haufenbildung von Mikroben eine
Zwischensubstanz, wie bei der im Serum unter den geschilderten Be-
dingungen zu stande kommenden Agglutination, vorhanden ist, oder ob
es auch Zwischensubstanzen von verschiedener tinktorieller und dann
wohl auch chemischer Beschaffenheit, eventuell Haufenbildung ohne
Zwischensubstanz gibt, wortiber zunachst genii gen de Erfahrungen noch
nicht gesammelt werden konnten.
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. 1903. p. 293, 309.
2) Ebenda. Bd. XXXII. 1902. No. 1.
3) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionkrankh. Bd. XL. 1902. p. 362.
4) Wien. klin. Wochenschr. 1903. No. 5 u. 6.
5) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XLII. 1903. p. 27(5 f.
6) a. a. O. p. 281.
7) a. a. 0. No. 6.
8) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XL. 1902. p. 155 f.
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256 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Ein Blick auf die beigegebenen Abbildungen (Fig. 1—6) zeigt ein
recht mannigfaches Aussdhen und ein verschiedenes Verhalten der Mi-
kroben bei der Agglutination. So erscheinen die Typhusbacillen in den
agglutinierten Haufen der Fig. 3 und 4 von vdllig normaler Beschaffen¬
heit, wfibrend dieselben in den Haufen der Fig. 1 und 2 mehr oder
weniger hochgradige VerSnderungen ihrer Form und Beschaffenheit
erkennen lassen. Ebenso erscheinen die Gholeravibrionen in den Haufen
der Fig. 5 und 6 hochgradig verSndert, wShrend die isolierten, aber
bereits mit NiederschlSgen versehenen Vibrionen der Fig. 6 bei c) noch
vdllig normale VerhSltnisse erkennen lassen; auch typische Agglutination
der Choleravibrionen bei vdllig normalem Aussehen derselben kann, wie
sofort nSher zu erdrtern sein wird, erzielt werden. Gegenflber dieser
verschiedenen Beschaffenheit der agglutinierten Mikroben selbst wird
wohl die Frage aufzuwerfen sein, inwiefern derartige VerSnderungen des
Bakterienleibes mit zum Zustandekommen der Agglutination gehdren
oder ob dieselben nur eine mehr nebensSchliche, vielleicht durch ander-
weitige Verhaltnisse bedingte Begleiterscheinung der Agglutination dar-
stellen.
In dieser Beziehung zeigten die Beobachtungen am Immunserum
(Typhus- und Choleraimmunserum), daB hier, abgesehen von der
charakteristischen Niederschlagsbildung, die Aggluti¬
nation bei vollstSndig normalem Aussehen der Mikroben
zu stande kommen kann (Fig. 3 und 4). Derartige Bilder sind
aber nur dann zu erzielen, wenn nach mdglichst kurzer Einwirkung des
Serums die Agglutination bereits entwickelt Oder doch durch die vor-
handenen Niederschlagsbildungen am Mikrobenleibe selbst bereits vor-
bereitet ist, was ja tatsSchlich beim Immunserum der Fall ist, in
welchem ja bekanntlich der spezifische Rezeptor (Agglutinin) in be-
deutend verstSrktem Grade vorhanden ist. Auch bei mdglichst kurzer
Einwirkung des Immunserums auf die Mikroben erhSlt man ab und zu
agglutinierte Haufen, in welchen bereits VerSnderungen der Mikroben
erkannt werden kdnnen, aber mehr oder weniger zahlreiche Haufen
zeigen unter diesen VerhSltnissen doch dem Aussehen nach vdllig nor¬
male Mikroben, so daii man gerade aus derartigen Bildern die Ueber-
zeugung gewinnt, daB zum Zustandekommen der Agglutina¬
tion (abgesehen von der Niederschlagsbildung) morphologisch
nachweisbare VerSnderungen des Bakterienaussehens
nicht gehdren.
Je ISnger man aber das betreffende Serum (Immun- oder Normal-
serum) auf die Mikroben einwirken lSBt, desto sicherer kann man das
Vorhandensein von morphologisch nachweisbaren VerSnderungen der
agglutinierten Mikroben erwarten, die zwar in den zu Haufen vereinigten
Mikroben auch in den gefSrbten PrSparaten nicht im Detail verfolgt
und erkannt werden kdnnen, als deren hervorstechendstes Merkmal aber
die Anwesenheit deutlicher grober und feiner Granula bezeichnet werden
muB, wie sie sowohl an den unter diesen VerhSltnissen agglutinierten
Typhusbacillen (Fig. 1 und 2), noch besser aber an Choleravibrionen
(Fig. 5 und 6) nachgewiesen werden konnen. Es sind also im wesent-
lichen jene VerSnderungen der Mikroben, welche unter der Bezeichnung
des Pfeifferschen PhSnomens zusammengefaBt werden, von welchem
es ja bereits bekannt ist, daB es auch extra corpus unter der Einwirkung
eines aktiven Serums als der Ausdruck der bakteriolytischen oder bak-
teriziden Wirkung eintreten kann.
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LOwit, Ueber Niederschlagsbildung bei der Agglutination.
257
Da nan &uf Grand unserer gegenw&rtigen Kenntnisse im Immun-
sernm doch vorwiegend der spezifische Ambozeptor, nicht aber das
bereits normalerweise vorhandene Komplement (Alexin) vermehrt ist, so
weisen wohl die oben mitgeteilten Befnnde darauf hin, dafi das Auf-
treten der Pfeifferschen Granulabildung an den agglutinierten Mikroben
vorwiegend als Komplementwirkung aufzufassen ist und nicht in direkter
Beziehung zur Niederschlagsbildung als solcher mithin zur Agglutination
steht. In Uebereinstimmung mit den Angaben zahlreicher Autoren
weisen also auch diese Beobachtungen darauf hin, dafi Agglutinin-
wirkung und Kornplementwirkung auf die Mikroben eine
verschiedene ist, insofern beide Wirkungen eine verschiedene Be-
einflussung der Mikroben hervorrufen, weshalb sie wohl als eine weitere
Stutze der Annahme angesprochen werden dtirfen, dafi die Agglu¬
tinin- und die Komplementwirkung auch durch verschie¬
dene Ursachen veranlafit wird.
Als weitere Stfltze dieser Auffassung kann darauf hingewiesen
werden, dafi die Granulabildung im aktiven Serum fttr sich
allein ohne jegliche Agglutination zu stande kommen
kann. Stfinde tatsSchlich die Granulabildung in nfiherer Beziehung zur
Agglutination, so wfiren in einem solchen Falle wohl die gilnstigsten
Bedingungen fUr die Agglutination gegeben: allein eine solche fehlt hier
in der Regel vollstSndig Oder sie ist nur in minimalen Ans&tzen neben
der Granulabildung nachweisbar. In dieser Beziehung haben gerade die
Studien am Affenserum ( Hamadryas macacus ) ergeben, dafi das Pfeif-
fersche Ph&nomen im unverdiiunten aktiven Serum schon wenige Mi¬
ll u ten nach der Aussaat der Typhusbacillen in intensivem Grade vor-
handen ist. W&hrend unmittelbar nach der Impfung die Typhusbacillen
in den Pr¶ten aus dem Affenserum noch in v5llig normaler Be-
schaffenheit angetroffen werden (Fig. 7 a), findet man schon nach einem
Aufenthalte des geimpften Rohrcliens von 5—10 Minuten im Thermo-
staten bei 37 0 C die Granulabildung sehr deutlich neben dem Aussehen
nach normalen Typhusbacillen entwickelt (Fig. 7 b); die Granula sind
dabei nach der Nocht-F£rbung gut, wenn auch schwach blau tingiert,
zeigen verschiedene Grfifie und meist runde Form. Nach lingerer Ein-
wirkung des Affenserums sind die Granula nahezu regelm&fiig im ge-
farbten Prfiparate deutlich metachromatisch tingiert (Fig. 7 c). Derartige
geimpfte Sera erwiesen sich in einzelnen Fallen nach 1—2-stiindigem
Aufenthalte im Thermostaten auch bei Kulturversuchen vdllig steril, die
Mikroben waren darin sfimtlich abgetdtet, in anderen Fallen gingen die
auf Bouillon Qberimpften Kulturen nach 24 Stunden noch gut an, wie
ja auch mehrfach im gefarbten Praparate aus Affenserum nach langerer
Einwirkung noch vereinzelte gut erhaltene Typhusbacillen nachweisbar
waren (Fig. 7 c).
Choleravibrionen gegeniiber erwies sich das aktive Affenserum
ebenso wirksam, die rasche und intensive Granulabildung kam auch
hier in sehr deutlicher Weise zur Erscheinung (Fig. 7 d), doch fanden
sich hier auch nach kurzer Einwirkung vielfach bereits geringgradige
Zeichen der Agglutination (Fig. 7 d *). Die Sera beider Affen erwiesen
sich in der geschilderten Beziehung vdllig gleichartig: starke Granula¬
bildung an Typhusbacillen ohne jegliche Agglutination; starke Granula¬
bildung an Choleravibrionen mit geringgradiger, auch weiterhin sich
Ente Abt. Ori*. Bd. XXXIV. 17
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258 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
nicht steigernder Agglutination *). Das normale aktive Affenserum ent-
halt mithin ein sehr wirksames (dominantes *) Komplement gegen die
beiden Mikrobenarten nebst den zugehdrigen wirksamen bakteriolytischen
Ambozeptoren gegen die beiden Mikrobenarten, es ist aber nicht im
stande, Agglutination der Typhusbacillen und nur sehr geringgradige
Agglutination von Choleravibrionen zu erzielen. Diese Unabh&ngigkeit
der beiden Wirkungen in dem gegebenen Beispiele dient als weitere
Sttitze der oben angeftihrten Auffassung.
Auch im normalen aktiven Rinderserum fand sich die Granula¬
bildung an Choleravibrionen (Komplementwirkung), hier aber stets mit
Agglutination kombiniert (Fig. 6 a—c), stark entwickelt vor. Normales
unverdflnntes Meerschweinchenserum zeigt gleichfalls bereits nach Ein-
wirkung von & Minuten namentlich bei Choleravibrionen starke Granula-
bildung, die nach einer Einwirkung von 10—12 Minuten noch an Inten¬
sity zunimmt; auch hier ist Agglutination stets gleichzeitig nachweisbar.
UnverdQnntes normales Kaninchenserum wurde bezflglich der Granula-
bildung weit weniger wirksam befunden; hier l&Bt sich moistens nach
1 / g —1-stflndiger Einwirkung (auf Typhus und Cholera) ausgebildete
Agglutination, aber nur geringgradige Granulabildung an den Mikroben
erkennen. Doch kommen hierbei zahlreiche graduelle Schwankungen bei
den verschiedenen Tieren vor.
In dem durch War me inaktivierten Immunserum fehlt die Granula¬
bildung den Typhusbacillen gegentiber in der Regel vollstandig, wahrend
Agglutination hier, wenn auch abgeschwScht, noch deutlich nachgewiesen
werden kann; in dem inaktivierten Choleraimmunserum konnen hin-
gegen immer noch auf Granulabildung hinweisende Bilder an Cholera¬
vibrionen, wenn auch sparlicher als am aktiven Immunserum, vor-
kommen. Ganz analog verhQlt es sich auch am Normal serum. Die im
normalen aktiven Affenserum so ausgepragte Granulabildung gegen
Typhusbacillen fehlt im inaktivierten Affenserum vollst&ndig, ist aber in
diesem gegen Choleravibrionen noch teilweise erhalten. Diese Verhfilt-
nisse dflrften wohl mit der bereits hervorgehobenen, so leicht eintreten-
den Plasmolyse und Plasmoptyse der Choleravibrionen in Zusammen-
hang stehen, welche die Beurteilung der Granulabildung an den Cho¬
leravibrionen unter den hier gew&hlten Versuchsbedingungen nicht
unwesentlich erschweren, wobei aufierdem die Mitwirkung differenter
Teilkomplemente im Serum in Betracht gezogen werden kOnnte. Im
inaktivierten Rinderserum (vom normalen Tiere) war flbrigens die Gra¬
nulabildung an Choleravibrionen gleichfalls nur sehr geringgradig ent¬
wickelt, wShrend sie am aktiven Serum sehr intensiv vorhanden war.
Gelegentlich wurde am Normalserum vom Meerschweinchen, Affen
und Rind die Beobachtung gemacht, dafi die nach kurzer Zeit der Ein¬
wirkung des Serums sehr deutlich nachweisbare Granulabildung an den
Mikroben bei lingerer Dauer der Einwirkung derselben iiberhaupt nicht
mehr konstatiert werden konnte, oder dafi doch neben den Granula-
bildungen dem Aussehen nach vbllig normale Mikroben in grofier An-
zahl vorhanden waren. Bei geniigendlangem Aufenthalte (15—24 Stunden)
derartiger Sera im Thermostaten bei 37° C kdnnen dann nur noch
normal aussehende Mikroben im Serum vorhanden sein. Es ist wohl
1) Ein Coli-Stamm (Coli III) wurde durch das Affenserum morphologisch gar
nicht affiziert und liefi nur sehr geringgradige Agglutination erkennen.
2) Ehrlich u. Sachs , Berl. khn. Wochenschr. 1902. p. 297.
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(hitmib/fittf.'IfaherioloyjeAbtJBd^XXXHH. Lotrit . '
: Gustav Fisrhrr ;. ’•
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Eisenberg, Ueber die Bindnngsverh<nisse zwigchen Toxin and Antitoxin. 259
sehr w&hrscheinlich, daC es sich dabei am eine nachtrSgliche Ver-
mehrung von Mikroben im Serum handelt, die zur sekund&ren Ent-
stehung normal beschaffener Mikroben Veranlassung gibt, sei es des-
halb, weil diese Mikroben vielleicht Abkbmmlinge jener friiher erw&hnten
normal gebliebenen Mikroben darstellen, welche der Granulabildung
einen besonderen Widerstand entgegensetzten und ihr entgangen sind,
sei es deshalb, weil mdglicherweise bei dem l&ngeren Aufenthalte im
Thermostaten die Ursache der Granulabildung (Komplement) aufgebraucht
oder in entsprechender Weise von den der Granulabildung unterlegenen
Mikroben fixiert und chemisch gebunden wird, weshalb die neugebildeten
Mikroben die Komplementwirkung nicht zeigen. Jedenfalls folgt aus
diesen Beobachtungen, dafi man bei der FeststeUung der Granulabildung
an den Mikroben unter den gewahlten Versuchsbedingungen der Unter-
suchung der Mikroben nach verh<nism&Big kurzer Einwirkung des
Serums (ca. 1 Stunde) das Hauptaugenmerk zuwenden muB.
Erkl&nmg der Abbildunffen.
Die Farbungsmethode ist im Texte beschrieben. Samtliche Abbildimgen sind mit
Reicherts homog. Immersion Vi »7 Apert. 1,30, Komp.-Okular 4 vom akad. Maler
Herm J. Durst angefertigt.
Fig. 1. Agglutinierter Typhusbacillenhaufen (Typhus S) aus Typhusimmunserum
1:125 vom Kaninchen; 12 Stunden bei 37° C. Nochtblau-Eosin.
Fig. 2. Agglutinierter Haufen von Typhus 8 aus Rinderserum unverdiinnt; 7 Mi-
nuten bei 37° C. Nochtblau-Eosin.
Fig. 3. Agglutinierter Haufen von Typhus S, Typhusimmunserum vom Kanin¬
chen, unverdiinnt; 5 Minuten bei 37° C. Nochtblau-Eosin.
Fig. 4. Wie vorausgehend.
Fig. 5. Agglutinierter Haufen von Cholera-(Krakau-)Immunserum 1:125 Meer-
schweinchen; 1 Btunde bei 37° C. Nochtblau.
Fig. 6. Agglutinierter Haufen und isolierte Vibrionen Cholera-Kr. aus Rinder¬
serum unverdimnt, 8 Minuten bei 37° C. Nochtblau-Eosin.
Fig. 7.
a) Typhusbacillen aus Normalserum, unverdiinnt, Affe, sofort nach der Impfung.
b) „ „ „ „ „ 12 Minuten bei 37° C.
c) „ „ „ „ „ 60 „ „ 37° C.
d) Choleravibrionen, „ „ „ „ 8 „ „ 37° C.
a—d) Farbung mit Nochtblau.
Nachdruck verboten.
Ueber die BMungsverMMsse zwischen Toxin und
Antitoxin 1 ).
[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Institute der Jagellonischen
Universitat Krakau (Vorstand: Prof. 0. Bujwid).]
Von Dr. Philipp Eisenberg, Assistenten am Institute.
Die Frage nach dem Wesen der Wirkung der Antitoxins auf die
Toxine hat seit der Entdeckung dieser merkwtlrdigen Stoffe die hervor-
ragendsten Forscher besch&ftigt und gar manche Untersuchungen zu
Tage gefbrdert, die fflr die ganze moderne Immunitatslehre von grbBter
Bedeutung geworden sind. Nachdem im Anfange der 90er Jahre der
1) Vorgele^t der mathem.-naturwiss. Sektion der Akademie der Wissenschaften zu
Krakau in der Sitzung vom 4. Mai 1903.
17*
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 3.
Streit, ob die Antitoxine auf den zu schiitzenden Organismus oder aber
direkt auf die Toxine einwirken, zu Gunsten dieser letzteren Anschauung
entschieden war, kam in den letzten Jahren auf Grund zahlreicher
Untersuchungen, unter denen in erster Linie die genialen Arbeiten
Ehrlichs zu nennen sind, die Anschauung von Ehrlich und Beh¬
ring, wonach die Antitoxine mit den Toxinen nach einfachen chemi-
schen Gesetzen zu neutralen Verbindungen zusammentreten, zu fast un-
bestrittener Herrschaft. Diese Anschauung hat zweifellos das Verdienst,
die naive Vorstellung von einer Zerstflrung des Toxins durch das Anti¬
toxin zurttckgedrflngt zu haben, andererseits schaffte sie fiir die Immu-
nitatslehre eine feste Basis, indem sie den ProzeB der Giftneutralisation
aus dem Gebiete unbekannter mystischer Vorgfinge im Organismus in
dasjenige der Chemie verlegte. Es zeigte sich aber in der Folge, dafi
diese Anschauung, die sich an die einfachsten Prozesse anlehnte, nicht
im stande ist, alle komplizierten quantitativen Verhaltnisse der Gift-
neutralisation hinreichend zu erklaren. Den ersten Beweis dafiir er-
brachte Ehrlich selbst, indem er zur Erklarung der Neutralisations-
verhaltnisse des Diphtheriegiftes die sehr geistreichen, aber auch sehr
komplizierten Hypothesen tiber die Konstitution des Giftes heranziehen
mufite. Eine Reihe von Untersuchungen der letzten zwei Jahre, die sich
mit den Bindungsverhaltnissen verschiedener spezifischer Immunkorper
befassen, sowie vor allem zwei hochst bedeutende Arbeiten, die die
Frage der Toxin-Antitoxinbindung zum Gegenstande haben — ich meine
die Arbeiten von Danysz und Bordet — scheinen neue Gesichts-
punkte in dieser Frage zu erflffnen und versprechen fflr manche dunkle
Tatsache auf diesem hochst interessanten Gebiete Aufkiarung zu schaffen.
Im folgenden mochte ich eine Anschauung tiber diese Fragen zum Aus-
drucke bringen, die sich bei mir seit mehr als einem Jahre entwickelt
hat, und die, wenn ich auch leider bis jetzt keine Gelegenheit hatte,
eine experimentelle Grundlage fiir sie zu schaffen, den Vorzug besitzt,
die Bindungsverhaitnisse aller Immunkorper unter einem einheitlichen
Gesichtspunkte aufzufassen und zur Erklarung mancher bisher unaufge-
klarter Erscheinungen herangezogen werden zu konnen.
Diese Untersuchungen Aber die Bindungsverhaitnisse von Toxin und
Toxin auf Grund des Tierexperimentes sind selbst in der klassischen
Form, wie sie durch die Arbeiten von Ehrlich und Behring statuiert
wurde, wenig geeignet, uns iiber diese komplizierten Fragen exakte Auf-
schltisse zu geben, zumal als Reagens ein lebender Organismus dient,
der die Resultate in mannigfacher, uns oft unbekannter Weise beein-
flussen kann. So erscheint es verstandlich, dafi man zunachst an anderen
Immunkorpern diese Fragen eingehender studierte, wo das lebende
Reagens entbehrlich war, um erst dann diese Resultate fiir die LOsung
der Toxin-Antitoxinfrage zu verwerten. Durch seine schOnen Unter¬
suchungen iiber Ricinimmunitat einerseits, durch die grundlegenden
Arbeiten iiber die Hamolyse andererseits hat uns Ehrlich diesen neuen
Weg in der Immunitatslehre, denjenigen der Reagenzglasversuche, er-
offnet, der sich in der Folge so fruchtbringend zeigen sollte. Diese
Methode hat den grofien Vorteil, dafi sie ein ganz eingehendes Studium
der betreffenden Vorgange ermoglicht und dabei oft ein so exaktes, n dafi
man in einer spateren Zeit, wenn unsere chemischen Kenntnisse weiter
vorgeschritten sein werden, nur die chemische Verbindung fflr die der-
malige fragliche Substanz wird einzusetzen brauchen und die Tatsache
bleibt vollstandig richtig u (P alt auf). Die ersten Versuche in dieser
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh<nisse zwischen Toxin and Antitoxin. 261
Richtung beziehen sich auf die Bindung der HSmolysine an die Erythro-
cyten; in seinem bekannten Versuche hat Bordet gezeigt, dafi, wenn
man einerseits zu einer gewissen Menge h&molytischen Serums, z. B.
zu 0,4 ccm Serum 0,5 ccm Blutaufschwemmung, d. i. die Blutmenge,
die eben gelost wird, zusetzt, so tritt nach einiger Zeit vollkommene
Ldsung ein. Wenn man aber andererseits zu derselben Serummenge
dieselbe Blutmenge, jedoch nicht auf einmal, sondern successive in
5 Portionen von 0,1 ccm zusetzt, so werden nur die ersten zwei, also
zusammen 0,2 ccm, geldst, die dritte bleibt schon intakt
Diesen Versuch deutete Bordet ganz folgerichtig in der Weise,
dafi im zweiten Falle die ersten Dosen mehr Httmolysin an sich reifien,
als zu ihrer AuflSsung ndtig ist, wodurch das Hemolysin des Serums
rasch erschopft wird. Es war dadurch gezeigt, dafi die Bindung des
Hfimolysins an die Erythrocyten durchaus nicht den Gesetzen einfacher
konstanter Proportionen folgt, wie sie far die Bindung des Toxins durch
Antitoxin angenommen werden. Bordet verglich damals diese Vor-
g&nge mit denjenigen bei der Farbung, stellte jedoch unnotigerweise
einen Gegensatz auf zwischen ihnen und den chemischen Prozessen im
eigentlichen Sinne des Wortes („reactions chimiques proprement dites u ),
indem er fOr die letzteren das Bestehen klar ausgesprochener Propor¬
tionen postuliert. In fihnlichem Sinne, wie der Versuch Bordets,
sprachen die leider nur nebenbei erhobenen quantitativen Befunde von
Ehrlich und Morgenroth bezttglich der Bindung des hamolytischen
Zwischenkorpers an die Erythrocyten. Von einigen in der V. und
VI. Mitteilung enthaltenen Versuchen sei folgender angefiihrt: Gibt man
zu 1 ccm Ziegenblutaufschwemmung wechselnde Mengen eines auf Ziegen-
blut eingestellten Kaninchenimmunserums und untersucht nach einiger
Zeit die von den Erythrocyten dekantierte obere Flttssigkeit auf ihren
Hamolysinwert, so findet man, dafi bis zu 60 komplett ISsenden Dosen
der ganze zugegebene Zwischenkorper gebunden wird, bei Zusatz von
80 Dosen findet man in der oberen Flttssigkeit einen unverankerten
Ueberschufi entsprechend l /q — l U lttsender Dosis, erst bei Zusatz von
100 lttsenden Dosen bleibt eine losende Dosis frei. Es kann also 1 ccm
Blutaufschwemmung bei wechselndem Zusatze von Immunserum 1—99
losende Dosen binden, und zwar ist die Kapazit&t der Blutrezeptoren
nicht etwa eine konstante, so dafi bis zu 99 losenden Dosen der ganze
Zwischenkdrper gebunden wttrde und erst die 100. freibliebe, sondern
von 60 Dosen an bleiben nicht gebundene Ueberschttsse, die immer
grttfier werden. Als ein sehr dankbares Objekt fttr diese Art von Unter-
suchungen erwiesen sich die quantitativen Bindungsverhaltnisse zwischen
Agglutinin und agglutinierbarer Substanz der Bakterien; in einer darauf-
hin gerichteten Arbeit, die ich gemeinsam mit Dr. R. Volk publiziert
habe, konnten wir durch Anwendung der Ehrlichschen Absorptions-
methode fiber diese Fragen recht genaue Aufschlttsse erhalten. Setzt
man zu einer bestimmten Menge agglutinierbarer Substanz (d. i. Bak-
terienaufschwemmung) eine gewisse Menge Agglutinin (d. i. spezifisches
Immunserum) und dekantiert nach eingetretener Agglutination die klare
obere Flttssigkeit von dem Bakterienbodensatze, so ergibt die Auswertung
der oberen Flttssigkeit, dafi die agglutinierbare Substanz einen Teil des
Agglutinins gebunden hat, wtthrend ein anderer frei in der oberen Fltts¬
sigkeit nachweisbar ist. Nichtsdestoweniger ist die Affinitat dieser ag-
glutinierbaren Substanz fttr Agglutinin durchaus nicht gesattigt, trotz-
dem sie einen Agglutininuberschufi ungebunden liefi; setzt man namlich
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262
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
zum Bakterienbodensatze frisches Agglutinin zn, so wird neuerdings ein
Teil davon gebunden. Wir sehen also, daft neben dem Reaktionsprodukt
Ueberschflsse beider reagierender Substanzen nebeneinander reaktionslos
verharren, trotzdem sie eine ausgesprocbene Affinit&t fflr einander be-
sitzen (bei gflnstigen Verh<nissen ist die Bindung selbst bei 0° schon
nach 5 Stunden vollendet). Gibt man nun zu einer Einheit agglutinier-
barer Substanz steigende Mengen Agglutinin, so sieht man, daB bis zu
einer gewissen Hdhe des Zusatzes scheinbar — wie wir spliter sehen
werden — alles Agglutinin gebunden wird, bei noch hoheren Zusatzen
bleibt der oben besprochene UeberschuB an Agglutinin ungebunden, so
daB diese Einheit unter wechselnden Umstanden 1—22000 Agglutinin-
einheiten binden kann (die obere Grenze gilt nattlrlich nur fflr einen
besonderen Fall, bei einem hoherwertigen Serum kdnnte sie noch hdher
liegen). Wenn wir dagegen nicht die absolute Bindung ins Auge fassen,
sondern berflcksichtigen, welchen Teil der dargebotenen Agglutininmenge
die agglutinierbare Substanz gebunden hat, finden wir, daB mit steigen-
dem Agglutininzusatze das gebundene Agglutinin einen immer geringeren
Teil der zugegebenen Menge ausmacht, oder, wie wir es ausdrflcken,
daB der Absorptionskoflffizient dabei sinkt. Ein ahnliches Verhalten
zeigt dabei die agglutinierbare Substanz; je mehr Agglutinin zugesetzt
und gebunden wurde, desto mehr agglutinierbarer Substanz wird auch
verankert und desto weniger nachtraglich zugesetzten Agglutinins wird
sie dann binden kdnnen. Steigert man die Menge der agglutinierbaren
Substanz bei gleichem Zusatze an Agglutinin und unver&ndertem Vo-
lumen des Gemisches (d. i. steigert man die Konzentration der agglu¬
tinierbaren Substanz), so wird die Bindung des Agglutinins nicht etwa
proportional gesteigert, sondern es tritt nur eine der relativen Ver-
dflnnung des Agglutinins entsprechende Vermehrung der Absorption ein
(bezfiglich dieses Punktes sei hier auf die betreffende Arbeit hingewiesen).
Es ergibt sich also aus diesen Untersuchungen, daB nicht die absoluten
Mengen der reagierenden Substanzen, sondern ihre relativen Konzentra-
tionen den Bindungseffekt bestimmen, sodann als allgemeine Charakte-
ristik dieser Reaktionen, daB zu Ende der Reaktion das Reaktions¬
produkt sowie Ueberschflsse beider reagierender Substanzen ein System
bilden, dessen Gleichgewicht erst durch neuerlichen Zusatz einer der
Substanzen zerstort werden kann. Aus ihren Untersuchungen flber die
Bindung von Agglutinin durch die in Kulturfiltraten enthaltene agglu¬
tinierbare Substanz schlieBen Kraus und Pirquet in Anlehnung an
die obigen Befunde, daB diese Bindung von dem relativen Verh<nisse
der Filtrate zur Serummenge abh&ngig ist 1 ). In weiterer Verfolgung
1) Soweit cich dies uberhaupt aus den angefiihrten Versuehen schlieflen lafit. Die
Versuche vod Kraus, der Radziewsky ungeniigende Beachtung quantitativer Ver-
haltnisse vorwirft, lassen nach dieser Richtung recht viel zu wiinscnen fibrig. So z. B.
ist im Versuche auf p. 63 der Yerlust an Agglutinin infolge Nichtberiicksichtigung der
Serummenge falschlich auf 30000 A.E. angegeben, wahrend er in Wirklichkeit nur
3000 A.E. betragt. Durch ungenaue quantitative Auswertung der Agglutinationsverluste
wurde Kraus zu dem widersinnigen Schlusse gefuhrt, dafi die Filtrate hoheren Kon-
zentrationen gegeniiber n fast kein“ (?) Agglutinin binden. Hatte Kraus genauere und
rationellere Auswertungen vorgenommen, so hatte er auch Verluste finden mSssen, und
zwar absolut noch groBere, relativ kleinere, als bei geringeren Serumkonzentrationen.
Ich mochte hier ferner bemerken, daB die Behauptung von Kraus, meine Prazi-
pitinarbeit sei als Folge seiner Untersuchungen zu betrachten, durchaus der Wahrheit
nicht entspricht, indem diese Arbeit, wie jeder literaturkundige Leser wird leicht ein-
sehen kbnnen, eine direkte Fortsetzung der Arbeit von mir und Volk sowie derjenigen
von E. P. Pick fiber die Immunkfirper bedeutet.
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh<nisse zwischen Toxin und Antitoxin. 263
der oben auseinandergesetzten Befunde konnte ich in meiner Arbeit fiber
spezifische Prfizipitationsvorgfinge zeigen, daB die Bindnng zwischen
Prfizipitin and prfizipitierbarer Substanz denselben Gesetzen unterliegt,
wie sie oben ffir Agglutinin und agglutinierbare Substanz ausgeffihrt
wurden; es erfibrigt daher wohl, sie hier nochmals zu wiederholen.
Nur auf einen recht wichtigen Punkt mochte ich nfiher eingehen; gibt
man relatiy viel prfizipitabler Substanz (EiweiBIBsung) zu einer gewissen
Menge Prfizipitin, so wird man bei der gewohnlichen Untersuchungsart
linden, daB das Prfizipitin — scheinbar — vollstfindig gebunden wurde.
Doch nur scheinbar, denn, wenn man ein empfindlicheres Reagens be-
nutzt, in diesem Falle also eine noch verdfinntere EiweiBlosung (konzen-
trierte Losungen hemmen nfimlich die sichtbare Reaktion durch Ueber-
schuB der prfizipitablen Substanz, kfinnen also geringe Mengen Prfizi¬
pitin nicht zur Geltung kommen lassen), so wird man auch hier sehr
geringe Reste ungebundenen Prfizipitins entdecken, die nur den gewfihn-
lichen Reagentien entgehen. Dasselbe gilt fibrigens von der prfizipi¬
tablen Substanz. Wenn man also, um kurz zu sein, von vollstfindiger
Absorption spricht, so sollte es eigentlich, genauer gesprochen, „fast
vollstfindige“ heiBen; eine wirklich vollstfindige ist theoretisch fiberhaupt
undenkbar und wttrde den Grundgesetzen chemischer Reaktionen wider-
sprechen. Ebenso erklfirt sich auch die „vollst&ndige u Absorption der
Agglutinine, die vorhin erwfihnt wurde. Zu fihnlichen Anschauungen
fiber die Bindung der Prfizipitine sind, unabhfingig von mir, auch Li-
nossier und L4moine gelangt. Auch ffir die Cytotoxine ergaben
sich in letzter Zeit Anhaltspunkte daffir, daB dieselben Bindungsgesetze
auch dort Geltung haben dfirften. Aufier den oben zitierten Befunden
von Bordet sowie von Ehrlich und Morgenroth konnten Pfeiffer
und Friedberger feststellen, daB ein und dieselbe Menge Cholera-
kultur verschiedene Mengen an Immunitatseinheiten binden, je nach der
zugesetzten Menge des bakteriziden Immunserums. Der interessanten
Arbeit Londons fiber die normalen und Immunspermolysine entnehme
ich folgenden Versuch, der, nach Muster des eingangs zitierten Bor¬
det schen Versuchs angestellt, meiner Ansicht nach ganz deutlich ffir
die Analogic dieser Bindungsgesetze mit den oben ausgeffihrten spricht.
Verwendet wurde normales Kaninchenserum, von dem 0,05 ccm ge-
nfigten, um die in 3 ccm einer gegebenen Emulsion enthaltenen Meer-
schweinchenspermatozoen innerhalb ca. 4 Stunden vollstfindig zu immo-
bilisieren. Wurden nun statt dessen zu 0,05 ccm Serum ebenfalls 3 ccm
Emulsion, aber in 3 Teilen zu je 1 ccm, successive zugegeben, so zeigte
es sich, daB die Spermatozoen der ersten zwei Portionen wohl noch
vollstfindig immobilisiert wurden, die der dritten zeigten nur sehr ge¬
ringe Beeinflussung. Dasselbe Phfinomen zeigt das Rdhrchen R. I No. 6, wo
zu 0,1 ccm zu je 1 ccm Emulsion successive zugegeben wurde; es zeigte
sich, daB diese Serummenge, die nach dem oben Gesagten 6 ccm Emulsion
immobilisieren sollte (0,05—3 ccm), sich schon gegenfiber dem 5. Kubik-
centimeter unwirksam zeigte. Nun will zwar London ffir dieses Er-
gebnis eine andere Erklfirung herbeiziehen, als die oben vertretene; er
meint, daB aus den abgetdteten Spermatozoen der ersten Portionen Stoffe
frei werden, die die Spermatolyse der letzten Portionen hemmen, nach-
dem er tatsfichlich nachgewiesen hat, daB Extrakte aus Spermatozoen
(normalen!) die Spermatolyse (Spermatozidie sollte wohl folgerichtig ge-
sagt werden) hemmen. Ich glaube aber nicht, daB die an sich richtige
nnd interessante Tatsache zur Erklfirung der erwfihnten Versuche an-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
gewandt warden kann; es dflrfte wohl sehr wahrscheinlich sein, dafl
diese hemmenden Stoffe nichts anderes sind, als die freigewordenen
Rezeptoren der Spermatozen fiir das Spermolysin, ahnlich wieNeisser
und Shiga in Filtraten von Typhuskulturen freie Rezeptoren nach-
weisen konnten, die durch Verankerung des Agglutinins die Agglutina¬
tion von Typhusbacillen durch Immunserum hemmen. Trifft diese An-
nahme zu, so ist es wohl klar, daB in unserem Falle die abgetdteten
Spermatozoen keine freien Rezeptoren an die Fliissigkeit abgeben
kdnnen, da ja schon der Abtdtungsvorgang durch die Besetzung dieser
Rezeptoren bedingt ist, urn so mehr als die erste Portion der Emulsion
einen UeberschuB von Serum vorfindet. Und selbst wenn mau die
Annahme Londons acceptieren wiirde, kame sie im Zusammenhange
mit obiger Ausfflhrung wieder darauf hinaus, was ich annehme und was
London bestreitet, daB namlich die Rezeptoren der Spermatozeen
verschiedene Mengen Spermolysin binden kdnnen, je nach der Konzen-
tration, in der es ihnen dargereicht wird. Weiterhin ist es wahr¬
scheinlich, daB auch Cytotoxine bakterieller Natur nach ahnlichen Ge-
setzen an die empfindlichen Zellen gebunden werden, wenigstens scheinen
die von Schur exakt erhobenen quantitativen Verhaltnisse bei der
Hamolyse durch Staphylolysin in diesem Sinne zu sprechen. Auch
ein chemisch wohldefiniertes Blutgift bietet nach den Untersuchungen
von Ransom ahnliche Verhaltnisse: 0,002 g Saponin ldsen 0,7 ccm
Hnndeblut, wird dagegen das Blut successive in Raten von 0,1 ccm zu-
gegeben, so werden nur 0,5 ccm gelost. Aus diesem Versuche, der
ein genaues Analogon des Bordetschen ist, muB man nicht nur
schlieBen, wie Ransom dieses tut, daB das Saponin bei der Hamolyse
verbraucht Oder gebunden wird, sondern auch daB die Bindungsfahigkeit
der Blutrezeptoren fiir Saponin nach der relativen Konzentration der
reagierenden Substanzen wechseln kann. Experiments, in denen ich fiir
die Agglutination der Bakterien durch Vesuvin sowie far die Fallung
von Eiweifilfisungen durch Pikrinsaure dieselben Bindungsgesetze nach-
weisen konnte, wie fur die spezifischen Prazipitationsvorgange, bilden
den Uebergang zu den Farbungsvorgangen, die, wie wir seit Bordet
wissen, groBe Analogieen mit den uns beschaftigenden Reaktionen auf-
weisen. Es war nun von groBer Bedeutung fiir die Entwickelung
unserer Anschauungen, daB vor ungefahr einem Jahre Heidenhain
in einer wichtigen Arbeit zeigte, daB die Farbung mit Anilinfarbstoff
anf einer chemischen Reaktion zwischen Farbstoff und Protoplasma be-
ruht, sowie dafi eine bestimmte Menge EiweiB verschiedene Mengen
Farbsaure binden kann. Damit war der seinerzeit von Bordet aufge-
stellte Vergleich zwar legitimiert, zugleich jedoch der Ansicht, dafi diese
beiden Vorgange — Farbung und Bindung des Hamolysins — keine
factions chimiques proprement dites“ (Bordet) seien, der Boden
entzogen worden.
Nach alledem, was bisher gesagt wurde, wird wohl der SchluB
gerechtfertigt erscheinen, daB die fiir die Agglutinine nnd Prazipitine
eruierten Bindungsgesetze auf alle spezifischen Reaktionen Anwendung
haben. In meiner Prazipitinarbeit sagte ich vor einem Jahre: „Die¬
selben Gesetze gelten auch fiir die Bindung zwischen Toxin und Anti¬
toxin, eine Frage, an deren experimentelle Bearbeitung ich in nachster
Zeit herantreten will“ (p. 8 des poln. Orig.). Es war ja von vornherein
sehr wahrscheinlich, daB diese Korper, die so vielfache Analogieen
beziiglich ihres Aufbaues und ihrer Wirkungsweise mit den oben er-
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh<nisse zwischen Toxin und Antitoxin. 265
w&hnten aufweisen, sich aoch in dieser Hinsicht ihnlich verhalten
wflrden. Ich bin leider bis jetzt durch fiuBere Umstfinde verhindert
gewesen, diese Frage selber experimentell zu bearbeiten, doch finde
ich mich dnrch die Arbeiten von Danysz und Bordet veranlafit,
einiges darfiber vorzubringen, da diese Autoren sich dem von mir
oben bezeichneten Standpunkte wohl nfihern, in einigen wichtigen
Punkten jedoch etwas abweichende Meinungen Sufiern und ich eine
Diskussion fiber diese Punkte ffir prinzipiell sehr wichtig erachte. Die
sehr interessante Arbeit von Danysz besch&ftigt sich mit der Wirkung
von Antiricin auf Ricin und zwar sowohl auf dessen agglutinierende wie
auch toxische Wirkungen. Da die Arbeit bisher zu wenig Beachtung
fand, sei es mir erlaubt, hier die uns interessierenden Tatsachen in
ihren Hauptzfigen wiederzugeben, urn dann auf ihre Deutung nfiher ein-
zugehen. Wird als Ausgangspunkt das glatt neutrale Gemisch 1 ccm
Ricin (= 500 DLM) + 0,80 Antiricin genommen, so findet man, dafi
dieses Gemisch wohl ganz frei von toxischer Wirkung ist, aber zugleich
deutliche antitoxische Wirkung offenbart. Das Gemisch von 1 ccm
Ricin + 0,75 Antiricin ist schon etwas toxisch, indem es beim Meer-
schweinchen ein grofies Oedem mit Induration hervorruft, dabei jedoch
gleichzeitig antitoxisch, indem durch Zusatz von 1 DLM das Gemisch
noch immer nicht letal wird. Das Gemisch von 1 ccm Ricin + 0,70
Antiricin tfitet Meerschweinchen in 12 Tagen, nach Zusatz von 1 DLM
(tfitet in 4 Tagen) erst in 8 Tagen. Ein Gemisch mit einem Ueber-
schusse von Antiricin, und zwar 1 ccm Ricin + 0,85 Antiricin, ist
atoxisch und wirkt stark antitoxisch sowohl simultan, indem es erst
durch Zusatz von 100 DLM letal wird, wie auch prfiventiv gegen ca.
5 DLM. Wir sehen also urn das sogenannte neutrale Gemisch herum
eine Reihe von Gemischen, die zugleich toxisch und antitoxisch wirken.
Bestimmt man die Neutralisation des Ricins ffir Kaninchen, so findet
man, dafi nicht, wie vorher, 1 ccm Ricin + 0,80 Antiricin, sondern erst
1 ccm Ricin -j- 0,84 Antiricin sich als neutral erweist (Ueber fihnliche
Tatsachen berichten Dreyer und Madsen.) Nicht minder interessant
ist wohl der Befund von Danysz, dafi Toxin-Antitoxingemische in
pr&gnantester Weise das Bordetsche Phftnomen zeigen. Folgender
Versuch moge das veranschaulichen: DLM = 0,005 ccm Ricin; neu-
trales Gemisch: 0,1 ccm Antiricin + 0,15 ccm Ricin (= 30 DLM); der
L + wird erreicht bei 0,1 ccm Antiricin + 0,40 Ricin (= 80 DLM),
also D = 50 DLM. Nimmt man dagegen das dem L, entsprechende
neutrale Gemisch und setzt den Ueberschufi von Ricin nach 24 Stunden
zu, so wird schon das Gemisch (0,1 ccm Antiricin + 0,15 Ricin) +
0,05 Ricin (= 10 DLM) zum L +, unter diesen Bedingungen ist also
D = 10 DLM statt 5 0. Dieselbe Erscheinung kann man beobachten,
wenn man als Reagens nicht den TierkOrper, sondern die Agglutination
der Kaninchenerythrocyten wahlt; neutrales Gemisch: 0,2 Antiricin +
0,1 Ricin gibt keine Agglutination, 0,2 Antiricin + 0,24 Ricin voll-
st&ndige; setzt man nun zu 0,2 Antiricin nicht die ganze Ricindosis auf
einmal, sondern zunfichst 0,1 Ricin und dann erst den Ueberschufi, so
findet man, dafi schon das Gemisch: (0,2 Antiricin + 0,1 Ricin) + 0,08
Ricin vollstfindige Agglutination gibt (also in Summa 0,18 Ricin statt
0,24). Wie im Bordetschen Versuche die Erythrocyten sich mit
Hfimolysin fibersfittigen, so tut es hier das Ricin der zuerst zugegebenen
Portion mit Antiricin, so dafi spfiter zugesetztes nur mehr eine unge-
nfigende Menge freies Antiricin zur Neutralisation vorfindet. Umgekehrt
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 2.
lfifit sich zeigen, dafi bei entsprechender Versuchsanordnung das Anti-
ricin sich mit Ricin Qbers&ttigt: 15 Ricin + 10 Antiricin = L 0 , gibt
man nun das Antiricin nicht anf einmal zum Ricin, sondern successive
in Teildosen von je 2, so findet man, dafi dann 4 solche Dosen genflgen,
urn 15 Ricin zu entgiften, also im ganzen 8 Ricin, statt, wie vorhin, 10.
Aehnliche Befunde hat non Danysz auch fttr das Diphtherietoxin und
Antitoxin erhoben: DiToxin DLM 0,01 ccm : L<, = 1 I.E. 4- 0,40 ccm
Toxin, L 4- = 1 I.E. + 0,50 ccm Toxin, D = 0,1 ccm Toxin = 10
DLM; gibt man zu 1 I.E. das Toxin in zwei Portionen successive zu,
so ist schon bei (1 I.E. -t- 0,40 ccm Toxin) 4- 0,03 ccm Toxin der L 4-
erreicht, es neutralisiert also im ersten Falle 1 I.E. bis 50 DLM, im
zweiten nur bis 43 DLM. Auch beim Diphtherietoxin zeigt das neutrale
Gemisch deutlich antitoxische Eigenschaften, indem es prfiventiv gegen
1 DLM schfltzt und selbst unausgeglichene Gemische, die selber toxisch
wirken, offenbaren daneben noch antitoxische Eigenschaften.
Die Untersuchungen von Bordet haben die Einwirkung von Anti-
komplement auf das hamolytische Komplement zum Gegenstande: zu-
nfichst konnte Bordet konstatieren, dafi bei der Auswertung des Anti-
komplementwertes das Ehrlichsche Phfinomen (grofie Distanz zwischen
Lo und L 4-) deutlich zu Tage tritt. Wir haben beim Versuche fol-
gende Konstanten: DL des Komplements = 0,05 ccm Serum, 0,3 Anti¬
komplement 4- 0,2 Komplement (= 4 DL) = Lo, 0,3 Antikomplement
4- 1,2 Komplement (= 24 DL) = L +, folglich D = 24 DL—4 DL
= 20 DL, d. h. in anderen Worten, dafi eine Serummenge, die nur
4 DL glatt neutralisiert, erst durch Zusatz von 24 DL in seiner Neu-
tralisationsffihigkeit erschfipft wird. Auch das von Bordet frflher bei
der Hfimolyse beobachtete Phanomen tritt hier zu Tage: das Gemisch
0,3 Antikomplement 4- 0,6 Komplement I6st eine gewisse Blutmenge
innerhalb 105 Minuten, das Gemisch (0,3 Antikomplement 4- 0,5 Kom¬
plement) -1- 0,1 Komplement (in successiven Zusatzen) schon nach Ver-
lauf von 60 Minuten, wirkt also starker toxisch als das erste mit ein-
maligem Toxinzusatze. Das waren nun die von Danysz und Bordet
erhobenen Tatsachen; welche Schlflsse in Bezug auf die Bindungsver-
haltnisse ziehen nun diese Forscher daraus? Nach Danysz beweisen
seine Versuche „unbestreitbar, dafi Toxin und Antitoxin einander in
wechselnden Verhaltnissen bidden kdnnen. Werden sie also gemischt,
so entsteht nicht etwa ein einziges Produkt, sondern es ist eine Reihe
von Verbindungen moglich, in denen eine Substanz durch die andere
mehr oder weniger gesattigt ist und die dementsprechend mehr oder
weniger aktiv (i. e. toxisch) sind“. „Wenn also z. B. 1 ccm Ricin 4-
0,85 Antiricin 100 Volumen der bestandigsten Verbindung geben, so er-
halten wir bei 1 ccm Ricin 4- 0,425 Antiricin nicht etwa 50 Volumen
derselben Verbindung und 50 Volumen freies Ricin, sondern 100 Vo¬
lumen einer Verbindung, in der das Ricin im Vergleiche zu obiger zur
Halfte mit Antiricin impragniert ist“ Aehnliche Anschauungen teilt
diesbeziiglich auch Bordet und vertritt sie in der ihm eigenen geist-
reichen Weise. Mischt man Toxin mit Antitoxin „in beliebigem Ver-
haltnisse, so wird das Antitoxin sich gleichmafiig auf alle Toxinmolektile
verteilen. Je nach den gegebenen Mengenverhaltnissen wird man also
verschiedene Verbindungen erhalten. Ein bestimmtes Gemisch wird
natfirlich nur eine einzige Verbindung enthalten, gebildet durch das
Toxin, dessen Aviditat fflr Antitoxin mehr oder weniger gesattigt sein
wird. Daraus folgt, dafi man in solchen Gemischen nie ganz freies,
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh<nisae zwischen Toxin und Antitoxin. 267
intaktes Toxin neben vollst&ndig durch Antitoxin gebundenem
finden kann.“ Die zugleich toxischen and antoxischen Wirkungen,
die manche Gemische enthalten, sind eben der Ausdruck fflr den wech-
selnden Sflttigungsgrad der jeweilig resultierenden Verbindung; je
weniger gesattigt in einer Verbindung das Toxin erscheint, desto toxi-
scher wird das betreffende Gemisch wirken, je mehr es mit Antitoxin
fibers&ttigt wird, desto deutlicher wird die antitoxische Funktion der
Verbindung hervortreten. Endlich nimrat Bordet an, daB das unvoll-
kornmen gesattigte Toxin in den Gemischen auch qualitativ differente
toxische Wirkungen aufweist, als das freie ungebundene Gift, und will
auf diese Weise die von Ehrlich supponierten Toxonwirkungen erklart
wissen. — Wie schon oben hervorgehoben wuide, kann ich die soeben
auseinandergesetzte Erklarungsweise, deren experimentelle Grundlagen
ich rtlckhaltslos anerkenne und fflr eine wichtige Bereicherung unseres
Wissens halte, nicht ohne weiteres acceptieren, da sie mir in mancher
Hinsicht yon dem durch den bisherigen Entwickelungsgang der Immu-
nitatslehre vorgezeichneten Wege abzuweichen scheint. Den Arbeiten
der letzten Jahre, unter denen diejenigen Ehrlichs und seiner Schule
wohl an erster Stelle zu nennen sind, verdanken wir die fflr die ganze
Immunitatslehre zum Hauptgrundsatze gewordene Erkenntnis, daB ein
Gift nur kraft seiner Affinit&t zu den empfindlichen Elementen seine
toxischen Wirkungen entfalten kann. Mit dieser Anschauung ist es nun
meiner Einsicht nach unvereinbar, anzunehmen, wie Danysz und
Bordet dies tun, daB ein Gift, das sich schon mit Antitoxin verbunden
hat, noch immer toxische Wirkungen entfalten kann. Wenn Danysz
und Bordet behaupten, das Antitoxin verteile sich jedesmal auf im
Gemische vorhandene Toxinmolekflle, so kann die Folge davon nur die
sein, daB das Gift entgiftet wird. N&hme man an, daB die Bindung des
Toxins durch Antitoxin — und das nehmen ja die beiden Forscher fflr
jedes beliebige Gemisch an — nicht gleichbedeutend ist mit der Ent-
giftung, dann mflfite man folgerichtig wieder zur alten Annahme einer
direkt zerstdrenden Wirkung des Antitoxins auf das Toxin zurfickkehren
— das widersprache direkt einer der SchluBthesen von Danysz —
Oder aber sich mit der Annahme einer undefinierten, mystischen, „neu-
tralisierenden Kraft“ des Antitoxins begnflgen. Zweitens postuliert diese
Anschauung eine Vorstellung, mit der man wohl nicht leicht sich wird
vertraut machen konnen — die Vorstellung einer chemischen Verbin¬
dung, die gleichzeitig, in derselben Menge und auf demselben Applika-
tionswege, zwei antagonistische biologische Funktionen ausflbt, eine
Vorstellung, die meines Wissens ganz ohne ihresgleichen in der Chemie
dastehen wflrde. Toxin und Antitoxin sind ja keine Korper, die uns
wirklich bekannt und zug&nglich sind; beides sind eben nur Funktionen,
die wir, einem Bedflrfnisse der Oekonomie des Denkens folgend, uns
an ein kdrperliches Substrat gebunden denken. Wir kennen wohl Me-
dien, an denen sie haften, kennen die VerSnderungen, die sie bei di-
versen Einwirkungen auf diese Medien erleiden, zu allerletzt aber bleibt
es doch nur die physiologische Funktion, die den Hauptinhalt unserer
Begriffe von Toxin und Toxin ausmacht. Spricht man nun von einer
Verbindung beider ESrper, so kann das eben nichts anderes bedeuten,
als ein Verschwinden ihrer spezifischen Funktionen unter gegenseitiger
Einwirkung. Eine andere Vorstellung dflrfte wenigstens bisher unserer
Erkenntnis unzug&nglich sein, folglich muB Verbindung zugleich auch
Entgiftung bedeuten. Unvollst&ndige Entgiftung, wie sie Danysz und
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Centralbl. f.^Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 3.
Bordet annebmen, kdnnte nnr zweierlei bedeuten: entweder quantitativ
unvollst&ndige, dann mfiBte aber freies Toxin tibrig bleiben, was sie be-
streiten, Oder aber eine labile Verbindung, die im empf&nglichen Tier-
kdrper durch die Affinit&t der empf&nglichen Organe gesprengt werden
kann, dann aber mfiBte man wieder eine vollstfindige Neutralisation in
vitro annehmen, und diese ist ja fflr uns mafigebend. Eine Verbindung
mit unvollst&ndiger Entgiftung scheint mir eine contradictio in adjecto
zu sein.
Im Anschlusse an das Ausgeffihrte mdchte ich hier einige Be-
merkungen anknUpfen fiber eine Arbeit, die bezfiglich des Agglutinations-
prozesses Anschauungen vertritt, die sich an die soeben analysierten
eng anschlieBen. Im II. Teile seiner „Untersuchungen fiber den Mecha-
nismus der Agglutination 11 glanbt J o o s annehmen zn konnen, dafi je
nach den relativen Mengen des Agglutinins und der agglutinierbaren
Substanz, die miteinander in Verbindung treten, verschiedene Verbin¬
dungen entstehen kdnnen, die je nach dem wechselnden Grade ihrer
S&ttigung mit Agglutinin verschiedene Stabilit&t zeigen. Die Beweise
jedocb, die Jo os ffir das Bestehen solcher differenter Verbindungen
anftthrt, dfirften sich aber wohl kaum als stichhaltig erweisen; die ag-
glutininreiche Verbindung (bei Verwendung hoher Serumkonzentrationen
entstanden) soil am stabilsten sein, im destillierten Wasser am leich-
testen reagglutinieren und kann angeblich „sich mit neuen Mengen ag-
glutinierbarer Substanz vereinigen und so neue Verbindungen ergeben"
(und dennoch heifien sie sehr stabil!). Was die Reagglutination anbe-
langt, so genfigt schon die Annahme einer groBeren Menge der Ver¬
bindung, um die Bakterien leichter und schneller reagglutinieren zu
lassen, wie ich in meiner Pr&zipitinarbeit zeigen konnte. Die andere
Annahme wird vonJoos durch folgenden Versuch begrfindet: er agglu-
tinierte dieselbe Bakterienmenge einmal mit einer geringen, das andere
Mai mit einer groBen Agglutinin menge, die obere Flttssigkeit wird nun
entfernt und die Niecferschlfige in physiologischer NaCl-LQsung aufge-
schwemmt. Gibt man nun zu beiden Emulsionen eine neue Bakterien¬
menge, so sieht man nach einiger Zeit, dafi im Rfihrchen mit der ge¬
ringen Agglutininmenge die frisch zugesetzten Bakterien unbeeinfluBt
bleiben, in demjenigen mit der groBen agglutiniert werden. Die an sich
richtig beobachtete Erscheinung dfirfte wohl am besten dadurch zu er-
klaren sein, daB mit Agglutinin fibersSttigte Bakterien an agglutinin-
freie oder -arme Medien einen Tpil des Agglutinins wieder abgeben,
d. h. dafi die agglutininreiche Verbindung leicht dissoziabel ist (siehe
Eisenberg und Volk. p. 166. Tabelle XI). Dieses „abgeblutete“
Agglutinin ist es, das die frisch zugesetzten Bakterien im Joosschen
Versuche agglutiniert, fihnlich wie dies Morgenroth ffir die Hfimolyse
unl&ngst beschrieben hat. Wir kommen also zu der Ueberzeugung, daB
gerade entgegen der Behauptung von Joos sein Versuch sowie die
frflheren Befunde von mir und Volk die agglutininreiche Verbindung
als leicht dissoziabel charakterisieren. Wieso fibrigens die „sehr sta¬
bile", also sicher an den Bakterien haftende agglutininreiche Verbindung
„sich mit neuen Mengen agglutinierbarer Substanz vereinigen kann",
ohne die Bakterien zu verlassen, kann ich mir schwer vorstellen. Wenn
endlich Joos schon im Aussehen der verschiedenen Niederschlfige —
ob „mehr Oder weniger schwer oder flockig" — einen Beweis der ver¬
schiedenen Konstitution der jeweilig entstandenen Verbindungen er-
blicken will, so muB ich wieder daran crinnern, dafi einfach quantitative
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh<nisse zwischen Toxin und Antitoxin. 269
Unterschiede in der Menge der Niederschlflge resp. der an den Bakterien
niedergeschlagenen Snbstanzen solche Differenzen vollauf erklSren. Vol-
lends widersprechen mufi ich auch, wenn Joos die Existenz einer
„Maximalverbindung“ annimmt, in der ein Maximum von Agglutinin an
die agglutinierbare Substanz gebunden ist; dieses Maximum von Agglu¬
tinin soli „so vollstandig bestimmt sein, daB, wenn man noch mebr zu-
setzt, der Ueberschufi unver&ndert in der Ldsung bleibt“. In der Arbeit
von mir und Volk ist gezeigt worden, daB Bakterien, die schon von
einer dargereichten Agglutininmenge einen ungebundenen Ueberschufi
zurflckgelassen haben, bei neuerlichem Agglutininzusatz weiteres Agglu¬
tinin zu binden vermdgen, sowie daB die Menge des gebundenen Agglu¬
tinins immer steigt mit der Menge und Konzentration des dargereichten,
daB es also flberhaupt keine Maximalverbindung geben kann. Sicher ist
es aber unstatthaft, das Bestehen eines Agglutininflberschusses als Zeichen
fflr die stattgehabte maximale S&ttigung anzusehen. Wie wir sehen, ist
also auch in der Arbeit von Joos die Existenz einer Reihe von diffe-
renten Verbindungen durchaus nicht bewiesen x ).
Die Erkl&rungsweise von Danysz und Bordet — um zum eigent-
lichen Thema zurflckzukehren — ist jedoch durchaus nicht die einzig
zulassige; indem ich an ihrer Stelle eine etwas abweichende vorschlage,
will ich zeigen, daB sie im stande ist, die von obigen Forschern ange-
ffihrten experimentellen Tatsachen folgerichtig zu erklSren, daB sie ferner
auch fflr Erkl&rung vieler anderer Tatsachen auf dem Gebiete der Im-
munit&t erfolgreich herangezogen werden kann, sowie endlich, daB sie
es erlaubt, die Bindungsgesetze zwischen Toxin und Antitoxin im Zu-
sammenhange mit den fflr andere spezifische Immunkorper erhobenen
Beziehungen einheitlich aufzufassen. Vorausschicken mochte ich in
voller Uebereinstimmung mit Bordet, daB meine ErklSrung das soge-
nannte Gesetz der Multiplain keiner Weise tangiert Dieses von Ehr¬
lich zuerst fur Ricin sowie fflr Diphtherietoxin, von Behring fflr
Tetanustoxin, von No If fflr H&magglutinin, von Joos fflr Bakterio-
agglutinin erhobene Gesetz besagt, daB, wenn man zur Neutralisation
einer gewissen Menge eines spezifischen Kdrpers ein gewisses Minimum
von seinem Antikflrper braucht, zur Neutralisation der doppelten Menge
auch mindestens die doppelte Menge des Antikorpers notig ist. Dieses
Gesetz — in obiger Fassung nur eine Umschreibung der einfachsten
chemischen Vorstellungen — wurde leider dahin mifiverstanden, als ob
es die Vorstellung einer nach konstanten Proportionen verlaufenden
chemischen Reaktion in sich schliefien wflrde. Dies ist nun selbstver-
stflndlich nicht der Fall; das Gesetz besagt ja nur, daB bei relativ
gleicher Konzentration beider reagierender Substanzen der gleiche Bin-
dungseffekt eintritt, schlieBt jedoch nicht aus, daB bei anderen Reak-
tionsbedingungen die Reaktion anders verlaufen kdnnte. Man mufi sich
darflber klar werden, daB das Gesetz der konstanten und definierten
Proportionen durchaus nicht mit dem Begriffe einer chemischen Reak¬
tion zu identifizieren ist, daB es vielmehr nur fflr ein begrenztes Gebiet
chemischer Umsetzungen zutrifft, so daB man einer Reaktion noch nicht
1) Dasselbe gilt fibrigens auch yon dem behaupteten Einflusse der Konzentration
nnd der Temperatnr auf die Schnelligkeit der Vereimgung der reagierenden Subetanzen.
Die von Joos beobachteten Tatsachen berechtigen wohl nur zu dem Schlusse, dafi das
Ausfallen der Verbindung, d. i. die sichtbare Reaktion von diesen Faktoren beeinflufit
wird, das Eintreten der Verbindung diirfte sich in dieser Hinsicht anders verhalten,
wofhr man in der Arbeit von mir und Volk Anhaltspunkte finden wird.
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270 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
den Charakter einer chemischen Reaktion absprechen muB, wenn man
erkennt, daB sie nach unkonstanten Proportionen verl&uft. Die Ver-
kennung dieser Grundsfitze hat seinerzeit Bordet zu der Behauptung
geffihrt, die Bindung des Hamolysins an die Erythrocyten ebenso wie
die nahe verwandten FSrbungsprozesse seien keine chemischen Reak-
tionen im eigentlichen Sinne des Wortes — ein Standpunkt, den der
verdiente Forscher in seiner letzten Arbeit erfreulicherweise verlassen
hat. Dagegen besitzen wir im Gesetze von Guldberg und Waage
eine allgemeine Norm, die alle reserviblen chemischen Prozesse umfaBt
und deren Feststellung im einzelnen Falle als Beweis der chemischen
Natur der betreffenden Reaktion angesehen werden kann. Das Gesetz
besagt, daB bei chemischen Umsetzungen zwischen zwei oder mehreren
Kfirpern nach Eintritt des chemischen Gleichgewichts das Produkt der
erzeugten Stoffmengen zum Produkte der unverfinderten Stoffmengen in
einem festen Verhaltnisse steht (wo als aktive Menge die in der Vo-
lumeneinheit enthaltene Menge eines Korpers gilt), insofern nicht einer
der erzeugten Korper durch eine Zustandsfinderung oder Unlfislichwerden
aus dem Reaktionsmedium ausscheidet, indem er dadurch einen ein-
seitigen Verlauf der Reaktion ermfiglicht. Die uns interessierenden.
Reaktionen gehdren naturlich auch in den Geltungsbereich dieses Ge-
setzes: ihre chemische Natur dfirfte wohl nach den Errungenschaften
der letzten Jahre fiber jeden Zweifel erhaben sein. Ffir die Reversibi¬
lity dieser Prozesse scheinen viele Tatsachen zu sprechen; die Unter-
suchungen von Morgenroth beweisen, daB die Verbindung zwischen
Erythrocytenrezeptor und h&molytischem ZwischenkOrper hydrolytischer
Dissoziation zuganglich ist. Was die Verbindung zwischen Agglutinin
und agglutinierbarer Substanz anbelangt, konnte ich mit Volk beob-
achten, daB Bakterien, die eine grdBere Agglutininmenge gebunden
hatten, nach Dekantierung der oberen Flfissigkeit und Ueberschichtung
mit physiologischer NaCl-L5sung an dieses Milieu meBbare Agglutinin-
mengen abgaben und zwar nicht einmal, sondern mehrere Male hinter-
einander, wenn jedesmal die Flfissigkeit erneuert wurde. Ffir die M6g-
lichkeit der Dissoziation der Toxin- und Antitoxinverbindung sprechen
die bekannten Versuche von Calmette mit Schlangengift, von Wasser-
mann mit Pyocyaneus-Gift, in denen unter dem Einflusse einer
hfiheren Temperatur ein neutrales Toxin-Antitoxingemisch toxisch wurde;
dabei wird wahrscheinlich durch die hdhere Temperatur die Verbindung
dissoziiert und das thermostabilere Antitoxin zerstfirt, w&hrend das
resistentere Toxin erhalten bleibt. Man kfinnte vielleicht den Einwand
machen, daB im Falle der Agglutination sowie der Prfizipitation die
resultierende Verbindung, indem sie niedergeschlagen wird, den Verlauf
der Reaktion einseitig beeinflussen kfinnte. Das trifift jedoch nicht zu;
wissen wir ja durch die Untersuchungen von Bordet und Joos, daB
die Ausffillung der Verbindung eine sekundare Erscheinung ist, die mit
der Bindung beider Substanzen nichts zu tun hat und nur von der
Gegenwart gewisser Salze (richtiger Ionen) im Medium bedingt wird,
sowie daB die chemische Verbindung auch dort eiutreten kann, wo die
Bedingungen ffir die Ausf&llung fehlen. Andererseits zeigt das Experi¬
ment, daB die ausgeffillte Verbindung doch noch dissoziationsfahig ist,
wodurch das Erreichen eines Gleichgewichtszustandes in obenerwfihntem
Sinne ermoglicht wird. Ein weiterer Einwand gegen die vorgebrachte
Erklarungsweise lieBe sich vielleicht aus einer oberflfichlichen Auffassung
des Bordetschen Versuches konstruieren; wir sahen namlich, daB,
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh<iiisse zwischen Toxin und Antitoxin. 271
wenn wir zu einer bestimmten Serummenge eine gewisse Menge Blut
auf einmal zusetzen, die ganze Blutmenge gelost wird, dafi dagegen bei
successivem Zusatz ein Teil dieser Menge ungelost bleibt Man kOnnte
also vielleicht aus diesem Versuche den Schlufi ziehen, dafi durch Ein-
wirkung identischer Mengen zweier Korper zwei differente Gleich-
gewichtszustande erreicht werden kdnnen, je nach den Phasen, die
in beiden Fallen die Reaktion durchgemacht hat — ein Schlufi, der
dem Guldberg-Waageschen Gesetz direkt zuwiderlaufen wflrde.
Dieser Widerspruch ist aber nur scheinbar. Im Bordetschen Versuche
interessiert uns vor allem die Bindungsreaktion zweier Kdrper, die
Hamolyse gibt dafflr nur einen rein aufierlichen Ausdruck her. Die
Bindung des Hfimolysins an einen gewissen Bestandteil der Erythro-
cyten andert die darin bestehenden osmotischen Verhaltnisse in der
Weise, dafi das Hamoglobin aus dem Erythrocyten austritt; dieses os-
motische Phfinomen ist seiner Natur nach irreversibel und erfolgt schon,
wenn nur ein geringer Anteil der Hamolysinrezeptoren des Erythrocyten
besetzt wurde. Im ersten Falle also, wo die ganze Blutmenge auf ein¬
mal zugesetzt wird, besetzt das Hamolysin an jedem Erythrocyten nur
einen geringen Teil seiner Rezeptoren und wird dabei erschopft; im
anderen Falle dagegen binden die Erythrocyten der ersten Portionen
fast das gesamte vorhandene Hamolysin, wobei ein betrachtlicherer Teil
ihrer Rezeptoren besetzt wird, als im ersten Falle. Der resultierende
Bindungseffekt bleibt in beiden Fallen derselbe, nur ist die Verteilung
der Verbindung verschieden, im ersten Falle gleichmafiig in der ganzen
Blutmenge, im anderen ist die ganze Masse der entstandenen Verbin¬
dung in den Erythrocyten der ersten Portionen aufgespeichert, so dafi
der Zustand der Blutaufschwemmung nicht als direktes Mali der quan-
titativen Bindungsverhaltnisse gelten kann.
Es ist nun hdchst plausibel, anzunehmen, dafi auch die uns inter-
essierenden Bindungsgesetze zwischen Toxin und Antitoxin fihnlich wie
die anderer spezifischer Korper in dieselbe Kategorie gehoren. Man
hatte sich dann vorzustellen, dafi, wenn gewisse Mengen Toxin und Anti¬
toxin zusammengebracht werden, neben dem Reaktionsprodukte — der
nach meiner Ansicht vollkommen neutralen Verbindung — ungebundene
Ueberschusse beider Substanzen in wechselnden Mengen ttbrig bleiben,
die einander nicht weiter beeinflussen. Der Unterschied zwischen dieser
Anschauung und der von Danysz und Bordet vertretenen braucht
wohl nicht hervorgehoben zu werden; dort erhalten wir eine Ver¬
bindung der gesamten Mengen der Substanzen, die im Gemische vor-
handen waren, eine Verbindung, deren Eigenschaften durch das Mengen-
verhaltnis ihrer Komponenten bedingt wird, hier eine vollkommen neu-
trale Verbindung mit Ueber schtissen von freiem Toxin und Antitoxin.
Je nach den relativen Konzentrationen der reagierenden Substanzen
kann die Reaktion in verschiedener Richtung verlaufen; bei starker
Konzentration der einen wird die Bindung der anderen eine fast voll-
standige sein konnen und der Ueberschufi im Verhaltnisse zur urspriing-
lichen Menge ein verschwindend kleiner; bei relativ starker Konzentration
der anderen Substanz wird ein umgekehrtes Verhalten zu erwarten sein.
Bei Verwendung ein und derselben Menge der einen Substanz werden
verschiedene Mengen der anderen gebunden werden kdnnen, je nach der
Konzentration dieser Substanz. — Wie stimmt nun diese Erklarung zu
den durch Experiment wie durch Erfahrung erhobenen Tatsachen? Da
wir die Kdrper, um deren Reaktionen es sich hier handelt, eigentlich
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272 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3.
gar nicht kennen und als einzige Gharakteristik dafflr ihre biologische
Wirkung verwenden mdssen, wird es leicht begreiflich erscheinen, daB
man bei der Deutung der experimentellen Befunde besondere Vorsicht
wird walten lassen mflssen. Der lebende Tierkbrper, der dabei die
Rolle des Reagens auf Toxin and Antitoxin spielt., ist ein gar kompli-
zierter Mechanismus, in dem mannigfaltige biologische Faktoren die von
uns studierte Reaktion nach verschiedenen Seiten hin und in verschie-
denem Mafie beeinflussen konnen. Die Hauptbedingung fflr ein chemiscbes
Reagenz — die absolute Gleichm&fiigkeit und Konstanz der Reaktions-
weise — wird sowohl durch individuelle Unterschiede wie durch physio-
logische als auch pathologische Prozesse im Organismus stark beein-
tr&chtigt. Eine auch nur halbwegs acceptable Konstanz ist nur in sehr
wenigen Kombinationen und auch hier nur innerhalb enger Grenzen exakt
eingehaltener, vielfacher Versuchsbedingungen zu erzielen. Urn sicht- und
meBbare Wirkungen im Tierkorper hervorzubringen, muB ein Toxin in
einer gewissen Menge wirken, darunter bleibt es unserer Erkenntnis
unzug&nglich, indem die natiirlichen Widerstandskrafte des Organismus
seine Existenz verdecken. Von dem MaBe dieser Widerstandskrafte so-
wie von anderen Schwankungen des cellul&ren wie humoralen Chemis-
mus wird die Empfindlichkeit dieses Reagens in hohem Grade beeinflufit
werden kdnnen. Der Gehalt des Blutes an praformierten Antitoxinen,
cellulare Ueber- und Unterempfanglichkeit werden daruber entscheiden,
welche geringste Menge des Toxins sich noch durch eine pathogene
Wirkung wird offenbaren konnen. In besonders gQnstigen Fallen wird
es moglich sein, noch kleinere Toxinmengen, denen toxische Effekte ab-
gehen, durch etwaige immunisierende Wirkungen sichtbar zu machen.
Noch viel komplizierter miissen sich naturgem&B die Bedingungen fttr
den Nachweis des Antitoxins gestalten, da wir hier auBer dem lebenden
Organismus noch auch die Toxinwirkung zu berQcksichtigen haben.
Dies vorausgeschickt, wenden wir uns nun zur Untersuchung der Wir¬
kungen von Toxin- und Antitoxin gemischen. Nach dem oben Gesagten
ist es selbstverstandlich, daB es in Wirklichkeit kein neutrales Gemisch
geben kann, da immer ein gewisser, wenn auch noch so kleiner, Ueber-
schuB von Toxin vorhanden sein muB. Ich kann aber Bordet nicht
beipflichten, wenn er behauptet, es gabe keine wirkliche Neutralisation
des Toxins, nur eine groBere oder geringere Abschwachung je nach
dem Grade der Sattigung durch Antitoxin; wie schon auseinandergesetzt
wurde, glaube ich nicht, daB man die Annahme einer solchen unvoll-
kommenen Neutralisation mit der einer chemischen Bindung, die doch
sowohl von Danysz wie auch Bordet acceptiert wird, vereinigen
kann. Wenn wir in der Praxis von volliger Neutralisation sprechen,
so bedeutet das nur, daB der UeberschuB von Toxin im gegebenen Ge¬
misch im Tierexperiment unter gewissen Bedingungen nicht mehr zur
Geltung kommt. Ein solches Gemisch ist in Wirklichkeit mit Antitoxin
flbersattigt und wir sehen tatsachlich die antitoxische Wirkung des Anti-
toxiniiberschusses in den Versuchen von Danysz klar hervortreten.
Unsere Anschauung macht es auch erklarlich, daB es Gemische gibt,
die gleichzeitig toxische und antitoxische Wirkungen entfalten; ja noch
mehr, theoretisch mtiBte es eigentlich jedes Gemisch tun, nur sind zu-
weilen die Toxin- resp. Antitoxinflberschflsse zu gering, um nachge-
wiesen werden zu kdnnen. Ich glaube auch, daB diese Erklarung wohl
am besten und klarsten die von Danysz und Bordet gefundenen
Tatsachen ausdrttckt: was wir sehen, ist, daB die Toxin-Antitoxingemische
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Eisen b erg, Ueber die BindungBYerh<niBse zwischen Toxin und Antitoxin. 273
entweder toxische oder antitoxische oder auch beide Wirkungen zugleich
entfalten. Nan setzen wir fflr die toxische Funktion ihr Symbol — den
hypothetischen KSrper „Toxin“ — fflr die antitoxische das ebenfalls
hypothetische „Antitoxin* — und wir kommen zu den Toxin-Antitoxin-
flberschfissen — zu einer Erkl&rung, die auf allgemeinen chemischen
Gesetzen basiert, statt unsere Zuflucht zu einem mysteridsen KSrper zu
nehmen, der zu gleicher Zeit zwei antagonistische Funktionen austtbt.
Den Beweis der Existenz eines solchen Kdrpers will Bordet darin
erblicken, dafi die toxische Wirkung nicht ganz neutraler Gemische
qualitativ anders sein soli, als die entsprechend verdflnnter reiner Gift-
dosen. Vergleicht man ein Antikomplement-Komplementgemisch mit
einer schwachen Dosis Komplement in Bezug auf ihre hfimolytische
Wirkung, so findet man, daB das reine Komplement rascher wirkt, daB
jedoch das Gemisch innerhalb einer lingeren Zeit eine viel grdfiere
Menge Blut zerstOren kann. Die von Bordet gegebene Erkl&rung der
zweifellos interessanten Erscheinung ist jedoch nicht die einzig m6g-
liche; sie kOnnte ja ebensogut auf eine langsam vor sich gehende Dis-
soziation der Antikomplement • Komplementverbindung zurflckgefflhrt
werden, fihnlich wie sie Morgenroth bei der H&molyse, ich und Volk
bei der Agglutination gesehen haben. Die Bedingungen zu einer solchen
Dissoziation werden sich im Bordetschen Versuche leicht einstellen
kbnnen; wir haben im Gemische die Komplement-Antikomplementver-
bindung und daneben einen Komplementflberschufi. Die zugesetzten
immunkorperbeladenen (sensibilisierten) Erythrocyten werden das freie
Komplement sogleich verankern, wodurch das Medium sofort komple-
mentarm wird und die Bedingungen zur Dissoziation eintreten und zwar
zu einer andauernden Dissoziation, indem der jedesmal freigewordene
Komplementanteil von den im Ueberschusse vorhandenen Erythrocyten
abgefangen wird und dadurch das Milieu dauernd komplementarm bleibt.
Die oben ausgesprochene Annahme, daB es in Wirklichkeit kein wirk-
lich neutrales Gemisch geben kann, findet ihre Stdtzen in gar manchen
Tatsachen, die in den letzten Jahren experimentell erhoben wurden. Die
Versuche von Danysz sowie Bordet zeigen, daB solche Gemische
dentlich antitoxisch wirken, was mit unserer Erkl&rung, daB solche Ge¬
mische , urn im Tierexperimente neutral zu erscheinen, mit Antitoxin
flbers&ttigt sein mflssen, gut (ibereinstimmt Der jedenfalls &ufierst ge-
ringe ToxinflberschuB in solchen Gemischen ist unter gewbhnlichen
Versuchsbedingungen nicht nachweisbar — das drticken wir ja in der
Bezeichnnng „neutral“ aus — wird jedoch entweder die Giftempf&ng-
lichkeit des Tieres gesteigert oder znr Wertbestimmung ein empfind-
licheres Reagens in Form einer empf&nglicheren Tierspecies verwendet
oder aber der ToxinQberschufi gr5Ber, so kommt auch diese kleine Toxin
menge zur Geltung. Dzierzgowski, der mit solchen neutralen
Diphtherietoxin-Antitoxingemischen 4 Ziegen, 2 Hunde und 2 Pferde
immunisierte, gibt an, in keinem Falle eine Antitoxinproduktion kon-
statiert zu haben. Dieses Ergebnis spricht dafUr, dafi bei den betreffen-
den Tieren die verschwindend kleinen Toxiniiberschtlsse in solchen Ge¬
mischen keine Reaktion haben ausldsen konnen; da wir jedoch wissen,
daB die Reaktionsweise der Tiere von ihrer Individualit&t in hohem
Grade bestimmt wird, wundert es uns kaum, daB Kretz, der 2 Pferde
mit solchen Gemischen immunisierte, bei einem derselben ein 3-fach nor-
males Serum erlangen konnte (Donar), also jedenfalls eine, wenn auch
geringe Reaktion des Tieres auf die eingefiihrten Toxin Qberschfisse (unter
Ento Abt. Ori*. Bd. XXXIV. 18
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274
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
250 normalen Pferden, die Dzierzgowski auf ihren Antitoxingehalt
untersuchte, fand er als hochsten Wert einmal ein 2-fach normales
Serum). Viel prompter werden natilrlich auf solche minimale Giftfiber-
schusse fiberempfindliche Tiere reagieren konnen und dementsprechend
fand auch Kretz, dafi solche Tiere die Injektion von glatt neutralen
(sogar iiberkompensierten) Gemiscben mit betrfichtlicher Antitoxinproduk-
tion beantworten. Ebenso also wie geringe Toxindosen, die fflr normale
Tiere noch unschfidlich sind, bei solcben Tieren toxische Erscheinungen
hervorrufen, sind minimale Toxinliberschfisse, die bei normalen Tieren
fOr gewohnlich keine Reaktion hervorrufen, fiir solche Tiere nicht irre¬
levant. Jedenfalls ist die Wirkung freien Toxins unentbehrlich zur Er-
klfirung dieser hochst wichtigen Tatsache; wfthrend nun fttr mich die
Existenz dieses freien Toxins als einfache Folge der Reaktion zwischen
Toxin und Antitoxin erscheint, nimmt Kretz, ein Anhfinger der Gift-
neutralisationstheorie, nach konstanter Proportion an, dafi die empfind-
lichen Elemente im Organismus der ilberempfindlichen Tiere auf Grand
ihres vermehrten Rezeptorengehaltes eine erhohte Giftavidit&t besitzen
und dadurch beffihigt sind, die neutrale Verbindung zu sprengen und
das freigewordene Toxin an sich zu reifien. Gegen diese Anschauungs-
weise lassen sich jedoch manche Bedenken erheben; es ist nicht zu be-
streiten, dafi Rezeptoren verschiedener Tierspecies demselben Gifte
gegenuber verschiedene Aviditfitsgrade aufweisen kOnnen, so dafi die
Verbindung des Giftes mit den Rezeptoren der einen Species durch die
hOhere Aviditfit der Rezeptoren der anderen gegebenen Falles gesprengt
werden konnte, es wird jedoch schwer fallen, sich die Moglichkeit einer
solchen Sprengung vorzustellen in dem Falle, wo beide Arten von Re¬
zeptoren identisch sind. Andererseits sind wir nicht berechtigt, anzu-
nehmen, dafi Rezeptoren in hoherer Konzentration eine hdhere Gift¬
aviditfit besitzen, also solche in geringerer Konzentration, dafi sie da¬
durch im stande waren, eine schon bestehende Verbindung zu sprengen.
Hfitten wir freies Toxin vor uns und einerseits Giftrezeptoren in boher
Konzentration, andererseits ebensolche in geringerer, dann kdnnten wir
uns wohl vorstellen, dafi die ersteren dank ihrer grofieren Reaktions-
geschwindigkeit das Toxin groBtenteils an sich reifien werden, doch
kann die grofiere Reaktionsgeschwindigkeit einer schon bestehenden
Verbindung gegenuber unmoglich etwas ausrichten. In unserem Falle,
wo wir einem Pferde durch Pferdeantitoxin neutrales Gift injizierten,
haben wir folglich keinen Anhaltspunkt zu der Annahme, dafi die Toxin-
Antitoxinverbindung gesprengt und ein Anteil des Toxins frei werden
kdnnte. Endlich mochte ich noch bemerken, dafi, wenn wir auch in
Uebereinstimmung mit Cobett und Kretz bei ilberempfindlichen
Tieren das Bestehen eines RezeptorenQberschusses an den empffinglichen
Zellen annehmen konnen, wir noch nicht behaupten durfen, dafi die
Konzentration dieser Zellrezeptoren grdfier ist als diejenige der Anti-
toxine im Blute dieser hochimmunisierten Tiere, wie das von Kretz
angenommen wird. Dafi auch aus anderen Ursachen entstandene nicht
spezifische Giftiiberempfindlichkeit den Nachweis von Giftiiberschufi in
anscheinend neutralen Gemiscben ermoglichen kann, zeigen die be-
kannten Versuche von Roux und Vaillard, wonach Gemische von
Tetanustoxin und Antitoxin, die von normalen Meerschweinchen reak-
tionslos absorbiert werden, bei Tieren, die einige Zeit zuvor gegen den
V. Massauah immunisiert wurden und anscheinend vollig gesund
waren, typischen Tetanus hervorriefen. Ebenso dfirften wohl die neuer-
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh<nisse zwischen Toxin und Antitoxin. 275
dings publizierten interessanten Experiments von Marenghi zu er-
kl&ren sein, in denen Meerschweincben, denen beide Nebennieren abge-
tragen wurden, sich dem Dipbtheriegifte gegeniiber ttberempfindlich
erweisen und auf Injektion von streng neutralen Gemischen eingehen.
Es gelingt weiter, durch die Wahl einer geeigneten Tierart zu zeigen,
daB Gemische, die, an einer anderen Species geprttft, neutral erscheinen,
doch einen nicht zu vernachlassigenden ToxinflberschuB enthalten kdnnen;
je empf&nglicher eine Species fflr das betreffende Gift ist, ein desto
feineres Reagens fttr solches uberschflssige Gift wird sie abgeben kdnnen.
So erzeugten in den vielumstrittenen Versuchen Buchners Gemische
von Tetanustoxin und Antitoxin, die fflr Mfluse neutral Oder fast neutral
waren, bei den empfanglicheren Meerschweincben typischen Tetanus.
Ebenso sehen wir oben in den Experimenten von Danysz, daB fur
Meerschweinchen neutrale Ricin - Antiricingemische es fflr Kaninchen
nicht sind. In ahnlicher Weise rufen Diphtherietoxin-Antitoxingemische,
die fflr Meerschweinchen glatt neutral sind, bei Kaninchen toxische Wir-
kungen hervor, wie das seiner Zeit von Roux und Martin zuerst be-
schrieben und neuerdings auf Grund exakter Bestimmungen von
Dreyer und Madsen best&tigt wurde. Selbstverst&ndlich wird die
GroBe der Wirkung solcher Gemische auch von der absoluten GroBe
der Ueberschflsse abh&ngen: wahrend nun bei Toxin-Antitoxin die soge-
nannten neutralen Gemische mit Antitoxin flbers&ttigt sein dflrften und
deshalb der Toxinflberschufi so schwer nachweisbar erscheint, scheint dies
bei analogen Versuchen, die von verschiedenen Seiten mit agglutinierten
Bakterien sowie mit immunkdrperbeladenen Erythrocyten angestellt wurden,
nicht immer der Fall gewesen zu sein. Die betreffenden Untersucher gingen
von der Voraussetzung aus, daB, wenn tats&chlich die haptophore Gruppe
der spezifischen Korper es ist, die im empf&nglichen Organismus die
Bildung der Antikdrper veranlaBt, daB dann nach Verankerung dieser
Gruppe in vitro die betreffenden Kflrper die F&higkeit verlieren sollten,
Antikorperproduktion anzuregen. W&hrend nun v. Dun gem bei In¬
jektion von immunkdrperbeladenen Erythrocyten tatsSchlich keine H&mo-
lysinproduktion auftreten sah, fand Sachs in einer ahnlichen Versuchs-
anordnung unter 8 Versuchen nur 3mal dieses Resultat, w&hrend in
5 Versuchen eine Produktion von Immunkdrpern, wenn auch in geringerer
Menge als bei Kontrolltieren, beobachtet werden konnte. Aehnliche Er-
gebnisse hatten Rehns, Nicolle und Tr4ne 1 sowie Neisser und
Lubowski bei ihren Versuchen mit agglutinierten Bakterien. Sachs
glaubte, durch den Nachweis von Immunkdrperflberschflssen bei der
Bereitung seines Injektionsmaterials zu der Annahme berechtigt zu
sein, „daB alle Rezeptoren gesattigt waren“, was durchaus nicht der
Fall sein muB: hatte doch Ehrlich in seinem oben angefflhrten Ver-
suche gezeigt, daB eine gewisse Blutmenge, die schon bei Zusatz von
60 ldsenden Dosen einen freien UeberschuB ungebunden liefi, bei
grdBerem ImmunkOrperzusatze auch 99 solche Dosen binden konnte.
Auch Neisser und Lubowski bestrebten sich, bei der Herstellung
der agglutinierenden Bakterien dieselben „init dem Agglutinin vollig
abzusflttigen“. Doch selbst bei ihrer sehr zweckentsprechenden Ver-
suchsanordnung (2malige successive Sattigung mit groBen Agglutinindosen)
konnten sie keine GewShr haben, die betreffenden Rezeptoren tatsiich-
lich verstopft zu haben; hat es sich doch in den Versuchen von mir
und Volk gezeigt, daB selbst Bakterien, die nocli viel groBere Agglu-
tininmengen absorbiert hatten (22000 A.E. statt der hier gebrauchten
18 *
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276 ' Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
1000) bei nochmaligem Agglutininzusatze noch immer betrfichtliche
Agglutininmengen absorbieren konnten. Die einzig rationelle Kontrolle
bei all diesen Versuchen ware nur die gewesen, zu zeigen, dab die be-
trefienden verstopften Elemente tatsachlich nicht mebr im stande sind,
den entsprechenden Immunkdrper zu binden; war diese Mdglichkeit nicht
ausgeschlossen, so konnten sie im Tierkdrper verankert werden und die
spezifiscben Reaktionen ausldsen. Als besonders demonstrativ in dieser
Richtung mfichte ich die schfinen Untersuchungen von Pfeiffer fiber
die immunisierenden Wirkungen von immunkfirperbeladenen Cholera-
vibrionen anffihren; speziell beweiskrfiftig scheinen mir die Versuche,
wo Kaninchen Choleravibrionen intravenfis injiziert wurden, die mit
Kaninchenimmunkfirpern beladen waren und in denen ganz betr&cht-
liche Immunkdrperproduktion erzielt wurde. In diesen Versuchen wird
es wohl schwer fallen, etwa eine Spaltung der Verbindung Bakterien-
rezeptor-Immunkdrper anzunehmen, da wir keinen Grund baben, an den
Gewebsrezeptoren eine so hohe Aviditfit anzunehmen, dab eine solche
Spaltung eintreten konnte. Es ist andererseits nicht zu verwundern,
dab bei Verwendung von Kulturfiltraten, die relativ wenig Rezeptoren
enthalten dflrften, durch Zusetzen eines groben Immunkdrperfiberschusses
die Zahl der freibleibenden Rezeptoren so herabgedrfickt wird, dab sie
im Tierkorper meistens keine mebbare Reaktion mehr auslosen konnen;
doch auch hier kann es vorkommen, dab bei einem tfder dem anderen
Tiere Immunkdrper auftreten (s. Pfeiffer, p. 893. Tab. V B. Tier
No. 4). Selbstverstfindlich wird dabei die individuelle Ffihigkeit der
Versuchstiere, auf geringe Mengen von spezifiscben Kdrpern mit Immun¬
kdrperproduktion zu reagieren, eine grobe Rolle spielen, was wir sowohl
in den Versuchen von Pfeiffer, Sachs, wie von Neisser und Lu-
bowski bestfitigt linden. Nach obigem wird wohl die Annahme von
Sachs, „dab gewisse Tiere die individuelle Ffihigkeit haben, die be-
setzten Rezeptoren trotzdem zu verankern", kraft der „hdheren Aviditfit
ihrer Gewebsrezeptoren" zur Erklfirung der von ihm gefundenen Tat-
sachen fiberflfissig erscheinen mfissen. Hier wird es vielleicht noch am
Platze sein, die Versuche von Selinow zu erwfihnen, die ebenfalls fttr
ein Bestehen von Toxin- und Antitoxinfiberschfissen in den Gemischen
dieser KOrper zu sprechen scheinen. Dieser Forscher injizierte Diph-
therietoxin resp. Antitoxin in das Kornealgewebe und konstatierte nach
Verlauf einiger Tage ffir jeden dieser Kdrper charakteristische histo-
logische Verfinderungen. Injizierte er nun ein Gemisch, in dem das
Toxin nur zur Hfilfte mit Antitoxin gesfittigt war, so konnte er neben
den vom Toxin herrtthrenden Verfinderungen auch solche linden, die auf
die Wirkung von Antitoxin zurflckzuffihren waren.
Wfihrend uns bisher das Schicksal des in vitro bewerkstelligten
Toxin-Antitoxingemisches beschfiftigte, wollen wir uns nunmehr zur Be-
trachtung der Verhfiltnisse wenden, die eintreten, wenn beide Kdrper
im lebenden Organismus zusammentreffen. Wfihrend im ersten Falle
nach den uns jetzt gelaufigen Vorstellungen die chemische Umsetzung
schon in vitro vor sich geht und der Organismus nur einen Indikator ab-
gibt ffir etwaige Ueberschfisse beider Substanzen, kann im zweiten Falle
die Reaktion selbst von ihrem lebenden Milieu in verschiedener Weise in
ihrem Ablaufe beeinflubt werden, wir mfissen uns also im vorhinein
auf kompliziertere Verhfiltnisse gefabt machen. Tatsachlich kennen wir
ja verschiedene Beispiele, in denen diese Reaktion im lebenden Kfirper
ganz anders ablfiuft als in vitro; es sei hier nur hingewiesen auf das Aus-
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Gisenberg, Ueber die Bindungsverh<nisse zwischen Toxin und Antitoxin. 277
bleiben der Agglutination von Cholerabacillen im immunen Tiere (Tau-
relli-Salimbeni), das Ausbleiben der Hemagglutination nach Injek-
tion von normalen (Bongiovannini) Oder Iramunh&magglutininen
(Kraus und Sternberg) oder von vegetabilischen Toxalbuminen
(Lau), endlich das Ausbleiben von Pr&zipitation nach Injektion von
EiweiB bei einem dagegen immnnisierten Tiere (Rostoski). Die Re-
aktion zwischen Toxin und Antitoxin im Tierkorper wird nun beobachtet,
wenn Toxin entweder einem normalen oder einem immunisierten Tiere
einverleibt wird. Bekanntlich besitzen ja verschiedene Tierspecies di¬
verse normale Antitoxine in ihrem Blute; was speziell das bestbekannte
Gebiet der Diphtherieimmunit&t betrifft, wissen wir aus den Unter-
suchungen von Roux und Martin, Cobbett, Meade Bolton und
Dzierzgowski, daB normale Pferde in ihrem Blute nachweisbare
Antitoxinmengen beherbergen, deren Werte z. B. nach Cobbett
zwischen Vio — Vio» A.E. pro 1 ccm, nach Dzierzgowski zwischen
Vioo~2 A.E., schwankt Injiziert man nun so einem Tiere, das in
seinem Blute 200—2000 A.E. besitzt. selbst die hohe Dosis von einigen
Kubikcentimetern Toxin, die zur glatten Neutralisierung einige A.E. be-
dfirfen, so sollte die Injektion am Tiere reaktionslos vorbeigehen, wenn eine
solche voile Neutralisation wirklich eintr&te. Und dennoch sehen wir,
dafi die Dosis immunisierend wirkt oder aber — bei besonders empfind-
lichen Tieren — bedrohliche toxische Erscheinungen hervorrufen kann,
die zuweilen sogar letal ablaufen. So sind im Krakauer serotherapeuti-
schen Institute des Herrn Prof. Bujwid zwei Pferde nach Injektion
von 2 resp. 5 ccm Toxin eingegangen, und Dzierzgowski erwahnt
ein Pferd (No. 57), bei dem die Injektion von 4 ccm Toxin = 40 DLM
eine letale Intoxikation zur Folge hatte 1 ). Ganz ahnliche Verhaltnisse,
wie soeben auseinandergesetzt, treten bei jedem immunisierten Tiere
mit jeder neuen Giftinjektion ein. Die injizierte Giftmenge bildet hier
nur einen kleinen Bruchteil derjenigen, die durch das im Tiere kreisende
Antitoxin neutralisiert werden konnte, und dennoch bewirkt jede neue
Giftinjektion eine Steigerung des Antitoxingehaltes und mull folglich
eine gewisse Giftmenge zur Wirkung gelangen. Als erster hat meines
Wissens auf diesen Punkt Kretz hingewiesen, ohne vorlaufig eine Er-
klarung dafiir geben zu k5nnen; sodann hat Pfeiffer diese Frage mit
Rflcksicht auf die bakterizide Immunitat bertthrt, und erst vor kurzem
hat v. D ungern die Forderung ausgesprochen, daB bei einem gegen
EiweiB immunisierten Tiere bei einer erneuten Injektion trotz des
kreisenden PrUzipitinflberschusses freie prazipitable Substanz zur Wir¬
kung gelangen mflsse, wenn neuerliche Prazipitinproduktion eintreten
soil. Der einzige, der bisher meines Wissens fflr diese fQr die ganze
Immunit&tslehre grundlegende Tatsache eine Erkl&rung zu geben ver-
sucht hat, ist Dzierzgowski. Dieser verdiente Forscher nimmt an,
daB das subkutan injizierte Toxin vermdge des schwachen Antitoxin¬
gehaltes im subkutanen Gewebe nur zum Teil neutralisiert wird und daB
der durch Antitoxin nicht gebundene Teil, von den Zellen der Subcutis
lokal verankert, zur Antitoxinproduktion AnlaB gibt. Das in die Blut-
bahn resorbierte Toxin ist nach Dzierzgowski fur die Immunisie-
rung belanglos, da es dort vollst&ndig neutralisiert wird, ebenso kann
1) Auf diesen Umstand hat mich mein verehrter Chef, Herr Prof. O. Bujwid,
aufm’erksam gemacht, dem ich dafiir meinen verbindlichsten Dank auch an dieser Stelle
auszusprechen mir erlaube.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 3.
es auf diesem Wege nicht an andere Gewebselemente gelangen, nach-
dem es ja unterwegs der Neutralisation unterliegt. Folgerichtig be-
hauptet weiter Dzierzgowski, daB nach intravendser Gifteinverleibung
keine Antitoxinproduktion beobachtet werden sollte, da doch das jeweilig
injizierte Toxin jedesmal in der Blutbahn mit Antitoxin zusammentreffen
und neutralisiert werden muB. Die soeben skizierte Anschauung, die
in einzelnen Punkten wohl richtig sein diirfte, ist jedoch nicht im stande,
alle beobachteten Tatsachen zu erkl&ren und findet zum Teil in manchen
eine direkte Widerlegung. Es ist ja wohl anzunehmen, daB ira sub-
kutanen Gewebe nach einer Giftinjektion die Neutralisationsbedingungen
filr das Gift weniger gunstig sind, als etwa im Blute, man darf jedoch
nicht vergessen, daB auch dieses Gewebe Antitoxin enth<, daB darin
ein Netz von Blut- und LymphgefaBen sich ausbreitet, in dem konzen-
triertes Antitoxin zirkuliert, sowie endlich daB infolge des durch die
Giftinjektion gesetzten Reizes eine antitoxinreiche Exsudation stattfindet
— lauter Bedingungen ftir die Neutralisation des Giftes selbst in der
Subcutis. Und wie w&re dann die oben erw&hnte letale Wirkung kleiner
Toxindosen bei normalen oder bei hochimmunen tiberempfindlichen
Tieren? Dzierzgowski wird wohl kaum annehmen wollen, daB die
Verankerung einer kleinen Toxindosis im subkutanen Gewebe den Tod
des Tieres zur Folge haben kann — und doch kann ja nach seinen
Anschauungen das Toxin auf dem Blutwege nicht an die lebenswichtigen
Elemente gelangen, da es unterwegs neutralisiert werden mtiBte. End¬
lich stimmt die Behauptung, daB durch intravenose Giftzufuhr keine
Immunisierung zu erlangen ist, durchaus nicht mit den Tatsachen iiber-
ein; fiihrt doch Dzierzgowski selber in seinen Protokollen die Ge-
schichte des Pferdes No. 163 (p. 359) an, daB nach 9 intravenosen
Giftinjektionen (die noch in ihrer Wirkung durch gleichzeitige Antitoxin-
einspritzung abgeschwacht wurden!) ein 20-fach normales Serum auf-
wies. Ebenso zeigte Pferd No. 43 in der ersten Mitteilung von Dzierz¬
gowski nach intravenoser Giftapplikation ein 70-fach normales Serum.
In der Arbeit von Kretz finden wir ebenfalls das Pferd Demagog er-
w&hnt, das nach intravenoser Gifteinverleibung (trotz gleichzeitiger Anti-
toxininjektionen!) einen Antitoxinwert von 20 A.E. in 1 ccm erlangt hat.
Es diirfte also als feststehend angenommen werden, daB auch nach
intravenoser Giftzufuhr Antitoxinproduktion eintritt, freilich eine ge-
ringere, als nach subkutaner. Angesichts dieser Tatsache erweist sich
natiirlich die Ansicht von Dzierzgowski als unzulfinglich, und wenn
dieser Autor nun behauptet, „die in diesen Experimenten auftretende
geringe Antitoxinproduktion sei auf eine unvollst&ndige Neutralisation
des Giftes in der Blutbahn von seinem Eintritte in die Gewebe und
Organe zuriickzufiihren u , so ist das vom Standpunkte der Ehrlich-
schen Theorie von den konstanten Bindungsproportionen, zu der sich
Dzierzgowski bekennt, eine Inkonsequenz, denn es sind wohl in
diesem Falle, angesichts des groBen Antitoxinuberschusses im Blute, die
besten Bedingungen fQr eine vollstandige Giftneutralisation gegeben.
Die einzige Anschauungsweise, die im stande ist, diese Tatsachen zu
erklaren, ist meines Erachtens die oben vertretene Auffassung der Bin-
dungsgesetze zwischen Toxin und Antitoxin. Wenn wir annehmen, daB
bei jeder Toxin-Antitoxinreaktion ein Teil des Giftes ungebunden bleibt,
so wird dieser GifttiberschuB bei normalen wie bei immunisierten Tieren
seine spezifischen Wirkungen entfalten konnen, und zwar toxische oder
immunisierende, je nach den biologischen Bedingungen des gegebenen
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverhaltnisse zwischen Toxin und Antitoxin. 279
Falles. Unumg&nglich erscheint diese Annahme in dem nahe ver-
wandten Falle der bakteriziden Immunitat, wo wir aus den Unter-
suchungen von Pfeiffer und Marx sowie Wassermann wissen,
daB die Bildung der Immunkdrper in den blutbildenden Organen erfolgt;
soli nun bei einem immunen Tiere bei einer neuerlichen Injektion
ImmunkOrperprodnktion von nenem vor sich gehen, so iniissen die Bak-
terienrezeptoren auf dem Blutwege in die Organe gelangen, d. i. es mull
trotz der grofien Immunkdrpermenge im Blute ein freier UeberschuB an
Bakterienrezeptoren znr Wirkung gelangen. Diese freien Ueberschttsse
an Gift resp. Bakterienrezeptoren wird man sich als aufierst gering vor-
zustellen haben; daB sie dennoch so pragnante immunisierende Effekte
hervorrufen, wird auf die Ueberempfindlichkeit der immunisierten Tiere
zurflckzufflhren sein, die durch mancherlei Tatsachen bewiesen wird. Es
ist klar, daB fiir diesen Fall die Danysz-Bordetsche Erkl&rung sich
kaum wird heranziehen lassen; wie konnte denn ein gebundenes und
zwar durch einen grofien Antitoxinflberschufi gebundenes Toxin immuni-
sierend wirken? — es sei denn, dafi man den Verbindungen auch im-
mnnisierende Wirkungen zuschreiben wfirde, wodurch sie dann freilich
bereits alle Eigenschaften eines Toxinttberschusses besafien — mit Aus-
nahme der Benennung.
Nach Injektion von Toxin bei schon immunisierten Tieren wurde
noch eine interessante Beobachtung von einigen Forschern festgestellt,
die erst im Lichte der bisher erorterten Anschauungen unserem Ver-
standnisse naher gerfickt wird. Injiziert man einem solchen Tiere,
dessen Serum einen bekannten Gehalt an Antitoxin aufweist, eine be-
stimmte Menge Toxin, so muB natflrlicherweise unmittelbar nach der
Injektion der antitoxische Wert des Serums sinken zum Ausdruck fiir
die stattgehabte Bindung eines Teiles des Antitoxins durch das einge-
fflhrte Toxin. Berechnet man aber den eingetretenen Antitoxinverlust
im Verhaitnisse zum Toxin, so zeigt es sich, daB er unvergleichlich
grofier ist, als dem kalkulierten Neutralisationswerte entsprechen wflrde,
was sich auch im steilen Abfalle der Antitoxinkurve kundgibt. Um ein
Beispiel herauszugreifen, will ich hier folgende Beobachtung von Salo¬
ns onsen und Madsen an einem gegeu Diphtherietoxin immunisierten
Pferde anfflhren; das 665 kg wiegende Pferd hatte vor der betreffenden
Injektion einen Antitoxingehalt von 100 I.E. pro 1 ccm, also im ganzen
Blute 25000 X 100 I.E. = 2500000 I.E. Nach Injektion von 1 1 Toxin
= 38 461 DLM sank der Antitoxinwert auf 65 I.E., folglich betrug der
Verlust 25000 X 35 A.E. = 875000 I.E. (berechnet fiir = 50 1
lo
Blut = 25 1 Serum), wahrend zur Nentralisation des injizierten Toxins
385 I.E. genflgt hatten. Wir sehen also, daB das eingeffihrte Toxin
mehr als 2000mal soviel Antitoxin gebunden hat, als es nach dem
Neutralisationswerte in vitro hatte tun sollen, wobei man noch bedenken
muB, daB ein Teil des Toxins an der Bindung unbeteiligt sein muBte,
um von den empfanglichen Elementen verankert werden und neuerliche
Antitoxinproduktion anregen zu konnen. Eine ganze Reihe analoger
Tatsachen lfiBt sich auch aus den von Dzierzgowski angefflhrten
Tabellen herauslesen, welche die Geschichte seiner gegen Diphtherie
immunisierten Pferde betreffen. Ueber ahnliche Befunde bei der Im-
munisiernng von Ziegen gegen Botulismustoxin berichten Forssmann
und Lundstrdm: die 36 kg schwere Ziege hatte einen solchen Anti¬
toxingehalt des Serums, daB 1 ccm davon 100000 DL neutralisierte,
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280
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
folglich ihr ganzer Serumgehalt von ca. 1400 ccm 1400000 DL. Nach
einer neuerlichen Giftinjektion von 100000 DL sinkt der Antitoxingehalt
auf 600 DL = L®. d. i. der Antitoxinverlust betragt 1400.400 DL =
560000 DL, w&hrend nur 100000 zur Neutralisation nStig waren. Aus
diesen Befunden folgt unabweisbar, dad auch im TierkQrper das Toxin
in Gegenwart eines Antitoxinflberschusses ein hohes Multiplum der-
jenigen Antitoxinmenge zu binden vermag, die sich beim Neutralisations-
versuche zu seiner Entgiftung notig erweist. DaB ubrigens dieses Ver-
halten ein allgemeines sein durfte, beweist folgender von Bulloch bei
einem mit Ochsenblut immunisierten Kaninchen erhobene Befund. Das
ca. 5 kg schwere Tier hatte vor der Injektion einen derartigen Immun-
korpergehalt, dafi 0,04 ccm Serum die komplett losende Dosis fflr 1 ccm
5-proz. Ochsenblutes darstellte, folglich geniigte sein ganzes Serum (ca.
180 ccm), um 25X180 ccm 5-proz. Ochsenblut = 225 unverdiinntes
Ochsenblut komplett aufzuldsen. Nach einer Injektion von 13 ccm
Ochsenblut hfitte nun das ganze Serum 225 —13 = 212 ccm Ochsen-
180
blut losen sollen, folglich fur 1 ccm 5-proz. Ochsenblut 212 X 20 CCm
= 0,0425 ccm. In Wirklichkeit war der Verlust so grofi, daB erst
0,3‘ccm zur kompletten L5sung von 1 ccm 5-proz. Ochsenblutes ge¬
niigte, also die ganze Serummenge zur Ldsung von 600 ccm 5-proz.
Blutes = 30 ccm unverdunnten Blutes. Der Verlust entsprach also
der Neutralisierungskraft von 225 — 30 ccm = 195 ccm Blut, wahrend
in Wirklichkeit nur 13 ccm, also der 15. Teil dieser Menge, injiziert
wurde. Es ist also klar, dail das eingefiihrte Blut sich mit Immun-
kSrpern fibersfittigt hat, Shnlich wie es dies in den Ehrlichschen Ver-
suchen in vitro tat
Endlich mochte ich nicht verfehlen, auf eine praktische Konsequenz
der hier vertretenen Anschauung aufmerksam zu machen, die speziell
auf die Serotherapie des Tetanus Bezug hat Nimmt man an, wie es
wohl berechtigt erscheint, dafi der bei der Toxin-Antitoxinbindung resul-
tierende Toxiniiberschufi um so geringer ausfallt, je grOBer die reagie-
rende Antitoxinmenge ist, so wird man in F&llen von menschlichem
Tetanus den Rat Behrings, energische und grofie Serumdosen von
vornherein zu verwenden, aufs warniste befflrworten miissen. Das an
der Infektionsstelle sezernierte Gift gelangt successive in kleinen Mengen
ins Blut und wird hier relativ grofie Antitoxinmengen binden k5nnen.
Es besteht nun einerseits die Gefahr, daB dann der Antitoxingehalt er-
schopft wird und dann die Intoxikation zuletzt noch die Oberhand gewinnt,
Oder aber dafi geringe Giftttberschiisse gebunden werden und zwar mog-
licherweise von durch vorherige Giftwirkung iiberempfindlichen Ele-
menten. Jedenfalls wird es also geraten sein, gleich von vornherein
grofie Antitoxindosen anzuwenden und nicht friiher mit der Antitoxin-
zufuhr aufzuhOren, als die Tetanussymptome verschwunden sind. DaB
die ausgesprochenen Moglichkeiten recht nahe liegen, zeigen ubrigens
Versuche von Roux und Vaillard, in denen Meerschweinchen nach
einer Infektion mit Tetanussporen grofie Dosen von Antitoxin bekamen
und bei denen l&ngere Zeit hindurch die Krankheit unterdriickt zu sein
schien, um dann pldtzlich aufzuflackern und binnen kurzer Zeit letal zu
werden. Das Blut dieser Tiere enthielt aber nichtsdestoweniger freies
nachweisbares Antitoxin selbst im Momente des Exitus. — Indem ich
diese Zeilen schliefie, mdchte ich bemerken, dafi ich mir dessen wohl
bewufit bin, dafi die hier vertretene Theorie noch manche Mfingel be-
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Eisenberg, Ueber die Bindungsverh<nisse zwischen Toxin und Antitoxin. 281
sitzt, d&fi sie noch manche Frage offen l&fit und dafi damit auf diesem
Gebiete noch lange nicht das letzte Wort gesprochen ist Ich glaubte
mit ihr eine Reihe von Tatsachen am besten erklaren zu konnen und
stelle sie hiermit zu Sffentlicher Diskussion sowie experimenteller Priifung,
die iiber ihr Schicksal entscheiden mogen.
Krakau, den 15. April 1903.
Nachtrag.
Wahrend der Drucklegung dieser Arbeit ist in der Mflnch. med.
Wochensc.hr. 1903. No. 18 die interessante Arbeit von Landsteiner
und Jagie „Ueber die Verbindungen und die Entstehung von Immun-
k6rpern“ erschienen. Wenn ich auch die Ansichten der Autoren iiber
die Existenz einer Mehrzahl verschieden zusammengesetzter Agglutinin-
verbindungen von verschiedenen Eigenschaften nicht teilen kann und
mir noch vorbehalte, darauf in Zukunft zuriickzukommen, will ich hier
die in Uebereinstimmung mit dem oben Ausgefilhrten acceptierte Re-
versibilitat der Agglutinationsreaktion hervorheben.
Literatnr.
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Noguchi, On the heat lability of the complements of cold-blooded animals. 283
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Nachdruck verboten.
On the heat lability of the complements of cold-blooded
animals ')•
[From the Marine Biological Laboratory, Woods Hole, Mass.]
By Hldeyo Noguchi, M. D., Assistant in pathology,
University of Pennsylvania.
The study of serum complements of warm blooded animals has led
to conflicting views upon their nature. According to some — Buchner (1),
Wilde (2), Bordet (3), Gruber (4) — they are unitiotic bodies which,
as alexines, act upon susceptible cells — bacteria, body-cells — and
bring about their dissolution. According to this view a given serum
contains a single complement or alexine which is brought into combi¬
nation with the foreign cells through the operation of certain interme¬
diate substances — substance sensibilisatrice, amboceptor — which differs
for different kinds of cells. According to another view, that held by
Ehrlich (5), his co-workers, and supporters, the complements are plu¬
ralistic bodies which differ in their [combining capacities whereby their
action is restricted within definite limits, as de termined by this com¬
bining affinity with particular amboceptors. A given serum may contain
several or even many complements and these in turn may exhibit, besides
the distinction of combining power with amboceptors, other differences
as in respect to their resistance to the injurious action of heat, acids,
alkalies, and digestive ferments; and also as regards their ability to pass
through unglazed porcelain filters.
In the course of experiments upon the haemolysins of cold-blooded
animals (6) carried out last summer a few experiments were conducted
to test the variations in heat lability of the serum complements of a
small number of the species used for the experiments. The results are
of interest in themselves and bear upon the broader question of the
multiplicity of serum complements wherefore they are presented at
this time.
For the purpose of the experiments to be given, the sera of four
species of animals were employed. These were: Mustelus canis (dog
1) This study was conducted under a grant from the Carnegie Institution of Wash¬
ington, D. C.
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284
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
fish), Cynoscion regalis (squeteague), Amphiuma means (Congo eel) and
liana catesbiana (bull frog).
The fresh serum of Mustelus canis showed the following haemolytic
powers when used in the proportion of 1 ccm of fresh serum and 5 %
of defibrinated blood:
Blood of Rana catesbiana
Haemolysis: 15 minutes
„ „ Amphiuma means
„ 40 „
„ „ Cynoscion regalis
»» 9 »»
„ „ Chrysemys picta (painted turtle)
jt 45 n
,, „ Emys meleagris (box tortoise)
,, io „
The fresh serum of Cynoscion regalis used in the same manner gave
the following result:
Blood of Rana catetbiana
„ „ Amphiuma means
„ „ Chrysemys picta
„ „ Emys meleagris
Haemolysis:
V
10 minutes
40 „
30 „
20 „
The fresh serum of Amphiuma means gave the following result:
Blood of Rana catesbiana Haemolysis: 15 minutes
„ „ Chrysemys picta „ 25 „ .
„ „ Emys meleagris „ 45 „
The fresh serum of Rana catesbiana gave the following result:
Blood of Cynoscion regalis Haemolysis: 5 minutes
„ „ Mustelus canis „ 1 „
„ „ Tautoga onitis (Tautog) „ 2 „
„ tJ Brevoortia tyrannus (Menhaden) „ 12 „
For the purpose of our experiments the blood sera were heated to
temperatures of 40°, 45° and 50° C for 30 minutes, after which the
haemolytic action was again tested.
Experiment I.
Serum of Muitelus cants heated for 30 minutes.
5 % hlood of
40° C
45° C 50° C
Haemolysis
Unheated serum
Rana catesbiana
35 min.
none
15 min.
Amphiuma means
42 „
none
40 „
Cynoscion regalis
25 „
none
5 „
Chrysemys picta
52 „
partial 1 hr
none
45 „
Emys meleagris
partial 1 hr
none
10 „
Experiment II.
Serum
of Synoscion regalis heated for 80 minutes.
5 % blood of
40° C
45° C 50° C
Unheated serum
Haemolysis
Rana catesbiana
85 min.
none
10 min.
Amphiuma means
Imperfect 60 min. none
40 „
Chrysemys picta
40 mm.
trace none
30 „
Emys meleagris
none
Experiment III.
20 „
Serum
of Amphiuma means heated for 30 mi
inutes.
5 % blood of
40° C
45° C 50° C
Unheated serum
Haemolysis
Rana catesbiana
none
15 min.
Chrysemys picta
partial 1 hr
trace 1 hr none
25 „
Emys meleagris
partial 1 hr
none
45 „
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Noguchi, On the heat lability of the complements of cold-blooded animals. 285
Experiment IV.
Serum of Rana cateebiana heated for 30 minutes.
5 0 0 blood of
40° C
45° C
50° C
Unheated serum
Haemolysis
Oynoscion regalis
25 min.
none
5 min.
Muttelus cania
30 „
trace
none
i „
Tautoga onitu
trace
none
2 „
Brevooriia tyrann us
20 min.
30 min.
none
12 „
Conclusions.
1) The serum-complements of cold-blooded animals are highly labile
bodies and are destroyed at temperatures below 50° C.
2) The serum-complements of these animals would appear to be
multiple in that their action upon different species of red corpuscles is
not only different, but the destruction of the complement for one kind
of red corpuscle may be effected without loss of the entire complement-
content of the serum.
3) The complements for given kinds of red corpuscles can be greatly
reduced by heating the serum, without being entirely destroyed. When
such reduction is brought about a slight ly higher temperature comple¬
tely abolishes the action of the complements.
4) The complements occurring in different sera show, for a given
species of red corpuscle, different degrees of heat lability.
I wish to express my indebtedness to Professor Flexner for his
kindness in suggesting this study to me.
References.
1 ) Buchner, Hans, Sind die Alexine einfache oder komplexe Korper? (Berl. klin.
Wochenschr. Bd. XXXVIII. 1901. p. 855.)
2) Wilde, M., Ueber die Absorption der Alexine durch abgetotete Bakterien. (Ibid.
E . 878) Idem, Ueber die Beeinflussung der Alexinwirkung aurch Absorption. (Arch.
Hyg. Bd. XLIV. 1902. p. 1.)
3) Bordet, J., Les scrums n&nolytiques, leurs antitoxines et Ies theories dee scrums
cytolytiques. (Annal. de PInstitut Pasteur. T. XIV. 1900. p. 257.) Idem, Sur le
mode d’action des scrums cytolytiques et sur l’unite de alexine dans un m&ne s6rum.
(Ibid. T. XV. 1901. p. 303.)
4) Gruber, Max, ueber Bakteriolyse und Hamolyse. (Munch, med. Wochenschr.
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5) Ehrlich u. Morgenroth, Ueber Hamolysine. (Berl. klin. Wchschr. Bd.XXXVII.
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(Ibid. p. 182,216.) Ehrlich and Marshall, Ueber die komplementophile Gruppe
der Amboceptoren. (Ibid. p. 585.) Morgenroth u. Sachs, Ueber die Kompie¬
men tierbarkeit der Amboceptoren. (Ibid. p. 637.) Idem, Ueber die quantitativen
Beziehungen von Amboceptor, Komplement und Antikomplement. (Ibid. p. 817.)
Wendelstadt, Ueber die Vielheit der Amboceptoren und Komplemente bei Ha¬
molyse. (Centralbl. f. Bakt. u. Parasitenk. Abt. L Orig. Bd. XXXI. 1902. p. 469.)
Lipstein, Die Komplementablenkung bei bakteriziden Reagenzglasversuchen und
ihre Ursache. (Ibid. p. 560.) Marshall u. Morgenroth, Ueber Differenzierung
von Komplementen durch ein Partialantikomplement (Ibid. p. 570.) Wechsberg,
Ueber die Wirkung baktericider Immunsera. (Wien. klin. Wochenschr. Bd. XV.
1902. p. 337, 720.) Longcope, Study of the bacteriolvtic serum-complements in
disease, etc. (Univ. of Penna. med. Bulletin. Vol. XV. 1§02. p. 331.)
6 ) Noguchi, Univ. Penna. med. Bulletin. Vol. XV. 1902. p. 295, 301.
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286
;Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 3.
Nachdruck verboten .
On the multiplicity of the serum haemagglutinins of
cold-blooded animals 1 ).
[From the Marine Biological Laboratory, Woods Hole, Mass.]
By Hideyo Noguchi, M. D., Assistant in pathology, Univ. of Pennsylvania.
In the course of my studies of the action of the blood sera of cold¬
blooded animals upon the erythrocytes of those animals *) I took account
of the coincident occurrence of agglutination. At the conclusion of the
experiments upon those subjects Professor Flexner suggested that I
study the heat lability of the agglutinins for erythrocytes of cold-blooded
animals, and, also their behavior towards absorption tests. This I did
in a few instances, the results of which I have thought of sufficient
interest to warrant publication in a brief form.
The experiments upon heat lability were conducted with the serum
of Limulus polyphemus — the horse-shoe crab. The clear serum, ob¬
tained from the body cavity, is highly agglutinative for the corpuscles
of many cold-blooded animals. The species used and the results attained
are given in Table I.
Table I.
Agglutinating power of normal Limulut serum,
of hlooH f Mustelus Emys Brevoortia Paralichthys Tautoga Oynoscion
\ canis meleagris tyrannus dentatus onitis j regal is
Degree of agglu-f Strong Strong Strong Mod. strong Strong Moderate
tination \ 5 minutes 5 minutes 8 minutes 10 minutes 5 minutes |15 minutes
The serum of Limulus was now heated for 30 minutes to tempera¬
tures varying from 45° to 65° C, after which the agglutination was
again noted. The results are given in Table II.
Table II.
Serum of Limulus heated for 30 minutes.
Species of
blood
40° C
45° C
1
o
o
g
] _
55° C
60° C 65° C
Mustelus ca-
1
nis
Mod. strong
Mod. strong
Moderate
Weak
None |
Emys melea-
1
gris
Brevoortia ty¬
strong
moderate
weak
i
none
rannus
moderate
weak
n
Paralichthys
i
dcntatus
a
trace
none
1
I
Tautoga onitis
Cynoscion re-
strong
mod. strong
weak
trace
none I
gait's
moderate
moderate
ri
very weak
trace | none
The absorption experiments were made with Limulus serum and
were conducted by adding to the serum an excess of the washed
corpuscles of the several species of animals. These were allowed to
1 ) This study was conducted under a grant from the Carnegie Institution of
Washington, D. C.
2) Univ. of Penna. Med. Bulletin. Vol. XV. 1902. p. 295, 301.
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Noguchi, On the multiplicity of the serum haemagglutinins of cold-blooded animals. 287
remain in contact for one hour after which the separation of corpuscles
and serum was made by centrifugalization. The serum was now treated
with another species of corpuscles in the same manner. The results
are given in Table III in which 20 ccm of the serum of Limulus has
been employed.
Table III.
First fraction: serum of Limulus treated with corpuscles of
Mustelus cants
^blood 1 ^)? 11 ^ ^ U8 } Mustelus Emys Brevoortia Paralichthys Tautoga
Agglutination none strong 5 min. strong 10min. strong 15 min. strong 5 min.
Second fraction: Serum of Limulus treated with Mustelus and
Brevoortia corpuscles
^ US } Brevoortia | Emys | Paralichthys | Tautoga
Agglutination none (strong 8min.|strongl5min.|strong 8 min.
Third fraction: Serum of Limulus treated with Mustelus, Brevoortia,
and Emys corpuscles
plus | Emys Paralichthys Tautoga
Agglutination none strong20min. strong 10min.
Fourth fraction: Serum of Limulus treated with Mustelus, Br evoortia.
Emys , and Paralichthys corpuscles
of nt PlU8 } I toraUchtKy, | Tautoga |
Agglutination | none strong 15 min.
Fifth fraction: Serum of Limulus treated with Mustelus, Brevoortia,
Emys, Paralichthys , and Tautoga corpuscles
1 bKr““ pl “) *»**■
Agglutination none
The serum of Limulus is well adapted to experiments upon agglu¬
tination as it is almost without haemolytic power. Similar experiments
conducted with the serum of Mustelus eanis are of interest, perhaps,
but are not free from the serious drawback that comes from the neces¬
sity of first heating the serum to destroy its haemolytic complement.
However, after heating to 50° C the serum shows agglutinating power
over the corpuscles of Amphiuma means, Chelydra serpentina, und Pleu-
ronectes Americanus. The abstraction of the agglutinin for one species
leaves those for the others in practically undiminished quantities.
On the basis of the experiments given the following conclusions seem
warranted:
1) The serum of Limulus polyphemus contains several and perhaps
many agglutinins which are, in part at least, specific to certain erythro¬
cytes.
2) The agglutinins show varying degrees of heat lability, although
temperatures of 40° G, when continued for 30 minutes, diminish the
activity of all the agglutinins. Temperatures approaching 65* C seem
to destroy wholly the agglutinating power of the serum for erythro¬
cytes.
3) The complete absorption of agglutinins for one or several species
of corpuscles from Limulus serum leaves the remainder of the aggluti-
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288 fCentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 3.
nins in almost undiminished quantities. A slight difference has, in the
case of certain erythrocytes, been noted in the rapidity with which the
reaction is completed in the serum from which a part of the agglutinins
has been removed.
4) The serum of Mustelus canis , in so far as its agglutinins are
concerned, agrees in its action probably with that of Limulus.
5) Limulus and Mustelus sera contain a multiplicity of agglutinins
for erythrocytes of cold-blooded animals.
Die Redaktion des „Centra1blatt$ filr Bakteriologie und Parasitenkunde?'
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufs&txe entweaer bei der Ein -
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben zu
wollen oder sPdtestens nach Empfang der ersten Korrekturabzilge direkt an
den Verleger , Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen .
Inhalt.
Bertarelli, E., Untereuchungen und Be-
obachtungen liber die Biologje und Patho-
genitat des Bacillus prodigiosus, p. 193.
BonhoiF, H., Studien ttber den Vaccine-
erreger. I., p. 242.
Dean, George, A disease of the rat caused
by an acid-fast bacillus, p. 222.
Eisenberg, Philipp, Ueber die Bindungs-
verhaltnisse zwischen Toxin und Anti¬
toxin, p. 259.
▼. Eansemann, Ueber s&urefeste Bacillen
bei Python veticularis, p. 212.
Kampmann, Hirschbrnch u. Lange,
Massenerkrankung bei Enten mit eigen-
artigem Diphtheriebacillenbefund der
Conjunctiva, p. 214.
Klein, E., Weitere Untersuchungen liber
die Kleinsche tierpathogene Here, p. 224.
L5wit, M., Ueber Niederschlagsbildung
bei der Agglutination. (SchluB.), p. 251.
Nognchi, Hideyo, On the heat lability of
the complements of cold-blooded animals,
p. 283.
-, On the multiplicity of the serum
haemagglutinins of cold-blooded animals,
p. 286.
Begin, Adalbert, Ueber die Einwirkung
der Bakterien auf verschiedene Zucker-
arten, p. 202.
Silberstein, Morits, Beobachtungen fiber
die Entstehung von iungen Malariapara-
siten aus alteren. (SchluB.), p. 225.
Znpnik, L., Bacterium muris, p. 213.
Frommuintche Bnchdruckerd (Hermann PohJe) In Jena.
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CartnUI. f. BakL ete. I. ttt triiiule. N. XXXIV. Ne.4.
Nachdruck verboten.
Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menschen.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).]
II. Zur Aetiologie des Gasbrandes.
Von Dr. Anton Crhon und Dr. Milan Sachs.
(Erster Teil.)
Mit 3 Tafeln.
Josef Sch., Schuhmachermeister, 48 Jahre alt, aufgenommen am 19. Dez. 1901 au
die II. chirurgische Abteilung dee k. k allgemeinen Krankenhauses (Prof. Dr. v. Mos e ti g)
gestorben am 20. Dez. d. J. 1 Ubr nach Mitternacht.
Anamneee: Patient hatte angeblich seit 8 Tagen Schmerzen in der Ileocokal-
gegend. Habituelle Obstipation. Gennge Druckschmerzhaftigkeit des Abdomens. Aerzt-
liche Diagnose: Cholelithiasis. Therapie: Aether sulf., 01. tnerebinth., Olivenbl, Karls-
baderwasser. Darauf mehrere griin gefarbte Stiihle, in denen angeblich vom Arzt
Gallensand konstatiert wnrde.
4 Tage spater neuerliche Schmerzen in der Ileocokalgegend ohne Fieber.
Am Tage der Spitalsaufnahme (19. Dez.) heftige Schmerzen in der rechten Wade
bei vollkommener Beweglichkeit des Beines. Um 4 Uhr p. m. 7* Spritze Morphium in
die Wade. Keine Druckschmerzhaftigkeit in der rechten Unterbauchgegend. Wegen
zunehmender Schmerzen im rechten Beine um 7 Uhr p. m. wieder 7* Spritze Morphiiun
und, da der Arzt gleichzeitig Schwellung der rechten Gesafibaeke bemerkte, Ueber-
fuhrung in das Spital.
Status praesens: 19. Dez. */ 4 8 Uhr p. m. Patient matt, verfallen. Rechte
Glutaalgegend geschwollen, ein ungefahr handtellergrofier Bezirk
derselben zeigt tympanitisch klingenden Schall und Gasknistern bei
Druck. Luftpolstergefiihl. Per rectum ein etwa faustgrofier, zirkumskripter
Tumor auf dem rechten Darmbeinteller tastbar. Pxils kraftig, 75.
7 # 10 Uhr p. m.: Die knisternde Stelle in der rechten Glutaalgegend auf ca.
3 Handtellergrofie angewachsen, blaulich gefarbt. An aer Inner?
seite des rechten Oberschenkels, etwas unterhalb der Plica falcif.,
eine etwa euldenstiickgrofie, weifilich gefarbte Stelle von derselben
Beschaffenheit.
7,12 Uhr p. m.: Schwellung der ganzen Gesaflbacke vergrbfiert,
tympanitischer Schall iiber den ganzen rechten Oberschenkel ver-
breitet und handbreit nach aufwarts iiber das Poupartsche Band
reichend.
1 Uhr nach Mitternacht: Agonie, Exitus. Der tympanitische Schall
reicht bis 2 Finger unter dem Nabel in die Linea aloa und im Bogen
bis gegen die Spina anterior superior.
Sektionsbefund (Dr. Ghon), 8 Stunden post mortem:
Grofie mannliche Leiche von starkem Knochenbau, maBig gut genahrt. Haut
grauwelfi, ebenso die sichtbaren Schleimhaute. Pupillen mittelweit, beiderseits gleich.
Hals mafiig lang und schmal.
Thorax lang, ziemlich breit, gut gewolbt. In den unteren Thoraxpartieen
und im Bereiche des ganzen Abdomen reichlichst leicht verschiebliche klemere Gas-
blasen tastbar. Das Unterhautbinde- und Fettgewebe dieser Partieen am Durchschnitte
sehr reichlich von kleinen Gasblasen durchsetzt, die Muskulatur jedoch frei davon.
Aehnlich beschaffen das Unterhautbinde- und Fettgewebe im Bereiche der vorderen
Seite des linken Oberschenkels, bis ungefahr zum unteren Drittel desselben. An
der Schnittflache auch hier die Muskulatur frei von Gasblasen. Im Bereiche des Unter-
Erste Abt. Ong. Bd. XXXIV.
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290
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Bchenkete und dee Fufles dieser (linken) Extremitat Haut und Unterhautbindegewebe
ohne Veranderungen.
Dagegen an der ganzen rechten unteren Extremitat bis hinab zu den
Zehen reichlichst grofiere und kleinere Gasblasen tastbar. Die Extremitat bedeutend
voluminoser als die linke. Haut im Bereiche der vorderen Seite dieser Extremitat
blafi. Auf der Schnittflache der Vorderseite des Fufirfickens, des Unterschenkels und
der unteren Halfte des Oberschenkels nur das Unterhautbinde- und Fettgewebe reichlich
von Gasblasen durchsetzt, wahrend in der oberen Halfte des Oberschenkels auch die
Muskelscheiden und Muskeln selbst, die etwas dunkler gefarbt erscheiuen, grofiere und
kleinere Gasblasen zeigen und von ihrer Schnittflache in sparlicher Menge eine serose,
rStlich gefarbte Fliissigkeit abrinnt. Aus den durchschnittenen Gefafien dieser Partie
traufelt in mafiig reicmicher Menge dunkelrotes fliissiges Blut, untermischt mit kleineren
und grofieren Gasblasen.
Hodensack ballonartig aufgetrieben durch reichlichst im Unterhautbindegewebe
angesammeltes Gas. Nach aem Einschneiden fallt der Hodensack sofort stark zu-
sammen.
Die Hinterseite der linken unteren Extremitat zeigt keine Verande¬
rungen: Haut blafi, Unterhautbindegewebe und Muskulatur ohne Gasblasen.
Haut der linken Glutaalgegend blafi, Unterhautbinde- und Fettgewebe der-
selben sowie die Muskulatur jedoch von reichlichen kleinsten Gasblasen durchsetzt.
Die Muskeln selbst bleich, wie gekocht, trocken, von ihrer Schnittflache kein Saft
abstreifbar.
Im Bereiche der unteren Riickenpartie, der rechten Glutaal- und
Lumbalgegend, der Hinterflache des rechten Oberschenkels sowie
des oberen Drittels des rechten Unterschenkels die Haut blauiichrot, die
Epidermis stellenweise in kleinerer oder auch in grofierer Ausdehnung teils fehlend,
teils fetzenartig abgelost, oder aber an einzelnen Partieen, so in der Lendengegend, um
den Anus una an der Innenseite des rechten Oberschenkels in Form kleinerer oder
f *ofierer, bis faustgrofier Blaschen und Blasen abgehoben, die mit seros-hamorrhagischer
liissigkeit gefullt sind. Von der Schnittflache dieser Partieen fliefit reichlichst eine
blutig-serdse Flussigkeit ab, untermengt mit kleineren Gasblasen. Das Unterhautbinde-
und Fettgewebe ist rotlich, von zahlreichen Gasblasen durchsetzt, ebenso die Muskulatur,
die wie gekocht aussieht, stellenweise dunkler, stellenweise lichter gefarbt ist und an
anderen Stellen wieder, so namentlieh im Bereiche des rechten Oberschenkels, wie
hamorrhagisch infiltriert erscheint. Aus den durchschnittenen Gefafien dieser Partieen
entleert sich dunkles, fliissiges, mit Gasblasen durchsetztes Blut, Muskelstiicke von
diesen Partieen verbreiten einen scharfen sauerlichen Geruch und schwimmen auf der
Oberflache des Wassers.
Innerhalb der zwei unteren Dritteile der Hinterflache des rechten Unterschenkels
ist die Haut wieder blafi und nur mehr das Unterhautbinde- und Fettgewebe von Gas¬
blasen durchsetzt, die Muskeln hingegen frei davon und ohne Veranderungen.
Weiche Schadeldecke wenig fettreich, in den hinteren Partieen sehr blutreich.
Schadeldach 17:15 cm, bis zu 9 mm dick, Innenflache glatt.
Leptomeningen an der Konvexitat ziemlich gut gespannt, entlang den Gefafien
weifilich, verdickt, wenig blutreich. Hirnrinde gleichmafiig breit, graurot. Mark-
substanz starker durchfeuchtet. Ventrikel nicht erweitert, Ependym zart. Stamm-
ganglien, Medulla und Pons ohne Veranderungen.
Schilddriise nicht vergrofiert, gekornt, mfifiig blutreich.
Schleimhaut des Pharynx livid, die des Larynx und der Trachea blafi,
glanzend.
Linke Lunge in den hinteren Partieen des Oberiappens fixiert, Pleura daselbst
mit bindcgewebigen Membranen bedeckt, verdickt, sonst zart und glatt. Lungenspitze
schicfrig induriert und von kleinen graugelben Knotchen durchsetzt, die iibrigen Partieen
des Oberiappens sowie der Unterlappen lufthaltig, starker durchfeuchtet, auf ihrer
Schnittflache reichlich schaumige Flussigkeit vorquellend.
Bechte Lunge an der Spitze und in den oberen Partieen des Unterlappens
fixiert, Pleura liber diesen Teilen sowie uber den vorderen Partieen des Unterlappens
verdickt und mit bindegewebigen Membranen bedeckt. Lungenspitze gleichfalls induriert
und von kleinen graugelben Knotchen durchsetzt, die iibrigen Teile der Lunge gleich¬
mafiig lufthaltig, starker durchfeuchtet und blutreicher.
Im Herzbeutel eine Spur seros-hamorrhagischer Flussigkeit. Herz nicht ver¬
grofiert, mafiig reichlich mit Fett bedeckt, in den Ventrikeln geronnene Blutmassen und
von Gasblasen durchsetztes dunkles, fliissiges Blut. Klappenapparat zart und schlufi*
fahig. Herzmuskel braungelb.
In den abhangigen Partieen der Bauchhohle und im kleinen Becken dicker,
rahmartiger Eiter.
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Ghon u. Sachs, Beitr&ge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 291
Leber nicht vergrflfiert, Kapsel zart, Oberflache glatt, Rander des linken Lappens
scharf, die des rechten abgenmdet. Parenchym ziemlicn derb, wenig blutreich, heflgelb,
Zeichnung erhalten. Von der Schnittflache fliefit aus den grofieren Gefafien in mafiiger
Menge dunklee Blut ab, von Gasblaschen durchsetzt. Parenchym selbst frei von Gas-
blasen.
Milz 16 : 9 : 3,5 cm. Kapsel etwas gerunzelt, Pulpa braunrot, kaum abstreifbar,
Stroma deutlich sichtbar.
Nieren nicht vergrflfiert, Kapsel leicht abziehbar und zart, Oberflache glatt,
Binde nicht verbreitert, blafi, ebenso die Marksubstanz. Schleimhaut des Beckens und
der Kelche blafi und glanzend.
Unterer Teil des Ileum und Coe cum mit dem Wurmfortsatz an die Bauchwand
fixiert, in ihrer Umgebung Eiter und Kotmassen. Nach Losung dieser Adhasionen
findet man sowohl das Coecum ale auch das untere Ileum in unmittelbarster Nahe der
Klappe perforiert. Die Perforationsoffn ungen sind von mififarbigen fetzigen Randern
umgeben. Wurmfortsatz seiner ganzen Lange nach nicht verdickt, sein Serosauberzug
glatt, seine Schleimhaut blafi und zart. Im Lumen geringe Mengen grauweifien
begrenztes Geschwiir umgewandelt,
essen Grund und wallartig erhabene
Schleimes. Ileocokalklappe in ein ue
welches die ganze Zirkumferenz einnimmt und
Binder aus grauweifien oder schwarzlichgrauen, vielfach hamorrhagisch infiltrierten,
oberflachlich zerfetzten Gewebsmassen bestehen. In den Grund dieses Geschwiires
mfinden die friiher erwahnten Perforationsoffnungen.
Im unteren Ileum und Coecum reichlich braungelbe mit Gasblasen durchsetzte
Fakalmassen.
Serosa des unteren Ileum und des Dickdarmes starker gerotet und mit eiterigen
Exsudatmassen bedeckt. Peritonealer Ueberzug der Baucnwand entsprechend den
Partieen, an welchen Coecum und unterstes Ileum fixiert waren, mififarbig und reichlich
mit fester haftenden fibrinosen Exsudatmassen bedeckt. In der Umgebung das Peri¬
toneum teilweise durch Gasblasen abgehoben, das subperitoneale Bmdegewebe sowie
der Ileopsoas der rechten Seite reichlichst von grofieren und kleineren Gasblasen
durchsetzt.
Im ubrigen Peritoneum parietale und viscerale stark gerotet und teilweise mit
eiterigem Exsudate bedeckt.
Dchleimhant der ubrigen Teile des Darmes sowie des Magens blafi, sonat un-
verandert.
Vena cava inferior prall gefiillt mit dunklem fliissigen Blut, untermischt mit
reichlichen Gasblasen.
In der Harnblase grofiere Mengen sedimentierten gelblichen Harnes, Schleim¬
haut blafi.
Prostata klein, derb.
Schleimhaut der Urethra livid und zart.
Schleimhaut des Rectum und des S Romanum blafi.
Pankreas und Nebennieren unverandert.
Anatomische Diagnose: Perityphlitis nach Perforation eines
ulcerierten Carcinoms der Ileocokalklappe. Diffuse Peritonitis. Gas-
brand. Fettleber. Chronische Tuberkulose beider Lungenspitzen mit
Anwachsung derselben. Lungenodem.
Bakteriologlscher Refund (Untersuchung unmittelbar nach der Sektion, ca. 10
Stimden post mortem):
I. DeckglasprUparate. 1) Muskelstuck (a) von der Hinterflache des rechten
Oberschenkels (alter erkrankte Partie) steril entnommen (No. 11, Taf. I):
Sehr reichlich Gram-positive Bacillen verschiedener LAnge, ungefahr von der
Grofie der Anthraxbacillen, doch etwas schmaler, mit abgerundeten Enden. Vielfach
endogene Sporenbildung und zwar bei den kiirzeren Formen meist mittelstandig mit
Auftreibung des Bacillenleibes, bei den langeren Formen jedoch vorwiegend polstandig
(== die Spore ist dem einen oder anderen Pole naher geriickt); vereinzelt an langeren
Formen auch an beiden Polen Sporenbildung. Sparlich freie Sporen. Neben aiesen
Formen in geringer Anzahl langere oder kiirzere Faden, von derselben Dicke wie die
beschriebenen Bacillen, ohne Sporen, teile gleichmafiig Gram-positiv, seltener gleich-
mafiig Gram-negativ oder aucn solche Formen, die teils Gram-positiv, teils Gram-
negativ erscheinen, i. e. neben violett gefarbten noch rot tingierte (Fuchsinnachfarbung)
Stellen zeigten (■= Uebergangsformen). Endlich kleinere und schmalere Gram-
negative Bacillen, ebenfalls m geringerer Anzahl, teils gut, teils schwacher tingiert. An
einzelnen dieser Formen findet man an den Polen noch Reste der Gram-Farbung
(violette Pimkte).
19*
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292
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Original©. Bd. XXXTV. No. 4.
In mit Jod behandelten Praparaten erscheinen viele^der Bacillen segmentiert braun
gefarbt.
2) Musket (b) von der linken Glutaalgegend (jlinger erkrankte Partie) steril ent-
nommen (No. 12, Taf. I):
Weniger reichlich Bakterien als bei 1. Meist Gram-positive Bacillen, im all-
gemeinen etwas plumper als die bei 1) beschriebenen und ohne Sporen. Einzelne dieser
Formen mehr weniger aufgetrieben. Sparlicher langere Formen, entweder gleichmafiig
Gram-positiv oder — seltener — gleichmafiig Gram-negativ oder Uebergangsformen.
Endlich sparlich dunne, kurze Gram-negative und dunne Uebergangsformen.
3) Herzblut: Ziemlich reichlich Gram-positive Bacillen, teils kurz und plump
und dann oft aufgetrieben oder mit mittelstandigen Sporen, teils langer mit und ohne
polstandigen Sporen, teils diinnere, kiirzere Formen oder endlich sparlich langere,
dickere oder diinnere Faden. Vereinzelt schmale, verschieden lange Gram-negative
Bacillen und Uebergangsformen.
4) Dickdarminnait: Sehr reichlich Gram-positive Bacillen von verschiedener
Form und Grofie, darunter in mafiiger Anzahl grofie plumpe Bacillen und Uebergangs¬
formen und sparlich kurze Formen mit mittelstandigen Sporen von demselben Aus-
sehen wie die bei 1) gefundenen. Reichlich Gram - positive Kokken verschiedener Grofie
und Gram-negative Bacillen verschiedener Grofie und Form. Sehr lange, dunne
Gram-negative Faden in mafiig reichlicher Anzahl.
5) Dunndarminhalt: Dieselben Bakterien formen wie bei 4), nur weniger reichlich,
zumal die Gram-positiven plumpen und die sporen tragenden Formen.
6 ) Inhalt einer Blase aer Ruckenhaut. Mafiig reichlich Gram-positive
Bacillen verschiedener Dicke, meist in kurzen Formen, sparlicn Gram-negative Formen
derselben Grofie und ovale Sporen.
7) Exsudat der Bauchhohle: Aufierordentlich reichlich kleine Gram-negative
Bacillen, sparlich lange, diinne Gram-negative Faden. In mafiiger Menge Gram-
positive Kokken als Diplokokken oder in kiirzeren und langeren Ketten. Sehr sparlich
teils diinnere, teils plumpere Gram-positive Bacillen.
II. Kulturen. A. Aerobe Kulturen (Agarplattenstrichkulturen).
1 ) Musk el a (steril entnommen): steril.
2 ) Musk el b (steril entnommen): steril.
3 ) Herzblut (nicht steril entnommen): unbrauchbar.
4) Dickdarminhalt: vorwiegend Kolonieen eines Bacillus der Coli-Gruppe.
5) Inhalt einer Blase der itiickenhaut (nicht steril entnommen): 4 Kolo¬
nieen eines Gram-negativen Bacillus, der Zucker vergor, Fleischbriihe diffus triibte
und die Indolreaktion ergab.
6 ) Exsudat der Bauchhohle: ziemlich reichlich Kolonieen eines Bacillus der
Coli-Gruppe, sparlicher Kolonieen einer Streptokokkenart.
B. Anaerobe Kulturen.
a) Zuckeragarschiittelkulturen mit und ohne Ueberschichtung:
1 ) Muskel a (steril entnommen): In den nicht erhitzten Kulturen reichliches
Wachstum mit Gasbildung.
Deckglaspraparate, nach 48-stundigem Wachstum, zeigen reichlich schlanke Faden,
vielfach gewunden und meist Gram-positiv, vereinzelt Desonders zart und Gram-
negativ, aann kurze und verschieden aicke Gram-positive Bacillen, manche in der
Mitte oder an einem Ende aufgetrieben (pleomorphes Bild).
In den Kulturen, die durch 10 Minuten auf 75° C erhitzt waren, gleich-
falls Wachstum mit Gasbildung. Deckglaspraparate davon zeigen dasselbe Bild wie
die aus den nicht erhitzten Kulturen.
2) Muskel b (9teril entnommen): In den nicht erhitzten Kulturen Wachstum
in isolierten Kolonieen ohne Gasbildung. Die Kolonieen sind rundlich mit braunlichem
kleinen Kern und peripherem wolkenahnlichen Astwerk feiner Faden.
Deckglaspraparate davon zeigen ira allgemeiuen dasselbe Bild wie bei 1), nur finden
sich auch sporentragende Formen und freie Sporen in sparlicher Menge.
In den auf 75° C durch 10 Minuten erhitzten Kulturen erfolgte erst nach
6 Tagen Wachstum ohne Gasbildung.
3) Herzblut (nicht steril entnommen): In den nicht erhitzten Kulturen
reichliches Wachstum mit Gasbildung. In Deckgiaspraparaten davon zahlreiche plumpe,
Gram-positive Bacillen, sparlicher Gram-negative kleine Bacillen und gegliederte
Faden kleiner Gram - positiver Bacillen.
In den auf 75° C durch 10 Minuten erhitzten Kulturen gleichfalls
Wachstum mit Gasbildung. Deckglaspraparate davon zeigen Bacillen verschiedener
Form und Grofie bis zu langen, schlaoken Faden mit klostridienartigen Formen und
von weehseindem Verhalten gegeniiber der Methode von Gram. SporenbiIdung.
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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 293
4) Dunndarminhalt: In den nicht erhitzten und den auf 75° C durch
10 Minuten erhitzten Kulturen reichliches Wachstum mit Gasbildung. In
ersteren ein Bakteriengemenge, in letzteren reichlich Gram-positive plumpe Bacillen,
sparlicher Gram-positive schlankere Formen mit Auftreibungen und sporen ahn lichen
Gebilden und dickere und diinnere Gram-negative Formen mit Anschwellungen und
und in Faden sowie Uebergangs formen.
5) Dickdarminhalt: Die nicht erhitzten Kulturen wie bei 4.
Die erhitzten zeigen Wachstum mit Gasbildung und in Deckglaspraparaten
davon fast ausschlieBlich groBe, plumpe Gram-positive Bacillen und nur senr wenige
kleine, schmale Gram-negative Formen.
6 ) Exsudat der Bauchhdhle: In den nicht erhitzten Kulturen Wachstum
mit Gasbildung, ebenso in den 10 Minuten auf 7 5° C erhitzten. Deckglas¬
praparate der ersteren zeigen ein Bakteriengemenge, darunter in sparlicher Menge auch
plumpe Gram-positive Bacillen, die der letzteren schlanke Gram-positive Bacillen
verschiedener GroBe und auch in Faden, die vielfach gewunden sind, sparlicher plumpe
Gram-positive Formen und klostridienahnliche Gebilae und ebenfalls sparlich Gram¬
negative dickere und diinnere Bacillen.
7) Inhalt einer Blase der Riickenhaut (nicht steril entnommen): In den
nicht erhitzten Kulturen Wachstum mit Gasbildung und in den davon angelegten
Deckglaspraparaten neben Gram-positiven etwas plumpen Bacillen gegliederte Faden
von kleineren und schmaleren Gram-positiven Bacillen und Gram-negative kurze
Stabchen.
p) Anaerobe Plattenstrichkulturen (Zuckeragar) in Wasserstoff-
atmosphare (4 Tage bei 37° C) voii:
1 ) Musk el b (steril entnommen): GleichmaBiger, sehr zarter, grauer Ueberzug.
Deckglaspraparate davon zeigten vorwiegend Gram-negative, ziemlich schlanke Bacillen
verschiedener Lange von fast kokkenartigen Formen bis zu langeren Faden. Die
Bacillen sind teils gerade, teils mehr weniger gekriimmt und verschieden stark gefarbt.
raeist schwacher tingiert. Daneben groBere und dickere G r a m - negative Formen, und
solche, die angeschwollen oder wie geblaht aussehen. Sparlicher Bacillenformen von
demselben Aussehen, die teils violett, teils rot gefarbt sind und schlieBlich Formen,
gleichfalls sparlicher, die gleichmafiig — und zwar stfirker oder schwacher — Gram-
positiv sind. Unter letzteren haufig angeschwollene Formen oder solche mit kugeligen
Auftreibungen. Zwischen alien beschriebenen Formen CJebergange. An manchen der
Bacillenformen astformige Auswiichse. Vereinzelt freie ovale Sporen.
2) 8-stundiger Zuckeragarschiittelkult ur von Muskel b: Platte zeigt
dasselbe Aussehen wie bei 1), ebenso die Deckglaspraparate davon, nur pravalieren
unter den Gram-negativen Formen langere Faden und unter den Gram-positiven die
angeschwollenen, birn- oder keulenformig aussehenden Gebilde. Aufierdem sieht man
in maBig reichlicher Menge Gram-positive Formen mit mittelstandigen oder polstandigen
Sporen.
3) 8-stundiger Zuckeragarschiittelkultur von Muskel a, 4. Generation
(urspriingliche Kultur durch 10 Minuten auf 75° C erhitzt): Platte wie bei 2), ebenso
die Deckglaspraparate davon.
4) 8-stundiger Zuckeragarschiittelkultur vom Dunndarminhalt:
Reichlich ziemlich groBe Kolonieen mit braunlichem Zentrum und grau glanzender
Peripherie aus gleichmaBig plumpen Gram-positiven Bacillen bestehena una sparliche
flache grauweifie Kolonieen aus G ram -negativen kurzen Bacillen bestehend.
5) S-8tiindiger Zuckeragarschiittelkultur vom Exsudat aus der
Bauchhohle. Diffuses Wachstum entlang den Impfstrichen, aus Gram-positiven
Kokken, kurzen, Gram-negativen und plumpen, groBen Gram-positiven Bacillen be¬
stehend.
Histologiseh-bakteriologiseher Refund (Fixierung in Miiller-Formol mit Nach-
hartung in Alkohol, Einbettung in Paraffin und Celloidin, Farbung mit Hamalaun-
Eosin, Boraxmethylenblau und polychromem Methylenblau von Unna, nach den
Methoden von van Gieson, Gram, Gram-Weigert und Ziehl-Neelsen, sowie
mit Weigerts Farbstoff fiir elastische Faserfarbung):
1) Muskel: Zur Untersuchung gelangten Muskelstiicke der rechten Glutaalgegend,
der Innenflache des rechten Oberscnenkels sowie der unteren Riickenpartie, una zwar
sowohl Stiicke von hamorrhagisch infiltriert aussehenden Partieen als auch solche, die
makroskopisch blaB und trocken sich zeigten — im ganzen 8 verschiedene Stiicke.
Die veranderungen zeigen an alien untersuchten Schnitten einen mehr weniger
einheitlichen Charakter. Nicht bloB die Muskelbiindel, sondem auch die Muskelfasern
sind auseinandergedrangt durch Hohlraume, die verschieden groB und verschieden ge-
staltet sind: bald rundlich oder mehr oval, bald wieder langlich oder ampullenartig,
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294
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXX1Y. No. 4.
bald ganz unregelmafiig geformt. Getrennt sind diese Hohlraume voneinander durch
verschieden breite Muskel- oder BindegewebsbriickeD, die oft aufierordentlich schmal
sind, mancbraal auch schon Liicken zeigen, so dafi dann die einzelnen Hohlraume
untereinander kommunizieren. Die Hohlraume sind durchwegs ohne eigene Wand ungen,
entweder ganz leer oder aber mehr weniger vollstandig erfiillt von einer fast homogenen,
haufiger jedoch feinkornigen oder aber locker gefiigten fadig-netzigen Masse. Nicht
selten nimmt letztere nur die Peripherie der Hohlraume ein, teils in ihrer ganzen
Zirkumferenz, teils nur sichelartig, oder lagert sich bei langlich geformten an den
Polen dieser ab und begrenzt nach innen zu scharf einen verschieden grofien rundlichen
oder ovalen leeren Baum. In viele der Hohlraume, die an den breiteren Stellen des
Bindegewebes der inneren Muskelscheiden sich befinden, ziehen vom Bande in das
Innere Fortsatze des Bindegewebes, zarter oder dicker, gerade oder zackig, nicht selten
auch aufgefasert.
Neben den eben beschriebenen Hohlraumen sieht man in den schon makroskopisch
hamorrhagisch infiltriert aussehenden Muskelpartieen verschieden grofie Blutungsherde
zwischen den Muskelbiindeln und Muskelfasern, wodurch diese bald starker, bald
weniger stark auseinandergedrangt werden. Die Blutungen setzen sich verschieden
scharf von ihrer Umgebung ab und bestehen vorwiegend aus roten Blutkorperchen,
welche in ihrer Form fast aurchaus gut erhalten sind. An vielen Stellen erscheinen
sie auch mit Eosin noch stark gefarbt, an anderen hingegen blafi und wie ausgelaugt.
Wei fie Blutkorperchen, ein- und mehrkemige, finden sich im allgemeinen sparlich, ihre
Kerne sind immer dunkler gefarbt, ihr Protoplasma nicht oder nur angedeutet sichtbar.
Sowohl in der Peripherie fis auch in den zentralen Partieen dieser Hamorrhagieen
findet man frei zwischen den Blutkorperchen* verschieden reichlich elastische Fasem
und langliche stark tingierte Kerne oder Kernreste (Beste des Perimysium).
Das Gewebe des Perimysium internum ist mehr weniger aufgelockert und stellen-
weise von einer fein gekomt aussehenden, mit Eosin rotlich gefarbten Masse durchsetzt.
Die Kerne desselben fehlen an vielen Stellen vollstandig, oft iiber weite Strecken hin.
An anderen Stellen wieder sind Kerne in meist geringer Menge noch sichtbar, distinkt
stehend oder aber zu kleineren Gruppen vereinigt, dann meist m der Nahe von kleineren
oder grofieren Gefafien. Sie sind langlich oder rund, seltener gelappt und meist dunkel
gefarbt (Hamalaunb Daneben finden sich aber auch blassere oder ganz undeutlich
tingierte Kerne und verschieden grofie Kernreste (Karyolysis). Wo letztere sich haufen,
findet man in geringerer oder grofierer Ausdehnung das Bindegewebe feinkomig oder
mehr homogen und blaulich gefarbt. Die elastischen Fasern (spezifische Farbung) des
Perimysium internum sind meist auch dort noch gut erhalten, wo Kerne schon voll¬
standig und iiber weite Strecken hin fehlen. Die Gefafie der inneren Muskelscheiden
sind mehr minder gut erhalten, im allgemeinen ziemlich gut gefiillt. Die roten Blut¬
korperchen erscheinen in vielen derselben noch gut geformt und gefarbt, in anderen
wieder mehr undeutlich und wie ausgelaugt, die weifien vielfach vermehrt und in einieren
der Gefafie in gehaufter Bandstellung. An solchen Stellen findet man zwischen aen
Blutkorperchen auch schon streifige oder fein gekornte, mit Eosin hellrot gefarbte
Masseu (Oedem). Im Lumen der Gefafie sieht man nicht selten ovale oder rundliche
scharf begrenzte Hohlraume verschiedener Grofie, die ahnlich beschaffen sind wie die
friiher zwischen den Muskelbiindeln und -fasem beschriebenen und die von einem ver¬
schieden breiten Mantel von Blutkorperchen umsaumt erscheinen. Die Adventitia der
Gefafie ist dort, wo volliger Kemschwund dee Bindegewebes vorhanden ist, selbst an
grofieren Arterien eben falls kernlos, ebenso meist schon die aufieren Schichten der
Muscularis, die dann meist in starker glanzende und dunkler braun aussehende Schollen
zerfallen erscheint. Noch schwerere Veranderungen findet man in den als Yenen er-
kennbaren Gefafien und zwar auch an den grofieren, die nicht selten schon in ihrer
ganzen Wand kernlos sein konnen oder doch nur mehr vereinzelt Kerne nachweisen
lassen. Die Muscularis ist dann gleichfalls wie schollig zerfallen und dunkler braunrot
und viele dieser Schollen zeigen braungelbe, unregelmafiige, kleine Korachen. An
kleineren derart oder noch starker veranaerten Venen, die oft nur mehr Beste ihrer
Wandung erkennen lassen, findet man entsprechend ihrem Lumen neben wenigen roten
Blutkorperchen meist langlich geformte Haufen von Kernen und Kernresten, verschieden
stark tingiert und gestaltet. Aber auch an solchen Gefafien sind die elastischen Fasem
in den spezifisch gefarbten Praparaten noch gut erhalten und tingiert, desgleichen auch
in der kernlosen Adventitia der grofieren Arterien, sowie an den kleinen und kleinsten
Gefafien. Aehnliche Veranderungen wie die an den aufieren Gefafiwandschichten be¬
schriebenen sieht man auch am Perineurium der Nervenaste.
Die Mu8kelprimitivbimdel selbst zeigen verschiedene Veranderungen. Meist korre-
spondiert die Schwere derselben mit dcr in den Muskelscheiden. Wo volliger Kem¬
schwund der letzteren nachweisbar ist, sind auch die Primitivbiindel auf mehr weniger
weite Strecken hin kernlos, und dann meist auseinandergedrangt durch feinkornige, mit
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Ghon u. Sachs, Beitr&ge zur Kenntnis der anaSroben Bakterien des Menschen. 295
Eosin rotlich gefarbte Massen oder durch schollenahnliche Gebilde verschiedener Grofie
die meist staler glanzen, dunkler erscheinen und mi tun ter noch undeutliche Quer-
streifung erkennen lassen, demnach zerfallenen Muskelfasem entsprechen. Die in ihren
Umrissen noch erhaltenen Fasern sind verschieden dick, bald lichter, bald dunkler
gefarbt, gequollen, oft wie von Vakuolen durchsetzt oder aber wie abgebrochen und
zerfallen. Die dadurch entstandenen Teilstiicke erscheinen selbst wieder entweder vor-
wiegend der Lange nach aufgefasert oder aber der Quere nach in mehr weniger un-
regelmaBige Scheiben zerlegt oder endlich durch Zerfall der Lange und Quere nach in
kleinste Einzelstiicke zerteilt. In diesen Zerfallsprodukten der Muskelfasem erkennt
man von den letzterwahnten Einzeletiicken bis zu den friiher beschriebenen scholligen
Muskelresten alle Uebergangsbilder. Die Querstreifung ist an den veranderten Muskel-
fasern entweder vdllig verloren gegangen oder aber noch mehr minder deutlich sichtbar,
dann aber auch noch an solchen Fasern, welche die beschriebenen schwersten Ver¬
anderungen aufweisen. Auch findet man manchmal in den Muskelfasern oder ihren
Resten m sparlicher Menge braungelbe Pigmentkbrnchen. Analoge Veranderungen, nur
im allgemeinen weniger hochgradig, finden sich in den Muskelfasem auch dort, wo die
Kerne derselben noch mehr weniger deutlich erhalten sind.
Schon in den mit Hamalaun-Eosin gefarbten Praparaten sind innerhalb der so
veranderten Gewebspartieen reichlich Bacillen sichtbar, allerdings etwas undeutlich,
wahrend sie in den spezifisch fiir Bakterien gefarbten Praparaten scharf und deutlich
hervortreten. Die Bacillen sind in den Schnitten nicht gleichmafiig verteilt, im all¬
gemeinen aber sehr reichlich vorhanden, an vielen Stellen geradezu in enormen Mengen.
Sie zeigen durchweg einen einheitlichen Charakter und 6ind Gram-positiv, obgleich
sich in den nach Gram oder Gram-Weigert gefarbten Praparaten Unterschieae in
der Fiirbungsintensitat wahrnehmen lassen, sowie auch in der Gleichmafligkeit der
Farbung, inaem die Bacillen haufig wie vakuolisiert aussehen. Auch in den mit den
verschiedenen Methylenblaulosungen tingierten Schnitten erscheinen sie nicht immer
gleichmafiig gefarbt. Die Stabchen sind verschieden grofi, vorherrschend sind kurzere
Formen, ungefahr 3mal so lang als breit Daneben finden sich aber auch langere
Formen sowie Faden. Letztere sind meist kiirzer, seltener langer, doch finden sich
auch sparlich auffallend lange Faden. Meist sind diese ungegliedert und nur selten
trifft man gegliederte. Die Bacillen sind im allgemeinen etwas schmaler als Milzbrand-
bacillen una variieren in der Dicke weniger, obwohl auch darin Unterschiede vorkommen.
In den Methylenblaupraparaten findet man nicht selten das eine oder andere Polende
der Stabchen, mitunter auch beide Pole starker gefarbt und dann meist etwas verdickt
Auch sieht man sparlich kurze Bacillen formen, die in der Mitte oder an einem Ende
aufgetrieben und daselbst untingiert erscheinen. In Praparaten, die nach Ziehl-
N eel son behandelt waren, zeigen ziemlich vide der Bacillen meist an einem Ende eine
ovale, leuchtend rot gefarbte Spore, die sich scharf von dem blau tingierten Bacillen-
leib abhebt. Die Stabchen liegen vorwiegend im interstitiellen Bindegewebe, in den
Blutungsherden auch zwischen den Blutkorperchen und dort, wo der Muskelzerfall
schon stark vorgeschritten ist, in den Muskelfasem selbst, zwischen den
Zerfallsstiicken der Faser. Ebenso finden sie sich in den veranderten Gefafi-
wandpartieen, meist also in der Adventitia und den aufieren Sehichten der Muscularis,
mitunter aber auch in der ganzen Wand und im Inneren der Gefafie selbst, hier
allerdings meist sparlich und etwas reichlicher nur in solchen, die Gasblasen zeigen.
Meist in grofieren Mengen sieht man sie auch am Rande der Gasblasen in den Muskel-
scheiden. Im allgemeinen ist der Bacillenreichtum um so grofier, je starker ausgepragt
die nachweisbaren Veranderungen sind.
Andere Bakterien lassen sich in den untersuchten Schnitten nicht auffinden.
2) Haut (Stucke aus der rechten Lendengegend mit verschieden crofien Blasen,
die serds-hamorrhagischen Inhalt zeigen): Die Epidermis ist in Form kleinerer oder
grofierer Blasen una Blaschen vom Corium abgehoben. In den Blasen und Blaschen
findet sich eine homogene, mit Eosin hellrot gdfarbte Masse. Die Hornschicht der ab-
gehobenen Epidermis ist streckenweise gequollen, die Kerne des Rete Malpighii sind
meist gut gerarbt, die Umrisse der einzelnen Zellen noch deutlich sichtbar. An ein-
zelnen Stellen allerdings findet man in den untersten Sehichten des abgehobenen Rete
in kleinerer Ausdehnung Kernschwund oder man findet die Kerne blafi gefarbt und
mehr weniger undeutlich. Die basalen Zellen des Rete erscheinen gleichmafiig braun
pigmentiert und seine Zapfen ra^en verschieden weit frei in das Blaseninnere vor.
Die Papillarschicht dee Conum ist fast kernlos, wie gequollen und nur die etwas
erweiterten Gefafie der Papillen zeigen ihre Kerne noch menr minder deutlich gefarbt
Die roten Blutkorperchen m den Gefafien sind zwar in ihren Konturen meist noch gut
erhalten, aber vollstandig blafi tingiert und wie ausgelaugt, und um die Gefafie findet
man hfiufig in Zellen eingeschlossenes, braungelbes, feinkorniges Pigment Auch in den
tieferen Sehichten des Corium zeigt das Bindegewebe nicht selten vollstandigen Kern-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
mangel, an anderen Stellen wieder aind die Kerne erhalten, doch undeutlich oder blafi
gefarbt. Aehnliches Verhalten zeigen auch die Kerne der glatten Muskelfasern und
nur die Zellkerne der Gefafie erscheinen beeser erhalten. Die Bindegewebsfasem sind
haufig wie aufgelockert oder wie schollig zerfalien, nicht selten au<m durch kleinere
oder grbfiere, verschieden geformte Hohlfraiime auseinandergedrangt. Haarbalge and
Talgdnisen zeigen sich meist noch gut erhalten, ebenso die SchweiSdruaen.
Analoge Veranderungen zeigt das LJnterhautfettgewebe, besonders die bindegewebigen
Septa der Fettlappchen, deren Fasern meist auseinandergedrangt sind durch eine fein-
komig aussehenae Masse oder durch reichlicher vorhandene grofiere und kleinere Hohl-
raume. Auch die Gefafie des Unterhautbinde- und Fettgewebes sind in ihren Wandungen
zum Teil schon kernlos und zeigen nicht selten im Inneren meist grbfiere Gasblasen,
welche die Blutkdrperchen ring- oder sichelfdrmig gegen die Wanaung pressen oder
zwischen diesen und sich eine verschieden breite, ieinkomig oder aber homogen aus-
sehende Zone erkennen lassen. In den kleineren der Blutgefafie findet man manchmal
uberhaupt keine oder nur sparliche Blutkorperchen, dafiir aber eine homogen aussehende
oder fein granulierte, mit Eosin sich blafirot farbende Masse oder man sieht neben
wenigen noch erhaltenen roten Blutkorperchen blaS gefarbte und schon zerfallene, die
dann zu einer fein granulierten Masse zusammengeballt erscheinen.
Elastische Fasern lassen sich iiberall in der Haut, sowie im Unterhautbinde- und
Fettgewebe, besonders auch in den Gefafien in reichlicher Weise durch die spezifische
Farbungsmethode von Weigert nachweisen und erscheinen selbst in den Corium-
papillen in ihren feinsten Verzweigungen scharf und deutlich gefarbt.
Bakterien finden sich in alien Schichten der Schnitte, im allgemeinen jedoch
weuiger reichlich als in den friiher beschriebenen veranderten Muskeln. Die Haut-
blasen sind frei von Bakterien, wohl aber sieht man sie in den Randschichten der ent-
blofiten Coriumpapillen und zwar vorwiegend in den an den Bandteilen des Blasen-
grundes gelegenen. Im Corium, sowie im Unterhautbinde- und Fettgewebe liegen sie
mehr zerstreut und nur dort reichlicher angehauft, wo das Gewebe lockerer gefiigt er-
scheint. Gegen die tiefer liegende Muskelschicht zu wird ihre Anzahl eine grofiere, in
den Gefafien finden sie sich im allgemeinen nur in sparlicher Menge. Die nachweisbaren
Bakterien sind CTampositive Bacillen, die in ihrem Aussehen und Farbeverhalten voll-
standig den frtiher bei den Muskelveranderungen beschriebenen gleichen. Andere Bak¬
terien lassen sich auch hier nicht auffinden.
3) Leber: Neben ziemlich hochgradiger Fettinfiltration sieht man in geringerem
Grade auch fettige Degeneration, sowie mafiig reichlich, braungelbes, komiges Pigment
in der Glissonschen Kapeel und sparlicher in den Leberzellen. Die Kerne der Zellen,
und zwar sowohl des Parenchyma als auch des interstitiellen Gewebes, sind gut erhalten
und ziemlich gleichmafiig gut gefarbt Gasblasen lassen sich im Gewebe nicht nach¬
weisen, auch nicht in den kleineren Blutgefafien, wohl aber finden sich in einzelnen
Blutgefafien in mafiig reichlicher Menge grampositive Bacillen, die den bei 1 und 2
beschriebenen kurzenFormen entsprechen.
4) Die Milz ist mafiig blutreich und ohne besondere Veranderungen und lafit
Bakterien nicht nachweisen.
5 ) Ileocokalklappe: Schnitte, die senkrecht auf die Klappe gefiihrt sind und
sowohl Ileum als Coecum treffen, zeigen die Schleimhaut der Klappe in eine mehr oder
weniger kernlose Gewebsmasse umgewandelt, in welcher die Lieberkiihnschen Driisen,
im Ileum aufierdem auch noch cue Zotten ihren Umrissen nach oft nur mehr undeut¬
lich erkennbar Bind. Weiter gegen das Ileum zu werden die Zotten deutlicher siditbar,
stellen weise treten auch gefarbte Kerne und Kernreste in denselben hervor, oft in ge-
haufter Menge, und viele der Zotten erscheinen von grofieren und kleineren Blutungen
durchsetzt, manche sind vollstandig hamorrhagisch innltriert. An der Klappenbasis der
Ueumseite fehlen die Zotten vollstandig, ebenso die normalen Driisen, una die Mucosa
sowie Submucosa sind in grofierer Ausdehnung substituiert durch eine teils kernlose,
tells von ein- und mehrkernigen Leukocytes und roten Blutkdrperchen durchsetzte,
teilweise detritusahnliche Gewebsmasse, in welcher verschieden reicnlich rundliche oder
langliche oder auch verzweigte, grofiere und kleinere, an Tubuli mehr oder weniger er-
innernde Zellstrange eingelagert sind sowie Beste derselben, die alle aus hohem cylindnschen
Epithel bestehen, welches ein- oder mehrschichtig ist; die Kerne der Epithelzellen sind
meist langlich oval, in den Randpartieen dieser Gewebsmasse blasser oder oft undeutlich
g ifarbt, in den zentralen und tieferen Partieen jedoch intensiv tingiert. Die beschriebene
e webs masse, deren Oberflache gegen das Ileum zu stellenweise fibrinose Exsudatmassen
aufgelagert zeigt, dringt nach unten zu auch in die obersten Schichten der Muscularis.
Die Schlauche erscheinen hier besonders reichlich verzweigt, die Kerne der Zellen in¬
tensiv gefarbt. In der Bandzone dieser Aftermasse sind Binde- und Muskelgewebe
reichlich von meist mehrkernigen Leukocyten durchsetzt.
Gegen das Coecum zu ningegen werden an der Klappe die Umrisse der Driisen
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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anagroben Bakterien des Menschen. 297
allmahlich deutlicher, ebenso die Zeilkonturen, die Kerne treten reichlicher und besser
tingiert hervor, desgleichen die Becherzellen, die Bchleimhaut nimmt allmahlich ihr
normalee Aussehen an, bleibt aber eine Strecke weit von ein- und mehrkernigen Leuko¬
cyten infiltriert.
Follikel und Plaques in der Schleimhaut der Klappe sind dort, wo der Kem-
schwund kein vollstandiger ist, noch mehr oder minder gut sichtbar und haufig von Blu-
tungen durchsetzt. Ebenso ist die Submucosa und teilweise auch die Muscularis der
Klappe, entsprechend den Veranderungen der Schleimhaut, streckenweise kernlos. Die
Binaegewebstasern und zum Teil auch die Muskelfasern erscheinen wie gequollen und
auseinandergedrangt durch grOBere und kleinere haraorrhagische Herde, in welchen die
roten Blutkorperchen in ihren Konturen zwar meist erhaiten sind, aber blafi und wie
ausgelaugt erscheinen. Dort wo Blutungen fehlen, findet sich zwischen den Fasem des
Binde- und Muskelgewebes eine feingranulierte Masse, welche ubrigens ebenso wie die
Blutungen auch in der Muscularis mucosae zu finden ist. AuBerdem aber finden sich
in der ganzen Submucosa und auch in der Muscularis reichlich verschieden groBe Hohl¬
raume, teils rundlich, teils oval oder langlich, teils auch vollkommen unregelmaBig, nicht
h el ten untereinander kommunizierend und dann wie von fetzigen Randero begrenzt,
welche entweder leer sind oder mehr oder weniger ausgefiillt von einer homogenen oder
granuliert aussehenden, rait Eosin hellrot sich farbenden Masse. Gleich aussehende,
jedoch kleinere Hohlraume, trifft man auch in der Schleimhaut der Klappe selbst und
zwar meist im Bereiche der Muscularis mucosae, um das lymphatische Gewebe oder in
letzterem selbst, so dafl einzelne Plaques durch diese Lucken und die meist gleichzeitig
vorhandenen Blutungen fast vollkommen zerstort erscheinen. Die beschriebenen Hohl¬
raume sind auch im Coecumanteile der Klappe dort noch zu finden, wo der Kernschwund
schon gut gefarbten und geformten Kernen Platz macht, ebenso finden sie sich in der
entzunalich infiltrierten Peripherie des oben erwahnten Carcinoms.
Eine mitgeschnittene, groBere (6 mm im Durchmesser) Lymphdriise, dem lleum-
anteile der Klappe zugehorig, zeigt histologisch bis auf Erscheinungen akuter Entzun-
dung keine Veranderungen.
Bakterien lassen sich in reichlicher, stelienweise iif enormer Menge nachweisen.
Wahrend aber auf der Oberflache der veranderten Schleimhaut neben Bacillen verschie-
dener Dicke auch Kokken nachweisbar sind, finden sich im Gewebe selbst, und zwar
in der ganzen Darmwand, Bacillen von einheitlichem Aussehen, die im groBen und
ganzen jenen Formen gleichen, wie wir sie friiher bei den Muskelveranderungen be-
schrieben haben. Sie sind gleichfalls grampositiv und zeigen in der Mucosa und Sub¬
mucosa vorwiegend kiirzere Formen, jedoch reichlicher Sporenbildung, in der Muscularis
aber auf fallen a reichlich kiirzere und langere, meist gewundene Paden. Die Bacillen
finden sich in grofier Menge auch im lympnatischen Gewebe der Darmschleimhaut, am
Rande der Gasblasen und vor allem auch im Carcinomgewebe, sowohl zwischen den
Schlauchen als auch in diesen selbst. Besonders reichlich ist ihre Menge an der Ober¬
flache des Carcinoms und in den seitlichen Randpartieen desselben.
Auch in der mitgeschnittenen Lymphdriise finden sich, wenn auch sparlich, ahn-
liche Bacillen formen.
6 ) Schnitte durch die Bauchwand aus der Umgebung des perity-
phlitischen Abscesses zeigen zunachst eine dem Peritoneum aufgelagerte ver¬
schieden breite Schicht fibrinos-eiterigen Exsudates. Das Fibrinnetz dieser Exsudat-
membran ist stelienweise undeutlich und dann mehr schmutzigrot (Eosin) gefarbt, in
den Maschenraumen desselben finden sich verschieden reichlich meist mehrkernige
Leukocyten, deren Kerne dunkel gefarbt erscheinen oder schon ausgesprochenen Zerfall
zeigen und Kernreste. In den tieferen Schichten der Exsudatmembran finden sich
streckenweise auch rote Blutkorperchen eingestreut. Der endotheliale Ueberzug des
Peritoneum ist nicht sichtbar, letzteres sowie das subperitoneale Binde- und Fettgewebe
teils von ein- und mehrkernigen Leukocyten, teils von einem zarten Fibrinnetz mit
sparlichen mehrkernigen Leukocyten durchsetzt Stelienweise finden sich auch hier im
Exsudate rote Blutkdrperchen, raitunter in groBeren Herden. An den nicht entziind-
lich veranderten Stellen erscheint das Bindegewebe selbst ziemlich kernarm, die sicht-
baren Kerne sind oft schwacher tingiert, die Bindegewebsbiindel wie gequollen und
schollig zerfallen. Vereinzelt findet man im Peritoneum und dem aufliegenden Exsu¬
date runde und leere Hohlraume ohne eigene Wandungen. Das mitgeschnittene Muskel-
gewebe zeigt die Kerne im allgeraeinen noch erhaiten, die Querstreifung der Muskel-
iasern ist jedoch undeutlich oder schon ganz verloren gegangen, die Fasem selbst quer
zerfallen oder der Lange nach aufgefasert. Haufig findet man die Muskelfasern aus¬
einandergedrangt durch eine homogene, mit Eosin lichtrot gefarbte Masse, seltener
durch leere unregelmafiige Raume. Dieselbe homogene Masse ist auch im subperito-
nealen Binde- und Fettgewebe zwischen den Fettlappchen und Bindegewebsbundeln
sichtbar.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
In der dem Peritoneum aufliegenden Exsudatmembran findet sich ein Bakterien-
gemenge, vorwiegend beetehend aus grampositiven Kokken und kleineren gramnegativen
Bacillen. Sparlicher sieht man darin Bacillen, die in allem den sub 1) Deschnebenen
gleichen. Im peritonealen und subperitonealen Bindegewebe ist das Bakterienbild jedoch
ein einheitliches: es finden sich ausschliefiiich ziemlich schlanke grampositive ungeglie-
derte Faden, oft von auffallender Lange und meist gewunden, wie sie auch im ober-
flachlichen Exsudate in sparlicher Menge zu finden sind. Dieselben langen Formen
sieht man auch im Muskelgewebe zwischen den Muskelfasern, daneben aber auch noch
kurzere, sonst gleich aussehende Formen.
Im Vordergrunde des Interesses unseres Falles stehen zweifellos
die Veranderungen, die wir an der Haut, dem Unterhautbinde- und
Fettgewebe und der Muskulatur des unteren Rumpfteiles und der
unteren Extremitaten vorgefunden haben.
Grob anatomisch waren diese Veranderungen an der Leiche
gekennzeichnet durch bl&ulich-rote Farbung der Haut mit Blasenbildung
und fetzenartiger Abschilferung in den abhangigen Korperpartien, durch
Gasbildung in der Subcutis und Muskulatur, durch Blutungen in den
Muskeln, sowie teilweiser Durchtrankung dieser und des subkutanen
Gewebes mit fleischwasserahnlicher, gashaltiger Flussigkeit.
Von diesen Veranderungen war Gasbildung, wir wie aus der Kranken-
geschichte entnehmen, schon intra vitam mit Sicherheit nachweisbar
(Luftpolstergefiihl und Gasknistern), desgleichen blauliche und weiB-
liche Farbung der Haut in der rechten Glutaalgegend und am rechten
Oberschenkel (Nekrose). Dazu gesellen sich noch die Blutungen, die
von vorneherein nur all vital entstanden anzusehen sind.
Es ist aber gleichfalls feststehend, daB der in vivo begonnene
ProzeB auch nach dem Tode noch Fortschritte machte, denn die
8 Stunden post mortem ausgeftihrte Sektion ergab eine wesentliche
Verschiebung der Grenzen in den Veranderungen gegenflber dem beim
Exitus erhobenen Befunde (siehe Sektionsbefund und Krankengeschichte).
Nur darhber gibt uns die Krankengeschichte keinen AufschluB, ob
die im Sektionsbefunde beschriebenen, so schweren und ausgedehnten
Veranderungen der Haut und die machtige Durchtrankung der Cutis,
Subcutis und Muskulatur auch noch wahrend des Lebens entstanden
sind oder als rein postmortale Erscheinungen gedeutet werden mGssen.
Der Umstand jedoch, daB schon ca. 3 Stunden ante mortem Nekrose
der Haut sicher zu konstatieren war, daB femer die schwersten Ver¬
anderungen in cadavere gerade dort zu finden waren, wo schon in vivo
Nekrose und Gasblasen nachgewiesen werden konnten, und daB schlieB-
lich gerade in diesen Partieen — abgesehen von den Blutungen — die
machtige seros-hamorrhagische Durchtrankung der Subcutis und Musku¬
latur auffiel gegeniiber dem fast volligen Fehlen derselben in den sicher
postmortal veranderten Stellen, lafit wohl mit einiger Wahrscheinlich-
keit die Annahme zu, daB auch von diesen Veranderungen ein Teil noch
wahrend des Lebens entstanden sein durfte.
Die zweifelsohne post mortem erst veranderten Teile zeigten nur
Gasbildung und diese um so oberflachlicher, je jfinger die Veranderung
war. War Gas an solchen Stellen auch in den Muskeln nachweisbar,
so zeigten diese ein mehr trockenes, fast wie gekochtes Aussehen. Doch
dfirfte es kaum angehen, daraus eine scharfe Grenzlinie zu konstruieren
zwischen den in vivo entstandenen Veranderungen einerseits und den
erst post mortem entstandenen andererseits. Diese Grenzlinie erscheint
uns vielmehr verwischt.
Was die histologischen Veranderungen anbelangt, so treten
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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaSroben Baktorien des Menschen. 299
in den Vordergrund derselben die reichliche Anwesenheit von Gasblasen
im subkutanen Gewebe und in der Muskulatur, sowie die schweren Ver-
Snderungen an den Muskelfasern und am Bindegewebe. Der meist aus-
gedehnte Kernzerfall beherrscht im Vereine mit Queilung und Zerfall
vorwiegend der Muskelfasern oft mehr Oder weniger vollst&ndig das histo-
logische Bild. W&hrend aber diese Ver&nderungen an alien untersuchten
Stticken bald st&rker bald schw&cher sichtbar sind, anscheinend ohne
Unterschiede, ob nun die Stticke solchen Stellen entstammen, die sicher
schon in vivo erkrankt waren oder solchen, die sich erst post mortem
ver&nderten, findet man auffallend reichliche Durchtr&nkung des Gewebes
(Oedemfliissigkeit) vorwiegend in den untersuchten Gewebspartieen, die
schon w&hrend des Lebens Ver&nderungen gezeigt haben und Blutungen
iiberhaupt nur in diesen. Vollig in den Hintergrund treten
diesen Ver&nderungen gegenuber solche, die histologisch wohl als ent-
zttndliche gedeutet werden miissen. Es sind dies gewdhnlich kleinere
Anh&ufungen von ein- und mehrkernigen Leukocyten, meist mit ausge-
sprochenem Kernzerfall. Diese entziindlichen Herde sind aber, wie schon
hervorgehoben wurde, immer nur klein und fehlen in der Mehrzahl der
untersuchten Pr¶te Uberhaupt. DaB sie nur als vital entstanden
anzusehen sind, bedarf keiner weiteren ErSrterung.
Als Ursache der geschilderten Ver&nderungen erkannte die bakte-
riologische Untersuchung ein streng anaerobes, sporenbildendes
Bakterium, dessen genauere morphologischc kulturelle und tierpathogene
Eigenschaften spater ausfiihrlicher beschrieben werden sollen. Dieses
Bakterium war in reichlicher Menge und ausschliefilich vor-
handen. Weder durch anaerobe noch durch aerobe Ztich-
tung konnte ein anderer Mikroorganismus nachgewiesen
werden und die mit den Originalkulturen spater wieder-
holt ausgefiihrte Prflfung auf die Reinheit der Kultur
ergab immer nur die eineBacillenart. Damit stimmte auch das
Ergebnis der Deckglaspraparatbefunde und der histologischen Unter¬
suchung liber ein. Es handelte sich also in unserem Falle um eine
sichere Reininfektion.
Die Eingangspforte ftir den Bacillus bildete zweifelsohne der
Darm, in dessen Inhalt mikroskopisch morphologisch und farberisch
analoge Bakterienformen nachgewiesen werden konnten, und zwar der
durch das zerfallene Carcinom veranderte Teil desselben (Ileocokal-
klappe). Das exulcerierte Carcinom hatte zun&chst zu lokalen Ver&nde-
rungen in der Umgebung der Klappe gefiihrt, welche schliefilich die in
der Leiche gefundenen Adhasionen und zirkumskripten entziindlichen
Erscheinungen der Peritoneal wand zur Folge hatten. Dadurch war
nunmehr die Moglichkeit einer Infektion per continuitatem mit dem ge¬
fundenen Bacillus gegeben.
Zu welcher Zeit nun diese erfolgte, dariiber lassen sich bestimmte
Angaben allerdings nicht machen. Die zeitlich alteste VerSnderung war
dem pathologisch-anatomischen Befunde nach zweifelsohne die vom
Carcinom aus entstandene Perityphlitis, die zeitlich jiingste der Gas-
brand, der zuerst ca. 6 Stunden vor dem Tode beobachtet wurde, und
dem nahezu sichtbaren foudroyanten Fortschreiten nach zu schlieBen,
auch nicht allzulange vorher seinen Anfang genommen hatte. Wie alt
die allgemeine, durch ein Bakteriengemenge bedingte Peritonitis war,
l&Bt sich mangels ausgesprochener klinischer Erscheinungen genau nicht
feststellen, doch geht aus dem anatomischen Bilde soviet wohl unzweifel-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
haft hervor, daB sie frflher als der Gasbrand entstanden war, wenn auch
nicht langere Zeit vorher; ja, es ist sogar die Deutung nicht von der
Hand zu weisen, daB die Peritonitis das auslflsende Moment ffir die
Gasbrandinfektion bildete.
Gleichfalls unsicher festzustellen ist der Weg, welchen die Gasbrand¬
infektion, nachdem sie einmal manifest war, eingeschlagen hat Sicher
ist nur, daB an der rechten GesaBbacke die ersten Zeichen der Gas¬
brandinfektion nachzuweisen waren und dadurch gewinnt die Annahme
eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daB vielleicht das Foramen ischiadicum
den Weg fflr den Durchbruch der Infektion aus der Beckenhohle nach
aufien gebildet haben dttrfte.
Auf den bemerkenswerten stttrmischen Verlauf der Gasbrandinfek¬
tion noch in vivo haben wir bereits hingewiesen.
Der sowohl makroskopisch anatomisch als auch histologisch erhobene
Befund von Gasblasen im Herzen und den groBeren GefaBen und damit
flbereinstimmend der Nachweis des Gasbranderregers im Blute — ist
selbstverst&ndlich nicht als vitaler, sondern als postmortaler ProzeB
aufzufassen. Dabei fehlen aber Schaumorgane vollig, was vorlaufig ein-
fach als Tatsache hingestellt sein mag.
Morphologlsehes und fSrberlsches Yerhalten. Der gefundene
Mikroorganismus ist ein Bacillus, ausgezeichnet durch groBe Mannigfaltig-
keit seiner Formen, mit echten Verzweigungen, beweglich, mit endogenen
Sporen, im allgemeinen mit den gebrauchlichen Farbstoffen leicht sich
fflrbend und grampositiv.
Die einfachste Form ist die eines geraden Stabchens verschiedener
GroBe. Neben fast kokkenflhnlichen kurzen Bacillenformen, die kaum
1 fi im Langsdurchmesser halten, aber seltener zu linden sind, sieht
man alle GrdBenflbergange bis zu solchen, anscheinend noch aus einem
Individuum bestehenden Formen, die 5—6 (i und darflber lang sind.
Von diesen langeren Stabchenformen gibt es nun alle Uebergange bis
zu oft sehr langen Fadenformen, die zum Teil gerade sind, haufiger
aber mehr oder weniger stark gewunden oder geschlangelt erscheinen. Die
gebildeten Faden sind meist ungegliedert, weniger haufig gegliedert
Gekrflmmte Formen linden sich flbrigens auch bei den ktirzeren Stab-
chen. Die Breite der beschriebenen Formen betragt zumeist ca. 0,8 fi.
Dochzeigenalle diese Formen auch mehr oder weniger starke Abweichungen
von der angegebenen Breite. Man findet einerseits schmalere, kurzere
und langere Formen bis zu oft auBerordentlich dfinnen Gebilden, die
besonders dann auffallen, wenn sie langere Faden darstellen, anderer-
seits findet man auch dickere Formen bis zu solchen, die den frflher
angegebenen Breitendurchmesser fast um das Doppelte flberschreiten.
Alle diese Formen kdnnen nun entweder gleichmafiig breit sein oder
aber man findet grflBere und kleinere Unregelmflfiigkeiten in der Breite,
indem im Verlaufe der Bacillen oder Fadenformen die Begrenzungs-
linien der Lflngsseiten nicht strenge gerade verlaufen. Die Enden sind
abgerundet. Neben diesen Formen findet man solche, die mehr oder weniger
deutlich Auftreibungen zeigen. Betreffen diese kleinere Formen, so er¬
scheinen letztere wie angeschwollen, gebiaht. In langeren Formen oder
Faden liegen diese Auftreibungen entweder mehr in der Mitte des Ge-
bildes oder aber dem einen oder anderen Polende nahe; dadurch kommen
Formen zustande, die einerseits ein mehr spindelfdrmiges Aussehen
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Ghon u. Sacha, BeitrSge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 301
zeigen, andererseits birnfQrmige oder keulenformige Gebilde darstellen
(No. 16, Taf. II). Vielfach sind diese Auftreibungen besonders stark
ausgebildet and die dadurch entstandenen Formen auffallend groB, fast
unffirmig. Kflrzere Formen bekommen dadurch oft ein Aussehen, das
man am besten als DisfowiMwi-ahnlich *) bezeichnen kann. Nicht selten
erscheinen diese Formen unscharf begrenzt. Betreffen diese Auftrei¬
bungen gegliederte Faden, die aus kurzen Formen bestehen, so erhalten
diese ein Rosenkranz-ahnliches Aussehen.
Seltener findet man sowohl an kflrzeren wie an ISngeren Bacillen-
und F&denformen echte Verzweigungen, Ast-, Dorn-, Sporn- Oder
Y-artig, wodurch verschiedenartig aussehende, oft geweihahnliche Formen-
bilder entstehen (No. 14, Taf. I).
Haufig sind in den Pfaparaten (vom Menschen, Tieren und Kulturen)
Sporen zu finden. Diese zeigen langlich-ovale Form und verschiedene
GrflBe. Sie liegen entweder in der Mitte des Bacillus (mittelstandig)
oder dem einen oder anderen Pole nahegeriickt (polstSndig), dabei oft
nur von Resten des Bacillus umgeben, oder sie sind vbllig frei. Meist
sind es die kurzen St&bchenformen, die Sporen zeigen (No. 11, Taf. I).
Dieselben sind in ihrem Breitendurchmesser dann entweder ganz unver-
andert oder der sporentragende Teil ist mehr oder weniger ausgebaucht.
Seltener findet man Sporen in ungegliederten, meist dflnneren Faden,
polstandig an einem oder beiden zumeist leicbt aufgetriebenen Enden,
oder in grdBeren angeschwollenen Formen und dann gewflhnlich einem
Pole derselben nahegeriickt.
Bei geeigneter Untersuchungsmethode zeigt der Bacillus lebhafte
Eigenbewegung.
Es gelingt leicht, mit der von Loffler angegebenen Methode ftir
die Darstellung von GeiBeln solche in groBer Zahl an den Bacillen nach-
zuweisen. Die GeiBeln sind seitenstandig.
Was nun das Vorkommen der beschriebenen verschiedenen Formen
anlangt und ihr Mengenverhaltnis zueinander, so mflssen wir im allge-
meinen dasselbe als ein variables bezeichnen. In den Prflparaten des
untersuchten Falles (Muskelsaft, Mensch) fanden sich vorwiegend kurze
Formen und reichlich Sporen, letztere allerdings nur in den Prflparaten
aus alter erkrankten Partieen (No. 11, Taf. I). In den Praparaten aus
den erkranken Randpartieen liefien sich Sporen nicht nachweisen (No. 12,
Taf. I). Im Tierkflrper war das Verhalten ein verschiedenes: In der
subkutanen Oedemflfissigkeit von Meerschweinchen fanden sich meist
gerade oder gewundene, kflrzere oder langere Formen mit wechselnden
Sporenmengen. In den Schnittpraparaten von diesen Tieren waren im
Bereiche der verflnderten Muskeln hingegen auffallend lange, gewundene
Faden zu finden (ahnliches war auch in den Schnitten vom M. ileo-
psoas des Menschen zu sehen). Besonders lange Formen zeigten auch
die Prflparate von Peritonealsaft der subkutan geimpften Tiere (Meer¬
schweinchen, auch Maus). Sehr reich an Sporen und angeschwollenen
Formen waren die Prflparate vom Muskelsaft der intramuskular ge¬
impften Tauben (No. 13, Taf. I). In den Kulturen sah man manchmal
ein oder die andere Form mehr oder weniger vorherrschen, Sporen oft
vollig fehlen, doch fand sich andererseits in ein und derselben Kultur
nicht selten ein Gemenge aller beschriebenen Formen ohne Vorherrschen
einer Art. Ja, in Oberflachenkulturen fanden sich gar nicht so selten
1) Distomurn hepat .
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302
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 4.
in einer Eolonie alle die beschriebenen verschiedenen Formen bnnt
untermengt vor, manchmal auch in der Weise, dafi die Randpartieen
kilrzere und langere, gerade und geschwungene Formen, die zentralen
Partieen hauptsachlich Dtslomum-ahnliche, grofie und gebl&hte Formen
und Sporen, neben detritus&hnlichen Massen zeigten (No. 17 u. 18,
Taf. II). Auffallig reichlich war die Sporenbildung in Serum- und
St&rkeagarkulturen (1 °/ 00 ).
Aus unseren Versuchen, in den Eulturen durch Zusatz verschie-
dener Substanzen zum gewohnlichen NShragar (wie Traubenzucker,
ameisensaures Natrium, Glycerin, Eombinationen dieser Substanzen,
Erhbhung des Eochsalzgehaltes u. a.) Anhaltspunkte zu gewinnen fflr das
verschiedene morphologische Verhalten des Bacillus, konnten wir er-
sehen, dafi, abgesehen von dem Alter der Eulturen und dem Feuchtig-
keitsgehalte des Nahrbodens (Oberflachenkulturen), die Zusammensetzung
desselben fOr die Formen des Bacillus nicht ohne Belang sei; denn wir
fanden z. B. in einer Versuchsreihe mit Oberflachenkulturen, in welcher
dieselbe Ausgangskultur beniitzt wurde und die Agarplatten unter 'sonst
vbllig gleichen Bedingungen gehalten wurden, dafi bei Zusatz von Trauben¬
zucker (1 Proz.), sei es allein, sei es im Vereine mit anderen Substanzen,
sich meist auffallend viele und lange F&den vorfanden, wahrend auf ge-
wdhnlichem Agar ohne weiteren Zusatz oder auf letzterem mit Glycerin
(2 Proz.) sich sehr reichlich Sporen und grofie, geschwollene, Disto-
mww-ahnliche Formen vorfanden. Andererseits sahen wir in einer
zweiten Versuchsreihe mit Oberflachenkulturen, bei welcher verschie¬
dene Ausgangskulturen verwendet wurden, jedoch derselbe Nahrboden,
dafi die Formen in den einzelnen Eulturen sowohl in Bezug auf Ver-
schiedenheiten der Formen als auf gegenseitige Mengenverhiltnisse
keine auflalligen Unterschiede zeigten. Wir mdchten jedoch aus diesen
unseren Versuchen keinerlei bestimmte Schliisse ziehen, da wir aus der
aufierordentlich grofien Menge von Prkparaten, die wir beziiglich des
morphologischen Verhaltens unseres Bacillus durchstudierten, im allge-
meinen feststehende Gesetzmafiigkeiten nicht ersehen konnten.
Die Lagerung der Bacillen ist keine gleichmafiige; sie liegen entweder
vollstandig regellos durcheinander, namentlich dann, wenn alle Oder viele
der beschriebenen Formen nebeneinander vorkommen, oder sie liegen
parallel zu kleineren oder grdfieren gewundenen Strangen vereinigt.
Letzteres gilt besonders fur Oberflachenkolonieen, in welchen zuweilen
besonders lange gegliederte und ungegliederte Faden vorkommen.
Eleinere Formen zeigen mitunter auch verschieden stumpfe Winkel-
stellungen, wodurch dann, wenn gleichzeitig Anschwellung dieser Formen
besteht, gekrtimmte Formen vorgetauscht werden konnen.
Der Bacillus farbt sich leicht mit den gebrauchlichen Anilinfarb-
stoffen, doch nicht gleichmafiig, indem meist neben gut und gleichmafiig
tingierten Formen auch schwacher und undeutlich gefSrbte bald reich-
licher bald nur sparlich sichtbar sind.
Das Verhalten der Bacillen bei Anwendung der Gramschen Me-
thode ist ein verschiedenes. Die Bacillen bleiben entweder gleichmafiig
tief dunkelviolett tingiert (G r a m - positiv) oder sie entfarben sich vdllig
und nehmen bei Nachfarbung mehr oder weniger intensiv die Eontrast-
farbe an (Gram-negativ) oder sie zeigen endlich ein unausgesprochenes
Verhalten, indem sie sich einerseits nur schwach violett tingieren und
dann bei Nachfarbung mit Fuchsin einen rbtlich-violetten Ton annehmen,
andererseits neben ausgesprochen dunkelviolett gefarbten Partieen solche
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Ghon u. Sachs, Beitrftge zur Kenntnis der anaSroben Bakterien des Menscben. 303
zeigen, die die Kontrastfarbe angenommen haben (Uebergangsformen).
Und zwar zeigten die gleichmafiigen, kflrzeren UDd lfingeren Bacillen-
forroen gewdhnlicher Dicke Gram-positive, seltener Uebergangsfarbung.
Auch die dickeren Formen, sowohl die kflrzeren als auch lfingeren, er-
scbienen meist Gram-positiv Oder zeigten Uebergangsfarbung, nur
selten waren sie Gram - negativ. Die dfl’nneren Stfibchen und Ffiden
zeigten sich vorwiegend Gram-negativ und dabei hfiufig auch mit der
Kontrastfarbe schwficher ffirbbar (Degenerationsformen). Verschieden
verhielten sich auch die frflher beschriebenen angeschwollenen Formen:
wfihrend die kleineren entweder ausgesprochen Gram-positiv Oder
Gram-negativ waren, seltener Uebergangsfarbung aufwiesen, erschienen
die groBeren angeschwollenen Formen zumeist eigentflmlich schwach
violett und dabei ungleichmfiBig gefarbt, oft mit intensiv gefarbten,
kflrnchenartigen Einlagerungen (Taf. II, No. 18), nur selten verhielten
sie sich mehr oder weniger ausgesprochen G r a m - negativ, vereinzelt
aber auch deutlich und intensiv Gram-positiv.
Was nun das Mengenverhaltnis der Gram-positiven und Gram-
negativen sowie der Uebergangsformen zueinander betrifFt, so kdnnen
wir mit Sicherheit das eine behaupten, dafi das Alter der Kulturen und
bei Tierexperimenten die Erkrankungsdauer fflr dieses Verhalten aus-
schlaggebend sind: je jflnger der Bacillus, urn so sicherer und urn so
intensiver bleibt er bei Anwendung der Gramschen Methode tief dunkel-
violett, je alter, um so eher entfarbt er sich. Wir mflssen demnach
unseren Bacillus als einen Gram-positiven bezeichnen und ktinnen
durch Anwendung dieser so wichtigen Ffirbungsmethode gewisse An-
haltspunkte fflr das Alter der Bacillen und damit fflr seine Degenera¬
tionsformen gewinnen.
Die vorher erwfihnten, auffallend dflnnen und langen Formen ver¬
hielten sich fast ausnahmslos Gram-negativ und nahmen haufig auch
die Kontrastfarbe nur schwach an; wir konnen sie deshalb wohl als
Degenerationsformen bezeichnen. Desgleichen sieht man auch unter den
angeschwollenen grofien Distomum - ahnlichen Formen oft solche, die
vAllig Gram -negativ sind Oder nur schwach violett gefarbt erscheinen;
auch diese Formen mOchten wir als Degenerationsformen ansprechen,
ohne Bestimmtes darflber aussprechen zu konnen, ob diese Gebilde mit
der Sporenbildung in einen direkten Zusammenhang zu bringen sind oder
nicht.
Bei Behandlung der Prfiparate mit Jod (Lugolsche Ldsung oder
Jodtinktur) zeigte sich ein verschiedenes Verhalten der Bakterien. Haufig
nahmen samtliche Bacillenformen des Praparates eine gleichmafiig hell-
gelbe FArbung an. In anderen Prfiparaten wieder fanden sich neben
hellgelben Formen mehr oder weniger zahlreich solche, die Braun-
farbung zeigten. Die Braunfarbung zeigte verschiedene Abstufungen
von hellbraun bis dunkelbraun, in einzelnen Fallen war die Farbung
eine fast schwarze. Dabei waren die Bacillen entweder gleichmafiig
oder aber fleckigbraun gefarbt. Alle diese Verschiedenheiten kamen
sehr haufig gleichzeitig in den Praparaten zum Ausdruck und brachten
im Verein mit den vielgestaltigen Formen der Bacillen ein wechselvolles
Bild hervor: So konnte man neben langeren und kflrzeren, gleichmafiig
hellgelben Bacillen und Ffiden solche mit verschieden stark braun ge¬
farbten Flecken sehen, sowie solche, die gleichmafiig braun gefarbt
waren. Die fleckig braun gefarbten erhielten Afters dadurch, dafi starker
braungefarbte Partieen mit ungeffirbten, starker lichtbrechenden mehr
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 4.
Oder weniger regelmUBig abwechselten, ein segmentiertes Aussehen.
Oder man sah an kttrzeren Bacillenformen den mittleren Teil braun ge-
f&rbt, an den beiden Enden aber je eine schmale, helle, glanzende
Euppe, an anderen wieder die Polenden braun, und nur die Mitte hell
and gl&nzend. Aehnliche Bilder zeigten auch die geschwollenen Formen.
Es sei jedoch hier besonders hervorgehoben, dafi auch St&bchen und
aufgetriebene Formen, die sicher erkennbare Sporen zeigten, vielfach
ohne jegliche Braunf&rbung waren und gleichm&fiig hellgelb gefSrbt
blieben, ja dafi auch in Kulturen, die aufierordentlich zahlreiche Sporen
zeigten, jede Spur einer Braunf&rbung fehlte. Andererseits
sahen wir, was gleichfalls betont werden soli, dafi in Kolonieen von Ober-
fl&chenkulturen, die reichlich sporenlose, angeschwollene Formen neben
reichlicben sporentragenden St&bchen und freien Sporen zeigten, die
St&bchen gleichm&Big hellgelb erschienen, w&hrend die grofien ange-
schwollenen Formen mehr Oder minder intensiv, aber gleichmfifiig braun
gef&rbt waren.
Eine Blauf&rbung konnten wir in den mit Jod behandelten Pr&pa-
raten niemals sehen, auch nicht in 48-st(indigen und alteren St&rke-
agarkulturen, welche ubrigens auch Braunf&rbung vermissen liefien.
Kapseln konnten wir trotz vieler Versuche weder in Kulturen
noch im Tierkorper mit den gebrauchlichen Methoden ftir die Kapsel-
f&rbung mit Sicherheit nachweisen. Zuweilen aber sahen wir in Pr&pa-
raten aus Kulturen, welche nach der Methode von Welch gef&rbt
waren, besonders deutlich in einer alteren Traubenzucker-Bouillonkultur,
um die Bacillen lichte Hofe, mehr oder weniger deutlich durch einen
Kontur begrenzt, und bei den in grofieren Haufen gelagerten Formen
die Einzelindividuen durch gleichmafiige Zwischenr&ume voneinander
getrennt.
Durch F&rbung mit essigsaurem Methylenblau konnten wir weder
in Pr¶ten aus frischen Zuckeragarkulturen noch in solchen aus
frischen Serumkulturen kornchenartige Einlagerungen darstellen.
Kulturelles und biochemisches Ycrhalten. Der beschriebene
Bacillus ist ein strenges Anaerobion. Reinkulturen desselben
wachsen niemals bei Anwesenheit von Sauerstoff.
Die nachstehende Beschreibung seiner kulturellen Eigenschaften
bezieht sich demnach auf Kulturen, welche unter streng anaeroben Be-
dingungen angelegt und gehalten wurden.
1) OberflSchenkolonieen in Platte nstrichkulturen
(Agar mit 1 —2-proz. Traubenzucker. Wasserstoffatmo-
sph&re):
Das Aussehen der Kolonieen ist ein verschiedenes. Gut isolierte
Kolonieen konnen manchmal rundlich Oder vollig rund sein und er-
reichen dann dort, wo sie dichter stehen, ungef&hr die GroBe von In-
fluenzakolonieen. Stehen sie weiter voneinander ab, so werden sie auch
grbfier, unter Umst&nden bis 2 mm im Durchmesser und dartiber. Im
auffallenden Lichte sind solche Kolonieen zart grau oder weifilich-grau;
im durchfallenden bl&ulich-grau. Bei LupenvergroBerung erscheinen sie
transparent: wasserhell bei gerader, moireartig gl&nzend bei schiefer
Beleuchtung. GroBere runde Kolonieen sind mehr weifigrau und zeigen
steil abfallenden Rand (Taf. I, No. 2). Unter dem Mikroskop sind die
Kolonieen bei schwacher VergroBerung mehr oder weniger erhaben, zart
granuliert, fast farblos oder zart gelblich-weiB und zeigen leicht aufge-
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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaSroben Bakterien des Menschen. 305
faserten Rand. In diesen Formen sind sie oft nicbt un&hnlich Kolonieen
des Diplococcus pneumoniae.
H&ufiger zeigen die Kolonieen wellig begrenzten oder gebuchteten
Rand. Auch in diesen Formen sind sie entweder mebr gleichmaBig
flacb und dann grau oder weiBlich-grau und gl&nzend (Taf. I, No 1)
oder sie zeigen mitunter ein etwas opakeres Zentrum. Letzteres bebt
sich mitunter scbarf als weiBlicher, erhabener Teil von der flachen, grau-
transparenten, peripberen Zone ab (Taf. I, No. 3). Solche Kolonieen
sind in ihrer Form Pestkolonieen ahnlich und zeigen mikroskopisch
einen starker brkunlicb gefarbten, zentralen Teil, der sich deutlich von
dem gebuchteten, fast farblos erscheinenden und zartest granulierten,
peripheren Teil abgrenzt.
Je besser diese gebuchteten Kolonieen isoliert sind, urn so h&ufiger
gewinnt der zentrale opakere Teil an Ausdehnung, wkhrend die peri-
phere, zarte Randpartie gleichzeitig mehr und- mehr zurucktritt, bis
schliefilich Kolonieenfornuen entstehen konnen, die fast gleichmaBig opak
erscheinen. Zeigen derartige Kolonieen eine annahernd rundliche Form
und dabei einen gleichmaBig gebuchteten Rand, so gewinnen sie ein
rosettenartiges Aussehen (Taf. I, No. 4). 1st hingegen die Form eine
unregelmafiige, der Rand ungleichmaBig und verschieden tief gebuchtet,
so erhalt die Kolonie ein blattformiges Aussehen. Mikroskopisch er¬
scheinen solche Kolonieen mehr oder weniger gleichmaBig braunlich und
bei starkerer VergrOBerung erkennt man an den verschieden tief ge¬
buchteten Randpartieen die ziemlich dicht gefiigten Bacillenformen,
meist nur vereinzelt weiter in die Umgebung vorragend.
Werden die Einbuchtungen an den Randpartieen noch unregel-
mafiiger, die dadurch entstandenen kleineren und groBeren Segmente
ausiauferartig und zackig, so entstehen Kolonieenformen, die wie zer-
schlissen aussehen. Auch solche Kolonieen konnen mehr gleichmaBig
flach sein (Taf. I, No. 5) oder aber ein grbBeres oder kleineres opakeres
Zentrum zeigen, das sich mehr oder weniger gut abhebt (Taf. I,
No. 6).
Oder man sieht endlich groBere, fast blattformig aussehende Kolo¬
nieen, gleichmaBig flach und grau im auffallenden und durchfallenden
Lichte mit ziemlich regelmafligen, wenig tiefen Einbuchtungen am Rande,
der nicht selten etwas opaker erscheint und wieder korallenriffartig ge-
staltete kiirzere Fortsatze aussenden kann. Von letzteren gehen manch-
mal noch feinere Ausiaufer ab, die dendritisch verzweigt sind und wie
Baumchen diesen korallenriffartigen Fortsatzen aufsitzen (Taf. I, No. 7).
Sie verleihen den Kolonieen ein auBerst zierliches Aussehen. Mikro¬
skopisch erscheinen solche Kolonieen flach, licht gelblich, in den Rand¬
partieen oft etwas dunkler und grdber gekdrnt, die baumchenartigen
Ausiaufer als ein dendritisch verzweigtes Geflecht zarter, fast struktur-
loser Ausiaufer, die nach auBen zu immer zarter werden.
Zwischen alien den im vorhergehenden geschilderten Kolonieen¬
formen gibt es nun Uebergknge, so daB die Mannigfaltigkeit der ober-
flachlichen Kolonieenformen eine recht grofie ist. Manchmal finden sich
mehr oder weniger alle diese Formen auf einer Platte zusammen vor,
haufiger jedoch sieht man eine oder die andere der Formen vor-
herrschen.
Die Mannigfaltigkeit des Formenreichtums in den Kolonieenbildern
wird aber noch dadurch erhdht, d&S vielfach die Kolonieen znsammen-
fliefien, bald zu grdfieren, bald zu kleineren unregelmBBigen Gebilden
Errte Abt. Orig. Bd. XXXIV. 20
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Centralbl. £, Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
(Taf. I, No. 9). Dadurch entstehen proteusartige, hfiufig auch
moosartige oder eisblumen&hnliche groBere und kleinere, flache
Rasen. In Platten mit Kolonieenformen, die b&umchenartige Ausl&ufer-
bildung zeigen, sieht man aus dem ZusammenflieBen dieser Ausl&ufer
jenen zarten, diffusen Ueberzug hervorgehen, der sich manchen Kolonieen
anschlieBt und oft einen groBeren oder kleineren Teil der N&hrboden-
oberflache bedeckt (Taf. I, No. 8).
Die Ursache dieses verschiedenen Aussehens der Oberfl&chenkolo-
nieen diirfte keine einheitliche sein. Zweifellos spielt aber der Feuchtig-
keitsgehalt der Oberflache des N&hrbodens dabei keine unwichtige Rolle.
Auch die Beweglichkeit des Bacillus muB dabei berficksichtigt werden.
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist diese nicht immer eine gleichmaBige.
Ffir diese letztere Annahme sprechen unsere vielen einschlagigen Beob-
achtungen fiber die Beweglichkeit dieses Bakteriums in Kulturen und
im Tierkorper. Je feuchter demnach der benutzte Nfihrboden und je
besser beweglich der ausgesate Stamm, urn so vielgestaltiger die Formen,
die aus der Aussaat angehen — mit alien Uebergfingen bis zu jenen
Flatten, die eine Isolierung von Kolonieen fiberhaupt nicht mehr er-
kennen lassen, sondern mit einem gleichm&Big zarten, graugl&nzenden
Ueberzug in toto bedeckt erscheinen. Je trockener hingegen die Platten
und je weniger beweglich der ausgesate Stamm, urn so besser erscheinen
die Kolonieen isoliert und urn so mehr nfihern sie sich den eingangs ge-
schilderten rundlichen Formen.
Aenderungen in der Zusammensetzung des Nfihrbodens nach der
Richtung hin, daB man eine andere reduzierende Substanz als Zusatz
benutzt oder diese fiberhaupt weglfiBt, scheinen ffir das verschiedene
Aussehen der Oberflfichenkolonieen keine oder zum mindesten keine
nennenswerte Bedeutung zu haben. Wir erhielten in unseren Versuchen
keine anderen Resultate, wenn wir an Stelle von Traubenzucker (1 bis
2 Proz.) ameisensaures Natron (0,3 Proz.), Milch- oder Rohrzucker (1
bis 2 Proz.) oder Glycerin (2 Proz.) verwendeten. Auch ein Gemenge
der genannten Substanzen in verschiedener Kombination war nach dieser
Richtung hin ohne EinfluB, desgleichen das vollstfindige Fehlen jeder
reduzierenden Substanz.
Das Bild der Kolonieenformen finderte sich auch nicht, wenn wir
ffir die Aussaat an Stelle der oben genannten NahrbSden Blutagar-N&hr-
bdden nach R. Pfeiffer oder Serumagar (Agar mit Zusatz von serum-
haltiger Flfissigkeit) benutzten. Nicht einmal die Ueppigkeit der Kolo¬
nieen wurde dadurch wesentlich beeinfluBt.
2) Tiefenkolonieen in Plattenkulturen mit Trauben-
zuckeragar.
Die Kolonieen zeigen verschiedene Gr6Be. Bei Lupenbetrachtung
erscheinen sie unregelmaBig, mit langeren und kfirzeren Auslfiufern,
grau, in den zentralen Partieen leicht brfiunlich. Unter dem Mikroskop
sind sie bei schwacher VergroBerung brfiunlich-gelb mit schw&rzlichem
Stich, teils maulbeerartig, vorwiegend aber mit verschieden geformten
und verschieden langen Ausl&ufern versehen. Diese sind mitunter zackig
und zeigen oft rundliche oder ovale Anschwellungen.
3) Stichkulturen in Agar mit 1 Proz. Traubenzucker
(mit Ueberschichtung).
Schon nach 8 Stunden kann entlang dem Impfstiche sich Wachs-
tum in Form eines zarten, grau-transparenten Bandes zeigen (Stich mit
der Oese). Tritt schon bald nach dieser Zeit — ungeffihr zwischen 16
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Oh on u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anagroben Bakterien des Menschen. 307
bis 18 Stunden — Gasbildung ein, so erfolgt diese meist stttrmisch. Der
Agar wird dadurch mehr Oder weniger stark zerrissen, zeigt reichlichst
Gasblasen und am Boden der Eprouvette sammelt sich stark getrQbte
FlQssigkeit an. Der Impfsticb, der durch die Gasentwickelung vielfach
auseinandergerissen ist, hat inzwischen an Ueppigkeit etwas zugenommen
und zeigt nunmehr ein mehr weiBlich-graues Aussehen im durchfallenden
Lichte.
Zuweilen aber erfolgt die Gasbildung viel sp&ter und weniger
stOrmisch. Dadurch gewinnt der Impfstich in solchen Eulturen an
Ueppigkeit gegenflber den oben beschriebenen und zeigt sich als ein
grauweiBes Band, welches an den Randpartieen leicht unregelm&Big be-
grenzt erscheint.
In nicht Oberschichteten Traubenzuckeragar-Stichkulturen ist das
Wachstum ein gleiches wie in den Oberschichteten, nur beginnt dasselbe
erst ungefahr 1—l 1 /* cm unterhalb der OberflSche, kann aber spfiter
allmahlich noch etwas gegen die Oberfl&che zu fortschreiten, urn ca.
1—V* cm von derselben entfernt, dauernd Halt zu machen. Nie-
mals beobachteten wir in solchen Eulturen Wachstum auf der Ober-
flache.
4) SchQttelkulturen in Agar mit 1 Proz. Trauben-
z u c k e r.
Das Aussehen dieser Eulturen ist ein verschiedenes und richtet
sich nach der Dichte der Aussaat. Stark beschickte Eulturen zeigen
mehr Oder weniger stttrmische Gasentwickelung und diffuses Wachstum.
In entsprechend verdunnten Eulturen kdnnen isolierte Eolonieen einen
Durchmesser von 3—4 mm erreichen und darttber. Gewohnlich sind
sie aber nur ca. stecknadelkopfgroB. Die Einzelkolonieen erscheinen bei
makroskopischer Betrachtung rundlich, nicht scharf begrenzt, wolken-
artig. Bei LupenvergrSBerung sieht man einen kleinen zentralen, br&un-
lichen Eern und eine grQBere periphere Zone, die sich in ein dichtes,
unregelmaBig radi&r angeordnetes Fadenwerk auflost. In solchen Eul¬
turen mit gut isolierten groBeren Eolonieen unterbleibt nicht selten die
Gasbildung vollst&ndig Oder tritt sehr spat erst ein. Ueppig entwickelte
Zuckeragarkulturen rochen schwach nach Butterskure. War die Gas¬
bildung eine besonders stiirmische, so konnte man das in der zer-
sprengten Agarsaule angesammelte Gas an der Flamme unter zischendem
Gerausch verbrennen.
Stich- und SchGttelkulturen in gewbhnlichem Agar zeigen im
allgemeinen kein abweichendes Verhalten von den Stich- und SchUttel-
kulturen in Agar mit 1-proz. Traubenzucker, ebenso nicht Stich- und
Schiittelkulturen in Agar mit 2-proz. Traubenzucker, Milch- und Rohr-
zucker. Nur schien es uns, als ob die Entwickelung in den Eulturen
mit Rohrznckerzusatz am wenigsten (ippig erfolgte.
5) OberflBchenkulturen in Gelatineplatten, bei 18 bis
21° C durch 7 Tage unter Wasserstoffatmosphare ge-
halten.
Die Eulturen wurden fur diesen Zweck teils als Oberflachenstrich-
kulturen angelegt, teils derart, daB mit einer Oese das Material auf die
Oberflache in entsprechenden Abstanden aufgetupft wurde. In alien
Platten erfolgte Wachstum, welches sich bei Betrachtung mit freiem
Auge zunachst durch Verfltissigung der besaten Nahrbodenoberflache
kundgab. Die VerflOssigung erfolgte langsam und bewirkte dadurch
seichte, rundliche oder strichformige Vertiefungen. Bei LupenvergrOBe-
20 *
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4.
rung zeigte sich innerhalb dieser verflfissigten Partieen eine schleier-
artige Trtibung und bei mikroskopischer Betrachtung (Zeiss A, Ok. 4)
sah man entsprechend dieser Triibung granulierte Massen, welche sich
bei st&rkerer VergrOJSerung (Zeiss C, Ok. 4) als Bacillen und Sporen
zu erkennen gaben.
6) Tiefenkolonieen in Gelatineplatten (ohne Zucker-
zusatz, Wasserstoffatmosphfire, 18° C).
Je nach der Dichte der Aussaat sind die Kolonieen verschieden
grofi. Stehen sie dicbter gesfit, so sind sie meist unregelm&Big, sind sie
gut isoliert, so zeigen sie rundlicbe oder scheibenartige Formen und
werden ca. stecknadelkopfgrofi und dartiber. Bei Lupenbetrachtung sielit
man einen braunlichen Kern und eine mebr scbleierartige, periphere
Zone, die ohne scharfe Grenze sich in der Umgebung verliert. Bei
mikroskopischer Betrachtung zeigen die Kolonieen ein verschieden groBes,
gelbbraunes Zentrum, dem zunSchst eine etwas hellere, aber gleichfalls
noch gekdrnt aussehende Zone folgt, die dann in eine breitere Rand-
partie flbergeht. Diese besteht aus dichtgeftigten, radiar ausstrahlenden,
im allgemeinen gerade verlaufenden Ffiden, welche strahlenkranzartig die
zentralen Partieen umgeben. Einzelne dieser ausstrahlenden F&den sieht
man besonders weit in die Umgebung vorragen. Diese Strahlenzone
fehlt an manchen Kolonieen vollstandig.
Die Kolonieen in Gelatine mit 1-proz. Traubenzucker
zeigen im allgemeinen dieselben Formen, nur findet man h&ufig die zen¬
tralen Partieen der Kolonie von einer Gasblase eingenommen, deren
Peripherie von dem beschriebenen Strahlenkranz auslaufender Ffiden um¬
geben wird.
7) Stichkulturen in Gelatine (10-proz. Gelatine, Ueber-
schichtung mit Agar, ca. 20° C).
Schon nach 3—4 Tagen findet man Entwickelung entlang dem Impf-
stiche, bestehend in einer dichten, schleierartigen Trtibung, oft unter-
brochen von etwas dichten, wolkenartigen Einzelkolonieen. Oder aber
man sieht vom Impfstich nach alien Seiten zarteste bflschelformige Aus-
lfiufer ausstrahlen. An jenen Stellen des Impfstiches, an welchen sich
das Wachstum in Einzelkolonieen aufldst, findet man die zarten, bfischel-
fdrmigen Ausl&ufer von unregelmaBigen, schleierartigen oder aber glfin-
zenden, scheibenfdrmigen, zentralen Gebilden ausstrahlen. Nach 7 bis
8 Tagen, manchmal auch schon frtlher, erfolgt Gasbildung und von oben
nach unten zu fortschreitende Verfltissigung, die weiterhin all-
mfihlich zunimmt, bis schlieBlich nach mehreren Wochen (ca. 3—4) die
ganze Kultur verflflssigt wird.
In Gelatinestichkulturen mit Zusatz von 1 Proz. Traubenzucker ist
das Wachstum ein Shnliches.
8) Sch fittelkulturen in Gelatine (10 Proz.) ohne Ueber-
schichtung, bei 20° G gehalten, zeigen ebenfalls nach 3—4 Tagen,
ungef&hr Fingerbreite unterhalb der Oberflache beginnend, Wachstum.
Bei dicbter Aussaat erkennt man nach dieser Zeit eine zarte, schleier-
artige Trtibung, welche sich bei Lupenbetrachtung entweder in mehr oder
weniger gleichm&Big verteilte, kleinste, wolkenartig aussehende Kolonieen
von meist unregelmiBiger Form aufldst oder man sieht kleine, glfinzende,
scheibenartige Kolonieen, von deren Randpartieen lufierst zarte FSserchen
bttschelfdrmig ausstrahlen. Nadi und nach erfolgt auch in diesen Kul-
turen analog den Stichkulturen Verflfissigung der Gelatine.
Bei sehr sp&rlicher Aussaat kdnnen sich in der Gelatine langsam
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<3hon u. Sachs, BeitrSLge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 309
Eolonieen entwickeln, die sehr groB werden and ihrem Aussehen n&ch
vollig denen gleichen, welche wir vorher bei den Agarschfittelkulturen
beschrieben haben. Man bezeichnet solche Eolonieen am besten als
„distelblumenartige“. Bei so isolierten Eolonieen konnten wir Verflfis-
sigung auch bei l&ngerer Beobachtungsdauer nicht bemerken.
Gelatineschflttelkulturen mit Zusatz von 1 Proz. Trauben-
zucker oderO,3Proz. ameisensaurem Natron oderO,3Proz.
ameisensaurem Natron und 1 Proz. Traubenzucker zeigen
im allgemeinen keine Abweichungen von den Eultnren in gewdhnlicher
Gelatine.
Das Verhalten der Gelatinekulturen bezflglich der Verflflssigung ist
demnach kein gleichmflBiges. Aber nicht bloB die verschiedene
Dichte der Aussaat ist dabei von EinfluB, sondern auch der Prozent-
gehalt des N&hrbodens an Gelatine, indem hoherprozentige Gelatine
langsamer verflflssigt oder oft durch lflngere Zeit flberhaupt keine Ver-
flflssigung oder nur ein Weicherwerden des Nflhrbodens erkennen lftBt.
9) Gelatinen&hrboden (mit oder ohne Traubenzucker-
zusatz), nach unserer Methode mit Agar (Iberschichtet
<s. 1. Mitteilung) und bei 37° C gehalten, zeigen bereits nach 18
bis 24 Stunden eine diffuse, mehr oder weniger flppige Trflbung. Bei
weiterer Entwickelung verliert diese Trflbung ihr gleichmaBiges Aus¬
sehen, dafflr treten wolkenartige, an GrdBe zunehmende Flocken auf,
welche sich meist schon nach 48-stfindiger Entwickelung als flppiger, locker
gefflgter Bodensatz niedergeschlagen haben. Zucker - Gelatinekulturen,
durch 48 Stunden bei 37° C gehalten, bleiben in der Ealte flflssig,
werden dazu hflherprozentige Gelatinenflhrboden verwendet, so ist die
Peptonisierung eine unvollst&ndige.
10) Bouillon und Zuckerbouillon (1—2 Proz. Trauben-
zucker).
Sowohl in Eulturen, die unter Wasserstoffatmosphflre zur Entwickelung
gelangten, als auch in solchen, welche mit Zuckeragar oder Wasseragar x )
nach der von uns in der 1. Mitteilung angegebenen Gefriermethode flber-
schichtet wurden, zeigte sich meist schon in den ersten 24 Stunden eine
mehr oder weniger flppige diffuse Trflbung mit gleichzeitiger geringerer
oder st&rkerer Gasbildung. In Traubenzuckerbouillon war die Gasbildung
immer eine st&rkere. Nach kflrzerer Zeit begannen sich wolkige Flocken
zu bilden, die an GrflBe und Zahl rasch zunahmen und sich langsam zu
Boden senkten. Gleichzeitig kl&rte sich die Bouillon oder Zuckerbouillon
mehr und mehr. Nach einiger Zeit erschien der flflssige N&hrboden
vollkommen klar und am Boden der Eprouvetten hatte sich ein reich-
licher, bis 1—2 cm hoher, lockerer, weiBlicher Satz angesammelt. Das-
selbe Wachstum zeigten auch Massenkulturen in langhalsigen Eolben,
an welchen mitunter ein stflrkerer, lehmartiger, oft schon unangenehmer
Geruch wahrnehmbar war.
11) Peptonwasser (1 Proz. Pepton, 1 / i Proz. NaCl,
schwach alkalisch), zeigte Wachstum in ahnlicher Weise wie die
Bouillonkulturen, im allgemeinen nur etwas weniger flppig. Gasbildung
war auch hier stets vorhanden, wenn auch nicht immer in reichlicherer
Weise.
Zusatz von 2 Proz. Trauben-, Milch- oder Rohrzucker und 2 Proz.
Glycerin zum Peptonwasser anderte im Aussehen der Eulturen im groBen
1) Wasseragar Agar (2 Proz.) in gewflhnlichem Wasser ohne jeden Zusatz gelflst.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. Ko. 4.
und ganzen nichts, nur war in den mit Rohrzucker und Glycerin ver-
setzten Peptonwassern&hrbdden das Wachstum weniger uppig. Mit dieser
Beobachtnng stimmten auch die Resultate der diesbezflglichen Versuche
mit Agarn&hrbOden tiberein.
12) In eiweififreien N&hrbfiden, die nach den Angaben von
Uschinsky bereitet wurden, erhielten wir kein Wachstum.
13) Milch. Die Kulturen in Milch warden sowohl in Eprouvetten
unter Wasserstoffatmosph&re oder mit Ueberschichtung (Gefriermethode)
als auch in hoher Schicht in grofien Eolben (Erlenmeyer-Eolben)
zur Entwickelung gebracht. Das Resultat war immer dasselbe: Nach
verschiedenlangerZeit begann sich unterhalb der obersten (Rahm-)
Schicht eine mehr oder weniger breite Zone zu bilden, welche aus trtiber,
serdser Flussigkeit bestand. Nach und nach vergroBerte sich diese Zone,
wahrend sich gleichzeitig in den unteren Teilen des Eolbens oder der
Eprouvette ein ziemlich lockeres Gerinnsel ansammelte, welches sich
entweder ungleichm&Big von den Wanden des GlasgefSBes zuriickzog
oder aber ganz gleichm&Big und dann im allgemeinen die Form des be-
treflenden GlasgefSBes beibehielt, nur in verkleinertem Mafistabe. Die
fiber dem Gerinnsel stehende serose Schicht zeigte anfangs meist ein
gelbgrfinliches Aussehen und blieb eine Zeit lang leicht getrfibt und
untermengt mit kleineren Flocken. Nach und nach klfirte sie sich aber
ganz. Gleichzeitig wurden aber auch die unteren Schichten des Gerinnsel
etwas fester.
Der Beginn der Veriinderun gen in der Milch erfolgte in unseren
wiederholt ausgeffihrten Untersuchungen am frflhesten nach 5 Tagen,
haufiger spfiter: nach 14 Tagen bis 3 Wochen oder noch spfiter. Die
Menge des geimpften Materiales hatte in unseren Versuchen keinen
EinfluB auf die Schnelligkeit des Eintretens der Gerinnung. Es war
gleichgfiltig, ob wir nur einige Oesen des Eulturmateriales impften oder
aber mehrere Eubikcentimeter.
Niemals sahen wir Verflfissigung des Gerinnsels eintreten,
trotzdem wir eine Reihe von Eulturen bis zu 7 Mon at en beobachteten.
Die Reaktion der Milchkulturen war immer eine stark sauere, der
Geruch nicht gleichmfiflig intensiv, meist nur schwach sfiuerlich und
nicht gerade unangenehm, in manchen Fallen intensiver und an Butter-
sfiure erinnernd. Nie war der Geruch ein fauliger.
Gasbildung konnten wir in alien unseren zahlreichen Versuchen
niemals mit Sicherheit konstatieren.
Im allgemeinen scheint die Milch kein gfinstiges Nfihrsubstrat ffir
den Bacillus zu sein; das Wachstum erfolgt langsam und ist ein
sp&rliches.
14) Eulturen auf erstarrtem tierischen Serum (Rinderserum) unter
Wasserstoffatmosphare zeigten fibnliches Wachstum wie Agarplatten-
kulturen. Nach 8-tfigiger Beobachtung (bei 37 0 C) war keine Verflfissi-
gung nachweisbar. 4
In Plattenkulturen mit Loefflers Nfihrboden war die Entwicke¬
lung der Eolonieen eine tippigere als in reinem Serum. Verflfissigung
konnte auch hier nach 8-tSgigem Aufenthalte der Eulturen bei 37 0 C
nicht beobachtet werden.
Ueberschichtete Stichkulturen in erstarrter menschlicher Hydrocelen-
flfissigkeit zeigten schon nach 24-sttindigem Wachstum bei 37° C Gas-
entwickelung, die sich in den nfichsten 24 Stunden noch steigerte. Ver¬
flfissigung des Serums erfolgte nicht (Beobachtung 8 Wochen).
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Ghon n. Sachs, BeitrSge zur Kenntnis der anaSroben Bukteiien des Menschen. 311
15) Auf Kartoffeln konnten Oberflfichenkulturen bei Ztichtung
unter WasserstoffatmosphUre nicht immer erhalten werden (8-tSgige Be-
obachtung). Erfolgte Wachstum, so war es nur durch Abstreifpr¶te
konstatierbar.
16) Indolbildung konnten wir nicht nachweisen (Zusatz von
Kaliumnitrit und SchwefelsSure zu Peptonwasser- und Bouillonkulturen).
17) Schwefelwassers'toffbildung. Stichkulturen in Trauben-
zuckeragar, dem 1 pro mille Bleizucker zugesetzt war (Morris), liefien
wohl Wachstum, nicht aber Schw&rzung des Nahrbodens erkennen.
Ebenso konnten wir auch keine Schwarzung in dem zur Ueberschichtung
von Zuckergelatinekulturen verwendeten Traubenzuckeragar mit Zusatz
von Bleizucker bemerken, obwohl in der Zuckergelatine uppige Entwicke-
lung (bei 37° C) und lebhafte Gasbildung erfolgt war.
Dagegen konnte in Zuckerbouillonkulturen „in hoher Schicht u , in
denen zur PrQfung auf H 2 S Bleiacetatpapierstreifen gehangen wurden,
intensive SchwSrzung der untersten Partieen der Streifen
schon nach wenigen Tagen beobachtet werden. Die ffir dlese Versuche
benutzten langhalsigen Kolbchen batten GuttaperchaverschluB.
18) Zuckeragarschflttelkulturen, die mit 1—3 Tropfen konzentrierter
Neutralrotlbsung nach Rotberger versetzt waren, zeigten Re-
duktion des Farbstoffes. Bei Zusatz von 1 Tropfen der Farb-
ldsung (zu ca. 20—25 ccm N&hrmaterial) erfolgte ziemlich rasche Reduk-
tion bei noch kraftigem Wachstum. Schon bei 2, noch deutlicher aber
bei 3 Tropfen Farblosungzusatz erfolgte nur mehr langsame und sp&r-
liche Entwickelung des Bacillus und damit verzogerte sich auch das Ein-
treten der Reduktion.
19) Agar mit Zusatz von l / 10 Proz. indigoschwefelsaurem
Natron lieB schon in den ersten 24 Stunden der Entwickelung voll-
standige Entfarbung bis ungefahr 1—1 ‘/a ccm unterhalb der Oberflache
erkennen.
20) Die Gasanalyse von Zuckerbouillonkulturen (6 Tage bei
37° C) im Smithschen Kblbchen, ausgefiihrt von Prof. v. Zeynek 1 ),
ergab :
„27,68 Proz. Kohlensaure,
71,43 „ Wasserstoff,
0,89 v Stickstoff.
SauerstofF und Koblenwasserstoffe waren nicht vorhanden, der ge-
ringe Stickstoifgehalt ist noch innerhalb der Versuchsgrenze.
Die Analyse ist nach Bunsen durchgeffihrt.“
21) Bei der chemischen Untersuchung einer 22 Tage alten
Zuckerbouillonkultur (in langhalsigen Kolben bei 37° gezQchtet) wurde
vom Assistenten des Institutes fur medizinische Chemie, Dr. Zdarek 1 ),
in der sauer reagierenden Flflssigkeit Milchsaure, Aethylalkohol
und spurenweise Buttersaure nachgewiesen; Indol fehlte.
22) Mit sporenhaltigem Eulturmaterial beschickte Zuckeragarrohr-
chen zeigten noch Wachstum, wenn sie 5 Minuten und 1 / I Stunde lang
auf 80° C und 2 Minuten lang auf 100° C erhitzt wurden, hingegen
keines mehr, wenn die Erhitzung auf 100° C 10 Minuten lang wahrte.
1) Heim Prof. v. Zeynek und Herrn Dr. Zdarek danken wir beetens fur
die Ausfuhrung dieser Analysen.
(Fortsetzung folgt.)
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4.
Nachdruck verboten.
Untersuchungen und Beobachtungen liber die Biologie
und Pathogenitat des Bacillus prodigiosus.
[Aus dem hygienischen Institute der kgl. University Turin unter
Leitung des Herrn Prof. Dr. Pagliani.]
Von Dr. E. Bertarelli, Privatdozent und Assistant.
Ins Deutsche ttbertragen von Dozent A. Wihlfahrt, Turin.
(SchluB.)
Extraktion durch Austrocknung. Ich trocknete die Kultur-
patinen aus, loste sie in 10 Volumen Wasser auf und liefi sie 1 Woche
lang bei 0° mazerieren. Daraufhin wurde das Material mechanisch
zentrifugiert. . Diese Zentrifugation geht wegen der Winzigkeit der
Keime und ihrer relativ geringen Dichtigkeit langsam und schwer von
statten (nach Rubner ist das spezifische Gewicht des Prodigiosus
ungefahr 1,40, eine Ziffer, die wahrscheinlich zu hoch gegriffen ist).
Nach mehrmals wiederholter Zentrifugation trennt man die beiden
Schichten und inokuliert sie ins Peritoneum des Meerschweinchens und
subkutan.
Die obere Schicht der zentrifugierten Masse ist ohne jede nennens-
werte Kraft; die schwerere Schicht ist beim Meerschweinchen auch nach
relativ geringen Dosen ins Peritoneum letal und bewirkt eine transitorische
Lokalreaktion, selten nur Suppuration nach subkutaner Einimpfung.
Extraktion des Kernprotelden nach der Methode Wool¬
dridge wurde an Kulturpatinen vorgenommen, die in 6—7 Volumen
1-proz. Natriumkarbonat aufgelbst wurden und deren Emulsion bei 4°
3—4 Tage stehen blieb.
Man filtrierte dann die Emulsion mehrmals durch den 3-fachen
Filter und f&llte den Kernproteiden mit Essigsaure. Allerdings enthalt
der so erhaltene Kernproteide auch Kernhistome. Nachstehend werde
ich die nach der Methode Beccari ausgefdhrten Untersuchungen an-
fQhren, mit welchen man einen reineren Kernproteiden erlangt:
Der Niederschlag wird in Karbonat aufgelost, wieder niedergef&llt,
gewaschen und zuletzt in Natriumkarbonat gelSst. Auch die von Casa-
grandi empfohlene Mischung leistet gute Dienste, d. i. 1 Teil 0,25-proz.
Natriumkarbonat und 4 Teile 0,85-proz. Kochsalzlbsung.
Damit werden peritoneale und subkutane Inokulationen an Meer¬
schweinchen vorgenommen. Die Resultate erhellen aus dem Beispiele
nachstehender 3 Faile (p. 313).
In alien Fallen trifft man bei den verendeten Tieren ein reichliches
dichtes, kompaktes und eitriges Exsudat an, und zwar im Bauchfell,
wenn die Tiere peritoneale Inokulationen erhielten, und subkutan nach
subkutaner Injektion.
Extraktion des Kernproteiden nach der Methode von
Beccari. Man gibt die Kulturpatinen in 1-proz. Soda (6—7 Volumen),
laBt sie in kaltem Raume einige Tage stehen, filtriert dann mit dem
3-fachen Filter und fallt sie mit Essigsaure. Den Niederschlag be-
handelt man mit verdiinnten Ammoniaklosungen und f&llt ihn von
neuem. Auf diese Weise gelingt es, einen guten Teil der Kernhistone
zu entfernen.
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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenitftt des Bacillus prodigiosus. 313
Die mit den LSsungen des so prfiparierten Kernhistons subkutan
oder peritoneal inokulierten Meerschweinchen ergaben einen von dem
vorherzitierten wenig unfihnlichen Ausgang und Befund:
I. Meerschweinchen.
28. September
Gewicht: 400 g
Inokulation: 1 ccm subkutan
4. Oktober
w 350 ,,
V 2 jf yy
8. „
n 300 ,
w 2 ri rt
12. ,
. 260 ,
das Tier stirbt.
II. MeerschweiDcheD.
28. September
Gewicht: 370 g
Inokulation: 1 ccm ins Peritoneum
4. Oktober
« 320
It 2 yy yy yy
8. ,
, 270 „
n 2 yy yy yy
9. ,
. 260 „
das Tier verendet.
III. Meerschweinchen.
28. September
Gewicht: 390 g
Inokulation: 0,8 ccm subkutan
4. Oktober
>, 380 „
n 9,5 ,, „
8. „
yy 350 yy
ff I ft ft
10. „
If 350 yy
I ft >*
14. „
fi 300 yy
9
tt “ ft tt
17. „
ff 275 „
letaler Ausgang.
Hfimolytische Substanzen. Ich habe bereits auf die hfimo-
lytische Kraft der mit der Kerze filtrierten Bouillonkulturen hingewiesen.
Die nicht filtrierten besitzen ein noch stfirkeres hamolytisches Vermogen.
Aber auch binsichtlich ihrer ist die Hamolysis verschwindend im Ver-
gleicb zu den roten Blutkorperchen des Kaninchens, wahrend sie be-
ztiglich des Meerschweincbens ziemlich bedeutend ist. Hamolysin findet
sich in den Kulturen erst nach 30—36 Stunden; seine Quantitat und die
Intensitat seiner Wirkung steigt in den Kulturen nach 4- oder 5-tfigiger
Entwickelung ziemlich stark an, so dafi es sich also in dieser Hinsicht
wie die anderen toxischen Produkte verhalt.
Aus diesen Versuchen an einigen der giftigen Substanzen des
Prodigiosus ergibt sich also, daft die Giftigkeit des Keimes
speziell an die Bakterienzelle gebunden ist, daft die 18s-
lichen Produkte schwach toxisch sind, aber hamolytische
Substanzen enthalten, daB das nach der Methode Koch
ausgezogene Protein eine toxische Wirkung hat, die der
bakterischer Kadaver analog ist, und schliefilich, dafi der
seines Kernhistons beraubte Kernproteid eine mittel-
mafiige toxische Aktion besitzt. Die VergiftungsvorgSnge
des Prodigiosus dtirfen also nicht, wiedies mancher Autor
wollte, ganz besonders dem Trimethylamin oder anderen
Stoffwecjiselprodukten des Keimes zugeschriebenwerden,
sondern sie sind innigst mit dem Bakterienkfirper ver-
knfipft.
Wie sollen wir uns nun die vielen Versuche anderer Autoren er-
klaren, die abgeschwfichte Keime zur Virulenz dem Prodigiosus
assoziert haben, ohne die von dem Prodigiosus bewirkten beson-
deren Vorgange wahrzunehmen, wie akute Intoxikation, Gegenwart des
Prodigiosus in der Blutbahn? Studiert man nun die Literatur
aufmerksam, so failt es leicht, sich davon zu Uberzeugeu, daB die
Forscher, wo sie zu ihren Studien fiber die mikrobischen Assoziationen
den Prodigiosus verwandt haben, entweder sich abgetoteter Kulturen
bedienten (die dann in kleinen und immer in unter den Tod erzeugenden
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[Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Minimaldosen stehenden Quantitaten inokuliert wurden) oder aber lebender
Kulturen in kleinsten Quantitaten. Roger gibt an, in die Blutbahn des
Kaninchens lebende Prodigiosus -Kulturen geimpft und transitorische
Erscbeinungen danach beobachtet zu haben — Schlafrigkeit, Anorexie —
docb war auch hier die Dosis sicherlich ziemlich klein. Grawitz und
de Bary beobachteten nach Inokulation starker Dosen in Hund, Ka-
ninchen und Ratte nur eine lokale Eiterung.
Es ist nicht leicht, zu erkl&ren, warum sie nicht wenigstens bei der
Ratte letalen Ausgang zu verzeichnen hatten. Denn es steht zweifellos
fest, dafi man mit alien zum Versuch berangezogenen StSmmen des
Prodigiosus (und solche Proben wurden in Turin auf meinenWunsch
von anderen wiederholt) bei der Ratte auch nach subkutanen Injektionen
den Tod erzeugte.
In jedem Falle war es mein Wunsch, nicht zum Zwecke einer
kritischen Kontrolle, sondern des Interesses wegen, das das Argument
nach den vorstehenden AusfUhrungen bot, die Versuche von Roger,
Massa und der anderen Forscher, die den Prodigiosus zur Ver-
st&rkung anderer Kulturen verwandt haben, neuerdings durchzufiihren.
Vor allem habe ich den B. prodigiosus dem B. violaceus bei-
gemengt, wie dies Massa getan, und dann Kaninchen und Meerschwein-
chen auf verschiedenen Wegen injiziert.
Der dazu dienende Prodigiosus tdtete Meerschweinchen von
300 g nach Peritonealinokulation in einer Dosis von 1 ccm. Dagegen
war der B. violaceus auf alien Einfiihrungswegen wirkungslos, selbst
bei Dosen von 4 ccm. Die Mischung der Bouillonkulturen der beiden
Keime zu gleichen Teilen totet das Meerschweinchen noch bei zwischen
1,6—2 ccm schwankenden Dosen. Der Kulturbefund ist kon-
stant, in dem Blute und der Milz findet man nichts anderes
als B. prodigiosus.
Inokuliert man 2 ccm B. violaceus mit wenigen Tropfen Pro¬
digiosus, so zeigen sich keinerlei Erscheinungen. Somit also verst&rkt
der Prodigiosus den Violaceus nicht nur nicht, wie andere be-
hauptet haben, sondern, wenn wirklich mit der Assoziation der beiden
Keime eine Verstarkung eintritt, so betrifft diese — wenn auch in un-
bedeutendem Grade — den B. prodigiosus.
Weiterhin habe ich versucht, den B. prodigiosus dem Meningo¬
coccus Weichselbaums beizugesellen. Solche Mischungen aus
kleinen Quantitaten (3—7 Tropfen) Prodigiosus und verschiedenen
Dosen Meningococcus-Bouillonkulturen (von 0,5—3 ccm) wurden in
das Bauchfell oder in die Venen von Kaninchen und Meerschweinchen
eingeimpft, trotzdem aber gelang es niemals, den Meningococcus
zu verstarken.
Enthielt dann die Mischung eine grdfiere Quantitat von Prodigio¬
sus, so starben Meerschweinchen und Kaninchen an Prodigiosus-
Septikamie, sobald die eingeimpften Quantitaten die D. m. mortales des
Prodigiosus erreichten Oder ihnen nahe kamen.
Bei den Assoziationsversuchen mit dem Streptococcus und dem
Staphylococcus — die zuerst durch zahlreiche Innestationen abge-
schwacht wurden — erhielt ich folgendes Resultat: Nach Verimpfung
von kleinen Dosen erzeugen die beiden Keime keine Septikamie und
keine bedeutenden Stdrungen. Sind die inokulierten Quantitaten reichlich,
so gelingt es, das Tier zu toten. Doch ist es schwierig, dieses Resultat
zu erzielen.
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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 315
Ftihrt man dagegen anstatt der Mischung eine hinreichende Quantitat
■von Prodigiosus (0,8 ccm beim Meerschweinchen, 1—1,5 ccm beim
Kaninchen) ein, so erhait man schnell (12—24 Stunden) den Tod des
Tieres. Die entsprechenden Kulturen ergeben dann eine reiche Menge
Prodigiosus im Kreislauf und weit geringere Quantitfiten von Sta¬
phylococcus und Streptococcus.
Nur im Falle, dafl der Streptococcus schon vorher eine diskrete
Virulenz besitzt, ist die Moglichkeit vorhanden, demselben durch Mischung
mit dem Prodigiosus eine mittlere VerstSrkung zu geben. Da tritt
dann der Tod wegen Streptoseptikfimie ein, wobei dieser Mikroorganis-
mus in der Blutbahn existiert, wahrend der Prodigiosus sich nur
vereinzelt findet oder ganz fehlt.
Was nun die Vermengung des Prodigiosus mit dem Milzbrand-
bacillus betrifft, so haben meine Untersuchungen zu noch viel inter-
essanteren Ergebnissen gefiihrt. Bekanntlich will Roger gesehen haben,
daft man durch Assoziation von Prodigiosus und Milzbrandbacillus
den Milzbrandbacillus f(irs Kaninchen abzuschwachen im stande sei, wo-
gegen dieser Keim beim Meerschweinchen eine Verstarkung erfahrt.
Auch Pawlowsky bekraftigt, daB die mit Prodigiosus inokulier-
ten Kaninchen den Milzbrand uberstehen kdnnen, also nicht spezifische
Immunitatserscheinungen zeigen, die an die Versuche von Emmerich,
Di Mattei, Zagari, Charrin und Guignard und besonders von
Klein — auf diesem Felde bezfiglich anderer Keime — erinnern.
Lange habe ich mit dem Meerschweinchen experimentiert, und meine
dabei erhaltenen Resultate modifizieren die Angaben Rogers nicht
unmerklich. Verwandt habe ich dazu einen wenig aktiven Laboratoriums-
milzbrandbacillus, und demselben zu gleichen Teilen 2—3 Tage alte
Milzbrand- und Prodigiosus-Bouillonkulturen beigemischt
Anbei die erhaltenen Resultate:
I. Meerschweinchen: Gewicht 320 g. Bauchinokulation mit 1 ccm
der Mischung.
Nach 18 Stunden verendet.
Befund: Gegenwart des Prodigiosus im Kreislauf, aufierst spar-
liche Milzbrandkolonieen.
II. Meerschweinchen: Gewicht 350 g. Bauchfellinjektion mit 0,5 ccm
der Mischung.
Nach 18 Stunden letaler Ausgang.
Befund: Reichliche Prodigiosus-Quantitaten im Kreislauf, fast
nicht vertreten der Milzbrandbacillus (sparlichste Kolonieen nur linden
sich auf den Agarplatten mit Milzsaft).
III. Meerschweinchen: Gewicht 250 g. Bauchfellinjektion mit 0,5 ccm
Milzbrandbacillen.
Nach 48 Stunden verendet das Tier.
IV. Meerschweinchen: Gewicht 340g. Bauchfellinjektion mit 0,8 ccm
Prodigiosus-Bacillen.
Tod nach 14 Stunden.
V. Meerschweinchen: Gewicht 340 g. Subkutane Inokulation mit
1 ccm der Mischung.
Letal nach 20 Stunden.
Befund: Prodigiosus in der Blutbahn, diskrete Quantitat Milz¬
brandbacillen.
VI. Meerschweinchen: Gewicht 350 g. Einimpfung einer Mischung
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316 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
aus Milzbrandbacillen und Prodigiosus (Milzbrandbacillen 1 ccm,
Prodigiosus 0,2 ccm).
Nach 48 Stunden tot.
Befund: An Milzbrand verendet.
Und diese Resultate sind konstant.
Fiigt man also zu dem stark abgeschw&chten Milzbrand den Pro¬
digiosus hinzu, so kann man einen verschiedenartigen Befund erhalten.
War die zusammen mit virulenzlosem Milzbrand injizierte Pro-
digiosus-Quantitat hinreichend, um den Tod des Tieres herbeizuftthren,
so mull dieses an Pr odigiosus-Intoxikation und Septik&mie verenden,
w&hrend alle auf den Milzbrandbacillus sich beziehenden Symptome
fehlen mUssen, der fibrigens des rapiden Aufkommens der Vergiftung
wegen keine Zeit gehabt hat, sich zu entwickeln. Fast ware man sogar
dazu verfiihrt, zu glauben, dad der Milzbrandbacillus auch von der in
dem Bauchfell befindlichen Serositat verschwunden sei.
Injiziert man dagegen eine Mischung aus Milzbrand und Pro¬
digiosus in der Weise, dafi der Prodigiosus nicht in hinreichenden
Quantitaten vorhanden ist, um die Vergiftung und nachfolgende Septi-
kamie zu bewirken, dagegen der Milzbrand in bedeutenden Quantitaten,
so muB das Tier an Milzbrand zu Grunde gehen und dabei hochstens
im Kreislaufe den Prodigiosus mitfiihren. Wenn aber der Pro¬
digiosus im Mischungsverhaitnis sehr schwach vertreten war, so mull
ein exklusiver Befund von Milzbrandbacillen resultieren.
Was man aber nicht zu demonstrieren vermag, oder was mir zum
mindesten bis heute nicht gelungen, ist die wirkliche und erfolgreiche
Virulenzsteigerung des abgeschwachten Milzbrandbacillus. Im Gegenteil,
durch die vorgenommenen Versuche bin ich eher dazu verleitet, eine
Abschwachung der von der Milzbrand-Prodigiosus-Mischung gegebenen
Effekte anzunehmen.
Ueberdies habe ich dann eine Reihe Versuche mit einem wirksamen
Milzbrandbacillus aus dem Laboratorium des Prof. Sclavo angestellt.
Der in Rede stehende Milzbrandbacillus tdtete die Kontrolltiere in
36 Stunden mit einem ganz typischen Befund nach subkutanen Inoku-
lationen von 0,1 ccm. Einige Meerschweinchen erhielten Injektionen
von einfachen Prodigiosus- Oder Milzbrandkulturen, andere eine
Mischung zu gleichen Teilen aus Milzbrand und Prodigiosus, die erst
im Augenblick des Innests selbst vorgenommen wurde. Nachstehend
einige der Ergebnisse:
I. Meerschweinchen: Gewicht 400 g. Subkutane Inokulation mit
0,1 ccm Prodigiosus.
Ueberlebt und zeigt keine St6rungen.
II. Meerschweinchen: Gewicht 280 g. Subkutane Inokulation mit
0,2 ccm Prodigiosus.
Ueberlebt ohne jederlei Storungen.
III. Meerschweinchen: Gewicht 390 g. Subkutane Inokulation mit
0,1 ccm Milzbrandbacillen.
Verendet in 36 Stunden.
IV. Meerschweinchen: Gewicht 360 g. Subkutane Inokulation mit
0,2 ccm Milzbrandbacillen.
Verendet in 36 Stunden.
V. Meerschweinchen: Gewicht 360 g. Subkutane Inokulation mit
0,1 ccm Milzbrandbacillen.
Verendet in 36 Stunden.
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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenit&t des Bacillus prodigiosus. 317
VI. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,2 ccm der
Mischung aus Milzbrandbacillus und Prodigiosus.
Verendet nach 50 Stunden.
Befund: Milzbrandseptikamie. Ueberdies beobachtet man sparliches
gelatinoses Oedem.
VII. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,2 ccm derselben
Mischung.
Verendet nach 48 Stunden.
VIII. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,4 ccm vor-
stehender Mischung.
Verendet nach 48 Stunden.
IX. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,4 ccm vor-
stehender Mischung.
Verendet nach 36 Stunden. Sparliches Oedem.
X. Meerschweinchen: Subkutane Inokulation mit 0,6 ccm vorstehen-
der Mischung.
Verendet innerhalb 48 Stunden.
Die anderen Proben gaben analoge Resultate, d. h. abgesehen von
seltenen Fallen, beobachtete man, dafi die mit Milzbrandbacillen und
Prodigiosus inokulierten Tiere nach jenen mit gleichen Dosen reinen
Milzbrandes injizierten starben. Auf jeden Fall haben wir stets einen
konstant auf Milzbrandseptikamie lautenden Befund, wobei wir in Milz
und Blut nichts anderes als Milzbrand vorfinden.
Das Ergebnis ahnelt also dem von Roger beim Kaninchen er-
haltenen, wahrend es in vollem Widerspruche steht mit dem, welches
dieser Autor beim Meerschweinchen erhalten haben will. Damit ist nun
bewiesen, was auch andere Autoren schon hervorgehoben haben (Paw-
low sky), dafi zwischen Milzbrandbacillus und Prodigiosus ein ge-
wisser Antagonismus bestehen mufi. Der exklusive Milzbrandbefund
wfirde nun allerdings dartun, dafi der Prodigiosus entweder in die
Phagocyten inglobiert Oder allgemein zerstort ist; doch ergibt sich uns,
dafi die Gegenwart dieses Mikroorganismus das Entstehen der Milzbrand-
manifestationen zweifellos verzbgert
Dafi aber der erwfihnte Antagonismus wirklich existiert, kann man
viel leichter in vitro nachweisen. Sat man nfimlich in eine R5hre
Bouillon gleichzeitig je eine Oese Prodigiosus nnd Milzbrand, so hat
man nach 24 Stunden nur noch eine reine Prodigiosus-Kuhur, oder
aber die Milzbrandbacillen sind aufierst sparlich. Sat man dann analoger-
weise den Milzbrand in eine 24 Stunden alte Prodigiosus-Bouillon-
kultur, so ist die Entwicikelung des Milzbrandes gleich null; wahrend
man dagegen beobachten wird, dafi sich in der Kultur fast nur noch
Prodigiosus findet und der Milzbrand auf wenige Exemplare reduziert
ist, sobald man den Prodigiosus in eine krfiftige Milzbrand-Bouillon-
kultur einsetzt. Es kommt sogar znweilen vor, dafi man in den mikro-
skopischen Prfiparaten nur fiufierst sparliche Milzbrandfasern antrifft,
wahrend die Agarplatten nur noch Prodigiosus-Kolonieen aufweisen.
Es fibt sonach der B. prodigiosus eine aktive antagonistische
Wirkung auf den Milzbrand aus, der in Gegenwart des ersteren in
kurzer Zeit aufgequellt und aufgelost wird.
Die bakterientdtende Einwirkung wird hauptsachlich von dem
Bacillenkdrper bedingt, wahrend die mit der Kerze filtrierten Prodi¬
giosus- Bouillonkulturen eine bakterientdtende Wirkung in weit ge-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
ringerem Mafie besitzen. Nur die sehr alten Kulturfiltrate sind ein
fflr die Milzbrandkultivirung verh&ngnisvolles Terrain 1 ).
Dieser in-vitro klar zu Tage tretende und, soweit mir bekannt, bis
heute noch nicht demonstrierte Antagonismus des Prodigiosus,
sowie die im Tiere vom Prodigiosus gegen Milzbrand bewirkten,
wenn auch nur mittelm&Bigen Abschwftchungserscheinungen, fflhrten
logischerweise zu dem Versuche, mit dem Prodigiosus Oder seinen
Produkten gegen Milzbrand in derselben Weise zu immunisieren,
wie man es versucht hat, mit einigen Produkten des B. pyocyaneus
— Pyocyanisis — die Tiere gegen Milzbrand zu immunisieren (mit
nicht spezifischer Immunitfit).
Zweifellos konnte dieser Versuch keinen, auch nicht den entferntesten
Anspruch auf Praktizit&t machen, von dem Augenblick an, da wir in
den Seris und besonders in dem von Sclavo spezifische und sichere
Immunisationsmittel besitzen.
Nur vom Gesichtspunkte des experimentellen Interesses aus habe
ich in dieser Hinsicht einige Versuche angestellt. Weitere ausftlhrlichere
Versuche sind im Gange. Ich behalte mir vor, spHter noch auf diesen
Punkt zurfickzukommen.
Vor allem habe ich versucht, die Versuchstiere, vornehmlich das
Meerschweinchen, gegen die Prodigiosus-Vergiftung zu immunisieren,
besonders um zu konstatieren, ob das gegen Prodigiosus immuni-
sierte Tier der Milzbrandinfekion gegenuber ein besonderes Verhalten
zeigte, dann um zu verifizieren, ob das Serum dieser Tiere im Leben
und in vitro eine besondere Einwirkung auf den Milzbranderzeuger
habe, und schliefilich in der Hoffnung, dafi man — wenn das Tier erst
gegen Prodigiosus immunisiert ist — demselben bei sich entwickelnder
oder schon eingetretener Milzbrandinfektion eine bedeutende Quantit&t
Prodigiosus (oder seine Produkte) einimpfen kdnnte, eben um zu
beobachten, ob in diesem Falle die Konkomitanz des Prodigiosus
wirklich Erscheinungen zu Tage fdrderte, die mit den von mir in vitro
beobachteten gleichartig w&ren.
Die in dieser Richtung unternommenen Versuche sind jedoch auch
vom Gesichtspunkte des experimentellen Interesses nicht sehr ermutigend.
Sehr schwierig ist es vor allem, die Tiere vollst&ndig gegen
Prodigiosus zu immunisieren.
Zu diesem Zwecke habe ich verschiedene Wege betreten:
1) Steigende Inokulationen ins Peritoneum mit 10—12 Tage alten,
mit der Kerze filtrierten Bouillonkulturen.
2) Subkutane und peritoneale Inokulationen mit durch Hitze (80®
w&hrend wenigstens 1 Stunde) getdteten Bouillonkulturen.
3) Inokulation von durch Hitze getdteten und in Wasser emulsio-
nierten Agarplattenkulturen.
4) Inokulation des Kernproteidin.
5) Inokulation gradweise steigender Dosen lebender Bouillonkulturen.
Die Inoknlation filtrierter Bouillonkulturen und des Kernproteidin
fiihrte zu gar keinem Resultate.
1) Es ist bekannt, dafi ahnliche Erscheinungen in vitro von Emmerich.
Bouchard, Woodhead und Wood und Blagovetschevski nach Vermengung des
Pyocyaneus mit dem Miizbrandbacillus; von Emmerich und di Mattei nach
Assoziation des Streptococcus und des Miizbrandbacillus und von Czaplewski,
Baumgarten und anderen nach Assoziation des Miizbrandbacillus mit Pneumobacillus
und 8taphylococcus beobachtet worden sind.
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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenitat des Bacillus prodigiosus. 319
Die Inokulation getdteter (Agarpatinen- und Bouillonkulturen) und
lebender Kulturen brachten ein unsicheres Ergebnis, denn mit 30 in-
jizierten Tieren konnte ich nur bei 4 zu definitiven Resultaten gelangen.
Nachstehend einige Angaben aus dem Protokoll bezflglich 4 Meer-
schweincben mit positirem Resultat und 4 anderer Tiere. Des mangeln-
den Interesses wegen unterlasse ich es, an dieser Stelle den ganzen
Protokolltext wiederzugeben.
Meerschweinchen a) Gewicht 330 g. Endoperitoneale Inoku¬
lation. 1. September 0,2 ccm durch Hitze getdteter Bouillonkulturen.
(Die Bouillonkultur ist bei 1,2 ccm absterbend.)
320 g.
Endoperitoneale Inokulation: 6. Sept. 0,2
ccm
in Hitze getdteter Bouillonkultur
312 „
ii
10. „
0,3
ii
ii ii
ii
ii
318 „
n
ii
14. „
0,5
ii
ii ii
ii
ii
320 „
»
ii
17. „
0,5
ii
ii ii
ii
ii
320 „
ii
ii
21. „
0,8
ii
ii ii
ii
ii
312 „
ii
ii
23. „
0,8
ii
ii ii
ii
ii
310 ,,
ii
ii
26. „
1
ii
ii ii
a
ii
310 „
ii
ii
30. „
1
n
ii ii
ii
ii
300 „
ii
ii
3. Okt. 1,4
ii
ii ii
ii
ii
300 „
ii
ii
5. „
1,5
ii
ii ii
ii
ii
Am 7. Oktober wird dem Meerschweinchen in das Bauchfell 1 ccm
lebender Kultur eingeimpft, die bei der Kontrolle nach Dosen von
0,8 ccm todlich wirkte. Das Tier resistiert, stirbt dann am 15. Oktober
an Marasmus, mit negativem Resultat bez. des Prodigiosus.
Meerschweinchen b. Gewicht 420 g. Endoperitoneale In¬
okulation vom 1. September bis 15. Oktober mit allm&hlich ansteigenden
Dosen von 0,2—2 ccm derselben abgetoteten Bouillonkultur. Am 18. Ok¬
tober werden weitere 2 ccm abgetdteter Bouillonkultur eingeimpft. Das
Meerschweinchen stirbt am 20. mit sp&rlichen Vergiftungssymptomen.
Meerschweinchen c. Gewicht 400 g. Erh< subkutan wahrend
des ganzen Septembers kleine Dosen abgetdteter Bouillonkulturen. Am
4. Oktober wird eine toxische Dosis — minimal mortale — abgetdteter
Bouillonkulturen in das Bauchfell eingeimpft. Das Tier stirbt in
8 Stunden an akuter Vergiftung.
Meerschweinchen d. Gewicht 370 g. Alle 3 Tage Inokulation
lebender Bouillonkultur in Dosen von 0,2—0,3—0,5 ccm. Das Tier magert
ab, aber nach einer Pause von einem Monat und einer Woche ertr>
es 1,5 ccm lebender Kultur, die bei 0,8 ccm tddlich ist. Doch dauert
das Abmagern an.
Meerschweinchen e. Gewicht 400 g. Inokulation getdteter
Kultur in kleinen Quantit&ten (0,2—0,3—0,4 ccm). Nach zweimonatlicher
Behandlung stirbt es nach einer Injektion von 1 ccm lebender Kultur.
Meerschweinchen f. Gewicht! 450 g. ErhSIt l&nger als einen
Monat allm&hlich ansteigende Dosen zuerst toter und dann lebender
Kultur. Nach 40 Tagen ertragt das Tier mit Leichtigkeit auch 1,5 ccm
lebender Kultur.
Meerschweinchen g. Gewicht 350 g. Endoperitoneale Injektion
kleiner Dosen lebender Kultur. Stirbt nach einem Monat an Prodi¬
giosus- Septik&mie nach Inokulation von 0,8 ccm lebender Kultur.
Meerschweinchen h. Gewicht 350 g. Inokulation getdteter
Kultur in kleinen Dosen. Stirbt an Marasmus nach 20 Tagen (5 Injektionen
von 0,3—0,5 ccm).
Weitere Angaben lasse ich beiseite. Wie also hieraus ersichtlich,
ist es keine leichte Sache, die Immunit&t gegen Prodigiosus zu ver-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
leihen, und so habe ich denn darauf verzichten mfissen, schon jetzt das
Verhalten des Milzbrandbacillus in diesen Tieren zu studieren. Nur
mit Meerschweinchen f konnte ich einen Versuch anstellen, dem aber
natfirlich venig Wert beizumessen ist, da weitere Kontrollen fehlen.
Dasselbe erhielt 0,3 ccm aktiver Milzbrandbonillonkultnr in Dosen von
0,1 ccm aktiver Eultur und Qberlebte das Kontrolltier, dessen Inokulation
sich auf 0,1 ccm belief, um 30 Stunden. Docb kann dieser V or gang
auch nur ganz zuf&llig sein; ich fiihre ihn also hier an des geringen
Interesses wegen, das er beanspruchen kann.
Etwas positivere Resultate ergaben sich nach Inokulation von Milz¬
brandbacillus zusammen mit Prodigiosus Oder von Milzbrandbacillus
mit einigen Produkten des Prodigiosus. In mancher Hinsicht hat
es nach einigen ersten Versuchen den Anschein gevonnen, dafi bezflglich
der Prodigiosus -Produkte in gewissem Sinne dieselbenErscheinungen
auftreten, vie wir solche bezflglich des Pyocyaneus festgestellt haben.
Doch ist eben das gesammelte Beweismaterial noch so sparlich,
dafi ich es mir ersparen zu mfissen glaube, hier veiter davon zu
sprechen, um so mehr, als die unentbehrlichen auf sie bezfiglichen
Kontrollen noch fehlen. Trotzdem habe ich sie vorgefflhrt, schon
deswegen, veil schon vor einiger Zeit ein anderer Autor von einer
(nicht spezifischen und augenblicklich noch stark problematischen)
Immunisation gegen Milzbrandbacillus mittels Prodigiosus gesprochen
hat, und weil schon vor einigen Jahren Klein mitgeteilt hat, mittels
des Prodigiosus (und dann auch mit einigen anderen Keimen) Tiere
gegen Choleravergiftung immunisiert zu haben.
In spflteren Untersuchungen wird es mein Bemflhen sein, nach-
zuforschen, ob es mflglich ist, mit einem anderen, weniger marantischen
Pr odigiosus-Produkt als dem Protein eine experimentelle Immunitfit
gegen einige pathogene Formen zu erreichen.
Fur den Augenblick aber bleibt es erviesen, dafi man bei Assoziation
abgeschvfichter pathogener Keime mit Prodigiosus mit fiufierster Vor-
sicht nur von einer durch den Prodigiosus bewirkten Verstarkung
reden darf, da in einigen Fallen jede Verstarkung fehlt oder problematisch
ist, vfihrend man dagegen, vie das beim Milzbrandbacillus der Fall ist,
eine Verminderung der Infektionseffekte auch bei bezflglich der Empfflng-
lichkeit typischen Tieren, vie bei den Meerschveinclien, beobachten kann.
AuBerdem ergibt sich aus den vorstehenden Darlegungen, dafi der
Antagonismus zvischen Prodigiosus und Milzbrand in vitro aufierst
hochgradig ist. _
Mit diesen Beobachtungen glaube ich nun nicht, die haupts&chlichsten
Angaben vieler Forscher fiber die Biologie des Prodigiosus und fiber
die Bedeutung der mikrotischen Assoziationen modifiziert zu haben,
um so mehr, als der grofite Teil der zitierten Experimente (Roger,
Klein etc.) unter ganz besonderen Verhfiltnissen gemacht vorden ist.
Von meinen Studien ist fdr die Biologie von einigem Interesse vor
allem der Gedanke, dafi der Prodigiosus, ohne ein pathogener Keim
zu sein, ganz bedeutende toxische Substanzen besitzt und elaboriert,
dafi er, einmal in diskreten, nicht sehr starken Quantitfiten in den
Organismus eingefflhrt, eine virkliche Septikfimie erzeugen kann. Es
mfissen demnach die allgemein hierfiber in den Lehrbfichern gegebenen
Ansichten umgefindert verden in dem Sinne, dafi der Keim vom Gesichts-
punkte mfiglicher Infektionen aus zvar als unschfidlich zu erachten ist.
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Bertarelli, Ueber die Biologie und Pathogenitfit des Bacillus prodigiosus. 321
aber als ziemlich toxisch — auch ohne zu sehr hohen Dosen zu greifen,
wie einige Autoren glauben. —
Von diesem Standpuukte, wenn auch nur entfernt, vermuten zu
wollen, dafi der Prodigiosus fur den Menschen eine pathogene Be-
deutung haben kdnne, w&re augenblicklich zu weit gegriffen. Denn die
Geschichte des sozusagen epidemischen Auftretens des Prodigiosus
hat niemals ein Opfer verzeichnet, was doch angesichts der Tatsache,
dafi derselbe eine enorme Verbreitung aufweist (es sei hier daran
erinnert, dafi der Prodigiosus von Houston hfiufig im Boden an-
getroffen wurde, von Russell und Earnauth in den Pflanzen, wo er
sich weiter entwickeln konnte, von Bor don i und zahlreichen anderen
Beobachtern im Fleische, von Gar in den Eingeweiden der Insekten,
und von Kelly in einem Falle von Appendicitis) und angesichts der
Leichtigkeit, mit der er zu uns gelangt, jeden Zweifel zu heben im
stande sein mflfite. Uebrigens habe auch ich selbst bei der Preparation
der Proteine nach der Methode von Koch kleine Quantitfiten lebender
Bacillen eingeatmet und zuweilen, auch ohne es zu bemerken, verschluckt,
ohne jemals irgend welche Einwirkung zu verspiiren. Bei den Tieren
hat mir dann weder die Einftthrung selbst bedeutender Kulturdosen
noch die Applikationen geringer Quantit&ten Kulturpatina bei fort-
w&hrenden Lasionen jemals nennenswerte Symptome geliefert.
Nur bezflglich der Insekten war in mir der Zweifel aufgestiegen,
ob nicht der Prodigiosus zuweilen einen schfidlichen Einflufi ausiiben
kdnne, und dies gerade, weil er zuweilen in der Seidenraupe aufgefunden
wurde und die Chrysalide der Seidenraupe sich nicht zu selten
fuchsinrotahnlich zeigte, eine Farbe, die gerade an den Prodigiosus
erinnert. Aber die von mir bis heute untersuchten Seidenraupen —
ihrer Zahl nach gering infolge der ungflnstigen Jahreszeit, in der ich
meine Nachsuchungen begann — haben mir keine positiven Ergebnisse
geliefert.
1st nun aber der Prodigiosus unter den gewdhnlichen Umstanden
auch unschfidlich, so sind doch seine biologischen Eigenschaften, seine
Vergiftungsffihigkeit, sein besonderes Verhalten anderen Keimen gegen-
fiber, die Pigmentation, die er beim Durchgang durch andere Tiere
erwirbt, immerhin interessante Tatsachen, die nach meiner Ansicht wohl
verdienten, in Erwagung gezogen zu werden.
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Carega, Ueber die aktiven Subatanzen des B..coli.
323
Nackdruck verboten .
Ueber die aktiven Substanzen des B. coll
[Aus d. hygienischen Institut d. Kgl. Universit&t Neapel. Direktor:
Prof. V. de Giaxa.]
Von Dr. Alessandro Carega.
Von den Arbeiten von Paladino Blandini fiber die aktiven
Substanzen des B. typhi ausgehend, habe ich dieselben Untersuchungen
auf das B. Coli ausgedehnt.
Das B. Coli wurde direkt aus dem Stuhle gezttchtet uud nach
Bestimmung seiner Virulenz in einen Liter Bouillon geimpft und
12 Tage bei 37° C im Brfitschrank gehalten. Nach Ablauf dieser Zeit
lieB ich die Bouillon auf dem Wasserbade bei 45° C bis auf 100 ccm
abdampfen uud ffigte zur Trennung der EiweiBstoffe 300 ccm absoluten
Alkohols hinzu. Der Niederschlag wurde auf dem Filter gesammelt und
nach Abdampfen des Alkohols 24 Stunden lang mit 50 ccm 0,5-proz.
Natronlauge in Berfihrung gebracht. Hierauf wurde wieder filtriert, die
ungelfisten Bestandteile wurden abgewaschen und bei 40° C getrocknet.
Die klare durchfiltrierte Flfissigkeit wurde schwach mit Essigsfiure ange-
sfiuert und der sich bildende Niederschlag auf dem Filter mit angesfiuertem
Wasser abgewaschen und bei 40° C. getrocknet. Die zuerst gewofinene
Substanz zeigte die Reaktionen desNukleins, die zweite die des Nukleo-
albumins. Die von der Kultur erhaltene Menge des Nukleins blieb
ziemlich konstant, da beinahe 20 eg auf einen Liter N&hrbouillon kamen.
Anders war es mit dem Nukleoalbumin, welches zwischen 5 und 20 eg
pro Liter der Kultur wechselte.
Die biologische Wirkung beider Substanzen war sehr verschieden.
Das fein gepulverte Nuklein rief, in sterilem Wasser aufgeschwemmt und
drei Tage bei 60° C sterilisiert, bei den Kaninchen, wenn es subkutan
einverleibt wurde, die Bildung eines Knfitchens hervor, das nach etwa
5 Tagen auf brach, einen weililichen Brei entleerte, der mikroskopisch aus
nekrotischen Fetzen bestand, aber kulturell sich steril erwies. Das Nukleo¬
albumin verursachte in schwacher, 0,25-proz. Kohlens&urenatronlauge ge-
lfist, bei 60 0 C sterilisiert, subkutan Kaninchen eingespritzt, eine begrenzte
Infiltration, die aus Anhfiufungen von polynuklearen Leukocyten bestand
und nach etwa 5 Tagen verschwand. Die subkutanen Einspritzungen
beider Substanzen wurden von den Kaninchen gut vertragen, da die
durch sie verursachte Temperaturerhohung und Gewichtsabnahme gering
und vorfibergehend war. Anders war es mit den. intravendsen Ein¬
spritzungen. Als ich einem Kaninchen etwas Nuklein in die Ohrvene
einspritzte, blieb das Tier 2—10 Minuten wie niedergeschlagen, mit
heftiger Atemnot, dann machte es unkoordinierte Bewegungen, fiel zu
Boden und starb nach kurzer Zeit unter klonischen Krfimpfen. Gleich
nach dem Tode trat eine intensive Leichenstarre ein. Bei der Autopsie
fand sich Starke Blutstauung in den subdiaphragmatiseben Organen; die
Lungen waren blutarm, der linke Ventrikel war leer und zusammenge-
zogen, der rechte erweitert und mit einem groBen Blutgerinnsel ausge-
ffillt, das sich bis in die V. cavae ausbreitete. Die geringste nfitige
Menge Nuklein, um diese Wirkung hervorzubringen, war 2 eg pro kg
1) Pal&di no-Bland ini, Biforma medica. 1901.
21 *
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Tier, und diese Menge war konstant bei den verschiedenen Stfimmen
und Graden der Virulenz des B. Coli. Der Tod des Kanincbens erfolgte
ersichtlich durcb Gerinnung des Blutes in den Gef&Ben, und letztere
hfingt nacb Paladino von der Tatsache ab, daB das Nuklein eine rasche
Phagolysis verursacht, wodurch eine bedeutende Menge Plasma befreit
wird.
Auch das in die Venen eingespritzte Nukleoalbumin tfitete die
Eanincben in wenigen Minuten, allein der Tod fand ohne Kr&mpfe statt
Die Autopsie ergab leichte Blutstauung in alien Organen; im Herzen
wenig schw&rzliches, flQssiges Blut. Die geringste Menge Nukleoalbumin,
welches im stande ist, ein Kanincben in wenigen Minuten zu toten,
scbwankt zwischen 6—15 eg pro kg Tier, je nach der Virulenz und
dem Stamm der Bacillen.
Das Nuklein behielt ganz seinen toxischen Wert auch nach der Er-
hitzung bis 100° C wfihrend 15 Minuten. Nicht so das Nukleoalbumin,
welches ganz indifferent wurde; jedoch daranf werde ich spfiter zurflek-
kommen.
Tiere, welche mit wiederholten Veneneinspritzungen von Nuklein
in kleinen Mengen (0,25—1 eg) vorbehandelt wurden, zeigten merkliche
Temperaturerhfihung, starke Abmagerung und starben in wenigen Tagen,
ohne dafi es je gelang, die ganze Dosis von 2 eg pro kg. Gewicht zu
fiberschreiten. Das Nuklein hatte also eine kumulative Wirkung. Bei
der Autopsie zeigten die Kaninchen zwar bedeutende, aber keine spezi-
fische Verfinderungen in den Nieren, in der Leber und dem Darme. Die
Verfinderungen bestanden: In den Nieren aus mehr oder weniger be-
deutender Stauung, kleiner punktformiger Koagulationsnekrose in einigen
gewundenen Nierenkanfilchen, trfiber Schwellung des Epithels und an
einigen Stellen Ablosung desselben. In der Leber: Stauung, trfibe
Schwellung, Koagulationsnekrose. Im Darme: Diskrete Stauung, leichte
Schwellung der Peyerschen Plaques.
Das Blutserum der mit Nuklein vorbehandelten Kaninchen zeigte
nie agglutinierende Eigenschaften auf die Kulturen des B. coli.
Ganz anders verhielt sich das Nukleoalbumin. Ich behandelte damit
einige Kaninchen vor, indem ich ihnen in die Ohrvene 5 eg der Substanz
in 0,25-proz. NaC0 3 -Losung aufgelfist alle 4 Tage einspritzte. In den
24 Stunden, die der ersten Einspritzung folgten, zeigte das Kaninchen
leichte Temperaturerhohung, ungefahr 1° C, und eine kleine Gewichts-
abnahme von 30—70 g. Gegen den 4. Tag wurde die Temperatur wieder
ganz normal und das Gewicht stieg wieder zu seinem ursprfinglichen.
Ich entnahm das Blut und untersuchte das spezifisch agglutinierende
Vermogen des Serums. Es war sehr schwach: 1:50. Das Blutserum,
das am 4. Tage fiach der 2. Injektion entnommen wurde, hatte ein
agglutinierendes Vermogen von 1:100, das sich nach der 3. Injektion
bis 1 :800 steigerte. Eine Prfifung der Agglutination nach der 4. Ein¬
spritzung ergab zu meiner groBen Ueberraschung einen Wert von 1:100,
und nach der 5. Injektion verschwand die Agglutination, Oder, besser ge-
sagt, sie war nicht mehr spezifisch, indem sie einen Wert von 1:30 hatte,
wie sie im Blutserum normaler Kaninchen vorkommt. Ich wiederholte
die Versuche mehrmals, sowohl mit den gleichen als auch mit kleineren
Dosen Nukleoalbumins, aber die Resultate waren immer gleich. Die
Kaninchen vertrugen die Injektionen ausgezeichnet; dieselben schadeten
ihnen gar nichts; die Agglutination stieg bis zur 3. Injektion, ging bei
der 4. herunter, und bei der fttnften verschwand sie vollstfindig. Ich
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Carega, Ueber die aktiven Substanzen dee B. coli.
325
versucbte alsdann, das Nukleoalbumin zu injizieren, nachdem ich dasselbe
aufgelSst 15 Minuten bis auf 100° C erhitzte. Das Resultat war das
gleiche; nur zeigten in diesem Falle die Kaninchen keine Storungen.
Ich spritzte ibnen auf einmal 15 eg ein und nach 4, 8, 12 Tagen unter-
suchte ich die Agglutination, sie war nur 1:50.
Daraus schloB ich, daB, wenn das Nukleoalbumin dem Blutserum
agglutinierende Eigenschaften verleihen soli, es in kleinen Dosen injiziert
werden mull, und aus meinen Versuchen ist zu ersehen, daB erst nach
der 3. Injektion das Maximum erreicht wird.
Die injizierte Menge war bei jeder Injektion bis zu bestimmten
Grenzen durchaus indifferent, da ich das Maximum der Agglutination
von 1:800 sowohl nach 3 Injektionen von 5 eg als nach 3 Injektionen
von 0,25 eg erreichte.
Die Wirkung des Nukleoalbumins ist doppelt toxisch und aggluti-
nierend. Die Tatsache, daB das Nukleoalbumin, der War me ausgesetzt,
das toxische VermOgen verliert, w&hrend es dagegen das agglutinierende
beh<, kann beweisen, daB es, wie beim Typhus, aus 2 Gruppen ver-
schiedener Substanzen besteht, aus einer durch W&rme zerstorbaren
Gruppe und aus einer durch War me nicht zerstorbaren Agglutinations-
gruppe. Also muB das Nukleoalbumin unter jedem Gesichtspunkte als
ein Toxin angesehen werden.
Auf die Erzeugung der Agglutination hat die erste, die Toxophoren-
gruppe, gar keinen EinfluB, was dadurch bewiesen wird, daB die Aggluti¬
nation bei einem best&ndigen Maximum bleibt, sowohl bei vollst&ndigreinem
Nukleoalbumin als auch bei dem durch die Hitze von der Toxophorengruppe
befreiten. Es bleibt also nur die Agglutinationsgruppe iibrig, fflr welche
man die Hypothese aufstellen kann, daB sie sich wie die Haptophoren-
gruppe von Ehrlich verh<, indem sie, mit dem Nukleoalbumin in den
TierkOrper eingeflihrt, Gelegenheit zur Bildung und Abl5sung spezieller
Seitenketten bietet, die auf diese Weise frei im Blute, resp. im Blutserum
zirkulieren und dem letzteren spezifische Eigenschaften verleihen.
Ich habe auch einige Immunisierungsversuche gemacht. Zu diesem
Zwecke habe ich 5 Kaninchen der Behandlung mit Nukleoalbumin unter-
worfen. Vieren davon spritzte ich alle 4 Tage 5 eg Nukleoalbumin ein;
es wurden im ganzen 4 Injektionen vorgenommen. Einem anderen gab
ich auf einmal 20 eg Nukleoalbumin, dessen toxophore Gruppe durch die
Hitze zerstdrt worden war. Ich priifte w&hrend der Behandlung das
agglutinierende Vermfigen des Blutserums, und dies ergab nur Resultate,
die den vorangehenden gleich waren. 15 Tage nach der letzten Injektion
spritzte ich den 5 Tieren und einem Kontrollkaninchen die doppelte
tOdlicho Dosis des B. coli ein. Alle 5 vorbehandelten Kaninchen
starben in weniger als 15 Stunden, das Kontrolltier dagegen lebte un-
gefahr 80 Stunden. Die Autopsie bestatigte, daB der Tod durch Infektion
mit B. coli stattgefunden hatte. Augenscheinlich zeigte das Nukleo¬
albumin in meinen Versuchen keine immunisierende Kraft ; es schien sogar
einen EinfluB auf die Kaninchen auszuiiben, indem es sie der Infektion
gegenfiber empfanglicher machte. Das ware vielleicht, nach Behring,
damit zu erkl&ren, daB durch die Vorbehandlung eine grbBere Empfind-
lichkeit der Tiere gegen die Infektion eintritt.
Das Facit meiner Versuche ware danach folgendes:
1) Aus der Bouillonkultur des B. coli kann man 2 Substanzen
erhalten, die in chemischer und biologischer Beziehung verschieden sind,
ein Nuklein und ein Nukleoalbumin.
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326 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
2) Das Nuklein ist eine toxische Substanz mit kumulativer Wirkung,
deren geringste todliche Dosis 2 eg pro kg. Tier ist.
3) Das Nuklein verleibt dem Blutserum kein spezifisches, aggluti-
nierendes VermSgen.
4) Das Nukleoalbumin ist eine toxische, nicht kumulativ wirkende
Substanz, deren geringste tfidliche Dosis 6 eg pro kg. Tier ist.
5) Das Nukleoalbumin verleiht dem Blutserum der Kaninchen spezi-
fische agglutinierende Eigenschaften.
6) Das Nukleoalbumin besteht aus zwei verschiedenen Gruppen,
einer toxophoren und durch WSrme zerstorbaren, und einer agglutino¬
gen en, indifferenten und durch Warme unzerstdrbaren. Die Toxophoren-
gruppe nimmt nicht an der Erzeugung des agglutinierenden Vermdgens
teil. Nur die Agglutinogengruppe besitzt die Eigenschaft, das Blutserum
der Kaninchen zu agglutinieren.
7) Mit dem Nukleoalbumin kann man die Kaninchen gegen B. coli
nicht immunisieren.
Nachdruck verboten
Ueber eine infektiose Krankheit beim Genus Turdus.
Von Prof. A. Maggiora, Direktor, und Dr. G. L. Valenti, Assistent
des hygienischen Institutes der kgl. Universitat in Modena.
Im September 1901 zeigte im Gebiete von Modena das Genus
Turdus eine auffallende Sterblichkeit. Man sah auf dem Lande oft Ka-
daver von Amseln (Turdus merula ), von Turdus viscivorus , zuweilen
auch von Turdus pilaris und anderen Arten. Aber auch die Stare
(Sturnus vulgaris), welche sich schon zur Wanderung anschickten, ver-
fielen einer Krankheit, obwohl nur in geringerem Grade.
Diese Erscheinung gab zu lebhaften Erorterungen im Kreise der
Jager und der Vogelzttchter Veranlassung und sie wurde auch von den
lokalen Zeitungen besprochen. Es wurde von einigen behauptet, daB die
erwahnten Tiere zu jener Zeit sich hauptsachlich von Weintrauben nahren,
welche zum Schutze gegen die Peronospora viticola mit schwefelsaurem
Kupfer behandelt wurden, und daB es sich um Vergiftung mit schwefel¬
saurem Kupfer handelte. Andere hingegen hielten dafiir, daB es sich
um eine seuchenartige Erkrankung handle.
Der ersteren Meinung gegen fiber wurde mit Recht eingewendet, daB
eine Vergiftung a priori ausgeschlossen werden konne, weil im Gebiete
von Modena die Behandlung der Weingarten mit schwefelsaurem Kupfer
schon seit mehreren Jahren geflbt wurde und unter den Staren, Amseln
und anderen Arten, welche sich ja von Weintrauben nahren und oft
auch ganze Reihen von Weinstocken verheeren, wahrend jener Zeit doch
nie eine aufiergewbhnliche Sterblichkeit zu verzeichnen war. Allerdings,
wenn es eine Weinlese gab, bei welcher Kupfersalzvergiftungen durch
Weintrauben wenig anzunehmen ware, war diese ohne Zweifel die von
1901, weil in diesem Jahre zur Zeit der Weinlese ein so regnerisches
Wetter herrschte, daB die Weintrauben in einer auBergewbhnlichen
Weise abgespfllt worden waren, so daB diese dann und wann sogar
verschimmelten.
Obwohl alle diese Grtinde von unzweifelhaftem Werte sind, so hat
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Maggiora u. Valenti, Ueber eine infektiOse Krankheit beim Genus Turdus. 327
doch der eine von uns w&hrend eines Landaufenthaltes in Piemont, wo
unter den V6geln gar keine Sterblicbkeit herrschte, zwei singende Amseln,
die seit tnehreren Monaten im Kafige gehalten worden sind, viele Tage
hindurch fast ausschlieBlich mit Weintrauben genahrt, die 8mal hinter-
einander mit schwefelsaurem Kupfer behandelt worden sind. Diese Tier-
chen nun, die ubrigens auch friiher fast jeden Tag so behandelte Wein¬
trauben fra Ben, blieben vollstandig gesund. Es drangte sich uns deshalb
logiscb der Gedanke auf, daft wir es in Modena mit einer seuchenartigen
infektiOsen Krankheit zu tun haben, und wir wurden in dieser Meinung
auch durch den Umstand bestarkt, daft in demselben Jabre gegen Ende
des Frilhlings und im Anfange des Sommers an einigen Orten des Ge-
bietes von Modena eine schwere Seuche von exsudativem Typhus unter
den Hiihnern herrschte '). Diese Seuche war erst seit kurzem abge-
laufen, und da das Virus des exsudativen Typhus bei Hiihnern, wie unsere
Experimente gezeigt haben, in hohem Grade ansteckend auf viele kleine
Vbgel, z. B. auch die Stare, wirkt, so war es natiirlich, anzunehmen,
daft auf dem Lande an einigen Punkten noch kleine, versteckt gebliebene
Infektionsherde vorhanden gewesen seien, von denen die Ansteckung
der Turdidae und der Stare ausgegangen ist, urn so mehr, als die Hiihner
hier auf dem Lande frei herumgehen, sich oft weit vom Hause entfernen
und dann auch weil jene Tierchen zum Teile als halb domestizierte an-
gesehen werden konnen.
Ende September wurden zwei auf dem Lande tot gefundene Amseln
in unser Laboratorium gebracht. Die Untersuchung ergab, dafi die Ein-
geweide derselben sich schon in beginnender FSulnis befanden, so da£
fiber die Natur der Lasionen, welche den Tod herbeifiihrten, nichts
Sicheres ermittelt werden konnte. Wir sammelten aber das koagulierte
Blut, welches im rechten Herzen beider Tiere vorhanden war, machten
in einem kleinen M5rser von Glas, der ungefahr 5 ccm einer physio-
logischen sterilisierten Kochsalzlosung enthielt, eine Emulsion, und inji-
zierten diese in gleicher Quantitat in die Brustmuskeln von 2 Hiihnern,
die das Gewicht von 515 bezw. 525 g hatten (Exper. 1 und 2). Diese
Hiihner wurden mehr als einen Monat lang in Beobachtung gehalten und
sie zeigten sich w&hrend dieser Zeit immer vollstandig gesund.
Der negative Erfolg dieses Experimentes hat uns wegen der Erfah-
rungen, von denen wir ausgegangen sind, nicht wenig befremdet. Oifen-
bar steht derselbe in Widerspruch mit dem, was wir bei Staren, Spatzen
u. s. w. beobachtet haben, deren Blut mit ganz kleinen Quantitaten des
Blutes von an exsudativem Typhus leidenden oder daran zu Grunde ge-
gangenen Hiihnern kiinstlich infiziert wurde; denn das Blut jener Tiere
bewahrte, wie unsere friiheren Experimente*) zeigen, vollstandig seine
Virulenz den Hiihnern gegeniiber, wahrend bei unserem gegenwartigen
Experimente das Gegenteil eintrat, obwohl die Quantitat des den beiden
Hiihnern beigebrachten Blutes eine betrachtliche gewesen ist. Allerdings
handelt es sich hier um Tiere, deren Eingeweide schon beginnende
Faulnis zeigten, und die Virulenz des Virus konnte mdglicherweise, ange-
nommen dafi exsudativer Typhus vorhanden war, wegen des Vorhanden-
seins von Bakterien auch im Blute zum Teile zerstdrt worden sein;
allein wir hatten auch Gelegenheit, zu sehen, dafi der Faulnisprozefi,
1) Maggiora, A. e Valenti, G., Su una epizoozia di tifo essudativo dei Galli-
nacei. I. note. (Extract aua den Mem. delta It. Accad. di sc. lett. ed arti in Modena.
III. Keihe. T. IV. und Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII.)
2) 1. c. p. 40.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
wenn er nur im Anfangsstadium sich befindet, die Virulenz einer so
groBen Quantity des Virus von exsudativem Typhus, wie wir bei
unserein Experimente angewendet haben, gewdhnlich nicht ganz zu
unterdrOcken vermag. Wir muBten deshalb daran denken, daB, wenn
die beiden Amseln in der Tat infolge einer infektiQsen Krankheit zu
Grunde gingen, das spezifische Virus mSglicherweise verschieden von
dem des exsudativen Typhus der HQhner und daB das Aufeinanderfolgen
der beiden Seuchen nur eine zufallige Erscheinung war Oder dafi das
Virus, bei Gleichbleiben der Qualitat, aus unbekannten Ursachen eine
derartige Verdiinnung erlitt, daB es auf die HQhner nicht mehr pathogen
einwirken konnte oder daB dessen Virulenz, trotzdem die F&ulnis erst
im Anfangsstadium sich befand, leichter verloren ging.
Am 3. Oktober hatte einer von uns beiden auf dem Lande zwei andere
tote Amseln gesammelt. Bei der Untersuchung fanden wir, daB die
Baucheingeweide bei einer derselben in evidenter Ffiulnis waren; ab-
gesehen von einer deutlichen Kongestion einer Lunge und TrQbung des
Pericardiums, konnten aber keine weiteren Alterationen mit Sicherheit
nachgewiesen werden. Die zweite Amsel jedoch war, wie es schien, erst
vor wenigen Stunden gestorben und war in gut erhaltenem Zustande. Bei
dieser konnten wir neben einein geringgradigen subkutanen Oedeme eine
betr&chtliche Rotung des DQnndarms nachweisen; ferner waren die Leber,
Milz und die Nieren in einem kongestionierten Zustande, das Pericar¬
dium zeigte einen perlmutterartigen Glanz, war scheinbar verdickt und
enthielt eine kleine QuantitSt eines serQs fibrinosen Exsudats. Auch das
Epicardium zeigte TrQbung, das rechte Herz war erweitert und enthielt
braun gef&rbte Coagula; die Lungen waren hyperamisch, die Meningen
zeigten eine geringfQgige Kongestion, und die Gehirnsubstanz war 6de-
matSs. An der Schleimhaut der Mundhohle, der Nasen- und Rachen-
hohle und auch an der KloakenmQndung war nichts AufRilliges zu sehen.
Vom Darminhalte und vom Blute der Leber, der Milz und des
Herzens machten wir Kulturen in FleischbrQhe und Flachkulturen in
mit Glycerin zubereitetem Agar bei 37° C. Nach 20 Stunden ent-
wickelten sich in den Flachkulturen, die vom Darminhalte und vom
Blute gemacht worden waren, zahlreiche Kolonieen eines kleinen beweg-
lichen Bakteriums, das wir nach seinem morphologischen Charakter und
nach den Eigenschaften, die es in isolierten Kulturen in verschiedenen
Nfihrsubstanzen zeigte, fQr eine Variet&t des Bacterium coli ansahen,
fibnlich denjenigen Formen, welche aus dem Darminhalte gesunder und
auch kranker HQhner, ferner bei Schwalben, Spatzen, Staren, Falken
u. s. w. in gesundem Zustande isoliert werden konnen und von denen
wir in unserer vorausgehenden Arbeit gehandelt haben.
Von einer 10 Stunden alten Kultur jenes Bakteriums (aus dem Blute)
in FleischbrQhe injizierten wir 2 ccm in die Brustmuskeln eines jungen,
200 g wiegenden HQhnchens (3. Exper.), und einem anderen Huhne von
190 g KSrpergewicht brachten wir in derselben Weise 2 ccm einer Kul¬
tur derselben Bakterie in FleischbrQhe, aus dem Darminhalte, bei
(4. Exper.). Die beiden HQhner blieben vollst&ndig gesund.
Zwei jungen Tauben von einheimischer Rasse (sog. bastardoni), von
380 bezw. 355 g KSrpergewicht injizierten wir gleichfalls in die Brust¬
muskeln 1 ccm bezw. 1,5 ccm derselben Kulturen in FleischbrQhe. Sie
waren nicht ganz 2 Stunden lang etwas niedergeschlagen, erholten sich
aber rasch und blieben gesund (5. und 6. Exper.)
Ein Coagulum aus dem rechten Vorhofe des Herzens jener Amsel,
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Maggiora u. Valenti, Ueber eine infektiOse Krankheit beim Genus Turdus. 329
welche zur Zubereitung der Kulturen clients, wurde zerkleinert, in 2 ccm
einer 0,75 -proz. sterilisierten Kochsalzldsung gelost und dann in die
Peritonealhdhle eines anderen jungen, 210 g schweren Huhnes injiziert
(7. Exper.). Auch dieses Tier blieb gesund. Wir machten dann aus
der fein zerteilten Leber derselben Amsel eine Emulsion in ungef&hr
6 ccm einer physiologischen Losung und injizierten davon subkutan
2 ccm einem jungen Kaninchen von 1300 g und einem anderen Kanin-
chen desselben Wurfes und von 1420 g Kdrpergewicht gleichfalls 2 ccm
in die Peritonealhdhle. Beide Tiere blieben am Leben (Exper. 8 u. 9).
Von der noch flbrig gebliebenen Emulsion injizierten wir je 1 ccm zwei
jungen Tauben ( triganini) von 215 bezw. 220 g Gewicht. Auch diese
Tiere zeigten gar keine Reaktionserscheinungen (Exper. 10 u. 11).
Wir haben bei diesen Experimenten von VOgeln nur junge Hflhner
und Tauben benutzt, weil uns Vogel von derselben Gattung, zu der die
erkrankten gehdrten, und von denen wir h&tten annehmen konnen, daB
sie von immun gebliebenen LokalitAten herrflhrten, nicht zur Verfilgung
standen. Es geht aus unseren Experimenten hervor, daB das mutmafi-
liche Virus, von welchem die Sterblichkeit der Vogel abhing, auf die
Hflhner, obwohl sie sehr jung waren, und obwohl Dosen angewendet
wurden, welche die Infektion leicht hfltten reproduzieren kflnnen, wenn
es sich um dasselbe Virus gehandelt hfltte, welches wenige Monate
frflher eine schwere Seuche hervorrief, nicht flbertragen werden kann.
Auch die Experimente 8 und 9 an Kaninchen beweisen, daB wir es
nicht mit dem Virus der Hfihnercholera zu tun hatten, weil sonst die
Kaninchen wegen ihrer groBen Empfindlichkeit jenem Virus gegenflber
und infolge der grofien Quantitfit, die ihnen von der Leberemulsion inji¬
ziert wurde, sicher den Experimenten erlegen w&ren. Wir wollen uns
jedoch auf Grund dieser vorl&ufigen Untersuchungen nicht in weitere
Erwflgungen einlassen und wir wollen unsere bisherigen Experimente,
da sie, wie wir sagten, mit einem unsicheren, weil von tot aufgefundenen
Tieren herstammendem Materials gemacht worden sind und da wir des-
halb die Resultate derselben nur mit Vorbehalt beurteilen kflnnen, blofi
als Versuche ansehen, die dazu dienten, einige Orientierung in der
dunklen Frage zu gewinnen.
Mit einiger Schwierigkeit gelang es uns, von Piemont her, aus
Gegenden, wo die Hflhner und sonstige Vdgel von Krankheiten immun
waren, einige Amseln, Falken, Spatzen und einen Finken, die ohne Aus-
nahme ausgewachsen, in K&figen aufgezogen und vollkommen gesund
waren, zu erhalten. Es ist nach unserer Meinung unerl&filich, an voll-
stllndig entwickelten Tieren, und zwar solchen, die in KSfigen aufgezogen
wurden oder wenigstens seit langer Zeit an die Gefangenschaft gewdhnt
sind, zu experimentieren, weil von den Vogeln, die mit Netzen oder
sonstwie gefangen werden und an den K&fig nicht gewdhnt sind, viele,
wie bekannt, fast pldtzlich zu Grunde gehen, und zwar wahrscheinlich
infolge einer toxischen Enteritis, die vom Wechsel in der Nahrungs-
und Lebensweise abh&ngig ist, so daB bei Anwendung solcher Tiere in
den Experimenten leicht Fehler entstehen konnen. Die mit Netzen ge-
fangenen erwachsenen Tiere dflrften zu Untersuchungen benutzt werden
erst, nachdem sie frflher viele Tage hindurch in Beobachtung gehalten
worden sind.
Einer von uns beiden hatte nun wAhrend eines Aufenthaltes auf
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330 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
dem Lande in der Nahe von Modena Gelegenheit, eine erwachsene
Amsel zu fangen, die, wie man nachber erkannte, von der Krankheit
befallen war; sie konnte nicht lange fliegen und nach kurzem Nacbjagen
lieB sie sich fangen. Es wurde dieses Tierchen (ein Weibchen von 95 g
Gewicht; Exper. 12) nocb lebend ins Laboratorium gebracbt, aber es
war, wie man deutlicb sab, krank, wollte nicht fressen, war unfahig zu
fliegen, bielt den Kopf geneigt, das Gefieder war zerzaust, die Augen
halb geschlossen; die Mundhohle bot nicbts Besonderes dar und die
Faeces waren nicht diarrhoischer Natur; Verletzungen, Knochenbruche
fehlten. Im Verlaufe von 8 Stunden starb das Tier und es wurde sofort
die Autopsie desselben vorgenommen.
Die Haut zeigte auBerlich nichts Abnormes, aber sie loste sich mit
Leichtigkeit ab, und zwar wegen eines leichten Oedems, das subkut&n
vorhanden war. Von den Baucheingeweiden waren der Dfinndarm, die
Leber, Milz und die Nieren kongestioniert. Das Pericardium zeigte sich
opak, aber ohne ein bemerkenswertes Exsudat; das Herz pulsierte noch
und bot keine Hamorrhagieen unter dem Epicardium dar; von den
Lungen war die eine normal, die andere kongestioniert, auch die Hirn-
haute waren gerotet und die Gehirnsubstanz erschien odematos. Nach
vorsichtiger Erdffnung des Herzens machten wir vom Blute Flachkulturen
in Agar und mikroskopische Praparate, die zum Teile in frischem Zu-
stande untersucht, zum Teile auch noch gefftrbt wurden. Mittels einer
Pasteurschen Pipette aspirierten wir ein wenig Blut und mit einem
Bistouri, das ins Blut des Herzens getaucht wurde, wurden subkutane
Einstiche in die rechte Brustgegend gemacht an:
zwei Spatzen (Exper. 13 u. 14),
einer Amsel (Exper. 15),
einem Falken (F. tinnunculus; Exper. 16).
Von diesen Tieren gingen drei zu Grunde, und zwar fast gleich-
zeitig nach 42 bezw. 44 Stunden die Amsel und der Falke, nach 4 Tagen
einer der Spatzen (Exper. 13); der andere Spatz blieb am Leben.
Die Symptome, welche die drei gestorbenen Tiere w&hrend des Ver-
laufes der Krankheit zeigten, waren gleich denjenigen, welche bei der
eigentlichen typhosen Form des exsudativen Typhus der Hiihner ange-
troffen werden. Nach 14—16 Stunden n&mlich zeigten sich die Amsel
und der Falke stark erschopft und blieben so bis zum Eintritte des
Todes; der Spatz No. 13 hingegen war munter 3 Tage hindurch
und erst am 4. Tage begannen auch bei ihm die Zeichen der Erschdpfung
und Appetitlosigkeit aufzutreten. Der andere, am Leben gebliebene
Spatz flog aus dem Laboratorium, nachdem er 27 Tage lang in Be-
obachtung gewesen ist.
Die L&sionen, welche die drei Tiere darboten, waren dieselben,
welche auch bei der Amsel No. 12 konstatiert werden konnten, d. h.
geringes subkutanes Oedem, Kongestionszustand des Dflnndarmes, der
Leber, Milz und der Lungen, geringgradige Pericarditis (evidenter beim
Spatzen) und Kongestionszustand der Meningen. Vom Blute derselben
machten wir zahlreiche Praparate in frischem Zustande und auch gef&rbte,
ferner Kulturen in Fleischbriihe, Flachkulturen in einfachem Agar, in
mit Glycerin, Glykose und mit dem Blute von Hiihnchen zubereitetem
Agar, durch Uebertragung vom Blute des Herzens, der Leber und
der Milz.
Bei Untersuchung des Blutes in frischem Zustande konnte man
keine tierischen Mikroorganismen nachweisen und auch die F&rbung mit
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Maggiora u. Valenti, Ueber eine infektittse Krankheit beim Genus Turdus. 331
Boraxmethylenblau und mit der von Koch modifizierten Romanovs-
kischen Methode ergab diesbezttglich nur negative Resultate.
Die mikroskopische Untersuchung anf Bakterien machten wir an
Pr¶ten, die in Formalin fixiert und mit der Ziehlschen stark ver-
dUnnten Flussigkeit l&ngere Zeit hindurch gefarbt worden sind, aber
trotz der genanesten Prufung des Blutes der Amsel No. 12 und
auch der Tiere No. 13, 15 nnd 16 mit Zeiss, Apochrom. 2,0 mm,
konnten wir gar keine Bakterien nachweisen, und aucb die Untersuchung
der Pr¶te, welche vom perikarditischen Exsudate gemacht oder durch
Bestreichen der Deckgl&schen mit Teilchen von der Leber und von der
Milz gewonnenen und nachher in der erw&hnten Weise behandelt worden
sind, ergab nur negative Resultate.
Die Kulturen sowohl in Fleischbrfihe wie aucb die Flachkulturen,
die wir bei 37,5° C hielten und im Laufe von 7 Tagen zu wiederholten
Malen untersuchten, blieben steril.
Experimente mit successiven Uebertragungen.
Mit der Spitze des Messers, womit das Herz der Amsel No. 15
eroffnet wurde, um die Pipette von Pasteur zur Aufsaugung von Blut
einfuhren zu kdnnen, machten wir in der Brustgegend einer anderen
Amsel subkutan eine kleine Wunde. Es starb dieses Tier nach 38 Std.
(Exper. 17). Von der Leber und Milz dieser Amsel, die wir in einem
Morser zerkleinerten, wurde mit 10 ccm einer physiologischen sterili-
sierten 0,75-proz. Kochsalzlosung eine Emulsion gemacht, und von dieser
Emulsion injizierten wir:
a) einem Falken 1 ccm in die Peritonealhbhle; es starb das Tier
nach 39 Stunden (Exper. 18);
b) einer Amsel je 0,5 ccm in die Brustmuskeln der beiden Seiten
(Exper. 19). Tod nach 36 Stunden;
c) 0,5 ccm in derselben Weise zwei Spatzen (Exper. 20 und 21).
Exper. 20 blieb am Leben, bei Exper. 21 trat nach 81 Stunden der
Tod ein;
d) 0,5 ccm einem Finken, wie bei dem vorausgehenden Experimente
(Exper. 22). Das Tier blieb am Leben;
e) einem jungen Kaninchen von 520 g Gewicht 1 ccm in die Peri-
tonealhohle. Das Tier blieb am Leben (Exper. 23);
f) zwei jungen Meerschweinchen von 145 bezw. 160 g Gewicht je
1 ccm in die Peritonealhohle. Auch diese Tiere blieben am Leben
(Exper. 24 und 25);
g) von zwei weifien M&usen (Mus muse, alb.) einer 0,3 ccm subku¬
tan, der anderen dieselbe Quantitat in die Peritonealhbhle. Die Tiere
blieben am Leben (Exper. 26 und 27).
Vom Blute aus dem rechten Herzen der Amsel No. 15 wurde
eine Emulsion in 3 ccm einer physiologischen Kochsalzldsung gemacht
und von dieser Emulsion injizierten wir 0,5 ccm in eine Vene des linken
Fidgets eines jungen Huhnes von 320 g; den Rest der Emulsion inji¬
zierten wir in die Brustmuskeln einer jungen Taube einer heimischen
sog. Bastardona-Rasse von 250 g Gewicht. Auch diese Tiere blieben
am Leben (Exper. 28 und 29).
Die Amseln No. 17 und 19, der Falke No. 18 und der Spatz
No. 21, welche infolge der Infektionen zu Grunde gin gen, zeigten
dieselben entzflndlichen Erscheinungen, wie die Amsel No. 12), welche
auf natflrlichem Wege erkrankte, nur mit dem Unterschiede, daB der
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Falke, dem wir in das Peritoneum injizierten, eine intensivere Reaktion
von seiten des Peritoneums und der Eingeweide der Bauchhdhle zeigte,
w&hrend bei den Amseln und bei dem Spatzen, denen in die Brust-
muskeln injiziert wurde, namentlich aber beim Spatzen, eine zirkumskripte,
aber deutliche entziindliche Reaktion mit akuter fettiger Degeneration
einiger Muskelbtindel an den Injektionsstellen vorhanden war; auBerdem
konstatierten wir im Pericardium des letzteren Tieres einen gelblichen
serSs-fibrinbsen Ergufi.
Bei den vier gestorbenen Tieren No. 17, 18, 19 und 21) prflften
wir das Blut des Herzens, der Leber und der Milz an Prfiparaten, die
in der angeftihrten Weise gefarbt wurden, und machten Kulturen in
Fleischbrfibe und in Agar, aber immer mit negativem Erfolge.
Es gebt aus unseren Experimenten hervor, daB durch Injektion
kleiner Quantity ten vom Blute der Amsel, die infolge einer spontan ent-
standenen Krankheit zu Grunde ging, die gleiche Krankheit bei .anderen
Turdidae und auch bei anderen pr&disponierten Vogeln hervorgebracht
werden kann; dasselbe erzielt man successiv durch Uebertragung des
Blutes und der Emulsion aus den Eingeweiden von V5geln, die auf ex-
perimentellem Wege erkranken.
Wir haben es hier also mit einer Infektion zu tun.
Das spezifische Virus derselben hat seinen Sitz vornehmlich im
Blute, und die Infektion kann daher zur Gruppe der septik&mischen In-
fektionen gerechnet werden. Beim successiven Uebergang des Virus in
dieselben Arten, welche zur Erkrankung disponiert sind, scheint das
Virus an Intensity zuzunehmen, indem der Tod der Tiere in khrzerer
Zeit erfolgt. Von den Vogeln, an denen wir experimentierten, zeigten
sich ansteckungsfahig neben den Amseln in sehr deutlicher Weise auch
die Falken; nur in geringerem Grade die Spatzen, von denen nur ein
Teil, und zwar nach l&ngerer Zeit als die Falken, zu Grunde ging.
Von kleinen S&ugetieren zeigten sich Kaninchen, Meerschweinchen
und weiBe Mause nicht ansteckungsfahig.
Es gelang uns nicht, das spezifische Agens der in Rede stehenden
Infektion mit dem Mikroskope nachzuweisen und auch die Kulturversuche
mit kiinstlichen Nahrsubstraten blieben erfolglos.
Filtrierung des Virus durch den Berkefeldschen Filter.
Nachdem wir vergebens den Nachweis des Virus der Turdidae mit-
tels des Mikroskopes und die Kultur desselben versucht haben, nachdem
auch die Versuche mit anderen Nahrsubstraten und mit anaeroben Kul¬
turen fruchtlos geblieben waren und wir von weiteren ahnlichen Experi¬
menten keine positiven Erfolge erwarten konnten, dachten wir daran, einige
Filtrationsversuche zu machen, um zu sehen, ob das Virus der Turdidae,
das eine gewisse Analogic mit dem des exsudativen Typhus der Hfihner
zeigte, gleich diesem, durch anaerobe Filter hindurchgehen k5nne
oder nicht. Es lag uns daran, diese Versuche sobald als moglich durch-
zufiihren, einesteils wegen des grofien Interesses, das sie darboten, andern-
teils, weil unser Vorrat an zweifellos gesunden Amseln und Falken klein
war und wir keine anderen finden konnten; ferner, weil die Spatzen, ab-
gesehen davon, daB sie weniger ansteckungsfahig sind, bloB eine geringe
Quantitat Blut geben und die organischen makroskopischen L&sionen in
derartig kleinen Tieren nicht immer in klarer Weise interpretiert werden
kdnnen. Das Blut vom Herzen der Amsel No. 18 und des Falken
No. 19 gaben wir in 8 ccm einer sterilisierten physiologischen Koch-
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Maggiora u. V alen ti, Ueber eine infektiOse Krankheit beim Genus Turdus. 333
salzlflsung, in der sich auch, fein zerteilt, das Herz, die Leber und die
Milz derselben Vflgel befanden; der gut gemischten Flussigkeit setzten
wir noch einige Tropfen einer frischen Kultur in Gelatine eines violett
gefflrbtcn Bacillus, der aus dem Wasser eines Brunnens von Modena
isoliert wurde und dem Schrflterschen Bacillus ahnlich war, zu.
Dann mischten wir nochmals und gaben das Ganze auf einen kleinen
Berkefeldschen Filter, derim Eiskeller gehalten und sich selbst, d. h.
ohne Anwendung von Aspiration, ttberlassen wurde. Nach 12 Stunden
war die Flussigkeit fast ganz durchgegangen und das vollstandig klare
Filtrat erschien bloB leicht hfimoglobinartig rot gefarbt.
Von diesem Filtrat injizierten wir je 1 ccm in die beiderseitigen
Brustmuskeln einer Amsel (Exper. 30); ferner 1 ccm in die Peritoneal-
hflhle eines Falken (Exper. 31). Beide Tiere gingen zu Grunde, das
erste nach 59, das zweite nach 53 Stunden, und zwar unter denselben
Erscheinungen von Niedergeschlagenheit, welche bei denjenigen Tieren
beobachtet wurde, denen wir Blut in toto injizierten. Die Kulturen mit
dem Filtrate blieben steril. Die mikroskopische Prflfung und die Kul¬
turen des Blutes der Tiere 30 und 31 ergaben negative Resultate und
in den Organen derselben konnten die oben angegebenen phlogistischen
Alterationen erkannt werden. Mittels einer Impfnadel, die wir in das
Blut der Amsel No. 30, die infolge der Injektion mit dem Filtrate
starb, eintauchten, inokulierten wir subkutan in die Brustgegend einer
anderen Amsel. Es starb dieses Tier nach 44 Stunden unter denselben
Symptomen und unter den gleichen Lasionen, welche die anderen an
Infektion zu Grunde gegangenen Vflgel zeigten (Exper. 32). Auch die
Kulturen, welche mit dem Blute der Amsel No. 32 gemacht worden
sind, blieben steril, und auch die mikroskopische Prflfung des Blutes
blieb resultatlos.
Es zeigen die Experimente 30 und 32, daB das Virus den Berke¬
feldschen Filter passieren kann und bierbei die Fahigkeit. sich zu ver-
mehren und pradisponierte Tiere zu infizieren, nicht einbflfit.
Verabreichung des Virus auf dem Wege des Darmkanals,
von der Mundflffnung aus.
Einer Eule (Strix bubo), die, obwohl sie schon seit mehr als
6 Monaten in Gefangenschaft lebte, wegen ihrer Wildheit und der Kraft
der Krallen sich nicht gut zu Inokulationen durch Punkturen eignete,
haben wir, nachdem wir uns von dem guten Gesundheitszustande der¬
selben fiberzeugt haben, Eingeweide und Fleisch von der Amsel
No. 32 verabreicht. Nach 10 Stunden begann die Eule Appetitlosig-
keit zu zeigen, verkroch sich, hatte die Federn zerzaust; die Abge-
schlagenheit derselben nahm immer zu, bis ein komatoser Zustand und
schlieBlich, 45 Stunden nach Einfuhrung des infizierten Fleisches, der
Tod eintrat. Bei der Autopsie sah man, daB eine deutliche Kongestion
der Baucheingeweide, intensiver Kongestionszustand der Lungen und
Opacitat des Pericardiums vorhanden war; in letzterem befand sich ein
gelbliches, serfls-fibrinoses Exsudat.
Vom Blute und von dem perikarditischen Exsudate sowie auch vom
Safte der Leber und der Milz wurden mikroskopische Praparate gemacht,
frisch und auch gefarbt untersucht; aber es konnten keine Bakterien
nachgewiesen werden und auch die Kulturen des Blutes blieben steril
(Exper. 33). Das Blut der Eule sammelten wir in Rdhrchen, die mittels
der Lampe verschlossen wurden, und mittels einer Impfnadel, die in
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334 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
dasselbe getaucht wurde, machten wir eine subkutane Punktur in die
Brustgegend beim letzten Falken, den wir zur Verfiigung hatten. Es
starb dieses Tier nach 35 Stunden unter denselben kliniscben Symptomen
und mit den gleichen anatomischen L&sionen, welche auch die anderen
Tiere zeigten (Exper. 34). Die mikroskopische Priifung des Blutes und
die Kulturen erwiesen sich auch hier resultatlos. Doch wollten wir noch
einen Versuch am Huhne machen, um zu sehen, ob das Virus nach den
stattgehabten Uebertragungen eventuell eine Virulenz sich aneignete,
welche es im Beginne nicht zeigte. Wir haben deshalb einem Huhne
von 390 g 0,5 ccm vom Blute des Falken No. 34 nach Verdfinnung
in einer geringen Quantitat einer 0,75-proz. physiologischen Kochsalz-
ldsung in die Brustmuskeln injiziert. Aber trotz der groBen Quantitat
des injizierten Virus blieb das Huhn vollkommen gesund (Exper. 35).
Es beweisen die Exper. 33 und 34, daB das Virus auch bei Ver-
abreichung durch die Mundhohle eine Infektion hervorzurufen vermag.
Unsere Experimente mufiten l&ngere Zeit hindurch (mehr als 5 Mo-
nate) in diesem Stadium verbleiben, weil wir keine anderen Turdidae und
Falken zur Verffigung hatten. Wir hofften allerdings, daB das in geeig-
neter Weise, d. h. in Pasteurschen Pipetten in kalten und finsteren
Lokalitaten aufbewahrte Virus uns die Fortsetzung der Beobachtungen
erlauben wttrde; wir hofften dies aus Analogiegriinden, weil namlich das
Virus des exsudativen Typhus der Hiihner nach Experimenten, die wir
dem nach st veroffentlichen werden, mehrere Monate lang zu widerstehen
vermag, wenn dasselbe in der angegebenen Weise konserviert wird.
Wir fanden aber, daB das Blut, obwohl es anscheinend gut konserviert
war, seine Aktivitat als echtes Virus vollstandig eingebfiBt hatte. Denn
von zwei jungen Falken (Exper. 36 u. 37), von denen wir am 24. Juni
1902 dem einen 1 ccm, dem anderen 0,35 ccm einer verdiinnten L6sung
von Blut (1:3) in physiologischer Kochsalzlosung von der oben ge-
nannten Eule (Strix bubo) injizierten, starb der erste nach 6, der zweite
nach 12 Stunden, unter Intoxikationserscheinungen (Erbrechen, Er-
schopfung u. s. w.), welche unmittelbar nach der Injektion auftraten und
bis zum Tode andauerten. Die Nekroskopie ergab bei den Falken 36
und 37 keine nennenswerten LBsionen. Zwei andere Falken von dem-
selben Neste, denen bloB ein Tropfen des Blutes derselben Eule beige-
bracht wurde, zeigten hingegen gar keine Reaktionserscheinungen.
Das Blut der Falken No. 36 und 37 erwies sich nicht als pathogen
fflr andere Tiere derselben Art. Seine Aktion wurde also zu einer toxi-
schen reduziert und zeigte nicht die Eigenschaften eines Virus.
Obwohl unsere Experimente in vieler Hinsicht unvollkommen sind,
so haben wir sie doch publiziert, um die Aufmerksamkeit der Bakterio-
logen auf die Seuche der Turdidae zu richten, weil es uns n&mlich
scheint, daB das Argument weitere Studien, und zwar in sehr ausge-
dehnter Weise, verdiene.
Es scheint uns, aus den gemachten Experimenten die folgenden
Schliisse ziehen zu konnen:
1) Die lebend gefangene und dann in unserem Laboratorium zu
Grunde gegangene Amsel hatte eine Infektionskrankheit von der Gruppe
der SeptikSmieen. Wegen der Aehnlichkeit der L&sionen bei derselben
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Maggiora u. Valenti, Geber eine infektiOse Krankheit beim Genus Turdus. 335
mit denjenigen Liisionen, welche bei den tot aufgefundenen und bei den
experimentell infizierten Vogeln angetrofFen wurden, kann man schlieBen,
daB es sich um eine seuchenartige Infektion handelte.
2) Das spezifische Virus, obwohl es im Blute bestimmt vorhanden
war, konnte mit dem Mikroskope nicht nachgewiesen und auch nicht
auf den kfinstlichen Nfihrsubstraten kultiviert werden; es geht jedoch
durch den Berkefeldschen Filter hindurch, und zwar nicht als toxische
Substanz, sondern als wirkliches Virus, das sich zu vermehren und pra-
disponierte Tiere zu infizieren vermag.
3) Von den uns zur Verffigung gestandenen Tieren erwiesen sich
ansteckungsf&hig nebst der Amsel der Falke und die Eule, weniger die
Spatzen und die Tauben; das Huhn, das Kaninchen, das Meerschwein-
chen, die weiBe Maus erwiesen sich refraktfir. Auch ein Finke blieb
trotz der Inokulation am Leben.
4) Infolge der Passagen des Virus durch prfidisponierte Tiere hin¬
durch steigerte sich bei diesen die Virulenz desselben.
5) Die Infektion kann experimentell durch Injektionen kleiner Quan-
titfiten von Blut Oder von Emulsionen, die man aus den Eingeweiden
der infizierten Tiere bereitet, iibertragen werden, aber auch auf dem
Wege des Darmkanales, von der Mundhfihle aus.
Ueber die Art und Weise, in der die Infektion mit seuchen-
artigem Charakter unter natUrlichen Bedingungen sich verbreitet, konnen
wir nichts Bestimmtes aussagen; wir halten es jedoch fiir wahrscheinlich,
daB auBer dem direkten und indirekten Kontagium dabei der EinfluB
von Insekten oder von Wtirmern mit im Spiele ist, die als natfirliches
Substrat fur die Kultur des Virus und gleichzeitig zur Nahrung der
V6gel dienen oder diese in anderer Weise anstecken konnen.
Ebensowenig konnen wir mit Bestimmtheit die Frage, die wir uns
gleich im Beginne stellten, beantworten, ob namlich das Virus, welches
bei der Infektion der Turdidae wirksam ist, eine pathogene Individuali¬
st darstellt, oder ob dasselbe bloB als eine Varietfit des exsudativen
Typhus der Hfihner, welche sich den angefiihrten Vogelarten adaptiert,
angesehen werden muB.
Das Aufeinanderfolgen der Seuchen spricht eher ffir die letztere
Annahme. Allein wir glauben, daB, abgesehen von der vollstfindigen
Unschfidlichkeit des Virus der Turdidae gegeniiber den Htihnern, auch
bei subkutaner Injektion betrachtlicher Quantitfiten oder bei Injektion
in die Venen eines Virus, das selbst eine stark entwickelte Eule zu in¬
fizieren vermochte, und auch abgesehen von der geringeren Resistenz-
fahigkeit, welche das Virus der Turdidae im Vergleiche mit dem Virus
der Hfihner bei der Konservierung unter denselben Umstfinden zeigt,
die geringgradige Virulenz des Virus der Turdidae bei den Spatzen und
seine Unschadlichkeit beim Finken, wahrend im Gegenteile das Virus
der hftherartigen Vfigel in hohem Grade pathogen auf die Spatzen und
im allgemeinen auf kleine Vogel einwirkt, nicht daffir spricht, daB wir
es mit einer Varietfit des Virus der Hfihner zu tun haben. Es scheint
uns vielmehr rationeller, anzunehmen, daB es sich um ein besonderes
Virus handelt und daB das Aufeinanderfolgen der beiden Seuchen bloB
als eine zufallige Erscheinung aufgefaBt werden muB.
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336
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Nachdruck verbotcn.
Studien iiber den Vaccineerreger. I
Von Prof. H. Bonhoff, Marburg a. L.
(Schlufi.)
Die Unmoglicbkeit, pflanzliche Organismen als Erreger der aknten
Exantheme nachzuweisen, hat bekanntlich dazu geffihrt, nach Proto-
zoen zu snchen; im Laufe des letzten Jabrzehnts sind zahlreiche
Arbeiten nach dieser Richtung veroffentlicht, Photogramme wieder-
gegeben und mehr Oder weniger undeutliche Beschreibungen des ge-
sehenen Parasiten gedruckt worden. Es ist nicht meine Absicht, an
dieser Stelle auf die erwShnten Veroffentlichungen einzugehen. Dieselben
sind von van der Loeff und L. Pfeiffer bis auf Funk und japa-
nische Autoren so hSufig reproduziert worden, dafi man sie mit Fug als
bekannt voraussetzen darf. Hier will ich nnr eine eigene Versuchs-
anordnung kurz beschreiben, die bezweckte, nach der obigen Richtung
hin ein Weiterkommen zu ermdglichen. Da auch diese Arbeiten mich
lange Zeit beschaftigt haben, wird es erlaubt sein, den bei dem Vor-
gehen leitenden Gedanken wenigstens in Kttrze mitzuteilen.
Bei Versuchen, einzellige tierische Organismen, wie sie in jedem
Schmutzwasser sich linden, Amdben, Flagellaten, Giliaten, in kfinstlicher
NShrldsung znr Anreicherung und dann -vielleicht zur Isolierung zu
bringen, batte ich gesehen, dafi albumosenhaltige NShrboden ohne Salz-
zusatz und ohne die Extraktivstoffe des Fleisches sich besonders geeignet
erwiesen, eine Vermehrung der genannten Protozoen herbeizufuhren.
Neben letzteren fanden sich immer sehr zahlreiche Bakterienarten; aber
die Gesamtmenge der pflanzlichen einzelligen Gebilde war wesentlich
geringer als in unseren gebrSuchlichen Nahrmedien, es kam nicht zu
einer volligen Unterdruckung der Protozoen durch die schnelle Ver¬
mehrung und die daraus folgende Beschlagnahme des gesamten NShr-
materials, vielleicht auch durch Stoffwechselprodukte von seiten der
Bakterien. DaB es mit Hilfe der verschiedenen Albumosen gelingt, ge-
wisse Amdben in Symbiose mit nur einer einzelnen Bakterienart zu er-
halten und in beliebiger Generationszahl auf kiinstlichom NShrboden
fortzuzuchten, ist durch eine in meiner Abteilung von Zaubitzer an-
gefertigte und im Archiv ftir Hygiene erschienene Arbeit mitgeteilt
worden. Ich kann hinzufflgen, dafi auch andere Am6ben und eine
Ciliatenart sich in Symbiose mit nur einer Bakterienart auf Albumosen
l&ngere Zeit haben fortzQchten lassen; dafi es mir aber trotz zahlreicher
Versuche mit amobenhaltigem, vom menschlichen Korper stammenden
Material, haupts&chlich Dysenteriestfihlen, die Amdben enthielten, auch
neuerdings niemals gelungen ist, eine Kultur, eine Vermehrung solcher
Amdben auf kfinstlichem Nahrboden zu erhalten.
Damals, als ich die Beobachtung der Vermehrung tierischer Gebilde
auf kiinstlichem Substrat gemacht batte, erschien es nicht aussichtslo3,
zu versuchen, ob die von verschiedenen Autoren beschrie-
benen, in dem Pockengrund angeblich vorhandenen
„Amdben“ nicht ebenfalls durch Symbiose mit irgend
einer Bakterienart auf albumosenhaltigem NShrboden
zur Vermehrung gebracht werden kdnnten. Natfirlich mufite
auch hier der NShrboden nach mancher Richtung hin variiert, es mufiten
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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I.
337
verschiedenste Bakterienarten versucht und das Aussaatmaterial zu ver-
schiedenen Zeiten der Entwickelung der Pocke und von verschiedenen
Tierspezies entnommen werden, wenn man den Gedanken in aus-
reichender Weise verfolgt haben wollte. Ueber den letztgenannten
Punkt kann ich hinweggehen, er deckt sich mit dem oben bereits Aus-
gefflhrten. An Bakterienarten sind fast alle in unserer Samtnlung be-
tindlichen nach und nach durchprobiert worden, also ungef&hr 100 ver-
schiedene Arten; daneben auch einige Hefezellen und Fadenpilze. Was
die Variation des Nahrbodens betrifft, so liegt zunachst eine ziemliche
Anzahl von Albumosen vor, die gepriift werden mufiten. Die von
Griibler in Leipzig bezogenen, in den Versuchen benutzten Produkte
der EiweiBverdauung waren:
Heteroalbumose, Syntonin, Protalbumose, Deuteroalbumose, Pro-
pepton, Antipepton, Hemialbumose, Amphopepton.
AuBerdem kamen noch einige k&ufliche Produkte, die zu bakteriologischen
Versuchen schon mehrfach herangezogen sind, vor allem Somatose und
NMhrstoff Heyden zur Verwendung.
Mit der Heranziehung dieser mehr Oder weniger unter sich ver¬
schiedenen PrSparate, die also auch allein fflr sich in Losung zur Ver¬
wendung kamen, war die Mdglichkeit der Variation des Nahrbodens
keineswegs erschopft. Die Hauptsache erschien mir vielmehr, diese
Albumosen mit menschlichen Oder tierischen Korpersaften in verschie¬
denen Verhaltnissen zu mischen, um so am ehesten eine Gewahr far
eine moglichst die Vermehrung der Parasiten begUnstigende Zusammen-
setzung zu erhalten. Selbstverstandlich muBte auch hier stets das
Korpermaterial von nicht immunen Individuen stammen. Blutserum
vom Menschen (Placentarblut) und Kalbe, ferner Alkaliextrakte des Blut-
kuchens, in ahnlicher Weise hergestellt, wie oben fttr die Extrakte der
wichtigsten Korperorgane angegeben, stellen die hauptsachlich in Betracht
gezogenen Zusatze zu den genannten Albumosen oder die Ldsungsmittel
fur dieselben dar.
Jedes Nahrmaterial wurde lfingere Zeit, bis zu 14 Tagen, auf-
bewahrt und jeden zweiten Tag genau untersucht. Auch der Moglich¬
keit der Anaerobiose, des Wachstums nur bei einer der Hauttemperatur
naher liegenden Warme von etwa 32° C, der eventuellen Schadigung
der Parasiten durch auch nur kurz dauernde Abkflhlung in dem Sinne,
daB sie dadurch die Fahigkeit der Vermehrung auf kflnstlichem Nahr-
boden verl6ren — ein sehr unwahrscheinlicher Umstand, wenn man die
hohe Resistenz des Pockenvirus gegen alle m5gUchen Schadigungen be-
denkt — ist Rechnung getragen worden.
In den flttssigen Nahrboden, die neben Albumosen menschliches
oder tierisches Blut, nicht Serum allein, sondern auch die Blutkttrperchen,
und keinen Salzzusatz enthielten, habe ich kurze Zeit geglaubt, Gebilde
zu erhalten, die kdrperfremdes Material darstellten. Wenn man zu einem
kochsalzfreien, aus 1 Proz. Somatose oder „Heyden“ bestehenden Nahr¬
boden Blut aus der eigenen Fingerbeere oder Saugetierblut steril zufflgt
in Mengen von ca. 5—10 Tropfen auf etwa 5 ccm, das Rohrchen in den
Bratschrank fttr 2—24 Stunden einstellt und nach den angegebenen
Zeitraumen mit einem Tropfen der sich infolge der Hypisotonie der
Losung sofort lackfarben prasentierenden Hamoglobinflttssigkeit mikro-
skopische Praparate herstellt, die nach Fixation durch absoluten Alkohol
mit 1-proz. wasseriger EosinlOsung gefarbt werden, so bekommt man
Bilder, die mit das Schonste darstellen, was man an Artefakten sehen kann.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 22
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4.
Das Discoplasma der Erythrocyten ist vielfach in Scheibenform er-
halten und hat auch den Farbstoff in mehr oder weniger abgeschwfichtem
Mafie anfgenommen. Von einzelnen der Erythrocyten gehen feine Fort-
s&tze von sehr verschiedener Lange aus, zuweilen in Einzahl und dann
meist kurz, zuweilen mehrere von enormer LSnge, wobei das Blut-
kfirperchen selbst sehr viel kleiner geworden ist. Die LSnge der etwa
im Durchschnitt 1 /< dicken Forts&tze kann das Vierfache und noch mehr
des Durchmessers eines normalen roten BlutkSrperchens betragen. Alle
diese Dinge sind lange bekannt und oft beschrieben, haben auch schon
oft genug zu Irrtfimern Veranlassung gegeben. Eine Eigentfimlichkeit
aber scheint mir noch nicht in der Prfignanz beobachtet zu sein, wie
ich sie so oft in meinen Prfiparaten gesehen habe. Es gibt n&mlich
darin eine betr&chtliche Anzahl freier FortsStze sehr verschiedener
LSnge und dieselben haben an einer Oder mehreren Stellen
ganz deutliche kugelige oder eifdrmige Verdickungen, so
daB derartige Gebilde, besonders wenn die dickeren Stellen an dem
freien Ende der FSden liegen, im hdchsten Grade Aehnlichkeit mit den
Mikrogameten der Malariaparasiten besSfien, wenn sie eben nicht acidophil
wSren.
Auch im hSngenden Tropfen kann man derartige freie FortsStze des
Protoplasmas der Erythrocyten mit den verdickten Stellen, manchmal
nur als ganz schattenhafte Gebilde, zuweilen aber sehr viel deutlicher
hervortretend als die Schatten der Erythrocyten selbst, ganz gut er-
kennen. Ich habe sogar einige Male eine zweifellose langsam gleitende
OrtsverSnderung an diesen freien FSden beobachtet, die durch Strdmungen
der Flussigkeit nicht bedingt waren, da kleine in nSchster Nahe der
FSden liegende Gebilde, Kornchen, Schatten von Poikilocyten, ihren Ort
bewahrten. Seitliches Ausschlagen der FSden kann man aufierdem sehr
oft beobachten.
Es ist selbstverstSndlich, daB es sich bei den fraglichen Gebilden
um nichts anderes handelt, als urn Teile des Discoplasmas der Erythro¬
cyten, die sich von dem Zellleibe losglost hatten, wahrscheinlich kurz
bevor der Tod des lebenden Protoplasmas durch Inanition eintrat Zu¬
weilen schien der ganze Zelleib in eine grSfiere Anzahl solcher Faden
sich aufzuldsen. Irgend welche pathogene Bedeutung kommt diesen
Dingen natflrlich nicht zu, da man sie jederzeit aus jedem menschlichen
und SSugetierblut erzeugen kann. Wer sich daffir interessiert, zu er-
fahren, wie oft derartige Gebilde bereits zu Irrtflmern Veranlassung
gegeben haben, den bitte ich, den Vortrag von Kollmann, Leipzig
auf dem X. international KongrcB zu Berlin 1891 (Verhandlungen II.
5. p. 64—66) fiber Pseudomikroben des normalen menschlichen Blutes
zu lesen. Man wird erstaunt sein, zu sehen, welch ausgezeichnete Namen
sich unter den dem Irrtum verfallenen Autoren befinden.
Ueber das Resultat der Versuche, die „Amoben“ der Vaccine-
pustel durch Symbiose mit Bakterien auf den beschriebenen Nfihrboden
zu zfichten, kann ich mich in zwei Worten aussprechen: vdllig negativ.
Auch nicht einmal ein Ansatz zu irgend etwas anderem als Bakterien-
wachstum hat sich auffinden lassen. Wenn die Erreger der Kuhpocken
„Am8ben“ sind, so gehfiren diese Amdben zu denen, die streng para-
sitisch veranlagt sind und auf kfinstlichem Substrat versagen.
Aber es liegt meines Erachtens vorlfiufig ein zwingender Grund
fiberhaupt nicht vor, niederste tierische Lebewesen als Erreger der
Vaccine anzuschuldigen. DaB wenigstens die Eigenschaften der bisher
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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I.
339
bekannt gewordenen verschiedenen Protozoen, der Rhizopoden und In-
fusorien so gut wie der Sporozoen, als Analogs fflr die Qualit&ten der
unbekannten Krankheitserreger nicht dienen kdnnen, darf wohl mit
Sicherheit angenommen werden. Weder die Mast- oder Fettzellen oder
die degenerierten Epidermiszellen der Haut, die als sporengefflllte
Rapseln beschrieben sind, noch die Guarnierischen Korperchen haben
die wissenschaftliche Welt zu flberzeugen vermocht. Dafi letztere mit
AmOben gar nichts gemein haben, dafi der Mangel jeder Entwickelung
bei ihnen gegen ihre Einreihung unter die Rhizopoden spricht, ist durch
HQckel deutlich genug ausgesprochen. Wenn es sich um Gebilde
handelte, die einen Entwickelungscyklus etwa in flhnlicher Weise auf-
wiesen, vie die Malariaparasiten oder die von Schaudinn und Sied-
lecki genau beschriebenen Coccidien, Adelea ovata und Coccidium
Schneideri, so wiirde es den vereinten Bemahungen von Zoologen und
Medizinern lflngst gelungen sein, grofiere Klarkeit zu schaffen. Neuer-
dings ist nun aber auch der Hauptgrund fflr die Inanspruchnahme der
Guarnierischen Korperchen als Vaccineerreger, ihre Spezifit&t, wieder
fraglicher geworden. Sikowsky behauptet, ganz die gleichen Gebilde
auf der Hornhaut von Kaninchen mit erhitzter Lymphe, mit Kaninchcn-
serum und mit Diphtheriegift erhalten zu haben. Da bezflglich erhitzter
Lymphe ein negatives Resultat v. Wasielevskis bereits vorliegt, wird
man eine Bestatigung der Angaben Sikowskys abzuwarten haben.
Aber auch wenn dieselbe ausbleiben sollte, ist eine absolute Spezifitftt
der Guarnierischen KOrperchen fflr Vaccine nicht erwiesen, da vor-
l&ufig der Angabe E. Pfeiffers, dieselben Gebilde nach Impfung von
luetischen Produkten erzeugt zu haben, meines Wissens wenigstens von
keiner Seite entgegengetreten ist.
Nehmen wir aber selbst an, die spezifische Bedeutung der Guar¬
nierischen Kflrperchen fflr Vaccine und Variola werde sichergestellt,
so scheint der Schlufi, dafi diese Gebilde auch nur mit Wahrscheinlich-
keit als Erreger der genannten Krankheit anzusehen seien, nach dem
vorliegenden Tatsachenmaterial durchaus unberechtigt. Will man sie
nicht als Leukocyten oder Zerfallsprodukte solcher deuten, so bleibt die
Mdglichkeit, dafi diese Gebilde nichts anderes sind als Ver&nderungen
des Protoplasmas der Cornealepithelien, hervorgerufen durch die Wirkung
des aus irgend einem Grunde unsichtbaren eigentlichen Krankheits-
erregers.
Mit dem bisher Geschilderten sind die von mir eingeschlagenen
Richtungen der Untersuchung nicht erschdpft Nicht immer ist soviel
Zeit und Mflhe dabei notig gewesen, wie in den drei eben mitgeteilten
Stichproben. Oft war das Aufgeben des Weges schon nach kflrzerem
Marsche geboten. Ich will auf alle diese anderen Abwege jetzt nicht
und niemals eingehen. Im folgenden will ich vielmehr diejenige Methode,
nnd nur diese, beschreiben, welche mir jetzt geeignet erscheint, in das
Dunkel, das fiber der Aetiologie so zahlreicher Infektionskrankheiten
liegt, etwas mehr Licht zu bringen.
Die Ueberzeugung batten mir meine bisherigen Versuche gebracht,
dafi man von einer Vermehrung der Parasiten auf kflnstlichem Substrat
zun&chst werde ganz absehen mflssen. Es blieb die Mdglichkeit, auf
natflrlichem Material, also dem lebenden Korper, eine Vermehrung
der Krankheitserreger, natflrlich in anderer Weise als bisher, also nicht
in den Zellen der Oberhaut, zu versuchen.
22*
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440 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4
Dieser Gedanke ist seither bereits in einigen Experimenten von
anderer Seite, allerdings zum Toil bei anderen Affektionen, zu Tage
getreten. Man hat aufgehdrt, in der Tatsache der Nichtzilchtbarkeit auf
kflnstlichem Nahrboden eine unilbersteigliche Schranke fflr unsere weitere
Erkenntnis auf dem Gebiete nichtbakterieller und nichtprotozoischer
Erankheitserreger zu erblicken. Das Leitmotiv ist dabei meist in der
Anschauung zu finden, daft, wie Pflflger wohl zuerst ausgesprochen
hat, „lebendes u EiweiB den streng parasitisch veranlagten unbekannten
Infektionserregern angeboten werden mflsse, wenn man eine Vermehrung
derselben erleben wolle. Was man sich unter „lebendem“ EiweiB vor-
zustellen hat, ist dabei nicht ganz leicht zu sagen. Wahrscheinlich soli
damit nur dokumentiert sein, daB ein wesentlicher Unterschied in der
Nahrf&higkeit fttr Parasiten und wohl auch in der Zusammensetzung bei
dem funktionierenden Protoplasma einerseits und dem in den K8rper-
flflssigkeiten haupts£chlich vorhandenen Zerfalls- und Abnutzungs-
produkten andererseits besteht.
Um das n&chstliegende Beispiel zuerst anzuffihren, so hat Schiiller
in seinen Untersuchungen tiber die Aetiologie des Garcinoms und Sar-
koms sich in empfehlenswerter Weise des die Geschwiilste umgebenden
normalen Gewebes als Nahrbodens fflr seine Parasiten zu bedienen ver-
sucht. Ob der Versuch erfolgreich war, steht vorlaufig noch dahin.
Schtiller selbst gibt bekanntlich an, dafi er eine betr&chtliche Ver¬
mehrung des geschwulsterzeugenden Fremdkorpers gesehen habe. Jeden-
falls ist das Verfahren nur fiir bestimmte Falle an wend bar, es wflrde bei
Vaccinepusteln z. B. wegen der unvermeidlichen Bakterieneinwanderung
einen Fortschritt nicht bedeuten.
Eine weitere Methode, sich „lebenden“ Eiweifies zu bedienen, besteht
in der Verwendung des von Nocard und Roux bei der Ztichtung
des Erregers der Lungenseuche des Rindes mit Erfolg angewendeten
Collodiumsackchens, das unter alien Kautelen in die Bauchhdhle von
Tieren, z. B. Kaninchen, gebracht wird, welche eine auf nattlrliche Weise
erlangte Immunitat gegen die betreffende Erkrankung besitzen. „In der
Voraussetzung, daB die Immunitat auf der Zerstorung der Krankheits-
erreger durch die Phagocyten beruhe, brachten jene Forscher das Virus,
um es der Wirkung der Zellen zu entziehen, in Collodiumsackchen ge-
htillt, Kaninchen in die Bauchhohle. Kurze Zeit darauf konnten sie in
den mit- der Lymphe des Eaninchens durchtrankten Sackchen die Ent-
wickelung winziger Bakterien konstatieren, welche die spezifischen Er-
reger der Lungenseuche . . . darstellen x ).“ Ich habe in zweimaligem
Experiment versucht, ob dieses Verfahren sich zur Ztichtung des Vaccine-
erregers auf lebendem Substrat eignet, habe dazu allerdings nicht
Kaninchen, sondern Meerschweinchen benutzt. Das Resultat war in
diesen beiden Fallen, in denen das Sackchen 6 Tage in der Bauchhdhle
der Meerschweinchen verblieb, negativ. Dasselbe negative Resultat
haben bei Kaninchen franzdsische Forscher gehabt (Calmette und
Guerin. 1901). Wenn ich sobald davon abgestanden bin, diesen Weg
weiter zu begehen, so haben mich dazu sehr einfache theoretische Er-
wagungen verleitet. Ich bin nicht der Ansicht, daB nur durch Phago-
cytose ein Absterben von Keimen im lebenden Organismus eintreten
kann. Ich glaube vielmehr, daB auch durch Sekretion von seiten der
Leukocyten und vielleicht noch anderer Zellen bakterientotende Sub-
1) Metschnikoff, Immunitat. p. 451/52.
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Bonhoff, Studien fiber den Yaccineerreger. I.
341
stanzen in die Korpers&fte iibergehen und daB durch diese in der Mehr-
zahl die Frage entscbieden wird, ob der Krankheitskeim haften, sich
vermehren kann oder nicht. Das KollodiumsSckchen schutzt gewifi vor
Phagocyten; es schfltzt nicht yor den durch Diffusion in das Innere des
S&ckchens gelangenden, in den KOrpersflften in Ldsung vorhandenen
Stoffen, auf deren Bedeutung und Herkunft ich noch weiter unten zurflck-
zukommen genbtigt bin. Der Kern des Problems wird durch das
Kollodiumsackchen nicht getroffen.
Dazu kommt, daB ftir meinen Fall die Methode gewisse, nicht gerade
unflberwindbare, aber immerhin unangenehme Schwierigkeiten mit sich
fflhrte, die hauptsachlich in der Erschwerung der taglichen oder noch
ofteren Untersuchung des Inhalts des Sflckchens durch das Mikroskop
und durch Impfung auf das Kalb bestand. Es hatte fur jeden einzelnen
Versuch eine betrachtlichere Anzahl von Tieren herangezogen werden
mtissen. Dazu kam die stetige Gefahr der Infektion der Bauchhohle
von dem Darm aus oder bei den Manipulationen der Impfung, kurz, ich
habe mich nicht veranlafit gesehen, auf die Methode noch einmal zurflck-
zugreifen, zumal ich der Ansicht war, dafi alle diese Schwierigkeiten auf
andere Weise umgangen werden konnten.
Fflr eine Qberzeugendere Klarlegung der unbekannten Aetiologie
der Vaccine schien es notwendig, eine Methode zu linden, die die Ver-
mehrung des Vaccinekeimes auBerhalb eines geschlossenen
Zellsystems, ja wombglich auBerhalb der eigentlichen
Korperzellen gestattete. Wenn auch die Entwickelung, die mut-
maBlich vorhanden war, nicht ganz auBerhalb aller kdrperlichen Elemente
abzulaufen brauchte, so muBte doch in einem oder in mehreren Momenten
eine betrachtliche Anzahl sicbtbarer oder unsichtbarer kflrperfremder
Gebilde auBerhalb der KSrperzellen sich nachweisen lassen. Wenn es
gelang, mit solchen tierischen Fltissigkeiten echte Pocken bei K&lbern
zu erzeugen zu einer Zeit, wo die Qbergeimpften Pockenkeime nach
Kontrollversuchen sicher verschwunden waren, oder in solcher Ver-
dflnnung, daB die Wirkung der Pockenerzeugung nicht auf die ursprflng-
lich ubergeimpften Erreger zuruckzufflhren war — so war nach meiner
Ansicht nicht nur ein neuer Weg fur die Beantwortung der Frage er-
flffnet, was ftir Elemente die Ursache der Vaccine seien; es war damit
meines Erachtens auch eine Methode gegeben, mit der es
mutatis mutandis gelingen muBte, die noch unbekannten
Erreger der Masern, des Scharlachs, der Syphilis und
vielleicht noch anderer Infektionskrankheiten in fihn-
licher Weise zur Vermehrung zu bringen, d. h. zu zflchten,
wenn man so will, auch in „Reinkulturen u . Und es war moglich, alle
diejenigen Untersuchungen mit dem betreffenden Material anzustellen,
welche der heutige Stand der parasitologischen Wissenschaft nahe legt
Ein so exakter Beweis, wie ihn die Moglichkeit der Zflchtung auf kunst-
lichem N&hrboden zu liefern erlaubt haben wttrde, lag dann freilich
nicht vor. Aber es schien, dafi man berechtigt sei, sich mit dem eben
Aufgez&hlten zu begnllgen, zumal ja bei einer Reihe als Krankheits-
erreger anerkannter Parasiten, z. B. den H&mam&ben der Malaria, von
einer Vollst&ndigkeit, wie ich sie fur den Nachweis des Pockenerregers
erstrebte, noch heute in einigen Punkten abgesehen wird.
Wenn tierische S&fte als N&hrfliissigkeit fflr die Vermehrung der
Parasiten dienen sollten, so muBte zunflchst die Frage beantwortet
werden, ob nicht die Flflssigkeit als solche ungeeignet erscheint, ob die
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4
Parasiten nicht eben Zellschmarotzer sind, die nur im Inneren von Zellen
die Bedingungen ihrer Entwickelung finden. Es ist ohne weiteres zu-
zugeben, dafi der letztere Punkt allein der entscheidende sein kann;
dafi also die Vaccinekeime sich nur innerhalb lebender Epidermiszellen
zu vermehren vermogen. In diesem Falle sind alle unsere weiteren Be-
milbungen iiberfiflssig. — Es kann weiter die Sachlage derart sein, dafi
die Vaccineerreger wenigstens des moglichst unverfinderten Inhalts der
Epidermiszellen zu ihrer Vermehrung bedfirfen. In letzterer Beziehung
darf ich an das erinnern, was ich oben fiber rneine Mifierfolge bei Be-
nutzung eines Nfihrbodens mitgeteilt habe, der aus zerriebenen Epidermis¬
zellen des Kalbes und Kfilberserum bestand. Indessen von anderer Seite
liegen Beobachtungen vor, nach denen wenigstens eine begrenzte Ver¬
mehrung der Vaccinekeime in derartigen Nfihrboden festgestellt worden
ist Noch jfingst hat Ishigami mitgeteilt, dafi ihm eine Zfichtung
der Vaccineerreger bis zur 3. Generation in derartigen Nfihrbfiden ge-
glfickt sei. Auch die von Freyer festgestellte Tatsache, dafi man die
Vaccineerreger innerhalb 3—4 Wochen nach erfolgter Impfung im Blute
nachweisen kann, scheint mir gegen solchen strengen Zellparasitismus,
bei dem die Parasiten ja meist an eine ganz bestimmte Art von Zellen
gebunden sind, zu sprechen.
Ist es also wahrscheinlich, dafi auch flfissige Nfihrbfiden an sich,
wenn sie nur das richtige Nfihr material enthalten, zur Zfichtung unserer
Parasiten geeignet sind, so bliebe die Notwendigkeit, nach denjenigen
anderen Ursachen zu suchen, die ffir die ausbleibende Vermehrung der
Vaccinekeime nach der 3. Generation, aber eventuell auch ffir ein Ab-
sterben derselben in den Saften des lebenden Organism us verantwortlich
zu machen sind. Im folgenden mfichte ich einer Ueberlegung Ausdruck
geben, die mir geeignet erscheint, eine solche Ursache ffir das Aufhdren
der Vermehrung der Euhpockenerreger auszuschalten.
Wenn man Versuchstieren subkutan oder in eine Kfirperhfihle wirk-
same Lymphe beibringt, wird man, wie bekannt ist, finden, dafi von
einer Entwickelung des Krankbeitserregers keine Rede ist, dafi derselbe
vielmehr schon nach kurzer Zeit an der Stelle nicht mehr vorhanden ist,
der er auch in grfifieren Mengen einverleibt wurde. Durch mehrfach
wiederholte Versuche habe ich feststellen kfinnen, dafi Vaccineerreger,
die dem Kaninchen subkutan am Ohre beigebracht werden, sich zwar
in dem nach 24 Stunden der Impfstelle entnommenen Material noch
eben nachweisen lassen, fibrigens nicht immer, nur in der Mehrzahl der
Falle; dafi aber in dem nach 48 Stunden derselben Impfstelle ent¬
nommenen Material nur selten noch Pustelerreger vorhanden sind und
dafi sie am 3. und 4. Tage regelmfifiig fehlen. Die Lymphe war dabei
in Schwfimmchen aufgesogen, die subkutan am Ohre in nachher genauer
zu beschreibender Art untergebracht waren. Da mir die Moglichkeit
nicht ausgeschlossen erschien, dafi mit dem nach 24 und 48 Stunden
aus dem Schwfimmchen ausgedrfickten Material eben die Gesamtheit der
Parasiten entfernt sei, habe ich in einem Versuche dem geimpften Tiere
erst am 3. Tage, einem zweiten geimpften Tiere erst am 4. Tage nach
Einschiebung des Lympheschwfimmchens zuerst etwas ausgedrfickt, in
Kapillaren aufgesogen und auf das Kalb verimpft. Dabei haben sich
Pusteln fiberhaupt nicht entwickelt. Doch ist in einem der drei Kreuz-
schnitte, die mit dem Material vom 3. Tage geimpft waren, es an dem
einen Ende eines Schnittes zu einer kleinen infiltrierten Rfitung, die
schliefilich Stecknadelkopfgrfifie erreichte, gekommen.
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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. I.
343
Was ist aus den Parasiten im Subkutangewebe der Kaninchen in
dieser Zeit geworden? Wir konnen nur annehmen, dafi entweder an
der Impfstelle, was bei unserer Art der Impfung wohl allein zutrifft,
oder in inneren Organen eine Abtdtung derselben stattgefunden hat, in
Shnlicher Weise, wie Bakterien im unempf&nglichen Organismus ab-
getotet werden. Allerdings ist das Kaninchen gewifi nicht zu den ffir
Vaccine ganz unempf&nglichen Tieren zu z&hlen. Darauf wird sp&ter
noch einmal zurfickzukommen sein. Wahrscheinlich ist die Invasions-
pforte bei subkutaner Impfung des Materials eine so ungfinstige, dafi es
zu einer wirklichen Infektion des Tieres, zur ausgiebigen Vermehrung
der Parasiten im Kdrper nicht kommen kann, sei es nun, dafi die end-
gfiltige Vernichtung am Orte der Impfung oder in den inneren Organen
stattfindet
Ueber die bei dieser Vernichtung eine Rolle spielenden Faktoren
wird man am besten klar sehen, wenn man die Verh<nisse kurz ins
Auge fafit, die bei Abtdtung der Bakterien von ausschlaggebender Be-
deutung sind. Toxische Wirkungen der unbekannten Infektionserreger,
derart, wie wir sie beim Diphtherie- und Tetanusbacillus, beim Bac.
botulinus kennen, auch etwaige die Toxizit&t paralysierende Antitoxine
des Blutes sind uns ja bisher nicht bekannt geworden. Es ist mit
grofier Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dafi dieselben Gewalten, welche
die Ursache der Baktericidie des Organismus sind, auch bei der Ab¬
tdtung der unbekannten Infektionsstoffe mitwirken. Zur Bekr&ftigung
dieser Behauptung genfigt es, auf die Arbeiten von Bdclbre, Chambon
und Mdnard in den Annales Pasteur. 1896,1898, 1899 hinzuweisen. Die
Autoren haben unter anderem gezeigt, dafi das Blutserum von F&rsen,
Pferden und das des Menschen, falls dieselben die Vaccine- oder Variola-
impfung fiberstanden haben, nach etwas verschieden langer Zeit „viru-
licide“, d. h. das Virus der Vaccine bezw. Variola auch in vitro abtdtende
Eigenschaften erhfilt
Bezfiglich der Abtdtung von Bakterien nun im lebenden Kdrper
darf man wohl das Folgende als von fast alien Seiten anerkannt be-
trachten: Es sind, wenn wir hier von der Phagocytose absehen, in den
Sfiften des Kdrpers antiparasit&re Substanzen geldst vorhanden oder sie
erscheinen im Momente der Infektion, fiber deren Natur wir im Laufe
der Zeit gewisse Aufschlfisse erlangt haben. Die eine Komponente
dieser Substanzen wird durch Erhitzen auf 55—60° C w&hrend einer
halben Stunde zerstdrt, ebenso durch starke Verdfinnung mit Wasser,
durch mehrt&giges Stehen bei 37° C, durch mehrwdchentliches bei
Zimmertemperatur. Die Ausf&llung dieser Substanz gelingt nicht mit
absolutem Alkohol, wohl aber mit konzentrierteren Salzlosungen (Natrium-
sulfat). Die zweite Komponente ist wesentlich bestfindiger gegenfiber
der Erwfirmung und Verdfinnung, sie h< sich fiber Jahre unverfindert
oder nur wenig abgeschwficht. Beide sind den Eiweifikdrpern nahe-
stehende, kompliziert gebaute Substanzen, fiber deren chemische Kon-
stitution wir noch so gut wie gar nichts wissen. Nennen wir diese
Substanzen (mit Ehrlich) die erste Komponente Kompleinent und die
zweite Zwischenkorper oder Ambozeptor. Auf die fibrigen im Laufe der
letzten Jahre festgestellten Details hinsichtlich dieser Substanzen braucht
an dieser Stelle nicht weiter eingegangen zu werden, was urn so erfreu-
licher ist, als der Streit der Meinungen fiber diese Details noch fast
tfiglich in den Spalten aller Zeitschriften tobt.
Uns interessiert hier zun&chst die Frage nach der Herkunft dieser
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Substanzen, fiber die glficklicherweise ebenfalls eine gewiSse Einigkeit
erzielt ist. Es dfirfte kaum Widerspruch hervorrufen, wenn eine gewisse
Verwandtschaft derselben mit den Nuklelnen, den Kernsubstanzen der
KOrperzellen behauptet wird und man sie als Sekretionsprodukte kern-
haltiger Zellen, die natfirlich auch bei dem Zerfall von Zellen und deren
Eernen frei werden, ansieht. Diejenigen Zellen, welche hauptsfichlich zur
Anreicherung von antiparasitfiren Stoffen ini Blute beitragen, sind
zweifellos die weifien BlutkOrperchen der verschiedensten Art Ist doch
nicht nnr erwiesen, dafi einerseits Hyperleukocytose und Vermehrung'
der Baktericidie, andererseits Hypoleukocytose und Verminderung der¬
selben meist Hand in Hand gehen; man hat auch durch Abtotung der
Leukocyten, z. B. durch Gefrierenlassen von Exsudaten, eine Vermehrung
der baktericiden Wirkung derselben, durch Erwfirmung der Leukocyten-
sekrete auf 60° eine vollige Aufhebung der baktericiden Wirkung erzielt.
Wenn auch die Leukocyten vielleicht nicht die einzigen Produzenten der
baktericiden Substanzen sind, einen betr&chtlichen Anteil an der Er-
zeugung derselben werden wir ihnen gewifi zusprechen dfirfen.
Auch ffir die Abtotung der in den Kaninchenkorper durch kfinst-
liche Impfung eingeffihrten Vaccineerreger, wahrscheinlich auch ffir die
ausbleibende Vermehrung in spfiteren Generationen kfinstlichen Nfihr-
materials, das ja fast immer zum Teil wenigstens aus Blutserum Oder
verwandten Stoffen bestand, wird man die in den normalen KOrpersfiften
fertig vorhandenen „viruliciden“ oder „parasiticiden“ Substanzen in erster
Linie verantwortlich machen. Wenn man im stande wfire, diese
Substanzen auszuschalten, wfirde vielleicht eine Ent-
wickelung der Krankheitserreger im TierkOrper, sowie
vielleicht auch auf kfinstlichem Substrat zu erreichen
sein. Es lag also nahe genug, den Versuch zu machen, zun&chst einmal
dem tierischen Organismus die F&higkeit der Abtotung der Vaccine¬
erreger durch antiparasit&re Substanzen zu nehmen. Und es erschien
von vornherein weit leichter, besonders bei dem heutigen Stande unserer
Kenntnisse, einem Organismus eine natfirliche Widerstandsfthigkeit zu
rauben, als etwa einem disponierten Korper Schutz gegen eine bestimmte
Erkrankung zu verleihen.
Die folgende Besprechung besch&ftigt sich nur mit der Ent-
wickelung im lebenden TierkOrper, gar nicht mit der Ver¬
mehrung auf totem Substrat.
Durch Erzeugung einer Hypoleukocytose, durch Schw&chung des
KOrpers mit Blutentziehungen oder durch schlechte Ernfihrung, auch
durch Ueberanstrengungen oder Erschwerung der W&rmeregulation;
ferner durch Bindung eines Teiles der antiparasitfiren Substanzen ver-
mittelst chemischer Gifte Oder anderer Korper organischer Art (Chloral,
Aleuronat) oder vermittelst Bakterien oder Bakterientoxine (Diphtherie-
gift) ist man in der Lage, eine erhdhte Disposition ffir einzelne Infek-
tionen herbeizuffihren- Vielleicht wfirde auch eine Erhohung der Dis¬
position ffir Vaccine bei Versuchstieren auf einem dieser Wege Oder
durch Kombination einiger derselben zu erreichen sein.
Aussichtsreicher und dem Stande unserer Kenntnisse mehr ent-
sprechend erschien es, den Versuch zu machen, die parasiticiden Sub¬
stanzen direkt anzugreifen bezw. zu binden dadurch, dafi man mit der
Lymphe zugleich Antikorper der die Erreger abtdtenden Substanzen
einverleibte. Wie es gelungen ist, Antihfimolysine zu erzeugen, die die
Wirkung der Blutgifte aufzuheben vermogen, so konnte es auch mdglich
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Bonhoff, Studien liber den Vaccineerreger. I.
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sein, antiparasiticide Substanzen zu gewinnen, die zusammen mit der
Lymphe dem Tierkfirper einverleibt, die Wirkung der in den Kfirper-
sfiften vorhandenen Parasitolysine aufhoben und damit den Vaccine-
keimen eine ausgiebige Vermehrung ermdglichten. Dabei konnte man
Antikorper und Lymphe entweder gleichmafiig im ganzen Korper ver-
teilen Oder beide an einer Stelle subkutan fixieren. Letzteres erschien
besseren Erfolg zu versprechen, weil es leichter sein muBte, die suppo-
nierten „Lysine“ lokal als im ganzen Kfirper zu binden. Nach Ehr-
•lichs Auseinandersetzungen sind theoretisch als Autihfimolysine drei
verschiedene Antikdrper denkbar, da drei angreifbare haptophore Gruppen
vorhanden sind, zwei am Ambozeptor und eine am Komplement. Dem-
nach konnen Antih&molysine entweder Antiambozeptoren Oder Anti-
komplemente sein. Aufier bei Hamolysinen sind Antiambozeptoren auch
gegen Gholeraambozeptoren von Pfeiffer und Friedberger erzeugt
worden. Daraus schopfte ich die Hoffnung, diese Verhfiltnisse auch auf
unseren Fall ilbertragen zu konnen, obgleich wir vorlfiufig nicht wissen,
ob auch die virulicide Wirkung des Serums der vaccineimmunen Kfilber
eine komplexe ist, d. h. auf Vorhandensein von Ambozeptor und Kom¬
plement beruht. Eine Tatsache scbeint direkt gegen letztere Annahme
zu sprechen; die namlich, dafi die virulicide Wirkung des fraglichen
Serums selbst durch halbstiindiges Erhitzen auf 100° nicht aufgehoben
wird. Einmai aber handelt es sich dabei um getrocknetes Serum
und zweitens wissen wir, daB es auch Komplemente von groBerer Warme-
best&ndigkeit gibt. Ehrlich und Morgenroth haben z. B. im Ziegen-
serum ein bei 56° nicht zerstortes Komplement gefunden. Es wire also
durch besondere Versuche erst festzustellen, ob vielleicht das Kom¬
plement des viruliciden Serums eine sehr hohe Thermostabilit&t besitzt.
Jedenfalls konnte diese Ueberlegung nicht hindern, die bei den Hamo¬
lysinen und den baktericiden Substanzen festgestellten Verhfiltnisse
als im groBen und ganzen auch fur die Vaccineimmunitat giiltig an-
zunehmen.
Will man also Antiambozeptoren oder Antikomplemente fUr unsere
Bedingungen immunisatorisch erzeugen, so ist es notwendig, sich iiber
die Bildung der Ambozeptoren und der Komplemente des normalen
Serums klar zu werden. Als Bildungsstatte der Cholera- und Typbus-
ambozeptoren kennen wir die hamatopoetischen Organe, Knochenmark,
Milz, Lyrophdrfisen. Die hamatopoetischen Organe werden auch fiir
unseren Fall als Ambozeptorenbildner hauptsachlich in Betracht kommen.
Indes herrscht bereits fiber die Hinzurechnung der Milz keineswegs
Einigkeit. Von vielen Seiten wird die Milz als hfimatopoetisches Organ
sehr niedrig eingeschfitzt. Nach Ehrlich „kann die Bedeutung der
Milz ffir die Produktion der weiBen Blutkorperchen keineswegs erheblich
sein; wenn wirklich Zellen von ihr produziert werden, mfissen dies
kfirnchenfreie sein. Die Milz steht somit in ihrer Funktion in engerer
Beziebung zum Lymphdrfisensystem als zum Knochenmark. Sicherlich
bat die Milz zu der gewfihnlichen Leukocytose nicht die geringste Be-
ziehung“. Die Eigenschaft der Milz als Trfimmerstfitte der verschiedenen
Blutkfirperchen empfiehlt immerhin, auch mit diesem Organ wenigstens
einmai einen Versuch zu machen. DaB rote Blutkorperchen von der
Milz aufgenommen werden und dafi eine Hamolyse derselben vielleicht
mit die wichtigste Funktion der Milz darstellt, ist lange bekannt und
neuerdings durch Jaw ein wieder ausdrficklich betont worden; aber
auch die Zerfallsprodukte der weiBen Blutkorperchen werden nach
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Ehrlich von dern Milzparenchym aufgenommen. Deshalb lohnte es
sich also vielleicht doch, auch die Milz zu den Versuchen, Antiambo-
zeptoren zu erzeugen, mit heranzuziehen.
Die Komplemente sind Zellsekrete, die gewifi zum Teil von den
Leukocyten stammen. Man konnte also versuchen, mit den Leukocyten
der zur Ziichtung des Vaccineerregers dienenden Tierspezies bei anderen
Tieren Antikomplemente zu erzeugen, wie das schon verschiedenen
Autoren (Wassermann, Ascoli und Riva) gelungen ist. Leuko¬
cyten kann man gerade von Kaninchen leicht genug erhalten. Durch
Weizenkleber, durch sterile Bakterientoxine, durch Glutenkasein, Papayotin-
losung, zimmtsaures Natron kann man gentigende Mengen in irgend
einer KSrperhohle des Kaninchens ansammeln und leicht steril gewinnen.
Wenn ich trotzdem nicht die Leukocyten selbst zur Immunisierung der
serumliefernden Tiere benutzt habe, so geschah das aus folgenden
Griinden: Erstens wird wahrscheinlich ein Teil der freien Seitenketten
der weiBen Blutkdrperchen durch die die Chemotaxis hervorrufende
Substanz gebunden und dieselben kommen also in dem Korper des zu
behandelnden Tieres nicht zur Wirkung, zur Erzeugung der betreffenden
Antikomplemente. Handelte es sich dabei gerade um Rezeptoren, die
mit den parasiticiden nahe verwandt oder identisch sind, so wird die
beabsichtigte Wirkung des Serums, welches die Antikomplemente dem
Kaninchenkorper zufiihren soil, ausbleiben mussen. Zweitens wissen wir
ja vorlaufig nicht, welche Art von Leukocyten die fiir Vaccineerreger
parasiticide Substanz, das wirksame Komplement erzeugen; es w&re
moglich, daB diejenigen, welche durch Aleuronat bezw. die anderen oben
genannten Stoffe angelockt werden, ganz andere sind als die, welche die
fiir die Erreger der Vaccine parasiticiden Stoffe sezernieren. Nach
Ehrlich werden durch Parasiten nur die polymorphkernigen weiBen
Blutkorperchen positiv chemotaktisch beeinfluBt, den anderen weiBen
Blutk6rperchen, wenigstens soweit sie aus Lymphdriisen stammen, wird
die Fahigkeit, auf Parasitenein wan derung durch positive Chemotaxis zu
reagieren, vSllig abgesprochen. In ahnlicher Weise faBt auch Denys
die Sachlage auf. Im Gegensatz dazu gibt Metschnikoff an, daB
korperliche Elemente und Gebilde tierischer Herkunft durch die Makro-
cyten, die groBen einkernigen Zellen verdaut werden, daB sie nur durch
„Makrocytase u zu Grunde gehen; w&hrend bakterielle Eindringlinge durch
die Mikrocytase der polymorphkernigen Leukocyten vernichtet wiirden.
Metschnikoff ist nun allerdings der Ansicht, daB die Erreger der
Pocken zu den kleinsten pflanzlichen Gebilden gehoren, die wir eben
ihrer Kleinheit wegen niemals werden sehen konnen; nach ihm wiirden
dieselben also doch durch die Mikrocyten vernichtet werden, wodurch
also wieder zur Immunisierung nur polymorphkernige Leukocyten in
Betracht k&men. VorlSufig war indessen ein definitiver Beweis fiir die
Berechtigung der Auffassung Metschnikoffs betreffend die QualitSt
der Pockenerreger nicht erbracht, wenn mir auch diese Auffassung sehr
wahrscheinlich war. Es bestand immerhin wegen der Moglichkeit, daB
es sich auch um tierische Parasiten handeln konnte, die Verpflichtung,
mit Makrocyten zu immunisieren.
Um letztere zu erhalten, muBte man sich schon der sie produzieren-
den Organe bemachtigen und es kam also darauf an, Lymphdriisen zur
Immunisierung zu verwenden. Dann aber lag es nahe, sich auch des
die polymorphkernigen Leukocyten erzeugenden Organes zur Produktion
der Antimikrocytase zu bedienen. Lymphdriisen und Knochenmark sind
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Bonhoff, Studien fiber den Vaccineerreger. L 347
also zur immunisatorischen Erzeugung von Antikomplementen benutzt
worden.
Gegen die Verwendung von Leukocyten und leukocytenerzeugenden
Organen allein zur Gewinnung von Antikomplementen lieB sich aber
noch ein dritter Grund anftihren. Es ist sehr fraglich, ob Leukocyten
die einzigen Produzenten von Komplement sind; wahrscheinlich ist viel-
mehr, daB sie eben nur eine Quelle des Verdauungsfermentes sind.
Waruin sollte es nicht noch andere geben? Warum sollten nicht auch
andere Korperzellen, vor allem auch fixe Gewebszellen, derartige Sub-
stanzen erzeugen? Will man einigerraaBen sicher sein, die Gesamtheit
der in einem Serum vorhandenen Koraplemente zur Gewinnung ent-
sprechender Antikomplemente zu verwenden, so ist es jedenfalls am
einfachsten, das frische Serum selbst zur Immunisierung anderer Tier-
spezies zu benutzen. Uebrigens nicht einmal nur das frische Serum!
Sind doch auch Komplementoide zur Erzeugung von Antikomplementen
geeignet!
Milz, Knochenmark, Lymphdrfisen und das Serum der zur Ziichtung
der Vaccineerreger zu verwendenden Tierspezies waren also zur Impfung
anderer Tierarten heranzuziehen. Es muBte nun erwiinscht erscheinen,
mbglichst nicht nur eine Tierart mit diesen Substanzen zu behandeln,
sondern mehrere, im System mbglichst getrennt stehende. Durch die
schbnen Untersuchungen Ehrlichs und seiner Mitarbeiter scheint mir
die Vielheit der Ambozeptoren und Komplemente des normalen Serums
mit voller Sicherheit erwiesen. Da es moglich war, daB die zur Ab-
totung der Vaccineerreger dienenden Ambozeptoren und Komplemente
des „Zfichtungstieres“ gerade bei der einen, eventuell allein zur
Immunisierung herangezogenen Tierart keine Rezeptoren fanden, so
muBten schon aus diesem Gruude mbglichst mehrere Spezies immunisiert
werden.
Die verschiedenen auf dem Immunisierungswege erhaltenen Sera
konnten zun&chst allein ffir sich auf ihre antiparasiticide Wirkung gepriift
werden; es war aber auch nbtig, Kombinationen zu priifen, einmal derart,
daB die Sera verschiedener mit dem gleichen Organ etc. immunisierter
Tierarten miteinander vermischt wurden; zweitens Kombinationen von
Antiambozeptoren mit Antikomplementen vorzunehmen.
Die Vielheit der Ambozeptoren und Komplemente des normalen
Serums, die Wahrscheinlichkeit, daB bis zu einem gewissen Grade auch
eine Stellvertretung derselben untereinander stattfindet, die hieraus
resultierende Schwierigkeit, vollwirksame Antiambozeptoren Oder Anti¬
komplemente bezw. beides zu erhalten, lieBen wflnschen, daB es mbglich
sein mbchte, durch irgend ein Verfahren gerade diejenigen Substanzen
unter der Vielheit der vorhandenen zu fassen, welche den Vaccinekeim
in den Saften des Korpers vernichten. Am sichersten und zugleich
leichtesten muBte das dadurch zu erreichen sein, daB man nicht das
Serum und die Organe normaler Tiere, sondern solcher, die die
Infektion mit Vaccine fiberstanden haben, verwendete. In
dem Blutserum solcher sind an sich, wie ja B6clhre, Chambon und
Mbnard filr zwei Tierarten nachgewiesen haben, etwa vom 14. Tage
nach der Impfung an gerade diejenigen Stoffe angereichert, welche den
Erreger der Kalbspusteln vernichten. Auch fiber die Entwickelung der
Vaccineimmunitat bei Kaninchen sind wir durch die Unteruchungen
von Calmette und Gudrin unterrichtet (A. P. 1901). Danach tritt
bei diesen Tieren nach der Hautimpfung und nach subkutaner Impfung
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Centralbl. f. Bakt etc. I. AbL Originale. Bd. XXXIV. No. 4.
der Lymphe die Schutzkraft des Blutes am 6. Tage ein, nach der intra-"
venosen Impfling schon am 5. Tage.
Bringt man seiches Immunserum mit Lymphe zusammen, so ist
schon nach wenigen Minuten die Gesamtheit der in der Lymphe vor-
handenen Keime vernichtet, wie man durch Abzentrifugieren der Lymphe-
bestandteile und Verimpfung derselben auf das Kalb erweisen kann.
Ob auch in der Milz, dem Knochenmark, den Lymphdriisen derartiger
Tiere spezifische „virulicide tt Stoffe sich bilden, ist wohl noch nicht be-
kannt, erscheint aber nach unseren Kenntnissen liber die Bildung bak-
tericider Stoflfe jedenfalls sehr wahrscheinlich.
Es war also empfehlenswert, neben den Organen und dem Serum
normaler auch dieselben Stoflfe mit Vaccine etwa 8 Tage vorher ge-
impfter Tiere zur Immunisierung einer Anzahl von Tierarten zu ver-
wenden. Es mufite sich zeigen, ob bei den so behandelten Tieren nur
eine entsprechende Verdiinnung von „viruliciden u Stoffen sich im K5rper
fand oder ob diese viruliciden Stoffe im stande waren, Antikorper zu
erzeugen, die dann natiirlich im hdchsten Mafie die F&higkeit besitzen
muBten, die AbtAtung der Vaccinekeime im K6rper des Ziichtungstieres
zu verhindern.
Aus allem bis jetzt Ausgefiihrten geht hervor, von welcher Bedeutung
die richtige Auswahl des Ziichtungstieres fiir den Ausfall der ganzen
Untersuchung sein muBte. Da die Gesamtheit der resultierenden Immun-
sera zugeschnitten war auf diese Tierspezies, die zur Zflchtung des
Vaccinekeimes dienen sollte, so konnten nicht beliebige andere Tierarten
nachher zur Ziichtung verwendet werden. Wissen wir doch, daB solche
Sera immer am kr&ftigsten, zuweilen sogar ausschlieBlich auf die der¬
selben Tierspezies angehdrenden Zellen bezw. Losungen wirken. Wie
aus dem Vorstehenden schon ersichtlich ist, habe ich als Ziichtungstier
das Kaninchen erw&hlt, und zwar aus folgenden Griinden: Einmal sind
die Tiere jederzeit leicht zu beschaflfen. Dann kann man betrachtlichere
Mengen Blut von ihnen erhalten, als von ganz kleinen Tieren. Die in
Betracht kommenden Organe sind von einigem Volum und in ihrer
Zusammensetzung hinsichtlich der in ihnen vorkommenden Arten von
Leukocyten genau erforscht. Und schliefilich ist das Kaninchen zu den-
jenigen kleineren Laboratoriumstieren zu rechnen, die als empf&nglich
fiir Vaccine gelten miissen; d. h. es ist anzunehmen, daB die Korper-
s&fte desselben den Vaccineerregern als N&hrmaterial dienen kbnnen.
In letzterer Hinsicht betone ich die Tatsache, daB die Hornhaut-
impfungen Guarnieris und seiner Nachfolger bei Kaninchen aus-
gefiihrt sind; ich fiihre an, daB Hiiekel ein besonderes Kapitel seiner
schbnen Arbeit der Frage nach der Empf&nglichkeit des Kaninchens fiir
Vaccine gewidmet und festgestellt hat, daB man an den NAstern der¬
selben jederzeit Pockenbl&schen erzeugen kann. Ich erwAhne ferner,
daB nach einer Arbeit von Calmette und Gu6rin (A. P. 1901)
Kaninchen, deren Haut man am Rucken rasiert und nur mit wirksamer
Lymphe bestreicht, iippige Pusteln aufgehen lassen. Ein weiterer, eigent-
lich nicht hierhergehoriger Grund war die von Ehrlich festgestellte
Tatsache, daB man durch intraperitoneale Einspritzung normalen Ziegen-
serums bei Kaninchen so leicht und schnell Antikomplemente, und
zwar, wie es scheint, eine Mehrheit derselben (Autoantikomplemente)
erzeugen kann.
Die Summe dieser Tatsachen lieB mir das Kaninchen als geeignetstes
^ZAchtungstier u erscheinen, obgleich ich bei Nachpriifung an meinen
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Bonhoff, Studien liber den Vaccineerreger. I.
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Tieren die Resultate von Calmette und Gu4rin nicht ohne weiteres
bestatigen konnte. Ob man aber mit der Auswabl einer anderen Tierart
nicht vielleicht schnellere und bessere Resultate erzielen wfirde, bleibt
abzuwarten.
Die Einbringung des Krankheitserregers nan zusammen mit dem
Serum geschieht in der Weise, daB beim Kaninchen snbkutan am Ohre
eine mOglichst lange Hauttasche steril angelegt wird, in die ein steriles
Schwammchen von etwa HaselnufigrdBe gesteckt wird, welches sich zu-
nfichst mit der wirksamen Lymphe fast vollgesogen hat und dann mit
dem auf seine „antivirulicide“ Wirkung zu priifenden Serum beschickt
wird. Die Hautwunde, bei der man Blutung nach Moglichkeit vermeidet
und leicht ganz ausschlieBen kann, wird mit Kollodium geschlossen.
Zuerst nach etwa 24 Stunden und weiter t&glich oder t&glich mehrmals
wird durch Druck auf das Schwammchen nach Entfernung des Kollodiums,
die jedoch am besten erst nach einer grundlichen Waschung der Haut
des ganzen Ohres mit Sublaminalkohol vorgenommen wird, ein moglichst
kleiner Teil des Inhaltes des Schwfimmchens entleert, in ein steriles
Glaskapillarrdhrchen aufgesogen und ein Teil des erhaltenen Materials
zum hfingenden Tropfen, zur Anfertigung eines gefarbten Praparates,
eventuell zum Ausstrich auf Agar benutzt, ein Teil in dem zugeschlossenen
Rdhrchen aufgehoben. Nach der Entnahme wird wieder mit Kollodium
geschlossen. Es empfichlt sich, den Kollodiumverschlufi jedesmal fiber
die ganze Breite des Ohres sich ausdehnen zu lassen, damit durch die
Zusammenziehung der unter dem Kollodium befindlichen Haut und ihrer
Gef&Be mdglichste Blutstauung mit ihren Folgen erreicht wird. Das
Schwammchen ist zuweilen, besonders wenn in dem Impfmaterial viele
Bakterien vorhanden sind Oder bei unvorsichtigem Arbeiten sich spater
entwickeln, an einem der nachsten Tage .etwas zu verlagern, am besten
nach der Ohrwurzel hin tiefer hineinzuschieben, da die Haut fiber dem-
selben nicht nekrotische Haut sein darf, die zudem fest mit dem
Schwammchen verwfichst, sondern normal oder starker als normal von
Blut durchstromte Haut sein muB. Die sich entwickelnden Bakterien
werden fibrigens nur insofern stfiren, als durch sie eine starke positive
Chemotaxis von Leukocyten erzeugt werden kann. Mit dem in den Glas-
kapillaren aufgehobenen Material ist auf rasierte Kalbshaut ungeimpfter
Tiere abzuimpfen und damit die Feststellung, ob in dem Material Vaccine-
keime vorhanden sind, auch wieviele vorhanden sind, vorzunehmen.
Bei Verimpfung von Vaccinekeimen genfigt eine sechstagige Be-
obachtung, da vom 6. Tage an Iramunitat eintritt. Wfihrend dieser Zeit
kann wohl der Tod der Tiere, z. B. durch Bakterienwirkung eintreten,
ehe die Beobachtungsperiode zum Abschlufi gekommen ist; oder es kann
aus anderen Grfinden, etwa weil das betreffende Ohr einmal vollig
nekrotisch geworden ist, notwendig werden, das Schwammchen zu ent-
fernen. Man braucht dasselbe in diesem Falle nur von neuem in das
Immunserum einzutauchen und einem neuen Kaninchen zu implantieren.
Inwieweit eine ofters, z. B. tfiglich oder t&glich mehrmals wieder-
holte Eintragung der Schwammchen in das Immunserum von Vorteil ist,
darttber, wie fiber manches andere, will ich heute noch keine Mitteilung
machen. Es kam mir nur darauf an, zunfichst die von mir befolgte
Methode mitzuteilen und zu begrfinden. DaB sie nicht vollkommen ist
und mannigfach wird abge&ndert werden konnen und mfissen, bevor
sie eine groBere Brauchbarkeit erreicht haben wird, erscheint selbst-
verstfindlich.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Es darf bier nicht unterlassen warden, auf das strengste davor zu
warnen, dafi alles, was an neuen Forraen oder etwas abweichenden Ge-
staltnngen mit dieser Methode erzeugt wird, ohne weiteres als die
Vaccineerreger oder als mit ibnen irgendwie in Zusammenhang stehend
angesehen wird. Es ist a priori wabrscheinlich, dafi die Immunsera,
besonders solange sie noch keine bdhere Wirksamkeit besitzen, als
Reiz auf die h&matopoetischen Organe, vielleicht auch auf die Zellen des
nSchstgelegenen Gewebes einwirken und dafi sich infolge dieses Reizes
Dinge an der Impfstelle einfinden, die Fremdkorper vortauschen konnen,
besonders desbalb, weil in Kontrollversuchen mit dem Serum der gleichen
nicbt vorbehandelten Tiere diese Gebilde ausbleiben. Den besten Schutz
vor Irrtumern wird in diesen Fallen immer, abgesehen von den natfirlich
immer notwendigen Kontrollen durch den blinden Versuch, die oben
von mir angeftihrte Hautimpfung des gleichen Materials (aus den Glas-
kapillaren) beim Kalbe gewahren. Aus dem Ausfall dieser Impfung, aus
der Zabl der eventuell auftretenden Pusteln, der Art der Entwickelung
derselben kann man meist eine Anzahl von Schlufifolgerungen ziehen,
die den vorsichtigen Beobachter mit Sicberheit vor Entt&uschungen be-
wahren. Dafi es auch noch andere Mittel zur Sicherung gibt, wird spater
genauer auszufuhren sein.
yachdruck verboten.
Sur un cas d’appendicite avec Oxvuris vermicularis L.
et Trichocephalus tricniurus L.
[Laboratoire d’hygiene experimental et de parasitologie de l’Universite
de Lausanne.]
Par Bruno Galli-Yalerlo.
Avec 2 figures.
Dans l’4tiologie de l’appendicite entrent en jeu difF6rentes causes:
les unes agissant comme pr6disposantes, les autres comme causes
directes de la maladie. Soit les unes, soit les autres, sont certainement
multiples.
C’est le m^rite de Mr. Metchnikoff, d’avoir fixe l’attention sur
le role que les vers intestinaux peuvent jouer dans le d6veloppement
de l’appendicite.
Suivant Mr. le Dr. Rochaz 1 ) d6jk en 1724 Santorini avait signal^
la presence de vers, probablement de trichocephales, dans l’appendice.
Ensuite, plusieurs autres observateurs ont signaie dans les autopsies la
presence d’ascarides, des trichocephales etc. dans l’appendice. Mr. le
Dr. Rochaz, dans le travail cite, dit aussi d’avoir trouve dans des
calculs appendiculaires des ocufs d’ascaride et d'oxyure.
C’est en 1900 qu’il parut un interessant travail de Mme. Arbore*
Rally 2 ) qui decrivait un cas d’appendicite chez un enfant age de 10 ans
gueri tout de suite aprfcs l’eiimination de deux Ascaris lumbricoides,
l’un avec les vomissements, l’autre avec les selles.
1) Re\oie m^dicale de la Suisse romande. 1894. p. 637.
2) Archives de m&lecine des enfants. 1900. D^cembre.
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Galli-Valerio, Sur un cas d'appendicite avec Oxyuris vermicularis L. etc. 351
L’ann4e suivante, Mr. Girard 1 ) communiquait a la Soci4t4 de
biologie, d’avoir rencontr4 dans l’appendice res4qu4 k une fillette de
8 ans, une masse form4e par 2 trichoc4phales, un male et une femelle,
I’extr4mit4 ant4rieure d’un desquels 4tait eufonc4e dans la muqueuse.
Mr. Metchnikoff 2 3 ) se basant sur ces observations et ayant souvent
not4, que chez plusieurs personnes pr4sentant des symptoraes d’appen-
dicite et chez lesquelles on trouvait dans les selles des oeufs d’ascaride
et de trichoc4phale, l’administration d’un vermifuge amenait la gu4rison,
affirmait que les n4matodes sont la cause d’un grand nombre d’appen-
dicites. II consid4rait le role de ces parasites comme double; c.-a.-d.:
action directe m4canique ou chimique sur l’appendice; action indirecte,
par l’interm4diaire des microbes qu’ils introduisent dans la muqueuse.
Tout en exposant ces id4es, Mr. Metchnikoff n’a pas manqu4 de
noter, qu’il y a certainement des appendicites qui ont une autre origine,
observation sur laquelle j’insiste, parce que trks souvent on a affirm4
que Mr. Metchnikoff avait attribu4 toutes les appendicites k faction
de n4matodes.
A porter un appui aux id4es de Metchnikoff, sont venues
quelques observations int4ressantes.
Ainsi Mr. Moty®) annongait d’avoir trouv4 souvent Oxyuris vermi¬
cularis, dans des appendices res4qu4s, et dans trois cas ces vers lui
semblaient avoir 4t4 la cause unique de l’affection. Mr. Lanne-
longue k son tour 4 5 ) se pronon^ait k la faveur de la th4orie de Metch¬
nikoff, dans le sens que les n4matodes, charg4s de microbes, trauma-
tisant la muqueuse de 1’appendice, d4terminent une v4ritable inoculation:
Mais les oppositeurs k cette th4orie n’ont pas manqu4: Mr. Guiart 6 )
tout en admettant qu’ascarides et trichoc4phales peuvent inoculer sous
la muqueuse de 1’intestin des bact4ries, consid4rait leur role comme nul
dans l’appendicite, car leur pr4sence dans cette partie de l’intestin
repr4sente une v4ritable raret4 pathologique, chose confirm4e dans la
m4me s4ance par Mr. Le tulle qui sur 180 appendices provenant de
malades atteints d’appendicite, n’avait trouv4 que 2 fois des tricho-
c4phales.
Mr. Dziembowski 6 ) consid4rait k son tour la th4orie de Mr.
Metchnikoff comme erron4e, se basant sur le fait que l’am41iora-
tion des eaux de boisson n’a pas fait diminuer les cas d’appendicite et
que s’il a trouv4 des oeufs de trichoc4phale dans les selles de personnes
atteintes d’appendicite, il en a aussi trouv4 dans celles de plusieurs
individus normaux. Avant de discuter les diff4rentes opinions, j’exposerai
le r4snltat des observations que j’ai pu faire sur un cas int4ressant
d’appendicite. Je dois ce cas k mon ami et collkgue Mr. Dr. Rochaz
d’Orbe (cant, de Vaud) a qui s’adresse ici mes plus vifs remerciements.
Marcel P., ag4 de 5 ans et demi. II a toujours joui d’une bonne
sant4. Un mardi aprks midi, aprks avoir accompagn4 son p4re dans
une tourn4e, est pris de vomissements avec douleurs et ballonnement du
1) Soc. de biologie. Stance du 2 et 9 mars 1901; Semaine m&licale. 1901. p. 86
et Ann. Pasteur. 1901. p. 440.
2) Acad, de m&lecme. Stance du 12 mars 1901 et Semaine m&licale. 1901. p. 83.
3) Acad, de m&iecine. Stance du 2 avril 1901 et Semaine mddicale. 1901. p. 107.
4) Acad, des sciences. Stance du 30 juin 1902 et Semaine m&iicale. 1902. p. 227.
5) Soc. de biologie. 1901. 16 mars et Semaine m&licale. 1901. p. 94.
6) Nowiny lekarskie. 1901. p. 435 et Centralbl. f. Bakt etc. Abt. 1. Ref. Bd. XXXI.
p. 220.
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352
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
ventre. Le jeudi suivant, on appelle le m6decin, qui porte le dia¬
gnostic de p6ritonite suppur6e par perforation de l’appendice. Un chi-
rurgien appeie le soir du meme jour, pratique deux incisions dans le
but exclusif de drainer la cavite p6riton6ale mais sans enlever l’appen-
dice. Le patient succombe le dimanche matin a 10 heures.
A l’autopsie on trouve du pus dans toute la cavity abdominale,
intestins trfcs ballonn^s, aderents les uns aux autres, couverts de fausses
membranes puriformes. Appendice pendant dans la fosse iliaque droite,
sans ad^rences, mais hyper6mie et presentant k environ 1 cm de son
extr6mit6 distale, une grande perforation k bords gangrenes (fig. 1).
Grace k l’obligeance de Mr. le Dr. Rochaz, j’ai pu examiner un
peu de pus de la cavite abdominale, et l’appendice. Le pus contenait
de nombreux coli-bacil-
les. L’appendice etait
rempli de matures Sca¬
les jaunatres, molles.
Dans ces matieres, k ml
nu, on ne remarquait
rien d’anormal, mais en
ayant porte une petite
parcelle sous le micro¬
scope, j’y ai trouve im-
mediatement des males
d’ Oxyuris vermicularis.
J’ai alors pratique un
grand nombre d’examens
de ces matures et dans
chaque preparation j’ai
trouve un ou plusieurs
males d’oxyure, de la
sorte que je me suis
forme la conviction que
l’appendice tout entier
en etait rempli. Les
femelles etaient au con-
traire extrOmement ra-
res. Mais k cote des
oxyures, on trouvait dans
quelques preparations,
des ceufs caracteristiques de Trichocephalas trichiurus, sans qu’il fut
possible de retrouver des adultes.
Je me suis servi d’un morceau de cet appendice pour pratiquer
des coupes dans la paraffine, et voici quelles alterations j’ai pu con-
stater: Les vaisseaux se presentaient partout fortement gorges de sang,
mais en general avec tres peu d’infiltration inflammatoire autour de
leurs parois. Par-ci, par-lil, on remarquait sous l’epitheiium, dansl’epaisseur
de la muqueuse, des espaces semblables a des perforations, entoures
d’une zone infiltree et qui dans des coupes colorees au bleu montraient
aussi des infiltrations bacteriennes. Ils avaient l’air d’avoir et6 produites
par la penetration de nematodes, car elles etaient tr£s analogues k celles
qu’on trouve dans l’oesophage, l’estomac, l’intestin chez diflerentes espfece
animates et qui contiennent des vers. La chose fut confirmee par
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Galli-Valeriq, Sur un cas.d'appendicite avec Oxyuris vermicularis L. etc. 353
l’examen d’une coupe, oil je trouvais enfil4 dans l’4paisseur de la mu-
queuse I’extr4mit4 post4rieure d’un 8 d’oxyure '(fig. 2).
Le cas d’appendicite dont je viens de donner la description, est
int4ressant 4 plusieurs points du vue. En premier lieu, c’est un nou¬
veau cas qui vient k s’ajouter k ceux d4jk cit4s, oil on a trouv4 des
nematodes dans l’appendice. Non seulement il y avait de nombreux
oxyures, mais la presence d’ceufs nous d4montre qu’k un moment donn4
il y avait probablement meme des trichoc4phales k moins que les ooufs y
aient pen4tr4 du coecum avec des matures fecales. Le fait d’avoir trouv4
des 14sions de la muqueuse, dans l’une desquelles existait encore l’ex-
tr4mit4 postdrieure d’un oxyure, d4montre que ces vers ont joue un role
actif dans l’appendicite, favorisant avec leurs 14sions, la p4n4tration des
Fig. 2.
bact4ries sous l’4pith41ium. Int4ressant k noter est aussi le fait, que
si je n’avais pas pratiqu4 l’examen microscopique des matikres Scales
contenues daus l’appendice j’aurais probablement consid6r6 d’etre en
presence d’un cas d’appendicite sans nematodes.
Le cas que j’ai eu l’occasion. d’observer expos4, il ne me reste qu’k
dire deux mots des objections faites k la th4orie de Mr. Metchni-
koff. Mr. Guiart affirme que la pr4sence des n4matodes dans l’ap-
pendice, repr4sente une v4ritable raret4 pathologique. Je n’ai pas encore
d’exp4riences pour nier ou affirmer l’affirmation de Mr. Guiart, mais
que je sache on n’a pas fait de recherches syst4matiques k ce sujet.
A moins qu’on veuille consid4rer comme telles, celles des observateurs
qui n’ont donn4 qu’un coup d’oeil, sans pratiquer la recherche micro¬
scopique ou du moius k la loupe.
Erstc Abt. Or : .g. Bd. XXXIV. 23
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354 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4.
Les recherches de Mr. Letulle, ne me semblent pas en tout cas
bien probantes, car il a porte surtout son attention sur les tricho¬
cephales et non sur les oxyures et je ne sais pas s’il a fait un examen
microscopique en vu de recherches des ceufs. Mon cas, en effet, d 6 -
montre la ndcessit 6 de cet examen. J’ajouterai, en outre, que Mr. Moty
a note comme il faut examiner les appendices imm4diatement aprds
l’op 6 ration, sans laver k l’eau, car les oxyures en sortent deformes.
J’ai note aussi dans mon cas, qu’aprds passage dans l’eau et s4jour
de l’appendice dans le liquide de Kaiserlink, il etait beaucoup plus
difficile de retrouver les oxyures. Il est done bien probable que la
presence des nematodes dans l’appendice, soit plus frequente de ce
qu’on croit. Braun m§me observe 1 2 ) que suivant qnelques observateurs
le siege normal des oxyures est, chez les enfants, rappendice.
Qu’ils puissent, quand ils s’y trouvent, jouer dans certains cas un
rdle important dans le developpement de l’appendicite il me semble
hors de doute.
Nous savons que dans les conditions normales, l’4pith61ium forme
une excellente barriere contre la penetration des bacteries dans la mu-
queuse. Il suffit sa lesion pour en permettre la penetration. Or, il n’y
a pas de doute que les helminthes puissent etre des excellents agents
de dissemination des bacteries dans les tissus et organes a cause de
leur pouvoir de penetration sous l’epitheiium et de passer mdiue k tra-
vers des parois trds r4sistantes.
Mr. Pi an a*) le premier avait note que les migrations du Cysti-
cercus pisiformis dans le foie du lapin pouvaient y entralner des
bacteries. Dans deux cas de peritonite tuberculeuse du chien associee
& la presence i'Eustrongylus gigas dans la cavite abdominale 3 ), j’avais
emis l’hypothdse, que les lesions de ce nematode avaient prepare le
terrain au developpement du bacille de Koch, ou bien le ver lui-
mdme, avait dans ses migrations, porte ce bacille dans la cavite ab¬
dominale. Mr. Guiart attribue aussi un grand rdle aux nematodes
dans l’inoculation des germes de la fibvre typholde etc. sous la muqueuse
de l’intestin de l’homme, et dit que Mr. Brumpt 4 ) a bien souvent
rencontre k l’autopsie des typhoides, des trichocephales fixes dans la
muqueuse du coecum. Mr. Girard pour le trichocephale, moi pour
l’oxyure, nous avons d4montre que des lesions analogues peuvent se
rencontrer dans l’appendice et il n’ya urait du reste aucune raison pour
que cette partie de l’intestin se comporte diffbremment de tout le reste.
Si ces faits existent, pourquoi voudrions-nous nier, que les nematodes, et
surtout trichocephales et oxyures, peuvent jouer, comme Mr. Metch-
nikoff l’a affirme, un rdle important dans le developpement d’un certain
nombre d’appendicites? On me r4pondra avec Dziembowski, que les
cas d’appendicite n’ont pas diminue avec la distribution d’eaux potables
et qu’on trouve trds souvent des oeufs de nematodes chez des personnes
qui ne sont pas atteintes d’appendicite.
Il me suffira de noter, que plus qu’avec les eaux, les ascarides, les
trichocephales et les oxyures peuvent etre repandus par les legumes, sur
lesquels, comme on sait, on trouve assez souvent les oeufs de ces vers,
et que si Ton trouve de ces parasites chez des individus normaux, 5 a
1) Die tierischen Parasiten des Menschen. IIP <Sd. Wurzburg 1903.
2) La veterinaria. 1881.
3) Moderoo zooiatro. 1896.
4) Soc. de biologie. Stance du 16 mare 1901 et Revue d’hygifene. 1901. p. 942.
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v. Dun gem, Bindungsverhiiltnisse bei der Pr&zipitinreaktion.
355
ne veut absolument rien dire, car on devrait .alors nier l’action patho-
g&ne du coli-bacille, da bacille de Friedlander, du bacille de la
diphtdrie, du pnenmocoque, du bacille de Koch etc., parce que quel*
ques-uns de ces microbes se trouvent toujours, d’autres plusieurs fois,
chez des individus normaux.
Quant S. Taffirmation contenue dans l’int4ressant travail du Mr.
R o c h a z 1 2 3 4 ) que les vers ne se rencontrent pas dans Tappendice pendant
la vie, elle n’a plus besoin aujourd’hui d’etre discutde, car nous savons
qu’ils s’y trouvent trfcs bien.
Je crois done qu’on ne devrait pas trop oublier, en m4decine, le
role que les nematodes peuvent jouer dans le d4veloppement d’une
affection si grave que l’appendicite, et a ce propos j’ajouterai qu’une
soeur de l’enfant qui forme l’objet de mon travail, prdsentant aussi de
graves symptomes d’appendicite, tant qu’elle avait 6t4 envoyde k 1’hdpital,
trait6e par un antihelminthique, a 6vacu6 un grand nombre d’ascarides,
s’est trouvde immddiatement tr&s soulagde et tous les symptomes d’em*
patement de la fosse iliaque droite ont disparu comme par enchantement.
Cette fillette a quittd Thopital gu4rie.
Lausanne, 8 avril 1903.
Nachdruck verboten.
BindungsYerhaltnisse bei der Prazipitinreaktion
Von Professor Dr. Frhr. von Dungern.
Das genauere Stadium der Prfizipitinreaktion hat uns mit einigen
Erscheinungen bekannt gemacht, die auf den ersten Blick sehr seltsam
erscheinen mtlssen. Man machte in manchen Fallen die Beobacbtung, daB
prazipitables EiweiB und mit der gleichen EiweiBart dargestelltes PrSzipitin
ungebunden nebeneinander in der Flfissigkeit bestehen kbnnen, ohne
daB es zu einer Vereinigung und Prfizipitation kommt. Eine solche
Ldsung beider Substanzen gibt dann sowohl mit prazipitabler Substanz
der gleichen Tierart wie mit zugehOrigem Prazipitinserum einen Nieder-
schlag (Linossier et Lemoine*), Obermeyer und Pick®), Eisen-
berg 4 ), M. Ascoli 5 6 ).) In engem Zusammenhange mit diesem Vor-
gange stehen auch einige andere eigentumliche Bindungsverhaltnisse,
welche von Eisenberg 4 ) durch genaue quantitative Untersuchungen
mit Prkzipitin festgestellt wurden und welche sich mit den Ergebnissen
seiner gemeinsam mit Volk gemachten Experimente®) fiber den
Agglutinationsvorgang vollkommen decken. Es zeigte sich, daB eine
bestimmte Menge prazipitabler Substanz mit steigendem Prazipitin-
zusatz immer mehr Prfizipitin zu binden vermag. Die relative Ab¬
sorption, d. h. das Verhfiltnis der absorbierten zur zugesetzten Menge
wird dabei aber immer kleiner. Werden einer gleichbleibenden Dose
1) Revue m<5d. de la Suisse romande. 1894. p. 637.
2) Compt. rend. soc. biol. 1902. p. 87.
3) Wien. klin. Rundschau 1902. No. 15.
4) Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. XXXI. p. 773 und Bulletin de 1’Academic des
sciences de Cracovie. Mai 1902.
5) Miinch. med. Wochenschr. 1902. No. 34.
6) Zeitschr. i. Hygiene. Bd. XL. 1902.
23*
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356 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4..
Prazipitinserums verschiedene Mengen prfizipitaler Substanz zugesetzt,
so nimmt die absorbierte Menge des Pr&zipitins bei Vermehrung der
prfizipitablen Substanz zu, aber nicht proportional der zugesetzten Menge
der pr&zipitablen Substanz, sondern in geringerem Grade. Eisenberg
glaubt, daB diese Erscheinungen geeignet sind, die PrSzipitinreaktion
selbst und ebenso auch Einwirkungen anderer spezifischer Korper zu
charakterisieren*). Er ist der Ansicht, daB die beiden reagierenden
Substanzen sich trotz ihrer durch andere Versuche festgestellten hohen
Affinitat immer nur unvollkommen vereinigen kbnnen, so daB neben dem
Reaktionsprodukt noch Ueberschiisse beider Korper frei bestehen bleiben.
Die Berechtigung dieser SchluBfolgerung wird man aber doch nur
dann anerkennenkSnnen, wenn es sich bei der Vereinigung von Prazipitin
und prfizipitabler Substanz um einheitlich organisierte K8rper handelt,
welche sich nach dem bei reinen Losungen festgestellten Massenwirkungs-
gesetz verbinden. Demgegenfiber erhoben sich mir auf Grund meiner
frttheren Versuche berechtigte Zweifel. Ich habe daher zur Prfifung
der genannten eigentiimlichen Erscheinungen eine genaue Untersuchung
vorgenommen, die zu wesentlich anderen Schlufifolgerungen ftihrte.
Dabei gelang es, einige Vorstellungen fiber die Konstitution der prazipi-
tablen EiweiBkSrper in Bezug auf ihre prfizipitinbindenden Gruppen zu
gewinnen, welche mir ffir die Erkenntnis der AntikSrperwirkung nicht
ganz unwesentlich zu sein scheinen. Die folgende Mitteilung soli dar-
fiber Auskunft geben.
Meine Versuche wurden auch diesmal an der zoologischen Station
zu Neapel ausgeffihrt, welche sich infolge ihres Tiermaterials und ihrer
zweckentsprechenden Einrichtung ganz besonders ffir alle moglichen
biologischen Untersuchungen eignet Der Arbeitsplatz wurde mir ffir
die Monate Januar und Februar 1903 vom GroBherzoglich Badischen
Ministerium der Justiz, des Kultus und des Unterrichts, ffir den Monat
Mfirz vom Begrfinder und Direktor der zoologischen Station, Geheimrat
Professor Dr. Dohrn, gfitigst angewiesen. Zur Darstellung und Unter¬
suchung der prfizipitierenden Sera benutzte ich, ebenso wie bei den Ver-
suchen des vorhergehenden Jahres, die in meiner Abhandlung „Die
Antik6rper u beschrieben sind 2 ), das Blutplasma von Cephalopoden
(Octopus vulgaris, Eledone moschata) und von kurzschwfin-
zigen Krebsen (Maja squinado, Dromia vulgaris). Als Ver-
suchstiere dienten ausschlieBlich Kaninchen. Die quantitative Bestim-
mung des Gehaltes der einzelnen Blutflfissigkeiten an Prazipitin und
prazipitabler Substanz geschah mit Hilfe der schon frfiher verwandten
und beschriebenen Methode, die auch Eisenberg unabhangig von mir
zu seinen Untersuchungen benutzte.
Die Vereinigung von Prazipitin und. prfizipitabler Substanz wurde
sowohl im Reagenzglas wie im Tierkdrper vorgenommen. Eine genaue
quantitative Prfifung der Bindungsgesetze konnte natfirlich nur durch
Reagenzglasversuche erfolgen. Ich brachte zu diesem Zwecke jeweils
die gleiche Menge Prazipitinserum mit verschiedenen regelmfiBig ab-
gestuften Verdfinnungen des prazipitablen Plasmas zusammen und unter-
suchte dann, nachdem der gebildete Niederschlag durch Zentrifugieren
entfernt worden war, die Flfissigkeit quantitativ sowohl auf Prazipitin
1; Aehnliche Anechauungen aufiera auch Linosaier et Lemoine (Compt. rend,
soc. Biol. 1902. p. 87); Bordet (Ann. Inst. Pasteur. 1903. p. 164); Lands teiner und
Jagic, Munch, med. Wochenschr. 1903. p. 764.
2) Jena (Gustav Fischer) 1903.
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v. Dungern, Bindungsverh<nisse bei der Pr&zipitinreaktion.
357
wie auf prtizipitable Substanz. Es wurde jeweils eine Reihe verschiedenor
Verdiinnungen der Fliissigkeit mit physiologischer Kochsalzltisung her-
gestellt, derart, daB jede folgende immer doppelt so stark verdiinnt
war, wie die vorhergehende. Von jeder Verdtinnung wurde dann ein
Tropfen mit einem Tropfen des unverdiinnten pr&zipitierenden Serums
und ein zweiter Tropfen mit einem Tropfen des auf das 100-fache mit
Kochsalzltisung verdiinnten prtizipitablen Plasmas versetzt. Es konnte
dann nach etwa 20 Minuten durcb mikroskopische Beobachtung bei
100-facher VergroBerung leicht festgestellt werden, in welcher Weise
in den verschiedenen Proben Pr&zipitatbildung eintrat. Ich unterschied
sehr starken, starken, deutlichen, geringen, fehlenden Niederschlag; die
Bezeichnung war dabei so gewahlt, daB einem starken Pr&zipitat in
der folgenden Verdtinnung ein geringes entsprach, wahrend bei einem
deutlichen Niederschlag in der ntichsten Verdtinnung eine Prazipitat-
bildung nicht mehr sicher zu konstatieren war. Als MaBstab ftir den
Gehalt der Fliissigkeit an Prazipitin oder prtizipitabler Substanz benutzte
ich den auf diese Weise definierten starken Niederschlag; die sttirkste
Verdtinnung, bei welcher eine solche Prtizipitatbildung noch eintrat,
bezeichnete die Wertigkeit der unverdiinnten Fliissigkeit in Bezug auf
ihren Gehalt an Prazipitin oder prazipitabler Substanz. Es wurden
dabei folgende Versuchsergebnisse konstatiert:
Tabelle I.
Versuch mit Majaprazipitinserum 9 und Majaplasma 1.
Das Serum gibt in 16-facher Verdtinmmg einen stark deutlichen Nieder-
sclilag.
schlag.
/M.P.l \
Das Majaplasma gibt in 800-facher Verdtinnung V~800 ^' einen starken Nieder-
Die einige Stunden nach der Vereinigung
abzentrifugierte Fliissigkeit (F) gibt einen
Niederschlag mit
2 ccm Serum 9 + 2 ccm
M.P.l
9 + 2
9 + 2
9 + 2
9 + 2
9 + 2
9 + 2
9 + 2
200
M.P.l
100
M.P.l
50
M.P.l
24
M.R1
12
M.P.l
6
M.P.1
3
M.P.l
4
2
F
1
F
1
F
*1
F
1
F_
1
F
1
M.P.
100
stark
stark
deutlich
= 0
= 0
« 0
= 0
= 0
Serum 9
1
F
-I-- 0
F
T-0
T -0
-L-.
32
stark
F
Too deutlich
512
deutlich
Tabelle II.
Versuch mit Majaprazipitinserum 20 und Majaplasma 2.
Das Serum gibt in 16-facher Verdtinnung einen stark deutlichen Niederschlag.
/M.P.2\
Das Majaplasma gibt noch in 800-facher Verdtinnung V ) einen starken Nieder*
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358
Centr&lbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXYIV. No. 4.
,, . , M.P.2 . Ser.20 , .Ser.20
ecblag mit dem Serum. — 1 — gibt mit —^— noch emen sehr starken, mit —j—
M.P 2 . Ser.20
— mit —:—
I glUl will |
dagegen nur einen starken Niederschlag. Der Niederschlag yon
v 3 M.P.2 ,
ist ebenso stark wie der von —j— und
Ser.20
1
Die einige Stunden nach der Vereinigun
abzentrifugierte Fliissigkeit gibt einen ^ J
schlag mit
er-
1,5 ccm Serum 20 4- 0,5 ccm
M.P.2
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
20 + 0,5
20 4- 0,5
20 4- 0,5
20 4- 0,5
20 + 0,5
20 4- 0,5
64
M.P.2
32
M.P.2
16
M.P.2
8
M.P.2
4
M.P.2
2
M.P.2
M.P.2
100
F
-g- deutlicb
F
—7— stark
4
JL
i
F_
1
Ser.20
1
4-o
F
1
F
1
F
1
stark
« 0
- 0
= 0
= 0
0
0
0
F_
1
1
JL
i
F
-g- deutlich
m deutlich
F
—^ deutlich
ol2
(Der Niederschlag ist hier erheblich geringer
als bei den ubrigen Mischungen.)
Tabelle III.
Versuch mit Dromiaprazipitinserum 1 und Dromiaplasma.
Das Serum gibt mit ) noch in 4-facher Verdiinnung (—) einen starken
Niederschlag.
D.P.
gibt einen starken Niederschlag mit dem Serum.
D.P.
gibt schon einen makroskopischen Niederschlag.
Mit steigender Konzentration des D.P. ist der Niederschlag noch starker, der von
D.P. .. D.P.
16
bis
am starksten.
1,5 ccm Serum 1 4- 0,5
ccm
1,5 „
,,
1 + 0,5
„
a* „
,,
1 + 0,5
„
w „
„
1 + 0,5
,,
(1.5 „
„
1 + 0,5
„
1,5 „
,,
1 + 0,5
„
(1,5 „
1 + 0,5
,,
D.P.
Die eme Stunde nach der Vereinigung ab¬
zentrifugierte Fliissigkeit (F) gibt einen
Niederschlag mit
D.P. Ser. 1
100
128
D.P.
64
D.P.
48
D.P.
32
D.P.
24
D.P.
16
D.P.
12
F
4
F
2
F
2
F
1
F
1
F
1
F
1
stark
stark
deutlich
stark
= 0
= 0
= 0
F
1
0
4 -.
4-0,
F
T-0
F
4 = 0)
4 --°
4-°)
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v. Dungern, Bindunggverh<nisse bei der Pr&zipitinreaktion.
359
1,5 ccm
Serum 1
+ 0,5
ccm
D.P.
8 '
F
1
= 0
F
1
= 0
(!•/* »»
1
*+■ 0,5
D.P.
F
— 0
F
- 0)
„
,,
6
T~
1
1,0 ,,
„
1
+ 0,5
,,
D.P. #
4 '
F
~T
- 0
F
16
deutlich
l,o „
,,
1
+ 0,5
D.P.
2 *
F
1
* 0
F
64
deutlich
1,0 „
1
+ 0,5
,,
D.P. #
1 ’
F
1
— 0
F
128
deutlich-stark
Tabelle IV.
Versuch mit Eledoneprazipitinserum 15 and Eledoneplasma 1.
Das Serum giebt noch in 16-facher Verdunnung einen starken Niederschlag mit
E.P.l
"lOCT
Ser. 15
Mit —j— gibt E.P. noch in 4096-facher Verdunnung einen deutlichen Nieder¬
schlag. Die Starke dee Niederschlags wachst mit zunehmender Konzentration des
E.P.l EJU
Eledoneplasmas, —j— bis -y y gibt den starksten Niederschlag.
Ser. 15 # RP.l E.P.1 E.P.l . . RP.l . J ,
Mit —jg— gibt —j—, —g —> —4— em en ganz genngen, —g— einen deuthchen,
RP.l RP.l RP.l . j , RP.l RP.l RP.l E.P.1 . , , ,
16 1 32 * 64 starken, ^23 , 25($ * 512 9 1024 sehr starken,
RP.l . , E.P.l . J ,
2Q 4g einen starken, einen deutlichen Niederschlag.
Die Flussigkeit (F) gibt nach einigen Stunden
abzentrifugiert einen Nied
1,5 ccm Serum 15 + 0,5
1,5
It
ft
15 + 0,5
1,5
ft
ft
15 + 0,5
1,5
ft
ft
15 + 0,5
1,5
ft
ft
15 + 0,5
1,5
ft
ft
15 + 0,5
1,5
ft
ft
15 + 0,5
1,5
ft
ft
. 15 + 0,5
1,5
ft
ft
15 + 0,5
RP.
64
E.P.
32
E.P.
24
E.P.
16
RP.
8
E.P.
4
E.P,
3
RP.
2
RP.
1
F
2
F
2
F
1
F
1
F
1
F
1
F
1
F
1
F
1
itnlugu
E.P.1
100
stark
deutlich
stark
- 0
- 0
- 0
— 0
= 0
— 0
mit
8er.l5
1
F
T “ u
i-o
F
T "°
F
- -°
F
- “0
-5- stark
4
F
64 8tark
F
stark-deutlich
25b
Tabelle V.
Versuch mit Eledoneprazipitinserum 26 und Eledoneplasma 2.
Das Serum gibt noch in 32-facher Verdunnung einen starken Niederschlag mit
RP.2
100 *
I
lichen Niederschlag.
Ser 26
Das Eledoneplasma gibt mit —^— noch in 4096-facher Verdunnung einen deut-
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360
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4
1,5 ccm Serum 26 + 0,5 ccm
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
26 + 0;5
26 + 0,5
26 +. 0,5
26 + 0,5
26 + 0,5
26 + 0,5
E.P.2
128
E.P.2
64
E.P.2
32
E.P.2
16
E.P.2
8
RP.2
4
E.P.2
Die Fluesigkeit (F) gibt, einige Stunden nach
der Vereinigung zentrifugiert, einen Nieder-
schlag mit
8
F
8
F
E P. 2
100
stark
deutlich
stark
*
F
~Y~ stark
JL
i
o
F
T" = 0
Serum 26
j
= 0
= 0
= 0
-= 0
= 0
stark-deutlich
1
= 0
1
1
F
1
F
1
F_
1
F
2
A 8tark
Tabelle VI.
Versuch mit Octopusprazipitinseriim 5 und Octopusplasma 8.
Das Serum gibt noch in 16-facher Verdiinnung einen starken Niedersehlag mit
O.P.8 ;
100
mit dem
Das O.P.8 gibt noch in 3200-facher Verdiinnung einen deutlichen Niedersehlag
Ser.5
3 ccm Serum 5+1 ccm
5 4- 1
5 .+ 1
5 + 1
5 .+ 1
5 + 1
O.P.8
200
O.P.8
100
O.P.8
50
O.P.8
25
O.P.8
12
O.P.8
Die Fliissigkeit (F) gibt, einige Stunden nach
der Vereinigung vom Niederschlage abzentri-
fugiert, einen Niedersehlag mit
6
O.P.8
100
g stark
-4- stark
4
F
— gering
F
■i--o
i-o
i.O
Ser. 5
F
T
F
1
F
1
F
l
F
3 2 stark
- = 0
= 0
= 0
- 0
Tabelle VII.
Versuch mit Octopu sprazipitinserum 18 und Octopusplasma 11.
Das Serum gibt noch in 16-facher Verdiinnung mit einen starken Niedcr-
Ser. 18
100
schlag.
Das Octopusplasma gibt mit —noch in 4096-facher Verdiinnung einen deut¬
lich-starken Niedersehlag. Mit steigender Konzentration der prazipitablen Substanz
wachst die GroBe des Niederschlags zunachst, bleibt dann lange ungefahr gleichT und
nimm^.epdlich wiedeij ajj. —gibt noch maiimalen Niedersehlag, — -u. *
einen wenig geringeren und einen deutlich schwacheren.
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v. Dungern, Bindungsverhftltnisse bei der Pr&zipitinreaktion.
361
Mifc ^ gibt keinen deutlichen Niederschlag, einen deutlichen,
OP.ll
4
einen starken Niederschlag.
O.PJ.1 O.P.11
2
Ser. 18 _ O.P.ll
Mit — rr -— gibt
j , 2 1 4 keinen deutlichen Niederschlag, 1
u O.P.ll . . . O.P.ll . , . , O.P.ll .
gibt einen deuthchen, —emen starken, —^— einen sehr starken, —^— einen
16
maximalen Niederschlag.
1,5 ccm Serum 18 4- 0,5 ccm
32
64
Die Flussigkeit (F), einige Stunden nach dcr
Vereiniguug vom Niederschlage abzentri-
fugiert, gibt einen Niedersdilag mit
O.P.11 "
O.P.ll
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
18 -f 0,5
18 4- 0,5
18 4- 0,5
18 -{■ 0,5
18 4- 0,5
18 4- 0,5
128
O.P.ll
64
op.n
32
O.P.ll
16
O.P.11
8
O.P.ll
4
O.P.11
01_
100
F
g- stark deutlich
F
. - stark
4
F
-g- stark
F
-j— stark
4 —
4_o
4 = o
Ser. 18
T
0
0
F
1'
1
F
T = 0
F
t - 0
F
6 deutlich
o
F
deutlich-stark
256 8tark
Versuch mit Octopus prazipitinserum 18 und Octopu splas m a 12.
Das Octopusplasma gibt noch in 4096-facher Verdunnung eiuen starken Nieder¬
schlag mit Ser. 18.
1,5 ccm Serum 18 4- 0,5 ccm
1,5 „ „ 18 4* 0,5 „
1,5 „ „ 18 4- 0,5 „
1,5 „ „ 18 4- 0,5 „
Die Flussigkeit (F) gibt, einige Stunden nach
der Vereinigung vom Niederschlage abzcntri-
fugiert, einen Niederschlag mit
O.P.12 . * —
OP.12
32
OP.12
16
O.P.12
‘ 8
O.P.12
4
100
stark
stark
F
-j— deutlich
F
1
0
F
r
F^
1
F
1
F
8
Ser. 18
1 "
— 0
= 0
* 0
deutlich
Tabelle VIII.
Versuch mit Octopusprazipitinserum 7 und Octopusplasma 12.
Das Serum gibt noch . in 64-facher Verdunnung einen stamen Niederschlag mit
OP.12
—jqq-. Das Octopusplasma 12 gibt in 4096-facher Verdiinnung einen starken Nieder¬
schlag mit Ser. 7.
Die Flussigkeit (F) gibt, einige Stunden nacli
der Vereinigung vom Niederschlage abzentri-
fugiert, einen Niederschlag mit
* O.P.12 Ser.^
'I 100 : • f
1,5 ccm Serum 7 + 0^ ccm
1 , 5 ‘ fi „ 7 4 - 0,5 „
O.P.12
256 :
O.P.12
128 :
64
stark deutlich
F
-vrr deutlich .
64
. *= 0
«= 0
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362
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 4.
1,5 ccm Serum 7 4- 0,5 ccm
1,5 „ ,, 7 4- 0,5 „
1,5 „ ,, ( 4" 0,5 ,,
1,5 ,, ,, 7 4* 0,5 ,,
1,5 „ ,, 7 4" 0,5 ,,
1,5 „ ,, 7 4* 0,5 ,,
1,5 „ ,, 7 4* 0,5 ,,
O.P.12
64
O.P.12
82
O.P.12
16
O.P.12
8
O.P.12
4
O.P.12
2
O P.12
1
deutlich
deutlich
F
—deutlich
4
F
~Y~ deutlich
■f—
4_o
F
~T~ = 0
deutlich
TabeUe IX.
Versuch mit Octopusprazipi tin serum 21 und Octop usplasma 12.
OP.12
Das Serum gibt noch in 64-facher Verdiinnung mit —einen deutlichen
Niederschlag.
Das Octopusplasma 12 gibt noch in 4096-facher Verdiinnung mit
starken Niederschlag.
.. Ser. 21 .
it —|— emen
Die FKissigkeit (F), einige Stunden nach der
Vereinigung vom Niederscnlage abzentrifugiert,
gibt einen Niederschlag mit
1,5 ccm Serum 21 4- 0,5 ccm
1,5 „ „ 21 4- 0,5 „
1 »5 ,, ,, 21 4" 0,5 „
1,5 ,, „ 21 4" 0,5 ,,
1,5 „ „ 21 4“ 0,5 ,,
1,5 „ „ 21 4- 0,5 „
1,5 ,, „ 21 4" 0,5 ,,
1,5 „ „ 21 4- 0,5 „
O.P.12
128
O.P.12
64
OP.12
32
O.P.12
16
O.P.12
8
O .P.12
4
O.P.12
2
O.P.12
1
O.P.12
100
F
7T deutlich
o
F
g- stark
F
g- deutlich
F
j— deutlich
r ~ 0
'r-
F
r = °
*-o
-ry- stark-deutlich
64
m Btuk
Die gleichen Beaktionen bei 4-facher Vermehrung des Fliissigkeitsvolumens.
„ v ... O.P.12 F . , F
1,5 ccm Ser. 21 4- 6 ccm 1-proz. NaCl-L6s. 4- 0,5 ccm
1*5 „ „ 21 4- 6 „ 1- „ „ 4- 0,5 „
1,5 „ ,, 21 4" 6 ,, 1- „ ,, 4“ 0,5 ,,
1,5 „ „ 21 4" 6 „ 1- „ ,, 4" 0,5 „
O.P.12
128
O.P.12
32
O.P.12
8
O.P.12
2
F F
-7- stark = 0
4 1
F F
~Y~ stark — 0
F F
-=- = 0 4- stark
deutlich
Tabelle X.
Versuch mit Octopusprazipitinserum 8 und Octopusplasma 5.
O P.5
Das Serum gibt in 32-facher Verdiinnung mit einen starken Niederschlag. Das Octopus-
Ser 8 Ser 8
nia 5 gibt in 6400-facher Verdiinnung mit dem —j 1 — oder auch mit —einen deutlichen Nieder-
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v. Dungern, Bindungsverh<nisse bei der Prftzipitinreaktion.
363
2 ccm 8er. 8 + (0,5 ccm
2 „ „ 8 -f (0,5 ,,
O.P.5
100
art
25
Die Fliissigkeit (F) gibt,
einige Stunden nach der
Vereinigung vom Nieder-
Bchlage abzentrifugiert,
einen Niederechlag mit
O.P.5 Ser.8
1
+ 1,5 ccm 1-proz. NaCl-Losung):
+ 1,5
):
O.P.
100
■g- stark T"
4-oX
F „ F
(0,5 ccm Ser.8 -f 1,5 ccm l-proz.NaCFJ/8s.)‘4-(0,5ccm 4- l,5ccml-proz.NaCl-L66.):X- —* 0 stark
Die beiden letzten Reaktionen bei 4-facher Vermehruug des Flussigkeitsvolumens:
2 ccm Ser. 8 + (0,5 ccm ^ + 13,5 ccm 1-proz. NaCl-L6sung): «= 0 ~ «= 0
0,5 „ „ 8 + (0,5 „ 4- 15 ccm 1-proz. NaCl-Lbsnng): -y- — 0 -y- stark
Tabelle XI.
Versuch mit Oc topusprfizipitinserum 2, Octopusprazipitinserura 17
und Octopusplasma 13.
Serum 2 gibt noch in 16-facher Verdunnung, Serum 17 noch in 32-facher Ver-
0 !jP 13
dimming mit —einen deutlichen Niederechlag.
Ser 2
Octopusplasma 13 gibt in 2048-facher Verdiinnung mit—X— einen deutlichen, mit
— einen starken Niederechlag. gibt mit Ser. 2 und Ser. 17 noch sehr
starken, makroskopisch sichtbaren Niederschlag.
Die Fliissigkeit gibt, einige Stunden nach der
Vereinigung vom Niederachlage abzentrifugiert,
einen Niederechlag mit
Ser. 17
r~
= 0
etark-deutl.
1,5 ccm Serum 2 + 0,5 ccm
1,5
V
2 + 0,5 „
1,5
V
2 + 0,5 „
1,5
W
V
2 + 0,5 ,
1,5
V
2 + 0,5 »
13
2 + 0,5 „
13
V
2 + 0,5 „
1,5 ccm Serum 17 -f 0,5 ccm
13
17 + 0,5 „
13
V
V
17 + 0,5 ,
1,5
n
n
17 + 0,5 „
O.P.13
128
O.P.13
64
O.P.13
32
O.P.13
16
O.P.13
8
O.P.13
4
O.P.13
O.P.13
100
stark
F
-g- deutlich
F
~ 2 ~ stark
F
4 --°
JF
1
F
T-“°
F
x-°
Ser. 2
0
_F_
1
F^
1
F^
1
F^
1
i.o
F
stark-deutl.
F^
1
F
1
F
4
_F
8
F
16
F
32
O.P.13
16
O.P.13
8
O.P.13
4
O.P.13
stark
JF
4
F F
-g- deutlich —
F 0
F
1
F
1
_F_
1
_f
i
F
- 0
- 0
0
0
: 0
0 — r - stark
o
F^
1
F
1
stark
o
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364
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Wir erkennen an diesen Versuchsreihen ohne weiteres die anfangs
erwahnte Erscheinung, daB die Absorption einer bestimmten Prazipitin-
menge nicht proportional der Menge der zugesetzten prfczipitablen Sub-
stanz erfolgt. Wenn eine bestimmte Dose EiweiB z. B. 8 / 4 des Prazi-
pitins an sicb reiBt.und der Fliissigkeit im Niederschlage entzieht, so
absorbiert die doppelte Menge EiweiB nicht das gesamte Prazipitin,
sondern weniger, z. B. 7 / g ; erst ein hoheres Multiplum der Eiweifimenge
bindet das gesamte Prazipitin. Im einzelnen sind die quantitativen Ver-
haitnisse dabei in jedem einzelnen Falle verschieden.
Da das Volumen der Fliissigkeit, in welcher sich die Reaktion ab-
spielt, wie aus den Versuchen mit Serum 8 und Serum 21 (Tabelle 9
und 10) hervorgeht, bei den bier in Frage kommenden Verdunnungen
keine nennenswerte Rolle spielt, so lassen sich die gefundenen Absorp-
tionseffekte auch auf eine bestimmte gleichbleibende Menge prftzipitabler
Substanz umrechnen. Wir finden dann bei steigendem Prazipitinzusatze
eine Zunahme der absoluten Absorption und eine Abnahme der relativen
Absorption des Pr&zipitins durch die betreffende Eiweifimenge, dieselbe
GesetzmaBigkeit, welche auch Eisenberg, wie oben erwahnt, bei seinen
Versuchen beobachtet hat.
Trotzdem erkennen wir aber in alien Reihen eine
mittlere Zone, in der die relativen Konzentrationen von
Prazipitin und prazipitablem EiweiB so gestaltet sind,
daB beide reagierenden Substanzen sich vollkommen
quantitativ vereinigen und inForm desPrazipitates aus-
fallen.
In Losung bleibende Ueberscbtisse beider reagieren-
derKdrper nebeneinander sind in keinem der hier unter-
suchten Falle zu konstatieren *).
Im Tierkorper vollzieht sich die Vereinigung von Prazipitin und
prazipitabler Substanz nicht anders als im Reagenzglase. Wenn man
einem vorbehandelten Kaninchen, dessen Blut Prazipitin enthait, das
zugehdrige prazipitable EiweiB in die Zirkulation bringt, so beobachtet
man wenige Minuten nach der Einspritzung je nach der Grofie der in-
jizierten Eiweifimenge eine Abnahme Oder ein vollkommenes Verschwinden
des Prazipitingehaltes; die eingespritzte prazipitable Substanz wird dabei
auch entsprechend ihrer Menge entweder. ganz oder nur teilweise auf-
gebraucht. DaB auch quantitativ keine groberen Unterschiede zu ver-
zeichnen sind, mag folgendes Beispiel zeigen:
Ein Kaninchen ist sowohl mit Majaplasma wie mit Octopusplasma
vorbehandelt, sein Blut enthait soviet Majaprazipitin, daB sein Serum
noch in 4-facher Verdttnnung einen stark deutlichen Niederschlag mit
auf das 100-fache verdiinntem Majaplasma gibt und soviel Octopus-
prazipitin, dafi sein Serum noch in 32-facher Verdunnung mit auf das
100-fache verdiinntem Octopusplasma einen deutlichen Niederschlag gibt.
Es wird dem Kaninchen nun etwas Blut entnommen und dann Octopus¬
plasma in die Ohrvene eingespritzt. Das Octopusplasma enthait soviel
prazipitables EiweiB, daB es noch in 3200-facher Verdiinnung mit dem
Kaninchenserum einen deutlichen Niederschlag gibt. Es wird zunachst
1 ccm Octopusplasma injiziert, darauf etwas Blut aus der Ohrvene ent-
1 ) Zu dem gleiclien Resultate kam auch P. Muller bei der Untereuchung der
Kasei'nfallung durch Laktoserum, wie aus seiner nach Beendigung meiner Abhandlung
in dieser Zeitsthrift (Bd. XXXIV. No. 1) publizieiten Arbeit hervorgeht.
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t. Dungern, Bindungsverhftltnisse bei der Prilzipitinreaktion.
365
nommen, dann nochmals 1 ccm Octopusplasma eingespritzt und nach
wenigen Minuten wieder etwas Blut aus der Ohrvene abgelassen. Krank-
heitserscheinungen werden beim Kaninchen nach den Einspritzungen
nicht wahrgenommen. Aus den beiden nach der Injektion von 1 ccm
und von 2 ccm Octopusplasma erhaltenen Blutproben wird Serum ge-
wonnen und dieses auf seinen Gehalt an Prazipitin und prizipitabler
Substanz quantitativ untersucht. Das nach der ersten Einspritzung ent-
nommene Serum enthalt weder Octopuspr&zipitin noch prazipitables
OctopuseiweiB, das durch das vor der Injektion dem Kaninchen ent-
zogene Serum nachweisbar ware. Das auf Majaplasma einwirkende
Prazipitin ist genau ebenso stark geblieben, wie vor der Einftihrung des
Octopusplasmas. Das nach der zweiten Einspritzung von Octopusplasma
entnommene Serum enthalt dagegen einen UeberschuB von prazipitablem
OctopuseiweiB, derart, daB dasselbe noch in 32-facher Verdiinnung mit
dem vor der ersten Einspritzung gewonnenen Serum einen deutlichen
Niederschlag gibt. Ein daneben flbrig gebliebener Rest von Octopus-
prazipitin ist hier ebensowenig zu konstatieren, wie in der ersten Probe.
Zum Vergleiche mit den Bindungsversuchen im Kaninchenorganismus
wird ein Reagenzglasversuch vorgenommen: 1 ccm des vor der Injektion
gewonnenen Prazipitinserums wird mit 1 ccm des auf das 36-fache
mit physiologischer Kochsalzldsung verdQunten Octopusplasmas versetzt.
Die nach einer halben Stunde abzentrifugierte FlQssigkeit, gibt mit
Octopusplasma versetzt keinen Niederschlag, dagegen mit dem unver-
diinnten Prazipitinserum des Kaninchens zusammengebracht noch in
32-facher Verdiinnung einen starken Niederschlag. Rechnen wir die
Plasmamenge des Kaninchens, welches 2200 g wog, gleich V 30 des KQrper-
gewichtes, so haben wir ungefahr 74 ccm Blutplasma anzunehmen. Die
0 P
im Reagenzglas mit 1 ccm Serum gemischte Menge von 1 ccm
OP
entspricht demnach den 2 ccm - ~ J , welche im Tierkorper mit 74 ccm
Plasma zusammengebracht wurden. In beiden Fallen erhalten wir einen
vollkommenen Verbrauch des Prazipitins und einen UeberschuB von
Octopusplasma. Im Reagenzglas ist dieser UeberschuB etwas groBer
und zwar, wenn wir die durch die Versuchsanordnung gegebene starkere
Verdiinnung im Reagenzglasversuch in Rechnung ziehen, mehr als
doppelt so groB. Dieser verhaitnismaBig geringe Unterschied bietet aber
nichts Ueberraschendes, da wir im Tierkorper neben der Bindung der
prazipitablen Substanz durch das Prazipitin ja auch eine solche durch
Rezeptoren der Zellen anzunehmen haben. Ganz sichere quantitativ
Qbereinstimmende Resultate wird man bei solchen Bindungsversuchen
im Tierkorper freilich tiberhaupt nicht erwarten konnen, da die Berech-
nung der Plasmamenge nach dem Kdrpergewicht bei Kaninchen schon
unsicher ist und vielleicht auch noch andere Momente modifizierend ein-
greifen konnen. Im wesentlichen vollzieht sich die Ver-
einigung von Prazipitin und prhzipitabler Substanz in
der Blutzirkulation aber ebenso wie im Reagenzglas.
Ob es im lebenden Blutplasma bei der Verbindung der beiden
reagierenden KQrper ebenso wie aufierhalb des Tierkorpers zu einer
Prazipitatbildung kommt, ist durch die Beobachtung nicht ohne weiteres
zu konstatieren. Es liegt meines Erachtens aber kein Grund vor, daran
zu zweifeln. Es ist ja wobl auffallend, das prazipitinhaltige Kaninchen,
deren Prazipitin im lebenden Blute selbst durch intravendse Injektion
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366
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. No, 4.
einer entsprechenden prazipitablen EiweiBlosung abges&ttigt wird, wie
Rostoski 1 ) und Michaelis und Oppenheimer 2 ) hervorheben, meist
keine bedrohlichen Erscheinungen aufweisen, die bei der Verstopfung
von Kapillaren durch Prazipitatmassen doch zu erwarten waren. Ich
habe in der Mehrzahl der F£lle auch keine Krankheitserscheinungen bei
der Absfittigung des Prkzipitins in der Blutzirkulation beobachtet, bei
einzelnen prazipitinhaltigen Kaninchen aber doch schwere Atemnot nach
der Injektion des zugehorigen fremdartigen Plasmas wahrgenommen.
Diese Beobachtungen sprechen also nicht vollkommen gegen die PrSzipitat-
bildung. Im iibrigen ist aber nicht ersichtlicb, warum die Bedingungen
ffir die Ausfallung der doch eingetretenen Verbindung von Prfizipitin
und fremdartigem EiweiB im Plasma andere sein sollten als im Serum.
Ich glaube daher nicht, daB die Pr&zipitation als solche im lebenden
Blute unterbleibt und nehme mit Michaelis und Oppenheimer an,
daB nur die Bildung groberer Niederschl&ge durch Eingreifen der
Phagocyten verhindert wird.
UeberschfissebeiderreagierendenSubstanzenneben-
einander wurden auch bei den Versuchen im Kaninchen-
organismus im allgemeinen nicht beobachtet. Es soil damit
aber nicht gesagt werden, daB es nicht Kaninchen gibt, bei denen
gleichzeitig prazipitables fremdartiges EiweiB und Prazipitin, welches
EiweiB der gleichen fremdartigen Tierart ausfSLllt, gleichzeitig im Serum
gelbst sind. Ich habe selbst auf diese Verhaltnisse immer besonders
geachtet und auch einige derartige Falle gefunden. Es handelt sich
dabei um solche Kaninchen, denen zum erstenmal eine grofie Menge
von Octopus- oder Majaplasma in die Zirkulation gebracht wurde und
die dann nach einer bestimmten Latenzperiode Prazipitin lieferten.
Bei den meisten dieser Tiere verschwand das eingespritzte prazipitable
fremdartige EiweiB schon vollkommen vor dem Auftreten des Prazipitins.
Bei einigen derselben konnte aber in der ersten Zeit
neben dem Prazipitin noch ein Teil der eingeftihrten
prazipitablen Substanz nachgewiesen werden; das Serum
gab dann sowohl mit der betreffenden fremdartigen Ei-
weiBlbsung wie mit dem entsprechenden Prazipitinserum
eines anderen auf gleiche Weise vorbehandelten Kanin-
chens einen Niederschlag.
Kaninchen 18 erhalt 4 ccm Majaplasma in die Ohrvene injiziert (das Majaplasma
gibt in 800-facher Verdiinnung einen Niederschlag mit 8-wertigem Prazipitinserum).
Nach einem Tag enthalt das Serum des Kaninchens so viel pazipilable Substanz, daB es
in 32-facher Verdiinnung noch einen starken Niederschlag mit Prazipitinserum gibt.
Nach 4 Tagen ist noch kein Prazipitin gebildet; mit Prazipitinserum gibt das Serum
noch in 2-facher Verdiinnung einen starken Niederschlag. Nach 5 Tagen enthalt das
Serum auch noch kein Prazipitin; mit Prazipitinserum bildet es dagegen noch un-
verdunnt einen starken Niederschlag. 6 Tage nach der Injektion ist Majaprazipitin im
Serum zu konstatieren und zwar ein 2-wertiger Gehalt. Das prazipitable MajaeiweiB ist
aber trotzdem nicht verschwunden, das Serum gibt mit einem 4-wertigen Majaprazipitin-
serum einen starken Niederschlag. Dabei stammt dieses zum Nachweis des Maja-
eiweiBes benutzte Prazipitin von einem Kaninchen, dem vor 5 Tagen die gleiche Menge
desselben Majaplasmas in die Ohrvene injiziert wurde.
Kaninchen 16 erhalt 8 ccm Octopusplasma in die Ohrvene injiziert. (Das Octopus-
plasma gibt in 6400-facher Verdiinnung einen deutlichen Niederschlag mit 8-wertigem
Prazipitinserum.) 4 Tage darauf enthalt das Serum des Kaninchens Octopusprazipitin,
es gibt in 2-facher Verdiinnung mit Octopusplasma (auf das 100-fache mit physiologischer
1 ) Verhandl. d. phys. med. Gesellsch. zu Wurzburg. N. F. Bd. XXXV. 1902.
2) Arch. f. Anatomie und Physiologie. 1902.
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y. Dun gem, Bindungsverhaltnisse bei der Prftzipitinreaktion.
367
Kochsalzldsung verdunnt) einen starken Niederechlag. Gleichzeitig ist auch noch
Octopusplasma zu konstatieren, das Serum gibt unverdiinnt mit dem 8-wertigen
Prazipitinserum eines anderen vorbehandelten Kaninchens einen deutlichen und mit
dem 8-wertigen Prazipitinserum eines weiteren Kaninchens einen starken Niederschlag.
Kaninchen 3, 1840 g schwer, erhalt 6 ccm Octopusplasma in die Ohrvene ein-
gespritzt. (Das Octopusplasma gibt noch in 6400-facher Verdiinnung mit 8-wertigem
Prazipitinserum einen starken Niederechlag.) Das Serum gibt, nach 3 Tagen entnommen,
noch in 8-facher Verdiinnung einen starken Niederechlag mit dem 16-wertigen Prazipitin¬
serum eines anderen mit Octopusplasma vorbehandelten Kaninchens. Am folgenden
Tage wei8t das Serum noch den gleichen Gehalt an prazipitabler Substanz auf; trotz-
dem enthalt es jetzt auch etwas Praziptin, es ist 1-wertig. 5 Tage nach der Injektion
ist der Prazipitingehalt um mehr als das Doppelte gestiegen, die Menge der prazipitablen
Substanz betragt nur noch 1 L der friiheren. 6 Tage nach der Injektion ergibt die
Priifung des Serums gar kein uctopuseiweifi mehr una einen 4-wertigen Prazipitingehalt.
Kaninchen 11 ernalt 16 ccm Octopusplasma intravends eingefiihrt (das Octopus-
S lasma gibt noch in 3200-facher Verdiinnung mit 8-wertigem Prazipitinserum einen
eutlichen Niederschlag). Nach 3 Tagen enthalt das Serum des Kaninchens noch kein
Prazipitiu. Nach 4 Tagen erecheint zueret Octopusprazipitin im Blute, das Serum gibt
in 8-facher Verdiinnung mit Octopusplasma (auf das 100-fache verdunnt) einen staraen
Niederschlag. Daneben enthalt das Serum noch prazipitables Octopuseiweifi/ es gibt,
mit einem 32-wertigen Prazipitinserum eines anderen Kaninchens zusammengebracht, in
32-facher Verdiinnung einen starken Niederechlag. Nach 5 Tagen ist der Prazipitin¬
gehalt so grofl, dafi man bei 32-facher Verdiinnung des Serums noch einen deutlichen
Niederschlag mit Octopusplasma erhalt. Trotz dieses verhalfcnismafiig hohen Prazipitin-
gehaltes ist auch noch Octopuseiweifi zu konstatieren und zwar ein ungefahr 16-wertiger
Gehalt. Bei der Priifung auf prazipitable Substanz fallt es auf, dafi die Wertigkeit des
znr Untersuchung benutzten Prazipitinserums die St&rke der Reaktion mehr beeinflufit
als dies gewOhnlich der Fall ist. 6 Tage nach der Injektion des Octopusplasmas ist
keine prazipitable Substanz mehr im Serum des Kaninchens durch Zusatz von Prazipitin
nachzuweisen. Der Prazipitingehalt ist dabei der gleiche geblieben wie am vorhergehen-
den Tage.
BS der Absattigung des Prazipitins in der Blutbahn durch intravenbse Injektion
von Octopusplasma ist die Erecheinung des Nebeneinanderbestehens von Prazipitin und
prazipitablem EiWeifi auch bei diesem Kaninchen nicht zu konstatieren; 9"luge nach
aer ereten Einfiihrung werden nufs neue zueret l L ccm und dann noch l j A ccm Octopus¬
plasma in die Ohrvene eingespritzt (das Octopusplasma gibt in 6400-facher Verdiinnung
mit dem Prazipitinserum deutlichen Niederechlag). Der Prazipitingehalt des Serums,
der zu dieser Zeit 8-wertig ist, sinkt nach der ersten Injektion auf 2, nach der zweiten
Injektion auf weniger als 1 Wertigkeit. Prazipitable Substanz ist aber weder nach der
ersten noch nach aer zweiten Einspritzung im Serum zu finden, obgleich wieder mit
dem gleichen 32-wertigen Pr&zipitinserum untereucht wird, mit dem neim ereten Auf-
treten des Prazipitins neben dem Prazipitin OctopuseiweiB konstatiert wurde.
Was nun die Erkl&rnng dieses eigentfimlichen gemeinsamen Vor-
kommens von ungebundenem Prazipitin und gelflster prftzipitabler Sub¬
stanz betrifft, so gentigt schon die Inkonstanz dieser Beobachtung, um
eine Zurfickfflhrung auf das Massenwirkungsgesetz auszuschlieBen. Die
Erscheinung ist aber ohne weiteres durch ein anderes
Moment zu erklaren, durch die Vielheit der Pr&zipitine.
Ehrlich und Morgenroth 1 ) haben gezeigt und mit Recht hervor-
gehoben, dall die Immunk5rper, welche nach der Einfiihrung von fremd-
artigen Zellbestandteilen im Organism us der Versuchstiere entstehen,
nicht einheitlicher Natur sind, sondern eine Mischung mehrerer Partial-
immunkorper darstellen, welche an verschiedenen chemischen Gruppen
des entsprechenden Zellmaterials angreifen. Genau die gleiche komplexe
Zusammensetzung muB aber auch ftlr die PrSzipitine angenommen werden.
Ein bestimmtes prSzipitierendes Serum eines Versuchstieres, das mit
einem fremdartigen Blutplasma vorbehandelt ist, wirkt nicht durch eine
einzige Art von Prazipitin auf das betreffende Blutplasma ein, sondern
durch verschiedenartige prazipitierende Antikorper.
1 ) Berl. klin. Wocheoschr. 1901. No. 21 u. 22.
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368 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 4.
Die Richtigkeit dieser Annahme, welche schon aus den Versachen
von M. Ascoli 1 2 ) und meinen frUheren Beobachtungen *) hervorgeht,
wird durch die folgende Untersuchung vollkommen sichergestellt Jedes
mit PlasmaeiweiB gewonnene PrSzipitinserum reagiert nfimlich nicht nnr
mit dem zur Erzeugung des Prazipitins benutzten Plasma, sondern in
geringerem Grade anch mit dem Blutplasma verwandter Tierarten. So
pr&zipitiert starkes Majapr&zipitinserum auch DromiaeiweiB. So gibt
OctopusprSzipitinserum auch mit Eledoneplasma und dementsprechend
Eledoneprkzipitinserum auch mit Octopusplasma einen Niederschlag.
Ueber die quantitativen Verhaltnisse geben folgende Beobachtungen
Aufschlufi (p. 369).
Die mit Octopusplasma erzeugten Prfizipitinsera von Kaninchen weisen
demnach bei der Priifung mit Eledoneplasma im allgemeinen l / 4 oder
etwas mehr als x /-i> xn einzelnen Fallen x / 2 des Prazipitingehaltes auf,
der bei der Untersuchung mit dem zugehdrigen Octopusplasma kon-
statiert- wird. Zu Beginn der Prazipitinbildung scheint der Unterschied
in der Wirkung auf die beiden EiweiBarten etwas geringer zu sein als
nach der Produktion des gesamten Prazipitins. Die Eledoneprazipitin-
sera zeigen ein entsprechendes Verhalten, sie flben auf das zugehorige
Eledoneplasma eine 2—4-mat so starke Wirkung aus wie auf das nur
verwandte Octopusplasma. GroBer sind die individuellen Verschieden-
heiten in der Qualitat der Majaprazipitinsera. Ein Teil derselben pra-
zipitiert auch Dromiaplasma und zwar ungefahr 8-mal schwacher als
Majaplasma, andere bedingen dagegen, mit Dromiaplasma zusammen-
gebracht, gar keine Niederschlagsbildung, obgleich sie in Bezug auf
Majaplasma einen 8-wertigen Prazipitingehalt aufweisen. Ein Dromia-
pracipitinserum ruft im Majaplasma keinen Niederschlag hervor, wabrend
es fur das zugehorige Dromiaplasma fast 32-wertig ist.
Diese Erscheinungen lassen sich nun leicht dazu verwerten, unsere
Voraussetzung, die Vielheit der Prazipitine in einem Serum, auf ihre
Richtigkeit zu prtifen. Es milssen, wenn unsere Anschauung den Tat-
sachen entspricht, in jedem der untersuchten Prazipitinsera zwei ver-
schiedene Gruppen von Teilprazipitinen nachzuweisen sein, solche, welche
nur auf das spezifisch zugehorige EiweiB einwirken und mit dem Eiweifi
der verwandten Tierart keine Reaktion geben, und daneben andere,
welche sowohl das zugehorige wie auch das demselben verwandte Plasma
zur Fallung bringen. Das Octopusprazipitinserum besteht demnach aus
den Teilprazipitinen Po (nur am OctopuseiweiB angreifend) und Poe
(sowohl am OctopuseiweiB wie am EledoneeiweiB angreifend), das Ele-
doneprazipitinserum aus Prazipitin Pe und Prazipitin Peo, wobei Po
und Pe ganz verschieden sind, Poe und Peo dagegen identisch sein
konnen. Das Majaprazipitinserum ist ebenso aus den Partialprazipitinen
Pm und Pmd zusammengesetzt und das Dromiaprazipitinserum aus Pd
und Pdm.
Der Nachweis, daB in der Tat jedes mit einem bestimmten fremd-
artigen Plasma erzeugte Prazipitin serum in der genannten Weise aus
verschiedenen Korpern, spezifischen und nicht spezifischen, zusammen¬
gesetzt ist, kann auf zweierlei Weise durch Anwendung der Absorptions-
methode und auf dem Wege der Immunisierung gefflhrt werden.
Beim Absorptionsversuch wird das betretfende Prazipitinserum, dessen
1 ) Munch, med. Wochenschr. 1902. No 34.
2) Die Antikorper. p. 79. Jena 1903.
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v. Dungern, Bindungsverhiltnisse bei der Pr&zipitinreaktion.
369
Octopusprazipitinserum gibt Niederschlag
. O.P.
; mt W
. E.P.
Serum 7a
deutUch
-tt stark
o
»>
7b (nach Abfall des ursprungl. Prazipitingehaltes)
1 gering
16 deutlich
-j deutlich
tt
4a
stark
lb
~r stark
4
i)
4b (nach Abfall des ursprungl. Prazipitingehaltes)
— deutlich
4
y- stark
tt
6
4 . stark
lb
1
stark
4
tt
9a
stark
j -°
V
9b (nach weiterer Prazipitinproduktion)
~ deutlich
o
-j- stark
ft
11
,, stark
o
1
~2 stark
tt
12 a
. j
4 * stark
o
stark
4
tt
12b (nach weiterer Prazipitinbildung)
deutlich
64
deutlich
lb
tt
13
_L stark
16 deutlich
g- stark
^ deutlich
o
ft
16
-g- stark
tt
17a
_L stark
4 deutlich
JL stark
2 deutlich
it
17b (nach neuer Injektion von O.P.)
- stark
o
stark
tt
17c (nach weiterer Prazipitinbildung)
32 8tark
g stark
it
18a
4 stark
y- deutlich
it
18b (nach neuer Injektion von O.P.)
g stark
~ stark
it
18c (nach weiterer Prazipitinbildung)
J stark
64 deutlich
— deutlich
lb
it
18d (nach Abfall des Prazipitiugehaltes)
5B stftrk
stark
8 deutlich
it
8
k 8tark
1 stark
16 deutlich
Gledo
neprazipitinserum gibt Niederschlag
E.P.
m,fc 100“
w
Serum
15a
-y deutlich
l =0
tt
15b (nach weiterer Prazipitinbildung)
4 deutlich
4
y- stark
tt
15c (nach neuer Injektion von E.P.)
g deutlich
^ stark
tt
15d (nach weiterer Prazipitinbildung)
4 : stark
lb
4 deutlich
o
tt
15e (nach weiterer Prazipitinbildung)
32 stark
1 Stark
tt
22
stark
-,y stark
24
Eretc Abt. Orig. Bd. XXXIV.
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370
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 4.
Majaprazipitinserum gibt Niederschlag
M.P.
m,t 100
““tw
Serum
14
-rr stark
o
i-o
13
-rr- stark
o
i-
it
4
-g- deutlich
|_0
»>
9
16 6tark
2 stark
ii
7
}a stark
lb
1 deutlich
4
ii
23
m sUak
^ deutlich
Dromiaprazipitinserum gibt Niederschlag
. D.P.
mit loo
-£
Serum 10
^ deutlich
I.o
spezifische and nicht spezifische Wirkung festgestellt worden ist, mit
dem nicht entsprechenden prSzipitablen Eiweifi zusammengebracht and
dann, nachdem der entstandene Niederschlag durch Zentrifugieren entfernt
worden ist, aufs neue quantitativ auf Prazipitingehalt in Bezug auf die
beiden Plasmaarten geprflft. Z. B.: Octopusprazipitinserum 8 gibt mit
Octopusplasma (auf das 100-fache verdfinnt) noch in 32-facher Verdflnnung
einen starken, mit Eledoneplasma (auf das 100-fache verdflnnt) in 16-
facher Verdflnnung einen stark-deutlichen Niederschlag. Das Eledone¬
plasma gibt mit dem Serum in 3200-facher Verdflnnung einen starken
Niederschlag. Es wird nun folgende Mischung vorgenommen: 1 ccm
Serum 8 + 1 ccm physiologische Kochsalzlosung + 2 ccm auf das 100-
fache verdflnntes Eledoneplasma. Es entsteht ein starker Niederschlag,
der durch die Zentrifuge entfernt wird. Die Fltissigkeit wird weder
durch Serum 8 noch durch Eledoneplasma (auf das 100-fache verdflnnt)
gefallt. Sie gibt aber mit Octopusplasma (auf das 100-fache verdflnnt)
noch in 4-facher Verdflnnung ein slarkes Prflzipitat. Der PrSzipitin-
gehalt des Octopuspr&zipitinserums ist demnach durch den Zusatz von
Eledoneplasma, wenn man die beim Versuche vorgenommene 4-fache
Verdflnnung des Serums berflcksichtigt. nur um die Hfllfte geringer ge-
worden, w&brend die Pr&zipitinwirkung fflr Eledoneplasma dabei voll-
kommen verloren gegangen ist. Wflrde es sich um ein einheitliches
Prfizipitin bandeln, das auf Octopusplasma ungef&hr doppelt so stark
wirkt wie auf Eledoneplasma, so mfifite der nach der Absorption zurflck-
bleibende Rest auch wieder Eledoneplasma ungefflhr '/jinal so stark
prazipitieren wie Octopusplasma. Das ist aber nicht der Fall, man
erhfllt ein vollkommen spezifisches Prfizipitin, das nur
noch Octopusplasma, nicht aber Eledoneplasma zur F&l-
lung bringt.
Man kann diesera PrSzipitin Po jetzt noch weiter Eledoneplasma
zusetzen, ohne dafi eine Prazipitation eintritt, und erhalt dadurch
eine Flflssigkeit, welche sowohl mit Octopuspr&zipitin
wie mit Octopusplasma einen Niederschlag gibt In beiden
Fallen sind es aber verschiedene Prazipitine, welche die Reaktion be-
dingen, beim Zusatz von Octopusplasma das in der Flflssigkeit vor-
handene spezifische Po, bei der Mischung mit Octopuspr&zipitinserum
das nicht spezifische Poe, welches auch auf Eledoneplasma einwirkt
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v. Dangern, Iiindungsverh<nisse bei der Pr&zipitinreaktion.
371
Entsprechend den spezifischen and nicht spezifischen TeilprGzipitinen
mflssen auch an den prazipitablen EiweiBkdrpern einer bestimmten Tier-
art verschiedenartige prkzipitinbindende Gruppen angenommen werden.
Wir haben demnach in Bezng auf die angewandte Versuchsanordnung
am Eledoneeiweifi (E) die Gruppen e und eo zu unterscheiden. Die
FlQssigkeit, welche sowohl mit Octopusplasma wie mit
OctopusprSzipitin ein PrQzipitat lieiert, enthalt also
gar nicht zwei reaktionsfabige Substanzen, da Po sich
weder mit Ee noch mit Eeo vereinigen kann.
Ganz ahnliche Verhaltnisse, wie sie hier kflnstlich durch das Ex¬
periment geschaffen warden, liegen meines Erachtens auch in den be-
schriebenen Fallen vor, bei denen im Kaninchensernm za Anfang der
Prfizipitinbildung nebeneinander PrQzipitin and prazipitable Substanz
vorhanden waren. Auch hier handelt es sich nicht am zwei reaktions-
fahige Korper, deren Verbindong aus irgend welchen GrQnden unter-
bleibt, sondern am Substanzen, welche keine Affinitat zueinander be-
sitzen. Die betreifenden Kaninchen haben za dieser Zeit noch nicht
alle moglichen Teilprkzipitine gebildet, sondern nur einzelne derselben.
Diese zunachst prodnzierten, nur aaf bestimmte Gruppen der prazipitablen
EiweiBkorper passenden Partialprkzipitine sind es, welche nach der Ab-
sattigung aller znr Verfflgung stehenden zugehdrigen Gruppen der pra¬
zipitablen Substanz im Serum nachweisbar werden. Daneben bleibt
aber ein anderer Teil der prazipitablen Substanz, der keine Affinitat
zu dero gebildeten Prazipitin besitzt, bestehen, solange, bis ein anderes
Partialprazipitin von den Eaninchenzellen geliefert wird, welches sich
mit Gruppen der in Ldsung gebliebenen EiweiBkOrper vereinigen kann.
Diese schon an und fflr sich aufierordentlich wahrscheinliche Er-
klGrung gewinnt durch die in Tabelle XI dargestellten Reagenzglas-
versuche eine besondere Stfltze. Wenn Octopusplasma mit einem Ueber-
schuB eines bestimmten Prazipitinserums versetzt wurde, so gab die
FlQssigkeit nach der Bildung des PrOzipitates fQr gewdhnlich mit einem
zweiten Prazipitinserum eines anderen Kaninchens ebensowenig einen
Niederschlag mehr wie mit dem zur AusfQUung der prazipitablen Sub¬
stanz verwandten Kaninchenscrum. Anders dagegen bei der Benutzung
von Serum 2.
Das in diesem Serum enthaltene Prazipitin war nicht auf die ge-
wohnliche Weise durch intravendse Injektion von Octopusplasma erzeugt
worden, sondern nach intraperitonealer EinfGbrung von durch Alkohol
gefalltem Octopusplasma entstanden. Das Alkoholprazipitat des Octopus-
plasmas verliert schon nach ganz kurzer Einwirkung von absolutem
Alkohol seine LQslichkeit in Wasser oder Kaninchensernm, wahrend die
prazipitinbindenden Gruppen teilweise erhalten bleiben 1 ). Bei meinen
Versuchen, wo zur Prazipitation und zum Waschen des Niederschlages
nicht mehr als 20 Minuten verwandt wurden, blieb 1 / 4 — 1 / 8 dieser
Gruppen funktionsf&hig. Drei normale Kaninchen, denen solches Alkohol¬
prazipitat von je 8 ccm Octopus- oder Eledoneplasma in feiner Suspen¬
sion in die BauchhShle eingespritzt wurde, lieferten auch nach Wieder-
holung der Injektion keine Prazipitine und ebensowenig auch die Pra¬
zipitin reaktion hemmende AntikQrper. Kaninchen 2, das frGher mit
1) D&8 es gich dabei wirklich um eine elektive BinduDg des Prazipitins von seiten
des Prfizipitates handelt und nicht um eine nicht spezifische Absorption, wurde dadurch
festgestellt, dafi auf die gleiche Weise dargestelltes Alkoholprazipitat von Majaplasma
dem Octopus- oder Eledoneprazipitinserum kein Prazipitin entzog.
24*
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372
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Octopusplasma vorbehandelt worden war, zur Zeit aber kein PrSzipitin
mebr im Blute aufwies, zeigte dagegen 3 Tage nach der Injektion des
Alkoholpr&zipitates von 8 ccm Octopusplasma einen geringen, am n&chsten
Tage schon einen fast 8-wertigen Pr&zipitingehalt und lieferte 5 Tage
nach der Einspritzung das zum Versuch benutzte Serum.
Brachte man dieses Serum im UeberschuB mit Octopusplasma zu-
sammen, so blieb nach der Entfernung aller durch das gleiche Serum 2
nachweisbajen pr£zipitablen Substanz noch pr&zipitables EiweiB in
L5sung, welches durch ein zweites Octopuspr&zipitinserum 17 nieder-
geschlagen wurde, obgleich der absolute Prkzipitingehalt beider Sera der
gleiche war. Wurde dagegen der umgekehrte Versuch angestellt und
dasselbe Octopusplasma zun&chst in gleicher Weise mit Serum 17 ver-
mischt, so war auch mit Serum 2 keine weitere F&llung mehr zu er-
zielen. Es geht aus diesen Bindungsversuchen mit Sicher-
heit hervor, dafi Serum 2 mindestens ein Partialprazipitin
weniger enth< als Serum 17. Diesem fehlenden Teilpr&zipitin
entspricht ein Bestandteil der pr&zipitablen Substanz, welcher nur durch
dieses Teilpr&zipitin, nicht aber durch die anderen Partialpr&zipitine
ausgefSJlt werden kann.
Damit hat aber auch das gleichzeitige Vorkommen von Pr&zipitin
und pr&zipitabler Substanz eine ausreichende Erklfirung gefunden. Diese
Erscheinung ist, wie gesagt, nicht charakteristisch ffir die Pr&zipitin-
reaktion iiberhaupt, sie kann nur unter besonderen Bedingungen zu
stande kommen. Es ist zun&chst dazu eriorderlich, daB nach der In¬
jektion eines bestimmten fremdartigen Blutplasmas mindestens zwei
verschiedene Pr^zipitine in ungleichmaBigen MengenverhaltnisSen im
Kaninchenorganismus entstehen konnen. Das genugt aber noch nicht,
es mfissen auBerdem solche Prazipitine sein, welche nicht an alien
Molekttlen der pr&zipitablen EiweiBkdrper entsprechende bindende Gruppen
finden, deren Besetzung die Pr&zipitation hervorruft, da sonst schon jedes
Teilpr&zipitin, im UeberschuB zugesetzt, das Ausfallen der gesamten
pHlzipitablen Substanz bedingen miiBte.
In dem hier genauer untersuchten Falle war zum Nachweis des
neben dem Octopuspr&zipitin noch in Losung gebliebenen OctopuseiweiBes
noch ein zweites Pr&zipitinserum notwendig, welches das im ersten Serum
viel schwkcher vertretene oder ganz fehlende zugehorige Teilprkzipitin
enthielt. Es kann aber auch vorkommen, daB die neben dem Pr&zipitin
frei bestehende prazipitable Substanz durch das gleiche Serum ausf&llbar
ist, das beim Versuch mit dem fremdartigen Blutplasma vermischt wurde.
Hamburger macht eine derartige Angabe 1 ). Ich selbst habe nur in
einem einzigen Falle bei einer etwas komplizierteren Versuchsanordnung
solche Verh<nisse wahrgenommen.
Versuch: Octopusprazipitinserum 18 wird zunachst mit Eledoneplasma zusammen-
gebracht (das Serum gibt mit dem auf das 100-fache verdlinnten Eledoneplasma noch
in 8-facher Verdiinnung einen stark-deutlichen Niederschlag. Das Eledoneplasma gibt
in 2048-facher Verdiinnung mit dem Serum einen deutli(3ien Niederschla^g). 10 ccm
Serum 18 + 0,625 ccm unverdiinntes Eledoneplasma. Es entsteht ein starker Nieder-
schlag, der nach 3 Stunden abzentrifugiert wird. Die Fliissigkeit gibt mit Serum 18
in 4-facher Verdiinnung einen Niederechlag, dagegen nicht mit Eledoneplasma. Fflr
Octopusplasma besitzt sie noch einen 8-fachen Prazipitingehalt. Man erhalt durch dieses
Vorgehen also ein Octopusprazipitinserum, das nur an solchen prazipitinbindenden
Gruppen des OctopuseiweiBes angreift, die im Eledoneplasma nicht vorkommen. Dieses
Serum 18 A wird jetzt mit verschiedenen Mengen von Octopusplasma 11 zusammen-
gebracht (vergl. Tabelle VII).
1 ) Wien. klin. Wochenschr. 1902. No 45.
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v. Dungern, Bindungsverh<nisse bei der Prazipitinreaktion.
373
1,5 ccm Serum 18 A + 0,5 ccm
1,5
1,5
1,5
1,5
1,5
18 A + 0,5
18 A + 0,5
18 A + 0,5
18 A -j- 0,5
18 A + 0,5
16
O.P.ll
Die Fliissigkeit (F) gibfc, einige Stunden nach
der Vereinigung vora Niederschlag durch
Zentrifugieren eetrermt, einen Niederschlag mit
O.r. Scrum 18 A
O.P.ll
256
O .P.ll
128
ap.ii
64
ORU
32
O.P.ll
8
100
F
-j- stark
F
—j- deutlich
F
-~ 2 ~ stark
F
-y- stark
F
~Y deutlich
F
1
F
T -°
■r“°
i-»
F
-r = °
F
— deutlich
F
- deutlich
o
Wir konstatieren demnach hier bei einem bestimraten Mischungsverhaltnis einen
gleichzeitigen UeberschuB von Prazipitin dee 8erums 18 A und von prazipitabler Sub¬
stanz, die daduich zur Fallung koramt, daB das gleiche Serum 18 A unverdiinnt
zugeeetzt wird.
Diese Erscheinung muB dann zu stande kommen, wenn die Haupt-
menge des Prazipitins zu solchen Bestandteilen des prazipitablen EiweiBes
Beziehung hat, die im fremdartigen Blutplasma nur in verhaltnismaBig
geringer Menge vertreten sind. Z. B.: (4 Pa + 2 Pb) -j- (2 Ea 4- 4 Eb)
= (2 PaEa + 2 PbEb) + 2 Pa + 2 Eb. Grundbedingung ist naturlich
auch hier, daB die verschiedenartigen prazipitinbindenden Gruppen (a
und b) auf verschiedene Molekiile der prazipitablen Substanz verteilt
sind.
DaB ini Octopusplasma wirklich solche differente Korper vorkommen,
wird durch folgenden Versuch bestatigt. Ich stellte denselben deshalb
an, weil ich sehen wollte, ob das Verschwinden der prazipitablen Sub¬
stanz aus dem Octopusplasma der Fallung des H&mocyanins durch
Ammonsulfat vollkoinmen entspricht. Es wurde dem Octopusplasma
einerseits konzentrierte Ammonsulfatlosung in groBem UeberschuB zu-
gefiigt. Die vom gebildeten Prazipitat abfiltrierte Flflssigkeit gab dann
keine EiweiBreaktion und enthielt ebenso auch keine durch Pr&zipitin-
serum nachweisbare prazipitable Substanz mehr. Andererseits versetzte
ich 10 ccm Octopusplasma mit nur soviel konzentrierter Ammonsulfat¬
losung, daB das gesamte Plasma gerade anting, trfibe zu werden. Die
groBe Masse des HSmocyanins fiel dann im Verlaufe der ndchsten 2 Tage
in Form eines mikrokristallinischen Breies aus; die nur sehr scbwer
durch Filtration mittels der Saugpumpe zu gewinnende Fliissigkeit
(1,5 ccm) ‘ enthielt aber auch noch etwas EiweiB. Der Hamocyaninbrei,
der ein Volumen von 10 ccm einnahm, war in 1-proz. Kochsalzlosung
wieder sehr leicht loslich und zeigte nahezu den gleichen Gehalt an
prazipitabler Substanz wie das nicht modifizierte Plasma. Die abgesaugte
Flflssigkeit enthielt dagegen verhaltnismaBig sehr viel weniger prazipitable
Substanz. Dabei zeigten sich sehr bemerkenswerte Unterschiede, wenn
verschiedene prflzipitierende Sera zur Prflfung benutzt wurden. Die
Fliissigkeit wurde von Serum 2 noch in 4-facher Verdflnnung, von einem
anderen Serum 17 dagegen noch in 64-facher Verdflnnung stark gefallt,
obgleich das zum Versuch verwandte Octopusplasma durch beide Sera
in gleicher Weise noch in 2048-facher Verdflnnung stark prflzipitiert
wurde. Diejenigen Bestandteile des Octopusplasmas, welche nur durch
das dem Serum 2 fehlende Partialprazipitin des Serums 17 nieder-
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374
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
geschlagen werden kdnnen, sind demnach bei der Ausffillung durch
Ammonsulfat in verhaltnismaBig gr5Berer Menge in L5sung geblieben
als die anderen durch Serum 2 in gleicher Weise pr&zipitablen EiweiB-
kdrper.
DaB die durch Prazipitine f&llbaren Substanzen des
Octopusplasmas EiweiBkorper sind, ist wohl mit Sicher-
heit anzunehmen; es spricht dafttr nicht nur das soeben beschrie-
bene Verhalten der pr&zipitablen Substanz bei der Ammonsulfatfallung
des Hamocyanins, sondern auch die Beschaffenheit des Pr&zipitates. Der
Kupfernachweis l ) ist dabei nicht einmal unumganglich notwendig, da
das Hamocyanin sich bei der Ausfailung von konzentriertem Octopus-
plasma durch ein starkes Prazipitinserum schon ohne weiteres im Nieder-
schlage zu erkennen gibt; das gewaschene Prfizipit&t zeigt eine blaue
Farbe, die durch Zuleiten von Kohlens&ure verschwindet und beim
Schiitteln mitLuft wieder erscheint. Das Hamocyanin ist demnach
kein einheitlicher EiweiBkorper, sondern aus verschie-
denartigen Molekulen zusammengesetzt.
Zeigen uns diese Beobachtungen, daB bestimmte Prazipitin-bindende
Gruppen der pr&zipitablen Substanz nicht bei alien chemischen Indivi-
duen derselben vorzukommen brauchen, so ist damit doch noch nicht
gesagt, daB die einzelnen prazipitablen Molekiile sich nur mit einer ein-
zigen Art von Pr&zipitin verbinden kbnnen. Ich habe daher zur Ent-
scheidung dieser Frage noch weiter untersucht, ob nach der Ausf&llung
von Eledoneplasma durch das alloiogene Pr&zipitin Poe eines Octopus-
prazipitinserums noch pr&zipitable Substanz in Ldsung bleibt, welche
erst durch das isogene TeilprSLzipitin Pe eines Eledonepr&zipitinserums
niedergeschlagen wird.
Ver8uch: Es wird benutzt ein Octopusprazipitinserum 13, welches mit verdiinntein
Octopusplasma in 10-facher Verdunnung einen stark-deutlichen, mit verdiinntem Ele¬
doneplasma in 8-facher Verdunnung einen deutlichen Niederschlag gibt, ein Eledone-
prazipitinserum 15, welches mit verdiinntem Eledoneplasma in 32-facher Verdunnung
einen starken, mit verdiinntem Octopusplasma in 16-Facher Verdunnung einen starken
Niederschlag gibt, und ein Eledoneplasma, welches sowohl mit Serum 13 wie mit Serum
15 wie mit dem auf das 16-fache mit Kochsalzl&sung verdiinntem Serum 15 ungefahr
auf die gleiche Weise noch in 1600-facher Verdunnung einen starken Niederschlag gibt.
Das Octopusprazipitinserum hat demnach durch Verbindung mit
Eledoneplasma, genau wie in dem friiher schon beschriebenen Falle, nur
das Prazipitin Poe verloren, welches an den bei beiden Cephalopoden-
arten vorkommenden Gruppen angreift, wahrend das nur auf Octopus¬
plasma einwirkende Teilprazipitin Po vollkommen in Losung geblieben
ist. Das prazipitable Eiweifi des Eledoneplasmas ist dagegen schon
1) v. Dungern, Die Antikorper. p. 74.
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v. Dungern, Bindungsverh<nisse bei der Pr&zipitinreaktion.
375
unter dem Einflusse des alloiogenen Teilprazipitins Poe vollkomraen in
den Niederschlag fiber gegan gen.
In gutem Einklange damit steht auch das Ergebnis eines anderen
Versuches: Bei einem bestimmten Octopusplasma wurde festgestellt,
wie weit man dasselbe verdtinnen kann, um noch einen starken Nieder¬
schlag mit Prfizipitin zu erhalten. Es wurden dabei die gleichen Werte
gefunden, gleichgttltig, ob mit dem unveranderten Octopusprazipitinserum
13, das beide Komponenten Po und Poe enthielt, geprtift wurde, oder
nur mit dem Teilprazipitin Po.
Man muB daher annehmen, daB die einzelnen prfizipi-
tablen EiweiBmolektile ftir verschiedenartige Prazipitine
entsprechende bindende Gruppen besitzen.
Da es aus diesem Grunde nicht moglich ist, durch Absorption eine
solche prazipitable Substanz darzustellen, welche dem spezifischen Teil¬
prazipitin entsprechend nur durch dieses ausfailbar ist, so gelingt es
auch nicht, mit der Absorptionsmethode das spezifische Teilprazipitin aus
einem Serum zu entfernen und dadurch ein solches Prazipitin zu ge-
winnen, das auf die gelosten EiweiBkorper von 2 verwandten Tierarten
gleich stark einwirkt.
Es war dagegen moglich, solche nicht spezifische
Pr fizipitinsera durch eine besondere Art der Immunisie-
rung zu erzeugen. Das Prazipitin erscheint namlich, wie aus meinen
frfiheren Versuchen hervorgeht *), auf die Einffihrung der prazipitablen
Substanz hin im Blute eines schon frfiher mit dem gleichen fremdartigen
EiweiB vorbehandelten Kaninchens rascher und in grSBerer Menge als
in dem eines Normaltieres, eine Tatsache, welche ich durch Neubildung
entsprechender Rezeptoren der Zellen erklaren konnte. Wenn man nun
einem normalen Kaninchen zunfichst das Blutplasma einer bestimmten
Tierart einspritzt, und dann, nachdem das auf diese Injektion hin pro-
duzierte Prazipitin wieder aus dem Blute verschwunden ist, zum zweiten-
mal nicht mehr dasselbe, sondern nur verwandtes prazipitables EiweiB
einffihrt, so muB die Prazipitinproduktion zunachst nur gegentiber den-
jenigen Gruppen der prazipitablen Substanz erfolgen, mit welchen das
Kaninchen schon bei der ersten Injektion in Beriihrung gekommen ist,
und das sind eben die den beiden verwandten Tierarten gemeinschaft-
lichen bindenden Gruppen 1 2 ). Man erhalt daher auf diese Weise ein
Prazipitin, welches seine spezifische Beziehung zu demjenigen EiweiB,
das zu seiner Entstehung Veranlassung gab, scheinbar eingebfiBt hat, in-
dem es das EiweiB einer anderen Tierart gleich stark prazipitiert; in
Wirklichkeit erklart sich aber alles durch die einseitige Ausbildung eines
Teilprazipitins.
Die komplexe, in ihren einzelnen Bestandteilen wecb-
selnde Zusammensetzung der p r fiz i p i ti e r e n d e n Sera
macht auch die eigenttimlichen, vonEisenberg zuerst be-
schriebenen, Bindungsverhaltnisse leicht verstandlich.
Es ist ja nicht zu erwarten, daB alle Teilprazipitine, deren es eine
groBere Anzahl geben muB, proportional der Menge der einzelnen zuge-
horigen Gruppen der prazipitablen Substanz gebildet werden. Schon
die Tatsache, daB die Prazipitinsera verschiedener Individuen sich in un-
1) Die Antikorper. Kapitel V u. VI.
2) Auf die Beaeutung dieser Erscheinung fiir die Rezeptorentheorie braucht hier
nicht eingegangen zu werden. Die Versuche und Protokolle sollen noch an anderer
Stelle genauere Besprechung finden.
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376
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original e. Bd. XXXIV. No. 4.
gleicher Weise mit der zugehdrigen prazipitablen Substanz vereinigen,
weist darauf hin, daB die eine oder die andere dieser verschiedenartigen
Gruppen der fremdartigen EiweiBkorper leichter als die ubnigen zur
Pr&zipitinproduktion Veranlassung gibt 1st dies aber der Fall, so
kdnnen die quantitativen Absorptionsverhaitnisse fiir die einzelnen Partial-
prazipitine nicht die gleichen sein: Um die differenten prftzipitierenden
Korper einer bestimmten Serummenge vollkommen zu absorbieren, sind
dann jeweils verschiedene Mengen des prazipitablen Plasmas notwendig.
Eine gegebene Quantitat prazipitabler Substanz kann der zum Bindungs-
versuch benutzten Serummenge daher einzelne Teilprazipitine ganz ent-
ziehen, ohne damit ihre Absorptionsfahigkeit fur die gleichartigen Pr§zi-
pitine ganz zu verlieren, wfihrend andere PartialprSzipitine nach der Be-
setzung aller entsprechenden Gruppen des vorhandenen EiweiBes teil-
weise in Losung bleiben. Bei einer Vermehrung des gesamten Pr&zipitins
und gleichbleibender EiweiBmenge wird die absolute Absorption von
Prazipitin somit steigen, da bei dem geringeren Serumzusatz noch nicht
alle verschiedenen bindenden Gruppen des EiweiBes mit Prazipitin be-
setzt sind, die relative Absorption dagegen fallen, da einzelne Teilpra-
zipitine die ihnen entsprechenden Gruppen der prazipitablen Substanz
schon bei geringerem Serumzusatz vollkommen sattigen. Wird anderer-
seits immer die gleiche Prazipitinmenge mit steigendem Zusatz von Ei-
weifi versehen, so kann die Zahl der absorbierten Einheiten des Gesamt-
prazipitins nicht proportional der zugesetzten EiweiBmenge zunehmen,
weil bei Steigerung der EiweiBmenge immer mehr Partialprazipitine voll¬
kommen absorbiert werden.
Die Richtigkeit dieser Anschauung konnte auch ex¬
perimental bestatigt werden. Es wurden Octopusprazipitin-
serum und Octopusplasma in solchem Mengenverhaitnis gemischt, daB
nach der Bildung des Niederschlages in der Flttssigkeit noch ein Teil
des Prazipitins in LSsung blieb. Das gewaschene Prazipitat zeigte sich
dann trotzdem befahigt, dem aufs neue zugesetzten Serum weiteres
Prazipitin zu entziehen und zwar auch dann, wenn die Konzentration
dieses Gesamtprazipitins keine groBere war, als diejenige des ungebunden
gebliebenen Teilprazipitins.
Die Bindungsgesetze, welche bei der Ausfallung von prazipitablem
Plasma durch prazipitierendes Antiserum zum Ausdrucke kommen, werden
demnach wesentlich durch die komplexe Zusammensetzung der reagieren-
den Substanzen beherrscht.
Daneben macht sich in den Bindungsversuchsreihen aber noch ein
anderes sehr bemerkenswertes Moment geltend: Die quantitative Ver-
einigung der prazipitierenden Antikorper des Serums mit den EiweiB-
substanzen der fremden Tierart vollzieht sich nicht nur bei einem ein-
zigen bestimmten Mengenverhaitnis der reaktionsfahigen Kdrper, sondern
unter vielfachen Konzentrationsbedingungen. Aus dieser Tatsache allein
ist noch nicht zu entnehmen, ob ein Teil prazipitable Substanz sich mit
mehreren Teilen Prazipitin verbinden kann, oder ob umgekehrt ein Teil
Prazipitin sich mit verschiedenen Mengen prazipitabler Substanz vereinigt
Aus den oben beschriebenen Versuchen mit spezifischen und nicht spezi-
fischen Teilprazipitinen geht aber mit Sicherheit hervor, daB den Mole-
kulen der prazipitablen Substanz die komplexere Konstitution in Bezug
auf bindende Gruppen zugeschrieben werden muB. Das prazipitable
EiweiBmolekiil kann sich demnach mit einer wechselnden
Zahl von Prazipitinmoiektilen zu verschiedenartigen Ver-
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t. Dun gem, Bindungsverh<nisse bei der Pritzipitinreaktion.
377
bindangen vereinigen, die als Prfizipitate aus der Flfis-
sigkeit ausfallen. Das Gesetz der multiplen Proportionen, welches
von Jost 1 2 ) und von Eisenberg und Volk*) ffir die Verbindung der
agglntinablen Substanz mit dem Agglutinin festgestellt wurde, gilt also
anch fiir die Prfizipitinreaktion.
Es liegt nahe, den Versnch zu machen, aus den Ergebnissen der
Bindungsversuche auch die Zabl der Prfizipitin-bindenden Gruppen ab-
zuleiten, welche den prfizipitablen Eiweifimolekfilen angehdren. Dem
steht aber die komplizierte Zusammensetzung des Prfizipitinserums aus
verschiedenartigen Teilprfizipitinen mit alien ihren Folgeerscheinungen
als nicht zu unterschfitzendes Hindernis entgegen. In der Mehrzahl der
Ffille ist ja wohl zu konstatieren, dafi das Verh<nis zwischen der
Prfizipitinmenge und der Menge prfizipitabler Substanz ungeffihr urn das
Vierfache schwanken kann, ohne dafi bei der Bindung ein Ueberschufi in
der Flilssigkeit in LSsung bleibt. Eine gewisse Gesetzmfifiigkeit mufi
hier auch vorliegen, da man bei der Prtlfung von Eiweifiarten, die ganz
verschiedenen Tierarten angehdren, fast genau die gleichen Werte er-
halten kann. Es kommen daneben aber doch auch solche Sera vor,
deren Prfizipitine sich nicht unter denselben mehrfachen Konzentrations-
bedingungen restlos mit der prfizipitablen Substanz verbinden. Sie bilden
den Uebergang zu dem schon besprochenen extremen Fall, wo Prfizipitin
und prfizipitabler Eiweifikdrper gleichzeitig nebeneinander beobachtet
werden.
Es ist aufierdem noch zu berficksichtigen, dafi die prfizipitablen Ei-
weifimolekttle erst bei Besetzung mehrerer bindender Gruppen durch
Prfizipitin unldslich werden und in das Prfizipitat tlbergehen. Wenigstens
glaube ich auf dieses Verhalten darauf schliefien zu kdnnen, dafi ein zu
grofier Ueberschufi von prfizipitabler Substanz die Niederschlagsbildung
verringert oder ganz aufhebt [Halban und Landsteiner 3 ), Eisen¬
berg 4 5 ), v. Dungern 6 ), P. Milller 6 )]. Diese Erscheinung ist in der
Tat, wie aus meinen Versuchen klar hervorgeht (Tabelle II, IV u. VII),
durch die relative Herabsetzung des Prfizipitingehaltes bedingt. Das
Prfizipitin verteilt sich dabei, wie man annehmen mufi, auf soviel Eiweifi-
molekfile, dafi die von jedem einzelnen Molekill gebundene Menge zu
dessen Prfizipitation nicht mehr ausreicht.
Aus all diesen Grfinden ist es nicht mfiglich, die Bindungsvorgfinge,
welche beim Vermischen eines durch spezifische Vorbehandlung gewon-
nenen Prfizipitinserums mit zugehbrigem Blutplasma an den einzelnen
verschiedenen bindenden Gruppen stattfinden, quantitativ vollkommen zu
analysieren. Es sind dazu einfachere Verhfiltnisse notwendig, die man
wohl beim Studium der Prfizipitine normaler Sera linden wird. Eisen¬
berg und Volk 6 ) konstatierten bei der Untersuchung normaler Agglu-
tinine die interessante Tatsache, dafi Typhusbacillen dem normalen Pferde-
und Ziegenserum immer die gleiche Menge Agglutinin, die einfach ag-
glutinierende Dose entziehen, mag die Konzentration des Agglutinins
noch so verschieden sein. Ehrlich und Morgenroth 7 ) fanden ffir
1) Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XL. 1902.
2) Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XL. 1902.
3) Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 12.
4) Centralbl. f. Bakt. Abt I. 1902. p. 773.
5) Die Antikdrper. p. 77.
6) 1. c.
7) Berl. klin. Wochenschr. 1901. No. 10.
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Oentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4
ein bestimmtes Immunhamolysin das gleiche einfache Bindungsgesetz.
Diese Beobachtungen machen es wahrscheinlich, daC auch in den kom-
plizierten Fallen die Bindung der einzelnen PartialprUzipitine an die
entsprechenden Gruppen der prazipitablen Substanz nach einfachen
chemischen Proportionen vor sich geht.
Es gelingt aber mit Hilfe der Absorptionsmethode, noch andere
wichtige Fragen experimentell zu entscheiden. Man kann einerseits
nntersuchen, ob die mit wenig PrSzipitin ausgefallte prizipitable Sub¬
stanz als Niederschlag noch ebensoviel Prazipitin zu binden vermag wie
in geldstem Zustande und andererseits prflfen, ob das mit einer verhalt-
nismSfiig geringen Menge EiweiB verbundene Prazipitin neu zugesetzte
prfizipitable Substanz noch ebenso auszufallen vermag, wie vor der
Bindung. Man bemerkt bei solchen Untersuchungen einen prinzipiellen
Unterschied: Das nach der Prazipitation zugefflgte Prazi¬
pitin wird vom Niederschlag noch sehr leicht absorbiert
In der Mehrzahl der Falle kann von der durch wenig Prazipitin ausge-
fallten prazipitablen Substanz ebensoviel Prazipitin gebunden werden
wie von der gelSsten, die von vomherein mit der ganzen Prazipitinmenge
versetzt wird, bei einigen Versuchen wird die Bindungsfahigkeit des
prazipitablen EiweiBes durch die Prazipitation etwas, aber nicht erheblich
abgeschwacht. Das Prazipitin vermag dagegen nur eine er¬
heblich geringere Menge von prazipitablem Eiweifi
niederzuschlagen, wenn es zunachst mit einem Teil des-
selben verbunden wird. z. B.
Versuch mit Eledoneprazipitinserum 15 und Eledoneplasma 1 (vergleiche Tabelle IV).
Die Fliissigkeit (F) gibt einige Stunden
nach der vereinigung vom Niederschlag
getrennt Niederschlag mit
E.P.l Ser. 15
1,5 ccm Serum 15 + 0,5 ccm
1,5
„ 15 + 0,5
1,5 „
„ 15 + 0,5
1,5 „
„ 15 + 0,5
1,5 ,,
„ 15 + 0,5
E.P.l.
16 ‘
und nach mehreren Stunden noch 1,5 ccm ^
it) lb ‘ 1
E.P.1 F
1
100
i u i
F
s ft —r stark
64
F
.0 y = 0
E P.l F F
- q — und nach mehreren Stunden noch 1,5 ccm Ser. 15: = 0 ~r ■■ 0
o 11
8
:.p.
8
E.P.1.
E P 1
1 -proz. NaCl-Ldsung +1,5 ccm -jy-:
F F
T-0 T = °
Jgdeutlich
Versuch mit Octopuspracipi tinserum 21 und Octopusplasma 12
Kleic’ '
(vergleiche Tabelle IX).
100
1,5 ccm Serum 21 + 0,5 ccm
1,5
21 + 0,5
O.P.12
32 :
O.P.12
F mit O.P.12 mit Ser. 21
F
F
^-deutlich —
1
0
ydeutlich 0
( O P 12\ — F F
1,5 ccm Serum 21 + 0,5 ccm — : ^—J + 1,5 ccm Serum 21: -g- stark -y- — 0
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t. Dungern, Bindungsverh<nisse bei der Prilzipitinreaktion.
379
0 P12 F
<Ier gleiche Niederschlag, */ 4 Std. alt 4 - 0,5 ccm —^-h lp ccm NaCl-LSsung: —=* 0
o. . 0.P.12 . „ „ F
rc a oi A k 0.P.12
1,5 ccm Serum 21 4 - 0,5 ccm —g—:
( 0 p 12 \
1,5 ccm Serum 21 4 - 0,5 ccm ——J 24 Stundeu alt 4 -
°,5 „ + 1,5
0,5 „ ?-Jj- + 1,5 „
F
T-°
0.P.12 F
0,5 ccm — g -h 1,5 ccm NaCl-Losung: y-
O.P.12 , F
it g + 1?5 j» a a • ^ 5
1,5 ccm Serum 21 4- 0,5 ccm
0.P.12
0 —— stark
4
n F stark
u 04 deutlich
0 iS 8tark
Versuch mit Maj aprazi pitinserum 20 und Majaplasma 2
(vergleiche Tabelle II).
^ ™ ^, M.P.2
1,5 ccm Serum 20 4- 0,5 ccm 2 :
u*
«
„ 20 + 0,5 „ —jp-
1,5
a
„„ „ _ M.P.2
„ 20 4- Op „ ^
1 $
a
^. M.P.2
„ 20 4- 0,5 „ ^
1,5
t*
„ 20 + 0,5 „
1,5
a
„ 20 + 0,5 „ —g—
1,5
1 ?
,, 20 4* 0,5 ,, •
1,5
a
„ 20 + 0,5 „
1,5
j*
„ 20 + 0,5 „
Versuch mit Octopus
0 P13
1,5 ccm Serum 2 + 0^ ccm —’- Q -—■:
0
100
F
T"°
und dazu nach einigen Stunden F A
1,5 ccm Ser. 20 4- Op ccm NaCl-L5sung :Y" y
F
T=°
und dazu nach einigen Stunden F_ n
1,5 ccm Ser. 20 4- 0,5 ccm NaCl-L5sung u
F
T -o
F mit M.P.2 mit Ser. 20
“100“ l
g deutlich
- stark
-deutlich
- — 0
I
- — 0
,.r.z una aazu nacn einigen stunaen r , j?
“g 1,5 ccm Ser. 20 4- 0,5 ccm NaCl-Losung: y 8tark y “ 0
stark —— — 0
LUIU IUUU 1IOU1 CIUIKCU X J , X A
1,5 ccm Ser 20 4- 0,5ccm NaCl-Losung: y oe^thch — = 0
^ stark ~ — 0
4 1
(vergleiche Tabelle XI).
F mit O.P.13 mit Ser. 2
0 P 13 F
1,5 ccm Serum 2 4 - 0,5 ccm — —■: -y-
O P 13 F
Ebenso und nach 5 Minuten x ) noch 0,5 ccm - -b 1,5 ccm NaCl-Losung: y
15 ,,
18 Stunden
05 °- R13 + 1 5
,, \JjxJ ,, S' ”
„ „ „ 18 Stunden „ 0,5 „ — g — +1,5
3.5 ccm 1 -proz. NaCl-Losung + 0,5 ccm ~vr—:
O
1.5 ccm Serum 2 4 - 0,5 ccm
4
i-o
F
1 0
- — 0
- stark
deutlich
deutlich
- deutlich
-= 0
1 ) Das Prazipitat ist nach 5 Minuten schon ausgefallen, die Fliissigkeit enthalt weder Prazipitin
boch prazipitable Substanz.
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380
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
Die Verschiedenheit, die sich zwischen dem Verhalten des durch
wenig pr&zipitable Substanz verankerten Pr&zipitins und der durch
wenig Pr&zipitin gefallten pr&zipitablen Substanz zeigt, ist auch sehr
leicht verst&ndlich. Die Molekflle der pr&zipitablen EiweiBkflrper be-
sitzen ja, wie scbon nachgewiesen wurde, mehrere Pr&zipitin-bindende
Gruppen, jedes Pr&zipitin kann dagegen nur durch eine bindende Gruppe
mit dem zugehbrigen EiweiBmolektll in Verbindung treten. Sind die
pr&zipitablen Molekflle daher durch weniger Prazipitin gefflllt, als sie zu
binden vermogen, so ist nur ein Teil ihrer bindenden Gruppen mit
Pr&zipitin besetzt, die anderen sind aber noch frei und kflnnen demnach
ohne weiteres mit neu zugefflgtem Pr&zipitin in Verbindung treten, vor-
ausgesetzt, dafi durch den Vorgang der Pr&zipitation selbst nicht eine
Aenderung der Affinit&tsverh<nisse stattgefunden hat Werden die
Pr&zipitinmolekflle dagegen durch weniger pr&zipitable Substanz in Be-
schlag genommen, als sie bei Gegenwart einer groBeren Menge der-
selben ausf&llen kflnnen, so ist zu einer Pr&zipitation weiterer neu zu-
gesetzter pr&zipitabler Substanz erst eine Loslflsung der Pr&zipitine aus
der ursprfinglichen Verbindung notwendig.
Eine solche Abspaltung der Pr&zipitine kann in der Tat bis zu einem
gewissen Grade stattfinden. Die gleiche Erscheinung ist ja auch fflr
Agglutinine und h&molytische Immunkdrper festgestellt. Jost 1 ) fand,
dafi normale Typhusbacillen, die mit agglutinierten Typhusbacillen in
physiologischer Kochsalzlosung zusammengebracht werden, der Wirkung
des schon gebundenen Agglutinins unterliegen, wenn mit den aggluti¬
nierten Typhusbacillen ein Multiplum der zur Agglutination ausreichen-
den Agglutinindose vereinigt worden ist and Morgenroth*) konsta-
tierte bei gleichartiger Versuchsanordnung, daB h&molytische Immunkdrper
von den mit ihnen verbundenen roten Blutkflrperchen auf andere Ery-
throcyten flbergehen, solange kein Komplement zugesetzt wird.
Die Umlagerung des einmal gebundenen Pr&zipitins ist aber doch
eine beschr&nkte. Sie kann in einem der untersuchten F&lle flberhaupt
nur in der allerersten Zeit nach der Bindung vor sich gehen und ist
schon nach 15 Minuten vollkommen aufgehoben. In anderen F&llen
wird die Verbindung auch noch sp&ter gelflst und zwar nach 24 Stunden
in gleicher Weise wie nach */ 4 Stunden; die Menge des abgespaltenen
Pr&zipitins entspricht aber auch hier nicht der neu zugesetzten EiweiB-
menge, die Reversibilit&t ist unvollkommen. Zur Erkl&rung kann man an-
nehmen, dafi nach der ersten Verbindung der reagierenden Substanzen
noch weitere Bindungen und Umsetzungen durch seitliche Gruppen zu
stande kommen, was bei der GroBe und der komplexen Zusammensetzung
dieser Molekflle auch leicht verst&ndlich erscheint Dieser Hemmung
der Umkehrbarkeit des Bindungsprozesses dflrfte fflr die Wirkung spezi-
fischer Antikflrper flberhaupt eine grSBere Bedeutung zuzuschreiben sein.
Freiburg i. B., Mai 1903.
1) 1. c.
2) Miinch. med. Wochenschr. 1903. No. 2.
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Kucharzewski, De l'influence des toxines diphtdrique et tdtanique etc. 381
Nachdruck verboten.
De l’influence des toxines diphterique et t6tanique sur
l’hemoglobine, la morphologie et le poids specifique du sang.
[Travail de l’lnstitut de pathologie ginirale et expirimentale de M.
le Prof. N. G. Ouchinsky & l’Universiti Imperial de Varsovie.]
Par le Docteur Henri Kucharzewski,
Midecin de l’Hopital Evangilique k Varsovie.
(Communication prisenti au XIV Congris International de Midecine
k Madrid.)
L’influence des toxines sur les modifications du sang n’a pas
encore 4t4 soumise k une 4tude approfondie. On posside, il est
vrai, les travaux de Chatenay (1), de Nicolas et Courmont (2),
de B4sredka (3), de Nicolas, Courmont et Prat (4), de Zar-
garoff (5), de Werigo (6), de Bianchi-Mariotti (7), de Butia-
g i n (8), mais ces auteurs ne se sont pas mis k l’abri de tout reproche;
tantdt ils n’envisagent la question qu’a certains points de vue, tantdt
ils s’appuient sur un nombre insuffisant de faits, tantdt ils manquent de
pr4cision, enfin les conclusions des uns contredisent celles des autres.
Vu cet 4tat de choses nous resolumes de reprendre la dite question
et d'y consacrer une s4rie d’exp4riences.
Nous tenons k communiquer les conclusions g4n4rales auxquelles ces
nombreuses exp4riences nous autorisent.
Nous avons op4r4 sur des lapins miles de poids plus ou moins 4gal
d’environ 2 kilos nous leur injections sous la peau des toxines & doses
vari4es, puis nous examinions i divers intervalles le sang obtenu par
une piqure legire & la veine p4riph4rique de l’oreille.
Nous avons eu soin de piquer chaque fois un autre point de
l’oreille. Chez les animaux qui succombaient, nous examinions le sang
jusqu’i la mort 2 ou 3 fois par jour, chez les survivants, le mime
examen 4tait r4p4t4 jusqu’i ce que le sang redevienne normal c. a. d.
au mime 4tat qu’avant l’injection. L’examen du sang consistait k
compter le nombre de globules blancs et rouges (suivant Thoma-Zeiss),
& diterminer la quantiti d’himoglobine (suivant Gowers) et la densiti
du sang (suivant Hammerschlag), enfin i faire des priparations
siches du sang sur des lamelles. Les priparations itaient colories k
l’himateine et k l’iosine ou parfois, k titre de comparaison, aux riactifs
colorants d’Ehrlich (Triacid). Sur ces priparations on pouvait diter¬
miner le nombre absolu de chaque variiti de leucocytes pour un milli-
mitre cube de sang et puis le °j 0 reprisenti par chaque variiti de ces
iliments. En diplacant les priparations sous le microscope k l’aide de
la table mobile de Reichert, nous avons compti sur chaque pripara-
tion pris de 500 globules blancs de cinq types diffirents: iosinophiles,
pseudoiosinophiles ou neutrophiles, lymphocytes, grands mononucliaires,
enfin des formes intermidiaires k noyaux multiples.
On notait le poids quotidien de chaque lapin et deux fois par jour
sa tempirature rectale.
Avant chaque expirience, le sang itait examini & plusieurs reprises
pour itablir son itat normal.
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382
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
A. La toxine dipht4rique.
Dans nos recherches nous nous sommes servi de toxine diphterique,
pr6par6e 4 l’lnstitut bact4riologique du Dr. Palmirski & Varsovie.
En quality de dose habituellement mortelle (suivant Ehrlich) pour un
lapin de 2 kilos, nous ayons admis 0,1 cm c., et nous injections de 0,01
h 4,0 ccm h doses faibles, moyennes ou massives. Les doses faibles de
0,01—0,05 cm cubes tantdt tuaient l’animal en 5, 6, 7 ou 8 jours, tantot
le laissaient vivre en etat cachectique parfois meme totalement gu4rL
Les doses moyennes de 1,0—2,0 cm cubes tuaient en 3 h 4 jours; les
doses massives de 3,0—4,0 cm cubes tuaient en 24 a 48 heures.
Void les conclusions aux quelles ces recherches nous ont amen4:
1) La toxine diphterique i doses massives ou moyennes provoque
la diminution du nombre d’Mmaties et de la quantity d’h4moglobine;
les doses faibles sont depourvues de cette action.
2) Les doses massives de toxine diphterique augmentent la den¬
sity du sang; les doses moyennes et les faibles restent h ce point de
vue sans effet.
3) La toxine diphterique provoque toujours l’hyperleucocytose dont
le degr4 n’est pourtant pas en rapport direct avec la quantity de toxine
introduite. Dans les cas mortels, l’hyperleucocytose va en croissant jus-
qu’& la mort de l’animal; lorsque celui-ci survit (injection des doses
faibles), le nombre de leucocytes finit par diminuer sans cependant at-
teindre l’4tat normal.
4) Dans cette hyperleucocytose le r61e principal revient aux pseudo-
4osinophiles dont le nombre relatif et absolu augmente notablement.
L’accroissement du nombre de pseudo4osinophiles peut §tre constate
bientdt aprfcs l’injection; le ph6nom4ne s’accentue jusqu’h la mort de
l’animal; dans les cas non mortels, aprfcs une p4riode d’augmentation pas-
sagfcre, on voit survenir une diminution des sus-dits elements. Le nom¬
bre relatif (le °/ 0 ) de lymphocytes diminue dans tous les cas, ce pheno-
mfcne devenant de plus en plus manifeste jusqu’au moment du d4c6s.
Aprfcs l’injection des doses faibles, la p4riode de diminution de lympho¬
cytes est suivie d’une p6riode inverse d’accroissement de leur quantity.
Les 4osinophiles deviennent moins nombreux dans les cas mortels, voire
m£me ils disparaissent compl4tement; au contraire chez les lapins
qui survivent nous avons note l’hyperplasie de ces elements.
Les grands mononucl4aires et les formes intermediates ne pr4sen-
taient gulre de modifications quantitatives.
5) La temperature du corps s’41feve aprfes les injections, ensuite elle
decroit progressivement 4tant h 1’approche du d4c4s au dessous de la
normale. Le poids de l’animal diminue 4galement jusqu’h la mort.
Les experiences de contrdle: I’injection de toxine absolument neu-
tralis4e par un chaufifage prolong4 h 70°, l’injection de bouillon-prouvent
que les modifications du sang produites par la toxine diphterique ne
tiennent pas au milieu dissolvant, mais k l’action seule de l’agent
toxique.
B. La toxine tetanique.
La toxine tetanique qui servait a nos experiences provenait dol’usine
de produits chimiques Meister Lucius et Bruning h Hoechst sur
Main (fioles plombees h l’4tiquette Tetanus-Testgift Va). En qualite de
dose mortelle de cette toxine, nous admettons 0,15 cm c. pour un lapin
de 2 kilos. A nos lapins nous avons injecte des quantites variant de
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Kuch|arzewski, De l’influence des toxines diphtdrique et tdtsnique etc. 383
0,01 & 2,4 cm c. & doses faibles, moyennes ou massives. Les doses
faibles (de 0,01 & 0,1), determinaient tan tot la mort de l’animal au bout
de 8 jours, tantbt un 6tat de cach4xie; parfois cependant il y avait gu4-
rison complete. Les doses moyennes de 0,2—1,0 cm c. etaient suivie de
mort au 3 me , 4 me ou 5 me jour; les doses massives de 1,7—2,4 cm cubes
tuaient en 24 & 48 heures.
Conclusions.
1) La toxine tetanique determine la diminution du nombre d’h4ma-
ties et de la quantity d’h4moglobine. Le degr4 de cette modification
varie selon la dose de toxine introduite.
2) Les doses massives de toxine tetanique abaissent la density du
sang; les doses moyennes et les faibles ne produisent gufere un chan-
gem ent pareil.
3) La toxine tetanique determine l’hyperleucocytose moins accus4e
toutefois que celle qui est due h la toxine diphterique. Cette hyperleu-
cocytose n’est pas en rapport direct a la quantity de toxine inject4e.
Imm4diatement aprhs 1’injection de toxine surtout aprhs les doses con¬
siderables, c’est l’hypoleucocytose qui apparait d’emblle, mais bientot elle
change en ph4nom4ne contraire — l’hyperleucocytose.
Dans les experiences h doses faibles aprfcs la p4riode d’hypoleuco-
cytose la quantite de leucocytes redevient normale.
4) Le nombre de pseudoeosinophiles augmente, celui de lymphocytes
s’abaisse surtout aprfes l’injection & doses massives. Les eosinophiles
sont toujours en moindre proportion.
La quantite de grands mononucleaires et d’eiements intermediaires
ne varie guhre.
5) Le poids de l’animal diminue progressivement. La temperature
ne presente pas d’oscillations notables.
6) Les experiences sur les animaux-temoins: injection de toxine dont
Taction avait 4t6 annihiie par un chauffage prolonge ont prouve que les
modifications du sang dependent exclusivement de l’agent toxique meme,
k et non du milieu dissolvant
Nos experiences prouvent d’une fa?on manifeste que l’organisme
animal r4agit contre l’infection et l’intoxication par des modifications mor-
phologiques du sang. Or une question s’impose.
Cette sensibilite sp4ciale du sang ne pourrait elle servir comme
symptome clinique quant au pronostic et au diagnostic des certains cas?
Cette consideration nous parait bien admisible.
Ainsi nous venons de demontrer que dans les intoxications mortelles,
les eosinophiles diminuent de nombre ou m£me disparaissent complfete-
ment. tandis que chez les animaux qui survivent leur quantite depasse
la normale. Quand au pronostic c’est un fait d’une haute importance
d’autant plus qu’il vient d’etre confirm6 par de recherches cliniques
[Pitkianien (9)]. En ce qui concerne le diagnostic relevons le fait
sus-indique que les modifications du sang (accroissement du nombre de
pseudoeosinophiles) apparaissent presque immediatement aprfes l’intoxi-
cation de l’organisme, au moment oh on ne trouve gufere de trace d’une
reaction leucocytaire g6nerale. En suite ces modifications du sang per¬
sistent long — temps aprhs la disparition de tout autre phenomena d’in-
toxication. Ce fait a ete mis en evidence par les observations cliniques
de Gundobin (10) et Besredka (1. c.)
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384
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 4.
L’accroissement du nombre de pseudo6osinophiles on de neutro-
philes constitue done an signe precoce du processus infectieux, permet-
tant de reconnaitre ce dernier avant que d'autre symptomes surgissent
D’autre part, lors de la convalescence du sujet, ce rnSme ph6nomfene
nous avertit que la toxine n’est pas 61imin6e totalement de l’organisme.
En r6sum6 nous pouvons done conclure que dans les maladies in-
fectieuses l’examen des polynucl6aires n’est gufcre depourvu d’importance.
Bibliographie.
1) C ha ten ay, Lee reactions leucocytaires vis-it-vis certaines toxin ee v£g6tales et ani-
males. (Thfcse de Paris. 189,4.)
2) Nicolas et Courmont, Etude sur la leucocytose dans l’intoxication experimental©
E ar la toxine diphterique. (Arch, de Med. Exp. et d’Anat. 1897.)
iSsredka, De la leucocytose dans la diphterie. (Annales de l’Inst. Pasteur. 1898.
' No. 5.)
4) Nicolas, Courmont et Prat, Sur la leucocytose totale et polynud&dre dans
Timmunisation experimental© par la toxine diphterique. (Joum. de phys. et path.
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5) Zargaroff, Krowianaja reakeia pri eksperimentalnom stolbniakie. (Thbse de St.
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6) Werigo, Les globules blancs comme protecteurs du sang. (Annales de I’lnst.
Pasteur. 1892.)
7) Bianchi-Mariotti, Wirkung der loslichen Produkte der Mikroorganismen auf
die Isotonie und Hamoglobingenalt des Blutes. (Wiener med. Preese. 1894. No. 30.)
8) Butiagin, Ob izmienieniach krowi u loszadiei, immuniziruiemych protiw difterii.
(These de Tomsk. 1901.)
9) Pitkianien, Materialy k morfologii krowi pri difterii. (These de St Petersb.
1900.)
10) Gundobin, Kliniczeskoie znaezenie leikocytoza pri difterii. (Bol. Gaz. Bot. 1897.)
CortnlH. f. Iikt etc. I. AkL Origiuli. li. XXXIV. No. S,
NachdrucJc verboten.
Beitrag zum Stadium des Dysenteriebacillus.
[Aus dem bakteriologischen Laboratorium des k. und k. Militarsanit&ts-
komitees. Vorstand: Stabsarzt Dr. L. Eamen.]
Yon Dr. Robert Doerr, Regimentsarzt.
Mit 1 Tafel.
Shiga war der erste, der 1898 bei der nicht durch Amdben er-
zeugten Form der Dysenterie einen Bacillus der Typhus-Coli-Gruppe
in den Faeces nachwies, der ihm hinreichend charakterisiert schien, um
seine Auffassung als eigene Species und seine Abtrennung von den
zahlreichen verwandten Arten dieser Gruppe zu rechtfertigen. Seine
Resultate haben alsbald eine ganze Reihe von Autoren bestitigt (Flex-
ner, Eruse, Vedder und Duval, Curry, Th. Muller, Spronck,
Strong, Deycke, v. Drigalski etc.) und da ihre Untersuchungen
in verschiedenen L&ndern ausgefuhrt waren, gewann es den Anschein,
als ob nun auch die so lange dunkle Aetiologie der epidemischen, nicht
durch Amdben verursachten Dysenterie eine erfreuliche El&rung erfahren
wflrde. Es hat auch keiner der genannten Forscher gezdgert, die von
ihm gezflchteten Bakterien als Erreger der Dysenterie zu bezeichnen.
Als Beweis fur diese Auffassung von der Bedeutung der Shiga-
schen Entdeckung konnte zunfichst eben die Eonstanz des Auftretens
des fraglichen Dysenteriebacillus bei Epidemieen in den verschieden-
artigsten Distrikten dienen, naturlich unter der Voraussetzung, daB die
von den verschiedenen Autoren gezflchteten St&mme bei einer ver-
gleichenden Priifung sich als identisch oder wenigstens als Rassen einer
Art erwiesen. Dieser Punkt muBte zunfichst bewiesen werden und war
auch bald Objekt der Eontroverse.
Der Streit, ob Shi gas und Eruses Bacillen auf Grund der ver¬
schiedenen Beweglichkeit und des verschiedenen Aussehens der Eolonieen
auf Gelatineplatten als verschieden anzusehen sind, ist heute erledigt
Shiga hat seine Behauptung, daB die von ihm kultivierte Art beweg-
lich sei, gestiitzt auf die Beobachtung im Mngenden Tropfen, die in
zweifelhaften Fallen dem subjektiven Ermessen zu viel Spielraum ge-
wfihrt, um sichere Resultate zu ergeben, und auf den Befund eines ein-
zigen begeiBelten Individuums, das offenbar aus dem zur Emulgierung
der Agarkultur verwendeten nicht sterilen Wasser stammte; Zettnow,
der diesen Versuchsfehler eliminierte und der in der Technik der GeiBel-
tinktion Meister ist, hatte nur negative Ergebnisse sowohl mit Shi gas
Stamm als auch mit den von Flexner kultivierten Bacillen, der gleich-
falls bei Anwendung der Methode nach van Ermenghem polst&n-
dige GeiBeln bei einigen Individuen nachgewiesen haben wollte. Das
differente Aussehen der Gelatineplattenkolonieen hat Shiga selbst mit
der Zusammensetzung des von ihm verwendeten Nahrbodens erkl&rt
und konnte er auf hdherprozentiger Gelatine dasselbe weinblattartige
OberflBchenwachstum erzielen wie Eruse.
Dann haben die deutschen Bakteriologen anl&Blich der Ddberitzer
Epidemic ihre StSmme und die von Flexner, Eruse, Shiga mit-
Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 25
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate Bd. XXXIV. No. 5.
einander yerglichen, das Fehlen der GeiBeln und der Beweglichkeit fest-
gestellt; doch haben wieder abweichende Resultate bei den Agglutinations-
versuchen mit Ruhrrekonvaleszentenserum sie veranlaBt, an der Identit&t
des Flexnerschen Stammes mit den iibrigen zu zweifeln. Die Auf-
findnng anderer Bakterienrassen, die nicht nur eine weitgehende morpho-
logische und kulturelle Aehnlichkeit mit den ursprttnglichen Ruhrbacillen
zeigten, sondern auch durch Ruhrrekonvaleszentensera in httherer Ver-
dttnnung (1:100) agglutiniert wurden, trotzdem sie gar nicht aus Ruhr-
sttihlen stammten, hat schlieBlich die Frage nach einem sicheren Kri-
terium zur Beurteilung der Identity der verschiedenen St&mme zu einer
akuten gemacht, und es ist das Verdienst von Martini und Lentz,
gezeigt zu haben, daB nur die Agglutination, und zwar die makrosko*
pische, mittelst hochwertiger kflnstlicher Immunsera herangezogen werden
kann zur Entscheidung dieser Frage, indem der Pfeiffersche Ver-
such, welcher fttr die Agnoszierung echter Typhusbacillen so wertwolle
Dienste leistet, bei den Ruhrst&bchen unanwendbar ist; sie sind stark
toxisch, verleihen aber dem Serum nur wenig bakterizide Kraft
Sie priiften also mit einem Serum, daB sie durch Immunisierung
einer Ziege mit dem Stamme Shiga erhalten batten und fanden, dal
dieser Stamm, sowie die von Kruse, Miiller, Flexner (New-Haven)
und die Doberitzer in derselben Verdflnnung agglutiniert wurden (1:400
bis 500) somit artgleich seien, daB dagegen von Deycke in Konstan-
tinopel und von Flexner und Strong in Manila gezuchtete Bacillen
von der Shiga-Gruppe abzutrennen w&ren. Lentz hat ttberdies noch
bei der Priifung des Verhaltens der Bacillen in Sticbkulturen, welche
in Kombination von Lakmusagar mit verschiedenen Zuckerarten ange-
legt wurden, eruiert, daB das Aussehen der Stichkultur in Lakmusmannit-
agar eine Unterscheidung ermttglicht zwischen den Bacillen der Shiga-
Gruppe einerseits, deren Zusammengehorigkeit, wie erw&hnt, schon vor-
her durch ihn und Martini mittelst Agglutination durch hochwertige
aktive Immunsera ermittelt worden war, und den anderen Ruhrst&bchen
und ruhr&hnlichen (pseudodysenterischen) Bacillen andererseits. Dieses
Kriterium, das eigentlich nur eine Modifikation des v. Drigalskischen
Typhusnahrbodens bildet, der sich in dieser Hinsicht als unzul&nglich er-
wiesen hatte, wfirde also in zweiter Linie bei der Identifizierung von
Ruhrst&bchen in Betracht kommen. Das Verhalten in der Barsiekow-
schen Nutrose-Laktose-Lakmuslosung reicht wie wir sehen werden, hier-
zu nicht aus; wohl aber war bisher dieser N&hrboden gut verwendbar,
um dort, wo ein entsprechendes Immunserum nicht zur Hand ist rasch
die Ueberzeugung zu verschaffen, daB man es nicht mit Typhusbacillen
oder Coli-Varietaten (Bac. coli anaerogenes Lembke) zu tun hat.
Wir stehen also heute auf dem Standpunkte, daB nur die Befunde
Shigas, Kruses, Flexners in Nordamerika, Mtillers, und die bei
der Doberitzer Epidemic, also s&mtliche in der nordlichen gem&fiigten
Zone erhobenen, fttr die Konstanz des Auftretens der fraglichen Ruhr-
erreger zu verwerten sind, und daB die anderen in dieser Hinsicht
nicht mehr in Betracht kommen. Und gerade das konstante Auftreten
bei Ruhrepidemieen bildet, wie gleich erortert werden soli, das wichtigste
Beweismittel fttr die tttiologische Bedeutung der Shigaschen St&bchen.
So zdgere ich nicht, die veroffentlichten gttltigen Befunde um einen
neuen zu vermehren, um so mehr, als meine Untersuchungen sich auf
eine grdBere Epidemie in Oesterreich erstrecken, fttr welches Territorium
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Do err, Beitrag zum Stadium des Dy sente riebacillus.
387
bisher nur P. Th. Muller an 3 Fallen einer Epidemie in Sfidsteier-
mark positive Resultate erhalten konnte.
Bevor ich aber an die Darlegung meiner eigenen Untersuchungs-
ergebnisse schreite, mSchte ich noch die ubrigen Argumente, welche aufier
der Konstanz des Vorkommens fur die atiologische Bedeutung des Bacillus
dysenteriae Shiga herangezogen werden kdnnen, einer-Kritik unter-
ziehen. Es ist ja kaum not wee dig, nochmals zu betonen, dad das Agglu-
tinationsverfahren nach Kolle und Martini und der Lentzsche
Lakmusmannitagar nur verwendet werden kdnnen zum Nachweis, dad
-eiu neugezQchteter Stamm mit dem Shiga- Bacillus identisch ist; fiber
die Bedeutung dieses Bacillus ffir das Zustandekommen des dysenteri-
schen Prozesses im Darm sagen sie uns natfirlich nichts.
Die Entscheidung dieser Frage wfirde auf wenig Schwierigkeiten
stoden, wenn es sich bei den Ruhrstfibchen um morphologisch und kul-
turell scharf charakterisierte Mikroorganismen handeln wfirde, die bei
Tieren dysenteriefihnliche Prozesse im Darm hervorrufen kdnnen. Das
ist aber in keiner Weise der Fall. Dieser Bacillus ist ein Glied der
artenreichen Typhus-Coli-Gruppe; sein rascheres Wachstum auf Gelatine
lfifit ihn mehr dem Colibacillus, die fehlende Gas- und Indolbildung
und Milchgerinnung, der Grad der Saureproduktion in Lakmusmolke,
das Wachstum auf Kartoffeln, in Neutralrotagar dem Typhusbacillus ver-
wandt erscheinen. Von beiden unterscheidet ihn das Fehlen von Geideln,
das Verhalten in Lakmusmannitagar, in Barsiekowscher Nfihrflfissig-
keit. Damit ware eine Abgrenzung gegenfiber diesen beiden Arten in
morphologisch-kultureller Beziehung gegeben. Aber wir kennen heute
eine ganze Menge von Arten, welche alle in diese Gruppe gehdren und
denen gegenfiber die Differenzierung keine so leichte ist. Es gibt un-
bewegliche Coli-Arten, Coli-ahnliche Species, die kein Gas bilden
(B. coli anaerogenes) und den Rothbergerschen Nfihrboden
nicht verfindern, und schlieBlich die von Kruse bei nicht epidemischer
Dysenterie (Ruhr der Irren) und von Lentz und anderen kultivierten
Pseudodysenteriestamme, die samtlich weitgehende Aehnlichkeiten mit
dem Shigaschen Bacillus zeigen. Es weifi jeder, der Coli-ahnliche
Arten nicht nur aus Faeces, sondern aus verschiedenen anderen Sub-
straten (Bodenstaub, Wasser etc.) gezfichtet und ihre Eigenschaften ge-
prfift hat, dafi sich hier fliefiende Uebergange in morphologisch-kultu¬
reller Beziehung konstatieren lassen.
Ist ja doch die Frage, ob die beiden Arten: Typhusbacillus und das
typische Bacterium coli commune, die am starksten voneinander
ditferieren und gewissermafien die Endglieder der ganzen Reihe repra-
sentieren, tatsfichlich verschieden sind, von den franzdsischen Bakterio-
logen noch immer nicht bej aht, und R6 m y hat erst neuerlich behauptet,
dafi ihm durch Symbiose beider Arten Umzfichtungen gelungen seien.
Auch die sogenannten ASrogenes-Arten sehen viele nur als Coli-
Varietaten an. So herrscht gerade in dieser Gruppe eine Unsicherheit
in der Auffassung des Artbegriffes und eine weitgehende Verschieden-
heit der Ansichten. Unter diesen Verhaltnissen wird eine gewisse Skepsis
am Platze sein, wenn bei einer infektiosen Darmerkrankung die Iso-
lierung eines neuen C o 1 i - ahnlichen Bakteriums gelingt.
Auch mit der Tierpathogenitat verhalt es sich bei den Shigaschen
Stabchen eigentfimlich; sie sind nur eminent toxisch; zur Erzeugung
septikamischer Prozesse mit massenhaftem Auftreten der Bacillen im
Blute sind selbst bei kleinen Versuchstieren (weifien Mausen) relativ
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
grofie Mengen frisch gezfichteten, also jedenfalls noch virulenten Bakterien-
materiales erforderlich. Die Erzeugung dysenterischer Prozesse gelingt
nicht, wie sehr man aach das Versuchstier und den Einverleibungs-
modus variiert. Wir kdnnen hier nicht die Analogic mit den Erregern
anderer infektidser Darmerkrankungen (Typhus und Cholera) heranziehen,
die auch beinl Tiere nicht ohne weiteres in der Weise pathogen wirken,
dad sie die gleichen pathologisch-anatomischen Verknderungen im Intesti-
naltrakt erzeugen wie beim Menschen, denn einerseits gelingt dies doch
durch Wahl geeigneter Versuchsbedingungen (junger Tiere etc.), und
ferner ist es auff&llig, dad fflr die andere Form der Dysenterie, welche
durch Amdben erzeugt wird, die Katze so empfflnglich ist, wkhrend sie
sich, auch bei Applikationen per rectum, dem Shiga-Bacillus gegen-
flber ganz refraktkr erweist
Fur die atiologische Bedeutung des Bacillus dysenteriae Shiga
wflrde hdchstens ein anderes Moment sprechen: die Agglutination durch
Ruhrrekonvaleszentenserum.
Nun werden ja aber auch andere (ruhr&hnliche) Bacillen (Bara-
binow, Pseudodysenterie Lentz, Pseudodysenterie I, II, III) selbst
in stfirkeren Verdflnnungen (1:150) durch solche Sera, die von zweifel-
losen Ruhrfailen stammen, agglutiniert, wfihrend der Agglutinationstitre
fflr echte Ruhrbacillen oder unprajudizierlich gesprochen, fflr den
Bacillus Shiga resp. die mit ihm heute identischen St&mme oft vie)
niedriger liegt. Allerdings werden die pseudodysenterischen St&mme
sowie die von Flexner und Strong auch von Sens (bei Verdfln-
nungen bis 1:60) beeinfluSt, die gar nicht von Ruhrstflhlen stammen,
sondern z. B. von an tuberkulosen Darmgeschwfiren erkrankten Indivi-
duen, sie scheinen also uberhaupt eine Tendenz zur Agglutination durch
menschliche Sera zu besitzen, wkhrend fflr die Shigaschen St&bchen
bisher etwas derartiges noch nicht bekannt ist. Ich habe eine Reihe
von Seris untersucht, die zum Teil von Gesunden, die nie an Ruhr ge-
litten hatten, zum Teil von Patienten stammten, welche an den ver-
schiedenartigsten Affektionen des Magendarmtraktes erkrankt waren,
und erhielt bei Verdflnnungen fiber 1:10 niemals Agglutination, weder
bei den im Institute isolierten Stammen, noch bei Kruse oder Mflller.
Diese Resultate sind um so wertvoller, als sie sich nicht nnr in voller
Uebereinstimmung mit den Befunden M fillers und Kruses befinden,
sondern auch mit denen von Martini und Lentz, soweit dies aus
ihrer Tabelle III zu ersehen ist, die mit der Methode von Kolle und
Martini gearbeitet und die aus der Beobachtung im hkngenden Tropfen
sich ergebenden Fehlerquellen vermieden haben. Mfissen wir also an-
erkennen, dafi bei von so vielen Seiten an einer grofien Zahl von Fallen
und nach verschiedenen Methoden ausgeffihrten Versuchen kein einziger
Fall bekannt geworden ist, in dem ein Serum, das nicht von einem
Ruhrfalle stammte, in hoherer Verdfinnung (1:50) die Bacillen der
Shigaschen Gruppe agglutiniert hat, so werden wir die positiven Er-
gebnisse, wo Ruhrsera noch bei Verdflnnungen von 1:600 und darfiber
auf echte Dysenteriebacillen sich wirksam erwiesen, nicht als vollkommen
belanglos fflr die Frage nach dem Kausalnexus der Stabchen mit dem
Ruhrprozefi ansehen kdnnen. Das war ja auch schliefilich der Weg, auf
dem Shiga, Kruse und ihre zahlreichen Nachfolger dazu gelangt
sind, fflr ihre Stamme den Titel „Dysenteriebacillus“ zu reklamieren.
Doch scheint es, als ob auch dieser Punkt leicht fiberschatzt werden
kann. Die Dysenterie ist eine Krankheit des Darmes, und wir wissen
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Do err, Beitrag zum Studium des Dysenteriebacillus.
389
heute aus den Untersnchungen Escherichs und seiner Schule, dafi
bei verschiedenen Darmerkrankungen das Serum des Patienten bedeu-
tende agglutinatorische Kraft fflr die Goli-Rassen gewinnt, welche zur
Zeit der Erkrankung die Darmflora konstituieren. Daraus kann man,
wenn man will, folgern, dafi die im Darm als harmlose Saprophyten
lebenden Coli-Varietaten pldtzlich pathogen geworden sind, oder dafi
neue bdsartige Goli-Rassen das Darmlumen bevdlkern. Aber man ist
durch nichts zu dieser Schlufifolgerung gedrflngt. Bei der Diphtheric
gewinnt gleichfalls das Blutserum unter Umst&nden Agglutinations-
wirkung fflr Streptokokken und es fflllt deswegen niemand ein, am
Ldfflerschen Bacillus zu zweifeln; beim Scharlach, dessen Erreger
nicht bekannt sind, weil sie sowie die Noxen der anderen exanthema-
tischen Krankheiten sich gegenflber unseren Forschungsmethoden als
resistent erweisen, hat man von verschiedenen Seiten bereits die Strepto¬
kokken, die aus Scarlatinaf&llen gezuchtet sind und durch Scharlach-
serum beeinflufit werden, zu Scharlacherregern gestempelt. Es kdnnte
leicht der Fall eintreten, dafi die Verh<nisse bei der Ruhr flhnlich
liegen, und dafi sich spflter der Schlufi, den man von der Tatsache der
Agglutination der Ruhrbacillen durch Ruhrserum auf ihre krankheits-
erregende Wirkung macht, als voreilig erweist
Immerhin haben wir vorl&ufig die Berechtigung, an der Pathogenit&t
der Shiga schen Stabchen festzuhalten, solange sie nicht mit alien ihren
Eigenschaften (einschliefilich Agglutinierbarkeit durch hochwertige Immun-
sera in hdheren Verdflnnungen) bei anderen Prozessen oder bei Ge-
sunden im Darminhalte nachgewiesen werden, und je zahlreicher anderer-
seits die positiven Befunde bei Ruhrepidemieen werden.
Die Epidemic, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, umfafite
118 FSUe und herrschte w&hrend der Monate Juli bis September 1902
in dem Militflrlager in Bruck a. L., an der dsterr.-ungar. Grenze, welches
schon zu wiederholten Malen von Dysenteric heimgesucht wurde. Ab-
gesehen von alljflhrlich auftretenden sporadischen Fallen, gewann die
Krankheit das letzte Mai im Jahre 1898, eine grofiere Ausbreitung. Da-
mals gelang es auch, die Quelle der auf das Lager beschrSnkten Epi¬
demic zu ermitteln.
Das Wasser wird einem Teil des Lagers durch eine Wasserleitung
zugefflhrt, deren Quellstube 1 / i Stunde weit entfernt ist und im Jahre
1898 noch jedermann zugflnglich war. Es konnte nun eruiert werden,
dafi vorflberziehende Zigeuner, deren Kinder an Diarrhden litten (ob an
typischer Dysenteric, war nicht mit Sicherheit festzustellen, ist jedoch
angesichts der zu erdrternden Verhfiltnisse in diesem Falle nicht zu be-
zweifeln), das Wasser der Quellstube dadurch verunreinigt hatten, dafi
sie die Kinder darin badeten; wenige Tage nachher traten in dem mit
Leitungswasser versorgten Lagerterritorium die ersten Dysenteriefalle
auf, und gleichzeitig erkrankten auch Arbeiter, welche in einem Stein-
bruch in der Nflhe der Quellstube beschflftigt waren und das Trink-
wasser aus derselben schopften. In dem mit Brunnen versehenen Lager-
anteil blieb die Mannschaft gesund. Es wurden damals, weil diese Tat¬
sache der Verunreinigung der Quellstube noch unbekannt war, die
Durchseuchung des mangelhaft kanalisierten Bodens und die infizierte
Beschaffenheit des Grundwassers, welches im ganzen Lager als Nutz-
wasser benutzt wurde, als Ursache der Epidemic angesehen, die Nutz-
wasserbrunnen gesperrt, und in das Lagerspital, in welchem bislang
Brunnenwasser getrunken wurde, Leitungswasser eingeleitet. Kurze
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV No. 5.
Zeit darauf traten unter den im Lagerspital untergebrachten Sanitfits-
soldaten, die bisher gesund geblieben waren, die ersten Dysenterieffille
auf. Als man die wahre Sachlage erkannt hatte, wurde die Wasser-
leitung gesperrt und anderes Trinkwasser zugefflhrt; im unmittelbaren
Anschlufi an diese Mafiregel erlosch auch die Epidemie.
1902 lagen die Verhfiltnisse anders. Quellstube und Leitung waren
in einem den hygienischen Forderungen vollkommen entsprechenden Zu-
stande. Auch korrespondierte die Verteilung der Ffille auf die einzelnen
Ubikationen nicht mit der Versorgung mit Leitungswasser. Dement-
sprechend ergab auch die an Ort und Stelle ausgefflhrte Wasserunter-
suchung, in welcher auf das Auftreten C o 1 i- ahnlicher Eolonieen be-
sonderes Augenmerk gerichtet worden war, ein negatives Resultat, trotz-
dem fiber 60 Platten von an verschiedenen Stellen der Leitung ent-
nommenen Wasserproben gegossen worden waren; dabei wurde dieUnter-
suchung durchgeffihrt, wfihrend die Epidemie ihren Hohepunkt erreicht
hatte. Auch die Untersuchung einiger Nutzwasserbrunnen lieferte ein
negatives Ergebnis. Die Epidemie war diesmal durch einen Truppenkdrper
eingeschleppt worden, der aus dem verseuchten Wiener Neustadt zu-
transferiert worden war, und bei dem einen Tag nach seiner Ankunft
im Lager die ersten Ffille konstatiert wurden. Auch die Art, wie sich
die Epidemie von der Baracke, in welcher dieser erstinfizierte Truppen- •
teil einquartiert war, radifir ausbreitete, und die zeitliche Aufeinanderfolge
der Ffille, machte es klar, daB es sich hier um Weiterverbreitung durch
Kontaktinfektion und nicht durch infiziertes Trinkwasser handeln mfisse.
Es bildete fibrigens diese Epidemie gewissermafien nur einen Teit
einer groBen, fiber ganz Niederosterreich ausgedehnten Epidemie. Dem-
entsprechend erkrankten auch andere Truppenkdrper. So ein kleines, in
einer Wiener Kavalleriekaserne untergebrachtes Detachement (18 Ffille).
Hier konnte im Wasser gewifi die Entstehungsursache nicht ge-
sucht werden, da die Mannschaft nur das Wasser der Wiener Hoch-
quellenleitung verwendete. Auch unter der Civilbevolkerung Nieder-
osterreichs traten zahlreiche Ffille auf, die aber wohl nur zum geringen
Teile zur Kenntnis der Behdrde gelangten. In der Umgebung der oben-
erwfihnten Kavalleriekaserne in Wien z. B. waren zahlreiche Civilper-
sonen erkrankt, darunter ein Knabe, der in Spitalsbehandlung kam.
Dort wurde die Diagnose Colitis gestellt. Ich schfipfte aus dem Um-
stande, dafi die Wohnung des Knaben in der Nfihe der Kaserne lag, in
der Dysenteric herrschte, sofort den Verdacht, es kdnnte sich auch hier
um diese Erkrankung handeln und fand tatsfichlich meine Vermutung
durch das klinische Bild und die bedeutende agglutinatorische Kraft des
Serums dieses Patienten ffir Ruhrstfibchen bestfitigt. Ebenso bestanden
kleine Epidemieen in Neulengbach (Innsbruck) und Klosterneuburg.
Im ganzen hatte die Epidemie einen leichten Charakter. Unter den
118 Erkrankungen in Bruck trat nur ein Todesfall ein, unter den Wiener
Ffillen keiner. Schwere Komplikationen waren gleichfalls selten, nur
6mal wurden Polyarthritiden und ebenso oft schwere Konjunktivitiden
mit Keratitis, Iridocyclitis beobachtet, nur in einem einzigen Falle ent-
wickelte sich ein LeberabsceB.
Die Stuhluntersuchungen stellte ich an 15 Ffillen in Bruck, an 5
in Wien an. Eine grdBere Anzahl zu untersuchen war mir aus fiufieren
Grfinden unmSglich. Von diesen gelang es in 7 Ffillen aus Bruck, in
einem aus Wien die Ruhrbacillen nachzuweisen. Dieser geringe Prozent-
satz der positiven Ergebnisse hat seinen Grund darin, dafi man nur dann
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Do err, Beitrag zum Stadium deg Dysenteriebacillug.
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im stande ist, die Shigaschen St&bchen mit Hilfe der gewbhnlichen
Methoden aus dem Stable zu zflchten, wenn man in den ersten Krank-
heitstagen untersucht, solange der Stahl noch eine schleimige, schleimig-
blutige Oder schleimig-eitrige Beschaffenheit besitzt und geruchlos ist
(bis zum 6. Tage). Sind die Entleerungen braun gef&rbt, riechen sie
fSkulent, so gelingt der Nachveis der Ruhrstabchen in der Regel
nicht mehr.
Es mag sein, dafi die Anwendung der Drigalski-Conradischen
Lackmus-Laktose-Agarplatten oder des Lentz schen N&hrbodens in solchen
F&llen noch zum Ziele ftihrt Ich habe das Verfahren nur 3mal be-
nutzt und damit jedesmal reussiert, darunter einmal, als ich von
Gelatineplatten keine Ruhrstabchen, sondern nur Coli-Arten erhalten
konnte. In diesem Falle war auch der untersuchte Stuhl bereits gallig
gefarbt und von fakulentem Geruch. Untersucht man aber zur richtigen
Zeit, so leisten die Gelatineplatten denselben Dienst, weil entweder die
Dysenteriebacillen in Reinkultar wachsen, oder falls einzelne Coli-
Kolonieen aufgehen, diese durch ihr bedeutendere Grofie, ihre geringere
Transparenz etc. hinreichend von den Ruhrkolonieen sich abheben.
Adders liegt die Sache beim Typhus, wo neben dem Krankheits-
erreger stets noch eine reiche Bakterienflora in den Faeces vorhanden
ist, welche die Untersuchung auf Gelatineplatten, oft auch schon durch
Verflhssigung stbrt. Hier hat aufierdem das Untersuchungsresnltat einen
hdheren diagnostischen Wert, was bei dem ausgepr>en klinischen Bild
der Rohr nicht der Fall ist. Man kann also die Falle zur Untersuchung
wkhlen und den Drigalskischen oder Lentzschen Nahrboden, deren
Herstellung nicht gerade einfach ist, vermeiden, wenn man nicht gerade
ermitteln will, bis zu welchem Zeitpunkte der Krankheit der Bacillus
sich in den Faeces tiberhaupt nachweisen lafit.
Geeignete Sttihle bieten auch mikroskopisch im gefarbten Deckglas-
pr¶t ein charakteristisches Aussehen. Neben den zahlreichen Eiter-
zellen finden sich nur sehr wenigej gramnegative Stabchen vom Aus¬
sehen der Colibacillen, so sparlich, daB man haufig mehrere Gesichts-
felder durchsehen muB, um vereinzelte Exemplare zu sehen. Die so
mannigfache Bakterienflora normaler und pathologischer Sttihle ist voll-
standig verschwunden nnd erscheint erst nach Ablauf der ersten 5—6
Krankheitstage und der Wiederkehr der galligen Farbung und des
fakulenten Geruches.
Diese auffallende Keimarmut typischer dysenterischer Sttihle hat
bereits Kruse beschrieben und v. Drigalski versucht, dieselbe in
der Weise zu erklaren, dafi durch die reichlichen Absonderungen die
auf nnd in der Darmwand vegetierenden Bakterien gewissermafien eine
Starke Verdiinnung erfahren. Dieser Erklfirungsversuch scheint nicht
sehr gltlcklich zu sein. Bei der Cholera sind die Entleerungen viel
kopioser und zeigen durchaus keine Abnahme des Keimgehaltes. DaB
in spateren Stadien, wenn in der Darmschleimhaut sich bereits ulcerdse
Prozesse etabliert haben, die Dysenteriebacillen zurtickgedr&ngt und von
anderen Bakterien fiberwuchert werden, ist leicht verstandlich und steht
durchaus im Einklang mit unseren Erfahrungen bei anderen infektidsen
Darmerkranknngen (Typhus, Cholera).
Das Aussehen der Kolonieen auf der Gelatineplatte ist nicht immer
dasselbe. Schon Shiga hat, wie bereits erwahnt, urspriinglich seine
oberflachlichen Kolonieen als nicht charakteristisch bezeichnet und ist
erst durch Verwendung anderer Gelatine (von hGheren Prozentgehalt)
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
in der Lage gewesen, ein dem Kruseschen Bacillus fihnliches
Wachstum zu erzielen. Aber auch auf derselben Gelatine weichen die
einzelnen Variet&ten (Kruse, Mil ller, meine Stfimme) voneinander
ab. Nach 2mal 24 Stunden hatten die oberflfichlichen Kolonieen 2 mm
im Durchmesser, waren blfiulich-weiB, durchscbeinend, unregelmfifiig
weinblattfihnlich umrandet Der Rand erscheint unter dem Mikroskop bei
schwacher VergrfiBerung (Ok. 4 0bj. 2 Reichert) farblos, fast homogen,
von Furchen durchzogen, welche blattrippenartig der exzentrisch ge-
legenen Durchbruchsstelle der Kolonie zustreben. Das Zentrum ist hell-
gelblich, gegen den Nabel zu mehr brfiunlichgelb. Das radi&re Furchen-
system ist nun sehr verschieden ausgeprfigt.
Am deutlichsten, ja ausgeprfigter als selbst bei Typhuskolonieen ist
es entschieden beim Kruseschen Stamme, und wfihrend es bei den
ersteren allmfihlich mit zunehmender Opazitfit der Kolonie undeutlicher
wird, bleibt es bei letzterem mehrere Tage hindurch gleich deutlich
erhalten, der Rand ist lange Zeit homogen, farblos. Auch sind die Furchen
tiefer, schon makroskopisch als feine Ffiltelung der Oberflfiche der Kolonie
wahrnehmbar. Der Mfillersche Stamm zeigt ein gleiches Verhalten
wie Typhus; die Stamme aus Bruck und Wien gleichen infolge ihrer
etwas weniger ausgeprfigten Furchen mehr dem Verhalten von typi-
schem Bact ColL Die Furchen werden rasch undeutlich, nur mehr
in den Randpartieen erhalten, und diese letzteren werden gelblich und
verlieren die homogene Beschaffenheit. Ich habe diese Vorh<nisse
durch eine beigegebene Tafel illustriert, welche ich der Gtite meines
verehrten Chefs Herrn St A. Dr. L. K a m e n verdanke; zur Statuierung
von Arten reichen natttrlich solche Unterschiede nicht aus, indem man
ja oft auch auf mit Reinkulturen von Cholera u. a. gegossenen Platten
sehr verschiedenen Formen von Oberflachenkolonieen begegnet. Zudem
finden wir auch bei dem den gesunden Darm des erwachsenen Menschen
bewohnenden Bakterium-Coli zwei Rassen, von weichen die eine auf
Gelatine transparent, die andere mehr opak wfichst; hier haben wir es
gewiB nicht mit zwei verschiedenen Arten zu tun, da es wiederholt
schon gelang, durch verschiedene Mittel die eine Varietfit in die andere
fiberzuffihren. So hat Morrel bei Passage durch den Tierkdrper ver-
mocht, bei der opaken Art transparent* Gelatinekulturen zu erzielen.
Ich erwfihne diesen Umstand besonders, weil ich fiber etwas fihnliches
bei meinen Stfimmen berichten kann. Bei den Versuchen, durch Immuni-
sierung mit einem derselben ein hochwertiges Serum zu erzeugen, ging
das Versuchstier ein und die aus dem Infiltrat an der Injektionsstelle
angelegten Gelatineplatten wiesen Oberflachenkolonieen auf, die in nichts
sich von dem Mfillerschen und nur wenig von den Kruseschen
Bacillen unterschieden. Auch mehrmonatliche Fortzfichtung im Labo-
ratorium bewirkte eine Ann&herung an den Wachstumstypus des Kruse¬
schen Stammes. Die Kolonieen wachsen spfiter bedeutend und werden
auf nicht zu dicht bes&ten Platten urn ein Mehrfaches grSBer als Typhus¬
kolonieen, nfihern sich also in dieser Hinsicht mehr dem B. coli. Die
tiefen Ansiedelungen sind charakteristisch, scharf umrandet, kreisrund,
gelblich, spfiter brfiunlichgelb und sehr fein granuliert.
Auf schrfigem Agar entstehen graue transparente Ueberzfige, welche
einen deutlich hervortretenden spermaahnlichen Geruch verbreiten, den
man jedoch auch bei anderen Ruhrstfimmen als bei denen der Shiga-
Gruppe antrifft
Bouillon wird diffus getrfibt (nach 24 Stunden bei 37°) und klfirt
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Doerr, Beitrag zum Studium des Dysenteriebacillus.
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sich spater langsam von oben her, wobei ein sparliches, grauweifies
Sediment entsteht; die Bildung einer Kahmhant, wie sie bei manchen
Colivarietaten eintritt, kann pie beobachtet werden; ebensowenig bilden
sich Haufchen, wie sie in tippig wuchernden Coli-Kulturen oft schon nach
12 Stunden erscheinen kOnnen. Die Triibung ist stets geringer als bei
gleichaltrigen Coli-Arten, mehr dem Typhus entsprechend. Eine besonders
schnelle Klarung der Bouillon, wie sie Martini und Len tz bei den von
Strong auf den Philippinen geztichteten Stammen sahen, verbunden
mit langsamem Wachstum, findet man auch bei echten Buhrbacillen z. B.
bei Kruse. Mir stand eine vom Kralschen Laboratorium in Prag be-
zogene Kultur von Kruses Bacillen zur Verfflgung, deren Reinheit
wiederholt durch Plattenaussaat geprflft wurde; diese zeigte anfanglich
das fdr den Stamm Strong beschriebene Verhalten in Bouillon, konnte
aber leicht zu dem eben als typisch beschriebenen Verhalten gebracht
werden, wenn man von Bouillon zu Bouillon abertrug und immer nur
von der getrabten Flassigkeit abimpfte, ohne den getrttbten Bodensatz
aufzuwirbeln. Indol wird in der Bouillon nicht gebildet, ebensowenig
wie in 1 # / 0 Pepton-NaCl-L8sung selbst nach mehren Tagen. Ein Stamm
Flexner (gleichfalls aus K r als Laboratorium bezogen und nach allem
wohl einer jener Stamme, die nicht zur Shiga-Gruppe gerechnet
werden kdnnen) bildete zwar nicht in Bouillon, wohl aber in Peptonlosung
nach mehreren Tagen Indol.
Milch wird selbst nach 8 Tagen nicht koaguliert.
Das Wachstum auf Kartoffeln gleicht dem einer zum Vergleich
herangezogenen Ty-Kultur, doch ist das Wachstum bei den Ruhrbacilien
mehr auf den Impfstrich beschrankt und nicht aber die Oberflache der
Kartoffel ausgebreitet.
Die Petruschkysche Lakmusmolke (bezogen von Dr. Grabler)
bleibt fast klar, so wie bei Typhus, und wird schwach sauer; doch kann
der S&uregrad immerhin etwas starker werden als bei Typhus; so zeigte
der Krusesche Stamm nach 4 Tagen (37°) einen Sauregrad von 6 Proz.
7,o Normalnatronlauge und in gleicher Weise verhielten sich im Mittel
auch die Brucker Stamme.
In Stichkulturen von Traubenzuckeragar bleibt die Gasbildung aus;
ebenso in mit Traubenzuckerbouillon gefalltem Garungskolbchen; auch
hier tritt oft sehr rasch eine Klarung der Nahrtlassigkeit im anaeroben
Schenkel ein, ein Verhalten, dem man bei Typhus oder beweglichen Coli-
Arten nie begegnet und welches wohl auf das Fehlen der Beweglichkeit be¬
zogen werden mufi. Die Kombination von Traubenzuckeragar mit Neutral-
rot in Form des Rothbergerschen Nahrbodens wird weder entfarbt
noch bildet sich in den ersten 3—4 Tagen eine Fluoreszenz aus. Die
Behauptung von Mailer, daft bei echten Ruhrbacilien nach mehrtagigem
Verweilen bei 37° flberhaupt keine Fluoreszenz eintritt, wahrend der
B. anaerogenes Lembke oder ruhrahnliche Arten dem Agar eiue
schmutziggrttne Fluoreszenz verleihen, kann ich nicht bestatigen. Fur
Kruse und 3 unserer Stamme verhalt sich die Sache allerdings so wie
Mailer angibt, aber Mailers Stamme *) selbst zeigen nach 8 Tagen eine
leichte schmutziggrOne Fluoreszenz, und ebenso 5 von den 8 Stammen,
die im Institute gezOchtet wurden, wahrend der Flexnersche von
Krdl bezogene, der durch Indolbildung, durch gelbliche Farbe des
1) Die mir von Herrn Dozent Dr. R. Kraus in dankenswerter Weise iiberlassen
wurden.
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Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 5.
Kartoffelrasens, durch sein Verhalten in Lakmusmannitagar und sein
Verhalten gegenflber Shiga-Immunserum sich sicher verschieden von
typischen Ruhrbacillen erwiesen hatte, sich so brie Typhus oder Kruse
verhielt. Auch ein im Institute aus einem periproktalen Abscefi kul-
tivierter B. anaerOgenes coli zeigte die schmutziggrtine Fluoreszenz
nicht. Man wird also diesen geringen und erst nach mehrtfigiger Beob-
achtung hervortretenden Unterschieden kaum eine differentialdiagnostische
Bedeutung beimessen kOnnen; sie sind zu gering und vor allem in-
konstant, vielleicht bedingt durch geringfflgige Abweichungen in der
Zusammensetzung des Nahrsubstrates.
Wir kOnnen nur sagen, dad der Ruhrbacillus sich im Rothberger-
schen Nahrboden sowie in Lakmusmolke ahnlich verhalt wie der Typhus-
bacillus. Viel mehr leistet die von Barsiekow angegebene Nfihr-
flflssigkeit, welche aus Nutrose 1,0, NaCl 0,5, Traubenzucker Oder Milch-
zucker 1,0 und Aq. dest. ad 100,0 besteht. Wie Klopstock zuerst
berichtet hat, treten in der Nutrose-Traubenzuckerlflsung oder in einer
Nutroselosung, welche 1 Proz. Traubenzucker 1 Proz. Milchzucker
enthalt, deutliche Differenzen zu Tage zwischen Typhus-, Coli- und
Ruhrbacillen. Die nur Laktose enthaltende Modifikation gestattet nur
Coli von Typhus- oder Ruhrbacillen, nicht aber diese beiden letzteren
voneinander zu trennen. Die Unterschiede bestehen bei Traubenzucker-
zusatz darin, dad bei 37° Coli in langstens 24 Stunden eine fetzig-
flockige Gerinnung der Nutrose herbeiffihrt, wahrend Typhusbacillen in
gleichaltrigen Kulturen blod eine starke milchige Trflbung und erst nach
weiteren 24 Stunden eine mehr gleichmadige Ffillung bewirken. Ruhr¬
bacillen sauern das Nahrsubstrat zum Unterschiede von B. faecal is
alcaligenes, bewirken aber in den ersten Tagen flberhaupt keine,
und erst nach mehrtagigem Verweilen im Brutofen eine sehr schwache
Fallung der Nutrose, die sich als geringe Trflbung der Nahrflflssigkeit
zu erkennen gibt. Um die Sauerung sichtbar zu machen, setzt man
zweckmadig dem Nahrsubstrat 3-proz. Lakmustinktur nach Kahlbaum
zu. Es werden dann alle Rflhrchen rot. In Typhus-und Coli-Kulturen
wird aber die rote Lackmusfarbe durch die Koagula angezogen, die
schon rosenrot tingiert sind, die flbrige Flussigkeit wird farblos und
wasserklar; Ruhrrdhrchen bleiben diffus rotlich gefarbt. Fflllt man die
Flfissigkeit in Gfirungskolbchen, so tritt bei Coli noch die Gasbildung
hervor, so dafi man sich das Aufstellen von Milchzucker-Nutrosekulturen
ersparen kann, wenn man etwa Typhus von Coli mit Hilfe der Reaktion
trennen wollte. In letzterer Beziehung dttrfte flbrigens der neue Nahr¬
boden sich kaum einbflrgern. So zeigen die Schottmfillerschen
Paratyphuserreger das gleiche Verhalten wie Typhus, soweit sie zur
Gruppe Mflller gehflren, wahrend die Gruppe Seemann Gas bildet,
also mehr dem B. coli sich nahert. Auch ffir Ruhrbacillen hat die
Probe nur den Wert, daB sie mit einem jederzeit leicht herzustellenden
und haltbaren Nahrboden durchfiihrbar ist; an Feinheit der Reaktion
wird sie von der Lentz schen Lakmusmannitagarprobe entschieden flber-
troffen. Denn sie ist nicht im stande, die Bacillen, welche mit dem
Shiga schen identisch sind, von anderen fihnlichen abzutrennen, z. B.
von dem schon mehrfach erwfihnten von Krdl bezogenen Stamm
Flexner, welcher als Stichkultur im Lentz schen Mannitagar nach
24 Stunden bereits eine entschiedene R5tung des Nahrsubstrates hervor-
rief, wenn auch nicht so intensiv wie Typhus; sich demnach deutlich
von echten Ruhrbacillen unterschied, die, wie ich dies auch ffir alle
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Do err, Beitrag zum Stadium des Dysenteri abaci Hub.
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meine Stamme fand, den Nahrboden in seiner Farbe nicht alterieren.
In den Barsiekowschen Nutroseldsungen waren solche Differenzen
zwischen den Flexnerschen und ecbten Ruhrbacillen nicht vorhanden.
Auch die Paratyphusarten zeigen im Lentzschen Nahrboden durch die
Gasbildung beide ein vom Typhus abweichendes Verhalten.
Am zweckmafiigsten ist es, wenn man sich eines Nlhrbodens bedient,
der die Vorzfige des Lentzschen, insbesondere die sichere Differenzierung
mit der leichten Herstellbarkeit und konstanten Zusammensetzung der
Barsieko wschen Losungen vereint; man stellt sich eine FlOssigkeit
her, bestehend aus
1 g Mannit,
0,5 „ NaCl,
1 „ Nutrose,
100 ccm Aq. dest.
Die Ldsung der Nutrose beschleunigt man durch Erwarmen im Wasser-
bade, darauf wird filtriert und dem Filtrate 3 ccm LakmuslOsung nach
Kahlbaum hinzugefiigt. Man verteilt die FlOssigkeit auf Eprouvetten
Oder GSrungskolbchen und sterilisiert im stromenden Dampfe an zwei
aufeinanderfolgenden Tagen durch je 15 Minuten. In dieser LOsung
erzeugen ruhrahnliche Bacillen (z. B. der Flexnersche Stamm) nach
24 Stunden deutliche Rotfarbung, die Stamme der S h i g a - Gruppe lassen
sie unverandert, genau so wie bei den Stichkulturen in Lackmusmannit-
agar, Typhus- und Coli-Stamme zeigen ein ahnliches Verhalten wie in
der Traubenzucker-Nutroselbsung, sind also untereinander und von Ruhr
und ruhrahnlichen auf den ersten Blick zu unterscheiden.
Was die Tierpathogenitat betrifft, so zeigte sich auch bei meinen
Stammen die auBerordentliche Toxizitat der Ruhrbacillen namentlich bei
Kaninchen, wobei die abgetbteten (1 Stunde bei 65° C gehaltenen) Bak-
terien fast die namliche Wirkung entfalteten wie die lebenden. 1 / i Oese
intravenos, 1 / 2 Oese subkutan totete Kaninchen von 2 1 / i —3 kg Gewicht
in 48 Stunden bis 4 Tagen, wobei rapides Sinken des Korpergewicbtes,
Abnahme der FreMust und Parese oder Paralyse der hinteren Extremi-
taten beobachtet wurde. Mause sterben bei intraperitonealer Injektion
von x / 4 Oese lebender Kultur nach 12—24 Stunden und zeigen dann
eine betrachtliche Vermehrung der eingespritzten Bacillen im visciden
Peritonealsaft und im Safte der geschwollenen Milz, im Herzblute linden
sich zahlreichere Bacillen nur dann, wenn man groBere Mengen, etwa
1 Oese oder mehr, einspritzt.
Bei Injektion abgetdteter Kulturen ist der Sektionsbefund naturlich
stets negativ. Die Milz ist kaum geschwollen, das Herz ist schlaff und
strotzend mit Blut gefttllt. Die Pleuren hie und da mit Petechien be-
deckt, das Herzblut und der Milzsaft sind steril. Spritzt man lebende
Kultur intravenos ein, so lassen sich die Ruhrbacillen, wenn auch meistens
nur kulturell, in der Milz nachweisen; das Herzblut ist auch in solchen
Fallen steril. Natfirlich erschwert diese Toxizitat aufierordentlich die
Herstellung hochwertiger Sera bei kleinen Versuchstieren, wovon sich
schon Mailer bei Meerschweinchen aberzeugt hatte. Unmoglich ist sie
jedoch nicht, wenn man fiber die notige Zeit und Geduld verfugt. Man
mull mit sehr geringen Mengen (hochstens 1 / 4 Oese abgetfitet) beginnen
und haben dann die Tiere die Reaktion, die sich im Sinken des Gewichtes
und der Kfirpertemperatur, in Cyanose, Paralyse der hinteren Extremi-
taten oft sehr bedrohlich aufiern kann, uberstanden, so hat man, wenn
man sich nur an die allgemeinen Regeln solcher Immunisierungsvorgange
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396 Ceniralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
halt und allmfihlich mit den Dosen steigt, weiterhin nichts zu beffirchten.
DaB gerade die wiederholten Injektionen schlecht vertragen werden,
kann ich wenigstens ffir Kaninchen und fur die Kruseschen sowie die
Brucker Stamme nicht bestatigen. Trotzdem ich die Immunisierung mit
einem meiner Stamme sehr vorsichtig und erst durch 2 Monate fort-
gesetzt habe, bin ich doch bereits zu Seris gelangt, welche in Ver-
dfinnungen von 1:400 wirksam sind auf die Kulturen von Kruse,
MiiHer und meine Stamme, w&hrend der Flexnersche Stamm und
ebenso Typhus-, Coli- und Paratyphusbacillen noch in Verdiinnungen
von 1 : 10 nicht beeinfluBt werden. Aehnlich verhielt sich das Resultat
bei einer Gegenprfifung mit dem von Kaninchen gewonnenen Kruse¬
schen Serum.
Um jedoch die GewiBheit zu erlangen, dafi meine Stamme mit dem
Shigaschen Bacillus identisch sind, schien es mir angezeigt, dieselben
mit dem von Lentz gewonnenen Shiga-Ziegenimmunserum zu prtifen.
Durch freundliche Vermittelung des Herrn Prof. P alt auf, woftir ihm
auch hier bestens gedankt sei, hat Prof. Kolle die Liebenswfirdigkeit
gehabt, eine ausreichende Quantitat dieses Serums vom Titre 1 : 2000
(bestimmt in Berlin) einzusenden. Die hier durchgeftihrte Untersuchung
ergab fQr meine Stamme sowie fur den Kruseschen und Millie r-
schen, welche ich in Handen hatte, den namlichen Titre. Die Reaktion
trat in den hfiheren Verdiinnungen erst nach 2—3 Stunden ein, wahrend
bei niedrigeren Verdiinnungen (bis 1 : 500) die Kriimelbildung oft schon
beim HerabflieBen der emulgierten Kultur von der Eprouvettenwand in
die Serumlosung bemerkbar war. Verschiedene Coli-Stamme, Para-
coli-Bacillen (aus Wasser), Typhus- und Paratyphusbacillen sowie der
von Krdls Laboratorium bezogene Stamm Flexner blieben (letzt-
genannter in Verdiinnungen fiber 1 : 50) unbeeinfluBt. Als positiv wurde
die Reaktion nur bezeichnet, wenn die Kriimelbildung durch mindestens
5malige krfiftige SchfittelstoBe nicht wieder zum Verschwinden gebracht
werden konnte.
Damit sind alle Zweifel an der Artgleichheit meiner Stamme mit
den Shigaschen Bacillen und den verwandten Rassen behoben. Immer-
hin mochte ich nochmals betonen, daB dort, wo solche Sera oder die
Mittel zur Bereitung des komplizierten Lentzschen Mannitagars nicht
disponibel sind, die von mir verwendete Mannit-Nutrose-Lakmuslosung
ebensolche Dienste leistet, die in 48 Stunden ohne besondere Schwierig-
keiten hergestellt werden kann.
Meine Agglutinationsversuche mit Rekonvaleszentenseris und solchen
von Kranken fielen samtlich positiv aus (gepriift an 20 Seris aus Bruck,
8 aus Wien und 4 aus Csakathurn in Ungarn, wo gleichfalls eine kleine,
von der niederosterreichischen unabhangige Epidemie herrschte). Der
Titre war niemals niedriger als 1 : 50, in der Regel betrug er 1 : 200,
2mal 1 : 600, und schien mit der Schwere der Erkrankung und der
Krankheitsdauer zu wachsen. Homologe Sera, d. h. solche, die von
demselben Patienten stammten, aus dessen Faeces der Stamm gewonnen
war, entfalteten dagegen keine hohere Wirksamkeit auf denselben als
auf andere Stamme und wirkten auch nicht starker auf den hoino-
logen Stamm als andere Ruhrsera. Die Wirkung auf Miillers und
Kruses Bacillen war stets ungefahr die gleiche wie auf meine
Stfimme.
Nur in einem Falle fiel die Agglutination sogar bei 1 : 10 negativ
aus; der betreffende Patient litt an blutigen Diarrhoen und gehfirte
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Do err, Beitrag zum Studium des Dysenteriebacillus.
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einem verseuchten TruppenkOrper an. Es stellte sich aber nachtr&glich
heraus, daB seine Erkrankung im unmittelbaren Anschlusse an ein
Trauma abdominis (Hufschlag) entstanden war; auch das klinische Bild
wich vflllig von dem der Ruhr ab (geringe Zahl der Stuhlentleerungen,
Feblen des Tenesmus, f&kulente Beschaffenheit der Faeces).
SchlieBlich erw&hne ich noch, daB ich mehrfach GeiBelfSrbungen
versucht habe sowohl mit Loefflersals auch vanErmengems Methode
und nie ein positives Resultat erreichte, trotzdem die GeiBeln bei Kon-
trollversuchen mit Typhus-, Coli- und Paratyphusstammen sich stets
leicht tingieren lieBen.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, meinem verehrten Chef, Herrn
Stabsarzt Dr. Kamen fur die Ueberlassung des Materiales und die
Forderung meiner Arbeit meinen besten Dank abzustatten.
Erkl&rung der Tafel.
Fig. 1. Kruses Dysenteriebacillus. 4-tagige oberflachliche Kolonie auf leicht
alkalischer 10-proz. Nahrgelatine. Vergr. 20-facn.
Fig. 2. Gleichaltenge, oberflachliche Kolonie eines Brucker Stammes in der
2. Generation.
Fig. 3. Gleichalterige Kolonie dess el ben Stammes nach mehrmonatlicher Fort-
zuchtung im Laboratorium.
Literatur.
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Bd. XXIII. 1898.) '
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398 Ceniralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 5.
Shiga, K., Ueber den Dysenteriebacillus (Bacillus dysenteriae). (Ibid. Bd. XXIV.
18§a)
-, Studien fiber die epidemische Dysenterie in Japan unter besonderer Berfick-
sichtigung dee Bacillus dysenteriae. (Dtsche med. Wochensehr. 1901. No. 43—45.)
-, Bemerkungen zu Jagers „Die in Ostpreufien einheimische Ruhr, eine Amdben-
dysenterie". (Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXII. 1902. No. 5. p. 352.)
-, Weitere Studien fiber den Dysenteriebacillus. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektions-
krankh. Bd. XLI. 1902. Heft 2.)
Strong, Journ. amer. med. assoc. Vol. XXXV. 1900. p. 498 and Report of the surg.
general of the army. Washington 1900.
Vedder, E. B. and Duval, C. W., The etiology of acute dysentery in the United
States. (The Journ. of experim. med. Vol. VL No. 2. 1902. February 5 und Cen¬
tralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. 1902. No. 4. p. 134.)
Nachdruck verboten.
Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menschen.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).]
II. Zur Aetiologie des Gasbrandes.
Von Dr. Anton Ghon und Dr. Milan Sachs.
(Erster Teil.)
Mit 3 Tafeln.
(Fortsetzung.)
Tierversuche.
Verwendet wurden zu den Versuchen Meerschweinchen, Ka-
ninchen, weiBe Mause undTauben. Anfangs wurden fur die In-
jektion Aufschwemmungen aus 24—48 - stfindigen Zuckeragarschtittel-
kulturen benutzt Oder das Kondenswasser solcher Kulturen, falls es
reichlicher abgeschieden war, spfiter fast ausschlieBlich Zuckergelatine-
kulturen (siehe Mitteilung I), meist 48 Stunden alte, ausnahmsweise auch
altere. Vereinzelt gebrauchten wir auch Aufschwemmungen von Ober-
flfichenkulturen auf Zuckeragarplatten. Die Aufschwemmungen waren
immer in ausgekochtem Peptonwasser hergestellt.
Die gefallenen Tiere wurden, wenn es anging, sogleich nach dem
Tode seziert, sonst, auch wenn sie wfihrend der Nacht fielen, bis zur
Sektion auf Eis gehalten.
Die Sektion wurde immer unter streng sterilen Kautelen ausge-
ffihrt und von der Injektionsstelle sowie vom Herzblute, zuweilen auch
von anderen Stellen des Korpers wurden neben Deckglasprfiparaten an¬
aerobe, meist auch aerobe Kulturen angefertigt. Blieben die Kulturen,
z. B. aus dem Herzblute, steril, so wurde die Beobachtung derselben
erst nach mehreren Tagen, gewohnlich 5—6, abgeschlossen.
Die erhaltenen Kulturen wurden nicht bloB durch Deckglasprfiparate,
sondern haufig auch durch aeroben und anaeroben Plattenausstrich kon-
trolliert.
Es war genaues Arbeiten um so notwendiger, als es uns einige
Male vorkam, daB bei subkutanen Infektionen, insonderheit bei Meer-
schweinchen, infolge von Gangran an der Injektionsstelle eine sekundfire
Infektion von auBen erfolgte, meist mit einem G r a m - negativen Bacillus
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Ghon u. Sachs, BeitrSge zur Kenntnis der anaCroben Bakterien des Menschen. 399
(Coli-Gruppe), Oder daB bei lingerem Liegen der Tiere wahrscheinlich
vom Darme aus — in diesem Falle war der Infektionsmodus gleichgfiltig
— ein anderes anaerobes Bakterium in den Organismus postmortal ein-
drang.
Bei der Besprechung der Ergebnisse unserer Tierversuche wollen
wir eine Anzabl der uns wichtig erscheinenden Sektionsbefunde aus
unseren Protokollen ausfflhrlicher bringen. Es sei aber bier nachdruck-
lichst betont, daB dieser ErOrterung unserer Tierversuche nur die Be-
funde absolut sicherer Reininfektionen zu Grunde liegen.
I. Meerschweinchen (= M).
a) Subkutane Einverleibung des Bacillus in kleinen Mengen bis
zu 0,1 ccm einer 48-stiindigen Zuckergelatinekultur an Tieren von ca.
400 g Kflrpergewicht blieb vQllig wirkungslos. Dabei war es
gleichgflltig, ob Kulturen verwendet wurden, die wiederholt Tiere
derselben Art passiert hatten, oder aber Kulturen, die, vom Menscben
herstammend, ohne vorherige Tierpassage mehrmals flberimpft wurden.
Mengen von 0,5 ccm 48-stiindiger Zuckergelatinekultur verursachten
entweder schon den Tod des Tieres oder aber nur lokale Veranderungen,
die wieder ausheilten. Letztere erhielten wir zuweilen auch durch
groBere als die eben angefflhrten Mengen. Diese rein lokalen Verande¬
rungen bestanden darin, daB sich zunachst an der Injektionsstelle eine
mehr oder minder groBe, meist teigige Anschwellung zeigte, in welcber
oft deutliches feines Knistern nachweisbar war. Nach kflrzerer oder
langerer Zeit gin gen diese Veranderungen entweder wieder vollstandig
zurfick oder aber die Haut nekrotisierte im Bereiche der Anschwellung
und es entwickelte sich dann ein Geschwflr. Das entstandene Geschwflr
war verschieden groB, zeigte etwas unterminierte, unregelmaBige Rander
und einen speckig belegten Grund. In unmittelbarer Umgebung des
Geschwfirs fflhlte sich die Haut verdickt an. Allmahlich reinigte sich
das Geschwflr und verheilte.
GroBere Mengen als die frfiher angegebenen verursachten fast aus-
nahmslos den Tod des Tieres. In unseren Versuchen, bei denen die
Menge des einverleibten Virus eine schwankende war, verendeten die
Tiere nach 8'/,—36 Stunden post infectionem. Oft schon wenige Stunden
nach der Injektion wurden die Tiere weniger lebhaft und liefien in der
meist teigigen, starkeren oder geringeren Anschwellung an der Injek¬
tionsstelle mehr oder weniger deutlich Knistern nachweisen. Diese Ver¬
anderungen nahmen an Intensitat ziemlich rasch zu und breiteten sich
auch flber die Grenzen der Injektionsstelle aus, und unter stetiger Zu-
nahme derselben wurden die Tiere immer matter, aufierten meist auch
Schmerzempfindung beim Berfihren und blieben vor dem Tode gewdhn-
lich langere Zeit auf einer Seite liegen.
Bei der Sektion konnte man haufig im Bereiche der Injektionsstelle
und meist auch in ihrer Umgebung durch die Haut deutliches Knistern
tasten. Manchmal war die Bauchhaut an der Injektionsstelle durch Gas-
blasen und Flflssigkeit abgehoben oder in mehr oder minder groBer
Ausdehnung schmutzigrot gefflrbt und dann durch einen mehr blaulich-
roten Wall von der fibrigen, normal aussehenden Bauchhaut abgegrenzt.
In solchen Fallen war die Haut immer stark durchfeuchtet, so dafi aus
derselben beim Aufspannen der Tiere auf das Sezierbrett rdtliche Flfis-
sigkeit austrat.
Immer aber war bei den gefallenen Tieren das sdbkutane Binde-
und Fettgewebe im Bereiche der Injektionsstelle sowie am Bauche und
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
Thorax, oft bis hinauf zum Halse von fleisch- Oder kirschwasserfihnlicher
Flfissigkeit mehr Oder weniger stark durchtr&nkt, besonders reichlich in den
Inguinal- und Achselbeugen der Seite, auf welcher das Tier vor dem
Tode durch kurzere oder l&ngere Zeit gelegen war. Nicht selten
war das subkutane Bindegewebe im unmittelbaren Bereiche der Injek-
tionsstelle schmutzig graugelb, wie nekrotisch und von mehr oder
weniger zahlreichen, meist kleineren Gasblasen durchsetzt. Solche fanden
sich dann aber meist auch in dem angrenzenden odematos durchtr&nkten
subkutanen Gewebe der Bauch- und gewohnlich auch der Brusthaut. In
einzelnen Fallen sah man daneben noch kleinere oder grSBere dunkle
Blutuugen.
Aehnliche Veranderungen zeigten meist auch die oberflachlichen
Muskelschichten der Bauchwand und des Thorax. Neben Aufquellung,
verschieden starker Durchtrankung mit rotlicher Flussigkeit fanden sich
manchmal auch in den Muskelbtindeln kleinere Blutungen und zwischen
denselben Gasblaschen.
Die Lymphdrusen der Inguinal- und Achselbeugen lieBen gewohn¬
lich keine Veranderungen erkennen, in einzelnen Fallen jedoch zeigten
sie Schwellung und st&rkere Rdtung.
Das Peritoneum parietale war meist gl&nzend und hellrot, in einigen
Fallen aber dunkelrot, kirschfarben. In solchen Fallen zeigte auch die
Muskulatur der Bauchwand ein ahnliches Aussehen, so daB es den An-
schein hatte, als waren die Veranderungen des Peritoneums fortgeleitete.
Die iibrigen Organe waren meist ohne charakteristische Verande¬
rungen: die Milz blieb klein, war das eine Mai etwas dunkler, das
andere Mai heller, die Nebennieren lieBen keine starkere Rotung er¬
kennen, die Nieren zeigten meist nur geringfiigige Zeichen von Degene¬
ration, die Leber war meist dunkel braunrot, manchmal mehr gelbbraun,
die Lungen gewohnlich blutarm.
Bakterien lieBen sich an der Injektionsstelle meist in reichlicher
Menge und in den schon an anderer Stelle beschriebenen Formen nach-
weisen, sowohl mikroskopisch als auch durch die Kultur. Das Herzblut
hingegen erwies sich in alien jenen Fallen als steril, welche unmittelbar
oder kurz nach dem Tode zur Sektion kamen. In jenen Fallen, die erst
einige Zeit nach dem Tode seziert werden konnten, lieBen sich Bacillen
durch die Kultur auch im Herzblute nachweisen, und zwar im allge-
meinen um so reichlicher, je spater nach dem Tode die Sektion ausge-
fuhrt wurde. Es muB jedoch bemerkt werden, daB auch in solchen
Fallen Bacillen nicht immer im Blute gefunden wurden, selbst dann
nicht, wenn bis zur Sektion 8 und mehr Stunden verstrichen waren. In
alien Fallen, in welchen das Peritoneum dunkelrot erschien, fanden sich
in den davon angefertigten Abstreifpraparaten meist reichlich Bacillen
und zwar gewohnlich in langeren Faden.
M 6, am 22. I. 1902 subkutan (Bauch) 5 ccm einer 36-stiindigen Zuckergelatine-
kultur von den ersteren Generationen des aus dem Menschen geztichteten Stammes.
Schon nach 4 Stunden die Bauchhaut. blasig abgehoben. Knistern deutlich. All-
mahlichc Ausbreitung der Gas- und Flussigkeitsansannnlung im subkutanen Bindegewebe
gegen die Flanken und den Thorax.
Nach 10 Stunden wird das Tier durch Chloroform getotet.
Sektion, unmittelbar post mortem: Subkutanes Bindegewebe des Bauches und
des Thorax seros-hamorrhagisch durchtrankt und von zahlreichen kleineren und grofieren
Gasblasen durchsetzt. In aen inneren Organen keine Veranderungen.
Deckglaspraparate von dcr Injektionsstelle: Zahlreiche Gram-positive Stiib-
chen, haufig angeschwollen, spiirlich lange Faden.
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Ghon u. Sachs, Beitrftge zur Kenntnis der ana6roben Bakterien des Menschen. 401
Anaerobe Kulturen von der Injektionsstelle: Wachstum und Gasbildnng (Rein-
kultur).
Anaerobe Kulturen vom Herzblut: steril.
M 9, am 29. I. 1902 3 ccm der Aufschwemmung einer Zuckeragar-Schuttelkultur,
48 Stunden alt, subkutan (linke Bauchseite).
Nach 48 Stunden Knistern an der Injektionsstelle.
Tod des Tieres nach ca. 18 Stunden.
Sektion, ca. 3 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis):
Knistern am Bauch und Tnorax. Unterhautbinde- und Fettgewebe am Bauch und
Thorax, in den Achselhohlen und Inguinalbeugen von fleischwasserahnlicher Flussigkeit
und zahlreichen kleineren Gasblasen durchsetzt. Muskulatur dee Bauches von ver-
quollenem Aussehen und schmutzigrot. Desgleichen die Muskulatur des Thorax.
Zwischen den Muskelbiindel kleinere Gasblasen. Leber gelbbraun. Milz klein. Neben-
nieren weifilich-gelb. Lungen blutarm.
Deckglaspraparate von der subkutanen Flussigkeit: Zahlreiche Gram¬
positive Bacillen und angeschwollene Formen. Endogene una freie Sporen.
Anaerobe Kulturen: a)subkutane Flussigkeit: Wachstum mit Gasbildung
(Reinkultur).
b) Herzblut: 1 Kolonie derselben Bacillenart wie bei a).
His tologischer Befund: l)Thoraxhaut mit oberfl&chlicher Muskel-
schicht: Homschicht gelockert. Rete Malpighii gut erhalten, ebenso Haarbalge und
-schafte. Die Kerne des Papillarteiles der Cutis meist gut tingiert und nur zum ge-
ringen Teile undeutlich. Tiefere Schichten der Cutis kernarmer, ihre Bindegewens-
bundel auseinandergedrangt, wie gequollen, zwischen denselben kleinere unregelmafiige
Hohlraume, meist leer, zum Teil aucn wie mit feinfaseriger Masse erfiillt. Solche Hom-
raume reichlicher im subkutanen Binde- und Fettgewebe. Daselbst auch grofiere
Mengen feingranulierter Massen, die die fast kernlosen und gequollenen Bindegewebs-
btindel auseinanderdrangen. Die Bundel und Fasern der oberfladilichen Muskelschicht
gleichfalls auseinandergedrangt durch das gequollene und odematose interstitielle Binde-
gewebe. Kerne der Muskelfasern mehr oder minder gut erhalten. An Querschnitten
die Fasern wie schollig, an Liingsschnitten der Lange nach aufgefasert oder in unregel¬
mafiige, dunkler braun erscheinende Stiicke zerfallen. Die Querstreifung vielfach gani
verloren gegangen oder undeutlich, an anderen Muskelfasern noch erhalten oder an-
scheinend aeutlicher. Die grofieren GefaBe der tieferen Hautschichten im allgemeinen
gut erhalten, nur die Adventitia an einigen mit undeutlicher Kernfarbung. Blutkorper-
chen meist regelmafiig geformt, doch vielfach schwach tingiert, wie ausgelaugt. Nir-
gends entzundlitHie Veranderungen.
Bakterien in alien Schichten der Haut und des subkutanen Gewebes reichlich
vorhanden, am reichlichsten im subkutanen Binde- und Fettgewebe und in den ober-
flachlichsten Muskelschichten, wo sie auch in den Fasern selbst liegen, am sparlichsten
in den oberflachlichen Cutisanteilen, doch findet man Bakterien aucn noch im Papillar-
teilc der Cutis. Die Bakterien zeigen ein einheitliches Bild: Els sind Bacillen, durchweg
Gram-posi tiv, teils in kurzen Formen, meist aber in kiirzeren oder langeren Faden,
gerade oaer gewunden. Unter den kurzen Formen solche mit Anschweilungen. Ver-
einzelt endogene Sporenbildung.
2) Bauchwand aus der rechten Inguinalbeuge: histologisch und bakte-
riologisch dieselben Veranderungen wie bei 1).
3) Leber: maflig blutreich, Zellkonturen etwas undeutlich, Kerne gut erhalten.
Sparlich Gram-positive Bacillen von demselben Aussehen wie bei 1) in grofieren arte-
riellen Gefafien aer Glissonschen Kapsel.
M 13, am 26. IV. subkutan (linke Bauchseite) 2 ccm einer 48-stiindigen Zucker-
gelatinekultur von M 11.
Tod des Tieres nach 8 1 /, Stunden.
Sektion 9 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis):
Bauchhaut und Haut der linken Flanke livid gefarbt; beim Aufspannen des
Tieres treten aus derselben kleinere Mengen seros-hamorrhagischer Flussigkeit aus.
Haut nirgends abgehoben. Unterhautbindegewebe an der Injektionsstelle, am Bauche,
zum Teil auch am Thorax mehr oder minder reichlich von seros-hamorrhagischer Fliis¬
sigkeit durchtrankt. Kleinere, zum Teil auch konfluierende Blutungen im Unterhaut¬
bindegewebe der linken Flanke (Injektionsstelle). Daselbst auch sparlich kleinere Gas-
blaschen. Muskulatur der Bauchwand feucht, in derselben vereinzelt kleinere Blutungen.
Peritoneum parietale und viscerale glanzend, nicht gerotet. Leber dunkelbraun. Milz
nicht vergrofiert, lichtbraun. Nieren braunrot. Nebennieren gelblich-weifi. Lungen
hyperamisch. Im Magen und Darm keine Veranderungen.
Deckglaspraparate von der Injektionsstelle: Vorwiegend Gram-positive Ba¬
cillen verschiedener Lange, kiirzere Faden. Die Formen gleichmafiig oder ange-
Erstc Abt. Orig. Bd. XXXIV. 26
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
schwollen. Sparlicher G r a m-negative und Uebergangsformen. Ziemlich viele Sporen.
Keine Kapeel.
Keine Eigenbewegung.
In Jodpraparaten sparlich Braunfarbung, gleichmafiig oder fleckig.
Aerobe Kulturen von der Injektionsstelle: steril.•
Anaerobe Kulturen von der In jektionsstelle und dem Herzblute: Wachs-
tum und Gasbildung (Reinkultur).
H istologischer Befund: Haul und Unterhautbindegewebe mit
2 kleineren Lymphdrusen von der linken Inguinalgegend: Hornschicht
gelockert, stellenweise fehlend. Rete Malpighi, Haarbalge und -schafte im allgemeinen
gut erhalten. Im Papillarteil der Cutis noch gut gefarbte Kerne, ebenso in den tieferen
Schichten der Cutis. Die Bindegewebsfasem sind sehr breit und gequollen. Im inter-
stitiellen Bindegewebe der oberflachlichen Muskelschicht reichlich feingekomte Massen
iOedem), die Muskelfasern dadurch auseinandergedrangt, oft verschmaiert, aufeefasert,
teilweise auch schollig zerfallen, die Querstreifung teils noch erhalten, teils undeutlich.
Einzelne Muskelfasern ganz homogen aussehend, die Kerne jedoch im allgemeinen gut
erhalten und gut gefarbt. Zwei mitgetroffene kleinere Lymphdrusen fast vollig von
Blutungen durchsetzt. Kleinere Blutungsherde auch in der liapsel der DrOsen und in
ihrer Umgebung. Die Blutgefafie urn die Lymphdrusen stark gefiillt, in ihrer Nahe
Blutungen und stellenweise auch starkere Annaufung meist multi nuklearer
Leukocyten. Wo Blutungsherde und entzundliche Infiltration fehlen, sind die Binde-
gewebsfasern durch eine homogene oder feingekomte Masse auseinandergedrangt. Multi-
nukleare Leukocyten durchsetzen auch teilweise die Gefafiwandungen und zeigen viel-
fach ausgesprochenen Kemzerfall.
Bakterien finden sich sparlich in den tieferen Schichten der Cutis, reichlicher
im subkutanen Bind^ewebe und in der oberflachlichen Muskelschicht, vorwiegend dort,
wo zeliige und hamorrhagische Infiltration fehlen. In den Lymphdrusen una in dem
sie umgebenden, von multinuklearen Leukocyten und Blutungen durchsetzten Binde-
gewebe fehlen Bakterien. Die Bakterien sind durchaus G ram -positive Bacillen von
aemselben Aussehen wie bei M 9.
M 15, 300 g, am 1. V. 1902 subkutan flinke Bauchseite) 0,7 ccm des stark ge-
triibten Kondenswassers einer 48-stundigen Zuckeragar-Schiittelkultur von M 14.
Tod des Tieres nach 18 l / # Stunden.
Sektion 8 / 4 Stunden post mortem: Haut durch kleinere und grofiere Gasblasen
im Bereiche der Injektionsstelie und deren Umgebung abgehoben. Die Gasblasen durch
die Haut sichtbar. Knistern iiber Bauch und Thorax. Haut rbtlich und stark durch-
feuchtet („8chwitzt“). Im Bereiche der Injektionsstelle eine ca. talergrofie Partie der Haut
durch einen unregelmaflig begrenzten, blfiulich-roten Wall abgegrenzt, namentlich gegen
beide Inguinalgegenden kin. Daselbst das subkutane Bindegewebe und die oberflach-
lichen Muskelschichten der Bauchwand weifilich-geib und von kleineren Gasblasen
durchsetzt. In der Umgebung sowie am ganzen Bauche und Thorax bis hinauf zum
Halse das zum Teile abgehobene subkutane Bindegewebe wie auch die Muskulatur
gleichmafiig rotlich und von serbs-hamorrhagischer Fliissigkeit reichlich durchtrankt.
Ilesonders reichlich ist diese Fliissigkeit in der linken Achsmhohle und linken Inguinal-
beuge angesammelt.
Inguinale Lvmphdrusen nicht vergrofiert. Peritoneum parietale nicht gerotet,
glanzend. Milz klein, braunrot l^eber gelbbraun. Nieren rothch-braun. Nebeanieren
weiBlich-gelb. Lungen hyperamisch. Herz prall gefiillt
Deckglaspraparate von der linken lnguinalbeuge: uberwiegend Gram-positive
Bacillen verschiedener Lange. Reichlich Faden, sparlich angeschwollene Formen und
Sporen. Vereinzelt Gram-n^ative Formen. BlaBvioletter Hof um die Bacillen in
nach Welch gefarbten Praparaten.
Keine Eigenbewegung.
In Jodpraparaten Braunschwarzfarbung, meist fleckig.
Deckglaspraparate vom Peritoneum parietale: In gleicher Menge die-
selben Bakterien formen wie in der lnguinalbeuge, nur langere Fadenbildung.
Aerobe Kulturen von der subkutanen Fliissigkeit: steril.
Anaerobe Kulturen von der subkutanen Fliissigkeit, dem Herzblute
und dem Peritoneum parietale: Wachstum mit Gasbilaung (Reinkultur).
M 17, 306 g, am 10. Mai 1902 subkutan (linke Bauchseite) 1 ccm Zuckergela-
tinekultur, 48 Stunden, von M 16.
Nach ca. 24 Stunden erscheint das Tier schwer krank und zeigt fiber Bauch und
Thorax eine teigige, ziemlich machtige Anschwellung ohne Knistern.
Tod des Tieres nach 35 Stunden.
Sektion 8 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis):
Bauchhaut im Bereiche der Injektionsstelle und ihrem Umkreise rotlich und
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Ghon u. Sachs, Beitriige zur Kenntnis der ana6roben Bakterien des Menschen. 403
feucht. Deutliches Knistern fiihlbar. Haut nirgends abgehoben, Unterhautbindegewebe
und oberflachliche Muskelschichten der Bauchwand und des Thorax fleischwasserfarben
und stark durchfeuchtet, im Bereiche der Injektionsstelle miflfarben graugelb, wie ne-
krotisch In der rechten Inguinalbeuge sowie am Halse das Unterhautbindegewebe
machtig odematos und von kirschfarbener Fliissigkeit durchtrankt. An der Injektions¬
stelle, am Thorax und in den Gelenkbeugen Gasblasen im Unterhautbindegewebe.
Peritoneum parietale gleichmafiig fleischwasserfarben. Milz dunkel, kaum vergroflert.
Leber braunrot, von Coccidien durchsetzt. Nieren braunrot. Nebennieren gelblich-weifi.
Lungen blutleer. Magen und Darm ohne Veranderungen.
Deckglaspraparate: a) Injektionsstelle: Reichlich Gram-positive Ba-
cillen verschiedener Lange, meist gleichmaSig im Aussehen, seltener angeschwollene
Formen und vereinzelt solche mit polstandigen Sporen. Reichlich langere Faden. Ver-
einzelt Gram-negative Formen derselben Art.
In nach Welch gefarbten Praparaten ein deutlich begrenzter lichter Hof um die
Bacillen.
In Jodpraparaten gleichmaBige lichtgelbe Farbung der Bacillen.
Mafiig schnelle Eigenbewegung.
b) Peritoneum parietale: MaSig reichlich Gram-positive Bacillen von der¬
selben Beschaffenheit wie bei a).
Kulturen: a) Injektionsstelle: Aerobe Kulturen steril, anaerobe: Wachs-
tum mit Gasbildung (Reinkultur).
b) Herzblut: Anaerobe Kulturen steril.
Histologische Untersuchung:
1) Haut vom Halse: Hornschicht, Haarbalge und -schafte ohne Veranderungen.
Kerne im Papillarteile der Cutis gut gefarbt. Bindegewebsfasem gequollen und ausein-
andergedrangt. Die tieferen Cutisschichten, mehr nocn das subkutane Binde- und Fett-
gewebe sowie das interstitielle Bindegewebe der oberflachlichen Muskelschicht kern arm,
streckenweise kemlos und auseinandergedrangt durch eine feingekdmte oder vollig
homogen aussehende Masse. Die Muskelfasern meist ohne deutliche Querstreifung,
homogen oder schollig zerfallen, auseinandergedrangt.
Bakterien mafiig reichlich, am reicluichsten im interstitiellen Bind^ewebe der
Muskelschicht. Papillarteil der Cutis frei von Bakterien. Es sind Bacillen einer Art,
Gram-positiv, mit gegliederter und ung^liederter Fadenbildung, haufig wie von Va-
kuolen durchsetzt.
2) Bauchwand von der Injektionsstelle: Subkutanes Binde- und Fett-
gewebe und oberflachliche Muskelschichten sehr reichlich von multinuklearen Leuko-
cyten durchsetzt, zwischen welchen streckenweise feingekornte oder feinfaserig aus¬
sehende Massen und Blutunesherde sichtbar sind, sowie kleinere und grSfiere rundliche,
meist leere Hohlraume. Bindegewebs- und Muskelfasern sind dadurch oreit auseinander¬
gedrangt. Gegen die tieferen Muskelschichten setzt sich diese Infiltration ziemlich
scharf ab und die multinuklearen Leukocyten erscheinen daselbst wie zu einem Walle
verdichtet und zeigen vielfach Kernzerfall. Daruber hinaus findet man polynukleare
Leukocyten und rote Blutscheiben sparlicher im interstitiellen Bindegewebe der Muskel.
Die Muskelfasern selbst zeigen innerhalb und aufierhalb der Infiltrationszone schwere
degenerative Veranderungen: Auffaserung, Quellung und Zerfall sowie teilweisen Ver-
lust der Querstreifung. Viele der Fasern erscheinen ganz homogen und viele zeigen
zwischen den Zerfallsstiicken multinukleare Leukocyten. Die Muskelkerne meist noch
gut gefarbt, nur im Bereiche der entziindlich veranderten Partieen findet man sie
weniger zahlreich und undeutlicher tingiert. Das interstitielle Bindegewebe der nicht
infiltrierten Zone stark gequollen, die Kerne jedoch gut gefarbt. Desgleichen die der
GefaSendothelien. Um aie Gefafie sieht man auch in den sonst nicht entziindlich ver¬
anderten Stellen meist kleinere Anhaufungen langlicher einkerniger Zellen und multi-
nuklearer Leukocyten.
Bakterien in enorm reichlicher Menge nachweisbar, vor allem im Bereiche der
entziindlich veranderten Partieen und hier wieder vorwiegend um den Leukocytenwall.
In den nicht entziindlich veranderten Partieen sieht man sie nur sparlich oder gar nicht.
Es sind Bacillen von einheitlicher Dicke, aber verschiedener Lange, nicht selten ange-
schwollen und mit Fadenbildung, Gram-positiv, mit Vakuolen oder korniger Farbung.
In den Praparaten nach Gram-Weigert Sporen nicht sicher nachweisbar.
SI 27, 260 g, subkutan (linke Baucbiseite) eine Aufschwemmung von B Agar-
platten mit diffusem Ueberzuge (Wasserstoffatmosphare) in 1,8 ccm ausgekochtem Pepton-
wasser.
Nach 9 Stunden erscheint das Tier schwerkrank und zeigt im Umkreise der In¬
jektionsstelle bis zum Rippenbogen einerseits und der Symphyse andererseits eine mach-
tige teigige Anschwellung.
Nach ca. 15 Stunden tot aufgefunden.
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
Sektion, 8 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): Haut stark
feucht Knistern am Bauche und Thorax. Unterhautbinde- und Fettgewebe dee Bauchee
und Thorax, der Achselhohlen und Inguinalbeugen reichlichst durchtrankt von einer
kirschrot aussehenden Fliissigkeit, am starksten in der rechten Inguinalbeuge und
AchseLhohle. Muskulatur am Bauche und Thorax feucht, diffus kirschrot, im unteren
Teile des Abdomens lichter rot. Peritoneum glanzend, feucht. Leber braungelb. Milz
klein, braunrot. Nieren Jichtbraungelb. Nebennieren weifilich-gelb. Lungen blutleer.
Deckglasprapararate: a) su bku tane Fliissigkeit: Zahlreiche, fast aussehliefl-
lich Gram-positive Bacillen verschiedener Lange. GroBe geblahte Formen. Vereinzelt
Uebergangs- und Gram-negative Formen.
In Jodpra para ten fleckige Braunfarbung der angeschwollenen Formen.
Eulturen: a) subkutane Fliissigkeit: Aerob steri). Anaerob: Wachs-
tum mit Gasbildung (Reinkultur).
b) Herzblut: Anaerob: Wachstum mit Gasbildung (Reinkultur).
b) Die intraperitoneale Infektion bereitete hfiufig Schwierig-
keiten, weil selbst bei vorsichtigem Arbeiten geringe Mengen des Infek-
tionsstoffes im Stichkanale der Bauchwand zurQckblieben bezw. in diesen
hineingepreBt wurden. In alien solchen Fallen gesellte sich zur intra-
peritonealen auch noch eine subkutane Infektion, die gewohnlich in den
Vordergrund trat, so daB das Sektionsbild der gefallenen Tiere meist
v511ig dem bei rein subkutaner Einverleibung des Virus glich. Her-
vorgehoben zu werden verdient dabei die Tatsache, daB wir bei
diesen Fallen reichlichste Durchtrankung des subkutanen Binde- und
Fettgewebes mit kirschfarbener FlQssigkeit ohne Gasblaschen sicher
beobachten konnten. Es war dabei auffallend, daB schon relativ geringe
Mengen subkutan ausgetretenen Infektionsstoffes genugten, rasch und
sicher die ausgebreiteten subkutanen Veranderungen hervorzurufen,
Mengen, die bei reiner subkutaner Einverleibung unserer Erfahrung
nach kaum diesen Effekt hatten erzeugen konnen. Der Versuch, in
einigen Fallen sofort nach der Einverleibung des Virus die Haut urn
den Stichkanal zu spalten und durch Bildung einer Hauttasche in der
Umgebung dieselbe offen zu halten, blieb ohne jeden EinfluB: auch in
solchen Fallen schloB sich der intraperitonealen noch eine subkutane In¬
fektion an.
Immer waren in diesen Fallen neben den subkutanen Veranderungen
auch noch mehr oder weniger ausgepragte peritoneale vorhanden, indem
das Peritoneum parietale und viscerale sehr feucht und dunkler rot er-
schien, die Darmschlingen durch zarte fibrinose Faden verklebt waren
und sich feine, leicht abziehbare, fibrinflse Hautchen auf der Oberflache
der Leber und Milz vorfanden.
Diese entzflndlichen Veranderungen des Peritoneums traten injenen
wenigen Fallen noch deutlicher zu Tage, bei welchen die intraperitoneale
Infektion anscheinend glatt ausgeflihrt werden konnte. Es fanden sich
bei der Sektion der gefallenen Tiere allerdings auch in diesen Fallen
subkutane Veranderungen vor, doch waren diese so geringftigig gegen-
iiber den in den anderen Fallen beobachteten und gegeniiber den gleich-
zeitig vorhandenen peritonealen Veranderungen, daB sie fflr den Tod
des Versuchstieres nicht in Anschlag gebracht werden diirfen. Dafur
zeigte sich das Abdomen aufgetrieben und in der Bauchhdhle fand sich
freie, trtibe, rdtliche Fliissigkeit, das Peritoneum war dunkel kirsch-
farben, ebenso das Netz und in diesem, sowie auf der Leber und Milz,
fand man zarte, fibrinose Auflagerungen. Und daB diese Veranderungen
wirklich entziindlicher Natur und einzig bedingt waren durch den ein-
verleibten Bacillus, bewiesen die histologische und bakteriologische
Untersuchung.
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Ghon u. Sachs, Beitrftge zur Kenntnls der an&eroben Bakterien des Menschen. 405
Auch in alien diesen Fallen blieb die Milz klein, doch traten die
degenerativen Verandernngen der parenchymatflsen Bauchorgane, nament-
lich die der Leber, starker hervor als bei rein subkutaner Infektion.
Schaumorgane fanden sich dabei nie vor; allerdings hatte auch die
bakteriologische Untersuchung des Herzblutes in alien diesen Fallen
ausnahmslos ein negatives Ergebnis.
M 20, 178 g, am 22. Mai 1902 intraperitoneal 2 ccm einer 48-8tiindigen
Zuckergelatinekul tur.
Beim Herausziehen der Nadel gelangt eine kleine Menge der Fliissigkeit in das
subkutane Gewebe um den Stichkanal.
Tod des Tieres nach 16‘/ 2 Stunden.
Sektion, 7 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis). Bauchhaut
durchfeuchtet (schwitzt). Unterhautbindegewebe und oberflachliche Muskelschichten
des ganzen Bauches, beider Flanken und des Thorax, ebenso das Binde- und Fettgewebe
der Achselhdhlen und Inguinalbeugen ziemlich gleichmaliig durchtrankt von einer fleisch-
wasserahn lichen, stellenweise dunkler rot gefarbten Fliissigkeit. Am reichlichsten ist
diese Fliissigkeit in der rechten Inguinalbeuge angesammelt und zeigt daselbst eine fast
schwarzlichrote Farbe. Nirgends Gasblaschen, nirgends die Haut abge-
hoben. Peritoneum parietale feucht, rotlich; ebenso das Peritoneum viscerale. Darm-
schlingen untereinander leicht verklebt. Milz braunrot, klein. Leber grofi, wie gekocht.
Nieren braungelb. Nebennieren gelblich-weifi. Lungen blutarm.
Deckglaspr¶te: a) Fliissigkeit aus der rechten Inguinalbeuge:
Ziemlich reichlich Gram-positive Bacillen, meist kurz. Sp&rlich Gram-negative
Formen und angeschwollene Formen, teis dunkelviolett, teils undeutlich gefarbt. Keine
Sporen.
b) Peritoneum: Mafiig viele zellige Elemente, darunter polynukleare Leuko-
cyten. WenigG ram-positive Bacillen und angeschwollene Formen, sparlich dickere
und diinnere Gram -negative Formen.
Kulturen: a) Subk utaneFlussigkeit: Anaerob Wachstum mitGasbildung
(Reinkultur).
b) Peritoneum: Aerob: Steril. Anaerob: Wachstum mit Gasbildung (Rein¬
kultur).
c) Herzblut: Anaerob: Steril.
Histologischer Befu’nd: 1) Bauch wand: Keine entziindlichen Verande-
rungen. Die Muskelbiindel und -fasern auseinandergedrangt durch lockeres, gequollenes
und mit feingekornter Masse erfiilltes Bindegewebe. Muskelfasern selbst in der bereits
wiederholt beschriebenen Weise schwer verandert, die Kerne jedoch gut gefarbt, wah-
rend die Kerne des interstitiellen Bindegewebes vielfach fehlen oder undeutlich er-
scheinen.
Bakterien in enormen Men gen: Gram-positive Bacillen einer Art, gleichmafiig
tingiert, von verschiedener Lange, mit oft langerer Fadenbildung. Keine sicheren
Sporen.
2) Darm: Serosa in den untersuchten Schnitten ohne besondere Veranderungen.
An einzelnen Stellen sieht man auf derselben maSig viele Gram-positive Bacillen von
demselben Aussehen wie bei 1).
M 28, 375 g, am 30. Mai 1902 intraperitoneal 2 ccm einer 48-stundigen
Zuckergelatinekultur von M 20.
Beim Herausziehen der Nadel gelangte etwas der Injektionsflussigkeit durch die
Bauchpresse unter die Bauchhaut um den Stichkanal; es entstand dadurch eine ca.
linsengrofie Vorwolbung der Haut, die sofort mit gliihendem Spatel breit gespalten
und worauf noch iiberclies in der Umgebung des Sticnkanals eine Hauttasche angelegt
wurde. Das Tier macht noch am selben Abend einen schwerkranken Eindruck und aus
der offen gelassenen Hautwunde tritt blutig-serose, mit sparlichen Gasblasen unter-
mengte Fliissigkeit hervor.
Tod nach 23V, Stunden.
Sektion, unmittelbar post mortem: Am Bauch und Thorax deutliches Knistern.
Aus der Hautwunde quillt serds-hamorrhagische Fliissigkeit, untermengt mit Gasblasen.
Subkutanes Fett- und Bindegewebe am Baucne und Thorax bis zum Halse, in beiden Flanken
und in den Achselhdhlen reichlich durchtrankt von dunkel-kirschroter Fliissigkeit,
untermengt mit kleineren, bis etwa stecknadelkopfgroflen Gasblaschen. In der Bauch-
hbhle gennge Mengen leicht getriibter, rotlich gerarbter Flussigkeit. Peritoneum feucht,
rdtUch und von fadigen und flockigen Gerinnseln bedeckt. Milz klein, braunrot, ihre
Oberflache mit einem zarten, abzienbaren, fibrinosen Hautchen bedeckt. Leber gelb-
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
bran a, auf Lbrer Oberflache ein zartes Fibrinhautchen. Nieren braungelb. Nebennieren
rotlich-geIb ? beeonders die rechte. Lungen blutreicher.
Deckglaspraparate: a) peritoneale Flussigkeit: Wenig Zellen, sehr
sp&rlich Gram-positive Baciilen, vereinzelt angeechwollene Formen. Keine anderen
Bakterien.
b) Fibrinbelag der Leber: wie bei a).
Kulturen: a)peritoneale Flussigkeit: Aerob: SteriL Anaerob: Wacha-
tum mit Gasbildung (Reinkultur).
b) Herzblut: Anaerob: Steril.
Histologischer Befund:
1) Peritoneal wan d vom rechten Hypo c hondrium: Muskulatur und
interstitielles Bindegewebe zeigen im allgemeinen dieselben Veranderungen, wie sie bei
M 20 beschrieben wurden. Ninrend Entziindung. Bakterien reichlich und von dem
Ausseben und den farberischen Eigenschaften wie bei M 20.
Peritoneum streckenweise kernlos, die Bindegewebsfasern desselben stark gequollen,
in ihren Konturen kaum zu erkennen, in den mit Hamalaun-Eosin gefarbten Praparaten
schmutzig blaurot und teilweise durch heller tingierte, homogene oder feingekomte
Massen auseinandergedrangt. Endothelien der Blutgef&fie aucn in den schwer ver-
anderten Partieen gut gefarbt.
Reichlich Gram-positive Baciilen von dem Aussehen wie in der Bauch wand.
(Fortsetzung folgt)
Naehdruck verboten .
Weitere Bemerkuagea zur Eatstehuag von Ratten-
epizootieea.
[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Laboratorium der k. k. landwirt-
schaftlich-bakteriologischen und Pflanzenschutzstation in Wien.]
Von Dr. E. Wiener.
In einigen frflheren Mitteilungen x ) habe ich versucht, die Bedeutung
der D any sz - Baciilen und einiger anderer Colist&mme fur die Be-
k&mpfung der Rattenplage darzustellen.
Es zeigte sich, daB die Virulenz aller Arten bisher bekannter ratten-
pathogener Baciilen weniger konstant ist, als dies bei den meisten
anderen pathogenen Bakterien beobachtet wurde. Ob dieselben von
spontan aufgetauchten Rattenepizootieen stammen Oder im Laboratorium
durch Anpassung aus harmlosen Coli-Stammen rattenpathogen ge-
macht wurden, immer kann man konstatieren, daB sich nach verhaltnis-
mkfiig kurzer Zeit die Virulenz fast vollkommen verliert oder dieselbe
zum mindesten sehr herabgesetzt wird.
Am lkngsten erhielt sie sich nach dem bisher Bekannten bei der
ersten von Danysz flbersandten Kultur, viel kdrzere Zeit bei der von
Sawtschenko ilbermittelten; eine mittlere Stelle nahmen die im Vor-
jahre aus Coli-Baciilen gewonnenen ein, nachdem diese letzteren durch
Anpassung rattenpathogen geworden waren.
Im Herbste v. J. stellte mir Herr Prof. v. Escherich neuerlich
auf mein Ersuchen in liebenswGrdigster Weise durch Herrn Dr. Moro
eine aus dem Sauglingsdarme stammende Coli-Kultur zur Verfflgung,
welche alle authentischen Merkmale hatte, sowie die bei meinen frflheren
Versuchen verwendeten Kulturen derselben Provenienz.
1) Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 10. — Dieses Centralbl. Bd. XXXII. 1902.
No. 1. — Zeitschr. f. d. landwirtschaftl. Versuchswesen in Oesterreich. 1902.
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Wiener, Weitere Bemerkungen zur Entstehung von Rattenepizootieen. 4Q7
Mit diesen neuen Kulturen wurden vorher mit Ammoniak und mit
NaOH - LSsungen beschickte Eier, wie bereits mehrfach angegeben,
infiziert, eine weitere Gruppe anstatt mit Ammoniak bezw. NaOH-Losung
mit 1 / 2 ccm einer 2-proz. L8sung von phosphorsaurem Ammoniak,
welche L8sung in flblicher Weise mit sterilisiertem, ausgezogenem
RShrchen in das Ei geblasen wurde.
Ueber die Versuche mit Kulturen aus den Ammoniak- bezw. NaOH-
Eiern soli nur kurz berichtet werden, dafi dieselben den bereits be-
scbriebenen ahnlich verliefen.
Auch die Infektionsversuche mit Kulturen aus den mit 2-proz.
phosphorsaurem Ammoniak beschickten Eiern zeigten betrfichtliche Viru-
lenzsteigerung.
Zunachst wurden aus der fibermittelten Coli-Kultur einige Ratten
derart gefflttert, daB dieselben tflglich durch mehrere Tage je eine
24-stiindige Agarstrichkultur erhielten, welche in Bouillon aufgenommen
und tunlichst gleichmflBig verteilt auf Weizenbrot gegossen wurde. Die
Tiere, welche vorher durch 24 Stunden gehungert hatten, fraBen in
einigen Stunden dieses Brot, erhielten vom 5.-6. Tage ab ihre gewflhn-
liche Nahrung, gekochten Mais, und zeigten w&hrend der ganzen Be-
obachtungsdauer von 90—92 Tagen keine Krankheitserscheinungen.
In einer der Versuchsreihen erhielt eine Ratte (P. No. 133) dieselbe
Kulturmenge wie die Kontrolltiere, jedoch aus einem Ei geziichtet,
welches, mit 1 l i ccm 2-proz. phosphorsaurer Ammoniaklosung beschickt.
durch 6 Tage im Thermostaten gestanden hatte. Das Ei war nach
dieser Zeit diinnfliissig, zeigte im flbrigen keine Abweichung von den
anderen Eikulturen.
Das Tier wurde am n&chsten Tage krank, fraB aber auch die zweite
Portion, erhielt kein weiteres Infektionsmaterial mehr und verendete
nach 9 Tagen. Massenhaft Bacillen in alien Organen. Ausstriche mit
denselben auf schrflgem Agar zeigten iiberall Wachstum. BezQglich
des Obduktionsbefundes kann ich mich auf das f'riiher Mitgeteilte be-
ziehen. Aus den Kulturen, welche aus der Milz geziichtet waren, wurde
eine zweite Ratte (P. No. 149) in derselben Weise durch 3 Tage ge¬
fflttert und erhielt dann wieder die gewohnliche Nahrung. Sie verendete
nach 27 Tagen. Aus alien Organen wurden die Bacillen in Reinkultur
geziichtet Mit einer 24-stflndigen Agarkultur aus der Milz dieses Tieres
wurde eine frische Ratte (P. No. 156) gefflttert, erhielt an den 2 nachst-
folgenden Tagen als ausschlieBliche Nahrung Weizenbrot, welches jedes-
mal in 10 ccm 24-stflndiger Bouillonkultur getrflnkt wurde, von da ab
wieder die gewohnliche Maisnahrung. Tod dieser Ratte nach 7 Tagen.
Bacillarbefund in alien Organen positiv. Eine andere Ratte (P. N. 160)
erhielt dasselbe Infektionsmaterial wie das Tier P. No. 156 durch 3 Tage,
erholte sich nach 10 Tagen, soweit dies iiberhaupt konstatiert werden
konnte, wenigstens fraB sie wieder den grofiten Teil der gewflhnlichen
Nahrung. Als sie am 10. Tage nach der ersten Infektion neuerlich
Brot in 10 ccm 6 Tage alter Bouillonkultur getrflnkt erhielt, erkrankte
sie schon am n&chsten Tage und verendete nach weiteren 6 Tagen, also
17 Tage nach der ersten Infektion. Die Sektion ergab betr&chtliche
Abmagerung, entsprach im flbrigen dem typischen Bild. Bacillarbefund
in mflfiiger Menge in alien Organen.
Dieses letzte Tier wSre moglicherweise erst einer langsamen
Kachexie erlegen, wie sie in den schleppend verlaufenden Fallen ein-
tritt, wenn nicht die zweite Infektion am 10. Tage nach Versuchsbeginn
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
durch die geringe Menge 10 Tage alter Bouillonkultur erfolgt wfire,
welche gewid nicht einmal vollstandig von dem Tiere aufgenommen
wurde, da es noch altes Fatter, gekocbten Mais, vom Tage vorher in
seinem Kfifig hatte. Der verhfiltnismfidig rasche Krankheitsverlauf mull
daher auf eine Additionalinfektion zurttckgefflhrt werden.
Derartige Additionalinfektionen haben aucb praktische
Wichtigkeit, da es hierdurch in den Bereich der Mdglicbkeit gerfickt
wird, daB Tiere, insbesondere die sehr gefrfiBigen Ratten, welche eine
einmalige Infektion fast ilberstanden haben, nun doch an einer neuer-
lich acquirierten zu Grunde gehen.
Soweit sich die mit den in der beschriebenen Weise gezfichteten
Kulturen unternommenen praktischen Versuche iiberblicken lassen,
sind dieselben aufmunternd. Die Station hat im Jahre 1902 981 Agar-
kulturen an Interessenten abgegeben, welche mit den Erfolgen in den
meisten Fallen zufrieden waren.
Die Resultate in praxi hangen hauptsachlich von den firtlichen
Verhaltnissen und von der richtigen Handhabung mit dem Infektions-
material ab. Es kommt manchmal vor, daii Interessenten selbst trotz
der mitgegebenen genauen Anweisung die Kulturmasse gar nicht auf
das Brot bringen; in solchen Fallen darf man sich fiber ein negatives
Ergebnis gar nicht wundern.
Ebensowenig kann man verlangen, dad das Aufstreuen von Infektions-
material in einem kleinen Laden, z. B. einem Fleischerladen, in der
Mitte anderer Viktualienladen dauernden Erfolg haben kann. Die
Leute beanspruchen dies auch gar nicht, sondern sind mit dem Erfolge
zufrieden, wenn es ihnen, wie dies in mehreren konkreten Fallen kon-
statiert wurde, gelingt, die Ratten fflr einige Zeit, ffir 6 Wochen bis
3 Monate, los zu werden. Ein Fleischer, welcher seinen Laden neben
einer Zuckerbackerei hat, bezieht von Zeit zu Zeit immer wieder einige
Kulturrohrchen und gibt selbst an, er glaube, dad das Mittel nicht
dauernd nfitzen konne, weil eben nach einem gewissen Zeitraum die
Ratten aus dem benachbarten Zuckerbackerladen wieder einwandern.
Wie schon mehrfach betont, hat diese Art der Rattenvertilgung um
so grfidere Aussicht auf Erfolg, in je grfideren Bezirken sie gleichzeitig
zur Anwendung kommt, und hat daher die Ansicht Tidswells *) keine
Berechtigung, welcher bezfiglich des Bac. Danysz sagt, derselbe sei
ffir die Rattenvertilgung bedeutungslos, weil sich blod eine Auswanderung,
nicht aber eine vollstandige Vertilgung der Ratten erzielen lasse. Die
Auswanderung der Ratten ist eben der beste Beweis dafttr, dad die¬
selben das ausgestreute infizierte Futter als Schfidlichkeit empfinden.
Derartige Faile sind in Brehms Tierleben zitiert; es ereignete sich,
dad Feldmause nach Ausbruch einer Epizootic den Landstrich in groden
Scharen verlieden. Das, wasTidswell verlangt, wird sich — und man
kann sagen glficklicherweise — nie ereignen, denn ein Bacillus, welcher
die Gewfihr einer unbedingten Vertilgung ffir alle Ratten besfide, kdnnte
auch ffir den Menschen mdglicherweise eine sehr unangenehme Bedeutung
erlangen.
Auch Oettinger 2 ) ist mit den bisherigen Erfolgen der Ratten¬
vertilgung durch Infektion nicht zufrieden. Er verlangt, man solle, be vor
1) Journal of the sanitary institute of London. Vol. XXI. 1901. p. 575.
2) Munch, med. Wochenschr. 1903. No. 8.
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Wiener, Weitere Bemerkungen zur Entstehung yon Rattenepizootieen. 409
man etwas mit den derzeitigen Methoden anffingt, lieber warten, bis es
gelingt, mit Hilfe einer praktisch braucbbaren Methode die Wirkung der
D a n y s z - Bacillen zu erhohen.
Dieser Autor meint, dafi dies bisher nicht gelnngen ist und hat
einige Versuche nachgeprflft. Es standen ihm 2 Original-Danysz-
Kultnren und eine, deren Virulenz durch Eipassage erhoht war, zur
Verfiigung. Oettinger leistet sich auf Grund seiner negativen bak-
teriellen Ergebnisse, wobei zu bemerken ist, dafi er, abgesehen von
Krausz 1 ), der einzige ist, welcher solche verzeichnet, den Ausspruch,
dafi seine mit Danysz-Kulturen verschiedener Provenienz geffitterten
und erlegenen Ratten an zuf&lligen Momenten zu Grunde gegangen
sind, nicht aber an der Infektion. Wenn man einer grofien Anzahl
anderer Autoren mit positivem Ergebnis gegenfibersteht, sollte man mit
solchen kategorischen Aussprfichen und den aus denselben gezogenen
Konklusionen denn doch etwas vorsichtiger sein. Aus dem Umstande,
dafi es Oettinger nicht gelungen ist, meine Experiments nachzu-
machen, ist er noch nicht berechtigt, fiber dieselben ein absprechendes
Urteil zu ffillen. Denn ein einwandfrei erzieltes positives Ergebnis
wiegt in der bakteriellen Forschung viele negative auf, nicht aber um-
gekehrt, besonders wenn das Ergebnis so klar ist wie bei einer Ffitterung
mit verhaltnismaBig geringen Men gen Infektionsmaterial per os und
darauf folgender Allgemeininfektion.
In einem Falle hat fiberdies Oettinger selbst zweifellose Virulenz-
steigerung im Ei konstatieren mttssen. Es betraf dies ein durch 75 Tage
im Brfitkasten gestandenes Ei, welches, mit Brot zu einem Brei ver-
mengt, an 2 Ratten verffittert wurde, welche es am selben Tage
frafien und nach 3 bezw. 7 Tagen starben. Aus den Organen der
nach 3 Tagen verendeten Ratte liefi sich (aus Herzblut, Milz und Leber)
der verftttterte Bacillus in Reinkultur zfichten, welche noch ffir 2 andere
Tiere ziemlich virulent war, da dieselben am 9. bezw. 11. Tage nach
der Infektion starben; Bacillarbefund bei diesen letzteren ist nicht an-
gegeben. Am auffalligsten an den Darstellungen Oettingers ist der
— mit einer einzigen Ausnahme — stets negative Bacillarbefund, und
zwar selbst bei solchen Ratten, welche wenige Tage nach der Infektion
zu Grunde gingen. Schon aus diesem Grunde bin ich mit Oettinger
bezfiglich einer Stelle seiner Abhandlung einer Meinung, dafi „die oben
angeffihrten gestorbenen Ratten an zufalligen Momenten zu Grunde
gegangen, nicht aber der Infektion erlegen sind“.
Nachdem die im Vorjahre unternommenen Versuche mit Coli-
Kulturen bei der oben dargestellten Wiederholung durchaus eindeutig,
und die frfiheren Versuche best&tigend ausfielen, versuchte ich vom
Menschen stammende Typhusbacillen, welche mir Herr Dr. Binot vom
Institut Pasteur in Paris in liebenswfirdigster Weise zur Verffigung
gestellt hatte, an den Rattenkdrper anzupassen, um die Mdglichkeit
einer durch Typhusbacillen hervorgerufenen Rattenepizootie zu prfifen.
Die Typhusbacillen erwiesen sich kulturell und biologisch als dem
fiblichen Schema entsprechend. Sie zeigten mit Typhusimmunserum
im Verh<nisse von 1:15000 Agglomeration, und wurden wenige Monate
alte Kaninchen und Meerschweinchen, intraperitoneal mit einer mittel-
grofien Oese der 24-stttndigen Agarkultur infiziert, binnen 24 Stunden
1) Deutsche med. Wochenschr. 1901. p. 351.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
getdtet Bei den Versuchen ging ich von einer Kultur aus, welche vor
*/* Jahren aus einem jungen Kaninchen geziichtet war.
Einige Ratten erhielten durch 7 Tage je 10 ccm 24 - stflndiger
Bouillonkultur, auf Brot gegossen, verfflttert. Keine Krankheitserscbei-
nungen durch 102 Tage.
3 Ratten erhielten ebenfalls durch mehrere Tage 24-stflndige Bouillon-
kulturen derselben Provenienz, welche vorher durch 8 bezw. 20 Tage
in Eiern nach der des dfteren angegebenen Methode geziichtet waren,
in welche n&mlich vorher 1 / i ccm 2-proz. Losung von phosphorsaurem
Ammoniak gegeben wurde.
Alle Tiere, auch die KontrOlltiere, hungerten 24 Stunden vor Be-
ginn der Versuche, da die ausgehungerten Tiere das in infizierter
Bouillon getr&nkte Brot alsbald auffressen, dann auch die Aufnahme des
Infektionsmaterials im Wege des Darmkanales bei hungernden Tierun
rascher erfolgt, dasselbe vor der Injektion weniger durch Austrocknung
und Verunreinigungen leidet, wShrend satte Tiere das Futter tnanchmal
tagelang unberilhrt lassen — insbesondere wenn anderes als das bisherige
gegeben wird —, wodurch diese b e i d e n MOglichkeiten der Austrocknung
und Verunreinigung des Infektionsmaterials eher eintreten.
Eine Ratte erhielt auf diese Weise an 3 aufeinander folgenden
Tagen je 10 ccm 24-stiindiger Typhus-Bouillonkultur, vom 4. Tage an die
gewdhnliche Maisnahrung. Am 7. Tage zeigte dieses Tier Unlust zum
Fressen, es schien krank, das Fell war etwas gestraubt Dieser Zustand
dauerte durch 3 Tage an; vom 10. Tage an erholte es sich jedoch,
wurde ganz munter, fraB die gewohnliche Futterportion vollst&ndig auf
und blieb auch w&hrend der ganzen Beobachtungsdauer von 90 Tagen
anscheinend gesund.
Zwei andere Ratten wurden unter den gleichen UmstSnden an 3
aufeinander folgenden Tagen mit Kulturen derselben Provenienz ge-
fQttert, erkrankten ebenfalls nach 7 bezw. 10 Tagen, erholten sich als¬
bald vollst&ndig und erhielten am 20. und 21. Tage nach der ersten
Infektion neuerdings 6 bezw. 8 Tage alte Bouillonkulturen derselben
Provenienz. Diese beiden Tiere verendeten am 31. bezw. 38. Tage nach
der ersten Infektion.
Die Sektion ergab bei beiden Tieren betrachtliche Abmagerung.
Der DQnndarm war mit hellbraunen, stellenweise etwas rotlich tingierten
flflssigen Massen gefilllt, die Peyerschen Plaques bis linsen-
groB, nahmen stellenweise den grbBten Teil des Darm-
lumens ein, deren Oberfl&che war mit kleinen lochfbr-
migen Substanzverlusten wie mit Stecknadelstichen dicht
bes&t.
Das Coecum enorm dilatiert, in demselben breiige, gelblich-grflne
Kotmassen, ebensolche im Dickdarm; in letzterem nirgends geformter
Kot Die Milz auf das 5—lOfache ihres Normalvolumens vergroBert,
die Pulpa weich, leicht zerreiBlich, sehr blutreich. Die Leber etwas
vergroBert, sehr blutreich. Die Mesenterialdrflsen betrachtlich vergroBert,
bis zu Stecknadelkopf- und HirsekorngrSBe. Das Herz klein, schlaff.
Die Lungen stellenweise hyperamisch, jedoch lufthaltig.
Aus dem Darme wurden sp&rliche Typhusbacillen geziichtet, ebenso
aus der Milz. Die Kolonieen wuchsen sehr langsam, entwickelten sich
spat und sparlich. Agarstrichkulturen aus der Milz zeigten bei 37°
erst am 3. Tage sp&rliche, vereinzelt stehende Kolonieen. Die Bacillen
waren wenig beweglich. Agglomeration wie beim Ausgangsmaterial mit
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Bertarelli, Ueber einen ziemlich seltenen Tuberkelsputumbefund. 411
demselben Typhusimmunserum 1 : 15000; eine weitere Ueberirapfung
dieser Bacillen auf NShrbflden gelang flberhaupt nicht mehr.
Bei diesen Versuchen *) fillt sofort der ganz betrichtliche Unter-
schied auf, welcher zwischen der Erkrankung der Ratten durch Typhus-
bacillen und der durch C o 1 i - Bacillen hervorgerufenen besteht. Zweifellos
wares die durch Eier gezflchteten Typhusbacillen ungleich weniger viru¬
lent fflr Ratten als die in gleicher Weise gezflchteten Coli-Bacillen.
Ob nicht die Virulenz der Typhusbacillen fflr Ratten durch andere
Methoden gesteigert werden kann, mud vorlfiufig dahingestellt bleiben.
Dali aber trotzdem eine todliche Infektion, wenn auch nach einer
weiteren sp&teren Darreichung, also durch eineAdditionalinfektion,
erfolgte, beweist, dad die Ratten an Typhusinfektion erkranken
kdnnen, welche unter Umst&nden ein Sektionsbild her-
vorruft, welches von dem der charakteristischen Typhus¬
infektion beim Menschen fast gar nicht abweicht, w&hrend
das durch virulente Danysz- oder andere Colikulturen hervor-
gerufene Bild wesentlich anders erscheint. Bei letzterem treten doch
zumeist die Erscheinungen einer Septikimie in den Vordergrund, und
zwar um so deutlicher, je kttrzer die Krankheitsdauer war.
Rattenepizootieen werden nach diesen Ergebnissen durch vom Men¬
schen stammende Typhuskulturen vorlflufig kaum hervorgerufen werden
kflnnen, wohl aber wird man die Frage aufwerfen mflssen, ob die
Ratten nicht etwa beiVerbreitungvonTyphusepidemieen
eine gewisse Rolle spielen. Denn bei dem Umstande, als diese
gefr&fiigen Tiere in den Kan&len den menschlichen Kot durchwflhlen,
die etwa verschlungenen menschlichen Typhusbacillen 1 Monat und
linger mit sich herumtragen und mit ihren Exkrementen an den ver-
schiedensten Orten deponieren konnen, ist der Gedanke gewifi nicht von
der Hand zu weisen, dafi Nahruugsmittel Oder Trinkwasser,
durch Vermittelung der Ratten infiziert, dann von
Menschen aufgenommen werden und bei denselben eine
Infektion hervorrufen kdnnen.
Nachdruck verboten.
Ueber einen ziemlich seltenen Tuberkelsputumbefund.
[Hygienisches Institut der Konigl. Universitflt Turin. Direktor: Prof.
L. Pagliani.]
Von Dr. E. Bertarelli, Privatdozent.
In dem von einem Schwindsflchtigen des Spitals S. Luigi zu Turin
entstammenden Tuberkelsputum, das unter die Schfller des Laboratoriums
zu den gewohnlichen Uebungen verteilt worden war, konnte ich einen
ziemlich aufiergewdhnlichen bakteriologischen Befund verzeichnen, der
kurz angedeutet zu werden verdient.
Das Sputum kam von dem 30-jihrigen Gesangskttnstler 0. G., der
an sehr schwerer Lungentuberkulose litt und nicht lange nach der Prfl-
fung nachbeschriebenen Sputums verstarb. Dieses Sputum hatte nun
auf den ersten Blick den gewohnlichen Charakter des Tuberkelsputums,
sofort aber nach den ersten, von den Schttlern hergerichteten Prflpa-
1) Dieselben werden nach jeder Richtung fortgesetzt.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
r&ten liefi sich feststellen, daB es eine absolute Reinkultur von
Tuberkelbacillen war. Die gewflhnlichen Elemente (Leukocyten,
elastische Fasern etc.) des tuberkuldsen Auswurfs fehlen fast vollstflndig,
im Gesichtsfelde aller Praparate fanden sich nur Myriaden von typischen
Kochschen Bacillen. Im Durchschnitt konnte man einige Tausend auf
jedem mikroskopischen Felde zflhlen. Die Bacillen selbst waren eher
kurz and ziemlich zerstilckt. Bei der Fflrbung (Farbung nach Ziehl
und Differentialfarbung Baumgartens) war ihr Verhalten das der
Tuberkelbacillen im allgemeinen.
Beobachtete man das Sputum jedoch etwas aufmerksamer, so war
es nicht schwer, in dem Schleime kugelfdrmige Kflrperchen von blaB-
gelber, zuweilen gr&ulicher Farbe zu erblicken, die sofort an die cha-
rakteristischen Anschwemmungen des Actinomyces bovis in den
Tumoren des Bindes erinnerten. Diese Kflgelchen waren ziemlich resi-
stent und konnten im Wasser leicht so lange geschlagen werden, bis
der sie umgebende Schleim vollst&ndig abgewaschen war. Drflckte man
sie zusammen, so zeigte sich dabei eine typische talgartige Widerstands-
fahigkeit; unter dem Mikroskope wurdcn sie als starkdichte Anh&ufungen
von ziemlich zerstfickten Tuberkelbacillen erkannt.
Solche Kflgelchen Oder Bacillarzoogloen waren in groBer Zahl vor-
handen. Ihr Durchmesser schwankt zwischen der GroBe eines Senf-
samenkornes und der eines groBen Hirsekornes.
An den 2 nachfolgenden Morgen fand sich noch eine groBe Anzahl
solcher Kflgelchen; der Sputumbefund war konstant der einer wirk-
lichen Tuberkelbacillen-Reinkultur.
Mit derartigem Sputum versuchte ich eine kulturelle Isolierung auf
glyceriniertem Serum und Blutagar; vermittelst Ausstrichen mit der
Oese entnommener und in sterilisiertem Wasser gewaschener Kflgelchen
erhielt ich ohne Schwierigkeit eine typische Tuberkelbacillenkultur. Die
an Meerschweinchen vorgenommene subkutane Injektion best&tigte ebenso
unzweifelhaft die tuberkulflse Natur des Sputums.
Ein derartiger Befund scheint mir nun zum mindesten nicht gar oft
beobachtet worden zu sein. Einige Autoren sprechen zwar von tuber-
kulosem Sputum mit auBerst zahlreichen K o c h schen Bacillen und auch
im Handbuch von Flflgge findet sich eine hierauf bezflgliche inter-
essante Abbildung, aber der Fall eines Sputums (und das meine war
sofort vom Patienten weg examiniert worden), das eine wahre und voile
Reinkultur darstellt, darf zweifellos als sehr selten bezeichnet werden.
Der Befund selbst bereitet nun (wenigstens hinsichtlich der Uberaus
groBen Anzahl von Bacillen) natflrlich keine Interpretationsschwierig-
keiten.
Schwieriger ist schon zu erklaren das Warum der kugelartigen,
Bacillarzoogloen bildenden Korperchen, die nur schlecht mit dem phthiso-
genen InvasionsprozeB im Lungengewebe zusammenpassen. Interessant
bleibt die Tatsache nun aber gerade, wenn man sich vergegenwartigt,
daB dieser Befund einen ueuen Beitrag liefert zu Annflherung der Tu¬
berkelbacillen an die Gruppe der Streptothricheen und besonders an die
Familie Actinomyces, eben weil dadurch zu Tage tritt, daB in
seltenen Fallen auch der Tuberkelbacillus im Organismus die typische
Disposition von kugeligen Anhflufungen annehmen kann, die der Rinder-
aktinomykose eigen ist.
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel4e et l’Epith41ioma claveleux. 413
Nachdruck verboten.
Les Epitheliomas parasitaires. La clavelee et
l’Epithelioma claveleux.
Par F. J. Bose, Professeur & l’universitb de Montpellier.
Avec 3 planches et 6 figures.
Aucune des preuves regardbes comme nbcessaires pour btablir la
nature parasitaire d’une maladie n’a pu etre fournie pour le cancer:
Les cultures sont demeur4es infructueuses, les inoculations ont 4t4 4
peu prbs constamment n4gatives et, parmi les figures observ4es dans
les tissus cancbreux on n’en a point trouv4es qui soient consid4r4es
comme d4finitivement caractbristiques d’un parasite.
On pourrait expliquer cet 4chec par la difficult4 extreme des
recherches et il serait possible de mettre en avant des faits favorables
k la th4orie parasitaire et qui reinvent de l’exp4riu)entation comme de
l’btiologie et de la symptomatologie. Mais la valeur de ces faits se
trouve diminu4e par l’etude microscopique des tumeurs qui montre que
les caractbres histologiques des n4oplasies canc4reuses demeurent tout
a fait sp4ciaux et ne peuvent 4tre compar4s k aucun des processus que
les parasites connus sont susceptibles de produire. C’est ce qui a fait
dire que „tant qu’on n’anra pas montr4 que des parasites sont capables
de d4terminer, dans les tissus, des factions susceptibles d’aboutir it
une n4oformation de tissu 4pith41ial, l’bypothbse de la nature parasitaire
des cancers 4pith41iaux ne possbde aucun fondementb. son actif“ (Cazin).
Depuis 1896 nous avons commencb nos recherches pour savoir s’il
n’existait pas, chez l’homme ou les animaux, un type morbide qui, de
nature indiscutablement parasitaire, prbsentat des lbsions identiques k
celles du cancer.
L’examen des faits nous amena tout d’abord & admettre que si,
parmi les parasites connus, certains peuvent exciter & un haut degr4 la
prolif4ration des cellules, aucun n’est susceptible de donner naissance it
des prolif4rations bpithbliales de m4me ordre que celles du cancer.
Nous pensbmes alors b. faire porter nos recherches sur ces maladies
qui, comme la variole, la vaccine, la fibvre apbteuse, la syphilis ... sont
essentiellement virulentes mais dont le parasite, malgr4 son abondance
dans les 14sions, avait 4chapp4 cependant it toutes les investigations.
Nous remarqu&mes que toutes ces maladies non class4es et si dis¬
parates au premier abord sont rapproch4es par des traits sp4ciaux de
leur symptomatology et de leur 4volution, en particular par la formation
de petites tumeurs capables dese g4n4raliser et que l’on d4signe sous le
nom de pustules. L’4tude histologique des pustules de variole et de vaccine
nous montra alors, comme 14sion essentielle, une prolif4ration 4pith41iale
b tendance envahissante et d4sorient4e, avec formation de globes bpi-
dermiques. Mais ces 14sions 4taient trop peu 4tendues et trop fugaces. En
cherchant parmi les maladies similaires, la clavel4e ou variole du mouton
nous frappa par le volume et la durbe des 14sions. L’btude des pustules
claveleuses cutan4es nous montra que les 14sions 4taient caract4ris4es
par une prolif4ration 4pith41iale qui revetait les caractbres typiques de
l’4pith41ioma malpighien et qu’elles renfermaient des inclusions de meme
ordre que celles qui existent dans la vaccine, dans la variole et dans
les cancers bpithbliaux. Dbs 1901 nous exposions nos recherches dans
un premibr mbmoire (Archives de m4decine expbrimentale. Mai 1901)
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
et, alors que le fait n’etait soupcjonne de personne, nous
etablissions, en nous basant non seulement sur les inclusions mais sur
l’etude des lesions, l’existence d'un groups de maladies para-
sitaires capables de produire les lesions du cancer 6pi¬
th ^ 1 i a 1 et nous faisions entrer le cancer dans le cadre des maladies
virulentes inflammatoires. Quand done Borrel vient declarer dans un
m£moire du 25 fevrier 1903 que nous n'avons songe it grouper les
maladies qu’en tenant compte de la presence de parasites „douteux“
et quand il veut, apr&s toutes nos publications de 1902 et notre article
document^ de la Presse m6dicale (14 fev. 1903), se donner le mdrite de
faire un groupement en rapport avec les lesions, notre memoire de 1901
oppose le dementi le plus formel A ses insinuations.
Je ne citerai, entre vingt, qu’un passage de ce memoire de 1901:
„Nous avons fait remarquer avec insistance la similitude des neoformations
epitheiiales, dans la variole, dans la vaccine et surtout dans la clavele6
avec l’6pith61ioma cutane. Plus Involution des pustules est lente et &
l’abri de l’infection microbienne et plus leur coupe ressemble 4 celle
d’une coupe d epithelioma; les globes dpidermiques peuvent Stre excessive-
men t nombreux au point de se toucher presque“ (p. 305).
Poursuivant mdthodiquement nos recherches nous abordions des le
mois d’avril 1901, aprfes l’etude des pustules cutan4es et corndennes
celle des pustules claveleuses de generalisation dans les divers organes
en particulier dans le poumon, l’estomac et le foie. D4j& nous avions
note en passant, le caractfere special de la lesion pulmonaire. „Les
nodules broncho-pneumoniques ont l’aspect de grains de sagou ou de
noyaux naerds, brillants, durs, ench&sses dans le tissu pulmonaire . . .
au microscope il s'agit d'un processus particulier de pneumonie
proliferative. Dans les cellules epitheiiales des alveoles
hyperplasiees ou rencontre des inclusions . . . .“ (p. 272). Une
experimentation trfes etendue portant sur plus de 100 moutons nous
permit de recueillir, dans les conditions les plus variees, un materiel
trbs considerable. Aprfes dix mois de recherches microscopiques suivies,
nous exposions, le 1" fevrier 1902, dans trois communications i la Societe
de biologie, le resume de nos resultats. Nous montrions que les lesions
pustuleuses des organes sont, aussi nettement que celles de la peau,
caracterisees par une proliferation epitheiiale capable d’aboutir 4 l’ade-
nome et & l’adeno-epitheiioroe ‘). Nous montrions egalement qu’il existe,
dans le protoplasma des cellules proliferees, des inclusions abondantes,
d’une structure precise et dont la nature parasitaire etait vrai-
semblable.
Dans le cours de l’annee 1902 nous demontrions (notes k la Soc.
de biologie) que le virus claveleux peut determiner des tumeurs
veritables, en particulier dans la mamelle, et realiser, au point de vue
histologique non seulement des proliferations epitheiiales glandulaires,
caracteristiques de l’adenome et de l’adeno-epitheiiome mais des formations
neoplasiques epitheiiomateuses typiques et meme atypiques (4pitheiiome
et carcinome claveleux). Nous etablissions egalement la virulence du
sang, la formule leucocytaire, le mode devolution des lesions et arrivions
it la conception du role defensif de la proliferation epitheiiale qui con-
stitue la tumeur.
1) Nous montrions ce m&me jour, & la Societe dc Biologie et au Professeur Cornil,
dans son Laboratoire, notre serie de preparations; nous eQmes le plaisir de constater
que l’opinion que nous avions emise dix mois auparavant, etait acceptee avec faveur.
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Bose, Lea Epitheliomas parasitaires. La claveiee et FEpitheiioma claveleux. 415
Nous aboutissious ainsi k cette conclusion legitime: II existe un
Epithelioma claveleux et, comme le virus claveleux produit une
maladie gSiterale et provoque, dans tous les points de l’organisme oh il
p6n£tre une reaction proliteratrice de caractfcre n4oplasique, cet epithelioma
ouvre bien le groupe des Epitheliomas parasitaires.
Nous avons tenu k presenter ce resume de nos recherches pour en
montrer la port6e generate et pour en etablir la filiation x ), pour etablir,
en particulier, que nos etudes histologiques sur les pustules de la variole,
de la vaccine et de la clavetee (memoire de 1901) demeurent l’unique
et solide point de depart de toutes nos recherches cons6cutives et des
recherches des autres auteurs. Elies nous ont permis de constituer un
nouveau groupe morbide, de rattacher au processus inflammatoire des
proliferations purement 6pith61iales, de r6unir dans un mSme groupe des
maladies en apparence trfes dissemblables, enfin de faire entrer le cancer
dans les maladies parasitaires. Nous avons fait l’expose g6n6ral
de nos id6es dans le memoire de la Presse medicate que nous in-
diquious plus haut (14 fevrier 1903).
Nous diviserons ce travail en trois parties: dans la premtere nous
etudierons les lesions claveleuses; dans la seconde nous nous occuperons
du virus claveleux et de la recherche du parasite; dans la troisteme,
nous envisagerons la signification des proliferations epitheiiales et la
place que doit occuper le cancer dans l’ensemble du processus in¬
flammatoire.
I. Les lesions.
La clavetee est une maladie virulente qui debute par un accident
local (pustule, chancre, tumeur d’inoculation) et qui, le plus souvent, se
generalise k toute l’economie par la voie sanguine (septic6mie) pour
donner naissance k une eruption de pustules. Ces pustules peuvent se
generaliser k tous les organes et k tous les tissus avec une intensity
variable pour tel organe suivant la porte d’entrSe du virus; mais la tesion
pustuleuse peut etre limitee k l’accident local. L’activite du virus et
la resistance de l’animal sont des conditions importantes pour revolution
et les caracthres histologiques de ces lesions; e’est ainsi que nous avons
obtenu les plus belles tesions 6pitheiiomateuses du poumon chez un
mouton resistant qui ne mourut qu’au trentteme jour aprfcs l’inoculation
d’un virus trfcs actif.
Technique g6n6rale.
1. Pour les coupes: fixations de fragments de tissue vivants dans le Flemming
fort, le Tellyesniezki et le sublime.
A. Apres le Flemming nous avons use des colorations suivantes:
a) Sa franine anilinee ouph6niqu6e suivie de picro-indigo-carmin: on
laisse agir la premiere 15 minutes, la seconde 5 & 10 minutes aprfes chauffage jusqu’it
vapeure; laver k grande eau, colorer 20 minutes k froid ou 5 minutes k chaud avec la
solution de picro-indigo-carmin,
solution aqueuse satur^e d’acide picrique, un volume
„ „ „ de carmin dlndigo en poudre, deux volumes
laver, passer la 6&*ie des alcools rapidement, enlever Texces de safranine k Falcool absolu,
achever la decoloration par l’essence de girofle, en suivant au microscope; monter dans
le baume.
b) Rouge de magenta phenique suivi de picro-indigo-carmin: suivre
les memes regies que pour la methode pr4c4dente, en £vitant de laisser agir le rouge
plus de cinq minutes, si on chauffe.
1) Nous sommes bien oblige d’etablir les faits lorsque Ton constate les efforts que
fait Borrel dans un memoire cependant tout recent (Ann. Inst. Pasteur. 25 fev. 1903)
pour s’attribuer, en ne nous citant m^me pas, tout le merite de ces recherches.
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Centralbl. f. Bakt, etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
c) La safranine-induline donne les m&nes resultats (voir F. J. Bose, Le
cancer. Paris 1898).
d) La m£thode de Benda modifi£e de la fa$on suivante donne les meilleurs
rdsultats: colorer avec le rouge de magenta ph£nique, cinq minutes, aprfes chauffage
jusqu’li vapeurs; layer; faire agir la solution ae vert lumibre,
Vert lumifcre 2 grammes 50
Eau distill6e 100 cent, cubes
Alcool k 90° C 100 „
tant que la coupe edde du rouge; sdeber au buvard, d&olorer k 1’alcool absolu, puis
achever la decoloration k 1’essence de Bergamote, en suivant au microscope; monter dans
le baume. Le rouge de magenta ph6niqu6 se fixe trfcs fortement et on peut suivre, k
l’aise, la decoloration et l’amener au point que Ton vent.
B. Aprbs le Tellyesniczki, la coloration de choix estcellede l’h^matoxyline
ferrique suivie d’eosine ou de van Gieson. La methode rapide suivante donnera
de bons r&ultats: alun ferrique, dix minutes aprfcs deux chaunages jusqu’ft vapeur;
laver k l’eau attentiveraent; hematoxyline 15 minutes, aprfes chauffage; laver, decolorer
par l’alun ferrique k froid, en suivant au microscope; laver, colorer par l’eosine ou le
van Gieson dedouble: On peut employer egalement la coloration par la safranine et
le picro-indigo-carmin, mais les resultats sont m4diocres. Le triacide d’Ehrlich donne
de w>ns resultats.
C. Fixations par le sublimA Les colorations de choix sont l’hdmat&ne suivie
d’Sosine ou de van Gieson, le triacide d’Ehrlich, la thionine ph6niqu6e et, en
gdn^ral, toutes les colorations microbiennes. Pour le triacide on suivra les rfcgles que
nous avons d6j& indiqudes (8oc. de biol. et Arch, de m4d. exp. Mai. 1901).
2. R&clages de pustule fix£s sur lamelles. — Aprbs avoir ras6 trfes
soigneusement une pustule claveleuse cutan^e au 8. jour, ou enlfeve, en frottant avec un
conteau, la couche epidermique superficielle n6cros6e; la surface mise et qui repr&ente
la proliferation 6pith61iale fournit, par un r&clage d^licat avec un rasoir tres eml6, une
fine Emulsion de cellules £pith£liales. Ce produit de raclage est 6tal6 rapidement en
couche trfcs mince sur une lamelle qui aussit6t, car il est essentiel de ne pas
provoquer de dessication, est retournee sur du Flemming fort oil on la laisse
sumager 48 heures. On pr^parera ainsi un assez grand nombre de lamelles car une
partie de l’cnduit peut ee detacher au moment de l’immersion dans le Flemming et
ce n’est qu’aprfcs coloration que l’on pourra juger des preparations utilisables. Aprfcs
s^jour dans le Flemming, lavage & l’eau de 24 heures, coloration par la safranine
anilin^e ou ph6niqu6e ou le R. de magenta suivis de picro-indigo-carmin. Cette m£thode
que nous employons methodiquement depuis 1898 donne des preparations parfaites
au point de vue de la nettete de la fixation des cellules et des inclusions et ae l’eiection
precise de la safranine, si l’on porte une grande attention k la decoloration.
La methode de Laveran ne donne ici que de mauvais resultats: la dessication
prealable deforme coropRtement les inclusions et peut permettre toutes les interpretations
ainsi que le demontrent les figures publiees par Borrel 1 ).
A cot6 des lesions pustuleuses limit^es qui sont la manifestation de
Taction directe du virus, la clavele6 produit des 16sions d6g6n6ratives
intenses et 6tendues, probablement d’ordre toxique et que nous n’6tudierons
pas ici 2 ).
Quelle que soit leur localisation, les pustules pr6sentent toutes un
caractfcre histologique fondamental qui est la proliferation suivie de
desorientation des cellules 6pitheliales. Nous limiterons notre etude
actuelle aux neoformations claveleuses k point de depart epithelial,
reservant pour une publication ulterieure l’etude des pustules et des
turaeurs k point de depart conjonctif.
1) Nous aurions 4U5 heureux de voir Borrel, lorsau’il rapporte cette m4thode de
la fixation des r&clages par le Flemming, nous citer. Nous l’avions indiqu^e en partie
dans notre note du 1" fevrier 1902 k la Society de biologie, nous ^servant d’y revenir
dans notre Mlmoire g£n£ral; en outre, le 1 tevrier 1902, k l’lnstitut Pasteur, alors que
Borrel soutenait que cette methode que nous lui indiquions ne pouvait donner que des
figures fausses dties a l’&datement en boule des leucocytes tandis que la methode de
Laveran 6tait parfaite, nous lui affirmions au contraire que la m4thode de Laveran
ne donnait ici que des fixations tree mauvaises k cause de la dessication prdalable.
Nous vovons avec plaisir que Borrel est revenu, dans son m^moire, de sa 1* opinion.
2) Nous renvoyons pour l’&ude synipt6matique et 16sionnelle complete de la clavel£e
& un m^moire g6n«$ral qui paraltra bient6t.
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavefee et l’Epitlfelioma claveleux. 417
A. Lesions cutanees.
La pustule d’inoculation cutaifee d6bute vers le milieu du 3 e jour
par une macule qui au 4. jour devient saillante. Au 7. jour, la pustule
a le diametre d’une pifece de un et de 2 francs, parfois de 5 francs (face
inferieure de la queue pr£s de l’anus); elle fait une saillie en bouclier,
pr^sente une surface lisse, tendue, violacee au centre, rouge sombre sur
les bords. Jusqu’au 9 C ou 10. jour, la pustule est dure puis elle se
ramollit suivant un processus v^siculeux; elle s’61imine par dessication
ou par necrose humide du 18. au 25. jour.
Sur la coupe, la pustule, au 8. jour, prSsente l’aspect d’une veritable
petite tumeur qui d’abord n6e de l’^pithelium (examen au 3., 4. et
5. jours) fait saillie au dehors, en merae temps qu’elle pen6tre profond6-
ment dans le tissu conjonctif sous jacent.
Examen histologique. Le d6but se marque
qui se fait aux d^pens d'es * cellules malpighiennes de ?a
par une proliferation 4pith£liale
couche de rev&ement. Lors
que la pustule est*arriv£e k son plein d^veloppement, elle est constitute (figure 1) sur-
tout, par la proliferation epitheiiale qui porte maintenant non seulement sur l’tpithtlium
de revetement, mais sur lfepithtlium des glandes stbactes ayant fait retour au type
malpighien (seb t figure 1). A la ptriphtrie on voit progressed la pustule aux depens ae
repitheiium normal qui donne naissance k des formations papillomateuses; celles-ci se
reunissent s’etendent et forment de larges nappes tpitheliales dont les bourgeonnements
profonds ptnttrent le tissu conjonctif en transformation embryonnaire. Autour de ces
Dourgeonnements les plus profonds de la partie centrale (la plus avancte) de la pustule,
la membrane basale et la couche bordante des cellules prismatiques peuvent avoir
totalement disparu (figure 1, proli). Les cellules dtsorienttes dans toute rttendue de la
proliferation et jusque sur les bords des bourgeons profonds, avec des karyokintses A.
direction, anormale ptnttrent, en ces points, les espaces conjonctifs sous forme de pointes,
d’amas, ou de lobules isolts (figure 1, tra, tra et lobu, lobu). Si Ton suit revolution des
Itsions cellulaires on constate que les cellules presentent une hypertrophie claire, parfois
colossale, et subissent un processus intense ae ktratinisation non seulement vers la
surface (figure 1, de, de) mais encore sous forme de foyers nombreux qui aboutissent k
la formation de spherules, de globes epidermiques (glo, glo, figure 1) de placards keratiques
et A une desorientation totale. Une partie des cellules en transformation claire subissent
un processus de dtgtntrescence aqueuse ou keratohydropique aboutissant & leur destruction
et a la formation ae vesicules ( ve, ve, ves, figure 1).
Dans l’intervalle des bourgeons tpilhehaux, le tissu conjonctif infiltre de lymphe
(ed, figure 1), renferme d’tnormes cellules irregulitres (cla, figure 1) que nous *avions
atjA dtcrites et figure dans noire mtmoire de Mai 1901; ce sont des cellules d’origine
conjonctives (cellules fixes et cellules endothtliales) que nous avons designees sous le
nom de grandes cellules claveleuses (C. R. Soc. Biol. 2 fev. 1902) [el, fig. 17,
pi. II]. Elies peuvent s’entasser dans les espaces conjouctifs dissocits et prendre un
aspect tpithtlial (tco, tcor, figure 1) au point qu’il est trfcs difficile de les distinguer des
bourgeons tpithtliaux voisins. Le tissu conjonctif renferme tgalement k partir du 5. jour
surtout des mononucltaires de moyen et de grand volume, des lymphocytes (mo, fig. 17,
pi. II) et des mastzellen. Les vaisseaux anciens et les nombreux vaisseaux de nouvelle
formation sont le sitge d’un processus trfcs actif d’endoptrivaacularite ( va, figure 1). Les
? ;landes sudoripares prtsentent tgalement des lesions de proliferation tpithtliaie (sudo r
igure 1).
II est utile d’ttudier les plus importantes de ces lesions, A un fort grossissement:
a) Hypertrophie et transformation claire. — Dbs leur division, les
cellules tpiihtliales s^hypertrophient et deviennent claires et rtfringentes; la rtticulum
E rotoplasmique devient ae plus en plus fin puis se dtsagrtge en certains points (voyex
» cellules ae la fig. 15, pi. II) pour aboutir a la formation d’une ou plusieurs vacuoles
(a, fig. 15, pi. II) qui se rtumssant constituent la grande cellule hydropique k gros
noyau vtsiculeux. Cette cellule, lorsqu’elle n’a pas subi de dtgtntrescence ktratique,
aboutit k la destruction vtsiculeuse totale (degenerescence aqueuse ou granuleuse)
[ve, ves, fig. 1, pi. II.
b) La transformation cornee vers la surface (figure 1 et pi. I, fig. 1) est,
de tous points, comparable k celle que Ton observe dans l’tpithtlioma pavimenteux: le
spongioplasma des cellules malpighiennes se condense, devient filaraenteux et opaque, les
filaments de passage s’tpaississent, la chromatine du noyau forme une masse hyper-
chromatique (c, c, fig. 1, pi. I) qui diminue en suite de volume et se disperse dans le
protoplasma en fines granulations ( d, d, fig. 1, pi. I). Arrives vers la surface, les
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 27 ^
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
cellules s’aplatissent, perdent toute trace de noyau et s’iliminent sous forme de lamelles
cornies ( co, co, fig. 1. pi. I). Un grand nombre de cellules subissent en mime temps
cue la transformation kiratique, une hydropisie partielle ou rotate qui dissocie tes
filaments protoplasmiques et peut faire subir a la cellule entourie par une coque kira¬
tique, dfie en partie h la condensation des filaments de passage, une distension utricul&ire
{degenirescence kirato-hydropique).
c) Foyers de kiratinisation, spherules et globes ipidermiques;
disorientation: La disorientation des cellules prolifiries se marque die le dibut;
de
no 8udo conj
Figure 1. Coupe de pustule cutanie au 13jour. — de , de desquamation
cornie superficielle; re visiculation; rex visiculation profonde microbienne; glo, glob
globes ipidermiques et foyers de kiratinisation se prolongeant dans la profondeur de la
proliferation ipithiliale; »eb proliferation des cellules des glandes sibulies ayant fait
retour complet au type malpighien, presentant de nombreux globes et se confondant
avec la prolifiration de l’ipithilium de revetement pour former de yastes nappes ipithi-
liales k bourgeonnoment profond (y*ro); proli prolifiration en nappes tris proiondes, dis¬
orientates k nombreux globes ipidermiques et pinitrant les espaces conjonctifs sous forme
de bourgeons, de trafnies, de points dipourvues de basale (tra, tra, tra)\ tear boyaux
formis de grandes cellules clave]euses qu’il est difficile de diffirencier des boyaux ipi-
thiliaux; ed tissu conjonctif oedimalie renfermant de grandes cellules claveleuses isolies
( cla ) ou riunies en amas dans les espaces conionctifs ( tco ); gs proliferation ipithiliale
k globes ipidermiques diveloppie aux dipens (le la gaine d’un poll profond (po); lobu,
lobu lobules ipithiliaux profonas & globes ipidermiques, dipourvus de basale; lobul lobule
ipithilial tris profond nettement diveloppe dans un espace conjonctif; xudo glandes
sudoriparcs dilaties k ipitkilium prolifiri; no, no nodules tissu conjonctif deux; conj
grandes cellules claveleuse profondes: va vaisseau avec endopirivascularite intense; ar
artire.
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel4e et I’Epitheiioma claveleux. 419
elle trouve son expression la plus £lev£e dans les spherules et les globes 6pidermiques
volumineux parfois tellement abondants qu’ils sont en contact les uns avec les autre
sur toute P6tendue de la coupe (figure 1 et pi. I, fig. 1, glo). Ces globes ne pr£sentent
aucune difference de structure avec ceux qui existent dans les epitheliomas malpighiens
lobules et, on peut suivre toutes les modifications que Ton a decrites dans les globes
des epitheliomas (aspect de la cellule centrale et des cellules imbriqu^es, d6g6ndrescence
keratocolloide d’une ou plusieurs des cellules centrales ou transformation nydropique,
globes composes . . . etc.).
d) La degenerescence colloido-cornee peut atteindre non seulement la
cellule centrale des globes, mais encore des cellules isolves, des amas ou des trainees
de cellules. Elle peut £tre partielle ou bien totale, figeant la cellule dans sa forme
(x, fig. 1, pi. I) ou determinant, par liquefaction, la formation de figures pseudopodiquee.
e) Les inclusions d’uue cellule dans une autre sont fr^quentes; la
cellule incluse peut subir une degeneration colloido-cornee constituant un petit bloc qui
prend Fapparence d’un corps intracellulaire.
Nous insistons sur les lesions du noyau des cellules epitheiiales qui se marquent
des le debut de Thypertrophie cellulaire. Elies consistent essentiellement en une
distension vesiculeuse avec condensation de la chromatine (fig. 1 k 16,
pL II). Dans le noyau vesiculeux les filaments du reseau chromatique 8’etirent, se
rompent, se condensent en une ou plusieurs boules opaques ou s’etalent en anneau sur
la face interne de la membrane. Les boules finissent par ne plus se laisser colorer par
les colorant nucldaires, puis la membrane se plisse (np, fig. 1, pi. I) vidant son contenu
dans la vacuole protoplasmique.
Les lesions du noyau de la grande cellule claveleuse conjonctive (n, nv, fig. 17,
pL II) sont identiques aux pr4cddentes de meme que les lesions de la cellule dans son
ensemble (C. R. Soc. Biol. 2 fev. 1903).
On voit done que les lesions de la pustule cutanSe d’inoculation
aboutissent k la formation d’un veritable epithelioma pavimenteux k
globes epidermiques. Les pustules de generalisation developpees au
niveau des commissures labiales ou de la langue donnent, dans le cas
oil elles sont bien developp6es, des figures encore plus demonstratives
que celles de la pustule d’inoculation.
. B. Lesions de la cornee.
Nous avons etudie des pustules spontanees bien preferables pour
l’etude aux pustules corneennes d’inoculation: formant d’abord une tache
opaline elles font une saillie qui devient blanchatre et peut prendre le
volume d’une tr&s grosse lentille.
Au microscope, on constate ici facilement que le debut de la prolife¬
ration est strictement epithelial. L’epithelium proliffcre et forme des bourgeons
qui se reunissent, constituent des nappes epitheiiales lesquelles envoient dans tous les
sens, k travers les lames corneennes, des prolongements filiformes ou ramifies, des
bourgeons et des lobules. Bientot la cornee se vascularise et la penetration des bour-
geonnements cellulaires est precedee par une transformation embrvonnaire neovasculaire.
On constate au niveau de ces neoformations epitheiiales, les m£mes lesions des
cellules que pour ia peau: hypertrophie claire, transformation keratique vers la surface,
desorientation avec evolution de foyers keratiques vers le globe epidermique typique,
degenerescences keratocolloide et vesiculeuse. La disparition precoce de la basale, et des
cellules prismatiques bordantes, la desorientation des cellules dans tous les points de la
proliferation, le caractfcre envahissant de cette proliferation epitheiiale sous forme de
pointes, de bourgeons et de lobules qui penetrent dans tous les sens les espace6 corneens, .
evoquent les caracteres histologiques les plus precis de epithelioma pavimenteux.
C. Lesions de l’estomac.
Elles si^gent surtout au Diveau du rumen; elles sont assez frequentes
au niveau de la caillette.
1. Rumen. On peut dire que toutes les fois ou il y a une eruption
cutanee gen6ralis6e, il existe, a partir du 12° jour, une eruption pustu-
leuse du rumen. La surface interne de la cavit6 pr^sente de belles
pustules arrondies, dures, formant une saillie plate et qui se dStachent
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Centralbl. f. Bakt, etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
par leur couleur blanche et leur aspect lisse sur le fond brun et villeux
de la muqueuse. Elies sont du diamfetre d’une lentille k celui d’une
pifece de un franc; elles sont isol6es ou agminees en placards gaufres;
dans deux cas, nous les avons vues confluentes, sur toute la surface de
l’estomac. Les plus volumineuses pr^sentent une ombilication et parfois
une 16gfcre exulc^ration centrales. Elles ne sont entour^es d’aucune zone
congestive de sorte que certains estomacs claveleux rappelent trfes
nettement la zone de progression papuleuse de certains cancers de
l’estomac, chez Thom me.
A l’examen histologi qu e, la muqueuse du rumen 6tant un rev£tement du
type malpighien, nous retrouvons ici (figure 2) les lesions de la pustule cutan£e mais h
un degrd a’intensit^ et de nettete encore plus prononcd (C. R. Soc. Biol. 2 f£v. 1902).
La proliferation ddbute au niveau de l'6pith61ium des villosit^s; celles-ci s’Spaississent,
ddplissent et se confondent superficiellemeut en une seule masse saillante tout en envoyant
dans la profondeur de volumineux bourgeons papillomateux. Au niveau des pustules
bien d6velopp£es on a ainsi de vastes surfaces epith61iales en evolution k£ratique intense
vere la surface et qui dans leur 6paisseur pr^sentent une disorientation cellulaire tene¬
ment prononcie que les spherules et d’enormes globes ipidermiques, se touchent, se
pinitrent (figure 2), se compriment entrainant les cellules intermidiaires dans les
mo
Figure 2. Coupe d’une pustule de l’estomac (rumen). — Elle est con¬
stitute par une proliferation tpithtliale malpighien ne complement desorientte et criblte
de globes epidermiques (gl, glo) dont certaines cellules en dtgtntrescence ktrato-collolde
se liqutfient pour former des corps pseudopodiques intercellulaires ( mo, mo); parfois le
produit de degtntrescence intracellulaire s’etire hors de la cellule ( m ); cl grandes cellules
claires; de, de cellules dtsoriputees.
directions les plus diverses. I>es inclusions de cellules ipithiliales sont extr&mement
nombreuses; les degenerescences vesieuleuse, ktrato-collo’ide et colloide y sont trts actives
{mo, x figure 2) et donnent naissance k des formations pseudopodique inter (mo, mo
figure 2) ou intracellulaires (m figure 2). Dans la profondeur, la disparition de la
basale, la desorientation des cellules bordantes et des karyokincses, permettent de con-
stater avec une ncttete plus grande qu’au niveau de la peau la pinitration profonde de
la proliferation epi the lime sous forme de bourgeons de pointes, d’amas et de lobules
isolts. C'cst au niveau des pustules du rumen que la transformation embryonnaire qui
accompagne l’envahissement epithelial merite d’etre etudiee, par son intensity et par
l’abondance des neoformations vasculaires avec endoperivascularite.
(Fortsetzung folgt.)
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Lipstein, Ueber Immunisierung mit Diphtheriebacillen.
421
Nachdruck verboten .
Ueber Immunisierung mit Diphtheriebacillen.
[Aus dem Konigl. Institut fur experimentelle Therapie in Frankfurt a. M.,
Direktor Geh. Med.-Rat Prof. P. Ehrlich.]
Von Dr. A. Lipstein, ehemaligen Assistenten der bakteriol. Abteilung.
In einer frfiberen Mitteilung 1 ) fiber dasselbe Tema habe ich einige
Versuche, die Agglutination der Diphtheriebacillen betreffend, verdffent-
licht. Das zur Agglutination verwendete Immunserum wurde von
Kaninchen gewonnen, welche gegen Diphtheriebacillen immunisiert waren,
und zwar derart, dafi steigende Mengen von Diphtheriebacillen, mit
antitoxischem Serum versetzt, intraperitoneal injiziert wurden. Der Zu-
satz von Antitoxin war unbedingt notig, weil anders die Kaninchen der
Wirkung des von den eingespritzten Bacillen gebildeten Diphtherietoxins
erliegen; weiter sollte durch diese Methode verhindert werden, dafi reaktiv
im Kaninchenkfirper Antitoxin gebildet wird, um ein antitoxinfreies, nur
gegen die Bacillenleiber gerichtetes Immunserum zu erhalten. Einen
fihnlichen Weg ging Wassermann-’), als er nach Einspritzung eines
Aethylendiaminextraktes aus zerriebenen Diphtheriebacillenleibern unter
Zusatz von Antitoxion ein Kaninchen-Serum gewann, welches mit dem
Auszug der Bacillenleiber deutliche Prfizipitierungsreaktion ergab. Wie
das hier wiedergegebene Immunisierungsprotokoll zeigt, darf man die
Immunisierung mit grofien Mengen lebender Kultur beginnen und die-
selben in rascher Aufeinanderfolge steigern. Die zum Immunisieren ver¬
wendete DB.-Kultur No. 3 ist ffir Meerschweinchen sehr virulent und
totet bei subkutaner Infektion in der Menge von x / 80 Oese Meer¬
schweinchen von 250 g Gewicht.
Immunisierungsprotokoll.
Das Kaninchen erhalt am:
4. XI. 1902 '/ 2 Agarkultur DB. No. 3 s ) -f 400 Immunitiitseinheiten Antitoxin intraperitoneal
12. ^CI. j) 2 77 77 y ) 77 77 77
21. XI. „ '/« Mafien „ „ „ * „ v
30.X1. , 1 , , , , „ „ „
10. XII. „ wird das Tier entblutet.
Bei zwei anderen Tieren stieg ich im Laufe der Immunisierung
innerhalb 11 Wochen auf 3 Mafien Agarkulturen, sodafi die Tiere, da
jede der Mafienkulturen etwa 12 SchrSgagarr5hrchen entspricht, innerhalb
dieser kurzen Zeit 36 Agarkulturen virulenter Diphtheriebacillen erhalten
hatten, ohne dafi diese Prozedur auf das Aussehen oder Gewicht der
Tiere ungiinstig eingewirkt hatte. An der Einstichstelle entwickelt sich
5fter ein kleines derbes Infiltrat, weil etwas von der Bacillussuspension in
das subkutane Gewebe dringt, was sich nicht stets vermeiden lafit.
Selbst dann, als ich zum Immunisieren der Kaninchen einen fur Meer¬
schweinchen aufierst wenig pathogenen DB.-Stamm benutzte, entstand
bei dem subkutan immunisierten Tier eine grofie Nekrose, wahrend die
zum Vergleich intraperitoneal und intravenos vorbehandelten Tiere ge-
sund blieben. Demnach wird die, im allgemeinen zwar schonende,
1) Deutsche med. Wochenschr. 1902. No. 46.
2) Dtech. med. Wochenschr. 1902.
3) Die Kulturen werden in Kochsalzlosung aufgeschwemmt.
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422 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
korabinierte ImmunisieruDg von Bacillen plus Antitoxin doch vom
subkutanen Gewebe schlecht vertragen, so daft ich sp&ter die
Kaninchen ausschlieClich von der Bauch h6 hie immunisierte. Schon
in der frQheren Mitteilung flber agglutinierende Wirkung derart ge-
wonnener bakterieller Immunsera war ich auf Schwierigkeiten in der
Agglutinationsfrage gestoBen, die dazu gefuhrt hatten, eine Verschieden-
heit im Rezeptorenapparat der einzelnen Diphtheriestamme anzunehmen.
Bei Weiterfflhrung dieser Versuche bin ich in meiner Annahme noch
best&rkt worden. Im ganzen wurden 5 DB.-Stamme verschiedenster
Herkunft zum Immunisieren benutzt. In alien diesen Fallen wurde der
jeweils zum Immunisieren benutzte Stamm durch das ent-
sprechendelmmunserum in einerVerdiinnungvon 1:1000
kraftig agglutiniert, nachdem die Kaninchen Aufschwemmungen
von 1—2 MaBen Agarkulturen erhalten hatten. Sobald ich mich von der
. Wirksamkeit der Sera fiberzeugt hatte, priifte ich den EinfluB jedes
dieser Sera auf eine Reihe anderer Diphtheriestamme. Drei von den
untersuchten Immunseris agglutinierten andere Stamme spurweise Oder
ilberhaupt nicht, wie das in Tabelle I als Beispiel angeftthrte Serum
des mit dem Stamme 4 immunisierten Tieres zeigt:
Tabelle I.
Serumverdiinnung
Agglutinationswirkung des Immunserums gegeniiber:
Stamm
Stamm !
| Stamm
Stamm
Stamm
Stamm
1
2
3
4
5
| 6
1: 20
0
0
0
+ + +
0
+
1: 60
0
- 0
0
+ + +
0
0
1:180
0
0
0
+ + +
0
0
1:540
0
0
0
+ + +
0
0
Anmerkung. + + + bedeutet 6ehr starke Agglutination
+ + „ mittel „
+ „ schwache „
Durchaus anders aber verhielten sich die beiden Stamme No. 1 und
No. 2 0- Das gegen den Stamm 1 gerichtete Immunserum agglutinierte
auch den Stamm 2 in gleicher Serumverdiinnung, und ebenso wirkte
das Serum des gegen Stamm 2 immunisierten Tieres auf Stamm 1.
Weiter interessant war es, daB beide Immunsera auch anderen Stammen
gegeniiber gleiches Verhalten zeigen, wie Tabelle II zeigt.
Tabelle II.
Das gegen Stamm 1 gerichtete j
Immunserum eingestellt gegen:
Das gegen Stamm 2 gerichtete
Immunserum eingestellt gegen:
Serum-
r-i
<M
CO
lO ]
CM
CO
verdun nun g
0
a
B
e
B
B
a
a
8
a
1
s
B
B
a |
B
a
a
3
a
£
$
S
a
&
$
$
3
2
2
CO
co
m
CO
CO
1 n
CO
CO
CO
CO
1: 20
+ + +
+ + +
+ +
0
o
-J- + + I + + +
0
0
1: 60
+ + +
+ + +
+
0
0
+ + + ! + + +
+ + -f
0
0
1:180
+ + +
+ + + 1
4-
0 ;
0
+ + + ' + + +
+
0
0
1: 540 |
+++;++ +
0
o
1 0 1
+ + 4-I + + +
IT
0
0
1) Die Bezeichnung No. 1 und 2 ist der besseren Uebersicht wegen gewablt; es
sind diese beiden Stamme identisch mit den in der ersten Mitteilung als 861 und
Henuis bezeichneten Kulturen.
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Lip stein, Ueber Immunisierung mit Diphtheriebacillen.
423
Die beiden Stamme zeigen also eine weitgehende
Aehnlichkeit in ihrem Rezeptorenapparat; tibereinstimmend
damit bestebt anch in Saurebildung und Meerschweinchenvirulenz
zwischen diesen St&mmen kein deutlicher Unterschied, dagegen scheint
in der Lange der Bacillen vielleicht eine kleine Differenz vorhanden
zu sein.
Die wiedergegebenen Versuchsresultate, die mich dazu ffihren,
eine zum wenigsten quantative Verschiedenheit im Rezeptorenapparat
der einzelnen DB.-Stamme anzunehmen, stehen in einem gewissen Gegen-
satz zu den Resultaten von Lubowski 1 ) und von Schwoner 2 ),
welche mit einem einzigen Immunserum durchgehends Agglutination
samtlicher Diphtheriestfimme erzeugen konnten.
Dieser Widerspruch findet seine Erklarung und ist begriindet in
der verschiedenartigen Immunisierung. Das Serum, dessen sich Lubowski
zu seinen Agglutinationsversucben bediente, entstammte einer Ziege,
die bei der letzten Injektion die gewaltige Menge von 150 Serumplatten
einer atoxischen und avirulenten DB.-Kultur erhalten hatte. Trotzdem
agglutinierte es Diphtheriebacillen nur in starken Konzentrationen 1:20
und 1:40. Schwoner dagegen benutzte ein polyvalentes Serum von
einem Pferd, das er mit 12 verschiedenen Diphtheriestfimmen immunisiert
hatte. Seine Resultate, die sich prinzipiell mit denen Lubowskis
decken, sind ausgezeichnete; das angewandte Immunserum agglutinierte
Diphtheriebacillen noch in einer Verdiinnung von 1:1000, lieB dagegen
Pseudodiphtherie B. unbeeinflufit.
Wir werden uns daher vorstellen miissen, daB der Rezeptoren-
apparatderDiphtheriebacillen, gewissebeiallenSt&mmen
wiederzufindende Typen „Grundrezeptoren“, aufweist,
die vielleicht in verschiedenen Proportionen auftreten,
wShrend jedem einzelnen Stamm „Partialrezeptoren“
eigentiimlich sind, welche qualitative Unterschiede
gegenflber anderen Partialrezeptoren zeigen. Wenn man
daher die Menge der zum Immunisieren benutzten Bacillen bis zu
einem gewissen Grade steigern kann, was bei kleinen Versuchstieren
wie Kaninchen sehr bald Schwierigkeiten hat, so wird man schlieB-
lich ein Serum gewinnen, das genflgend Antikdrper (Agglutinin) auch
gegen die in den kleinsten Proportionen vorhandenen Grundrezeptoren
des zum Immunisieren benutzten Stammes enth<. Das so beschaifene
Serum wird, wofern die Besetzung der Grundrezeptoren durch Agglu¬
tinin zur Ausldsung der Agglutination ausreicht, auch diejenigen
Bacillen agglutinieren, welche nur in den Grundrezeptoren mit dem zum
Immunisieren benutzten Stamm iibereinstimmen. Man wird erwarten
dttrfen, daB in solchen Fallen der Agglutinationstitre niedrig bleibt, wie
es in den von Lubowski publizierten Daten deutlich zu Tage tritt.
Aussichtsvoller und praktisch brauchbarer erscheint der Weg, den
Schwoner eingeschlagen hat, namlich durch Immunisieren mit einer
Reihe von Stammen ein polyvalentes Serum herzustellen; mSglicher-
weise gelingt es derart, die Differenzierung von Diphtherie- und Pseudo-
diphtheriebacillen durch Agglutination auch praktisch zu verwerten.
1) Zeitschr. f. Hvg. Bd. XXXV. 1900.
2) Wiener kl. Wochenschr. 1902.
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424
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
Bakterizidie.
Der Gedanke ein Serum zu gewinnen, welches nicht nur das von
den Diphtheriebacillen erzeugte Toxin neutralisiert, sondern welches die
Bacillenleiber selbst angreift, ist nicht neuen Datums, da ein derartiges bak-
terizides Serum besonders mit Riicksicht auf eine endgiiltige Vernichtung
der DB. manchen Vorteil verspricht. Versuche in dieser Richtung sind
auch schon vielfach angestellt worden. DaB es nicht gelingt, Meer-
schweinchen durch Immunisierung mit solchen Diphtheriekulturen,
welche ihre Virulenz verloren haben, zu immunisieren, ist
schon von C. F r & n k e 1 *) konstatiert und stets bestatigt gefunden. Klein 2 )
immunisierte Meerschweinchen mit lebenden Bacillen von der Bauch-
hbhle aus, nachdem er gefunden hatte, daB die Tiere intraperitoneal
Dosen vertragen, die, subkutan verabreicht, sicher toten. (Auf diese
interessante Erscheinung, die auch ich stets beobachtete, komme ich
sp&ter zuriick.) Ein derart immunisiertes Tier — es hatte Vs Gelatine
DB.-Kultur erhalten — lieferte ein Serum, von dem 0,25 gegen eine
sicher todliche Dosis schutzte. Weil einige Stunden nach der intra-
peritonealen Injektion Bacillen im Peritonealexsudat nicht mehr nach-
zuweisen sind, meint Klein, daB die Bacillen in der Bauchhohle schnell
zerstort werden, und deshalb Toxin nicht sezernieren konnen, woraus sich
die Unmbglichkeit der Antitoxinbildung ergiebt. Die theoretische Beweis-
fiihrung des Verfassers erscheint nicht zwingend, enthalten doch die
Bacillenleiber selbst Toxin, wieKossel 3 ) Brieger und Boer 4 ) sowie
Aronson 5 ) gezeigt haben. Wir sind deshalb geneigt, da eine Priifung
des Serums auf Antitoxin nicht stattgefunden hat, die Schutzwirkung
des Kleinschen Serum doch antitoxischen Eigenschaften zuzuschreiben.
Aehnliche Bedenken habe ich auch gegen die Versuche van de Veldes 0 ),
der mit gewaschenen und so von Toxin moglichst befreiten Diphtherie¬
bacillen eine Ziege immunisierte, und dies Serum heilkr&ftig gegen
Diphtherieinfektion fand. Zwar hat van de Velde das Immunserum
auf Antitoxin gepriift und es in Dosen, die man versucht hat, antitoxin-
frei befunden, doch lafit dieser Passus, da Zahlen fehlen, immer noch
die Deutung zu, daB geringe Antitoxinmengen im Serum enthalten
waren, was nach der Herstellungsart des Serums auch a priori wahr-
scheinlich ist.
Einen anderen indirekten Weg zum Nachweis bakterizider Anti-
korper eines Immunserums benutzte Lambotte 7 ) welcher das Verfahren
Bordets zum Nachweis der substance sensibilisatrice (Ambozeptor)
anwandte; es beruht dies bekanntlich darauf, daB sensibilisierte, id est
mit Ambozeptor beladene Bacillen, dem Serum samtliches Komplement
entreiBen. Lambotte fand, daB das gewohnliche antitoxische Serum
einen EinfluB auf Diphtheriebacillen im genannten Sinne nicht hat, da-
gegen fiel der Bordetsche Versuch mit dem Serum von Meer¬
schweinchen, welche er gegen Diphtheriebacillen immunisiert hatte,
positiv aus. Im Tierexperiraent hat Lambotte die Wirksamkeit dieses
Serums nicht gepriift. Welch geringer Wert aber der Bordetschen
1) Berl. klin. Wochenschr. 1890. No. 49.
2) Centralbl. f. Bakteriologie. Bd. XX.
3) Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXVII. Heft I.
4) Deutsche med. Wochenschr. 1896. No. 49.
5) Archiv f. Kinderheilkunde. Bd. XXX.
0) Centralbl. f. Bakteriologie. 1897. No. 22.
7) Ebenda. Bd. XXX. p. 817.
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Lipstein, Ueber Immunisierung mit Diphtheriebaciilen.
425
Metbode als Prflfstein eines bakteriziden Immunserums in praxi zuge-
messen warden darf, geht scbon daraus hervor, daB es dem Verfasser
mit einem gegen Pseudodiphtheriebacillen gerichteten Serum gelang, auch
echte Diphtheriebaciilen, freilich schwScher, zu sensibilisieren.
An dieser Stelle mdge auch das vorher erwShnte pr&zipitierende
Serum von Wassermann genannt sein, von dem aber Tierversucbe
nicht berichtet werden.
Endlich ist kUrzlich vonBandi 1 ) eine ausfuhrliche Mitteilung fiber
ein gegen Diphtheriebaciilen gerichtetes Immunserum erschienen, das
im Tierversuch wie Krankenbett gleich gut wirken soil. Wenn aber
dieser Autor schreibt:
„Die Kontrollvereuche, die bei den Versuchstieren mit dieeem Serum und einigen
Handelseeris namlich dem vom Institut Pasteur, dem vom Institut fiir Serumtherapie
in Brussel, dem vom Institut fiir Serumtherapie in Bern ausgefuhrt warden, ergaben
stets das gleiche Beeultat, daB namlich diese Sera eine sehr geringe Wirkung ha ben;
es gelang niemals mit diesem Here zu retten, denen todliche Dosen dee versuchs-
bacillus eingeimpft worden waren, ihre Wirkung beschrankte sich vielmehr darauf, den
InfektionsprozeS zu verzogem, wenn man sie in grofien Mengen anwandte“,
muB man schlieBen, daB der Versuchsbacillus nie und nimmer ein
Diphtheriebacillus ist, denn in der heilkr&ftigen Wirkung des Antitoxins
gegenflber Diphtherieinfektionen im Tierexperiment stimmen heute alle
Autoren fiberein; demnach ist auch das Serum, welches Band is
Bacillus beeinfluBt, kein Diphtherieimmunserum.
Der Nachweis diphtherizider Eigenschaften eines Immunserums ist,
wie aus den zitierten Arbeiten hervorgeht, bislang nicht geglQckt, denn
in den dafQr sprechehden Tierexperimenten (Klein, van de Velde)
war eine antitoxische Wirkung nicht sicher ausgeschlossen. Fttr die Her-
stellung eines bakteriziden Immunserums kamen zwei Momente in Betracht,
einmal gait es, dem zu immunisierenden Tier mOglichst groBe Mengen
Bacillen einzuspritzen, ferner aber war die Antitoxinproduktion zu unter-
drflcken, weil das Antitoxin die Beurteilung bakterizider Heilwirkung
erschwert. Beide Anforderungen werden durch das eingangs be-
schriebene Immunisierungsverfahren erfflllt; es war bereits nachgewiesen,
daB dabei spezifische gegen die infizierten Bacillenleiber gerichtete Anti*
kOrper, namlich Agglutinine, entstehen.
Bei der PrOfung auf Diphtherieantitoxin zeigten alle Tiere, welche
nur intraperitoneal mit DB.-Kultur plus Antitoxin vorbehandelt waren,
und deren Serum bis auf V 20 und V 30 Immunitatseinheit geprflft
wurde, kein Antitoxin. Demnach ist das von den Bacillen produzierte
oder in ihnen enthaltene Toxin von dem beigefQgten Antitoxin voll-
kommen neutralisiert, da einerseits jede Giftwirkung und andererseits
Antitoxinbildung ausgeblieben ist. Dagegen enthielt das Serum der
Kaninchen, welche am Schlufi der Immunisierung auBer der intraperi-
tonealen Injektion einer Aufschwemmung von 2 Mafien Agarkulturen
DB. plus 400 Immunitatseinheiten Antitoxin noch je eine Aufschwem¬
mung eines Schragagarrohrchens derselben Kultur plus 200 Immunitats¬
einheiten Antitoxin intraven5s erhalten hatten, nach 14 Tagen reichlich
Antitoxin. Es liegt nahe, dabei an eine passive Immunisierung zu denken.
Ein derartiges Serum kann man trotzdem auf bakterizide Funktion prfifen,
nur mufi man den Antitoxintitre einigermaBen kennen, urn ihn bei
Heilerfolgen mit in Bechnung zu setzen.
Die zu den Versuchen benutzte Kultur "No. 3 totet bei subkutaner
1) Centralbl. f. Bakteriologie. Bd. XXXII. No. 7.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. AbU Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
Impfung von V 40 Oese Meerschweinchen von 250 g Gewicht sicher in
4 Tagen, w&hrend die mit % Oese gespritzten Tiere erst in der zweiten
oder dritten Wocbe sterben, auch wohl manchmal durchkommen. Die
als Einheitsmenge bei subkutaner Infektion verwandte Dosis von Vs Oese
entspricht also 5—10 tddlichen Dosen, zu deren Neutralisierung man
*l , 0 — 8 / 10 Immunit&tseinheiten Antitoxin bedarf. Bei intraperi-
tonealer Infektion braucht man zur TStung der Tiere
V 10 Oese, also das4— 8 -fache Mu ltiplum der dosis letalis
subcut an e a. Die ser Unterschied beruht nicht auf bakeri-
ziden F&higkeiten der freien PeritonealflQssigkeit,
welche von mir in vitro wie im Tierversnch als ganz un-
wirksam befunden vurde.
Auf Grund der bei den Agglutinationsversuchen gewonnenen Ueber-
zeugung, dafi die einzelnen Diphtheriest&mme bedeutende Unterschiede
im Rezeptorenapparat aufweisen, benutzte ich zu bakteriziden Versuchen
ausschliefilich das Serum solcher Kaninchen, welche gegen den Versuchs-
bacillus immunisiert waren. Dieses Immunserum agglutinierte den Ver-
suchsbacillus noch in einer Verdflnnung 1:1000, liefi aber in vitro trotz
verschiedenartigster Versuchsanordnung keine bakterizide Eigenschaft
erkennen.
Kaninchen A.
Das Tier erhielt am 30. XI. 1902 1 MaBen Agarkultur Aufschwem-
mung DB. No. 3 + 400 Immunit&tseinheiten Antitoxin intraperitoneal,
und wird am 10. XII. 1902 entblutet. Das antitoxinfreie, stark agglu-
tinierende Serum wird auf bakterizide Wirkung derart untersucht, dafi-
eine Reihe Meerschweinchen abfallende Mengen Serum intraperitoneal
erhalten und 6 Stunden darauf eine mehrfach tOdliche Dosis DB.-Kultur
subkutan, (s. Tabelle III) w&hrend eine zweite Reihe Meerschweinchen.
die entsprechenden Mengen Kultur und Serum zusammen subkutan
erhielt. S. Tabelle IV.
Tabelle III.
Tabelle IV.
Menge dee
injizierten
limn un-
serums
Menge der
injizierten
Diphtherie-
kultur
Menge des
A us fall des injizierten
Tierversuchs Imm un-
serums
Menge der
injizierten
Diphtherie-
Kultur
Ausfall des
Tierversuchs
1,0 ccm
0,3 „
0,1 „
|/, Oese
la ,,
V. „
| Vs >»
1,0 ccm I
+2 0,3 „
+, 0,1 „
+, -
V« 0«86 I
1 / 1
j/8 »»
/ 8 ft
1 s ”
Serum intraperitoneal. Nach 6 Stunden Kultur + Serum subkutan gleichzeitig.
Kultur subkutan.
Der MiBerfolg in beiden Serien ist der gleiche, selbst die mit 1,0 ccm
Immunserum gespritzten Tiere Cberlebten die Kontrolltiere nicht. Hatte
ich mich derart von der volligen Unwirksamkeit meines agglutinations-
kraftigen Serums fiberzeugt, da es die Diphtherieinfektion in keiner
Weise beeinflussen konnte, so gait es noch zu versuchen, ob dieses Serum
an sich wirkungslos, nicht doch in Verbindung mit Antitoxin im Kampfe
gegen die Diphtherieinfektion nfitzlich sein konnte. Es war mdglich,
dafi in der beschriebenen Versuchsanordnung die bakterizide Wirkung
deshalb nicht zur Geltung gekommen war, weil die Tiere der Toxin-
wirkung zu schnell erlagen. Die Versuchsanordnung muBte demnach so
sein, dafi ich dieses Immunserum mit Antitoxin versetzte und gegen
den Versuchsbacillus einstellte. Da einige der immunisierten Kaninchen,
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Lipstein, Ueber Immunisierung mit Diphtheriebacillen.
427
wie vorhin erwfihnt, Antitoxin im Blut enthielten, wurde deren Serum
zu folgenden Versuchen benutzt.
Kaninchen B.
Das Tier erhielt am 20. XII. 1902 als letzte Injektion die Auf-
schwemmung von 2 MaBen Agarkulturen DB. No. 3 plus 400 Immuni-
tfitseinheiten Antitoxin intraperitoneal und die von einem Schr&gagar-
rOhrchen plus 200 ImmunitStseinheiten intravenOs. Das Tier wird am
5. I. 1903 getStet und ein Antitoxingehalt von etwa 1 Immunit&ts-
einheit pro ccm Serum nachgewiesen. Tabelle V ergiebt die Serum-
wirkung bei gleichzeitiger subkutaner Injektion von Serum plus Kultur.
Tabelle V.
Injizierte
Kulturmenge
Menge des
injizierten
Kaninchen-
immunserums
Ausfall des
Tiervereuchs
7« Oese
0,5 ccm
davon
;/. »
0,1 „
+ 3
U >»
0,02 „
+*
;/. ..
0,004 „
+ 2
/8 »
—
+ 2
In diesen Versuchen kamen also die Tiere mit dem Leben davon,
welche mit 0,5 ccm Immunserum gespritzt waren, dessen antitoxischer
Wert etwa '/» ImmuniULtseinheit, wie vorhin ermittelt, entspricht. Da
aber, wie bereits erw&hnt, die gleiche Wirkung von 4 /io—®/ l0 Immuni-
t&tseinheiten eines rein antitoxischen Serums erzielt wird, so entspricht
die Schutzkraft des Kaninchenimmunserums lediglich dem in ihm ent-
haltenen Antitoxin.
In einer anderen Versuchsreihe injizierte ich Meerschweinchen aus
anderen Grunden Kultur und Serum intraperitoneal. In einer anderen
Reihe Rubrik 3 ist als Kontrolle ein rein antitoxisches Serum eingestellt.
TabeUe VI.
Injizierte
Kulturmenge
Menge des
injizierten
Kaninchen¬
immunserums
Menge des anti¬
toxischen Serums
in Immunitats-
einheiten aus-
ausgedriickt
Ausfall des
Tierversuchs
V 4 Oese
0,5 ccm
_
davon
v« ..
0,1
—
davon
v« »
0,02 „
—
+n
v« ..
0,004 „
—
+7
l U >»
0,0008 „
—
+8
V* ..
—
2,4 I. E.
davon
l u ..
—
0,48 I. E.
davon
'U V
—
0,096 I.E.
davon
;/♦ »
—
0,0192 L E.
+7
Is »
—
— —
+ 10
'/ 4 Oese + 0.5 ccm Kan inehen-Norm alseru m + 4
In dieser Reihe kamen die Tiere mit dem Leben davon, welche 0,1
des agglutinierenden Immunserums, sowie die, welche 0,1 (0,096) Immuni-
tfitseinheit Antitoxin erhalten hatten, so daB auch in diesem Falle der
Heilwert des Kaninchenimmunserums seinem antitoxischen Wert ent¬
spricht, wenn man demselben den Gehalt von 1 I.E. in 1 ccm zu Grunde
legt. Auf Grund dieser und Shnlicher Versuche muBte von
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428
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
der Annahme einer bakteriziden Quote im Kaninchen*
iminunserum Abstand genommen werden. Das Versagen jeder
Schutzwirkung durfte ich nicht obne weiteres auf den absolaten Mangel
an bakteriziden Ambozeptor beziehen, vielmehr mufite noch eine weitere
MSglichkeit in Betracht gezogen werden, dafi n&mlich im Kaninchen-
immunserum ein bakterizider Ambozeptor vorhanden ist, der im
Meerschweinchenorganismns kein passendes Komplement fiudet Aehn-
liche Beobachtungen sind von Sobernheim im Milzbrandversuch und
von Wechsberg 1 ) im Taubenexperiment mit VibrioMetschnikoff
gemacht worden. Zur Entscheidung dieser Frage immunisierte ich
Meerschweinchen auf die vorhin beschriebene Art von der Bauchhflhle aus.
Das antitoxinfrei befundene Serum erwies sicb als g&nzlich unwirksam.
Nicht so gleichmfifiige Besultate ergab die ktinstliche Infizierung der
aktiv immunsierten Tiere, da bei einer nicht sehr hoch gegriffenen
Dosis letalis die Tiere zuweilen am Leben blieben. Dieses Resultat war
aber viel#u unregelm&fiig, als dafi es im Sinne der vorhin gegebenen
Erkl&rung sprechen konnte. Jedenfalls sprechen die durchaus
negativen Resultate, bei den Versuchen mit einem der-
artigen Serum zu schutzen, daffir, dafi ein bakterizid
wirksamer Ambozeptor bei der Immunisierung mit leben-
den Diphtheriebacillen nicht entsteht.
Was aber fflr Kaninchen und Meerschweinchen gilt, ist nicht ohne
weiteres zu verallgemeinern, und der Versuch an grdfieren Tieren, wie
Pferden, eine derartige kombinierte Immunisierung vorzunehmen scheint
trotzdem gerechtfertigt. Dad die Pferde diese Immunisierung, wenn
man von subkutaner Impfung absieht, und etwa intravends injiciert, gut
vertragen werden, ist nach den bei so Diphtherie-empfindlichen Tieren
wie Kaninchen und Meerschweinchen gemachten Erfahrungen durchaus
wahrscheinlich. Es h&tte die Verwendung grofier Tiere den Vorteil,
dafi man bedeutend grCBere Mengen von Bacillen einspritzen kbnnte,
als es bei kleinen Versuchstieren mbglich ist, auch kOnnte man mit
Leichtigkeit nach dem Vorgehen von Schwoner polyvalent immunisieren,
eine Methode welche mir mit Riicksicht auf die gefundene Verschieden-
heit der Rezeptoren der Diphtheriebacillen besonders angezeigt zu sein
scheint.
Herrn Professor M. Neisser sei an dieser Stelle fflr die freundliche
Untersttktzung der herzlichste Dank ausgesprochen.
Nachdruck verboten.
Deutungsversuch der Eigenschafben und Wirkungsweise
der Immunkorper.
Von Prof. Dr. H. Zangger, Zflrich.
In dieser Arbeit mSchte ich die Entstehungs- und Wirkungsweise
der Reaktionskbrper des animalen Organismus von einem Gesichtspunkte
aus betrachten, der von dem allgemein acceptierten abweicht Wenn
Ehrlich in seiner Seitenkettentheorie alles in Parallele setzt mit der
Chemie der Konstitutionsformeln, so mdchte ich hier nachweisen, dafi
1) Zur Lehre von der natfirlichen Immunitat und iiber bakterizide Heilsera.
(Zeitschr. f. Hygiene und Infektion. Bd. XXX.)
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Zangger, Deutungsversuch d. Eigenschaften u. Wirktmgsweise d. Immimktirper. 429
viele der heute bekannten Eigenschaften sich besser physikalisch deuten
lassen. Die Antik3rper sind nicht rein dargestellt und keine Atom-
gruppe ist festgestellt; ihre Existenz ist nur aus h iren Wirkungen er-
schlossen — sie zeigen ftberhaupt nur unter bestimmten Bedingnngen
der Losung ihre sie charakterisierenden Eigenschaften.
Gehen wir die einzelnen Klassen durch nach alien wichtigen Eigen¬
schaften, die wir von ihnen kennen: Einleitend die Toxine; dazu ge-
h5ren sicher chemisch die verschiedensten Individuen; einheitlich ist
alien, dafi sie in bestimmten Tierk6rpern Krankheitserscheinungen her-
vorbringen und in bestimmten Dosen Fieber, und dafi der Korper durch
Produktion von diese bindenden Gegenkdrpern reagiert
Chemisch sind sie meist basisch; einzelne sollen als Salze dar¬
gestellt und kristallisiert werden konnen*). Die meisten aber sind
nicht kristallinisch dargestellt; sie filtrieren gut, aber dialysieren meist
schlecht Oder gar nicht, verteilen sich aber im Tierk6rper leicht. Hohere
Temperaturen nehmen ihnen die Giftigkeit, aber sie ertragen im All-
gemeinen hdhere Temperaturen besser als die Antikdrper. Einzelne
Gifte werden auch durch Losungsmittel in weniger Oder gar nicht giftige
Modifikationen fibergefiihrt, die aber doch AntikSrper erzeugen (Tetanus-
gift durch Schwefelkohlenstoff). Sie binden sich unter bestimmten Ver-
h<nissen mit den Antikorpern scheinbar nach den Gesetzen der Chemie;
aber wenn a Antitoxine b Toxine neutralisieren, so neutralisieren 100 a
Antitoxine z. B. nicht 100 b Toxine, sondern 101—110 ja 150 und rnehr*
also die Bindung erfolgt nicht nach dem Gesetz der multiplen Pro¬
portion.
Die Toxine reagieren im ganzen langsam im Vergleich zu den
neuesten chemischen Reaktionen.
Im TierkSrper, bei 37°, dauert es mindestens mehrere Stunden, bis
z. B. Fieber erscheint, oft Tage (Inkubation). (Schnell wirken im Tier-
kbrper Schlangengift und Aalgift, aber im Reagenzglase braucht z. B.
Schlangengift mindestens 1 / i Stunde zur Neutralisation.)
Am aufiFallendsten ist wohl aber die Tatsache, dafi im tierischen
Organismus eine Einheit Toxin bis 100000 diese Einheit neutralisieren do
Antitoxinmengen zu erzeugen vermag, und ferner, dafi die Anti-
toxinmenge lange Zeit im Blute des Tieres nicht sinkt, wenn man ihm
auch Serum und damit Antitoxine entzieht. (Auch ohne Entzug
schwankt der Gehalt sehr oft stark in kurzer Zeit und verschwindet mit
der Zeit spontan.)
Einzelne Toxine zeigen spezifische Absorptionseigenschaften, z. B*
die Gifte des Bacillus der Wurstvergiftung, werden absorbiert und
un gif tig gemacht durch Cholesterin, Lecithin, Tyrosin, viele andere
durch leukocytenhaltige Fliissigkeiten.
Auch andere por5se oder quellbare Korper absorbieren Toxine, so
dafi deren Gemisch im Tierk6rper die Giftigkeit verliert. So ab¬
sorbiert frisches Karminpulver das Tetanustoxin; erhitzt man aber vorher
das Karmin, so verliert es diese Eigenschaft (Stoudensky).
Der spezifische Immunkorper (Ambozeptor) charakterisiert
dadurch, dafi er sich auf bestimmte Zellen zuerst festsetzt wie eine
Beize und diese vorbereitet ftir die losende Alexinwirkung, ist weniger
bestandig als die Toxine; bei langerem Erw^rmen auf 70° verliert er
seine Eigenschaften, einzelne schon bei niederen Temperaturen. Er
1) Tetanus, z. B. Behring, Brieger, Boer; Phthisin: Schroen.
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430
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
filtriert weniger gut als die Toxiue, dialysiert fast gar nicht; auf andere
Weise als durch Zellen, die ihn absorbieren, ist er unzerstort nicht
faBbar; auch mit den Komplementen geht er in der Ldsung im allge-
meinen keine Verbindung ein. Er verschwindet spontan aus dem Serum,
ohne daB gleichzeitig die Immunitfit zu schwinden braucht. Meist
dauert die Immunit&t bedeutend linger, als sich Immunkorper im Serum
nachweisen lassen.
Im Blutplasma, wie es im immunisierten Tiere zirkuliert, ist er
nicht vorhanden oder sparlich; erst durch das Stehen- und Gerinnen-
lassen des Blutes wird er frei, und zwar quantitativ entsprechend den
im Blute vorhandenen weiBen Blutkdrperchen.
Nachzuweisen ist er im Blutserum, im Peritoneum und in l&ngere
Zeit bestehenden Oedemen und Exsudaten der immunisierten Tiere,
nicht in der Augenkammer, nicht in Milch und Urin.
Er ist ver&nderlich, geht spontan in inaktive Zust&nde fiber, und
zwar um so schneller, je verdfinnter er ist.
Die Alexine, die typischen zelllosenden Fermente sind weniger
spezifiziert, resp. weniger zahlreich als die Beizen; es lassen sich bis
jetzt wohl mehrere Formen unterscheiden nach den Reaktionen; physi-
kalisch getrennt sind bis jetzt zwei (durch Filtration), die auch ver-
schiedene Wirkung haben.
Sie filtrieren sehr schlecht, resp. nicht, sind im animalen Kdrper
nur im Blute, Knochenmark, Lymphdrflsen und eventuell im Peritoneum
zu finden, im allgemeinen nicht im Exsudat und Oedem, nie im
Kammerwasser, Milch, Urin.
Sie ver&ndern sich spontan sehr leicht; in ganz kurzer Zeit in einer
fremden Tierart, verlieren (ver&ndern) ihre Eigenschaften nach Salz-
entzug, bekommen sie aber unter Umst&nden (nach London) wieder in
den ursprfinglichen Verh<nissen.
Sehr viele Zus&tze, speziell Zellen, z. B. Hefe, aber auch feine
Pulver reiBen die Alexine mit nieder. Es existiert keine Methode, die
Alexine auBerhalb des Tierkorpers, in dem sie entstanden, l&ngere Zeit
aufzubewahren.
Die Alexine sind also die temperaturempfindlichsten (56°), schwerst
diffundierenden, am leichtesten fallbaren, ver&nderlichsten Kdrper der
Antikdrperreihe.
Vorl&ufig mehr diagnostisch wichtig sind die
Agglutinine ffir die Bakterienspecies einzelner Infektionen, resp.
der Fiebererregung und die
Pr&zipitine ffir spezifische EiweiBkdrper, speziell des Blutes.
Beide Kdrper sind ungef&hr temperaturempfindlich wie der spezi¬
fische Immunkdrper. Aus dem Kollodiumsack dialysieren sie nicht; sie
wirken nur bei bestimmtem Salzgehalt md. Reaktion der Losung — ohne
Salze wirken die Pr&zipitine gar nicht (Bordet).
Auffallend ist, daB F&lle bekannt werden, in denen das Agglutinin
intensiver wirkt nach Erw&rmen auf 60°; nach Erw&rmen fiber 70° ver-
liert es endgiltig jede Wirkung. Die Pr&zipitine lassen sich durch Salze
aus den Ldsungen f&llen, gehen dann aber sehr schnell zu Grunde.
Vollst&ndig getrocknet sollen die Agglutinine und Pr&zipitine analog den
Antitoxinen konservierbar sein. Aber beide Kdrper sind spezifisch und
haben wohl nichts mit einander zu tun, trotz vieler analoger Eigen¬
schaften auch mit dem Immunkdrper.
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Zangger, Deutungsversuch d. Eigenschaften u. Wirkungsweise d. ImmunkOrper. 431
Nun noch eine Reihe von Tatsachen, die nur physikalisch erklfirt
werden kdnnen oder die heute mindestens physikalisch leichter erklfirt
werden kdnnen als chemisch, and die alien Korpern mehr oder weniger
gemeinsam sind.
Die Bindung von Toxin-Antitoxin ist konstant, aber folgt nicht dem
Gesetze der chemischen Proportion. Buchner beobachtete, dafi eine
kleine Menge erwfirmtes h&molytisches Serum nicht eine der hfimo-
lytischen Serum menge proportionale Menge Blutkdrperchen lfist, sondern
dafi diese Menge sehr weitgehend abhangig ist von dem Zusatz, resp.
der Menge des normalen, nur Komplemente haltenden Serums. Unter
anderen Kombinationen nehmen die Halfte der sonst losbaren Blut-
korperchen alle Immunkdrper aus dem hamolytischen Immunserum weg.
Nur gezwungen kann ferner chemisch die Tatsache erklart werden,
dafi zuerst der Immunkfirper wie eine Beize auf den Zellen sich fixieren
mufi, bevor sich das Komplement mit ihr verbindet Ebenso, dafi ein
Gemisch von aktivem und inaktiviertem Menschenserum Kaninchenblut-
kdrperchen nicht auflfist, wahrend das normale Blutserum ohne Zusatz
aktiv I5st (Hierher gehfirt die grofie Reihe Tatsachen fiber Wirkungs-
hemmungen der neuesten Untersuchungen.)
Alle diese Reaktionskfirper verlieren ihre Eigenschaften bei einer
Temperatur von 50—80°, die Toxine oft erst fiber 100° (sehr variabel).
Alle haben die Tendenz, unter alien Bedingungen in weniger aktive
Modifikationen fiberzugehen; von einzelnen ist bekannt., dafi sie nur
unter bestimmter Salzkonzentration und unter bestimmter Reaktion
wirken, dafi sie durch Salzwirkungen sogar zerstfirt werden kdnnen.
Von den weniger labilen Toxinen weifi man, dafi sie in trockenem
Zustande bei Luft- und Lichtabschlufi einige Zeit aufbewahrbar sind,
wfihrend sie in gequollenem oder geldstem verdfinntem Zustande sehr
schnell ihre typischen Eigenschaften verlieren. (Die Toxine sind auch
auf ihre Beeinflufibarkeit durch Elektrizitfit untersucht; sie gehen durch
starke Entladungen in ungiftige Modifikationen fiber.) Alle diese Stoffe
dialysieren sehr schwer Oder gar nicht und kristallisieren nicht (die
kristallisierten Produkte scheinen durch diese Prozedur den Hauptteil
ihrer biologischen Eigenschaften zu verlieren). Die Reaktion ist im
Allgemeinen sehr langsam, bedeutend langsamer als die Reaktionen der
meisten Kfirper der organischen Ghemie; ferner mufi physikalisch er¬
klart werden die ungleiche Verteilung in den tierischen Organen, auch
wenn die Kdrper aus den Zellen, in denen sie entstanden, frei geworden.
Verteilung der einzelnen Immunkdrper im tierischen Organismus.
Knochen-
mark
Blut
Peri¬
toneum
Oedem
Ex-
sudat
Augen-
kammer
Milch
Urin
Fotus
Ei
Alexine
+
+
selten
selten
—
—
—
?
9
Amboceptor
(Bdze)
+
+
+
+
—
_?
—
9
9
Agglutinine
+
+
+
+
selten
+
+
+_
i_?_ _
Anti toxine
+
+
+
+
+ #
wenig
+ 1
+
•+
+
(Huhn)
Toxine
+
+
+
+
+
+ i
+
+
+
Anm. Die Toxine kommen liberal! hin, werden aber von einzelnen Organen mehr
abeorbiert, z. B. Tetanustoxin durch Gehirn und Genitaldrusen.
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432
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
Diese Tatsachen sind fttr die Methoden der Gewinnung der Anti¬
korper einerseits wichtig, andererseits aber vor allem fttr die Vorstellung
lokalisierter Wirkungsweisen im animalen Organismus. Hierher
gehoren auch die biologischen Ph&nomene der Agglutination, die Prttzipi-
tation and die lytische Wirkung der Immunseren, resp. das Zusammen-
wirken von zwei KSrpern, von denen der eine znerst als Beize wirken
muB, und somit gehttrt hierher auch die Reaktiviernng der dorch Hitze
inaktivierten Seren, ebenso die neueste Entdeckung von Ehrlich und
Sachs, daB durch Erhitzen auf 60° inaktiviertes Schlangengift durch
Lecithin wieder giftig gemacht werden kann.
Vor allem aber gehdrt hierher die diese KOrper zusammen charak-
terisierende Eigenschaft, im animalen Organismus ihre Wirkung auf-
hebende GegenkOrper zu erzeugen, die sich mit diesen teils zu veniger
loslichen, immer aber weniger aktiven Verbindungen verbinden. Parallel
dieser Eigenschaft geht die Absorbierbarkeit dieser K5rper durch Zellen
und Zellprodukte, wie auch durch andere Substanzen.
Zellen absorbieren oft elektiv und spezifisch; einzelne Versuche
deuten darauf hin, daB auch nicht organisierte Substanzen elektiv spe¬
zifisch zu absorbieren vermogen. DaB diese Eigenschaft fttr die Dar-
stellungemethoden fundamental wichtig werden kann, ist klar.
Wenn wir alle diese Tatsachen ttberblicken, so failt auf, dafi es fast
nur physikalisch anfafibare Tatsachen sind, die eine sehr grofie Analogie
haben zu alien typischen Eigenschaften der Fermente, und zwar haben
die Fermente und die Antikorper eine groBe Reihe von Eigen¬
schaften gemein, die einer bis heute von der Chemie stark vernach-
l&ssigten Klasse angehdren, den Kolloiden. An bekannten Kolloid-
eigenschaften haben diese gemein, daB sie nicht kristallisieren, schwer
Oder gar nicht dialysieren, daB sie sich gegenseitig in der Losung be-
einflussen, daB sie unter alien Bedingungen die Tendenz haben, in
stabilere Formen ttberzugehen, und zwar besonders im gequollenen und
verdttnnten Zustand und parallel der Temperatur (unter 100°), daB ihre
typischen Eigenschaften sich nur zeigen in bestimmten Kombinationen
mit Elektrolyten.
Antikorper und Fermente sind also in Bezug auf ihre Kolloid-
eigenschaften Doppelganger, und zwar bis ins einzelne, bis in die GroBen-
ordnung in Bezug auf Reaktionsgeschwindigkeit, relative Spezifit&t, und
beide sind als typische Kolloide durch einen nur sehr kurz wirkenden
intensiven EinfluB weniger alterierbar als durch Dauerwirkungen viel
schw&cherer Einflfisse.
Urn die nahe Verwandtschaft der Vorgange, wenn nicht Identitttt,
an Tatsachen klar zu machen, will ich noch die Parallelen feststellen
zwischen AntikOrpern und einzelnen gut untersuchten Fermenten, spe-
ziell Lab.
1) Fermente, wie alle Antikorper, verttndern sich spontan parallel
der Temperatur, aber verschieden schnell, je nachdem sie dargestellt
wurden, und vor allem schneller in starkeren Verdttnnungen, bei Mangel
an verwandten Kolloiden, bei starkerem Salzgehalt der Ldsung (und
zwar beide bei Temperaturen von 50—80° (—100°), beide sind sauerstoff-
empfindlich.
2) Sind alle nur unter groBen Verlusten filtrierbar. Lab dialysiert
gar nicht (Fuld); die Antikttrper nach den Befunden fiber Verteilung
im animalen Kdrper filtrieren verschieden, sie dialysieren meist nicht.
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Zangger, Deutungsversuch d. Eigenschaften u. Wirkungsweise d. ImmunkOrper. 433
3) Lab and Antikbrper warden sehr leicht niedergerissen und aus-
gef&llt, z. B. durch Eiweifisubstanzen 1 ).
4) Eine anch fflr Kolloide charakteristische Eigenschaft ist ihre
Absorptionsf&higkeit, und zwar sind Versuche da, die fflr eine spe-
zifische Absorption fflr das Lab sprechen, ohne chemische Beeinflussung.
Spezifische Absorption charakterisiert speziell die Antikdrper in Being
anf Zellen, eine Eigenschaft, die weiter zur Reindarstellung von Be-
deutung werden kann.
5) Lab wie Toxine and Antikflrper erzeugen im animalen Organis-
mns sie bindende Gegenkorper, nnd zwar spezifischer Art.
6) Die Beaktionen erfolgen aber erst nach lingerer Zeit; sie haben
also in Bezug anf die physiologische Wirkung eine Inkubationszeit.
7) Sie wirken nur innerhalb enger Temperatnrgrenzen.
8) Die auff&lligste aller Eigenschaften ist, dafi sie nach einzelnen
Formen der Schfldignng, die ihre Wirkung vollstflndig aufhob, sich wieder
erholen konnen. Diese Art elektiver Empfindlichkeit wnrde fflr anorga-
nische Fermente von Bredig festgestellt, fflr Zymase von Buchner.
In Parallele damit stehen die Sch&digungen der Antikdrper durch
bestimmte Salze etc. nnd deren langsame Erholungsfahigkeit (nach
London) in den ursprfinglichen Verhiltnissen 2 ).
Aus diesen sich fast aufdr&ngenden Parallelen lassen sich nun eine
ganze Reihe fflr die klinische Medizin wichtige Konsequenzen
ziehen:
1) Fflr die Behandlung der Seren in der Praxis. Die Erkenntnis,
dafi die wirksamen Korper alle die Eigenschaften von Kolloiden haben,
und daB ihre Verflnderlichkeit durchaus parallel geht den kolloiden Eigen¬
schaften, dafi ihre Existenzbedingungen diejenigen der Kolloide sind,
macht mit einem Male verst&ndlich, warnm die Seren empfindlich sind
gegen erhohte Temperatur, Licht, Sauerstoff; warnm sie nicht lange
anfbewahrt werden konnen in stark verdflnntem Zustand; war urn sie
vor Elektrolytwirkungen und verflnderter Reaktion geschfltzt sein mflssen;
warum langes Schfltteln in grofier Verdunnung sie ver&ndern kann, wie
ich beobachtete; warum sie subkutan und intravends, nicht per os ge-
reicht werden. dflrfen.
2 a) Fflr die Darstellungs- nnd vor allem fflr Isoliermethoden sind
wichtige Anhaltspunkte vorhanden.
Die Methodik wird sich behelfen mflssen mit rein physikalischen
Mitteln, vor allem der Dialyse der spezifischen Bindung und der Mflg-
lichkeit rein physikalischer Absorption.
Vermieden werden mflssen: hohere Temperaturen, chemische Mittel,
wie Sfluren and Basen; auch die Ausfflllungen schadigen, Kristallisation
ebenfalls.
1) Das Lab wird aber nach und nach wieder aus den Niederschlagen gereinigt
frei, eine Eigenschaft, die event, bei Antikorpem von hoher Bedeutung ware fiir die
Darstellung. Alkoholniederschlage sind bei den Antikorpem weniger untersucht (Tuber-
kulin Koch, Nitta, Cytase Levaditi).
2) Eine merkwiirdige Parallele ist noch zu erwahnen: das Trypsin wirkt namlich
auf Fibrin 13mal schneller ein, wenn man vorher das morphologische, nichts verandernde
Darmferment (Enterokinase) sich auf dem Fibrin fixieren lafit, also ein identisches Ver-
halten wie die Beize zum Alexin.
Nicht unerwahnt mdchte ich einige Beobachtungen lassen, die fur klarende Ver-
suche bedeutsame Fingerzeige zu sein scheinen: dafi es namlich gelingt, g^en kolloides
Arsensulfit (Lindner, Picton) einen Antikdrper zu erzeugen, aber auch andere Arsen-
verbindungen (Besredka) und femer gegen einzelne Nitrile (Heymans und Masoin).
Erate Abt. Orig. Bd. XXXIV. 28
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Centralb]. f. Bakt etc. I. Abt- Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
Diese Gesichtspunkte mussen nicht nur bei den Seren beachtet
werden, sondern vor allem auch bei der Darstellung der Produkte, die
znr Immunisierung verwendet werden. So wird z. B. Abtdtung der
Bakterien durch Hitze, durch chemische Mittel nicht vorgenommen
werden dflrfen, sondern wenn mdglich mechanisch. Deshalb verspricht
die Darstellung der Immunisierungsprodukte nach Mac Fadayen, die
vor kurzem in der Royal Society in London von Lister warm befflr-
wortet wnrde, neue Fortschritte, wenn die Methode zuverl&ssig, denn er
will die gefrorenen, also nicht plastischen and leicht ausweichenden
Bakterien mechanisch sicher zertrflmmern kdnnen. Da die Kalte Kol-
loide nicht verSndert, werden diese Bakterienbreie alles unver&ndert
enthalten, gegen was man Gegenkorper wflnscht (auf der anderen Seite
ist eine Methode, die auf isolierten, chemisch reinen Giftprodukten zu
stehen vorgibt, wie die von Maragliano, an sich ein Fehlgriff).
Da die Antikdrper durch ver&nderte Reaktion gesch&digt, durch
andere Kolloide absorbiert werden kdnnen, so ist eine Darreichung per
os wohl immer problematisch, vor allem abh&ngig von dem Magen und
Darminhalt.
b) Aus diesen Eigenschaften der Antikdrper lassen sich auch die
Erfolge und Mifierfolge der Immunisierung durch direktes Einspritzen
der Immunkdrper, also die sog. passive Immunisierung, im Gegensatz
zu der natflrlichen Immunisation durch Ueberstehung einer leichten
Erkrankung der spez. Art, erkl&ren.
Zwei Haupttypen existieren: die antitoxische speziell bei Diphtheric
und Tetanus und eventuell Schlangengift und die antibakterielle Immuni¬
sierung.
Von dieser passiven Immunisierung hatte nur die antitoxische prak-
tischen Erfolg, die Diphtherietherapie; sehr wenig die Tetanustherapie.
Was kann das erkl&ren? Einmal sind die Antitoxine relativ be-
stSndig auch im Blute anderer Tierarten; ferner verteilen sie sich uberall
hin im Kdrper, und die Affinitaten sind ziemlich ausgesprochen, so dafi
die Verbindung relativ rasch vor sich geht Dafi aber, nachdem die
Toxine bereits in tddlicher Dosis in den Zellen verankert, durch das
sich doch langsam verteilende, langsam reagierende Antitoxin noch her-
ansgenommen und neutralisiert wiirden, ist an sich unwahrscheinlich ;
jedoch kann alles freie, noch weiter Sch&digende gebunden werden. (Bei
Tetanus beweisen das vor allem die Erfolge der PrSventivimpfung der
Pariser Pferde.)
Ganz anders liegen die Verh<nisse bei passiven, antibakte-
riellen Serumimpfungen, weil einmal zwei Kdrper von ganz verschie-
denen physikalischen Eigenschaften verwandt werden, wie die Tabelle
zeigt, von denen der eine so wie so sehr schnell sich ver&ndert.
Nehmen wir die Tabelle fiber Verteilung im Kdrper, so finden wir,
dafi eingespritzte Immunkdrper und Alexine sich ungleich verteilen,
dafi Alexine meist in Oedem und Exsudaten, wo die Bakterien meist
liegen, gar nicht nachzuweisen sind, und auch der Immunkdrper geht
nur langsam in diese krankhaften, in der Zirkulation jeder Art gestdrten
Bezirke.
Wenn auch der Antikdrper langsam an die Stelle kommen kann, so
kommt fremdes Alexin sicher nicht hin; das heifit also, die Bakterien
wachsen unbeschadigt weiter, wenn nicht dort vom kranken Kdrper an
Ort und Stelle Alexin gebildet wird. Denn auch das vom kranken Tier
produzierte Alexin diffundiert nicht; also kann nur lokal entstandenes,
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Zangger, Deutungsversuch d. Eigengchaften u. Wirkungsweise d. Immunkorper. 435
resp. durch Zellen herbeigebrachtes, also leukocytogenes Alexin wirken.
Das ist vielleicht ein Hauptgrund, warum die Krankheitsformen meist
progressiv schlimm verlaufen, wenn keine Leukocyten auftreten, also bei
sog. negativer Chemotaxis. Aber auch angenommen, der fremde Immun-
kdrper und das vom Organismus loco produzierte Alexin treffen sich, so
werden in sehr vielen Fallen die Immunkdrper nicht diejenigen Vor-
bereiter der Bakterien sein, die ftkr die betr. Alexine passen.
Also mit anderen Worten, mit der passiven Immunisierungsmethode
kdnnen wir direkt nur daranf rechnen, die gerade im Blute befindlichen
Bakterien zu erreicben. Ferner ver&ndern sich diese Korper im Blute
fremder Spezien sehr schnell.
Anders verhklt es sich mit der erworbenen Immunit&t. Die durch
Bakterien erzeugten Antikorper bleiben viel linger im Organismus, aber
auch wenn sie schwinden, bleibt die Immunit&t erhalten.
Die Heilung von Infektionskrankheiten durch passiv immunisierende
lytische Seren kann also von Erfolg sein, wenn die Bakterien von den
Substanzen erreicht werden, speziell im Blute; in den meisten Fallen
sind aber die Krankheitserreger in den Geweben, Oedemen etc. Wirken
sie nun doch allgemein durch ihre Toxine, so wird die antitoxische
Therapie die einzige sein, denn die lytischen Korper erreicben sie ja
nicht, vor allem nicht in den Fallen, wo weitgehende histologische Ver-
Anderungen durch Exsudation, Granulation, Nekrose und Narbenbildung
eingetreten, wie bei Tuberkulose; da wird die Heilung nicht durch
lytische Wirkung zu stande kommen kdnnen — auch wenn die Bakterien
losbar waren —, sondern nur durch eine Veranderung der Disposition,
vor allem der benachbarten Zellen. Eine praventive Immunisierung
kommt natfirlich a priori auf ein Reaktionsfahigmachen der Kdrperzellen
hinaus, denn die Immunitat besteht ja nach flberstandenen Krankheiten
weit langer als die im Blute nachweisbaren Immunkorper; sie liegt also
in den Zellen. Folglich mflssen wir annehmen, daft die Krankheiten f(ir
die Serumwirkung verschieden zuganglich sind, vor allem auch ver-
schieden nach den histologischen Befunden.
Die klinisch so wichtige Erscheinung des Fiebers kann von diesem
Standpunkte, wie mir scheint, aus seinem „Chemismus“ erklart werden;
ich gehe dabei aus von den Untersuchungen und Ideen von Krehl und
Friedr. Maller.
Fieber entsteht durch Einfuhr bestimmter Dosen von Toxinen der
Bakterien, aber auch durch Einffihren von EiweiBkdrpern korperfremder
Art direkt ins Blut, die die Zellen des Organismus zerstdren und Eiweifi-
zerfall bedingen. Das Fieber ware also nach Krehl eine Reaktion des
Organismus gegen gewisse ins Blut gelangende fremdartige unassimilier-
bare Eiweifikorper — also allgemein nach unserer Auffassungsweise: die
Reaktion auf stickstoffhaltige, kdrperfremde aggressive Kolloide. Alle
diese Kdrper erzeugen nun im animalen Organismus mit ihnen zu
schwer loslichen Kombinationen sich verbindende Gegenkorper (Anti-
toxine, Prazipitine), die ihrerseits oft noch ausgesprochener kolloider Art
sind als die injizierten Kdrper. Dieser fast absolute Parallelismus
zwischen Antikdrperbildung und Fieberreaktion spricht fur einen Zu-
sammenhang (Friedr. Mtiller). Eiweifizerfall ist nicht allein ge-
nQgend, denn bei sehr intensivem Eiweifizerfall bei P.-Vergiftung und
Carcinom tritt kein Fieber auf (Krehl).
Wenn wir also nach dem annehmen dflrfen, dafi alle fiebererregenden
Substanzen stickstoffhaltige korperfremde Kolloide sind, die Antikdrper
28 *
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd XXXIV. No. 5.
erzeugen und den EiweiBzerfall erhfihen, so lSLBt sich daraus einiges
ableiten fiber ihre Wirknngsweise.
Rein chemisch lassen sich diese Tatsachen nicht anfassen, weil
Parallelen fehlen.
Wenn wir aber die spezifische Elektivit&t und event, gegenseitige
Lfisungstendenz mit anderen Kolloiden uns vorstellen, so ist es nahe-
liegehd, daB aggressive Kolloide verwandte Kolloide an sich reifien
kfinnen, z. B. ans Zellen, hauptsfichlich anch stickstoffhaltige. Diesem
langsam verlaufenden Vorgang entspricht die Inkubationszeit und das
nachher ffir einige Zeit folgende Fieber. (Der Mechanismus des Fiebers
ist dadurch natfirlich nicht geklfirt; aber die Tatsachen der Beobachtung
haben einen Zusammenhang.) Also N-haltige aggressive Kolloide, wie
die Toxine, erzeugen im animalen Kfirper in bestimmten Dosen Fieber,
wenn sie den EiweiBzerfall erhohen, und zwar nach mehreren Stunden.
Ich mfichte mir erlauben, der Ungewohntheit wegen mit den Eigen-
schaften kolloider Kfirper zu rechnen, ein Bild zu entwerfen, das diesem
Vorgang etwa entsprechen kfinnte, indem ich alles nur auf die ffir diese
Kfirper festgestellten, speziell physikalischen Eigenschaften basiere. So
kann ich auch den Gegensatz zur Ehrlichschen Theorie klarer machen,
der darin besteht, daB Ehrlich spezifische, chemische Affinit&ten (Seiten-
ketten) annimmt, wahrend ich die fiberall in den Vordergrund tretenden
physikalischen Eigenschaften, die nach dem Vorhergehenden die wichtig-
sten sind, besonders berficksichtige.
Tatsache ist, daB z. B. die Toxine von Zellen absorbiert werden,
und daB sie Antikfirper erzeugen und Fieber, und daB sie sich mit
diesem Antikfirper zu inaktiven Verbindungen kombinieren.
Kommt also ein Toxinkomplex an eine Zelle heran, so wird er in¬
different bleiben, wenn er nicht im stande ist, die Oberfl&chenspannung
der Zelle zu ver&ndern. Verfindert er die Oberfl&chenspannung, resp.
trifft er an dieser Stelle einen Komplex, mit dem er physikalische Affi-
nitat besitzt, so werden sich die beiden anziehen, und zwar wird das-
jenige sich gegen das andere hin bewegen, das weniger Hindernisse hat.
Das wird in den meisten Fallen das Toxin sein, denn es ist ja im all-
gemeinen aus einer Zelle ausgetreten, wird also auch in eine Zelle ein-
treten kfinnen, wahrend ja der Komplex, der zu ihm Affinitat hat, in
der Zelle gehalten wird durch dieselben Faktoren, die ihn frfiher fest-
hielten. Oder aber, er kann auch aus der Zelle gerissen werden durch
den EinfluB des Toxins, und die Verbindung der Antikfirperbildung kommt
ins Blut und zerfalit Denn auch sehr komplexe EiweiBkfirper, die schwer
in die Zelle eindringen, haben denselben Effekt.
Der Mechanismus der Entstehung und die Anregung zur vermehrten
Produktion der Antikfirper und ferner zur Vermehrung der diese pro-
duzierenden Zellen, speziell der Leukocyten, wird aus diesen Eigen¬
schaften verstfindlicher, namlich: bei der Verteilung dieser aggressiven
Kolloide werden sie einen Teil der in den Zellen auf sie passenden
Kolloide herausreifien oder binden und so das Gleichgewicht in den
Zellen stfiren. Die Reaktion der Zelle ist wie immer eine Produktion,
die mehr als den Defekt deckt.
Geht die Verbindung von den beiden passenden Kfirpern in der
Zelle vor sich, so wird die schwer diffundierbare Verbindung liegen
bleiben, einen Reiz auf die Zelle ausfiben, und die Zelle antwortet z. B.
mit vermehrter Produktion des gebundenen Kolloides oder sie teilt sich
oder geht zu Grunde. (Nur ein kleiner Teil der Zellen wird wahrend
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PrOscher, Ueber die kunstliche Immunitat gegen St&phylokokken. 437
dieser Zeit im Organismus zu Grande gehen and ihre Kolloide, von
denen nar ein Teil ungebundener Antikorper ist, frei geben.)
Das also eine Deutung des Zusammenhangs der festgestellten Vor-
gfinge, welche von einer Temperaturerhohung begleitet sind, die wir
Fieber nennen.
Warum habe ich mir erlaubt, die Tatsachen fiber Immunitat einer
neuen Deutung zu unterzieben? Nur weil diese Anschauungsweise (im
Gegensatz zu der rein chemischen) die in der Gegenwart and nfichsten
Zukunft wichtigsten Tatsachen zusammenfafit und in den Vordergrund
stellt, und scheinbar verschiedene Forschungsgebiete unter einheitlichere
Gesichtspunkte bringt Wenn sie das tut, hat sie wie jede Theorie als
Arbeitshypothese ihre ephemere Berechtigung, bis die nun krSftig
vorwfirtsschreitende Eiweisschemie eine rationellere chemische Erkl&rung
.auf neuen Funden geschaffen.
Nachdruck verboten,
TJeber die kunstliche Immunitat gegen Staphylokokken.
Von Dr. Prfischer, Hamburg.
Das Problem der Staphylokokkenimmunitfit ist in den letzten Jahren
von zahlreichen Forschern in Angriff genommen worden. Nicht allein
nur von bakteriologischer, sondern auch von chirurgischer Seite aus hat
man demselben erhdhte Aufmerksamkeit geschenkt Sind doch die
Staphylokokken neben den Streptokokken die Ursache zahlreicher
schwerer Erkrankungen mit ziemlich betrachtlicher Mortalitfit Es war
daher eine berechtigte Forderung, nach einer spezifischen Behandlung
der Staphylomykosen zu suchen, Die glanzenden Resultate der Serum-
therapie der Diphtherie liefien hoffen, dafi es auch gelingen wfirde, die
Staphylomykosen auf demselben Wege erfolgreich zu bekfimpfen. Die
von den verschiedensten Seiten ausgeffihrten Untersuchungen zeigten
aber, dafi die Immunitat gegen Staphylokokken weit komplizierter liegt,
als man von vornherein annehmen konnte. Es kann kein Zweifel dar-
fiber sein, daB das von den verschiedenen Autoren gewonnene Serum
eine gewisse Schutzwirkung entfaltete, dieselbe war aber so schwach,
daB von einer erfolgreichen therapeutischen Anwendung derselben keine
Rede sein konnte. Wie ich bereits in meiner ersten Mitteilung 1 ) fiber
Antistaphylokokkenserum betont habe, ist ffir die therapeutische Ver-
wendung desselben Bedingung, daB es die ffir die Staphylokokkeninfektion
empfindlichen Tiere schfitzt. Ich glaube ffir mich die Prioritfit in An-
spruch nehmen zu dfirfen, als erster den exakten experimentellen Beweis
erbracht zu haben, dafi es sicher gelingt, Tiere gegen Staphylokokken
passiv zu immunisieren. Auf eine Wfirdigung der zahlreichen Arbeiten,
die fiber die Staphylokokkenimmunisierung erschienen sind, naher ein-
zugehen, kann ich um so mehr verzichten, da dieselben, wie bereits er-
wfihnt, zu keinem brauchbaren Resultat geftthrt haben. Von den ver¬
schiedenen Autoren, die sich mit der Immunisierung gegen Staphylo¬
kokken beschfiftigt haben, dfirfte Petersen 2 ) der einzige gewesen sein,
der ein einigermafien wirksames Serum in Han den hatte.
1) Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 11.
2) Petersen, Ueber Immunisierung und Serumtherapie bei der Staphylomycosis.
(Bruns’ Beitrage. Bd. XIX. 1897.)
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438
CentraJbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 5.
Um ein hochwertiges Antistaphylokokkenscrum za gewinnen, mu 15
man mit lebenden virulenten Staphylokokken immunisieren. Das Serum,
mit welcbem die folgenden Versuche angestellt sind, war von Ziegen
nnd Pferden gewonnen.
Ehe ich auf die Besprechung der Tierversuche eingehe, werde ich
zunfichst meine Resultate fiber die Agglutination der Staphylokokken
mitteilen.
Agglutination der Staphylokokken.
Wie ich bereits in meiner ersten Mitteilnng berichtet habe, werden
sfimtliche Staphylokokken, die ans menschlichem Eiter in Reinkultnr ge-
zfichtet waren, von dem Staphylokokkenserum agglutiniert, wfihrend die-
jenigen, die aus der Luft, der normalen Haut und Vaccine isoliert waren,
durch das Serum nicht beeinfluBt werden. Es stimmen diese Resultate
mit den Untersuchungen von Neisser und Weehsberg 1 ) flberein,
die fanden, daB nur die Traubenkokken pathogenen Ursprungs, Staphylo-
lysin bezw. Leukocidin produzieren, wfihrend den saprophytischen
Kokkenarten diese Eigenschaft fehlt. Wfihrend der Drucklegung meiner
ersten Mitteilung erschien die Arbeit von Kolle und Otto, die Dif-
ferenzierung der Staphylokokken mittelst der Agglutination 2 3 ). Kolle
und Otto immunisierten Kaninchen intraperitoneal mit abgetfiteten
Staphylokokkenkulturen in steigenden Dosen, so daB die Tiere schliefilich
60 Agarkulturen auf einmal appliziert bekamen. Sie erhielten auf diese
Weise ein Serum, das noch bis zu einer Verdfinnung von 1:1200 agglu¬
tiniert. Ffir die Gewinnung agglutinierender Sera dfirfte sich die intra-
vendse Immunisierung mit abgetfiteten Kulturen sehr empfehlen, da man
auf diese Weise viel schneller zum Ziele gelangt und ein bedeutend
stfirker agglutinierendes Serum als bei intraperitonealer Immunisierung
erhfilt. Was die Methodik der Agglutination anbetrifft, so dfirfte die-
selbe, wie sie Kolle und Otto angeben, sehr zeitraubend sein. Ich
verfahre so, daB ich die Serumverdfinnung auf 1 ccm aufffille und dann
1 ccm gut durchgeschfittelter Staphylokokkenbouillonkultur zugebe.
Die Bouillonkultur ist vorher durch dfinnes, steriles Filtrierpapier,
das mit Kochsalzlfisung angefeuchtet ist, filtriert, um grobe Partikel
zurfickzuhalten. Die Mischung von Serum und Kultur wird dann in
kleine Blockschfilchen und dieselben in den Brutschrank von 37 0 ge-
bracht. Nach Ablauf von 2 Stunden werden dieselben bei schwacher
VergrfiBerung (60 — 70fach) und gesenktem Kondensor untersucht. Die
Agglutination lfiBt sich in den Blockschfilchen ausgezeichnet beobachten
und erkennt man dieselbe schon bei makroskopischer Betrachtung. Die
Staphylokokken sind zu kleinen Hfiufchen verklumpt, wfihrend die fiber-
stehende Flfissigkeit vollkommen klar ist. Die Kontrolle ist gleichm&Big
getrfibt. Wenn Kolle und Otto angeben, daB nach Ablauf von einer
halben Stunde die Agglutination schon als beendet anzusehen ist, so
dfirfte dies nach meinen Beobachtungen nicht der Fall sein. Nach Ab¬
lauf von einer halben Stunde beginnt die Agglutination gewfihnlich ein-
zusetzen und nach Verlauf von 2 Stunden beendet zu sein. Ich stimme
Kolle und Otto vollkommen bei, daB die makroskopische Beobachtung
viel ffir sich hat und der mikroskopischen mit starken Systemen vor-
zuziehen ist. Wenn man aber, wie ich es ffir die Typhusagglutination *)
1) Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh. Bd. XXX. 1901.
2 ) Zeitschr. f. Hygiene u. Infektionskrankh. Bd. XLI. 1902. p. 369.
3) Centralbl. f. Bait. Bd. XXXI. 1902. No. 9. p. 400.
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Pr5scher, Ueber die kflnstliche Immunit&t gegen Staphylokokken. 439
beschrieben habe, die Untersuchung bei schwacher VergroBerung (60
bis 70fach) vornimmt, so l&fit sich die Grenze derselben viel schSrfer be-
stimmen als bei rein makroskopischer Beobachtung. Bei so schwacher
VergrSBerung ist jede Verwechselung mit der Pseudoagglutination aus-
geschlossen. Bedingung ist, dafi man einwandfreie Kontrollen in reiner
physiologischer Kochsalzlosung vornimmt. Tabelle 1 gibt einen Ueber-
blick fiber die Herkunft der zur Agglutination verwandten Staphylo-
kokkenstamme.
Tabelle 1.
No. 1.
No. 2.
No. 3.
No. 4.
No. 5.
No. 6.
No. 7.
No. a
No. 9.
No. 10.
No. 11.
No. 12.
No. 13.
No. 14.
No. 15.
Herkunft der Staphylokokkenstamme.
a) Aureusstamme:
Furunkel der Unterlippe.
Vaccine Koln.
Ekzem.
Vaccine I.
Furunkel.
Vereitertes Kniegelenk.
Ekzem.
Vaccine Stettin.
Luft.
Panaritium.
Mastitis puerneralis.
Mammaabscetf.
Muskelabscefi.
Vaccine II.
Angina.
No. 16. Eiter? Jahrelang fortgezfichteter
Stamm.
No. 17. Glutaalabscefl.
No. 18. Nierenabscefi.
No. 19. Luft
No. 20. Empyem der Brusthohle.
No. 21. Osteomyelitis dee Unterschenkels.
b) AI buss tarn me:
No. 22. Haut.
No. 23. Schulterabscefi, wuchs sparlich
neben Staphylococcus aureus.
No. 24. Normale Haut.
No. 25.
No. 26. Ekzem.
No. 27. Comedo.
No. 28. Keinkultur aus Hautabscefi.
Tabelle 2.
Agglutinationstiters mit Ziegenimmunserum.
6
Normales Ziegen-
serum agglutiniert
bis zur Verdiinnung
Ziegenimmunserum
agglutiniert bis zu
einer Verdiinnung
6
fc
Normales Ziegen-
serum agglutiniert
bis zur Verdiinnung
Ziegenimmunserum
agglutiniert bis zu
einer Verdiinnung
1
1:20
1:2560
15
1:80
1:320
2
0
0
16
0
1:160
3
1:10
1:640
17
1:10
1:320
4,
0
0
18
angedeutet
1:640
5!
1:40
1:640
19
0
0
6|
1:10
1:320
20
1:20
1:1260
7 1
angedeutet
1:640
21
1:10
1:640
8
1 0
0
22
0
0
9
0
0
23
0
0
10
1:5
1:1280
24
0
0
11
1:20
1 :2560
25
0
0
12
1:10
1:2560
26
0
1:320
13
0
1:1280
27
0
0
14
0
0
28
0
1:640
Wie ein Blick auf Tabelle 2 zeigt, wird dnrch normales Ziegen-
serum ein Teil der Staphylokokken agglutiniert, ein anderer Teil gar
nicht beeinfluBt. Durch das Immunserum werden No. 1, 3, 5, 6, 7, 10,
11, 13, 15, 16, 17, 18, 20 und 21 in mehr oder minder starker Konzen-
tration agglutiniert. Dieselben bilden alle Staphylolysin. No. 2, 4, 8,
9, 14, 19, 20, 23, 24, 25 und 27 werden nicht agglutiniert, dieselben
produzieren auch kein Hamolysin, sie sind also von den pathogenen
Staphylokokken abzutrennen. Die Differenzen des Titers diirften weniger
mit der Virulenz, wie Kolle und Otto annehmen, sondern mit dem
verschiedenartig gebauten Rezeptorenapparat der Staphylokokken in Zu-
sammenhang zu bringen sein. Diese Erscheinung beobachten wir auch
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440 Centralbl. f. Bakt. etc. I.^Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
bei der Agglutination anderer Bakterienspecies, so z. B. beim Typhus.
Es gibt Typhusstfimme, die von einem Typhusserum bereits in hoher
Verdttnnung vollkommen agglutiniert werden, wfihrend andere, ebenfalls
echte Typhusstamme einer viel hoheren Konzentration bedfirfen, nm voll-
kommen agglutiniert zu sein. Die Erklarung dieser Tatsachen ist
nicht schwer, wenn wir die Ehrlich -Morgen rothschen*) Anschau-
nngen fiber die hfimolytischen Immunkorper auf die Agglutinine fiber-
tragen. Dieselben konnten nachweisen, daB die hfimolytischen Immun¬
korper nicht eine einheitliche Substanz darstellen, sondern sich ans einer
Reihe sogenannter Partialimmunkdrper zusammensetzen, die unterein-
ander sowohl in ihren bindenden Gruppen als auch an Zahl verschieden
sind. Immunisiert man z. B. mit dem Blut des Meerschveinchens A
das Kaninchen A, mit dem Blnte des Meerschveinchens B das Kanin-
chen B, und prfift dann das Sernm dieser Kaninchen auf seinen hfimoly¬
tischen Wert gegenttber Meerschweinchenblut, so wird man finden, daB
das Serum des Kaninchens A die Meerschveinchenblutkdrperchen in
anderer Konzentration ldsen wird, als das Serum des Kaninchens B.
Die Immunsera dieser beiden Tiere enthalten also, trotzdem sie mit der
gleichen Blutart immunisiert sind, nicht die gleichen Rezeptoren, sonst
mttfite der Losungskoeffizient der gleiche sein, vorausgesetzt, daB der
Komplementgehalt derselbe ist. Die Mischung der beiden Sera wird die
Blutkorperchen in anderer Konzentration ldsen, als jedes der Sera allein.
Aus diesen Beobachtungen ergibt sich, dafi die Zellen ein und derselben
Species biologisch nicht gleichwertig sind, sondern eine groBe indivi-
duelle Verschiedenheit ihres Rezeptorenapparates erkennen lassen. Die
gleichen Verhfiltnisse finden wir bei der Immunisierung mit Bakterien.
Es ist also gar nichts Auffallendes, daB durch das Staphylokokkenserum
nicht sfimtliche Staphylokokken in gleicher Konzentration agglutiniert
werden. Die Rezeptorenapparate der einzelnen Staphylokokkenstfimme
sind nicht alle gleichartig gebaut. Es werden also durch das Staphylo¬
kokkenserum und diejenigen Staphylokokken in annfihernd derselben
Konzentration agglutiniert werden, welche die gleichen Rezeptoren be-
sitzen wie derjenige Staphylococcus, der zur Immunisierung ver-
wandt wurde.
Die Wertbemessung des Antistaphylokokkenserums.
Ffir die therapeutische Verwendung des Staphylokokkenserums ist
es von groBter Wichtigkeit, Sera von genau bestimmtem Wert anzu-
wenden, da nur auf solchen eine exakte klinische Prfifung basieren
kann. Ich brauche nur an die Wertbestimmung des Diphtherieheil-
serums zu erinnern, dessen exakte Wertbemessung erst durch Ehr¬
lichs klassische Untersuchungen fiber die Konstitution des Diphtherie-
giftes ermfiglicht wurde und ffir die erfolgreiche therapeutische Ver¬
wendung desselben von ausschlaggebenster Bedeutung war. Die un-
gfinstigen Resultate, die im Anfang mit dem Diphtherieheilserum nament-
lich in England erzielt wurden, waren nur darauf zurfickzuffihren, dafi
die verwandten Sera ffir die therapeutische Verwendung viel zu schwach
waren. Erst die Einftthrung der Ehrlichschen Prfifungsmethode der
Serum-Giftmischung, die jetzt allgemein acceptiert ist und die ffir die
gleichmfifiige Starke des Diphtherieheilserums die grfifite Sicherheit bietet,
1) Ehrlich und Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. 1901; siehe auch
Durham, Journ. of experiment, med. 1901.
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Prttscher, Ueber die kunsUiche Immunitat gegen Staphylokokken. 441
sind die therapeutischen Erfolge der Serumbehandlung allgemein aner-
kannt worden.
Fflr die Wertbestimmung des Staphylokokkenserums liegen die Ver-
haltnisse ungleich schwerer, da wir nicht mit Serum-Giftmischungen,
sondern mit lebenden Kulturen arbeiten mfissen. Obwohl der Staphylo¬
coccus lflsliche Gifte bildet, auf die wir in Gestalt der roten und
weiBen Blutkdrperchen des Kaninchens sehr empfindliche Reagentien
besitzen, so sind wir doch genfltigt, mit lebenden Kulturen zu arbeiten,
da die intracellularen Gifte, denen ein Hauptteil der Giftwirkung der
Stapbylokokken zukommt, nicht in die Kulturflttssigkeit (ibergehen und
wir fflr dieselben keine bioskopische Prfifungsmethode besitzen. Die
Giftwirkung der Staphylokokken kombiniert sich rnithin aus der Wirkung
des Staphylolysins, Leukocidins und der intracellularen Gifte. Die
Wirkung der intracellularen Gifte konnen wir nur an Tieren, die fflr
die Staphylokokkeninfektion empf&nglich sind, prfifen. Die PrQfung im
Reagenzgias ist nur eine partielle und kann also den Tierversuch nicht
ersetzen. Was die Empf&nglichkeit der einzelnen Tierspecies gegenflber
den Staphylokokken anbetrifft, so habe ich bereits in meiner ersten
Arbeit mitgeteilt, das nur Kaninchen fur die PrQfung in Betracht kommen.
Dieselben sind subkutan und intraperitoneal gegenflber den Staphylo¬
kokken sehr verschieden empfindlich und vertragen haufig groBe Dosen
ohne zu sterben, nur bei Einffihrung in die Blutbahn gehen dieselben
ausnahmsweise bei genttgend grofien Dosen unter typischen Erschei-
nungen zu Grunde. Die GroBe der todlichen Dose ist so zu bemessen,
dafi Kaninchen im Gewicht von 2500—3000 g in 2 X 24, langstens
in 3 X 24 Stunden getotet werden. Nach zahlreichen Bestimmungen
genflgen 0,5 ccm einer virulenten Staphylokokkenbouillonkultur, um die
Tiere in der angegebenen Zeit sicher zu tflten. Nach Injektion von
0,1 ccm gehen dieselben erst nach Ablauf von 6—7 Tagen zu Grunde;
es dflrfte dies ungefahr die einfach todliche Dose sein. In Tabelle 3
lasse ich eine Anzahl Versuche zur Bestimmung der 5-fach todlichen
Dose folgen:
Tabelle 3.
Tier No. 1 0,5 ccm Staphylokokkenbouillonkultur intrav. am 31. XI. 02, + am 1. XII. 02
No. 2 0,1
No. 4 0,5
No. 5 0,5
No. 21 0,5
No. 42 0,5
No. 9 0,5
31. XI. 02, f
4. XII. 02, f
6. XII. 02, f
25. XII. 02, f
14. 1.03, f
5. 1.03, f
6. XII. 02
5. XII. 02
9. XII. 02
26. XII. 02
16. 1.03
6. 1.03
Ehe ich auf die Prflfungsmethode eingehe, will ich zunachst den
Krankheitsverlauf der mit Staphylokokken infizierten Tiere kurz be-
schreiben. 2—3 Stunden nach der Infektion fangen die Tiere an zu
fiebern und nehmen keine Nahrung mehr auf. Nach ca. 15—20 Stunden
tritt gewohnlich Lahmung der beiden Hinterbeine ein, die allmahlich
auch auf die vorderen Extremitaten flbergreift, so dafi die Tiere auf der
Seite liegen. Die Atmung ist stark beschleunigt und unter allgemeinen
Konvulsionen tritt der Tod ein.
Der Sektionsbefund der an Staphylokokkeninfektion zu Grunde ge-
gangenen Tiere weist makroskopisch keine besonderen Veranderungen
auf. AuBer einer starken Hyperamie der Bauch- und Brustorgane sind
weiter keine grobanatomischen Veranderungen zu konstatieren. Zur
Ausbildung von Abscessen kommt es gewohnlich nicht, da der Krank-
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442
Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 5.
faeitsverlauf zu kurz ist. Mikroskopisch l&Bt sich in den meisten Or-
ganen trftbe Schwellung konstatieren.
Um die St&rke des Serums bestimmen zu kdnnen, wird folgender-
mafien yerfahren: die Tiere bekommen 24 Stunden vor der Infektion
das Serum subkutan injiziert und werden dann nach Ablauf von 24
Stunden intravenfts mit Staphylokokken infiziert. Tabelle 4 veranschau-
licht die Wertbestimmung des Ziegen- und Pferdeimmunserums.
Tier No. 15 0,5 Serum subk. am 16.
No. 210,5
No. 16 1,0
No. 201,5
No. 29 1,5
No. 301,5
No. 17 2,0
No. 28 2,0
No. 18 3,0
24 .
16.
24
Tabelle 4.
Ziegen immunserum.
XI. 02 0,5 ccm Staphylokokkenkultiir am 17.
XI. 02 0,5
XI. 02 0,5
XI. 02 0,5
9. XII. 02 0,5
9. XII. 02 0,5
19. XI. 02 0,5
9. XII. 02 0,5
19. XI. 02 0,5
25,
17 .
25.
XI. 02 fam 18. XI. 02
XI.02 f
XI. 02+ „
XI.02 lebt
10. XII. 02 lebt
20. XI.02 lebt
20. XI.02 lebt
10. XII. 02 lebt
20. XI.02 lebt
26. XI. 02
19. XI. 02
Pf erdeim mu n serum.
Tier No. 49 0J5 ccm Serum subk. am 30.1.03 0,5 ccm Staphylokokkenkultur am 31.1.03 + am 1. II. 03
„ No. 45 1,0 „ „ „ „ 26.1.03 0,5 „ „ „ 27.1.03 lebt
„ No. 41 1,5 „ „ „ „ 15.1.03 0,5 „ „ „ 16.1.03 lebt
„ No. 43 2,5 „ „ „ „ 15.1.03 0,5 „ „ „ 16.1.03 lebt
„ No. 44 4,0 „ „ „ „ 15.1.03 0,5 „ „ „ 16.1.03 lebt
Gibt man das Serum subkutan und zu gleieher Zeit das Gift intra-
venbs, so sterben die Tiere in derselben Zeit wie die Kontrolltiere, die
nur Gift intravenSs erhalten haben. Bei gleichzeitiger Injektion von
Gift und Serum werden die Toxine so schnell verankert, dafi dieselben
von den Antitoxinen nicht mehr neutralisiert werden kflnnen. In Ta¬
belle 5 lasse ich zun&chst die Versuche bei gleichzeitiger Injektion von
Gift und Serum folgen.
Tabelle 5.
Tier No. 14 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intrav. 0,1 Serum subkut. am 13. XI. 02 + am 15. XI. 02
No. 15 0,5 „
tt
0,15
tt
it tt
13. XI. 02 +
„ 15. XI. 02
No. 10 0,5 „
>«
a
0,2
tt
tt tt
11. XI. 02 +
„ 14. XI. 02
No. 8 0,5 „
»»
a
0,25
tt
tt tt
6. XI. 02 +
„ 11. XI. 02
No. 7 0,5 „
No. 6 0,5 „
»»
tt
0,5
it
tt tt
6. XI. 02 +
„ 9. XI. 02
tt
it
1,0
1,5
tt
it tt
6. XI. 02 +
„ 9. XI. 02
No. 11 0,5 „
>»
a
tt
it tt
7. XI. 02 +
„ 9. XI. 02
Femer wurde versucht, ob bei intravenoser Injektion des Serums
geringere Mengen ausreichen, um die tbdliche Dose zu neutralisieren.
Das Antitoxin wurde zu gleieher Zeit mit dem Gift injiziert Wie fol-
gende Versuche zeigen, traf die eben gemachte Voraussetzung leider
nicht zu. Es wurde nur eine VerzOgerung des Todes herbeigeffihrt,
indem die Serumtiere die Kontrolltiere um einige Tage iiberlebten.
Tabelle 6.
Serum und Kultur intravenos zu gleieher Zeit injiziert
Tier No. 27a 8. XII. 02 0,1 ccm Serum und 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravenos,
9. XII. 02 munter,
10. XII. 02 beide Hinterbeine steif,
11. XII. 02 beide Vorder- und Hinterbeine gelahmt,
12. XII. 02 +.
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Pr&scher, Ueber die ktinstliche tmmunitfit gegen Staphylokokken. 443
Tier No. 27b 8. XII. 02 0,3 ccm Serum und 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravenos,
9. XII. 02 munter,
10. XII. 02 beide Hinterbeine steif,
11. XII. 02 beide Vorder- und Hinterbeine gelahmt,
12. XH. 02 f.
Tier No. 27e 8. XII. 02 1,0 ccm Serum und 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravends,
9. XII. 02 munter,
10. XII. 02 beide Hinterbeine steif,
11. XII. 02 beide Hinterbeine gelahmt,
. 12. XIL 02 beide Hinterbeine und Yorderbeine gelahmt,
13. XIL 02 +.
Ebensowenig wurde ein Erfolg erzielt, wenn das Serum 24 Stunden
yor der Infektion gegeben wurde.
Um das Prftfungsverfahren zu vereinfachen, wurde das Serum mit
der Staphylokokkenkultur gemischt, die Mischuug V* Stunde stehen ge-
lassen und dann intravends injiziert. Wie folgende Versuche erl&utern,
fielen dieselben aber so unregelm&Big aus, daB von dieser Methode Ab-
stand genommen werden muBte.
Tabelle 7.
Serum und Gift gemischt intravends injiziert.
Ziegenimmunserum.
Tier No. 38 1,5 ccm Serum ■+• 0,5 Staphylokokkenkultur 11. XII. 02 lebt
„ No. 38q 1,5 „ „ +0 ,5 „ 11. XH. 02 f am 18. XH. 02
Pferdeimmun serum.
Tier No. 46 2 ccm Serum -f 0,5 Staphylokokkenkultur 30. I. 03 + am 8. IL 03
„ No. 48 1 „ „ -f 0,5 „ 30. I. 03 lebt.
Ffir die therapeutische Verwendung des Staphylokokkenserums ist
es von grdBter Bedeutung, ob dasselbe bei bereits manifester Infektion
noch heilende Wirkung entfaltet. Leider sind die Versuche, die ich in
groBer Anzahl angestellt habe und von denen ich nur einige mitteilen
will, bis jetzt alle negativ ausgefalleu, da trotz der grdBten Dosen Serum
die Tiere ohne Ausnahme zu Grunde gingen. Man kann die Staphylo-
kokkeninfektion der Tetanusinfektion in dieser Beziehung an die Seite
stellen. Bei der Tetanusinfektion gelingt es aber wenigstens, in den
ersten Stunden nach der Infektion die Tiere noch mit Antitoxin zu
retten, w&hrend dies bis jetzt bei der Staphylokokkeninfektion unmdglich
ist. Die Bindung der Staphylokokkentoxine scheint eine so^ feste zu
sein, daB selbst die grdBten Dosen Serum ohne Wirkung sind.
Tabelle 8.
Heilversuche mit Staphylokokkenserum.
Tier No. 25 am 28. XI. 02 um 2 1 /, Uhr p. m. 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravenos,
um 6 1 /, Uhr p. m. 10 ccm Staphylokokkenserum subkutan. + am 29. XI. 02.
Tier No. 22 am 24. XI. 02 um 2 Uhr p. m. 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravends,
um 4 Uhr p. m. 10 ccm Staphylokokkenserum subkutan, f ami. XII 02.
Tier No. 36 am 6. XII. 02 0,5 ccm Staphylokokkenkultur intravends um 10 Uhr a. m.
um 10V 4 Uhr a. m. 20 ccm Staphylokokkenserum subk., + am 8. XIL 02.
Ueber die Wirkungsweise des Antistaphylokokken-
8 e r u m s.
Wie allgemein bekannt, unterscheiden wir antitoxisch und bakterizid
wirkende Heilsera. Die Wirkung der ersten ist eine rein chemische,
indem sie die Toxine neutralisieren, die Wirkung der letzteren besteht
darin, daB sie die Bakterienzelle zur Auflosung bringen. Damit ist ihre
Wirkung aber noch nicht erschopft, sie miissen auch noch eine anti-
toxische Funktion haben, denn durch die Bakteriolyse werden die intra-
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444 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXTV. No. 5.
zellul&ren Gifte frei und warden ihren deletfiren Einflufi auf den Orga-
nismus ausuben, wenn dieselben nicht durch Antitoxin neutralisiert
wdrden. Der Mechanismus der bakteriziden Sera ist weit komplizierter
als der der antitoxischen. WShrend bei den antitoxischen Sera nur ein
KOrper in Betracht kommt, sind far die Wirkung der bakteriziden Sera
zwei Substanzen notig, der stabile Immunk5rper und das labile Kom-
plement. Nach diesen kurzen theoretischen Erorterungen wollen wir
nun die Frage zu beantworten suchen, welche Wirkung dem Staphylo-
kokkenserum zukommt. Was zunkchst die bakterizide Wirkung des
Staphylokokkenserums anbetrifft, so muB ich im Gegensatz zu Schatten-
froh konstatieren, daB demselben im Reagenzglas jede bakterizide
Wirkung abzusprechen ist. Es wurde zur Komplementierung des in-
aktiven Ziegenimmunsernms sowohl normales Ziegen-, Menschen-, Ka-
ninchen-, Meerschweinchen- und Pferdeimmunserum bentttzt, aber eine
keimtdtende Wirkung konnte in keinem Falle erzielt werden. Die
Reagenzglasversuche wurden nach der N eisserschen Methode ange-
stellt. Ebensowenig konnte in der Bauchhdhle immunisierter Meer¬
schweinchen, M&use, Kaninchen eine Bakteriolyse der Staphylokokken
beobachtetet werden. Den Versuchstieren wurde 24 Stunden vor der
Infektion Staphylokokkenserum intraperitoneal injiziert. Zur Kontrolle
wurde eine Anzahl Tiere mit normalem Ziegenserum vorbehandelt und
ebenfalls nach 24 Stunden mit Staphylokokken infiziert. Entnimmt man
nun nach 30 Minuten den immunisierten wie den mit normalem Ziegen¬
serum vorbehandelten Tieren etwas Exsudat aus der Bauchhdhle und
untersucht dasselbe mikroskopisch (im hfingenden Tropfen oder Trocken-
praparat), so findet man, dafi bei den immunisierten Tieren s&mtliche
Staphylokokken von vorwiegend groBen mononuklefiren Leukocyten auf-
genommen sind, polynukle&re Zellen sind nach dieser Zeit nur spOrlich
vorhanden. Bei den mit normalem Ziegenserum vorbehandelten Tieren
findet man ebenfalls eine m&Big starke Leukocytose, aber die grOBte
Mehrzahl der Staphylokokken liegt noch frei im Exsudat, nur wenige
sind von den Leukocyten aufgenommen. Nach ca. einer Stunde sind bei
den immunisierten Tieren die mit Staphylokokken beladenen grofien
mononukle&ren Zellen verschwunden und man findet jetzt zahlreich poly-
nukleOre Zellen, die zum Teil noch mit Staphylokokken angefailt sind.
Nach Ablauf von 24 Stunden ist die Leukocytose fast vollkommen ver¬
schwunden und ist nur noch ein spBrliches Exsudat mit wenig Leuko¬
cyten vorhanden. Das Staphylokokkenserum abt also einen stimulieren-
den EinfluB auf die Leukocyten aus. Wir kdnnen uns diese Wirkung
nur dadurch erklkren, dafi die Leukocyten bezw. ihr Protoplasma das
Antitoxin binden. Welcher Natur diese Bindung ist, ob chemisch oder
physikalisch, lasse ich vorlBufig dahingestellt. Durch die Aufnahme
des Antitoxins werden die Leukocyten positiv chemotaktisch nnd nehmen
begierig die Eokken auf. Bei den nicht immunisierten Tieren verhfilt
sich die grdfite Mehrzahl der Leukocyten negativ chemotaktisch. Die
Starke der Phagocytose ist zugleich ein MaBstab far die Virulenz der
Staphylokokken, je virulenter dieselben sind, desto geringer ist die
Phagocytose, ja sie kann bei sehr virulenten Staphylokokken vollkommen
fehlen, je weniger virulent dieselben sind, um so starker ist dieselbe.
Die Bedeutung der Phagocytose im Kampf mit den Staphylokokken er-
blicke ich darin, daB dieselben nicht eine momentane Abtotung der
Staphylokokken bewirken, sondern dieselben in ihrer Virulenz ab-
schw&chen. Die Auflosung der Staphylokokken in den Leukocyten
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Bail u. Pettersson, Untersuch. iiber natflrl. u. kiinstl. MilzbrandimmuniUlt. 445
scheint sehr langsam vor sich zu gehen. So konnte ich aus der
Peritonealflussigkeit von immunisierten MSusen noch nach 6 Tagen
Staphylokokken zflchten, trotzdem dieselben in den Leukocyten anfge-
speichert varen. Ferner habe ich bei einem Kaninchen, das bei der
Wertbestimmung am Leben blieb, and nach 2 Monaten einen Gelenk-
abscefi bekam, aus dem Eiter desselben Staphylokokken zflchten kOnnen,
deren Identitat durch die Agglutination festgestellt wurde. Der Abscefi
hatte sich spontan entleert und das Tier blieb am Leben. Aus diesen
Beobachtungen ergibt sich, daC von einer direkten keimtdtenden Wir-
kung des Staphylokokkenserums keine Rede sein kann und dasselbe
ausschliefilich antitoxisch wirkt, indem es die von den Staphylokokken
produzierten Gifte unschfldlich macht und indirekt die Leukocyten im
Kampfe mit den Staphylokokken unterstfltzt und dieselben befahigt, die
Staphylokokken in ihrer Virulenz abzuschwflchen und allmahlich aufzu-
losen.
Das Antistaphylokokkenserum ist von dem Serum - Laboratorium
„Ruete-Enoch“ in Hamburg zu beziehen.
Nachdruck verboten.
Untersuchungen liber natiirlicbe und kimstiiche Milz-
brandiminunitat
[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universitat Prag
(Vorstand: Prof. Hueppe).]
Mit Unterstfltzung der Gesellschaft zur Forderung deutscher Wissen-
schaft, Kunst und Literatur in Bdhmen.
VII. Versuch einer Erklflrung der Milzbrandempf&nglich-
keit des Kaninchens.
Von
Dozent Dr. Oskar Bail und Dozent Dr. Alfred Pettersson
Assistenten des Institutes. Stockholm.
Wenn man es unternimmt, die natiirliche Empfanglichkeit Oder
Widerstandskraft gegen die Milzbrandinfektion mit RQcksicht auf die
milzbrandfeindlichen Eigenschaften des Organismus der Versuchstiere
zu untersuchen, so bieten sich wie von selbst zwei anscheinend ganz
widerspruchsvolle Probleme dar. Das eine betrifft die Empfhnglichkeit
des Kaninchens bei ausgesprochenstem milzbrandtotenden Vermogen
des Blutes and Blutserums, das zweite die relative Immunit£t des
Hundes 1 ) und die fast absolute des Huhnes bei meist vollst&ndigem
Fehlen jeder keimfeindlichen Wirkung der K5rpersafte. Dieser Wider-
spruch, der in seiner Verfolgung zu der paradoxen Erscheinung fuhrt,
daC ein Kaninchen, dessen extravaskulares Blut in der Menge von
1 ccm Tausende von Milzbrandbacillen binnen kflrzester Zeit abtotet,
wShrend das gleiche Tier der intravaskul&ren Einfflhrung von 5 oder
10 St&bchen widerstandslos erliegt, ist seit Lubarsch immer wieder
hervorgehoben worden 2 ) und bildete eines der st&rksten Argumente
1) Im ganzen scheint die naturliche Immunitat des Hundes entweder nicht be*
sonders stark ausgesprochen zu sein oder sehr stark von der Basse abzuhangen. Es
gingen ausgewachsene Hunde mehrfach auf Injektion von 1 und selbst V, ccm Bouillon-
kultur binnen 8 Tagen zu Grunde.
2) So neuestens bei Fischer, Vorlesungen fiber Bakterien. 2. AufJ. p. 339.
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446
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
gegen die Verwertung der Buchnerschen Alexine zur Erkl&rung der
natflrlichen Immunitat.
Es ist zunflchst nicht viel gewonnen, wenn man nachweist, dafi
auch der Hund fiber milzbrandfeindliche Ffihigkeiten in seinem Orga-
nismus verfflgt Die auf den ersten Blick so ansprechenden Erkl&rungs-
versuche von Denys und Kaisin 1 2 ), wonach der Hund erst nach er-
folgter Milzbrandinfektion bakterizide Stoffe in seinem Blute erkennen
l&fit, haben freilich der Nachprflfung bisher nicht standhalten kOnnen,
vohl aber hat es sich gezeigt, dafi der Hund in seinen Leukocyten ein
milzbrandtOtendes Agens besitzt s ). Es stellte sich ferner heraus, dafi
durch Mischung von ganz unwirksamem Hunde- und HQhnerblute mit
so geringen Mengen von Kaninchenserum, dafi dieses an sich nicht mehr
wirkungsf&hig ist, starke milzbrandtotende Erscheinungen ausgelSst werden.
Seitdem durch Ehrlichs und seiner Schfiler Arbeiten unzweifel-
haft gezeigt wurde, dafi die Buchnerschen Alexine als einheitliche,
einfach wirkende Korper nicht existieren, dafi vielmehr jede Keimtdtung
im normalen wie im spezifischen Serum, wo Bordet die Verh<nisse
zuerst erkl&rte, auf dem Zusammenwirken von Immunkdrper und Kom-
plement beruht, ist die Erkl&rung dieses Befundes sehr einfach und
leicht geworden: Der Hund oder das Huhn besitzt Immunkorper, der
durch das vom Kaninchenserum gelieferte Komplement wirkungsvoll er-
g&nzt wird.
War diese Erkenntnis ein Fortschritt, so war es doch zun&chst nur
ein solcher in der allgemeinen Kenntnis der Bluteigenschaften ver-
schiedener Tiere. Die Lflsung der oben angedeuteten beiden Probleme
brachte er nicht.
Denn ganz abgesehen davon, dafi die Empf&nglichkeit des Kanin-
chens nicht im geringsten verstflndlich wurde, ergaben weiter ver-
gleichende Untersuchungen alsbald 3 ), dafi auch das Serum vieler anderer
Tiere durch Kaninchenkomplemente wirksam werden kann, und darunter
befanden sich gerade diejenigen, welche im hSchsten Grade natfirlich
empf&nglich fflr Milzbrand sind, das Schaf und das Rind. Wollte man
die Anwesenheit eines Immunkorpers im Blute des Huhnes und Hundes
als Erkl&rungsgrund fflr ihre Unempfindlichkeit gelten lassen, so war
nicht einzusehen, warum nicht das Schaf und namentlich das Rind immun
seien. Es war alles nur noch verwickelter geworden.
Gleichwohl unterliegt es keinem Zweifel, dafi das Gelingen oder
das Ausbleiben einer Milzbrandinfektion mit Vorgflngen der Keim-
abtotung innerhalb des betreffenden Tieres zusammenhflngen mufi. Mag
auch in letzter Linie der Milzbrandtod auf eine Vergiftung durch das
bisher so gfinzlich unfafibare Anthraxtoxin zurflckzuftthren sein, zur
Bildung desselben ist doch ein starkes Wuchern der eingedrungenen
Bacillen offenbar notwendig. Wenn dieses Wachstum im Kflrper des
Kaninchens trotz der stflrksten bakteriziden Eigenschaften seiner Sfifte
stattfindet, so mufi im Korper eine Hemmung existieren, die aufierhalb
des Korpers im Serum wegfflllt. Und umgekehrt, wenn im Huhne die
injizierten Bacillen sich nicht zu vermehren im stande sind, so mufi im
Organismus eine Abtotung moglich sein, die im extravaskulfiren Blute
nicht nachweisbar ist.
Es gait also, beim Kaninchen die supponierte Hemmung, beim
1) Denyo et Kaisin, La cellule. T. IX. 1898.
2) Bail, Dieses Centralbl. Bd. XXVII. 1900. p. 10 u. 517. — Pettersson,
Ebenda. 1903.
3) Bail sowie Bail und Pettersson, dieses Centralbl. 1903.
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Bail u. Pettersson, Untersuch. fiber natfirl. u. kfinstl. Milzbrandimmunitftt 447
Huhne die vorausgesetzte AbtOtungsmSglichkeit aufzufinden. Fflr ersteres
liegt ein gewisser Fingerzeig seit langer Zeit vor.
Das Blut eines milzbrandigen Kaninchens behalt seine keimtdtenden
Eigenschaften und auch seinen Komplementgehalt 1 2 ). Es kann also im
TierkOrper die Aufzehrung der beiden bei der Bakterienvernichtung
wirkenden Komponenten nicht stattgefunden haben und es erhebt sich
sofort die Frage, ob denn diese Stoffe im Tiere flberhaupt dem Milz-
brandbacillus gegenflber in Tatigkeit treten kOnnen.
DaK durch Studium des Blutes und Serums im Reagenzglase koine
weiteren Fortschritte zu machen seien, wurde bald durch eine einfache
Ueberlegung klar. Wie bereits dargelegt wurde, gelingt es, durch Zu-
satz toter Oder auch lebender Milzbrandkulturen ein Kaninchenserum
unwirksam zu machen. Die dafflr erforderliche Anzahl von Bacillen
schwankt zwar betrfichtlich, ist aber irnmer relativ sehr bedeutend und
liegt im Mittel etwa bei Vs Agarkultur fflr 1 ccm Serum. Nun mag
man sich das Wachstum der Bacillen im Korper beliebig grofi vorstellen:
so viele, wie 7s Agarkultur enth<, kommen sicher nicht auf die ent-
sprechende Menge intravaskulflren Blutes. Das, was im Reagenzglas-
versuche gefunden werden kann, ist einfach auf die natflrlichen Verhfilt-
nisse nicht flbertragbar.
Weit aussichtsvoller wurde das Studium der KArperorgane des
Kaninchens, und zwar sowohl fflr sich allein als in Verbindung mit dem
Blute des gleichen Tieres. Ueber solche Organversuche, und zwar mit
Serum fremder Tierarten, wurde bereits berichtet*). Sie lieferten sehr
interessante Resultate, die aber fflr die hier zun&chst interessierende
Frage noch nicht in Betracht kommen. Immerhin geht daraus bereits
hervor, dall die blutleeren Organe des Kaninchens in indifferenter
Flflssigkeit nicht bakterizid wirken, daft also die beiden notwendigen
Dinge, ImmunkArper und Komplement, entweder nicht gleichzeitig in
den Organen zugegen sind oder doch nicht in geeigneter Weise zum
fertigen Bakteriolysin zusammen treten kAnncn. Nur die Leukocyten
eines Aleuronatexsudates und Afters die aus Lymphdrttse gewonnenen
besitzen eine gewisse Wirksamkeit, die aber auch schwankt und jeden-
falts mit der Keimvernichtung des Blutes nicht zu vergleichen ist
Tabelle I.
Organe eines 24 Stunden vorher mit Aleuronat intraperitoneal injizierten Kaninchens,
das mit NaCl-Ldsung durchspult wird. Die Organe werden in schwach peptonhaltiger
MaCl-L5sung zerrieben und 1 Stunde bei 37 0 gehalten. Hierauf wird die obenstehende
Fliissigkeit abgegossen und verwendet. Nur ale als „Leukocytenextrakt“ bezeichneten
Proben wurden zellfrei zentrifugiert.
Sofort Nach 4 StcL
1) Extrakt aus Exsudatieukocyten mit NaCl
2) „ „ „ „ „ */. Std. 58°
3) Leukocyten aus Exsudat in NaCl
4) „ „ „ „ „ */» 8td - 580
5) Milz in NaCl
6) „ „ „ V. 8 ^. 58°
7) Knochenmark in NaCl
8) » » *> '/» Std. 58°
9) Druse in NaCl
10; „ „ „ V, Std. 58°
1
i
a
| ca. 4000
2616
ca. 5000
| 5-6000
1184
2196
In gleicher Weise unwirksam waren Thymus, Leber, Niere, Him. Das Serum des
Tieres tdtete samtliche Bacillen ab.
1) Bail, dieses Centralbl. Bd. XXXIII. 1903. No. 5. Soweit eigene Erfahrungen
vorli^en, wird das Eaninchenblut, in voller Uebereinstimmung mit Conradi, auch
bei weit vorgeschrittener Milzbrandinfektion nicht verfindert.
2) Dieses CentralbL 1903. No. 10.
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448
Centralbl. f. B&kt. etc. I. Abt Origin ale. B<L XXXIY. No. 5.
L&Bt man ein Eaninchen aus einer Carotis verbluten, so bleibt stets
noch Blut in den Organen in ansehnlicher Menge zurtick. Aber auch
mit diesem Blutgehalte findet sich keine Wirksamkeit der in Kochsalz-
lSsung zerriebenen Organe, obwohl die danach erhaltene Fltissigkeit nur
ein verdttnntes Blut darstellt. Selbst der Zusatz geringer Serummengen
&ndert nichts.
TabeUe II.
Eaninchen aus der linken Carotis verblutet. Die Organe in sehr schwach peptonhaltiger
NaCl-Losung zerrieben, 1 Stunde bei 37° belassen, abgegossen und je 1 ccm davon
teils direkt, teils nach Zusatz von je 0,05 ccm Serum aesselben Tieres verwendet.
1) 1 ccm pepton. NaCl-Losung
Sofort
2) 1 „
3) MUz
4) „
5) Knochenm.
6 )
7) Thymus
8 ) ,,
9) Leber
10 ) »
11) Niere
12 ) „
13) Muskel
14)
4- 0,05 Kaninchenserum
ccm pept. NaCl-L6sung
n +
15) 1 ccm Kaninchenserum
4-
+
+
+
+
0,05 ccm Kan.-S.
0,05 ccm Kan.-S.
0,05 ccm Kan.-S.
0,05 ccm Kan.-S.
0,05 ccm Kan.-S.
0,05 ccm Kan.-S.
3
.1
s
Nach 4 Std.
2000
ca. 8000
ca. 8000
1504
1496
ca. 8000
Die geringe, aber sicher entwickelungshem mende Wirkung, welche in diesem Yersuche
die Leber zeigt, wurae weiterhin nicht menr beobachtet.
Das Resultat dieses Versuches wird noch auff&lliger, wenn man es
mit dem der folgenden Tabelle vergleicht, in welcher die gleichen Or¬
gane mit fremdem Serum in analoger Weise behandelt wurden.
TabeUe III.
Die gleichen Organe mit Ochsen- und Schweineserum, die vorher 7* Stunde auf 58°
erliitzt waren, behandelt.
Sofort
1) 1 ccm Ochsenserum V* Std,
2 ) '
58°
30
„ 7* n 58° + 0,05 ccm Kaninchenser.
in 1 ccm Ochsenser. V* St. 58°
: ;/!
”
” v!
1
3) Mil z
4) „ „ 1
5) Knochenm. „ 1 „ „
0) „ i) 1 „ »»
7) Thymus „ 1 „ „
8 ) „ ,, 1 ,, ,,
9) Leber ,, 1 „ „
10) ,, „ 1 „ „
11) Niere ., 1 „ „
12 ) „ „ 1 „
13) Muskel „ 1 „ „
14) » >» 1 ji a
15) 1 ccm Schweineserum V, Std.
16) 1 „ „ V, »
17) Knochenm. in 1 ccm Schweineser. V, St. 58°
58 0 4- 0,05 ccm Kan.-S.
58°
58° -f 0,05 ccm Kan.-S.
58°
58° + 0,05 ccm Kan.-S.
58°
58 0 -f- 0,05 ccm Kan.-S.
58°
58 0 + 0,05 ccm Kan.-S.
58°
58 0 4- 0,05 ccm Kan.-S.
i
j
58 0 4- 0,05 ccm Kaninchenser.
18)
19) Thymus
20 )
21) Leber
22 ) „
23) Niere
24) „
25) Muskel *
26) „
3
V 2 „ 58° 4- 0,05 ccm Kan.-S.
i/ „ 58°
7* „ 58 • 4- 0,05 ccm Kan.-S.
i/ n 530
v; » 58° 4- 0,05 ccm Kan.-S.
i j* 5g o
J /t » 58 0 4- 0,05 ccm Kan.-S.
l ! 58°
V* ” 58° + 0,05ccmKan.-S.
Nach 4 Std.
ca. 8000
0
14
0
0
0
ca. 8000
39
816
968
ca. 8000
600
J 8-10000
ca. 10000
3
6656
62
ca. 10000
504
3232
ca. 10000
248
1 ca. 10000
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Bail u. Pettersson, Untersuch. fiber natfirl. u. kfinstl. Milzbrandimmunitfit. 449
Des genaueren kann dieser sowie zahlreiche andere Versuche erst
spfiter besprochen werden. Vorlaufig diene er nur dazu, festzustellen,
daB dieselben Organe, welche fremde Sera aktivieren, das Serum des
gleichen Tieres seiner urspriinglichen starken Aktivitfit berauben; ferner
dazu, zu zeigen, daB ein geringer Zusatz von Kaninchenserum wohl
die fremden, mit den Organen behandelten Serumarten, nicht aber das
eigene, dem gleichen Vorgange ausgesetzte Serum wirksam zu machen
vermag.
Es wurden dann noch Kaninchenorgane mit ihrem vollen Blut-
gehalte untersucht, indem die betreffenden Tiere erstickt wurden. Auch
dann waren die Verreibungen mit indifferenter Flussigkeit gfinzlich un-
wirksam, w&hrend fremde Sera ergfinzt wurden.
Tabelle IV.
Ersticktes Kaninchen. Die Organe werden teilweise in sehr schwaeh pepton haltiger
NaCl-Losung, teilweise in 7*1 Stunde bei 58° erhitztem Hundeserum zerrieben, 1 Stunde
bei 87° gehalten. Die abgegossenen Flfissigkeiten wurden verwendet.
(Auszugsweise wiedergegebener Versucb.)
Sofort Nach 4 Std.
1) 1 ccm pepton. NaCl-Losung
2) 1 „ „ „ + 0,05 ccm Kaninchenserum
3) Milz in 1 ccm pepton. NaCl-Losung
4) Leber ,, 1 „ ,, ,,
5) Knochenm. „ 1 „ „ „
6) Thymus ,, 1 „
7) 1 ccm Hundeserum 7* St. 58°
8) 1 „ „ 7, „ 58° + 0,05 ccm Kaninchenserum
9) Milz in 1 ccm Hundeserum l / 9 Std. 58°
10) Leber ,, 1 „ „ 7* 58°
11) Knochenm. „ 1 „ „ % „ 58°
12) Thymus „ 1 „ „ 7* 58°
13) 1 ccm Kaninchenserum
Schon aus diesen Versuchen geht mit aller Sicherheit hervor, daB
das Kaninchenserum in Verbindung mit Kaninchenorganen, also in
Nachahmung der Verhaltnisse, die im Tierkorper selbst bestehen mussen,
sich ganz anders verh<, wie in dem iiblichen Reagenzglasversuche.
Von da an war es nur ein kleiner Schritt zum Studium des Einflusses
der blutfrei gemachten Organe auf zugesetztes Serum.
3204
4032
fiber 5000
ca. 8000
2
508
4600
5
8000
0
Tabelle V.
Leber, Niere, Muskel und Sperma eiues mit NaCl-Losung durchspfilten Kaninchens
wurden zerrieben, kleine Mengen des betreffenden Organbreies je 2*/, ccm Serum des
gleichen Tieres (das Serum hochstens 2 Stunden alt) zugesetzt, 1 Stunde bei 37 0 belassen,
aann zum Teil als solche, zum Teil nach Zentrifugieren verwendet. Ein Klarwerden
der Flfissigkeit erfolgt dabei, aufier bei dem mit Muskeln behandelten Serum, nicht.
Sofort Nach 4 Std.
1) 1 ccm akt. Kaninchenser. 3
2 ) 1
3 ) 1
4) 1
5) 1 „ „ „ „ u ^ u. zenmiug. j , 4 _g (xx)
7 1
8 ) 1
9) 1
1,
m. Leber
behandelt
'aS
• n
>’ »
u.
zentrifug.
1 )t
)>
„ Niere
M
a
* »
il
>* h
11
u.
zentrifug.
a
„ Muskel
.9
1 n
»>
>> if
1 »
u.
zentrifug.
(M
Oi
> >1
„ Sperma
11
•
If
fi t)
11
u.
zentrifug.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV.
29
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450
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
Tabelle VI.
Anordnung wie in Tabelle V. Nur zentrifugierte Fiiissigkeiten verwendet.
1) 1 ccm Kaninchenser. akt.
2) 1 ,,
3) 1 h >>
•I) 1 tf ft tt
5) 1 ft tt D
6) 1 ft it tt
7) 1 it a tt
8) 1 tt ti it
9) 1 „
10 ) 1 „
11 ) 1 „
m. Milz behand.
„ „ „ + 0,05 ccm K.-S. akt.
1 1 Leber ,,
„ „ „ -f 0,05 ccm K.-S. akt.
„ Niere „
„ „ „ -f 0,05 ccm K.-S. akt.
„ Driise (Pankreas Aselli) behan-
delt
„ Druse (Pankreas Aselli) behan-
delt -♦ 0,05 ccm Kan.-S.akt.
„ Knochenm. beh.
„ „ „ + 0,05 ccmK.-S. a.
Sofort
2
w
a
J
ca
Nach 4 Std.
0
| 8—10000
J ca. 6000
4192
| 8—10000
6200
ca. 10000
J ca. 10000
Alle untersuchten Organe hatten somit das eigene Serum, das sie
als Blut noch wenige Stunden vorher bespiilt hatte, unwirksam gemacht.
Es ist sofort hinzuzufugen, daB auch die dbrigen Organe diese Eigen-
schaften teilen. Auf gelegentliche Abweichungen wird spSter ein-
gegangen werden. Dem Einwande, daB es sich hier urn tote Zellen
handelt, deren Wirkung eine andere sein kbnne, als die der lebenden,
wird durch die Versuche mit Sperma vorgebeugt, denn wenigstens die
Spermatozoen tiberlebten. Der EinfluB der Zellen auf das Serum ist
ein so starker, daB selbst die Leukocyten eines Aleuronatexsudates, also
sonst im Serum eines fremden Tieres eine der ergiebigsten Komplement-
quellen, eine gewisse, mehr oder weniger ausgesprochene Abschw&chung
der Serumwirkung herbeifQhren konnen 1 ). Diese sind aber zum weitaus
groBten Teile lebend.
TabeUe VII.
Zwei Versuche zusammengestellt. Die Leukocyten wurden aus Aleuronatexsudat ge-
wonnen, gewaschen, dem Serum des gleichen Tieres zugesetzt und nach 1 Stunde
Aufenthalt bei 37° abzentrifugiert.
Std.
1) 1 ccm Kan.-S.
2 ) 1
3) 1
4) 1
5) 1
6 ) 1
7) 1
8 ) 1
nach Behandlung mit Leukocyten
mit Leukocyten
„ „ dann zentrifugiert
7, Std. 58°
V, „ 58° mit Leukocyten
V*
58°
dann zentrifugiert
Sofort
Nach 4 {
} 962
0
24
"j
0
I
66
\ 1612
47
o
I
1824
j
1952
Bedeutend ist somit zwar die Herabsetzung der abtotenden Kraft
des Serums nicht, und sie kann bisweilen auch ausbleiben, aber bei der
absolut sicheren Wirkung reinen Kaninchenserums ist auch das Ueber-
leben der vereinzelten Keime nach der Leukocytenbehandlung be-
weisend.
Die Frage, wie die Aufhebung der Bakterizidie des Serums durch
Organzellen zu stande kommt, laBt sich an der Hand geeigneter Ver¬
suche leicht beantworten.
1) Derartige Beobachtungen wurden bereits sehr fruhzeitig (im Jahre 1899) ge¬
macht. (Vgl. dieses Centralbl. Bd. XXVII. 1900. No. 1. p. 17.)
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Bail u. Pettersson, Untersuch. uber naturl. u. kunstl. Milzbrandimmunit&t 451
Tabelle VIII.
Grofies Kaninchen yerblutet und mit NaCl-Losung durchspult. Organe und
Tieres. Dazu frisches Schaf- und Schweineserum.
1) 1
ccm Kaninchenserum
2) 1
it
ii
3) 1
ii
ii
4) 1
ii
Schweineserum
5) 1
ii
Schaf serum
6) 1
ii
Kani nchenserum
7) 1
ii
»»
8) 1
ii
Schweineserum
9) 1
ii
Schafserum
10) 1
ii
Kaninchenserum
11) 1
ii
>>
Schweineserum
12) 1
ii
13) 1
ii
Schafserum
14) 1
ii
Kaninchenserum
15) 1
ii
ii
Schweineserum
16) 1
ii
17) 1
ii
Schafserum
18) 1
ii
Kaninchenserum
19) 1
ii
ii
20) 1
ii
Schweineserum
21) 1
ii
Schafserum
22) 1
ii
Kan inchenser u m
23) 1
i*
ii
24) 1
ii
Schweineserum
25) 1
it
Kaninchenserum
26) 1
ii
ii
27) 1
ii
Schweineserum
28) 1
ii
Schafserum
29) 1
ii
Schweineserum
30) 1
ii
31) 1
ii
Schafserum
32) 1
ii
ii
mit Leber behandelt
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 2 bezeichneten Serums
0,05 ,, ,, ,, „ 2 ,, „
iuit Niere behandelt
„ „ „ -f 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit Na 6 bezeichneten Serums
4- 0,0o ,, ,, ,, „ 6 ,, ,,
mit Milz behaudelt
„ „ ,. 4- 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4* 0,05 ccm des mit No. 10 bezeichneten Serums
4 0,05 ,, ,, ,, 10 „ „
mit Knochenmark behandelt
„ „ „ 4* 0,05 ccm akt. Kan.-S.
4- 0,05 ccm des mit No. 14 bezeichneten Serums
4* 0,05 „ „ „ „ 14 „ „
mit Druse behandelt
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 18 bezeichneten Serums
4 0,05 „ „ „ „ 18 „ „
mit Muskel behandelt
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 22 bezeichneten Serums
mit Gehirn behandelt
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
+ 0,05 ccm des mit No. 25 bezeichneten Serums
4 0,05 „ „ ,• „ 25 „ ,,
4 0,05 ccm ak liven Kaninchenserums
4 0,05 ccm aktiven Kaninchenserums
Serum des gleichen
Sofort Nach 4 Std.
0
6—8000
6-8000
ca. 10000
29
10
‘ ca. 10000
0
0
2832
4240
0
ca. 10000
6272
0
0
ca. 10000
0
ca. 10 000
0
Tabelle IX.
Kaninchen verblutet und mit NaCl-Ldsung durchspult.
Ochsen serum.
ccm Kaninchenserum
„ Ochsenserum
Serum des gleichen Tieres und frisches
Sofort Nach 4 Stc
Kaninchenserum
»
Ochsenserum
Kaninchenserum
n
Ochsenserum
Kani nchenserum
»
Ochsenserum
Kaninchenserum
n
Ochsenserum
Kaninchenserum
ii
Ochsenserum
Kaninchenserum
ii
Ochsenserum
Kaninchenserum
ii
Ochsenserum
4 0,05 ccm aktives Kaninchenserum
mit Leber behandelt
„ „ „ + 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 4 bezeichneten Serums
mit Milz behandelt
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit Na 7 bezeichneten Serums
m. Knochenmark beh.
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 10 bezeichneten Serums
mit Drflse behandelt
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 13 bezeichneten Serums
mit Niere behandelt
„ „ „ 4- 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 16 bezeichneten Serums
mit Nebenniere behand.
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 19 bezeichneten Serums
mit Thyreoidea behand.
„ „ „ 4 0,05 ccm akt. Kaninchenser.
4 0,05 ccm des mit No. 22 bezeichneten Serums
29*
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Nach 4 Std.
0
2384
0
J 8—10 000
1
J ca. 10000
37
) 8-10000
8—10000
320
8—10000
0
2240
2728
0
Google
452
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 5.
Um die Tabellen nicht noch weiter auszudehnen, sei bemerkt, daB
die Organverreibungen von Knochenmark und Milz dieser Kaninchen,
Ochsen- und Schweineserum stark, die von Leber schw&cher bakterizid
machten, wie dies bereits ofters angefuhrt wurde.
Da bei solchen Versuchen eine moglichst genaue quantitative Dosie-
rung des Organbreies notwendig ist, um z. B. Leber in gleicher Menge
auf Kaninchen- und Schweineserum wirken zu lassen, so mogen einige
Worte, die eingehaltene Technik betreffend, hier Platz finden: Die steril 1 )
herauspr&parierten Organe wurden in Reibschalen moglichst gut zer-
quetscht und dann durch ein sehr feines Drahtnetz getrieben. Der in
einer untergestellten Schale aufgefangene Brei besafi dann in der Regel,
namentlich bei Tieren, deren Gef&Bsystem vorher mit Kochsalzlosung
durchspult worden war, eine solche Konsistenz, dafi er in eigens ange-
fertigte Pipetten mit weiter Mflndung aufgesaugt und tropfenweise aus-
geblasen werden konnte 2 ). Diese Methode erlaubte auch, wenigstens
fiir die Leber, die Menge Zellbreies festzustellen, die zur Aufhebung der
bakteriziden Wirkung von 1 ccm Kaninchenserum geniigt.
Tabelle X.
Auf eben beschriebene Weise hergestellter Leberbrei eines mit physiologischer Kochsalz-
16sung durchspulten Kaninchens wird zu 4, 10 und 20 Tropfen je 2 ccm Serum des
gleichen Tieres zugesetzt; die Mischungen (also 2, 5, 10 Tropfen fur 1 ccm) 7* Stunde
bei 37° gehalten und zentrifugiert.
1) 1 ccm Kaninchenserum
2 ) 1 „
3) 1 „
4) 1 »> »
mit 2 Tropfen Leberbrei
5 v ty
10 „
Sofort
Nach 4 Std.
0
7
2088
uber 5000
Die Menge von Leberzellen, die hier zwischen 2 und 5 Tropfen des
Breies liegt und die hinreicht, um 1 ccm Kaninchenserum unwirksam
zu machen, ist also recht gering. Sp&ter auszufuhrende Versuche
zeigen, dafi auch noch weniger Zellen ausreichen, sobald nur die Ein-
saat etwas grofier als in dem Versuche der Tabelle X genommen wird.
Es ist aber durchaus nicht notig, dafi die Organe so fein zerkleinert
werden, wie dies durch die angefiihrte Technik ermoglicht wird. In
friiheren Versuchen hat ten auch die nur groblich zerriebenen Organe
die gleiche Wirkung entfaltet. Am deutlichsten zeigte sich dies jedes-
mal bei Verwendung von Muskeln. Diese wirklich zu zerreiben, ware
nur bei Anwendung grofierer Mengen von Sand oder dergl. mSglich,
welche Zus&tze nach Tunlichkeit vermieden wurden 3 ). Es wurden
daher kleine Faserstticke direkt zugesetzt, so dafi die Sera gar nicht
getrhbt waren; dennoch war die Aufhebung der Bakterizidie eine voll-
kommene.
_ (SchluB folgt)
1) Es ware Selbsttauschung, sich vorreden zu woUen, dafi all die notweudigen
Manipulationen wirklich ganz steril gemacht werden konnten. Aber wahrend der relativ
kurzen Versuchszeit storten die etwa aufgetretenen Verunreinigungen in keiner Weise
und wurden iiberhaupt nur selten bemerkt. Wurden die „stenlen“ Organverreibungen
allerdings langer aufbewahrt, dann veranderte sich das Bild.
2) Der im Verlaufe der Arbeit publizierte Apparat von Latapie (Ann. de lTnst.
Pasteur. 1902. No. 12), mit dem sich solche Abmessungen wohl noch genauer ermog-
lichen lassen werden, stand leider nicht zur Verfiigung.
3) Wenn iiberhaupt steriler Sand angewendet wurde, so geschah dies nur in sehr
geringen Mengen und nicht zu dem Zwecke einer besseren Zertrummerung, sondem nur
um aas Abgleiten des Pistills von den glatten Organen zu vermeiden.
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Lambotte, Contribution k P6tude de Torigine de l’alexine bactericide. 453
Nachdruck verboten.
Contribution a l’etude de l’origine de Mexine bactericide.
[Travail de l’lnstitut de Pathologie et de Bactdriologie de l’Universite
de Lifcge.]
Par U. Lambotte, Liege.
La question de la presence de l’alexine ou complement dans le
plasma sanguin est une des plus importantes de celles qui pr6occupent
tous ceux qui etudient le probieme de l’immunite. Mr. Falloise, de
l’lnstitut de Physiologic de Liege, vient d’apporter une importante con¬
tribution k ces recherches'), en affirmant que l’alexine hemolytique circule
librement dans le sang et serait meme plus abondante dans le plasma
que dans le serum. Mr. Falloise a eu I’ingenieuse idee de se servir,
pour obtenir le plasma du sang, de la vieille mdthode de Fr6d6ricq
consistant en l’isolement sur l’animal vivant d’une grosse veine et le
pr61&vement entre deux ligatures de ce vaisseau gorge de sang.
J’ai ete amend & m’occuper de cette question des rapports du com¬
plement avec le plasma sanguin it la suite de recherches entreprises en
ce moment k l’lnstitut bactdriologique de Liege sur les alexines bacte¬
ricides des serums normaux, et la question s’est posde, au cours de ces
travaux, de savoir si la ou les substances bactericides de certains serums
normaux sont ou non des substances prdsentes dans le sang en circu¬
lation, dans le plasma. Le travail de Mr. Falloise m’a suggdre l’idde
de verifier si l’alexine bactericide se comporte comme l’alexine hdmo-
lytique quand on se sert de plasma recueilli suivant le procdde de
Freddricq. Mr. Falloise n’a porte ses investigations que sur le
complement hemolytique.
Void comment j’ai procddd:
J’ai opdrd sur du plasma recueilli chez trois espfeces animates: la
poule, le chien et le cheval. L’obtention d’un plasma incoagulable est
beaucoup plus facile, on le sait, chez la poule que chez le chien et le
cheval.
Chez la poule, en effet, il suffit d’enfoncer dans l’une des carotides
une canule paraffinee, aprfcs avoir pris soin de cauteriser au fer rouge
le vaisseau k l’endroit de la piqfire, et de recevoir le sang directement
dans des tubes paraffines et refroidis au moyen de glace, pour empecher
la coagulation immediate du liquide sanguin. En soumettant ce sang
fluide k des centrifugations successives dans des tubes paraffines et
refroidis, chaque centrifugation portant seulement sur la moitie superieure
environ du liquide de la centrifugation anterieure, on finit par obtenir
un liquide tout k fait limpide, a peu prfes compietement depourvu d’eie-
ments figures: il faut d’actives recherches et de nombreuses preparations
pour y deceler la presence de trfcs rares leucocytes. Un tel plasma est
difficilement coagulable, tout au moins tant que la temperature exterieure
n’est pas trop eievee; it la glacifere — environ 4° — notre plasma de
poule s’est conserve il l’etat fluide pendant plusieurs semaines, pendant
un mois et plus.
Pour le chien et le cheval la methode des tubes paraffines donne
de moins bons r6sultats; on reussit difficilement il preparer un plasma
1) Bulletin de l’Acaddmie des Sciences de Belgique. 1903.
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454
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. -No. 5.
incoagulable; presque toujours le sang se coagule an cours des mani¬
pulations n£cessaires pour l’obtention d’un liquide debarrass6 d’eiements
figures. Aussi avons nous eu recours au proc6d6 de Frederic q.
Une veine de gros calibre, Tune des jugulaires, est mise a nu sur
le yivant et isol6e sur une certaine dtendue, puis enlev4e entre deux
ligatures. Aprfcs deux ou trois heures de suspension dans un endroit
frais, k la glacifere, les globules sanguins se rassemblent k I’extr6mit4
infSrieure du vaisseau, les deux tiers superieurs 6tant occup^s par le
plasma tout k fait liquide et que Ton distingue ais4ment k travers les
parois transparentes de la veine. Une ligature est plac6e k quelque
distance au dessus du niveau sup^rieur du depot, de faqon k s6parer le
plasma. Au bout d’une heure de repos on divise la veine en deux
parties par une ligature et Ton plonge, aprfes cauterisation, dans le
compartiment sup4rieur, une pipette paraffinSe et refroidie, k l’aide de
laquelle on transfere le plasma liquide dans des tubes paraffines et
entoures de glace. Aprfes deux centrifugations successives, le plasma
recueuilli est a peu prfes debarrasse de tout element cellulaire: les
recherches doivent porter sur plusieurs preparations pour y rencontrer
de rares globules blancs. Ce plasma se prend cependant en geiee,
mfeme k la temperature de la glacifere, aprfes quatre ou cinq semaines
pour le plasma de cheval, aprfes huit k dix heures pour le plasma de
chien; k la temperature de la chambre, le plasma de cheval reste fluide
trois ou quatre jours; celui de chien se coagule beaucoup plus rapide-
ment, aprfes trois quarts d’heure environ.
C’est dans ces differents plasmas excessivement pauvres en cellules
que nous avons recherche la presence de l’alexine active sur les mi¬
crobes.
Nous avons choisi comme criterium de Taction bactericide la modi¬
fication immediatement decelable sous le microscope que subit le vibrion
choierique dans certaines conditions au contact des humeurs organiques
et qui est connue sous le nom de «phenomfene dePfeiffer». On sait
que des vibrions choieriques injects dans la cavite peritoneale d’un
cobaye immunise contre le cholera, ou melanges in vitro avec du serum
prfealablement chaufffe k 55—60 0 du mSme animal et additionn6 d’un peu
d’alexine — serum frais d’un autre animal normal de mfeme espfece ou
d’espfece differente — subissent au bout d’un temps relativement court
une transformation complete: les vibrions s’agglutinent et presque tous
prennent la forme de granules arrondis. La transformation en granule
est l’indice de Taction bactericide qu’exerce sur le vibrion le produit en
contact. On sait aussi que le phfenomfene de Pfeiffer se manifeste,
mais d’une fagon beaucoup moins fenergique, en l’absence du serum
sp6cifique correspondant, c’est k dire quand on fait agir du serum
normal fraichement recueilli sur des vibrions du cholera non sensibilis6s.
Nous avons done recherche si nos differents plasmas, purges de
cellules, donnaient le phenomene de transformation vibrionnienne de
Pfeiffer, et compare le pouvoir bactericide de chacun de ces liquides
k celui du serum frais appartenant au mfeme animal et recueilli en
mfeme temps, serum qui s’est forme lors de la coagulation du liquide
sanguin trfes riche en cellules.
Le procede employe a ete le suivant: on prend une culture jeune
(18 k 24 heures) sur g61ose nutritive de vibrions du cholera et on la
dfelaye dans 5 c. c. d’une solution k 9 °/ 00 de NaCl dans l’eau. On pr6-
lfeve quelques gouttes de cette emulsion de vibrions auxquelles on md-
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Lambotte, Contribution k l’Stude de l’origine de Falexine bactericide. 455
lange une quantity moitie moindre de serum, au pr4alable chauffe pen¬
dant une demie heure k 55°, d’une cobaye vaccine contre le cholera
par plusieurs injections intrap6riton£ales. Aprfcs quelques minutes de
contact, en fait agir sur les vibrions ainsi sensibilis6s, du plasma ou du
s6rum de poule, de chien ou de cheval, dans des preparations en gouttes
pendantes: on depose sur des lamelles au moyen d’une anse de platine
une gouttelette d’emulsion de bacilles sensibilisds; on ajoute, au moyen
de la meme anse, dans certaines preparations une gouttelette de plasma,
dans d’autres une gouttelette du serum frais, dans d’autres enfin une
gouttelette d’eau saiee. On retourne alors chaque lamelle sur une lame
k cupule, les bords de celle-ci etant enduits de vaseline. Les differentes
preparations sont alors placees k 37°. Aprfcs des temps qui varient
entre une demie-heure et deux heures, on preifeve un certain nombre de
lamelles de chaque espfcce et Ton fait avec les gouttes suspendues des
preparations colorees, par application directe de chaque lamelle sur une
lame porte-objet prealablement teintee au bleu de methylfene en solution
aqueuse, et dessechee ensuite. Les vibrions du cholera, transformes
ou non en granules, se colorent par ce procede en bleu plus ou moins
fonce.
Disons de suite que dans tous nos essais nos differents plasmas
ne se sont pas comportes autrement que les serums correspondants.
Ainsi, d6jk aprfes trois quarts d’heure k 37° on constate que la
transformation en granules des vibrions commence k se manifester aussi
bien dans les preparations k plasma de chien et de cheval que dans les
preparations k serum des mSmes animaux. Aprfcs une heure et demie
de contact le phenomene de Pfeiffer est complet et des plus nets
dans toutes les preparations: la presque totalite des microbes se pre¬
sente sous forme de grosses granulations agglutinees et colorees en
bleu plus ou moins intense; quelques vibrions moins alters presentent
la forme normale, mais sont manifestement plus volumineux. Les pre¬
parations k plasma ne se distinguent en rien des preparations k s6rum :
la proportion des vibrions modifies et celle des bacilles plus ou moins
intacts est la meme dans l’une et l’autre espfcce de preparations. La
seule difference k signaler consiste en ce que dans les preparations k
plasma les granules prennent moins energiquement la couleur, apparais-
sent teintes en bleu plus pale, ce qui, selon Interpretation de Bordet,
serait le fait d’une action bactericide plus intense de la part du plasma.
Dans les preparations temoins, au contraire, celles dans lesquelles
le liquide organique, plasma ou serum, a 6t6 remplace par de l’eau
saiee, les microbes restent parfaitements intacts, meme aprfcs deux
heures, et se colorent energiquement par le bleu de methylfene.
Avec les produits de la poule les resultats obtenus sont identiques.
La transformation en granules est seulement. un peu plus lent k se
produire; il faut une heure de contact pour voir apparaitre les premiferes
granulations; ‘mais apres deux heures, le ph£nomene de Pfeiffer est
complet Et ici encore, comme pour le chien et le cheval, l’action
bactericide est tout aussi intense, qu’il s’agisse du plasma ou du serum,
et apparait simultanement dans les deux especes de preparations.
Une particularite int6ressante de ce plasma de poule, que nous
n’avons pu malheureusement rechercher dans le serum, consiste dans
la longue persistance du pouvoir vibrionicide: du plasma de poule vieux
de 21 jours s’est encore montre dou6 d’une certaine activite vis k vis
des vibrions sensibilises. La transformation se faisait bien, mais moins
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456 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
rapidement et d’une fagon moins intense que dans les preparations k
plasma neuf.
En m6me temps qne la mise en evidence dans nos plasmas de
l’alexine bactericide, nous avons r6pet6 avec ces liquides les experiences
de Mr. Falloise sur les hematics. Nous avons pu observer, comme
cet auteur l’a montre, que les plasmas de poule, de chien et de cheval
exercent sur les globules rouges du lapin sensibilises par un serum sp6-
cifique correspondant une action hemolytique au moins aussi intense et
aussi rapide que les serums frais de ces m£mes animaux.
Dans nos preparations en gouttes pendantes, le plasma, sous l’in-
fluence de la temperature relativement 61evee de 37° necessaire k la
production du phenomfene de Pfeiffer, ne tarde pas k se coaguler:
les gouttes deviennent troubles, geiatineuses. On pouvait penser que le
pouvoir alexique n’apparaissait dans nos preparations qu’aprfcs la coagu¬
lation du plasma. Mais alors, il faut que le serum contienne une plus
forte proportion de complement que le plasma correspondant, en d’autres
termes que le serum soit plus manifestement bactericide. En effet, si
pendant la vie les substances bactericides sifegent uniquement dans cer¬
tains leucocytes et ne diffusent qu’au moment oil le sang subit le pheno-
mfcne de la coagulation, une difference nette doit apparaitre entre le
pouvoir alexique du serum, provenant de la coagulation du liquide san-
guin riche en leucocytes, et le produit de la coagulation du plasma, li¬
quide excessivement pauvre en cellules.
Aussi nous sommes nous demande si la teneur de nos plasmas en
matifere bactericide etait comparable k celle des serums frais provenant
des mSmes animaux et recueillis en meme temps, lors de la prise du
sang necessaire pour la preparation des plasmas.
Pour eiucider ce point nous avons etudie comparativement Paction
en gouttes pendantes de nos plasmas et de nos serums soumis k des
dilutions de plus en plus fortes dans l’eau physiologique, non seulement
sur des vibrions du cholera sensibilises, mais egalement sur des vibrions
normaux, n’ayant pas subi l’influence de Pimmun-serum. Un tel serum
ayant pour effet de favoriser Paction du complement au point de ne
rendre necessaire pour Pobtention du phenomfene de Pfeiffer que des
traces de la substance bactericide, il est bien evident que Pemploi de
microbes tout k fait normaux sera plus apte k d6celer des differences
dans la teneur en alexine de deux liquides.
Les experiences faites dans ce but montrent qu’il faut diluer notre
plasma de cheval k 1 p. 25 pour ne plus obtenir qu’une trfes legfcre
transformation en .granules des vibrions du cholera sensibilises par
l’immun-s6rum. Aprfcs deux et meme trois heures de contact k 37° le
plasma de cheval ainsi dilue devient k peu pres inactif; les preparations
ne montrent plus que de rares granules; les microbes en general ne
paraissent nullement alter6s et prennent energiquement la couleur. Le
plasma plus fortement dilue encore devient tout k fait inefficace, quelle
que soit la duree du contact. Au contraire k des dilutions moindres le
phenomena de Pfeiffer apparait et se manifesto avec d’autant plus de
nettete et de rapidite que le plasma est moins dilue. Ainsi dans les
preparations oil la dilution est k 1 p. 10 le phenomena debute au bout
d’une heure de sejour k 37 °; apres deux heures la transformation porte
sur la moitie environ des vibrions, l’autre moitie presentant manifeste¬
ment des signes d’alt6ration caracterisds notamment par une augmenta¬
tion d’epaisseur.
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Lambotte, Contribution k l'Stude de l'origine de l’alexine bactericide. 457
Le serum de cheval donne aux monies dilutions des r6sultats ab-
solument comparables. Dilue au ‘/io ne se montre actif qu’aprfes
une heure de contact, et il lui faut deux heures pour arriver k faire
subir complement k la moitie environ des vibrions sensibilis<5s le
ph6nomfene de Pfeiffer. De mfime son action devient nulle quand on
d6passe la dilution de 1 p. 25; k cette dernifere dilution le nombre des
granules est des plus restreints; k cote d’un grand nombre de vibrions
intacts, quelques individus ont fini par se transformer aprfcs deux heures
en grosses granulations qui se colorent facilement.
L’analogie d’action du serum et du plasma d’un m6me animal ap-
parait encore plus probante dans les essais pratiques sur les vibrions
normaux. Ici, en l’absence de l’influence favorisante de l’immun-serum,
la quantity de complement n6cessaire pour le phenomfcne de Pfeiffer
devient plus considerable et par suite il sera plus facile de trancher
d’une manure suffisamment demonstrative la question que nous nous
sommes posee, k savoir si nos plasmas sont aussi riches en complement
que les serums correspondants.
Le serum bien frais de cheval ou de chien realise in vitro d’une
manure appreciable la transformation granulaire des vibrions normaux:
le phenomfene commence k devenir tres net au bout d’une heure k 37°
et aprfcs deux heures il est complet. Mais dilue seulement de moitie k
l’aide d’eau physiologique il perd beaucoup de son activite: la transfor¬
mation devient non seulement moins intense mais est de plus fort ra-
lentie; il faut une heure et demie pour voir apparaitre quelques rares
granules et aprfes deux heures les vibrions ne sont qu’en partie trans¬
formes. Enfin k des dilutions de 1 p. 2, 1 p. 3, 1 p. 4, Taction devient
de moins en moins intense et k 1 p. 5 le serum de cheval ou de chien,
k force d’etre dilue, ne realise plus le ph6nomfene de Pfeiffer apr&s
deux heures de contact k 37 °.
Le plasma de ces m£mes animaux etudie dans les memes conditions
donne des rSsultats absolument paralieies. Non dilue, son action sur
les vibrions est au moins aussi manifeste que celle du serum; aprfcs
deux heures, presque tous les vibrions sont en granules. L’addition de
liquide physiologique exerce sur lui le meme effet affaiblissant, et pour
une dilution d6termin6e il est impossible de saisir une difference entre
les preparations k plasma et les preparations a serum, que Ton envisage
le temps necessaire k l’apparition du phenomfene ou la proportion des
vibrions alters.
Ajoutons que pour la poule les faits observes sont identiques: le
plasma consider dans son action sur les microbes du cholera non sen-
sibilises se comporte absolument comme le serum.
Il n’y a done pas entre nos plasmas separes des leucocytes avant
toute destruction de ceux-ci et les serums provenant de la coagulation
du sang complet, de difference manifeste au point de vue bacteriolytique
dans la teneur de ces liquides en complement.
L’alexine bactericide, comme l’alexine hemolytique, ainsi que l’a
montre Mr. Falloise, si elle provient de certains elements figures
du sang, doit pouvoir diffuser de ces elements dans le liquide environ-
nant avant la coagulation, e’est a dire avant la destruction des globules
blancs.
Liege, 1903.
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458
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
Nachdruck verboten,
Zur Theorie der natiirliclieii antibakteriellen Immimitat
[Aus dem bygienischen Institute der University Graz.]
Von Dr. Paul Theodor Mfillcr,
Assistant am hygienischen Institute Graz.
Die Tatsache, daB ungfinstige Lebensbedingungen wie mangelhafte
Ern&hrung, iiberm&Bige Anstrengung, ungesunde, unreinliche Wohnungen,
psychische Schadlichkeiten, Kummer und Sorgen u. s. w. die Disposition
des Menschen fur gewisse Infektionskrankheiten wesentlich zu erhdhen
im stande sind, ist eine so allgemein bekannte und selbst der ober-
fl&chlichsten Beobachtung sich aufdrftngende, dafi man seit langem daran
ging, dieselbe auch experimentell, im Tierversuch, zu studieren und ihre
Ursachen zu erforschen. W&hrend es sich nun aber bei diesen am
Menschen gemachten Beobachtungen fast niemals um die Aufhebung
einer wirklichen Immunit&t gegenuber den betreffenden Krankheits-
erregern handelte, sondern immer nur um eine mehr oder minder hoch-
gradige Steigerung einer auch im vollkommen normalen Zustande und
unter giinstigsten Lebensbedingungen bestehenden Disposition, hat man
sich im Tierversuche, wo man moglichst greifbare und krasse
Resultate anstrebt, geradezu bemiiht, durch verschiedene im obigen
Sinne einwirkende Schadlichkeiten die normaliter bestehende naturliche
Immunitat der Tiere zu brechen und dieselben so fiir Infektionserreger
empfanglich zu machen, denen sie unter gewohnlichen Verh<nissen
nicht unterliegen*). Es ist nicht unsere Absicht, hier eine vollst&ndigc
Uebersicht iiber die diesbeziigliche, bereits recht umfangreiche Literatur
zu geben. Insbesondere mochten wir von vornherein davon absehen,
alle jene Experimente in den Kreis unserer Betrachtungen einzubeziehen,
bei welchen der Verlust der Immunitat durch Einfiihrung von Giften,
Durchschneidung wichtiger Nervenst&mme und andere derartige direkte
Eingriffe in den Chemismus oder Mechanisraus des betreffenden Tier-
leibes bewirkt wurde, welche an und fiir sich schon geeignet sind, eine
deutliche Erkrankung hervorzubringen. Aber auch bei den iibrigen,
weniger eingehenden und eingreifenden Methoden, die Widerstands-
f&higkeit der Versuchstiere herabzusetzen, wollen wir uns lediglich auf
die Angabe der wichtigsten Versuchsergebnisse beschr&nken.
Vor allem verdienen hier die bekannten Versuche von Canal is
und Morpurgo (1) erw£hnt zu werden, welche zeigen konnten, daB
Tauben konstant ihre Immunitat gegen Milzbrand verlieren, wenn man
sie hungern lafit. Dieselbe Wirkung hatte partielle oder totale Ex-
stirpation des Pankreas. Dauerte die Hungerperiode linger als 8—9 Tage,
so waren die Tauben auch durch Nahrungszufuhr nicht mehr gegen
den Milzbrandbacillus zu schhtzen. Viel geringer war der EinfluB des
Hungerns beim Huhne. Hier gelang es nie, todlichen Milzbrand hervor-
zurufen, wenn den Tieren erst vom Momente der Impfung ab die Nahrung
entzogen wurde, dieselben starben erst dann, wenn sie 3—7 Tage vor
der Infektion gehungert batten; weiBe Ratten waren durch Hungernlassen
iiberhaupt nicht gegen Milzbrand empfanglich zu machen. Bakunin
1) Wir sprechen hier wie im folgenden stets von der antibakteriellen und
nicht von der antitoxischen Immunitat.
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Muller, Zur Theorie der nattirlichen antibakteriellen Immunityt.
459
and Boccardi (2) bestatigten diese Befunde der genannten beiden
Autoren, soweit sie das Verhalten der Tauben betrafen und ftigten die
weitere Tatsache binzu, daB Blutentziehungen bei diesen Tieren nicht
im stande seien, die Widerstandsfahigkeit gegen Milzbrand aufzuheben.
Ebensowenig wird nach Versuchen Sanquiricos(3) beim Hunde durch
wiederholte Aderlasse eine Disposition far den Bacillus anthracis
geschaffen. Hingegen konnte Platania (4) sowohl Hunde wie Tauben
durch Chloralisieren fur diesen Mikroorganismus empfanglich machen.
Ebenso hatten Pern ice und Alessi(5) positive Resultate aufzuweisen,
indem es ihnen gelang, durch Wasserentziehung, d. i. durch Dursten-
lassen, sowohl Hunden als Tauben und Htlhnern ihre Widerstands¬
fahigkeit gegenflber dem Milzbrandbacillus zu nehmen. Allerdings waren
die Versuche mit den Hunden insofern nicht ganz einwandfrei, als
diese Tiere, wenn ihnen des Wasser entzogen wird, auch keine Nahrung
mehr zu sich nehmen und daher eine sehr bedeutende Kr&fteabnahme
erleiden.
Charrin und Roger (6) liefien Ratten in einer Tretmilhle bis zur
hochgradigen Ermfidung laufen und zeigten, daB sie in diesem Zustande
erfolgreich mit Milzbrand infiziert werden konnten. Gibier(7) machte
die interessante Beobachtung, daB FrQsche bei 37° C ihre natilrliche
Immunitat einbiiBen und leicht am Milzbrand zu Grunde gehen, und
Dieudonn6 (8) und andere Forscher (Petruschky, Lubarsch,
Fahrenholz, Trapeznikoff) konnten diese Tatsache bestatigen.
Umgekehrt konnte Ernst (9) Frdsche, welche bei niedrigen Temperaturen
unfehlbar einer Infektion mit dem von diesem Forscher zuerst beschrie-
benen Bacillus ranicida erliegen, dadnrch gegen denselben immun
machen, daB er die Tiere in einen auf 25° C eingestellten Brutschrank
brachte.
Pasteur und Joubert (10) und sp&ter Wagner (11) haben
Hiihner durch Temperaturerniedrigung — Eintauchen in Wasser von
25° C — fOr Milzbrand empfanglich gemacht, Sawtschenko (12) hat
denselben Effekt bei Tauben durch Durchtrennung des unteren Hals-
teiles des Rdckenmarks erzielt, womit eine Temperaturerniedrigung von
1—2° C einhergeht. Lipari (13) hat gefunden, daB vorUbergehend
abgekuhlte Tiere der Infektion mit Pneumokokken leichter erliegen als
normale Kontrolltiere, und Fischl (14) ist unter Anwendung einer
etwas anderen Methodik zu demselben Resultate gekommen. Endlich
hat Lode (15) in seinen umfangreichen Studien Uber die Beeinflussung
der individuellen Disposition zu Infektionskrankheiten durch W&rme-
entziehung den Nachweis erbringen konnen, daB in der Tat die Empf&ng-
lichkeit far eine ganze Reihe von infektidsen Erkrankungen durch eine
dauernde oder vorabergehende Abkahlung wesentlich erhoht werden
kann. Eine Reihe anderer Autoren hat ahnliche Wirkungen durch Ein-
verleibung der verschiedensten giftigen Substanzen, besonders von Blut-
giften, erzielt, worauf wir jedoch, wie gesagt, nicht n&her eingehen
wollen.
Fragen wir uns nun, welche Vorstellung man sich heute von dem
Wesen der natarlichen antibakteriellen Immunitat zu machen hat, so
treten uns hier dieselben miteinander im Streite liegenden Hypothesen
entgegen, welche sich auch auf dem Gebiete der erworbenen kanst-
lichen oder natarlichen Immunitat seit Beginn der bakteriologischen Aera
befehden. Nach der einen, die als Phagocytentheorie Metschnikoffs
bekannt ist und die erst karzlich wieder eine erschopfende Darstellung
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Centr&lbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 5.
von seiten dieses Forschers erfabren hat, unterscheidet sich der fflr eine
bakterielle Erkrankung disponierte Organismus von dem resistenten
durch die geringere Lebhaftigkeit oder das vollkommene Ausbleiben der
phagocyt&ren Reaktion. Die gegnerischen Theorien dagegen erkl&ren die
Resistenz entweder durch die Anwesenheit bakterizider Substanzen in
den Korpersfiften, oder — eine Anscbauung, die besonders von fiaum-
garten 1 ) und seiner Schule vertreten wird — durch eine mangelnde
Eignung der S&fte und Gewebe, fiir die betreffenden Mikroorganismen
als N&hrboden zu dienen.
Wie man sieht, ist die erstere dieser Theorieen, die Phago-
cytentheorie, im wesentlichen eine dynamische: das Eindringen der
Infektionserreger in den Organismus ist bei resistenten Tieren nach
dieser Auffassung von einer lebhaften cellularen Reaktion gefolgt: Phago-
cyten wandern aus, begeben sich an den Ort der Invasion, suchen die
Mikroorganismen mit ihren Pseudopodien zu erfassen und in sich auf-
zunehmen, worauf die Eindringlinge den zerstdrenden und verdauenden
KrSften des Protoplasmas unterworfen werden und zu Grunde gehen.
Das endliche Resultat dieses Vorganges, das man in sehr anschaulicher
Weise als einen Kampf zwischen Leukocyten und fiakterien dargestellt
hat, ist von dem Verh<nis der invasiven Krfifte der ein-
gedrungenen fiakterien einerseits und der reaktiven
Kr&fte des befallenen Organismus andererseits ab-
h&ngig.
Dagegen besteht nach den erwahnten beiden anderen Tbeorieen im
Falle der Resistenz entweder eine ungtinstige Beschaffenheit der Gewebs-
safte, welche die Entwickelung der eingedrungenen Krankheitserreger
nicht gestattet und dieselben Hungers sterben l&Bt, oder es wirken die
Korperfliissigkeiten direkt schadigend, abtbtend, bakterizid, in ahnlicher
Weise, wie wir dies bei den zahllosen chemischen Desinfektionsmitteln
zu beobachten in der Lage sind. Der lebende Organismus als
solcher ist nach diesen Theorieen bei der Abtdtung der
fiakterien*gar nicht aktiv beteiligt; die Theorieen sind
mit anderen Worten — im Gegensatz zur Metschnikoff-
scben — keine dynamischen, sondern statische, ein Unter-
schied, auf den bereits Dr ago 2 ) aufmerksam gemacht hat. Eine ent-
g<ige Entscheidung zwischen diesen beiden sich entgegenstehenden
Auffassungen ist bekanntlich bis zum heutigen Tage nicht erfolgt und
dieselben werden in den verschiedenen feindlichen Lagern noch immer,
wenn auch bereits mit verminderter Energie und Heftigkeit, verfochten.
Es liegt uns hier vollkommen fern, in dieser strittigen Frage, auf die
vielleicht eine vollkommen einheitliche Antwort gar nicht gegeben
werden kann, fflr die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen. Soviel
kann aber keinern Zweifel unterliegen, daB die Phagocytentheorie in
einem Punkte einen wesentlichen Vorsprung vor ihren Gegnerinnen
voraus hat, darin nSmlich, daB sie, wie eben auseinandergesetzt, eine
dynamische Theorie darstellt. Denn ganz allgemein und nicht nur
auf biologischem Gebiete wohnt den dynamischen Theorieen eine bei
1) Baumgarten schreibt z. B. Berl. klin. Wochenschr. 1899. No. 41 hieriiber:
„GemaB dieser Auffassung hangt die natiirliche Immunitiit einzelner Species, Rassen
oder Individuen gegeniiber bestimmten Infektionskeimen wesentlich davon ab, dafi die
betreffenden Species etc. nicht die fur ihr Leben und ihre Entwickelung notwendige
chemische Zusammensetzung finden. u
2) Drago, Rif. med. p. 175—177, zitiert nach Baumgartens Jahresber. 1898.
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Muller, Zur Theorie der natfirlichen antibakteriellen Immunityt.
461
weitem groBere fiberzeugende and auch heuristische Kraft inne als den
statischen.
Es schien mir daher nicht ohne Berechtigung, die Frage aufzuwerfen,
ob nicht auch fur die humorale Erklfirungs weise der
Resistenz, welche die bakterienfeindliche Beschaffenheit der Kdrper-
s&fte in den Vordergrund der Betrachtung stellt, dy namische Vor-
stellungen entwickelt werden konnten, und ob sich auf Grund
derselben nicht neue Fragestellungen fiir das experimentelle Studium
dieses Erscheinungsgebietes ergeben wiirden.
Nun ist allerdings durch die Erkenntnis, daB die Alexine in nahen
Beziehungen zu den Leukocyten stehen und entweder von denselben
intra vitam aktiv sezerniert oder wenigstens nach deren lode frei werden,
eine gewisse Annfiherung der beiden sich bekampfenden Theorieen erfolgt
und damit zweifellos eine mehr dynamische Auffassung auch im humoralen
Sinne angebahnt worden, insofern, als man unter dem EinfluB einer er-
folgten Infektion eine leukocyt&re Reaktion eintreten liefi, welche aber
zur Vernichtung der Krankheitserreger nicht durch Phagocytose, sondern
durch gesteigerte Alexinproduktion fiihren sollte 1 ). Es schien mir jedoch,
als ob die Entwickelung der Immunitatslehre in den letzten Jahren und
besonders die von Ehrlich und seiner Schule ausgegangenen Auf-
kl&rungen fiber die Analogic der wirksamen Stoffe der normalen und
der Immunsera noch in anderer Weise Mittel zu einer dynamischen
Ausgestaltung der humoralen Theorie der natfirlichen Immunitat an die
Hand geben wfirde, und zwar auf Grund folgender Ueberlegungen.
Wie die vielfache und immer wieder bestatigte Erfabrung gelehrt
hat, ist die Einverleibung bakterieller Substanzen in den tierischen
Organismus meist von der Entstehung spezifischer Antikorper gefolgt,
welche sich besonders leicht im Blutserum, aber auch in den Organen
und Gewebssaften nachweisen lassen und welche zum Teil den aus-
gesprochenen Charakter von Schutzstoffen besitzen, zum Teil allerdings
einer solchen Bedeutung sensu strictiori zu entbehren scheinen. Jeden-
falls stellen diese Antikorper das Produkt einer energischen Reaktion
gewisser Korperzellen — welcher, mag unentschieden bleiben — auf die
eingeffihrten mehr oder minder schadlich wirkenden Substanzen dar.
Die Zeit, innerhalb welcher das Auftreten derartiger Antikorper im
Blutserum zu beobachten ist, schwankt innerhalb ziemlich weiter Grenzen.
Unter gfinstigen Umstfinden und bei Einverleibung genttgend groBer
1) So schreibt z. B. Kruse in Fliigges „Die Mikroorganismen 44 . 1896. p. 406:
„Friiher hat man ausschliefilich die baktenziden Eigenschaften der Safte dafiir ver-
antwortlich machen wollen, neuerdings wurde die Mitwirkung der Leukocyten an dem
Kampfe gut beglaubi^t, aber wohl gemerkt nur in dem Sinne, dafi der Wert der Leuko¬
cyten wesentlich in lhren Sekretionen, nicht in ihrer Frefitatigkeit besteht. Die
ersteren kommen viel schneller zur Wirkung als die letztere.* p. 403: „Es werden
also aus den Leukocyten den Alexinen ahnliche Substanzen frei,
welche den erhohten Effekt bedingen. tt „Die Beteiligung der Leukocyten an
der Alexinbildung wird durch diese Experimente zwar wieder bewiesen, aber die Herkunft
aus an deren Quell en noch nicht ausgeschlossen. u Kruse spricht ferner auf Grund der
bekannten Versuche von Denys und Kaisin die Ansicht aus, dafi die bakteriziden
Substanzen unter Umstanden erst im Momente der Infektion in den Saften erscheinen,
was offenbar als eine heilsame Reaktion des Organismus auf eine Bakterieninvasion
aufzufassen sei; leider haben die eingehenden Untersuchungen Conradis die diesen
Anschauunsen zu Grunde liegenden Experimente der beiden belgischen Forscher nicht
bestatigen xonnen. Aus seinen Versuchen geht vielmehr, in Uebereinstimmung mit
Lubarsch und Bail, hervor, fl dafi die Annahme von Denys und Kaisin, als
ob der Hund bei der Milzbrandinfektion einen Zuwachs seiner bak¬
teriziden Krafte erhalte, der einwandsfreien Begriindung entbehrt".
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
Mengen geeigneter Bakterienarten sind dieselben jedoch oft schon nach
1—3 Tagen deutlich nachzuweisen. Um ein konkretes, allerdings aus-
nahmsweise giinstiges Resultat anzufflhren, so haben Pfeiffer und
Marx (16) in ihren bekannten Untersuchungen fiber die Bildungsst&tte
der Choleraschutzstoffe mitgeteilt, „daB in einem Versuche (No. 12) schon
nach Ablauf von 24 Stunden, genauer nach 41 Stunden, Werte des
Serums gefunden wurden, welche fiber den Titre des normalen Kaninchen-
serums entschieden hinausgehen u . Die Injektion der Choleravibrionen
bei diesen Versuchen geschah subkutan.
Erw> man nun, daB erstens eine gewisse, jedenfalls nicht ganz
unbetrSchtliche Zeit vergehen muB, ehe die (zum Teil schwer loslichen
und diffusiblen) Zellbestandteile der Bakterienleiber von der lokalen
Infektionsstelle an den Ort der haupts&chlichsten Antikbrperproduktion
(Milz, Knochenmark etc.) gelangen; erw> man weiter, daB die An-
wesenheit der AntikSrper im Blute erst dann nachweisbar werden kann,
wenn eine genfigend groBe Menge derselben aus den Organen ihrer
Entstehung ausgespfilt und in die S&fte fibergeffihrt wurde — welcher
ProzeB durchaus nicht gleichen Schritt mit der Bildung dieser Substanzen
zu halten braucht —, so kommt man notwendigerweise zu dem Schlusse,
daB der Zeitraum, der zwischen dem ersten Eintreffen
der bakteriellen Substanzen in den betreffenden Organen,
und zwischen dem ersten Auftreten der Antikdrper (welche
hierbei noch nicht in solcher Menge vorhanden zu sein brauchen, daB sie
mit unseren relativ unempfindlichen Methoden nachzuweisen wfiren) liegt,
ein noch bei weitem kiirzerer sein mufi, als es nach den
eben zitierten Experimenten der Fall zu sein scheint.
Wie groB fibrigens die zeitlichen Differenzen zwischen Auftreten der
Schutzstoffe im Blute und in den betreffenden Organen sein konnen,
geht wieder aus den Befunden von Pfeiffer und Marx hervor, nach
welchen „mindestens in 2 unter 3 Versuchen schon im Laufe des zweiten
Tages nach der Pr&ventivimpfung in der Milz deutlich nachweisbare
Mengen von Choleraschutzstoffen vorhanden sind u , w&hrend bei 2 Ver¬
suchen die spezifischen Ver&nderungen im Blute erst vom 3. Tage
(3 X 24 Stunden nach der Injektion) ab nachweisbar waren 1 ). Im selben
Sinne wie die geschilderten Verh<nisse muB fibrigens noch der Umstand
verzogernd auf die Nachweisbarkeit der schon gebildeten Antikorper ein-
wirken, daB die in den betreffenden Organen abgelagerten und die
cellul&re Reaktion auslosenden bakteriellen Substanzen meist die Fahig-
keit besitzen, sehr bedeutende Mengen der Antikbrper zu binden und
sofort nach ihrer Entstehung an sich zu reiBen; erst von dem Moment
ab, wo diese Substanzen abgesattigt sind, kann demgem&B die Produktion
der Immunkorper in die Erscheinung treten. Man wird daber wohl mit
Recht die Behauptung aufstellen dtirfen, daB die Antikorperproduktion
kein Vorgang ist, der etwa lange Zeit zu seiner Vorbereitung und Ein-
leitung bedurfte, sondern man wird annehmen konnen, daB dieselbe
schon sehr bald einsetzt, nachdem die betreffenden Organ-
zellen mit den bakteriellen Substanzen in Beruhrung ge-
treten sind.
1) Analog fund van Embden bei seinen Versuchen fiber den Entstehungsort
der Agglutinine 24 Stunden nach der Inokulation den Agglutiningehalt der Mite nodi
f ering; 2 Tage nach der Injektion hingegcn wax die agglutinierende Substanz in der
lilz in weit grofierer Konzentration vorhanden als in den iibrigen Organen und im
Blute. (NederL Tijdschrift voor Oeneeskunde. Bd. II. 1898. Nach dem Referat in
Malys Jahresber. 1898.)
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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erfora chung des Gelbfiebers. 463
DaB diese Anschauung zutreffend ist, geht auch aus verschiedenen
anderen experimentellen Tatsachen mit groBer Wahrscheinlichkeit hervor.
So vor allem aus der von Loeffler und Abel (17) festgestellten M5g-
lichkeit, Meerschweinchen durch ein geeignetes Verfahren, das spfiter
durcb Kollmann (18) eine weitere Ausbildung erfuhr, innerhalb ganz
kurzer Zeit, d. i. innerhalb weniger Stunden, gegen hohe
Dosen virulenter Bacillen unempfanglich zu machen.
Denn wenn auch hierbei ein Nachweis von neugebildeten Antikorpern
im Blute oder in den Geweben nicht besonders versucht worden zu
sein scheint, so kann es doch wohl kauiu einem Zweifel unterliegen,
daB bier deren Produktion ganz auBerordentlich rasch vor sich gegangen
sein muB und es liegt kein Grund vor, die so erzeugte Immunit&t
prinzipiell von der gewOhnlichen, erst nach langerer Zeit eintretenden
Form abzutrennen, zumal auch in der Dauer derselben kein wesentlicher
Unterschied besteht und die in so kurzer Zeit erzielte Widerstands-
fahigkeit noch nach Monaten erhalten bleibt. Den einzigen Unterschied
wird man also wohl nur darin sehen dttrfen, daB bei dem Verfahren der
Schnellimmunisierung groBere Zellterritorien zu einer intensiveren reak-
tiven TBtigkeit angespornt werden als gewohnlich.
Noch eine andere Beobachtung spricht sehr entschieden fflr die
grofie Schnelligkeit, mit welcher die AntikOrperproduktion der Infektion
nachfolgt. Bail (19) hat n&mlich gezeigt, daB virulente Typhusbacillen,
die ins Peritoneum eines Meerschweinchens eingespritzt werden, binnen
durchschnittlich 3 Stunden eine charakteristische Ver&nderung
erleiden, indem sie ihre Fflhigkeit einbflBen, durch spezifisches Typhus-
serum agglutiniert zu werden. Diese merkwflrdige Erscheinung ist nach
den Untersuchungen Bails darauf zurflckzufiihren, daB Vorstufen der
Agglutinine (Agglutinophore), die in dieser ersten Zeit nach Einverleibung
der Bacillen reichlich sezerniert werden, die Rezeptoren der Typhus-
bacillen in Beschlag nehmen und so deren Beeinflussung durch die
fertigen Agglutinine des zugesetzten Immunserums .verhindern. Auch
hier haben wir also eine Tatsache zu verzeichnen, welche, und zwar noch
eindringlicher als die frUher zitierten, zu beweisen scbeint, daB die Ent-
stehung und Abstofinng der spezifischen Reaktionsprodukte der Kdrper-
zellen sich zeitlich eng an die gesetzte Lfision anschlieBt. Auch Bail
spricht sich in diesem Sinne aus: „Es mflssen also w&hrend der ersten
3 Stunden die Typhusbakterien unter dem Einflusse einer KOrperreaktion
gestanden haben, welche dann das Ausbleiben der Agglutination zur
Folge hat. a
(Fortsetzung folgt)
Nachdruck verboten.
Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des GeMebers.
Eine neueMethode ftlr den raschen Nachweis
des Bacillus icteroides Sanarelli.
[Aus dem staatlichen Institut fflr Bakteriologie in S. Paulo, Brasilien.j
Von Dr. Ivo Bandi.
Die auBerordentlich grofien, zuweilen sogar unflberwindlichen
Schwierigkeiten, welche bei den so wohl intravitam als post mortem
angestellten Nachweisversuchen des Bacillus icteroides im Kflrper
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
der mit Gelbfieber behafteten Personen aufzutreten pflegen, h&ngen
wesentlich davon ab, dafi derselbe im Menschenorganismus sich sehr
langsam vermehrt und ferner, dafi er sich der antagonistischen Symbiose
— welcher er ausgesetzt ist — mit den Keimen der sekundaren, am
hSufigsten von dem Darme ansgehenden Infektion schlecbt anpafit, so
dafi die letzteren ihn beinahe vollst&ndig uberw<igen.
W&hrend die gegenwartig gefibten Isolierungsmethoden hinreichend
sind, am das Vorhandensein des Bacillus icteroides im Blute der
betreffenden Patienten — wo er auch in Reinknltur oder vermischt mit
manchen verschiedenen Bakterien vorkommen kann — erweisen sich
jedoch solche Verfahren als absolut mangelhaft, wenn es sich darum
handelt, den Bacillus icteroides aus den Organen, resp. aus dem
Blute der betreffenden gestorbenen Patienten zu isolieren; diese
Schwierigkeit wird natiirlich urn so betrachtlicher, je langer die vom
Absterben des betreffenden Kranken bis zur Obduktion verflossene
Zeit war.
Aus den ebenerw&hnten Griinden und da ich die giinstige Gelegen-
heit hatte, bakteriologische Untersuchungen in der Isolierungsabteilung
des Krankenhauses fflr Infektionskrankheiten in S. Paulo (Brasilien) in
zwei Gelbfieberfallen auszuftthren, richtete ich meine Forschungen auf
die L5sung der in Rede stehenden Frage. — Einer der betreffenden
Kranken war kaum vor einigen Stunden ins Spital aufgenommen worden.
Als ich die bakteriologischen Untersuchungen anstellte, konnte ich
nach den Angaben des Patienten, sowie nach dem charakteristischen
Krankheitsbild feststellen, dafi es sich hier um die Anfangsstufe des
zweiten Krankheitsstadiums handelte, es war zweifelsohne ein Fall gut-
artiger Natur. — Temperatur 36,8° C, Puls 96.
Die ikterische Verf&rbung der fiufieren Haut war keine betrachtliche,
starker jedoch war sie an der Bindehaut. H&ufiges Erbrechen, aber
stets mit einem bilidsen Inhalt; es waren ferner Zahnfleischblutungen
und Epistaxis vorhanden.
Der nur an Menge herabgesetzte Ham war nicht eiweifireich,
vielmehr ergab sich aus der Beschaffenheit desselben eine noch nicht
vollstandige Niereninsufficienz. Aufier der fflr das Gelbfieber besonders
charakteristischen Unruhe und Angst war das Sensorium nicht bedeutend
in Mitleidenschaft gezogen.
Ich entnahm nun aus einer der Venae medianae des rechten
Arms und unter strengster Asepsis 20 ccm Blut, mit welchem ich
15 Schragkulturen in Agar-Agar anfertigte, die ich alsdann in den
Thermostaten bei einer Temperatur von 37° C setzte.
Am darauffolgenden Tage, d. h. 16 Stunden nachher, konnte ich in
drei der eingeimpften Rohrchen mehrere kleine, weifie, glanzende und
mit regelm&fiigen R&ndern versehene Kolonieen wahrnehmen.
Diese (ffinf) Kolonieen, welche ich zu einer weiter unten zu
schildernden Untersuchungsreihe benutzte, bestanden aus dem typischen
Bacillus icteroides Sanarelli.
Im zweiten Falle handelte es sich um den Leichnam eines an Gelb¬
fieber gestorbenen Patienten.
Die bei der Obduktion wahrgenommenen anatomischen VertLnde-
rungen berechtigten mich zu der Annahme, dafi der in Betracht gezogene
Fall eine subakute Form des Gelbfiebers darstellte. — Bald nach Beginn
der betreffenden bakteriologischen Untersuchungen erkannte ich sofort
die aufierordentlich grofien Schwierigkeiten, welche bei dem Nachweis
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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des Gelbfiebers.
465
des Bacillus icteroides im Blute sowie in den einzelnen Organen
aufgetreten waren, und zwar, weil die direkte bakteriologische Unter-
suchung der Milz die Anwesenheit einer ziemlich grofien Anzahl von
polymorphen Keimen in diesem Organe ergab.
Es handelte sich hier zweifelsohne um einen der FSlle, wo im
letzten Stadium der Erkrankung die Erreger der sekund&ren Infektion
die spezifischen Gelbfieberbacillen ganz und gar iibertroffen batten, so
dafi durch die sonst flblichen Isolierungsmethoden fiir den Bacillus
icteroides kein befriedigendes Resultat zu erreichen war. Daher die
Notwendigkeit, ein Verfahren zu sucben, durch welches es mir gelingen
sollte, eine grbfiere Menge der von mir aufzufindenden Keime nachzuweisen,
d. b. ein Mittel zu linden, welches, wie bei der Methode Sanarellis,
behufs Nach weises des Bacillus in den Geweben der an Gelbfieber zu
Grunde gegangenen Kranken, eine rasche, intensive Entwickelung des
in Rede stebenden Bacillus bewirken konnte.
Die Methode Sanarellis, welche nun liberall wohlbekannt ist,
und die darin besteht, dafi die zu untersuchenden Gewebsstttcke in den
Thermostaten bei 37 0 C 12 Stunden lang gesetzt werden, bewShrt sich in
der Praxis nicht, um den Bacillus icteroides zu isolieren, der
durch die Entwickelung anderer Mikrobien, welche eventuell mit dem
ersteren wohl in urs&chlicher Symbiose in dem Medium vorliegen konnen,
gar nicht gehemmt wird, und die Methode flir sich bildet ferner nicht
immer die gfinstigsten Bedingungen zur genauen, absoluten Unter-
scheidung des Bacillus icteroides von den anderweitig vorhandenen
Bakterienarten und zur Isolierung derselben.
Um ein praktisches Resultat zu erreichen, sollte man dahin ge-
langen, dafi — falls es unmOglich ist, die Entwickelung andersartiger,
in dem zu untersuchenden Material vorliegender Keime zu hindern —
die rasche Vermehrung und die Gruppierung des Bacillus icteroides
in gleicher Weise hervorgerufen wird, so dafi derselbe dem schadlichem
Einflufi der iibrigen antagonistischen, mit ihm h&ufig in Symbiose ge-
tretenen Bakterien entzogen und daher leicht im Kulturmedium auf-
gefunden und isoliert wird.
Damit solche Bedingungen in den Kulturmedien tats&chlich be-
st&nden, und zwar fiir eine Bakterie, welche, wie es bei dem Bacillus
icteroides der Fall ist, fast durchweg in absoluter Minderzahl gegen-
fiber den andersartigen, mit ihr in Symbiose in dem Untersuchungsmaterial
vorhandenen Mikrobien steht und welche sehr wahrscheinlich — wie es
bereits Sanarelli nachgewiesen hat — von den letzteren leicht besiegt
wird, war es unbedingt notig, dafi durch die neue Methode im Kultur¬
medium besondere, dem Bacillus icteroides gflnstige, sich auf eine
spezifische Reaktion griindende Verh<nisse herbeigefiihrt wtlrden.
Diese Bedingungen habe ich zu realisieren versucht, indem ich
dazu die Spezifitfit der Absorptionsprozesse der Mikrobien verwendete,
eine Eigenttlmlichkeit, die bereits durch die Forschungen Pasteurs
fiber die Girungen bekannt und nachtr&glich durch die Untersuchungen
zahlreicher Beobachter best&tigt worden ist.
Ferner dachte ich, bei meinen Untersuchungen das spezifische
Agglutinationsvermdgen des den Kulturmedien zugesetzten antiama-
ryllischen Serums zu benutzen.
Eine auf einem so genau bestimmten wissenschaftlichen Grund-
satz fufiende Isolierungsmethode schien mir im ersten Augenblicke un-
Ente Abt. Orig. Bd. XXXTV. 30
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
fehlbar and ausgezeichnet in Hinsicht auf das praktische Resultat zu
sein; nach einer weiteren genaueren analytischen Prflfung konnte ich
jedoch die verscbiedenen Schwierigkeiten, die dem vorgesetzten Ziele
entgegen standen, voraussehen.
Wahrend wir nach den nenesten Forschungen fiber die verscbiedenen.
die umfassende Frage der Immunit&t bildenden Vorg&nge nun wissen,
dafi sowobl die Absorption als die Ern&hrung der Mikrobien von einer
molekularen Selektion abhSngig sind, liegen andere in jfingster Zeit
ansgeffihrte Untersuchungen vor, welcbe den Nachweis daffir geliefert
haben, dafi solche Grunds&tze nicht als absolnt richtig gelten kOnnen.
Was nan das Agglutinationsvermdgen der antibakterischen Sera im
allgemeinen betrifft, so ist es bekannt, dafi ibre Spezifitfit fiber eine
gewisse Grenze zu snchen ist, bis wohin die Bakterienagglutinine eines
Serums manche molekulare Affinit&t auch mit andersartigen Keimen
besitzen kdnnen.
Ferner stellte ich mir noch eine zweite Frage: Angenommen, dafi
es mir gelingen kdnnte, durch die Einwirkung der in dem spezifischen
Serum enthaltenen Agglutinine in den Kulturen eine massenhafte Ent-
wickelung des Bacillus icteroides zu erhalten, wire es mir als-
dann moglich gewesen, aus dem flflssigen Kulturmedium, vie es sein
mufi, damit die Agglutination stattfindet, den agglutinierten Bacillus
zu isolieren?
Diese beiden hochwichtigen Fragen, welcbe sofort bei der Betrach-
tung der neuen Methode hervortraten, babe ich versucht, in folgender
Weise zu ldsen:
Durch sorgffiltiges Ausschaltungsvorgehen babe ich die spezifische
agglutinierende Dosis des antiamaryllischen Serums, d. h. den Auf-
losungsgrad des Serums in dem flfissigen Kulturmedium, bestimmt, durch
velche das allgemeine Agglutinationsvermdgen ffir die andersartigen,
im zu untersucbenden Material, eventuell in Symbiose, mit dem Bacillus
icteroides vorbandenen Keime ausgeschlossen wird. Urn alsdann
die Isolierung der im Kulturmedium flockenartig agglutinierten Bacillen
hervorzurufen, stellte ich die Kulturen auf der im Brutofen flfissig er-
baltenen Gelatine an — damit die Agglutination leichter stattf&nde —
und dann liefi ich die Gelatine sofort und rasch erstarren; auf diese
Weise konnte ich den Bacillus untersuchen und ihn aus den sich all-
m&hlich in den tieferen Kulturschichten bildenden Gerinnseln isolieren.
Die Technik meiner Methode ist die folgende:
Vor allem bestimme ich die agglutinierende spezifische Dosis des
Kontrollserums, indem ich zuerst mehrere Bouillonkulturen von ver-
schiedenen Keimen anfertige, zu welchen das antiamaryllische Serum
in verschiedenem Quantum zugesetzt wird. Dazu wfihle ich solche
Mikrobien, welche am hSufigsten im Organismus mit dem Bacillus
icteroides symbiotisch vorkommen; dann stelle ich eine Gelatine
her, zu welcher ich das antiamaryllische Serum in der spezifischen agglu-
tinierenden Dosis zusetze. Diese Gelatine wird in mehrere zweckmfifiig
eingeschnfirte und darauf an der Flamme trichterfdrmig verschmolzene
Glasrdhrchen verteilt.
In diese Glasrdhrchen wird das zu untersuchende Material in kleiner
Menge oberfifichlich eingeimpft und in den Brutofen bei 37° C gestellL
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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforechung des Gelbfiebere.
467
Nach wiederholten Versuchen rauCte ich mich davon Qberzeugen,
dafi 10- bis 12-proz. Gelatine, welche scheinbar den grofien Vorteil
einer leichteren Erstarrung hatte, tats&chlich gar nicht empfehlenswert
ist, weil die starke Densitfit des Mediums die Bildung groBer Flocken
von agglutinierten Bacillen sowie ihren Niederschlag hindert
Demzufolge ist die 7-proz. Gelatine die am besten dazu geeignete;
sogar nach 5—6 Stunden kann man in derselben die Bildung von
weifilichen, aus agglutinierten Bacillen bestehenden Flocken beobachten,
welche nach und nach am Boden der Glasrohrchen niederfallen, wShrend
an der Oberfl&cbe der Gelatinemasse eine gleichm&Bige Trflbung auftritt
Meistens ist nach 10—12 Stunden die gleichm&Bige Trflbung in den
oberen Kulturschichten sehr pr&gnant, und in den tieferen, wo die sich
isolierenden Bacillen allm&hlich wegen der Densit&t des Mediums sp&r-
licher werden, sieht man groBe agglutinierte Bacillenflocken, welche
nach und nach an der Spitze des zugeschmolzenen ROhrchens, wo die
Gelatine vollst&ndig klar ist, sich ansammeln.
Die Kulturen werden sodann einer niedrigeren Temperatur aus-
gesetzt bis zur Erstarrung der Gelatine, welche rasch vor sich geht,
wenn auf die fiuBeren Wfinde des ROhrchens ein Strahl von Aethyl-
chlorid gerichtet wird.
Jetzt kOnnte das zugespitzte Ende des ROhrchens abgebrochen
und mittelst einer dflnnen Platinnadel die agglutinierten Bacillenflocken
hervorgezogen werden; doch ist man so nie sicher, die Isolierung in
positiver Weise zu erreichen.
Wenn in dem verd&chtigen, auf Bacillus icteroides zu unter-
suchenden Material Bakterienarten vorhanden sind, welche — wie der
Streptococcus — ihrer Natur nach sich agglutinieren und flecken-
artig entwickeln, oder umfangreiche Massen bilden, welche ihrer eigenen
Schwere wegen in die tieferen Kulturschichten herabsinken konnen —
wie z. B. einige Proteus-Variet&ten u. s. w. — dann kOnnte es ja
vorkommen, dafi man gar nicht zum beabsichtigten Zwecke kommt, falls
weitere genauere Untersuchungen vers&umt werden.
Um diesem Umstand vorzubeugen, verfahre ich nun in folgender
Weise:
Nach Abbrechung des zugespitzten ROhrchenendes wird der Inhalt
in flufierst dflnner Schicht in eine sterilisierte Petri-Schale gegossen;
alsdann schreite ich zur mikroskopischen Untersuchung, zuerst bei
schwacher, dann bei starkerer VergroBerung der in der Gelatinemasse
vorhandenen Flocken.
Auf diese Weise wird die Identit&t der zu isolierenden Flocken,
indem ich dieselben unter dem Mikroskop von der Masse herausziehe,
festgestellt
Hier mOchte ich bemerken, dafi der Bacillus icteroides — wie
flbrigens viele andere Bakterien — wenn er sich dank dem Vorhandensein
der Serumagglutinine im agglutinierten Zustand entwickelt, in durcbaus
charakteristischer Weise langc, dflnne Kettchen bildet, welche sich
gruppieren und zu einem aus dichten Maschen bestehenden Netzgewebe
zusammensetzen.
Unter solchen Verh<nissen gelingt es bei sorgf<iger Beobachtung,
die aus agglutinierten Massen des Bacillus icteroides bestehenden
Gebilde von denen des Streptococcus Oder irgend eines in dichte
ZooglOen zusammengeflossenen Bacillus zu unterscheiden.
Wenn ich die deutlich charakterisierten Stellen genau aufsuchte,
30*
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
gelang es mir stets, den Bacillus icteroides zu isolieren,
sei es durch direkte Einsaat in Bouillon, sei es durch eine neue,
nach dem oben erwfihnten Verfahren angefertigte Kultur, um manche
eventuell mechanisch mit den Flocken der agglutinierten Bacillen herab-
gesunkenen Keirne auszuschlieBen.
Durch diese Methode babe ich ohne Schwierigkeiten den Bacillus
icteroides aus dem Blute, der Leber, der Galle und aus dem Darm
in dem angegebenen Gelbfieberfall isolieren kdnnen, ferner gelang es
mir stets, den kunstlich mit zahlreichen Bakterienvarietaten gemischten
Bacillus icteroides nachzuweisen, w&hrend bei s&mtlichen Iso-
lierungsversuchen in 4 Fallen von schwerem Ikterus, sei es intra vitam
aus dem Blute, sei es post mortem in den verschiedeneu Organen, das
Resultat durchweg ein negatives war, so gleichfalls bei den von mir in
diesem Sinne mit dem Wasser der Wasserleitung von S. Paulo und im
Erdboden des Isolierungs-Krankenhauses angestellten Untersuchungen.
Identifikation des Bacillus icteroides. — Die beiden von
mir in den 2 Fallen von Gelbfieber isolierten Keimen bildeten als-
dann Gegenstand weiterer genauer Untersuchungen, um ihre vollstandige
Identitat mit dem typischen Bacillus icteroides, wie er von
Sanarelli entdeckt uud beschrieben worden ist, nachzuprhfen. Ich
stellte auBerdem eine Reihe von Vergleichsuntersuchungen an zu dem
Zwecke, ihre Spezifitat zu kontrollieren.
Im nachfolgenden werde ich die Resultate dieser meiner Unter¬
suchungen zusammenfassen:
Diagnostische Bedeutung der kulturellen und biolo-
gischen Charaktere des Bacillus icteroides. — Betrachtet
man die morphologischen und biologischen Merkmale des Bacillus
icteroides, so kommt man zur SchluBfoIgerung, dafi dieselben meisten-
teils keine bestimmte Spezifitat gegenilber jenen andersartigen Keimen
besitzen.
Sehen wir von dem feineren Bau und von der Zellenanordnung,
sowie von der Beweglichkeit ab, welche dem Bacillus icteroides
wie anderen Mikrobien gemein sind, so bemerken wir — in Hinsicht der
kulturellen Charaktere — daB das von Sanarelli als spezifisch ffir
den von ihm entdeckten Bacillus erklarte Merkmal („Siegellackpetschaft“)
der Agarkultur in gewissen Verhaltnissen, so in manchen gut charakte-
risierten Exemplaren des Bacillus icteroides nicht deutlich ist.
In den Gelatineplattenkulturen kann ferner der Bacillus icteroides
einen Pleomorphismus zeigen, obwohl dieser letztere nicht so pr&gnant
zu sein pflegt, wie es bei dem Bacillus coli der Fall ist, von welchem
er sich auBerdem durch mikrochemische Eigenschaften unterscheidet
Der Colibacillus greift, obwohl nicht in sehr intensivem Grade,
Eiweifi an, w&hrend bei dem Bacillus icteroides dies vermifit oder
doch nur in undeutlicher Weise beobachtet wird.
Die Icteroides-Kulturen zeigen auBerdem keine Indolbildung;
andererseits ist uns durch die Untersuchungen Lambkes und m. a.
bekannt, dafi auch anindolische typische Colibacillen vor-
kommen.
Der Bacillus icteroides ist bezuglich des zymogenetischen Ver-
mogens von dem typischen Bacillus Escherich dadurch zu unter-
scheiden, daB die von ihm bewirkte Zuckergarung schw&cher ist, obwohl
dem Bacillus icteroides diese Eigenschaft in leichterem Grade und
gegenfiber alien Zuckerarten doch innewohnt. Endlich darf man wohl
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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des Gelbfiebere.
469
behaupten, daB h&ufig ein Vergleich zwischen den morphologischen und
biologischen Charakteren des Bacillus icteroides und denjenigen
eines Colimorphen Oder einer Varietfit des B. typhosimilis keinen
sicheren Schlufi liefert
Dieser Umstand bildet eine der haupts&chlichsten Schwierigkeiten
fQr die Isolierung und Identifizierung des Bacillus icteroides,
venn nicht alle die am besten dazu geeigneten Untersuchungsmittel
verwertet werden, durch velche in unzweideutiger Weise die Diagnose
des Bacillus icteroides gegenQber einem die babituelle Flora des
Gelbfiebers, namentlich in den beschriebenen Fallen bildenden Mikro-
organismus, festzustellen ist
Nach diesen Betrachtungen, und trotzdem die beiden von mir iso-
lierten Keime die biologischen und kulturellen, von Sanarelli fflr den
Bacillus icteroides als eigentflmlich bezeicbneten Merkmale zeigten,
dachte ich, die der Lebenst&tigkeit eines ins saprophytische Leben uber-
tragenen pathogenen Keimes innewohnenden Merkmale als einfaches
diagnostisches Hilfsmittel gelten zu lassen, velche Merkmale Obrigens
aus verschiedenen Grunden sich findern kdnnen, unter velchen die Un-
best&ndigkeit der chemischen Zusammensetzung der Kulturmedia be-
deutungsvoll ist.
Ich nahm mir also vor, meine Versuche nach einer besser dazu
geeigneten Richtung fortzusetzen, namlich durch die NachprQfung der
spezifischen Reaktion der beiden isolierten Keime gegenQber dem
Blutserum von Gelbfieberkranken und dem antiamaryllischen Serum
und indem ich ihr pathogenes Vermbgen bestimmte, velche Charaktere
von der Lebenst&tigkeit der als Parasiten des Menschenkorpers betrach-
teten Keime abhangen und den grOBten Wert fQr die Diagnose eines
Krankheitserregers besitzen.
Ueber die Spezifit&t der Bakterienagglutinine und des
Sensibilisationsstoffes im antiamaryllischen Serum sovie
im Blutserum der Gelbfieberkranken und der an dieser
Erkrankung zu Grunde gegangenen Patienten.
Da ich ein gevisses Quantum von antiamaryllischem Serum (zu
Montevideo dargestellt), von einem an Gelbfieber gestorbenen Patienten
stammendem Blutserum, sovie von einem in mehreren Sitzungen aus
einem Gelbfieberkranken entnommenem Blutserum zur VerfOgung hatte,
stellte ich einige Versuche fiber das agglutinierende und sensibilisierende
Vermogen dieser drei Sera auf die zu untersuchenden Keime an.
Nachtrfiglich schienen die Vergleichsversucfie des allgemeinen anti-
bakteriellen mit dem spezifischen Vermdgen dieser, sovie anderveitiger
Sera interessant, indem ich dieselben nacheinander mit verschiedenen
Mikrobenvariet&ten in Berfihrung setzte. Bei dieser Untersuchungsreihe
— auBer den oben genannten Sera — benutzte ich ein antityphisches,
aus dem Institute ffir Serotherapie zu Bern stammendes Serum, ein
im hiesigen Institute ffir Infektionskrankheiten hergestelltes Serum und
die aus zvei Typhusffillen und aus vier schveren Ikterusfillen mehrmals
vShrend des ganzen Krankheitsverlaufes, vfihrend der Rekonvaleszenz
und post mortem entnommenen Sera.
Die zum Vergleich gestellten Keime varen folgende: Die zvei von
mir isolierten Mikrobien, die ich mit A und B bezeichne, der Bacillus
Eberth, ein Colibacillus und ein Proteus vulgaris.
Ich muBte mich bald fiberzeugen, dafi, um ein praktisch und sicher
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470
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
verwertbares Resultat zu erhalten, es yorzuziehen ist, das Agglutinations-
vermbgen durch Vegetation, indem die Absorptionsf&higkeit der Keime
herangezogen wird, und nicht diese letztere durch Kontakt zu bestimmen.
Dazu kam ich nach wiederholten Versuchen, welche den Nachweis dafilr
geliefert haben, daC die Bestimmung des Agglutinationswertes eines
Serums durch Kontakt eine bedeutungsvolle Fehlerquelle bildet.
Setzt man einem gewissen Quantum der Bouillonkultur oder der
Aufschwemmung eines Keimes in der physiologischen NaCl-L5sung
die fflr die gewQnschte Ldsung hinreichende Probeserummenge zu, so
verbinden sich die in dieser letzteren enthaltenen Bakterienagglutinine
sehr bald mit dem agglutinierbaren Stoff, welcher im Leibe der mit
diesen in Bertthrung kommenden Keime vorhanden ist, und rufen somit
die Agglutination sowie die Erschdpfung der letzteren hervor, ehe die
zur gleichm&Bigen Auflbsung des Serums in der Kulturfliissigkeit ge-
richteten Manipulationen vollendet sind.
Bei diesen Versuchen babe ich oft in den Proberdhrchen die so-
fortige Bildung der aus den agglutinierten Keimen bestehenden Flocken
beobachten konnen, welche nach und nach am Boden des RQhrchens
sich absetzten. Die darttber bleibende FlQssigkeit zeigte eine gleichm&fiige
Trflbung, und dies geschah sowohl wenn die mit Flflssigkeit beschickte
Serummenge fflr die nach einem gewissen Zeitraum stattzufindende,
vollst&ndige Agglutination der Kultur genflgend war, als auch wenn dies
nicht der Fall war, diese Erscheinung hing von einer leicht begreiflichen
Ursache ab.
Die mit dem N&hrmedium angefertigte Kultur, welcher die ndtige
Serummenge zugesetzt worden ist, gestattet n&mlich, die in Gegenwart
der im Kulturmedium homogen verteilten Agglutinine liegenden Keime
w&hrend ihrer Entwickelungsstufe zu untersuchen, woraus eine Summe
von Verhaltnissen geliefert wird, welche auch in physiologischer Hinsicht
gflnstiger sind; und zwar aus dem Grunde, weil dadurch zwei hoch-
wichtige Faktoren nicht ausgeschlossen bleiben; diese letzteren sind:
1) die Affinit&t der E rn&hrungsassimilation und 2) die
Schutzreaktion des Keimes gegen das Medium, in welchem er sich
entwickeln soil. Diese Momente dttrften wohl einen grofien EinfluB auf
das Endergebnis hbent
In sSmtlichen von mir ausgefflhrten Versuchen war ich stets be-
strebt, immer unter mbglichst gleichen Verhfiltnissen zu arbeiten, indem
ich jedesmal die gleiche Bouillonmenge anwandte und die Kulturen
einer stets gleichen Temperatur und w&hrend einer durchweg gleichen
Zeitperiode aussetzte.
Den Sensibilisationsstoff bestimmte ich nach der Methode Bordet-
Gengou, die ich hier im nachststehenden schildern mbchte:
In ein ReagierrShrchen bringt man 12 / l0 ccm des zu untersuchen-
den Serums, das bis 55° C und wahrend V* Stunde behufs Ausschliefiung
der alkalischen Reaktion erw&rmt wird; dazu werden alsdann 4 / l0 ccm
einer dichten Emulsion des gegebenen Keimes zugesetzt, welche letztere
durch AufKsung einer gewissen Menge der Agarkultur in der normalen
physiologischen NaCl-L5sunghergestelltwird, und endlich fflgt man 2 / l0 ccm
normalen, nicht erhitzten (alexinierten) Serums dazu. — Nach 6 Stunden,
w&hrend welcher Zeit diese Mischung bei Zimmertemperatur gehalten
wird, fiigt man 1 / I0 ccm sensibilisierter Blutkdrperchen zu, d. h. mit
einem 2mal so groBen Quantum eines fiir dieselben h&molytisch wirken-
den, auf 55° C (nicht alexinierten) erhitzten Serums, und nachdem sie.
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Bandi, Beitrag znr bakteriologischen Erforechnng des Gelbfiebers. 471
behufs Ausrottung der Alexine wiederholt mit der physiologischen NaCl-
Ldsung gewaschen worden sind.
Diese Mischung wird mehrmals gerflhrt und dann an der Turbine
zentrifugiert.
Wenn das Probeserum kein sensibilisierendes Vermfigen fflr den
mit ihm vermischten Keim hat, ist in dem Glasrfihrchen ein hfimolytischer
V or gang wahrzunehmen, welcher sich dadurch kund gibt, dafi die fiber
dem festen, durch das Zentrifugieren niedergeschlagenen Teil liegende
Flfissigkeit eine rosarote Ffirbung zeigt, welche vom Pigment der auf-
gelfisten roten Blutkfirperchen gebildet wird.
Besitzt aber das Serum ein sensibilisierendes Vermfigen, dann pflegt
diese Ffirbung nicht stattzufinden.
Also beweist die Ab- oder Anwesenheit dieser hfimolytischen Er-
scheinnng das Feblen oder die Anwesenheit des sensibilisierenden
Vermfigens des in Bede stehenden Serums. Besitzt das Serum dieses
Vermfigen fflr die mit ihm vermischten Keime, dann wird von diesen
der sensibilisierende Stoff absorbiert und das in der Mischnng vor-
handene Alexin gebnnden. In diesem Falle linden die sensibilisierten,
der Mischung nachher zugesetzten roten Blutkfirperchen kein Alexin
darin und bleiben somit nnverfindert Wenn das Serum keinen sensi¬
bilisierenden Stoff besitzt, dann werden die sensibilisierten roten Blut¬
kfirperchen in der Mischung das von den Keimen nicht resorbierte Alexin
vorfinden, und es kommt alsdann zu ihrer Zerstfirung und darauffolgender
H&molysis.
Ich erachte es als zweckmfillig, hier einige Fehlerquellen zu erwfihnen,
welche bei dem Nachweis des agglutinierenden nnd sensibilisierenden
Vermdgens zu vermeiden sind, wenn man zu befriedigenden Ergebnissen
gelangen will:
Wenn das agglutinierende Vermfigen eines Serums festzustellen
ist, dann mull man dazu nicht nur die Grenzen, bis wobin ein
Serum die vollstfindige Agglutination und Prfizipitation eines gegebenen
Serums bewirken kann, sondern auch den Punkt bestimmen, wo es eine
lfihmende Wirkung und eine unvollstfindige Agglutination des Keimes
ergibt, welche zuweilen bloB durch die mikroskopische Untersuchung
nachzuweisen ist
Das Abwaschen der roten Blutkfirperchen mit einer NaCl-Lfisung,
um das Alexin zu beseitigen, erfordert die grfillte Sorgfalt, indem jedes-
mal die Mischung zentrifugiert und die Abwaschflfissigkeit mittels einer
Pipette angesogen wird, um dann noch eine andere frische Lfisung zuzu-
setzen, wie es Bordet und Gengon empfehlen.
Dieser Vorgang soil so oft wiederholt werden, bis man durchaus
darflber sicher ist dafi (durch die mikroskopische Untersuchung) das
spezifische Serum die roten Blutkfirperchen einfach agglutiniert, ohne die
Zellen zu zerstfiren.
Grofie Aufmerksamkeit mull man endlich der hfimolytischen Wirkung
schenken, mag dieselbe auch schwach sein, welche die physiologische
normale NaCl-Lfisung auf die Erythrocyten ansfiben kann. Oft ist die
mikroskopische Untersuchung unentbehrlich znr Feststellung der even-
tuellen Integritfit der roten Blutkfirperchen, denn man kann nicht immer
fiber ein hfimolytisches Serum verffigen, in welchem nicht ein gewisses
Quantum von aufgelfistem Hfimolysin enthalten ist.
Handelt es sich darum, das sensibilierende Vermfigen eines Serums
festzustellen — wie dies bereits flir die Agglutinine bemerkt worden ist —
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472
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
dann muB man die verschiedenen Nflancen des Vorganges in Betracht
ziehen, indem man beobachten muB, ob die die Reaktion beweisende
Hemolysis vollst&ndig Oder teilweise, und nach welcher Zeit sie auftritt.
Um die einzelnen Grade der sensibilisierenden Einwirkung der Sera
festzustellen, babe ich konventionelle Benennungen angewandt, welche
ziemlich genau sind, wenn die einzelnen Versuche womoglich stets unter
gleicben Verh<nissen ausgeffihrt werden. Jedoch besitzen wir fflr die
Bestimmung des Grades des hflmolytischen Vorganges keine bestandig
genaue Methode. Wir wollen ja hoffen, bald eine prSzise bamolysimetrische
Methode zu bekommen, welche sowohl praktisch als wissenschaftlich bei
der graduellen Bestimmung dieser Erscbeinung ausreicht, deren Er-
forschung zablreiche Fragen in der Cytobiologie lfisen wird, welche
gegenwartig noch unbekannt Oder kaum bestimmt sind.
Bei dieser Untersnchungsreihe habe ich folgende Benennungen
gebraucbt: Starkes sensibilisierendes Vermogen, wenn die dem
festen, durch Zentrifugieren abgesetzten Mischungsteil flberliegende
Flflssigkeit keine Farbung zeigt; sensibilisierendes Vermflgen: mittel-
stark, wenn die Flflssigkeit eine rosarote Farbung zeigt, und wenn
durch die mikroskopische Untersuchung des Niederschlages die Auflosung
mehrerer Erythrocyten nacbzuweisen ist; sensibilisierendes Vermogen:
schwach, wenn die rosarote Farbung der Flflssigkeit ausgeprfigter
ist und die roten Blutkorperchen meistenteils verandert sind; sensibili¬
sierendes Vermogen: null, wenn durch die direkte Untersuchung
der Flflssigkeit und durch die mikroskopische Besichtigung des Nieder¬
schlages eine voilstandige Hamolysis nachgewiesen wird.
Solche Bestimmungen wurden von mir festgestellt, indem ich die
einzelnen Mischungen der Zimmertemperatur aussetzte und sie wieder-
holt aufschflttelte, um die roten BlutkSrperchen mit den geringsten
Spuren der sensibilisierenden Stoffe der Mischung in Berflhrung kommen
zu lassen, damit die Hamolysine ihre Einwirkung vollstandig entfalten
kflnnen.
In der Tabelle auf p. 473 sind die Resultate dieser Untersnchungen
zusammengefaBt
Aus diesen Ergebnissen kann man nun folgende SchluBfolgerungen
ziehen:
Zunachst ergibt sich, daB die spezifischen, kunstlich hergestellten
Antikorper des Blutserums der Tiere viel wirkungsfahiger sind, als jene
von den an irgend einer Erkrankung leidenden Oder bereits in Rekon-
valeszenz getretenen Patienten.
Die Menge der im Blutserum der mit Gelbfieber behafteten oder
daran zu Grunde gegangenen Patienten enthaltenen spezifischen Anti-
korper ist geringer als bei an Typhus leidenden Oder diese Infektion
flberstanden habenden Kranken.
Die ein starkes, spezifisch antibakterielles Vermogen zeigenden Sera
enthalten zuweilen einige fflr anderweitige Bakterienarten als Antikorper
wirkende Stoffe; diese Fahigkeit ist allerdings schwficher als das spezi-
fische Vermogen, wenn die betreffenden Versuche, um jeder Fehlerquelle
vorzubeugen, mit der grflBten Sorgfalt ausgefflhrt werden.
Bei den mit dem Blutserum von Gelbfieberkranken oder -leichnamen
sowie bei Icterus gravis angestellten Versuchen stehen diese beiden
Charaktere gar nicht in Verbindung untereinander, d. h. einem gewissen
— allgemeinen oder spezifischen — Agglutinationsvermogen entspricht
die vflllige Abwesenheit eines sensibilisierenden Vermogens.
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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforechung des Gelbfiebers.
473
Bestimmung des
Agglutinations-
vermogens der Sera
Bestimmung des
Sensibilisations-
vermogens der
Sera
Bacillen
A u. B
Coli¬
bacillus
Bacillus
Eberth
Proteus
vulgaris
Bacillen
A u. B
Coli¬
bacillus
Bacillus
Eberth
Proteus
vulgaris
Antiamaryllisches Serum
Serum eines Gelbfieberkranken
1:4000
! 1:80
y 40
1:40
stark
mittel
mittel
schwach
(Anfang der 2. Periode)
1:10
1:8
—
—
e
a
a
a
Serum eines Gelbfieberkranken
(Anfang der Rekonvaleszenz)
Senun eines Gelbfieberkranken
1:15
1:8
—
—
schwach
a
a
a
(vollstandige Genesung)
1:20
1:8
—
—
a
a
a
a
Serum einer Gelbfieberleiche
Serum eines schweren Ikterus
1:5
1:5
1:5
1.5
a
a
a
a
1. Fall
1:7
1:7
1:7
1:7
a
a
a
a
do. 2. „
1:5
1:5
1:5
1:5
a
a
a
a
do. 3. ,,
1:5
1:5
1:5
1:5
a
a
a
a
do. 4. „
1:10
1:10
1:10
1 :10
a
a
a
a
Serum aus einem Ikteruskadaver
1:10
1:10
1: 10
1: 10
a
a
a
a
Serum aus Typhoid (1. Woche)
Wahrend der Infektionsakme
—
1:10
1:10
—
—
a
a
a
a
i e
e
a
a
In voller Rekonvalescenz
—
1:10
1:40
—
a
o
#
a
Zweiter Fall (1. Woche)
—
—
_
—
a 1
a
a
a
Wahrend der Infektionsakme
—
—
1:15
—
e
a
a
a
In voller Genesung
Antityphisches Serum des
—
—
1:50
—
a
a
mittel
a
Institutes in Bern
Antityphisches Serum des In¬
1:50
1:60
1:2000
1 :30
mi t tel 1
mittel
stark
•chwach
stitutes fur Bakteriologie in
St. Paulo
1:30
1:60
1:1800
1:20
schwach ,
mittel i
stark
schwach
Das Blutserum der Typhuskranken sowie der Gelbfieberpatienten
kann den Colibacillns schwach agglutinieren.
DaB die spezifischen Sera eine Menge von Antikorpern enthalten,
welche etwas grOBer ist als die des Blntserums von Menschen, bei
welchen die Infektion noch besteht oder welche dieselbe flberstanden
haben. Dies ist eine Erscheinung, welche gar nicht in Erstaunen setzen
soil; das Vorkommen der Bakterioagglutinine und der Bakteriolysine im
Blutserum, als Beweis der antibakterischen Wirkungsfahigkeit, wird durch
die Yerdauung der im Bakterienleibe enthaltenen Plasmoprote'ine im
Organismus bewirkt.
Die in einem gegebenen Serum enthaltene Antikdrpermenge wird
also von der Menge der Bakterienkdrper abh&ngen, welche vom Organis¬
mus, aus welchem das Serum stammt, verdaut wird; und dieses Quantum
soil zweifelsohne in den gegen eine Infektion vaccinierten Tieren grdBer
sein als in den Organismen, welche die gleiche Infektion spontan acquiriert
haben.
Aus meinen Versuchen wflrde sich also ergeben, daB im Blutserum
— bei Gelbfieberkranken — sowohl auf dem HOhepunkt der Infektion
als nach vollstfindiger Genesung ein gewisses, doch nicht sehr hoch-
gradiges, antibakterisches, spezifisches Vermogen fiir die beiden von mir
isolierten Keime vorhanden ist. Dazu ist noch zu bemerken, daB die
Vermehrung und ZerstSrung des Bacillus icteroides in den Gelb¬
fieberkranken gar nicht energisch, aktiv stattfindet. Die oft unttber-
windlichen Schwierigkeiten, welche bei dem Nachweis dieses Keimes
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474 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
auftreten, stfitzen vollkommen diese Hypothese. Das Gelbfieber ist,
angesichts des ganz besonderen Krankheitsbildes, ala eine schwere In-
toxikation anzusehen, and der rasche Verlauf desselben gestattet nicht,
dafi im Organismus die spezifischen Antikorper in betrfichtlicher Menge
elaboriert werden. Doch hat uns die Erfahrung gezeigt, dafi selbst bei
der typhSaen Infektion, welche zn zahlreichen Untersuchungen fiber die
Spezifitfit der antibakterischen Substanzen Gelegenheit gab, das anti-
bakterielle VermQgen hfiufig fehlt oder dafi es sehr schwach ist and
zwar sowohl wfihrend der Infektion als auch bei der Immunitfit.
Aus den neuesten Forschungen ergibt sich die Erklfirung der Er-
scheinung, dafi die antityphosen and antiamaryllischen Sera, welche eine
betrfichtliche Menge von spezifischen Antikdrpern enthalten, eine anti-
bakterielle Wirkung auf andere Keime ansfiben kdnnen; die Spezifitfit
der Antikorper mufi keineswegs als eine unbeschrfinkte aufgefafit werden.
Ebenso wie die Cytoagglutinine und Cytolysine, welche eine spezi-
fische Wirkung ffir die sie erzengenden Zellen besitzen, auch von an-
deren Gewebselementen absorbiert werden kdnnen, kommt es gleich-
falls vor, dafi die ffir die sie erzeugenden Keime spezifischen Bakterio-
agglutinine und Bakteriolysine die gleiche Wirkung auf andere Mikroben
entfalten kdnnen. Dies hfingt meistenteils von der relativen Identitfit der
chemischen Zusammensetzung der verschiedenen Bakterienzellen ab.
Das von mir in den Seren der Gelbfieber- und der Ikteruskranken
nacbgewiesene allgemeine Agglutinationsvermdgen hfingt von den im
Blute vorhandenen Gallenbestandteilen ab, wie es verschiedenartig zu-
weilen bei dem Gelbfieber und stets bei dem schweren Ikterus der
Fall ist.
Hier mochte ich nur an die Untersuchungen Kohlers erinnern,
welche den Nachweis geliefert haben, dafi dieses Agglutinationsvermogen
der Galle vorwiegend der taurocholischen Sfiure zu verdanken ist.
Aus der Betrachtung meiner Untersuchungsergebnisse geht endlich
hervor, dafi das Blutserum von Gelbfieber- und Typhuskranken ein
Agglutinationsvermogen auf den Colibacillus ausfiben kann.
Diese Erscheinung soli eigentlich nicht mit der ablaufenden Infektion
in Zusammenhang gebracht werden, denn es ist uns wobl bekannt —
nach den Kdblerschen Versuchen — dafi das Blutserum normaler
Individuen den Colibacillus agglutinieren kann.
Untersuchung fiber die pathogene Wirksamkeit des
Bacillus icteroides.
Wir wissen aus Erfahrung, dafi bei dem vollstfindigen Nachweise
der Spezifitfit eines Keimes als Erreger einer gegebenen Infektion hfiufig
die experimentelle Hervorrufung der Krankheit ausbleibt, obwohl es
zuweilen gelingt, einige pathognomonisch charakteristische Symptome
derselben hervorzurufen.
Was nun den Bacillus icteroides betrifft, so ist esja bekannt,
dafi es keinem Forscher gelungen ist, durch denselben bei den Ver-
suchstieren das genaue und vollstfindige Krankheitsbild des Gelbfiebers
des Menschen hervorzurufen.
Sfimtliche Forscher, die sich mit der Frage beschfiftigt haben, be-
haupten jedoch, bei einzelnen Versuchstieren einige der pathognomonischen
Symptome durch Inokulation mit lebenden Kulturen oder mit den Toxinen
des Bacillus icteroides hervorgerufen zu haben.
Da ich mir vorgenommen hatte, keines der diagnostiscben Hilfs-
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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des Gelbfiebera.
475
mittel zu versiiumen, am festzustellen, ob es sicb bei den beiden
von mir isolierten Keimen tatsachlich am den Bacillus icteroides
handelte, so stellte ich Versuche fiber ihre pathogene Wirkung an.
Aus den ausgeffihrten Experimenten fiber die Virulenz und Toxizit&t
der beiden von mir isolierten Keime ergibt sicb, dall dabei keine nennens-
werten Unterscbiede bestehen.
Die mit den lebenden sowie mit den abfiltrierten Kultnren der
beiden Keime in Meerschweincben und Kaninchen ausgeffihrten In-
okulationen lieferten mir den Nachweis, dafi die Art des Prozesses
keine bemerkenswerten Unterschiede gegenfiber anderen experimentellen
Infektionen und Intoxikationen, wie z. B. denjenigen des Colibacillus
und Proteus vulgaris, zeigte (ausgenommen die cyklische, 5 Tage
andauernde Periode bei der Kanineheninfektion).
Nur bei dem Hunde vermag das Icteroides-Gift einzelne patho-
gnomonische Symptome des Gelbfiebers des Menschen hervorzurufen;
dies ergibt sicb aus den Forschungen San ar ell is und mebrerer anderer
Beobachter, die sich mit der Frage beschfiftigten. Demnach stellte ieh
einige Versuche bei dem Hunde an und ffihrte aufierdem Vergleichs-
untersuchungen zwischen den von mir isolierten und anderen Keimen
— Colibacillus, Bacillus Eberth, Proteus vulgaris, Diph-
theriebacillus — aus.
Nach Sanarelli soli die endovendse Inokulation sowohl der leben¬
den Kulturen als der Toxine des B. icteroides der beste Weg sein,
um positive Resultate beim Hunde zu erzielen.
Bei der Bestimmung der sicher letalen Dosis der lebenden Kultur
und des Toxins meiner beiden Mikroben im Vergleich mit den Kulturen
und den Toxinen des Colibacillus, des B. Eberth, des B. diph-
theriae und des Proteus vulgaris benutzte ich junge, 24 Stunden
alte Bouillonkulturen und 15 Tage alte, abfiltrierte Kulturen.
Die sicher letale Dosis von lebender Kultur und von Toxin, die in
die Venen von 4—5 kg wiegenden Hunden inokuliert worden war, war
bei den zwei von mir isolierten Bacillen 3 resp. 5 ccm.
Bei Hunden von einem etwa gleichen Korpergewicht ergab sich
ferner, dafi die infektifise und toxische Wirkung des Proteus vul¬
garis im allgemeinen starker ausfallt als bei meinen beiden Keimen;
die fibrigen Keime sind weniger virulent und toxisch.
Bald und fast unmittelbar nach der Inokulation der Kultur und der
Toxine der beiden Probekeime erscheint bei dem Hunde als Reaktions-
symptom das Erbrechen.
Ich konnte auch beobachten, dafi die mit dem Proteus und dessen
Toxinen ausgeffihrten Inokulationen dieselbe Erscheinung mit beinahe
gleicher Schnelligkeit und zuweilen auch mit grfifierer Intensitfit hervor-
rufen.
Die Kultur sowie die Toxine der Diphtheric ergaben mir niemals
diese Wirkung.
Ich beobachtete ferner, dafi die im Verlaufe des infektiosen und
toxischen Prozesses auftretenden krankhaften Erscheinungen — Diarrhoen
und Darmblutungen — durch die Inokulationen mit dem Proteus in
pragnantester Weise hervorgerufen werden.
Die beiden von mir isolierten Keime, der Colibacillus und der
Bacillus diphtheriae, stehen in dieser Hinsicht dem oben genannten
nach. Der Bacillus Eberth pflegt niemals Darmblutung hervor-
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476
Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
zurufen. Sogar, wenn er in hdchsten Dosen inokuliert worden war, gelang
es mir nie, das Versuchstier zu tOten.
Aus diesen Vergleichsversuchen darf man den SchluB forraulieren,
daB die beiden Keime bei Hunden eine bochgradige brechreizende und
hamolytische Wirkung entfalten, welche jedoch gar nicht als spezifisch
zn betrachten ist, weil die gleiche Wirkung gleichfalls mehr oder wenig
hochgradig auch von andersartigen Keimen hervorgerufen wird.
Die makroskopiscbe pathologisch-anatomische Untersuchung bei den
durch die beiden von mir isolierten Keime sowie durch den Proteus,
Colibacillus, Diphtheriebacillus in dem Hunde hervorgerufenen In-
fektionen und Intoxikationen zeigten in deutlichster Weise, daB in den
durch Proteus und Colibacillus hervorgerufenen Prozessen die
Blutungen, bei den durch meine beiden Keime und durch den Diphtherie¬
bacillus verursachten Infektion und Intoxikation Degenerationsver&nde-
rnngen vorwiegen.
In diesen beiden Fallen handelt es sich mehr urn Intoxikation als
um Infektion.
Wahrend dies ffir den Diphtheriebacillus bei Menschen und Ver-
suchstieren die Regel ist, ist es mir bei dem Hunde nicht gelungen,
sogar nach Inokulation grofier Mengen lebender Kulturen der beiden in
Rede stehenden Keime, eine iippige Vermehrung der spezifischen Bak-
terien nachzuweisen; im Gegenteil sind dabei die sekundaren In-
fektionen vorwiegend, wie es iibrigens bei den Gelbfieberkranken der
Fall ist.
Durch Inokulation des Virus oder des Toxins in den Hund habe
ich immer einen krankhaften Zustand hervorrufen konnen, welcher der
Invasionsperiode des Gelbfiebers des Menschen sehr
fihnlich ist
In dieser Periode kann die bakterioskopische und bakteriologische
Untersuchung des Blutes positiv ausfallen, wenn die inokulierte Virus-
dosis hoch genug ist.
Nach dieser ersten Periode, welche gewdhnlich mehrere Stunden,
gemaC der Virulenz oder der Toxizitat des inokulierten Materials, an-
dauert, kommt eine Intoxikationsperiode, bei welcher es selten gelingt,
das Vorhandensein des inokulierten Keimes im Blute nachzuweisen,
trotzdem die injizierte Dosis eine grofie war. In dieser Periode beginnt
der Uebergang der Keime der sekundaren Infektion ins Blut.
Der Nachweis dieser Erscheinung, welche fast niemals bei der sorg-
faitigen bakteriologischen Untersuchung von Gelbfieberfailen vermifit
wird, hat einen groBen Wert; die Erforschung des Mechanismus dieser
sekundaren Infektionen — sei es bei den Gelbfieberkranken, sei es bei
den Versuchen — ist unbedingt notig, denn sie beherrscht das ganze
Krankheitsbild des Gelbfiebers von der zweiten Periode bis zu Ende,
namentlich aber bei den letal endenden Fallen.
Die vergleichende Forschung der sekundaren Infektionen im Gelb-
fieber des Menschen nnd die experimentelle Erzeugnng derselben in den
Versuchstieren bildet eigentlich den Gegenstand einer zweiten Mitteilung,
welche ich bald erscheinen lassen werde.
Die am schwersten von dem Diphtherievirus und von dem in den
in Rede stehenden Kulturen vorhandenen Virus angegriffenen Organe
sind die Leber und die Nieren.
Die in Betracht kommenden Toxine entfalten eine degenerative
Wirkung, welche sogar starker als die des Diphtherievirus ist, welches
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Bandi, Beitrag zur bakteriologischen Erforschung des Gelbfiebere. 477
letztere, wie uns durch die Versucbe von Ehrlich und Flexner
bekannt ist, eine hochgradige degenerierende Wirkung besitzt; ferner
ist die erwfihnte Wirkung der ersteren sehr ahnlich der einiger Pflanzen-
gifte — wie des Abrin des Jequirity und des Ricin.
Diesen Unterschied, welcber makroskopisch sehr prfignant ist, habe
ich in Fallen, wo der ProzeB eine Zeitlang andauerte, stets beobachtet.
Die Leber des Versuchsbundes nimmt dann die sehr charakteristische
Beschaffenheit der sogenannten „gekochten Leber, totblaB oder leder-
farbigen Leber“, an, wie sie fast konstant bei dem letal endenden Gelb-
fieber der Menschen zu beobachten ist.
Diese so hochgradige degenerative Wirkung der von mir isolierten
Keime muB als echte spezifische gelten, und dies sowohl be-
zfiglich der Intensity als der Schnelligkeit ihres Auftretens.
Bei einem mit einer stfirkeren als die minimale Letaldosis Kultur-
menge inokulierten und 8 Stunden darauf gestorbenen Hunde gelang es
mir, bei den mit dem Gefriermikrotom und dann mit Sudan III
hydroalkoholischen L5sung behandelten Schnitten der Leber und der
Nieren eine betrachtliche Menge von granulierten Fettzellen im Geffifi-
lumen nebst granulierten Fettcylindern in den Nierentubula sowie In¬
filtrate mit grofien oder kleinen Fetttropfen in dem Protoplasma der
meisten Zellen zu beobachten, ein Befund, den ich weder durch das
Diphtherietoxin noch mit anderen Bakterien erhalten habe.
Zur Vervollstandigung der Zusammenfassung meiner Versuche fiber
die pathogene Wirkung des Bacillus icteroides mochte ich hier
noch bemerken, daB die Inokulationen mit defibriniertem amaryllischen
Blute in die Venen von 2 Hunden und 2 Kaninchen in Mengen von 6
reap. 3 ccm keine nennenswerten Wirkungen hervorriefen.
Dies hfingt von dem relativen Widerstande, welcber von den Ver-
suchstieren den in Rede stehenden Keimen gegenfiber entfaltet wird, ab,
welche letzteren in dem von mir benutzten Blute in kleiner Menge vor-
banden sind.
Schl uJBfol gerun gen.
Aus meinen hier geschilderten Untersuchungen geht hervor, daB die
beiden von mir in Gelbfieberkranken und -leichen isolierten Keime als
zwei Exemplare des Bacillus icteroides Sanarelli zu betrachten sind.
Was nun die Spezifitfit dieses Keimes betrifft, so kdnnen wir fol-
gende Schlfisse ableiten:
Der Bacillus icteroides bildet eine scharf charakterisierte Bak-
terienart.
Die Anwesenheit des Bacillus icteroides in den Gelbfieber¬
kranken oder -leichen kann durch dazu geeignete Untersuchungsmittel
nachgewiesen werden.
In den Gelbfieberkranken kann der Nachweis des Bacillus icte¬
roides fehlgehen, weil derselbe sich in denselben nicht intensiv ver-
mehrt; man sieht in diesen Fallen, was bei der Untersuchung des
Typhusbacillus im Blute der Typhuspatienten vorzukommen pflegt.
Der Bacillus icteroides wurde im Blute der Gelbfieberkranken
nicht allein in der praagonischen Periode mit andersartigen Keimen
vergesellschaftet, sondern auch in reinem Zustande in gutartigen Fallen
nachgewiesen, und in diesen letzteren konnte dem Bacillus nicht die
Bedeutung eines Erregers sekundarer Infektion, der vom Darmkanal
eingewandert ist, zugeschrieben werden.
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478
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 5.
DieDifferentialdiagnosedes Bacillus icteroides gegenflber anderen
Mikroorganismen, die mit ihm verwechselt werden kfinnten, grfindet
eich hauptsachlich auf zwei wesentliche, durchaus individuelle Merkmale:
1) aut die spezifische Empfindlichkeit den Bakterioagglutininen
und der sensibilisierenden Substanz gegenttber, welche in dem anti-
amaryllischen Serum enthalten sind, und 2) die steatogene Wirkung
auf das Protoplasma der Leberzellen, insbesondere bei der experimentellen,
bei dem Hunde ausgefiihrten Inokulation.
Die fibrigen Bakteriengifte besitzen kein so starkes Degeneration
bewirkendes Vermfigen auf das Zellenprotoplasma wie das Icteroides-
Toxin, welches somit die charakteristische Ver&nderung des Menschen-
gelbfiebers erzeugt.
Das Blutserum der mit Gelbfieber behafteten Patienten und der-
jenigen, die die Erkrankung fiberstanden haben, entfaltet nicht immer
eine sehr pr&gnante agglutinierende und sensibilisierende Wirkung auf
den Bacillus icteroides.
Diese Erscbeinung wird bei zwei aufierordentlich toxischen Erkran-
kungen beobachtet, namlich beim Tetanus und der Diphtheric.
Der Nachweis des genau charakterisierten Bacillus icteroides
ist bisher weder in Leichen noch in an anderen Infektionen leidenden
Patienten, noch in der Umgebung der Lander, wo das Gelbfieber ende-
misch ist, vermifit worden.
Das negative Eesultat, welches ich stets bei den Nachweisversuchen
des Bacillus icteroides in an andersartigen Infektionen leidenden
Patienten erhielt, hat den grOfiten Wert betreffs der Ffille von schwerem
Ikterus.
Es ist wohl bekannt, dafi zwei Krankheiten, die in den Tropen ziemlich
haufig vorkommen — trotzdem, wie es scheint, dieselben nicht zwei der
pathogenetischen tropikalen Flora ausschliefilich zugehdrende Erkrankungs-
formen bilden —, die Febris biliosa gravis und der Icterus gravis, zuweilen
Schwierigkeiten, Unbestimmtheiten etc. bei der Feststellung der Diffe¬
rentialdiagnose des Gelbfiebers bereitet haben. Und tatsachlich hat in
filterer Zeit mancber Forscher das bilifise h&morrhagische Fieber als
Gelbfieber der Akklimatisierten betrachten wollen.
Wenn einerseits die epidemiologischen, klinischen und pathologisch-
anatomischen Befunde die wichtige Unterscheidung dieser 3 Erkrankungen
bestimmen lassen, so geht andererseits aus den Erfahrungen hervor,
dafi in besonderen Verhaltnissen sogar ein fleifiiger, geschulter Beobachter
in Zweifel geraten kann bei der Feststellung der Differentialdiagnose
zwischen dem Gelbfieber und den beiden anderen genannten Krank¬
heiten.
Ich mfichte gerade auf die Best&ndigkeit aufmerksam machen, wo-
mit das Resultat der bakteriologischen Untersuchung, die sich auf die
ganz verschiedene klinische Symptomatology und auf die pathologisch-
anatomischen Befunde grfindende Differentialdiagnose stfitzt, sich be-
statigt hat.
Endlich, wenn der Bacillus icteroides als banaler Keim be-
trachtet wird, dann mufi man noch den innigen Mechanismus auffinden,
wodurch diese Bakterie ausschliefilich bei dem Gelbfieber die
Widerstandsf&higkeit des Organismus besiegt, ihn besetzt und die In-
toxikation hervorruft.
Der Nachweis solcher Tatsachen stimmt gar nicht mit den ver-
muteten, in der letzten Zeit von Reed und Carroll auf Cuba erhal-
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Zielleczky, Antwort auf die Bemerkungen von Herm Dr. Alfred Wolff etc. 479
tenen Resultaten flberein, welche Untersuchungen die Ldsung dieser
wichtigen Frage der Tropenpatbologie in ein durchaus neues Gebiet,
d. h. der ultra-visiblen Keime fibertragen wfirden; ein neues Gebiet,
ein neuer Forschungsweg, die von Loeffler im Jahre 1898 zuerst an-
gezeigt worden waren durch die Erforschung des aphthOsen Rinderfiebers,
und welche sodann von No card und Roux (Peripneumonie der Rinder),
von Sanarelli (Myxodem der Kaninchen) und von Centanni (Vogel-
pest) verfolgt worden sind.
Nachdruck verboten.
Antwort auf die Bemerkungen von lerm Dr. Alfred Wolff
in seiner Abhandlung „Die Differentialdiagnose des Typhus-
Bacillus vom Bacterium coli 1 2 ) auf Grand der Saurebildung“,
betreffend die von mir angestellten
Versuche fiber „biochemische und differentialdiagnosti-
sche Untersuchungen einiger Bakterien mittels
Phenolphtaleinnfihrbfiden 112 ).
Von Dr. Rudolf Zielleczky.
Von einer Studienreise zurfickgekehrt, ist es mir erst jetzt mfig-
lich, infolge Aufforderung des Prof. Dr. Kasparek, in dessen Institute
meine biochemischen Untersuchungen mittels Phenolphtalei'n von mir
durchgeffihrt wurden, zu den auf meine Arbeit sich beziehenden Be¬
merkungen von Dr. Alfred Wolff folgende Aufklarung zu geben:
In Uebereinstimmung mit den in meiner Arbeit angeffihrten
Resultaten bemerkt Herr Wolff auf p. 646 im Centralbl. f. Bakt. etc.
Bd. XXXIII. 1903. No. 8 zu meiner Tabelle folgendes:
„Es kann gar nicht geleugnet werden, dafi oftmals mit Hilfe der
Saurebildung eine Diagnose gestellt werden kann, wie berechtigt es
jedoch von mir war, die Methode zu differentialdiagnostischen Zwecken
abzulehnen, ergibt sich z. B. ans Tabelle 6 von Zielleczky selbst.
Kultur
A. Coli II. Nach 5 7 9 11 15 24 Std.
5 ccm Bouillon unver- ent- stark Zuuahme nur noch ganz ganz entfarbt
andert farbt entfarbt der Entfar- schwach rosa ge-
bung farbt und triib
B. Typhus IL
5 ccm Bouillon do. etwas Entfarbung Entfarbung leicht entfarbt und ganz entfarbt
heller nimmt zu nimmt zu klar und klar
Ich sehe darin eine groBe Parallelitfit beider Saurebildungen, wie
ich sie selbst mehrmals beobachtete und die durch eine etwas eigen-
artige Nomenklatur von Z. verdeckt wird. Es ist sonst nicht zu ver-
stehen, wie die Bouillon nach 7 Stunden entfarbt, nach 9 Stunden stark
entfarbt, nach 15 Stunden nur noch ganz schwach rosa sein soil, nach-
dem inzwischen die „Entffirbung“ zugenommen hatte.“
Wir sehen ein, daB hier die Nomenklatur etwas unklar ist, und
nach der Ueberprfifung unserer frfiheren Protokolle und der Versuche
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXIII. 1903. No. 8. p. 646.
2) Erschienen unter diesem Titel im Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXII.
1902. No. 10.
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Centralbl. f. Baku etc I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 5.
gelangen wir dazu, dafi es selbstredend empfehlenswerter wfire, wenn
statt der Ausdrticke „entfarbt, stark entf&rbt, Zunahme der Entf&rbung,
nur noch ganz schwach rosa gefSrbt tt die Farbenanderung als hell-rosa-
rot, noch heller, gelb mit Rosaanflug, gelb mit ganz zartem Rosaanflug
bezeichnet ware.
Daneben ware noch zu bemerken, dafi die Berflcksichtigung der
Veranderung zwischen der 5. und 6. und 6. und 7. Stunde viel mehr
zur Klarheit beigetragen hatte. Allein da es sich in der Tabelle VI
nm andere Versuche als um die Differenzierung von Typhus und Coli
handelte, namlich um die Menge der Saurebildung in Mischkulturen
yon Coli und Typhus, schenkten wir der Bezeichnung der Farben¬
anderung in dieser Tabelle nicht jene Genauigkeit, wie es in den vor-
herigen geschehen war.
Es ist auch selbstverstandlich, dafi die S&uredifferenzierungsmethoden,
nachdem sie — wie Wolff treffend bemerkt — auf rein quantitativen
und nicht auf qualitativen Verhaltnissen beruhen, nicht jene Sicherheit
bieten wie das Pfeiffersche Phanomen und die spezifische Aggluti¬
nation.
Die Redaktion des „Centralblatts filr Bakteriologie und Parasitenkunde“
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige Wilnsche um
Lieferung von besonderen Abdriicken ihrer Aufsdtxe entweaer bei der Ein-
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben zu
wollen oder sp&testens nach Empfang der ersten Korrekturabzilge direkt an
den Verleger , Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu Lassen.
Inhalt.
Bail, Oskar, nnd Pettersson, Alfred,
Untersuchungen uber naturliche und
kfinstliche Milzbrandimmunit&t. VII.,
p. 445.
Bandi, Ivo, Beitrag zur bakteriologischen
Erforschung des Gelbfiebers. Eine neue
Methode ftir den raschen Nachweis des
Bacillus icteroides Sanarelli, p. 463.
Bertarelli, E., Ueber einen ziemlich sel-
tenen Tuberkelsputumbefund, p. 411.
Bose, P. J., Les Epitheliomas parasitaires.
La clavel£e et rEpitheiioma claveleux,
p. 413.
Doerr, Robert, Beitrag zum Studium des
Dysenteriebacillus, p. 385.
Ghon, Anton u. Sacks, Milan, Beitrftge
zur Kenntnis der anaeroben Bakterien
des Menschen. (Forts.), p. 398.
Lambotte, JJ., Contribution h l’4tude de
Torigine de l’alexine bactericide, p. 453.
Lipstein, A., Ueber Immunisierung mit
Diphtheriebacillen, p. 421.
Mdller, Paul Theodor, Zur Theorie der
naturlichen antibakteriellen Immunitftt,
p. 459.
Prdscher, Ueber die ktlnstliche Immunit&t
gegen Staphylokokken, p. 437.
Wiener, E., Weitere Bemerkungen zur
Entstehung von Rattenepizootien, p. 406.
Zangger, H., Deutungsversuch der Eigen-
schaften und Wirkungsweise der Immun-
kOrper, p. 428.
Ziellecsky, Rudolf, Antwort auf die Be¬
merkungen von Herm Ur. Alfred Wolff
in seiner Abhandlung „Die Differential-
diagnose des Typhusbacillus vom Bac¬
terium coli auf Grand der Sfturebildung 4 *,
betreffend die von mir angestellten Ver¬
suche iiber „biochemische und differen-
tialdiagnostische Untersuchungen einiger
Baktenen mittels Phenolphtalelnnahr-
bOden, p. 479“.
Fm mmanna che Bnchdruckerei (Hermann PoUe) in Jena.
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tntnlkl. f. Bate etc. I. UL Original'. BO. mIV. Ni. B.
Nachdruck verboten .
Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menschen.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).]
II. Zur Aetiologie des Gasbrandes.
Von Dr. Anton Glion und Dr. Milan Sachs.
(Erster Teil.)
Mit 3 Tafeln.
(Fortsetzung.)
M 28, 285 g, am 21. Dezember 1903 intraperitoneal 2,5 ccm einer 48-stiindigen
Zuckergelatinekultur.
Die Injektion wurde mit groBer Vorsicht vorgenommen, es gelangte anscheinend
nichts von der injizierten Fliissigkeit in das subkutane Bindegewebe der Bauchhaut.
Tod zwischen 10 and 21 Stunden.
Sektion am 22. Dezember, A / 2 1 Uhr mitta^s (in der Zwischenzeit am Eis): In
der linken Inguinalbeuge (Injektionsseite) kirschfarbenes Oedem in fferinger Ausdehnung.
Das subkutane Gewebe der Bauch wand, namentlich der linken Flanke, gleichfalls kirsch-
farbenahnlich gefarbt und etwas feuchter. Das Abdomen aufgetrieben. In der Bauch-
hohie in sparlicher Menge freie, triibe, schwach rotlich gefarbte Fliissigkeit. Das Peri¬
toneum parietale kirschrarben, das der linken Seite dunkler. Die Serosa des Darmes
starker gerotet, namentlich die des Magens, Diinndarmes sowie des Uterus. Auf dem
Magen und der unteren Flache des linken Leberlappens zarte Fibrinflocken. Leber wie
f ekocht, morsch. Milz klein, blaBbraun. Nebennieren graugelb. Nieren graurotlich-
raun, weich. Lungen blaB. Herz gefiillt.
Deckglaspraparate: peritoneale Fliissigkeit: Bchmale, meist gerade
8tabchen, sehr haufig in langen gegliederten und ung^liederten Faden, vorwiegend
Gram-negativ, seltener mit Uebergangsfarbung und Gra m -positiv. Gram-negative,
schlecht tingierte, besonders diinne For men (Degenerationsformen ?).
Kulturen: a) peritoneale Fliissigkeit: Aerob: Steril. Anaerob:
maBig reichliches Wachstum mit Gasbildung (Keinkultur).
d) Herzblufc: Anaerob: steril.
Histologischer Befund:
1) Leber. Die Kerne der Leberzellen im allgemeinen gut farbbar, Konturen er :
halten. GefaBe gut gefiillt. Auf der Oberflache stellenweise eine zarte Exsudatschicht
sichtbar, die fast ausschlieBlich aus polynuklearen Leukocyten besteht.
2) Schnitt durch das Omentum mit anhaftendem Pankreas zeigt im letzteren
keine besonderen Veranderungen. Das Netz jedoch erscheint an vielen Stellen voll-
standig durchsetzt von polynuklearen Leukocyten, deren Kerne gut erhalten sind.
Zwischen den Eiterzellen finden sich raehr oder weniger reichlich Gram-positive Ba-
cillen, sehr haufig in langeren Fadenformen. Die GefaBe sind stark gefullt, in ihnen
keine Bakterien nachweisbar.
c) Bei intramuskularer Infektion (hintere Extremit&t) zeigten
die Muskeln und das interstitielle Bindegewebe an der Injektionsstelle
und in der Umgebung neben mehr Oder minder reichlicher Durch-
tr^nkung mit trtiber, rotlicher Fliissigkeit meist ausgebreitete hSmorrha-
gische Imbibition, das subkutane Bindegewebe der infizierten Extremitat
sowie der region&ren Inguinalbeuge und der angrenzenden Bauchwand-
partieen ahnliche Beschaffenheit wie nach subkutaner Infektion. Gas-
blaschen waren im Bereiche der Infektionsstelle sowie im odematos
durchtr^nkten, subkutanen Gewebe in mehr oder minder reichlicher
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 31
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Menge vorhanden oder fehlten in anderen Fallen. Der fibrige Befund
wich im allgemeinen nicht von dem bei subkutaner Infektion ab.
M 21, 570 g, am 30. Mai 1902 intramuskular (linker Oberschenkel, hinten)
2 ccm einer 48-stundigen Zuckergelatinekultur von M 20.
Nach 14 Stunden der linke Oberschenkel stark geschwollen; deutliches Knistera.
Tier schwer krank.
Tod dee Tieres nach 21 Stunden.
Sektion, unmittelbar post mortem: linker Oberschenkel und seine Umgebung
geschwollen. Deutliches Knistera am linken Oberschenkel und in der linken Flanke
bis gegen die Mittellinie des Bauches hin. Haut im Bereiche dieser Veranderungen
feucht und an der Aufienseite des linken Oberschenkels (Injektionsstelle) an einer lang-
lich geformten Stelle schwarzlich-rot. Diese Partie ist unregelraafiig begrenzt und setzt
sich von der Umgebung scharf ab. Binde- und Fettgewebe der linken Inguinalbeuge
reichlichst durchtrankt von schmutzig kirschroter Flussigkeit und abgehoben. Dieselbe
Fliiseigkeit durchtrankt auch das Unterhautbindegewebe der ganzen linken Extremitat,
des Genitale, der rechten hinteren Extremitat, des ganzen Bauches, beider Flanken bis
hinauf zum Rippenbogen und der hinteren linken Riickenpartie. Nur in der linken
Flanke und an der linken hinteren Extremitat kleinere Gasblaschen im durchtrankten
Unterhautbindegewebe. Sonsfc keine Gasblasen. Muskulatur des Bauches glanzend,
licht kirschrot. An der linken hinteren Extremitat Gasblaschen im Bindegewebe zwischen
den Muskelbundeln und unterhalb der Muskelscheiden. Bindegewebe und Muskelbundel
feucht, letztere streckenweise blutig imbibiert. Von den Querschnitten durch die Muskel
lafit sich reichlich rotliche, triibe Flussigkeit abstreifen. Inguinale Lymphdrusen klein-
linsengrofi, dunkelrot, sukkulent, gefleckt, in hamorrhagisch-odematoses Binde- und
Fettgewebe eingehullt. In der Bauchhohle keine freie Flussigkeit, vom Peritoneum
S arietale etwas rdtlich gefarbte Flussigkeit abstreifbar. Peritoneum feucht-glanzend,
iister gerotet. Milz dunkelrot, klein. Leber braunrot. Nieren dunkelbraunrot.
Nebennieren rotlich-gelb. In der Pleura des linken Lungenuuterlappens einige Ekchy-
mosen.
Deckglas praparat e: a) Subkutane Flussigkeit: M&fiig viele Gram¬
positive Bacillen, sparliche geschwollene Formen, wenig Sporen.
b) Muskelsaft (linker Oberschenkel): Dieselben Bacillen formen wie bei a), nur
etwas reichlicher.
In Jodpraparaten die Bacillen meist gleichmafiig lichtgelb, sparlich schwarzlich-
braun gefleckt.
c) Peritoneum: Gram-positive Bacillen wie bei a) und b), auffallend lange
gegliederte und ungegliederte Faaen.
Kulturen: a) Bubkutane Flussigkeit: Aerob: Steril. Anaerob: Wachs-
tum mit GasbUdung (Reinkultur).
b) Herzblut: Anaerob: Steril.
Histologische Untersuchung:
1) Haut, Unterhautbindegewebe und Muskulatur des linkenOber-
schenkels von der Injektionsstelle: Epidermis im Stratum Malpighii strecken¬
weise kernlos und dann zu einer gleichmafiig schmutzigrot gefarbten Swiicht umge-
wandelt. Zellkerae der Haarschafte und -balge teils nocn gut gefarbt, teils undeuthch
oder ganz fehlend. Bind^ewebe der Cutis liber weite Strecken kernlos oder nur mit
vereinzelten gut erhaltenen Kernen. Bindegewebsfasern machtig g;equollen. In den
tieferen Schichten der Cutis und in den oberflachlichen Muskelschichten verschieden
f ofie, meist langlich gestaltete, aber unregelmafiig begrenzte, leere Hohlraume. Die
asern der oberflachlichen Muskelschichten auseinandergedrangt durch gequollenes und
teilweise kernloses Bindegewebe oder durch grofiere ZeUhaufen, deren Kerne rundlich*
polymorph oder langlich und meist sehr dicht gelagert sind, dabei intensiv gefarbt er-
scheinen. Dicht gelagerte Kerahaufen grenzen die oberflachliche Muskelschicht auch
nach oben und unten zu ab. Sie setzen sich gleichfalls aus verschiedenen Formen zu-
sammen, darunter auch viclen kleeblattahnlichen, manchmal bestehen sie aber fast aus-
schliefilich aus langen oder langgezogenen Formen. Die Muskelfasern erscheinen
homogen oder mehr oder weniger aufgefasert oder in verschieden grofie, unregelmafiige
Stiicke zerfallen. Die Querstreifung ist nur zum Teil erhalten.
Aehnliche Veranderungen finden sich auch in den tieferen Muskelschichten, die
oft uber weite Strecken kernlos sind und deren Fasern oft so starke Quellung zeigen,
dafi sie sich untereinander nur unscharf abgrenzcn. Ab und zu trifft man au<3i in den
tieferen Muskelschichten auf grofiere oder kleinere Hohlraume, sowie auf ZeUhaufen,
die meist aus multinuklearen Leukocyten bestehen und mchr oder weniger ausge-
sprochenen Kernzerfall zeigen. Die Zellenhaufen sind verschieden grofi und in ihrer
Lmgebung erscheinen die Muskelfasern haufig nur mehr aus kleineren undeutlichen
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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 483
Zerfallsstficken bestehend. Wo die Muskelfasern langs getroffen sind, zeigen dieZellen-
herde streifenformige Anordnung. Im interstitiellen Binde- und Fettgewebe der tiefen
Muskelschichten findet man reicnlichst feingekornte, mit Eosin hellrot gefarbte Massen
und versehieden groBe Blutauatritte urn die Gefafie, deren auBerste Schichten meist
dieselben Veranderungen zeigen wie das umgebende Bindegewebe, deren Endothelien
jedoch durchaus gut erhalten sind.
Bakterien lassen sich in alien Schichten in reichlicher Menge nachweisen, am
reichlichsten im lockeren Bindegewebe zwischen den Muskelbfindeln und -fasern. In
enormen Mengen finden sie sich auch in der Umgebung der Zellenhaufen. Es sind
durchweg Gram -positive Bacillen von verschiedener Lange, in kiirzeren und auch
langeren Faden, oft angeschwollen oder wie geblaht aussehend. Keine sicheren Sporen.
2) Haut, Unterhautbindegewebe und Muskulatur der linken
Flanke: Bindegewebsfasern der Cutis und Subcutis gequollen, fiber weite Strecken
vollig kernlo8. Auch die Muskulatur stellenweise kermos, ihre Fasern in der schon
wiederholt beschriebenen Weise mehr oder minder schwer verandert. Im interstitiellen
Bindegewebe verschiedene groBe Hohlraume neben reichlichen, homogen oder feinge¬
kornt aussehenden Massen, in den tieferen Schichten um die GefaBe kleinere Zellen-
herde, aus ein- oder mehrkernigen Leukocyten bestehend.
Reichlich Bacillen von demselben Aussehen und denselben farberischen Eigen-
schaften wie bei 1).
3) In der linken Inguinaldrfise kleinere Blutungen, die Follikel derselben
dadurch teilweise zerstort. Sur in den auBeren Schichten der Kapsel finden sich meist
langere Gram-positive Bacillen.
4) Unter iappen der linken Lunge: Im Lungengewebe unmittelbar unter der
Pleura mehrere versehieden groBe Blutungsnerde ohne Bakterien.
M 22, 445 g, am 30. Mai 1902 iutramuskular (linker Oberschenkel) 1 ccm
einer 48-sttindigen Zuckergelatinekultur von M 20.
Tod des Tieres nach 21 Stunden.
Sektion, 3 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): Kein Kn is tern.
Haut der linken Bauchseite und der linken hinteren Extremitat odematos. An der
AuBenseite des linken Oberschenkels die Haut in ca. kreuzergrofier Ausdehnung dunkel-
schwarzrot. Von dieser Stelle aus zieht ein dunkelroter Streifen fiber die linke In-
guinalbeuge und Flanke gegen den Rippenbogen, scharf sich absetzend von der odema-
tdsen, sonst aber weifilich-grau aussehenden Umgebung. Unterhautbinde- und Fett¬
gewebe der linken hinteren Extremitat, der linken Flanke und der linken Bauchseite,
sowie beider Inguinalbeugen reichlichst durchtrankt von fast dunkel-kirschroter Flfissig-
keit, am reichlichsten in der linken Inguinalbeuge. Nirgends Gasblasen. Muskulatur
des linken Oberschenkels stark durchfeuchtet und streckenweise blutig imbibiert. In
der Bauchhohle geringe Menge leicht hamorrhagisch aussehender Flfissigkeit. Zwischen
den Darmschlingen Gasblasen, Peritoneum stark feucht, dfister-rot. Milz klein, braun.
Leber dunkelbraunrot. Nieren braungelb, Oberflache zart granuliert. Nebennieren grofi,
rotlich. Lungen fleckig anthrakotisch.
D eckglaspraparate: a) Muskelsaft vom linken Oberschenkel: Mafiig viele
Gram-positive Bacillen, meist kurz, sparlicher angeschwollene Formen, sparlich Sporen.
b) Subkutane Flfissigkeit: Sehr sparlich G r a m - positive Bacillen wie bei a).
Kulturen: a) Subkutane Flfissigkeit: Aerob: Sterii. Anaerob: Wachstum
mit Gasbiidung (Reinkultur).
b) Herzblut: Anaerob: Sterii.
His tologische Untersuchung:
1) Haut und Unterhautbindegewebe aus der linken Flanken-
gegend (mit blutigem Streifen): Rete und epidermale Gebilde der Haut gut erhalten,
die Bindegewebsfasern der Cutis und Subcutis machtig gequollen, stellenweise durch
r 'fiere und kleinere Blutungsherde auseinandergedrangt, inre Kerne jedoch gut gefarbt.
den tieferen Schichten zwischen den Fasern auen ziemlich reichlich meist poly-
nukleare Leukocyten. Im subkutanen Binde- und Fettgewebe homogen oder feingekornt
aussehende Massen, ebenso im interstitiellen Bindegewebe der oberfltichlichen Muskel¬
schichten. Im letzteren auch grofiere und kleinere Blutungen und mehr oder minder
reichlich multinukleare Leukocyten uud einkernige Rundzellen. Die Muskelfasern selbst
zeigen Quellung, Faserung und Zerfall. Auffallend haufig sieht man an Querschnitten
der Muskelfasern, dafi letztere bei Hamalaun-Eosinfarbung dunkel tingiert erscheinen,
den Schlauch nicht vollkommen ausffillen, sondern retrahiert sind und m dem dadurch
entstandenen Zwischenraume eine homogen oder feingekornt aussehende Masse zeigen.
Gram-positiveBacillen von aem Aussehen wie in den frfiheren Fallen finden
sich in grofier Menge im subkutanen Gewebe und zwischen den auseinandergedrangten
Muskelfasern, zum Teil auch in den zerfallenen Muskelfasern selbst. Weniger zahlreich
finden sie sich in der Cutis, vollstandig fehlen sie im Bereiche der Blutungen.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
2) Muskulatur des linken Oberschenkels aus der Umgebung der
In jekti ones telle: Reichlich feingekornt aussehende Massen zwischen den Muskel-
fasern neben verschieden grofien Biutungsherden und Zellenhaufen, die aus multi-
nuklearen, vielfach Kernzerfall zeigenden Leukocyten bestehen. Besonders entwickelt
sind diese Veranderungen in dem lockeren Bindegewebe zwischen den Muskelbundeln.
Die solchen Zelleninfiltraten benachbarten Sehnen und Muskelfasern enthalten dann
meist reichlichste Mengen dichtstehender Kerne, die in den Muskelfasern noch als solche
polynukleare Leukocyten erkennbar sind, in den Sehnen jedoch plattgedruckt und da-
durch langlich erscheinen, auffallend dicht und meist in wellig angeordneten Reihen
gelagert erscheinen. Auch in den Nervenasten des interstitiellen Bindegewebes findet
man groBere und kleinere Blutungen. Die Muskelfasern zeigen Quellung, Auffaserung
und Zerfall, ihre Kerne sind jedoch meist gut erhalten.
Bakterien findet man vorwiegend in dem odematos und entziindlich veranderten
Bindegewebe zwischen den Muskelbundeln, in grflfieren Haufen in den Randpartieen der
Infiltrate. In den Muskelfasern selbst sind Bakterien nicht oder nur sparlicn nachweis-
bar, in den Biutungsherden fehlen sie vollstandig. Es sind Bacillen einer Art, Gram-
positiv, haufig angeschwollen und vielfach in kurzeren Faden. Keine sicheren Sporen.
3) Die Nieren zeigen keine besonderen Veranderungen. Bakterien fehlen.
4) In den Nebennieren findet man Blutungen im Zentrum. Bakterien nicht
nachweisbar.
II. Kaninchen (= K).
Fur Kaninchen war der Bacillus pathogen.
Auf subkutane Einverleibung des Virus reagierten in unseren
Versuchen die Tiere nur mit lokalen Erscheinungen. Diese bestanden
darin, daB die Injektionsstelle und ihre Uragebung zunachst mehr oder
minder stark teigig anschwoll und sich fleischwasserkhnlich f&rbte.
Durch Punktion dieser odematosen Schwellungen konnte man eine
kleinere oder groBere Menge rotlich gef&rbter, diinner Flfissigkeit er¬
halten, die in verschieden reichlicher Menge ausschlieBlich den in-
jizierten Bacillus enthielt.
Die Schwellung ging entweder ohne weitere Veranderungen voll-
standig zuriick oder es trat Nekrose der Haut ein, worauf nach Ab-
stoBung der nekrotischen Partieen ein langsam heilendes Geschwiir
zurucklieb.
K 1 , 1217 g, am 10. Mai 1902 subkutan (Bauch) 5 ccm einer 48-stundigen
Zuckergelatinekmtur von M 16, 2. Gen.
Nach 24 Stunden ziemlich starke, liber Abdomen und Thorax sich erstreckende,
teigige Anschwellung.
Nach 2X24 Stunden im Bereiche der Injektionsstelle eine ca. apfelgrofie, tumor-
artige, an ihrer Kuppe fluktuierende Erhebung; die Randpartieen aerber infiltriert,
wallartig, stark gerotet. Kein Knistem nachweisbar. Die Infiltration setzt sich noch
ca. 5 cm nach abwarts liber die Bauchwand fort. Sterile Punktion des fluktuierenden
Teiles ergibt eine diinne, blutig tingierte Fliissigkeit.
Deckglaspraparate dieser Fliissigkeit: Mafiig zahlreich Gram -positive, meist
schlanke, vereinzelt plumpere Bacillenformen von verschiedener Lange, manche ange¬
schwollen; sparlich Gram-negative Formen, einzelne derselben auffallend schwach rot
(Gram und Nachfarbung mit wasserigera Fuchsin). Im Jodpraparate lichtgelbe Far-
bung der Bacillen.
Kulturen davon: 1) Aerob: Steril.
2) Anaerob: Wachstum mit Gasbildung (Reinkultur).
Nach 8 Tagen: An Stelle der fluktuierenden Erhebung der Bauchhaut mit der
Infiltration befindet sich ein grower, unregelraafiig begrenzter Substanzverlust, am
Grunde teils mit Eiter, teils mit eingetrocknetem Se&et belegt, mit wallartig verdickten
Randern.
Drei Wochen nach der Injektion ist der Substanzverlust sehr verkleinert, flach
und granulierend, nach einer weiteren Woche ist er vernarbt. Gewicht des Tieres
1305 g.
K 2, 1140 g, am 22. Mai 1902 subkutan (Bauch) 2,5 ccm einer 48-8tiindigen
Zuckergelatinekultur von M 16.
Innerhalb der ersten 24 Stunden tritt eine Anschwellung der Bauchhaut auf, die
sich allmahlich vergrofiert.
36 Stunden nach der Injektion : Haut im Bereiche der Injektionsstelle intensiv
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Ghon u. Sachs, Beitrage zur Kenntnis der anaSroben Bakterien des Menschen. 485
fleischrot verfarbt, die Anschwellung fiber eigroB, gleichmaBig teigig, Gasblasen nicht
Dachweisbar.
5 Tage nach der Injektion: Die Anschwellung vergrfiBert, die Haut zeigt in ihrem
Bereiche zwei unregelmafiig begrenzte Partieen, die schwarzlich gefarbt sind, trocken aus-
sehen (fcrockener Brand) und sich an den Randern von der umgebenden Haut abzulfisen
beginnnen. Punktion der Anschwellung ergibt einen Tropfen triiber Flfissigkeit.
Deckglaspraparate davon: In mafiiger Menge Gram -positive Bacillen ver-
scbiedener Lfinge, meiat mittelstark oder diinner, spanich ebensolche Gram-negative
und Uebergang8formen.
Kulturen: 1) Aerob: Steril.
2) An aerob: Wachstum mit Gaabildung (Reinkultur).
Die beachriebenen Schorfe stoBen sich im weiteren Verlaufe ab; es hinterbleiben
entsprechend grofie, tiefe Geschwiire mit trockenem Gnmde, mit etwaa unterminierten
Randern, aus denen eine weiBliche, schmierige Masse in geringer Menge auspreBbar ist.
Die Geachwiire heilen langsam vollstandig aus.
E 10, 950 g, am 30. Mai 1902 subkutan (am linken Ohre) 1 ccm 48-stfin-
diger Zuckergelatinekultur von M 20.
Das Ohr wird odematds, namentlich im Bereiche der Ohrwurzel, hangt herab.
Bereits nach 3 Tagen beginnt die Schwellung des Ohres wieder abzunehmen, das Ohr
erlangt norm ales Aussehen.
Gewicht 7 Tage nach der Injektion: 840 g.
Das Tier bleibt ohne weitere Krankheitssymptome.
Vollig reaktionslos blieb die an einigen Tieren ausgeffihrte intra-
peritoneale Infektion, wfihrend die in tramuskul&re Einver-
leibung des Virus einmal eine rasch verlaufende lokale Affektion be-
wirkte.
K 5, 1200 e, intramuskular in den linken Oberschenkel 2 ccm einer 48-stiindigen
Zuckergelatinekultur von M 20.
In den ersten 24 Stunden zunehmende Anschwellung des linken Oberschenkels,
auf Druck in den tieferen Partieen deutliches Knistern. Nach weiteren 24 Stunden An¬
schwellung bereits geringer, Knistern jedoch noch nachweisbar. In den nachsten Tagen
Riickgang der Anscnwellung. Kein Knistern mehr. Gewicht des Tieres 1040 g.
Tier bleibt ohne weitere Erscheinungen am Leben.
Intraven5se Injektion des Bacillus wirkte einmal sogar t5dlich.
Dabei kam es zu ausgebreiteten lokalen Ver&nderungen, indem sich ein
m&chtiges h&morrhagisches, nur von sp£rlichen Gasblasen durchsetztes
Oedem fiber Hals, Thorax und Abdomen entwickelte, welches augen-
scheinlich seinen Ursprung von der intravenosen Applikationsstelle, dem
linken Ohre, nahm. Bemerkenswert waren dabei die ziemlich zahlreichen
Blutungen der Haut und des Unterhautbindegewebes, sowie der Musku-
latur. Diese lokalen Verfinderungen dfirften dadurch entstanden sein,
daB beim Herausziehen der Nadel Infektionsmaterial auch unter die
Haut gelangte. Auffallend ist nur, daB die zweifellos geringe Menge,
die dafflr in Betracht kommen konnte, schon ausreichte, die relativ
schweren lokalen Ver&nderungen zu setzen. Aehnliches zeigten fibri-
gens auch die intraperitonealen Infektionen bei Meerschweinchen, was
von uns bereits an anderer Stelle erortert wurde.
K 4, 1550 g, am 22. Mai 1902 intravenos (linkes Ohr, aufiere Rand-
vene) 3 ccm einer 48-stiindigen Zuckergelatinekultur von M 16.
Nach 48 Stunden ist das Tier schwer krank. Das linke Ohr hangt herab, erscheint
in toto bedeutend angeschwollen und fiihlt sich gleichmaBig teigig an. An der auBeren
Flache in unmittelbarer Nahe der Injektionsstelle eine ca. linsengrofie Blutblase, eine
ebensolche, etwa bohnengroBe an der lnnenfliiche des Ohres nahe der Ohrwurzel.
Letztere hebt sich von der odematbsen Umgebung sehr scharf ab, ist dunkelfleischfarben
und zeigt an ihrer Kuppe eine ca. kleinlinseneroBe Gasblase, die sich in dem fiiissigen
Inhalte der Hautblase bei Bewegungen des Oru*es leicht verschiebt. Der Ohrwurzel zu
ist die odematose Anschwellung stellenweise ziemlich scharf durch eine hamorrhagische.
breitere Zone abgegrenzt.
Tod des Tieres 63 Stunden nach der Injektion.
Sektion, unmittelbar post mortem: Das linke Ohr zeigt die beschriebenen Ver-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
an derun gen, die Blutblase an der Innenseite dee Ohres in der Zwiechenzeit geplatzt, die
Haut daselbst mit hamorrhagischer Fliissigkeit in geringer Menge bedeckt.
Das Unterhautbinde- und Fettgeweoe im Bereiche dee Halses und des Thorax
Bowie der oberen Bauchpartieen ziemlich machtig von hamorrhagischer Fluseigkeit und
mehr oder weniger reichlich von kleinsten Blutungen, vereinzelt auch von klemen Gas-
blasen durchsetzt. Die Blutungen sind am reichlichsten im Bereiche der unteren Brust-
halfte und der oberen Bauchhalfte, betreffen daselbet auch die Muskulatur. Lymph-
driisen dee Halses und der Achselhohlen nicht merklich verandert.
Peritoneum blaB, feucht. Milz dunkelrot, etwas weicher, lang. Leber dunkel-
braunrot. Nieren plump, weich, gelbbraun. Nebennieren blaB. Magen, Darm ohue
Veranderungen.
Binde- und Fettgewebe des vorderen Mediastinums odematds, von kleinsten
Blutungen durchsetzt. Lungen blaB, ohne Hypostasen. An der Unterflache dee linken
Unterlappens einzelne bis stecknadeikopfgroBe, hellrote Blutungen, ebenso an den me-
dialen Flachen beider Lungen, eine gro&ere Blutung am oberen Kande dee linten Unter¬
lappens. Herz schlaff.
Deckgl aspraparate: 1) Oedem der Bauchhaut: Reichlich meist Gram¬
positive Stabchen, kiirzer und langer, gleichmafiig mittelstark, vereinzelt angeschwollene
Formen, maflig viele Formen mit mittel- und polstandigen Sporen, sparlich freie
Sporen. Vereinzelt Gram-positive Bacillen von gleichera Aussehen. — Lebnafte Eigen-
. 2)0ed em des linken Ohres: Das gleiche Bild, nur etwas weniger reichlich
Bacillen und relativ zahlreicher Gr am negative Formen.
3) Milzsaft und 4) Herzblut: Keine Bakterien.
Kulturen: 1) Oedem des linken Ohres: a) Aerob: Steril. b) Anaerob:
Wachstum (Remkultur).
2) Herzblut: a) Aerob: Steril. b) Anaerob: Eine Kolonie des Bacillus.
3) Lunge, linker Unterlappen, Blutung: Anaerob: Steril.
4) Niere: Anaerob: Steril.
Histologischer Befund:
1) Schnitt durch das ganze Ohr mit Blutblase an der AuBenseite
(No. 21, Taf. III). An der auBeren Flache die Homschicht gelockert und teilweise abge-
hoben, Rete streckenweise kernlos, ebenso manche der Haarbaige und -schifte. Im
Bereiche der Blase die ganze Epidermis abgehoben, Rete fast durchweg kernlos. In
der Blase eine homogene oder feingekornte, rdtliche Masse (Eosinfarbung). Binde-
gewebsfasem der Cutis fast durchaus kernlod oder nur stellenweise mit noch undeutlich
erhaltenen Kernen, in den tieferen Partieen durch reichliche homogene Massen ausein-
andergedrangt. Die Kerne der GefaBendothelien in den oberen Cutisschichten meist
noch gut gefarbt, undeutlicher die der LvmphgefaBe, die meist stark erweitert und mit
schwach rotlich tingierten, kornig aussefienden Massen erfiillt sind. Noch starker er¬
weitert die LymphgefaBe unmittelbar uber dem Ohrknorpcl, in ihnen teils rdtlich, teils
blaulich (Baktenen) gefarbte feingekornte Massen, sparliche rote Blutkdrperchen und
langliche, oft spindelig aussehende Zellen und Zellkerne; letztere oft dicht aneinander-
gedrangt. In den Blutgefafien teils gut gefarbte, teils wie ausgelaugt erscheinende rote
Blutscheiben.
Der Ohrkuorpel in seinen auBeren Schichten beiderseits wie aufgefasert, die Kerne
der Knorpelzellen nur stellenweise noch gut erhalten, die Zellen sonst kernlos, oft wie
von Vakuolen durchsetzt.
An der Innenfliiche des Ohres im allgemeinen dieselben Veranderungen, nur ist
das Oedem weniger hochgradig.
Bakterien in enormer Anzahl nachweisbar, vor allem am Blasengrunde und in der
dem Knorpel anliegenden Bindegewebsschicht der Auflenfliiche. Sehr reichlich finden
sie sich auch in den erweiterten LymphgefaBen, oft dieselben vollstandig ausfiillend,
wahrend sie in den BlutgefaBen nicht nachgewiescn werden konnen. Hingegen sieht
man sie zahlreich in der AuBenwand der GefaBe. Im Blaseninhalte sind sie wieder
nur sparlich. Es sind Gram-positive Bacillen, meist kurz und wie angeschwolleu mit
endogenen Sporen. Auch in den auBeren Schichten des Ohrknorpels Bacillen.
2) Ein Durchschnitt durch das Ohr an seiner Wurzel zeigt im allge¬
meinen denselben Befund wie 1), nur findet man reichlicher leere Hohlraume in aer
Subcutis und ziemlich ausgebreitete Blutungen urn den Knorpel. Die Muskeln zeigen
Kernschwund, Auffaserung und Zerfall. AuBerdem aber findet man vorziiglich im Be¬
reiche der Blutungen in den aufgefaserten oberflachlichen Knorpelschichten und an einer
Stelle in der Subcutis der AuBcnseite des Ohres mehr oder weniger reichlich angehauft
Kernreste und Kerne. Die Kerne zeigen verschiedene Form und sind vielfacn auch
gelappt.
Bakterien finden sich in grofler Menge in iihnlicher Verteilung wie bei 1) und
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Ghon u. SachB, Beitr&ge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 487
von dam gleichen Aussehen, namentlich reichlich in der Umgebung der beschriebenen
Kernhaufen.
3) Schnitte durch das Unterhautbindegewebe und die Muskulatur
de8 Thorax, lm Bindegewebe der Subcutis und der Muskulatur reichlichst homogen
oder feingekdrnt aussehende, rotliche (Eosin)Mas8en. Ueber grofiere Htrecken voll-
standiger Kernmangel, an anderen Stellen wieder Blutungen und mehr oder weniger
reichlich Zellen, ein- und mehrkernige, daneben Kernreste, welche stellen weise zu grofieren
dichtgelagerten Haufen vereinigt sind. Die Muskelfasern teils homogen, teile aufge-
fasert oder zerfallen, mit Querstreifung und ohne solche, vielfach kernloe und zwar
namentlich an jenen Stellen, welche die beschriebenen Anhaufungen der Kerne und
Kernreste zeigen. Die Endothelien der Gefafie gut tingiert.
Bakterien im lockeren Bindegewebe und im Bereiche der kernlosen Muskelpartieen
in enormen Mengen von demselben Aussehen wie bei 1) und 2).
4) Bauchhaut mit oberflachlichen Muskelschichten: Rete, Haarbalge
und -schafte zeigen gut gefarbte Kerne. Bindegewebsfasern der Cutis gequollen, im
Papillarteile die Kerne nocn gut gefarbt. Subkutanes Bindegewebe machtig gequollen
una auseinandergedrangt durch homogen aussehende, rotliche (Eosin)Massen und kern-
los. An vereinzelten Stellen dichte Anhaufungen von Kernresten sowie sparlichen ein-
und mehrkernigen Zellen. Oberflachliche Muskelschichten auseinandergedrangt durch
Oedemmassen, die Muskelfasern aufgefasert.
Bakterien sparlich im Papillarteile der Cutis, dagegen sehr reichlich in der Sub-
cutis. Sie zeigen dasselbe Aussehen wie bei 1), 2) und 3).
5) Linker Lungenunterlappen mit Blutung: Der Randteil der Lunge
hamorrhagisch infarziert. Alveolen und Septa vollstandig von roten Blutkdrperchen
durchsetzt, letztere vielfach zersthrt. In den Randpartieen der Blutung findet man
neben den roten Blutkorperchen mehr oder weniger reichlich homogene, rote (Eosin)
Massen. In den Bronchien rote Blutkorperchen una die erwahnfcen rotgefarbten Massen.
Bakterien sind nicht nachweisbar.
6) Niere: Die Epithelzellen der Tubuli contorti undeutlich begrenzt, gequollen,
ihre Kerne undeutlich, stellen weise auch ganz fehlend. In den Hamkan^lchen nicht
selten Blutcylinder oder homogene Cylinder. In den Glomerulis Blutungen, einzelne
der Glomeruli dadurch zersthrt und kernlos.
Keine Bakterien.
7) Leber blutreich, ohne sonstige Veranderungen.
Keine Bakterien.
8) Milz sehr blutreich und von kleineren Blutungen durchsetzt, die zum Teil auch
in den Randpartieen der Malpighischen Korperchen sichtbar sind. Stellenweise schol-
liges, braungelbes Pigment.
Keine Bakterien.
III. Weifie M&iise (= Ms).
Auch filr M&use war der Bacillus pathogen, und zwar sowohl bei
subkutaner als auch bei intraperitonealer Einverleibung. 0,5 bis 1,0 ccm
einer 48-stundigen Zuckergelatinekultur bewirkte bei subkutaner
Infektion innerhalb 19Va-35 Stunden den Tod der Tiere. Die Ver-
&nderungen bestanden in einer mehr oder weniger reichlichen seros-
h&morrhagischen DurchtrSnkung des subkutanen Binde- und Fettgewebes
im weiten Umkreise der Injektionsstelle. Gasblasen konnten nicht nach-
gewiesen werden. Die inguinalen Lympbdrusen, besonders die der In-
jektionsseite entsprechenden, erschienen meist geschwollen und hyper-
^misch. In den inneren Organen fanden sich bis auf Degeneration der
parenchymatosen Organe keine konstanten Veranderungen.
Bei intraperitonealer Einverleibung des Bacillus fand sich im
Peritonealraume der gefallenen Tiere etwas leicht getrtibte Flussigkeit.
Ms 1, am 22. Mai 1902 subkutan (linke Bauchseite) 1 ccm einer 48-stundigen
Zuckergelatinekultur von M 16.
Tod des Tieres nach 19 7* Stunden.
Sektion, unmittelbar jK>st mortem: Bauchhaut der linken Inguinalg^end leicht
vorgewolbt, feucht. Haut und Unterhautbindegewebe nicht abgehoben, von einer
8chwach-r6tlichen Flussigkeit in mafiiger Menge durchsetzt. Kein Gas. Die rotliche
Flussigkeit am reichlichsten in den Inguinalbeugen, namentlich in der linken, das die
Inguinaldriise umgebende Binde- und Fettgewebe von sulzigem Aussehen. Die Druse
selbst fast kleinliosengroh, dunkelschwarzrot. Am Peritoneum keine Veranderungen.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Milz etwas grofier, dunkelrot. Leber und Nieren gelbbraun. Nebennieren blaft. Lungen
blafi. Herz gut gefiillt. Magen, Darm ohne Veranderungen.
Deckglaspraparate: a) Injektionsstelle: Reichlich Gram-positive Bacillen,
kurzer und langer, spariich angeschwollene Formen und kiirzere, ungegliederte Faden,
mafiig viel endogene Sporen. Vereinzelt Uebergangs- und Gram-negative Formen.
Ziemlich rasche, schlangelnde Eigenbewegung.
a) Jodpraparat: Baciilen hellgelb, vereinzelt mehr oder weniger gleichmafiig
braungelb.
b) Abstreif praparat vom Peritoneum: Ziemlich reichlich Gram-positive Baciilen
derselben Form und Grdfie wie von der Injektionsstelle.
Kulturen: 1) Aerob von der Injektionsstelle: Steril.
2) An aerob von der Injektionsstelle und vom Herzblute: Wachstum mit
Gasbildung (Reinkultur).
Histologischer Befund:
1) Bauchwand (linke Seite): Rete und Haarschafte zeigen gut gefarbte Kerne.
Die tieferen Bchichten der Cutis sowie der Subcutis gelockert, ihre Bindegewebsfasem
durch reichliche, streifig kornige und homogene, lichtrot gefarbte (Eosin)Massen aus-
einandergedrangt, die Kerne zum Teil undeutlich oder fehlend. Stellenweise grofiere
oder kleinere Anhaufungen von polynuklearen Leukocyten, die meist ausgesprcxdienen
Kernzerfall zeigen. In den tieferen Muskelpartieen die Muskelfasern teils aer Lange
nach aufgefasert, teils der Quere nach zerfallen, teils volhg in Schollen zerlegt. Die
Kerne fehlen hier streckenweise vollstandig. Zwischen den Muskelfasern reichlich fein-
faserig kornige oder homogene Massen, vereinzelt auch Anhaufungen von Zellkernen,
welche vielfach Zerfall zeigen.
Nirgends Hohlraume, die Gasblasen entsprachen.
Bakterien reichlichst vorhanden, am reichlichsten in der Subcutis, am sparlichsten
in den obersten Schichten der Cutis. Sehr zahlreich finden sie sich auch in der Um-
gebung der Leukocytenansammluneen. Es sind BacilJen einer Art, Gram-positiv,
vielfach in kurzeren Faden, viele auch angeschwollen. Keine sicheren Sporen. Innerhalb
der Muskel langere Faden.
2) Milz Inutreich und reichlich von kornigem und scholligem Pigment durchsetzt.
Bakterien nicht nachweisbar.
M S, am 22. Mai 1902 intraperitoneal 1 ccm einer 48-stiindigen Zuckergela-
tinekultur von M 16.
Tod des Tieres innerhalb der ersten 13 Stunden.
Sektion, 10 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis): Das subkutane
Bindegewebe der Bauchhaut und Muskulatur ohne Veranderungen. Peritoneum parietale
und viscerale nicht gerotet, feucht; von demselben geringe Mengen leicht getriibter, von
kleinen Gasblasen (?) durchsetzter Fliissigkeit abstreifbar. Milz nicht vergrbfiert. Leber
braunrot. Nieren braungelb. Nebennieren und Lungen blafi.
Deckglaspraparate vom Peritoneum: Wenig zellige Elemente, keine Eiter-
kdrperchen. Spariich mittel6tarke, kiirzere und langere Baciilen, Gram-positiv, Ueber-
gangsformen und G r a m-negativ.
Kulturen: 1) Aerob vom Peritoneum: Steril.
2) An aerob vom Peritoneum: Wachstum mit Gasbildung (Reinkultur), vom
Herzblute steril. (Schlufi folgt.)
Sachdruck verboten*
TTeber ein akut wirkendes Bakterientoxin 1 ).
[Aus dem staatl. serotherapeutischen Institute in Wien (Vorstand:
Prof. R. Paltauf).]
Von Privatdozent Dr. Rudolf Kraus, Assistenten am Institute.
I.
Bei Untersuchungen iiber die Wirkungen der Bakteriohamolysine
fand ich, dafi nach intravenOser Injektion geringer Mengen einer h&mo-
lytisch wirkenden Kultur Tiere innerhalb weniger Minuten zu Grunde
gingen.
1) Vortrag, gehalten am internat. hyg. KoDgreB in Brussel 1903.
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Kraus, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin.
489
Der giftbildende Mikroorganismus ist ein Vibrio, den Herr Prof.
Paltauf auf sein Ansuchen urn einen virulenten Choleravibrio im
Jahre 1899 durch die Freund!ichkeit des Herrn Dr. Marmorek aus
dem Institut Pasteur erhalten hatte. Dieser Vibrio, der entsprechend
einer spateren Nachfrage als Vibrio Naskin bezeichnet war, konnte
jedoch nicht als Choleravibrio angesehen werden. Die mitt els Aggluti¬
nation erfolgte Differenzierung ergab, daB dieSer Vibrio von einem
Cholerasernm (gewonnen rait einem Choleravibrio Pfeiffer) nur in
niedrigen Verdiinnungen agglutiniert wird.
Das Immunserum agglutiniert zwar Choleravibrionen verschiedener
Herkunft bis zu einer VerdQnnung von 1 :20000; andere Vibrionen
dagegen (Finkler-Prior, Vibrio Deneke, Metschnikoff,
Danubicus, Elvers) werden von diesem Serum entweder gar nicht
Oder nur in Werten von 1:400 agglutiniert. Der Vibrio Naskin
wurde ebenfalls bis zu einer Verdunnung von 1:400 agglutiniert, in den
weiteren Verdiinnungen von 1 : 800, 1 : 1000, 1 : 2000 zeigte sich keine
Agglutination mehr. Die Versuche, den Vibrio Naskin mittels
spezifischer Niederschl&ge n8.her zu bestimmen, ergaben mit
der Agglutination gleichlautende Resultate. Das Choleraserum, welches
in Filtraten von Cholerakulturen Pr&zipitate erzeugte, lieB in Filtraten
der Kultur des Vibrio Naskin keine solchen entstehen. Da fruhere
Untersuchungen (1) gezeigt haben, daB die diagnostische Bedeutung der
spezifischen NiederschlBge gleich zu setzen sei der der Agglutination der
Bakterien, unterliegt es wohl nach diesen Untersuchungen keinem Zweifel,
daB der fragliche Vibrio kein Choleravibrio sein kdnne
und als eine selbstSndige Vibrionenart aufzufassen sei. Auch die nachste
Probe auf die Verschiedenheit dieses Vibrio von Choleravibrionen fiel
positiv aus. Das Serum, gewonnen mit dem Vibrio Naskin, agglu-
tinierte wohl bis 1 : 800 diesen Vibrio, nicht aber den Choleravibrio.
Des weiteren lernten wir noch andere Eigenschaften kennen, die
uns veranlassen, den Vibrio nicht als Choleravibrio anzusehen. Der Vibrio
produziert nftmlich nach unseren frtther mitgeteilten Untersuchungen (2)
H&molysine *), welche Eigenschaft Choleravibrionen nach unseren Er-
fahrungen flberhaupt nicht zukommt. Diese H&molysine lassen sich mit
Choleraimmunserum nicht neutralisieren, wohl aber mit dem homologen
Antivibrioserum. Zum Schlusse finden wir in Bouillonkulturen dieses
Vibrio akut wirkende Toxine fflr Kaninchen, Meerschweinchen und andere
Tiere, die wir bisher weder in Cholerakulturen noch in Kulturen anderer
Vibrionen gefunden haben. Diese Momente veranlassen uns, anzunehmen,
daB der Vibrio Naskin kein Choleravibrio sei und als art-
verwandter Vibrio der Choleravibrionen aufzufassen ware.
Diese Differenzierung wurde absichtlich ausfflhrlich wiedergegeben,
am jedem weiteren MiBverstBndnisse vorzubeugen.
Die Untersuchungen von Metschnikoff, Roux und Salim-
beni (3) wollen, wie bekannt, ein losliches Choleratoxin in bestimmten
Cholerakulturen nachgewiesen haben. Mit diesem Toxin konnten die
Autoren bei peritonealer Injektion groBer Dosen Meerschweinchen in
€—10 Stunden t5ten. Mit sehr groBen Dosen des Giftes Oder mit kon-
zentriertem Gifte toteten sie Meerschweinchen in einigen Minuten. Auch
Ransom (4) konnte mit konzen trier tern Choleragifte einen akuten Tod
erzeugen.
1) Der in den fruheren Arbeiten benutzte Vibrio Paris ist mit dem Vibri o
Naskin identisch.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
Da, wie gezeigt werden konnte, der VibrioNaskin kein Cholera-
vibrio ist, kfinnen auch die von den Autoren nachgewiesenen Cholera-
toxine mit dem Gifte dieses Vibrio nicht identifiziert werden.
II.
Wie bereits eingangs erwfihnt wurde, fand ich beim Studium der
Wirkungsweise des Vibriohfimolysins im Organismus, dafi nach intra-
venfiser Injektion von 1 und 1 / 2 ccm einer Bouillonkultur des Vibrio
Kaninchen innerhalb 10 — 30 Minuten zu Grunde gingen. Die
Tiere zeigen sofort nach der Injektion beschleunigte Respiration und
Herzfrequenz, Diarrhoen und gehen unter Lahmungserscheinungen zu
Grunde. Die Obduktion der Tiere ergibt keine Anhaltspunkte fur die
Erkl&rung des akuten Todes. Das Blut ist, sofort nach dem Tode
untersucht, flQssig und enthfilt kein Gerinnsel. Auch direkt darauf ge-
richtete Versuche bei Kaninchen, denen vorher Blutegelextrakt injiziert
wurde und deren Blut nachher durch l&ngere Zeit in vitro nicht gerinnt,
zeigen, dafi die Tiere ebenso akut zu Grunde gehen wie normale Kaninchen.
Eine gerinnungsalterierende Wirkung des Giftes auf das Blut konnte
demnach nicht nachgewiesen werden. Auch konnte die Hamolyse als
Ursache fur den Tod durch direkte Versuche ausgeschlossen werden.
Durch Versuche, die Herr Dr. Rothberger ausgefiihrt hatte und fiber
die er ausftihrlich berichten wird, konnte festgestellt werden, dafi der
wahrscheinliche Angriffspunkt das Herz sei, welches nach Ablauf der
Inkubation zusehends schlechter arbeitet und in starker Dilation stehen
bleibt. Direkte Wirkungen des Giftes auf das Atemzentrum sind nicht
nachweisbar. Die Atmung leidet bei beginnender Herzschwfiche unter
mangelhafter Blutzufuhr.
Bei der Analyse der Ursache der Giftwirkung konnte zunachst nach¬
gewiesen werden, dafi die bakterienfreien Filtrate ebenso
akut giftig wirken wie die Bouillonkultur. Der Nachweis,
dafi die Gifte in Filtrate fibergehen, gelang erst nach verschiedenen Ver-
suchen, indem sich zeigt, dafi verschiedene Filter (Pukal, Reichel,
Chamberland) verschiedene Durchlassigkeitaufweisen. Durch Pukal-
Filter geht das Gift nicht durch, dagegen sind Re ich el-Filter und
Chamberland-Filter ffir diese Gifte durchl&ssig. Allerdings erfahren
die Gifte bei der Filtration eine Abschwachung, manchmal sogar um
das 5—10-fache ihrer Giftigkeit.
Auch noch andere Versuche lehrten, dafi die Giftigkeit der Bouillon¬
kultur von einem gelosten Gifte herrtihren dtirfte und nicht den Bakterien
selbst zukomme. Nach intraperitonealer Injektion von Bouillonkulturen
(1 ccm) gehen Meerschweinchen in 24 Stunden zu Grunde, ohne dafi es
gelingt, aus dem Peritoneum und Herzblute Bakterien zu ztichten. Nach
intravenoser und intraperitonealer Injektion von Agarkulturen bleiben
Kaninchen am Leben. Wir haben es hier also mit einem Mikroorganismus
zu tun, der, gleich vielen anderen Bakterien, nicht infektifis, wohl
aber toxisch, vermoge der giftigen Stoffwechselprodukte, wirkt. Die
Giftigkeit der Kultur kommt einem Korper zu, der sich
von den Bakterien trennen lfifitund, wie weitere Versuche
lehren, als eine toxinartige Substanz aufzufassen ist.
Die akute Wirkung bei Kaninchen ist nur nach intravenfisen
Injektionen zu beobachten, nach intraperitonealer Oder sub-
kutaner Injektion kann, je nach der injizierten Menge, der
Tod erst nach 24 Stunden bis einigen Tagen auftreten.
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Kraus, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin.
491
Nach intravenoser Injektion kann man mit 1 ccm einer Bouillonkultur
bei Kaninchen Tod innerhalb 5 Minuten bekommen, geringere Mengen
wie 0,5 toten innerhalb 15 Minuten, noch geringere Dose, 0,3 ccm, in
1—3 Stunden. Die Giftigkeit der Kultur ist bereits am 4. Tage nach-
weisbar und halt ziemlich lange ohne Abschwachung an, so daB 1—2
Monate alte Kultnren manchmal sich noch als toxisch erwiesen haben.
Eine Beobachtung, die gemacht wurde, wfirde dafttr sprechen, daB eine
Abschwachung in dem Sinne erfolgen dflrfte, daB bei gleichbleibender
todlicher Dosis des Giftes die zeitliche Wirkung sich geandert hatte.
Die Giftwirkung der Kultur wird durch Erwarmen auf 58°
zerstSrt, ebenso wird sie durch Alkohol, Chloroform, Karbol-
sSure, ja sogar durch Ammonsulfat geschadigt. Die Versuche, in
welchen die Failung des Giftes durch Ammonsulfat versucht wurde,
zeigten, daB es wohl gelingt, das Gift mit Ammonsulfat zu fallen, doch
sind hierbei grofie Verluste zu verzeichnen gewesen.
Als ein brauchbares Konservierungsmittel hat sich das Toluol er¬
wiesen. Mittels Toluol gelingt es auch ohne Filtration, die Giftigkeit
der Kultur durch Abtotung der Bakterien zu erhalten.
AuBer fur Kaninchen erweist sich das Gift bei intravenoser Injek¬
tion noch fflr Meerschweinchen, Hunde, Tauben giftig. Ebenso wie fur
Kaninchen, ist, wie bereits erwahnt wurde, der Vibrio auch fflr Meer¬
schweinchen nicht infektios; der nach intraperitonealer Injektion der
Bouillonkultur erfolgte Tod ist blofi durch Toxine bedingt und nicht
durch Bakterien. Andere Verhaltnisse liefien sich bei Versuchen an
Mausen feststellen. Nach intraperitonealer Injektion des Giftes gehen
die Mause innerhalb 24 Stunden zu Grunde. Nach Injektion der Bouillon¬
kultur gehen die Mause nicht allein an der Intoxikation zu Grunde,
sondern auch an der Infektion, indera im Peritoneum und Herzblute der
Vibrio kulturell nachweisbar ist. Auch die Agarkultur allein erweist
sich infektids fflr Mause.
Noch darauf sei hingewiesen, daB die Untersuchungen, bei Cholera-
vibrionen (verschiedener Herkunft) und auch bei Vibrionen (Metsch-
nikoff, Danubicus, Finkler-Prior) akute Toxine nachzuweisen,
resultatlos verlaufen sind. Nach dem eben Mitgeteilten steht es fest,
daB der Vibrio Naskin neben dem spezifischen H&molysin
noch ein akut todliches Gift fflr verschiedene Tiere pro-
duziert. Die Bakterien selbst sind fflr Kaninchen und
Meerschweinchen weder toxisch noch infektifls. Das Gift
ist ein Sekret der Bakterien analog dem Diphtherie- und
Tetanus toxin. Im folgenden wird durch den Nachweis eines Anti¬
toxins die Toxinnatur dieses Giftes sichergestellt.
III.
Untersuchungen, die eine giftneutralisierende Eigenschaft normaler
Tiersera (Ziege, Pferd, Kaninchen) ermitteln sollten, haben ergeben,
daB das Gift durch normales Serum nicht sofort neutrali-
siert wird. Mischt man beispielsweise 1 ccm normales Ziegenserum
mit der tddlichen Giftdosis und injiziert das Gemisch sofort intravenos
Kaninchen, so gehen die Tiere ebenso zu Grunde, wie durch das Gift
allein. Nimmt man jedoch statt des normalen Ziegenserums das Serum
einer mit dem Vibriotoxin durch lange re Zeit subkutan immunisierten
Ziege und injiziert das Gemisch sofort intravenfls Kanin¬
chen, so bleiben die Tiere am Leben. Das Serum vermag
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
sogar in Mengen von 0,05 ccm das Gift sofort zu neutra-
lisieren. Diesem Serum koramt aber nicht nur dieneutra-
lisierende Eigenscbaft in vitro zu, sondern es vermag
auch kurativ zu wirken, wie folgender Versuch zeigt.
1 ccm Gift + 0,05 Serum sofort intravenos Kaninchen lebt
1 „ „ intravenos sofort danach Serum (1 ccm) „
1 „ * nach 5 Min. „ „ (2 „ ) „
1 „ „ „ „ 10 „ mtraven. „ (1 „ ) f nach 10 Min.
i » v . it it 15 it it i* (3 ,, ) i* a io a
Kontrolle 1 ccm Gift intraven5s f ., 25 „
Es geht daraus hervor, dafi das Immunserum das bereits im
Organismus befindliche Gift zu neutralisieren vermag.
Dali schon 10 Minuten nach der Giftinjektion die Grenze der Wirksam-
keit des Serums erreicht ist, wird ja bei der akuten Wirkung des
Giftes nicht merkwtirdig erscheinen. Erinnern wir uns nur an die
Versuche von Hey mans (5), Dbnitz (6) und an eigene Versuche (7),
wie rasch die Gifte aus der Blutbahn verschwinden kbnnen und wie
schwer es ist, sogar langsam wirkende, aber bereits verankerte Gifte
noch zu neutralisieren, so wird die Unwirksamkeit selbst der grdliten
Serumdosen bei dieser akut verlaufenden Vergiftung verstfindlicb er¬
scheinen. Ebenso wie von Ziegen, konnten wir auch von Kaninchen,
die mit Vibriogift subkutan immunisiert wurden, ein Antitoxin gewinnen,
welches die letale Dosis sofort in vitro zu neutralisieren vermochte. Das
Serum des Kaninchens vor der Immunisierung war in Mengen von 1 ccm
nicht im stande, das Toxin (letale Dosis) in vitro zu neutralisieren, wo-
gegen 0,1 ccm des Immunserums desselben Tieres noch das Gift sofort
nach Zusatz zerstorte.
IV.
Dafi Immunkorper sich durch auCere Einfltisse verandern kdnnen,
ist bekannt. Am gelaufigsten ist uns die Erscheinung, dafi Diphtherie-
antitoxine bei l&ngerem Stehen im Werte abnehmen. Auch von den
Agglutininen, Prazipitinen wissen wir, dafi sie durch Luft, Licht, che-
mische Eingriffe, analog den Toxinen, abgebaut werden. Das Diph-
therieantitoxin verliert seinen Wert und wird wahrscheinlich ganz zer-
stort. Die Agglutinine, Prazipitine verhalten sich, wie bekannt, &hnlich
wie Toxine, indem nach Verlust der ffillenden Gruppe die bindende
Gruppe erhalten bleibt. Einer anderen Art des Abbaues begegnen wir
bei dem eben besprochenen Antitoxin. Das Antitoxin ist im stande, das
Toxin sowohl in vitro als auch im Organismus unsch&dlich zu machen.
Wie Versuche lehren, gendgt dieselbe Menge des Serums (Grenzwert),
nicht nur um die 1-fach todliche Giftdosis in vitro zu zerstbren, sondern
sie geniigt auch fiir die Neutralisation des Giftes im Organismus bei
getrennter, aber gleichzeitiger Einverleibung von Gift und Serum.
Bei derartigen Versuchen hat sich gezeigt, dafi ein alteres Serum
nicht mehr im stande war, in Mengen, in welchen das frische Immun¬
serum im Organismus noch giftneutralisierend wirkte, das Gift zu zer-
storen. Auch in vitro verhielt sich dieses Serum insofern anders, als
die gerade neutralisierende Dosis (0,05 ccm) bei sofortiger Einwirkung
das Gift nicht zu zerstoren vermochte. Es schien demnach, als ob das
Serum in seinem Werte zuriickgegangen wire und abgesckwacht sei.
Ein einfacher Versuch konnte aber zeigen, dafi der Antitoxinwert des
Serums allein sich nicht geandert haben konnte, sondern auch die Avi-
ditat des Antitoxins zum Gifte.
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Kraus, Ueber ein akut wirkendes ISakterientoxin.
493
Das frische Immunserum neutralisiert sofort nach Mischung in vitro
die tSdliche Giftdosis im Werte von 0,05 ccm. Zur Neutralisation des
Giftes nach l&ngerer Einwirkung (1 Stunde) des Serums in vitro braucht
man ebensoviel Serum, die geringere Dosis 0,01 z. B. neutralisiert das
Gift selbst nach 1-stiindiger Einwirkung nicht mehr. Das altere Serum,
welches in der Menge von 0,05 bei sofortiger Einwirkung das Gift nicht
mehr zu neutralisieren im stande ist, zerstort aber das Gift nach
1-stiindiger Einwirkung in vitro genau in derselben Menge. Die F&hig-
keit, das Gift auch bei sofortiger Einwirkung zu sch&digen, ist dem
Immunserum jedoch nicht vollst&ndig verloren gegangen, da grofiere
Dosen (0,1) die sofortige Neutralisation bewirken. Trotzdem der neu-
tralisierende Wert des Serums, wie wir sehen (bei l&ngerer Ein-
w*irkung auf das Gift), unverandert geblieben ist, hat sich das
Antitoxin doch in dem Sinne geandert, dafi es nicht mehr im stande
ist, in derselben Menge, wie frisches immunserum, das Gift sofort zu
neutralisieren. Die Erkl&rung dafiir ist vielleicht durch die Annahme
gegeben, dafi die Aviditat des Antitoxins eine Aenderung, eine Abnahme
erfahren hat Auch der folgende Versuch durfte im selben Sinne zu
erkl&ren sein. Das Serum eines immunisierten Bockes neutralisiert das
Gift nicht nur in vitro, sondern auch im Organismus (0,2 ccm) bei ge-
trennter und sofortiger Injektion von Gift und Serum. Dieser Bock
wird durch fast l 1 /* Monate nicht injiziert. Nachdem dann ein frischer
Aderlafi gemacbt wurde, zeigte sich, dafi das frische Serum in Mengen
von 1 ccm nicht im stande war, bei getrennter Injektion das Gift zu
neutralisieren, wohl aber vermochte das Serum in Mengen von 0,05 ccm
erst nach ®/ 4 -sttindiger Einwirkung das Gift zu neutralisieren. Ohne
dafi der Wert des Antitoxins fur den vitro-Versuch sich geandert hatte,
hat dieses Antitoxin (gewonnen l&ngere Zeit nach der letzten Giftinjek-
tion) eine Aenderung in dem Sinne erfahren, als es nicht mehr im
stande ist. Gift so rasch zu neutralisieren, wie ein frisches, bald nach
der Injektion gewonnenes Antitoxin.
Es mufi demnach auch im Organismus das Antitoxin
denselben Ver&nderungen unterworfen sein wie in vitro.
Es ist nicht unmoglich, dafi die bekannte Abschw&chung der Immun-
korper im aktiv immunisierten Tiere in der Weise zu erkl&ren sein
diirfte, dafi die Avidit&t erst abnimmt und dann erst die Wertigkeit
zuruckgeht.
Durch diese Aenderung des Antitoxins im Sinne einer Avidit&ts-
abnahme gewinnt das Immunserum dieselben Eigenschaften, wie sie
eventuell einem normalen Serum zukommen. Wie namlich in den
weiteren Untersuchungen gezeigt wird, besitzt auch normales Serum
bestimrater Tiere die F&higkeit, das Gift zu neutralisieren.
V.
Dafi das Serum gesunder Tiere Antikorper enthalt, ist genugend
bekannt. Wissen wir doch, dafi Diphtherieantitoxin, Antih&molysine,
Ambozeptoren im Serum gesunder Tiere nachweisbar sein konnen.
Vorderhand nebmen wir von diesen normalerweise vorhandenen Anti-
korpern an, dafi sie nur quantitativ und nicht qualitativ verschieden sind.
In einer anderen Arbeit (7) haben wir eingehende diesbezugliche Unter¬
suchungen angestellt und konnten zeigen, dafi das normale Antih&molysin
genau so wie das Immunantih&molysin wirke. Bei der Priifung normaler
Tiersera auf antitoxische Eigenschaften ergab sich im allgemeinen, dafi
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
die Sera verschiedener Tiere wohl im stande sind, das Vibriogift zu
neutralisieren, jedoch nur nach lingerer Einwirkung. Das
Serum gesunder Ziegen ist, selbst in Mengen von 1 ccm,
nicbt im stande, die todliche Giftdosis bei getrennter
Injektion und sofort nach der Misehung in vitro zu neutralisieren.
Wohl aber gelingt die Neutralisation des Giftes nach 1-stfindiger Ein¬
wirkung bei 37° selbst geringer Mengen (0,05 ccm) des normalen
Serums.
Dieser Versuch wurde vielfach wiederholt und immer wieder ergab
sich, daB normale Sera nur dann giftzerstorend gewirkt haben, wenn sie
l&ngere Zeit in vitro eingewirkt batten, und daB selbst groBe Dosen
ohne EinfluB blieben, wenn das Serum nur kurz einwirken konnte. Der
neutralisierende Grenzwert war bei einigen Ziegen zu verschiedener
Jahreszeit untersucht, fast immer gleich, indem zumeist 0,05 ccm noch
wirken. Auch das normale Pferdeserum enth< ein Antitoxin gegen das
akute Gift, welches ebenfalls erst nach langerer Einwirkung das Gift
neutralisiert. GroBe Dosen (5 ccm) vermochten bei getrennter aber
gleichzeitiger Injektion die Giftwirkung nicht hintanzuhalten und auch
in vitro vermogen 2 ccm des Serums nicht das Gift sofort zu neutra¬
lisieren. Erst nach 1-stundiger Einwirkung in vitro gelingt es in den
meisten Fallen und da schon mit 0,1 und 0,05 ccm Serum, die todliche
Dosis auszugleichen. DaB es manchmal noch l&ngere Zeit zur Neutra¬
lisation des Giftes bedarf als 1 Stunde, ergibt sich aus folgendem
Versuche.
0,1 ccm Ser. (norm. Pferdes.) 4- 1 ccm Gift nach 5 Min. bei 37° intravenos Kaninchen + n. 50 Min.
0»05 ,, ,, „ ,, 1 » >> ,, 15 „ 37 0 „ ,, „ 1 Std.
0,05 ,, „ ,, ,, 4~ 1 ,, „ 1 fetd. ,, 37° „ , f i* », 1 ,,
0,05 „ „ „ ,, 4~ 1 „ ,, ,, 4 Stdn. ,, 37 0 „ ,, lebt
Im Serum der Kaninchen und Schweine ist es nicht gelungen, ein
physiologisches Antitoxin nachzuweisen. Die Untersuchungen mit dem
Serum der Schweine zeigten gleichzeitig, daB das akute Toxin von dem
Vibriolysin verschieden sein muB. Im normalen Schweineserum konnten
wir (Kraus und Clairmont) Antivibriolysine nachweisen; trotzdem
l&Bt dasselbe Serum das Toxin unbeeinfluBt. Ein entgegengesetztes
Verhalten bietet das normale Ziegenserum, indem dasselbe das H&mo-
lysin nicht neutralisiert, wohl aber das akute Toxin. Ganz gleich verh<
sich auch normales Pferdeserum, welches Vibriolysin zu paralysieren
nicht im stande war, wohl aber das Toxin. Nebenbei sei noch erw&hnt,
daB Immunserum von Pferden (Diphtherieantitoxin, Choleraimmunserum)
nicht anders gewirkt hatten, als normales Serum. Diese Versuche, zu-
sammengehalten mit den vorangehenden (mit Immunserum), sprechen
dafiir, daB das normale Antitoxin sich in seiner Avidit&t
zum Gifte vom Immunantitoxin unterscheidet. Das Im-
munantitoxin (Ziege, Kaninchen) neutralisiert sofort
nach Zusatz das Gift, wogegen das normale Antitoxin
langere Zeit zur Neutralisation bedarf. Eine auffallende Er-
scheinung ist nur, daB auch vom Immunantitoxin (Ziegemann) die-
selbe Menge zur Neutralisation notwendig ist, wie vom normalen Serum
vor der Immunisierung. Ein normales Ziegenserum neutralisiert bei-
spielsweise nach 1-stiindiger Einwirkung die letale Giftdosis in
der Menge von 0,1, sowie das Immunantitoxin bei sofortiger Einwirkung
in vitro.
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Kraus, Ueber ein akut wirkendes Bakterientoxin.
495
V ersuch.
0,1 ccm Ziegenser. vor d. Immunisierg. + 0,5 Gift n. 1 Std. bei 37° intray. Kan. lebt
0,05 „ „ + 0,5 Gift f*
Die Ziege wird vom 16. April bis 9. Juni immunisiert und be-
kommt 62 ccm Gift. 7 Tage nach der letzten Injektion erfolgt der
AderlaB.
0,1 ccm Serum + 1,0 Gift sofort intravenos Kaninchen lebt
0>1 >> f> + 1,0 „ „ „ ,, i*
Diese auffallende Tatsache, der wir noch in weiteren Versuchen
(Ziegen) begegnet sind, wurde dahin gedeutet werden konnen, daB das
nor male Antitoxin (das physiologischerweise produziert wird) bei der
Immunisierung nur eine qualitative Aenderung erf&hrt (indem
es aviderwird), aber niclit in groBererMenge produziert wird.
VI.
DaB die Vibriokulturen zweierlei funktionell verschiedene Gifte ent-
halten, geht aus dem Vorangehenden unzweifelhaft hervor. Neben dem
Hamolysin l&Bt sich noch das akute Toxin bestimmt differenzieren. Das
Toxin besteht aber, wie Versucbe lehren, aus verschiedenen Giften, die
nicht ihrer Funktion nach verschieden sind, sondern in der Giftigkeit
fiir verschiedene Tierarten, indem neben dem Gifte fur Kaninchen ein
solches wahrscheinlich fiir Meerschweinchen, Mause etc. im Gesamtgifte
enthalten sein diirfte. DaB eine solche Verschiedenheit des gleichen
Giftes fiir verschiedene Tierarten besteht, konnte bereits Markl (8) in
seiner Arbeit fiber Pesttoxine nachweisen. Markl zeigt, daB durch Er-
hitzung der Filtrate von Pestkulturen auf 70° die Giftigkeit fiir Mause
verloren geht, w&hrend sie fur Ratten, Kaninchen und Meerschweinchen
beibehalten bleibt. Auch Wechsberg (9) ist es in letzter Zeit ge-
lungen, den Nachweis zu fuhren, daB ein bestimmtes Hamolysin vielerlei
hamolytische Gifte fiir Blutkorperchen verschiedener Tiere enthalten
diirfte. Der folgende Versuch spricht auch in dem Sinne, daB das akute
Toxin vielleicht ein Gemenge vieler Gifte sein diirfte.
Versuch an Mausen.
a) 0,5 ccm normales Ziegenserum (enthalt Antitoxin fur Kaninchengift)
+ 0,2 Gift
0,4 „ „ „ + 0,2
0,3 „ „ „ + 0,2
b) 0,2 „ Immunserum -i- 0,2 Gift |
0,3 „ „ + 0,2 „ >1 Stunde bei 37° intraperitoneal, leben
»» I
0,5 „ „ 4- 0,2 __ .
Kontrolle: 0,2 Gift intraperitoneal (2 Mause) + in 24 Stunden
nilLilAJAlU
Jift I 1 Sti
” I Ma
V t
Stunde bei 37°, dann intraperitoneal
Mausen. f in 24 Stunden
Trotzdem das normale Ziegenserum das Gift fur Kaninchen zu
neutralisieren vernaag, sehen wir hier ein vollkommenes Versagen des
Serums selbst nach 1-stiindiger Einwirkung. Nach dem Ausfalle des
Versuches miissen wir annehmen, daB im Gesamtgifte ein Gift
enthalten sein diirfte, welches fur Mause toxisch ist und
gegen welches im normalen Serum kein entsprechendes
Antitoxin vorhanden sei. Durch Immunisierung gewinnt man,
entsprechend der Vielheit der Gifte, ein Immunserum, in welchem auch
ein Antitoxin gegen das Mausegift enthalten ist.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
VII.
Nach den Angaben von Calmette (10) soil Tetanusantitoxin, Lyssa-
serum das Schlangengift neutralisieren. Da einerseits diese Angaben
Heine weitere Nachpriifung in der Literatur gefunden haben und doch
far die Auffassung der Spezifizit&t der Immunsubstanzen wichtig sind,
andererseits die akute Wirkung unseres Giftes an die Wirkung des
Schlangengiftes erinnert, gingen wir daran, ahnliche Versuche mit dem
Antivibriotoxin zu machen.
Zun&chst wurde normales Ziegenserum gepruft, wobei sich ergab,
daB es die todliche Schlangengiftdosis 1 ), ja selbst in Mengen von 0,5 ccm
Serum nach lingerer Einwirkung nicht zu sch&digen vermag. Der gleiche
Versuch wurde mit dem Antivibrioserum ausgefiihrt Das Antivibrioserum
(0,5 ccm) neutralisiert das Schlangengift ebenfalls nicht, sowie umgekehrt
das Schlangengiftserum 0,5 ccm, welches gegen Schlangengift sich als wirk-
sam erwiesen hatte, die todliche Dosis des Vibriogiftes nicht zu sch&digen
im stande ist. Bei der Nachpriifung der Angaben Calmettes gelang
es uns weiter weder mit Lyssaserum (rabizides Serum) von Hunden
noch mit Tetanusserum, das Schlangengift zu neutralisieren. —
Wenn wir das Wesentliche der Arbeit zusammenfassen, so ergibt
sich daraus, daB es ein Bakterientoxin gibt, welches ohne
Inkubationsstadium, ahnlich wie Schlangengift, akut
w i r k t.
Gegen dieses Toxin ist im normalen Serum mancher
Tiere bereits Antitoxin enthalten. Dieses Antitoxin neu¬
tralisiert nur nach lan ge r er Z ei t. Das durch Immunisie-
rung gewonnene Antitoxin dagegen wirkt sofort auf das
Gift neutralisierend. Das Immunantitoxin wirkt auch
kurativ, indem es bei getrennter, aber gleichzeitiger
Injektion das Gift noch zerstort. Die Abschwachung des
Immunantitoxins erfolgt wahrscheinlich in der Weise,
daB die Aviditat des Immunantitoxins abnimmt und sich
damit dem Typus des normalen Antitoxins nahert.
Literatur.
1) Kraus, Wien. klin. Wochenschr. 1901.
2) Kraus und Clairmont, Wien. klin. Wochenschr. 1899, 1901. — Kraus und
Ludwig, ibid. 1902.
3) Metsclinikoff, Roux und Salimbeni, Ann. de I’lnst. Pasteur. 1896.
4) Ransom, Dtsche ined. Wochenschr. 1895.
5) Heymans, Bull, de l’acad. r. de Belg. 1898.
6) Donitz, Arch, de pharmac. et de th&. 1897.
7) Kraus und Lipscniitz, erscheint in der Zeitschr. f. Hyg.
8) Markl, Zeitschr. f. Hyg. 1901.
9) Wechsberg, erscheint im Centralbl. f. Bakt. etc.
10) Calmette, Ann. de l’lnst. Pasteur. 1895.
1) Das Schlangengift und Antitoxin wurden von Herrn Prof. Calmette in liebens-
wiirdiger Weise Herrn Prof. Pa It auf uberlassen.
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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
497
Nachdruclc verboten.
Beitrage zur Biologie des Milzbrandbacillus und sein
Nachweis im Kadaver der grossen Haustiere.
Von J. Bongert,
stadtischem Tierarzt und Lei ter des bakteriologischen Laboratoriums auf dem stadtischen
Schlachthofe zu Berlin.
Mit 3 Tafeln.
Der Milzbrand gehort zu den besterforschten Infektionskranklieiten.
Durch die klassischen, grundlegenden Arbeiten Kochs (1) ist der Ent-
wickelungskreis des Milzbrandbacillus festgestellt worden. Wir wissen,
daB der Milzbrandbacillus im Tierkorper und in geeigneten NabrflQssig-
keiten zu langen F&den auswachst und nach beendigter Vegetation bei
Luftzutritt und einer Temperatur liber 12° C (Weil [2]) Sporen bildet,
welche nach dem Zerfall der Milzbrandbacillen allein zuriickbleiben, je-
doch von neuem zu Stabchen und langen Faden auswachsen, wenn sie
wiederum auf geeignete Nahrbdden gebracht werden Oder in den Tier¬
korper gelangen. Das Stabchen ist die vegetative oder Wuchsform, die
Spore die Dauerform des Milzbrandbacillus. Wahrend die Milzbrand-
sporen auBerordentlich resistent gegen auBere Einfliisse sind, zeigen die
Milzbrandbacillen sich sehr wenig widerstandsfahig und von geringer
Lebensdauer. Durch die Untersuchungen Buchners (3), welche durch
Schreiber (4) bestatigt wurden, sind nun die Bedingungen festgestellt
worden, unter welchen der Milzbrandbacillus Sporen bildet. Buchner
konstatierte, daB dauerndes, gutes Wachstum unter den giinstigsten
Verhaitnissen niemals Sporenbildung hervorruft, plotzliche Hemmung
des Wachstums oder Erschopfung des N&hrbodens nach voraufgegangener
guter Ernkhrung dahingegen zu jeder Zeit schnell und vollstandig
Sporenbildung veranlaBt. Die physiologische Ursache der Sporenbildung
ist in dem eintretenden Mangel an Ernahrungsmaterial zu suchen. Be¬
dingungen zur Sporenbildung sind reichlicher Zutritt von 0, eine
Temperatur liber 12° C und genugende Feuchtigkeit. Einen be-
schleunigenden EinfluB auf die Bildung von Sporen haben Aqua dest.,
2-proz. NaCl-Losung und verschiedene andere Salzlosungen, wie
Schreiber (1. c.) festgestellt hat.
Mit Rucksicht auf die klarliegenden biologischen und morphologischen
Verhaltnisse des Milzbrandbacillus sollte man nun annehmen, daB die
Diagnose des Milzbrandes in jedem einzelnen Falle leicht sei. Trotz
der gut differenzierten morphologischen Eigenschaften des Milzbrand¬
bacillus, die so charakteristisch sind, wie kaum bei einem anderen
pathogenen Mikroorganismus, kann die Milzbranddiagnose unter gewissen
Verh<nissen erhebliche Schwierigkeiten bereiten.
Auf Grund makroskopischer Sektionsmerkmale allein l&Bt sich die
Milzbranddiagnose mit Sicherheit nicht stellen; die endgiiltige Fest-
stellung des Milzbrandes ist stets von der bakteriologischen Unter-
suchung abh&ngig zu machen (Kitt [5]). Die pathologisch-anatomischen
Veranderungen des Milzbrandes sind im groBen und ganzen septi-
kkmischer Natur, wozu noch in der Regel als charakteristisch angesehene
Organveranderungen, die sogenannten Milzbrandlokalisationen, treten.
Da aber diese letzteren, so vor alien Dingen der Milztumor, die blutig-
sulzigen Ergiisse und Oedeme, wenig ausgepragt sein und sogar fehlen
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 32
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498
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
kOnnen, andererseits aber bei alien suffokatorischen Todesarten, welche
mit Milzbrand nicht das Geringste zu tun haben, ein Milztumor mit
teerartiger Bescbaffenheit des Blutes auftreten kann, so bietet der patho-
logisch-anatomische Befund fur sich allein nicht die absolut sichere
Grundlage, welche die Diagnose und die durch dieselbe ermSglichte Be-
kSmpfung einer so wichtigen und weitverbreiteten Infektionskrankheit
erheischt. Es dflrfte somit als ein allgemein gttltiges Gesetz anzusehen
sein, daB die Milzbranddiagnose nur durch den bakteriologischen Nach-
weis des Milzbrandbacillus mit Sicherheit zu erbringen ist. Der Nach-
weis von Milzbrandsporen kommt hierbei weniger in Betracht, da im
nichteroffneten Tierkorper der Milzbrandbacillus wegen Sauerstoffmangels
keine Sporen bilden kann, andererseits die Milzbrandsporen von anderen
Sporen in Gewebsausstrichen nicht zu unterscheiden sind.
Zum bakteriologischen Nachweis der Milzbrandbacillen stehen uns
3 Methoden zur Verfttgung:
1) der direkte Nachweis der Milzbrandbacillen durch Ausstreich-
pr¶te von Blut Oder Gewebssaft;
2) der indirekte Nachweis und zwar a) durch Impfung von kleinen
Versuchstieren, b) durch Anlegen von Plattenkulturen.
Von diesen 3 Methoden hat das Kulturverfahren in praxi bis jetzt
am wenigsten Anwendung gefunden, der mikroskopische Nachweis der
Milzbrandbacillen in gefarbten Gewebsausstrichen am meisten. Die fast
ausschliefiliche Anwendung der letzteren Untersuchungsmethode ist
wohl dadurch zu erkl&ren, daB dieselbe leicht ausfuhrbar ist und in
frischen Fallen der Regel nach zum Ziele fiihrt. Die Diagnose stfitzt
sich hierbei auf den Nachweis von mehr oder weniger zahlreichen
gleichgeformten Stabchen mit den morphologischen Eigenschaften des
Milzbrandbacillus.
Als charakteristische Merkmale des Milzbrandbacillus gelten: die bei
schwacher VergroBerung rechtwinklige, bei starker leicht konvex
erscheinende quere Abstutzung der Einzelglieder (Johne), die Gr6Be
der letzteren, welche als 1,5—3,0lang, 1,0—1,5 n dick angegeben
werden, die geradlinige oder auch bikonvex erscheinende Form des un-
gefarbten Zwischenraumes zwischen je 2 Einzelgliedern und das Vor-
handensein einer Kapsel bezw. Plasmahtllle, welche die Einzelglieder
zu Scheinfaden verbindet und zusammenhalt. Auf den Nachweis der
Kapsel wird besonderes Gewicht gelegt. So leicht nun alsbald nach
dem Tode der mikroskopische Nachweis der Milzbrandbacillen in den
nach den Farbemethoden von Johne (6), Klett (7) oder 011 (8) her-
gestellten Deckglasprfiparaten ist, so schwierig und um so unsicherer ge-
staltet sich derselbe, je groBer der Zeitraum ist, welcher zwischen Tod
des Tieres und Untersuchung liegt Obwohl man sich dieser Schwierig-
keit des mikroskopischen Nachweises der Milzbrandbacillen in faulendem
Material bewuBt ist, verharrte man im allgemeinen dennoch bei der
Ansicht, daB die Untersuchung von gefarbten Gewebsausstrichen fiir
sich allein bei sachgemaBer Wiirdigung der oben erwahnten morpho¬
logischen Eigenschaften des Milzbrandbacillus die genflgende Sicherheit
gewahre, um denselben in einem Gemisch von gleich oder ahnlich ge-
formten Faulnisstabchen herauszuerkennen. Diesen Standpunkt hat man
bis jetzt bei den veterinarpolizeilichen Fest3tellungen des Milzbrandes
als maBgebend angesehen. In den Fallen, in denen infolge vorgeschrittener
Faulnis des Kadavers das Auffinden von Milzbrandbacillen Schwierig-
keiten bereitet, wird die mikroskopische Untersuchung des Blutes aus
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Bongert, Beitrfige zur Biologie deg Milzbrandbacillus etc.
499
einer peripheren Vene, welches weniger leicht der F&ulnis anheimfallt,
empfohlen (Stein bach [13a]), Oder auch die Impfnng kleiner Ver-
suchstiere. Man geht dabei von der Voranssetzung aus, daB bei der
groBen Empfanglichkeit der letzteren fflr die Milzbrandinfektion die
Impfung eine weit sicherer Gewahr bietet fflr eine richtige Diagnose,
wie das gefarbte Ausstrichprflparat. Allein diese Annahme trifft in
vielen Fallen nicht zu. Selbst bei kutaner Impfung, welche zur Ver-
meidung von Septikamie infolge der Faulniserreger empfohlen wurde
(Koch, Eitt [9]), kann das Tierexperiment bei faulendem Milzbrand-
material ein vollkommen negatives Ergebnis liefern, wie des naheren
unten ausgeftthrt wird. Der kulturelle Nachweis der Milzbrandbacillen
durch das Plattenverfahren hat bisher fast nur in den Laboratorien
Anwendung gefunden, da dasselbe fflr die Praxis als zu umstandlich
angesehen wurde. Gegen diese bisher einseitig ausgefflhrte bakterio-
logische Milzbranduntersuchung sind namentlich in letzter Zeit von ver-
schiedener Seite Bedenken erhoben worden. Dieselben beziehen sich
besonders auf die diiferentialdiagnostische Bedeutung der Milzbrand¬
bacillen kapsel.
Zunflchst machte Noetzel (10) darauf aufmerksam, daB die Be-
hauptung Johnes, die sichere Darstellung einer wohlentwickelten
Kapsel unterscheide den Milzbrandbacillus ohne weiteres von alien
Bakterienarten, welche bei der Untersuchung von Tierleichen mflglicher-
weise AnlaB zu Verwechselung mit dem Milzbrandbacillus geben konnten,
einer Einschrflnkung bedflrfe, da man auch bei Fftulnisst&bchen, welche
sich in Kadavern 10—15 Stunden nach dem Tode vorfinden, mit der
Johneschen Farbemethode Kapseln deutlich zur Erscheinung bringen
konne. Man sei daher bei der Unterscheidung der Milzbrandbacillen von
ahnlichen F&ulnisstabchen nach wie vor auf die ttbrigen morphologischen
Eigenschaften des Milzbrandbacillus angewiesen.
Sodann konstatierte Tschernogoreff (11), daB beim Milzbrande
des Pferdes und Schweines an den Milzbrandstabchen Kapseln schwer
darzustellen seien. Dieselbe Beobachtung machte Schmidt (12) beim
Pferdemilzbrand.
Dazu kommt noch, daB in faulendem Kadaver die fflrberische Dar¬
stellung der Kapsel sehr oft nicht gelingt, wie auch Johne und Klett
1. c. angeben. Lflpke (13) warnt davor, „sich bei der Milzbranddiagnose
auf das Resultat der mikroskopischen Untersuchung zu versteifen, weil
es eine spezifische und absolut sichere Farbemethode fflr den Milzbrand¬
bacillus nicht gibt. Da auch eine Reihe anderer Bakterien gleich dem
Milzbrandbacillus eine Plasmahfllle zeigen, lasse bei aiteren Kadavern
die Kapselfarbung haufig im Stiche“. Die Kapseldarstellung ist nach L.
nicht selten der AnlaB zu einer irrtflmlichen Diagnose. Auch Arndt (14)
ist der Meinung, daB trotz der empfohlenen Farbemethoden der Milz¬
brandbacillen Verwechselungen mit Kadaverbacillen moglich seien. Da-
hingegen gelang esSteinbach (l.c.) angeblich in 115 untersuchten Milz-
brandfailen in Ausstrichen von Halsvenenblut stets und in grflBerer
Menge Milzbrandbacillen nach der 011 s chen Farbemethode nachzuweisen.
Obduktion und Probeentnahme erfolgten meist am Tage nach dem
Tode. Jedoch selbst wenn mehrere Tage zwischen Tod und Entnahme
der Blutproben verflossen waren, konnte St. stets Milzbrandbacillen
nachweisen. Es ist jedoch zu berflcksichtigen, daB St. seine mikro¬
skopischen Befunde nicht durch Plattenkultur und Impfung kontrolliert
hat. Johne und Klett (l.c.) konnten gut differenzierte Milzbrand-
32*
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
bacillen mit deutlicher Kapsel in der Regel noch am 4 Tage nach dem
Tode nachweisen. In einem 6 Tage nach dem Tode des Tieres an-
gefertigten Blutausstriche konnte Johne die Eapseln nicht mehr nach¬
weisen ; die Milzbrandbacillen waren schon in Zerfall geraten. In solchem
Falle wfirde, wie Johne bemerkt, die Diagnose des Milzbrandes (sc.
durch Gewebsausstriche) erheblichen Schwierigkeiten begegnen. Klett
vermochte in den Prfiparaten aus dem Blute oder Milzsaft einer 6 Tage
vorher an Milzbrand verendeten Kuh zwischen den zahllosen Ffiulnis-
stkbchen noch Milzbrandbacillen mit scharfer Differenzierung zu er-
kennen. Die von Johne und Klett angestellten Untersuchungen,
wie lange nach dem Tode die Milzbrandbacillen im Kadaver mit Hilfe
der von ihnen angegebenen Farbemethoden nachzuweisen sind, er-
strecken sich, soweit aus ihren Angaben ersichtlich ist, auf exen-
terierte Organe von Milzbrandkadavern. Die milzbrandigen Unter-
suchungsobjekte waren somit offener F&ulnis ausgesetzt, welche
bedeutend langsamer und auch in anderer Weise verlauft, wie die
FSulnis im nicht erfiffneten Kadaver durch anaerobe Bakterien. Die
Resultate der Johneschen und Klettschen Versuche lassen sich somit
ohne Einschr&nkung nicht auf die Verh<nisse in der Praxis iibertragen.
Es geht dieses schon aus einem Versuch hervor, den Klett an einem
an Impfmilzbrand gestorbenen Kaninchen angestellt hat, welches er
bei 30—36° C uneroffnet liegen lieB. 24 Stunden nach dem Tode fanden
sich an den Bacillen deutliche Kapseln vor, nach dieser Zeit waren sie
nicht mehr nachzuweisen. Klett ltLBt es dahingestellt sein, „ob dann
die Milzbrandbacillen ganz verschwunden sind Oder ob nur die Hfille
verloren gegangen und die kernartige Protoplasmamasse zurfickgeblieben
ist“. Diese Frage wire aber leicht durch das Plattenkulturverfahren
zu entscheiden gewesen.
Berndt (15) konnte in einer alsbald nach dem Tode einer an
Milzbrand gestorbenen Kuh entnommenen Blutprobe, welche in einer
verkorkten Flasche bei Zimmertemperatur aufbewahrt wurde, noch am
13. Tage nach dem Tode die Kapseln der Milzbrandbacillen nachweisen
und an den streifigen Kornchenhaufen die Anwesenheit der Milzbrand¬
bacillen diagnostizieren.
Zu einem fihnlichen Ergebnis gelangte Mehrdorf (16) auf Grund
seiner Untersuchungen, wonach die Milzbrandbacillen linger der Ffiulnis
widerstehen sollen, als bisher angenommen wurde. Mit Hilfe der
Klettschen Doppelfarbung will M. in vollst&ndig durchfaulten Massen
noch nach 12 Tagen neben den zahlreichen Bakterien anderer Art die
Milzbrandbacillen auf das bestimmteste nachgewiesen haben. Spfiter (16b)
schrfinkt Mehrdorf seine Ansicht fiber die Zuverl&ssigkeit des Nach-
weises der Milzbrandbacillen durch die mikroskopische Untersuchung
geffirbter Deckglasausstriche bedeutend ein und halt in zweifelhaften
Fallen die Impfung ffir erforderlich. 011 (1. c.) gibt an, daB schon nach
wenigen Tagen, oft schon nach 2mal 24 Stunden der mikroskopische
Nachweis der Milzbrandbacillen unmdglich sein kann.
Sfimtlichen oben genannten Untersuchungen fiber die Tenacitfit der
Milzbrandbacillen im Kadaver bezw. fiber die Dauer der Mdglichkeit
ihres Nachweises durch die mikroskopische Untersuchung ist jedoch
eine strikte Beweiskraft nicht beizumessen, da keiner der Autoren es
unternommen hat, seine auf Grund der subjektiven Wahrnehmung ge-
stellte Diagnose durch Probeimpfung oder noch besser durch das
Plattenverfahren zu kontrollieren. Bei dieser Sachlage und mit Rfick-
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Bongert, Beitrftge zur Biologie des MilzbrandbaciLlus etc.
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sicht auf die in weiten Grenzen schwankenden Angaben fiber die
Dauer der Mfiglichkeit des mikroskopischen Nachweises der Milzbrand-
bacillen im Kadaver schienen mir wegen der Wichtigkeit, welche die Milz-
branddiagnose in veterinfirpolizeilicher Hinsicht erheischt, eingehende
Untersuchungen erforderlich. Es war:
1) nachzuprfifen, wie lange nach dem Tode bei verschiedener Auf-
bewahrung des Milzbrandmaterials der Milzbrandbacillus in den nach
den gebrfiuchlichen Ffirbemethoden von Johne, Eiett (einfache und
Doppelffirbung) und Olt hergestellten Ausstrichprfiparaten mit Sicher-
heit zu erkennen ist, und wie lange dieser Nachweis bei unerfiffnetem
Kadaver gelingt;
2) zu untersuchen, welche von den 3 Untersuchungsmethoden: Aus-
stricbprfiparat, Impfung oder Plattenkultur, zum Nachweise des Milz¬
brandbacillus als die sicherste anzusehen ist;
3) ein Verfahren anzugeben, wie Milzbrandmaterial am zweck-
mfiBigsten behufs spfiteren Nachweises aufbewahrt und versandt wird.
Untersuchungen in der sub 2 angegebenen Richtung liegen, soweit
ich aus der Literatur entnehmen konnte, nur zwei 1 ) vor. Lange (17)
erhielt5 Tage nach dem Tode eines Gerbers zwei in Ffiulnis fibergegangene
Hautstficke zur Untersuchung auf Milzbrand. In Ausstrichprfiparaten
waren Milzbrandbacillen nicht nachzuweisen. In 12 angelegten Platten
konnte keine einzige Milzbrandkolonie oder auch nur milzbrandfihnliche
Kolonieen gefunden werden, wfihrend von 4 geimpften Mfiusen 2 an
Milzbrand starben. Auf Grund dieses Ergebnisses halt L. die Impfung
von Mfiusen ffir „das feinere und schfirfere Reagens auf Milzbrand 11
als die Kultur. Im Gegensatz zu der Beobachtung von L. konnte
C. Fraenkel (18) feststellen, daB gerade beim Milzbrand umgekehrt die
Kultur keineswegs selten noch ein brauchbares Resultat liefert, wo
das Tierexperiment im Stiche lfiBt. Von Proben 5 verschiedener Milz-
brandffille — 3 vom Menschen, je 1 vom Rinde und vom Pferde stammend
— ergab die mikroskopische Prfifung der ungeffirbten und geffirbten
Prfiparate „in keinem einzigen Falle ein einigermaBen sicheres Resultat“.
In 3 Fallen ergab die Plattenkultur ein positives Ergebnis, wfihrend die
Impftiere gesund blieben, in 1 Falle wurde der Nachweis der Milzbrand¬
bacillen durch Plattenkultur und Impfung gesichert, und in 1 Falle
wurde nur durch die Impfung die Diagnose erbracht.
Die Untersuchungen habe ich Mitte Mai 1901 im hygienischen In-
stitut der koniglichen tierfirztlichen Hochschule zu Berlin begonnen und
im Dezember 1902 in dem mir zur Zeit unterstellten Laboratorium auf
dem Berliner Schlachthofe zu Ende geffihrt.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle meinem ehe-
maligen Lehrer und Chef, Herrn Prof. Dr. Ostertag, ffir die Ueber-
lassung des Untersuchungsmaterials und ffir die mannigfachen Anregungen
und das Interesse, welches er dem Fortgang meiner Arbeit stets ent-
gegenbrachte, meinen aufrichtigsten Dank abzustatten.
V ersuchsanordnung.
Zu meinen Untersuchungen standen mir zur Verffigung die Milzen
und in einzelnen Fallen auch die Blutproben von 14 an Milzbrand ge-
1) Wfihrend der Drucklegung erschien in derZeitschr. f. Veterinfirhygiene. Jahrg. I.
Heft 1 u. 2 eine Arbeit von Fischoeder, welche ebenfalls dieeen Gegenstand be-
handelt.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
storbenen groBen Haustieren und zwar von 10 Rindern, 2 Schafen and
1 Ziege. Die Prflfung der Tenacitfit der Milzbrandbacillen im Kadaver
wurde zu gleicher Zeit durcb Ausstrichpraparate, Plattenkultur und
Verimpfung an M&use ausgefiihrt. Um jedoch gleichzeitig einen Auf-
schluB fiber die ZweckmaBigkeit der bisher gebrfiuchlicben Aufbe-
wabrungsmethoden von Milzbrandmaterial bebufs spfiteren Nachweises
zu gewinnen, wurde jedesraal ein Stfick Milz offen stehend, ein zweites
in einer feuchten Kammer und eine genfigende Menge abgestreifter
Milzpulpa in einer zugekorkten Flasche bei Zimmertemperatur an einem
dunkeln Orte aufbewahrt. Aufierdem wurde an mehreren aufeinander-
folgenden Tagen bei steriler Entnahme aus der Tiefe Milzpulpa auf die
Mitte der sterilen Durchbruchsflfiche einer gekochten Kartoffel gebracht
(Verfahren nach Olt) und Kartoffelrohrchen besfit. Jede dieser 4 bezw.
5 Milzbrandproben wurde tfiglich nach den angegebenen 3 Methoden
auf das Vorhandensein von Milzbrandbacillen untersucb't, und jede
einzelne Untersuchungsmethode so lange fortgesetzt, als Milzbrand¬
bacillen durch dieselbe nachzuweisen waren. Von der Impfung wurde
nur in den ersten Fallen und spater noch einmal vergleichsweise Ge-
brauch geinacht, in den weiteren Fallen jedoch davon Abstand genommen,
da sie sich sehr bald im Vergleich zu den beiden anderen Unter-
suchungsmethoden als wenig zuverlassig ffir die Milzbranddiagnose
erwies. Die verschiedentlich vorgenommene Prfifung auf Sporenbildung
der Milzbrandbacillen geschah in der Weise, daB reichlicb Material in
verflfissigten und alsdann auf etwa 60° abgekfihlten Agar fibertragen,
1 Stunde lang auf 70° erhitzt und zur Platte ausgegossen wurde. Da
die Temperatur- und Witterungsverhaltnisse einen bedeutenden EinfluB
auf die Faulnisvorgange im Kadaver und somit auch auf die lfingere
Oder kfirzere Lebensdauer der Milzbrandbacillen ausfiben, so sind zum
besseren Verstfindnis des Ausfalles der einzelnen Versuche in den Ver-
suchstabellen kurze Auszfige aus den offiziellen Wetterberichten ange-
geben. Aus demselben Grunde sind auch die Zeiten, wann die Sektion
vorgenommen wurde und das Milzbrandmaterial zur Untersuchung ge-
langte, festgestellt worden.
1. Der mikroskopische Nachweis der Milzbrandbacillen In Aus-
strichprfiparaten.
Die von dem offen aufbewahrten Ausgangsmaterial, dem Milzstfick
in der feuchten Kammer, von der in einer Flasche aufbewahrten Milz¬
pulpa und von der beschickten Kartoffel tfiglich angefertigten Ausstriche
blieben einige Stunden offen an der Luft liegen, um lufttrocken zu werden,
und wurden dann nach den von Johne, Klett und Olt angegebenen
Verfahren gef&rbt. Diese gebriiuchlichen Farbemethoden bezwecken
hauptsachlich eine deutliche Darstellung der ffir den Milzbrandbacillus
charakteristisch angesehenen Kapsel oder Gallerthfille. Grundbedingung
hierzu und zur Auflosung der Zellverbfinde der Milzbrandffiden in die
Einzelglieder ist, worauf Johne besonders aufmerksam macht, das vor-
sichtige Erwfirmen der schwappend mit Farbstoff bedeckten Deckglas-
praparate fiber der Flamme so lange, bis Dfimpfe aufsteigen. Bei der
011 schen Safraninffirbung ist ein 2—3maliges Aufkochen der Farbldsung
mit nachfolgender etwa 2 Minuten langer Einwirkung derselben erforder-
lich, um eine einigermaBen deutliche Farbung in dem matten Rotbraun
des Safranins zu erzielen. Die Wirkung des notwendigen Erwfirmens
der Farblfisung auf die Darstellung der Gallertkapsel besteht nach Johne
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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
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in einer Quellung derselben infolge reichlicher Aufnahnie von Wasser unter
dem Einflusse der Warme. 1st diese Ansicht richtig, dann muB auch
die Einwirkung von erwarmtem Wasser auf das lufttrockene und fixierte
Praparat vor der Farbung denselben Effekt haben. Das ist jedoch nicht
der Fall. Erwarmt man ein fixiertes und mit Wasser schwappend be-
decktes Milzbrand-Ausstrichpraparat bis zum Aufsteigen von Dampfen
vorsichtig fiber der Flamme, ffirbt alsdann wie gewohnlich ohne Erhitzen
und behandelt es nach dem Ausspfilen kurz mit 2-proz. Essigsfiure, so
wird man sich ttberzeugen konnen, dad ira Gegenteil keine Quellung der
Milzbrandbacillen bezw. ilirer Kapseln eingetreten ist, sondern vielmehr
ein Schrumpfen, ein Zerfall des Zellleibes durch Auflfisung seines In-
haltes. Man sieht leere Kapseln in groBerer Zahl, in welchen hier und
da einzelne Kfirner enthalten sind, aber keine Kapselstfibchen. Das
Prinzip der Kapseldarstellung der Milzbrandbacillen dfirfte somit in
einem intensiven Ffirben mit nachfolgendem schwachem Oder kurz an-
haltendem und aus diesem Grunde nur peripher sich geltend machendem
Entfarben bestehen. Die intensive Farbung erreicht S er a f i n i (19), dem
die Prioritat gebfihrt, zuerst auf das Vorhandensein einer farberisch dar-
stellbaren Kapsel bei den frisch dem Kadaver entnommenen Milzbrand¬
bacillen aufmerksam gemacht zu haben, durch Anilinwasser-Gentiana-
violett, Johne, Klett und Olt durch vorsichtiges Erwarmen oder
Aufkochen der FarblQsung. Die Entfarbung geschieht bei dem von
Serafini angegebenen Verfahren durch Alkohol, bei dem von Johne
mit 2-proz. Essigsaure und bei Klett durch erwarmtes Wasser, welches
durch 8—12maliges Hindurchziehen des abgespfilten und mit Wasser
voll bedeckten Deckglaspraparates durch die Flamme hergestellt wird und
so allmahlich entfarbend auf das gefarbte Praparat einwirken kann. Bei
der Oltschen Safraninfarbung ist eine Entfarbung zur Darstellung der
Kapsel nicht erforderlich; dieselbe markiert sich ohne Entfarbung. Das-
selbe kann man sehr oft bei der gewohnlichen Farbung mit anderen
Farbstoffen beobachten, namentlich bei der Verwendung einer ausgereiften,
alten Lofflerschen Methylenblaulfisung (Heim [21]). Von derGram-
schen Farbemethode habe ich nur ausnahmsweise Gebrauch gemacht, da
bei dieser die morphologischen Eigentfimlichkeiten des Milzbrandbacillus
nicht deutlich hervortreten, und auBerdem verschiedene, dem Milzbrand¬
bacillus ahnliche Faulnisstabchen ebenfalls die Gramsche Farbung an-
nehmen. Bemerken mochte ich nur, daB mir in einzelnen Fallen auch
mit der Gramschen Farbemethode bei kurzer Entfarbung mit Alkohol
die Differenzierung eines intensiv gefarbten zentralen Teiles, des „Kern-
stabchens a , von einer schwach oder ungefarbten Peripherie, Plasmahfille,
welche sich nach auBen durch einen deutlich gefarbten Saum abgrenzte,
gelang. Die Moglichkeit der Darstellung einer Kapsel oder Plasmahfille
mit der Gramschen Farbemethode kann jedoch nicht weiter fiberraschen,
da diese im Prinzip der Serafinischen Methode der Kapseldarstellung
entspricht.
Auf die Einzelheiten der gebrauchlichen Farbemethoden von J ohne,
Klett und Olt einzugehen, erubrigt sich, da diese als bekannt voraus-
gesetzt werden kfinnen. Einen besonderen Vorzug von einer der drei
genannten Farbemethoden, namentlich in Bezug der Kapseldarstellung,
habe ich nicht feststellen konnen.
Wie bereits in der Einleitung angedeutet wurde, bestand bisher die
Ansicht, daB der Milzbrandbacillus im Gegensatz zu der groBen Mehr-
heit der fibrigen Bakterien lediglich nach seinen morphologischen Eigen-
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504 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIY. No. 6.
schaften durch die mikroskopische Untersuchung von Gewebsausstrichen,
die nach einer der bekannten Fsirbemethoden behandelt worden sind,
mit Sicherheit als solcher erkannt werden kann. Man l&Bt also bei der
Milzbranddiagnose allgemein noch die Gestalt des Erregers als sicheres
diagnostisches Merkmal gelten, ein Standpunkt, welcher bei alien anderen
durch Bakterien bedingten Infektionskrankheiten schon lange als un-
zul^ssig erkannt worden ist. Ich erinnere in dieser Beziehung an die
Diphtherie und vor alien Dingen an die Tuberkulose. Es miissen auBer
den morphologischen Eigenschaften noch biologische Merkmale zur
Diagnose herangezogen werden. Diese Ausnahraestellung des Milz-
brandes in der bakteriologischen Diagnostik kann ich in Uebereinstim-
mung mit den bisherigen Beobachtungen auf Grund meiner Versuche
als allgemein richtig nicht ansehen, weil die morphologischen Eigen-
tiimlichkeiten des Milzbrandbacillus im faulenden Kadaver nicht immer
konstant und derart ausgepragt sind, daB er von anderen ahnlichen
Stabchen ohne weiteres unterschieden werden kann.
Die Ver&nderungen, welche der Milzbrandbacillus im faulenden
Kadaver erleidet, konnen mannigfacher Natur sein.
Was zun&chst die Darstellung der Kapsel oder Plasmahiille anbelangt,
so ist unbedingt zuzugeben, daB dieselbe ein wertvolles morphologisches
Merkmal auch fiir die Erkennung der Milzbrandbacillen im faulenden
Kadaver darstellt, allein sie gelingt nicht stets und ist auch nicht aus-
schlieBlich dera Milzbrandbacillus eigentiiralich, wie ich in Ueberein-
stimmung mit Noetzel (1. c.) u. a. raehrere Male feststellen konnte.
DaB beim Milzbrand des Pferdes und Schweines die Darstellung von
Kapseln an den Milzbrandbacillen auch im frischen Kadaver grofie
Schwierigkeiten bereitet und in der Regel nicht gelingt, wurde bereits
hervorgehoben. Ich habe aber auch mehrere Male beim Rindermilzbrand
konstatieren konnen, daB die Kapselfarbung der Milzbrandbacillen schon
viel friiher im StichelieB, wie Johne und Klett (1. c.) angegeben haben.
In Milzbrandmaterial einer Kuh, welches in den ersten 36 Stunden
nach dem Tode noch gute Kapselpraparate lieferte, waren nach dieser
Zeit mit dera Auftreten von Faulnisbakterien mit differenzierter Kapsel
versehene Milzbrandstabchen trotz allermoglichen Muhe nicht mehr
nachzuweisen. In einem anderen Falle gelang der Nachweis von Kapsel-
stabehen in Milzausstrichen von vorneherein nicht, nur einzelne Milz-
brandstabchen zeigten eine undeutliche Plasmahiille, wahrend an der
Mehrzahl derselben eine solche nicht zu erkennen war (No. 5 d. Tab.).
In den Blutausstrichen von demselben Tier waren jedoch Milzbrand¬
bacillen mit deutlicher Kapsel in maBiger Zahl nachzuweisen. Ohne
Zweifel ist die Kapsel Oder Plasmahiille ein integrierender Bestandteil
des Milzbrandbacillus, wie Kern (21) nachgewiesen hat, allein der Nach¬
weis derselben gelingt nicht immer gleich gut, da sie nicht immer gleich-
maBig entwickelt ist. Die mehr oder weniger deutliche Entwickelung
der Kapsel scheint von der Zusammensetzung des Mediums abhangig zu
sein, auf welchem der Milzbrandbacillus gewachsen ist, oder in dem er
sich befindet. Als Beweis hierfiir ist die Tatsache anzusehen, daB in
Serumkulturen die Milzbrandbacillen schone Kapseln zeigen, in Agar-
und Bouillonkillturen jedoch in der Regel nicht oder nur ganz vereinzelt,
wie Haase (22) und Johne (ebenda) nachgewiesen haben, und was ich
bestatigen kann. Aber auch selbst die Milzbrandbacillen derselben Blut-
serumkultur verhalten sich in Betreff des Vorhandenseins einer deutlichen
Kapsel nicht immer gleich. Besonders auffallig konnte ich eine un-
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Bongert, Beitrfige zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
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gleichmafiige Entwickelung der Kapsel an Milzbrandbacillen aus flflssigen
Blutserumkulturen beobachten. W&hrend die Mehrzahl der Milzbrand-
bacillenfaden eine schone, breite Plasmahiille zeigten, erschienen einzelne
Faden oder Glieder derselben kapsellos, ihr Bacillenleib verschmaiert
und auch linger, wie bei den mit Kapseln versehenen Faden. Mit dem
Aelterwerden der Kultur nahm die Zahl der kapsellosen Milzbrandfaden
zu. Vielleicht ist die durch das Wachstum der Milzbrandbacillen bedingte
Ver&nderung in der chemischen Zusammensetzung des Nahrbodens, speziell
die eintretende saure Reaktion desselben, die Ursache des Verlustes der
Bacillenkapsel. Eine ahnliche Ver&nderung in der chemischen Zusammen¬
setzung der Gewebsflussigkeit infolge der F&ulnisvorg&nge muB auch
als die Ursache angesehen werden, dafi der farberische Nachweis der
Milzbrandbacillenkapsel im faulenden Tierkorper mit Zunahme der F&ulnis-
erreger immer schwieriger und zuletzt unmoglich wird. Denn nur diese
Annahme erkl&rt die Beobachtung, dafi in Ausstrichen von Blut aus
peripheren Venen (Ohrvene) Kapselstabchen linger nachzuweisen sind,
wie in Milzausstrichen, da ersteres weniger leicht der Fiulnis anheim-
fallt, wie die Milz und die iibrigen Hinterleibsorgane.
Zu dem zeitweiligen Versagen der farberischen Darstellung der Milz¬
brandbacillenkapsel tritt nun noch die Moglichkeit hinzu, dafi in den
Milzbrandkadavern kurze Zeit nach dem Tode vom Darme aus F&ulnis-
bacillen in die Blutbahn eindringen, an welchen sich ebenfalls Kapseln
zur Darstellung bringen lassen und die auch im flbrigen die grofite
morphologische Uebereinstimmung mit Milzbrandbacillen zeigen konnen.
Ein solcher Nachweis gelang mir nicht nur in Milzbrandkadavern, welche
in Ausstrichpraparaten Milzbrandbacillen nicht mehr erkennen liefien
(Phot 1), sondern auch in anderen Kadavern, die bis zur Vornahme
der Sektion einige Zeit gelegen hatten (Phot. 2). Allerdings sind diese
Kapseln der Faulnisstfibchen nicht so deutlich und schon ausgepragt,
wie man sie in der Regel beim Milzbrandbacillus zu sehen Gelegenheit
hat. Allein auch bei letzterem sind die Httllen nicht immer gleich gut
entwickelt, wie wir oben gesehen haben.
Es ist somit das Vorhandensein einer Kapsel oder Plasmahiille als
ein absolut konstantes und ausschliefilich dem Milzbrandbacillus eigen-
tiimliches Merkmal nicht l&nger anzusehen.
Aufier dem Verschwinden der Kapsel treten nach dem Tode des
Tieres an den Milzbrandbacillen noch andere Ver&nderungen in morpho-
logischer Beziehung auf. Zunachst sieht man von Tag zu Tag die Zahl
der Milzbrandstabchen abnehmen. Die langen Faden, zu welchen die
Milzbrandbacillen nach dem Tode bei giinstiger Temperatur auswachsen
konnen, verschwinden allm&hlich. Die Vermehrung sistiert. Infolgedessen
erscheinen die Milzbrandbacillen vielfach l&nger wie im Anfange, da die
Teilung in 2 Einzelzellen ausbleibt Die Abnahme der Zahl der Milz¬
brandbacillen verlauft parallel mit dem Zerfall der Zellkerne. In dem
Mafie, wie die chromatische Substanz der Zellkerne in eine diffus sich
f&rbende Detritusmasse zerf&llt, nimmt auch die F&rbbarkeit der Milz¬
brandbacillen ab, w&hrend die lebenskr&ftigen F&ulnisbakterien, welche
sich angesiedelt haben, eine satte F&rbung annehmen. Diese schwache
F&rbbarkeit der Milzbrandbacillen im faulenden Kadaver ist, worin ich
Johne (1. c.) zustimme, ein gutes Erkennungsmerkmal gegeniiber der
wegen ihrer Grofie etwa mit diesen zu verwechselnden F&ulnisbacillen.
Mikroskopisch lSfit sich dieser Zerfall der chroraatischen Substanz daran
erkennen, dafi die Deckglaspr¶te von Tag zu Tag zunehmend schw&cher
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Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
geffirbt erscbeinen. Das gleichzeitige Auftreten der kr&ftig sich ffirben-
den Ffiulnisbakterien bebt diese Erscheinung nicht vollkommen auf. Die
geringe Tinktionsfahigkeit der in Zerfall begriffenen Milzbrandstabchen
tritt immer mehr hervor, ja man kann beobachten, daB sie bei dem zur
Darstellung der Kapsel notwendigen Entfarbeu mit 2-proz. Essigsfiure
oder nach der Methode von Klett mit erwarmtem Wasser oft fast voll¬
kommen entfarbt erscheinen. In solchem Falle ist eine einfacbe Farbung
mit Lofflers Methylenblauldsung, wie Heim (I. c.) es angegeben hat,
zweckmaBiger, da man hierdurch eine einigermaBen deutliche Farbung
des Bacillenleibes erreichen und unter Umstinden auch die Kapseln zur
Anschauung bringen kann, welche hierbei eine rosarote Farbung an-
nehmen (Methylenblau medicin.). SchlieBlich sind die Milzbrandbacillen
vollkommen zerfallen und ausgelaugt und nehmen flberhaupt keine Far¬
bung mehr an.
AuBer dieser mehr gleichmaBigen Aufldsung der Milzbrandbacillen
ist noch ein von der Peripherie des Bacillenleibes ausgehender Zerfall
zu beobachten. Im Anfange sehen die Stabchen wie zerfressen aus, sie
farben sich unterbrochen. Dann nehmen sie allmahlich an Dicke ab, so
daB schliefilich nur noch ein schmaler, unregelmaBiger Strich in der
meist deutlich hervortretenden Kapsel als Ueberrest des Bacillenkdrpers
zuriickbleibt. Aber nicht nur am Rande, sondern auch inmitten des
Bacillenkdrpers treten ungefiirbte Liicken auf. Derselbe zerfallt in ver-
schieden groBe Kdrner, die aufgelost Oder aus der Kapsel ausgestofien
werden, so daB schliefilich nur noch die leere Halle flbrig bleibt, in
welcher noch hie und da vereinzelte kleine Granula zu sehen sind. Diese
sogenannten leeren Milzbrandkapseln, welche auch im frischen Milzbrand-
material vereinzelt auftreten kdnnen, nehmen mit dem zunehmenden
Zerfall der Milzbrandbacillen an Zahl zu, bis schliefilich nur noch Kapsel-
ttberreste in Gestalt von feinen Strichen als letzte Andeutungen der
Milzbrandbacillen vorhanden sind (Phot. 3).
Diese Art der Aufldsung der Milzbrandbacillen ist auf osmotische
Storungen zurOckzufOhren und als Plasmolyse zu deuten, als eine Ab-
ldsung des Protoplasmas von der Zellwand unter gleichzeitiger Kon-
traktion und Verdichtung desselben zu verschieden grofien, starker licht-
brechenden und sich intensiver farbenden Kdrnern (A. Fischer [23a])
Den weiteren Zerfall und die Aufldsung dieser Kdrner muB man sich
durch Plasmoptyse zu stande gekommen denken, indem infolge ge-
steigerten Innendruckes in der gequollenen Bakterienzelle jene kornigen
Zerfallsmassen ausgestofien und durch Quellung allmahlich zerstdrt und
aufgeldst werden (A. Fischer [23b]).
Auf die sogenannten leeren Milzbrandkapseln hat zuerst R. Koch (lb)
aufmerksam gemacht und dieselben abgebildet. In den Milzausstrichen
einer an Impfmilzbrand gestorbenen weiBen Ratte befanden sich „neben
dunkelgeffirbten lebensfahigen in demselben Bacillus abgestorbene Glieder,
die sich dadurch auszeichneten, daB sie die Anilinfarben nicht mehr an-
nahmen, etwas gequollen aussahen und fast den Eindruck machten, als
ware es eine ihres Inhalts beraubte Hiille. u
Auch Berndt (15) hat die oben geschilderte Aufldsung der Milz¬
brandbacillen bereits beschrieben. Er konnte noch am 13. Tage nach
dem Tode eine deutliche Milzbrandbacillenkapsel mit der Klettschen
Doppelffirbung nachweisen und glaubt an dem streiiigen Kornchenhaufen,
welche noch die Gestalt der urspriinglichen HQllen der Milzbrandbacillen
aufweisen, Milzbrand mit einiger Sicherheit diagnostizieren zu kdnnen.
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Vagedes, Zur Abhandl. von Krompecher u. Zimmermann in No. 8 dies. Ztschr. 507
Dieser Ansicht, welche sich auf die Beobachtung eines einzigen Versuches
stfltzt, kann ich mich nicht anschlieBen, da dieser AufldsungsprozeB
nicht nur den Milzbrandbacillen, sondern auch vieien anderen Bacillen-
arten, wie A. Fischer (1. c.) festgestellt hat, eigentflmlich ist. Es
kdnnen demnach solche Reste von BakterienhQilen Oder Kornchenhaufen,
die noch die Form von Bacillen aufweisen, ohne weiteres auf das Vor-
handensein von Milzbrandbacillen nicht bezogen werden. Allerdings ist
zuzugeben, daB die leeren Plasmahtillen oder Kapseln von der Form
der Milzbrandbacillen in groBerer Zahl in manchen Fallen einen gewissen
Anhaltspunkt fur die Annahme gew&hren, daB Milzbrand vorgelegen hat.
Jedoch absolut beweisend fur die Richtigkeit der Milzbranddiagnose kann
auch das Vorhandensein von leeren Kapseln aus den oben angegebenen
Griinden nicht angesehen werden. (Fortsetzung folgt)
Nachdruck verboien.
Zur Abhandlung von Krompecher und Zimmermann „Ueber
die Yirulenz der Tuberkelbacillen“ in Bd. XXXIH No. 8
dieser Zeitschrift
Von Dr. Yagedes, Berlin.
Krompecher und Zimmermann haben in der oben genannten
Abhandlung das Ergebnis ihrer Untersuchungen mitgeteilt und sind dabei
zu dem Schlusse gekommen, daB die aus Fallen chirurgischer Tuberkulose
geziichteten Tuberkelbacillenstamme im allgemeinen gleiche Virulenz
haben. Verff. erheben nun gegen meine in Bd. XXVIII d. Ztschr. f.
Hyg. veroffentlichten Versuche, auf Grund deren ich zu dem Schlusse
gelangte, daB die verschiedenen aus menschlichem (Lungen-) Material
geziichteten Tuberkelbacillenstamme sehr verschiedene Virulenz gegen-
flber Kaninchen zeigen, Einwande, unter denen, wie sie sagen, das
„Werk meiner Klassifikation von selbst zusammenbricht“. Allerdings
flberheben mich Verff. durch Mitteilung der Tabellen V und VI auf
p. 599 der Mfihe, diese Einwande im einzelnen zu widerlegen, und sie
sagen selbst, daB diese Tabellen bloB durch Annahme einer verschiedenen
Virulenz zu erkiaren sind. Weiter habe ich in der Tat durch meine
Arbeit nichts nachweisen wollen, und mag man, der Uebersicht wegen,
eine Klassifikation aufstellen, wie ich es getan habe, Oder nicht, genug,
daB es sehr virulente und wenig virulente Tuberkelbacillenstamme gibt,
eine Tatsache, die fOr die menschliche Pathologie ohne Zweifel von
grofier Bedeutung ist.
3 von meinen virulentesten Stammen sind allerdings durch Kaninchen-
passagen gewonnen, aber unter diesen befinden sich 2 Perlsuchtstamme,
die, wie mich weitere Untersuchungen flberzeugt haben, ffir Kaninchen
iiberhaupt sehr virulent sind, 2 andere meiner hochvirulenten Stamme
(M XIII und Fu XXIII) sind aber direkt aus vom Menschen stammen-
dem Materia] geziichtet, und andererseits habe ich mich durch hinreichend
zahlreiche Versuche uberzeugt, daB eine ausgesprochene Virulenzsteigerung
selbst durch 12-malige Kaninchenpassage nicht zu erreichen ist (p. 299
—301 meiner Arbeit). Ein Unterschied in der Virulenz ist ganz kon-
stant, und diesem haben die Autoren scheinbar gar keine Aufmerksam-
keit geschenkt: Die hochvirulenten Kulturen erzeugen bei Impfung in
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originals. Bd. XXXTV. No. 6.
die vordere Augenkammer disseminierte Tuberkulose, wozu die weniger
virulenten nicht im stande sind. Man kann also Tierpassagen von der
vorderen Augenkammer aus nur mit virulenten Kulturen anstellen (p. 285
meiner Arbeit).
Dali ich der Zeit, innerhalb deren ein Versuch beendet war, bin-
reichend Rechnung getragen habe, darauf wies ich bereits in den Be-
merkungen zu der den gleichen Gegenstand behandelnden Arbeit von
Veszpremi hin (No. 9 dieser Zeitschr.).
Auch der individuellen Disposition, auf welche Krompecher und
Zimmermann bei den Versuchen Wert legen, habe ich wohl genflgend
Beachtung geschenkt und (p. 288) ausdrttcklich hervorgehoben, daB die
Toler an z der Kaninchen gegen die Tuberkulose der inneren Organe
eine verschiedene ist, so daB ein Tier schon VerSnderungen erliegt, bei
denen ein anderes noch leidlich gesund erscheint. Aus diesem Grunde
empfahl ich auch, die Tiere nach bestimmten Zeitabsdhnitten zu tdten
und die VerBnderungen der inneren Organe festzustellen.
Krompecher und Zimmermann halten es weiter nicht fttr aus-
geschlossen, daB Mischinfektionen zu Lebzeiten des betreffenden Menschen,
von denen die Kulturen stammen, auf die Virulenz einen EinfluB gehabt
haben. Auf p. 280 meiner Arbeit habe ich dagegen erw&hnt, daB ich
durchg&ngig Falle aussuchte, bei denen der Auswurf frei von Begleit-
bakterien war. Von 2 Fallen, bei denen der Auswurf andere Bakterien auf-
wies, zeigte sich eine Kultur (FI) wenig virulent, die andere freilich (V. II)
erheblich virulenter. Bei alien iibrigen Fallen hat gar keine Misch-
infektion bestanden, besonders nicht durch Streptokokken, die der mikro-
skopischen und kulturellen Untersuchung sicher nicht entgangen wkren.
Nach wie vor muB also daran festgehalten werden, daB auch bei
den Tuberkelbacillen menschlicher Lungentuberkulose ganz erhebliche
Virulenzunterschiede bestehen, die fur den klinischen- Verlauf des Falles
und seine Infektiositat, sagen wir Gemeingefahrlichkeit, von der groBten
Bedeutung sein konnen.
Auf jede subtile Klassifikation der Virulenz kann man meiner
Meinung nach dieser wichtigen, von mir zuerst festgestellten Tatsache
gegeniiber ruhig verzichten.
Als nebensachlich will ich flbrigens noch bemerken, daB mir Verff.
zu Unrecht vorwerfen, ich habe einen Tuberkulosestamm (XXIV. S. Z.
No. 55 u. 56 meiner Liste) einmal der II., ein anderes Mai der III. Virulenz-
klasse zugezahlt. Ich sage p. 293 ausdriicklich: „Die II. Klasse mittlerer
Virulenz umfaBt diejenigen. die in einer Menge von ’/* mg injiziert,
zwar zahlreiche Knoten in den Lungen, aber nicht in den iibrigen
inneren Organen verursachen, oder die zu 5—10 mg in die Blutbahn
gebracht, eine allgemeine Miliartuberkulose verursachen“, und „zur
III. Klasse endlich rechnen die StBmme, von denen */« mg nur zu
sparlicher Knotenbildung in den Lungen Oder eine grSBere Menge
— bis 10 mg — zu reichlicherer Knotenbildung, aber nur in den Lungen,
Veranlassung gibt u . In No. 55 hat nun die Kultur XXIV zu */« m 8
injiziert, zahlreiche Knoten in den Lungen erzeugt, wahrend die
iibrigen Organe makroskopisch frei waren, in Versuch No. 56 zu 10 mg
Starke allgemeine Tuberkulose verursacht. Folgerichtig habe ich diesen
Stamm also der II., aber nie der III. Klasse zugerechnet. Doch ich
erwahnte schon, daB ich mich nie an die Klassiiikation klammern wtirde,
die ich nur deshalb gab, um die Uebersicht zu erleichtern.
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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc.
509
Nachdruck verboten .
TJeber die Aetiologie von „Ekiri“, einer eigentiimlichen,
sehr akuten, ruhrartigen, epidemiscben Kinderkrankheit
in Japan').
Von Dr. Sukehlto Ito aus Fukuoka (Japan).
Einleitung.
In Japan, besonders auf Kiushiu (Insel) und in Nagoya (Stadt),
herrscht seit langer Zeit, wohl seit mehreren Hundert Jahren, eine eigen-
tfimliche Kinderkrankheit, welche sehr akut verl&uft. Daher wird die
Krankheit auf Kiushiu im Volksmunde „Kuisho“ — das bedeutet akute
Erkrankung — und in Nagoya von den Leuten „Hayate“ (Orkan) ge-
nannt *). Wir sehen also, daB, venn auch an den beiden r¨ich weit
entfernt liegenden Orten vom Volke ffir dieselbe Krankheit ein anderer
Ausdruck gew&hlt wurde, derselbe doch in beiden Ffillen das bezeichnet,
was dem Laien am augenffilligsten an der Epidemie erscheint Als
medizinischer Ausdruck aber wird der Name „Ekiri“ (d. h. epidemische
Ruhr) von den meisten Autoren gebraucht, weil die Krankheit einen
ruhrartigen und epidemisch auftretenden Charakter hat, wie ich unten
weiter kennzeichnen werde.
Die Krankheit ergreift fast nur Kinder, ausnahmsweise Erwachsene ;
ich habe unter fiber 300 Fallen nur 3mal „Ekiri“ bei Erwachsenen be-
obachtet. Weil die Krankheit „Ekiri“ nicht nur vom Verfasser, sondern
auch von alien flbrigen Autoren (z. B. hat Murao unter 105 Fallen
nur 2 Faile bei Erwachsenen gesehen) nach der japanischen Literatur
fast ausschlieBlich bei Kindern beobachtet wird, so wird diese Krank¬
heit seit langen Jahren ffir eine spezifische Kinderkrankheit gehalten.
Das am meisten ffir diese Krankheit disponierte Alter ist 4—6 Jahre.
Je alter die Kinder sind, desto weniger sind sie daffir disponiert; und
wenn sie schon das 13. Jahr erreicht haben, so leiden sie so selten
daran, wie die Erwachsenen. Auch Sauglinge werden sehr selten von
„Ekiri“ ergriffen; bei Kindern unter 10 Monaten ist diese Krankheit
noch niemals beobachtet worden.
Die Krankheit herrscht epidemisch am Ende des Sommers und am
Anfang des Herbstes; aber sie kommt im Hochsommer und selbst auch
im kaltesten Winter vor, d. h. eigentlich zu alien Jahreszeiten ohne Aus-
nahme. DaB „Ekiri“ infizierbar ist, wird durch die Tatsache bewiesen,
daB mehrere Individuen derselben Familie hintereinander daran er-
krankten, was von vielen Autoren und von mir selbst beobachtet wurde.
Was die klinischen Erscheinungen und pathologisch-anatomischen
Verfinderungen anlangt, so mochte ich nur die wichtigeren kurz 8 ) er-
w&hnen:
Bisher scheinbar ganz gesunde Kinder bekommen plotzlich Fieber
und gleichzeitig 1 —2malige Stuhlentleerung von weicher Konsistenz mit
unverdauten Nahrungsresten. Zunfichst tritt hohes Fieber ein, gewohn-
lich fiber 40, selbst bis 42 0 C, und schleimige Stfihle, haufig mit kleinen
1) Diese Arbeit ist auch in Kitasatos Zeitschr. f. Bakt. japanisch publiziert.
2) Ueber die Identitat der Kuisbo und Hay ate vergl. die Arbeit von Otsuki.
3) Genaueres habe ich schon in japanischen meaizinischen Zeitschriften ver-
offentlieht.
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510
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 6.
Mengen Blut gemischt; die Stuhlgange sind in der Regel nicht frequent
und ffihren keinen Tenesmus’) herbei. In diesem Stadium kommt Kon-
vulsion als fast konstante Erscheinung vor, welcher Koma folgt. (Bei
alteren Eindern fehlt die Konvulsion meist, aber Koma tritt immer auf.)
Die Krankheit verlftuft sehr akut und die Kinder gehen gewfihnlich
in 20—24 Stunden nach dem Ausbruch der Krankheit zu Grunde, in
den akutesten Fallen aber schon binnen 10 Stunden. Selbst relativ
chronisch verlaufende Falle, welche sehr selten zu unserer Beobachtung
kommen, dauern hfichstens 3—4 Tage. Wenn die Krankheit gttnstig
verlfiuft, so heilt sie nach wenigen Tagen ganz ab. Wirjdich chronische,
d. h. wochenlang dauernde Formen, sind wohl auCerst selten; ich wenig-
stens habe keinen einzigen solchen Fall kennen gelernt.
Die Prognose ist eigentlich nicht gtinstig; frtiher erlag fiber die
Hfilfte der Patienten der Erkrankung. In den letzten Jahren ist die
Prognose jedoch, wegen der Fortschritte der medizinischen Wissen-
schaften, viel gfinstiger geworden, doch betrfigt die Mortalit&t der Kranken
immer noch fiber 30 Proz.
Resumiert man die Hauptsymptome von „Ekiri“, so ergibt sich fol-
gendes:
1) ganz plfitzlicher Eintritt der Krankheit, 2) hohes Fieber (meist
fiber 40° C), schleimige Stfihle (hfiufig mit Blutbeimengung, sehr selten
Tenesmus), 4) Krampf, dann Koma (bei alteren gleich Koma ohne vor-
ausgehenden Krampf) und 5) Tod durch Herzlahmung, nicht durch Kollaps.
Die pathologissh-anatomischen Befunde sind relativ mangelhaft, weil
bis jetzt nur 99 Falle (darunter 3 vora Verfasser) seziert sind. Die
Veranderungen, welche von alien Autoren angegeben sind, stimmen je¬
doch fast ganz fiberein, und zwar sind sie nichts anderes als akute und
hochgradige Enteritis follicularis.
Ueber die Genese dieser Krankheit mit den oben genannten klini-
schen und pathologisch-anatomischen Charakteren haben die Autoren
verschiedene Ansichten. Manche glauben, daB „Ekiri tt nichts anderes als
akute Dysenterie bei Kindern sei; sie betonen hierbei eine gewisse
Aehnlichkeit der Symptome beider Krankheiten, und zwar hauptsachlich
die schleimigen Stfihle 8 ) und auBerdem die Tatsache, daB mit der
„Ekiri u -Epidemie nicht selten eine Dysenterieepidemie zugleich auftritt.
Andere aber, z. B. Hirota und Segawa, halten wegen der patho¬
logisch-anatomischen Befunde und unter noch genauerer Beobachtung der
Symptome und des Verlaufes der Krankheit „Ekiri“ ffir eine Art von
Enteritis follicularis. Entschieden ist aber dieser Streit bis jetzt noch nicht.
Um die Frage zu beantworten, ob „Ekiri“ mit der Dysenterie, welche
in Japan herrscht, und als deren Erreger Shigas Dysenteriebacillus (1897)
von fast alien Autoren in Japan mit Recht angenommen wird, identisch
ist oder nicht, mfissen aufier klinischen und pathologisch-anatomischen
Forschungen auch noch fitiologische resp. bakteriologische Unter-
suchungen gemacht werden. Segawa hatte 1897 zuerst die Stfihle von
Ekirikranken bakteriologisch untersucht; er hatte aber keine pathogenen,
als Erreger annehmbare Mikroorganismen darin gefunden. Er konnte
daher bakteriologisch diese Krankheit nicht von der Dysenterie unter-
scheiden; denn Shigas Entdeckung war damals noch nicht verfiffent-
1) Tenesmus kommt nur ausnahmsweise vor.
2 ) Nach meiner Erfahrung ist es in den meisten Fallen mdglich, die Beechaffenheit
der Stiihle bei der Krankheit zu differenzieren.
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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc.
511
licht. Ich selbst habe im April 1898 eine eigentfimliche pathogene
Bakterienart in den Stfihlen von Ekirikranken gefunden, welche von mir
fur den Erreger der „Ekiri u gehalten, „Ekiribacillus a genannt wurde.
Auf dem medizinischen KongreB in Kiushiu ist das Resultat raeiner
Untersuchungen veroffentlicht worden. Es ist durch spatere Arbeiten
anderer Autoren 1 ) und durch weitere Studien vom Verfasser seitdem
immer wahrscheinlicher geworden, daB der sogenannte „Ekiribacillus tt
wohl als der Erreger der „Ekiri u anzusehen sei und daB folglich „Ekiri a
eine ganz andere Krankheit als Dysenterie ist. Ich mdchte nun Naheres
daruber angeben.
Kapitel I.
Untersuchung fiber die Ueb ertragbarkei t des im Stuhl
von Ekirikranken enthaltenen Giftes.
Ich habe oben bereits an klinischen Symptomen und durch patho-
logisch-anatomische Verfinderungen nachgewiesen, daB „Ekiri tt zweifellos
eine Darmkrankheit ist, und zwar eine epidemisch auftretende, und nach
den Erfahrungen vieler Autoren wie auch nach meinen eigenen ist
„Ekiri tt sogar mit grofier Wahrscheinlichkeit als eine Infektionskrank-
heit anzusehen. Daher vermutete ich, daB wohl irgend ein Krankheits-
erreger im Darmtraktus lokalisiert sei und mit den Stuhlgfingen ent-
leert wttrde. Diese Annahme zu bestfitigen, hatte ich mit dem Stuhl
eines Ekirikranken verschiedene Tiere gefuttert, wfihrend ich gleichzeitig
bemfiht war, in demselben Stuhl gewisse, als Krankheitserreger annehm-
bare pathogene Mikroorganismen zu entdecken. Dieser Stuhl stammt
von einem Kranken, dessen Geschichte ich in Kfirze mitteile:
Krankengeschichte:
M., 10-jahriger Knabe.
Anamnese: Am 12. Marz 1898 nachts bekam der Knabe plfitzlich hohes Fieber,
Diarrhoe bis zum nachsten Morgen fiber lOmal. Beschaffenheit der Stfihle und Vor-
handensein von Tenesmus waren unklar. Ein Arzt hatte Kalomel verordnet; bis 4 Uhr
naehmittags desselben Tages lOmal Stuhlgange ohne Tenesmus. Die Stfihle waren
griinlich, blutigschleimig und mit einer relativ grofien Menge gelblichbrauner, klarer
Flfissigkeit (seros). Am nachsten Morgen wurde der Puls sehr klein und schwach;
leichte Konvulsion. Um 4 Uhr nachmittags hatte Verfasser den Kranken untersucht.
Status praesens: MittelmaBige Konstitution, blaB, soporoe. Puls schwach, klein,
frequent, 150—100 in der Minute. Bauch uberall weich, keine resistente Stelle. Korper-
temperatur 30,5 0 C.
Verlauf: Als Behandlung sogleich Ausspulung des Darraes mit grofien Mengen
(fiber 20 1) lauwarmen Wassers. Nach der Ausspfilung bis zum nachsten Morgen 6mal
schleimige Stfihle, aber nicht mehr mit Blutbeimengung. Puls kaum krSftiger ius frfiher,
140—150 in der Minute. Bewufitsein klarer, aber nicht ganz normal. Temperatur
38,5° C.
Ausgang: Nach einigen Tagen vollstandig geheilt.
Anmerkung: Weder in der Stadt, wo der Kranke wohnte, noch
in deren Umgebung herrschte eine Dysenterieepidemie. Der Kranke
reiste auch niemals.
1) Otsuki, Assistent an der Universitats-Kinderklinik zu Tokyo, hat unter der
Leitung des Direktors, Prof. Hirota, die atiologische Erforschung der Ekirikrankheit
in Nagaya — wo Ekiri „Hayate tt genannt wird — untemommen. Er fand in mehreren
Ekirifallen immer denselben pathogenen Bacillus, welcher mit meinem EkiribaciUus in
alien Punkten fibereinstimmt, und sehr wahrscheinlich mit ihm identisch ist. Otsuki
bestatigte schliefihch meinen Bacillus als Ursache der Ekirikrankheit und wies ferner
die Identitat von n Ekiri auf Kiushu tt und „Hayate in Nagoya <( , nachdem seit langer
Zeit schon von fast alien japanischen Klinikem beide Krankheiten, Ekiri und Hayate,
ffir identisch gehalten worden waren, bakteriologisch und atiologisch nach.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 6.
Tierexperiment:
1) Hahn (a), Korpergewicht 620,0 g. 15. Marz 1898, 11 Uhr vormittags, 3 Platin-
osen des schleimigen Stuhls dee Ekirikranken mit Reis zusammen gefiittert.
Verlauf: 16. Marz 1898, l L9 Uhr vormittags untersucht. Tier ist matt. Seit der
letzten Nacht 9mal Diarrhoe; die Stiihle, besonders die alteren, sind fast rein schleimig
und innig mit Blut von grower Menge gemischt; nur fleckenweise sind ganz sparliche
Kotmassen beigemengt. Die frischen Stiihle bestehen auch grotitenteils aus Schleim
mit Blutflecken.
Ausgang: Nach kurzer Dauer dieser Erscheinungen ganz geheilt.
2) Hahn (£), Korpergewicht 720,0 g. 18. Marz 11 Unr vormittags, hanfkorngrofie
Masse von blutig-schleimigem Stuhl, welchen der erste Hahn entleert hatte, mit Reis
gefiittert.
Verlauf: 19. Marz 9 Uhr vormittags untersucht. Seit der letzten Nacht 3—4mal
Diarrhde, wasserig und sehr reichlich, mit mafiiger Menge von Schleim und wenigem Blut.
Ausgang: Nach kurzem geheilt.
3) Meerschweinchen [No. 5 *)], Koroergewicht 560,0 g.
15. Marz 7*3 Uhr nachmittags, 3 Platinbsen voil Schleim vom Stuhl dee Kranken
mit „Tofukasu“ (einer japanischen, aus Bohnen bereiteten Speise) gefiittert.
Verlauf: 16. Marz 7*9 Uhr vormittags untersucht. Das Tier ist aufierordentlich
matt und hockt in einer Ecke des Stalles. Notigt man das Tier durch Stoflen oder
Schlagen mit einem Stock zur Bewegung, so kriecht es nur mit den vorderen Extre¬
mity ten und schleppt die hinteren (motorisch total gelahmten) nach. Um V,6 Uhr
abends aber hat sich die Lahmung der hinteren Extremitaten scnon gebessert und das
Tier ist im allgemeinen lebhafter geworden.
Ausgang: Allmahlich geheilt.
4) Kaninchen, Korpergewicht 2980,0 g. 15. Marz vormittags, 3 Platindsen voil
Schleim vom Stuhle des Kranken mit Speise aus Bohnen gefiittert.
Verlauf: 7*10 Uhr nachmittags untersucht. Stuhl weicher ala normal, d. h. Kot-
masse nicht einzeln entleert, sondern 7 oder 8 Stiicke rosenkranzartig aneinander ge-
hangt. Sonst keine merklichen Veranderungen.
^Nach diesen Resultaten kann man wohl mit Recht annehmen, daB
irgend welche giftigen Stoflfe resp. gewisse pathogene Mikroorganismen
in den Stiihlen der Ekirikranken enthalten sein mussen; denn die Er-
gebnisse der Experimente mit den Hahnen lassen die Tatsache der In-
fektion von Mensch zu Tier und von Tier zu Tier erkennen.
Kapitel II.
Isolierung des Ekiribacillus.
Ehe ich die kiinstlichen N&hrboden mit dem schleimigen Stuhl des
im vorigen Kapitel bezeichneten Ekirikranken infizierte, um spezifische,
pathogene Mikroorganismen darin zu finden resp. zu isolieren, hatte ich
denselben mikroskopisch untersucht. Die vielen mikroskopischen Pra-
parate, welche mit verschiedenen Anilinfarbstoffen gef&rbt waren, zeigten
fast nur Bacterium coli khnliche Bakterien; sie sehen aus wie Rein-
kulturen. Aber die Anzahl der Bakterien in dem einzelnen Pr¶t
war nur relativ sparlich. Amdben hatte ich nicht wahrgenommen.
Nach diesem Befunde vermutete ich, daB die spezifischen Krank-
heitserreger von „Ekiri a vielleicht eine Art von C o 1 i - Bacillen seien ;
deshalb hatte ich gehofft, analog der Isolierungsmethode des Typhus-
bacillus in dem Stuhl des Typhuskranken, auch pathogene Bakterien im
Ekiristuhl zu finden.
Ich habe eine Portion (eine Oese voil) des Schleims vom Ekiristuhl
in den schrag erstarrten Agarn&hrboden infiziert und aus dem Original-
r5hrchen der Reihe nach eine 5malige Verdtinnung vorgenommen. Die
6 infizierten Rbhrchen wurden in den Brutschrank gestellt und nach
24 Stunden wieder untersucht.
1) Vergl. Kapitel III „Tierexperiment“ mit Ekiribacillus.
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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc.
513
Die Entwickelung der Kolonieen auf der Oberfl&che jedes Nahr-
agars entsprach der Verdiinnung. In der dritten Verdflnnung ent-
wickelten sich 12 Kolonieen, nach deren makroskopischer und mikro-
skopischer Untersuchung ich alle Kolonieen fflr zum Coli-Bacillus ge-
horige Bakterien halten mufite.
Jede der 12 Kolonieen hatte ich in 3 verschiedene Nahrbdden ge-
impft, nkmlich: Bouillon- (mehrere Rohrchen), Milch- und Traubenzucker-
agar-Cylindernahrbbden. AuBerdem hatte ich jede Bouillonkultur, nach-
dem sie 24 Stuuden lang im Brutschrank gestanden, zu Tierexperimenten
verwendet, um den eventuellen Giftgehalt einzelner Bakterienarten zn
untersuchen, resp. um pathogene Bakterien im Ekiristuhl festzustellen.
Bei diesen Tierexperimenten erzielte ich nur in einem Fall ein
positives Resultat, welches ich in dem entsprechenden Kapitel (IV) er-
kl&ren werde. Die C o 1 i ahnlichen Bakterien dieses Falles, welche unter
den 12 Kolonieen allein pathogen waren, habe ich voriaufig als die spe-
zifischen Krankheitserreger der „Ekiri“ angenommen und die Morphologie,
ihr Verhalten auf kiinstlichen Nahrboden, die pathogenen Eigenschaften
fflr verschiedene Tiere und die Widalsche Reaktion derselben weiter
studiert. Die Resultate mochte ich weiter unten schildern.
Kapitel III.
Morphologie und Eigenschaften des „Ekiribaci 11 us
1) Morphologie. Der „Ekiribacillus“ ist ein kurzes, plumpes StSb-
chen mit abgerundeten Enden, welches gewohnlich einzeln liegt, zu-
weilen jedoch auch- paarweise auftritt. Beide Enden farben sich durch
Methylenblau intensiver als das MittelstUck und sehen dann oft wie ein
Diplococcus aus.
GeiBeln konnte ich nicht farben.
2) Farbung. Mit alien Anilinfarbstoffen gut farbbar. Vom 3. Tage
ab (nach Verpflanzung auf den Agarnahrboden) wird die Farbbarkeit
der Bacillen schwacher. Da die jungsten Bacillen intensiv gefarbt sind,
je nach dem Alter aber der Grad der Farbung abnimmt, so zeigen die
Deckglaspraparate aus der Reinkultur auf dem Agarnahrboden ungleich-
mafiige Farbung der einzelnen Bacillen.
3) Grams Methode. Negatives Resultat.
4) Bewegung. Lebhafte Eigenbewegung (lebhafter als Coli-Bacillen).
5) Sporen. Nicht gebildet.
6) Gelatinenahrboden. Nicht verflflssigt.
7) Verhalten bei verschiedener Temperatur. Bei Zimmertemperatur
(18—20° C) gute, bei Bluttemperatur bessere Entwickelung.
8) Gelatineplattenkultur. Schon nach 24 Stunden haben sich makro-
skopisch sichtbare Kolonieen gebildet. Die Kolonieen auf der Ober-
flache sind rundlich, gianzend und feucht wie Tautropfchen. Unter dem
Mikroskop zeigt die Kolonie rundliche Form mit zwar regelmafiigem
aber verschwommenem Rande; der Inhalt ist granuliert.
Die jungen Kolonieen sind farblos, aber parallel mit ihrer Entwicke¬
lung werden sie gelblich und endlich braunlich gelb.
9) Bouillonkultur. Nach 24 Stunden ist die ganze Fliissigkeit ge-
trflbt und mehr oder weniger mit einem Bodensatz von weifien Flecken
versehen. Auf der OberMche der Fliissigkeit bildet sich ein zartes,
weiBlichgraues Hautchen.
10) Peptonwasser. Schon nach 24 Stunden geprflft, aber nicht so
Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV. 83
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514 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
deutlich wie bei der Bouillonkultnr. Sp&ter, vora 3. Tage an, dentliche
Triibung.
11) Strichkultur auf der Oberflache des N&hragars. Nach 36 Stunden
entwickeln sich rundliche, weiBe, feuchte, transparente, bei durch-
fallendem Licht mehr oder weniger blSulich schimmemde Kolonieen. Die
jiingeren sind Tautropfchen vergleichbar.
12) Strichkultur auf schrag erstarrtem Nahragar. Nach 24 Stunden
entwickelt sich die Kolonie bandformig. Sie ist weiB, feucht, trans¬
parent; die dunne Schicht am auslaufenden Ende sieht bei durchfallen-
dem Licht mehr oder minder blaulich aus. Oft entwickeln sich Gase
und zerreiBen den Nahrboden.
13) Gelatinestichkultur. Der Stichlinie entlang entwickeln sich die
Kolonieen und zeigen eine grauweiBe Linie.
14) Traubenzuckeragar - Cylinderstichkultur. Die Kolonieen sind
denen der Gelatinestichkultur ahnlich. Gasentwickelung ist stark.
15) Kartoffelkultur. Es bildet sich eine gelblich-braune Membran.
16) Indolreaktion. Tritt auffallend spater auf als beim C o 1 i -Bacillus,
wie folgende Resultate beweisen:
1. Versuch: Bouillonkultur bei Zimmertemperatur.
Nicht pathogene
Verlauf
Ekiribacillus
Colibacillus
Coliart im Ekiri-
stuhl
Am 2. Tage
keine Reaktion
keine Reaktion
keine Reaktion
4
r> n
>1 71
sehr schwache R.
>> 77
„ 6.
wenig braunlich-rot
schone violette
Farbe wie Veilchen
77 77
»i 7. ,,
hellrot
tief violett
77 77
)) 8. „
rot
V 71
77 77
v 9. „
hell purpurrot
77 77
77 77
„ 40. „ ,
tief „ I
| —
2. Versuch: Bouillonkultur bei Blu ttemperat ur.
Nach
Ekiribacillus
Colibacillus
24 Stunden
keine Reaktion
schwach hellrot
48 „
77
hellrot
72 „
schwach hellrot
violett
90 „
hellrot
tief violett
3. Versuch: Pcptonwassserkultur bei Bluttemperatur.
Nach | Ekiri bacillus Colibacillus
24 Stunden
48 „
72 „
96 „
120 „
keine Reaktiou wenig rotlicher als das Wasser
kaum rotlicher als das Wasser hellrot
mehr oder weniger rotlich als rotlich
das Wasser
schwach hellrot violett
hellrot, und zwar genau wie tief violett
eine 48-stiindige Colikultur
Anmerkung: Bei der Bouillonkultur wird die Farbe der Reaktion nach dem Ver¬
such allmahlich blasser. Bei Pepton wird die Farbe dagegen immer intensiver.
17) Milchkultur. Der „Ekiribacillus“ lafit den Milchnahrboden nie-
mals gerinnen, wenn er auch mehrere Wochen lang im Brutschrank ge-
standen, oder bei Zimmertemperatur aufbewahrt war, wahrend Coli-
Bacillen diesen Nahrboden (zur Kontrolle) ausnahmslos nach einigen
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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc.
515
Tagen gerinnen lassen. Diesen Versuch habe ich vielmals wiederholt
und immer dieselben Resultate bekomraen.
Ich stelle zum SchluB dieses Abschnittes die oben angefuhrten
Eigenschaften des „Ekiribacillus“ tabellarisch zusammen und gebe zur
klaren Uebersicht und zum Zwecke des Vergleiches die Beobachtungen
an anderen ahnlichen Bacillen daneben:
Eigen-
bewegung
| Gas-
entwickelung
Indol-
reaktion
Milch-
gerinnung
Ekiribacillus
lebhaft
+
+ (auffallend
spat, auftretend)
—
Colibacillus
mafiig
+
+
+
Dysenteriebaciilus Shigas
Typhu8bacillus
trage
lebhaft
—
Kapitel IV.
Tierexperiinent.
1. Versuch. Maus.
Nummer der
Tiere
No. 1
No. 2
No. 3
No. 4
No. 5
Bacillenarten
Ekiribacillus
Ekiribacillus
l
Colibacillus
Colibacillus
Toxin vom
Ekiribacillus
Alter der
3. Tag nach
3. Tag
n. d. Z.
n"d T I
3. Tag
n. d. Z.
20 Minuten lang
Bouillon¬
kultur
der Ziichtung
unter 60° C ge-
halten
In die Bauch-
hohle einge-
spritztes
Quantum
0,1 ccm
0,2 ccm
0,1 ccm
0,2 ccm
0,1 ccm
Resultat
Tod nach
41 Stunden
Tod binnen
40 Stunden
kein Einflufi
kein EinfluB
am nachstenTage
hintere Extre-
mitaten moto-
risch gelahmt u.
Lauffahigkeit .
geschwunden.
Vom 3. T. all-
mahhch erholt
Pathologisch-
anatomischer
Befund
Eingespritzte Stelle hvper-
iimisch infiltriert; kleine
Menge von seroser Flussig¬
keit m der Bauchhohle. Im
Blut Ekiribacillus nachge¬
wiesen.
2. Versuch
h s. p. 516.
3. Versuch. Kaninchen (Korpergewicht 1020,0 g)
2,0 ccm einer 4 Tage alten Bouillonkultur des Ekiribacillus wurden in die Bauch-
hohle des Kaninchens eingespritzt. Das Tier war nach 17 Stunden tot. Bei der
Sektion sah man eine mittelmaBige Menge von seroser Flussigkeit und reichlichen,
griinlichen Schleim im Dickdarm. In der serosen Flussigkeit, Leoer, Milz und im Blut
wurden zahllose Ekiribacillen nachgewiesen. (Segawa hatte mit 20,0 ccm Bouillon¬
kultur vom Coli-Bacillus, welcher aus Ekirikranken stammte, am Kaninchen Versuche
gemacht; das Tier war gesund geblieben.)
4. Versuch. Hahn.
1,0 ccm Bouillonkultur des Ekiribacillus, die 2 Tage alt war, hatte ich mit der
Sonde (Katheter) in den Magen des Hahnes eingefiihrt. Er bekam in der Nacht mehrere
Male Diarrhoe in reichlicher Menge. Am nachsten Tage totete ich ihn. Bei der Sektion
konnfce ich allgemeine Hyperamie der Schleimhaut des Dickdarmes und sogar deutliche
Katarrherscheinungen nacnweisen.
33*
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Imraunitat gegen den Ekiribacillus.
516
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
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2. Versuch. Meerschweinchen (Korpergewicht etwa 400,0 g).
Bobc, Lea Epitheliomas parasitaires. La clavelde et l’Epithdlioma claveleux. 517
5. Versiich. Taube.
1,0 ccm 4 Tage alte Bouillonkultur des Ekiribacillus wurde in die Bauchhohle der
Taube injiziert. 8ie wurde am nachsten Tage sehr matt-, Appetit war fast gar nicht
vorhanden, fliegen konnte sie nicht. Vom 3. Tage an erholte sie sich allmahlich.
Durch diese wiederholten Versuche an verschiedenen Tieren ist
also zweifellos festgestellt, daB der Ekiribacillus ein pathogener ist. Ob
er aber wirklich mit der Ekirikrankheit in atiologischera Zusammenhang
steht, das zu beurteilen, habe ich die Widalsche Reaktion dieses
Bacillus genau studiert, was ich ira n&chsten Kapitel ausfiihren werde.
(SchluB folgt.)
Nachdruck verbotcn.
Les Epitheliomas parasitaires. La clavel6e et
l’Epithelioma claveleux.
Par F. J. Bose, Professeur & l’universit^ de Montpellier.
Avec 3 planches et 6 figures.
(Fortsetzung.)
2. Caillette. Avec les pustules de la caillette nous abordons
l’6tude des ldsions claveleuses glandulaires. La caillette
reproduit en effet k peu pr&s le type de l’estomac de l’omnivore. Dans
les cas de generalisation intense, on trouve, et surtout dans la r6gion
pylori que, une eruption de pustules rondes, saillantes, un peu aplatees,
dures, d’un gris nacre, du volume d’une tete d’Spingle k un petit pois.
Les plus volumineuses sont ombiliquees et ressemblent exactement k
une belle pustule de variole. Elies sont isolees ou agminees et dans
ce dernier cas elles forment un placard saillant qui peut presenter une
exulceration centrale. Celle-ci gagnant en surface et en profondeur forme
des ulcerations k bords tailies k pic, a fond deterge, du diambtre
d’une pifece de cinquante centimes et de un franc, qui reproduisent
l’aspect exact de 1’ulcSre simple de l’estomac.
A l’examen histoiogique, les pustules pyloriques de petite taille sont formdes
par la proliferation des cellules dpithdliales des tubes glandulaires et le bourgeonnement
de ces derniers aboutissant k une neoformation glandulaire adenomateuse (figure 3).
Les cellules epitheiiaies subissent ici, comme au niveau du revdtement malpighien, la
m&me hypertrophie claire (x, x figure 3); les unes aboutissent k un developpement
colossal et compriment les autres qui se deforment et demeurent plus sombres. EUes
se disposent sur plusieurs rangs, les figures de karyokineses sont trds abondantes et
desorientees pour la plupart (t, t, t figure 3); k la peripherie elles donnent naissance k
des bourgeonnement6 et k des amas {bo, bo, s, 9 figure 3) qui formeront de nouveaux
tubes (a l, al figure 3). Cette proliferation prend les caract&res de plus en plus prononeds
de l’adenome, a mesure que l’on etudie des pustules plus volumineuses, pour aboutir k
Laddnome envahissant et k radeno-dpitheiiome (figure 4). Dans ce cas,
l’ensemble de la pustule est constitud par une proliferation addnomateuse formde de
tubes et d’acini tassds les uns contre les autres, emettant des bourgeons et des culs de
sac (m, m, d, d, lob figure 4) intriquds et qui formds de rangdes cellulaires multiples
constituent de nouveaux tubes k lumidre irrdgulidre et k couches nombreuses de cellules
(«# a, a figure 4). Dans la profondeur, les neoformations addnomateuses pdndtrent dans
le tissu conjonctif {no, no' figure 4) modifid par une infiltration embryonnaire ndovasculaire.
Elles constituent des amas renfermant des acini k plusieurs rangdes de cellules et des
bourgeons pleins k cellules atypiques reposant encore sur une basale (« figure 4).
Mais les plus profonddment situds de ces amas sont formds de cellules dpitndliales
aty piques, volumineuses, sombres et k gros noyau ou claires et colossal es (tub, tub
figure 4), dcrasant et ddformant d’autres cellules trds sombres; les cellules reposent
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518
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIY. No. 6.
CO
bo
CO
a al
If* Figure 3. Coupe d’une pustule de l’Estomac (caillette). — Elle est
form^e par une proliferation ad^nomateuse des glandes pyloriques qui 4mettent des
bourgeonneraents (bo) ou des cordons pleins (m) formas de cellules sombres ou en hyper-
trophie claire (x, x, x) et qui finissent par s’orienter autour d’une lumibre pour former
des alveoles nouveaux (al, al, al). Les karyokinfcses sont trbs nombreuses et d6sorient£es
(t, t, t, t) ; en co . co, co grandes cellules conjonctives.
directement sur la trame conjonctive et l’on constate qu’ellee sont ddvelopp& dans des
espaccs conjonctifs distendus (x figure 4). Ces amas envoient en effet des cellules dans
les espaces conjonctifs voisins et ces cellules qui en proliferant donnent naissance it leur
tous a des bovaux et it des lobules de cellules atypiques (cp figure 4).
Les ulcerations sont dues it une necrose en entonnoir aboutissant & Peiimination
de la totalite du tissu adenomateux qui constituait la pustule (suivant un processus
identique it celui que nous decrirons pour la pustule cutanee et les pustules en gdn£ral).
D. Lesions du poumon.
Les lesions du poumon se pr6sentent sous 4 formes principles:
une forme pustuleuse, la plus frequente, une forme en trainees
irr6guli&res plus ou moins anastomosees, developp4es le long des rami¬
fications bronchiques, une forme granulique et une forme en il6ts
ou en amas pseudolobaires.
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel4e ety ’Epithelioma claveleux. 519
a
no
va
lam x
Figure 4. Coupe d’une pustule de l’estomac (caillette). — Proliferation
adenomateuse avec proliferation adeno-6pith£liomateuse profonde. Les tubes adenomateux
h couches multiples et k lumifcres excentriques (a, a, a) sont tasses en amas dans un tissu
conjonctif embryonnaire {no, no*); ils donnent naissance k un bourgeonnement epithelial
(m, m) autour desquels la basale est de moins en moins marquee. Dans le tissu con¬
jonctif profond {lam, lam) la proliferation epitheiiale donne naissance k des amas de
cellules atypiques {tub, tub, tub); tout k fait dans la profondeur les cellules atypiques
constituent des boyaux {x) ou des trainees ( ep ) dans les espaces coi\jonctifs.
La forme pustuleuse est la plus typique: les pustules sont diss6min6es
sous la plevre et dans l’dpaisseur du parenchyme, parfois rares, parfois
confluentes de sorte que le poumon donne l’impression d’un sac de pois;
leur volume varie d’une tete d’6pingle k une noix. Les pustules sous
pleurales font une saillie aplatie, d’un gris translucide; elles sont
resistantes et nettement limitees dans un parenchyme d’aspect normal
ou emphys&nateux; ces pustules s’enfoncent dans le tissu pulmonaire
comme une veritable tumeur arrondie form6e par un tissu compact,
ferme mais tr$s friable, gris ros6 ou gris violacl; la surface de coupe
des pustules volumineuses offre l’aspect d’une section d’un nodule d’en-
c6phalolide, d’autant que les pustules claveleuses peuvent ne presenter
aucune zone congestive p6riph6rique.
A l’examen histologique, on constate que la lesion nait au niveau de T6pi-
thelium bronchique qui forme d’enormes bourgeons de 15 k 20 ranges de cellules
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
hypertrophies, complHement atypiques et capables de remplir la lumifcrede la bronche
(bo figure 2, pi. I). Les cellules epitheiiales alveolaires subissent une proliferation
karyokinetique et une hypertrophie volumineuse, de sorte que Palvdole finit par £tre
rempli et distendu par des cellules atypiques, les unes sombres, les autres en volumineuse
hypertrophie claire (air, apl, apl fig. ‘2, pi. I). II existe, en somme, une proliferation
desordonnde et atypique aes epitheliums bronchique et alveolaire identique k celle qui
caracterise lipitheiioma, sauf que les basales sont conservees. Dans le tissu peri-
bronchique, il existe une infiltration dinorraes cellules conjonctives claveleuses (cl, d
fig. 2, pi. I) qui derivent en partie (en fig. 2, pi. I) de cellules endotheiiales hyper-
trophiees (endovascularite intense).
Dans les pustules plus volumineuses, les proliferations alveolaires sitendent et
s’amplifient pour aboutir k la formation d’un adenome alveolaire typique et dtendu
du poumon (pi. Ill, fig. 2). La coupe est formee par de petites cavities arrondies ou
polygonales tassees les unes contre les autres (al, al fig. 2, pi. Ill), limitees par une
paroi de cellules fusiformes h gros noyau (n, n fig. 2, pi. Ill) et tapisedes par de
volumineuses cellules claires (c, c fig. 2, pi. III). Ces cellules laissent persister une
petite lumiere de facon k reproduire l’aspect typique d’un acinus de glande salivaire
(lu, lu fig. 2, pL III), ou remplissent complktement la cavite (p. p fig. 2, pi. III). Ces
acini de nouvelle formation renferment de frequentes karyokineses et donnent naissance
k des bourgeonnemente peripheriques qui constitueront des alveoles nouveaux (/ fig. 2,
pi. III).
Dissemines dans cette proliferation adenomateuse on note des foyers mal limites
d’une proliferation bronchique desordonnee qui distend et dissocie jusqu’aux dernferes
ramifications des bronches, penetre le tissu l’infiltration embryonnaire peri bronchique,
envahit des cavites adenomateuses alveolaires voisines et constitue un veritable epi¬
thelioma bronchique.
Mais k c6te de ces adeno-epitheiioraes nous avons etudie de grosses tumeurs
pulmonaires qui constituent histologiqueraent repitheiioma broncho-alveolaire
<pl. Ill, fig. 3) le plus indiscutable. Les bronches apparaissent comme d^normes amas
ae cellules epitheiiales atypiques desorientees et divises en lobules par de fines travees
conjonctives vascularisees a leurs carrefours et donnant, k leur peripherie, des bourge-
onnements irreguliers de m£me structure et qui sont en continuite avec de vastes foyers
de proliferation epitheiiale d’origine alveolaire. Cette dernfere proliferation constitue une
formation neoplasique irregulikre (lob, lob fig. 3, pi. Ill) divisee irregulibrement par une
fine trame conjonctive vascularisee (t, t fig. 3, pi. III). Ces espaces sont remplis de
cellules atypiques, claires, volumineuses, k gros noyau charge de chromatine, on bien
de cellules sombres et deformees ( lob fig. 3, pi. III). Sous nnfluence de la proliferation
cellulaire des travees con]onctives s’effilent puis disparaissent de sorte qu’il se forme des
amas epitheiiaux trks etendus (fig. 4, pi. III). A mesure que Ton va vers la peripherie
les lobules epitheiiaux deviennent plus petits, leur paroi porte, suivant les points, un
nombre variable de rangees des cellules polygonales, cylindroides, anguleuses .... qui
laissent parfois un lumiere. Tout a fait k la peripherie on observe le passage k l’adenome
alveolaire. Sur des coupes oil la lesion est moms avancee il existe des amas epitheiio-
mateux plus reduits, isoies ou qui se reunissent plus ou moins.
E. Lesions du foie.
Violace et leg&rement augmente de volume, le foie est parseme de
placards jaunatres ou bien il presente une teinte g6n6rale jaune du foie
graisseux. Sur le fond congestionne ou decolore se detache une eruption,
parfois trfes abondante, de pustules arrondies, blanches, 16gfcrement
saillantes et dures. Elle vont du volume d’une pointe d’6pingle k celui
d’un grain de chenevis et meme d’un petit pois; celles-ci sont plus
blanches, trfes dures et saillantes. A la coupe, ces pustules sous
eapsulaires s’enfoncent dans le parenehyme lequel en presente dans son
dpaissur. Dans les infections intenses, le foie presente des regions
considerables jaune clair, legerement saillantes, k limites nettes.
On note de larges pustules sur la muqueuse de la vesicule biliaire.
L’ex a men histologique d’une grande variate de ces lesions permet de con-
stater des neoformations d’un grand interet.
a) La proliferation des canaux biliaires intrahepatiques peut donner naissance k
la formation d’un adenome papilleux trks developpe. Les cavites de nouvelle for¬
mation bordees plusieurs rangs de cellules atypiques se distendent et ne sont plus separees
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavefee et l’Epitheiioma claveleux. 521
que par de fines tray^es conjonctives qui 4mettent dans leur interieur prolongements
papillaires.
b) Nous dysignons sous le nom d’adyno-hy pertrophie p^riportale avec
deg4nerescence graisseuse sus h^patique, la lesion histologique qui correspond
k ces regions jaune clair, parfois trfcs etendues fegfcrement saillantes et bien limitees.
II existe une degenerescence graisseuse avec necrose pigmentaire de la partie central©
du lobule; autour de la veine port© ou note une proliferation adenomateuse qui se con¬
tinue vers la veine sus Ifepatique par une zone dfenormes cellules sans disposition
r4gulfere apparente et qui penetrent plus ou moins la partie dygynyfee. A un faible
grossissement on a I’image par faite au foie interverti. A un fort grossisse-
ment, les formations ad&omateuses qui sont au voisinage de la veine port© sont con¬
stitutes par des cavites arrondies ou tubuiees et bourgeonnantes, rev£tues d’une ou
plusieurs couches de cellules demi claires reposant sur une basale, et renferraent de trfcs
nombreuses karyokin^ses. Formees aux depens des canalicules biliaires normaux ces
formations s’ytendent assez loin de la veine porte et constituent un adyno me typique
d’origine biliaire. Mais si Ton continue l’examen de la proliferation p^riportale
en allant vers le centre du lobule on voit que les cellules £pith£liales augmentent de
volume, sont les unes sombre les autres claires et finissent par subir une hypertrophie
colossale pour former d’enormes bourgeons au centre desquels apparait une cavite en
continuity avec les tubes adynomateux voisins. Plus loin, ces ynormes cellules presque
toutes claires, parsemyes de quelques grandes cellules foncyes, forment des am as qui
finissent par s*orienter suivant une disposition tubuiye tr&s discrete; tout k fait k la
pyriphyrie, elles ont une disposition simplement pavimenteuse. Cette proliferation parait
etre en rapport avec la division et l’hypertrophie des cellules Ifepatiques (ad 4 no me
trabyculaire) et se confond, sans dymarcation praise, avec la proliferation adynoma-
teuse biliaire.
c) L^dyno-y pi thy Home et l’ypi thyiiome lfepatique se prysentent avec une
nettety parfaite dans les nodules claveleux de grand volume. On constate de larges
placards dans les quels la structure du foie n’est plus reconnaissable; ils sont entourys
par un tissu conjonctif embryonnaire et parcourus par de fins tractus conjonctifs qui
sfepaississent en des carrefours ytoiiys. Iis limitent des amas formys de cellules atypiques
(a, a, a fig. 1, pi. Ill) dont certaines en transformation claire pfesentent une hypertrophie
colossale (cl, cl fig. 1, pi. Ill) et des figures fryquentes de mitose (k fig. 1, pi. Ill) et
d’autres de volume variables, plus ou moins sombres et dyformyes. A la pyripherie,
ces amas donnent naissance, par bourgeonnement, k de nouvelles proliferations qui
pynytrent directement dans les espaces conjonctifs. Cette nyoformation peut envahir
une ytendue conskferable; elle constitue un ypithyiiome trabyculaire. Sien effet,
on ytudie les lobules hypatiques dans les quels la transformation ypithyiiomateuse n’est
pas totale (fig. 1, pi. Ill) on observe les transitions les plus nettes entre les cellules
hypatiques en karyokindse (rio fig. 1, pi. Ill) les grandes cellules sombres (t, t fig. 1,
pi. Ill) et les grandes cellules claires des formations ypithyiiomateuses (C. R. ISoc. Biol.).
d) Nous avons constaty k plusieurs reprises la disposition pavimenteuse rygulfere
des cellules hypatiques devenues claires et hypertrophiyes, avec disparition, sur de grand
espaces de la disposition trabyculaire et confusion des lobules. Cet aspect est identique
k celui que Roger a dycrit dans la variole. Ces cellules peuvent s’orienter autour de
cavitys formyes, semble-t-il, par de grandes cellules endothyfiales dygyneryes, de fa$on k
constituer un adynome trabyculaire.
Nous ne faisons que signaler ici les fesions nodulaires conjonctives; nous les
ytudierons ailleius. Disous seulement qu’elles prysentent des caractfcres qui les rappro-
chent singuliyrement des nyoformatione conjonctives sy phili tiques.
F. Lesions du rein.
Dans le cas d’4ruption gSneralisee intense, le rein pr4sente en dehors
d’une teinte congestive tach4e de bandes jaunes de d4g4n4rescence
graisseuse, un semis parfois trfcs abondant de petits nodules d’un blanc
nacr4 du volume d’une pointe d’6pingle a un grain de chenevis.
L’examen histologique de ces pustules renales laisserait Denser au premier
abord qu’il ne s’agit que d’une proliferation nodulaire conjonctive. Mais si l’on ytudie
les grosses pustules ou le process us est plus avancy l’on constate a c6ty de la fesion
conjonctive, une fesion ypitlfeliale qui s’etend et bient6t domine. La prolifyration con¬
jonctive dybute autour des vaisseaux; de pyrivasculaire, elle devient intertubulaire et
finit par entralner la dygynyrescence des tubes rynaux. Mais bientGt, dans cette proli¬
feration nyovasculaire avec endopyrivascularite identique k celle de la syphilis, un examen
attentif montre la formation de tubes ypithyiiaux basale k peine apparente et distendus
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXX1Y. No. 6.
par d^normes cellules claires, parfois en karyokin6se. Ces tubes dounent naissance, par
oourgeonnement k de nouveaux tubes reroplis de cellules atypiques et qui se compriment.
Dans les pustules les mieux ddv41opp4es les cavites se distendent, ne sont plus s£par£es
que par une mince cloison conjonctive, pr^sentent une lumtere bordee de cellules
atypiques et constituent ainsi un adenome du rein k cellules claires.
Dans une de nos preparations les cavites dtaient bordees de cellules tellement
atypiques et presen taient une telle disposition que Ton pourait admettre Fexistence d’un
adenoepithdliome.
G. Lesions du pancreas.
A la suite d’inoculations intrap6riton6ales, le pancreas peut presenter
des points d’induration qui apparaissent k la coupe comme des noduler
d’un gris violacd.
A l’examen hietologique, nous avons constate: 1) un adenome papil¬
loma teux extrfcmement developpd des canaux excreteurs. La figure 5 est assez
co ma
d
Figure 5. Adenome developpe aux depens des canaux excrdteurs da
ncrdas (adenome-papilleux). — co, co tissu conjonctif embryonnaire; ce canal
retcur; d, d alveoles dilates h epithelium prolifere; ma, ma cavites devenues volumi-
es, et d'aspect papillomateux; al cavites distendues, papillomateuses et separees par
mince cloison conjonctifs.
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel£e et PEpithdlioma claveleux. 523
-explicite pour nous dispenser de toute description. 2) un ad4no-6pith61iorae
d’origine acineuse: Lea cellules des ramifications terminates des canaux exerdteurs
s’hypertrophient, deviennent claires et, dans les acini correspondants, certainee cellules
deviennent 6normee et subissent la transformation claire. rar division karyokin^tique
il se forme de nouveaux acini remplis de cellules atypiques sombres ou claires et qui
en augmentant de volume reduisent le tissu conjonctif intermediaire k une frame
cxtrfcmement fine et constituent une figure d’ad6no-6pith61iome glandulaire.
Nous avons constat^ les lesions de m£me ordre au niveau de la
glande lacrymale, de la parotide, des testicules. Nous
insisterons surtout sur les ldsions de la mamelle.
H. Lesions de la mamelle.
Au cours de la clavelde g6neralis4e, la mamelle peut presenter des
ldsions caract4ris4es histologiquement par de l’ad4nome papillaire.
Par injection de virus claveleux dans la mamelle et dans le tissu
p4rimammaire nous avons d^terraind la formation de vdritables tumeurs
volumineuses de la glande mammaire (C. R. Soc. Biol. 1903).
Au debut des ces tumeurs, il existe une hypertrophie diffuse de la
glande et l’examen histologique montre qu’il s’agit d’un ad4nome aci-
neux envahissant caract6ristique.
Les tumeurs mammaires compl&tement d4velopp4es peuvent atteindre
le volume d’un gros ceuf de poule; bossel6es, dures, adh&rentes a la
peau, elles prdsentent une surface de section ferme, parcourue de travdes
conjonctives grisatres qui limitent des lobules et des alveoles blanchatres
ou blanc jaun&tres donnant, au centre, des com6dons, envahissant le tissu
celluloadipeux p4riph4rique. L’aspect est celui de certains epitheliomas
& marche rapide de la mamelle, chez la femme.
cs a
I i
V a V e
m
Figure 6. Ad^nome de la mamelle. (Zeiss obj.; ocul. 6. comp.) — cs
conduit excr^teur dilatd tapiss4 d’un revetement £pith£lial prolif£r6 sur plusieurs couches;
a, a acini dont l’^pithdlium est hyperplasia; t acinus dilate et dont les cellules 6pith6-
liales sont augment^es de volume et prolif£r6es; m, m acini de nouvelle formation; pc
tissu adipeux.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
A l’examen histologique, on peut suivre toutes lea phases depuis 1’adEnome
formE aux dEpens des acini glandulaires (figure 6), jusqu’a FEpithElioma typiaue et au
carcinome. Les cellules EpithEliales acineuses prolifErent sur plusieurs couches (a, g
fig. 6) de m&me quelles des canaux excrEteurs (cs fig. 6); elles aonnent naissance h des
bourgeons pi eras (m, ms fig. 6) qui donneront naissance k de nouveaux acini. Si I on
suit la proliferation cellulaire on voit que ces tubes d’adEnome acineux se remplissent
de cellules de plus en plus atypiques, se distendent et constituent des tubes ou des
amas volumineux bourrEs de cellules extrEmement atypiques, avec parfois une lumiEre
dfle k la dEgEnErescence des cellules centrales, les cellules pEriphEriques reposant directe-
ment sur le tissu conjonctif et bourgeonnant dans ses interstices. II s’agit 1& d’un
epithelioma glandulaire typique. Mais les cellules bordantes peuvent pre¬
senter une proliferation karyokinEtique trEs active qui forme des boyaux EpithEliaux;
ceux-ci pEnEtrent les espaces conjonctifs voisins puis vont former dans un tissu con¬
jonctif embryonnaire des colonies qui donnent naissance k des trainees, a des amas et
k des lobules epitheiiaux (t, t, t pi. II, fig. 16). Ainsi se constitue (fig. 16, pi. II)
FEpithEliome atypique on Carcinome claveleux.
En resume, la clavelEe, maladie gEnErale virulente, septicEmique
(au moins passagErement) produit dans tous les organes des lesions qui
au point de vue raacroscopique presentent une grande affinity avec les
nEoformations nEoplasiques et qui, au point de vue microscopique, sont
caractErisEes par une proliferation EpithEliale apte k constituer des Edifi¬
cations volumineuses, dEsorientees, atypiques et envahissantes.
Et ce ne sont pas seulement les EpithEliums de revEtement
(peau, comEe, bouche, rumen) qui rEagissent ainsi devant le virus cla¬
veleux, mais encore tous les EpithEliums glandulaires (poumon,
foie, estomac, pancrEas, glande lacrynmale, mamelle . . .) autant ceux des
canaux excrEteurs que des acini. Ces prolifErations dEsordonnEes vont
du papillome k l’EpithElioma pavimenteux k globes Epidermique pour les
revetements malpighiens; elles vont de 1’adEnome simple ou papilleux k
1’adEno-EpithEliome, k 1’EpithEliome typique et au carcinome pour les
EpithEliums glandulaires.
II existe bien done un* EpithElioma claveleux e’est k dire un
EpithElioma parasitaire 1 ).
II. Le virus.
La virus claveleux est limitEe tout d’abord k la lEsion pustuleuse
d’inoculation pendant un certain nombre de jours, puis il se produit une
Eruption de pustules gEnEralisEes qui sont toutes virulentes et dont la
virulence est limitEe a la lEsion pustuleuse meme. Pour expliquer
l’apparition de l’Eruption gEneralisEe il faut admettre que le virus est
passE dans le sang; nous avons dEmontrE, en effet, la virulence du sang
k partir de la pEriode prEEruptive (C. R. Soc. Biol. 1902. 2 fEvr.) et k
des doses de vingt, dix, un centi-cubes et meme avec 5 gouttes (Presse
mEdicale. 1903. 14 fEvr.). Ce virus est toutefois en petite quantitE
dans le sang et celui-ci ne parait constituer qu’un milieu de passage (Soc.
Biol. 1902) qui lui permet, aprEs une pullulation active dans la tumeur
d’inoculation, d’aller se fixer au niveau d’autres surfaces EpithEliales.
L’affinitE du virus claveleux pour les EpithEliums permet de comprendre
la limitation de la virulence aux pustules formEes par la proliferation
EpithEliale et laisse penser que le virus est en rapport Etroit avec la
1) Nous avons dEcrit, depuis mai 1901, dans des notes successives k la SociEtE de
Biologie de plus grande partie des lEsions que nous indiquons ici. Au point de vue
histologique ces lEsions aboutissent au vEritaDle EpithElioma et si Borrel qui d : ailleurs
ne nous cite mEme pas, dans un travail rEcent, ira vu que des lEsions d’EpithEliose
e’est que son matEnal Etait insuffisant.
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavelEe et l’EpithElioma claveleux. 525
cellule prolif6r6e. Le virus peut suivre 4galement la voie lymphatique
et nous avons d4montr4 la virulence des ganglions hypertrophies places
au voisinage des grosses lesions claveleuses (C. R. Soc. Biol. 1902) et
non de tous les ganglions, comme nous le fait dire ridiculeraent Borrel.
Pour nous fixer davantage sur le sifege du parasite nous avons con¬
state la virulence de la proliferation epith61iale k son extreme debut,
alors qu’il n’y a pas d’autres elements que les cellules prolife^es. En
outre si Ton fait un raclage superficiel d’une pustule au quatrifcme jour,
dure et d4pourvue de lyraphe, la fine emulsion cellulaire obtenue est
don4e d’une activite, plus considerable que la lymphe retiree de la
m6me pustule 7 4 8 jours plus tard.
Partant de ces faits nous avons recherche et d4couvert dans la cel¬
lules dpitheiiales de la proliferation pustuleuse et dans les grandes cel¬
lules conjonctives, des inclusions intraprotoplasmiques d’une structure
precise 1 ) et tout k fait speciale; ces inclusions existent dans toutes les
pustules avec le meme aspect et la meme structure et elles sont mises
en liberte dans la lymphe par la destruction vacuolaire des cellules.
Nous les avons trouv4es 6galement dans les grands mononucieaires
du sang aprfes de patientes recherches, dans des cas de claveiee violente.
Description des inclusions. — Les inclusions siEgent dans le protoplasma
des cellules, jamais dans le noyau. Elles sont extrEmement nombreuses et Ton peut
dire que chaque cellule de la pustule d’inoculation cutanEe, par exemple, en renferme
une. Ces inclusions sont d’autant plus petites que Lon examine les
F orties les plus pEriphEriques, e’est k dire les plus jeunes, de la proli-
eration (z6ne ae progression), et d’autant plus volumineuses que
l’on examine la partie centrale et superficiell e de la pustule, e’est &
dire la plus ancienne.
II existe de nombreuses formes trEs petites qui peuvent ne pas atteindre V 4 de p,
arrondies ou diplococciques; les plus abondantes ont ae 1 p V 2 k 7 \± de diamEtre et
prEsentent une forme irreguliBrement arrondie, k bords ondulEs, ou s’Etirent en grosse
virgule, en sablier, en une masse k prolongements digitus. Elles ont done un aspect
amiboide des plus nets, aussi bien k l’Etat frais qu’aprEs coloration.
La structure de ces inclusions est precise: nous l’avons dEcrite d’abord le (Soc.
BioL 1901), puis dans notre mEmoire des Archives de mEdecine exp. de mai 1901 enfin
avec les meilieures mEthodes et la plus grande netted a la Soc. de Biol, le 2 fEvr. 1902.
Cette structure a EtE mal vue par Borrel: la piupart des inclusions ayant l’aspect
rEticulE ou en gouttes bataviques qu’il dEcrit sont dues k une mauvaise fixation.
Grassi (Anna Foil, R. C. dell. Accad. de Lincei. 1903) a retrouvE certains des carac-
tEres de nos inclusion.
Ce sont les r&clages de la partie superficielle de la pustule cutanEe au 8. jour fixEs,
sane dessication, par le Flemming, suivant notre mEthode, et colorEs par la safranine
anilinEe suivie de picroindigo-carmin, qui nous ont donnE des figures non dEformEes
avec une Election parfaite des couleurs (figures 1 k 16 de la planche II).
Les inclusions sont formEes d’une partie colorEe en bleu par le picro-indigo-car-
min (figures 1 k 16, pi. II), en rouge orangE par l’Eosine (in, in, fig. 1, pi. I), en rouge
vineux par le van Gieson ou par le triacide en jaune par l’orange G, e’est k dire
qu’elle prEsente une affinity speciale pour les colorants protoplasmiques. Dans cette
partie sont enfermEs un ou plusieurs corps qui prennent au contraire, d’une fayon Elec¬
tive, les colorants nucleaires: ils sont colorEs en bleu violet par 1’hEmatEine (in, in,
pi. I, fig. 1), en noir foncE par 1’hEmatoxyline ferrique (in, in, fig. 2, pi. I), en vert par
le triacide, en rouge par la safranine ou le rouge de Magenta (fig. 1 k 16, pi. II), en
bleu par la thionine. Aussi donnerons nous le nom de masse protoplasmique k
la masse de l’inclusion et le nom de corps nuclEaire au corps chromafcique qu’elle
renferme.
1) II est curieux de voir Borrel (Ann. de l’Inst. Pasteur. 1903. 25 fEvr.) dEcrire
nos inclusions sans mEme nous citer ou en laissant croire que nous n’avons vu ces in¬
clusions que dans le sang, et encore parle-t-il du «peu de prEcisions* des descriptions.
Ces figures reproduites dans ce mEmoire sont cepenaant elles qui, avec les prEparations
correspondantes, ont EtE montrEes le 2 fEvr. 1902 k la Soc. de Biol, et Borrel s’est
bien gardE a ce moment, de dire qu’elles n’Etaient pas prEcises.
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526
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Lea inclusions les plus petites sont formdes par une fine granulation nucldaire
coJordes en rouge vif par la safranine et eutourdes a peine visibles puis par des granu¬
lations par une mince couche
picro-inaigo-carmin. Les inclusions de 2 k
que, k peine visible, colord en bleu par le
5 m- sont constitudes par une masse proto-
_de plus en plus dtendue qui renferme un corps nucldaire de 1 h 2 (jl de
diamdtre, parfois clair dans sa partie centrale (a, fig. 1, pi. II). Dans les inclusions
de 5 k 8 \x le protoplasma homogdne peut renfermer un corps nucldaire de 2, 3 et 4 \i
de diamdtre formd par une membrane pdriphdrique rdunie k une granulation centrale
par des rayons plus ou moins nombreux, de sorte qu’il ressemble au noyau de la cellule
ndpatique k rdseau cbromatique rayonnd (6, fig. 2, pi. II; a, fig. 7, pi. II).
Lorsqu’on examine des inclusions de grande taille, Ton constate qu’elles peuvent
renfermer un corps nucldaire dtoild ( m , fig. 8, pi. II) qui prend un aspect de division
karyokindtique (d, fig. 8, pi. 11) et dont nous avons trouvd depuis des formes absolument
^nniniiAa ah KiAn ^Anf la nVirnmofin a ai i»a art Alamanfa AnAnlXa nni rftyODent dU centre
3t ty fig. 12, pi. II).
aboutit a la formation
typujues ou bien dont la chromatine s’dtire en filaments onaulds qui ray
(a, fig. 10, pi. II) ou se ddploient en filament moniliforme (a, fig. 11 et t,
►1. II) et
8
e fifament se fragmente Se plus en plus (d, fig. 13, p]
de fines granulations rondes qui se portent & la pdripndrie (*, fig. 14, pi. II). A c6td
des formes k masse protoplasmique homogdne il en existe dont le protoplasma devient
de plus en plus finement granuleux k la pdriphdrie; le corps nucldaire se divise dans
la partie centrale homogdne (fig. 3, pi. II), puis, celle-ci aiminuant de plus en plus
(masse rdsiduale), les divisions nucldaires passent dans la partie granuleuse (ng. 4, pi. II).
Cette partie granuleuse se condense autour de chaque grain nucldaire (r, fig. 5 et r,
fig. 6, pL II) et il se forme un norabre variable de petits corpuscules nucldds entourds
dten fin anneau de protoplasma (cA, tig. 6, pi. II); ou bien les grains chromatiquee se
divisent jusqu^ former des granulations extrdmement fines qui se portent & la pdnphdrie
et sont mdme saillie k Pextdrieur. La division devient tenement fine que les granu¬
lations sont k peine visibles avec les plus forts grossissements (r, fig. 5, pi. II). Nous
considdrons ces fines granulations en poussiere, com me de vdritaoles cnromatozoites.
Parmi les inclusions k protoplasma homogdne il faut en signaler dans lesauelles le
noyau se fragmente sous forme de granulations volumineuse, arrondies, pdripndriques,
peu nombreuses (gr, gr , fig. 15, pi. II) et une grande prdcision de structure.
En rapprochant toutes ces figures on peut les classer suivant des sdries qui prd-
sentent tous les intermddiaires et qui ne sont pas sans rapport avec des cycles dvo-
lutifs, ainsi que nos figures perraettent d’en juger:
1. type: reproduction par: division du noyau le noyau se divise dans une
masse protojplasmiaue qui se differencie puis se divise k son tour pour se concentrer
autour de cnaque division nucldaire (pi. it, fig. 1 k 6) ou aboutir k des grains invisibles
(chromatozoites).
2. type: reproduction karyokindtique: division mitosique du noyau, dans
une masse protoplasmique homogdne, aboutissant k une fragmentation chromatique fine
fine (pi. II, fig. 7 k 141 [chromatozoites].
3. type: reproauction par dtirement: les inclusions de trds petite taille
s’dtirent, prennent une forme diplococdque et se sdparent. (Schlufl folgt)
Nachdruck verboten.
HelmintMogische Beobachtungen.
Von Dr. r. Linstow in Gottingen.
Mit 7 Figuren.
Die Gelegenheit, die hier beschriebenen Helminthen untersuchen zu
konnen, verdanke ich Herrn Dr. Shipley in Cambridge, dem ich an
dieser Stelle nochmals meinen besten Dank ausspreche.
Ankylostomum americanurn Stiles,
aus Limia troglodytes Bluraenb. Darm.
An dem nach der Rfickenseite gekrummten Kopfende steht ein
groBer Mundbecher, der vorn von breiten Rippen gestiitzt ist; am
Grunde stehen 5 kegelformige Vorragungen; hakige Zahne an der
Miindung des Mundbechers, wie man sie bei Ankylostomum duodenale
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v. Linstow, Helminthologische Beobachtungen.
527
findet, fehlen hier. Die Cuticula ist quergeringelt. Der Oesophagus,
welcher beim Mfinnchen beim Weibchen 1 /, 1 der Gesamtl&nge
einnimmt, ist erheblich schmSler als der Darm; der Porus excretorius
liegt unter seiner Mitte. Das M&nnchen ist 6,78 mm lang und 0,31 mm
breit; die schmalen Cirren messen 1,36 mm; die Seitenlappen der Bursa
sind von je 6 Rippen gesttttzt, die 2. ist doppelt und die 3.—6. ent-
springen von gemeinsamer Basis; der unpaare Mittellappen zeigt jeder-
seits 2 Rippen und die beiden SuBeren Aeste sind nochmals gespalten,
so dafi man 6 EndSste zfihlt. Das Weibchen hat eine Lfinge von 9,9 mm
und eine Breite von 0,35 mm; der kegelfbrmige Schwanz nimmt ‘/it.
der ganzen Lange ein; die Vagina liegt hinter der Mitte und teilt den
K6rper im Verhaltnis von 4:5; die Windungen des Uterus und der
Ovarien erfiillen den KSrper dicht; die Eier sind 0,065 mm lang und
0,046 mm breit.
Stiles 1 ) beschrieb diesen Nematoden unter dem Namen Uncinaria
americana und sagt von ihm, er bewohne massenhaft den Darm des
Menschen im Sfidosten von Nordamerika, in dem Dreieck Virginia-
Galveston-Portorico; die ganze arme Bevolkerung ist von ihm befallen,
und er spielt hier eine noch verderblichere Rolle als Ankylostomum
duodenale bei den Gruben-, Tunnel- und Ziegelarbeitern in Europa und
Afrika. Bei den Kindern in Amerika wird die kdrperliche und geistige
Entwickelung durch den Parasiten gehemmt; Patienten von 20— 23 Jahren
gleichen durch die Toxinwirkung 11—16-jahrigen Kindern; die Anfimie,
welche er hervorruft, wurde friiher der Malaria zur Last gelegt. Ich
fand ihn als Parasiten des westafrikanischen Schimpansen; dort wird er
in den Menschen geraten sein, der ihn dann auf Verkehrswegen nach
Nordamerika brachte, wo er sich weit ausgebreitet hat und eine hochst
verderbliche Rolle spielt.
Mermi8 mirabilia n. sp.
Fig. 1—4.
Von den Wainae-mountains in Oahu, Hawaii-Inseln.
Der Korper ist farblos und sehr zart; vermutlich sind die Tiere im
SfiBwasser gefunden. Die Cuticula ist sehr dick; am Kopfende ist das
Parenchym knopfformig verdickt und hier stehen im Kreise 6 Papillen,
in der Scheitelgegend aber zwei nach vorn gerichtete Zapfen wie bei
Mermis nigrescens\ 0,29 mm vom Kopfende beginnt eine Ventraldriise,
die dicht vor ihm in einen Porus excretorius mtindet. Von den 6 L&ngs-
wfilsten sind die beiden Dorsolateral- und der Ventralwulst stark ent-
wickelt und mit Kernen versehen, wahrend die Ventrolateral- und der
Dorsalwulst schwach und kernlos sind; sie grenzen 6 Felder ab, welche
folgende prozentische Ausdehnung haben:
Dorsal-, Lateral-, Ventral-, Ventral-, Lateral-, Dorsalfeld
21 16 13 13 16 21
Es sind 2 Exemplare vorhanden, ein 85 mm langes und 0,35 mm
breites Weibchen; das andere 43 mm lange und 0,21 mm breite Exemplar
ist der merkwflrdigste Nematode, den ich je gesehen habe, denn er ist
ein Hermaphrodit, der vorn Weibchen und hinten Mannchen ist; hinter
der Mitte sieht man die weibliche und am Schwanzende die m&nnliche
1, Stiles, C. W., Hook-worm disease in the South. Frequency of infection bv
the parasite (Uncinaria americana) in rural districts. (Public health report. 1002. No. 43.
p. 2433—2434.) — A new species of hookworm ( Uncinaria americana) parasitic in man.
(American medecine. Vol. III. 1902. No. 19. p. 777—778.)
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528
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
Geschlechts5ffnung. Der Uterus nimmt fast s / 4 der ganzen Lange ein;
teilt man die Tierl&nge in 100 gleiche Teile, so kommen vorn 23 ohne
Uterus, hierauf 72 vom Uterus ausgefflllte und dann 5 Teile ohne den-
selben; ebenso ist die Lage bei dem grdBeren, rein weiblichen Exemplar;
d
Fig. 1.
Fig. 3.
Fig. 1—4. Mermti mirabilu. 1 Kopfende, r Ventraldriise, p Porus excretorius;
2 Querschnitt ganz vorn, d Dorsal-, v Ventral-, dl Dorsolateral-, vl Ventrolateralwulst,
6* Oesophagusrohr; 3 Schwanzende des hermaphroditischen Exemplars mit Geschlechts-
Offnung, Cirren und 3 Papillenreihen; 4 ein Ei.
die Vagina miindet bei beiden Exemplaren genau unter der Mitte des
Uterus und tritt nach kurzem Verlauf an denselben; die Vulva ist bei
beiden Exemplaren zum Zeichen der Befruchtung mit einem braunen
Kitt uberdeckt; sie teilt den Korper im Verhaltnis von 34:31. Die
Eier beider Tiere sind sehr charakteristiseh; sie sind 0,061 mm lang und
0,039 mm breit; die innere Schale ist kugelformig und enth< den aus-
Y''
W-
Fig. 4.
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v. Lin stow, Helminthologische Beobachtungen.
529
gebildeten Embryo, die auBere aber ist an den beiden Polen verschmalert
und in der Mitte aufgetrieben, wie bei keiner anderen Mermis-krt. Das
Hinterleibsende beider Exemplare ist abgerundet, bei dem kleineren, dem
hermaphroditischen, sieht man 0,22 mm Schwanzende die mannliche
Geschlechtsoffnung, was einer Schwanzlange von V 105 entspricht; vor
ihr liegen zwei gleiche, 0,12 mm lange, schwach gekriimmte Cirren mit
abgerundetem Hinterende; an der Bauchseite verlaufen 3 Papillenreihen
bis ans Schwanzende, eine mediane und zwei seitliche, die aus je etwa
12—15 Papillen bestehen; in der mittleren stehen dicht hinter der Ge-
schlechtsSffnung 2 Papillen nebeneinander.
Mermis nigra n. sp.
Fig. 5—6.
aus Zomba am Nyassa-See, Sfldafrika. Cameron leg.
Eine Larvenform, 3 Exemplare, von denen zwei kohlschwarz sind
und eine dunkelbraun ist; die GrSBenverhaltnisse sind folgende:
Lange 200 mm, Breite 0,35 mm
r 170 „ „ 0,31 „
„ 44 „ „ 0,25 „
Fig. 5—6. Mermis nigra. 5 Querschnitt ganz vom, Bezeichnung wie in Fig. 2
/ Fettkorper; 6 Schwanzende mit Horn.
Das Kopfende ist gerade abgestutzt, das abgerundete Schwanzende
tragt bei den beiden groBeren Exemplaren ein kleines Horn; das kleinste
befindet sich in H&utung. Die Verh<nisse der LSngsfelder sind denen
yon Mermis mirdbilis entsprechend, auch die verhaltnism&Bige Gr5Be der
6 L&ngsfelder ist genau dieselbe ; die Form der LS,ngswiilste aber ist
eine andere, wie sich aus den Abbildungen ergibt.
Mermis nigrescens Duj.
Ein neues Wohntier der Larve ist Forficula acanihopygia G 6 n 6 .
Mermis albicans v. Sieb.
Die Larve dieser Art lebt auch in der Raupe von Agrotis orbona Hfn.
= Triphaena subsequa Tr.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 34
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530
Centrajbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
Das Genus
Mermis
gehbrt zu den Pleuromyariern, d. h. in den Seitenlinien stehen Muskeln;
ganz vorn und ganz hinten im Korper sind, wie ich') gezeigt habe, die
6 Seitenwfllste so zusammengedrangt, dafl die Dorsolateralwiilste mit
ihrem Bande die Laterallinien bedecken; in der Mitte des Korpers, wo
die LSngswalste relativ viel schmaler werden, findet sich Muskulatur in
den Seitenlinien; die Mitte der Dorsolateralwiilste liegt immer, bald
mehr, bald weniger, dorsal von der Laterallinie; der Porus excretorius
ist hier die Oeffnung einer Ventraldriise; die L&ngswtilste sind ohne
GefaBe. Neuerdings sind 3 andere, mit Mermis nahe vei%andte Genera
aufgestellt:
JP <aramermis v. Linstow 1 ).
Von Mermis durch ein einfaches Spiculum des Mannchens unter-
schieden, deren Mermis zwei hat; bei beiden Gattungen stehen am
mannlichen Schwanzende ventral 3 Papillenreihen, die ganz Oder zum
Teil verdoppelt sein konnen.
Hydromermi8 Corti 2 ).
8 Langsfelder, die 8 Muskelfelder abgrenzen, die beiden Seitenfelder
sehr breit, Cuticula ohne gekreuzte Fasernsysteme, Mannchen mit einem
Spiculum.
P8eudomermi8 Zykoff 3 * ).
Cuticula ohne gekreuzte Fasersysteme, Mannchen nicht beobachtet.
Gyrocotyle Medusarum n. sp.
aus Phyllorhiea? rosea Per. et Les.
Eine Larvenform, die in 3 Exemplaren vorhanden ist, welche folgende
Grofienverhaitnisse zeigen:
Lange 15 mm, Breite 6 mm
n 11,5 „ n 4 „
n n rt 3,3 n
Der Kdrper ist Ligula-artig abgeplattet und die Dicke verhait sich
zur Breite wie 1:6; vorn ist der KSrper verschmalert, hinten abgerundet
und verdickt; die Cuticula zeigt Querringel und unregelmBfiige Langs*
rinnen. Geschlechtsorgane fehlen noch ganz; Kalkkdrperchen sind nicht
vorhanden. Die Cuticula ist 0,039 mm dick, aus senkrecht zur Ober-
flache gestellten Fasern gebildet; dicht unter ihrer Oberflache
* liegt eine Schicht Pigmentkorner; der Hauptlangsnerv liegt
f\ 7 /ioo) ^ a8 HauptlangsgefaB 16 / 10 o des Querdurchmessers vom
[ 1 Rande entfernt; bei Gyrocotyle rugosa verlaufen die beiden
f j Hauptlangsnerven im 2. und 4. Fflnftel des Querdurchmessers.
X^_) Unter der Cuticula liegt eine dflnne Lage Ring-, darunter eine
F . ? solche Langs- und unter dieser eine breite Ringmuskelschicht;
,g ' ’ unter den Parenchymmuskeln sind die dorsoventralen die stark-
Fig. 7. Gyrocotyle Medusarum in natiirlicher Grofie,
1) v. Lin8tow, Das Genus Mermis. (Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. LIII. Bonn
1898. p. 149-168. Tab. III.)
2) Corti, Rendiconti Istit. Lombard, sc. e lettr. Ser. II. Vol. XXXV. Milano
1902. p. 1—9.
3) Zykoff, Materialien zur Wolgafauna und Wasserfauna des Saratowschen
Gouvemements. Moskau 1902. p. 61—64. Tab. I.
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Pieri, Kurze Erwiderung auf Herm Dr. Looss’ Mitteilung etc. 531
sten. Vom Genus Qyrocotyle kennt man aufierdem 2 Geschlechts- und
eine Larvenform:
Gyrocotyle amphiptyches Wagener.
= Amphiptyches urna Grube und Wagener, von Lonnberg 1 2 3 ) eingehend
beschrieben, aus Chimaera monstrosa und Callorhynchus antarcticus.
Gyrocotyle rugosa Dies.
aus Ovis aries und Antilope pygarga in Sfldost-Afrika und
Gyrocotyle spec.? Diesing,
eine Larve aus Mactra edulis.
Nachdruck verboten.
Kurze Erwiderung auf Herm Dr. Looss’ Mitteilung:
Weiteres liber die Einwanderung der Ankylostomen von
der Haut aus.
Von Gino Pieri, Institut der vergl. Anatomie, Rom.
(Uebersetzt von M. K. ohne Verantwortung des Verfassers.)
Der Leser wird mir dankbar sein, wenn ich in dieser meiner Ant-
wort die von Dr. A. Looss*) gegen meinen Lehrer, Prof. Grassi
und mich erhobenen persfinlichen Angriffe mit Stillschweigen flbergehe,
wenn ich auch nicht umhin kann, dieselben hSchlichst zu beklagen,
da ich einzig und allein von der leidenschaftslosen Forschung nach
Wahrheit geleitet werde.
Looss macht es mir zum Vorwurf, seinen Namen stets mit einem
anstatt mit zwei s geschrieben zu haben, aber wie leicht es vorkommen
kann, in ahnliche Nachlfissigkeitsfehler zu fallen, wenn man Zitate oder
Eigennamen fremder Sprachen zitiert, beweist Looss selbst an ver-
schiedenen Stellen seiner Kritik, so z. B. wenn er (p. 336) Franceso
anstatt Francesco schreibt.
Ich gebe zu, fibersetzt zu haben; „die Larven dringen selten in
die Driisenkanale ein“, w&hrend Looss 8 ) behauptet, nicht in einem
einzigen Drusenkanal eine Larve gefunden zu haben, woran jedoch nur
meine mangelhafte Kenntnis der deutschen Sprache schuld ist und was
ffir die von uns besprochene Frage keinerlei Wert hat. Und was mfifite
ich dann wohl von Looss sagen, wenn er sich erkfihnt, auszusagen:
Grassi hat ktlrzlich durch seinen Schfiler Pieri meine Behauptung 4 5 * )
ffir falsch erklaren lassen, w&hrend ich, bei der Gegenfiberstellung
meiner und der unvollstandigen Experimente Looss’ mich wohl ge-
hfltet hatte, meinen Schlufifolgerungen einen absoluten Wert zuzuschreiben
und nur geschrieben hatte s ):
1) Lonnberg, K. Svensk. Akad. Handling. Bd. XXIV. Stockholm 1891. No. 6.
p. 9—47. Tab. III. Fig. 34-47.
2) Looss, A., Weiteres fiber die Einwanderung der Ankylostomen von der Haut
aus. (Centralbl. ffir Bakteriol. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. 1903. p. 330—343.)
3) Looss, A., Ueber das Eindringen der Ankylostomen in die menschliche Haut.
(Ib. Bd. XXIX. No. 16. p. 1737.)
4) Ib. Bd. XXXIII. p. 330.
5) Rendic. Accademia dei Lincei. Vol. XI. 1° sem. Fasc. 5. p. 220: Credo che
34*
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532
Centralbl. {. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
„Ich glaube, dafi diese meine ersten Beo bachtun gen
mich zu der Schlufifolgerung berechtigen, dafi die Hypothese
von L o o s s inbetreff einer moglichen Ankylostoma -Infektion durch aktives
Eindringen der Larven von der Haut aus einer sicheren wissenschaft-
lichen Grundlage entbehrt, es bliebe sorait festgestellt, dafi der einzige
von den Aw/cy/osfowa-Larven eingeschlagene Infektionsweg durch den
Mund ffihrt, wie dies zuerst von G r a s s i zusammen mit P a r o n a an-
nommen wurde 1 ).
Es bleibt noch ein Punkt aufzuklaren, um meiner Be-
hauptung eine vollst&ndige Beweisfflhrung zu verleihen
und zwar das Schicksal der von der Haut aus eingedrungenen Larven;
diesen wichtigen Umstand zu erklfiren, werde ich weitere
Nachforschungen anstellen. (Die hier gesperrt gedruckten Worte
sind im Original in ungesperrter Schrift wiedergegeben.)“
Jedermann, der diese Worte liest, wird sich leicht fiberzeugen, dafi
ich nur meine Meinung ausgesprochen und ein definitives Urteil mir
erst nach weiteren Nachforschungen — die ich leider wegen Mangels an
Material bis jetzt nicht habe vollenden konnen — vorbehalten hatte.
Trotz der gegen meine Versuche von Looss aufgestellten Kritiken
kann ich nicht umhin, die von mir in meiner Mitteilung gegebene Inter¬
pretation ffir die vernfinftigste zu halten. Jedenfalls bleibt die Tatsache
bestehen, dafi Tausende auf die Haut des Prof. G r a s s i und des Dr. N o h
deponierte Laven keine Infektion herbeigeffihrt haben. Der Versuch
mit Herrn Prof. Gras si wurde fast in denselben Verh<nissen voll-
fiihrt, wie Looss sich infiziert hat und seiner Angabe nach seinen
Versuch am Menschen ausgefuhrt hat, und zwar durch das Fallenlassen
dicker, eine sehr grofie Anzahl von Larven enthaltender Wassertropfen
auf die Haut und folgendes Ausbreiten derselben; vielleicht wurde in
dem Versuche mit Prof. Gras si das Wasser mehr ausgebreitet als wie
in den Loossschen Versuchen (und darauf ist wahrscheinlicherweise
das Nichteintreten der Reizerscheinungen zuruckzufuhren), aber dies
verringert den demonstrativen Wert unseres Experimentes durchaus nicht.
An N o h und mir wurde das Experiment in der Art angestellt, dafi
der Teil der Haut, auf welchem wir das Wasser trocknen liefien, ver-
queste mie prime osservazioni mi autorizzino a concludere che Pipotesi del Looss della
possibile infezione die Anchilostoma per immigrazione attiva delle larve attraverso la
pelle h priva di un serio fond amen to scientifico, rimarrebbe percib stabilito che Punica
via di infezione seguita dalle larve dell 7 Anchilostoma h la via orale, come per il primo
constatb il Gras si insieme col Par on a. Resta ancora un punto da chianrsi per dare
alia mia affermazione una dimostrazione completa: il destino delle larve penetrate
attraverso la pelle. A rischiarare questa importante circostanza io dirigero mie
ulteriori ricerche.
1) Ich mochte hier die Worte Gras sis und Par on as, die sich nicht in meiner
Mitteilung finden, zitieren: „Aus diesen Studien resultieren ziemlich wahrscheinlich
folgende Infektionsweisen: Die Eier entwickeln sich in den Faeces in Larven oder (durch
Wasser aus diesen transportiert) im Kot und auf dem bewasserten Erdboden. Folglich
kdnnen die Larven entweder direkt — durch Essen wenig oder gar nicht gekocnter
Gem use, oder durch Beriihren des Mundes mit durch Kot beschmutzten Handen. wie
dies leicht bei Biickern, Kindern u. s. w. geschehen kann — oder indirekt durch
Trinkwasser, welches vor kurzem iiber Faeces, Kot oder Larven beherbergende Gemu&e
gelaufen, in den menschlichen Korper gelangen. Diese Beobachtungen erklaren uns
den Einflufl einiger priidisponierender (predisponenti) Ursachen, z. B. des Bodens, Klim as,
Standes u. s. w. und geben uns auch AufschluS fiber die Epidemieen, welche vorkommen,
wenn yiele der Entwickelung zahlreicher Eier giinstige Umstande zusammenfallen.
Grassi, B., Par on a, E. und Par on a, 0., Intorno all’ Anchilostomasi. Milano
1879. p. 8, 9.
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Pieri, Eurze Erwiderung auf Uerrn Dr. Looss’ Mitteilung etc.
533
mittelst eines ringsum verklebten Uhrgl&schens geschiitzt wurde, und
zwar geschah dies, um soviel wie nur irgend moglich die Eventualit&t
einer konsekutiven unfreiwilligen Infektion zu vermeidcn.
Nach Looss hatten wir alle von Tausenden von Ankylostomen in-
fiziert werden mtissen, dagegen infizierten sich weder Prof. Gras si
noch Dr. Nofe; wenn Looss raeine von ihm erw£hnte Mitteilung in den
Archives Italiennes de Biologie 1 ) hatte einsehen kSnnen, wdrde er ge-
lesen haben, daB bis zum 12. Juni 1902 (an welchem Tage ich besagte
Mitteilung einsandte) die Untersuchung unserer Faeces stets ein negatives
Resultat ergeben hatte, d. h. keine Ankylostoma- Eier vorgefunden wurden.
GegenwSrtig bietet No h eine sehr leichte Ankylostoma-lvAoiktion dar,
doch mull ich hier bemerken, daB derselbe fortgefahren hatte, an meinem
Arbeitstische zu arbeiten,.wo es nicht leicht war, geniigende Vorsichts-
maBregeln anzuwenden (es ist sogar passiert, daB eine ganze Larven-
kultur auf dem Tische umfiel und daselbst trocknete) und daB er nach
dem Datum der negativen Untersuchung der Faeces sich in eine Stadt
begab und l&ngere Zeit verblieb, wo die Ankylostomen heimisch sind.
Ich infizierte mich mit 7 Ankylostomen, und diese Infektion
schreibe ich — wie ich dies in meiner Mitteilung erklare — dem zu-
f&lligen Eindringen der Larven durch den Mund zu. Um fur alle F&lle
die Moglichkeit eines gewissen Grades der Immunitat meinerseits aus-
zuschlieBen, verschluckte ich, nachdem ich mich durch wiederholte Unter-
suchungen meiner Faeces iiberzeugt hatte, keine Ankylostomen mehr zu
beherbergen, ungefehr 40 Ankylostoma - Larven; nach 30 Tagen er-
schienen die ersten Eier. Durch eine Thymolkur befreite ich mich von
42 Ankylostomen, doch offenbart das bestandige Vorkommen einer,
wenn auch sehr geringen Anzahl von Eiern in meinen Faeces (ungef&hr ein
Ei ftir zwei oder drei Pr¶te von der Dimension der gewdhnlichen
Deckgl&schen) die Gegenwart einer kleinen Zahl von Ankylostomen in
meinem Darm.
Ich muB hier hinzufflgen, daB weder in Nofe noch in mir sich von
dem Tage der versuchten Infektion an bis auf heute auch nur das ge-
ringste Sympton von An&mie noch irgend einer anderen auf die Anky¬
lostomen zuruckflihrbaren Storung gezeigt hat.
Die von mir in meinen Untersuchungen angewandten Larven
stammten von Ankylostomen her, die von einem in Amerika (Brasilien)
infizierten Individuum beherbergt wurden. Die 7 von mir nach
der ersten Infektion ausgeschiedenen Ankylostomen gehdrten jenem
Typus an, den Stiles kiirzlich als eine neue, Amerika eigene Art
(Uncinaria americana ) 2 ) beschrieben hat; die von mir nach der zweiten
Infektion eliminierten Ankylostomen hatten dagegen die Kennzeichen
des Ankylostoma duodenale .
Was nun die von Looss verneinte Austrocknungswiderstands-
f&higkeit der Larven anbelangt, so wurde dieselbe schon vor mir auch von
Perroncito 3 ) bestatigt, undbestehe ich daher auf meiner durch Experi-
mente begrundeten Behauptung. Ich trdpfelte Larven enthaltendes Wasser
auf verschiedene Deckglaschen und lieB es dann in freier Luft trocknen —
1) Archives Italiennes de Biologie. T. XXXVII. 1902. Fasc. 2.
2) Stiles, E. W., A new species of hookworm (Uncinaria americana) parasitic in
man. (American Medicine. VoL III. p. 777—778.j
3) Perroncito, Edoardo, Osservaziom elmintologiche relative alia malattia
sviluppatasi endemica negli aperai del Gottardo. Roma 1880. — I parasBiti delT uomo
e degh animali utili e le pih comuni malattie da essi prodotte. Milano 1901. p. 455.
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534
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
dies ist der fast absolute Trockenheitszustand, von welchem ich in
meiner Mitteilung spreche. — In den folgenden Tagen (ich benutzte in
den einzelnen Untersuchungen stets verschiedene Glaschen) trflpfelte
ich reines Wasser auf die getrockneten Larven und sah nach einigen
Stunden eine gewisse Anzahl derselben ihr norraales Aussehen annehmen
und ihre charakteristischen aktiven Bewegungen ausfiihren. Die Zahl
der Larven, welche so zura Leben zuriickkehrten, verminderte sich pro-
gressiv bis zum 7. Tage; mit den seit 8 Tagen getrockneten Larven
blieb das Resultat negativ. Nicht zu vernachl&ssigende Faktoren
bei diesen Erscheinungen sind wahrscheinlicherweise die Temperatur —
die in der Jahreszeit, in welcher ich meine Untersuchungen anstellte
(Dezember), ziemlich niedrig war — und die Feuchtigkeit der Umgebung
(Rammer), in welcher ich arbeitete.
Obige absolut positiven Untersuchungen, wie auch diejenigen von
Perroncito, kflnnen meiner Ansicht nach nicht durch die negativen
Untersuchungen L o o s s ’ zu nichte gemacht werden.
Looss bringt zur Stiitze seiner Meinung, d. h. der Moglichkeit der
Infektion von der Haut aus, noch drei andere Experimente, eins mit
einem Menschen und zwei mit Hunden. Es ist nicht moglich, iiber den
Wert dieser Experimente zu diskutieren, da der Verfasser nicht aus-
fuhrlich die Daten angegeben, welche notwendig sind, die genauen Be-
dingungen, in welchen dieselben stattgefunden, klarzulegen und jeden
Zweifel an eine Infektion per os auszuschlieBen. Ich kann jedoch nicht
umhin, zu bemerken, daB das Individuum, mit welchem Looss experi-
mentierte, fruher von Anguillula intestinalis , welche, wie bekannt, eine
der der Ankylostoma sehr ahnliche. Verteilung aufweist, infiziert war *)•
Auch ist der Zustand des Individuums, mit welchem Looss sein
Experiment angestellt hat, kein zu vernachlassigender Umstand; wissen
wir doch alle — und Looss gewiB besser als ich — wie unsicher es ist,
derartige delikate Experimente mit ungebildeten Personen anzustellen,
da uns dieselben oft tSuschen, ohne es zu wollen und zu wissen. Diese
Betrachtung war es, welche uns bestimmte, das Experiment an uns
selbst anzustellen.
Looss hebt hervor, dafi die von der Haut aus stattgefundene In¬
fektion sich in seiner Versuchsperson nach 71 Tagen (die Entwickelungs-
periode der Ankylostomen betragt bei der Infektion durch den Mund
4—5 Wochen) bewahrheitet hat und legt dem Faktum, daB dieser Zeit-
raum mit jenem (4. Dezember 1901 bis 13. Februar 1902), nach welchem
ich in mir die Eier der ersten Infektion bemerkte, flbereinstimmt, be-
sondere Wichtigkeit bei. Ich kann hier jedoch nicht umhin, ihm wissen
zu lassen, daB ich die t&gliche Untersuchung meiner Faeces bereits von
der 6. Woche nach dem Experiment aufgegeben hatte und nur
aus Zufall dieselben am 13. Februar einer neuen Untersuchung unter-
warf 1 2 ).
Die Infektion des Hundes fand dagegen fast rascher als die durch
den Mund statt; mir scheint es nicht annehmbar, diese Kiirze — wie
1) Inbetreff der Genauigkeit der Ueber6etzung mufi ich hier einschalten, dafi
Loos8 irrt, wenn er mich p. 331 sagen lafit, die Ankylostomen seien in der Stadt
Cairo endemisch; ich hatte dies fur das ganze Land, in welchem sich Looss befindet,
gemeint, und verstand unter dem Worte natiirlicherweise nicht nur die Stadt Cairo,
sondern auch die umliegenden Regionen.
2) Id. Bd. XXXIII. 1903. No. 5. p. 338.
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Herzog, Die Abschw&chung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc.
535
dies L o o s s tut — dadurch zu erkl&ren, dafi die Larven anstatt auf das
Gelenk, hinter das Schulterblatt appliziert wurden 1 ).
Meinerseits glaube ich, daB die definitive L5sung des Problems nnr
dann gegeben werden kann, wenn wir das Schicksal der Larven nach
dem Eindringen der Haare in die Follikel bis zn ibrem Erscheinen in
der Darmwand verfolgt haben werden, was ich binnen kurzem zu tun
hoffe.
Rom, den 20. Mfirz 1903.
Nachdruck verboten.
Die Abschwachung der Saugetiertuberkulosebacillen
im Kaltbliiterorganismus.
[Aus der Untersuchungsstation des k. Garnisonlazarettes Wfirzburg.
Stabsarzt und Privatdozent Dr. DieudonnA]
Von Dr. H. Herzog, k. bajr. Assistenzarzt.
Mit 1 Tafel.
Nach denUntersuchungen von dePasquale(l)und deMichele(2)
galten die Kaltbiiter als immun gegen die Tuberkulose: „Die Tuberkel-
pilze sind noch nach langer Zeit im Organismus dieser Tiere — gleich-
gultig bei welcher Temperatur sie gehalten werden — nachzuweisen,
Verlust an Virulenz far Warmblater, oder sonstige Ver&nderungen der
Pilze treten nicht ein. tt Die Verdffentlichungen von Bataillon,
Dubard und Terre (3) traten in direkten Gegensatz zu diesen An-
schauungen und riefen nun eine Reihe von Untersuchungen dieser, far
die Biologie des Tuberkelbacillus hochwichtigen Frage, und damit nicht
unbedeutende Kontroversen hervor: Die Autoren hatten aus einem sehr
riesenzellenreichen Tumor an der Bauchwand eines Karpfen einen Mikro-
organismus gezttchtet, der nach Gestalt, sowie tinktoriellem Verhalten
mit dem Tuberkelbacillus identisch erschien, jedoch andererseits funda¬
mental Abweichungen von dem Erreger der S&ugetiertuberkulose bot:
Wachstumsoptimum bei 23—25°, innerhalb 3—4 Tagen Entwickelung
eines reichlichen, flockigen Bodensatzes in Bouillon, Bildung eines seifigen,
weiBlichen, brachigen Belages auf Kartoffeln. Den Beweis, daB es sich
hierbei urn einen an den Kaltbiaterorganismus angepaBten Tuberkel¬
bacillus handle, suchten sie dadurch zu erbringen, dafi sie Karpfen mit
tuberkulOsen Organen von Meerschweinchen fatterten. Bereits nach
ll-t&gigem Verweilen im Kaltbiater sollen diese Tuberkelbacillen so ab-
geschwBcht worden sein, dafi sie far Warmblater nicht mehr infektions-
tachtig waren, und sich bei gewbhnlicher Temperatur zhchten lieBen.
Wurden Kaltbiater mit Kulturen menschlicher Tuberkelbacillen infiziert,
1) Id. Bei der speziellen Lage der gewahlten Infektionsstelle 1st dies in der Tat
nnschwer moglich, da sie nur <£e KSrperwand in gerader Richtung zu durchsetzen
braucheo, um sich bereits in der Brust- oder Bauchhohle zu befiudeD, von wo aus sie
ohne die mindeste Schwierigkeit nach dem Oesophagus oder dem Darme gelangen
konnen. (p. 34.)
Hiermit verliert der an fangs etwas uberraschende Unterschied, der sich in dem
Versuche am Menschen und dem am Hunde in Bezug auf die Inkubationsdauer der
Krankheit ergeben hatte, sein Auffalliges vollkommen; er zeigt nur, dafi die Larven
nicht vonjeder Stelle der Haut aus gleich schnell nach dem Darme zu gelangen vermogen.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
so bildete sich ein sehr starker Ascites aus, und in den Leukocyten
waren massenhaft Bacillen eingeschlossen. Am 12. Tage zeigten sich
bei dem groBten Teile der Tiere Granulationen, welche sich in nichts von
denen der S&ugetiere unterscheiden.
Bei weiteren Versuchen von Bata ill on und Terre (4), den S&uge-
tiertuberkelbacillns nacb Passage durch Kaltblflter auf Warmblflter
zu flbertragen, erschien derselbe pathogen fiir das Meerschweinchen.
Doch erwiesen sich die Bacillen insofern umgewandelt, als sie bei niederer
und hdherer Temperatur (bis 47°) lebhaftes Wachstum zeigten. D u b a r d (5)
gelangte nach seinen Versuchen zu dem Resultate, daB der Sftugetier-
tuberkelbacillus durch den Kaltblilterorganismus seine Infektionsfahigkeit
fflr Warmblflter einbflfit und sich in einen Bacillus umwandelt, der
bei gewflhnlicher Temperatur wachst. Im Kaltblflter selbst fand er
sowohl nach Einverleibung lebender wie toter menschlicher Tuberkel-
pilze typische Tuberkel, von deren histologischer Struktur aber nichts
berichtet ist. Die lebenden Tuberkelpilze zeigten vom 12. Tage an
Involutionsformen und Verzweigungen. Auch Sporenbildung will D u b a r d
gesehen haben.
Diesen vollstflndigen, bereits nach so kurzer Durchleitung durch den
Kaltblflter eintretenden Virulenzverlust der Tuberkelbacillen fflr Warm-
bltiter konnten Auch6 und Hobbs (6) nicht bestatigen. Nach ihren
Angaben waren menschliche Tuberkelbacillen noch nach 60-tagigem
Verweilen im Froschkorper im stande, bei Meerschweinchen generali-
sierte Tuberkulose hervorzurufen. Ihre Virulenz erschien aber doch ab-
geschw&cht, denn die Ausbreitung der Tuberkulose erfolgte langsamer
als sonst. Kulturen, die noch nach 148 Tagen aus den Froschorganen
angelegt wurden, boten niemals die von Bataillon, Dubard und
Terre beschriebenen Ver&nderungen dar. Dagegen fanden die Autoren
nach intraperitonealer Einverleibung der Tuberkelbacillen in den Frosch-
organismus ausgesprochen tuberkulose Ver&nderungen in den Organen,
verneinen jedoch eine Vermehrung der Pilze im Frosche bei gewflhn-
licher Temperatur. Zu flhnlichen Resultaten gelangten Nicolas und
Lesieur (7) durch Verffltterung von stark Tuberkelbacillenhaltigem
Sputum an Fische. Die meisten Tiere (von 13 Tieren 11) gingen nach
einigen Monaten ein; weder makroskopisch noch mikroskopisch liefien
sich tuberkulflse Erkrankungen feststellen; Tuberkelbacillen waren nicht
nachweisbar. Dagegen konnte durch Verimpfung von Darminhalt und
Muskel auf Meerschweinchen festgestellt werden, daB sich die verffltterten
Tuberkelbacillen virulent erhalten batten. Eine weitere Nachprufung
der Versuche B a tail Ions und Ter res, durch Verffltterung tuber-
kulosen Materiales bei Kaltblfltern spezifische Krankheitserscheinungen
hervorzurufen, sowie den Tuberkelbacillus an den Kaltblflter zu accommo-
dieren, wurde von Hormann und Morgenroth (8) angestellt.
Sie konnten bei Goldfischen durch Ffltterung mit tuberkuldsem Auswurf
keine der Tuberkulose ahnliche Krankheit hervorrufen. Die Faeces der
Fische wurden verschieden lange Zeit nach dem Aussetzen der Ffltterung
auf Merschweinchen verimpft, welche spater an Tuberkulose eingingen,
Oder nach der Totung deutliche tuberkulose Veranderungen zeigten.
Es war somit der Beweis geliefert, daB die Ausscheidungen der Tiere
noch mehrere Wochen, nachdem die Ffltterung ausgesetzt war, lebende
Tuberkelbacillen enthielten. Die Frage, ob die Tuberkelpilze in ihrer
Virulenz durch die Passage durch den Fischkorper abgeschwacht worden
sind, lassen Hormann und Morgenroth offen: Wenn 1 Meer-
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Herzog, Die Abschw&chung der S&ugetiertuherkulosebacillen etc.
537
schweinchen, das nach der 10. Woche getotet worden, keine sehr hoch-
gradigen tuberkulosen Ver&nderungen zeigte, und aus einem anderen
Versuche 1 Tier nach 6 3 / 4 Monaten an ausgebreiteter Tuberkulose ein-
ging, wahrend noch 2 gleichzeitig mit demselben infizierte Tiere nach
6 3 / 4 Monaten gesund befunden wurden, so lassen die Autoren den Ein-
wand zu, daB eine sehr geringe Anzahl von Tuberkelbacillen eingespritzt
wurde, bezw. im Fall II eventuell eine Stallinfektion stattgefunden hat.
In vollstandigem Widerspruch mit den angefiihrten Forschern steht
Sion (9) mit seinen Resultaten. Frosche wurden teils vom Lymphsack^,
teils von der Peritonealhohle aus mit Tuberkelbacillen infiziert. „Nie-
mals gelang ihm der Nachweis der Pilze in den inneren Organen,
weder durch den Ausstrich des Organsaftes noch durch Untersuchung
der Schnitte. In keinem Falle konnte er makroskopisch oder mikro-
skopisch irgendwelche Reaktion des Gewebes nachweisen.“ Sion glaubt,
hiermit zu denselben Resultaten gekommen zu sein, wie Hormann
und Morgenroth, Nicolas und Lesieur, wobei er flbersieht, daB
er durch Einverleibung der Tuberkelbacillen in den Lymphsack und die
Peritonealhohle von Froschen sich auf ganz anderem experimentellen
Boden bewegt hat, als die erw&hnten Forscher mit den Futterungsver-
suchen. Weiter stellt Sion in Abrede, daB die Pathogenitat des Tuberkel-
bacillus im Organismus kaltbliitiger Tiere irgendwie modifiziert werde.
Eingehend ist in jiingster Zeit von Lubarsch und Mayr (11)
das Verhalten der Tuberkelpilze im Kaltbliiter studiert worden. Nach-
dem ersterer bereits friiher angegeben (10), daB die Tuberkelbacillen nach
Einverleibung in den Rtickenlymphraum von Froschen sehr rasch in die
inneren Organe gelangen und dort noch nach Monaten nachweisbar
sind, sowie daB es am Impforte nicht selten zur Bildung kleiner Granu-
lationen um die Pilzbrockel kommt, die histologisch dem Bilde der
Fremdkorpertuberkel entsprechen, wahrend in den inneren Organen ffir
gewohnlich keine oder nur sehr geringe Reaktion der Gewebe nachweis¬
bar ist, schlieBlich daB die in den Organen deponierten Tuberkelbacillen
nach wochenlangem Aufenthalte in denselben nicht mehr im stande
sind, bei Meerschweinchen Tuberkulose hervorzurufen, hat derselbe
neuerdings festgestellt, daB
1) auch beim Frosche die Pilze der Saugetiertuberkulose echte
Tuberkel erzeugen konnen,
2) vielleicht eine Vermehrung, sicher aber keine erhebliche Ver-
minderung der eingeimpften Tuberkelbacillen stattfindet,
3) die eingeimpften Tuberkelbacillen erhebliche morphologische und
tinktorielle Veranderungen erleiden. Neben Einverleibung der Tuberkel¬
pilze in den Lymphsack von Froschen wurde auch die Infektion vom
Intestinaltraktus aus versucht, und zwar so, daB die Tiere mit groBen
Mengen von Bouillonkultur menschlicher Tuberkulose geffittert wurden.
In den Faeces fanden sich reichliche Tuberkelbacillen; ebenso im Magen
und Darrainhalt. In Schnitten durch Magen und Darm lieBen sich nur
hie und da der Oberflache der Schleimhaut anhaftende Tuberkelbacillen
vereinzelt nachweisen. Im Gewebe dagegen, und besonders in Lymph-
und Blutgefafien konnten trotz genauer Duchsuchung vieler Schnitte
keine Tuberkelbacillen gefunden werden; ebensowenig waren sie in Milz,
Leber und mesenterialen Lymphknoten zu entdecken. Trotzdem geben
Lubarschund Mayer die Moglichkeit eines U eberganges der Tuberkel¬
pilze in die inneren Organe — wenigstens fiir Fische — nach dem
positiven Meerschweinschenversuch von Nicolas und Lesieur zu.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Fast gleichzeitig und unabhfingig tod Lubarsch and Mayr hat
Verfasser (12) fiber Versuche berichtet, denen teilweise dieselben
Fragen zu Grunde gelegt waren, und deren Resultate sich mit den Er-
gebnissen von Lubarsch und Mayer nahezu vollstandig decken:
Verschleppung der Tuberkelbacillen in alle Organe, Bildung charak-
teristischer, tuberkulfiser Verfinderungen in denselben, Schfidigung der
Form sowie Ffirbbarkeit der eingeimpften Tuberkelpilze, wahrscheinliche
Verminderung der Virulenz der Bacillen nach lfingerem Verweilen im
Kaltblfiterorganismus.
Aus alien diesen Angaben ergiebt sich die sicher feststehende Tat*
sache, dafi die Tuberkelbacillen nach Einverleibung in den Rfickenlymph-
bezw. Bauchraum des Frosches ausnahmslos in die inneren Organe
verschleppt werden, dafi in diesen Organen charakteristische tuberkulose
Verfinderungen hervorgerufen werden, und dafi die eingebrachten Tuber¬
kelbacillen ziemlich intensive morphologische Schfidigungen erfahren.
Die Aeufierungen fiber Eintritt von Virulenzabnahme bis zu volligem
Virulenzverluste nach verschieden langem Aufenthalte der Tuberkelpilze
im Kaltblfiter erscheinen dagegen nicht einwandfrei, oder wenigstens
nicht strikte beweisend. Alle bisherigen Versuche schliefien die Mfiglich-
keit nicht aus, dafi der Warmblfiter mit einer verhfiltnismfiBig so ge-
ringen Menge von Mikroben infiziert worden ist, daB der teilweise ver-
spfitet eingetretene Tod der Meerschweinchen, andererseits der negative
Befund damit erklfirbar erscheint. Hormann und Morgenroth
weisen auf diese Mdglichkeit selbst bin, Nicolas und L e s i e u r konnten
sogar in der verimpften Muskulatur fiberhaupt keine Tuberkelpilze nach-
weisen; auch dem von mir seinerzeit mitgeteilten Versuch kommt
irgendwelche genfigende Beweiskraft nicht zu.
Die Beeinflussung der Virulenz der Tuberkelbacillen durch den
Kaltblfiterorganismus erscheint an sich schon sehr bedeutungsvoll fttr
die Kenntnis und Beziehungen der verschiedenen Arten derselben,
andererseits liefie sich hoffen, durch systematische nach wiederholter
Passage durch den Kaltblfiter erfolgte Abschwfichung schliefilich zu
einer fflr Warmblfiter nahezu avirulenten Tuberkelbacillenkultur zu ge-
langen, mit welcher vielleicht eine Immunisierung von Warmblfltern
gegen virulente Tuberkelbacillen moglich wfire.
Es war demnach vor allem festzustellen:
1) Tritt eine Abschwfichung virulenter Tuberkel-
bacillenkulturen nach Passage durch den Kaltblflter-
organismus ein.und gegebenenFalles, nach welcher ZeitV
2) Zeigen die Kulturen nach lfingerem Aufenthalt im
Froschkfirper eine Aenderung oder Anpassung?
Die Infektion der Frosche geschah in der bereits frfiber mitgeteilten
Weise durch Injektion von 1 ccm einer fein verriebenen, mit physio-
logischer Kochsalzlosung aufgeschwemmten, moglichst gleichmfifiigen
Emulsion einer Tuberkelbacillenkultur in den Rfickenlymphraum. Die
Tiere wurden insgesamt bei gewfihnlicher Teraperatur ohne Nahrung
gehalten; das Wasser tfiglich erneuert. Bei Uebertragung der Tuberkel¬
bacillen vom Kaltbfiter auf den Warmblfiter — Meerschweinchen —
wurde folgendermafien verfahren: Die ganze Leber, mit Ausnahme eines
zur mikroskopischen Untersuchung bestimmten, etwa 1 qcm grofien
Stfickchens, wurde herausgenommen, in 3 sterilen Wfissern gewaschen,
in steriler Schale zu einem Brei verrieben, mit physiologischer Koch-
salzlosung aufgeschwemmt und dem Meerschweinchen diese Emulsion
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Herzog, Die AbschwSchung der Sfiugetiertuberkulosebacillen etc.
539
in die AbdominaIh5hle injiziert. Fand sich im Ruckenlymphraum eine
grdBere Menge Exsudat oder ausgedehnte Granulationen, so wurde das-
selbe mit steriler Spritze aufgesaugt bezw. die sulzigen Massen abge-
schabt, in sterilem Wasser gewaschen, verrieben und mit zur Injektion
verwendet. Die flbrigen Organe — Lunge, Milz, Nieren, Roden, In-
testinaltraktus etc. — wurden nicbt zur Injektion verwendet, sondern
lediglich der mikroskopischen Untersuchung unterzogen, einerseits wegen
ihrer Kleinbeit — Milz —, andererseits, weil sie sich wegen ihrer Kon-
sistenz — Lunge, Nieren — sehr schlecht zur breiigen Verkleinerung
eignen.
Das klare Verst&ndnis und die richtige Beurteilung der Impfver-
suche setzt vor allem eine SuBerst genaue Kontrolle der Tuberkel-
bacillen in den zur Verimpfung benfltzten Organen voraus. Es wurden
deshalb bei jedem Versuchstier sowohl die zur Infektion verwendete
Leber, sowie auch die Mehrzahl der anderen inneren Organe einer ein-
gehenden mikroskopischen Untersuchung in vielen Schnitten unterzogen.
Nun ist der Nachweis der Tuberkelpilze im Gewebe der Kaltblliter be-
sonders erschwert durch die Abnahme der S&urefestigkeit, worauf bereits
Lubarsch und Mayr hingewiesen haben, sowie durch den Zerfall der
Bakterien. Erstere kann nach langerer Zeit so erheblich sein, daB in
Praparaten, die nach „Ziehl-Neelsen u gef&rbt und in gewOhnlicher
Weise differenziert werden, keine Bacillen nachweisbar sind. Mindert
man die Starke der Entf&rbungsflfissigkeit ab, so sind wohl die gut er-
haltenen Pilze sichtbar, die schlecht sich farbenden, in Zerfall be-
griffenen, die Pilzfragmente und Kornchen dagegen werden durch die
Kontrastfarbe gedeckt und das tatsachlich vorhandene, eventuell infek-
tioustiichtige Material wird nicht erkannt. Nach Anwendung der ver-
schiedenen fttr die Tuberkelbacillenfarbung angegebenen Methoden, sowie
nach zahlreichen miBlungenen Versuchen ergab mir schlieBlich folgendes
Verfahren die besten Resultate:
Farben der auf dem ObjekttrBger aufgeklebten
Schnitte 18 — 24 Stunden lang bei Zimmertemperatur in
Karbolfuchsin Ziehl - Neel sen; 5 —10 Sekunden langes
Differenzieren der Praparate in 1-proz. salzsauerem.
Alkohol; langeres Auswaschen in destilliertem Wasser;
keine Kontrastfarbe, Alkohol, Kanadabalsam. Das Ge¬
webe ist schwach rosa, die Pilze oder deren Reste satt
rot gef&rbt. (SchluB folgt.)
Digitized by
Google
540
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Naehdruek verboten.
Untersuchimgen liber natiirliche und kiinstliche Milz-
brandimmunitat
[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universit&t Prag
(Vorstand: Prof. Hueppe).]
Mit Unterstfltzung der Gesellschaft zur Forderung deutscher Wissen-
schaft, Kunst und Literatur in Bohmen.
VII. Versuch einer Erkl&rung der Milzbrandempf&nglich-
keit des Kaninchens.
Von
Dozent Dr. Oskar Bail und Dozent Dr. Alfred Pettersson
Assistenten des Institutes. Stockholm.
(Schlufi.)
Der Einwand, daB durch Zusatz der Organe irgendwelche n&hren-
den Stoffe dem Serum beigemengt, wiirden, die dadurch die Bakterien-
vernichtung verdeckten, wird, abgesehen von sp&ter auszufflhrenden
Versuchen, schon durch den Hinweis auf die entgegengesetzte Wirkung
z. B. der Milz in Ochsen- und Kaninchenserum beseitigt, vor allem aber
durch die aus den Tabellen VIII und IX deutlich ersichtliche Art und
Weise der Wirkung der Kaninchenorgane. Diese vielf<igst wieder-
holten und variierten Versuche lassen namlich keinen Zweifel zu, daB
die Aufhebung der milzbrandtotenden Serumwirkung so gut wie aus-
schliefilich auf Bindung des Immunkorpers bei Unversehrt-
bleiben der Komplemente zuruckzufuhren ist 1 ). Der Beweis
daftir wird erbracht einerseits durch die ganz oder fast vSllige Nutz-
losigkeit eines Zusatzes frischen Kaninchenserums zu dem mit Organ-
brei behandelten, andererseits in der Tatsache, daB ein durch Organ-
zellen an sich unwirksam gewordenes Kaninchenserum so gut wie frtiher
und in der gleichen Menge irgend ein anderes, nur immunhaltiges Serum
erg&nzt.
Von welch groBer Bedeutung diese Verhaltnisse im Tierkorper
sein miissen, ergibt eine einfache Ueberlegung. Denn da alle Organe
die Serumwirkung durch Bindung des darin befindlichen Immunkdrpers
aufheben und da das Blut mit alien Organen in innigste Bertihrung
kommen mufi, so kann es, mindestens innerhalb des Kapillarkreislaufes,
nicht mit dem Blute verglichen werden, das man aus einem groBen
Gef&Be in ein Reagenzglas auffangt. Verst&ndlich wird der ganze Vor-
gang, wenn man sich Ehrlichs Anschauung anschlieBt, daB die im
normalen Blute vorhandenen, auf Bakterien oder ihre StofFwechsel-
produkte wirkenden Stoffe von Natur aus nicht gerade auf diese ein-
gestellt sind. Sie iiben irgendwelche, im einzelnen meist noch unbe-
kannte, physiologische Funktionen aus, und es ist nichts viel anderes
als ein Zufall, daB sie daneben auch noch Bakterien beeinflussen
konnen.
Was gerade die Funktion der Immunkorper ist, die nebenbei dem
Milzbrandbacillus sich anlagern konnen, laBt sich natiirlich nicht ohne
1) Ycrgl. dazu: v. Dungern, Munch, med. Wochenschr. 1900. Wilde. Arch. f.
Hyg. Bd. XLIV.
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Bail u. Petter8Son, Untersuch. tiber naturl. u. kiinstl. Milzbrandimmunitftt 541
weiteres sagen; aber sehr weitverbreitet muB diese Funktion sein, da
sich, vie frtther gezeigt wurde, die AnweseDheit dieses ImmunkSrpers in
fast alien untersuchten Blutarten durch Zusatz kleiner Mengen komple-
menthaltigen Serums nachweisen laBt. Gerade diese allgemeine Ver-
breitung bei den verschiedensten Tieren beweist, daB dieser Immun¬
kSrper, dessen Wirkungen im Reagenzglase so imponierend sein kSnnen,
daB sie den Vergleich mit spezifischen Seris nicht zu scheuen brauchen,
nicht direkt auf den Anthraxbacillus eingestellt ist; denn die aller-
meisten dieser Tiere sind ja hochempf&nglich.
Man kann sich nun vorstellen, daB der ImmunkSrper, der, wie die
erw&hnten Versuche unzweideutig zeigen, als Ambozeptor zwei Gruppen,
eine cytophile und eine komplementophile, haben muB, mit der ersteren
normalerweise in einen passenden Rezeptor, den wohl alle oder fast alle
Zellen des Raninchens haben, eingreift; mit Hilfe irgend eines Komple-
mentes Qbt er dann an der Zelle seine physiologische Funktion aus.
Diese Anlagerung an die Zellen findet nun jedenfalls ununterbrochen
statt, so daB im Blute des lebenden Tieres, wenigstens innerhalb der
Organe, der ImmunkSrpergehalt tatsSchlich gar nicht derjenige ist, den
man im extravaskularen Blute feststellt. Denn hier im Reagenzglase
findet sich keine Gelegenheit, Immunkorper abzugeben, wahrend im
Tiere ein fortwahrender Verbrauch stattfindet.
Aus dieser Vorstellung geht aber unmittelbar hervor, daB Bacillen,
die ins Blut gelangen und mit dem Blute fortgeschleppt werden, ganz
anderen Verhaltnissen ausgesetzt sind als diejenigen, welche man im
Glase einer gewissen Menge Blut Oder Serum beifiigt. Offenbar besteht
hier ein zweifacher Vorgang; innerhalb der groBen GefaBe liegen die
Bedingungen ganz ahnlich wie beim bakteriziden Versuche: eine groBe
Menge Blutes, welches zunachst, allerdings nur far Augenblicke lang,
seine ImmunkSrper nicht abzugeben vermag, wirkt auf eine relativ kleine
Menge von Bacillen ein. Innerhalb der Kapil laren in den Organen
wird mit einem Schlage alles anders: der in feinste Aederchen zerteilte
Blutstrom steht auf alien Seiten mit Zellen in Verbindung, die gierig die
ImmunkSrper anziehen. Bacillen, die innerhalb der groBe GefaBe sich
befinden, werden somit wahrscheinlich den ImmunkSrper aufnehmen
miissen, bei solchen, die in die Kapillaren kommen und hier stecken
bleiben, ist die Wabrscheinlichkeit daffir wesentlich geringer. Ffir deren
Beurteilung kommen wieder drei MSglichkeiten in Betracht: entweder ist
die Affinitat des ImmunkSrpers zum Bacillus geringer als die zum Zell-
rezeptor; dann wird der Bacillus fiberhaupt nicht beeinfluBt werden.
Oder die Affinitat ist far Bacillus und Zelle die gleiche; dann hangt es
rein vom Zufalle ab, wohin sich der ImmunkSrper wendet. Oder die
Affinitat zum Bacillus ist die aberwiegende; dann lagert sich der Immun¬
kSrper innerhalb der Organe gerade so gut an, wie dies far das Blut
innerhalb der groBen GefaBe wahrscheinlich ist.
Nun ist zwar von vornherein zu betonen, daB die bloBe Anlagerung
des ImmunkSrpers noch keinen tStenden EinfluB auf den Bacillus aus-
zufiben braucht; dazu gehSrt unter alien Umstanden noch ein wirksames
Komplement. . Es mfiBte daher zunachst untersucht werden, ob ein
solches innerhalb der Organe zur Wirkung gelangen kann. Wie sofort
zu zeigen sein wird, liegen auch hier die Verhaltnisse anders als im
Reagenzglasversuche, so daB auch der Nachweis einer erfolgten Bindung
des ImmunkSrpers an die Bacillen mit dem sofortigen Eingreifen des
bakteriolytischen Komplementes, also der Abtotung, nicht gleichbedeutend
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
1
ist. Bei der Wichtigkeit, die aber trotzdem die Klarstellnng der Affi-
nit&tsverh<nisse hat, seien zunSchst diesbezugliche Versuche angefQhrt.
Es warden zwei Methoden angewendet, um daruber ins klare zn
kommen. Die eine ist eine indirekte und bietet den Vorteil, mit toten
Bacillen arbeiten zu kdnnen und den Einwand etwaiger paralysierender
Wirkungen von Nfihrstoffen, welche die zugesetzten Organzellen ent-
halten, auszuschliefien. Sie hat dafflr den Nachteil, ganz unnatttrliche
Verhaltnisse zu schaffen.
Das Prinzip ist folgendes: sowohl tote Milzbrandkulturen wie frische
Organzellen machen ein Kaninchenserum unwirksam. Wthrend dies
aber im ersteren Falle durch gleichzeitige Hinwegnahme von Immun-
korper und Komplement geschieht 1 ), erfolgt die Inaktivierung durch
Organe lediglich durch Absorption des Immunkorpers bei erhaltenem
Komplement. Setzt man also einem frischen Kaninchenserum gleich-
zeitig Organzellen und tote Bacillen zu, so wird bei grSfierer Affinit&t
des Immunkdrpers zu den Bacillen das Komplement mitverschwinden
mflssen. Ein so behandeltes Serum wird also ein anderes, welches nur
Immunkorper enth<, nicht mehr wirksam machen kOnnen. Wie die
folgenden Versuche zeigen, tritt dieser Fall nicht ein, das Komplement
bleibt ganz oder doch zum grofiten Teile erhalten.
Tabelle XI.
Die Eprouvette A enthalt 10 Tropfen Leberbrei, B 2 bei 100° abgetotete, in NaCl-Ldeung
gewaschene und durch Zentrifugieren moglichst von Fliissigkeit befreite Milzbrandagar-
kulturen, C enthalt sowohl Leber wie Bacillen in den gleichen Mengen. Zugeeetzt werden
je 2V, ccm ganz frischen Serums, durch sofortiges Mischen erfolgt gleichmafiige Ver-
teilung, worauf die Proben 1 Stunde bei 37° belassen und dann zentrifugiert werden.
Das Tier war nicht mit NaCl ausgewaschen worden, die Leber enthielt noch vie!
eigenes Blut.
Sofort Nach 4 Std.
1) 1 ccm Kaninchenserum aktiv 0
2) 1 „ Serum A \ fi . kaoti
3) 1 „ „ „ -f 0,05 ccm aktives Kaninchenserum \
4) 1 „ Schweineserum -f 0,05 ccm Serum A 8
5) 1 „ Kalb88erum -f 0,05 „ „ „ 0
6) 1 „ Serum B 5
7) 1 „ „ „ -f 0,05 ccm aktives Kaninchenserum .ti
8) 1 „ Schweineserum + 0,05 ccm Serum B S
9) 1 „ Kalbsserum -h 0,05 „ „ „ q
10) 1 „ Serum C
11) 1 „ „ „ 4- 0,05 ccm aktives Kaninchenserum S
12) 1 „ Schweineserum -f 0,05 ccm Serum C 2 0
13) 1 „ „ + 0,05 „ „ „ 1
liber 5000
2896
1892
liber 5000
Kalbsserum
Schweineserum + 0,05 ccm aktives Kaninchenserum
Kalbsserum -j- 0,05 ,, „ ,,
iiber 5000
0
2
Tabelle XII.
Kaninchen mit NaCl-Losung durchspiilt. Zu je 2V f ccm des ganz frischen Serums kommen teils
2 tote Milzbrandagarkulturen, teils zerriebene Organe, teils beiaes. Nach 1 Stunde Aufenthalt bei
37° werden alle Proben zentrifugiert und verteilt.
Sofort Nach 4 St d
1) 1 ccmKaninchenserum 0
2) 1 „ Ochsenserum ^ ^ 3472
3) 1 „ „ + 0,05 ccm Kaninchenserum fig 0
4) 1 „ Schweineserum S iiber 8000
5) 1
4- 0,05 ccm Kaninchenserum
0
1) Vgl. die erste Abhandlung dieser Untersuchungen, dieses Centralbl. 1903. No. 5>
sowie Pettersson, dieses Centralbl. 1903.
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Bail u. Pettersson, Untereuch. fiber natfirl. u. kfinstl. Milzbrandimmunit&t. 543
6 ) 1
7 ) 1
8) 1
9 ) 1
10 ) 1
11 ) 1
12 ) '
IS)
14
15 )
15)
17 ) 1
18 ) 1
19 ) 1
20) 1
21) 1
22) 1
23)
24)
25)
26)
27)
28)
29)
30)
31) 1
32) 1
33) 1
34) 1
35) 1
36) 1
37) 1
ccm Kaninchenser. mit Milzbrandbac. behand.
„ „ „ * H- 0,05 ccm akt Kan.-Ser.
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 6 bezeichneten Serums
Schweineserum 4- 0,05 „ * * * 6- * „
Kaninchenserum mit Leber behandelt
„ „ „ „ + 0,05 ccm akt Kaninchenser.
Ochsenserum -f 0,05 ccm des mit No. 10 bezeichneten Serums
Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 10 „ „
Kaninchenser. m. Milzbrandbac. u. Leber beh.
» « 7 . n + 0,05 ccmakt. Kan.-S.
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 14 bezeichneten Serums
Schweineserum + 0,05 „ * „ „ 14 „ „
Kaninchenserum mit Knochenmark behand.
„ „ „ „ + 0,05 ccm akt Kan.-Ser.
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 18 bezeichneten Serums
Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 18 „ „
Kan.-S. m. Milzbrandbac. u. Knochenm. beh.
„ „ „ „ „ „ + 0,05 ccm akt. Kan.-S.
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 22 bezeichneten Serums
Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 22 „ „
Kaninchenserum mit Niere behandelt
„ „ „ „ + 0,05 ccm akt Kaninch.-S.
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 26 bezeichneten Serums
Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 26 „ „
Kaninchenser. m. Milzbrandbac. u. Niere beh.
„ „ „ „ „ „ + 0,05 ccm akt Kan.-S.
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 30 bezeichneten Serums
Schweineserum + 0,05 „ „ „ „ 30 „ „
Kaninchenser. m. Milzbrandbac. u. Milz beh.
„ „ „ „ „ „ + 0,05 ccm akt. Kan.-S.
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 34 bezeichneten Serums
»> + 0,05 ,, ,, „ ,, 34 ,, ,,
Sofort 1 Nach 4 Std.
J fiber 8000
3328
fiber 8000
) ca. 8000
71
98
ca. 8000
103
88
1872
2256
1
5
ca. 5000
7
2
ca. 8000
22
136
ca. 8000
36
160
ca. 8000
11
17
3
'M
8
Die zweite, direkte Methode der Affinitatsbestimmung des Immun-
kbrpers sucht die Verhaitnisse, wie sie etwa im Kapillarkreislaufe der
Leber bestehen, nachzuabmen.
Tabelle XIII.
In je 2 Eprouvetten kommen 1, 2, 3 Tropfen Leberbrei. Dann wird fiberall je 1 ccm verdunntes
Kaninchenserum (1:1 und 1:2) zugesetzt, worauf sofort die Einsaat erfolgt.
1) 1 ccm Kaninchenser. (1:1m. NaCl-Los. verdfinnt)
Sofort Nach 3 Std. Nach 7 Std.
2) 1 „
(1:1
n
u
) + 1 Tr. Leber
s
1584
2000
3)1 „
(1:1
»»
*>
ii
) + 2 „
a
1648
2042
4) 1 „
(1:1
>»
V
) + 3 m
ii
1096
2524
6) 1 ..
,,
(1:2
n
»»
ii
)
a
15
1
6 1 „
>>
(1:2
>>
ii
) + 1 a
it
S
2016
ca. 2000
7) 1 „
>>
(1:2
>»
»»
ii
) + 2 „
a
1600
1895
8 1 „
(1:2
V
n
ii
)+3 „
a
1168
1984
Danach dtirfte man wohl berechtigt sein, die Affinitat des Immun-
kOrpers zum Milzbrandbacillus als wesentlich geringer wie die zu den
Organzellen zu bezeichnen. Daraus folgt unmittelbar, daB unter Ver-
hfiltnissen, wie sie, den Versuchen vergleichbar, etwa im Kapillarsystem
sich finden, der eingedrungene Bacillus unbehelligt bleibt.
Es fragt sich nun, ob sich die Uebertragung dieser auBerhalb des
KOrpers erhaltenen Resultate auf den Kaninchenkorper selbst ermfiglichen
lfiBt, wobei die MOglichkeit des Eingreifens bakteriolytischer Komplemente
vorausgesetzt wird. Daftir ergeben sich recht gewichtige Beweise. Bereits
Wyssokowitsch 1 ), dann Fodor 2 ) haben nachgewiesen, daB ins Blut
1) Wyssokowitsch, Zeitschr. f. Hyg. Bd. I.
2) Fodor, Deutsche med. Wochenschr. 1887. No. 34.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
Tabelle XIV.
Aleuronatkaninchen verblutet und mit NaCl-Losung durchspiilt Zerriebene Leber,
Niere, Milz, Knochenmark werden in verschiedenen Mengen, ferner die Verreibung von
3 kleinen Lymphdriisen nnd ein Stiickehen Muskel je 1 ccm Serum dee gleichen Tieres
zugesetzt, worauf sofort die Einsaat erfolgt
Versuch mit denselben Organen und gleichzeitig mit dem der Tabelle XII angestellt.
Sofort Nach 4 Std.
1) 1
ccm
Kaninchenserum
0
2) 1
>»
+
1 Tropfen Knochenmark
0
3) 1
a
a
+
3
» 11
27
4) 1
a
+
6
11 11
1
152
5) 1
>»
a
+
1
„ Leber
1186
6) 1
a
+
3
a ii
2208
7) 1
a
a
+
6
ii ii
3168
1
)?
+
1
„ Niere
a
84
9) 1
ii
it
+
3
ii I*
CM
2336
10) 1
a
a
+
6
ii ii
S
ca. 10000
11) 1
a
a
+
1
„ Milz
CM
25
12) 1
a
a
+
3
ii a
2704
13) 1
14) 1
a
a
a
a
+
+
L
id
ymphdriise
uskel
992
3152
eingespritzte Bacillen binnen klirzester Zeit daraus verschwinden, daB
sie aber innerhalb der Organe nachweisbar sind. Das wurde durch
Steckenbleiben in Kapillaren und die damit verbundene Unangreifbarkeit
leicht zu erkl&ren sein, wobei man gar nicht, wie Wilde 1 ) annahm, an
ein Zugrundegehen von Zellen zu denken braucht. Ein Zugrundegehen
von Bacillen innerhalb der grofien GefaBe des Kaninchens ist daher
ebensowenig ausgeschlossen wie in der Peritonealhohle 2 3 ) des Meer-
schweinchens. Denn in diesem abgeschlossenen Cavum mfissen die
Verh<nisse eigenartig liegen und es gilt hier Aehnliches, was Wechs-
berg 8 ) gegen die Versuche Wassermanns eingewendet hat.
In bester Uebereinstimmung mit der dargelegten Anschauung be-
findet sich die Tatsache, daB es nur sehr schwer gelingt, die milzbrand-
tOtende Eigenschaft des Kaninchenserums durch Schadigungen des noch
lebenden Tieres zu vernichten, ja daB auch die erfolgreiche Infektion
nicht zu diesem Ziele fuhrt. Der Immunkdrper wenigstens kann nicht
von den Bacillen aufgenommen werden. Weiterbin ist jetzt auch erklart,
warum bluthaltige Organe des Kaninchens unwirksam sind.
Es entsteht nunmehr sofort die Frage, welche Bedeutung eigentlich
die Bindung des Immunkorpers an die Organzellen hat. Nach den
durch zahllose Versuche herrschend gewordenen Anschauungen ermoglicht
sie die Anlage eines Komplementes zum Zwecke der erfolgreichen Aus-
flbung einer bestimmten Wirkung. Was ffir ein Komplement das ist,
darftber wurden eigene Versuche nicht angestellt; die Bedeutung der
ganzen Verh<nisse far die vorliegende Untersuchung geht aber aus
folgender Ueberlegung hervor. Behandelt man ein Kaninchenserum in
geniigender Menge mit toten Milzbrandbacillen, so wird es an sich un¬
wirksam und vermag andere immunkorperhaltige Sera nicht mehr zu
erg&nzen. Es sind sowohl Immunkorper wie Komplemente entfernt
worden. Der Versuch beweist, daB die Verbindung Bacillus—Immun¬
korper—Komplement moglich ist. Setzt man einer anderen H&lfte des
gleichen Serums Organzellen zu, so tritt zwar auch Unwirksamkeit ein,
aber die Erg£nzungsfahigkeit fur fremde Sera bleibt ganz oder doch im
1) Wilde, a. a. O.
2) van Leent, dieses Centralbl. Bd. XXVIII. p. 737. Daselbst Literatur.
3) Wechsberg, Zeitschr. f. Hyg.
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Bail u. Pettersson, Untersuch. fiber naturl. u. kiinstl. Milzbrandimmunitftt. 545
wesentlichen erhalten. Es wurde somit nur der Immunkbrper absorbiert.
Wenn nun das Komplement nicht mit abhanden gekommen ist, so muB
eine Hemmung vorhanden gewesen sein, welche das Zustandekommen
der moglichen Verbindung ImmunkOrper—bakteriolytisches Komplement
verhindert hat, und es liegt am n&chsten, das Wesen der Hemmung in
einem anderen nicht bakteriolytischen Komplemente zu suchen, das mit
grdfierer Affinitat zum Immunkorper sich in dessen komplementophile
Gruppe einlagert.
Damit wfire aber wieder ein neuer Grund fur die Unmoglichkeit
der Abtdtung von Milzbrandbacillen innerhalb des feinverteilten Blut-
umlaufes der Organe gegeben: Das bakteriolytische Komplement „paBt tt
im Kbrper selbst nicht zum Immunkdrper. Beweise dafiir bieten zu-
n&chst die schon oben beschriebenen die Affinit&tsverh<nisse des Immun-
korpers betreffenden Versuche. Bei diesen wurden einerseits Bacillen
im UeberschuB, andererseits Organzellen gleichzeitig einer bestimmten
Menge von Kaninchenserum zugesetzt. Obwohl in dem Kontrollversuche
die Bacillen sich als wirksam erwiesen hatten, trat doch keine wesent-
liche Verminderung des Komplementgehaltes ein, mit anderen Worten
die Verbindung Immunkflrper—bakteriolytisches Komplement ist bei
Anwesenheit von Organzellen unmoglich.
Ein weiterer Beweis lieB sich aus einer Unregelm&Bigkeit, die bei
den Versuchen mit Organen und Serum des gleichen Kaninchens manch-
mal auftrat, ableiten. Sie betrifft namentlich den Muskel. Dieser hatte
in einzelnen Versuchen das Kaninchenserum nicht nur seiner bakteriziden
Wirkung, sondern auch seiner ErgBnzungsf&higkeit beraubt. In der
folgenden Tabelle findet sich eine Zusammenstellung zweier Muskel-
versuche.
Tabelle XV.
Kaninchensera mit Muskel der blutlieferuden Tiere in gewohnlicher Weise behandelt.
A
B
2
3)
4j
5 )
6 )
7)
8 )
9)
10 )
H)
12 )
13)
1 ccm Kaninchenserum
1 „ Schafserum
1 „ Hundeserum
1 „ Schafserum + 0,05 ccm Kaninchenserum
1 „ Hundeserum + 0,05 „ „
1 „ Kaninchenserum mit Muskel behandelt
1 „ Schafserum -f 0,05 ccm des mit No. 6 bez. Ser.
1 „ Hundeserum 4- 0,05 „ „ „ „ 6 „ „
1 „ Kaninchenserum
1 „ Schweineserum
1 ., ,, -f 0,05 ccm Kaninchenserum
1 „ Kaninchenserum mit Muskel behandelt
1 „ Schweineserum -f 0,05 ccm des mit No. 12 bez. Ser.
Sofort
> 3408
1 1280
Nach 4 Std.
0
| ca. 10000
31
460
| fiber 8000
0
ca. 10000
0
ca. 10000
0
Von diesen beiden Versuchen stellt B die Regel, A die Ausnahme
dar. Aber die Ausnahme ist lehrreicber. Denn die Muskeln hatten hier
in derselben Weise wie tote Milzbrandbacillen gewirkt, Immunkdrper wie
Komplemente absorbierend. Die Verbindung Immunkdrper—Komplement
ist also in besonderen Fallen doch auch bei Anwesenheit von Organ¬
zellen mdglich. Entsprechend der vorigen Annahme, muBte in dem
Versuche A der Tabelle zufkllig das nicht bakteriolytische Komplement
gefehlt haben. War diese Annahme richtig und gelang es, aus den zer-
riebenen Organen das nicht bakteriolytische Komplement wegzuschaffen,
so mufiten die davon befreiten Zellen nunmehr wie tote Bacillen auf
Serum wirken kdnnen. Dies gelang relativ sehr leicht durch Erhitzung
der Organzellen auf die gewohnlich angewendete Inaktivierungstemperatur
Erst. Abt. Orig. Bd. XXXIV. 35
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546
Centralbl. f. Baku etc I. AbU Originate. Bd. XXXTV. No. 6.
von 58° oder auch 60°. Dadurch wird die Aufnahmef&higkeit der Zellen
ffir die Immunkflrper noch nicht sehr geschadigt, das nicht bakterizide
Komplement aber ganz oder zum grOBten Teile zerstort So erhitzte
Zellen binden dann sowohl Immunkorper wie Komplement.
Tabelle XVI.
Serum und Organe eines mit NaCl-Losung durchspiilten Kaninchens. Die Organver-
reibungen werden in je 2 gleiche Teile geteilt, wo von der eine vor dem Zusatze des
Serums l /* Stunde bei 58“ gehalten wird. Mit dem Kaninchenserum bleiben beide
Proben V» Stunde bei 37° und werden dann zentrifugiert.
Sofort Nach 4 Std.
1 ccm Kaninchenserum
1)
2) 1 „ Schaf8erum
3) 1 „ . „ + 0,05 ccm aktives Kaninchenserum
4) 1 „ Schweineserum
5) 1 „ „ + 0,05 ccm aktives Kaninchenserum
6) 1 „ Kaninchenserum mit Leber behandelt
7) 1 „ Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 6 bez. Serums
8) 1 „ Schweineser. 4- 0,05 „ „ „ „ 6 „ ,,
9) 1 „ Kaninchenserum mit auf 58° erwarmter Leber beh.
10) 1 „ Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 9 bez. Serums
11) 1 „ Schweineser. + 0,05 „ „ „ „ 9 „ „
12) 1 „ Kaninchenserum mit Niere behandelt
13) 1 ,, Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 12 bez. Serums
14) 1 „ Schweineser. 4- 0,05 „ „ „ „ 12 „ „
15) 1 „ Kaninchenserum mit auf 58° erwarmter Niere beh.
16) 1 „ Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 15 bez. Serums
17) 1 „ Schweineser. -f 0,05 „ „ „ „ 15 „ „
18) 1 „ Kaninchenserum mit Hoden behandelt
19) 1 „ Schafserum + 0,05 ccm des mit No. 18 bez. Serums
20) 1 „ Schweineser. -f 0,05 „ „ „ „ 18 „ „
21) 1 „ Kaninchenserum mit auf 58° erwarmtem Hoden beh.
22) 1 „ Schafserum 4- 0,05 ccm des mit No. 21 bez. Serums
23) 1 „ Schweineser. 4- 0,05 „ „ „ „ 21 „ „
3
§
a
§
CO
ca.
1
10000
256
10000
0
3120
76
168
5808
| iiber 8000
2088
136
43
ca. 8000
ca. 6000
3040
ca. 6000
456
52
6000
8000
1792
Im grofien und ganzen entspricht der Versuch der Annahme, von
welcher er ausging. Im Detail finden sich allerdings Besonderheiten,
namentlich die, dafi verschiedene Sera sich dem mit erwarmten Organen
behandelten Kaninchenserum gegeniiber verschieden verhielten. Dabei
ist in diese Tabelle das merkwiirdige Verhalten von Ochsenserum nicht
aufgenommen worden, das durch Zusatz von Kaninchenserum nach Ein-
wirkung erhitzten Leberbreies sich nicht mehr, durch solches, welches
mit erwarmter Niere behandelt war, noch genau so wie frtther er-
g&nzen liefi.
Etwas Aehnliches zeigt die folgende Tabelle p. 547.
Es wurde auf diese Unregelm&Bigkeiten durch Vorfiibrung von
Versuchsmaterial etwas naher eingegangen, weil sich eine befriedigende
Erkiarung nicht finden liefi. Am nachsten lage es, an eine Bildung von
Komplementoiden aus dem nicht bakteriolytischen Komplemente, das in
der Leber enthalten ist, zu denken. Doch war das Auftreten der ganzen
Erscheinung ein zu unbestandiges, als dafi sich ein genaueres Studium
daran hatte anknfipfen lassen. In der Hauptsache war jedenfalls nach-
gewiesen, dafi eine vorhergehende Erwarmung der Organzellen auf 58°
die Hemmung beseitigt, welche dem Zustandekommen der Verbindung
Immunkorper—bakterizides Komplement im Wege steht Damit war
aber auch das Vorhandensein des nicht bakteriolytischen Koraplementes
wahrscheinlich gemacht.
Versuche, das beim Kaninchen Gefundene nunmehr auch fur die
Erkiarung der Milzbrandempfanglichkeit anderer Tierarten anzuwenden,
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Bail u. Pettersson, Untersuch. iiber naturl, u. kiinstl. Milzbrandimmunit&t. 547
Leber und
andert,
1) 1 ccm
2 ) 1 „
3) 1 „
4) 1 „
5) 1 „
6 ) 1 „
7) 1 „
8 ) 1 „
9) 1 „
10)
11 ) 1
12 )
13) 1
14) 1
15) 1
16) 1
17) 1
Tabelle XVII.
Hoden eines mit NaCl-Losung durchspulten Kaninchens wird teils unver-
teils nach Vt-stundiger Erhitzune; auf 58° mit Serum des gleichen Tieres
1 Stunde bei 37° gehalten, dann zentrifugiert.
Sofort Nach 4 Std.
Kaninchenserum 0
Ochsenserum 7000
„ + 0,05 ccm Kaninchenserum 0
Hundeserum ca. 10 000
„ + 0,05 ccm Kaninchenserum 460
Kaninchenserum mit Leber behandelt % 5200
Ochsenserum -f 0,05 ccm des mit No. 6 bez. Serums £ 0
Hundeserum 4 - 0,05 „ „ „ „ 6 „ „ 2 0
Kaninchenserum mit erhitzter Leber behandelt g ca. 5000
Ochsenserum -f 0,05 ccm des mit No. 9 bez. Serums ca. 8000
Hundeserum 4 - 0,05 „ „ „ „ 9 „ „ £2 ca. 8000
Kaninchenserum mit Hoden behandelt ca. 8000
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 12 bez. Serums 0
Hundeserum -f 0,05 „ „ „ „ 12 „ „ 280
Kaninchenserum mit erhitztem Hoden behandelt ca. 8000
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 15 bez. Serums 41
Hundeserum -f 0,05 „ „ „ „ 15 „ „ ca. 8000
In anderen Versuchen verhielt sich wieder ein anderes Serum ab-
weichend, so in besonders auffalliger Weise ein Schweineserum in
Tabelle XVIII.
Leber eines mit NaCl-Losung durchspiilten Kaninchens wird zerrieben und in 3 Teile
geteilt. Leber a bleibt unverandert, d wird 15, c 30 Minuten auf 58° erwarmt. Darauf
Zusatz von je 2 1 /, ccm Kaniuchenserum. das nach 1-stiindigem Aufenthalte bei 37°
abzentrifugiert wird.
1) 1 ccm
2 ) 1 „
3 ) 1 ,,
4 ) 1 „
5 ) 1 ,,
6 ) 1 „
7 ) 1 „
8 ) 1 „
9 ) 1
10) 1 „
11 ) 1 ,,
12 ) 1 „
13 ) 1 „
14 ) 1 „
15 ) 1 „
10 ) 1 „
Kaninchenserum
Ochsenserum + 0,05 ccm Kaninchenserum
Schweineser. -f 0,05 „ „
Schafserum + 0,05 „ „
Kaninchenserum mit Leber a behandelt
Ochsenserum H- 0,05 ccm des mit No. 5 bez. Serums
Schweineser. -f 0,05 „ „ „ „ 5 „ „
Schafserum -f 0,05 „ „ „ „ 5 „ „
Kaninchenserum mit Leber b behandelt
Ochsenserum + 0,05 ccm des mit No. 9 bez. Serums
Schweineser. -f 0,05 „ „ „ „ 9 „ „
Schafserum 0,05 „ „ „ „ 9 „ „
Kaninchenserum mit Leber c behandelt
Ochsenserum -h 0,05 ccm des mit No. 13 bez. Serums
Schweineser. *f 0,05 „ „ „ „ 13 „ „
Schafserum 4- 0,05 „ „ „ „ 13 „ „
Sofort Nach 4 Std.
0
0
0
0
8000
31
0
992
) ca. 5000
0
ca. 4000
6000
6000
0
3472
3
9
.§
konnten nur in unzureichendem MaBstabe ausgefuhrt werden. Haupt-
sachlich war daran die Scbwierigkeit schuld, Blut und Organe desselben
Tieres in gentigender Reinheit zu erlangen. Kleinere Versuchstiere, wie
Meerschweinchen Oder Mause, liefern nicht genug Serum ftir solche
Versuche. Bei alien diesen Tieren, deren Blut nieht bakterizid wirkt,
kann es sich nur darum handeln, festzustellen, ob eine Bindung des
im Blute vorhandenen Immunkorpers durch die Organe eintritt. Dies
war namentlich beim Rinderserum mit seinem hohen Immunkorpergehalt
von Wichtigkeit.
35*
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548
Centralbh f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
Tabelle XIX
Ochsenserum mit Ochsenknochenmark, Leber und Milz in gewdhnlicher Weise 1 Stunde
bei 37° behandelt, dann zentrifugiert.
• Sofort Nach 4 Std.
1 ) 1 ccra Ochsenserum ^ 5000
2) 1 „ „ 4 - 0,05 ccm Kaninchenserum S 0
3) 1 „ „ mit Knochenmark beh. a 1367
81 : :: «
?!! :: + °' 05 K - a 1 SS
8)i „ + 0,05 ccm k,s. - 4000
Tabelle XX.
Kalbsserum mit Knochenmark, Leber und Milz in gewdhnlicher Weise behandelt.
Sofort Nach 4 Std.
1) 1 ccm Kalbsserum 3584
21 1 „ „ -f 0,05 ccm Kaninchenserum 2 10
3) 1 „ „ mit Knochenmark beh. a 1424
4) 1 „ „ „ „ „ + 0,05 ccm K.- 8 . * 1306
5) 1 „ „ „ Leber „ 0 2256
6 ) 1 „ „ „ „ „ + 0,05 ccm K.-S. ' 2928
7) 1 „ „ „ Milz „ ffi 1 r.AAri
8 ) 1 ,
„ + 0,05 ccm K.-S.
Tabelle XXL
Schafserum mit Knochenmark, Leber und Milz dee gleichen Tieree.
Sofort Nach 4 Std.
1 ) 1
ccm
Schafserum
5000
2 ) 1
it
-f 0,05 ccm KanincheDserum
1
5000
3) 1
ft
it
mit Knochenmark beh.
3056
4) 1
tt
tt
tt tt tt
4 - 0,05 ccm K.-S.
23
5) 1
it
tt
„ Leber „
a
1
6 1
7) 1
t>
tt
it
tt
M It tt
it Milz ,,
4 - 0,05 ccm K.*S.
l 5-6000
8 ) 1
tt
tt
tt tt tt
4 - 0,05 ccm K.-S.
1
Die Versuche zeigen unzweideutig, daC auch bei diesen empftng-
lichen Tieren die Organe, soweit sie untersucht werden konnten, Immun-
kdrper zu binden im stande sind. Nur ein Organ macht eine hochst
bemerkenswerte, wenn auch nicht irnmer sehr deutliche Ausnahme, das
Knochenmark. Abgesehen davon, daB es in einzelnen Versuchen dem
betreffenden an sich ganz oder fast ganz unwirksamen Serum eine ge-
wisse entwickelungshemmende Wirkung zu verleihen vermochte, war
auch die Bindung des Immunkorpers durch die Markzellen eine un-
vollstandige oder trat Qberhaupt nicht ein. Solche Verhaltnisse kommen
auch beim Kaninchen vor. Es war allerdings die Regel, daft das
Knochenmark so gut wie die anderen Organe den Immunkdrper fest-
legte und das Serum unwirksam machte. In einigen Fallen fand dieser
ProzeB aber nur unvollstandig, in anderen gar nicht statt. Es seien
hier Versuche an 5 Kaninchen wiedergegeben (s. Tab. XXII. p. 549.)
Das weist im Zusammenhang mit den bei Rindern, Schafen und
Schweinen gefundenen Tatsachen auf eine bestimmte Bedeutung des
Knochenmarks hin und in der Tat linden sich alle Uebergange bis zum
Verhalten des Knochenmarks in natflrlich immunen Tieren, wo die Ver¬
haltnisse klarer hervortreten. Darfiber wird die nachste Abhandlung
die Versuchsprotokolle bringen. Von seltener Durchsichtigkeit ist ilbrigens
der in Tabelle XXI mitgeteilte Versuch mit Schafserum. Hier hatte,
wie dies 5fter geschieht, das Serum des Tieres iiberhaupt keinen Immun-
kSrper enthalten, es lieB sich durch Kaninchenserum nicht erganzen.
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Bail u. Pettersson, Untersucb. fiber natfirl. u. kfinstl. MilzbrandimmunitSt. 549
TabeUe XXII.
1) 1 ccm Kanincheneer.
2 ) 1
91
m. Knochenmark beh.
3) 1
11
if
„ „ „ + 0,05 ccm K.-S.
4) 1
11
11
5) 1
11
it
m. Knochenmark beh.
6 ) 1
11
’>
„ „ „ + 0,05 ccm K.-S.
7) 1
11
19
8 ) 1
11
11
m. Knochenmark beh.
9) 1
n
11
„ „ „ -f 0,05 ccm K.-S.
10 ) 1
11
11
11 ) 1
»»
11
m. Knochenmark beh.
12 ) 1
i>
11
„ „ „ + 0,05 ccm K.-8.
13) 1
it
14) 1
yt
11
m. Knochenmark beh.
15) 1
y>
11
„ „ „ + 0,05 ccm K.-S.
Sofort Nach 4 8td.
0
914
) ca. 10000
0
1354
} 8—10 000
0
797
) ca. 6000
0
2072
1872
2256
0
2850
0
9
Nach Behandlung mit Knochenmark des gleichen Tieres erschien die
Spur einer Entwickelungshemmung, die aber zu gering war, um Be-
deutung beanspruchen zu konnen. Dafiir aber bewirkte nunmehr der
Zusatz von Kaninchenserum starke AbtStung. In diesem Falle ist kein
Zweifel darfiber moglich, daB die Immunkdrper nur aus dem
Knochenmark herstammen konnen.
Nicht von direkter Wichtigkeit ffir das Tbema dieser Abhandlung,
aber doch von Interesse ist das Verhalten der Kaninchenorgane gegen
fremde Sera. Wie schon aus Tabelle III zu ersehen ist, werden diese
in der Regel ihres Immunkorpergehaltes nicht beraubt und lassen sich
auch nach der Organbehandlung noch ergSnzen. Ganz durchgreifend
ist das aber nicht und namentlich Kaninchenniere hatte in vielen Fallen
auch aus Ochsen- und Schweineserum die Immunkdrper entfernt Hin-
gegen war in dem einzigen diesbezfiglichen Versuche Kaninchenserum
nach Behandlung mit Ochsenorganen in jeder Hinsicht unwirksam ge-
worden. Von Bedeutung ffir die Immunitat Oder Empfanglichkeit eines
Tieres sind natfirlich Resultate dieser unnatfirlichen Versuche nicht. Es
kommt einzig auf den halb zufalligen Umstand an, ob der Immunkdrper
des Kaninchens z. B. an der Milzzelle des Ochsen einen passenden
Rezeptor findet Oder nicht.
Auch die in der II. und IV. Abhandlung niedergelegten Resultate,
daB sich aus Kaninchenorganen mit fremden Seris bakterizide Komple-
mente ausziehen lassen, erscheinen nach dem Mitgeteilten wenig wertvoll
ffir die Erklarung der Verbaltnisse der natfirlichen Immunitat oder Em¬
pfanglichkeit. Immerhin wurde versucht, ob sich mit Hilfe der damals
gefundenen Methoden nicht der in den Tabellen XIII, XIV mitgeteilte
direkte Versuch der Affinitfitsbestimmung des Immunkdrpers zum Milz-
brand einerseits, zu den Organzellen des gleichen Tieres andererseits
durchffihren lasse s. Tab. XXIII p. 550).
Ganz entsprechend den beim Kaninchen gefundenen Verhaltnissen
kommt also auch bei den Seris dieser beiden Tiere ein bakterizides,
kfinstlich zugesetztes Komplement bei Anwesenheit von Leber wegen der
hohen Affinitat derselben zum Immunkdrper nicht zur Geltung.
ZusammengefaBt wfirde dieser Erkiarungsversuch der Milzbrand-
empffinglichkeit des Kaninchens folgende Satze ergeben:
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550
Centr&lbl. f. Bakt etc. I. Abt Origin&le. Bd XXXIV. No. 6.
Tabelle XXIII.
Ochsen- und Schweineserum werden durch l-stiindige Behandlung bei 37 0 mit Kaninchen-
leukocyten, die nachher wieder abzentrifugiert wemen, bakterizid gemacht Zu je 1 ccm
der ganz klaren Fliissigkeit kommen dann 1—3 Tropfen einer Verreibung von Ochsen-
bezw. Schweineleber. Unmitteibar darauf erfolgt die Einsaat
1) 1 ccm Ochsenserum
2 ) 1 „ „ mit Kaninchenleukocyten behandelt
3) 1 „ des mit No. 2 bez. Serums -f 1 Tropfen Ochsenleber
1 n ii ii ii 2 it ii “h 2 „ tj
5) I ii ii ii ii 2 ii ii “b 3 tJ r
6) 1 „ Schweineserum
7) 1 „ „ mit Kaninchenleukocyten behandelt
8) 1 „ des mit No. 7 bez. Serums 4- 1 Tropfen Schweineleber
9 ) 1 ii ii ii a 1 ii ii 4" 2 „ »
10) 1 i, „ ft ii ? ii ii 4~ 3 ft t,
Sofort
Nach 4 Std.
3472
0
2778
1 “
iiber 4000
ca. 10000
0
uber 4000
1) Die starke Vernichtung von Milzbrandbacillen durch Kaninchen-
serum im Reagenzglase findet im Tiere selbst entweder gar nicht oder
nur unter ganz bestimmten Bedingungen (w&hrend ktirzester Zeit in den
groBen Gef&Ben, vielleicht in der Peritonealhohle) statt.
2) Der Grund dafiir liegt darin, daB der im Serum enthaltene Immun-
korper iiberall dort, wo das Blut in Verbindung mit Korperorganen tritt,
von Zellrezeptorcn im Sinne Ehrlichs gebunden wird.
3) Die Affinitat zu diesen Zellrezeptoren ist eine grdBere als zu den
Milzbrandbacillen.
4) Mittels des Immunkorpers tritt ein seiner Natur nach nicht n&her
bekanntes, jedenfalls aber nicht bakteriolytisches Komplement an die
Zellrezeptoren heran, so daB auch das im Serum enthaltene bakterizide
Komplement mangels eines passenden Immunkorpers wirkungslos wird.
5) Der Milzbrandbacillus ist daher trotz der imponierenden bak-
teriziden Kraft, die das Kaninchenserum auBerhalb des TierkSrpers ent-
faltet, innerhalb der Kaninchenorgane keiner Gef&hrdung ausgesetzt.
Prag, 26. M&rz 1903.
Nachdruck verboten.
Zur Theorie der natiirlichen antibakteriellen Inmmnitat
[Aus dem hygienischen Institute der Universit&t Graz.]
Von Dr. Paul Theodor Hiiller,
Assistent am hygienischen Institute Graz.
(Fortsetzung.)
Es ist diese Beobachtung Bails iibrigens noch in anderer Hinsicht
von auBerordentlichem Interesse. Bei der Qberaus kurzen Dauer, inner¬
halb welcher sich die gedachten Ver&nderungen an den Bakterien ein-
stellen, ist nattirlich die Vorstellung von vornherein abzuweisen, daB die
erwahnten Agglutinophore etwa aus Lymphdrusen, Milz und Knochen-
mark stammen kdnnten und von hier aus auf dem Wege des Sfifte-
stromes in die Peritonealhohle gelangt w&ren. Vielmehr wird man ohne
Zweifel annehmen miissen, daB es die die Peritonealhdhle umgrenzenden
Gewebe (und eventuell die dahin ausgewanderten Leukocyten) selbst sind,
von welchen diese Antikorperproduktion ausgeht. DaB in der Tat die
letztere durchaus nicht allein an die bereits mehrfach genannten blut-
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Muller, Zur Theorie der natiirlichen antibakteriellen Immunityt.
551
bildenden Organe gebunden ist, haben vor allem die schfinen Unter-
suchungen von Romer (20) fiber die Abrinimmunitfit gezeigt, nach
welchen auch die primar geschadigten Gewebe des Konjunktivalsackes
merklich an der Antiabrinbildung beteiligt waren 1 ).
Fassen wir die Ergebnisse der bisherigen Betrachtungen nochmals
kurz zusammen, so kdnnen wir also sagen, dafi
1) die Antikorperproduktion auBerorden tlich rasch
schon innerhalb weniger Stunden nach erfolgter In-
fektion einsetzt (oder einsetzen kann) und dafi
2) die primar geschadigten Gewebe der Infektions-
stelle an derselben wesentlich beteiligt sind (oder sein
k 6 n n e n).
Da ferner eine gewisse Zeit erforderlich ist, ehe die schadigenden
Substanzen vom Ort der Infektion in die anderen zur Produktion von
Antikfirpern geeigneten Organe gelangen, so wird man weiterhin im
allgemeinen annehmen konnen, dafi
3) die erste Entstehung der Antikdrper an der Infek-
tionsstelle erfolgt und dafi die anderen Organe erst
spater zu reagieren beginnen. Vorausgesetzt ist hierbei natfirlich,
dafi die Resorption der bakteriellen Substanzen nicht allzu schnell statt-
findet.
Wenn nun Deutsch (21) in seinen Untersuchungen fiber den Ent-
stehungsort der Typhusantikorper zu dem Schlusse gelangt: „les anti¬
corps ne se forment pas au niveau de l’injection faite“,
und zwar auf Grund der Tatsache, dafi er in dem peritonealen Exsudate,
das nach der Injektion entstanden war, in 15 Fallen bedeutend geringere
Schutzwirkung konstatieren konnte als im Serum und in den lymphoiden
Organen, so ist damit doch nur ein scheinbarer Widerspruch gegenfiber
unseren frtiheren Auseinandersetzungen gegeben, um so mehr, als er
selbst angibt, dafi „dans 4 cas l’exsudat renfermait presque autant
d’anticorps que le s6rum tt . Da namlich, wie bereits erwahnt, die Bak-
terien die Ffihigkeit besitzen, sehr bedeutende Mengen von Antikorpern
zu binden und dadurch dem direkten Nachweis zu entziehen, so kann
es uns nicht wundern, wenn das peritoneale Exsudat in der ersten Zeit
nach der Injektion trotz etwa erfolgter reichlicher Produktion von Schutz-
stoffen keine merkliche Vermehrung derselben erkennen liefie. Denn das
fibliche, auch von Deutsch eingeschlagene Verfahren zum Nachweise der
Antikfirper gestattet nur, dieselben im freien Zustande aufzufinden,
nicht aber im gebundenen, unwirksamen. — Spater hingegen, wenn
bereits ein betrachtlicher Teil der bakteriellen Substanzen entweder im
gelfisten Zustande auf dem Wege des Saftestromes oder im Leibe von
Wanderzellen aus der Peritonealhohle fortgeschafft und in den lymphoiden
Organen abgelagert wurde, wird einerseits der Anreiz zur Antikfirper-
produktion an der ursprfinglichen Infektionsstelle bereits ein viel ge-
ringerer geworden sein, wahrend andererseits in den genannten Organen
1) Vor kurzem hat auch v. Dun gem eine ahnliche, hierher gehorige Beobachtung
gemacht, indem er lokale AntikorperbiTdung an den Zellen der vorderen Augenkammer
aes Kaninchens nachweisen konnte, wenn demselben das Blutplasma von Maja squinado A
an dieeer Stelle injiziert worden war. Da in den ersten Tagen nach der Injektion das
Blut des Kaninchens noch frei von Antikorpern war, der Humor aqueus bereits pra-
zipitinhaltig gefunden wurde, so konnte fiber die Provenienz des Prazipitins kein Zweifel
herrschen. „Damit“, folgert v. Dungern, ,,ist aber der beste Beweis daffir
geliefert, dafi nicht nur besondere Organe, sondern alle moglichen
Zellen Antikorper liefern konnen“. (Die Antikorper. Jena 1903.)
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552
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
eine lebhafte Reaktion und Bildung von Schutzstoffen einsetzt, womit
die Befunde von Deutsch ihre einfache Erkl&ruug finden. Dies el ben
beweisen also nur, daB die Hauptmasse der Antikbrper
im Verlaufe der Immunisierung nicht am Orte der In-
fektion entsteht. Ob aber, besonders zu Anfang, die In-
fektionsstelle flberhaupt an der Antikdrperproduktion
beteiligt ist oder nicht, dariiber kbnnen dieselben nach
der Art, wie sie angestellt wurden, gar keinen AufschluB
geben. Es lag iibrigens diese Fragestellung offenbar auch gar nicht
in dem Plane der genannten Arbeit.
Die Folgerungen, die sich nun hieraus ergeben, sind auBerordentlich
naheliegend. Hat an irgend einer Korperstelle eine Infektion mit patho-
genen Mikroorganismen stattgefunden und haben dieselben durch den
von ihnen gesetzten Reiz in den umliegenden Geweben eine rasche
Produktion von Antikorpern nach dem frQher besprochenen Typus hervor-
gerufen — ein Vorgang, den man vielleicht treffend als lokale
Schnellimmunisierung bezeichnen kbnnte —, so werden ohne
Zweifel die neugebildeten spezifischen Antikorper ganz wie bei den
Bailschen Versuchen sofort von den Bakterien verankert werden und
ihre deletSren Wirkungen auf dieselben entfalten miissen. DaB dieser
Vorgang nicht gleichgiiltig ftir den ganzen Verlauf der Infektion sein
kann, ist wohl einleuchtend, und man wird sich vorstellen konnen, daB
unter gtinstigen quantitativen Verh<nissen zwischen den produzierten
Antikorpern und den Bakterien eine vollkommene Vernichtung der letz-
teren und damit eine Verhiitung einer schwereren Erkrankung zu stande
kommen kann, ganz ahnlich, wie eine solche im kfinstlich immunen
Organismus zu beobachten ist. Hiermit w&ren wir also ganz von selbst
dazu gelangt, eine weitere Erkl&rungsm6glichkeit der nattirlichen Im¬
munity resp. Resistenz ins Auge zu fassen, welche im Gegensatz zu
den alteren humoralen Theorieen nicht annimmt, daB die Waffen, die
dem Organismus im Kampfe mit den Bakterien zur Verffigung stehen,
schon vorgebildet und in den KorpersSften parat liegen, sondern welche
dieselben erst im Momente der eingetretenen Infektion entstehen l&Bt 1 )
also im hohen Grade der Forderung geniigt, das Problem dynamisch
aufzufassen. Die verschiedenen Grade der Resistenz wilrden sich hier-
nach durch die verschiedene Schnelligkeit und Intensit&t erkl&ren, mit
1 ) Wie erwahnt, nahmen auch Denys und Kaisin, sowie, gestiitzt auf deren
Versuche, Kruse an, dafl unter Umstiinden erst im Moment der Infektion bakterizide
Substanzen gebildet wurden. Es unterscheidet sich jedoch die Auffassung dieser Autoren
in zwei wesentlichen Punkten von der oben dargelegten. Erstens namlich wurde. wenigstens
yon seiten Denys’ und Kaisins, die Veranderung im ganzen Blutserum gesucnt, wahrend
sie nach dem oben Auseinandergesetzten zunachst nur die Inf ektionsstelle betrafe und
sich erst viel spater im iibrigen Organismus bemerkbar machen konnte. Zweitens aber
— und dies ist die entscheidende Differenz — sahen die genannten Forscher in den
neu auftretenden bakterien feindlichen Substanzen nichtspezifischelmmunkorper,
sondern sie fafiten sie als „Alexine“, d. i. als die normalerweise vorhandenen Schutz-
stoffe auf, welche nur unter dem Einflusse der Infektion reichlicher produziert wurden
als sonst; im obigen hingegen ist gerade die Identitiit des supponierten reaktiven Vor-
ganges mit dem der spezifischen Immunisierung betont.
In ahnlichem Sinne wie Kruse auftert sich auch Fliigge in der neuen Auflage
seines Grundrisses der Hygiene, indem er anfiihrt, daS „offenbar nicht der momentane
Gehalt des Blutes an Alexinen, der im Reagenzglase zur Wirkung gelangt, fiir die
Immunitat von Bedeutung ist, sondern die Schnelligkeit, mit der im Beaarfsfalle Alexine
mobil gemacht werden kdnnen. Zweifellos wird ein Korper, der wenig Alexine im
Blute hat, doch iiber reichliche Bildungsstatten und Depots verfflgen konnen, yon denen
aus sich der Alexingehalt des Blutes immer rasch wieaer erganzt“ (p. 603).
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Muller, Zur Theorie der natfirlichen antibakteriellen Immunitfit.
553
welcher die cellulfire Reaktion der Neubildung von spezifischen Schutz-
substanzen einsetzt. Zugleich wttrde diese Betrachtungsweise die tiefe
Kluft zu fiberbrflcken im stande sein, welche heute noch vielfach — wie
mir scheint, in etwas kflnstlicher Weise — zwischen der angeborenen
und erworbenen (spezifischen) Immunitfit aufrecht erhalten wird. Denn
in beiden Fallen waren die hierbei ins Spiel kommenden Krafte ganz
analoge; nur das eine Mai fiber den ganzen Korper generalisiert, das
andere Mai auf die Infektionsstelle beschrfinkt, Unterschiede, welche
natfirlich nur davon abhfingig zu denken wfiren, inwieweit es zu einer
Yermehrung und Resorption von unveranderten, d. i. durch die Bindung
von Antikdrpern noch nicht unschfidlich gemachten bakteriellen Sub-
stanzen kommt. Um alien MiBverstfindnissen von vornherein zu be-
gegnen, mochte ich hier sogleich betonen, daft ich mit diesen Erorterungen
durchaus nicht beabsichtige, etwa die bestehenden Theorieen der natfir¬
lichen Immunitfit durch eine neue verdrfingen oder ersetzen zu wollen;
worauf es mir hier ankommt, ist nur, einige Folgerungen darzulegen,
die sich mir aus bekannten Tatsachen ungezwungen zu ergeben scheinen,
und dieselben zur Diskussion zu stellen.
Um daher auch den bestehenden Theorieen mfiglichst gerecht zu
werden, mfichte ich hier noch kurz die Eventualitfiten zusammenstellen,
durch welche in den Organismus eingedrungene Bakterien abgetotet und
eine weitere Ausbreitung des Infektionsprozesses verhfitet werden kdnnte.
Die in die Gewebe gelangten Mikroorganismen kfinnten nun zunfichst
1) von Phagocyten aufgenommen und zerstort werden, im Sinne von
Metschnikoffs Phagocyten theorie;
2) konnten dieselben durch die normalen bakteriziden Eigenschaften
der Gewebsflfissigkeiten vernichtet werden (Alexintheorie) J );
3) konnte eine durch Afflux von Leukocyten bedingte Steigerung
der normalen bakteriziden Eigenschaften der Sfifte die eingedrungenen
Bakterien unschfidlich machen (modifizierte Alexintheorie);
4) kdnnte eine lokale Schnellimmunisierung im oben auseinander-
gesetzten Sinne zur raschen Antikdrperproduktion und so zur Vernichtung
der Mikroorganismen ftthren. Und endlich
5) wenn alle derartigen reaktiven Vorgfinge von seiten des befallenen
Organismus ausbleiben, konnten dieselben, wie Baumgarten annimmt,
infolge Nahrungsmangel und osmotischer StOrungen in den Gewebs-
sfiften zu Grunde gehen. Natfirlich kfinnen sich alle die genannten
Faktoren auch gleichzeitig und in wechselnden Verhfiltnissen an der
Vernichtung der eingedrungenen Mikroorganismen beteiligen.
Nun ist natfirlicherweise — und ich bin weit davon entfernt, mir
dies zu verhehlen — von einer logischen Deduktion, wie ich sie im
obigen zu geben versuchte, zu dem tatsfichlichen Nachweise, dafi der
geschilderte Mechanismus der „lokalen Schnellimmunisierung" wirklich
eine Rolle bei der natfirlichen Immunitfit zu spielen vermag, noch ein
weiter Schritt. Wenn ich gleichwohl diese Spekulationen nicht unter-
drficken zu sollen glaubte, so geschah dies zum Teil deshalb, weil
auch die anderen zur Erklfirung der natfirlichen Immunitfit aufgestellten
1) Erwahnt sei iibrigens, dafi Ehrlich mit Recht in seinem Vortrage iiber „die
Bchutzstoffe des Blutes“ aarauf hinweist, dafi der Ausdruck „Alexin“ nicht mehr dem
gegenwartigen Stande der Wissenschaft entspricht, da dadurch eine falsche unitarische
Vorstellung erweckt werde. Die kiinstlich erzeugten wie die natxirlichen bakteriziden
Substanzen sind vielmehr als komplexer Natur anzusehen und entfalten ihre Wirkung
nach genau dem gleichen Mechanismus.
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554
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Hypothesen sich derzeit noch nicht allgemeiner Anerkennung erfreuen
und weil gerade das AusmaB, in welchem sich die oben zusammen-
gestellten bakterienfeindlichen Faktoren an dem Zustandekommen der
Widerstandsfahigkeit beteiligen, von verschiedenen Seiten die verschie-
denste Bewertung erfahrt. Zudem mSchte ich — um es nochmals zu
betonen — die obigen Auseinandersetzungen nicht so sehr im Sinne
eines neuen Erklarungsversuches als im Sinne einer neuen Fragestellung
aufgefafit wissen, welche ja auch fur den Fall, daB es sich als verfehlt
erweisen sollte, immerhin zur Auffindung neuer Tatsachen ffihren konnte.
II.
Kehren wir nunmehr wieder zu dem eingangs besprochenen Problem
der nattirlichen Immunitat und ihrer Aufhebung durch gewisse Schad-
lichkeiten zuruck, so liegt es nahe, auf Grund der im ersten Abschnitte
dieser Arbeit gegebenen Erorterungen die folgende Frage aufzuwerfen:
Gelingt es flberhaupt, durch derartige Eingriffe, welche
erwiesener- und anerkanntermalien die naturliche Im¬
munitat bestimmter Tiere herabzusetzen im stande sind,
auch einen EinfluB auf deren Antikdrperproduktion zu
nehmen Oder nicht? Es ist klar, daB, falls das Experiment auf
diese Frage eine verneinende Antwort geben sollte, falls also eine
merkliche Aenderung der Antikorperproduktion unter dem Einflusse
solcher Prozeduren nicht zu konstatieren ware, daB dann die oben aus-
einandergesetzten Anschauungen wesentlich an Wahrscheinlichkeit ver-
lieren miiBten.
Der Nachweis der veranderten — vermehrten oder verminderten —
Produktion der spezifischen Immunsubstanzen konnte nun in doppelter
Weise gefflhrt werden. Entweder namlich an der Applikationsstelle der
dem Tiere einverleibten Bakterienkulturen oder, dem allgemeinen Ge-
brauche entsprechend, im Blute bezw. im Blutserum. Wenn nun auch
die erstere dieser beiden Versuchsanordnungen mit Riicksicht darauf,
daB sie sich eng an die obigen Auseinandersetzungen anschliefien wflrde,
fflr unsere Zwecke entschieden den Vorzug verdienen diirfte, so stehen
derselben doch eine Reihe technischer Schwierigkeiten gegenfiber, welche
wir bereits mehrfach angedeutet haben und als deren hauptsachlichste
wohl die sofortige Bindung der neugebildeten Immunsubstanzen an die
Bakterienleiber und die relativ geringe H6he der lokalen Antikdrper-
produktion angesehen werden diirfte. MuBten nun auch diese Umstande
den Versuch eines direkten Nachweises der gebildeten Antikorper an
der Infektionsstelle von vornherein als aussichtslos erscheinen lassen, so
war es doch immerhin denkbar, daB vielleicht ein indirekter Weg zum
Ziele ffihren konnte. Ich habe daher versucht, in Anlehnung an die
bereits zitierten Experimente Bails festzustellen, ob sich quantitative
Differenzen bei dem Verluste der Agglutinierbarkeit konstatieren lassen,
welchen Typhusbacillen erleiden, nachdem sie normalen und gesch&digten
Versuchstieren (Tauben) intraperitoneal injiziert wurden. Wie ich gleich
bemerken mochte, haben jedoch diese Experimente, welche allerdings
noch nicht vollkommen abgeschlossen sind, keine besonders ermutigenden
Resultate ergeben, so daB ich von deren Wiedergabe hier absehen
mdchte und wir somit darauf angewiesen sind, den zweiten angedeuteten
Weg zu betreten und die etwa zu Tage tretenden Differenzen der Anti-
kfirperproduktion im Blutserum zu studieren.
Bevor ich jedoch zur Besprechung meiner diesbezfiglichen Versuche
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Miiller, Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunit&t.
555
flbergehe, mufi ich noch einer Arbeit ErwtLhnung tun, welche, allerdings
von ganz anderen Gesichtspunkten aus, liber verwandte Experimente
berichtet. Abbott und Bergey (22) haben sich die Aufgabe gestellt,
den EinfluB per os verabreichten Alkohols auf folgende Faktoren zu
untersuchen: 1) auf den Komplementgehalt des Kaninchenblutes, 2) auf
die hSmolytische Fahigkeit des Serums von Kaninchen, welche bereits
vor Verabreichung des Alkohols gegen eine fremde Blutart immunisiert
worden waren und 3) auf den ProzeB der kiinstlichen Im-
munisierung gegen fremdes Blut selbst Wie man sieht,
liegen die beiden ersteren Fragestellungen unserem Gedankengange etwas
ferner, wahrend die dritte sich mit demselben vielfach beriihrt, da ja
auch die chronische Alkoholeinwirkung zu jenen Schadlichkeiten gehort,
welche die Widerstandsfahigkeit des Organismus herbzusetzen im stande
sind.
Das Ergebnis dieser Versuche war nun, daB die alkoholisierten Tiere
die Injektionen fremden Blutes auBerordentlich schlecht vertrugen und
schon nach wenigen Einspritzungen eingingen, wahrend die normalen
Kontrolltiere diesen Eingriff anstandslos tiberlebten, was mit den ahn-
lichen Versuchsresultaten von Deldarde, Laitinen, Valagussa
und Raneletti etc. im besten Einklange steht, welche die Widerstands¬
fahigkeit der Alkoholtiere gegenilber Bakterien und Bakteriengiften be-
trachtlich vermindert fanden.
ObaberdieEntstehungdesspezifischenhamolytischen
Zwischenkorpers bei den alkoholisierten Kaninchen ge-
hemmt oder verlangsamt war, daruber machen Abbott
und Bergey wenigstens in ihrer mir bis jetzt allein zu-
ganglichen vorlaufigen Mitteilung keinerlei Andeutung,
so dafi also gerade die uns von unserem Standpunkte aus am meisten
interessierende Frage durch diese Arbeit keine Beantwortung findet. Es
war jedoch die Kenntnis dieser Abhandlung fflr uns in einer anderen
Richtung von grofiem Werte, insofern dieselbe namlich auf die Not-
wendigkeit hinwies, zu derartigen Versuchen, wie wir sie planten,
moglichst widerstandsfahige Tierspecies zu verwenden, wenn dieselben
nicht durch die groBe Anzahl von Tierverlusten, die zu gewartigen
waren, ganzlich illusorisch gemacht werden sollten.
Um zu vermeiden, daB diese Experimente einen allzu grofien Um-
fang annahmen, muBte ich mich zunachst darauf beschranken, eine ein-
zige Tierspezies und einen einzigen Modus der Schadigung in Betracht
zu ziehen, mochte mir jedoch vorbehalten, diese Versuche mit anderen
Arten und mit abgeanderter Methode in der nachsten Zeit weiterzu-
fiihren.
Als sehr geeignetes Versuchstier erwies. sich nun fiir meine Zwecke
die Taube, welche die durch langeres Hungernlassen gesetzte Stoff-
wechselstorung gut genug vertragt, um gleichzeitig eine Immunisierung
mit verschiedenen Bakterienarten zu gestatten ’). Gewohnlich wurde die
erste Injektion erst 2—3 Tage nach Beginn der Hungerperiode vor-
1) Bemerkt sei, dafi nach Mdglichkeit stets Tiere gleicher Basse verwendet wurden
und insbesondere feinere Zuditrassen, welche sich als weit weniger widerstandsfahig er-
wiesen, von vornherein ausgeschlossen wurden. Ebenso wurden ausgewachsene Tiere
nur mit ausgewachsenen verglichen, nicht mit jungen, welche begreifhcherweise durch
die NahrungsentziehuDg in ganz anderer Weise geschadigt werden. Hierdurch wurde
wenigstens ein Teil der Feluerquellen ausgeschaltet, welche in den individuellen Ver-
schiedenheiten der Versuchstiere gelegen sind.
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556
Centralb). f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 5.
genommen x ) und nach weiteren 2—4 Tagen wiederholt. Manchmal
wurde auch noch eine dritte Einspritzung — stets intraperitoneal —
gegeben and das Hungertier dann zugleich mit dem genau ebenso
behandelten, nur geffltterten Kontrolltiere am 10., 11. Tage nach Beginn
der Nahrungsentziehung durch Verblutenlassen aus den Flflgelgefflfien
getdtet. Das durch ausgiebiges Zentrifugieren abgeschiedene Serum
wurde dann zur Ausfflhrung der makroskopischen Agglutinationsreaktion
verwendet, indem stufenweise abnehmende Mengen desselben in enge
Glasrohrchen gebracht, mit Bouillon auf das Volumen von 1 ccm er-
g&nzt und darauf mit je 1 ccm der frischen Bakterienaufschwemmung
(24-stflndige Agarkultur) versetzt wurden. Nach 2-stflndigem Aufenthalte
der Rohrchen im Brutschranke wurde die eingetretene oder ausgebliebene
Agglutination notiert und die von den Hungertieren herrfibrenden Proben
mit denen der Kontrolltiere verglichen.
Es braucht wohl kaum besonders hervorgehoben zu werden, daft in
dieser alleinigen Berficksichtigung einer einzigen Gattung der neuge-
bildeten spezifischen AntikOrper, n&mlich der Agglutinine, eine weitere
absichtliche Einschrankung der oben viel allgemeiner gehaltenen Frage-
stellung gelegen ist, und daB man nur mit einer gewissen Vorsicht von
dem Verhalten der Agglutinine auf das der anderen Immunsubstanzen
wird Schlilsse ziehen dttrfen.
Ich gehe nunmebr an die Wiedergabe meiner Versuchsprotokolle.
Die Experimente wurden mit den folgenden Bakterienarten angestellt:
1) Bact. typhi abdominalis.
2) Bac. pyocyaneus.
3) Bac. dysenteriae Kruse.
4) Vibrio Metschnikoff (sehr wenig virulent).
5) Bac. proteus.
In derselben Reihenfolge sind auch die Protokolle angeordnet.
(SchluB folgt)
Nachdruck verboten.
Ueber den Gehalt der einzelnen Eiweissfraktionen des
Serums an Choleraimmunkorpem.
Eine Entgegnung an Herrn A. Wolff.
[Aus dem k. k. serotherapeutischen Institute (Vorstand: Prof. Dr.
R. Paltauf) und dem patholog.-chem. Laboratorium der k. k. Kranken-
anstalt „Rudolfstiftung“ (Vorstand: Dr. E. Freund) zu Wien.]
Von Dr. E. P. Pick.
In einer mir soeben zugekommenen Arbeit gelangt Herr A. Wolff
auf Grund der Nachprtifung meiner Arbeit zu Resultaten, die den
meinigen widersprechen. Unter Vorbehalt einer eingehenden Wiirdigung
seiner Angaben im Zusammenhange mit meinen fortgefiihrten Unter-
1) Ee ist dies mit Riicbsicht auf die von Canalia und Morpurgo featgeetellte
Tateache von Bedeutung, daB Hiihner nur dann fur Milzbrand durch Nahrungsentziehung
empfiiuglich geroacht werden konnen, wenn dieselbe mindestens 3 Tage vor aer Infektion
beginnt.
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Wolff, Bemerkungen zu vorstehender Entgegnung.
557
sachungen fiber den gleichen Gegenstand will ich vorlfiufig in Kttrze
einige wesentliche Punkte in Wolffs Mitteilung richtigstellen.
Wolff hat unter Verkennung des Wesens der Methode in keinem
einzigen Versuche seiner Arbeit die von mir angegebene Versuchs-
anordnung benutzt, snd es sind daber die aus seinen Versuchen sich
ergebenden Schlfisse ffir die Ergebnisse meiner Arbeit in keiner Weise
stichhaltig.
Die von Wolff bei Anwendung des schwefelsauren Ammons zum
Zwecke der Ausffillung der CholeraantikSrper erlittenen Verluste an
Immunkdrpern sind nicht auf eine schSdliche Einwirkung des Salzes
zurfickzuffihren, sondern lassen sich bei zweckm&Bigem, methodischem
Arbeiten vermeiden; die Angabe Wolffs steht fiberdies vereinzelt
gegenfiber den seit meiner Arbeit erschienenen zahlreichen, von Wolff
aber nicht zitierten Publikationen anderer Autoren (Fuhrmann,
Rodhain, P. Th. Muller, Eisenberg, Landsteiner etc.), in
denen bei Anwendung der fraktionierten Ammonsulfatfallung eine
quantitative Ausbeute der verschiedensten Immunkorper in bestimmten
Eiweififraktionen angegeben worden war. Andererseits ist ffir die von
Wolff angeffihrte Tatsache, daft eine Wiederholung der Globulinffillung
mit Ammonsulfat, im Gegensatze zur einmaligen F&llung, keinerlei Ver¬
luste herbeiffihrt, aus den von Wolff beigelegten Versuchsprotokollen
kein Geleg zu erbringen, ebensowenig wie daffir, daB der Iinmunkorper-
wert sich um ein Bedeutendes hSher darstelle, wenn die Dauer der
Ammonsulfateinwirkung eine kfirzere ist.
Da sich die von mir benutzte Prfifungsmethode der Wertbestimmung
der Choleraantikdrper von den Angaben Pfeiffers im Wesen nicht
unterscheidet — die von mir gebrauchte Oese war keine Normalise —
so kdnnen die von den meinigen abweichenden Resultate Wolffs nur
in der mangelhaften chemischen Methodik Wolffs ihre Erkl&rung
linden.
Ich zweifle nicht, daB Herr Wolff bei groBerer Uebung, stronger
Einhaltung der von mir befolgten Methodik und Beachtung der Grund-
prinzipien chemischen Arbeitens zu Resultaten gelangen wird, die mit
den meinigen fibereinstimmen. Es liegt daher in den Angaben Wolffs
kein Grund vor, von den Ergebnissen meiner Arbeit abzugehen, die
ich vielmehr in ihrem vollen Umfange aufrecht erhalte. Eine triftige
Ursache hierftir liegt unter anderem auch darin, daB nach unseren Er-
fahrungen die von Wolff angefochtene Methode zur Darstellung hoch-
wertiger Diphtherieimmunsera ffir therapeutische Zwecke verwendbar ist.
Nachdruck verboten .
Bemerkungen zu vorstehender Entgegnung.
Von Dr. Alfred Wolff in Berlin.
Auf die vorstehende Entgegnung von Herrn Pick habe ichfolgendes
zu erwidern:
Die Richtigstellung einiger „wesentlicher u Punkte seitens Pick be-
schrfinkt sich auf die Erklfirung, daB ich unter Verkennung des Wesens
der Methode in keinem einzigen Versuche die von ihm angegebene Ver-
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558
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 6.
suchsanordnung benutzt hatte. Er ffigt jedoch nicht hinzu, worin die
Fehler bestanden haben sollen. Es ist nattirlich nicht ausgeschlossen,
daB in der Methodik irgend welche Differenzen bestehen, jedenfalls habe
ich jedoch unter geh5riger Kontrolle genau nach dem von Pick an-
gegebenen Protokoll, cf. Hofmeisters Beitr&ge, gearbeitet Pick
hatte doch wenigstens in seiner Entgegnung angeben sollen, in welchen
Punkten ich nach seiner Ansicht in meiner Arbeit von seiner Technik
abgewichen bin. Ich hatte in meiner Arbeit erwahnt, daB meine
Resultate sich vollkommen mit den von Pfeiffer und Proskauer
mit Magnesiumsulfat erhaltenen decken, und auch in dieser Ent¬
gegnung berilhrt er leider wieder nicht den in seiner ersten Arbeit
ebenfalls nicht besprochenen Punkt, aus welchem Grunde die Magnesium-
sulfat-Methode zur Ausfailung der Globuline nicht als einwandsfrei zu
betrachten ist, denn fiber die chemische Eignung der genannten beiden
Autoren wird er doch wohl nicht ein gleiches vernichtendes Verdikt
fallen, wie fiber die meine.
Ueber Deutung von Versuchen kann man natfirlich im Zweifel sein, den
Vorwurf jedoch, daB ich ffir die von mir angeffihrten Tatsachen, daB die
Wiederholung der Globulinffillung mit Ammoniumsulfat keine Verluste
herbeiffihrte im Gegensatz zur einmaligen, ferner daB der Immunkorper-
wert sich um ein bedeutendes hoher darstellt, wenn die Ammonium-
sulfateinwirkung eine ktirzere ist, keine Protokolle angeffihrt habe, muB
ich als absolut unrich tig zurtickweisen. Auf Seite 717 der damaligen
Arbeit im Centralblatt ffir Bakteriologie ffihrte ich ein Protokoll an, in
dem bei einem Serum mit einem Titer Veooo der Titer der Globulin-
Ffillung unter 3500 lag, wfihrend nach zweimaliger Wiederholung der
Fallung der Titer noch fiber 2000 lag, so daB ich mit Recht die SchluB-
folgerung zog, es ist kein wesentlicher weiterer Verlust durch wieder-
holte Fallung eingetreten, wie er der ersten Fallung entspricht Auf
Seite 718 findet sich das Protokoll, daB das Euglobulinfiltrat einen Titer
Viooo hatte, daB nach 8 Tagen bei einem mit 1 / 10 oo immunisierten
Tier diese Dosis nicht mehr schtitzte, und daB nach 14 Tagen der Titer-
wert auf zwischen sank, woraus doch wohl ffir jeden nicht
Voreingenommenen ein Absinken des Titerwertes bei verlangerter Am-
moniumsulfateinwirkung zu folgern ist
Auf die von mir in bakteriologischer Beziehung gemachten Einwande
gegen die Picksche Methodik gehe ich hier nicht wieder ein, sondern ver-
weise auf die ursprflngliche Arbeit, da Pick gegen diese Einwande absolut
nichts vorgebracht hat. Ich mochte nur hervorheben, daB ich die ab-
weichenden Resultate ausdrficklich nicht auf die — relativ unwesentliche
— Verschiedenheit der benutzten Platinfisen geschoben habe.
Ich will Pick es gern hingehen lassen, wenn er meine Resultate
auf mangelhafte chemische Methodik zurtickffihrt, jedoch wenn er glaubt,
als Forscher, der wesentlich auf chemischem Gebiete gearbeitet hat, einem
mehr bakteriologisch und morphologisch Geschulten die Fahigkeit zur che-
mischen Arbeit absprechen zu dfirfen, so mochte ich es doch aussprechen,
daB der Schopfer unserer Kenntnis fiber Choleraimmunitfit mindestens
in gleichem MaBe das Recht hat, fiber die bakteriologische Technik von
Herm Pick ein Urteil zu fallen. Auch brauche ich wohl nicht hervor-
zuheben, daB ich nicht ohne absolute — nicht bloB formelle — Zu-
stimmung Pfeiffers die Angriffe gegen Pick in bakteriologischer Be¬
ziehung niedergeschrieben hatte.
Wie die Streitfrage betreffs des Gehaltes der Immunkfirper schlieB-
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Wolff, Bemerkungen zu voretehender Entgegnung.
559
lich entschieden werden wird, lasse ich dahingestellt, und liegen hier
die Verhaltnisse in chemischer und bakteriologischer Beziehung viel zu
verwickelt, als dafi ich ein Urteil aussprechen mochte, wie sich in Zu-
kunft diese Frage gestalten wird, wo es doch heute noch fraglich ist,
wie sich eine spfitere Zeit uberhaupt zu den feinen Unterscheidungen der
einzelnen EiweiBarten auf Grund der Fallungsgrenzen stellen wird.
Wenn meine Technik Herrn Pick so angreifbar erscheint, warum
erklfirt er nicht die von mir auf p. 713 erwfihnten, nach seinen eigenen
Protokollen, also gewifi doch durch chemisch einwandsfreie Methode ge-
wonnenen Resultate? Er hat dort ein Serum, dessen Titer auf 2200
bis 2400 angegeben wird — das jedoch nach den fiir Titration gelten-
den Regeln nicht als zu Ende titriert anzusehen ist, da das mit dieser
Serumverdttnnung (passiv) immunisierte Tier noch mit dem Leben davon-
kam; es mud also der Titer noch hfiher angenommen werden; von den
2200—2400 Einheiten findet Pick im Euglobulin nur 1600— 2000, im
Pseudoglobulin dagegen 200—400, also ca. den 7. Teil. Die Differenz
im Immunkorpergehalt der Euglobulinreaktion zum Vollserum betr>,
wenn wir Picks Zahlen als richtig ansehen, l /s ^es Gesamtwertes;
wenn wir den Immunkorpergehalt des Serums jedoch hdher ansetzen,
wozu wir nach unseren obigen Ausftihrungen berechtigt sind, wird die
Differenz noch groiier.
Dad das Ammoniumsulfat eine Schadigung und Vernichtung der Im-
munkbrper bewirkt, scheint mir sicher, woran es jedoch liegt, ist jedoch eine
andere Frage. Herr Geheimrat Brieger hatte die Liebenswtirdigkeit,
mich darauf hinzuweisen, dad er bei seinen Untersuchungen fiber die ver-
schiedenen in Typhusbakterien enthaltenen Agglutination auslosende Pro-
teinstoffe eine schadigende Einwirkung des sauren Ammoniumsulfats
bemerkt babe. Das Ammoniumsulfat reagiert infolge dissociativer Vor-
gfinge mehr oder weniger sauer, und diese Sfiuerung kann moglicher-
weise an dem Verlust von Immunkorpern schuld sein. Brieger stumpft
diese Sfiurebildung mit Ammoniumkarbonat ab. Einige Yersuche, die
in dieser Richtung angestellt wurden, haben einen weitaus geringeren
Verlust an Immunkorpern ergeben, doch werden erst weitere Nach-
prttfungen zeigen konnen, ob es sich hier um konstante Verhaltnisse
handelt, Oder ob Schwankungen der Virulenz der Cholerakultur (deren
Virulenz hier in Berlin nicht so ohne alle Schwankungen blieb, wie
seiner Zeit in Konigsberg) Beobachtungsfehler vorgetfiuscht haben. Jeden-
falls scheinen durch die Ausschaltung der Saurewirkung die chemischen
Verhaltnisse von neuem fiberaus kompliziert.
Ueber die Verwendungsmoglichkeit der durch Ausfallungen ge-
wonnenen Sera zu therapeutischen Zwecken habe ich mich fiberhaupt nicht
ausgesprochen; die Moglichkeit liegt natfirlich vor. Ich habe nur gesagt,
dafi nach dem Ergebnis unserer Versuche eine derartige therapeutische
Verwendung vor der des Vollserums keine Vorzfige aufweisen wfirde,
falls man nicht etwa nachweist, dafi korperfremdes Globulin bei der Injek-
tion besser vertragen wird, als korperfremdes Gesamtserum.
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560
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Naehdruck verboten.
Zur Agglutination der Streptokokfcen.
[Aus dem k. k. serotherapeutischen Institute (Prof. Paltauf) und der
k. k. Universit&tskinderklinik (Prof. Escherich) in Wien.J
Von Dr. Paul Moser und Dr. Clemens Frh. t. Plrquet.
t Mit 1 Tafel und 5 Figuren im Text.
In einer friiheren Arbeit hat der eine von uns gezeigt, daB das
Serum von Pferden, welche mit Streptokokkenst&mmen aus dem Herz-
blute Scharlachkranker immunisiert waren, den KrankheitsprozeB des
Scharlachs in spezifischer Weise beeinfluBt 1 ).
Da eine Unterscheidung der bei Scharlach vorkommenden Strepto-
kokken von solchen anderer Herkunft in ihrem kulturellen Verhalten
nicht gelungen war, lag es nahe, nach anderen Kriterien zu suchen,
welche eine solche Abgrenzung ermdglichen.
Schon im Jahre 1897 hatte van de Velde einen ganz Shnlichen
Weg eingeschlagen, und danach als der erste die Agglutination der
Streptokokken beschrieben 2 ).
Er isolierte 21 Streptokokkenstamme, verwendete zwei davon zur
Immunisierung von Kaninchen und fand, daB das Serum des immuni-
sierten Tieres wohl den homologen, nicht aber den heterologen Stamm
agglutiniert.
Den Agglutinationsversuch stellte er makroskopisch an; bei Zusatz
von 1 Teil des homologen Serums auf 50 Teile Bouillon sah er nach
20 Minuten bei 37° Flockenbildung und Bodensatz, wahrend die Kon-
trollbouillon triibe blieb. Bordet 3 ) untersuchte mikroskopisch, sah
keine vollst&ndige Agglutination bei Einwirkung des Marmorekschen
Serums auf Streptokokken.
In analoger Weise untersuchte Bensaude 4 5 ) die Wirkung der
Marmorekschen und mehrerer anderer Immunsera, sowie des Serums
von Menschen, welche an Streptokokkenerkrankungen litten, auf eine
Anzahl von Streptokokkenst&mmen verschiedenen Ursprungs. Er beob-
achtete die Reaktion auch mikroskopisch, fand mehrmals Agglutination,
aber keine Gesetzm&Bigkeit. Die Versuche van de Veldes wurden
im Jahre 1899 von Moser nachgepruft und best&tigt 6 ).
Neuerdings hat Aronson 6 ) wieder auf die Agglutination der
Streptokokken aufmerksam gemacht; er halt nur die makroskopische,
nicht aber die mikroskopische ftir charakteristisch.
1) Moser, Ueber die Behandlung des Scharlachs mit einem Scharlach-Strepto-
kokkenserum. Berlin (Karger) 1903.
2) Sur la necessity d’un s6rum antistreptococcique polyvalent etc. (Arch, de m&l.
exp6r. Paris 1897.)
3) Contribution & l’4tude du s^rum antistreptococcique. (Ann. de l’lnst. Pasteur.
1897. p. 177.)
4) Bensaude, L., Le ph^nomfcne de Tagglutination des microbes. Paris (Carr6)
1897. — Besanjon et Griffon, Pouvoir agglutinatif du s^rum dans les infections
exp£rimen tales et humaines h pneumococques. (Soc. de biol. Paris. 1897.)
5) Kraus, R., Ueber Agglutination. (Akten des IX. internat. Kongresses fur
Hygiene u. Demographie in Mam*id 1900.) — Derselbe, Wiener klin. Wochenschr. 1899.
No. 5.
(5) Aronson, Untersuchungen iiber Streptokokken- und Antistreptokokkenserum.
(Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 42.)
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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken.
561
Er fand, daB sein Antistreptokokkenserum alle untersuchten StAmme
bei der Verdflnnung von 1 : 30 vollkommen, 1 : 40 unvollkommen agglu-
tiniere, wAhrend normales Pferdeserum keine Agglutination bewirkte.
Meyer 1 ) hingegen behauptet, daB das Aron son sche- Serum nur
den homologen Streptococcus agglutiniere; andere StAmme meist
nur dann, wenn sie gleichfalls durch MAusepassage virulent gemacht
sind. Er bediente sich gleichfalls der makroskopischen Methode.
I. Technische Ausfflhrung der Agglutination.
Die Streptokokken wurden in schwach alkalische Bouillon geimpft
und diese nach 24—48-stiindigem Verweilen im Brfltschranke, wenn ge-
nflgendes Wachstum eingetreten war, zur Agglutination verwendet.
Die Bouillon wird mittels der Pipette einige Zeit durchgeblasen,
bis sie ganz gleichmABig getrttbt ist, und hierauf je 1,5 ccm in sterile
Eprouvetten verffillt. Dazu kommt je 0,5 ccm Serumverdflnnung.
Diese erfolgt in derselben alkalischen Bouillon, urn eine Aenderung
des spezifischen Gewichts zu vermeiden.
Als Verdunnungsmodus verwendeten wir stets die geometrische
Reihe 4, 16, 64, 250 etc.
Nach Zusatz des Serums blieben die Eprouvetten bei Zimmertempe-
ratur stehen und wurden nach 16—24 Stunden beobachtet. Die Agglu¬
tination erfolgt nAmlich bei Zimmertemperatur zwar etwas langsamer,
aber ebenso sicher, und es werden dadurch Irrtflmer, die durch das
Wachsen verunreinigender Keime entstehen konnten, eher vermieden.
Nach der Aufstellung der makroskopischen Agglutination wird den-
selben Rohrchen sowie der Kontrollbouillon je ein Tropfen zur mikro-
skopischen Beobachtung entnommen und im hohlen Objekttrager gleich¬
falls bei Zimmertemperatur stehen gelassen.
Wo nur mikroskopische Agglutination ausgefuhrt wurde, verwendeten
wir Tropfchenverdflnnung: statt Rohrchen mit je 1,5 ccm zu beschicken,
werden auf mehrere hohle ObjekttrAger mittels einer gebauchten, kapillar
endigenden Pipette je 3 Tropfen der Streptokokkenbouillon aufgetropft.
Auf dem ersten ObjekttrAger wird ein Tropfen Serum zugesetzt, durch
mehrmaliges vorsichtiges Aufziehen gemischt und von dieser Verdflnnung
1 : 4 (1 Serum auf 4 Gesamtfltissigkeit) 1 Tropfen in den nflchsten Be-
hAlter fallen gelassen u. s. w.
Dadurch entsteht ebenfalls die geometrische Reihe 4, 16, 64 etc.,
das ist 4 1 , 4 2 , 4 s ... 4", welche wir kurzweg mit dem Exponenten als
„Verdttnnung 1 , 2 , ... n“ bezeichnen.
Im folgenden gilt also Verdflnnung 1 = 2 = 3 = 4 =
(statt 5 - 5 ^), 5 = rxfojr, 6 = 7 — Tshoo, 8 = grJnnri 9 =
Diese letztere Methode ist sehr sparsam: 1 Tropfen Serum und
2 ccm Bouillon genfigen, die Verdflnnungen 1 : 4 bis 1 : 250000 auszu-
ftthren. Die Ungenauigkeit, welche durch die Ungleichheit der Tropfen
bedingt ist, wird durch die ausschlieBliche Anwendung der geometri-
schen Reihe unschAdlich gemacht, deren Faktor 4 weite Fehlergrenzen
erlaubt.
Die Tropfchenverdiinnung gibt aber — dadurch, daB wir dieselbe
Pipette zu den weiteren Verdflnnungen benutzten, wobei kleine Mengen
. 1) Meyer, Die Agglutination von Streptokokken. [Vorl. Mitteil.l (Dtsche med.
Woehenschr. 1902. Okt.)
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 36
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562
Centralbl. f. Baku etc. I. AbU Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Serum an derselben haften — hdhere Agglutinationswerte als die Ver-
dfinnung in Kubikcentimetern, so zwar, daB die 5. Verdiinnung in
Tropfchen, welche 1 :1000 sein sollte, nur der 4. Kubikcentimeterver-
dfinnung entsprieht. Die darin gefundenen Zahlen haben also nur rela-
tiven Wert
Dementsprechend haben wir die quantitative Auswertung des hoch-
agglutinierenden Immunserums nur auf die KubikcentimeterverdQnnung
basiert.
II. Vorgang der Agglutination bei den Streptokokken.
Die makroskopisch'e Agglutination der Streptokokken unterscheidet
sich in nichts von den analogen Erscheinungen bei anderen Mikroorga-
nismen.
Einige Stunden (Zimmertemperatur) nach der Aufstellung zeigt sich
in der diffus trfiben Bouillon die Bildung zarter Flockchen, welche all-
m&hlich zu Boden fallen; die Bouillon wird klar.
Dem biologischen Vorgange treten wir viel n&her durch die Beob*
achtung des Serumeinflusses unter dem Mikroskope.
Wir benutzten zu diesen Studien haupts&chlich den aus dem Herz-
blute eines Scharlachkranken gezflchteten Streptococcus XIV
(Lindner), welcher schnell wachst, die Bouillon trflbt und mikroskopisch
stets das gleiche Bild gibt
Die ersten Spuren der Agglutination zeigen sich bereits nach wenigen
Minuten (Versuche 1, 3, 4). Wfihrend die Kontrolle kurze, in Molekular-
bewegung t&nzelnde Kettchen in ganz gleichm&fiiger Verteilung aufweist
(Zeichnung 1), bilden sich am Grunde des mit Serum versetzten Tropfens
kleine, manchmal verzweigte Gruppen durch Anlagerung mehrerer Ketten.
Die flbrige Flflssigkeit ist noch gleichm&Big mit Kettchen erffillt. All-
X
\,
f ... V
t
; "s. ^
Fig. 1.
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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken.
563
mfihlich senken and vereinigen sich nan auch diese, und nach Verlauf
von einer halben Stunde sind fast alle Streptokokken in kleinen Grappen
versammelt.
Weiterhin lagern sich die Gruppen aneinander and bilden grdBere
Haafen (Photogramm 2), zwischen denen zuletzt das ganze Feld frei wird
(Zeichnung 2, Photogramm 4).
Diese Stufe bezeichnen wir als vollkommene Agglutination, „a“,
wobei wir das Hauptaugenmerk darauf legen, daft keine freien Einzel-
ketten neben den Haafen za finden sind.
Dort, wo das Serum durch groBe Verdtinnung an die Grenze seiner
Wirksamkeit gelangt ist, bleiben die Gruppen klein (Zeichnung 3);
zwischen ihnen finden sich unbeeinflullte Einzelketten. Oder es trennen
sich nor peripher die Gruppen scharf ab, die Mitte bleibt undifferenziert
SI
(halbe Agglutination ).
Gehen wir noch weiter in der Verdtinnung, so sehen wir bloB eine
unregelm&Bige Gruppierung der Streptokokken in dichteren Wolken mit
SL
dfinner bes&ten Zwischenfeldern (Spuren von Agglutination = ^).
Im Eontrolltropfen senken sich auch allmahlich die Streptokokken
zu Boden (nach 1—4 Tagen) und gleiten bis zum tiefsten Punkte, der
Tropfenmitte. Dort finden wir dann eine zentrale, undifferenzierte,
gleichm&fiige KOrnchenmasse (Photogramm 1), an deren Rande freie
Kettchen sich in molekularer Bewegung befinden.
Die beigeffigten Zeichnungen sind mittels einer Zeissschen Camera
36*
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
nach dem Bilde im hohlen Objektlrfiger verfertigt, wfihrend die zweite
Serie durch Mikrophotographie der gefarbten Agglutination gewonnen ist 1 2 ).
Woher kommt es nun. dafi makroskopisch die Agglutination so viel
spfiter in Erscheinnng tritt als mikroskopisch ? Die kleinsten Gruppie-
rungen der Streptokokken entgehen dem blofien Auge, welches dann
erst eine flockige Triibung bemerkt, wenn sich grofiere Konglomerate ge-
bildet haben. Sobald diese entstanden sind, senken sie sich ziemlich
rasch zu Boden, wahrend sich mikroskopisch noch eine weitere Aus-
bildung des agglutinierenden Vorganges erkennen lafit, n&mlich das An-
einanderrficken der Haufchen zu einem grofieren Haufen.
So sehenwir in Versuch 1, dafi nach 2 Stunden die Agglutination
mikroskopisch in den meisten Verdfinnungen schon deutlich ist, wahrend
sie makroskopisch kaum begonnen hat und nur in einigen Rdhrchen
nachweisbar ist.
Fig. 3. Zeitlicher Eintritt der makroskopischen und mikroskopischen Agglutination
im Konzentrationsoptimum. Versuch vom 5. Dez. und 15. Jan.
J Vollst&ndige
Agglutination
l UnvollstSndige
' Agglutination
Zeit 4' 15' 30' 1 h 2 h 4 h 8 h 16 h
.mikroskopische, —— makroskopische Beobachtung.
Nach 20 Stunden besteht ein ahnliches Verhaltnis bei jenen Ver-
diinnungen, wo es uberhaupt nicht zur Sedimentierung kommt.
Hier zeigt die makroskopische Methode eine scharfere Grenze:
Verdttnnung 5 ist sedimentiert, 6 zeigt Niederschlag neben leichter
Triibung, 7 ist triibe wie die Kontrollbouillon, wogegen wir im Mikro-
skope noch in Verdttnnung 8 Spuren der Agglutination bemerken.
Dieses Verhaltnis ist wahrscheinlich so zu erklaren, dafi Spuren
agglutinierender Substanz wohl genttgen, urn die Streptokokken anein-
ander zu kleben, nicht aber, um so kompakte Flocken zu bilden, dafi
sie sedimentieren, und das spezifische Gewicht merklich fiber das der
Nahrflttssigkeit zu erhohen (Versuch 5).
Aus den Versuchen 1 und 2 sehen wir aber noch eine andere Er-
scheinung. Die Agglutination beginnt nicht, wie theoretisch zu erwarten
ware, dort, wo die meisten Agglutinine vorhanden sind, sondern in
hfiheren Verdfinnungen *).
Dies kfinnte dadurch bedingt sein, dafi in den stfirksten Konzentra-
tionen die Eiweifilosung des Serums durch ihren Molekulargehalt Oder
durch ihr spezifisches Gewicht eine hemmende Wirkung ausfibt.
1) Deckglas mit den Tropfchen lufttrocken, Hartung in Formalinalkohol, Gram-
Farbung.
2) Eisenberg und Volk, Untersuchungen fiber die Agglutination. (Zeitschr. f.
Hygiene. 1D01.)
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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken.
565
Diese ErklSrung ist aber nicht zutreffend (Versuch 2). Serum von
geringerer Agglutinationskraft bringt n&mlich in der st&rksten EiweiB-
konzentration (1 : 4) eine schnellere Agglutination zu stande, als das
hochagglutinierende in den geeignetsten Verdiinnungen.
Nach mehreren Stunden tritt aber dann auch hier meist Agglutina¬
tion ein, die mikroskopisch sich insofern von der prim&ren unterscheiden
laBt, daB die Streptokokken, statt diskrete Haufen zu bilden, zu groBen
Netzen vereinigt sind.
Versucli 1.
15. Januar 1903. Streptococcus XIV, S. Bertram.
Verdiinnung in Kubikcentimetern.
Makroskopisch
Nach 1 Stunde: alle Rflhren wie Kontrolle
2 Std.: Verdunng. 3, 4, 5 zarte Flockchen,
obere Schicht klarer, in 4 am deutlichsten
4 Std.: Verdunng. 3—5 agglutiniert, Bo-
densatz, Fliissigkeit fast klar, einige
zarte Fldckchen. Verdunng. 1, 2, 6—10
wie Kontrolle
5 Std.: Verdunng. 1 flockige Triibung ohne
Bodensatz, 2 klarer, etwas Satz, 3—5
klar, 6 leicht triibe (wie 2), 7—10 wie
Kontrolle
20 Std.: Verdunng. 2—5 a, 1, 6 fast klar, I
7—10 e !
Mikroskopisch
Verdunng. 1 », 2—5 », am starksten 4,
6 7 », 8—10 wie Kontrolle
Verdunng. 1 », 2 - 6 », 7 », 8—10 O
Verdunng. 1 », 2 fast a (sehr wenige
Einzelketten), 3—6 a, 7 *, 8 Spuren
von Gruppenbildung, 9 10 wie Kontrolle
Verdunng. 1 fast a, 2—6 a, 7 \
Versuch 2.
15. Januar 1901. Streptococcus XIV, S. Aronson (ohne Trikresolzusatz), ebenso
aufgestellt.
2 Std.: Verdunng. 1 flockige Triibung, j Verdunng. 1 a, 2 *, 3—6 wie Kontrolle
kein Satz, fast klar
5 Std.: Verdunng. 1 Bodensatz, 2 fein- | Verdiinng. 1 a, 2 fast a (wenige Einzel-
flockige Triibung ohne Satz, 3—6 wie ketten), 3—6 wie Kontrolle
Kontrolle
20 Std.: Verdiinng. 1 2 klar, 3 geringer Verdunng. 1, 2 a, 3 » 4—6 wie Kontrolle
Satz, triibe wie Kontrolle 4—6
Versuch 3.
5. Dezember. Streptococcus XIV, Serum Bertram; Tropfchenverdiinnung.
Nach 4 Minuten: Beginnende Gruppenbildung in Verdunng. 5
„ 12 „ Gruppenbildung ausgesprochen in 4, 5 und 6, beginnend in alien
Verdiinnungen, mit Ausnahme von 1. Die Gruppen zeigen sich am
Boden des Tropfens, im iibrigen Tropfen sind die Streptokokken
noch gleichmaflig verteilt, in 4 und 5 aber nicht mehr so dicht wie
in den iibrigen
„ 90 „ Verdunng. 4—8 zeigen nur mehr kleine Gruppen am Grunde, die
Fliissigkeit dariiber ist frei von Streptokokken. In Verdiinng. 2,
3 und 9 schwimmen noch solche, in Verdunng. 1 beginnt erst die
Gruppenbildung
Versuch 4.
27. August. Streptococcus XIV, Serum Egmont. Kubikcentimeterverdiinnung.
Nach 45 Minuten: Verdunng. 4 fast nur Gruppen. Verdunng. 1—3, 5—9 Beginn von
Gruppenbildung. Verdunng. 10 wie Kontrolle
„ 90 „ Verdunng. 4 fast keine Einzelketten, alles in kleinen Haufchen. In
den hoheren und geringeren Verdiinnungen zunehmend Einzelketten
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
24 Stunden: Verdun ng. 1 mitteigroBe Haufen, 2 netzartige Haufen, viele Einzel¬
ketten, 3 weniger Einzelketten, 4, 5 netzartige Haufen, fast keine
EinzeJketten (Zeichnung 2), 6, 7 kleine Haufen, 8 Gruppen, viele
Einzelketten, 9 wenige Gruppen, haupts&chlich Einzelketten (Zeich¬
nung 3), 10 wie Kontrolle (Zeichnung 1)
Versuch 5.
13. und 17. Januar 1903. Serum Bertram. Verdiinnung in Kubikcentimetern.
(Die mikroskopischen Pro ben sind dem Rohrchen entnommen.)
Verdunnung 7 (1
makroskopisch
: 16 000) zeigt sich
mikroskopisch
)toc. I » (leicht getrubt, Bodensatz)
a (keine Einzelketten)
V 6 (wie Kontrolle)
a
VI i
a
VIII v
a
XI e
a
XII »
T
a
XIV e
a
XV e
a
7
In den ubrigen Teilen dieser Versuchsreihe waren makroskopische und mikroskopische
Agglutination dbereinstimmend.
Die bisherige Beschreibung der Streptokokkenagglutination bezieht
sich blofi auf kurzkettige Stamme, welche in Bouillon als diffuse Triibung
wachsen.
Viele Stamme wachsen aber als Bodensatz oder sedimentieren
wenigstens sehr rasch, noch andere wachsen als kornige oder flockige
Konglomerate, die mikroskopisch Bflndel gewundener Ketten darstellen.
Die letzteren sind in dieser Form nicht zur Agglutination verwend-
bar, lassen sich aber meist durch geeignete Nahrbdden zu gleichm&Bigem
Wachstume benutzen (Streptococcus XIX, XXIV).
Die rasche Sedimentierung bietet fiir die makroskopische Agglutina¬
tion grofie Schwierigkeit (Streptococcus V, VI), wahrend sie die
mikroskopische Methode ungehindert laBt.
Ftir diese sind aber die tibermaBig langen Ketten ein groBes
Hindernis.
Wir beseitigten es dadurch, dafi wir durch die Bouillonkultur J ) ver-
mittelst eines Aspirators durch mehrere Stunden Luft durchleiteten.
Durch die fortwahrende Erschfitterung wurden die Ketten in kleine Teile
von 4—6 Kornern zerrissen.
Es genilgt aber auch, wenn man mittels einer Pipette mehrere
Minuten lang Luft einblast.
1) Entweder wahrend oder nach vollendetem Wachstume.
(SchluB folgt.)
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Muller, Geht das Tetanolysin mit Proteiden eine ungiftige Verbindung ein? 567
Nachdruck verboten.
Geht das Tetanolysin mit den Proteiden des Serums und
des Eiklars eine ungiftige Verbindung ein?
[Aus dem Institut fflr experim. Therapie in Frankfurt a. M.
Direktor: Geh.-Rat Prof. Ehrlich.]
Von Dr. Paul Theodor Miiller,
.Privatdozent und Assistent am hygienischen Institut Graz.
Die umfangreichen hfimolytischen Studien der letzten Jahre haben
uns mit einer ganzen Reihe von Substanzen bekannt gemacht, welche
im stande sind, die AuflOsung der roten Blutkorperchen durch Blut-
gifte verschiedener Art und Provenienz zu verhindern. Ganz abgesehen
von den durch kfinstliche Immunisierung mit diesen Blutgiften erzielten
spezifischen Antikorpern, den eigentlichen Antih&molysinen, hat
man mit normalem Blutserum gewisser Tierspecies, ferner mit patho-
logischen Kdrperflttssigkeiten, mit Exsudaten und Transsudaten derartige,
nicht spezifische Hemmungswirkungen hervorrufen kfinnen, und zum
Teil bereits auch einer eingehenderen Analyse unterzogen.
So haben Ehrlich und Mor genroth (1), Paul Th. Mflller (2),
Besredka(3) Antiambozeptoren in normalem Serum beobachtet,
M. Neisser und Wechsberg(4), Paul Th. Mtiller(5) daselbst auch
Antikomplimente nachweisen konnen, Befunde an welche sich naturge-
mSB die Beobachtung von Marshall und Mor genroth (6) angliedert,
welche in einer Ascitesfliissigkeit ein sehr wirksames, aber nur auf ge-
wisse Komplemente eingestelltes Antikomplement fanden.
Nicht geringeres Interesse als die frfiher genannten hemmenden
Wirkungen, welche sich gegen tierische H&molysine richten, verdient
eine weitere Gruppe von Hemmungsvorg&ngen, bei welchen die blut-
losenden Agentien, die in ihrer Wirksamkeit paralysiert werden, pflanz-
licher, besonders bakterieller Natur sind. Schon in seiner ersten
kurzen Mitteilung fiber den blutlosenden Bestandteil des Tetanusgiftes,
fiber das Tetanolysin, hat Ehrlich (7) hervorgehoben, daft gewisse
Tiersera, besonders das Pferdeserum, im stande sind, dieses Gift zu neu-
tralisieren und die roten Blutkorperchen vor ihrer Zerstorung zu schfitzen.
Kraus und Clairmont(8 ) bestfitigten und erweiterten in der Folge
diese Beobachtungen, indem sie zeigen konnten, daB auch andere
bakterielle Hamolysine, wie die des Choleravibrio, des Bact. coli, des
Staph, pyogenes durch verschiedene Tiersera eine mehr oder
minder hochgradige Hemmung erfahren, und Neisser und Wechs-
berg(9) konnten in ihrer interessanten Studie fiber das Staphylotoxin
feststellen, daB dieses Gift konstant durch Pferdeserum und durch
menschliches Serum in seiner Wirkung auf die roten Blutkdrperchen
paralysiert wird.
Welcher Art jedoch die Substanzen sind, welche diese nicht spezi¬
fischen Hemmungen bewirken, darfiber war man bei dem damaligen
Stande des Wissens noch vdllig im unklaren, und war nicht einmal
fiber die prinzipiell so wichtige Frage orientiert, ob es sich hierbei fiber-
haupt um EiweiBkfirper handle oder nicht.
In ganz neue Bahnen wurde nun die Forschung gelenkt durch die
Beobachtung von Ransom (10), daB Cholesterin die Lfisung des Blutes
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568
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
durch Saponin zu verhindern vermag, und daB auch die saponin-
hemmende Wirkung des normalen Blutserums auf seinem Cholesterin-
gehalt beruht. Hiermit war also zum ersten Male eine chemisch genau
bekannte und definierte, kristallisierbare Substanz aus deni Serum
isoliert worden, welcher die Schutzwirkung zukommt, und wenn es auch
nicht ohne weiteres gestattet war, die H&molyse durch Saponin mit der
durch die genannten Bakteriengifte bewirkten zu analogisieren, so bildete
doch diese Entdeckung Ransoms einen machtigen Ansporn dafiir, auch
bei den anderen Hemmungsvorgangen der H&molyse nach derartigen
Substanzen bekannter chemischer Konstitution zu fahnden.
Noch in anderer Richtung war jedoch die Ransomsche Beobachtung
von einigem EinfluB auf unsere Anschauungen fiber das Zustandekommen
der in Rede stehenden Hemmungen. Meist hatte man stillschweigend
vorausgesetzt, daB es sich bei denselben urn ein Shnliches Verankern
zweier wie Schliissel und SchloB aufeinander passender chemischer
Komplexe handle, wie man dasselbe fiir die Antikorper anzunehmen
alien Grund hat. In dem Falle des Saponins hingegen, und der Hem-
mung seiner losenden Wirkung auf die roten Blutkorperchen durch das
Cholesterin des Serums, war es von vornherein einleuchtend, daB man
es mit einem ganz anderen Ph&nomen zu tun habe, als mit einer
chemischen Bindung zwischen Saponin und Cholesterin: namlich mit
einer Verteilung des Giftes zwischen zwei Losungsmitteln, deren eines
in den roten Blutkorperchen, deren anderes in dem Serum enthalten ist,
und von deren relativen Mengenverhaltnissen es abhangt, ob das Gift
in zur L5sung ausreichender Quantitat von den Erythrocyten aufge-
nommen wird, Oder ob es der Hauptmasse nach auf das Serum be-
schr&nkt bleibt und dann naturlicherweise die Blutzellen vollkommen
intakt laftt.
Hiermit war also ein zweiter Typus von entgiftenden, hemmenden
Wirkungen gegeben, welchen man, einem Vorschlag von Bashford(ll)
folgend, als pseudo-antitoxischen den ersteren antitoxischen
Phanomenen, bei welchen es zu einer wirklichen Bindung zwischen Gift
und Gegengift kommt, gegeniiberstellen kann. DaB nun in der Tat eine
ganze Anzahl derartiger hemmender Wirkungen, die an normalem Blut-
serum zur Beobachtung gelangen, pseudo-antitoxischer Natur sind, hat
Bashford durch eine Reihe von Experimenten und Ueberlegungen,
auf die hier nicht naher eingegangen werden soil, wahrscheinlich ge-
macht, und zu ahnlichen Anschauungen ist Noguchi (12) gekommen,
welcher die uns hier speziell interessierende Beobachtung machte, daB
neben Serum und Milch auch dem Cholesterin eine bedeutende Schutz-
kraft gegenuber dem Tetanolysin zukommt. Noguchi glaubt daher
annehmen zu diirfen, daB auch diese losungswidrigen Eigenschaften des
Serums und der Milch auf ihren Cholesteringehalt zu beziehen seien,
wenn er auch direkte Beweise fiir seine Vermutung nicht beibringt,
Zu einer ganz abweichenden Auffassung dieser hemmenden Wir¬
kung des Serums auf die blutlosende Komponente des Tetanusgiftes
gelangten nun Arrhenius und Madsen (13) in ihrer Arbeit, welche
sich die Anwendung der physikalischen Chemie auf das Studium der
Toxine und Antitoxine zum Ziele setzte. Aus gewissen quantitativen
Verhaltnissen, die sicli bei ihren Versuchen mit Serum und mit Eier-
eiweiB, welches auch eine starke antihamolytische Wirkung besitzt,
lierausstellten, glaubten die Verfasser sich zu dem Schlusse berechtigt,
daB das Gift sich mit den Prote'iden zu einer weniger giftigen Modi-
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Muller, Geht das Tetanolysin mit Protelden eine ungiftige Verbindung ein? 569
fikation verbinde. „Wie wir gesehen haben“ — so schreiben die beiden
Forscher (p. 33) — „verbindet sich das Tetanolysin wahrscheinlich mit
den roten Blutkorperchen, und unter diesen UmstSnden ist es sehr wahr¬
scheinlich, daB auch das Albumin Oder Serum Oder vielleicht einer seiner
Bestandteile mit dem Tetanolysin zusammentritt, welches auf diese Weise
abgeschw&cht wird.“ „Die Zugabe von Protelden, einschlieBlich des
Normalserums, bewirkt also eine Herabminderung der Hftmolyse. Die-
selben verhalten sich so, als ob sie sich teilweise mit den Basen und
mit dem Tetanolysin verb&nden, wodurch schw&cher wirkende h&moly-
sierende Mittel zustande kommen.“ Und etwas spater: (p. 35) „Diese
Versuche fflhren zu dem Schlusse, daB sich eine Verbindung zwischen
Tetanolysin und dem Prote'id bildet, die die Eigenschaften des
Tetanolysins, obgleich in geringerem Grade, bewahrt“.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daB die Existenz derartiger un-
giftiger oder wenigstens weniger giftiger Verbindungen zwischen dem
Tetanolysin und gewissen Protel'den von allerhochstem theoretischen
Interesse w&re, und es schien daher berechtigt, sich die Frage vor-
zulegen, ob sich in der Tat Beweise fflr oder gegen diese Annahme von
Arrhenius und Madsen beibringen lassen. — Es ist klar, daB die
Anschauung der genannten Forscher von dem Momente an hinf&llig
sein muB, wo gezeigt werden kann, daB sich die hemmende Fahigkeit
des Serums und des Eiereiweifies von den Proteiden trennen l&fit, und
daB auch mit EiweiBfreien Extrakten dieser Substanzen die Blut¬
korperchen vor der zerstorenden Einwirkung des Tetanolysins geschfltzt
werden konnen.
Der Weg, der beschritten werden muBte, um diese Frage zur Ent-
scheidung zu bringen, war hiermit klar vorgezeichnet Da, wie bereits
erwahnt wurde, eine Beteiligung des Serumcholesterins an diesen
Hemmungsvorgangen wenn auch nicht bewiesen, so doch durchaus nicht
unwahrscheinlich war, so lag es nahe, die angestrebte Trennung der
hemmenden Substanzen von den Eiweifikdrpern durch Alkoholzusatz zu
versuchen, welcher die letzteren zur Fallung bringt, wahrend Cholesterin
und Shnliche lipoide Substanzen in Alkohol gelost bleiben, und nach Ein-
dampfen zur Trockne und Aufnehmen in physiologischer Eochsalzldsung
auf ihre antihamolytischen Wirkungen gepriift werden kdnnen. Als not-
wendige Erg&nzung zu diesen Versuchen muBte dann ferner festgestellt
werden, ob die mit Alkohol gefallten und nach Abpressen der Flflssig-
keit wieder in Ldsung gebrachten SerumeiweiBkbrper noch hemmende
Wirkungen auf das Tetanolysin auszuiiben vermbgen, oder ob sie diese
F&higkeiten eingebiiBt haben.
Einer der in diesem Sinne angestellten Versuche findet sich in Proto-
koll I ausfiihrlich wiedergegeben. Bemerkt sie hierzu nur noch, daB die
Alkoholfallung und Filtration moglicht rasch vorgenommen werden muB,
damit eine Koagulation der SerumeiweiBkdrper tunlichst verhindert
werde, und beim WiederauflSsen des Niederschlages wenn auch nicht
vollkommen klare, so doch nur m&Big opalescente, im iibrigen aber
homogene Flilssigkeiten erzielt werden.
Versuch I.
10 ccm Normal-Pferdeserum mit etwa 5-fachem Volumen Alcohol absol. gefiillt, so
rasch als moglich filtriert; der Niederschlag zwischen Filtrierpapier gut abgeprefit und
in 10 ccm 0,85 proz. Kochsalzlosuog aufgelost. Die Ldsung ist opalescent.
a) 1 ccm Ochsenblut -f 0,002 g Tetanolysin (= ungefahr die doppelte losende
Dosis) + steigende Mengen Normal-Pferdeserums, bezw. des gelosten Alkoholnieder-
schlages; das Ganze auf 2,5 ccm aufgefullt.
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570
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXTV. No. 6.
ccm
N ormal-Pferdeserum
Alkoholfallung aus
Pferdeserum, geldst
0,1
yollkommene LosuDg
0,2
maflige Losung
0,3
Spur
0,4
Spur
0,5
0
0,6
0
0,7
0
vollkommene
0,8
0
Losung.
0,9
0
1,0
I 0 !
1,1
0
1,2
0
1,3
0
1,4
0 J
b) Das Filtrat von dem EiweiBniederschlag des Serums wird auf
dem Wasserbade zur Trockne eingedampft, in dem ursprflnglichem
Volumen (= 10 ccm) Kochsalzlosung der Trockenriickstand aufgenommen
und der folgende Versuch damit angestellt:
1 ccm Ochsenblut + 0,002 g Tetanolysin und steigende Mengen
des Alkoholextraktes, auf 2 ccm mit physiol. Kochsalzlbsung aufgefullt:
0,02 Alkoholextrakt: starke LSsung
0,04 „ maBige Losung
0,06
0,08
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
Die Ergebnisse dieser Versuche waren vollkommen eindeutige.
W&hrend nltmlich die gefallten und wieder geldsten Ei-
weiBkorper selbst in groBen Dosen jede hemmende
Wirkung vermissen lieBen, war der alkoholische Extrakt
desSerums mit starker antih&molytischer Kraft begabt 1 );
mit anderen Worten: das hemmende Agens war nicht mit den
E iweiBkorpern mitgefallt worden, sondern im Alkohol
geldst geblieben, war also notwendigerweise von den
Serumprotel'den verschieden. Die angestrebte Trennung war
somit, zun&chst wenigstens fiir das Serum, vollkommen gelungen, und
eine Deutung der gedachten Hemmungsph&nomene in dem Sinne von
Arrhenius und Madsen dadurch unhaltbar geworden.
Auch fflr das EiereiweiB laBt sich nun ein ganz ahnlicher Nachweis
fuhren. Da sich hier einige vielleicht nicht uninteressante Besonder-
heiten ergaben, so sei auch auf diesen Punkt etwas naher eingegangen.
Zunachst stellte sich namlich heraus, daB das Hiihnereiweifi bei
manchen meiner Versuche entweder gar keine Oder doch nur sehr geringe
hemmende Tatigkeit gegenflber dem Tetanolysin entfaltete, die an-
scheinend schwhcher war, als nach den Beobachtungen von Arrhenius
1) Erwiihnt sei, daS die hemmende Wirkung der Alkoholextrakte meist viel be-
trachtlicher war, als die des urspriinglichen Serums; eine Tatsache, die wohl dadurh
ihre Erklarung findel, dafi die hemmenden Substanzen — Cholesterin oder andere
Lipoide — im Serum nicht in freiem Zustande, sondern zum Teil in unwirksamer
Form enthalten sein diirften.
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M filler, Geht das Tetanoiysin mit Protelden eine ungiftige Verbindung ein? 571
und Madsen zu erwarten gewesen ware. In anderen Fallen war aller-
dings die antihamolytische Wirkung etwas starker ausgepragt. Es kann
wohl kaum einem Zweifel unterliegen, dafi wir es hier mit individuellen
Differenzen der untersuchten Htihnereier, vielleicht auch mit Rassen-
verschiedenheiten oder Verschiedenheiten der Jahreszeit, des Alters,
Bebrfltungszustandes etc. zu tun haben dflrften. Jedenfalls aber mull
hervorgehoben werden, daft schon das Besteben derartiger bedeutenderer
Differenzen sehr entschieden gegen eine entgiftende Rolle des Eiweifies
an sich spricht und viel besser mit der Anwesenheit hemmender Bei-
mengungen zu vereinen ist, welchen eine groftere qualitative und
quantitative Schwankungsbreite zugestanden werden kann, als den eigent-
lichen EiweiBkorpern des Hfihnereies.
Eine meist intensivere hemmende Kraft besaft dagegen das Eiweifi
der Enteneier, wenngleich auch hier nicht selten erhebliche Schwan-
kungen zu beobachten waren. In Tabelle II linden sich die bei einem
derartigen vergleichenden Versuche erhaltenen Ergebnisse verzeichnet.
Zur besseren Orientierung wurde gleichzeitig auch ein Versuch mit
Pferdeserum unter genau denselben Modalit&ten angestellt.
Yersuch 11.
Je 2 ccm Ochsenblut werden mit dem in der ersten Spalte verzeichneten Men gen
Tetanoiysin versetzt, dann die in der 2. Spalte stehenden Mengen der hemmenaen
Substanzen (Normal-Pferdeserum, HuhnereiweiB 50 Proz. und EnteneiweiB 50 Proz.)
hinzugefugt, und das Ganze auf 5 ccm mit physiolog. Kochsalzlosung aufgeffillt.
Tetano¬
iysin
Menge der
hemmenden
Substanz
Normal-
Pferdeserum
HuhnereiweiB
50 Proz.
Enteneiweifi
50 Proz.
0,5
Spur
vollkommen
vollkommen
1,0
0
»»
mafiig
1,5
0
,,
Spur
0,002
2,0
0
,,
Spur
2,5
0
fast vollkommen
0
3,0
0 I
>> »,
0
0
vollkommen |
vollkommen
vollkommen
0,5
1,0
Spurchen j
0 |
,,
,,
starke Losung
mafiige „
1,5
0
»,
Spur
0,0015
2,0
0
fast vollkommen
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2,5
0
sehr stark
0
3,0
0
if tt
0
0
vollkommen
vollkommen
vollkommen
0,5
0
,,
stark
1,0
0
fast vollkommen
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1,5
0
sehr stark
Spur
0,001 <
2,0
0
stark
0
2,5
0
mafiig
0
3,0
0
0
fast vollk.
gering
fast vollkommen
0
fast vollkommen
0,5
0
mafiig
geringe Losung
j
1,0
0
gering
0
I
1,5
0
Spur
0
0,0005 {
2,0
0
,,
0
I
2,5
0
0
0
3,0
0
0
0
0
mafiige Los.
maSige Losung
maBige Losung
Bezilglich der Technik dieser Experimente sei nur noch angefiihrt,
dafi das Eiereiweift stets mit dem gleichen Volumen physiologischer Koch-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
salzldsung versetzt und krfiftig durchgeschiittelt wurde, um eine gleich-
m&fiige Verteilung zu erzielen. Da ferner neben den komplett losenden
Tetanolysinmengen aucb geringere Quantitfiten in Anwendung kamen,
bei welchen die Hemmung markanter hervortritt, und da hierbei etwas
grSBere Flflssigkeitsschichten zur leichteren Beurteilung des Ldsungs-
grades erwiinscht erscheinen, so wurden stets 2 ccm Blutaufschwemmung
mit steigenden Mengen des EiereiweiBes versetzt und, nach Hinzufilgung
der betreflfenden Giftdosis, auf 5 ccm aufgefullt.
1st nun auch die hemmende Substanz des Enten- und Hilhner-
eiweiBes, wie die des Pferdeserums, mit Alkohol extrahierbar? Die
folgenden Versuche geben darttber AufschluB (Versuch III).
Versuch III.
Je25 ccm50-proz. Enten- und Hlihnereiweifi mit 5-fachem Volumen Alcohol absoL
gefallt. Der Alkohol des Extraktes verjagt und der Troekennickstand in physioL
Kochsalzlosung (25 ccm) gelost.
Bemerkt sei, dafi das zu diesem Versuche dienende Hiihner- und Enteneiwei&
beeonders starke hemmende Kraft besafi, und daher fur unsere Zwecke sehr geeignet war.
Je 2 ccm Ochsenblut + 0,002 Tetanolysin + steigende Mengen der alkoholischen
Extrakte; auf 5 ccm erganzt.
ccm |
Enteneiweifl, alkoh. Extr.
Huhnereiweifi, alkoh. Extr.
0,1
Spur von Losung |
geringe Losung
03
Spur
! Spur
0,5
»»
V
1,0
0
1,5
0
0
2,0
0
0
2,5
0
0
3,0
0
0
3,5
0
0
0
vollkommene Losung
vollkommene LOsung
Wie man aus dieser Zusammenstellung entnehmen kann, ist in der
Tat die hemmende Substanz des Enten- und HiihnereiweiBes in den
alkoholischen Extrakt flbergegangen, und verh< sich somit genau so,
wie die lbsungswidrigen Stoffe des Pferdeserums. Wir konnen daher
auch fiir das EiereiweiB eine direkte, das Tetanusgift
modifiziernde Oder abschw&chende Wirkung derProtel'n-
stoffe als ausgeschlossen betrachten und sehen uns ge-
zwungen, die antih&molytische Wirkung desselben auf eine alkohol-
ldsliche Beimengung zu beziehen, die mit allerhochster Wahrscheinlichkeit
als Cholesterin angesprochen werden kann, da dem Lecithin nach den
Untersuchungen Noguchis diese FShigkeit nicht innewohnt.
Wenn wir nun weiter bedenken, daB eine chemische Bindung
zwischen Tetanolysin und Cholesterin als im hochsten Grade unwahr-
scheinlich bezeichnet werden muB, so kommen wir schlieBlich zu der
Auffassung, die schon Bashford vertreten hat, und nach welcher
wir in der durch Serum und EiereiweiB bedingten Hem¬
mung der HBmolyse nicht ein echtes an titoxisches
Ph&nomen mit Bindung zwischen Gift und Gegengift zu
sehen haben, sondern ein pseudoantitoxisches, bei welchem
die schiitzende Wirkung auf anderem Wege — vermutlich durch physi-
kalisch-chemische Losungs- und Verteilungsvorgange — zu stande kommt.
Zum Schlusse ist es mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser
Stelle Herrn Geh.-R. Prof. Ehrlich fttr die in so reichem MaBe be-
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Sauerbeck, Zur Frage des Pankreas-Cytolysins.
573
wiesene Gastfreundschaft in seinem Institute meinen herzlichsten Dank
auszusprechen. Ebenso bin ich seinen Assistenten, Herrn Dr. Morgen-
roth, Mitglied des Instituts und Herrn Dr. Sachs wegen ihres liebens-
wiirdigen Entgegenhommens zu bestem Danke verpflichtet.
Literatur.
1) Berl. klin. Wocbenschr. 1901.
2) Centralbl. fur Bakt. Bd. XXIX. 1901.
31 Annal. de Pinst. Pasteur. T. XV, 1901.
4) Munch, med. Wochenschr. 1901.
5) Centralbl. f. Bakt. Bd. XXIX. 1901.
6) Centralbl. f. Bakt. Bd. XXXI. 1902.
7) Gres, der Charit^arzte, 3. Febr. 1898; Berlin, klin. Wochenschr. 1898. No. 12,
8) Wiener klin. Wochenschr. 1900 und 1901.
9) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVI. 1901.
10) Deutsche med. Wochenschr. 1901.
11) Journal of Pathology. 1902.
12) Centralbl f. Bakt. Bd. XXXII. 1902.
Nachdruck verboten.
Zur Frage des Pankreas-Cytolysins.
Eine kritische Bemerkung von Dr. Ernst Sauerbeck, Basel,
gewes. I. Assistent am path. Institut.
Nach einer Reihe tastender Versuche (Grohmann 1884, Fodor
1887) war die Lehre von der Wechselwirkung zwischen infektiosem
Mikroorganismus und infiziertem Tier zuniichst durch die Untersuchungen
der Fliiggeschen Schule und Buchners, besonders aber durch die
Cholerastudien R. Pfeiffers und die anschlieCenden Forschungen
Metschnikoffs und Bordets zu einem jener Kapitel der Pathologie
geworden, die versprachen, weit fiber den Kreis der Spezialwissenschaft
hinaus fttr die gesamte Biologie von fundamental Bedeutung zu werden.
Die Entdeckung von Be If anti und Carbone 1 2 ) (1898) betreffend
das Verhalten hoherer Organismen gegenfiber der Einverleibung fremden
Blutes (welches Verhalten fibrigens wegen der praktischen Bedeutung
des Eingriffs bis zu einem gewissen Grade schon lfingere Zeit bekannt
war [vergl. Creite*) und Landois 3 )]) wurden durch die unabhfingigen
Beobachtungen Bordets, von Dungerns, Landsteiners, ins-
besondere aber durch den systematischen Ausbau, den ihr einerseits
Bordet 4 5 ) mit seiner Sensibilisierungstheorie, andererseits Ehrlich 8 )
(in Kollaboration groBenteils von Morgenroth) durch Subsumption der
betreffenden Erscheinungen unter seine Seitenkettentheorie gab, zur
Grundlage eines theoretischen Lehrgebaudes, das die Reaktion des
lebenden KOrpers gegen Bakterien nur als Spezialfall der F&higkeit des
hoheren Organismus erkennen lieB, auf Einverleibung fremder, ja sogar,
1) Belfanti uud Carbone, Giornale della Regia Accad. di med. di Torino.
1898. p. 321.
2) Criste, Zeitschrift f. rat. Med. Bd. XXXVI.
3) Landois, Zur Lehre von der Bluttransfusion. Leipzig 1875.
4) Siehe die letzten Bande der Annales de lTnstitut Pasteur, insbesondere Ann.
Pasteur. T. XIV. 1900. p. 256.
5) Siehe Berliner klin. Woch. 1899. p. 6 u. 481; 1900. p. 453 u. 681.
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574
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
wie sich herausstellte, auch eigenen lebenden oder toten Protoplasmas,
sowie von dessen Derivaten, mit bestimmten Stoffwechselvorg&ngen zu
reagieren, die alle die Tendenz zeigen, die sch&dlichen Einwirkungen,
die ans diesen Einverleibungen erwachsen kdnnen, zu neutralisieren.
Wir haben hier nicht die Absicht, fiber diese interessante Epoche
der modernen Immunitatslehre uns weiter zu verbreiten, es ist dies in
letzter Zeit wiederholt von berufener Seite geschehen l 2 3 ).
Auch die Wfirdigung der praktischen Bedeutung, die diese Ent-
deckungen ffir physiologische und pathologische Chemie und ffir die
forense Medizin durch Schaffung der vitalen Differentialdiagnostik er-
hielten*), liegt uns fern.
. Wir mfichten hier nur eine kurze kritische Bemerkung zu einer
kleinen Gruppe jener Arbeiten geben, die sich mit dem Effekt der
Injektion von Organemulsionen in artfremde oder artgleiche Tiere be-
schfiftigen.
Bald nachdem Bordet sich dem systeraatischen Studium von
Blutinjektionen zugewandt hatte, wurden bekanntlich andere Zellelemente
denselben Versuchen unterworfen, zunfichst, aus bestimmten theoretischen
Erwagungen heraus, Spermatozoon, dann Leukocyten, die ja ebenfalls
eine gewisse Sonderstellung in histiophysiologischer Beziehung ein-
nehmen, bald auch eine ganze Reihe anderer parenchymatoser Zellen:
Leber-, Nieren-, Nervenzellen 8 ).
Wenn auch die Resultate eine vfillige Uebereinstimmung bisher
nirgends ergaben, so schien doch in der Injektion einer bestimmten
Zellart ein Mittel gegeben zu sein, im Serum des behandelten Tieres
ein Gift gegen die injizierte Zellart zu bekommen (Cytolysin), dessen
Wirkung in Herabsetzung der Vitalitfit oder gar Aufldsung der be-
treffenden Zellen sich auBert. Und die MOglichkeit, durch solche Gifte
im Organismus ohne anderweitige (traumatische etc.) Storung Gruppen
von bestimmten Zellen auszuschalten, erfiffnete der normalen, insbe-
sondere aber der pathologischen Physiologie Perspektiven, die es be-
greiflich erscheinen lassen, daB diesen Untersuchungen eine immer
wachsende Zahl von Forschern sich zuwendet.
So hat man gehofft, in eine Reihe von noch dunklen Erankheiten
durch Einffihrung der „cytolytischen“ Methode Einsicht zu gewinnen,
so bezfiglich der Myxfidems, der Eklampsie, neuerdings des Diabetes.
Auf Arbeiten, die den letzteren betreffen, sollen unsere ange-
kttndigten kritischen Bemerkungen sich beziehen.
Zwei franzfisische (bezw. belgische) Autoren Bierry 4 ) und Sur-
mont 5 * ) haben mit Pankreascytolysin experimentiert. Die Resultate
waren, wie bei alien ahnlichen Arbeiten, nicht ganz unzweideutige.
1) London, Centralblatt fur Bakt. Abt I. Bd. XXXII. 1902. No. 1 u. 2. p. 48
u. 147. Piorkowski, Centralbl. f. Bakt Abt. I. Bd. XXXI. 1902. No. 18. p. 553.
Aschoff, Zeitschr. f. allg. Physiol. Bd. I. und Separat bei G. Fischer, Jena 1902.
Silberschmidt, Korresponaenzblatt fiir Schweizer Aerzte. 1902. p. 289 u. a.
2) Deutsch u. a. (Lit siehe z. B. London, L c.).
3) Eine Uebersicht dieser Arbeiten, soweit sie uns bekannt geworden, geben wir,
mit Rucksicht auf die Organe geordnet, am Schlufi der Arbeit, indem wir manchem
Leser damit einen Dienst zu erweisen hoffen.
4) Bierry, Recherches sur les injections de sang et de s£rum cytolytique au
chien. (Compt. rend, hebdom. de la soc. de biologie de Paris. T. L1II. 1901. p. 839.
Sitzung vom 27. Juli.)
5) Surmont, Sur la preparation d’un cytotoxine pancrdatique. (La preese m4di-
cale. 1901. No. 35. p. 177 [aus der Soci4t4 de Biologie vom 27. April 1901]).
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Sauerbeck, Zur Frage des Pankreas-Cytolysins.
575
Wir sehen hier auch von dem Resultat ab, wenden uns vielmehr
gegen die Voraussetzung, die den Schlflssen in beiden Arbeiten zu
Grunde liegen. Die Autoren haben, um die Schadigung des Pankreas
durch die injizierten Cytolysine zu bestimmen, den Urin auf Zucker
untersucht. Sie stehen damit augenscheinlich auf dem Standpunkt, daft
das gewohnliche sekretorische Parenchym des Pankreas auch der Ver-
arbeitung des Zuckers diene. Nun hat aber eine stattliche Zahl von
Arbeiten l ) die Vermutung, die schon am Anfang des verflossenen Jahr-
zehnts 2 3 ) aufgetaucht war, sehr wahrscheinlich gemacht, daft namlich
diese Funktion nicht dem gewdhnlichen Parenchym, sondern den in ihm
zerstreuten sog. Langerhansschen Inseln zukomme. Hansemann
hat zwar auf der Pathologenversammlung in Hamburg im Oktober 1901
(Literaturverzeichnis B No. 7) den Versuch gemacht, die Hoffnung, durch
diese neue Annahme die Daten der Klinik und der pathologischen Ana-
tomie in Uebereinstimmung zu bringen, als illusorisch hinzustellen. Die
seither publizierten, zum Teil sehr ausfiihrlichen und grfindlichen Unter-
suchungen, besonders auch die Experimente von W. Schulze (Literatur¬
verzeichnis B No. 2) und Ssobolew (Literaturverzeichnis B No. 11) 8 )
lassen aber kaum einen Zweifel bestehen, daft in der angedeuteten
Richtung des Ratsels Losung liegt 4 * ). Die Wahrscheinlichkeit, daft es
tatsachlich die Langerhansschen Inseln sind, die durch innere
Sekretion eines Fermentes oder wie immer die Zerlegung des Zuckers
besorgen, ist jedenfalls groft genug, um ffir Versuche fiber Physiologic
und Pathologie des Pankreas in Rechnung zu kommen.
Die Resultate, die durch die oben zitierten Arbeiten fiber Cyto¬
lysine des Pankreas bis jetzt gezeitigt worden sind, wfirden, wenn sie
sich bestatigen, einen neuen Beweis, bis zu einem gewissen Grade
wenigstens, ffir die „Inseltheorie u ergeben. Es hat sich namlich trotz
relativ schwerer Schadigung des gewfihnlichen Pankreasparenchyms in-
folge der Cytolysininjektion kein Diabetes, sondern nur vorfibergehende
unbedeutende Storung in dieser Hinsicht eingestellt.
Nun sind ja allerdings bei Herstellung des Cytolysins die Inseln
mit dem gewdhnlichen Parenchym zur Verarbeitung gekommen; und
man konnte daher auch die Bildung eines Antikfirpers gegen die Inseln
und folglich eine Schadigung der Inseln bei der Probeinjektion erwarten,
die den Schluft der Versuchsreihe bildet.
In den erwahnten Arbeiten ist von einer solchen Storung nichts zu
lesen; es linden aber in denselben die Inseln fiberhaupt keine Berfick-
sichtigung, wohl, da den Autoren die Fragestellung unbekannt geblieben
ist, die, wie oben skizziert, auf diese Gebilde neuerdings die Aufmerk-
samkeit gezogen hat.
Es darf aber folgendes nicht vergessen werden: Wenn die Inseln
auch mit dem fibrigen Parenchym zur Injektion gelangen, so bleiben
sie dabei wegen ihrer relativ sehr kleinen Masse diesem anderen Zell-
1) Literaturverzeichnis B.
2) Laguesse, Soci6t4 de biologie. T. XXIX. Paris 1893. p. 819 (29. Juli) und
spater Journal de PAnat. et Phys. T. XXXII. 1496. p. 241 ff.
3) Hansemann hat die Resultate von Schulze auf Grand eigener Versuche
mit anderem Resultat geglaubt entwerten zu konnen. Schulzes Versuche sind aber
so klar in ihrem ganzen Verlauf geschildert, aufierdem durch Ssobolew so glanzend
bestatigt worden, dafi Hansemanns Einwande vorlaufig nicht entscheidend sein
durften.
4) Ueber eigene Untersuchungen werden wir demnachst an anderem Ort ausfiihr-
lich berichten.
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576
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 6.
material gegentiber an Wirksamkeit doch wohl sehr zurfick; daB ein
Cytolysin gegen sie in irgend erheblicher Menge erzeugt wird, mull als
durchaus unwahrscheinlich bezeichnet werden. Und es ware somit das
negative Resultat bezflglich der Zuckerausscheidung mit der Theorie
vdllig im Einklang.
Wir haben durch die Versuche von Schulze in der Unterbindung
des Ausftihrungsganges des Pankreas ein Mittel kennen gelernt, uns
ein Pankreas zu verschaffen, in dem alles sekretorische Parenchym ver-
schwindet und nur die Inseln sich erhalten.
Vielleicht gelingt es mit Verwertung dieser Tatsache durch die
Methodik, wie sie die Erforschung der Cytolysine gezeitigt hat, ein
einwandfreies Resultat zu erreichen, das mit dazu verwendet werden
kann, die Bedeutung der Langerhansschen Inseln endgtiltig klar-
zustellen und zugleich den langjahrigen Streit fiber den „Pankreas-
diabetes“ beizulegen.
Nachschrift.
Nach AbschluB des Manuskriptes ist uns eine Arbeit von Herx-
heimer (Literaturverzeichnis B No. 14) in die H&nde gekommen, die
ebenfalls die Ver&nderungcn der Langerhansschen Inseln behandelt.
Es gereicht uns zur Genugtuung, zu sehen, daB auch Herxheimer
bei aller Objektivitat gegenfiber dem wechselvollen pathologisch - ana-
tomischen Bilde an der Inseltheorie nicht irre wird, hauptsachlich auf
die erwiihnten Experimente sich stfitzend. Insbesondere aber muB hier
Erwfihnung finden, daB auch Herxheimer die Hoffnung ausspricht,
daB die Frage, wie wir dies oben auseinandersetzten, von Seite der
Forschung fiber Cytolyse wesentliche Forderung erfahren konnte.
Literaturverseichnis ▲.
Cytolysine (aussch lieGlich Hamolysine).
(Nach Organen und, innerhalb der einzeloen Abschnitte, chronologisch geordnet.)
Cytolysine (Metschnikoff) gegen
I. Leukocyten.
1899 1) Metschnikoff, Ann. Pasteur. T. XIII. 1899. No. 10. p. 737.
1900 2) Funk, Centralbl. f. Bakt. Bd. XXVII. 1900. p. 670.
1901 3) Glad in (russisch), Bolnitschnaja Gazeta Botkina. 1901. No. 33. p. 137.
II. Spermatozoen.
1900 4) Metschnikoff, Ann. Pasteur. T. XIV. 1900. No. 6. p. 369.
5) Metalnikoff, Ann. Pasteur. T. XIV. 1900. No. 9. p. 577.
6) Moxter, Deutsche med. Wochenschr. 1900. No. 4. p. 62.
1901 7) Weichardt, Ann. Pasteur. T. XV. 1901. p. 833.
1902 8) Salvioli, Gazette degli ospedali e delle cliniche. 1902. No. 4. p. 28. (Vor-
laufige Mitteilung.)
9) London, Arch, des sciences biolog. (russ.). 1902. (2 Mitteilungen.)
III. Ovarialsubstanz.
1902 10) Ceconi e Robecchi, Riforma med. 1902. No. 65 u. 66.
IV. Ne rvensubstanz.
1899 11) Pitfield, Lancet. 1899. p. 718.
1900 12) Centanni, Riforma med. T. IV. 1900. p. 374.
13) Delezenne, Ann. Pasteur. T. XIV. 1900. p. 686.
1902 14) Ravenna, Riforma med. Vol. II. 1902. p. 422.
V. Oberflachenepithel.
1899 15) v. Dun gem, Munch, med. Woch.. 1899. No. 38. p. 1228. (Flimmerepithel
der Trachea.)
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Sauerbeck, Zur Frage des Pankreas-Cytoly sins.
577
VI. Nieren.
1900 16) Lindemann, Ann. Pasteur. 1900. No. 2. p. 49.
17) Delezenne, Ann. Pasteur. 1900. No. 10. p. 686.
18) Schiitze, Deutsche med. Woch. 1900. No. 27.
1901 19) Nefedieff, Ann. Pasteur. 1901. No. 1. p. 17.
20) Bierry, Compt. rend, des sedances de l’Acad. des Scienc. (Paris). 1901. 6. Mai.
— Compt. rend. hebd. de la Soc. de Biol. (Paris). 1901. 27. Juli.
21) Ascoli u. Figuri, Berliner klin. Woch. 1902. No. 24. p. 560.
22) Castaigne u. Rathezy, Compt. rend, de la Soc. de Biol. (Paris). 1902.
No. 17. p. 563.
VII. Leber.
1900 23) Delezenne, Compt. rend, de l’Acad. des Scienc. (Paris). 1901. 6. Mai.
24) Schiitze, Deutsche med. Woch. 1900. No. 27.
1901 25) Deutsch, Centralbl. f. Bakt. 1901. p. 661.
VIII. Pankreas.
1901 26) Surmont, La presse m&licale. 1901. No. 35. p. 177. Socidtd de Biol. Paris..
27. avril. 1901.)
27) Bierry, Compt. rend. hebd. de la Soc. de Biol. (Paris). 1901. 27. juillet.
p. 839.
IX. Nebennieren.
1901 28) Bigard u. Bernard, Compt. rend. Soc. Biol. 1901. No. 7. p. 161; La presse
m^oicale. 1901. No. 15. p. 76.
X. Schilddriise.
1902 29) Gouts charukow, Centralbl. f. Pathol. Bd. XIII. 1902. No. 4. p. 121.
XI. Placenta.
1902 30) Weichardt, Experimentelle Studien iiber die Eklampsie. (Deutsche med.
Woch. 1902. No. 35. p. 624.)
Literaturveraeichnis B.
Pankreas (Langerhanssche Inseln) und Diabetes mellitus.;
(Chronologisch.)
1895 1) Dieckhoff, Beitrage zur pathologischen Anatomie des Pankreas. Festschrift
fur Thierfelder. Leipzig (Langkammer) 1895. (Ausfuhrl. Arbeit.)
la) Ssobolew, Centralblatt f. allg. Path. u. path. Anat. Bd. XI. 1900. p. 202.
(Vorl. Mitteil.)
1900 2) Schulze, Walter, Die Bedeutung der Langerhansschen Inseln im Pan¬
kreas. (Arch. f. mikr. Anat. Bd. LVI. 1900. p. 491.)
3) Opie, On the histology of the islands of Langerhans of the pancreas. (Johns
Hopkins Hospital Bulletin. 1900. No. 114. p. 205—209.)
1901 4)-, On the relation of chronic interstitial pancreatitis to the islands of
Langerhans and to Diabetes mellitus. (Joura. of exper. medicin. Vol. V. 1901.
p. 398-428.)
5) -, Relation of diabetes mellitus to lesions of the pancreas. Hyaline de¬
generation of the Islands of Langerhans. (Journ. of exper. med. Vol. V. 1901.
No. 1. p. 527—540.)
6) Weichselbaum u. Stangl, Zur Kenntnis der feineren Veranderungen des
Pankreas bei Diabetes mellitus. (Wiener kUn. Woch. 1901. No. 41.)
7) Hansemann, Ueber die Struktur und den Wert der Gefafiinseln des Pan¬
kreas. (Verhandlungen der Deutschen pathol. Gestllsch. in Hamburg. 1901.
p. 187.)
8) Wright u. Joslin, Journ. of med. research. Vol. VI. 1901. p. 360.
9) Weichselbaum u. Stangl, Weitere histologische Untersuchungen des Pan¬
kreas bei Diabetes mellitus. (Wiener klin. Woch. 1902. No. 38. p. 969—977.)
1902 10) Schmidt, M. B., Ueber die Beziehung der Langerhansschen Inseln des Pan¬
kreas zum Diabetes mellitus. (Munch, med. Woch. Jahrg. XLIX. 1902. No. 2.
p. 51.)
11) Ssobolew, Zur normalen und pathologischen Morphologie der inneren Sekre-
tion der Bauchspeicheldruse. [Die Bedeutung der Langerhansschen Inseln.]
(Virch. Arch. BcL CLXVIII. 1902. p. 91—127. [Ausfiihrliche Arbeit.])
12) Herzog, Zur Histopathologic des Pankreas beim Diabetes mellitus. (Virch.
Arch. Bd. CLXVIII. 1902. p. 83-91.)
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 37
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578 CentralbL f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXI7. No. 6.
1903 13) Joneway u. Oertel, Bemerkung zur Pathologie der Zuckerharnruhr. (Yirch.
Arch. Bd. CLXXI. 1903. p. 547. [1 Fall, negativ.])
14) Herxheimer, Zur Frage dee Yerhaltens der Langerhansschen Zellinseln im
Pankreae bei Diabetes mellitus. Festschrift fiir Orth. Berlin (Hirschwald)
1903. p. 38.
15) Fischer, Bernhard, Ueber Lipamie und Cholesteramie, sowie Veranderung
dee Pankreae und der Leber bei Diabetes mellitus. (Yirch. Arch. Bd. CLXXIl.
1903. p. 30.)
▲lphabetiaches Veneichnis der im Text oder Literaturveraeiohnis genannten
▲atorea.
Aschoff: Text
Ascoli (u. Figuri): A 21.
Belfanti (u. Carbone): Text
Bernard (Bigart u. B.): A 28.
Bierry: A 20, 27.
Bigart (B. u. Bernard) A 28.
Bordet: Text.
Buchner: Text.
Carbone (Belfanti u. C.): Text
Castaigne (u. Rathezy): A 22.
Ceconi (u. Rotecchi): A 10.
Centanni: A 12.
Creite: Text
Delezenne: A 13, 17, 23.
Deutsch: A 25, Text.
Dieckhoff: B 1.
Dungern, v.: A 15, Text
Ehrlich: Text
Figuri (Ascoli u. F.): A 21.
Fischer, B.: B 15.
Fliigge: Text
Fodor: Text.
Funk: A 2.
Gladin: A 3.
Gontscharukow: A 29.
Grohmann: Text
Hansemann: B 7, Text
Herxheimer: B 14, Text.
HerzOg: B 12.
Joneway (J. u. Oertel): B 13.
Joslin (Wright u. J.): B 8.
Landois: Text
Land steiner: Text.
Lindemann: A 16.
London: A 9, Text.
Metalnikoff: A 5.
Metschnikoff: A 1, 4. Text.
Morgenroth (Ehrlich u. M.): Text.
Moxter: A 6.
Nefedieff: A 19.
Oertel (Joneway u. O.): B 13.
Opie: B 3, 4, 5.
Pfeiffer, R.: Text.
Piorkowski: Text.
Pitfield: A 11.
Rathezy (Castaigne u. R.): A 22.
Ravenna: A 14.
Robecchi (Ceconi u. R.): A 10.
Salvioli: A 8.
Schmidt, M. B.: B 10.
Schiitze: A 18, 24.
Schulze, W.: B 2.
Silberschmidt: Text.
Ssoboiew: B 11.
Stangl (Weichselbaum u. St):
B 6, 9.
Surmont: A 26.
Weichardt: A 7, 30.
Weichselbaum (W. u. Stangl):
B 6, 9.
Wright (W. u. Joslin): B 8.
Nachdruck verboteiu
Naphtolblau als Reagens auf Bakterienfett
Von Professor Dr. Arthur Meyer, Marburg.
Die in dem Cytoplasms der Bakterien vorkommenden kbrnigen oder
trdpfchenfdrmigen Gebilde habe ich, entsprechend ihren verschiedenen,
meist sehr charakteristischen Reaktionen, in Zellkern, Volutin, Fett,
Glykogen und Jogen eingeteilt Die haupts&chlichsten Methoden zum
sicheren Nachweis der zuletzt genannten, auch welche fiir die Erkennung
der Bakterienspecies recht wichtigen vier Kdrperklassen habe ich in
meinem -Praktikum der botanischen Bakterienkunde“ (Jena, Fischer,
1903) nochmals zusammengestellt Dort ist auch die wichtigste hierher
gehOrige Literatur zu linden.
Die Herren A. Dietrich und G. Liebermeister teilten nun in
dieser Zeitschrift (I. Abt. Originale. Bd. XXXII. 1902. p. 858) eine Be-
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Meyer, Naphtolblau als Reagens auf Bakterienfett.
579
obachtung fiber die Ffirbung von Einschlfissen des Milzbrandbakteriums
dorch Naphtolblau mit. Aus den Angaben der Autoren schien mir ziem-
lich sicher hervorzugehen, dafi die von ihnen geffirbten „Granula“ Fett-
trdpfchen waren, doch blieb es mir zweifelhaft, ob nicht doch auch
Volutin durch den Farbstoff geblfiut werden kfinne.
Leicht kann man sich nun zuerst davon fiberzeugen, dafi der bei
dem von den Autoren angewandten Verfahren unter dem Einflusse dee
Sauerstoffs der Luft etttstehende, in Wasser anscheinend nur schwierig
und nur kurz nach seiner Bildung etwas reichlicher lfisliche Farbstoff
von dem Bakterienfette sofort aufgenommen wird, dieses intensiv far bend.
Man braucht fflr den Ffirbeversuch nur Bakterienspecies zu verwenden,
deren genaue Untersuchung gezeigt hat, dafi sie reichlich Fett, aber
niemals Volutin ffihren. Ich verrfihrte ein Trfipfchen einer filtrierten
1-proz. Lflsung von Dimethylparamethylendiamin (Base) auf dem Objekt-
tr&ger mit einer Spur der Kolonie von Bacillus megaterium
Heintze und ffigte einige Oesen voll einer Lfisung von a-Naphtol in
1-proz. Sodalosung hinzu. Nach einigen Minuten ffirbte sich das Ge-
misch sehr schwach blfiulich und als ich, nach Auflegen eines Deckglases,
beobachtete, fand ich die Fetttropfen tief blau geffirbt. Die Ffirbung
verschwand, als ich dem Prfiparate 1-proz. Schwefelsfiure zusetzte.
Wfiren die Lfisungen der Base und des a-Naphtols haltbarer, so
hfitten wir in dem Naphtolblau ein ausgezeichnetes Fettreagens voruns;
denn obgleich die beiden Fettfarbstoffe Sudan und „Gelb“ bei richtiger
Anwendung, in fibersfittigter Lfisung, intensiv rot oder gelb ffirben, ist
doch die Intensitat der blauen Naphtolblauffirbung eine viel grofiere. So
leistet auch das Naphtolblau bei dicken Pilzhyphen ffir den Fettnachweis
erheblich mehr als Sudan und ebenso zum Nachweis von Suberinlamellen
in Pflanzenzellen. Selbstverstfindlich ffirben sich auch sehr kleine
Trfipfchen von Olivenol sehr intensiv in dem Naphtolblau-Reagens.
Zur Entscheidung der Frage, ob der blaue Farbstoff auch vom
Volutin aufgenommen werde, habe ich den fettfreien und Volutin ent-
haltenden Bacillus alvei benutzt. Ich strich die Bakterien auf ein
Deckglas aus, trocknete, fixierte und bedeckte die Materialseite des Deck¬
glases einige Zeit mit dem Reagenzgemisch. Nach dem Abspfilen der
Farbflfissigkeit mit Wasser legte ich das Deckglas auf einen Objekttrager
und beobachtete. Das Volutin war ungeffirbt. Ich liefi hierauf Methylen-
blau (1 + 10) unter das Deckglas fliefien, bis die Bakterien tief blau ge¬
ffirbt waren, saugte dann die Farblosung ab und setzte 1-proz. Schwefel-
sfiure hinzu. Jetzt traten die Volutinmassen blau geffirbt hervor. Volutin
wird also durch das Naphtolblau nicht geffirbt.
Ueber das Volutin mfichte ich schliefilich noch sagen, dafi es, ebenso-
wenig wie die zur Gruppe der Fette gehOrenden Einschlfisse des Cyto-
plasmas der Bakterien, ein den Bakterien eigentflmlicher Stoff ist. Ich
habe bis jetzt Stoffe, welche durchaus alle charakteristischen Reaktionen
des Bakterienvolutins zeigen, nachweisen kfinnen bei verschiedenen
Ordnungen der Pilze, bei den Florideen, Cyanophyceen, Diatomeen und
Chlorophyceen. Fflr einige andere Pflanzengruppen, die Volutin zu
besitzen scheinen, habe ich die mikrochemische Untersuchung noch nicht
genfigend eingehend durchgeffihrt. Dabei ist zu bemerken, dafi auch
die Form des Auftretens und der Ort der Ablagerung in der Zelle fiber-
all gleich ist.
37*
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580
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Nachdruck verboten.
Weiteres zur kulturellen Differenzierung der Ruhrbacillen
gegeniiber ruhrahnlichen Bakterien.
[Aus dem Kgl. Institut flir Infektionskrankheiten zu Berlin (Direktor:
Geh. Medizinalrat Prof. Dr. R. Koch).J
Von Stabsarzt Dr. H. Hetseh, kommandiert zum Institut.
Die kulturellen und biologischen Unterscheidungsmerkmale der
Ruhrbacillen gegeniiber den ruhrahnlichen Bakterien sind teilweise so
geringffigige, dafi die Stellung einer sicheren Differentialdiagnose durch
die Kultur in vielen Fallen mit grofien Schwierigkeiten verkniipft ist.
Nicht nur die allgemein gebrauchlichen Nahrboden lassen hier im Stich,
auch der Lackmus-Laktose-Agar und die Lackmusmolke bieten nicht
gegeniiber alien ruhrahnlichen Bakterien in die Augen fallende Unter¬
scheidungsmerkmale, besonders nicht nach 24-stiindigem Wachstum der
Eulturen. Der einzige Nahrboden, welcher sich in dieser Beziehung
bisher als verlafilich erwiesen hat, ist der von Lentz 1 ) angegebene
Lackmus-Mannit-Agar. Jedoch auch in diesem ist bei der Mehrzahl der
ruhrahnlichen Bakterien, wie z. B. bei den Stammen „Pseudodysenterie
I und II“, die Entscheidung erst nach 48-stiindigem Wachstum der
Stichkulturen moglich.
In der Erwagung, daB der Grund hierfiir in der Konsistenz des
Nahrbodens liege, habe ich versucht, durch Modifizierung der urspriing-
lich von Barsiekow 2 ) zur Unterscheidung des Typhusbacillus vom
Bacterium coli commune angegebenen fliissigen Lackmus-Nutrose-
Nahrmedien und unter Benutzung der von Klopstock 3 ) empfohlenen
Abanderungen derselben einen Nahrboden herzustellen, der moglichst
schon nach 24 Stunden eine sichere Differentialdiagnose des Ruhr-
bacillus und der ihm ahnlichen Bakterien ermoglicht Angeregt durch
die guten Erfahrungen, die mit Man nit und Maltose als Zusatz zu
Dysenterienahrbdden gemacht wurden, habe ich ebenfalls diese beiden
Kohlehydrate an Stelle von Milchzucker und Traubenzucker zu der
Lackmus-Nutrose-Losung zugesetzt und dann durch Variieren des Lack-
mus- und Zuckergehaltes ausprobiert, wie der Nahrboden zusammen-
gesetzt sein mull, urn den an ihn gestellten Anforderungen nach Mbg-
lichkeit zu genii gen.
Am besten bewahrte sich mir fUr den Mannitnahrboden ein Gehalt an
1 Proz. Nutrose, 0,5 Proz. Kochsalz, 5 Proz. Lackmuslosung (nach
Kahlbaum) und 2 Proz. Mannit, wahrend fur den MaltosenShrboden
ein Maltosegehalt von 2,5 Proz. die besten Resultate lieferte, bei sonst
analoger Zusammensetzung.
Die Herstellung der Nahrbdden geschieht folgendermaBen: 10 g
Nutrose werden mit 5 g Kochsalz und 1 1 Aqua destillata zusammen
2 Stunden gekocht. Des weiteren werden 50 g Lackmuslosung zu¬
sammen mit 20 g Mannit (bezw. 25 g Maltose) 10 Minuten lang ge¬
kocht. Nachdem beide Losungen auf ca. 50° abgektthlt sind, werden
1) Zeitschr. f. Hvg. u. Infektionskrankh. Bd. XLI. p. 559 ff.
2) Wiener klin. llundschau. 1901. No. 44.
3) Berliner klin. Wochenschr. 1902. p. 803 ff.
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Hetsch, Wei teres zur kulturellen Differenzierung der Ruhrb&cillen etc. 581
sie miteinander gut gemischt und in sterile Reagenzgl&ser gefullt^ welche J
sogleich noch einmal V* Stunde lang im Dampftopf sterilisiert werden. j
Eine l&ngere Sterilisierung ist unnotig, da die angegebene Dauer er- j
fahrungsgem&fi genOgt, ja sie ist sogar sch&dlich, da bei langerem Er- j
hitzen zu groBe Kohlehydratmengen zersetzt werden und dadurch die
Brauchbarkeit der KulturflQssigkeit vermindert wird. Der Mannit-
Nutrose-Nahrboden hat eine blaulich-violette Farbe, w&hrend das Mal-
tose-Nutrose-Gemisch einen mehr rotvioletten Farbenton zeigt. Die
Nahrboden sind in vbllig sterilem Zustande lange Zeit haltbar, eine ge-
ringe Kaseinabscheidung aus der Nutrose setzt die Brauchbarkeit nicht
herab.
Zum Zwecke differentialdiagnostischer Untersuchungen wird die
NShrfliissigkeit nach Beimpfung in sterile G&rungskolbchen gefttllt und
man kann dann nach 24-stQndigem Verweilen im BrUtschranke an den
Kulturen beobachten, 1) ob die einges&te Bakterienart Saure bezw. Alkali
gebildet hat oder ob sie die Farbe des Nahrbodens unverSndert ge-
lassen hat, 2) ob sie das Kaseln der Nutrose zur Koagulation gebracht
und 3) ob sie Gas gebildet hat. Urn ersteres festzustellen, muB man
natttrlich stets ein unbeimpftes Kontrollkolbchen zum Vergleich heran-
ziehen.
Ich habe in beiden Nahrboden sSmtliche echten RuhrstBmme und
ruhrahnlichen Stamme gepriift, die mir im Institut zur Verfflgung standen,
und habe auBerdem zum Vergleich noch Bacterium coli commune,
2 Typhusst&mme und 3 typhus&hnliche Bakterien, Paratyphus Br'ion-
Kayser (Typus A), Paratyphus Schottmiiller-Seemann (Typus B),
sowie das Saarbrflckener Stabchen herangezogen.
Was die Herkunft der Ruhr- und ruhrahnlichen Stamme anbelangt,
so stammt die Kultur „Shiga“ aus Japan, „Kruse“ aus Westfalen,
„Th. Miiller“ aus Graz, „Flexner-New Haven" aus Nordamerika,
die Stamme „Andersen“, „Przygode“, „Schwarte“, „Strat-
mann", sowie „Barabinow“ aus der Dbberitzer Epidemic des
Jahres 1901. „Pseudodysenterie Kruse" stammt aus Bonn, „Pseudo-
dysenterie Lentz" aus dem Sudan, „Deyke-Milz" und fl Deyke-
Stuhl" aus Konstantinopel, „Flexner I", „Flexner-Manila", sowie
^Strong" von den Philippinen. Der Rest der Stamme wurde aus
den Faeces von Chinakriegern isoliert, und zwar „Meerk6tter-Lazarett",
„Meerk6tter ruhrahnlich" und „Homey“ in Deutschland, die flbrigen
in China selbst (laufende No. 13 in Shangai, laufende No. 11, 12, 17,
18, 19, 26—33 in Tientsin).
Die Kulturen laufende No. 1—13 sind nach den Ergebnissen der
Agglutinationsprobe mit hochwertigem Ruhrserum echte Kulturen, wah-
rend die No. 14—33 ruhrahnliche Bakterien enthalten.
Das Verhalten der untersuchten Bakterienstamme in den beiden
beschriebenen Nahrboden geht aus den beigefflgten Tabellen hervor.
Die dort verzeichneten Zahlen geben den Grad der Saurebildung
an, ausgedrtickt in Kubikcentimeter Normalnatronlauge fflr 100 ccm
KulturflQssigkeit, und wurden derart ermittelt, daB zu 10 ccm der
Kulturflflssigkeit tropfenweise so lange Y,, 0 -Normalnatronlauge zuge-
setzt wurde, bis mdglichst genau der Farbenton eines unbeimpften
KontrollrQhrchens erreicht war. Bei starkerer Koagulation wurden die
Koagula unter leichtem Erwarmen durch Zusatz bestimmter Mengen
von Vs-Normalnatronlauge aufgelost und mit Yho-Normalschwefelsaure
analog zurQcktitriert. Jene Zahlen, die sich aus den gebrauchten Alkali-
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582
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Tabelte 1.
Mannit--Lackmu8-Nutrose-Nahrboden.
1
Nach 24 Stunden
Nach 48 Stunden
Kultur
Saure-
Saure-
Aussehen der Kultur
bil-
Aussehen der Kultnr
bil-
1
dung
dung
1
Shiga
unverandert
0
unverandert
0
2
Kruse
desgl.
0
desgL
0
3
Th. Miiller-Graz
desgl.
0
desgl.
0
4
Flexner-New Haven
desgl.
0
desgl.
0
5
Andersen
desgl.
0
desgl.
0
6
Przygode
desgl.
0
desgl.
0
7
Schwarte
desgl.
0
desgl.
0
8
desgl.
0
desgl.
0
9
Meerkotter-Lazarett
desgl.
0
desgl.
0
10
desgl.
0
desgl.
0
11
R. Wollers
desgl.
0
desgl.
0
12
R. Raatz
desgl.
0
desgl.
0
13
R. Grunwald
desgl.
0
desgl.
0
14
Flexner I
starke Rdtung und Koagulation
0,66
0,54
starke Rdtung und Koagulation
0,76
15
Flexner- Manila
desgl.
desgl.
0,60
16
Strong
starke Rdtung, keine Koagu-
0,20
starke Rdtung, keine Koagu-
0,46
lation
lation
17
Pseudodysenterie I
unverandert
0
unverandert
0
18
„ n
leichte Rdtung, keine Koagulat.
starke Rdtung und Koagulation
0,06
leichte Rdtung, keine Koagulat.
starke Rdtung und Koagulation
0,04
19
„ hi
0,94
0,82
20
„ Kruse
starke Rdtung, keine Koagulation
starke Rdtung, keine Koagu-
0,54
desgl.
0,66
21
Meerk otter ruhrahn-
0,52
stance Rdtung und Koagulation,
0,90
lich
lation
22
BarabiDow
starke Rdtung und Koagulation,
Gasbildung
starke Rdtung, keine Koagu¬
1,54
desgl.
1,38
23
Pseudodysenterie
0,56
starke Rdtung und Koagulation
0,68
Lentz
lation
24
Deyke-Milz
starke Rotung, Koagulation,
0,60
starke Rdtung und Koagulation,
0,58
Gasbildung
0,72
Gasbildung
0,70
25
Deyke-Stuhl
desgl.
desgl.
26
R. Zimmer
starke Rdtung, keine Koagulation
0,48
starke Rdtung, keine Koagulation
0,52
27
R. Dockhorn
desgl.
0,30
desgl.
0,42
28
R Heckner
starke Rdtung, Koagulation
0,52
starke Rdtung und Koagulation
0,66
29
R. Nix
desgl.
0,40
desgl.
0,46
0,60
30
R. Muller
desgl.
0,56
desgl.
31
R. £>6rschlag
desgl.
0,72
desgl.
0,76
32
R. 17. IX.
starke Rdtung und Koagulation
0,10
desgl.
1,10
33
R. Strauch
unverandert
0
unverandert
0
34
Typhus Schweizer
starke Rdtung, keine Koagu¬
0,34
starke Rdtung, keine Koagu-j
0,52
lation
lation
35
„ c
desgl.
0,30
desgl.
0,52
36
Paratyphus Brion-
starke Rdtung, geringe Koagu¬
0,36
starke Rdtung, geringe Koagu¬
0,52
Kayser (Typus A)
Paratyphus Schott-
lation
lation
37
starke Rdtung, geringe Koagu¬
lation, Gasbildung
0,38
starke Rdtung, Koagulation,
0,54
muller - Seemann
Gasbildung
38
(Typua B)
Saarbriickener Stab-
chen
Bact. coli comm.
desgl.
0,44
desgl.
0,60
39
starke Rdtung und Koagulation,
1,1
desgl.
1,46
j Gasbildung
Digitized by t^.ooQle
Hetsch, Wei teres zur kulturellen Differenzierung der Ruhrbacillen etc. 583
Tabelle 2.
Mai tose-Lackmus-Nutrose-Nahrboden.
Nach 24 Stunden
Nach 48 Stunden
6
Kultur
Saure-
Saure*
Aussehen der Kultur
bil-
Aussehen der Kultur
bil-
dung
dung
1
Shiga
geringe Rotung, keine Koagu-
0,04
geringe Rotung, keine Koagu-
0,04
2
Kruse
desgl.
0,04
desgl.
0,04
3
Th. Miiller-Graz
desgl.
0,04
desgl.
0,04
4
Flexner-New Haven desgl.
0,04
desgl.
0,04
5
Andersen
desgl.
0,04
desgl.
0,04
6
Przygode
desgl.
0,04
0,04
desgl.
0,04
7
Schwarte
desgl.
desgl.
0,04
8
Stratmann
desgl.
0,04
desgl.
0,04
9
Meerkotter-Lazarett desgl.
0,04
desgl.
0,04
10
Homey
desgl.
0,04
desgl.
0,04
11
R. Woilers
desgl.
0,04
0,04
desgl.
0,04
12
R. Raatz
■desgl.
desgl.
0,04
13
R. Griinwald
1 desgl.
i
0,04
desgl.
0,04
14
Flexner I
starke Rotung und Koagulation
0,72
starke Rotung und Koagulation
0,82
15
Flexner-Manila
starke Rotung, geringere Koagu¬
lation
geringe Rotung, keine Koagu¬
lation
desgl.
0,60
desgl.
0,80
16
Strong
0,04
geringe Rotung, keine Koagu-
0,06
17
Pseudodvsenterie I
0,04
desgl.
0,04
18
„ n
desgl.
0,04
desgl.
0,04
19
, in
stance Rotung und Koagulation
0,78
starke Rotung und Koagulation
0,82
20
* Kruse
geringe Rotung, keine Koagulat.
0,04
geringe Rotung, keine Koagulat.
starke Rotung, keine Koagulation
0,1
21
Meerkotter ruhrahn-
lich
Barabinow
aeuthche Rotung, keine Koagu¬
lation
starke Rotung und Koagulation,
0,14
0,28
22
1,08
starke Rotung und Koagulation,
1,42
Gasbildung
Gasbildung
23
Pseudodysenterie
Lentz
Deyke-Milz
deutliche Rotung, keine Koagu¬
lation
geringe Rotung, keine Koagulat.,
0,20
starke Rotung, keine Koagulation
0,52
24
0,04 !
geringe Rotung, keine Koagulat.,
0,04
Gasbildung
Gasbildung
25
Devke-Stuhl
desgl.
0,04 1
desgl.
0,04
26
R. Zimmer
starkeRotung,keineKoagulation
0,32
starke Rotung, keine Koagulation
0,56
27
R. Dockhorn
desgl.
0,42
desgl.
0,64
28
R. Heckner
geringe Rotung, keine Koagulat.
starke Rotung, keine Koagulation
0,04
deutl. Rotung, keine Koagulation
0,2
29
R. Nix
0,14
starke Rotung, keine Koagulation
0,16
30
R. Muller
desgl.
0,06
desgl.
starke Rotung, geringe Koagulat.
starke Rotung und Koagulation
0,08
31
R. Dorschlag
deutl. Rotung, keine Koagulation
0,30 i
0,55
32
R. 17. IX.
starke Rotung und Koagulation
1,40 :
0,92
33
R. Strauch
geringe Rotung, keine Koagulat.
0,04
leichte Rotung, keine Koagulation
0,08
34
Typhus Schweizer starke Rotung, geringe Koagulat.
0,29 !
starke Rotung, geringe Koagulat.
0,44
35
,, ^
desgl.
0,30
desgl.
0,41
36
Paratyphus Brion-
starke Rotung, keine Koagulation
0,25 i
starke Rotung, keine Koagulation
0,26
37
Kayser (Typus A)
Paratvphus Schott-
muller - Seemann
starke Rotung, keine Koagu-
0,22 ,
starke Rotung, keine Koagu¬
0,33
lation, Gasbildung
lation, Gasbildung
38
(Typus B)
Saaroriickener Stab-
desgl.
0,30 i
starke Rotung, leichte Koagu¬
0,48
chen
lation, Gasbildung
39
Bact. coli comm. starke Rotung und Koagulation,
1,18 i
starke Rotung und Koagulation,
1,66
Gasbildung
Gasbildung
Digitized by t^.ooQle
584 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
bezw. Sfiuremengen dann leicht berecbnen lieBen, konnen natflrlich keine
bindenden und sich stets gleichbleibenden Werte darstellen, die eventuell
zur Artunterscheidung verwendet werden konnen. Sie schwanken viel-
mehr in gevissen Grenzen, besonders dann, wenn die NfihrbQden nicbt
aus Nutrose derselben Herkunft hergesteilt werden, weil ja die Nutrose
ein sich nicht stets gleichbleibendes EiweiBprfiparat ist. Dennoch babe
ich geglaubt, diese Zahlen, die sich mir als Mittelwerte bei mehrfachen
Untersuchungen ergaben, mitteilen zu sollen, um ein anschaulicheres
Bild fiber die von den einzelnen Bakterienstfimmen gebildete Sfiure-
menge zu geben.
Betrachten wir nun die in den Tabellen verzeichneten Resultate,
so finden wir zunfichst, daB die 13 echten Ruhrstfimme sich kulturell
vfillig gleich verhalten und daB der groBte Teil der ruhrfihnlichen Bak-
terien schon nach 24 Stunden eine auffallende Verfinderung der Nahr-
boden verursacbt hat. Selbstverstfindlich fallen, da bei echten Ruhr-
bacillen niemals Gasbildung beobachtet wird, alle gasbildenden Stfimme,
auch wenn sie keine Farbfinderung oder Eoagulation des Nfihrbodens
bewirkt haben, aus. Auch die beweglichen Arten (Pseudodysenterie I,
Barabinow, Pseudodysenterie Lentz) kommen ffir eine kulturelle
Differentialdiagnostik kaum in Frage und sind hier nur der Vollstfindig-
keit halber mitgeprfift.
Ein Vergleich der beiden geprfiften Nfihrflfissigkeiten untereinander
ffillt entschieden, ebenso wie dies Lentz bei den analogen Agarnahr-
boden gefunden hat, zu Gunsten des Mannitnahrbodens aus.
In ihm wfirden von den 26 geprfiften Eulturen den echten Ruhr-
bacillen gegenfiber nur ^Pseudodysenterie I u und „R. Strauch“ nicht
zu differenzieren sein. Von diesen ist aber „Pseudodysenterie 1“ be-
weglich und trfibt Lackmusmolke, wfihrend der Stamm „R. Strauch“
in Bouillon stark Indol bildet und schon wegen seines dicken und fibel-
riechenden Agarwachstums kaum zu Verwechselungen mit echten Ruhr-
bacillen ffihren kann.
Vergleicht man nun das Verhalten der geprfiften Stfimme in dem
Mannit-Lackmus-Nutrose-Nfihrboden mit demjenigen ira Mannit-Lackmus-
Agar, so findet man eine weitgehende Uebereinstimmung der Resultate.
Die Farbverfinderungen sind jedoch in dem beschriebenen flfissigen
Nfihrsubstrat viel deutlichere, weil dem Agar gegenfiber die Reduktion
fortffillt, welche die Beurteilung der Farbe erschwert, und ferner, weil
die gebildete Sfiure sich in dem flfissigen Nfihrboden leichter verteilen
kann als in dem festen, in welchem, namentlich bei geringen Sfiure-
graden, die um den Impfstich herum gelegenen zentralen Schichten des
Agars anders geffirbt sind als die fiufieren. Deshalb sind auch — und
das scheint mir ein besonderer Vorteil gegenfiber dem Mannitagar zu
sein — die Reaktionen schon durchweg nach 24 Stunden deutlich genug
sichtbar, um zu einem definitiven Urteil verwendet werden zu kdnnen.
Als weiterer Faktor kommt die Eoagulation des Nutrosekasel'ns hinzu.
DaB dieselbe nicht lediglich durch den Grad der Sfiurebildung bewirkt
wird, geht aus den in den Tabellen mitgeteilten Aciditfitszahlen hervor.
Der Stamm ^Pseudodysenterie Eruse“ ruft z. B. bei Bildung von
0,54 Sfiure keine Eoagulation hervor, wfihrend durch den Typus A der
Paratyphusbacillen schon bei 0,36 EiweiBf&llung eintritt. Moglicherweise
ist hier die Art der gebildeten Sfiure entscheidend.
Weiterhin tritt bei der Verwendung der beschriebenen Nfihrflfissig-
keit in Gfirungskdlbchen auch etwaige Gasbildung viel deutlicher zu
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Hirschbruch u, Schwer, Die Choloradiagnose mit Hilfe eines Spezialagars. 585
Tage als bei Stichkulturen in Mannitagar. Auffallend ist, daB der Stamm
„Pseudodysenterie Lentz“ in der Mannit-Nutrose-Nahrlosung kein Gas
bildet, w&hrend dies im Mannitagar der Fall ist. Offenbar verden in
letzterem die gasfOrmigen Zersetzungsprodukte aus dem Pepton des
Agars gebildet, wahrend die EiweiBstoffe der Nutrose nicht unter Gas-
bildung zersetzt werden. Man mQBte dann annehmen, daB jenes Bak-
terium sich Albumosen gegen&ber anders verhielte als Albuminaten
gegenflber. Vielleicht ist aber auch das aus den Eiweifikdrpern ge-
bildete Gas in beiden NahrbOden dasselbe, jedoch von solcher Be-
schaffenheit, daB es nur in dem festen Substrat in Erscheinung tritt,
wahrend es durch die Flflssigkeit absorbiert wird. Auch hier wflrde
iibrigens die Art der gebildeten Saure eine Rolle spielen konnen.
Die Maltose-Lackmus-Nutrose-Losung ist, wie ein Blick auf Tabelle 2
lehrt, zur kulturellen Unterscheidung der Ruhrbacillen von den ruhr-
ahnlicben Bakterien weit weniger brauchbar. Unter den hier erhaltenen
Resultaten ist auffallend, daB die St&mme „ Deyke-Milz“ und „Deyke-
Stuhl“, die alien sonstigen kulturellen Eigenscliaften nacb als der Gruppe
des Bacterium coli commune sehr nahestehend bezeichnet werden
mils sen, auBer der Gasbildung den N&hrboden unverandert, lassen,
wahrend das Bacterium coli starke Rotung und Koagulation her-
vorruft.
Die hier beschriebene Mannit-Lackmus-Nutrose-L5sung ist also, wie
aus den mitgeteilten Untersuchungen hervorgeht, kein Nahrmedium,
durch welches eine sichere Artunterscheidung des Ruhrbacillus und der
ruhrahnlichen Bakterien ermoglicht wird. Die Zfichtungsergebnisse in
ihr stehen ja wohl auch, wie alle biologischen Reaktionen, gegenflber
den Resultaten, die uns die Agglutination mit einem hochwertigen
Dysenterieserum in viel kflrzerer Zeit liefert, zurflck; immerhin dflrfte
die in Frage stehende Zflchtung, namentlich wenn sie mit der An-
wendung der Lackmusmolke Hand in Hand geht, zur kulturellen Diffe-
renzierung des Ruhrbacillus unter Umstanden mit Vorteil zu verwenden
sein.
Nachdruck verboten.
Die CMeradiagnose mit Hilfe eines Spezialagars.
fAus dem Konigl. hygienischen Institut in Posen. Direktor: Medizinal-
rat Prof. Dr. Wernicke.J
Von
Dr. Hirschbruch, und Dr. Schwer,
Aesistent am Institut. Oberarzt im Inf.-Reg. 47,
kommandiert zum Institut.
Untersuchungen, die wir darflber angestellt haben, welche Bakterien-
arten auf dem Typhusagar nach v. Drigalski-Conradi wachsen,
haben wir zur Veroffentlichung an die hygienische Rundschau gegeben
und hoffen, daB die Arbeit bis zum Erscheinen der vorliegenden Zeilen
bereits gedruckt vorliegen wird.
Bei Strichimpfungen auf D.-C.-Agar haben wir uns oft davon flber-
zeugen kflnnen, daB Cholera nicht bloB sehr fippig wflcbst, sondern auch
im Gegensatz zum Bact. coli schflne blaue Kolonieen bildet, deren
Farbe bereits nach kurzer Zeit — manchmal schon nach 6 Stunden —
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586 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
deutlich erkennbar ist Desbalb haben wir in der erw&hnten Arbeit,
welche nur die Form einer vorlaufigen Mitteilung hatte, D.-C.-Agar an-
gelegentlichst fflr die Choleradiagnose empfohlen. Die Wichtigkeit der
raschen and sicheren Diagnosestellung bei Cholera veranlaBte uns, diese
Frage noch besonders zu prfifen, unabhflngig von alien anderen in der
vorlaufigen Mitteilung auBerdem berflhrten Punkten.
Die Untersuchungen, die diesem Zwecke speziell gewidmet sind,
zerfallen in eine groBere Zahl von Vorversuchen, welche wir mit ver-
schiedenen Nahrboden angestellt haben, und in einen Hauptversuch mit
einem Nahrboden, der sich als besonders zweckmafiig erwiesen hat
Die Benfltzung von Kristallviolett im Verhaltnis von 1:100 000 ist
entsprechend der Vorschrift, die D. und C. gegeben haben, sehr zu
empfehlen, da dasselbe ebensowenig wie bei Coli und Typhus die
Wachstumsgeschwindigkeit der Cholera hemmt. Ein Vorzug des Zu-
satzes ist es ferner, dafi eine groBe Zahl von Luftkeimen auf den pra-
parierten Platten gar nicht angehen, und daB besonders die sonst so weit
verbreiteten und (ippig alles andere flberwuchernden Bakterien aus der
Gruppe des Kartoffelbacillus erst nach mehreren Tagen — also wenn
unsere Platten langst aufier Versuch sind — kleine Kolonieen gebildet
haben.
Dagegen haben wir uns fflr die Bereitung unseres Choleraagars
nach vielfachen Vorversuchen dahin entschieden, auf den Zusatz von
Nutrose zu verzichten. Bei der friihzeitigen Bildung blauer Cholera-
kolonieen kommt es ganz wesentlich darauf an, den Agar mit denjenigen
Eigenschaften auszustatten, welche eine frfihzeitige Rotfarbung der Ko¬
lonieen saurebildender Bakterien, besonders des B. coli, ermdglichen.
Wir halten es auch fflr dringend notwendig, einen der Cholera¬
diagnose dienenden Nahrboden rasch herstellen zu kdnnen. Das lafit
sich, ohne die Gflte des Nahrbodens zu beeintrachtigen, durch Ver-
wendung von Fleischextrakt sehr gut bewerkstelligen.
Bei der vergleichsweisen Benfltzung eines schwach alkalisierten und
eines starker alkalischen Milchzucker-Lackmusnahrbodens haben sich
beide als tauglich erwiesen. Der schwach alkalische Agar ist aber ent¬
schieden reaktionsfahiger und darum zweckmafiiger. Auf ihm hat nach
21 Stunden Cholera bis 2 mm, Coli bis 3‘/s mm groBe Kolonieen ge¬
bildet. Coli ist dabei rot mit deutlicher roter Saurezone und be-
sitzt bereits in seinen grflfieren Kolonieen konzentrische Schichtung.
Cholera ist von schoner blauer Farbe ohne farbige Zonenbildung des
Agars um die Kolonieen herum, die von gleichmaBig homogener Be-
schaffenheit sind. Die Cholerakolonieen verlieren allmahlich ihre glasige
Beschaffenheit und sind nach 2 Tagen in Aufsicht intensiv blau gegen-
flber dem violett-roten Coli. Die ganze Platte ist durch die Sfiure-
bildung des Coli rot geworden. Bei Durchsicht sind die Coli-Kolo¬
nieen leuchtend rot, wahrend die Cholera sich durch ihre dunkelblaue
Farbe und minimale Durchsichtigkeit flberall deutlich abhebt, auch dort,
wo zwei verschiedenartige Kolonieen ineinander gewachsen sind, Oder
wo eine Cholerakolonie in einem ganzen Streifen von Coli vereinzelt
eingebettet ist Die GrQBe der Saurebildung, die Nahe der Coli-Kolo¬
nieen beeintrachtigen weder das Wachstum noch die Erkennbarkeit der
Cholera; im Gegenteil: sie lassen den Farbenunterschied nur um so
deutlicher hervortreten.
D. und C. haben in der richtigen Erkenntnis, daB die Erkennung
der Typhuskolonieen auf ihrem Agar durch starke Saurebildung von
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Hirschbruch u. Schwer, Die Choleradiagnose mit Hilfe eines Spezialagars. 537
seiten des Coli erschwert, ja unmoglich gemacbt wird, darauf Bedacht
genommen, durch bohen Agargehalt (3-proz.) die DiffusionsmSglichkeit
fflr die entstehende Sflure zu vermindern. Bei dem Nahrboden, den
wir fflr nnsere Zwecke gebrauchen, war es gerade niitzlich, die Aus-
breitung der S&urezone nicht zu hindern, zumal Cholera nicht blofi
selbst blaue Kolonieen bildet, sondern auch genflgend Alkali frei macht,
am sich in schwach alkalischem Agar von violettem Aussehen mit einer
blauen Langenzone zu umgeben.
Wir glauben bei dem raschen Wachstum der Cholera und ihrer
starken Alkalibildung, die doch nur nQtig hat, den an sich schon blauen
Farbenton des Nahrbodens noch zu vertiefen, daB es bei der Diagnose
der Cholera aus Faeces durch Farbenreaktion des Nahrbodens gerade
darauf ankommt, die mdglichst friihzeitige Rdtung der Coli-Kolonieen
sicherzustellen.
Wir haben auch umgekehrt den Versuch gemacht, ein C 0 1 i - Cholera-
Gemisch auf einem sauren Lackmus-Milchzuckernahrboden zu zflchten.
Die Alkalibildung reicht dann aber doch nicht aus, um die Cholera-
kolonieen schnell genug blau zu farben.
Was nun die Methodik bei der Anlegung der Kulturen anbetrifft,
ist es natflrlich kaum moglich, mit einem Glasspatel, wie ihn Drigalski
und C 0 n r a d i angegeben haben, auf Agar von geringerer Konzentration
Fiachenimpfungen vorzunehmen, ohne den Nahrboden zu zerquetschen
Oder zu zerreiBen. Wir sind sowohl mit einer kleinen Oese aus dickem
Platindraht wie mit einer aus Glas gefertigten geknflpften Nadel, die
leicht wie ein Trommelschlagel gefaBt wird, sehr gut zum Ziele ge-
kommen und haben nach der Ausstrichmethode stets einzeln liegende
Kolonieen auf dem grflBten Teile der Platte erhalten. Der Vorteil be-
steht darin, daB wir nicht Serien von Kulturen anzulegen gendtigt sind.
Wollen wir einmal 2 Platten benutzen, dann ist jede fflr sich zu be-
impfen und jede fflr sich brauchbar als Ergflnzung uud zur Kontrolle
der anderen Platte.
Die Unterscheidbarkeit verschieden gefflrbter Kolonieen auch dort,
wo die Unterschiede nur gering sind, wird durch eine mittlere Dicke
der Agarschicht erleichtert. Ungefahr 8 ccm von dem Agar, in eine
Petrische Schale gegossen, geben die geeignetste Dicke.
Wir haben den Agar fflr unsere Cholerauntersuchungen in folgender
Art und Weise hergestellt:
20 Agar, 10 Liebigs Fleischextrakt, 10 Pepton, 5 Kochsalz werden
mit 1000 Leitungswasser l 1 /* Stunde gekocht, filtriert und wieder
*/ 2 Stunde gekocht Nach Zusatz von 15 g Milchzucker wird */ 4 Stunde
gekocht und mit einer sterilen wflsserigen Sodalosung von beliebigem,
aber nicht zu geringem Gehalt so weit alkalisiert, daB die Blauf&rbung
von rotem Lackmuspapier deutlich, die etwas tiefere Bl&uung von blauem
Lackmuspapier gerade eben bemerkbar ist.
Es folgt dann, genau wie bei dem Typhusn&hrboden von v. Dri¬
galski und Conradi, der Zusatz von 130 ccm Lackmuslflsung nach
Kubel-Tiemann, die l /„ Stunde gekocht hat und von 10 ccm einer
Ldsung, die von 0,1 Kristallviolett B (Hflchst) in 100 ccm heiBen sterilen
dest. Wassers hergestellt ist.
Nach dem Umschtttteln werden die Platten (mit je ca. 8 ccm Nahr¬
boden) gegossen und offen erstarren und abkflhlen gelassen. Das dauert
etwa V, Stunde. Die Schalen sind dann gebrauchsfertig.
Wir haben nun bei den zu beschreibenden Versuchen stets 2 Schalen
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588
CentralbL f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 6.
nach der Strichelmethode beimpft. Das Resultat war immer auf beiden
das Gleiche.
Die Untersuchung der Eulturen ira auffallenden Licht (A) haben
wir derart angestellt, daB wir auf einem gut belichteten Tisch, aber nicht
direkt im Sonnenschein, ein Blatt weiCes Papier legten und die Platten
nach Abnahme des Deckels in einigen Centimetern Entfernung parallel
darQber hielten.
Bei durchfallendem Licht (D) untersuchten wir, indem wir die
Schalen, ebenfalls nach Abnahme des Deckels, vertikal zwischen nnser
Auge und die Lichtquelle brachten und dann die Schale um ein geringes
senkten.
Wir haben die Untersuchung nach 10 und dann nach 20 Stunden
vorgenommen und die Zeit fiir die Beimpfung absichtlich so gew&hlt,
daB die Zeit fflr die erste Untersuchung auf die Abendstunden fiel. Wir
wollten gerade fflr die frtihzeitige Diagnose — wenn also die Farben-
differenzen in den Kolonieen der einzelnen Bakterienarten noch nicht so
deutlich vorhanden sind — uns die Beobachtungsbedingungen mdglichst
erschweren. Wir haben bei kflnstlicher Beleuchtung (Gasglflhlicht) unter-
sucht.
Es wurden sowohl mit Reinkulturen wie kflnstlichen und natttrlichen
Bakteriengemischen Platten beimpft. Die Cholera-Faecesplatten haben
wir aus einer Aufschwemmung von diarrhflischen Faeces in Pepton-
wasser unter Zusatz von Choleravibrionen frisch angelegt, ohne voraus-
gegangene Anreicherung.
Die Ergebnisse unserer Untersuchungen sind folgende:
1) Bact. coli (Stamm H) hat nach 10 Stunden aus einer Auf¬
schwemmung in Peptonwasser, die wir zur Beimpfung der Schalen be-
ntttzten, Kolonieen gebildet, welche in A und D rot sind. Auch der
N&hrboden ist in der Umgebung der Kolonieen schon vielfach rot ge-
f&rbt (S&urezone). Diese Erscheinungen sind nach 20 Stunden noch viel
deutlicher geworden. Hier sei auch davor gewarnt, die Platten allzu
dttnn mit Agar zu beschicken. (Beim Typhusagar, der strikte nach den
Vorschriften von v. Drigalski und Conradi hergestellt ist, trifft das-
selbe zu.) Das B. coli bildet n&mlich, nachdem die S&ureproduktion
vorflber ist, wieder Alkali. Auf Agar, den wir ohne Zusatz von Milch-
zucker bereitet, den wir aber mit Milchs&ure schwach sauer gef&rbt
hatten, bildete das C o 1 i - Bakterium sehr bald Alkali. Wir erkl&ren uns
die Erscheinung so, daB nach dem Verbrauch des Milchzuckers die hier-
bei gebildete Milchsfiure weiter zerlegt wird. Dabei muB der alkalische
Grundcharakter des N&hrbodens wieder zum Vorschein kommen. Diese
Erscheinung tritt nicht regelm&Big, und gewdhnlich auch erst auf alten
Schalen ein. Auf zu dflnn angelegten Agarflachen kann sich eine frflh-
zeitige Alkalibildung durch B. coli storend bemerkbar machen. Solche
Kolonieen sind dann in A blau, in D weiBlich blau und wenig durch*
sichtig. Sie konnen aber auf jflngeren, falsch hergestellten Schalen
zu Verwechselungen mit Cholera gar keinen AnlaB geben. Bei richtiger
Dicke des Agars ist das B. coli innerhalb der untersuchungsgerechten
Fristen stets rot. — Ein zweiter Coli-Stamm besitzt dieselben Eigen-
schaften.
2) Bacillus typhi (Stamm L I): Nach 10 Stunden sind nur sehr
kleine Kolonieen gewachsen, die in D deutlich blau sind. Bei A ist
ihre Farbe noch nicht mit Sicherheit festzustellen.
Die 20-stflndige Kultur besitzt bis 4 mm im Durchmesser grofie
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Hirschbruch u. Schwer, Die Choleradiagnose mit Hilfe ernes Spezia)agars. 589
Kolonieen von glasiger Beschaffenheit. Sie sind in Aufsicht und Durch-
sicht blau. Ein zweiter Stamm hat gleiche Eigenschaften.
3) Cholera: Zur Untersuchung kamen 4 St&mme:
a) Calcutta ist nach 10 Stunden sehr fippig gewachsen. Die in A
und D blauen Kolonieen sind bis 1 */* mm grofi. Die jungen Kolonieen
sind dabei tautropfenartig-glasig. Die blaue Farbe der Cholera auf dem
N&hrboden ist eine viel sattere als die des Typhus. Der Agar besitzt
schon in der Umgebung vieler junger Kolonieen eine blaue Zone. Der
Nahrboden ist namlich von vornherein violett.
Nach 20 Stunden sind die Kolonieen bis 2*/» mm im Durchmesser.
Bei A erscheinen sie milchigblau, bei D tiefhimmelblau. Die ganze Agar-
flache ist inzwischen intensiv blau geworden.
b) Jaffa weist nach 10 Stunden Kolonieen bis zu 2 mm Durch¬
messer auf.
c) Cholera Aegypten 73 w&chst besonders fippig. Nach 20 Stunden
sind bis 5 mm grofie Kolonieen vorhanden.
d) Cholera Aegypten 74 verhfilt sich genau wie Cholera Calcutta.
4) Nicht-Cholera Aegypten V wachst genau so wie Cholera.
5) Nicht-Cholora Aegypten 77 gleicht nach 10 Stunden genau
der echten Cholera; nach 20 Stunden sind die Kolonieen aber nicht so
glasig und heller blau als bei Cholera.
6) Nicht Cholera Aegypten 62 ist opaker als Cholera.
7) Vibrio terrigenus ist nach 10 Stunden nicht gewachsen.
Nach 20 Stunden sind vereinzelte Kolonieen vorhanden, die in A und
D blau, aber sehr opak sind.
8) Vibrio aquatilis gleicht dem vorigen.
9) Elbvibrio: Nach 10 Stunden nihil; 20-stfindig ganz wie Cholera.
10) Vibrio Finkler: wfichst langsamer als Cholera, ahnelt ihr
aber sonst sehr.
11) Vibrio Metschnikoff verh< sich genau wie Cholera.
12) Der Bacillus acidi lactici besitzt nach 10 Stunden bis
4 mm grofie Kolonieen, die in A und D rot sind. Eine starke rote
SSurezone umgibt jede Kolonie. Nach 20 Stunden ist der ganze Agar
rot. Wir wollten sehen, ob durch raschen Milchzuckeraufbrauch etwa
frfihzeitige Blauf&rbung auftritt.
13) Fluorescens liquefaciens: Einer von unseren Stain men
wechselt in D nach 10 Stunden bei der geringsten Bewegung der Platte
die Farbe zwischen blau, grfin und rot. In A ist er rot mit SSurezone.
Die Kolonieen sind opak. — Es gibt aber auch blau wachsende St&mme.
Doch ist schon die junge Kolonie meist deutlich opak.
14) Proteus mirabilis: Nach 10 Stunden wechselt die Farbe
bei D zwischen blau und grfin. Bei A erkennt man, dafi die ganze
Agarfl&che hauchffirmig bewachsen ist. Einzelne Kolonieen heben sich wohl
aus der ganzcn Masse heraus und sind blau. Es fehlt aber gegenfiber
Cholera die scharfe Begrenzung. Nach 20 Stunden sind die Kolonieen
tautropfenartig durchsichtig und blau. Es fehlt aber auch jetzt die
scharfe Begrenzung; die Kolonieen sind auch flacher als bei Cholera.
Eine gewisse Aehnlichkeit ist aber vorhanden.
15) Coli und Cholera-Jaffa aus einem frischen Gemisch in
Peptonwasser. Die Unterschiede sind nach 10 Stunden bei Durchsicht
vorzfiglich erkennbar und auch in A trotz Lampenbeleuchtung noch
leidlich gut wahrnehmbar. Die C o 1 i - Kolonieen sind grofier (bis 3 1 /* mm),
weniger gut durchsichtig und rot; Cholera ist bei einer GroBe der
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590
Centralb]. f. Bakt etc. L Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 5 .
Kolonieen bis 2 mm tautropfenartig durchsichtig, homogen und blau.
Nach 20 Stunden ist die Unterscheidung ganz leicht und zwar auch
dort, wo in dem meist roten Strich einzelne blaue Cholerakolonieen ein-
gelagert sind. Die Erkennbarkeit der Cholera wird durch die rote Zone
der C o 1 i - Kolonieen nicht beeintr&chtigt, sondern tritt nur um so deut-
licher hervor.
16) Coli -j- Typhus: Typhuskolonieen sind nur bis 1 mm groB
und nach 10 Stunden schwer erkennbar, weil auch die kleinsten Coli-
Kolonieen noch nicht rot sind. Nach 20 Stunden ist die Unterscheidung
sehr gut m5glich. Das Blau des Typhus ist heller als bei der Cholera.
Die Erkennbarkeit des Typhus wird durch die S&urezone des Coli-
Bakteriums sehr beeintr&chtigt.
17) Typhus + Cholera: Nach 10 Stunden ist aus der Anwesen-
heit von blauen Kolonieen, die bis 3 mm im Durchmesser groB sind,
erkennbar, daB die groBen Kolonieen nicht Typhus sind; sie kSnnen
Cholera sein. Die weitere Untersuchung sichert die Diagnose. Nach
20 Stunden sieht man nur wenig Typhus. Seine Kolonieen sind heller
und eine Spur opaker als bei Cholera.
18) Coli + Typhus + Cholera: Rote und blaue Kolonieen
sind in der 10 Stunden alten Kultur deutlich unterscheidbar. Aber erst
nach 20 Stunden konnen alle drei Bestandteile des Gemischs schon
durch ihr Verhalten auf dem Agar unterschieden werden.
19) Faeces I (diarrhoisch): Nach 10 Stunden sind alle Kolonieen
in D entweder rot und opak oder sie schillern in verschiedenen Farben.
In A sind alle rot. Nach 20 Stunden sind ganz vereinzelte blaue Kolo¬
nieen sichtbar. Sie sind aber so opak, daB es sich gar nicht um Cholera
handeln kann. (Eine Verwechselung mit Typhus w&re eher mdglich.)
20) Faeces II (diarrhbisch): Die 10-stiindigen Platten zeigen das-
selbe Bild wie die vorigen. Nach 20 Stunden ist nur auf einer von
beiden Platten eine einzige Kolonie, die man eventuell fflr Cholera
halten kbnnte, doch ist auch sie opaker. Eine einfache mikroskopische
Untersuchung zeigt eine grofie Stapbylokokkenart.
21) Faeces + Cholera: Wir haben uns 4 Gemische von diar-
rhdischen Faeces mit unseren 4 Cholerast&mmen angelegt und haben
aus einer Aufschweramung des Gemischs in Peptonwasser Platten be-
impft. Wir konnten in alien F&llen nach 10 Stunden die Diagnose
stellen; nach 20 Stunden konnen Cholerakolonieen selbst bei fltichtiger
Betrachtung der Kultur gar nicht tibersehen werden. Selbst am Rande
miteinander verwachsene Kolonieen von Coli und Cholera sowie Misch-
kolonieen lassen ohne Schwierigkeit die Choieradiagnose stellen.
22) Kanalwasser: Wir haben etwas Wasser aus der Warthe ent-
nommen, dort wo das Abwasser in den FluB miindet. Einige Kubikcenti-
meter davon haben wir etwa mit der gleichen Menge Peptonwasser ver-
setzt und in den Brutschrank gestellt. Nach 12 Stunden wurden mit
Material, das der Oberfl&che des Gemischs entnommen war, 2 Platten
beimpft, die nach 10 Stunden noch keine Diagnose zuliefien. Nach
20 Stunden waren zwar viele blaue Kolonieen vorhanden, die aber zu-
meist stark opak waren. Nur wenige Kolonieen kamen als choleraver-
d&chtig in Betracht. Ein einfaches Pr¶t zeigte sofort, daB es sich
nicht um Vibrionen handelte.
23) Kanalwasser + Cholera: Nach Zusatz einer minimalen
Menge von Cholera zum Kanalwasser wurde in der gleichen Weise wie
bei dem Vorigen angereichert und ausgestrichen. Nach 10 Stunden
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Hirschbruch u. Schwer, Die Choleradiagnose mit Hilfe eines Spezialagars. 591
kdnnen Cholerakolonieen durch Untersuchung verd&chtiger Kolonieen
erkannt werden. Nach 20 Stunden ist die direkte Diagnose mdglich.
Wenn auch im Vorstehenden die Rede davon war, daB die Cholera
gleich auf der Platte erkennbar ist, so darf doch nicht vergessen werden,
daB eine ganze Reihe von cholera&hnlichen Bakterien sehr ahnlich inner-
halb der zur Untersuchung geeigneten Zeit — 10—20 Stunden — auf
unserem Choleraagar w&chst. Das mikroskopische Pr¶t, die Agglu-
tinationsprfifung und der Pfeiffersche Versuch sind selbstverstandlich
nicht zu entbehren.
Es handelt sich nun zun&chst darum, ob die Form der Vibrionen,
die auf unserem N&hrboden gewachsen sind, im gef&rbten Ausstricfe-
praparat erkennbar ist Der Vibrio der Cholera, wie der Vibrio
Metschnikoff behalten ihre charakteristische Form sowohl in 10-stfln-
digen wie in 2 und 3 Tage alten Eulturen. Auch die Beweglichkeit
der Vibrionen hat durch das Wachstum auf unserem N&hrboden nicht
im geringsten gelitten. Wir haben fernerhin noch von Metschnikoff
und Cholera-Jaffa, die auf Choleran&hrboden gewachsen waren, hangende
Tropfen in Choleraserum 1:1000 angelegt, dessen Titer imlnstitut ffir
Infektionskrankheiten in Berlin auf 1:10000 festgestellt war. Die
Agglutination der Cholera vibrionen war eine momentane, wahrend
der Vibrio Metschnikoff vorzflglich seine Beweglichkeit behielt.
Danach halten wir unseren Choleraagar fur sehrgeeignet zur
Stellung der Choleradiagnose. Die Kolonieen sind nicht nur sehr frflh-
zeitig vorzfiglich erkennbar, sondern kdnnen auch wegen ihrer
charakteristischen F&rbung gar nicht fibersehen werden. Selbst
die rote Saurezone der C o 1 i - Kolonieen fdrdert eher die Erkennbarkeit
der Cholera, als daB sie dieselbe hinderte. Wir halten es fiir zweck-
m&Big, mit jeder Serie von Platten vergleichshalber eine Platte mit in
den Brutschrank zu stellen, die ebenfalls mit dem zu untersuchenden
Material beschickt ist, welchem kunstlich Cholera beigemengt wurde.
Die Untersuchung verd&chtiger Kolonieen dilrfte am einfachsten
im h&ngenden Tropfen mit Choleraserum in zweckmfiBiger Verdflnnung
erfolgen. Die Untersuchung ist, wenn die Serum verdfinnung erst ein-
mal angestellt ist, viel rascher ausfiihrbar, als die Untersuchung im ge-
firbten Praparat und gibt uns auf einmal fiber Gestalt, Beweglichkeit
und Agglutinierbarkeit des verd&chtigen Materials AufschluB. In einer
Viertelstunde kann man mindestens 8 solcher Prfiparate anfertigen und
untersuchen. Bei positivem Ergebnis wird dann noch der Pfeiffer¬
sche Versuch als SchluBglied angeffigt.
M8ge sich unser Choleraagar in der Praxis ebensogut bewfihren
wie bei unseren Laboratoriumsversuchen I
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Centralbl. f. Bakt. etc, I. Abt. Original©. Bd. XXXTV. No. 6.
Naehdruck verboten.
TJeber die Trinkwasserdesinfektion mit Jod nach Yaillard.
[Aus der bakteriol. Untersuchungsstation des kgl. Garnisonlazarettes
Wfirzburg.]
Yon Gnat. Obennaier, Milit&rapotheker.
In einer Arbeit fiber Trinkwasserdesinfektion im Felde, verfiffentlicht
in den ,,Archives de mfidecine et de Pharmacie militaires, 1902, No. 7“,
teilte V aillard mit, daB 0,06g Jod pro Liter Wasser in 10—15 Minuten
die meisten Bakterien, namentlich Cholera-, Typhus- und Coli-Bacillen
abtfiten. Nur einige widerstandsffihige Bakterien, die aber keine Be-
deutung ffir den Organismus haben, blieben am Leben. Um freies Jod
in Lfisung zu erhalten, empfiehlt Vaillard, im Wasser 0,1 g Wein-
sfiure per Liter zu lfisen, dann 0,1 g Jodkali zuzuffigen und schliefilich
durch Zusatz von 0,0156 g jodsaurem Natrium Jod frei zu machen, das
durch das Jodkali in Lfisung gehalten wird. Nach 10-15 Minuten ffigt
man zur Neutralisation des Jods 0,116 g Natriumthiosulfat zu, wodurch
das Jod als Jodnatrium gebunden wird. Wichtig ist ferner, das Jod in
einer kleinen Quantitfit Wasser frei zu machen, weil kalkhaltiges Wasser
in der Gesamtmenge die Weinsfiure sofort als Calciumtartrat binden und
so jede Reaktion verhindern wfirde.
Auf Anregung des Herrn Stabsarztes und Privatdozenten Dr. Dieu-
donnfi unterzog ich das Verfahren einer Nachprfifung, indem ich zuerst
Yersuche mit Trink- und FluBwasser, dann mit Cholera-, Typhus-, C o 1 i -
und Dysenteriebacillen anstellte. Zunfichst bereitete ich mir die folgen-
den Lfisungen der Reagentien:
1) Weinsfiurelfisung: 1:50,
2) Jodkalilfisung: 1:50,
3) Natriumjodatlfisung: 0,156:50,
4) Natriumthiosulfatlfisung 1,16:50,
so daB ffir jeden Versuch von jeder Lfisung 5 g pro Liter Wasser be-
nfitigt wurden. Die Lfisungen wurden nach jedem Versuch sterilisiert,
da insbesondere die Weinsfiure zahlreiche Bakterien enthielt. Das Jod
wurde in der Weise frei gemacht, daB je 5 g der Lfisungen 1, 2 und 3
in einem Reagenzglase gemischt und dann zum betreffenden Versuch
geffigt wurden. Nach 15 Minuten Einwirkung wurden 5 g der Lfisung 4
direkt zugegeben.
Zunfichst wurden Versuche mit je 1 1 Trinkwasser der Wfirzburger
stfidtischen Wasserleitung, das durchschnittlich 50—100 Keime im Kubik-
centimeter enthfilt, gemacht. Nach Einwirkung der Reagentien wurden von
jedem Liter mit einer sterilen Pipette je •/* ccm auf mehrere Bouillon-
rfihrchen fibertragen. Innerhalb einer 8tfigigen Beobachtungsdauer blieben
die Rfihrchen steril. Mehrmalige Wiederholungsversucbe bestfitigten die
obigen Beobachtungen. Andere Resultate lieferten mehrfache Versuche
mit je 1 1 FluBwasser des Mains nach dessen DurchfluB durch die Stadt
Wfirzburg. Bereits nach 24 Stunden, spfitestens aber nach 48 Stunden,
zeigte ungeffihr die Hfilfte der Bouillonrfihrchen Wachstum, wfihrend die
andere Hfilfte steril blieb. Um die Zahl und die Art der noch lebens-
ffihigen Keime zu konstatieren, fibertrug ich je */* ccm desinfiziertes
Mainwasser auf Agarplatten. Nach 24 Stunden .waren 75—100 Keime
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Obermaier, Ueber die Trinkwasserdesinfektion.mit Jod nach Vailiard. 593
auf jeder Platte gewachsen. Eine ganz bedeutende Abnahme der Keime
war also sicher vorhanden. Die Kolonieen waren Sub til is- und
Sarcina-Arten. Eine vollkommene Sterilisation, wie sie Vailiard
bei Seinewasser beobachtet hat, konnte niemals erzielt werden.
Bei den Versuchen mit Vibrio cholerae, B. typhi, B. coli
und B. dysenteriae wurden stets frische, nicht fiber 24 Stunden aite
Agarkulturen verwendet. Von denselben wurde je eine halbe Kultur
in einem 100 ccm fassenden Kfilbchen in 100 ccm Flttssigkeit (Leitungs-
oder Mainwasser) aufgeschwemmt. Zuerst wurde eine Choleraaufscbwem-
mung in sterilem Leitungswasser mit 6 eg Jod behandelt und nach Neu¬
tralisation je V 2 ccm Flttssigkeit auf mehrere Bouillonrohrchen fiber-
tragen. Die Rohrchen wurden 8 Tage auf 37 0 gestellt In Ueberein-
stimmung mit Vailiard konnte kein Wachstum festgestellt werden.
Die gleichen Versuche wurden mit im Autoklaven sterilisiertem Main¬
wasser, das reich an organischen Substanzen ist, wiederholt. Auch hier
wurde dasselbe gfinstige Resultat erhalten. Ganz anders fielen aber die
Resultate aus, als das von Schfider 1 ) bei seiner Nachprfifung des
Schumburgschen Bromverfahrens angegebene Peptonanreicherungs-
verfahren benutzt wurde, das auchRabs 2 ) bei seiner Arbeit fiber Trink¬
wasserdesinfektion mit Chlor mit Erfolg anwandte ZunSchst wurde eine
10-proz., sterile Peptonkochsalzlosung hergestellt und davon zu den mit
Jod behandelten und neutralisierten Aufschwemmungen der Cholera-
vibrionen in sterilem Leitungs- bezw. Mainwasser soviel gegeben, daft
eine 1-proz. LSsung entstand, die 24 Stunden auf 37° gestellt wurde.
Nach dieser Zeit wurde aus jeder Probe je 7* ccm Flttssigkeit auf ver-
schiedene Peptonrohrchen ubertragen und auf 37° gestellt. Nach 6 bis
8 Tagen war in ungefahr der Halfte der Peptonrohrchen Wachstum und
mehr Oder minder starke Cholerarotreaktion zu beobachten. Die Cholera-
vibrionen waren also nur zum Teil getotet, zum Teil scheinbar durch
das Jod nur gelfihmt.
Bei den Versuchen mit B. typhi und B. coli wurden frische
Kulturen in sterilem Main- und Leitungswasser aufgeschwemmt und mit
Jod wie oben behandelt. Nach Neutralisation wurde je •/* ccm auf
eine Reihe von Bouillonrohrchen ttbertragen; doch konnte in keinem
Falle Wachstum erhalten werden. Da ein Anreicherungsverfahren wie
bei Cholera nicht bekannt ist, so konnte auch nicht konstatiert werden,
ob die Bakterien hier tats&chlich getotet, nicht bloB gelahmt werden.
Es wurde zwar auch hier das Peptonanreicherungsverfahren versucht,
doch war das Resultat dasselbe. Die Versuche mit B. dysenteriae
verliefen genau ebenso wie mit B. typhi und B. coli.
Abgesehen von den Desinfektionsversuchen mit FluBwasser, scheinen
also alle Bakterien abgetotet zu werden, mit Ausnahme der Cholera-
vibrionen. Da aber diese in ihrem sonstigen Verhalten weit emptind-
licher sind als die fibrigen untersuchten pathogenen Keime, so dfirfen
wir mit Recht annehmen, daB auch diese Keime nur gelfihmt werden,
und daB lediglich der Mangel eines Anreicherungsverfahrens die Resultate
gunstig erscheinen lafit.
Von einer Vermehrung der Jodmenge wurde aus dem Grunde ab¬
gesehen, weil der Gehalt an Jodnatrium zu groB wfirde und das Wasser
seinen natfirlichen Geschmack verlore. Versuche fiber Verlangerung der
1) Zeitechrift fur Hygiene. Bd. XXVII. 1901. Heft 2.
2) Hygien. Rundsclmu. 1901. No. 22. p. 1087.
Erete Abt. Orig. Bd. XXXIV. 38
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
Einwirkungsdauer des Jods wurden deshalb nicht angestellt, weil es sich
im Felde lediglich darum handelt, auf mflglichst schnelle Weise brauch-
bares Trinkwasser zu erhalten.
Auch diese Versucbe zeigen von neuem die groBe Branchbarkeit
der von Schfider angegebenen Methode zur Prflfung von Wasser-
desinfektionsmitteln.
Nachdruck verboten,
Ein Apparat zur Zuchtung von Mikroorganismen in be-
weglichen fliissigen Medien.
[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Laboratorium an der k. k. landwirt-
schaftlich bakteriologiscben und Pflanzenschutzstation in Wien.]
Von Dr. E. Wiener.
Mit 1 Figur.
Methoden, bakterienhaltige Flfissigkeiten moglichst ausgiebig mit
Luft in Beriihrung zu bringen, stehen derzeit in Betrieben in Anwen-
dung, bei welchen kontinuierlicbe, moglichst gleichraaBige Garung be-
wirkt werden soil. Man verfolgt mit diesen Methoden den doppelten
Zweck, die g&rende Fliissigkeit einerseits mit mdglichst viel Sauerstoff
in Berflhrung zu bringen, andererseits die Entwickelung anaerober
Bakterien hintanzuhalten. Noch vor einem Jahrzehnt waren diese Me¬
thoden ungemein primitiv.
Jacquemin 1 2 ) beschreibt in seinem groBen Werke eine der ersten
derartigen Methoden, welche darin bestand, den Most in den grofien
G&run gsbottichen in Mengen von mehreren Hektolitern, tunlichst vom
Grunde desselben haufig heraufzuschdpfen oder zu pumpen und den-
selben dann als Regen, also fein verteilt, wieder zurfickflieBen zu lassen,
welche Prozedur durch 2— 3 Tage wiederholt wird. Schon etwas frfiher
hatte Cam bon*) einen einfachen Apparat angegeben, durch welchen
die Vorteile der Durchliiftung aufrecht erhalten, wahrend die Nachteile,
die leichte Verunreinigung der Garungsflflssigkeit durch Luftkeime, hintan-
gehalten werden sollen. Cam bon lafit namlich das groBe Garungs-
reservoir luftdicht schlieBen, nachdem es mit der in Garung zu setzenden
Flttssigkeit fast vollgefullt ist. Die sich entwickelnde Kohlensaure drQckt
die Flflssigkeit durch ein urn ein geringes fiber dem Grnnde des Reser¬
voirs in dasselbe von aufien einmundendes Rohr nach oben, und wird
dieselbe in ein kleineres, oberhalb des Reservoirs befindliches, mit dem-
selben durch ein senkrechtes Rohr kommunizierendes kleineres Geffifi
entleert Dieses letztere ist mit einem Schwimmer versehen, wird also,
wenn die Flflssigkeit ein gewisses Niveau erreicht hat, automatisch ent¬
leert. Auf diese Weise bleibt die Flflssigkeit in fortwahrender Cirku-
lation und kommt mit Luft ausgiebig in Beriihrung. Ein wesentlicher
Mangel dieses Apparates bestand noch immer darin, daB die Luftkeime gar
nicht Oder nur ungenflgend abgehalten waren, woraus die bekannten
Unzukommlichkeiten entstanden. Jaquemin hat spfiter einen, ffir die
1) Lea fermentations rationellcs. Malzeville-Naney (Thomas) 1900.
2) Progrfes agricole. 2. Aug. 1891.
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Wiener, Ein Apparat zur ZQchtung von Mikroorganismen etc.
595
Verg&rung groBer Flttssigkeitsmengen geeigneten Apparat konstruiert,
bei welchem das Prinzip, die Luftkeime am Eindringen in die GUrungs-
fliissigkeit zu verhindern, in Anwendung kam, zu welchem Zwecke die
durch ein eigenes Rohr zugeftthrte Luft durch eine Lage Salicylwatte
gefflhrt, vorher auch noch gewaschen und dann erst in die G&rungs-
reservoirs geleitet und durch die Flussigkeit gepreBt wurde.
In die Bakteriologie fanden diese Methoden bisher eigentlich
keinen Eingang, trotzdem das Studium des Wachstums der pathogenen
Mikroorganismen unter reichlicher Sauerstoffzufuhr ganz neue Gesichts-
punkte erdffnen mag. Die bisherigen Bestrebungen gingen eigentlich
nur dahin, wenn schon das Verhalten der Bakterien in beweglichen
Medien beobachtet werden sollte, den Blutkreislauf zu imitieren und
mit Hilfe eigens konstruierter Rohren und Apparate die mit Mikro¬
organismen beschickte NahrflUssigkeit in Cirkulation zu bringen.
Einen derartigen Apparat hat Welleminsky im September v. J.
auf dem KongreB Deutscher Naturforscher und Aerzte beschrieben. Da
mir eine authentische Beschreibung des sinnreich konstruierten Appa-
rates nicht zur VerfUgung stand, m5ge entschuldigt werden, wenn die
folgenden Angaben nicht vollkommen genau sind.
Der Apparat Welleminskys besteht aus einem geschlossenen
Rohrensystem von einigen Millimetern innerer Lichte: die ROhren sind
derart aneinander gefiigt, daB sie ein Viereck mit 2 kttrzeren und 2 lan-
geren Schenkeln bilden; in denselben sind stellenweise Glasventile an-
gebracht um die in eine Richtung bewegte Flussigkeit am Rucklauf zu
verhindern. An einer Stelle ist ein langeres Glasrohr angebracht, welches
am oberen Ende von breiterem Durchmesser ist. Durch dieses Rohr
werden die Kulturmedien eingegossen und tritt dann auch die Luft ein.
Um aber Luftkeime tunlichst abzuhalten, ist diese breitere Mundung
des Glasrohres nicht ganz offen, sondern bis auf eine kleine Oeffnung
zugeschmolzen, an welcho ein nach innen mtindendes, enges U-Rohrchen
angeschmolzen ist, welches die Luftkeime zuriickhalten, so daB eine Ver-
unreinigung der Kulturfliissigkeit durch dieselben verhindert werden soil.
Dieses ganze System wird auf ein durch eine Turbine bewegtes Gestell
gegeben und um die Achse des Gestelles derart bewegt, daB die Flttssig-
keit in dem Rbhrensystem sich immer nach einer bestimmten Richtung
vorw&rtsbewegt; am Rucklauf ist sie durch die Ventile verhindert Der
ganze Apparat kann auch im Thermostaten angebracht werden.
Bei diesem Apparat bleibt wohl die Flussigkeit in fortwUbrender
Bewegung, doch schien mir der Luftzutritt ein ungenugender. Gelegent-
lich der Blutuntersuchungen bei hoheren Temperaturen, welche ich vor
einiger Zeit vornahm 1 ), bemerkte ich, welchen bedeutenden Einfiufi auf
den Zerfall der roten Blutkorper das zeitweise SchUtteln der Fltissig-
keiten hat, in welchem dieselben suspendiert sind. Man muB hierbei
sehr darauf achten, daB nicht zu derb geschuttelt werde, damit nicht
eine geradezu mechanische SeMdigung der Blutkorperchen erfolge. Es
war daher wUnschenswert, einen Apparat zu konstruieren, welcher die
Flussigkeit in gleichmaBiger, ruhiger und anhaltender Bewegung erhielt.
Der im folgenden zu beschreibende, von der Firma F. W. Rohr-
becks Nachf. in Wien hergestellte Apparat schien nach mehrfachen Vor-
versuchen dem gewttnschten Zweck zu entsprechen.
Auf einem festen Gestell ist ein Rost angebracht, welcher seitlich und
1) Wien. klin. Wochenschr. 1902. No. 26.
38*
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596
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
von oben gesehen abgebildet ist (S). Derselbe ist mn die Achse mn dreh-
bar und an einer Seite mit der Schraube p versehen, mittelst welcher der
Rost durch den Hebei h mit der Drehscheibe M verbunden wird. Diese
Drehscheibe wird mit Hilfe einer dflnnen Rebschnur oder einer starken
Darmsaite, welche uber die Rollen aa durch die Oeffnung R zur Turbine
T ffihrt, von dieser letzteren in Bewegung gesetzt. Die Turbine wird
an die Wasserleitung angeschlossen.
>-
W.J.ROHRBECK s NACHP.
WIEN.
nat.Grijsse
Wird nun der Hahn der Wasserleitung vorsichtig gefiffnet, so wird
das durch die Turbine strdmende Wasser mit Hilfe der Rebschnur Oder
der Darmsaite die Scheibe M und diese wieder durch den Hebei h den
Rost S in Bewegung setzen, so dafi sich derselbe, je nachdem der Hebei h
kfirzer oder linger ist — er ist durch die Schraube p verstellbar — in
einem groBeren oder kleineren Winkel auf und ab bewegen wird.
In den Rost werden nun die mit der Nfihrflttssigkeit bezw. dem
Infektionsmaterial beschickten Rohrchen B, von welchem im ganzen
6 Platz linden, wie auf der Zeichnung ersichtlich, eingeschoben, und
wenn der Apparat in Tfitigkeit ist, ein einem Winkel von 25—35° aut
und ab bewegt. Einige in den Glasrdhren befindliche durchbohrte Glas-
oder Aluminiumkugeln (eine solche ist in natfirlicher Grdfie abgebildet),
befordern die Durchmischung der Flflssigkeit, da sie in den Rdhren fort-
wfihrend auf und ab gleiten.
Es ist darauf zu achten, dafi sich der Rost nicht zu schnell bewege.
Einmalige Auf- oder Abwfirtsbewegung in l 1 /* Sekunden dfirfte die-
jenige Zeitdauer sein, wihrend welcher die Flfissigkeit sich vollkommen
am abh&ngigen Ende der Rdhre sammeln kann. Durch dieses ziemlich
rasche, vollstfindige Ablaufen derselben wird die Luft in derjenigen
Partie der Rdhre, aus welcher die Flfissigkeit abgelaufen ist, verdfinnt,
und mufi nun durch den nicht allzudicht hineingesteckten Wattepfropfen
Luft in die Rdhre gelangen, welche sich mit der nunmehr durch Be¬
wegung des Apparates in diese Partie der Rdhre gelangenden Flfissig¬
keit mischt, w&brend auf der anderen Seite sich dasselbe wiederholt. So
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Wiener, Ein Apparat zur Zilchtung von Mikroorganismen etc.
597
wird die Flfissigkeit fortwfihrend mit erneuerten filtrierten Luftmengen
in BerQhrung gebracht, wozu die innige Durchmischung durch die durch-
bohrten Kugeln erheblich beitragt. Die Rfihren haben eine innere Lichte
von ungefabr 8 mm und sind 2mal abgebogen, wodurch die Flfissigkeits-
menge — gewdhnlich 20 ccm — selbst bei etwas rascherer Bewegung
niemals bis an die Wattepfropfen gelangen kann. Nur ffir stark schfiu-
mende Flfissigkeiten sind Rfihren nach Art der gesondert abgebildeten,
zu wahlen, bei welchen der Schaum zerflieBt, sobald er bis an die unter-
halb der Mtindung der Rdhren befindlichen kugligen Erweiterungen gelangt.
Die gestrichelten Linien bedeuten eine Abanderung in der Be-
wegungsvorrichtung, falls man die seitliche Durchbobrung des Thermo-
staten vermeiden will. In diesem Falle bringt man die Turbine ober-
halb der Oeffnung P an und lafit die Rebschnur Oder die Darmsaiten
um die Rollen c und d laufen.
Besondere Vorsicbt ist bei Beschickung der Rfihren mit der infi-
zierten Flfissigkeit geboten. Es ist h&ufig (besonders bei den ersten
Versuchen) aufgefallen, daB sonst steril scheinende Bouillon, in welcher
das ausgesfite Material unter gewohnlichen Umstanden in Reinkultur
wuchs, wenn in den Apparat gebracht, schon nach einer wenige Stunden
dauernden Bewegung Verunreinigungen zeigte. Diese kdnnen ent-
weder durch schon in der Bouillon enthalten gewesene, besonders
oxyphile Keime verursacht sein, welche in Eprouvetten in fiblicher
Weise in Bouillon gezflchtet, gar nicht zur Entwickelung kommen, oder
es sind, natfirlich wieder oxyphile Luftkeime, welche bei Oeffnen der
GlasrOhren, d. h. bei zeitweiliger, wenn auch noch so kurz dauernder
Entfernung des Wattepfropfens, aus der Luft in die Rfihren gelangen und
dort durch rasche Entwickelung das Aussaatmaterial alsbald flberwuchern.
Peinliche Sterilisation der in Gebrauch kommenden Nfihrflfissig-
keiten und auch der Rohren selbst, sehr kurz dauernde Entfernung des
Wattepfropfens bei Beschickung mit dem Aussaatmaterial unter mfig-
lichster Vermeidung des Eindringens von Luftkeimen wird daher zu be-
achten sein.
Indes kommen schon nach kurzer Uebung kaum mehr Verunreini¬
gungen vor und kann man aus den bisherigen Erfahrungen und
Versuchen, welche nach jeder Richtung fortgesetzt werden, entnehmen,
daB besonders oxyphile Bakterien eine um das Vielfache schnellere
Entwickelung zeigen, als nach den bisherigen Methoden, so daB sich
diese besonders zur Herstellung von Massenkulturen solcher Bakterien
eignet Nur ist die Zeitdauer, w&hrend welcher die Bakterien bewegt
werden sollen, nicht ffir alle Arten gleich; bei besonders rascher Ver-
mehrung darf die Bewegung sogar nicht zu lange dauern, da die fippig
wachsenden Bakterien alsbald, wie es scheint, die vorhandenen N&hr-
stoffe verbrauchen und nunmehr ein direktes Hemmnis ffir die weitere
Entwickelung bilden.
Mit Hilfe dieser Methode werden Milzbrandbakterien in 1—2 Tagen
versport. Frische Tuberkelbacillen zeigen nach 2 Tagen betrttchtliche
Vermehrung und zeigt sich bei alien aeroben Bakterien, wie bereits be-
merkt, je nach dem Grade des Sauerstoffbedflrfnisses mehr oder weniger
rasche Vermehrung. Ueber diese Versuche sowie fiber die Wiederholung
der Blutuntersuchungen bei hoheren Temperaturen *) unter Anwendung
des hier beschriebenen Apparates wird anderen Orts berichtet werden.
l) 1. c.
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598
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
Nachdruck verboten.
Zur Zuchtang der aoaeroben Bakterien.
[Aus dem path.-anat. Institute zu Helsingfors.]
Von Dr. med. Osw. Streng.
Mit 4 Figuren.
In ihrer Publikation „Beitr&ge zur Kenntnis der anaSroben Bakterien
des Menschen“ heben Weichselbaum, Ghon und Sachs 1 ) hinsicht-
lich der Methode, die anaeroben Bakterien in hohen Schichten zu zQchten,
hervor, dafi diese gewisse Nachteile habe. „Bei dieser Methode er-
scheint die unmittelbare mikroskopische Betrachtung der Kolonieen aus-
geschlossen. u Sie heben ferner hervor, dafi diesem Nachteile teil-
weise abgeholfen werden kbnne, „nach dem Vorgange von Burri, der
die Agars&ule in parallele Scheiben zerlegt und diese mikroskopiert."
Ich habe mich seit einiger Zeit mit anaQroben Bakterien beschaftigt
und dabei auch die Methode, anaerobe Bakterien in hohen Schichten zu
zQchten, angewandt. Um den von Weichselbaum, Ghon und Sachs
hervorgehobenen Nachteil zu vermeiden, bin ich so
verfahren, dafi ich anstatt der gewdhnlichen runden
Reagenzglaser abgeplattete Reagenzglfiser von bei-
folgender Form (Fig. 1) benutzt habe. Die Glaser
sind also an der MQndung in einer Ausdehnung
von ca. 2 cm den runden Reagenzglfisern vollkommen
ahnlich, sind jedoch im Qbrigen abgeplattet. Solche
Rahren, die mir zu einem Preis von 20 Pfg. das
Stflck von C. Zeiss, Berlin, angefertigt worden
sind, gestatten eine vollst&ndige mikroskopische PrQ-
fung der verschiedenen Kolonieen. Bei experimen-
tellen Arbeiten, wo es gilt, rasch und leicht die
Reinheit einer Probe zu mustern, bieten solche
RQhren einen recht merkbaren Vorteil vor den ge-
w5hnlichen runden dar.
Dagegen sind in ihrer ganzen Ausdehnung ab¬
geplattete Rahren aus dem Grunde ungeeignet, dafi
das Oeffnen und Schliefien derselben mit Watte-
pfropfen aufierst unbequem und schwer zu hantieren
ist. Die von mir benutzten platten Reagenzglaser
sind ebenso leicht zu dffnen und zu schliefien wie
die runden, und sind sehr bequem, z. B. bei der
Ueberimpfung, zu hantieren, was bei der Anlegung
von einer grafieren Anzahl Kulturen eine notwendige
Bedingung fOr die Anwendbarkeit der Rahren ist. Durch Schleifen der
platten Seiten der Rahren kannte vielleicht dieselbe Reagenzglaserform
auch beim Photographieren anaerober Bakterienkolonieen gebraucht
werden.
Um beim Anlegen von Plattenkulturen bequem von der ganzen
platten Flfiche zugSngliche Kolonieen zu erhalten, bin ich auf folgende
Weise verfahren: In eine gewahnliche hohe Petrischale, deren Kante
ca. 2 cm oder etwas mehr mifit, giefie ich die n8tige Menge einer in
1) Weichselbaum, Ghon u. Sachs, Centralbl. f. Bakt. u. Parasit. 1902.
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Strong, Zur Zflchtung der anaSroben Bakterien.
599
gew5hnlicher Weise mit anaSroben Bakterien infizierten verflfissigten
Traubenzncker-Agarkultur. Die Schale mufi auf einer kalten Unterlage
steben, damit der Agar so schnell vie mbglich erstarrt. Dies geschieht
auch in einigen Sekunden. Eine Luftinfektion wird wfthrend des Steif-
werdens des Agar durch den Deckel verhQtet. Sobald dieser bakterien-
enthaltende Agar steif geworden, gieBe ich daruber sterilen Trauben-
zuckeragar und drfickte auf diesen Agar, bevor er steif geworden, einen
nach meiner Anweisung verfertigten
Glasdeckel von dem Aussehen, das
die Figur 2 bezeichnet, bis die Kante
des Deckels die Petrikante berflhrt.
Der verflflssigte sterile Agar war da-
bei zwiscben die Seitenwand der
Petrischale und der Deckelschale ge-
preBt, um in dieser Lage steif zu werden. Die anaerobe Bakterien ent¬
haltende Bodenschicht wird also an den Seiten von einer fast 2 cm
hohen Agarschicht geschtitzt. Um zu den zentralen Teilen der Bakterien
enthaltenden Schicht zu dringen, hat der Sauerstoff der Luft also einen
Weg von gegen 6—7 cm, d. h. 2 cm der Radie der Deckelschale durch
Traubenzuckeragar zu passieren, eine Schicht, die sogar fflr empfindliche
anaerobe Bakterien gentigend sein dfirfte. Will man noch fernerhin
die Kulturen vor dem Eindringen des Sauerstoffes schfitzen, so stttlpt man
die Schale um, sobald der Agar steif geworden, und gieBt steriles
Paraffin, das bei ca. 50 0 C schmilzt, in die gebogene Kante des Deckels.
Die darunterliegende Petrischale mufi so hohe Kan ten haben, dafi bei
vollst&ndig festgedrficktem Deckel der Boden der Petrischale und der-
jenige des Deckels in einer Entfernung von ca. 4—5 mm voneinander
stehen, mit anderen Worten, der Deckel darf nicht so tief herabsinken,
dafi er direkt das Bakterien enthaltende Lager berflhrt, sondern von
dieser Schicht durch ein wenigstens 2—3 mm dickes, steriles Lager
getrennt ist.
Mit dergleichen Plattenkulturen, die auch ohne Oeffnen der Schale
eine mikroskopische Prfifung der verschiedenen Kolonieen speziell von
der unteren Seite gestatten, habe ich die obligat anaeroben B. anthracis
sympt., B. oedematis malign., B. botulinus gezfichtet
Durch einige wenige Verdfinnungen kann man natfirlich auch ver-
einzelte Kolonieen in der Plattenkultur erhalten.
Dank der sterilen schtttzenden Agarschicht zwischen dem Deckel
und dem bakterienfuhrenden Lager, ist es in den meisten Fallen mog-
lich, auch nachdem die Kultur mehrere Tage in Thermostaten gestanden,
den Deckel durch eine allm&hliche umdrehende Bewegung aufzuheben,
ohne dafi die unterliegende, Bakterien enthaltende Schicht und die
einzelnen Kolonieen in ihrer Lage gestOrt werden; die ganze nun-
mehr freie Agarfl&che, durch welche die Kolonieen herausgenommen
werden sollen, ist nicht infiziert, wie es dagegen meistens der
Fall ist z. B. bei dem Verfahren von Koch 1 ), Sanfelice 2 ),
Trenkmann 3 ). Sollte sich jedoch der Deckel nicht ohne weiteres
leicht Ibsen lassen, was allerdings eintreffen kann, besonders wenn die
Schale langere Zeit in Thermostaten gestanden, so erhitze ich den
Fig. 2.
1) Koch, Deutsche med. Wochenschr. 1884.
2 ) Sanfelice, Zeitschr. f. Hyg.
3) Trenkmann, Centralbl. f. Bakt. u. Paras. 1902.
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600
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 6.
Deckel vorsichtig yon oben mittels einer Gasflamme so lange, bis die
oberste Schicht des dem Deckel zunfichstliegenden sterilen Agarlagers
erwfirmt ist. Alsdann lost sich die Deckelschale leicht ab, ohne daft die
die Bakterien enthaltende Schicht irgendwie von ihrem Platze verschoben
wird. Die auf diese Weise freigelegte Flfiche ist steril und frei von
Verunreinigungen. Durch das 2—3 mm dicke sterile Agarlager kfinnen
die verschiedenen Kolonieen mit Leichtigkeit herausgenommen und be-
hufs weiterer Untersuchung fibergeffihrt werden. Sobald man die zu
untersuchenden Kolonieen mit der Kapillarpipette oder Platinnadel
herausgenommen hat, wird wieder steriles Agar fiber das Ganze ge-
gossen. Der Deckel, der wahrend der Isolierungszeit mit Vorteil vor
der Luftinfektion unter einer groBeren, reinen Glasglocke geschfitzt
werden kann, wird vorsichtig fiber einer Gasflamme erwfirmt und dann
wieder auf seinen vorigen Platz gedrtickt. Die neuzugegossene sterile
Schicht ffillt etwa entstandene Risse und anderes aus, und wird, wie
vorhin, wieder zwischen der Bodenschale und dem Deckel emporgeprefit,
wird steif und schfitzt wieder die Kultur vor der Einwirkung des Sauer-
stoffes. Eine solche Manipulation lfiBt sich viele Mai wiederholen, so
daB bei einem im fibrigen aseptischen Verfahren die Entwickelung der
verschiedenen Kolonieen wfihrend einer lfingeren Zeit betrachtet werden
kann, ohne daB die Anaerobiose aufgehoben wfirde. Eine fiuBerst sorg-
ffiltige Aseptik ist jedoch dringend notig.
Ich habe frfiher diese Methode in ihrer ersten Form veroffentlicht 1 ).
Anstatt gewfihnlicher Petrischalen als Bodenschale gebrauchte ich Boden-
schalen, die mit einer zirkelformigen erhabenen Leiste am Boden ver-
sehen waren. Diese Leiste teilte also den Boden in einen zentralen
Teil und eine ringffirmige Peripherie ein. In den inneren zentralen
Teil wurde das intizierte Nfihrmedium eingeffihrt (s. Fig. 3 u. 4). Im
Fig. 3. Fig. 4.
fibrigen verfuhr ich in ebenbeschriebener Weise. Die Deckelschale
wurde bis zu der erwfihnten ringffirmig erhfihten Kante eingedrflckt
und ruhte auf derselben. Diese Kante hat sich jedoch als unnfitig
erwiesen, wenigstens ffir diejenigen Bakterien, mit welchen ich ge-
arbeitet habe; der Sauerstoff dringt so langsam unter dem Deckel ein,
daB ich nunmehr als Bodenschale eine gewohnliche Petrischale benutzt
habe. Ein Verfahren, das auBerdem den Vorteil hat, daB dieselbe
Schalenform nicht nur ffir anaerobe Bakterien, sondern natflrlich auch
ffir aerobe Plattenkulturen benutzt werden kann. Um empfindlichere
Anaerobearten zu ztichten, waren doch vielleicht die mit einer Leiste
versehenen Bodenschalen zu benutzen.
Die oben erwahnten Deckelschalen sind mir zu einem Preis von
50 Pfg. pro Stfick von C. Desaga in Heidelberg angefertigt worden,
die Bodenschalen mit Leiste ebenso von C. Desaga zu demselben
Preise, 50 Pfg. pro Stfick.
1) Duodecim 1903. Anaerobisesti kasvavien bakteerien viljeternisesta (Die Zuchtung
der anaeroben Bakterien.)
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Siebert, Ueber das Verhalten des Loefflerschen M&usetyphusbacillus etc. 601
Bevor ich diese kurze Mitteilung schliefie, will ich noch mit einigen
Worten die von Weichselbaum 1 2 ) angegebene sinnreiche Gefrier-
methode erw&hnen, die ich als besonders geeignet ffir die Zfichtunganafirober
Bakterien in fliefiendem N&hrmedium gefunden habe. Doch bin ich in-
sofern von seiner Beschreibung abgewichen, dafi ich die Bouillon habe
frieren lassen, bevor ich die Bakterien eingeffihrt und mit Agar fiber-
schichtet habe. Erst als die Proberohre so vorbereitet war, habe ich
die Bakterien der Bouillon mittels Kapillarpipette eingeimpft. Auf diese
Weise kOnnte der eventuell stdrende Einfiufi, den ein Einfrieren der
Bakterien vielleicht ausfibt, vermieden werden. Den oft von mir be-
obachteten MiBstanden, dafi die schfitzende Agarsfiule leicht in der Bouillon
herabsinkt, konnten ja durch die Anwendung der von Rivas®) vorge-
schlagenen Reagenzglaser abgeholfen werden.
Nachdruck verbolen .
Ueber das Verhalten des Loefflerschen Mausetyphusbacillns
zu dem v. Drigalski-Oonradischen Nahrboden.
fAus dem Institute ffir Hygiene und experimentelle Therapie in Marburg.
Abteilung fur Hygiene. Vorstand: Prof. Bonhoff.]
Von Dr. phil. C. Siebert in Marburg.
Zahlreiche Mifierfolge, welche mir bei der praktischen Verwertung
des Loefflerschen M&usetyphusbacillus zur Vertilgung der Haus- und
Feldmfiuse bekannt geworden waren, veranlafiten mich, den Versuch zu
machen, die Virulenz der Kulturen dadurch zu steigern, dafi ich die-
selben M&usen subkutan Oder per os reichte und aus Darm und Organen
der verendeten Tiere durch Ausstriche auf Agar neue Reinkulturen her-
stellte. Dabei zeigte sich die Schwierigkeit, dafi die M&usetyphusbacillen
nur durch ein langwieriges Verfahren als solche erkannt und von den
Coli-Arten getrennt werden konnten. Es mufite immer eine grofie
Anzahl Kolonieen von den Platten abgeimpft und auf ihre Identitfit mit
dem M&usetyphusbacillus untersucht werden.
Sp&ter habe ich deshalb, einem mir von Herrn Prof. Bonhoff
freundlichst gegebenen Rate folgend, den v. Drigalski-Conradi-
schen N&hrboden zur Isolierung der Reinkulturen mit gutem Erfolge
benutzt.
Da bisher fiber das Verhalten des M&usetyphusbacillus zu dem ge-
nannten N&hrboden noch nichts verfiffentlicht ist, will ich in nach-
folgendem unsere auf diesem Gebiete gemachten Beobachtungen mit-
teilen.
Ich schicke voraus, dafi meine Erwartung, durch wiederholte Tier-
passage virulentere Kulturen zu erhalten, bisher nicht erffillt wurde,
hoffe aber, dafi es gelingen wird, auf anderem Wege das Ziel zu er-
reichen und werde hierauf sp&ter zurfickkommen.
Als Ausgangsmaterial ffir unsere Untersuchungen dienten uns drei
verschiedene Mausetyphuskulturen, von denen I im Juni 1902, II und
III im M&rz 1903 bezogen wurden.
1) 1. c.
2) Rivas, Centralbl. f. Bakt. u. Parasit. 1902.
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602
Centndbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 6.
Die Eigenschaften dieser drei Kulturen babe ich in folgender Ta-
belle znsammengestellt.
Tabelfe I.
Lgarplatten
nach 24 Stund.
nach 48 Stand.
Mittelpunkt
glifnzende Kolonieen.
lonieen fern granuiiert
nach 4S Stand.
Ueber die Oberflachi
gebreitetes Hautchen
Agar zeln, i
nach 20 Stund. gend,
Lichte
ohne Hautchen.
nach 3 Tagen
Gefarbtes Pra- GleichmaSig gefarbte Stab- Wie I
parat chen, bei einzelnen Polfar- D
bung. —0,i
Durchmesser: 0,2—0,5 n. Li
bis 1,5 jx
Nach Gram Nicht gefarbt
Stich in Gelatine Wachstum dem Stiche ent-
lang und auf der Oberflache
Gelatine wird nicht ver-
fliissigt
Wachstum auf Wie Typhus.
Kartoffel
Milch Nach 8 Tagen im Aus-
sehen nicht verandert
Indol Keine Indolbildung
1-proz. Trauben- Lebhafte Gasentwickelung
zuckeragar
1-proz. Mannit- „ ,,
agar
1-proz. Milch- „ „
zuckeragar
II
HI
Schnell durch das
ganze Geeichtsfeld
sich bew^ende
Stabchen; nur we-
nige ruhig liegend
Wie II, aber oft in
grofler Zahl zu-
Bammenliegend
Wie I
Wie I
Wie I
Makroskopisch bei
durchfallendem
Lichte gelblich,
sonst wie I
Wie I
Wie I
Wie 1
Wie I
Gleichma&iger Belag
iiber die ganze Ober¬
flache. Farbung
wie I
Wie I
Gelblich durchschei-
nend
Gelb, wenig durch-
scheinena
Wie I
Durchmeeer: 0,2
—0,5 ix.
Lange: 0,75—!
1,2 ix |
Wie I.
Durchmees.: 0^,
wenige 0^ jx.
Lange: 1,0, we¬
nige bis 1,5 p
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
Wie I
1
Wie I
Wie I
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Siebert, Ueber das Verbal ten des Loefflerschen M&vsetyphnsbacillus etc. 003
I
II
III
1 - proz. Kohr-
zuckeragar
Weaiger lebhafte Gasentwicke¬
lung
Wie I
Wie I
1-proz. Dextrin¬
agar
Keine Gasentwickelung
Schwache Gasent-
entwickelung
Keine Gasentwicke¬
lung
1-proz. Trauben¬
zuckerbouillon
nach 24 Stund.
nach 48 Stund.
|l ccm braucht 2^ ccm J / 10 o
Normalkalilauge zur Neu-
| tralisation.
1 ccm braucht 2,6 ccm
l L w Normalkalilauge zur
Neutralisation
1 ccm braucht 2,25
ccm Vim Normal¬
kalilauge
1 ccm braucht 2,7 ccm
Vioo Normalkali¬
lauge
1 ccm braucht 2,5
ccm Vioo Normal¬
kalilauge
1 ccm braucht 3,0
ccm Vioo Normal-
kalilauge
Milchzucker¬
bouillon
Gibt nach 24 und 48 Stunden
dieselbe Eeaktion, wie ein
steriles Kontrollrohrchen
Wie I
Wie I
Milchzucker¬
bouillon imGa-
rungskSlbchen
Keine Gasbildung
Wie I
Wie I
y. Drigalski-Con-
radischer
Nahrboden
Blaue Kolonieen
Wie I
Wie I
Agglutination
9. Februar 1:2000, 1. April
1:600
1. April 1: 600
1. April 1:2000
Im allgemeinen stimmen die drei Kulturen nach vorstehender Ta-
belle untereinander (therein. DaB die Art der Bewegung der St&bchen
I eine andere ist als die der Kulturen II und III, hat vielleicht seinen
Grund in der lflngeren Fortzfichtung auf kflnstlichem Nahrboden.
Die drei Kulturen fSrben sich gleich gut mit Fucbsin, Gentianaviolett,
Methylenblau und Bismarckbraun.
Da das Wachstum auf Kartoffel durch den S&uregehalt des Nahr-
bodens beeinflufit wird, impfte ich zur Kontrolle dieselben Kartoffeln
mit Bacterium coli und zwei verschiedenen Typhuskulturen. Letztere
zeigten ein kaum sichtbares Wachstum, welches von dem der drei M&use-
typhuskulturen nicht zu unterscheiden war. Bacterium coli bildete
starke Auflagerungen.
In Traubenzuckerbouillon wurde durch Titrieren mit Vioo Normal-
kalilauge Sflurebildung nachgewiesen, nach 24-stflndigem Wachstume bei
37° brauchte 1 ccm Traubenzuckerbouillon 2,2—2,5 ccm Lauge zur
S&ttigung, nach 48 Stunden 2,6—3,0 ccm. Die Sfiurebildung nimmt
demnach nach Ablauf von 24 Stunden noch zu, wenn auch nur wenig.
In gleicher Weise beimpfte und behandelte Milchzuckerbouillon be-
hielt, Vioo Normalkalilauge gegenfiber, nach 24 und 48 Stunden den-
selben Titer wie ein steriles KontrollrOhrchen, es fand demnach keine
Saurebildung statt.
Durch Stich geimpfter Traubenzucker-, Mannit- und Milchzucker-
agar zeigte nach 24-stflndigem Aufenthalte im Brfltschranke durch Gas-
bildung veranlafite, durch das ganze Rohrchen ausgedehnte Risse. Bei
Rohrzuckeragar war die Einwirkung eine schw&chere, auf Dextrinagar
wirkte Kultur I und III gar nicht, Kultur II nur wenig gasbildend ein.
Die Prfifung der Kulturen auf ihr Verhalten gegen Milchzucker¬
bouillon im Gflrungskdlbchen ergab nach 3-tagigem Aufenthalte im Brflt¬
schranke keine Gasentwickelung.
Es dflrfte demnach die im Milchzuckeragarrdhrchen beobachtete
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Siebert, Ueber das Yerhalten des Loefflerschen M&usetyphusbacillus etc. 605
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blaue
blaue und
blaue mit
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Punkten
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7 blaue
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5 rote
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rote
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4 blaue
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blaue und
rote
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Kolonieen
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27 rote
nur blaue
desgl.
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blaue und
rote
nur rote
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§
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desgl.
viel blaue,
weniger rote
nur rote
desgl.
III
m
m
Darminhalt
normal, Milz
vergrofiert
keine Ver-
anderung
Darminhalt
normal, Milz
vergrofiert
Darminhalt
blutig, Milz
vergrofiert,
Leber sehr
blutreich
Darminhalt
normal, Miz
vergrofiert
wie bei 15
Darminhalt
blutig, Milz
vergrofiert
Darminhalt
normal, Milz
vergrdfiert
Darminhalt
normal, Milz
wenig ver-
grofi., Leber
sehr blutreich
Darminhalt
blutig, Milz
vergrofiert,
Leber mit hel-
len Flecken
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Siebert, Ueber das Yerhalten des Loefflerschen MSusetyphusbacillns etc. 607
Gasbildang auf Umsetzung anderer, in Agar-Agar vorber vorhandener
Stoffe zurflckzuftihren sein.
Der zum Versuche verwandte Traubenzncker-, Mannit-, Rohrzucker-
nnd Dextrinagar wurde aus einem anderen Nfihragar als der Milchzucker-
agar bereitet. Bei diesen Versnchen ist die Gasbildang darch das Vor-
handensein der Kohlehydrate bedingt, denn wenn der Nfihragar an sicb
verg&rungsffihige Stoffe enthalten hfitte, so wfirde ancb im Dextrinagar
in alien Fillen Gasbildang aafgetreten sein.
Ein Vergleich der in Tabelle I zusammenges tell ten Eigenschaften
der drei Mfiusetyphuskulturen mit dem von Loeffler (1) fiber seinen
M.T.-Bacillus Gesagten ergibt im allgemeinen Uebereinstimmung. Nor
das Wachstam auf Kartoffel ist ein anderes. Diese Verschiedenheit er-
scheint nicht wesentlich, da sie durch verschiedenen Sfiuregehalt des
Nfihrbodens veranlafit sein kann.
Von Lasers (2) Bacillus anterscheiden sich ansere drei Kaltaren
ebenfalls durch das verschiedene Wachstam auf Kartoffel, ferner da-
dnrch, daft sich Lasers Bacillus nach Gram ffirbt.
v. Drigalski-Conradi (3) machen in ihrer ersten Veroffent-
lichung fiber den neuen Nfihrboden darauf aufmerksam, daft neben Bac.
typhi auf dem Nfihrboden in blauen Kolonieen wachsen: Bakterien der
Subtilis- und Proteus-Gruppe, sowie Bacilli fluorescentes
und Bac. faecalis alcaligenes.
Spfiter hat Kayser (4) verschiedene Reprfisentanten der Gruppe
von Bakterien, denen Indolbildung abgeht, die dabei Traubenzucker ver-
gfiren und Milch nicht zum Gerinnen bringen, auf ihr Verhalten dem
v. Drigalski-NShrboden gegenfiber geprfift und gefunden, daB folgende
Arten blaue Kolonieen bidden: Drei Paratyphusarten, Bacterium
paracoli gasoformans, B. bovis morbificans, B. enteri-
tidis, B. Friedebergensis, B. Breslaviensis.
Um festzustellen, ob es gelingt, mit Hilfe des v. Drigalski-
Conradischen Nfihrbodens 1 ) den M.T.-Bacillus zu isolieren, wurde in
folgender Weise verfahren:
Die Kulturen warden grauen und weiBen Hausmfiusen per os Oder
subkutan gereicht. Dann warden aus dem Darme und den Organen der
infolge der Infektion eingegangenen Mause Reinkulturen des Mause-
typhus isoliert und M&usen wieder subkutan oder per os gegeben.
Ferner warden einigemal Darm oder Organe der verendeten Mfiuse
weiter verffittert
Nach dem Tode der Tiere wurden bei Beginn dieser Arbeit nur
aus dem Darme, spfiter aus Darm, Herzblut, Milz, Leber und Niere, in
der von v. Drigalski-Gonradi angegebenen Weise Ausstriche auf den
Nfihrboden gemacht. Hfiufig konnten schon nach 12 Stunden charak-
teristische Kolonieen beobachtet werden. Die folgenden Angaben be-
ziehen sich auf 24-stfindige Kulturen. Nach Farbe und Gr5fie waren
folgende Kolonieen zu anterscheiden:
1) Blaue, violette und rote Kolonieen von einem Durchmesser von
1—5 mm, deren mikroskopische Untersuchung Stfibchen ergab.
2) Blaue Kolonieen mit einem roten oder violetten Punkte in der
Mitte, Durchmesser 2—5 mm. Diese bestanden teils aus Stfibchen, teils
waren es Mischkolonieen von Stfibchen und Kokken, die spfiter in
Reinkulturen erhalten wurden.
1) Der v. Drigalski-Conradische Nahrboden wurde in der bakteriologischen
Abteilung der Firma Dr. Siebert & Dr. Ziegenbein, Marburg, bergeetellt
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608 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 6.
3) Kleine blaue und rote Kolonieen, Durchmesser 0,5—1 mm, die
durch Kokken gebildet waren.
In einzelnen Fallen war es schwer, den Farbenton mit Sicherheit
festzustellen. Ich habe dann mit der Nadel die betreifende Kolonie in
Form eines Striches auf neuen D r i g a 1 s k i -N&hrboden (Ibertragen nnd
erzielte bierdurch stets schon nach 12 Stunden bei M&usetyphus deut-
lich blaue und bei Coli-Arten deutlich rote Farbung. Kokken zeigten
im allgemeinen langsameres Wachstum. Von den verschiedenen Kolo¬
nieen wurden einige auf Agar gebracht und nach mehrmaligem Ueber-
impfen durch die Agglutinationsprobe weiter un ter such t.
(SchluB folgt)
Die Redaktion des „Centralblatts fUr Bakteriologie und Parasitenkundef*
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche urn
Lieferung von besonderen Abdriicken ihrer Aufsdtxe entweaer bei der Ein-
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben zu
wollen oder sPdtestens nach Embfang der ersten Korrekturaoziige direkt an
den Verleger , Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen.
Inhalt.
Bail, Oskar a. Fettersson, Alfred, Unter-
suchungen fiber natfirliche und kfinstliche
MilzbrandimmunitAL (SchluB.), p. 540.
Bongort, J., Beitrfige zur Biologic des
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Fromnunnsche Bachdrnckerel (Hermann Pohle) in Jena.
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ErklRrung der Figuren
zur Tafel Herzog, Abschwfichung der SRugetiertuberkulosebacillen im
Kaltbluterorganismus (dieses Centralbl. No. C).
Figtur 1.
Ausstrichpr¶t der von Dieudonnd gezuchteten Reinkultur (nach zweimaliger
Durchleitung durch den Kaltbliiter). YergrOBerung 1500:1.
Figur 2.
Schnitt durch die Milz von Frosch 7. (F&rbung mit Karbolfuchsin „ Z i e h 1 -
N e 18 e n “, ohne Kontrastfarbe.) YergrOBerung 1500:1.
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Entnlbl. f. lakt etc. I. ttt Ori|inli Id. XXKIV. Ho. 7.
Nachdruck verboten,
Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menschen.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Ipstitute in Wien
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).]
II. Zur Aetiologie des Gasbrandes.
Von Dr. Anton Ghon und Dr. Milan Sachs.
(Erster Teil.)
Mit 3 Tafeln.
(Schlufi.)
IV. Tauben (= T).
An Tauben wurden Versuche mit subkutaner und intramuskul&rer
Injektion ausgefuhrt.
Wahrend die subkutane Injektion von 2 ccm einer 48-stiindigen
Zuckergelatinekultur in einem Versuche (Injektionsstelle: Brust) nur ein
flaches Geschwiir im Bereiche der Injektionsstelle hervorrief, welches
glatt ausheilte, bewirkte in einem zweiten Versuche, in dem ein Fliigel
zur Injektion benutzt wurde, die Injektion derselben Menge bereits nach
48 Stunden den Tod der Taube unter Gasbildung und starker Sdema-
toser Anschwellung des Fltigels.
Die intramuskul&re Injektion (Brustmuskel) hatte bei Ver-
wendung grSBerer Mengen (1—2 ccm) stets den Tod des Tieres innerhalb
der ersten 20 Stunden zur Folge. Die Ver&nderungen, die vorwiegend
lokale waren, bestanden hauptsacblich in ausgedehnter Gasbildung in
dem betreffenden Muskel, der zugleich starker durchfeuchtet und stellen-
weise von Blutungen durchsetzt war. Eine Taube, die nur 0,5 ccm der
gleichen Zuckergelatinekultur intramuskular bekam, zeigte keinerlei Er-
scheinungen.
T 5, am 31. Mai 1902 subkutan (linke Brustseite) 2 ccm einer 48-stiindigen
Zuckergelatinekultur von M 20.
Am nachsten Tage diffuses, feines Knistern im Unterhautbindegewebe der linken
Brustseite. Am 7. Juni findet sich, entsprechend der Injektionsstelle, ein ca. 2 cm im
Durchmesser haltender, seichter Substanzverlust mit unregelmafiigem, verdicktem Rande
und trockenem Grunde, auf dem stellenweise eine trockene, schwarzrote Kruste haftet.
Dieser Substanzverlust reicht iiber das Brustbein auf die andere Seite. Vollstandige
Heilung des Geschwiires.
T 4, am 30. Mai 1902 subkutan (linker Fliigel) 2 ccm einer 48-stiindigen Zucker¬
gelatinekultur von M 20.
Der linke Fliigel schwillt im Laufe des nachsten und zweitnachsten Tages an,
beim Betasten Knistern nachweisbar. Die Taube auffallend matt.
Tod nach 48 Stunden.
Sektion, 15 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis):
Der linke Fliigel angeschwollen, in seinem Bereiche sind iiberall kleine GasblSs-
chen, durch die Haut durchschimmernd, zu sehen; auf Druck, namentlich der Brust
zu, deutliches Knistern. Haut und Unterhautbindegewebe von einer gelblich-rotlichen
Fliissigkeit durchtrankt. Die Muskulatur des Fliigels stark durchfeuchtet, wie fleckig
aussehend, indem einzelne Partieen blasser, andere starker gerotet erscheinen , das
Bindegewebe zwischen den Muskelgruppen reichlich von gelbnch-rotlicher Fliissigkeit
durchsetzt. Der linke, grofie Brustmuskel etwas feuchter und auffallend blafi dem der
anderen Seite gegeniiber. Leber grofi, fast zerfliefiend weich, gleichmaBig rotlich-braun-
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV.
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Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
f elb. Milz vergrofiert, weich, lichtrot Nieren weich, lichtbraungelb. Lungen leicht
yperamisch. Herz fast leer.
Deckglaspraparate: 1) vom Fliigel: Reichlich Bacillen, vorwiegend Gram-
pnositiv, mittelstark, kiirzer und langer, F&aen, wenig angeschwollene Formen. Keine
sicheren Sporen. Im Jodpraparate ziemlich reichliche, verschieden intensive Braun-
farbung, gieichmafiig oder fleckig.
2) Vom Lebersafte: Keine Bakterien.
Kulturen: 1) Vom Fliigel: a) Aerob: SteriL b) Anaerob: Wachstum
(Beinkultur).
2) Vom Herzblute: Anaerob: Steril.
Histologischer Befund:
1) Schnitt durch den Fliigel, nahe dem ersten Gelenke: Cutis und
subkutanes Bindegewebe von reichlichsten Mengen homogen aussehender Massen durch-
setzt, stellenweise kernlos, stellenweise wieder mit Anhaufungen von rundlichen, ein-
und mehrkernigen Zellen und sparlichen roten Blutkbrperchen. Im subkutanen Gewebe
auch grofiere und kleinere, unregelmafiig begrenzte, rundliche und langliche Hohlraume.
Im interstitiellen Bindegewebe der oberfachlichen Muskelschichten reicnlichst homogene,
rbtlich (Eosin) gefarbte Massen und dichte Zellhaufen, die teils aus kleineren ein- und
mehrkernigen, rundlichen Zellen bestehen, teils aus grofieren mit blaschenformigem,
schwach tingiertem Kern und breitem Protoplasmasaum.
Die Zellkerne zeigen vielfach Zerfall. Die Muskelfasem der Umgebung sind
streckenweise vollig kernlos und in Zerfall begriffen. In den tieferen Muskelpartieen
nimmt die Zellinfiltration mehr und mehr ab.
Bakterien finden sich sehr reichlich im subkutanen Bindegewebe, wahrend zwischen
den Muskelfasem und in den obersten Schichten solche sparlich oder gar vereinzelt
nachwcisbar sind. Die Bakterien stellen Gram-positive Bacillen einer Art dar, vielfach
zu kiirzeren Faden auswachsend.
2) Linker Brustmuskel ohne besondere Veranderungen.
3) Milz, Leber und Niere zeigen in Schnitten keine Bakterien.
T 2, am 22. Mai 1902 intramuskular (rechter grofier Brustmuskel) 1 ccm
einer 48-stundigen Zuckergelatinekultur von M 16.
17 Stunden nach der Injektion im Bereiche dee rechten grofien Brustmuskels
deutliches Knistern.
Tod nach 20 Stunden.
Sektion, 2 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis):
Der rechte Brustmuskel etwas voluminbser, la6t deutlich Knistern nachweisen.
Der blofipraparierte Muskel in seiner Farbe von dem der anderen Seite nicht ver¬
schieden. Auf dem Durchschnitte zeigt sich der oberflachliche von dem tiefen Brust¬
muskel abgehoben; die Fascie zwischen beiden gelblich-schmierig, laflt in ma6ig reich-
licher Menge eine wie nekrotisch aussehende, von Gasblasen aurchsetzte Masse ab-
streifen. Die auBeren unteren Partieen des grofien Brustmuskels in einem ca. haselnufi-
grofien Bezirke dunkelschwarzrot gefarbt und von kleinen, bis etwa stecknadelkopf-
grofien Gasblasen durchsetzt. Leber braunrot. Nieren gelbbraun. Milz nicht ver-
grofiert. Lungen blafi.
D eckglas praparate: Reichlich Gram-positive Bacillen, sehr reichlich an-
f eschwollene, fast mnahche Gebilde oder Keulenformen, seltener schmalere und leichtere
'ormen. Sparlich Gram-negative und Uebergangsformen. In Jodpraparaten sehr
reichlich gleichmafiige oder fleckige Braunfarbung und auffallend reichlich sehr dunkle,
schwarzlicne, schmutzig aussehende Einlagerungen. Sparlich endogene Sporen.
Kulturen: 1) Vom Muskel: Aerob: Steril.
2) Vom Muskel und Herzblut: Anaerob: Wachstum (Reinkultur).
Histologischer Befund:
1) Brustmuskel aus dem Bereiche der In j ektions stelle (No. 22,
Tafel III). Die Muskelfasem und -biindel auseinandergedrangt. Im interstitiellen
Bindegewebe mehr oder weniger reichlich feingekornt oder nomogen aussehende Massen,
grbfiere und kleinere Blutungen, verschieden gestaltete, meist leere Hohlraume, Bak-
berienmassen und Zellenhaufen, die aus ein- und mehrkernigen Rundzellen und roten
Blutkorperchen bestehen. Am intensivsten sind alle diese Veranderungen im lockeren
Bindegewebe zwischen dem tiefen und oberflachlichen Brustmuskel. Die Muskelfasem
selbst zeigen verschieden starke Veranderungen, die schwersten in der Umgebung der
f ofieren Bakterien- und Zellhaufen: Quellung, Auffasemng und Zerfall, zum Teil auch
einschwund.
Bakterien finden sich in enormen Mengen als Gram-positive, meist kurzere Ba¬
cillen, die haufig angeschwollen sind.
2) Hamorrhagische Randpartie des Brustmuskels: Ausgedehnte
schwere Veranderungen der Muskelfasem wie oben. Zwischen den Muskelfasem ausge-
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Oh on u. Sachs, Beitr&ge zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 611
breitete, meist streifenfbrmige Blutungen, feinkbrnig auseehende Massen. sowie dichte
Ziige von Bakterien. Eeine entzundliche Infiltration, maflig viele, langlich gestaltete
Honlraume. Dort, wo grdBere Blutungen sichtbar sind, zeigen die Muskelfasern in den
Hamalaun-Eosinpraparaten eine auffaflend starke, dunkelbraune Farbung, in den Me-
thvlenblaupraparaten eine starkere grQnliche F&rbung. Die roten Blutkorperchen er-
acneinen oft wie ausgelaugt.
Die Bakterienformen sind dieselben wie bei 1).
T 1, am 22. Mai 1902 intramuskular (rechter groBer Brustmuskel) 2 ccm
einer 48-stiindigen Zuckergelatineknltur von M 16.
Tod der Taube nach 18 Stunden.
Sektion, 7 Stunden post mortem (in der Zwischenzeit am Eis):
Im rechten Brustmuskel Knistern deutlich zu fasten. Der oberflachliche Muskel
yon dem tiefen stellenweise abgehoben, die Fascie zwischen beiden von einem schmierigen
Belage bedeckt. Die Muskulatur selbst starker durchfeuchtet und nach auBen vom
Sticnkanale im grofieren Umkreise mehr oder weniger diffus dunkelschwarzrot gefarbt
und von kleineren Gasblasen durchsetzt. Leber braunrot, die iibrigen Organe ohne
Veranderungen.
Dec kglasp raparate (No. 13, Tafell): Sehr reichiich Bakterien, Gram-positiv,
als mittelstarke, iurzere Stabchen und sehr reichiich in geschwollenen Formen, fast
durchweg mit Sporen. GrdBere gequollene, starker und auch blaB gefarbte Formen
ohne Sporen. Sparlich Gram-negative Formen. — Durch Jod gleichmaBige hellgelbe
Farbung, nur selten eine fleckige oder mehr gleichmaBige Braunflrbung.
Kulturen: 1) Aerob vom Muskel: Steril.
2) Anaerob vom Muskel und Herzblut: Reichliches Wachstum mit Gas-
bildung (Rcinkultur).
In den Deckglaspraparaten der anaeroben Kulturen vom Muskel lassen sich Sporen
nicht nachweisen.
Tierrersnche mit Eultarflltraten.
Fur dieVersuche wurden 1-proz. Zuckerbouillonkulturen verwendet,
die verschieden lange Zeit bei 37° C gehalten und hernach durch Pu-
kalfilter filtriert wurden. Alle Filtrate wurden vor der Verwendung
auf Keimfreiheit gepruft.
Als Versuchstiere wurden weiBe MBuse und Meerschweinchen be-
nutzt. Die Injektion der Filtrate erfolgte subkutan und intraperitoneal.
Die Menge des injizierten Filtrates betrug ftir MSuse bis zu 3 ccm, ftir
Meerschweinchen bis zu 5 ccm.
Die beiden Versuchsserien, welche wir mit solchen Filtraten aus-
fiihrten, hatten nicht dasselbe Resultat. In der ersten Versuchsreihe
benutzten wir Filtrate aus 3, 6, 11 und 149 Tage alten Kulturen (s£mt-
liche 4 Kulturen von derselben Generation des Bacillus geimpft) ohne
Resultat. In der zweiten Versuchsreihe verwendeten wir 5 und 8 Tage
alte Kulturfiltrate, die beide positive Resultate erg:aben.
Die damit intraperitoneal geimpften Meerschweinchen (2 und 5 ccm)
gingen ein, das eine schon 5'/* Stunden nach der Einverleibung des
Filtrates. Der Sektionsbefund war ein gleichlautender: seros-hSmorrha-
gische Peritonitis, Transsudat in den Pleurahbhlen und trflbe Schwellung
der parenchymatosen Organe, vor allem der Leber. Die Anwesenheit
von Fibrinflocken und Leukocyten neben reichlichen Endothelien in der
triiben, rotlich gefarbten Peritonealflussigkeit spricht fur die entziindliche
Natur der peritonealen Veranderungen.
Das subkutan geimpfte Meerschweinchen zeigte nur vorubergehende
Krankheitserscheinungen, von denen es sich rasch wieder erholte.
Von den intraperitoneal geimpften weiBen Miiusen blieben die am
Leben, die weniger als 1 ccm des Filtrates erhalten hatten, die anderen
verendeten, davon eine schon 3*/* Stunden nach der Einverleibung des
Giftes. Auch bei den Mausen fanden sich Veranderungen in der Bauch-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
h6hle, die als entzflndliche gedeutet werden mQssen, Transsudat in den
PleurahShlen und trflbe Schwellung vor allem der Leber.
Die subkutan geimpfte Maus blieb am Leben.
Jedenfalls zeigte die zweite Versuchsreihe, daB unser Bacillus im
stande sei, in Zuckerbouillon Giftstoffe zu produzieren, welcbe in groBeren
Mengen bei MSusen und Meerschweinchen oft in recht intensiver Weise
zur Geltung kommen.
Die in alien unseren positiven Versuchen mit den Filtraten ausge-
fuhrte bakteriologische Kontrolluntersuchung (Deckglaspraparat, anaerobe
und aerobe Kultur) ergab in alien Fallen die Reinheit der Versuche.
I. Versuchsserie.
1) Filtrat aus einer 3 Tage alten Kultur:
a) 6 weifie Mause, subkutan und intraperitoneal 0,5—2 ccm.
Ohne Keaktion.
b) 4 Meerschweinchen (190—450 g Korpergewicht), subkutan und intraperitoneal
2—5 ccm.
Ohne Reaktion.
2) Filtrat aus einer 6 Tage alten Kultur:
6 weifie Mause, subkutan und intraperitoneal 0,5—2 ccm.
Ohne Reaktion.
3) Filtrat aus einer 11 Tage alten Kultur:
4 weifie Mause, subkutan und intraperitoneal 1—2 ccm.
Ohne Reaktion.
4) Filtrat aus einer 149 Tage alten Kultur:
a) 1 Meerschweinchen von 140 g Korpergewicht, 5 ccm intraperitoneal.
b) 3 weifie Mause, intraperitoneal 0,5—3 ccm.
Ohne Reaktion.
II. Versuchsserie.
1) Filtrat aus einer 5 Tage alten Kultur:
a) 2 weifie Mause (No. 1 und 2), intraperitoneal 1 und 3 ccm.
b) 1 Meerschweinchen von 130 g Korpergewicht, 5 ccm intraperitoneal.
Schon nach l*/ 4 Stunden zeigte das Meerschweinchen schwere Krankheitserschei-
nungen: beschleunigte Atmung, Mattigkeit, Zuckungen in den vorderen Extremitaten,
Schmerz bei Beruhrung und Koilaps.
Auch die Mause waren nach dieser Zeit bereits krank. Die Schwere der Erschei-
nungen war dabei vdilig proportional der einverleibten Giftmenge: Maus No. 1 zeigte
geringe, Maus No. 2 schwerere Symptome. Letztere atmete auffallend langsam, lag
platt am Bauche und ftihlte sich ganz kalt an.
3 1 /, Stunden nach der Einverleibung des Filtrates verendetc Maus No. 2, 57, Stunden
danach aas Meerschweinchen und zwiscnen 10—12 Stunden hernach Maus No. 1.
Der Sektionsbefund der gefallenen Tiere, die gleich nach ihrem Tode auf Eis ge-
legt wurden, war folgender:
Meerschweinchen: Das Unterhautbindegewebe des Abdomens etwas feuchter.
In der Bauchhohle ziemlich reichlich leicht gerotete, etwas trube Fliissigkeit. Perito¬
neum parietale hellrot, feucht, von vereinzelten kleinsten, hellroten Blutungen durch-
setzt; solche Blutungen auch im grofien Netze. Serosa des Darmes rosafarben. Milz
klein, blafi braunrot. Leber wie gekocht. Nieren braunrot. Nebennieren hellgelb.
Lungen blutarm.
Bakteriologischer Befund: Deckglaspraparat von der Flussigkeit der
Bauchhohle zeigte mafiig viclc Endothelien, aber keine Bakterien.
Kulturen: 1) Peritonealfliissigkeit:
a) An aero b: Steril.
b) Aerob: Steril.
2) Herzblut: Anaerob: Steril.
Maus No. 1: Keine bemerkenswerten Veranderungcn bis auf starkere paren-
chymatose Degeneration der Leber.
Bakteriologischer Befund: Abstreifpraparat vom Peritoneum: Ziemlich
viele polynukleare Leukocyten, aber keine Bakterien.
Kulturen: 1) Peritoneum:
a) Anaerob: Steril.
b) Aerob: Steril.
2) Herzblut: Anaerob: Steril.
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Oh on u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 023
Maufl No. 2: In der Bauchhohle geringe Mengen nicht ganz kiarer Fliissigkeit.
Peritoneum parietale und viscerale gerotet und feucht, mit vereinzelten kleinsten
Blutungen. Klare Fliissigkeit in beiden Pleurahohlen.
Bakteriologischer Befund: In Deckglaspraparaten von der Peritoneal-
fliiseigkeit keine Bakterien, sparlich Zellen.
Kulturen: 1) Peritoneal fliissigkeit:
a) Aerob: Steril.
b) Anaerob: Steril.
2) Herzblut: Anaerob: Steril.
2) Filtrat aus einer 8 Tage alten Kultur:
a) 3 weifie Mause (No. 3—5), mtraperitoneal 0,25—1 ccm.
b) 1 weifie Maus (No. 6), subkutan 2 ccm.
c) 2 Meerschweincnen, 345 und 115 g schwer, intraperitoneal 5 bezw. 2 ccm.
d) 1 Meerschweinchen von 137 g Korpergewicht, subkutan 5 ccm.
Schon bald nach der Sektion zeigten die Meerschweinclien Krankheitssymptome,
die sich in den niichsten Stunden nocn steigerten. Die Tiere hatten Kollapserschei-
nungen. Die beiden intraperitoneal geimpften Tiere verendeten im Laufe des nachsten
Tages, das kleinere 19 Stunden, das grofiere 24 Stunden nach der Einverleibung dee
Filtrates.
Audi die Mause erschienen schon bald nach der Injektion krank, erholten sich
aber wieder.
Der Sektionsbefund der beiden Meerschweinchen war ein gleicher: In
der Bauchhohle mafiig viel rotliche, leicht triibe Flussigkeit. Peritoneum parietale und
viscerale stark gerotet, im grofien Netze kleinste hellrote Blutungen. Auf der Leber-
oberfliiche und auf dem Omentum zarte Fibrinflocken. Milz klein, blafi braunrot.
Leber wie gekocht, morsch. Nebennieren rotlich-gelb. Nieren gelbbraun. In den
Pleurahdhlen reichlich klare Flussigkeit. Lungen blutarm.
Bakteriologischer Befund (grofieres Meerschweinchen): Deckglaspraparat
von der Peritonealflussigkeit zeigte keine Bakterien, mafiig viele Zellen.
Kulturen: 1) Peritoneale Flussigkeit:
a) Aerob: Steril.
b) Anaerob: Steril.
2) Herzblut: Anaerob: Steril.
Der bakteriologische Befund vom kleineren Meerschweinchen entsprach vollstandig
dem des grofieren: alle angelegten Kulturen blieben steril.
Die 3 Mause erholten sich wieder vollstandig.
Beim subkutan geimpften Meerschweinchen zeigte sich die Haut im Bereiche der
Injektionsstelle in ziemlicner Ausdehnung in einen trockenen, schwarzlichen Schorf
umgewandelt, welcher sich gegen das umgebende Gewebe scharf abgrenzte.
Entstehong von Schaamorganen.
Ein grofieres Kaninchen erhielt am 12. April 1903 5 ccm einer verdiinnten
Traubenzuckergelatinekultur (48 Stunden alt) intravenos (Randvene des linken Ohree).
15 Sekunden nach der Injektion wurde das Tier durch Nackenschlag getotet und so-
gleich danach in den Brutofen (37° C) gelegt.
Nachdem das getotete Tier 20 Stunden im Brutofen gelegen hatte, zeigte es
folgende Yeranderungen:
Der Korper des Tieres ballonartig aufgetrieben. Das subkutane Gewebe des ganzen
Korpers, vor allem in den Inguinal- una Achselbeugen, sowie am Thorax und Halse
reichlichst von kleinsten Gasbmschen durchsetzt. In den abhangigen Korperpartieen
neben den Gasblasen im Unterhautbinde- und Fettgewebe noch rotliche Flussigkeit
An solchen Kdrperstellen die Muskulatur diffus blaulichrot, aus derselben 6chaumige
Flussigkeit ausprefibar. Einzelne Muskeln des Halses kirschfarben. Das Abdomen
cnorm aufgetrieben. Bei Einstich entweicht aus demselben on ter zischendem Gerausch
Gas, welches mit blaulicher Flam me brennt. Das retroperitoneale Bindegewebe durch
grOfiere und kleinere Gasblasen abgehoben. Der Dickdarm prall gefiillt, der Dunndarm
geblaht, in demselben stellenweise schaumiger Inhalt. DerMagen geplatzt. Die Leber
klein, zunderartig, reichlichst von kleineren und grofieren Gasblasen durchsetzt. Die
Milz zum Teile verdaut, die Nieren von zahlreichen kleineren Gasblasen durchsetzt,
matsch. Die Lungen ziemlich blutreich, ohne Gasblasen. Im Herzbeutel rotliche
Fliissigkeit. Das Herz wie imbibiert, unter dem Epikard zahlreiche kleinste Gasblaschen.
Im Herzen schwarzlichrotes, mit Gasblasen untermengtes Blut, zum Teil geronnen.
Der Herzmuskel zunderartig, von zahlreichen kleinsten Glasblaschen durchsetzt.
Die dem Tiere entnommene Leber riecht deutlich nach Buttersaure.
Deckglaspraparate: a) Subkutane Flussigkeit: Mafiig reichliche Gram-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
positive Bacillen, ziemlich gleichmafiig dick, etwas schmaler als Authraxbacillen, fast
aurchweg mit pol- oder mittelstandigen Sporen; b) Leber: Ziemlich reichlich diesel ben
Gram-positiven, sporentragenden Bacillenformen wie bei a).
Kulturen: a) Leber: 1) aerob: steril; 2) anaerob: Wachstum mit Gas¬
bildung (Reinkultur).
b) subkutane Fliissigkeit: 1) aerob: steril: 2) anaerob: Wachstum mit
Gasbildung wie bei a) (Reinkultur).
Die Deckglaspraparate von den anaeroben Kulturen aus der Leber und der sub-
kutanen Fliissigkeit zeigten dieselben Bacillenformen.
Die von der anaeroben Kultur aus der subkutanen Fliissigkeit angelegte Platte
(Zuckeragar unter Wasserstoffatmosphare) ergab eine Reinkultur von Kolonieen, die
vollstandig mit jenen iibereinstim mten, welche in der direkt mit dem Leber-
safte dea Tieres bestrichenen Zuckeragarplatte (Wasserstoffatmosphare) gleichfalls in
Reinkultur angegangen waren. Und di ese Kolon ieen entsprachen vollst&ndig
jenen Kolon ieen formen, die wir bei dem von uns im vorhergehenden
genauer beschriebenen Bacillus zu sehen Gelegenheit hatten.
Die Deckglaspraparate von diesen beiden Flatten zeigten gleichfalls identische
Rilder: Gram-positive Bacillen, pleomorph, vollig iibereinstimmend mit jenen Formen,
die wir bei unserem Bacillus sehen konnten.
Die mit Kolonieen von den Zuckeragarplatten beschickten Gelatinekulturen liefien
nach 48 Stunden das unserem Bacillus entsprechende Wachstum erkennen.
Mit der einen der Gelatinekulturen wurden nach 48 Stunden 2 Meerschweinchen
subkutan geimpft. Die Tiere, 200 und 350 g schwer, hatten 2 bezw. 3 ccm der auf-
f eechuttelten Kultur subkutan injiziert erhalten und verendeten innerhalb 14 Stunden.
)ie Sektion ergab bei beiden Tieren denselben Refund: Haut am Abdomen blaulichrot.
Diese Veranderung scharf gegen die Flanken zu abgegrenzt. Unterhautbinde- und
Fettgewebe reichlich von kirscnfarbener Fliissigkeit durchtrankt, die zahlreiche kleinera
Gasblaschen enthalt Am reichlichsten diese Fliissigkeit in den Achsel- und Inguinal-
beugen. Muskulatur feucht und fast kirschfarben. Peritoneum ebenfalls kirschfarben
und feucht. Nieren blafibraungelb, Nebennieren gelblich. Leber wie gekocht, morsch.
Milz klein, blafi. Lungen ziemlich blutarm. Herz prall gefiillt.
Deckglaspraparate: a) subkutane Fliissigkeit: Ziemlich reichlich vor-
wiegend Gram-positive kurzere und liingere Bacillen.
In Jodpraparaten meist hellgelbe Staochen, sparlicher angeschwollene, dunkelbraune
Formen.
b) Peritoneum: Sehr reichlich Gram-positive langereBacillen und lange Faden,
spfirlicher Uebergangsformen und Gram-negative.
Kulturen: a) subkutane Fliissigkeit: 1) Aerob: steril; 2) Anaerob:
Wachstum mit Gasbildung (Reinkultur).
b) Herzblut: 1) Aerob: steril; 2 ) Anaerob: steril.
Die angegangenen Zuckeragarkulturen entsprachen vollstandig denen unseres
Bacillus, desgleichen die von der 2. Zuckergelatinekultur angefertigte Zuckeragarstich-
und Milchkultur (E rlenmey er-Kolben). Die im Brutofen verflussigte Zuckergelatine¬
kultur war in der Kalte nicht erstarrt.
Wir glauben somit berechtigt zu sein, den aus der Leber und dem
subkutanen Gewebe des Kaninchens in Reinkultur geziichteten anaeroben
Bacillus mit dem von uns demselben Tiere vor dessen Totung intra-
venfls injizierten identifizieren zu dtirfen. Damit haben wir den Beweis
erbracht, daB das aus unserem Gasbrandfalle gewonnene
bewegliche Anaerobion imstande sei, im Tierkorper
(Kaninchen) sogenannte Schaumorgane zu erzeugen.
Wie aus dem Vorstehenden ersichtlich ist, war uns Gelegenheit ge-
geben, den von uns beobachteten Fall von Infektion mit einem an¬
aeroben Bakterium eingehendst zu untersuchen. Wir bemiihten uns t
diese Untersuchung so griindlich als moglich auszufiihren, weil wir der
Ansicht sind, daB unsere Kenntnisse tiber die Infektionen mit Anaero-
bien nur durch genaueste Beobachtungen gefordert werden konnen.
Gerade fflr diese Infektionen hat sich, wie aus den zahlreichen, in
letzter Zeit verbffentlichten Mitteilungen geschlossen werden darf, all-
seitig ein regeres Interesse kundgegeben und es ist auBer Zweifel, daB
es auf diesem Gebiete wissenschaftlicher Forschung noch einige viel
umstrittene Fragen gibt.
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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Kenntnis der anaeroben Bakterien dee Menschen. gX5
Das Interesse an diesen Infektionen betrifft aber nicht bloB die
Bakteriologie, sondern yor allem auch die pathologische Anatomie und
Histologie derselben, nachdem uns durch die Untersuchungen einer
Reihe von Autoren bekannt geworden ist, wie sehr die dabei nachweis-
baren Gewebsver&nderungen in vielen Punkten von denen bei den be-
kannten anderen Infektionen Abweichungen zeigen.
Das richtige Verst£ndnis fflr die grob-anatomischen und fiir die
feineren histologischen Organver^nderungen dieser Infektionskrankheiten
setzt aber notwendig eine grfindliche Kenntnis vieler biologischer Eigen-
schaften ihrer Erreger voraus.
In unserem Falle haben wir nun gerade auch beztiglich der patho-
logischen Anatomie dieser Infektionen einige bemerkenswerte Tatsachen
kennen gelernt, die uns Veranlassung geben, zu einigen der schweben-
den Fragen Stellung zu nehmen.
Wie schon aus der Erorterung des pathologisch-anatomischen Be-
fundes ersichtlich ist, handelt es sich in unserem Falle um Ver&nderungen,
die in anatomischer Hinsicht mit jenen vollstandig tibereinstimmen, welche
man bei der als Grangrfene foudroyante, Gasgangr&n, Gas-
brand etc. bezeichneten Infektionserkrankung vorfindet. Wir begniigen
uns hier, auf diese Tatsache hinzuweisen, ohne in eine n&here Ausein-
andersetzung und Begriindung dieser Auffassung fur unseren Fall ein-
zugehen. Nur soviel sei hervorgehoben, dafi im Gegensatze zu diesen
zweifelsohne vital entstandenen Ver&nderungen bei der Sektion auch
noch solche gefunden wurden, die sicher postmortal entstanden waren,
sich aber nicht ohne weiteres von den ersteren unterscheiden liefien. Es
ist auBer Frage, daB diese erst post mortem zur Entwickelung gelangten
Veranderungen, auf die wir ja auch schon hingewiesen haben, mit den
vital entstandenen nicht gut in eine Linie gestellt werden konnen und
daB deshalb fiir diese eine andere Bezeichnung notwendig erscheine.
Auch die histologischen Veranderungen unseres Falles wollen wir
an dieser Stelle nicht eingehender besprechen, sondern einstweilen nur
hervorheben, daB im Gegensatze zu anderen Fallen von „Gasbrand“ sich
in unserem Falle neben Gasbildung, Nekrose, Muskelzerfall und odema-
toser Durchtr&nkung noch entziindliche Ver&nderungen —
allerdings in geringem AusmaBe — erkennen lieBen. Inwieweit diese
abh&ngig sind von der Eigenart des in unserem Falle gefundenen Er-
regers, wird eingehend erortert werden miissen.
DaB der in unserem Falle in Reinkultur nachgewiesene Erreger mit
jenen Bacillenformen nichts zu tun hat, welche in den letzten Jahren
als die h&ufigste Ursache der als „Gasbrand“ bezeichneten Infektion
beschrieben wurden, ist zweifellos: denn diese einheitliche, gut charakte-
risierte, anaerobe Bakterienart, welche verschiedene Namen fiihrt
stellt ein unbewegliches, plumpes Stabchen dar, welches fur ge-
wohnlich nicht versport, bildet auf anaeroben Platten typische
Oberfl&chenkolonieen (Tafel I, No. 10), bringt Milch in charak-
teristischer Weise unter sturmischer Gasbildung zur Gerinnung,
ist ftlr Kaninchen nicht pathogen, wfthrend es bei Meerschweinchen
gewohnlich einen rasch zum Tode fiihrenden KrankheitsprozeB erzeugt,
welcher dem beim Menschen beobachteten gleicht. Demgegenflber ist der
in unserem Falle beobachtete Bacillus ein b e w e gl iches Stabchen, welches
schon unter gew5hnlichen Bedingungen Sporen bildet und
sich durch seine oben beschriebenen Wachstumseigentilmlichkeiten in
der Milch und in den Oberfiachenkolonieen auf der Agarplatte,
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616
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
durch seine Pathogenit&t fiir Kaninchen und durch seine patho-
gene Wirkung fur den Meerschweinchenorganismus sofort und mit
voller Sicherheit von der ersterw&hnten unbeweglichen Art unter-
scheiden laBt.
Um so mehr Schwierigkeiten bereitet aber die LOsung der Frage,
ob unser Bacillus mit einer der anderen anabroben Bakterienarten,
welche bei ahnlichen Prozessen gefunden wurden, identisch sei Oder
nicht. Auch die genaue Untersuchung der morphologischen, kulturellen
und tierpathogenen Eigenscbaften unseres Bacillus vermindert diese
Schwierigkeiten nicht. Der Grund dafiir ist in erster Linie wohl darin
gelegen, dad die Beschreibungen derjenigen Bakterienarten, die dabei
in Betracht kommen, meist aus einer Zeit stammen, in der sich die
ersten Anf&nge der bakteriologischen Technik ausbildeten, daher unvoll-
stSndige sind. Aber auch die aus spaterer Zeit stammenden Angaben
sind vielfach nicht von der wiinschenswerten Genauigkeit und Voll-
standigkeit.
Obwohl wir aus diesem Grunde den in unserem Falle gefundenen
Bacillus nicht ohne weiteres mit einer der schon beschriebenen
Arten identifizieren konnen, halten wir es nicht fQr wahrscheinlich, daB
wir es mit einer vollig neuen Art zu tun haben. In vielen Punkten
stimmt unser Bacillus mit jenem Bacillentypus ttberein, welcher in der
Literatur als Bacillus des malignen Oedems bekannt ist. Die
sich jedoch vielfach widersprechenden Angaben tiber diesen Bacillen¬
typus, der Mangel einer einwandfreien Charakterisierung derselben und
der Umstand, daB zweifellos verschiedene Bakterienarten von den Autoren
mit diesem Namen bezeichnet wurden, lassen es als notwendig erscheinen,
n&her auf die vorhandenen Literaturangaben einzugehen. Das soil in
dem zweiten Teile dieser Mitteilung geschehen; in demselben
wollen wir auch auf die oben fluchtig berUhrten pathologisch-anatomi-
schen und histologischen Besonderheiten unseres Falles zurQckkommen.
Anmerkung. Der von uns isolierte Bacillus wurde dem bakterio¬
logischen Laboratorium des Herrn Doc. F. Kr£l in Prag, I. Kleiner
Ring, fibergeben.
Erkl&rung der ▲bbildungen.
Tafel I.
No. 1. Flache Kolonie mit leicht gebuchtetem Rande. Traubenzuckeragarplatte,
4 Tage alt.
N o. 2. Runde Kolonie, leicbt erhaben mit steil abfallendem Rande. Agarplatte,
3 Tage alt.
N o. 3. Kolonie mit opakerera, scharf abgesetztem, zentralem und flachem, zart
gebuchtetem, peripherem An teile (dieselbe Platte wie No. 1).
N o. 4. Kosettenahnliche Kolonie. Traubenzuckeragarplatte, 4 Tage alt.
N o. 5. „Zer8chli8sene u Kolonieform, gleichmafiig flach. Traubenzuckeragarplatte,
4 Tage alt (in derselben B o t k i n-Glocke mit No. 1, 2 und 4 gezuchtet).
N o. 6. „Zerschlissene u Kolonie mit opakem erhabenerem Zentrum (von derselben
Platte wie No. 5).
N o. 7. Blattformige Form mit korallenriffartigen und buschelformigen Fortsatzen.
Agarplatte mit feuchter Oberflache, 0 Tage alt.
No. 8. Grofie, blattformige Wachstumsform yon derselben Agarplatte wie No. 7,
mit korallenriffartigen Auslaufern, zum Teil in einen diffusen Ueberzug der Platte dber-
gehend.
N o. 9. Strichkultur in einer Traubenzuckeragarplatte mit flachen, teils distinkten,
teils konfluierendcn gebuchteten Kolonieen, 3 Tage ait.
Die in den No. 1—9 abgebildeten Kolonieformen gehbren samtlich dem Bacillus
des im Vorstehenden beschriebenen Gas brand falles an.
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Centralblatif Bakteriologie A bt. I. Bd. XXXIV. Ghon, A. u. Sachs, M.: Zur a etioiogie Tnf T
____ des„Gasbrandes“
Verlig yon Gustav Fischer, Jena. p. WeiM, Lith.,Jena.
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Centralb la t lf Bakteriologie A bl. I. Bd. XXXIV Ghon, A. u. Sachs, Af.: Zur a etioiogie
des „Gasbrandes.
7 ig. io.
Veriag tod Gustav Fischer, Jena.
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ode
P. Well*, Lith., Jan*
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Centralblatlf.BakteriologieAbt.I.Bd.XXXIV. <:, ‘ nn ’ A -«- S ' lcks > Af ' : lYc^a^s. Ta/ ' 1
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Ghon u. Sachs, Beitrfige zur Eenntnis der anaSroben Bakterien des Menschen. 017
No. 10.
nnd Linden
6 Tage alt.
No. 11.
Farbung
No. 12.
Farbung
No. 13.
Farbung
No. 14.
(4 Tage alt).
Farbung
Kolonie ernes Stammes des von Welch, Fraenkel, Hitschmann
thal u. a. beschriebenen Gasbranderregers. Traubenzuckeragarplatte.
Ausstrichpaparat des Muskels vom Menschen, alter erkrankte Partie.
d. O. (= des Originalpraparates) nach Gram mit Nachfarbung (Fuchsia).
Ausstrichpraparat des Muskels vom Menschen, jlinger erkrankte Partie.
d. 0. wie No. 11.
Ausstrichpraparat aus Taube No. 1 (Muskel).
d. O. wie No. 11.
Deckglaspraparat von der Kolonie einer anaeroben Plattenstrichkultur
d. 0. wie No. 11.
Sfimtliche Kolonieformen (No. 1—10) wurden nach der in unserer 1. Mitteilung
(siehe Centralbl. f. Bakt. etc. I. 0. XXXII. Bd. 1902) verSffentlichten Methode unter
Wasserstoffatmosphare bei 37° C geziichtet.
Tafel II.
No. 15. Schnitt durch einen hamorrhagisch infiltrierten Muskel des rechten
Oberschenkels vom Menschen mit einer Gasblase und mit Bacillen an der Peripherie
des letzteren und in der Blutung.
Vergrdflerung 150-fach (die Bacillen etwas vergrofiert eingezeichnet).
Farbung d. O.: Gram-Weigert.
No. 16. Deckglaspraparat von der Kolonie einer anaeroben Plattenstrichkultur,
4 Tage bei 37° C (eine der ersten aus dem Menschen geziichteten Generationen).
Farbung d. O. nach Gram mit Nachfarbung.
No. 17. Klatschpraparat der Kolonie einer anaeroben Plattenstrichkultur, 4 Tage
bei 37° C. Rand partie (altere Generation).
Farbung d. O. wie bei No. 16.
No. 18. Klatschpraparat derselben Kolonie wie von No. 17. Zentrale Partie.
No. 19. Schnitt durch einen Muskel des Menschen mit kleinzelliger Infiltration,
hochgradigem Zerfall der Muskelfasem und mit reichlichen Bacillen.
vergrofierung 175-fach (Bacillen etwas vergrofiert eingezeichnet).
Farbung d. 0.: Gram-Weigert.
Tafel III.
No. 20. Schnitt durch das subkutane Binde- und Fettgewebe um die linke in¬
guinale Lymphdriise eines Meerschweinchens (No. XII, subkutan an der linken Bauch -
seite geimpft, Tod nach 36 Stunden) mit h&norrhagischer (a) und entziindlicher (b)
Infiltration.
Vergrofierung 120-fach.
Farbung d. O. mit Hamalaun-Eosin.
No. 21. Schnitt durch die Aufienseite des linken Ohres eines Kaninchens (No. Ill,
intravenos geimpft, Tod nach 63 Stunden).
a) Knorpel;
b) odematos durchtranktes Bindegewebe mit zahlreichen Bacillen;
c) erweiterte Lungengefafie mit zahlreichen Bacillen, komigen Massen und abge-
stofienen Endothelien;
d) Blutgefafie.
Vergrofierung 145-fach (die Bacillen etwas vergrofiert eingezeichnet).
Farbung d. O.: Gram-Weigert.
No. 22. Schnitt durch den tiefen Brustmuskel einer Taube (No. II, intramuskular
geimpft, Tod nach 20 Stunden).
a) Muskelfasem;
b) entziindliche Infiltration mit Bacillenmassen im Bindegewebe zwischen tiefcm
und oberflachlichem Brustmuskel.
Vergrofierung 200-fach.
Farbung d. O.: Gram-Weigert.
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618
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originaie. Bd. XXXIV. No. 7.
Nachdruck verboten.
Upon the intraoellular constituents of the
typhoid bacillus.
[From the Jenner Institute of Preventive Medicine, London.]
By Dr. Ulan Macfadyen and Sydney Rowland.
With 2 Figures.
The following paper contains an account of the results that have been
obtained as regards the typhoid bacillus since the publication of our first
communication in the Centralblatt fdr Bakteriologie. Abt I. Vol. XXX. 1901.
No. 20.
The investigations undertaken had, as was then stated, a special
object in view, viz: the study of certain of the intracellular factors in
health and disease by obtaining directly the cell constituents and elimi¬
nating as far as possible excreted substances and those formed by the
cell in a given environment. The ordinary laboratory methods could not
be employed for this purpose, and it was necessary in the first instance
to devise the means of carrying out the research. The progress of the
inquiry has therefore necessarily been slow, as many technical difficulties
had to be overcome. The investigation has now been successfully ad¬
vanced in various directions. The intracellular juices of healthy and morbid
tissues, of leucocytes and of a number of micro-organisms have been ob¬
tained and submitted to examination by the writers and their colleagues.
The results, in so far as published, are referred to at the end of the
paper. The experiments carried out with the typhoid organism and the
results obtained were of the following nature.
I. Experiments with reference to an extracellular
typhoid toxin.
The existence of a specific toxin produced by the typhoid bacillus
has hitherto not been demonstrated although it has been assumed by
analogy with other organisms, and by reasoning from the clinical course
of the disease. Such a poison must be either extracellular or intracellular.
The endeavours however, to demonstrate the production of an extra¬
cellular toxin by the typhoid bacillus have not hitherto led to any definite
results. That a toxin of this character does not exist in filtered cultures
of the organism is the common experience of bacteriologists. The typhoid
organism when grown in the ordinary culture media does not produce any
soluble products with marked poisonous properties. The absence from
such cultures of definite toxins might be due to the unsuitability of the
soil used for growing the typhoid bacillus.
We considered it of importance to retest the question, since the
detection of such a toxin would constitute a great advance in the under¬
standing and the treatment of the disease.
The first step in the search for the body in question consisted in
substituting for the usual broth and peptone media, culture fluids ap¬
proaching more nearly in constitution the natural body soils which clini¬
cally support the life of the bacillus. A number of experiments extending
over a year were made in this direction. We endeavoured to cultivate
the typhoid bacillus in fresh juices obtained from various organs of the
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Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 619
animal body, and representing the intracellular juices of the tissues. The
spleen, lymphatic glands and intestinal mucous membrane were triturated
and the juices expressed at a low temperature in order to prevent
changes in the material during the grinding process. Such media would
approximate more closely in constitution to the substances the typhoid
organism might be expected to meet in the course of its stay in the body
of a host in which it is producing toxic symptoms, and particularly if
heat were avoided in their preparation. The fresh organs or tissues from
the ox or the calf, as received from the slaughterhouse, were finely minced
in a mincing machine and the resulting pulp disintegrated according to
the methods employed by us in the preparation of Zymase, viz: with the
aid of sand, the mass being kept cool during the process by an outer
jacket of brine or carbonic acid (1).
The fresh juices thus obtained were passed through a Berkefeld
filter to ensure sterility, and in each instance the intracellular juice was
brought to the requisite degree of alkalinity by the addition of sodic
carbonate. These juices were employed as a culture soil for the typhoid
bacillus under the following conditions:
1) The organ juice per se.
2) The organ juice with an admixture of fresh human serum.
3) The organ juice after heating to 55° C for twenty minutes, and
with or without the subsequent addition of fresh human serum.
The above conditions were applied to organ juices obtained from the
fresh spleen of the ox, the lymphatic glands (mesenteric) of the calf and
the intestinal epithelium of the ox and a few other animals. The media
were inoculated with the typhoid bacillus alone and in a series of ex¬
periments, with the typhoid bacillus in conjunction with the bacillus coli
communis. In every instance a parallel series of cultures was made under
aerobic and anaerobic conditions. We were able to cultivate the typhoid
bacillus under the above conditions and to determine in how far its toxicity
was thereby affected. After an incubation at blood heat for four weeks
the cultures were examined as to the presence of growth and freedom
from contamination. The cultures were then passed through a Berkefeld
filter to remove the organisms, and the filtrates injected into animals in
small and large doses (e. g. 5 cub. c. and more). The experimental ani¬
mals were guinea pigs, rabbits and monkeys. With the possible exception
of one spleen juice, none of the fluids thus obtained exhibited any acute
toxic power, either when used as culture soils for the typhoid organism
or in conjunction with the colon bacillus. In the case of the rabbit and
the monkey the fluids were practically innocuous. As regards the guinea
pig no immediate toxic effect was observed. In a certain number of
cases, however, the guinea pigs eventually died at the end of a period
which averaged about six weeks. If one excludes the possibility of sub¬
stances toxic to the guinea pig being naturally present in the organ juices
(of which we possess a certain amount of experimental evidence), the
result might be interpreted as being due to some slowly acting soluble
toxin or toxins derived from the typhoid bacillus. We have not however
as yet been able to observe any distinct effects on post mortem ex¬
amination, and are at present unable to ascribe any definite significance
to the result. It will be sufficient in the meanwhile to record the fact,
and to omit the table of results as they are not essential to the present
paper. Such toxins, if they exist, are quite different in properties to the
intracellular toxin we are about to describe. The experiments were suf-
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620
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
ficient to lead us to the conclusion that in no case was an extracellular
toxin developed comparable in any way to those obtained from pure cul¬
tures of undoubtely extracellular toxin-producing organisms, e. g. the
diphtheria bacillus, etc. It did not appear that this line of investigation
would be likely to lead to any practical results. The very large number
of experiments made with the most natural soils obtainable had not been
successful in demonstrating the presence in cultures of the typhoid bacillus
of any definite toxin of likely value for immunising purposes.
II. Experiments with reference to an intracellular
typhoid toxin.
The experiments having failed to establish the presence of any definite
extracellular toxin, it became necessary to search within the typhoid or¬
ganism itself for the missing toxin. The research was thus directed not
to the products of the typhoid bacillus, but to the organism itself and
its intracellular constituents. For this purpose the endeavour was made
to obtain the fresh unmodified cell plasma of the organism and the method
originally employed was as follows: The virulent typhoid bacilli were
grown on the surface of nutrient agar in flat rectangular bottles, each
giving a surface of 200 sq. cm; one hundred such culture bottles were
required in order to yield a growth sufficient for trituration by the method
that was in the first instance adopted. After cultivation for about 36 hours
at blood heat, the bottles on being washed out with salt solution, yielded
about one litre of a thick emulsion of the bacilli. The bacilli were sepa¬
rated from the emulsion by means of a high speed centrifuge, and were
at the same time thoroughly washed free of possible excretory products by
repeated additions of physiological salt solution. The washed and separated
bacilli were then mixed with fine silver sand and triturated in a cold-
jacketed metal cylinder by means of small vanes revolving at a high
velocity. The intercollision of sand particles and bacilli resulted in the
rupture of the bacterial cells, and the process usually occupied from three
to four hours. The resultant mass was filtered through Kieselguhr with
the aid of a hydraulic press. The filtrate represented a rich watery
solution or suspension of the intracellular constituents of the typhoid
bacillus in so far as these were capable of passage through the Kiesel¬
guhr. There remained at the end of the pressing a hard cake of Kiesel¬
guhr, which was found to contain a considerable amount of retained al¬
buminous and other organic substances. Repeated extractions of this cake,
made with glycerine and with a solution of carbonate of soda, demonstrated
that the Kieselguhr cake contained physiologically active constituents of
the typhoid organism. There had undoubtedly been held back intracellular
elements of possible importance to the experiments we desired to carry
out. The entire operation lasted about six hours and the average yield
of juice from the first pressing was about 8 ccm. An account has already
been given of the experiments made with such juices upon guinea pigs
and rabbits with a view to testing their toxicity and immunising properties
against the bacillus typhosus. It was found that the fluid, injected in
doses of 1, 0.5 and 0.2 ccm completely protected the experimental animals
against one to ten lethal doses of virulent typhoid bacilli, and the pro¬
tection following one such injection lasted about four weeks. The results
were identical whether a first, second or third pressing of the juice through
the Kieselguhr was employed. The juices preserved their immunising pro¬
perties as regards the typhoid bacillus for a considerable period of time,
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Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 621
as at the end of four months they were still found to be active in this
respect. The cellplasma on subcutaneous inoculation was very quickly
absorbed without evidence of local irritation. The quick absorption of
the cell juices by the tissues and the absence of local irritation we regard
as a point of considerable practical importance. If the full immunising
effect as regards the typhoid bacillus per s e is to be attained by the in¬
jection of the plasma obtained from its cell substance, such a method of
procedure would undoubtedly present considerable advantages over the
other methods that have hitherto been employed with the same end in
view, e. g. the use of heated cultures and the intact bodies of the bacilli
as vaccines etc. The ideal method of procedure would be to obtain an
immunising substance directly from the bacterial cells, of nonirritating
properties, capable of rapid and complete absorption by the tissues, and
freed from all the superfluous material present in the ordinary culture
media.
In this respect the methods we were employing appeared to furnish
the hope of obtaining an active and at the same time a purer material
than had hitherto been found possible. The appearance of the aggluti¬
nation reaction in the blood of the treated animals afforded evidence that
we were dealing with intracellular juices which possessed active physio¬
logical properties. This reaction appeared very quickly and persisted for
a considerable period of time, and was still present when the specific
protective substances had disappeared from or ceased to be active in the
blood. In the case of the rabbit an agglutination of the typhoid bacillus
occurred nine months subsequent to the injection of the typhoid cell juice
subcutaneously. On intravenous injection we have succeeded in obtaining
the agglutination reaction within seventeen hours, and at times in two
hours, after inoculation with a dilution of 1 in 100 of rabbits blood. One
injection of the cell juice was sufficient to develop antibacterial properties
in the blood of the treated animals. At the end of a month the serum
was actively bacteriolytic. A complete destruction of the typhoid bacilli
by the serum in doses of >/ 10 , 1 / 2? and 1 / B0 ccm, occured within two
hours. The agglutinative and bacteriolytic action was obtained with the
blood serum of treated rabbits and monkeys.
The experiments at this stage had demonstrated that the typhoid cell
plasma, obtained by the above methods, possessed active physiological pro¬
perties, and that on injection they afforded a certain protection against
virulent typhoid organisms in virtue of specific bacteriolytic properties
developed in the blood of the treated animals. At the same time the
yield of active cell plasma by the above mentioned triturating process did
not prove to be of a quantitative character. A considerable amount of
the cell constituents was retained in the Kieselguhr sponge. The method
appeared in this respect to be capable of improvement and particularly
with reference to the minute cells that we were dealing with. A method
which would eliminate the sand and Kieselguhr, as employed by other
observers (Buchner, Hahn etc.) and by ourselves, and would at the
same time produce a rapid trituration of the organisms was, we found
by experience, essential. The method, if it could be successfully devised,
would yield the entire intracellular constituents of the micro-organisms in
question for the purpose of experiment. We had likewise noted the tole¬
rance exhibited by the treated animals, and particularly by the guinea pig,
to the injection of large quantities of the expressed cell plasma of the
typhoid bacillus. Whilst the immunising properties of the cell juices, as
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
regards the typhoid organism, had been demonstrated, acute and definite
toxic effects had proved remarkable by their absence.
These various observations led us to endeavour to improve the methods
employed, and to relinquish the procedure on lines analogous to those of
Buchner, Hahn and other investigators in the study of expressed cell
juices. The results, on the injection of such expressed cell juices into
animals, were purely of an antibacterial character, an active toxin in the
cell plasma and consequently antitoxic properties in the blood of the
treated animals had not been demonstrated. This constituted a serious
gap in the experiments, if we assume that an intoxication of the system
in the case of enteric fever is a grave and perhaps the cardinal factor
to be considered in the treatment of the disease.
The filtering action of the Kieselguhr used in the filter pressing ap¬
peared to be the most likely reason for lack of success in this direction.
The disintegration of the organisms was therefore attempted without the
admixture of any foreign material which would render a subsequent
filtration through Kieselguhr necessary.
III. Experiments with cold grinding methods.
The mechanical method of disintegration that appeared to be most
likely to lead to successful results in the case of bacteria was their tri¬
turation whilst in a frozen and brittle condition. It had already been
demonstrated (2) that an exposure to the temperature of liquid air (about
—190° C) did not injure or destroy the vitality of bacteria, and that micro¬
organisms might be kept for as long a period as six months at this low
temperature without any deleterious effect.
This important point being determined, it appeared probable that the
brittleness of the cells at this low temperature would favour their mechanical
disintegration without any admixture of sand or other foreign substance.
The most convenient agent for the production of the necessary cold was
liquid air. Liquid air possessed two practical advantages: — it could be
more conveniently handled than other substances that might possibly have
given the necessary conditions of cold at higher temperatures than —
190° G and it furnished a fluid freezing bath in which the material to
be ground could be directly immersed. These properties have proved of
great practical value in the course of the experiments. A further ad¬
vantage was that at such a temperature the ordinary chemical processes
would cease, changes due to heat would be eliminated, and the process if
successful would furnish a quantitative yield of unaltered cell plasma.
The experiments were successful and the feasibility of disintegrating
micro-organisms per se, without any admixture of triturating substances
was demonstrated. The complete disintegration of the typhoid bacillus
was accomplished at the temperature of liquid air in a period of about
two hours without the addition of sand or other foreign substance.
The method has likewise been successfully applied to a number of
bacteria, to other types of vegetable cells, and to animal organs and
tissues, and their intracellular juices obtained for experimental purposes.
The method entirely obviates the use of any accessory grinding or
filtering substances and fulfils the conditions we desired to obtain for the
study of intracellular constituents.
These conditions were as follows:
1) That no chemical or heat changes should take place during the
process of disintegration,
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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
623
2) That the disintegration should be accomplished without the ad¬
dition of any triturating substance, the necessary subsequent removal of
which might vitiate the composition of the resulting mass.
3) That the process should furnish a quantitative yield of the un¬
modified cell plasma.
In this communication we will confine ourselves to the results obtained
with the typhoid bacillus. (Schlufi folgt.)
Nachdruck verboten.
Beitrage zur Biolode des Milzbrandbacillus und sein
Nachweis im nadaver der grossen Haustiere.
Von J. Bongert,
stadtiflchem Tierarzt und Lei ter des b&kteriologischen Laboratoriums auf dem stadtischen
Sohlachthofe zu Berlin.
Mit B Tafeln.
(Fortsetzung.)
Den Aufldsungsprozefi der Milzbrandbacillen durch Plasmolyse kann
man auch in Milzbrandkulturen, in welchen die Sporenbildung auf
irgend eine Weise unterdruckt wird, beobachten. Namentlich tritt die
Plasmoptyse deutlich hervor. Man sieht neben intakten Milzbrandbacillen
leere Hfillen, welche teilweise noch einen feinkSrnigen Inhalt besitzen,
und, letzteren vielfach reihenweise angelagert, kleine, sich stark f&rbende,
kokken- oder bacillen&hnliche Plasmakdrnchen, die Ueberreste des aus-
getretenen Zellleibes. In milzbrandigen Organen kann man denselben
Auflbsungsprozefi sehr gut verfolgen, wenn man, wie bei dem Versuche
von Berndt, durch frfihzeitige Entnahme des Untersuchungsmaterials
aus dem Kadaver und durch mbglichst sterile Aufbewahrung die Ffiul-
nisprozesse hinausschiebt. In einem Falle konnte ich die leeren Kapseln
der Milzbrandbacillen noch am 12. Tage, in einem anderen Falle bis
zum 7. Tage mit Sicherheit mit Hilfe der Klettschen Doppelf&rbung
und mit Loeffler s Methylenblauldsung nachweisen (No. 10 und 14 der
Tabelle). Wie rasch aber andererseits die Aufldsung der Milzbrand¬
bacillen in faulendem Blute vor sich gehen kann, mbge man daraus
entnehmen, dafi in mehreren Versuchen etwa 1 Stunde nach dem Ver-
mischen von Milzbrandbacillen (frische Milzpulpa) mit faulendem Blute
weder durch Ausstrich noch durch Plattenkultur Milzbrandbacillen
nachzuweisen waren. Nach meinen Beobachtungen fiben namentlich
jene plumpen, anaeroben St&bchen mit endst&ndiger Spore, welche eine
gewisse Aehnlichkeit mit Rauschbrandbacillen besitzen und sehr bald
nach dem Tode von dem Darme in die Blutbahn eindringen, durch ihre
Stoffwechselprodukte eine starke bakteriolytische Wirkung auf die Milz¬
brandbacillen aus, so dafi nach kurzer Zeit auch nicht eine Spur mehr
von letzteren zu sehen ist. Dieselbe rasche auflbsende Wirkung flbt
bekanntlich, wie Emmerich und Lbw (26), Charrin (27), Emme¬
rich und Saida (28) u. a. nachgewiesen haben, auch der Bacillus
pyocyaneus durch seine Stoffwechselprodukte auf den Milzbrand¬
bacillus aus. Die Wirkung beruht nach Emmerich (1. c.) auf einem
fermentartigen Stoffe, welcher Pyocyanase genannt wird. Dafi die Ge-
staltsverSnderungen der Milzbrandbacillen und schliefilich ihr Zerfall
Digitized by LjOOQle
624
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
durch die Stoffwechselprodukte der Ffiulniserreger hervorgerufen werden,
wird nicht weiter auffallen kbnnen mit Rflcksicht auf die aufierst geringe
Tenacit&t der Milzbrandbacillen chemischen und thermischen Reizen
gegenflber. Der Vollst&ndigkeit halber sei erwahnt, daB scbon 0,1-proz.
KarboMureldsung, ja bereits Aqua dest. und gewdhuliches Leitungs-
wasser Plasmolyse hervorruft und die Milzbrandbacillen zur AuflQsung
bringt.
Unter dem Einflusse der F&ulniserreger verwischen sich also, wie
wir gesehen haben, die als charakteristisch angesehenen Merkmale der
Milzbrandbacillen, so dall dieselben schlieBlich von morphologisch 5hn-
lichen Stabchen mit Sicherheit nicht unterschieden werden kdnnen: Der
Nachweis der Kapsel mifilingt; wegen des Zerfalles und der Abnahme
der Zahl der Milzbrandstabchen tritt die Gliederung nicht mehr deutlich
hervor. Die Stabchen liegen vereinzelt; sie erscheinen Ringer und zeigen,
weil sie vereinzelt liegen, keine quer abgestutzten, sondern abgerundete
Enden. Unter diesen Verh<nissen mufi die Milzbranddiagnose, ledig-
lich auf Grund der mikroskopischen Untersuchung von Ausstrichprapa-
raten gestellt, nach beiden Seiten hin, im positiven und negativen Sinne,
unter alien Umstanden als unzuverlissig erachtet werden. Die Unzu-
verlfissigkeit der mikroskopischen Untersuchung bei dem oben skizzierten
Befunde erkennt auch Johne an (1. c. p. 428). Nur ist er der Mei-
nung, daB der Zeitpunkt, wann es nicht mehr gelingt, in Ausstrich-
pr¶ten Milzbrandbacillen, erkennbar an der Kapsel, mit Sicherheit
nachzuweisen, viel spater einzutreten pflegt, als gewbhnlich die amt-
lichen Milzbrandfeststellungen stattzufinden pfiegen. Das trifft jedoch
nicht immer zu. Wann der Zeitpunkt eintritt, zu welchem man nicht
mehr im stande ist, unter zahlreichen Faulnisstfibchen, welche auch ge-
gliedert, zuweilen quer abgestutzt sind und auch eine Kapsel besitzen
kdnnen (s. Phot. 5 und 19), vereinzelte in Auflosung begriffene und
daher nicht mehr charakteristische Milzbrandstabchen herauszuerkennen,
IfiBt sich allgemeingflltig nicht angeben. So leicht in der Regel inner-
halb der ersten 24 Stun den nach dem Tode mit Hilfe eines gef&rbten
AusstrichprBparates die Milzbranddiagnose zu stellen ist, so schwierig
und unsicher kann sich in vielen Fallen diese Art der Diagnose bei ein-
getretener Faulnis, in welcher der Regel nach der mit der amtlichen
Feststellung betraute Sachverstandige den Kadaver antrifft, gestalten.
Die Zeit, wie lange nach dem Tode die Milzbranddiagnose auf Grund
von DeckglasprBparaten moglich ist, hangt von verschiedenen aufieren
Umstanden ab, welche die Faulnisprozesse beeinflussen. In dieser Be-
ziehung kommen in Betracht die Zeit, wie lange ein Milzbrandkadaver
unerdffnet bis zur Vornahme der Sektion gelegen hat, die Aufientempe-
ratur, die GrdBe des Kadavers und die Bakterienarten, welche sich an-
siedeln oder bereits vom Darme aus nach dem Tode des Tieres in die
Blutbahn und die Hinterleibsorgane vorgedrungen sind. Im unerbffneten
Kadaver verlaufen die Faulnisprozesse viel lebhafter und schneller wie
im geOffneten, wozu noch besonders die starke bakteriolytische Wirkung
gewisser anaerober Faulnisstabchen auf die Milzbrandbacillen tritt, wie
wir weiter unten sehen werden. Die GroBe des Kadavers ist insofern
von EinfluB auf die mehr Oder weniger langere Moglichkeit des Nach-
weises der Milzbrandbacillen, als ein groBer Kadaver bedeutend lang-
samer erkaltet und infolgedessen rascher der Faulnis anheimfallt, wie ein
kleiner Kadaver. Endlich kommt noch in Betracht die Auibewahrungsart
des zur mikroskopischen Untersuchung entnommenen Materials.
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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
625
Im Sommer bei hoher Aufientemperatur konnte ich die von 011
(1. c.) gemachte Beobachtung bestatigen, daB bereits 48 Stunden nach
dem Tode infolge schnell eingetretener Faulnis Milzbrandbacillen durch
Ausstrichpraparate mit Sicherheit nicht mehr nachzuweisen waren. Ich
verweise in dieser Beziehung auf No. 9 und 12 der Versuchstabelle.
Andererseits fanden sick in einer Milzbrandmilz, welche im letzten
Winter in einem ungeheizten Raume bei —5° bis + 2° C, offenstehend
in einer Glasschale, aufbewahrt wurde, noch am 12. Tage die an den
in groBerer Zahl noch vorhandenen leeren Kapseln erkennbaren Ueber-
reste der Milzbrandstabchen (No. 10 der Tabelle). Erst von diesem
Tage an, als mit dem Umschlage der Witterung eine schnellere Faulnis
sich einstellte und die bisher in sehr geringer Zahl vorhandenen Bak-
terien sich stark vermehrten, war ein sicheres Unterscheiden von den
nunmehr in groBerer Menge auftretenden milzbrandahnlichen Faulnis-
stabchen nicht mehr moglich, und die letzte Spur von Kapselandeutungen
verschwand sehr bald. Diese auBerst lange Konservierung der Milz¬
brandbacillen war jedoch auf sehr gflnstige aufiere Verhaltnisse zuriick-
zufiihren, wie sie in praxi nur selten vorliegen. Als solche sind zu
nennen die kurze Zeit nach dem Tode vorgenommene Sektion, wodurch
die anaeroben Kadaverbacillen ausgeschaltet wurden, die sofortige Her-
ausnahme der Milz aus dem noch nicht erstarrten Kadaver und die Auf-
bewahrung eines Stiickes derselben in einer Glasschale bei kalter,
trockener Witterung. Hierdurch war es ermogiicht, daB das nur wenig
verunreinigte Milzsttick innerhalb eines Tages oberflachlich eintrocknete,
so daB dem Eindringen von Faulniskeimen von auflen her die Moglich-
keit genommen war. Bei No. 14 der Versuche konnten Milzbrandbacillen
in Ausstrichpraparaten noch am 7. Tage mit Sicherheit nachgewiesen
werden. Auch in diesem Falle fand die Sektion und die Entnahme des
Untersuchungsmaterials bald nach dem Tode statt. In den anderen
Fallen, wo die Kadaver 1—2 Tage nach dem Tode des Tieres bei hoher
Aufientemperatur gelegen hatten, ehe sie seziert wurden, war schon am
3. Tage nach dem Tode mit Sicherheit die Milzbranddiagnose durch die
mikroskopische Untersuchung allein nicht mehr zu stellen.
Mit diesem Ergebnisse des Nachweises der Milzbrandbacillen in
Kadavern von grofien Haustieren stehen die von Mehrdorf (16b) an
Milzbrandmausen gemachten Versuche, deren Resultate ich bestatigen
konnte, nicht oder nur scheinbar in Widerspruch. In uneroffneten Ka¬
davern von an Milzbrand gestorbenen Mausen lassen sich in Organaus-
strichen noch am 6. Tage, in Ausstrichen von Blut aus Unterhautvenen
noch nach 8 Tagen in der Regel gut differenzierte Milzbrandbacillen
nachweisen. Beriicksichtigt man aber, daB die kleinen Mausekadaver
sehr bald erkalten und eintrocknen und infolgedessen Faulnisprozesse
und der durch diese verursachte Zerfall der Milzbrandstabchen weniger
lebhaft von statten gehen konnen, so wird der Ausfall der letztgenannten
Versuche nicht weiter iiberrascken. Es kann daher das Ergebnis des
Nachweises der Milzbrandbacillen in kleinen Tierkadavern auf die ahn-
lichen Verhaltnisse bei den grofien Haustieren nicht ohne weiteres oder
ohne wesentliche Einschrankungen iibertragen werden.
Die verschiedenen Aufbewahrungsmethoden des Milzbrandmaterials
hatten auf die Konservierung der Milzbrandbacillen nur eine untergeord-
nete Bedeutung. Entscheidend war immer das Vorhandensein der se-
kundaren Faulniskeime.
Zu dieser geschilderten Schwierigkeit des rein morphologischen
Erete Abt. Orig. Bd. XXXIV. 40
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Nachweises des Milzbrandb&cillus in dem faulenden Tierkdrper tritt aber
noch ein anderer Um stand, welcher bisher merkwttrdigerweise nur wenig
Beachtung gefunden hat. Man ist gewohnt, in den Milz- und Blutaus-
strichen der an Milzbrand gestorbenen Tiere die Milzbrandbaciilen in
groBerer Anzahl vorzufinden. Man glaubt ziemlich allgemein, daB das
Auffinden von Milzbrandst&bchen in gef&rbten Deckglaspr¶ten von
frischem Milzbrandmaterial keine groBen Schwierigkeiten verursacht.
Das trifft aber keineswegs immer zn. Wie Frank und Lubarsch(29)
experimentell nachgewiesen haben, tritt erst kurz vor dem Tode, in der
Agonie, der Milzbrandbacillus in grdBerer Anzahl in den grOBeren Blut-
gef&fien auf. Demzufolge ist die Mbglichkeit vorhanden, daB bei apo-
plektiform verlaufendem Milzbrande die rapide agonale Vermehrung der
Milzbrandbaciilen im Kapillarsystem der Organe und in den grdBeren
Blutgef&Ben fortfallt und somit nur sehr wenige Stabchen im Blute und
der Milz vorhanden sind, welche bei der Durchmusterung von Deckglas¬
pr¶ten ttbersehen werden kdnnen. Dieses fluBerst sp&rliche Vor-
handensein von Milzbrandst&bchen habe ich in mehreren Fallen beob-
achten kflnnen. In einem Falle handelte es sich um eine auf dem
Berliner Schlacbthofe an Milzbrand verendete Kuh (No. 12 der Tabelle).
Die Sektion und bakteriologische Untersuchung fand ca. 16 Stunden
nach dem Tode statt. Milztumor war wenig ausgepr>, Darmentzfln-
dung nicht vorhanden. Die rechte Lunge stark bluthaltig, fast voll-
st&ndig schwarzrot gef&rbt. GlottisSdem und eine geringgradige sulzige
ErgieBung in der Umgebung des Kehlkopfes lieBen allein an Milzbrand
denken. In den Milzausstrichen konnte ich erst im 3. Pr¶te ganz
vereinzelte Milzbrandbaciilen mit deutlicher Kapsel nachweisen, dagegen
fanden sich in ziemlicher Anzahl plumpe St&bchen mit end- und mittel-
st&ndigen Sporen (Oedembacillen). Auch in den Ausstrichen von dem
Ohrvenenblute fand ich erst nach eingehendem Durchmustern der Pr&-
parate wenige Milzbrandstabchen. In einem anderen Falle war von dem
Kreistierarzte L. Material zur Untersuchung auf Milzbrand eingesandt
worden. Laut Mitteilung waren plotzlich 3 Kflhe gestorben. Die
Sektion ergab Darmentzflndung mit wenig ausgepr>em Milztumor, da-
neben geringgradige septik&mische Erscheinungen, die ebenfalls nicht
auf Milzbrand schliefien lieBen. Da L. in den angefertigten Milzaus-
stricben Milzbrandbaciilen nicht nachweisen konnte, nahm er als Todes-
ursache eine mykotische Darmentzflndung, bedingt durch Futtersch&d-
lichkeiten, an. Ich konnte bei der Nachprflfung den mikroskopischen
Befund von L. best&tigen. Auch mir gelang es nicht, in mehreren von
dem flbersandten Materiale angefertigten Ausstrichpr¶ten Milzbrand¬
baciilen Oder irgendwelche andere Bakterien nachzuweisen. Dahingegen
gelang der Nachweis der Milzbrandbaciilen in diesem wie in dem ersten
Falle leicht durch Plattenkultur.
Wie Tschernogoreff (30), v. R&tz (31) und Garth (32) nach¬
gewiesen haben, ist dieses sp&rliche Vorhandensein von Milzbrandbaciilen
im Blute und in der Milz die Regel beim Milzbrande des Schweines.
In den Halslymphdrflsen linden sich die letzteren in reichlicher Menge,
wie v. R & t z feststellte. Demgem&B fielen die Impfversuche an M&usen
mit Lymphdrfisensaft positiv, mit Milzpulpa negativ aus. v. Ratz
glaubt auch annehmen zu mflssen, daB die Schweine infolge der diesen
eigentflmlichen Milzbrandform, der Anthraxbr&une, frtther an Erstickung
sterben, ehe die Bacillen ins Blut bezw. in die Milz gelangen.
Auch von anderen an Milzbrand gestorbenen Tieren liegen in der
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627
Literatur einige kurze Mitteilungen vor, wonach der mikroskopische
Nachweis der Milzbrandbacillen wegen des spfirlichen Vorhandenseins
derselben im Blute nicht gelang. Moril (33) fand bei 2 pldtzlich an-
scheinend an Milzbrand verendeten Rindern keine Bacillen im Blote.
Ein mit diesem Blute geimpftes Kaninchen starb nach 20 Stunden und
liefi nunmehr in seinem Blute die charakteristischen Milzbrandbacillen
massenhaft erkennen. Fiorentini (34) konnte bei einem an Milzbrand
eingegangenen Pferde in der Milz und dem Blute nur sehr spfirliche
Milzbrandbacillen nachweisen, dahingegen in den Mesenterialdriisen in
grdfierer Menge. Er schliefit hieraus irrtflmlich, dafi in diesem Falle
Sporen bezw. Milzbrandbacillen vom Darme aus durch Sclerostomum-
Verletzungen bis in die Mesenterialdriisen eingedrungen wfiren und sich
dort vermehrt hfitten. Wir wissen jedoch aus den Versuchen von
R. Koch (1. c. p. 169), dafi zum Zustandekommen einer Milzbrand-
infektion vom Darme aus solche Verletzungen nicht erforderlich sind,
dafi die Milzbrandbacillen durch die intakte Darmschleimhaut hindurch-
wachsen, und dafi andererseits die den charakteristischen Milzbrandver-
finderungen (Milzbrandlokalisationen) benachbarten Lymphdrttsen stets
geschwollen, gerdtet und mit Milzbrandbacillen gefiillt sind.
Sodann berichtet Siebenrogg (35) von einem in der Agonie ge-
schlachteten Rinde, welches typischen Milzbrand darbot und zu einer
Milzbrandinfektion beim Menschen Veranlassung gab. In den Milz- und
Blutausstrichen konnten jedoch Milzbrandbacillen nicht nachgewiesen
werden.
Paul (36) beschreibt einen Milzbrandfall beim Rinde mit negativem
Bacillenbefunde. In Blut- und Milzausstrichen konnten durch die mikro¬
skopische Untersuchung Milzbrandbacillen nicht nachgewiesen werden,
wahrend der Nachweis durch Anlegen von Kulturen gelang.
Endlich hat R. Koch bereits in seiner klassischen Arbeit Uber die
Aetiologie des Milzbrandes aus dem Jahre 1881 erwfihnt, dafi er in
einigen Fallen von Darmmilzbrand des Rindes „im Blute nur nach langem
Suchen einige Stabchen aufzufinden vermochte u , und dafi die Milz nicht
vergrdfiert war.
Aufier dieser durch pldtzliches Verenden bedingten Bacillenarmut
kann sich eine solche auch nachtrfiglich unter der bakteriolytischen
Wirkung bestimmter Bakterien, welche nach dem Tode vom Darme aus
in die Blutbahn einwandern, in ganz kurzer Zeit ausbilden. Es sind
dieses, wie bereits erwfihnt, nach meinen Beobachtungen plumpe, anaerobe
Stabchen mit endstfindigen Sporen. Diese bakteriolytische Aufldsung
der Milzbrandbacillen im Kadaver konnte experimentell an zwei zu
Demonstrationszwecken mit Milzbrand infizierten Schafen nachgewiesen
werden. In den kurze Zeit nach dem Tode der Tiere angefertigten
Ausstrichprfiparaten von Halsvenenblut fanden sich in grdfierer Zahl
typische Milzbrandbacillen mit deutlicher Kapsel. Als nun am nachsten
Tage die Kadaver seziert wurden, nachdem sie ca. 24 Stunden in einem
geheizten Raume bei 18° C uneroffnet gelegen hatten, fanden sich in
den in grdfierer Anzahl aus der Milz und dem Halsvenenblut angefertigten
Ausstrichprfiparaten nur fiufierst wenige Milzbrandbacillen. In dem einen
Falle wurden von 42 Prfiparaten nur in zweien ganz vereinzelte Bacillen
nachgewiesen. In den meisten Prfiparaten fanden sich trotz genauer
Durchsicht keine Milzbrandbacillen, dahingegen in grofier Zahl in sfimt-
lichen Prfiparaten fast ausschliefilich plumpe Ffiulnisstfibchen mit end¬
stfindigen Sporen. In den angelegten Plattenkulturen gingen in geringerer
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628
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 7.
Zahl typische Milzbrandkolonieen in Reinkultur auf, wahrend die massen-
haft nachgewiesenen Kadaverbacillen unter den aeroben Verhaltnissen
nicht zur Entwickelung gelangten. Also auch hier gelang der Nachweis
der Milzbrandbacillen leicht durch Plattenkultur, wahrend die mikro-
skopische Untersuchung wegen der Bacillenarmut im Stiche lieB.
Der Nachweis der Milzbrandbacillen durch Ausstrichpraparate kann
nach den obigen Ausfiihrungen in doppelter Beziehung zu Fehlresultaten
ffihren:
1) dadurch, daB der Nachweis durch die Formver&nderungen, welche
der Milzbrandbacillus unter dem Einflusse von Faulniserregern erleidet,
unzuveriassig wird;
2) daB die Milzbrandbacillen im Blute nicht immer in der reichlichen
Zahl vorhanden sind, so daB sie in Ausstrichpraparaten ohne weiteres
leicht nachgewiesen werden konnten.
2. Der Nachweis der Milzbrandbacillen durch Impfung.
Bisher hat man in der Milzbranddiagnose der Impfung von kleinen
Versuchstieren vor der mikroskopischen Untersuchung eine groBere Beweis-
kraft zugemessen. Man ist noch jetzt der Ansicht, daB die fur Milzbrand
hoch empf&nglichen kleinen Versuchstiere noch dann auf Milzbrand
reagieren, wenn in Ausstrichpraparaten der Nachweis von Milzbrand¬
bacillen mit Sicherheit nicht mehr zu erbringen ist. Von dieser Meinung
ausgehend, wird z. B. auch in dem in Konigsberg in OstpreuBen zur Nach-
kontrolle der Milzbranddiagnosen eingerichteten Laboratorium (16b) in
den Fallen, in denen die mikroskopische Untersuchung Zweifel in Betreff
der Diagnose bestehen laBt, die Impfung von M&usen vorgenommen,
welcher eine entscheidende Bedeutung beigelegt wird. Diese Ansicht
kann ich auf Grund meiner Versuchsresultate als richtig nicht ansehen.
Im Gegenteil, die Impfung leistet unter Umstanden, worauf noch be-
sonders eingegangen wird, weniger wie die mikroskopische Untersuchung
von Ausstrichpraparaten. Durch vergleichende Untersuchungen habe ich
feststellen konnen, daB die Verimpfung des Milzbrandmaterials an Mause
am friihesten im Stiche laBt In 3 Fallen versagte die Impfung bereits
am 2. Tage nach dem Tode des Tieres, obwohl durch Ausstrichpraparate
und Plattenkultur die Diagnose am 3. bezw. 6. Tage nach dem Tode
noch mit positiver Sicherheit zu stellen war. Die geimpften Mause
starben innerhalb 24—48 Stunden, aber es waren weder in der Milz
noch an der Impfstelle Milzbrandbacillen nachzuweisen. In 2 Versuchs-
reihen fanden sich in Milz- und Blutausstrichen kleine, bipolar sich
ferbende, schweineseucheahnliche Stabchen und in einer Coli-artige
St&bchen und plumpe Langstabchen, die stellenweise lange verschlungene
Faden bildeten (Oedembacillen). Auch die von R. Koch (1. c. p. 55)
und Kitt (1. c. p. 276) zur Vermeidung der durch anaerobe Faulnis-
bakterien bedingten Mischinfektionen (malignes Oedem) empfohlene kutane
Impfung der Mause an der Ohrspitze hatte auf den Ausfall der Impfung
keinen EinfluB. Einige Mause iiberlebten die Impfung, diejenigen aber,
welche nach mehreren Tagen starben, lieBen in Milz- und Blutausstrichen
Milzbrandbacillen nicht erkennen, sondern jene bipolaren Stabchen.
Auch die kutane Impfung von Meerschweinchen in Gestalt des Verreibens
des Untersuchungsmaterials auf der rasierten Bauchhaut, eine Impf-
methode, welche fur den Nachweis von Pestbacillen in Faulnisgemischen
sich von groBer diagnostischer Bedeutung erwiesen hat, habe ich zum
Nachweise von Milzbrandbacillen in faulendem Kadaver vergleichsweise
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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
629
angewandt. Solange die Milzbrandbacillen in grbfierer Zahl vorhanden
waren, starben die Impftiere innerhalb 2—3 Tagen prompt an Milzbrand.
Die Infektion von der rasierten Haut aus gelang jedoch nicht mehr,
wenn die Zahl der Milzbrandkeime, welche sich durch das Plattenverfahren
noch sehr leicht nachweisen lieBen, bedeutend abgenommen hatte. Immer-
hin verdient diese Art der Impfung zur Feststellung des Milzbrandes
beriicksichtigt zu werden 1 ).
Da die Verimpfung des Milzbrandmaterials in 3 Versuchsreihen
schon bald nach dem Tode der Tiere ein negatives Resultat ergab,
wurde von derselben bei den ttbrigen Versuchsproben Abstand genommen.
Nur spater wurde noch einmal vergleichsweise, um zu sehen, ob sich
die Verimpfung von sporenhaltigem, faulem Milzbrandmaterial anders
gestaltet, mit drei Proben faulenden Milzbrandmaterials, in welchem
nach der Buchnerschen Methode (1. c.) durch Hinzufiigen von Aqua
dest., Aqua font, und 2-proz. NaCl-Losung eine reichliche Sporenbildung
herbeigefQhrt worden war, Impfungen an Mausen vorgenommen. In
den Ausstrichpraparaten von diesem Milzbrandmaterial konnten in einem
Bakteriengemisch von Stfibchen und Kokken vereinzelte freie Sporen,
aber keine Spur von Milzbrandbacillen nachgewiesen werden. DaB
erstere Milzbrandsporen waren, wurde durch Plattenkultur nach vor-
heriger Erhitzung des Aussaatmaterials 1 Stunde lang auf 70® bewiesen.
Diese Probeimpfung mit sporenhaltigem Milzbrandmaterial fiel ebenfalls
bezflglich des Nachweises von Milzbrand vollkommen negativ aus. Von
6 geimpften Mausen (3 kutan an der Ohrspitze, 3 subkutan am Schwanze)
starben 4 Mause innerhalb 1—3 Tagen an Septikamie infolge kleiner
Coli-artiger und feiner, nach Gram farbbarer Stabchen (Mausesepti-
kamiebacillen), zwei kutan geimpfte Mause blieben am Leben. In den
Plattenkulturen aus Herzblut und dem Exsudat an der Impfstelle gingen
Milzbrandkolonieen nicht auf, sondern nur jene beiden Stabchenarten
in Form von groBen blaulichweiBen und kleinsten durchscheinenden
Kolonieen.
So lange das Milzbrandmaterial rein ist und fast nur Milzbrand¬
bacillen enthalt, haftet die Impfung und die Impftiere sterben prompt.
Sobald aber das Milzbrandmaterial nicht mehr frisch ist und sich
Faulniserreger in demselben angesiedelt haben, stellt der Tierkorper
nicht mehr das feine Reagens auf Milzbrand dar, fttr welches er gehalten
wird, selbst wenn die Milzbrandbacillen Sporen gebildet haben sollten.
Die geringe Widerstandskraft der Milzbrandbacillen iiuBeren Einflfissen
gegenuber, welche auch in der Konkurrenz mit den Saprophyten hervor-
tritt, beeintrSchtigt die Fahigkeit zur ungestorten Entwickelung im Tier-
kbrper der normal empfSnglichen Warinbliiter, ja hebt sie vollkommen
auf. Entweder sterben die Impftiere an Septikamie, wobei im Blute
und in der Milz die verschiedensten Bakterien, aber keine Milzbrand-
stabchen, durch Ausstrich und Kultur nachweisbar sind, und auch die
Untersuchung der Impfstelle ein negatives Resultat ergibt, Oder die
Milzbrandinfektion kann infolge der natiirlichen Resistenz der Impftiere
1) Fischoeder hat in seinen Untersuchungen bei den mit faulendem Milzbrand-
material geimpften Mausen etwa 6 Stunden nach der Impfung das Exsudat der Impfstelle
mikroskopisch untersucht und eine Vermehrung und ein Auswachsen der Milzlbrand-
bacillen zu langen Faden konstatieren konnen. Durch diese Friihuntersuchung der
Impfstelle der noch lebenden Irnpfmause gewinnt nach Fischoeder die diagnostische
Milzbrandimpfung eine groiilere Zuverlassigkeit. Ich habe dieses nachgepriift, aber nicht
immer bestatigt gefunden. D. Verf.
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630 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
in Yerbindung mit einer Abnahme der Virnlenz der Milzbrandbacillen,
namentlich aber wegen der antagonistischen Wirkung verschiedenartiger
seknnd&rer Mikroorganismen nicht zur Geltung kommen, wird unterdrQckt
Oder zur Heilung gebracht. Diese beiden Mbglichkeiten des Ausganges
der diagnostischen Milzbrandimpfungen mit nicht mehr reinem Material
kdnnen und haben vielfach zu TrugschlOssen gefflhrt (Forts, folgt)
Nachdruck verbolen.
La (xmstitation du poison diphterique.
[Travail de llnstitut s4roth4rapeutique de l’fitat Danois, Copenhague.]
Par Thorvald Madsen.
Avec 4 figures.
Les travaux intenses des derniferes ann6es sur l’immunitS ont 6tabli
une multitude de faits et nous ont procure des matSriaux tres nombreux
dus en grande partie directement ou indirectement k Ehrlich. Par
ses recherches fondamentales sur le poison diphterique il a 6t6 le pro-
moteur de l’etude rationelle des relations mutuelles des toxines et anti-
toxines, et ce sont ses m£thodes excellentes pour mesurer leurs forces
qui firent voir, qu’on peut obtenir k l’aide de l’exp4rience physiologique,
cette exactitude que demonde le traitement scientifique.
Si Ton prepare une s6rie de melanges de la mfeme quantity de
toxine avec de quantities diff6rentes d’antitoxine, ces melanges injects k
des cobayes produiront des effets diff£rents. M. Ehrlich est d’opinion
que ce ph6nomfene s’explique le plus facilement par la supposition que
le poison diphterique contient une s6rie de substances de toxicite trfcs
in^gale et d’affinite differente quant k l’antitoxine.
Dans une communication ant6rieure x ), l’auteur a confirm^ les faits
exp6rimentaux constituant la base de la th6orie primordiale de M. Ehr¬
lich, mais des recherches ultSrieures 1 2 3 * ) sur la tetanolysine, trfes semblable
au poison diphterique, ont fait surgir des doutes, si cette explication,
naturelle, tout d’abord, il faut l’avouer, pouvait etre maintenue dans tous
ses details.
A beaucoup d’egards, la tetanolysine se pr£te tres bien aux recherches
th6oriques, parce qu’elle peut, de m6me que son antitoxine, fitre mesur6e
irks exactement par des experiences en 6prouvettes, ce qui permet des
variations bien plus etendues quand k [’arrangement des experiences
que pour le poison diphterique, oh la necessity de se servir d’animaux
restreint aussi le nombre d’observations.
Il fut demontr£ que la neutralisation de la tetanolysine pouvait &tre
representee par une courbe continuelle.
Par la continuation et l’extension de ces recherches, Arrhenius
et Madsen 8 ) sont parvenus k d6montrer que cette courbe correspond
parfaitement k celle, representant les rapports d’equilibre entre une sub¬
stance en dissociation partielle et ses produits de dissociation. Une
1) La constitution du poison diphterique. (Annales de l’Institut Pasteur. 1899.)
2) Ueber Tetanolysin. (Zeitschr. f. Hygiene etc. Bd. XXXII. 1899.)
3) Physical chemistry applied to toxins and antitoxins. (Festskrift ved Indvielsen
af Statens Seruminstitut.) Copenhagen 1902.
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Madsen, La constitution du poison diphtdrique.
631
partie des ph4nom4nes qu’offrent les rapports entre la tetanolysine et
i’antit4tanolysine pourra done §tre expliqu4e d’aprfes de simples lois
pbysicochimiques.
Cette mani4re de voir etait le plus soutenue par la demonstration
de rapports analogues chez un poison dipht4rique en 4tat frais *).
Ce poison fut prepare du bacille am4ricain connu, provenant de
Park et Williams & New York (No. 8). On le sema (bins 20 litres
de bouillon-peptone pr4par4 suivant Dean, et on le laissa en 4tuve
pendant 13 jours & 36° (13—28 ocL 1901). Aprfcs filtration sur papier,
la culture fut conserv4e sous toluol. Elle s’est toqjours maintenue st4rile.
La dose minime mortelle imm4diatement apr4s la sortie de l’4tuve,
4tait de 0,0015 c.c. Pour les determinations, on s’est toujours servi de
cobayes de 250 g. Plus tard, elle s’affaiblissait successivement, et au
bout d’un an, la toxicite n’4tait k peu pr4s que la moitie, la dose minime
mortelle etant alors d’environ 0,003 c.c. (Tabl. I).
Table I.
Dose minime mortelle. Cobayes 250 g.
Date
Dose
en
c.c.
R&ultat
3m
Date
Dose
en
C.C.
R&ultat
<v §
till
28/10-13/11
1901
6 / 1 - 20/1
1902
0,001
0,0015
0,002
0,0011
0,0013
0,0014
0,0015
0,0017
0,0019
0,002
0,0022
20
20
17
17
21
35
17
25
30
30
11/2-5/3
1902
22/3 1902
18/4 1902
19/6 1902
28/10-15/11
1902
0,0015
0,0016
0,0017
0,0018
0,0019
0,002
0,002
0,0025
0,0026
0,0027
0,0028
0,0029
0,003
t 5V,
t 37,
t 5
t 7
+ 37,
+ 37,
30
30
46
28
23
21
1) Dreyer et Madsen: Studies on diphtheria toxin. (Festskrift ved Indvielsen
af Statens Seruminstitut.) Copenhagen 1902.
2) 0 indique que l’animal a surv^cu & l’exp&ience sans cedfcme, § indique que Panimal
a survdcu h 1'experience avec cedfcme, f 3 indique que l’animal est mort aprfes 3 jours.
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632
Centralbl. f. fiakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Par la mensuration avec du test-s6rum que M. Ehrlich avait bien
voulu mettre k ma disposition, L f fut trouv6e 6gale k 0,2 c.c., et ce
chiffre resta constant malgr6 l’affaiblissement de la dose minime mor-
telle (Table II).
Table II.
Determination de L + Cobayes 250 g.
Date
O
O C
o X
+
Paralvsie
Date
8 §
oc
x*o
•-a
Resultat
Paralysie
■3 a
73 •§ 2 I
to ci 3
o
a g’~
Marche de
la nialadie
Temps d’in-
c ubation
jours
Marche dc
la maladic
X
1 1
i.. '
9/1—20/1
0,05
0
29
gudri
0,19
17
—
1902
—
0
22
—
—
§
16
—
0,1
0
28
—
0,2
t 17,
0
28
—
t 1'4
—
0
28
—
- 1
it 17.
0,12
0
23
—
—
t 1
0,14
§
22
—
—
t 1
0,10
§
22
mort
—
t i
0,17
$
22
0,18
t 5%
22/3 1902
—
t 4
—
§
16
—
t 2
—
§
16
—
24/6 1902
—
t 3*4
—
§
16
—
—
t 37,
—
t 5
18/11 1902
—
t 3
—
It 5V,
—
it 3
Avec ce poison fut institute une s6rie d’experiences pour determiner
ses rapports avec l’antitoxine diphterique. Quant k cette derni^re, on
s’est servi de deux preparations, partie du test-serum de Ehrlich,
partie d’un serum d’effet antitoxique pris d’un cheval non immunise,
s6rum normal.
On obtint les meilleurs enseignements par une saturation partielle
du poison avec l’antitoxine, ainsi qu’il fut d’abord indiqu6 par Ehrlich.
Les experiences furent faites de sorte qu'k la meme quantitd arbi-
•trairement choisie de poison, 0,1 c.c., on a ajoutee des quantites variables
de serum, exprimees en unites d’immunisation. La toxicite de ce melange
a ete determinee par des injections a des cobayes de 250 g. L k oil ce
melange contenait plus d’une dose minime mortelle, il fut etabli qu’elle
etait la fraction minimale contenant une telle.
La courbe de neutralisation de ce poison a ete determinee deux
fois, d’abord en f6vr.-mars 1902, alors que la dose minime mortelle
etait de 0,002 c.c., et plus tard, en novembre 1902, alors qu’elle s’etait
eievee k 0,0028-0,0029 c.c. (Table III).
Les resultats se trouvent dans le resume ci-dessous ou, dans la
premiere colonne, n indique la quantite d’antitoxine, exprimee en unites
immunisantes, ajoutee aux 0,1 c.c. de poison. Dans la rubrique suivante,
x marque, combien de c.c. de melange contiennent une dose mortelle,
tandis que T indique la toxicite du melange, c’est-k-dire, combien de
doses mortelles sont contenues dans le melange de 0,1 c.c. de toxine
+ n unite immunisante.
Dans les dernieres colonnes, on trouvera un x et T theorique, dont
le calcul sera indique plus bas.
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Tests^rum. Fevr.-mars 1902 I Tests^rum. Novembre 1902 I Strain normal
Madsen, La constitution du poison diphtdrique.
633
Paralysie
Temps
d'incu-
bation
jours
25
20
28
I s
CO ^ C/3CO05CO CO CO vf CO aooCO oQO
+- H—h- -f—i—i—i—K +- +- +-
Vi)
■Sa
s 2.
ONOQOOCOOOOiO^CtvCOWCO’f f-i(M
vrrJiCO-^vfiOCCKMCOrHr-lCg
0,1 c. c.
de poison
+ n J
n
0,075
0,15
0,225
0,3
0,375
0,45
0,6
Paralysie
Temps
d’incu-
bation
jours
s
^ _ ^ ^5. _^©<
CO iC oooN CO *wO;oOr.O O CM coov* CM ooooOoCO 00 cflcW lO CO oqqCO 0 O 0 OO cOJH e03
H—1— ’h-+- -f—1— r- 4- *1—1— -t—i- *t—1—1— +-+-+-
ll
a
OlOOOlOQiOOlO I OOOCXM^OOOOOOHCONOOOCO^H^HN
CO CO ^ CO CO ^ tF CO HO 1 TjlHOJHHHH rH rH rH
. a
« 8 >->
o-g fl
n
0,06
0,12
0,18
0.24
0,3
0,36
04
0,48
0,54
0,6
Paralysie
Temps
d’incu-
bation
jours
O CO -h O rH rH 00 GO
rH CM 03 rH CM CM CM CM
J3 «
,
^©* _ri ._c<
CM CM 'rf yjoOO &oorH ^3 r-( lO O rf H 03 o0oc<0O’— ' O^OOOOOOOO
4—| H-1 1 |—i—i-1>—}— -H-H
Vi)
•sa i
5 s " i
O O 1 t>000)0!MlO j O CM CO vf
HH I HHCg I-H rH I
0,1 c. c.
de poison
+ n J
1 1 1 1 1 §- ! 1 s-1 1 | 1 1 § 1 !§§-« 1
Paralysie
Temps
d’incu-
bation
jours
r- tv o
CM CM rH
*3 +2
TJ c3
s*
04 O rH cOCoCCOW^O O0o00 CflOCOOH QQijlC rH CM IO oOqO O CM C4/300OCM ^ oOO
Divise
par
O I lO IQ I O I CO O I O I j lOQO I lOO | lOO |»0 | IV O O
iO I iO 1 O 1 rj« 1 iC 1 llOOCO 1 CO vf | CM CO ICO 1 rH CM CM
0,1 c. c.
de poison
4- n J
n
0,05
01
0,15
02
0,25
Digitized by ^ooQle
634
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
Tests&um
B4eum6 A.
S4rum
normal
Calc.
n
levr.-mars
x T
novembre
x T
X
T
X
T
0
0,002
50
0,0029
35
0,0015
66,67
0,05
0,002
50
0,00173
573
0,06
0,0029
35
0,00179
56
0,075
0,0022
45
0,0019
53
0,1
0,0022
45
0,00207
48
0,12
0,0029
35
0,00219
45
0,15
0,0022
40
0,0025
40
0,0025
40
0,18
0,0029
35
0,00288
36
0,2
0,0033
30
0,0032
31
0,225
0,0036
28
0,0037
27
0,24
0,0056
18
0,00408
243
0,25
0,005
20
0,0044
22,9
03
0,0067
15
0,0071
14
0,0059
17
0,0066
15,3
035
0,01—0,012
10-8
0,011
9,1
0,36
0,013
8
0,0136
73
0,375
0,0143
7
0,0147
6,8
0,4
0,017
6
0,014
7
0,019
5,3
0,45
0,013
3
0,05
2
0,03
3,4
0,48
0,033
3
0,0366
23
0,54
0,1
1
0,06
1,7
0,6
0,1
1
0,1
1
0,067
1,5
Le r4sultat est inscrit dans un systbme de coordonn6es oil l’on
a marqu4 n le long de l’axe de l’abscisse, et T, la toxicity le long de
l’axe des coordonn£es (Fig. 1).
Ces courbes, correspondant sur la plus grande partie de leur par-
cours, pr4sentent une grande ressemblance anx courbes analogues de
la tgtanolysine. Elies font penser qu’aussi la combinaison dipht4rique
avec l’antitoxine a subi une dissociation partielle.
On voulut alors savoir, si l’une de ces formules valables en ce cas:
/ Toxine libre \ | Antitoxine libre l „ I Toxine-Antitoxine l 8
1 vol. 1 1 vol. / l vol. i
s’adapteraient aux r&ultats obtenus.
La mesure de la quantity de toxine
Taj& 4 rujn fik>r-mars libre 6tant la dose minime mortelle
» ^ovtmbre p 0ur jes cobayes de 250 g; et les
sirum normal melanges inject£s pouvant toujours
l | r — |' Stre regard£s comme dilu£s dans ces
- 250 g, on a omis le volume du calcul,
-ce qui, sans doute, pourra se faire sans
-faute essentielle.
- La quantity de toxine libre
est £valu4e A 0,0015 c.c., c’est-ik-dire
la dose minime mortelle du poison
_avant son affaiblissement.
_ La quantity de la toxine
_fix6e s’exprime par la difference
_entre la quantity de poison ajout£ et
_la quantity libre: x — 0,0015.
- La quantity de l’antitoxine
-fixde est la mime.
«t-—-— La quantity d’antitoxine
0,2 0,3 0,4 0,5 06 07 dans la solution pent s’exprimer
p. j par n-x-p, oil p mdique le multiple
Digitized by LjOOQle
Madsen, La constitution du poison diphtdrique.
635
de 0,1 c.c. Equivalent it une unitE immunisante. On obtient la quan-
tit 6 d’antitoxine libre en dEduisant de ce chiffre la valour ci-
dessus trouvEe de l’antitoxine fixEe.
L’Equation sera done la suivante:
0,0015 [n-x-p — (x — 0,0015)] = K (x - 0,0015)*.
Pour la dEtermination du chiffre d’Equivalent p, et de la constante
de dissociation K, nous avons autant d’Equations que d’observations
pour x. On trouve done dans la premiEre sErie d’observations avec le
testsErum, 9, et dans celle avec le sErum normal, 7. — La meilleure
Evaluation fut p = 2,7, et K = 0,015.
A 1’aide de ces va-
leurs, on a calculE les 70
chiffres pour x et T des
deux derniEres colonnes 65
du rEsumE A. ExceptE
les dEterminations de n, 60
depuis 0—0,1, oE il y a
des circonstances spE- 55
ciales, la correspondance m
entre les chiffres obtenus
par calcul, et par obser- ^
vation est parfaitement
satisfaisante, les Ecarts 40
se trouvant en dedans
de la faute d’observation. 35
Ceci ressort clairement
de la figure 2, oE la 30
courbe indique les va-
leurs thEoriques, tan-
disque les observations
obtenues du testsErum 20
sont marquEes respective-
ment par • et O, et celles 5
du sErum normal par O, in
(Fig. 2.)
Ainsi, dans ce poison 5
diphtErique e n E t a t
frais, les phEnomEnes 0
de neutralisation s’expli-
quent tout naturellement, Fi *- 2 -
en admettant la prEsence
d’une seule substance rEagissant contre l’antitoxine.
Pour la neutralisation, on s’est servi, partie du testsErum de Ehr¬
lich, partie du sErum retirE d’un cheval tout E fait normal. Ce
cheval n’a jamais servi E l’immunisation diphtErique. II est done d’un
interEt spEcial de voir que les deux courbes en dedain des fautes d’ob¬
servation suivent le memo parcours; il semble done qu’il n’y ait lieu
d’Etablir aucune diffErence entre 1’antitoxine normalement existant, et celle
obtenue artificiellement par l’immunisation.
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636
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 7.
Pendant les recherches antErieures sur les poisons diphtEriques, un
phEnomEne avait surtout attirE l’attention, et fait supposer leur con¬
stitution complexe. En prEparant un tel melange de toxine et d’anti¬
toxine, qu’aucune dose raortelle complete n’Etait libre, ce melange pro-
duisit des effets spEciaux: cedEme sans necrose, des parties tardives,
trEs rarement observEes aprEs des injections de quantitEs de poisons un
peu au-dessous de la dose minime mortelle. Dans ce cas, on rEussit
toutefois a dEmontrer que le poison seul, sans antitoxine, pouvait provo-
quer des cas tardifs analogues k ceux produits par des melanges de
toxine et d’antitoxine. Ces effets tardifs Etaient surtout des paralysies
typiques, comme j’en ai dEcrit dans une autre mEmoire, mais on observait
encore, une ou deux semaines plus tard, d’autres phEnomEnes subsequents,
voire un fort amaigrissement accompagnE d’un rel&chement musculaire
marquee sourtout par une grande difficult^ k se retourner quand l’animal
avait EtE placE sur le dos.
II ressort de la formule, qu’une molecule de toxine se combine avec
une molecule d’antitoxine pour constituer deux molEcules d’une nouvelle
combinaison, toxine-antitoxine. Si, k une quantity donnEe de toxine, on
ajoute une quantitE relativement petite d’antitoxine, cette derniEre sera
presque entiErement fixEe; le surplus de la toxine restera libre. Au
contraire, presque aucune antitoxine ne sera libre, parce que, dans ces
proportions quantitatives, la „toxine-antitoxine u n’est que trEs faiblement
dissociEe. A mesure qu’augmente la quantity d’antitoxine, une quantitE
de plus en plus grande de la toxine sera fixEe, mais, en mEme temps,
la toxine-antitoxine se dissociera de plus en plus, de sorte qu’il existera
toujours de la toxine et de l’antitoxine k cotE l’une de l’autre.
On voit facilement que les idees courantes sur la neutralisation de
la toxine par l’antitoxine ne sauraient etre maintenues. Suivant ce qui
prEcEde, la quantity d’antitoxine Equivalent k 0,1 c.c. de toxine est
1/p = 0,37 unitE immunisante, tandis qu’il ressort du tableau III qu’il
faut se servir de deux unitEs immunisantes pour faire disparaitre tout
effet toxique sur des cobayes.
Si la combinaison toxine-antitoxine ne se dissociait pas, la courbe
de neutralisation serait une ligne droite, la ligne pointillEe de la fig. 2,
comme c’est le cas pour la combinaison d’un acide fort avec une base
forte. Dans ce cas, 0,37 unitE immunisante ferait entiErement disparaitre
l’effet des 0,1 c.c. de poison. Toutefois, tel n’est pas le cas: k cause
de la dissociation, une quantitE assez considErable de toxine devient
libre, env. 7 doses mortelles. A mesure qu’on ajoute de 1’antitoxine, la
quantitE de toxine libre va diminuant, mais ce dEcroissement se fait de
j)lus en plus lent, et en thEorie, il reste toujours de la toxine libre,
quelque grande que soit la quantitE ajoutEe d’antitoxine. Ceci ressort
de la courbe de neutralisation qui est une hyperbole, se rapprochant
k son asymptote.
On voit done qu’en concevant les toxones comme de la toxine-anti¬
toxine dissociEe on aura une explication naturelle de la longue „zone de
toxone u se trouvant chez ce poison diphtErique et chez d’autres. En
considErant le tableau III, on verra que les mElanges depuis 0,6 jusqu’k
2 unitEs immunisantes montrent tous un effet toxique diminuant par
degrEs.
A ceci correspond aussi cette circonstance, que leurs effets ne
restent pas les memes vis-&-vis des diffErents animaux.
Digitized by t^.ooQle
Madsen, La constitution du poison diphtdrique.
637
Des experiences anterieures ont dSmontrS 1 ), qu’un melange de toxine
avec Tantitoxine restant sans effet sur des cobayes, produit des para¬
lyses chez les lapins, et qu’un melange ne provoquant que des cas
tardifs chez les cobayes, tue les lapins en peu de jours. — II serait
difficile de comprendre cette difference, si Ton r6garde la toxone comme
une substance, essentiellement diff£rente de la toxine, tandisque Impli¬
cation en devient ais£e, en ne supposant qu’une difference quantitative.
Du reste, il serait k present sans doute assez difficile de donner un
expose parfaitement lucide des effets des toxones sur les differents ani-
maux k cause de l’insuffisance des materiaux. Toutefois, on peut sup-
poser qu’il existe une difference entre les effets d’une petite dose de
toxine, et d’un melange de toxine avec de Tantitoxine qui en plus de
la meme quantite de toxine libre contient de la „toxine-antitoxine a , et,
encore, de Tantitoxine libre.
De plus, il est permis de croire qu’un tel m61ange offrirait des
effets differents dans differents organismes. Tandisque la dose minime
mortelle de ce poison restait presque la meme pour les cobayes de
250 g et pour les lapins de 1500 g la difference 6tait grande pour
L f, 1 unite immunisante + 0,2 c.c. de poison etant mortelle pour
les cobayes, tandisque dejk un melange de 1 unite immunisante +
0,14 c. c. de poison tuait les lapins.
En supposant qu’une quantite et absolument et relativement plus
considerable de toxine est fixee chez le lapin que chez le cobaye, l’equi-
libre entre la toxine libre, Tantitoxine libre, et la toxine-antitoxine sera
bien plus expose k £tre deplace chez un lapin que chez un cobaye.
Pour retablir l’equilibre change par la fixation de la toxine libre, la
toxine-antitoxine devra etre ulterieurement dissociee, de la nouvelle
toxine deviendra libre, et pourra etre fixee, de sorte que la meme melange
pourra presenter des effets bien plus toxiques sur l’un que sur l’autre
animal.
La vieille dispute sur l’existence d’un point de neutralisation
ou non, se resoudra, sans doute, facilement, par Interpretation pr6ce-
dente; en s’y basant, on comprendra facilement qu’un melange de
toxine avec de Tantitoxine restera, k une dose donn6e, absolument sans
effet, tandis qu’un multiple produira de faibles effets toxiques (paralysie),
et qu’une dose encore plus forte sera mortelle 2 ).
Le fait que les toxones pr6sentent des effets immunisantes
au m6me degre que la toxine seule, s’adapte sans doute aussi bien k
ce que nous venons d’avancer, qu’a l’idee de l’existence d’une substance
particulifcre k avidity plus faible que la toxine.
Dans tout le d6veloppement anterieur, le but a ete, d’interpreter
les faits observes d’une maniere que se rapproche le plus possible k un
ph6nom&ne connu, ce qui n’a pr6sent6 aucune difficultd quant k la pre¬
miere partie de la courbe; toutefois quant k la region de toxone il-y-a
quelque disaccord que je vais aborder.
Ici nous trouvous que la toxicite observe des melanges de toxine
et d’antitoxine se trouve constamment un peu au dessous de la toxicite
calcuiee (voir aussi la courbe suivante No. 4). Il est peu probable que
ce phenomene soit dft k des fautes d’experiences; peut-etre qu’il est dfi
1) Dreyer und Madsen , Ueber Immunisierung mit den Toxonen des Diphtherie-
giftes. (Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XXXVII. 1901. p. 250.)
2) Dreyer und Madsen, 1. c.
Digitized by
Google
638
Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
it de tels hearts des premises th£oriques simples qu’on voit frbquemment
dans toute une s6rie de reactions, quand elles se font en concentration
61ev6e.
II est aussi permis de croire que d’autres substances du serum que
l’antitoxine pourront jouer un rdle quelconque.
Les relations assez simples trouv6es chez un poison frais s’effacent
it mesure que s’affaiblit le poison. Outre la diminuation de la force
letale (la formation des „prototoxo'ides“), dont on parlera plus tard, il
se produit aussi un affaiblissement de sa faculty paralytique. Lorsque
la dose minime letale 6tait montbe au double, on observa aucun cas de
paralysie aprbs une quantity non letale de poison. Au cas contraire
elles s’observaient toujours, bien qu’it un moindre degrb aprbs les me¬
langes de toxine avec une quantity relativement grande d’antitoxine, pour
lesquels je conserverai provisoirement et pour etre bref, le nom de
„toxones“.
Entre la toxone et la toxine on retrouva en outre cette difference
que la dernibre produit la necrose avec alopecie, tandis que les toxones
ne provoquent, qu’un oedbme mou assez fugitif sans consequence. Ceci
s’explique peut-etre par la difference de la rapidite de reaction existant
sans doute entre toxine et toxone, ainsi qu’il a 6t6 demontr6 antbrieure-
ment 1 ). Nous savons que pour la tetanolysine la vitesse de reaction
entre la toxine et l’antitoxine baisse rapidement en presence de grandes
quantites d’antitoxine (Arrhenius et Madsen), conformement les
„toxones“ de la tetanolysine se fixent plus lentement aux erythrocytes,
que la tetanolysine seule (Madsen), et les „toxones“ du poison diphtb-
rique sont fixees bien plus tardivent dans l’organisme que le poison
seul (Dreyer).
On pourra croire que ceci est du it ce que la presence de la toxine-
antitoxine ou de l’antitoxine fait baisser la vitesse de reaction de la
toxine de me me fagon que p. ex. l’hydrogbne sulphurique depresse la
rapidite 4 la reaction des solutions colloidales de platine (B re dig).
Si la toxine est injecte subcutanement, elle se lie sans doute rapide¬
ment au tissu et provoque une forte reaction, tandis que la „toxone“ en
consequence de sa moindre vitesse de reaction n’est fixee que faiblement
et avec lenteur, et qu’elle reussit ainsi 4 se diffuser en s’en allant et 4
disparaitre de l’endroit injecte, de sorte que l’eflfet local sera de la
m£me nature que des doses minimes de toxine.
On voit de la fig. 2 que la toxicite du melange de 0,1 c. c. de poison
avec une quantite d’antitoxine, n, moindre de 0,12 unite immunisante,
est considerablement au-dessous du calcul. Si Ton compare les courbes
determinees au printemps et en automne de 1902, on voit qu’il s’agit
d’un proebs progressif. En automne de 1902, la dose minime mor-
telle etait de env. 0,0029 c.c., et les 0,1 c. c. contenaient alors en tout,
env. 35 doses mortelles. Les 0,18 unites immunisantes ne produisaient
aucun abaissement dans la toxicite. En augmentant ensuite la quantite
d’antitoxine, on obtint une courbe essentiellement correspondante 4 celle
dej4 trouvee.
Suivant Ehrlich, ce phbnombne peut etre explique par cette sup¬
position que le poison diphterique contient une substance la „prototoxine“
d’une plus grande affinite pour l’antitoxine que le reste de la toxine.
Tandis que la faculte de fixer l’antitoxine (liee au groupe haptophore
1) Madsen, Sur les toxones. (XIII. Ccmgres intern, de mod. Paris 1900.)
Digitized by LjOOQle
Madsen, La constitution du poison diphtdrique.
639
d’Ehrlich) reste constante, l’416ment toxique (le groupe toxophore
d’Ehrlich) est trhs labile, de sorte que la prototoxine se change gra-
duellement en une modification atoxique, la toxoide, k faculty non modifide
de fixer l’antitoxine. A ceci correspond encore que L f est restde con¬
stante malgrd l’accroissement continuel de la dose minime mortelle.
Une telle formation de prototoxolde qui se trouve aussi chez la
tbtanolysine, est nn phenomhne constamment observe quand on conserve
les poisons pendant quelque temps. Cette formation semble frdquem-
ment comprendre presque la moitid de
la toxicite. Voir aussi les courbes cor- 15
respondantes pour 2 autres poisons A
(fig. 3), et C (fig. 4). 10
Pour examiner, si la formule indi- 5
qu 6 e s’applique aussi 4 d’autres poi¬
sons diphtdriques qu’h celui ddcrit, 0
on calcula une sdrie d’expdriences pro- 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7
venant de recherches antdrieures, et Fig, 3 .
tonchant un autre poison C 1 ). Ce
dernier a 6 t 6 prepare h l’aide d’un bacille dipbtdrique que M. Ehrlich
voulut bien mettre h notre disposition.
Immddiatement aprbs la sortie de l’dtuve, en 1898, la dose minime
mortelle 6 tait de 0,005 c.c., mais elle monta plus tard jusqu’k 0,0086 c. c.
Les experiences avec saturation partielle furent faites de sorte qu’h
une dose de 0,6 c.c. de poison, on ajoutait de quantitds variables du
testsbrum de Ehrlich.
Les rbsultats sont indiquds dans le resume ci-dessous, oh les entbtes
ont la m£me signification que plus haut
Resume 6.
obs. calc.
n
X
T
X
T
0
0,0088
68
0,005
120
0,15
0,0088
68
0,0068
88
0,25
0,0088
68
0,00895
67
0,35
0,0125
48
0,013
46
0,5
0,033
18
0,032
19
0,53
0,04
15
0,0405
15
0,55
0,046
13
0,0478
13
0,6
0,075
8
0,071
8
0,65
0,1
6
0,1
6
0,7
0,2
3
0,133
4,5
0,725
0,6
1
0,15
4
L’expression graphique se trouve dans la fig. 4, oh la ligne marque
la courbe de neutralisation calcuiee et O les observations rdelles. Fig. 4.
Les observations pour n = 0, 0,15 et 0,25 donnbrent le m§me x (proto-
toxoide). En traitant de meme fa?on qu’antdrieurement les autres ob¬
servations, on obtint le chiffre d’equivalent p = 1,8 et la constante de
dissociation K = 0,012. Avec ces chiffres, les valeurs de x et de T
dans les deux dernibres colonnes ont 6t4 calculbes; la correspondance
entre les valeurs observbes et celles calculbes est satisfaisante, exceptb
pour les deux dernibres.
Le rapprochement entre les constantes de dissociation K pour
chaque poison est done considerable, 0,015 et 0,012. Quant au chiffre
d’ 6 quivalent p, une unite immunisante equivaut h 2,7 X 0,1 c.c. du premier
1) Madsen, Om Difterigiftena Konstitution. (Oversigt over D. kgL Danske
Vidensk. Selsk. Forhandl. 1899.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. OriginaJe. Bd. XXXIV. No. 7.
640
poison d6crit. et k 1,8 X
0,6 c. c. du dernier. Ces
quantites de poisons con-
tenaient avant l’affaiblis-
sement, respectivement
180 et 216 doses minima
mortelles. La correspon-
dance est assez satis-
faisante. Si la difference
est due k des fautes d’ex-
p6rience ou peutetre k
un abaissement de l’unite
immunisante pendant lea
quatre ans ecoul6s entre
les deux determinations,
voilil ce qui ne peut etre
etabli sur la base des
materiaux actuels.
Les recherches pr6-
c4dentes nous mettent k
meme de retrouver, k
l’aide de la courbe de
neutralisation, notre unite
actuelle d’anti toxine, me¬
me si, par hasard, elle
se perdit.
La condition en est
que nous determinons,
avec une exactitude suf-
fisante, combien d’unites
de toxine, calcuiees d’a-
prfcs le poison non affaibli
qui 6quivaut a notre
unite immunisante actu¬
elle (ce chiffre semble
se trouver autour de 200).
Veut on alors deter¬
miner, combien grande
est la quantite d’une
antitoxine inconnue equi¬
valent a notre unite
actuelle immunisante, on
trace la courbe de neu¬
tralisation de l’antitoxine
0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 en question, et Ton trou-
Fig. 4. vera ainsi une valeur
arbitraire de p. Puisque
nous savons, combien d’unites de toxine, p,multiplie par la quantite
de poison employe, doit contenir, on peut calculer la valeur reelle de
p et de J (Funite immunisante).
Par la demonstration que la combinaison de la toxine avec l’antitoxine
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Lord, Diplococcu8 intracellularis meningitidis (Weichselbaum) in the nose. 641
suit la loi de Guldberg et Waage (loi de l’effet des masses), les
derniers doutes que l’actiou mutuelle de ces substances soit de nature
chimique, doivent disparaitre.
Sans doute, une telle mani&re de voir, dont la justesse a pu etre
constatee vis-k-vis de la t^tanolysine et du poison dipht6rique, s’adapte
i un grand nombre de corps et it leur anticorps.
NachdrucJc verboten.
Diplococcus intracellularis meningitidis (Weichselbaum) in
the nose. Report of a case without Meningitis and review
of the literature.
[From the Clinico-Pathological Laboratory of the Massachusetts General
Hospital. Dr. J. H. Wright, Director.]
By Frederick T. Lord, M. D., Boston.
Physician to the Out-Patient Department, Massachusetts General Hospital.
I.
Among 21 cases in which the nose was examined for bacteria during
the winter of 1902 and 1903, the following case is specially mentioned
because of the rarity of the bacteriological findings.
The patient, a physician in daily attendance in the Throat Boom
of the hospital, had a severe rhinitis for one week. The process
began as an ordinary coryza, with lacrymation, headache, and prostration.
The nasal secretion was at first watery, becoming purulent after a few
days. With the more abundant discharge, the general symptoms did not
abate, and the patient found difficulty in performing his work. The
temperature was slightly elevated for the first two weeks, occasionally
reaching 102 degrees F. Beyond a slight cough and headache at times,
there were no symptoms of other disease.
Examination of the nose, Jan. 28, 1903, showed congestion of the
mucous membrane throughout and profuse muco-purulent discharge.
The patient gradually recovered. The nasal discharge was purulent
for about one week. The rhinitis lasted in all about three weeks, the
general symptoms somewhat longer.
The nasal secretion was examined Jan. 28 and Feb. 7. The bacterio¬
logical findings were practically the same in both examinations.
Bacteriological examination of the nasal secretion.
a) By cover-glass preparations: Smears from the naso¬
pharyngeal secretion showed the presence of a few Gram staining orga¬
nisms. Besides these, there were Gram decolorizing diplococci, composed
of paired hemispheres within the leucocytes and free. The sputum failed
to show the presence of similar organisms.
b) By cultures: A sterile platinum loop was smeared over the
surface of the upper nasal cavity and the adherent nasal secretion washed
off in sterile bouillon. From this bouillon emulsion, cultures were made
on plain agar smeared with defibrinated horse blood.
After 24 hours in the incubator, the blood agar showed numerous
colonies composed of cocci and diplococci, decolorizing by Gram’s method
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 41
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642 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
of staining. Besides these, there were a few colonies of Gram staining
diplococci, which on further observation in pure culture, proved to be
pneumococci.
The Gram decolorizing diplococci were isolated in pure culture and
their growth observed on different media. They were morphologically
like the Gonococcus, grouped for the most part in pairs and occasionally
in tetrads. The individual cocci were nearly hemispherical. When grouped
in diplococci or tetrads they were somewhat kidney-shaped, with the
flattened sides apposed and a well defined unstained interval between
them. There were many single cocci with considerable variation in size
and intensity of staining. In the cover-glass preparations from cultures,
the cocci were frequently observed in clusters, but there was no evidence
of chain formation, nor any appearance of capsules.
c) By sub-cultures: On Blood Serum, there were slightly
convex, moist, viscid, colorless, shining colonies at times confluent.
Isolated colonies were not usually above 2 millimeters in diameter.
On Agar-Agar, after 24 hours in the incubator, the colonies reached
a diameter of about 2 millimeters. They were flat, shining and grayish-
white by both reflected and transmitted light. When observed under
the hand-lens, the borders of these colonies were nearly or quite round
and rose abruptly from the surface of the medium. A very slight
increase in the size of the colonies was apparent after longer incubation,
Under the low power of the microscope, the colonies were very slightly
granular or homogeneous, and never coarsely granular like Gonococcus
or Micrococcus catarrhalis.
On Plain Agar Slants, smeared with defibrinated horse blood, the
growth was similar to that on plain agar, but more luxuriant.
On Potato, no growth was visible even with the hand-lens. Exami¬
nation of the material removed by the platinum loop, however, showed
numerous Gram decolorizing cocci and diplococci, frequently in tetrads.
In Sugar Agar Stab, there was a growth along the line of inoculation,
but feebly at the deeper parts. On the surface about the point of
puncture, there was a grayish white, slightly convex growth with a slightly
irregular margin, rising abruptly from the surface of the medium.
On Gelatine Slants, at room temperature (21 degrees C), multi¬
plication of the transplanted material was doubtful even after many days.
In Litmus Milk, there was no visible change in reaction, though
growth of the cocci was apparent.
d) By Gram’s method of staining: On all culture media as
well as in fresh specimens, the organism readily and constantly decolor¬
ized by Gram’s method of staining.
e) By animal inoculation: Twenty-five minims of a bouillon
emulsion, made from a 24 hour growth on blood-serum (fourth gene¬
ration), were injected into the peritoneal cavity of a guinea pig. The
animal would not take food for 24 hours, but did not die.
The following characteristics of the organism are noteworthy: In
cover-glass preparations from the fresh material, extra- and intracellular
dipplococci were found. They decolorized by Gram’s method of staining
and were morphologically like the Gonococcus. Examination of pure
cultures showed the presence of cocci, varying considerably in size,
frequently arranged as diplococci, and at times in tetrads, constantly
decolorizing by Gram’s method of staining. Their growth on agar-agar
was in grayish-white, moist, very finely granular or structureless, discrete
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Lord, Diplococcus intracellularis meningitidis (Weichselbaum) in the nose. 043
or confluent colonies, never reaching a large size. There was very slight
growth in the depth of sugar agar stab. Growth at room temperature
was doubtful or negative. The organism was non-pathogenic.
No attempt was made at cultivation beyond the fourth or sixth
generation.
From its morphology, staining and cultural peculiarities, the coccus
is regarded as the Diplococcus intracellularis meningitidis of
Weichselbaum 1 2 3 ).
As the Gonococcus will not grow through successive generations
on other than albumen containing media (ascites-, hydrocele-agar, etc.)
it is readily excluded.
The Micrococcus catarrhalis differs in essential particulars
from the Meningococcus, though some strains may be confounded with
it, unless great care is taken in the differentiation oi the colonies. Since
the excellent paper by Ghon, Pfeiffer and Sederl*), I have found
this organism in 12 cases of bronchitis from the Out-Patient Depart¬
ment. After several days on agar, the Micrococcus catarrh ali s grows
into much larger whitish gray colonies. These are mortar-like rather
than moist, are quite coarsely granular and have a very irregular margin.
Many of the colonies show a raised central part, which with the irregularly
margined flat more or less transparent periphery is very striking. The
Micrococcus catarrhalis grows readily at room temperature and
much more luxuriantly on all culture media than the Meningococcus.
Sporadic cerebro-spinal meningitis due to the Meningo¬
coccus of Weichselbaum, at the Massachusetts General
Hospital since the epidemic in 1898.
The source of contagion in this case is not clear. In none of the
other cases from the Throat Room in which cultures were taken were
meningococci found.
Since the epidemic in Boston in 1898, from which 111 cases were
reported by Councilman, Mallory and Wright 8 ), the Diplo¬
coccus intracellularis meningitidis has been obtained from the
meninges in six cases of meningitis, at the Massachusetts General Hospital.
These cases have occurred at wide intervals and we are not now in an
epidemic of cerebrospinal meningitis. Three other cases of meningitis have
come to autopsy at a late stage of the disease. From the anatomical findings
and the absence of important bacteria in the exudate of these cases,
Dr. Wright considers that they also were probably due to the
Meningococcus.
II.
Meningococcus in the nose, with and without meningitis.
Review of the literature.
In 1887, Weichselbaum 4 ) published two cases of meningitis due
to the Pneumococcus and six cases due to an organism which from its
1) Weichselbaum, Ueber die Aetiologie der akuten Meningitis cerebrospinalis.
(Fortschritte der Medizin. Bd. V. 1887. No. 18. p. 573.)
2) Ghon, Pfeiffer und Sederl, Micrococcus catarrhalis. (Zeitschr. f. klin.
Med. Bd. XLIV. 1902. p. 262.)
3) Councilman, Mallory and Wright, Epidemic cerebro-spinal meningitis
and its relation to other forms of meningitis. (Report of the State Board of Health
of Massachusetts. 1898.)
4) Weichselbaum, loc. cit.
41*
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644
Gentralbl. £. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 7.
form and position he gave the name ofDiplococcus intracellularis
meningitidis. In one of these six latter cases (the fifth in the series)
he notes that, “in the pus of the nasal cavity the same organisms were
found, but besides these many other bacteria”. Though the cultural
peculiarities of the meningococci obtained from the cerebro-spinal fluid
were carefully described, no cultures were made of these organisms found
in the nose. We now know that the Micrococcus catarrhalis,
frequently present in the respiratory tract, cannot be told from the
Diplococcus intracellularis meningitidis on purely morpho¬
logical grounds. Thus this and many other subsequent cases, recorded
in the literature as nasal infection with the Meningococcus, are not
acceptable because of insufficient data to exclude Micrococcus
catarrhalis.
The definiteness of the type of organism described by Weichsel-
baum as the Diplococcus intracellularis meningitidis has been
abundantly confirmed by other observers. The following writers differ only in
minor details concerning its cultural peculiarities: Kiefer 1 11 ), K i s t e r 2 ),
Herrick 3 ), Hirsch 4 ), Berdach 5 ), Bonhoff 6 ). The most notable
confirmations of Weichselbaum’s observations, however, are by
Councilman, Mallory and Wright 7 ) and Albrecht and Ghon 8 ).
In 1895, J a e g e r 9 ) see also 10 ) u ) 12 ) 1S ) called attention to the D i p 1 o -
coccusintracellularisMeningitidisasa cau se of e p i d e m i c cere¬
brospinal Meningitis. The organisms described by him, however, differed
essentially from Weichselbaum’s in the presence of capsules, the
growth in long or short chains and the failure to decolorize by Gram’s
method of staining. Such deviations, in view of the abundant confirmation
of Weichselbaum’s observations, naturally suggest that Jaeger’s
organism was not the true Diplococcus intracellularis meningi¬
tidis (Weichselbaum) as pointed out by Albrecht and Ghon in
1) Kiefer, F., Zur Differentialdiagnose des Erregers der epidemischen Cerebro¬
spinalmeningitis und der Gonorrhoe. (Berliner klin. Woch. 1896. p. 628.)
2) KiBter, Jul., Ueber den Meningococcus intracellularis. (Centralbl. f. Bak. u.
Parasit. Bd. XX. 1896. p. 148.)
3) Herrick, J. B., On the existence of epidemic cerebrospinal meningitis in
Chicago with report of a case with autopsy. (Journal of the American Medical Ass.
Vol. XXXI. 1898. p. 20.)
4) Hirsch, J. L., A report of four cases of epidemic cerebrospinal meningitis,
with special reference to the value of lumbar puncture as a means of diagnosis.
(New York Medical Journal. Aug. 19. 1899.)
5) Berdach, J., Bericht uber die Meningitie-Epidemie in Trifail im Jahre 1898.
(Deutsches Archiv f. klinische Med. Bd. LXv. 1899. p. 449.)
6) Bonhoff, H., Ueber einen Fall von Cerebrospinalmeningitis und den Diplococcus
intracellularis. (Munchener medizinische Woch. 1901. No. 3. p. 89.)
7) Councilman, Mallory and Wright, loc. cit.
8) Albrecht und Ghon, Ueber die Aetiologie und path. Anat. der Meningitis
cerebrospinalis epidemica. (Wiener klin. Woch. 1901. No. 41. p. 984.)
9) Jaeger, H. Die Transportmittel gewiseer Infektionsstoffe und Yorschlage zur
Vernichtung derselben am Krankenbette, im Haushalt, im Verkehr. (Dtsche med. Woch.
1894. No. 18. p. 409.)
10) Zur Aetiologie der Meningitis cerebrospinalis epidemics. (Zeitschrift f. Hygiene.
Bd. XIX. 1895. p. 351.)
11) Epidemiologisches und Bakteriologisches fiber Cerebrospinalmeningitis. (Dtsche
med. Woch. 1899. No. 29. p. 472.)
12) Die Cerebrospinalmeningitis als Heeresseuche. (Bibliothek vonColer. Heraus-
gegeben von O. Schjerning.) Berlin (A. Hirschwald) 1902. (Quoted from Jaeger.)
13) Zur Frage der morphologiRchen und biologischen Charakterisierung des Meningo¬
coccus intracellularis. (Centralbl. f. Bak. I. Abt. Grig. Bd. XXXIII. 1902. No. 1. p. 23.)
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Lord, Diplococcus intracellularis meningitidis (Weichselbaum) in the nose. 645
their excellent work 1 2 ). Other observers, regardless of the cultural
peculiarities of Weichselbaum’s organisms and following Jaeger,
have likewise recorded cases which though they may have been due to
the Meningococcus do not so appear from the bacteriological reports.
Such cases with the deviations which seem to exclude them as well as
those based solely on morphology are mentioned later, so far as they
relate to nasal infection.
The three following cases, on the other hand, from the careful
description of the cultural peculiarities of the organisms and their
similarity to the Meningococcus of Weichselbaum and others, are
regarded as proved beyond question. In one of these cases, the meningo¬
cocci were found in the nasal secretion of a case with meningitis. The
two other cases were without symptoms of meningitis.
Kiefer 1 ) experimented for six to eigth days on the cultivation of the
Meningococcus, comparing its growth with the Gonococcus. He
himself suddenly acquired a severe purulent rhinitis, with slight headache,
nervousness, and uncomfortable drawing sensation in the neck. His
temperature was normal. Examination of the nasal pus in fresh specimens
and by cultures demonstrated typical Diplococcus intracellularis
meningitidis, with other bacterica. The rhinitis lasted for 14 days
and the general symptoms somewhat longer.
Albrecht and Ghon 3 ) in one of the cases of meningitis which
died on the third day, found organisms in the nasal and naso-pharyngeal
secretions, which they proved by cultures to be Meningococci. Of 15
cases which they investigated outside of the epidemic, they cultivated,
from the naso-pharyngeal secretion of a man whose child had died
several days before of meningitis, isolated colonies of meningococci.
The following cases are not accepted as proved, because the dia¬
gnosis has been made from morphology alone, because of too great
deviation from Weichselbaum’sMeningococcus in cultural peculi¬
arities, or because of insufficient data in the description to rule out
Micrococcus catarrhalis.
Weichselbaum’s case 4 ) has already been mentioned. He
depended solely on morphology in the identification of the cocci found
in the nasal secretion.
Jaeger, in 1894 5 ), found the Diplococcus intracellularis
meningitidis in the nasal secretion on handkerchiefs used by four
out of five patients with meningitis. “In the fifth case the handkerchief
was examined for the first time six weeks after its use.” Meningococci
were obtained in pure culture. Again, in 1895 6 ), he obtained a pure
culture of Meningococcus from the nose of a case with meningitis.
The cultural peculiarities of the organisms found by Jaeger in the
nasal secretion of these cases are not described. Albrecht and
Ghon 7 ) found that meningococci could not withstand drying at whatever
temperature for more than 24 hours. Moreover, in his description of
meningococci obtained from the spinal canal 6 ), Jaeger saw capsules
1) Albrecht und Ghon, loc. cit.
2) Kiefer, loc. cit.
3) Albrecht und Ghon, loc. cit.
4) Weichselbaum, loc. cit.
5) Jaeger, loc. cit. (Dtsche med. Woch. 1894. No. 18. p. 409.)
6) Jaeger, loc. cit (Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XIX. 1895. p. 350.)
7) Albrecht und Ghon, loc. cit. (Wiener klin. Woch. 1901. No. 41.)
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646
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
about the organisms in sections of tissue, in fresh preparations and in
cultures. They decolorized by Gram’s method of staining in sections
of tissue, but stained by Gram’s method in cultures and in cover-glass
preparations from fresh material. In cultures there were many short
chains, in two cases, chains of 20—30 segments. As such peculiarities
diverge widely from the accepted type of Meningococcus, Jaeger’s cases
must be excluded.
Scherer in 1895found the Meningococcus in the nasal secretion
of 18 consecutive cases of meningitis and in 2 of 50 cases without
meningitis. In many of these cases the diagnosis was made by mor¬
phology alone. He follows Jaeger in the recognition of capsules and
recommends Gram’s method of staining and cultures only in doubtful
cases. The cultures are not described.
Huber, in 1897 1 2 ), reports the finding of meningococci in the nasal
secretion of a case of meningitis, without the confirmation of cultures.
Heubner, in 1897 3 4 5 ), mentions that his assistant S1 a v y k had demon¬
strated meningococci in the nasal secretion of several healthy children.
In both these and a case with tubercular meningitis, in which he found
the Meningococcus in the nasal secretion, reliance was apparently
upon the appearance of fresh specimens.
Schiff, in 1898*), having found the Meningococcus in the nasal
secretion of one case with tubercular meningitis and a second with cerebro¬
spinal meningitis due to the Meningococcus was led to investigate
the nasal secretion in 27 cases without meningitis. He obtained positive
cultures in 3 of the 27 cases. From the inconstant reaction of his
organisms to Gram’s method of staining and the appearance of short
chains in his cultures, his results cannot be regarded as conclusive.
Antony and Ferr6, in 1898 6 ) in the examination of a fresh
specimen of nasal secretion from one out of six cases of meningitis found
„Microcoques capsules, en grains de caf6, ne prenant pas le Gram,
c’est-h-dire d’un organisme ayant l’aspect du meningocoque“.
Councilman, Malory and Wright, in 1898 6 ), were unable to
cultivate the organisms resembling the Meningococcus which they
found in the nasal secretion of 10 of 15 cases with meningitis and 2 of
12 cases without meningitis.
Eyster, in 1898 7 ), had two cases of cerebro-spinal meningitis due
to the Meningococcus. The description of the organisms found in
the nose does not exclude M i c r o c o c c u s catarrhalis. Onbloodserum
agar, colonies „of micrococci developed which appeared inDiplococcus
form of two paired hemispheres, separated by an unstained interval, and
1) Scherer, Zur Diagnose der epidemischen Cerebrospinalmeningitis. (Central-
blatt f. Bakt. u. s. w. Bd. XVH. 1895. No. 13—14.)
2) H uber, Meningococcus intracellularis iro Spinaleiter und Nasensekret einee Falles
von epidemischer Genickstarre. (Dtsche med. Woch. Bd. XXIII. Ver.-Beil. 1897.
No. 12. p. 79.)
3) Heubner, Ueber den Meningococcus. (Dtsche med. Woch. Ver.-Beil. 3. Juni.
1897. No. 16. p. 109.)
4) Schiff, Ueber das Vorkommen des Meningococcus intracellularis (Weichsel-
baum) in der Nasenhdhle nicht meningitiskranker Individuen. (Centralblatt f. innere
Med. Bd. XEX. 1898. p. 577.)
5) Antony et Ferr4, Recherches bact&iologiques dans la meningite cdrGbro-
spinale. (Archives de inedecine et de pharmacie militaire. Juin 1898. p. 431.)
6) Councilman, Malory and Wright, loc. cit.
7 ) Eyster, Cerebro-spinal meningitis. (J. Am. Med. Ass. VoL XXXIII. 1899.
p. 187-188.
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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus.
647
were readily decolorized by Gram’s method of staining and were
undoubtedly the Diplococcus intracellularis meningitidis of
Weichselbaum".
Conclusions.
1) Organisms, present in the nose and resembling the Diplococcus
intracellularis meningitidis ofWeichselbaum in morphology
and staining reaction, can not be accepted as meningococci unless the
diagnosis is confirmed by cultures and the differentiation of the colonies
from those of other closely related diplococci.
2) The Meningococcus has been thus proved to exist in the nasal
secretion of one patient with and three patients without meningitis.
3) Forty-nine other cases, recorded in the literature as nasal infec¬
tion with meningococci, are not thus substantiated.
Nachdruck verboien.
Der Schildtodtentuberkelbacillus, seine Ziichtung, Biologic
und Pathogenitat
[Aus dem anatom.-biologischen Institut der Universit&t Berlin (Direktor:
Herr Geh. Rat Prof. Dr. Hertwig).]
Von Dr. Friedrich Franz Friedmann, Berlin.
Mit 1 Tafel.
Nachdem ich in Bd. IV. Heft 5 der Zeitschrift ffir Tuberkulose
und Heilstfittenwesen eine genaue Beschreibung meiner beiden Aus-
gangsf&lle von spontaner SchildkrStentuberkulose gegeben habe, will ich
im Folgenden fiber einige Eigenschaften des aus der Schildkrdtenlunge
reingezfichteten Tuberkelbacillus berichten.
I. Die Methode der Kultivlerung.
Es wurde eine Anzahl der in beiden Lungen reichlich vorhandenen
k&sigen Knotchen mit sterilen Instrumenten herausprfipariert und in der
fiblichen Weise vorsichtig zwischen geglflhte und wieder erkaltete Glas-
platten gebracht, sodann zu einer gleichmfiBigen Masse gequetscht.
Hierauf wurden Partikelchen dieser kSsigen Massen, die bei mikro-
skopischer Kontrollierung enorme Mengen von Tuberkelbacillen zeigten,
mit einer zu einem Spatelchen breit geklopften Platinnadel auf Nfihr-
boden ausgestrichen und in dieselben festgedrfickt. Verwandt wurde
zunfichst Glycerinagar, Glycerinblutserum, Glycerinbouillon und Glycerin-
gelatine J ).
Schon von diesen ersten mit dem Ausgangsmaterial besaten Rfihr-
chen ist eine gewisse Zahl von Anfang an rein geblieben und lieferte
mir unmittelbar Reinkulturen der Schildkrfitentub erkel-
bacillen. Ich besitze noch jetzt eine Reihe solcher g&nzlich unbe-
rtthrt gelassener Kulturen erster Generation, die noch die ursprfinglich
1) Ueber das Verhalten des Schildkr5tentuberkelbacillas auf pflanzlichen, sowie
auf den von Proskauer und Beck eingehend studierten anorganischen Tuberkel-
bacillennahrbOden wird in einer spateren Arbeit benchtet werden.
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648 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 7.
anfgebrachten Lungenstflckchen enthalten und sehr fippig gewachsen
sind.
Es ist dieses selten gflnstige Zflchtungsergebnis einerseits dem Um-
stande zuzuschreiben, daB in den kflsigen Lungenknfltchen die Tuberkel-
bacillen in groBen Mengen und nicht (lurch anderweitige Bakterien ver-
unreinigt vorhanden waren, andererseits aber auch nnr dadurch ermflg-
licht, daB bei der Herstellung der Kulturen ans der tuberkulSsen Lunge
aufs peinlichste alle die Vorschriften befolgt wurden, die R. Koch fflr
diesen Zweck in seinem fflr alle Zeiten der Tuberkuloseforschung vor-
bildlichen Meisterwerke „Die Aetiologie der Tuberkulose 11 gibt.
II. Entwlckelung und Aussehen der Kulturen.
Wachstumstemperaturen.
Ein Teil der geimpiten Rohrchen wurde in einen auf 22° C ge-
haltenen Thermostaten, andere bei 37° C eingestellt. Auf mehreren
der bei 22° gehaltenen Kulturen war schon nach 4—5 Tagen stellen-
weise jener charakteristische leicht bl&uliche, hauchartige Schleier zu
erkennen, der auch bei der Kultivierung der menschlichen Tuberkel¬
bacillen den Beginn der Reinknltur anzeigt. Am ersten war dieses be-
ginnende Wachstum in der unmittelbaren Umgebung der mitflbertragenen
Lungenstflckchen wahrzunehmen. Offenbar fordern diese Partikelchen
des gewohnten tierischen N&hrmateriales die Tuberkelbacillen in der
zunachst noch ungewohnten Entwickelung auf dem kunstlichen Nflhr-
boden. Dieser bULuliche Schleier erwies sich mikroskopisch als rein
aus Tuberkelbacillen bestehend. Nach weiteren 2—3 Tagen wurden
dann auch hier und da distinkte, punktfdrmige, von Anfang an ziemlich
trockene Kolonieen sichtbar, die eine weiBe Farbe (mit einem ganz
leisen Stich ins blauliche) zeigten und dem Nahrboden sehr fest an-
hafteten. 10 Tage nach der Aussaat waren diese Kolonieen bereits ver-
grdfiert und auch zahlreicher sichtbar geworden, und nach 3 Wochen
ein grofier Teil der N&hrbodenoberfl&che von einem dichten Bacillenrasen
fiberzogen.
Auf Glycerin gelatine bildet die Kultur der Schildkrdten-
tuberkelbacillen (Fig. 1) einen zusammenhflngenden, hockerig kornigen
Ueberzug, groBere und kleinere prominierende Knotchen. Macht man
von einer solchen Reinkultur eine Strichimpfung auf ein frisches Gela-
tinerdhrchen, so erhfllt man schon nach 8 Tagen strahlige Bander, die
mit konfluierenden Kornchen dicht besetzt sind und einen ebenfalls aus
solchen Kdrnchen bestehenden Zentralfaden (den Impfstrich) zeigen (Fig. 1).
Anfangs wuchsen noch in einigen Rohrchen auBer den Kolonieen des
Schildkrotentuberkelbacillus schleimigfeuchte, tropfchenartige Kolonieen,
die aus fremden Keimen (meist war es eine kleine Kokkenform) be-
standen; doch auch diese cnthielten zwischen sich reichlich Tuberkel¬
bacillen einzeln und in Nestern, so daB auch aus diesen verunreinigten
Bakterienkolonieen durch Abstich und Strichimpfung auf in Petri-
Schalchen ausgegossenen Glycerinagar resp. Glyceringelatine unschwer
die Schildkrotentuberkelbacillen isoliert werden konnten.
Die Gelatine wird durch den Schildkrotentuberkelbacillus nicht ver-
fliissigt.
Aehnlich, aber nicht genau wie die Glyceringelatinekulturen sehen
die bei gleicher Temperatur entwickelten Glycerinagarkul-
turen der Schildkrdtentuberkulose aus. Diese zeigen, namentlich an¬
fangs, ein etwas feuchteres Aussehen; auch erscheint die Oberflflche des
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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus.
649
Bacillenrasens nicht so kleinhdckerig, kornig, sondern hat mehr das
Aussehen von grSBeren und kleineren, runden, gelbweiBen Perlen. Oefter
bilden sich auch mehr l&ngliche, wurstformige Str&nge. Von der zweiten
Woche an tritt auf beiden Nahrboden sehr schnelles iippiges Wachs-
tum ein.
Auch auf einigen GlycerinserumrOhrchen wurden Reinkul-
turen erhalten, allerdings schien hier das Wachstum etwas langsamer
und trat merklich erst nach 10—12 Tagen ein.
Die bei 37° angelegten Kulturen zeigten den Wachstumsbeginn im
Vergleich mit den bei 22° gehaltenen Gelatine- und Agarkulturen etwas
versp&tet und verlangsamt, namlich erst nach 8—10 Tagen. Die 37 °-
Kulturen der Schildkrotentuberkelbacillen bekamen nun
ein von den bei niederer Temperatur gewachsenen recht
abweichendes Aussehen. Auch hier waren die allerersten Wachs-
tumsanf&nge nach 6—8 Tagen als leichte Schleier bemerkbar, doch
bildeten sich nicht distinkte, punktformige Kolonieen, sondern es ent-
stand ein feinkdrniges, graugelbes H&utchen, das als ein anfangs noch
leicht abhebbarer, sp&ter fester und fester haftender Belag die Nahr-
bodenoberflache iiberzog. 12—14 Tage nach der Aussaat ist auch an
den 37°-Kulturen eine bedeutende Wachstumsvermehrung zu konstatieren:
der Bakterienrasen haftet jetzt dem N&hrboden fest an und hat eine
harte Konsistenz und ein brdckeliges, schilferiges Aussehen
bekommen. Es erheben sich auf dem unteren — inzwischen verdickten
— H&utchen kleine, dichtgestellte Querrunzeln und F<chen. Schon
diese Kulturen erster Generation der bei 37° gewachsenen
Schildkrotentuberkelbacillen sehen den Kulturen der
menschlichen Tuberkulose auBerordentlich ahnlich. Von
einer solchen, einige Wochen bei 37° gewachsenen Kultur wurden eine
Reihe von Uebertragungen auf Glycerinagar vorgenommen und wiederum
bei 37 0 eingestellt, wobei absichtlich nur kleine Partikelchen fiberbracht
wurden. Auch jetzt tritt ein sehr iippiges Wachstum ein und die
Kulturen sind von denen menschlicher Tuberkelbacillen
nun nicht mehr unterscheidbar; sie wurden Herren, die aner-
kannte Spezialkenner auf diesem Gebiete sind, gleichzeitig mit Kulturen
menschlicher Abkunft vorgelegt und fur ununterscheidbar erkl&rt
(vergl. Fig. 3 [menschliche Tuberkulose] und Fig. 2 [Schildkrotenkulose]) 1 ).
Die dritte Generation der bei 37° entwickelten SchildkrStentuberkel-
bacillenkulturen vollends w&chst wieder bedeutend langsamer als die
zweite: es treten einzelne trockene, sich ganz allm&hlich vergroBernde
weiSe kornige Knoten auf, die trockenen Brotkrumen ahnlich sehen
und regelmaBig konfluieren, so daB kleinere und groBere Auswiichse
und Hdcker entstehen und schlieBlich die Bacillenmasse ein gebirgs-
artiges Aussehen gewinnt. Wenn man von solchen durch mehrere
Generationen bei 37 0 entwickelten Glycerinagarkulturen Ueberimpfungen
auf Gelatine vornimmt und bei 22° wachsen l&fit, so halten die so
erzielten Kulturen in ihrem Aussehen etwa die Mitte zwischen den
Charakteren der 37 # -Kulturen und der 22 °-Kulturen.
Schon durch dieTatsache des guten Fortkommens bei
37° — der Kbrpertemperatur des Menschen — sowie durch
1) Diese beiden Zeichnungen, die das Aussehen der beiden Kulturen treffend
wiedergeben, wurden, um voile Objektivitat zu wahren, von einem sehr geubten, aber
nicht medizinisch gebildeten Maler angefertigt.
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650 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
das hochst charakteristische Aussehen der Kulturen,
wie es von alien bisherbekanntenBacillenausderGruppe
des Tuberkelbacillus nur dem Bacillus der menschlichen
Tuberkulose und dem Perlsuchtbacillus zukommt, unter-
scheidet sich der Bacillus der Schildkrotentuberkulose
erheblich insbesondere von s&mtlichen bisher aus dem
Kaltbliiterkorper geztichteten Tuberkelbacillen.: dem Fisch-
tuberkelbacillus (Bataillon, Dubard, Terre) 1 ), dem durch Blind-
schleichenpassage modifizierten Tuberkelbacillus (Moeller) 1 ), dem durch
Froschpassage modifizierten Tuberkelbacillus (Bataillon ^-Lubarsch-
D i e u d o n n 6).
Nun sind aber die Temperaturen 22° und 37° keineswegs die
auBersten Wachstumsgrenzen des von mir geziichteten Schildkroten-
tuberkelbacillus.
Zunachst ergab sich, daB derselbe, sobald die Kulturen vor Licht
geschiitzt aufbewahrt werden, auch bei gewohnlicher Zimmer-
temperatur (13 — 14° C) recht gut gedeiht: freilich ist in der ersten
Zeit das Wachstum ein etwas langsameres; nach 4 Wochen ist jedoch
auch bei dieser Temperatur der grfiBte Teil der Nahrbodenoberfl&che
mit dem Bacillenrasen bedeckt.
Sodann wurde nachgewiesen, daB der Schildkrotentuberkelbacillus
selbst bei Eistemperatur (im Eisschrank) zu wachsen im stande
ist; hier ist das Wachstum nun allerdings ganz bedeutend verzogert:
in den ersten 3—4 Wochen ist eine Vermehrung der aufgebrachten
Reinkulturpartikelchen nicht wahrnehmbar, dann beginnt ganz langsam
neues Wachstum, welches nach 5—6 Wochen etwa die H&lfte der Nfihr-
bodenoberflache in Form eines feinen, nicht annfihernd so iippig wie bei
hfiheren Temperaturen entwickelten Ueberzuges bedeckt. Sowohl auf
Glycerin gelatine wie namentlich auf Glycerinagar zeigen die Eiskulturen
ein etwas feuchtes Aussehen, die Glycerinagarkulturen sehen dann bis-
weilen geradezu schleimig aus, fihnlich denen der Htihnertuberkulose.
Um die obere Temperaturgrenze, sowie die GroBe des Anpassungsver-
mdgens des Schildkrotentuberkelbacillus festzustellen, wurden sowohl
Uebertragungen der Eiskulturen als der bei 22° und bei 37° gewachsenen
fiir mehrere Wochen in einen auf 43° (das Temperaturoptimum der
Huhnertuberkelbacillen) eingestellten Thermostaten gebracht. Hierbei
ergab sich, daB die von den Eiskulturen iibertragenen Partikelchen, wie
infolge des kolossalen plfitzlichen Temperaturabstandes verstandlich,
keine Spur von Wachstum, sondern vielmehr eine allm&hliche Ver-
ringerung zeigten; eine eigentliche Eintrocknung erfolgte jedoch nicht.
Die von den 22°-Kulturen stammenden Partikelchen zeigten bei mehr-
wfichentlicher Einwirkung einer Temperatur von 43° keinerlei quantitative
Veranderung, weder Vermehrung noch Verminderung. Dagegen wiesen
die von den 37°-Kulturen aufgetragenen Bacillenpartikelchen, die also
den geringsten Temperaturunterschied zu fiberwinden hatten, nach mehr-
wfichentlichem Aufenthalte in einem 43 °-Thermostaten eine wenn auch
geringe, so doch zweifellose Vermehrung auf.
Die morphologischen Verfinderungen der so behandelten Kulturen
werden im nfichsten Kapitel beschrieben werden.
1) Die Herren Direktx>r Dr. Moeiler-Belzig und Prof. Bataillon-Dijon hatten
die Giite, mir von ihnen gezlichtete Kulturen aus der Blindschleiche bezw. aus dem
Karpfen und Frosch zu iibersenden. Ueber die mit diesen Kulturen angestellten ver-
gleichenden Versuche wird in einer spateren Arbeit berichtet werden.
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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus.
651
Endlich wurden noch Glycerinagarrohrchen mit Kulturpartikelchen,
die bei 37° gewachsen waren, in einen Thermostaten von 58° gestellt:
indessen vertrocknete bei dieser Temperatur das tibertragene Bacillen-
material vollstflndig und ging innerhalb einer Woche zu Grunde.
Jedenfalls geht aus diesen Erfahrungen hervor, daB
der Bacillus der Schildkrotentuberkulose innerhalb
auBerordentlich weiter Temperaturuntergrenzen, 0° bis
43°, zu wachsen im stande ist und sogar sehr erhebliche
plotzliche Temperaturunterschiede iiberwindet. Wahr-
scheinlich dfirfte es gelingen, ibn durch allmUhliche Steigerung an
noch hohere Temperaturen als 43° zu gewohnen.
Der SchildkrOtentuberkelbacillus wachst auch sehr gut auf Glycerin-
bouillon. Er bildet hier Oberflachenhautchen genau wie der mensch-
liche Tuberkelbacillus. Bringt man einen kleinen Brflckel des Bacillen-
rasens von einem festen Nahrboden vorsichtig auf ein mit Glycerin-
bouillon versehenes Erlenmeyersches Kolbchen, so daB wenigstens
ein Teilchen an der Oberflache zu schwimmen kommt, so bildet sich
schon nach wenigen Tagen zunachst ein feiner, grauer Schleier, der sich
allenthalben von dem aufgebrachten Brockelchen ausbreitet, spater mehr
gelblich wird und schlieBlich die ganze Oberflache der Bouillon als
runzlige Haut iiberzieht und sich am Glase festsetzt. Die Bouillon
bleibt vollkommen klar; wenn das Wachstum immer weiter zunimmt, so
sinken schlieBlich die Bacillenmassen zu Boden.
Auch zur unmittelbaren Gewinnung von Reinkulturen aus dem
Schildkrotenkorper erwies sich die Glycerinbouillon als geeignet: einige
mit fein zerschnittenen kasigen Lungenknotchen versehenen Bouillon-
rohrchen, die, anfangs ofter umgeschflttelt, bei 22° gehalten wurden,
zeigten nach einigen Wochen graugelbe Oberflachenhautchen und einen
feinkornigen Bodensatz, die sich beide ausschlieBlich aus den Schild-
krfltentuberkclbacillen bestehend erwiesen, Gewebszellen wurden flber-
haupt nicht mehr gefunden, dieselben sind offenbar vollkommen aufge-
lost. Die Bouillon war vollstandig klar geblieben. Ebenso bleibt auch
in den festen Nahrbflden, wenn durch direkte Impfung in das Konden-
sationswasser oder durch Senken des Rohrchens Bacillenmassen in das
Kondensationswasser gelangen, dieses letztere stets klar. Es sei mir
gestattet, hier die Worte Robert Kochs selbst zu zitieren, die die
gleichen Verhaltnisse bei den menschlichen Tuberkulosekulturen be-
schreiben und erlSutern und die genau fur die Schildkrbtentuberkel-
bacillen passen: „Die von ihnen (den Tuberkelbacillen) gebildeten diinnen
Membranen Ibsen sich in der Flussigkeit (dem Kondensationswasser)
nicht auf, sondern zerbrechen infolge ihrer festen Konsistenz in mehr
oder weniger groBe Schollen, welche von der Flflssigkeit fortgespult
werden und sich schlieBlich am Boden ablagern. Die eigentiimliche
starre und brfichige Beschaffenheit dieser Kolonieen zeigt sich am besten
in dem Teil der Kultur, welcher die im Reagenzglase befindliche
Flflssigkeit iiberzieht. Sobald diese Flflssigkeit in Bewegung gesetzt
wird, zerbricht das Hflutchen an ihrer Oberflache in Platten und Schollen,
welche langsam zu Boden sinken. Die Flflssigkeit bleibt stets klar,
sowohl wenn die Bacillenvegetation selbst darflber hinwegzieht, als auch
wenn durch Abspfllen der Serumoberflache Bacillenmassen hinein-
gelangten oder wenn von vornherein Impfsubstanz absichtlich hinein-
gebracht wurde.“
In dieser Erscheinung sieht R. Koch unter anderem eine Be-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
st&tigung der von ihm auch durch direkte Beobachtung gefundenen Tat-
sache, „daB die Tuberkelbacillen keine selbst&ndige Bewegung besitzen,
denn bewegliche Bakterien verteilen sich in den NShrlosungen nach
alien Richtungen hin und geben denselben dadurch ein triibes Aus-
sehen. u
Bringt man ein kleines Brockelchen einer Reinkultur der Schild-
krStentuberkelbacillen mit der Platinose an die Flainme des Bunsen-
brenuers, so verbrennt das Kulturpartikelcheu stets unter Erzeugung
eines eigentiimlichen Knisterns und Knatterns, welches fiir alle bisher
geziichteten Bacilleu aus der Gruppe des Tuberkelbacillus ckarakteristisch
(sonst ubrigens meines Wissens nur der Gruppe des Actinomyces
zukommt) und ein so untriigliches Merkmal ist, daB, wenn man be-
stimmte Teile oder zweifelhafte Kolonieen in verunreinigten Rdhrchen
auf ihren Gehalt an irgendwelchen s&urefesten Bacillen priifen will, man
oft nur diese Probe anzustellen braucht: verbrennt das Bakterienmaterial
ohne jedes knisternde Ger&usch, so sind an der betreffenden Stelle des
NShrbodens groBere Mengen s&urefester Bacillen sicher nicht vorhanden.
III. Morphologlsehes Verhalten der relngeziLchteten Schildkrfften-
tuberkelbacillen x ).
Sowohl fiir die ausgestrichenen Kulturtrockenpr¶te als fiir die
nach Tausenden z&hlenden Schnitte aus den unten folgenden Tierver-
suchsreihen wurde auch hier wieder zur Tuberkelbacillenfarbung aus-
schlieBlich das jedesmal frisch bereitete Ehrlichsche Anilinwasser-
fuchsin verwandt und auch im ubrigen nach der Methode verfahren, die
in dem Artikel „Tuberkelbacillen w in der von Ehrlich, Weigert,
R. Krause etc. herausgegebenen Encyklop&die der mikroskopischen
Technik von mir beschrieben ist.
Die Schildkrotentuberkelbacillen zeigen mikroskopisch in ihren
Reinkulturen dieselben Formen und Eigenschaften, die schon in der
tuberkulosen Schildkrotenlunge selbst beobachtet und in der Zeitschrift
fiir Tuberkulose, Bd. IV. Heft 5 beschrieben und abgebildet wurden.
Das hervorstechendste Merkmal ist die in entwickelten Kulturen
stets vorhandene vollst&ndige Alkohol- und S&urefestigkeit aller
Bacillenindividuen. Nur in ganz jungen Reinkulturen (ich beobachtete
es in 5- und 7-tagigen primaren Glycerinagarkulturen) begegnet man
zwischen den in der unendlichen Mehrzahl vorhandenen, dunkelrot ge-
bliebenen, d. h. s£urefesten Bacillen auch einigen Stabchen, die nur
blaBrosa gefarbt bleiben, und anderen, die sogar eine schwach blaue
Kontrastf&rbung (mit Methylenblau) annehmen. Bekanntlich haben be-
reits Ehrlich und spater Klein und Marmorek fflr die mensch-
lichen Tuberkelbacillen den Nachweis gefiihrt, daB dieselben in ihren
ersten Jugendformen durch S&uren noch leicht entfarbt werden k5nnen.
Die Lange der einzelnen Bacillen schwankt in den verschiedenen Kul¬
turen und in ein und derselben Kultur nicht unerheblich, etwa zwischen
1,6 und 4,5 gerade wie in der tuberkulosen Schildkrotenlunge selbst
1) Durch das liebenswiirdige Eutgegenkommen der Firma Carl Zeiss-Jena
war es mir moglich, Praparate der Schildkrotentuberkelbacillen in dem mit der neuen
Siedentopfschen Dunkelfeldbeleuchtung versehenen Mikroskop (Apochrom. Imm.
Objekt. 2 mm, Kompens. Okul. 18, Vergrofierung 2250mal) zu betrachten. Durch diese
optische Anordnung, welche eine weseutlich hohere Definition als bei An wen dung dif-
fusen Lichtes gibt, werden gewisse, bisher nicht gesehene Feinheiten der Bakterien-
8truktur sichtbar.
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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus.
653
und wie es fur die meisten Reprasentanten der Gruppe des Tuberkel-
bacillus, insbesondere fur den Kochschen Bacillus selbst, seit langem
bekannt ist. Imraerhin lieC sich als Regel feststellen, daB die auf Gly-
ceringelatine gewachsenen Schildkrotentuberkelbacillen durchschnittlich
urn */ 2 —1 fd kiirzer waren als die von den entsprechenden (22°) Gly-
cerinagarkulturen stammenden und daB die 37°-Kulturen wiederum urn
fast 1 fi langere Bacillenindividuen aufwiesen als die bei niederer Tem-
peratur entwickelten (vergl. Fig. 5 u. 6: 37° resp. 22°-Kulturen der
SchildkrStentuberkulose).
Was die Form der kiinstlich gezBchteten Schildkrbtentuberkel-
bacillen anbelangt, so sieht man gerade verlaufende, kommaformig ge-
bogene, geschwungene Oder geknickte Stabchen, wie sie in jeder vom
Menschen stammenden Reinkultur und auch fast in jedem tuberkul5sen
Sputum nebeneinander zu finden sind. Gerade die bei 37° zu etwas
langeren Formen als bei niederer Temperatur ausgewachsenen Bacillen
der Schildkrotentuberkulose sind auch in ihren mikroskopischen Kultur-
pr¶ten vollig ununterscheidbar von denjenigen entsprecherider
menschlicher Kulturen (vergl. Fig. 4 u. 5: 37°-Kulturen der mensch-
lichen resp. Schildkrotentuberkulose). Um vollig gleiche Verhaltnisse
zu schaffen, wurden von gleichalterigen Kulturen der menschlichen
Tuberkulose einerseits und der SchildkrStentuberkulose andererseits
kleine Mengen mit der Platinnadel auf ein und denselben Objekttr&ger
dicht nebeneinander ausgestrichen, also gleichzeitig gefarbt, entfarbt
u. s. w. — es war vollig ausgeschlossen, auch nur den geringsten Unter-
schied herauszufinden, was Farbung, Form, Lange, Dicke anbetraf.
Wenn es auch, wie A. Kayserling mit Recht hervorhebt, oft
nicht moglich ist, in Reinkulturen von verschiedenen Tuberkelbacillen-
arten (menschliche, Rinder-, Vogel-, Fisch-, Blindschleichentuberkel-
bacillen) im Aussehen der Bakterienindividuen morphologische Diiferenzen
zu konstatieren, fand ich doch die von Moeller aus der kiinstlich
infizierten Blindschleiche, die von Bataillon aus dem kiinslich infi-
zierten Frosch geziichteten Tuberkelbacillen, sowie die Bataillon-
Du bard-Ter reschen Fischtuberkelbacillen in vielen von Reinkulturen
angefertigten Pr¶ten ganz bedeutend kiirzer und meistens dicker
als die menschlichen resp. Perlsucht-, sowie die Schildkrotentuberkel¬
bacillen (selbst als die bei niederen Temperaturen gewachsenen).
AuBerdem berichten Lubarsch und Bataillon iibereinstimmend,
in 9— 10-tagigen Agar- und Serumkulturen der Fischtuberkelbacillen
(die nach der neuen Bataillon-Moeller-Ter reschen Publikation
identisch mit den Moellerschen Blindschleichentuberkelbacillen sind)
reichlich verzweigte Formen, sowie Kornerbildungen und endst&ndige
Anschwellungen gefunden zu haben 1 ). Dagegen sieht man in selbst
viel alteren Kulturen der Schildkrotentuberkelbacillen derartige Formen
nicht. Vielmehr wurden in Reinkulturen innerhalb der ersten 5—6 Wochen
auf alien N&hrb5den nur gleichmSBig homogen gefarbte, nicht gekornte,
unverzweigte Bacillenformen beobachtet, und zwar sowohl in Kulturen
von Eistemperatur, Zimmertemperatur, 22°, als auch in solchen, die bei
37° gewachsen waren.
Erst wenn die Kulturen alter werden (nach 6—8 Wochen), treten
die bekannten und bei alien Tuberkelbacillenarten beob-
1) A. Kayserling erwahnt lange und verzweigte Formen nur in alten Bouillon-
kulturen der Fisch- una Blindschleichentuberkulose.
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654 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXTV. No. 7.
achteten Involutionsformen auf: St&bchen, die mit dunkelroten bis
schwarzroten, endstSndigen, mittelstandigen Oder auch perlschnurartig
aufgereihten Kornchen oder Eugelchen besetzt sind. Noch spater treten
verzweigte und zu langen Kornchenf&den ausgewachsene Formen auf.
Bringt man aber in solchem Zustande befindliches Kulturmaterial auf
frischen Nahrboden, so findet man nach einigen Tagen wieder aus-
schliefilich homogen gefarbte, vollsaftige Stabchen. .
Dagegen bilden die Schildkrotentuberkelbacillen in verunreinigten
Kulturen — insbesondere in Gelatinekulturen, die durch fremde, die
Gelatine verflflssigende Keime verdorben sind — schon nach wenigen
Tagen gekornte, verzweigte Formen und lange Faden. Sie werden dann
in der verfliissigten Gelatine schnell iiberwuchert und bald vollstandig
vernichtet, so daB in derselben nach einigen Wochen saurefeste Formen
nicht mehr zu finden sind.
Genau dieselben Involutionsformen der Schildkrdtentuberkelbacillen,
die in ktinstlichen Kulturen bei Erschopfung des Nahrbodens auftreten,
wurden auch in den beiden tuberkulosen Schildkrotenlungen selbst in
absterbenden (in Verkasung begriffenen) Gewebsbezirken stets und nur
da beobachtet: offenbar siud diese Formen stets ein Ausdruck dafur,
daB das jeweilige Nahrsubstrat der Bacillen ein unzureichendes ist oder
die sonstigen Existenzbedingungen schlechte sind.
Da als solche schlechten Existenzbedingungen natfirlich auch pldtz-
liche groBe Temperaturdifferenzen zu betrachten sind, so ist folgendes
ohne weiteres verstandlich: es wurden, wie im vorigen Kapitel be-
schrieben, von den Eiskulturen, den bei 22 °, sowie den bei 37 0 ge-
wachsenen Kulturen Partikelchen auf neue Nahrboden (ibertragen und
diese sofort far 3 Wochen bei 43° eingestellt; dabei ergab sich, daB
in dem von der 37 °-Kultur stammenden Rohrchen noch einige homogene
Stabchen, in der Mehrzahl aber bereits rosenkranzfdrmige und ver¬
zweigte Formen vorhanden waren; in dem von der 22°-Kultur stam¬
menden Rohrchen (Temperaturunterschied 21 0 !) fanden sich homogen
farbbare Bacillen iiberhaupt nicht mehr, dagegen noch vereinzelte un-
verzweigte Rosenkranzformen, hauptsachlich aber verzweigte Kfirnchen-
faden, die eine hellrosa Grundsubstanz und in ihr in AbstAnden ge-
lagerte dunkelrote Kornchen enthielten; in dem von der Eiskultur
stammenden Rohrchen (Temperaturunterschied ca. 43 °!) waren keinerlei
einzelne Formen mehr erkennbar, sondern das Praparat bestand aus-
schliefilich aus einem saurefesten dichten Netzgewirr von blaBrosa ge-
farbten, vielfach verzweigten und verschlungenen Faden und in den
Knotenpunkten und Maschen des Netzwerkes unregelmaBig liegende
dunkelrote Kornchen und KQgelchen.
Wenn die von Lubarsch aufgestellte Regel, daB die erwahnten
Involutionsformen bei den verschiedenen Tuberkelbacillenarten um so
fruhzeitiger auftreten, „je mehr sich die Pilze einem mehr saprophytischen
Dasein anpassen“, zu Recht besteht, so ware auch in dem spaten Auf¬
treten dieser Formen beim Schildkrfttentuberkelbacillus ein Grund ge-
legen, in diesem trotz seiner weiten Wachstumstemperaturgrenzen keinen
Saprophyten zu erblicken.
IV. Tierversuche
wurden sowohl mit den aus der tuberkulosen SchildkrStenlunge ent-
nommenen moglichst fein zerquetschten und in steriler Bouillon aufge-
schwemmten kasigen Knotchen (in den Versuchsprotokollen kurz
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Friedmann, Der Schildkrfltentuberkelbacillus.
655
,„Lungenkn5tchen u bezeichnet) als auch spfiter rait den frisch ge-
wonnenen Reinkulturen der Schildkrotentuberkelbacillen vorgenomraen.
Dabei war der pathogene Effekt derselbe, gleichviel ob die bacillen-
haltigen Knotchen Oder die reingezfichteten Bacillen selbst verimpft
wurdeu. Auf eine genaue Gewichtsdosierung der zur Infektion be-
nutzten Kulturmengen konnte in diesen ersten Versuchsreihen, die zu-
nfichst einen Ueberblick der Wirkungsweise der Schildkrfitentuberkel-
baciilen („Schkr.T.B. tt oder kurz „T.B. tt bezeichnet) auf die verschiedenen
Tierspecies geben sollten, verzichtet werden. Bei der Reinkulturimpfung
(„R.K. tt bezeichnet) wurde gewdhnlich eine tippig gewachsene Kultur zur
Infektion ffir 10—12 Tiere verwandt, so, daB zunfichst die mit dem
Platinspatel abhebbaren oberfl&chlichen Bakterienmassen in sterile Koch-
salzldsung resp. Bouillon gebracht, sodann der Rest der Kultur mit
wiederholt aufgegossener und umgeschiittelter Fliissigkeit aufgenommen
wurde — diirchschnittlich wurden ffir eine Reinkultur 10—12 ccm
Fliissigkeit verwandt — und durch sorgffiltiges Zerreiben eine moglichst
gleichm&Bige Emulsion hergestellt wurde: von dieser erhielten die
meisten Versuchstiere je 1 ccm. Ein Tropfchen solcher Injektions-
fliissigkeit enthielt nicht gerade besonders zahlreiche, aber immerhin
genfigende — in jedem Immersionsgesichtsfeld 5—10 — Bacillen. Bei
Infektiouen in Hauttaschen wurden natiirlich zerkleinerte Lungenknotchen
resp. eine Platinose der Reinkultur als solche (ohne Fliissigkeit) ver¬
wandt.
Es muB schon hier bemerkt werden, daB fiber die Wirkungsweise
der Schildkrotentuberkelbacillen auf Saugetiere, insbesondere auf Meer-
schweinchen und Kaninchen, hier nicht erschopfend berichtet werden
kann, da diese Tiere zum groBen Teil zur Zeit noch leben und vor-
lfiufig nicht getfitet werden sollen, andere zu bestimmten weiteren Ver-
suchen verwandt wurdeu, die jetzt ebenfalls im Institut des Herrn Ge-
heimrat Her twig fortgeffthrt werden.
A. KaltblUter.
a) 7 Schildkro ten: Emys europae (kleine Sumpfschildkrote) und Testudo graeca
(grofie Landschildkrote).
1) Emys 3. Jan. 1903. Lungenknotchen in die rechte Lunge inji-
ziert.
Tot 23. Febr. Beide Lungen bis auf einzelne kleine noch lufthaltige Ab-
schnitte vollstandig infiltriert, auf der Oberflache zahllose kasige Knot¬
chen, die enorme Tuberkelbacillenmassen enthalten, ebenso Leber von
zahllosen weifien Piinktchen und Knotchen durchsetzt, Milz, die stark
geschwollen, ebenfalls mit zahlreichen Knotchen. Mikroskopisch: Lungen-
schnitte, die das ganze Organ der Lange nach getroffen haben, zeigen in einigen Be-
zirken ganz normales bacilienfreies Gewebe und plotzlich, mit scharfer Grenze ein-
setzend, tuberkulos erkranktes Gewebe: grdfiere bronchopneumonische Herde, in denen
alle Alveolen mit Tuberkelbacillenhaufen und dazwischen liegenden Leukocyten ausge-
cossen sind. Kleinere und grofiere Blutgefafie im perialveoiaren und peribronchialen
Gewebe enthalten grofie Bacillenhaufen; in einer sehr grofien Arterie, offenbar
dem Hauptast der Lungenarterie oder dieser selber, findet sich, nach Art eines wand-
standigen Thrombus, eine riesengrofie ballenformige Tuberkelbacillen-
auflagerung. In einem diffusen tuberkulosen Granulationsgewebe sind stellenweise
die Rundzellen dicht mit Bacillen vollgestopft, auch finden sich hier und
da Andeutungen von Caput medusae-Formen (vergl. meine zitierte Arbeit in der Zeitschr.
f. Tuberkul.) und kleinen saurefesten Keulen, andere Abschnitte dieses Gewebes sind ziem-
lich bacillenarm. Schnitte durch Hauptbronchus und Trachea zeigen im Lumen dieser
Organe massenhafte, fast ausschliefilich in Rundzellen gelegene Tuberkelbacillen. —
Leber ganz und gar derartig mit Tuberkelbacillen uberschwemmt. dafi fast in jedem
Gesichtsfelde, selbst bei starker Vergrofierung, grofiere Bacillenhaufen liegen; vor
allem in der nachsten Umgebung von Pigmentanhaufungen stets
massenhafte Bacillen; oft sind diesel ben zu lan gen Faden ausgewachsen; bis-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
weilen liegen in grofien Haufen saurefester Bacillen einige blaugefarbte Individuen.
Zahlreiche zellarme verkasende KnStchen, die enorme Bacillenmassen enthalten. Auch
in grofieren Pfortaderasten wurden zahlreiche Bacillen gcsehen. Milz
ebenfalls von verkasenden, kaum noch kernhaltigen Knotchen durchsetzt, dieTuberkel-
bacillen in grofier Menge enthalten; zwischen den Knotchen unverandertes, gut farb-
bares, bacillenfreies Mnzgewebe. Im wesentlichen ist das retikulare Gewebe der ba-
cillaren Invasion und Verkasung anheimgefallen, wahrend die Follikel groBenteils intakt
geblieben sind.
2) Emys. 3. Jan. 1903. Lungenkn btchen rechter Lunge injiziert,
E jtdtet 3. April. Lungen, Leber und Milz von kasigen KnStchen durchsetzt. Aus der
unge dieses Tieres werden wieder Reinkulturen gezuchtet.
3) Testudo. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. r. Lunge.
17. Febr. moribund getotet. Im Schleim, der aus dem Maul fliefit, aufier zahlreichen
anderen Bakterien auch Schkr.T.B. Lungen groBenteils infiltriert, stellenweise Ver-
kasungen, Leber ockergelb, hochgradig atrophisch. Mikroskopisch: Lungen mit der-
artigen Massen von Schkr.T.B. iiberschwemmt, daB die Schnittpraparatc ganz
rot aussehen. Alveolen von Bacillcnschwarmen ausgegossen. Vor allem abcr sind die
grSfieren Blutgefafie, die auch im Lumen zahlreiche T.B. enthalten, von dicken
Kingen umschlossen, welche aus enormen T.B.-Massen bestehen. Grdfiere
kemarme, in Verkasung begriffene Gewebspartieen mit massenhaften T.B. Hier kommen
langere komige Bacillcnformen vor, wahrend dieselben im ubrigen kurze homogene
Staochen darstellen. Auch Lymphspalten mit T.B. ausgegossen. Leber ebenfalls voll
von enormen Massen T.B. Zahlreiche, in Verkasungbegriffene, nur noch
schwach farbbare Knotchen, ebenfalls sehr reich an T.B. Nieren: T.B. hier
zu langen kornigen Faden ausgewachscn, besonders zahlreich im interstitiellen Grewebe.
Bisweilen auch Harnkanalchen voller T.B. Hoden: Kerne stellenweise mit
leuchtend rotem (saurefesten) Kernkorperchen und Kerngeriist. Keine
histologischen Veranderungen, keine T.B. gesehen.
4) Testudo. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. r. Lunge.
17. Febr. wird genau gleichzeitig mit der vorigen moribund; getotet. In dem aus
dem Maul Jliefienden Schleim gleichfalls T.B. und zanlreiche andere Bakterien. R. Lunge
tuberkulos krank, vereinzelte kasige Knotchen, ziemlich gleichmaBig infiltriert. Leber
und Milz geschwollen, triibe aussehend, Knotchen enthaltend, Nieren ohne Ver-
anderung. Mikroskopisch: Lungen: Diffuses Granulationsgewebe mit kolossalen
T.B.-Massen, inmitten der weitaus iibcrwiegenden Mehrzahl der saurefesten, auch mit
der Gegenfarbe (Methylenblau) gefarbte Bacillen und Uebergangsstadien zwischen beiden.
Leber mit geradezu unglaublichen T.B.-Massen durchsetzt, so daB die
Schnitte fast vollkommcn rot bleiben. Milz durchsetzt von unzahligen
kernarmen verkasenden und verkasten Knotchen, die mit T.B. vollge-
stopft sind. Follikel groBenteils ganz frci von T.B., gut farbbar. Nieren enthalten
auch viele T.B.-Haufen, aber nicht so reichlich wie die anderen Organe.
5 ) Testudo. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal.
13. Febr. tot. Das ganze Peritoneum 1 ) von den Lungenspitzen bis zur Blase mit
zahllosen dicht gestellten, bacillenreichen, kasigen Knotchen iibersat,
auch zahlreiche, im Mescnterium sitzende, wie kleine Driisen aussehende verkiiste Knot¬
chen. Leber triibe verfarbt, mit zahlreichen Knotchen, Milz stark geschwollen,
enthalt ebenfalls Knotchen. Mikroskopisch: Die Peritonealknotchen
bestehen aus Zellen, die von dichten Haufen leuchtend roter T.B. vollgestopft sind.
Lungen keine nennenswerten Veranderungen, stellenweise dichte T.B.-Haufen,
andere Bezirke bacillenfrei; dagegen Leber ganz und gar von kolossalen T.B.-
Massen durchsetzt, die groBenteils periacinose Herde bilden. Nieren von
enormen T.B.-Massen iiberschwemmtdie groBenteils in den Glomeruli liegen,
derart, daB fast in jedem Glomerulus T.B.-Nester vorhanden sind, auch
in groBeren BlutgefaBen, und zwar sowohl zwischen als in den roten Biutkorperchen
viele T.B. Auch zahlreiche T.B. im interstitiellen Gewebe, sowie vereinzelte im Epithel.
Stellenweise Caput medusae-Herde von T.B. Hoden: rote Biutkorperchen entnalien
zum Teil T.B.
0) Emys. 3.•Jan. 1903. Lungenkndtehen. Hauttasche (r. Schulter).
5 . Marz moribund getotet An der Infektionsstelle groBer kasiger Herd, die ge-
nahte Hautwunde iiber dieser Stelle gut verheilt. Leber voller Knotchen, auch
eine grobere fleckige Sprenkelung aut der Oberflache sichtbar, fibrindse Auflagerungen
auf dem Peritonealuberzug, Milz durch derbe peri ton itische Adhasionen fixiert. Linke
Lunge lufthaltig, rechte zeigt zahlreiche Knotchen, ist von fester Kon-
sistenz, sinkt im GefaB sofort zu Boden. Mikroskopisch: Leber enthalt Tuberkel,
1) Die Schildkrotenlungen sind ventral und kaudal vom Peritoneum xiberzogen,
dorsal dagegen direkt der Schildplatte angewfcchsen.
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Friedmann, Der Schildkrfltentuberkelbacillus.
657
die den im Meerschweinchenkorper (s. unten) durch Schkr.T.B. erzeugbaren sehr ahn-
licb sehen, nur sind bier im Kaltblfiterkdrper die Schkr.T.B. in der Regel viel
Hager und in dieeen Kndtchen in viel groBerer Menge vorhanden als beim Warm-
bliiter. Zahlreiche typischeCaputmedusae-Formen, auch Andeutung von Strahlen-
herden. Lunge enthalt stellenweise konfluierende zellarme Kndtchen mit mallig
zahlreichen Bacilien. Milz: Massen von T.B.-Nestern, Caput medusae-Formen.
Niere: Im interstitiellen Gewebe zahllose T.B.-Haufen. Ovarium: T.B. oder
histologische Verfinderungen nicht gesehen. Herd an der Infektionsstelle: ver-
kasendes Gewebe, enorme Massen von T.B., keine Strahlenherde.
7) Emys . 3. Jan. 1903. Lungenknotchen. Hauttasche (r. Schulter).
22. Marz tot. An der Infektionsstelle groflerer kasiger Herd, Hautwunde ver-
heilt Leber und Milz Knotchen. Mikroekopisch: Leber stellenweise Haufen von
T.B., zahlreiche Leberzeilenkerne mit rotem Kernkorperchen, ebenso Zellen mit roten
fsaurefesten) Granula. Milz sparliche T.B. In dem verkasenden Gewebe an der In-
iektionsstelle Haufen von T.B., zum Teil langer Kdrnchenfaden, zum Teil homogen
g ifarbter Bacilien, sowie groBe homogenisierte saurefeste Schollen, die offenbar durch
inschmelzung von T.B.-Haufen entstanden sind (vergl. meine zitierte Arbeit uber die
Schildkrotentuberkulose).
b) 2 Ringelnattern.
8) Ringelnatter. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal*
12. Febr. tot. In der Leber und auf dem ganzen Peritoneum zahllose
kasige Kndtchen, die massenhafte T.B. enthalten. Lungen groflen teils
infiltriert, zahlreiche Kndtchen. Darmperitoneum vielfach mit dicken, fibribinds
kasigen Auflagerungen bedeckt. Mikroekopisch: Leber von so enormen T.B.-
Massen durchsetzt, daB auf Schnitten die Bacillenhaufen viel mehr
Raum einnehmen als das Gewebe. Zum Teil erscheinen die T.B. in Form langer
Faden, in einigen Haufen finden sich Individuen, die nicht saurefest, sondern meta-
chromatisch gefarbt sind. Lunge: Auchhier ist die Vermehrung der Schkr.T.B.
eine ganz ko I os sale. Alveolen grofienteils von dichten Bacillenschwarmen erfiillt,
diffuses tuberkuloses Granulationsgewebe mit Bacilien massen, die nur das glatte Muskel-
gewebe verschonen. Ausschliefilich saurefeste Formen, meist homogen gefarbte Bacilien,
aber stellenweise auch Kdrnchenfaden und Streptobacillen. Langssclmitte durch den
Darm zeigen, dafi die Lymphspalten des Peritoneums voll von meist
intracellular liegenden T.B. sind, auch die Blutgefafle des Darmes enthalten in
Wand und Lumen zanllose T.B., dagegen wurden in der Mucosa und Submucosa, sowie
im Darmlumen keine gesehen. Niere: Im interstitiellen Gewebe hier und da Bacillen-
haufchen, in den Glomeruli keine gefunden. Hoden zeigt auf der Oberflache des
Organes sehr zahlreiche T.B., im Innern keine.
Aus der Leber dieser Ringelnatter wurden Reinkulturen gewonnen, die
von den aus der Schildkrotenlunge ffeziichteten in einigen Punkten differierten, und
fiber die spater benchtet werden wira.
9) Ringelnatter. 3. Jan. 1903. Lungenknfitchen intraperitoneal.
Das Tier magert trotz guter Pflege auflerordentlich stark und zusehends ab und wird
am 20. Febr. in schwerkrankem Zustande getotet. Peritoneum und Leber voller
gelber kasiger Knotchen, Milz geschwollen, ebenfalls mit zahlreichen
Kndtchen, Milzsaft enthalt massenhafte T.B. Lungen scheinbar intakt. Mikro-
skopisch: Lungen zeigen keinerlei Veranderung, auch Keine T.B.; Leber von T.B.-
Haufen durchsetzt, und zwar toils gleichmaftig gefarbte Bacilien, teils Rosenkranz-
formen, teils auch verzweigte Faden (aber letztere Formen wie immer nur in ver-
kasendem Gewebe). — In grofieren Bezirken ist das Gewebe der Leberzellenbalken
diffus rot geblieben (trotz intensiver Enttarbung des Praparates), wahrend das
zwischen denselben befindliche Bindegewebe die blaue Kontrastfarbe angenommen hat.
Man hat den Eindruck, als ob die aus den Tuberkelbacillen stammende saurefeste Sub-
stanz gerade zu dem Lebeiparenchym Affinitat habe und in demselben zur Auflosuog
gekommen ist Ffir diese Deutung spricht auch die Tatsache, dafl, wahrend sich in
aem blaugefarbten Bindegewebe TiB. nicht finden, man in den roten Leberzellenbalken
stellenweise fast unentwirrbar dichte T.B.-Ansammlungen antrifft und deren successive
Homogenisierung und Einschmelzung verfolgen kann. Ferner beobachtet man bisweilen
mitten in diesem saurefesten Leberzellengewebe T.B.-Haufen, die metachromatisch blau
gefarbt sind, also ihre saurefeste Substanz eingebtifit haben, und es liegt die Ver-
mutung nahe, dafi diese saurefeste Substanz eben in das umgebende Gewebe diffundiert
ist. Jedenfalls ist diese erhebliche Saurefestigkeit des Leberzellen-
gewebes bemerkenswert und findet sich unter normalen Verhaltnissen nicht.
c) 6 Blindschleichen.
10) Blindschleiche. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal.
20. Jan. tot. Auf dem ganzen Peritoneum miliare und submiliare gelbe
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 42
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
k&sige Kndtchen, die zahlreiche T.B. enthalten. Leber grofiere oberflach-
liche gelbe Knofcen, ebenso Milz. Lungen infiltriert, kasige Knotchen.
Mikroskopisch: In Leber, Milz, Lungen zahlreiche kernarme kasige Kndtchen,
die T.B. enthalten, Nieren geringe interstitielJe Infiltration, T.B. nicht gefunden.
11) Blindschleiche. 3. Jan. 1903. Lungenkndtchen intraperitoneal.
8. Febr. tot. Triibe Schwellung der abdominalen Organe. In Leber, Lunge, Milz
histologische Veranderungen oder T.B. nicht gefunden.
12) Blindschleiche. 3. Jan. 1903. Lungenkndtchen intraperitoneal.
20. Febr. getotet. Auf detn Peritoneum und in der Leber ganz yereinzelte Knot¬
chen, zanlreichere in der Milz. Milzsaft enthalt reichliche T.B. Lungen
scheinbar intakt (makroskopisch). Mikroskopisch: Leber yereinzelte Knotchen mit
T.B., zahlreiche Zellkerne mit roten Kernkorperchen. Lunge normal, keine T.B.
13) Blindschleiche. 3. Jan. 1903. Lungenkndtchen intraperitoneal.
26. Febr. getotet. Rechte Lunge zeigt auf der OberQache zahlreiche kasige
Kndtchen, linke nicht. Leber ockeijgelb, atrophisch, kasige Knotchen. Milz
yereinzelte Kndtchen. Mikroskopisch: Rechte Lunge zeigt auf ihrem serdsen
Ueberzug, aber nicht im Innern des Organee, zahlreiche helle, kaum noch farbbare
verkasende Kndtchen, welche sehr zahlreiche, gr often teils auch strahlenfdrmig gelagerte
(Caput medusae) T.B. enthalten, meist kornige Bacillen. In Milz und Leber spar-
Uche T.B. in den Kndtchen. Niere: Zahlreiche Kerne des interstitiellen Gewebes mit
saurefesten Kernkorperchen, T.B. nicht gefunden. Ovarium: Gran ulation sgewebe mit
sehr zahlreichen T.B., dagegen in den Eiern keine gefunden.
14) Blindschleiche. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal.
(Bei der Injektion wurde ein grofleres Bauchgefaft verletzt.)
26. Jan. tot. In der Peritonealhohle kleines Blutgerinnsel, Kndtchen noch nirgends
zu sehen. Abdominalorgane stark injiziert (gerdtet). Mikroskopisch: Leber ganz
durchsetzt von kleinen T.B.-H&ufchen, die sich vorzugjsweise innerhalb und
in nachster Nahe der Pigmentzellen finden. Aufier geringer interstitieller Zellwucherung
keine histologische Veranderung. Peritoneum dicht erfiillt von Leukocyten, die mit
T.B. vollgestopft sind („Phagocyten u ) (vergl. Fig. 8) und lockenformige T.B.-Haufen.
Die ganze Darmwand in alien Schichten von T.B. durchsetzt, auch im Darm-
inhalt neben zahlreichen anderen Bakterien vieleT.B. Lungen: Nur in Pigmentzellen
yereinzelte T.B., keine histologtechen Verfinderungen. Nieren: Vereinzelte
T.B. in den Harnkanalchen und Blutgefafien.
15) Blindschleiche. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal.
29. Jan. tot. Auf dem Peritoneum zahlreiche Kndtchen, die ebenso wie
dicke, fibrinos kasige Lungenauflagerungen enorme Mas sen von T.B. enthalten.
Lungen seibst in den unteren Partieen blafi, oben cyanotisch, schlaff. Leber ge-
schwollen, mit kaum sichtbaren weifien Punktchen. Milz prall, dunkelrot. ill
Leber, Lungen und Nieren finden sich nur innerhalb und in nachster Nahe der Pig-
mentzellen T.B., die meisten diesmal in den Nieren. Histologische Veranderungen
nicht zu konstatieren.
d) 2 Eidechsen.
16) Eidechse. 3. Jan. 1903. Lungenkndtchen subkutan und intra¬
peritoneal.
In der 3. Woche nach der Infektion wird das his dahin sehr lebhafte Tier matt
und ist am 27. Jan. tot. Das ganze Peritoneum voller miliarer und sub-
miliarer Kndtchen, die enorme Massen von T.B. enthalten. Leber gelb,
atrophisch. Mikroskopisch: Die Peritonealkndtchen bestehen nur aus Zellen,
die mit T.B. vollgestopft sind und wie Leprazellen aussehen. Im subkutanen
Bindegewebe an der Infektionsstelle abgekapselte kasige Herde, die lange kornige, bis-
weilen auch metachromatisch gefarbte T.B. enthalten. Leber aufs hochgradigste ver-
andert, Leberzellen fast vollstandig zu Grunde gegangen, verfettet, da, wo dberhaupt
noch schmale Zellbalken vorhanaen sind, finden sich nur minimal kleine Zellkerne.
Die ganze Leber von enormen T.B.-Massen durchsetzt. In der Darmschleimhaut
finden sich typische Tuberkel mit Riesenzellen und vereinzelten T.B.
(SchluB folgt)
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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri u etc.
659
Nachdruck verboten.
Ueber die Aetiologie von „Ekiri“, einer eigentiimlicheii,
sehr akuten, ruhrartigen, epidemischen Kinderkrankheit
in Japan.
Von Dr. Snkehiko Ito aus Fukuoka (Japan).
(Schlufi.)
Kapitel V.
Widalsche Beaktion.
V orbemerkungen.
1) Die Widalsche Reaktion fuhrte ich nur an h&ngenden Tropfen
aus, weil es zu schwer war, eine reichliche Menge Blutserum von den
erkrankten Kindern zu gewinnen, ohne die Geftthle der Eltern, auf welche
der Arzt in Japan besondere Rflcksicht nehmen mufi, zu verletzen.
Zur Kontrolle batte ich die Reaktion auch mit Tierserum ausgefOhrt.
2) Bei der Gewinnung des Blutes befolgte ich dieselbe Methode,
wie bei der Gewinnung humanisierter Lymphe aus vaccinierten Kindern,
d. h. die Armhaut wurde mit der Impfnadel gestochen und das erhaltene
Blut in Glaskapillarrdhrchen aufbewahrt
3) Unter positiver Reaktion mochte ich folgendes verstanden wissen:
Einzelne Bacillen miissen sich kubisch zu einem so grofien Klumpen,
daB er makroskopisch Oder mit Hilfe der Lupe deutlich wahrnehmbar
ist, konzentrisch ansammeln. (Bei deutlichster Reaktion sammelten sich
die Bacillen im ganzen Tropfen an, manchmal sogar nur zu einer einzigen
grofien Masse). Nur einfaches AufhSren der Eigenbewegung Oder -Still-
stehen in kleinen, flachen, einschichtig nebeneinander angesammelten
Figuren mOchte ich nicht als echte Reaktion betrachten.
4) Ekiri- und andere Bacillen, welche ich zu dieser Untersuchung
verwendete, wurden in Bouillon gezflchtet oder auf schrttg erstarrte
Agaroberfl&chen gestrichen; die letzteren wurden beim Gebrauch mit
sterilisierter Aqua destillata verdiinnt. Alle .Kulturen hatten 24—48
Stunden im Brutschrank gestanden.
5) Bei der Feststellung der Reaktion einzelner Bakterien hatte ich
zur Kontrolle immer auch die Bakterien, denen kein Serum zugeffigt war,
in gleicher Verdiinnung und unter Beobachtung derselben Technik unter-
sucht. Die Bakterien waren auf gleichzeitig bereiteten N&hrbbden ge-
zuchtet und hatten auch dieselbe Zeit fiber im Brutschrank gestanden.
6) Der von mir in diesem Kapitel als „Dysenteriebacillus“ bezeich-
nete hat mit dem von Shiga entdeckten „Bacillus dysenteriae“
dieselben Eigenschaften und denselben agglutinierenden Charakter, der
sich durch Hinzufiigen des Blutserums von Dysenteriekranken oder von
solchen, welche die Krankheit bereits ttberstanden haben, zeigte. Diesen
Bacillus hatte ich aus dem Stuhl des Dysenteriekranken isoliert, nach-
dem Shiga ihn entdeckt hatte.
I. Widalsche Reaktion der Blutsera, gewonnen von
Menschen, die Ekiri Qberstanden haben, gegen Ekiri-
bacillen.
Er»ter Fall.
A. Krankengeechichte.
5-jahr. Knabe M. T. Ausbruch der Krankheit: 13. Okt. 1898.
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660
Gentralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
Bis zum Tage vorber war er ganz gesund. Am 13. nachmittags hatte er einmal
weichen Stuhl in groGer Menge; sonst Seine besonderen Erscheinungen. Am Abend
urn 7 Uhr wurde er nach kurzem Bade plotzlich blaG und sah ernstlichkrank aus. Um
8 Uhr allgemeine heftige Konvulsion 2 Stun den lang. Nach 3maligem Gebrauch von
Chloralhydrat per rectum erst lieG der Krampf nach. Wahrend des Krampfes normale
Korpertemperatur; nach dem Krampf aber, gegen 10 Uhr, stieg sie bis auf 38,5° C.
14. Okt. 1898. Fruhmorgens um 2 Uhr Diarrhoe: griinlich, schleim ig, mit
mehreren erbsen- bis bohnengroGen Kliimpchen gemengt, aber kein Blut. Die Zahl
der Stuhlg&nge nicht frequent, bis 8 Uhr 6mal; kein Tenesmus. Ich diagnostizierte
aus den obigen Erscheinungen Ekiri. Die Kdrpertemperatur stieg bis auf 40° C. Von
morgens 8—10 Uhr 4mal Diarrhbe von derselben Beschaffenheit. Niemals Tenesmus.
Um 10 Uhr vormittags hatte ich die Irrigation des Darmes nach meiner Methode
ausgefuhrt, wobei kleine Mengen von Schleim entleert wurden. Nachmittags einige
Stiwle mit gelblichen, erbsengroGen Kliimpchen und sparlichem Schleim. Um 5 Uhr
sank die Temperatur bis auf 38,0° C herab. Befinden des Kin des schon besser. Am
18. vollstandig gesund.
B. Wiaalsche Reaktion.
Am 18. Jan. 1899, also voile 3 Monate nach der Heilung, entnahm ich Blut dee-
selben Knaben und untersuchte es 5 Stunden spater, indem ich es 20fach verdiinnte.
Nach 2 Minuten trat deutlich die Reaktion ein. Kontrollekiribacillen, d. h. solcbe, denen
kein Serum zugefugt war, agglutinierten gar nicht, sogar nicht nach 4 Stunden; sie
setzten ihre eigene Bewegung tort, ohne die Lebhaftigkeit derselben zu verandem.
Am 4. Febr., 2 Wochen nach der Gewinnung, wurde getrocknetes Blut mit Aq.
dest. gelost (verdunnt etwa 1:20) und wieder auf seine agglutinierende Wirkung unter-
sucht Die charakteristische Reaktion fing schon nach 15 Minuten an und war nach
30 Minuten ganz deutlich. In einer Verdiinnung 1:50 zeigte sich nach 20 Minuten
Reaktion una deutlich nach 50 Minuten.
Zweiter Fall.
A. Krankengeschichte.
3-jahr. Madcnen T. T. (Schwester des vorigen). Ausbruch der Krankheit: 14.
Okt. 1898.
Bis zum Tage vorher war das Kind ganz gesund und spielte munter umher. Es
hatte regelmaGig jeden Tag einmal geformten Stuhl. Am Morgen des 14. Okt. entleerte
sich aber einmal weicher Stuhl. Um 1 Uhr nachmittags trat Fieber ein, 38,8° C, und
die Stimmung war schlecht. Um 4 Uhr nachmittags stieg die Kdrpertemperatur schon
bis auf 40,1° C, die Pat. war soporos. Durch Irrigation entleert sich griinlich-schlei-
miger Stuhl in groGer Menge. Nach dieser Applikation wurde sie etwas Komatos; Puls
schwach, 130 in der Minute. Um 6 Uhr nachmittags trat Konvulsion ein, welcbe
durch Klistier von Chloralhydrat nachlieG. Nach dem Klistier entleerte sich Schleim
in grofter Menge mit vielen erbsengroGen gelblichen Kliimpchen, aber kein Blut Nie
Tenesmus. Der Zustand besserte sich immer mehr und am 18. m. c. war die Kleine
wieder ganz gesund wie friiher.
B. Wiaalsche Reaktion.
Am 18. Jan. 1898, also voile 3 Monate nach der Heilung, entnahm ich Blut des-
selben Madchens, untersuchte es 5 Stunden spater. Ich erhielt folgendes Resultat:
Am 18. Jan. In der Verdiinnung 1:20 zeigte sich eine deutliche Reaktion erst
nach 20 Minuten, 1:10 verdunnt aber schon nach 5 Minuten, in einer Verdiinnung
1:5 sogleich deutliche Reaktion.
Am 20. Jan. untersuchte ich 48 Stunden lang auf einer Glasplatte angetrocknetes
Blut, indem ich es mit Aq. dest. im Verhaltnis 1:10 verdiinnte. Die Reaktion war
schon nach 3 Minuten erkennbar, nach 5 Minuten aber ganz deutlich.
Resultat der Kontrolluntersuchung fiel genau wie beim ersten Fall aus.
Dritter Fall.
A. Krankengeschichte.
25-jahr. Frau (friiher Amme, jetzt Kinderfrau des ersten Kranken). Ausbruch der
Krankheit: 15. Okt 1898.
Am 15. Okt. hatte sie 4malige DiarrhOe von unbekannter Beschaffenheit Nach¬
mittags trat Fieber ein, das gegen Abend schon bis auf 39,0° C stieg, Der funfte Stuhl
war blutig-schleimig. In der Nacht hatte sie lOmal Stuhigang. Am nachsten Morgen
hbrte das Fieber auf. Von 4 Uhr vormittags bis 8 Uhr nachmittags 4mal Stuhle von
derselben Beschaffenheit Bei den Stuhlgangen hatte die Pat niemals Tenesmus.
Anmerkung: Bei den Erwachsenen verlauft die Ekirikrankheit, wenigstens nach
meiner Erfahrung, in der Regel rudimentar.
B. Widalsche Reaktion.
Das Blut wurde am 18. Jan. 1899, also voile 3 Monate nach der Heilung, ent-
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Ito, Ueber die Aetiologie yon „Ekiri“ etc. g61
nommen und 5 Stunden spater untersucht in der Verdunnung 1:10. Die Beaktion
trat sogleich ein.
Am 6. Febr. untersuchte ich es wieder in der Verdunnung 1:5; die Beaktion
war sogleich ganz deutlich. In der Verdunnung 1:10 war sie erst nach 5 Minuten klar
erkennbar.
Kontrolluntersuchung genau wie beim ersten Fail.
Vierter FalL
A. Krankengeschichte.
17-jahr. Madchen M. K. Ausbruch der Krankheit: 24. Juni 1898.
Bis zum Mittag des genannten Tages war es ganz gesund. Um 5 Uhr nach-
mittags trat plfttzlich Frosteln und holies Fieber auf, 40,0° (J, Kopfschmerz und zwei-
malige Stuhle von weicher, wahrscheinlich nicht beeonderer Beschaifenheit. Der Vater,
Dr. med. G. K., fuhrte Irrigation des Darmes aus f weil er Ekiri vermutete. In der
Nacht hatte die Pat. einige Mai schleimige Stuhle ohne Tenesmus. Am 25. Juni 7 Uhr
vormittags sah die Pat. sehr matt aus. Gesicht und Mundlippen waren ganz blafi bis
erdfarbig. Der Leib war im allgemeinen gegen Druck empfindlich, iedoch nicht ge-
spannt, sondern weich und ohne fuhlbare resistente Stelle. Puls sehr schwach und
frequent, 150 in der Minute. Stuhle eitrig-blutig, mit sparlichem Schleim; Farbe und
Konsistenz der Stuhle war mit hellrot gefarbtem, halbgekochtem Ruhrei vergleichbar.
Stuhlgange waren frequent und stimdlicn lmal oder alle 3 Stunden 2mal; die einmalige
Stuhlmenge war relativ reichlich, etwa 100 g. Bei der Stuhlentleerung wurde keine
Spur von Tenesmus beobachtet. Um 10 Uhr vormittags Radialpuls nicht mehr fiihlbar.
Durch mehrmalige subkutane Injektion mit Kampferol war er kaum merkbar. Um
6 Uhr abends deutlich fiihlbar, aber immer noch sehr schwach. Stuhlgange waren
vom Mittag an nicht mehr frequent und griinlich-schleimig, selten mit Eiter und Blut
vermengt. Bei der Pat. wurde 4malige Irrigation des Darmes vorgenommen und 2mal
K&lomd und Inf. digit, mit Rotwein per os appliziert. Vom 26. Juni an allmahlich
gebessert und am 29. keine Diarrhde mehr, also gesund.
B. Widalsche Beaktion.
Das voile 7 Monate nach der Heilung entnommene Blut wurde 24 Stunden spater
in der Verdunnung 1:10 untersucht. Negatives Besultat. 36 Stunden spater mit
anderer Kultur von „Ekiriba£illus“ untersucht (auch 1:10); Besultat wieder negativ.
Auch in der verminderten Verdunnung 1:2 hatte ich immer nur negative Besultate.
Funfter Fall.
A. Krankengeschichte.
12-jahr. Knabe J. O. Ausbruch der Krankheit: Sommer 1897.
Nahere Krankengeschichte ist nicht ganz klar, weil dieser Fall nicht auf eigener
Beobachtung beruht. Aber es ist nach den Angaben seines Vaters, Prof. Dr. med. H. O.
und des Dr. med. G. K. (des Vaters vom vorigen Madchen, 4. Fall) ganz sicher, dafi
der Knabe an zweifelloser Ekiri, und zwar in schwerer Form, gelitten hatte.
B. Widalsche Beaktion.
Das am 7. Febr. 1899, also etwa l 1 /, Jahre nach der Heilung, entnommene Blut
wurde 24 Stunden spater untersucht. In der Verdunnung 1:10 war die Beaktion so¬
gleich, und bei 1:20 nach 2 Minuten sehr deutlich, bei der Kontrolluntersuchung zeigte
sich keine Spur von Beaktion l ).
Resumiert man das Resultat des Kapitels, so ergibt sich:
Der Verfasser hat in 5 Fallen, in denen Ekiri flberstanden wurde,
das Blut untersucht, um die Widalsche Reaktion beim Ekiribacillus zu
priifen, und folgende Resultate bekommen:
4 unter 5 Fallen fielen positiv aus. Nur 1 Fall, bei dem schon
7 Monate nach der Heilung verlaufen waren, zeigte negatives Resultat.
Es ist jedoch mdglich, dafi bei diesem Fall sogenannte Agglutinine schon
aus dem Korper ausgeschieden wurden, weil schon ein ziemlich langer
Zeitraum seit der Heilung verstrichen war. Wenn ich die Untersuchung
inuerhalb 3 Monaten nach der Heilung vorgenommen hatte, so hatte
sich wahrscheinlich ein positives Resultat ergeben, wie im 1., 2. und
3. Fall.
1) Das ganze Verfahren bei der Beaktion und der Kontrollreaktion habe ich
seiner Zeit auf dem medizinischen Kongrefi zu Fukuoka ausfiihrlich demonstriert.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
Wie lange Agglutinine sich im Blute halten konnen, ist von mannig-
faltigen Bedingungen, z. B. von der Art, der Schwere der Krankheit,
von der Individualit&t und anderem abhangig, und die Dauer daher sehr
schwankend. Aus diesem Grande ist es leicht erklSrlich, warum die
Reaktion bei Fall 4 negativ ausfiel, wahrend bei dem 5. Fall, wo die
Untersuchung nach viel spaterer Zeit (erst nach l 1 /, Jahren) vorge-
nomrnen wurde, ein positives Resultat sich ergab. Nach den Erfahrungen
aber, die wir bis jetzt mit Ekiri geraacht haben, ist es sehr schwer zn
entscheiden, ob Agglutinine im 4. Fall abnorm lange im K5rper aufbe-
wahrt blieben. Doch kann ich nach den Resultaten meiner Untersuchung
behaupten, daB das Blut von Menschen, welche Ekiri iiberstanden haben,
nach 3 Monaten, moglicherweise auch nach P /2 Jahren immer noch positive
W i dalsche Reaktion gegen den Ekiribacillus zeigt und daB defihalb der
Ekiribacillus mit der Ekirikrankheit in sehr innigem Zusammenhange steht.
Kapitel VI.
Reaktion des Blutserums von Menschen, welche Ekiri
iiberstanden haben, gegen die dem Ekiribacillus ahnlichen
Bakterien.
I. Bact. coli commune.
Das Blutserum aus dem 2., 3., 4. und 5. Fall zeigte keine Reaktion
gegen den C 0 1 i - Bacillus.
Nur das Serum des ersten Kranken (Fall 1) in der Verdiinnung 1:20
fing erst nach 30 Minuten an zu agglutinieren. Die Reaktion war je-
doch ganz undeutlich; es sammelten sich an etwa 6 Stellen ca. 5—6
Bacillen zu kleinen Klflmpchen, wahrend alle fibrigen Bacillen isoliert
blieben und ihre eigene Bewegung fortsetzten. Diese Erscheinung anderte
sich nicht; auch bei wiederholter Untersuchung, sogar noch nach 4
Stunden, blieb das Bild immer das gleiche.
Es ist eine bekannte Tatsache, daB das Blutserum gesunder Menschen
Oder solches von frflheren typhus-, dysenterie-, darmkatarrh- etc. kranken
Menschen selten den C 0 1 i - Bacillus agglutiniert und meist nicht sehr
deudiche Reaktion zeigt, wie etliche Autoren und ich selbst oft zu be-
obachten Gelegenheit hatten. Das Serum von einstigen Ekirikranken
miiBte also, theoretisch betrachtet, ahnlich auf den Ekiribacillus aggluti-
nierend wirken. Von der sicheren Tatsache konnte ich mich aber durch
Beobachtung noch nicht tiberzeugen. Ich habe nur im ersten Fall eine
rudimentare, d. h. so undeutliche und zweifelbafte Reaktion wahrge-
nommen, daB ich sie nicht ftir echte Reaktion halten konnte, wie ich
schon im vorigen Kapitel erwahnt habe.
II. Typhusbacillus.
III. Dysenteriebacillus.
Auf diese letzteren beiden Bacillen zeigte das Blutserum aller
fflnf frflheren Ekirikranken keine Spur von agglutinierender Reaktion,
wahrend sich fflr Ekiribacillen sehr deutliche Reaktion ergab, wie ich
schon bemerkte.
Kapitel VII.
Reaktion der Blutsera von gesunden und kranken
Menschen (auBer Ekiri) gegen den Ekiribacillus.
A. Blutserum von gesunden Menschen, d. h. von solchen, welche
niemals an Ekiri gelitten haben:
Ich habe in etwa 20 Fallen Serum auf sein agglutinierendes Ver-
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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc.
663
mdgen gegen Ekiribacillen untersucht, aber niemals eine positives Re-
sultat erhalten.
B. Blutserum von Typhuskranken:
1) Blutserum eines 6-jahrigen Knaben, welches am 6. Tage der
Krankheit entnommen war, reagierte in der VerdQnnung 1:20 auf den
Ekiribacillen nicht, wfihrend die Reaktion auf Typhusbacillen in gleicher
VerdQnnung sofort ganz deutlich war.
2) Blutserum eines 27-jQhrigen Mannes, am 15. Tage nach dem
Krankheitsausbruch entnommen, reagierte gegen Typhusbacillen in der
VerdQnnung von 1:20 nach 5 Minuten deutlich. Gegen Ekiribacillen aber
wurde in derselben VerdQnnung selbst nach 2 Stunden noch gar keine
Spur von Reaktion nachgewiesen.
C. Blutserum von Dysenteriekranken:
1) 8 Monate nach der Heilung entnommenes Blutserum einer 23-
j&hrigen Frau reagierte gegen Sat os Bacillen 1 ) in der VerdQnnung
1:10 sogleich deutlich, gegen Ekiribacillen aber unter denselben Be-
dingungen absolut nicht.
No.
Wie alt?
Diagnose
(resp. iiber-
standene
Krankheit)
Wann nach der
Heilung ent¬
nommen?
Reaktion
1
2 J. 11 M. akuterDarm-
katarrh
etwa 10 Monate
keine Reaktion (sogar nicht nach
1 Stunde)
2
1 J. 4 M.
do.
» 2 „
do.
3
9 M.
do.
9 Tage
do.
4
3 J. 9 M.
do.
ii „
do.
5
1 J. 5 M.
do.
O „
do.
6
2 J. 7 M.
Ekiri
7 „
Beginn nach 30 Minuten; nach 50 Mi¬
nuten deutlich
7
2 J. 5 M.
»>
8 „
Beginn nach 10 Minuten; nach 20 Mi¬
nuten deutlich
8
3 J. 10 M.
7 „
Beginn nach 15 Minuten; nach 30 Mi¬
nuten deutlich
9*)
4 J. 6 M.
»
20 Monate
Beginn sogleich, nach 5 Minuten
deutlich
Uebersicht der Resultate.
Serum
aus Menschen
Widalsche Reaktion
gegen
Ekiri¬
bacillen
Coli-
bacillen
Typhus- j
bacillen
Dvsenterie-
baciUen
Satos
Bacillen
Ekiri
+
selten *f ?
_
_
_
Gesunde
—
selten -f-
selten -f
—
—
Typhus
—
selten -f
+
—
—
liysenterie
—
selten +
—
+
+
akut. Darmkatarrh
—
selten -f
—
—
1 -
Anmerkung: -f -= positives, — = negatives Resultat.
1) Dieser Bacillus, welchen mein Kollege Sato aus einer Dysenteriedejektion
isoliert hatte (gehdrt zur Col i-Bacillen gruppe), hat die Fahigkeit, durch Dysenterie-
serum von Menschen zu agglutinieren. Aennliche Bacillen hat Shiga auch in den
Dysenteriestuhlen neben dem Dysenteriebacillus inkonstant gefunden.
2) Gleich Fall II von Ekiri, dessen Blutserum fruher (etwa 1 */* Jahre vorher)
einmal untersucht wurde und positiv ausfiel; vergl. Kapitel V.
Alle iibrigen (No. 6, 7 und 8) sind andere Ekirifalle, als im Kapitel V schon an-
gegeben.
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664
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
2) Das Blutserum einer Frau, die 5 Monate vorher Dysenterie fiber-
standen hatte, lieferte in der Verdfinnung 1:10 bei der Untersuchung
folgendes Resultat:
gegen Dysenteriebacillen nach 10 Minuten deutliche Reaktion,
„ Sat os Bacillen nach 10 Minuten deutliche Reaktion,
„ Ekiribacillen selbst nach 30 Minuten keine Spur von
Reaktion.
D. Das Blutserum von Menschen, welche akuten Darmkatarrh, mit
hohem Fieber verknfipft, fiberstanden hatten:
Die Symptome eines solchen Darmkatarrhs, wenn er mit hohem
Fieber akut verlfiuft, haben, namentlich bei Kindern, gewisse Aehnlich-
keit mit Ekiri. Trotzdem werden die beiden Krankheiten von manchen
Autoren und auch von mir fttr wesentlich verschieden gehalten. Um
diesen Unterschied beider Krankheiten nicht nur klinisch, sondern auch bak-
teriologisch resp. durch Anwendung der Widalschen Reaktion als sicher
zu bestfitigen, hatte ich in mehreren Fallen die Blutsera von solchem
Darmkatarrh und von Ekiri nach der im Kapitel IV erwfihnten Methode
gellau untersucht und vorstehendes Resultat bekommen (s. Tab. p. 663).
Kapitel VIII.
Widalsche Reaktion des Blutserums von Ekiri-immunen
Tieren gegen Ekiri und ahnliche Bacillen.
Vorbemerkungen: a) Von dem Blutserum der zum Experiment ver-
wandten Tiere (ausgenommen I. Hahn) wurde vorher festgestelit, dafi
es gegen Ekiribacillen keine Reaktion zeigt. b) Die Verdfinnung der
Blutsera war 1:10.
I. Hahn.
Das Blutserum eines Hahnes, welcher friiher nach Futterung mit Ekiristuhl an
Ekiri gelitten hatte (vergl. a) Hahn), zeigte gegen EkiribaciUen nach 5 Minuten sehr
deutlicne Reaktion. Dieses Serum wurde in gleicher Verdfinnung zur Kontrolle auf
seine Reaktion gegen ColibaciUen untersucht. Das Resultat fiel negativ aus; selbst in
der Verdfinnung 1:5 war noch keine Spur von Reaktion nachweisbar.
II. Meerschweinchen.
Das Blutserum eines Meerschweinchens, an welchem nach Fattening mit blutig-
schleimigem Stuhl eines ekirikranken Hahnes (von dem im vorigen Abschnitte ge-
sprochen war) eigentfimliche Erecheinungen wahrgenommen wurden (vergl. No. 5 Meer¬
schweinchen), zeigte nach 30 Minuten weniger deutliche Reaktion, als bei dem Hahn.
III. Meerschweinchen (Korpergewicht 410,0 g).
0,5 ccm 2 ) Bouillonkultur von Ekiribacillen, welche 48 Stunden lang im Brutschrank
gestanden hatte, wurde in die Bauchhohle des Tieres injiziert. Nach 48 Stunden fand
die Untersuchung von Blutserum dieses Tieres auf Reaktion gegen Ekiribacillen statt
Nach 30 Minuten fing es zu agglutinieren an; nach einer Stunde war die Erscheinung
ziemlich deutlich. Kurz nach aer Untersuchung wurden dem Tier noch einmal 1,0 ccm
Bouillonkultur von Ekiribacillen, welche 96 Stunden lang im Brutschrank gestanden,
in die Bauchhohle injiziert Nach 5 Tagen, also 8 Tage nacn der ersten Injektion, wurde
Blut entnommen und untersucht Die Reaktion gegen Ekiribacillen war nach 30 Mi¬
nuten ziemlich deutlich.
IV. Kaninchen (Kfirpergewicht 2190,0 g).
1,0 ccm 1 ) Bouillonkultur der Ekiribacillen, 48 Stunden lang im Brutschrank ge¬
standen, wurde in die Bauchhohle des Tieres injiziert, dessen Blut 48 Stunden spater
entnommen wurde. Reaktion gegen Ekiribacillen nach 5 Minuten schon wahrnehmbar
und nach 30 Minuten deutlich. Dem Tiere wurden dann wieder 2,0 ccm Bouillon¬
kultur von Ekiribacillen (96 Stunden im Brutschrank) in die Bauchhohle eingespritzt
Nach 5 Tagen (also 8 Tage nach der ersten Injektion) fand die Untersuchung des
Blutes statt Die Reaktion gegen Ekiribacillen war sofort sichtbar und nach 5 Minuten
sehr deutlich.
1) Halfte der zum Tode ffihrenden Dosis! vergl. oben.
2) Siehe Anmerkung unter III.
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I to, Ueber die Aetiologie von „Ekiri“ etc.
665
Wie diese Resultate zeigen, besaB das Blutserum des Kaninchens
die sttirkste F&higkeit, Ekiribacillen zu agglutinieren. Mit anderen
Worten, das relativ wirksamste Blutserum gab das Kaninchen. Zur
Kontrolle hatte ich das Agglutinationsvermtigen des gegen Ekiri-
bacillen sehr wirksamen Blutserums vom Kaninchen gegen Ekiri-
bacillus ahnliche Bacillen, namlich Typhusbacillen, Dysenteriebacillen
und Coli-Bacillenarten nach genau derselben Technik untersucht. Nie-
mals babe ich eine Spur von Reaktion beobachtet, wtihrend die ver-
schiedenen Bacillen bei den Kontrolluntersuchungen regelm&Big gegen
gleichnamige Immunisierungssera deutliche Reaktion zeigten. •
Weil ich das relativ starkste tierische gegen Ekiribacillen immuni-
sierte Serum von einem Kaninchen gewann, strebte ich danach, auch
gegen andere Bacillen immunisierte Sera durch Kaninchen zu erlangen.
Ich habe nach verschieden langen Zeitabschnitten, je nach den Bacillen-
arten — bei Typhusbacillen nach der ktirzesten, bei Dysenteriebacillen
nach der l&ngsten Zeit — gegen gleichnamige Bacillen wirksame Sera
bekommen, aber keine gegen Ekiribacillen reagierende.
Uebersicht der Resultate:
Immunisierungs-
| Widalsche Reaktion gegen
serum gegen
Ekiribacillen
Colibacillen
Typhusbacillen
Dysenteriebac.
Ekiribacillus
Colibacillus
Typhusbacillus
Dysenteriebacillus
i i i +
+
+
+
Resume.
Ich fasse die Resultate kurz zusainmen und ziehe den SchluB:
1) In den Dejektionen von Ekirikranken habe ich einen pathogenen
Bacillus gefunden, welcher morphologisch dem C o 1 i - Bacillus ahnelt und,
nach Gram entfarbt, lebhafte Eigenbewegung hat (viel intensiver als
der Coli-Bacillus), Gelatine nicht verfliissigt, in Traubenzuckeragar-
n&hrboden Gas entwickelt, durch merkwiirdig verzogerte Indolreaktion
charakterisiert ist (viel spater als bei C o 1 i - Bacillen) und Milch nicht
koaguliert
2) Dieser Bacillus wurde bisher niemals, weder bei gesunden *) noch
kranken Menschen, gefunden.
3) Diese Bacillen werden durch Zusatz von Blutserum von Menschen,
welche Ekiri tiberstanden haben, immer deutlich agglutiniert, wenn nicht
nach deren Heilung schon eine lange Zeit verflossen ist
4) Diese Bacillen reagieren niemals auf Blutserum von gesunden
Menschen, selbst nicht von solchen, welche eine Ekiri - ahnliche Krank-
heit, z. B. Dysenterie, akuten Darmkatarrh mit hohem Fieber etc., iiber-
standen haben oder noch daran leiden.
5) Das Blutserum von Menschen, welche Ekiri tiberstanden haben,
ist nicht im stande, andere, dem besprochenen tihnliche Bacillen, z. B.
Dysenterie-, Typhusbacillen oder Coli-Bacillenarten, zu agglutinieren.
1) Eine Art von Coli-Bacillus, dessen Morphologie und kulturejles Verhalten
diesem Bacillus sehr ahnlich ist, hat Tsuyuki im Stuhl eines gesunden Menschen ge¬
funden. Aber durch die Widalsche Reaktion der gegen seinen und meinen Bacillus
immunisierten Tierblutsera konnte er einen deutlichen Unterschied zwischen beiden
nachweisen.
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666
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 7.
6) a) Die Blutsera verschiedener Tiere, welche gegen diesen Bacillus
immunisiert worden sind, agglutinieren ihn allein.
b) Die Blutsera von Tieren, welche gegen Shnliche Bacillen, wie
Dysenteric-, Typhusbacillen und Coli-Arten, immunisiert worden sind,
d. h. gegen solche, die dem von mir gefundenen Bacillus ahneln, agglu¬
tinieren den letzteren niemals, wahrend gleichnamige Bacillen ausnahms-
los zur deutlichen Agglutination kommen.
, Diese Resultate baben klar erwiesen, daB der besprochene Bacillus
mit der Ekirikrankheit im engsten Zusammenhang steht. Ich halte da-
her diesen Bacillus fQr den Erreger der Ekirikrankheit und nenne ihn
„Ekiribacillus“.
Druckfehler und Berichtigung.
p-
»
»»
»>
509 Zeile 4 von oben Sukehiko Ito anstatt Sukehito Ito,
510 „ 21 „ „ 3) anstatt C),
510 „ 25 „ „ 9 F&lle anstatt 99 Fftlle,
511 „ 10 „ unten 39,5° C anstatt 30,5° C,
512 „ 26 „ oben l /A Uhr nachmittags anstatt vormittags,
512 „ 28 „ „ lo. M&rz 7,10 Uhr vormittags anstatt 7,1 0 Uhr nachmittags,
512 „ 1 „ unten getriibt anstatt gepriift.
Nachdruck verbolen.
Les Epitheliomas parasitaires. La clavel6e et
l’Epithelioma claveleux.
Par F. J. Bose, Professeur & l’universitd de Montpellier.
Avec 3 planches et 6 figures.
(SchluB.)
Nature des inclusions.
A. Les inclusions ne sont pas des produits de d6g6n6rescence
cellulaire: on ne peut pas les confondre avec les gouttelettes de
k6rato-61e'idine, ni avec les petites masses hyperchromatiques resultant de
la k6ratinisation du noyau (pi. I, fig. 1, c, c). Dans le cas oil la chroma-
tine d6g6n6r6e ne prend plus les colorants nucleaires, on la distinguera
des inclusions par son absence de structure et par l’existence d’une
membrane pliss^e au voisinage. La chromatine du noyau vacuolisS peut
traverser la membrane et former des boules protoplasmiques ou peri-
nuclSaires (bo, bo, fig. 1, pi. I) mais elles sont opaques homog^nes et
se rSduisent en poussifcre (d, d , fig. 1, pi. I). La d6g6n6rescence col-
loido-corn6e d’une cellule peut aboutir k la formations d’une petite masse
coloree en violet sombre par l’emat6ine-6osine, puis en violet clair et
en rose (pi. I, fig. 1, x ), mais elle est opaque, rigide, fig6e et in ter -
cellulaire; ces corps peuvent se liquefier et prendre des formes pseudo-
podiques faciles d’ailleurs a distinguer des inclusions. La d6g6n6rescence
colloi*docorn6e d’une cellule incluse quoique produisant un corps intra-
cellulaire, ne donnera pas lieu k confusion a cause de son opacity et de
-a rigidity.
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Bose, Lea Epitheliomas parasitaires. La clavel^e et l'Epitheiioma claveleux. 667
B. Nos inclusions ne proviennent pas des leucocytes. A son
ddbut, la pustule qui est uniquement dfte a la proliferation dpithdliale,
renferme des inclusions et ne presente aucun leucocyte. Dans la pustule
cutande au 4. et 5. jours chaque cellule renferme une inclusion (pi. I,
fig. 4); les inclusions sont done innombrables et cependant on ne ren¬
contre aucun leucocyte dans toute l’dtendue de la proliferation epi-
theiiale, et, dans le tissu conjonctif, on ne trouve que des mononucld-
aires dans et autours des vaisseaux et quelques trds rares polynuciees.
Ce n’est quA partir du 10. jour que les polynucieaires apparaissent dans
le tissu conjonctif puis dans la proliferations epitheiiale de la pustule;
ils augmentent rapidement et leur presence est uniquement en rapport
avec le processus de regression de la pustule.
On pourrait dire que les polynucieaires ne sont pas apergus, au
d6but, parce qu’ils eclatent en fragments nombreux qui penetrent dans
les cellules epitheiiales. Mais quelles sont done ces cellules epitheiiales
qui escamolent si rapidement des debris de leucocyte et pourquoi y
aurait-il autant de polynucieaires alors qu’il n’y a aucune trace de poly-
nucieose. Comment, enfin expliquer que ce petit nombre de leucocytes
puisse, quelle que soit la puissance de leur dclatement, produire ce
nombre colossal d’inclusions 1
D’ailleurs si l’on examine la pustule alors qu’elle contient reellement
de nombreux polynucieaires, il est impossible de ddmontrer ob-
jectivement la transformation d’un polynucieaire en in¬
clusion, alors qu’on suit parfaitement retirement des leucocytes dans
les interstices cellulaires, leur retour a la forme ronde dans les vesicules
et leur degen6rescence.
II est done impossible de confondre un leucocyte vivant avec une
inclusion. Les fragments de noyaux de leucocytes sont en outre colords
en vert par l’Ehrlich tandis que le parasite est rouge.
Les noyaux de leucocytes ddgdndrds et prenant mal la couleur
ont ordinairement un sidge intercellulaire ou vdsiculaire intra- ou extra-
cellulaire; de plus, leur forme, leur dpaisseur, leur opacite, l’absence de
toute structure, permettra de les distinguer.
La ddgdndrescence collo'ide des leucocytes produit des boules safrano-
philes qui ne prdtent pas it confusion.
Les inclusions claveleuses ne sont point d’origine leucocytaire et
si Borrel revient it l’ancienne opinion de Salmon (pour les inclusions
de la vaccine) e’est par ce qu’il n’a pas vu la structure si precise et si
particulidre que nous avons ddcrite; il s’est attachd it des figures altdrdes.
II ne prdsente d’ailleurs aucun argument important en favour de cette
origine leucocytaire.
C. Nos inclusions sont-elles des parasites? — A la suite
de nos recherches sur la structure si precise et si spdeiale des inclusions
et aprds avoir montrd qu’on ne pouvait les interpreter comme un pro¬
duit de ddgdndrescence cellulaire ou leucocytique, nous avons pensd
qu’il s’agissait d’un veritable parasite. Les divers cycles evolutifs figurds
dans nos planches ont fait penser, non seulement it nous, mais & des
savants compdtents dans letude des protozoaires, que nos formes se
rapprochaient, un trds haut degre, des formes devolution sporozoai-
riennes. On ne peut pas ne pas etre frappd, si Ton examine nos figures,
de la ressemblance frappante des inclusions avec un corps plasmodial
nucldd, it ondulations et digitations amiboides. L’examen des figures
gr, gr, fig. 15, pi. II et fig. 14, pi. II, ne frappera pas moins par leur
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668 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
ressemblance avec les stades de divisions qui comptent parmi les pins
caracteristiques des sporozoaires. Le seul stade que nous n’ayons pas
pu observer est le stade terminal de reproduction k sporozoites volu-
mineux et typiques et c’est parce que de stade est celui qui permettrait
de conclure d’une fagon definitive, que nous avions pr£f£re changer
le nom de «maladies k sporozoaires* contre celui plus general de
«maladies bryocytiques* (Presse m6dicale. 1903. 14fevr.). Mais nous
pensons toujours que nos inclusions represented bien rSellement des
parasites vrais intracellulaires de la classes des sporozoaires ou des para¬
sites trfes voisins et on n’a donn£ aucun argument serieux pour modifier
notre maniere de voir. Nous n’avons done nullement change d’opinion,
quoique Borrel fasse tous ses efforts pour le persuader et actuellement
nous considerons les fines divisions chromatiques qui se portent k la
Peripherie des corps protoplasmiques comme de vrais chromatozoites.
En ontre la presence de divisions karyokinetiques est de la plus haute
importance.
Un des arguments mis en avant peut etre avec trop de precipita¬
tion contre la nature parasitaire de nos inclusions a consiste k dire que
le virus claveleux passait k travers les bougies; que, par
suite il ne pouvait plus etre question de la nature parasitaire de nos
inclusions, celles-ci etant trop volumineuses pour traverser les filtres
de porcelaine; que le virus claveleux ne pourrait etre qu’ un microbe et
un microbe trop petit pour etre pergu avec nos grossissements, un mi¬
crobe invisible.
Nous fimes remarquer que ce n’6tait lilt qu’une affirmation, non une
demonstration et qu’en admettant que le fait de la filtration isolee du
virus claveleux fut vraie elle n’infirmait en rien la nature parasitaire de
nos inclusions. Dans les publications oil cette filtration isolee tr&s som-
mairement rapport^e, on remarquait, en effet, qu’il fallait attendre tr&s
longtemps, 6 & 7 jours, le passage du virus claveleux k travers la bougie
de porcelaine, ce qui n’est pas comprehensible s’il s’agit d’un microbe
invisible, mais ce qui s’accorde trfes bien avec la nature amibo'idienne
de nos inclusions. C’est ce que nous avons fait remarquer & plusieurs
reprises et nous ajoutions qu’il 6tait d’ailleurs permis de penser 6gale-
ment que nos inclusions volumineuses pouvaient avoir des formes de
reproduction d’une extreme petitesse et capables de traverser trfes filtres,
au meme titre que certains chromatozoites situ6s a la limite de la visi¬
bility. C’est ce que nos formes de division poussees jusqu’k l’invisible
(fig. 5, pi. II) nous permettent actuellement de soutenir.
La lecture du travail de Borrel (Ann. de l’lnst. Pasteur. 1903.
29 fevr.) nous a rnontre d’ailleurs ce qu’il fallait entendre par filtration
isolee du virus claveleux. A travers la bougie F, le virus ne passe
qu’au bout de 7 k 8 jours. Pour les autres bougies a pores plus con¬
siderables (Berkefeld, Garros, Chamberland,F‘ & F 10 ), le virus
claveleux passe, mais, d’apr&s Borrel lui-meme, toutes les fois qu’il
passe, il ne passe pas seul: le liquide de filtration cultive et montre
de multiples especes microbiennes. Pour pallier ce r6sultat qui renverse
completement la notion de l’invisibilite du virus claveleux, Borrel fait
remarquer que les microbes qui passent sont cilies. Il n’en est pas
moins vrai que le virus claveleux n’est plus un microbe invisible;
il n’est plus, Borrel doit l’avouer, qu’un microbe petit. Mais si
c’est un microbe petit pourquoi ne le voit-on pas, un microbe 6tant bien
plus facilement mis en evidence qu’un plasmode d61icat que la dessi-
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavel^e et TEpitheiioma claveleux. 069
cation d^truit. Quant k la constatation de la nature cilice des mi¬
crobes qui passent, elle devient le meilleur des argument en faveur
de l’opinion que nous avons emise, k savoir que nos inclusions, meme
dont le diambtre est de 1 / 2 /<, doivent passer encore plus facilement que
des baeferies gr&ce k leur nature plasmodique et k leur forme qui laisse
penser k Existence de mouvements amibo'ides; elles pourront s’dtirer et
passer par reptation k travers les bougies senses si on leur donne un
temps assez long, k moins qu’elles ne passent k travers la bougie F
que par un simple plfenonfene de colmatage rapide. Nos tr£s fines
granulations imperceptibles laissent admettre l’invisibilife sans avoir
recours k des microbes invisibles.
On peut encore opposer k la nature microbienne d’un virus aussi
actif, sa limitation assez prolong^ dans la pustule d’inoculation, la limi¬
tation de la virulence k l’6tendue de la pustule, l’affinife si particulfere
du virus pour les cellules 6pith61iales, l’identife de structure de toutes
les lesions suivant un type si particulier de proliferation dpitffeliale avec
disorientation et envahissement profond, caract&res qu’aucun microbe
ne peut reproduire et qui s’accordent parfaitement avec l’hypothfcse d’un
parasite vrai & Evolution intracellulaire.
En outre, les fesions de la clavefee itant identiques k celles du
cancer Epithelial, admettre l’origine microbienne de la clavefee, ce qui
ne choque pas trop car il s’agit d’une maladie aigue, e’est l’admettre
pour le cancer, ce qui choque, la progression lente et localisee de ce
dernier et son faible caractire virulent paraissant s’opposer k toute idie
de nature baeferienne.
III. Histogenise.
Au point de vue histoginitique, le dibut des proliferations ipithe-
liomateuses claveleuses se fait au niveau des cellules ipithiliales de
chacun des organes feses. Ces cellules proliferent, s’hypertrophient; la
proliferation progresse vers ripithilium sain, mais elle est surtout in¬
tense dans la masse neoplasique elle-meme et en particuliers sur les
bords ou les karyokin&ses sont nombreuses et elle aboutit k l’envahis-
sement des tissus profonds. Ces nioformations ipithiliales suivent une
progression r^gulfere du papillome k l’6pitlfeliome k globes 6pidermiques
pour les pustules du revetement malpgihien et de l’adenome k l’ad^no-
epitlfeliome, k l’^pitlfeliome typique et au carcinorae pour les tissus
glandulaires. Nous avons nofe enfin que, au meme titre que dans le
cancer, les bourgeonnements profonds sont accompagnSs d’une zone de
transformation embryonnaire trfcs active et ndovasculaire, avec endo-
p^rivascularite, du tissu conjonctif profond.
La p^riode d’accroissement de la pustule par proliferation EpithE-
liale, avec fegfcre mononuefeose dans le sang, dure une dizaine de jours;
k cette pdriode d’6dification fait suite une p^riode de ramollissement, avec
appel 6nergique de polynuefeaires, aboutissant a la vesiculations, k lan^crose
et k la chute de la pustule. Nous s’avons 6galement que pendant la
pSriode active de la proliferation EpithEliale de la pustule d’inoculations,
la virulence demeure localisee dans cette pustule et que ce n’est qu’au
moment de la d6g6n6rescence v^siculeuse des cellules de la partie cen-
trale de la pustule que le virus est divers^ dans le sang. Mais il ne
demeure pas en tr&s grande quantity dans le sang; il semble que le sang
n’est qu’un lieu de passage (comme nous l’avons indique C. R. Soc. de
Biol. 1902) pour le virus qui va se fixer aussitot sur les surfaces
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
dpithdliales des divers organes pour y provoquer de nouvelles formations
ndoplasiques dpithdliales.
Etant donnd le peu d’intensitd de la mononucldose de»la pdriode
d’edification incapable de constituer une defense rdelle de l’organisme,
nous avons dtd amend k penser (C. R. Soc. de Biol. 1902) que la
proliferation cellulaire qui constitue la pustule doit etre interprdtde,
au meme titre que le granulome de nature conjonctive, comme la phd-
nomdne ddfensif veritable, les mononucldaires ne constituant (leur en-
globement des inclusions ddmontre leur role ddfensif), qu’une sorte de
circonvallation defensive plus dloignde. L’arrivde des polynucldaires
dans le sang et dans la pustule et leur pullulation particulidrement in¬
tense, correspond k la phase de ramollissement et aux progrds de la
ddgdndrescence cellulaire avec infection microbienne secondaire. Cette
polynucldose apparait nettement comme une reaction phagocytaire
de nettoyage (C. R. Soc. de Biol. 1902) destinde k dliminer les
tissus ndcrosds et les microbes.
La ldsion claveleuse dvolue done comme un 6pith61ioma capable de
regresser aprds une pdriode d’accroissement rapide: elle constitue un
dpithdlioma parasitaire de haute virulence, contagieux
et inoculable, a marche aigue ou subaigue, localise on
gdndralise, capable d’aboutir k la mort ou k la gudrison.
II s’agit bien rdellement d’un dpithdlioma: tous les caractdres que
nous avons dnumdrds comme propres k chacune des ldsions claveleuses
sont calquds sur les caracteres que l’etude histogdndtique reconnait aux
cancers dpithdliaux malpighiens ou glandulaires.
Nous avons prdvu les objections que l’on peut faire k cette assi¬
milation (Presse mdd. 1903. 14 f6vr.), et il n’en est aucune qui ne
puisse etre repoussde.
On pourrait objecter, par exemple, que la clavelde est une maladie
passagdre, a ldsions gdndralisdes, tandique le cancer est une maladie k
ldsion localisde dont 1’evolution progressive aboutit k la mort. Mais
nous savons que le ldsion claveleuse peut demeurer limitee k une pustule
d’inoculation d’un volume dnorme, et que le cancer peut prdsenter, dans
la carcinose aigue, une marche infectieuse avec gdndralisation pustuleuse
k tous les tissus. II nous sera en outre permis d’appayer notre argu¬
mentation sur l’existence de nos inclusions dans le protoplasma des
cellules dpithdliales proliferdes et sur la possibilitd de leur role para¬
sitaire. Cette hypothdse du sidge intracellulaire et de la nature para¬
sitaire vraie du virus claveleux ne s’appuie pas seulement sur la
prdsence de ces inclusions; d’autres parasites sont bien ddterminds,
comme les levfires, capables de provoquer des prolifdrations cellulaires
intenses, avec hypertrophie et nous avons montre (Presse mdd. 1903.
14 fevr.) que moins ces parasites vrais sont virulents et plus la pro-
lifdration cellulaire est intense, durable et localisee au point primitif.
II nous est done permis de penser que, tandisque le virus claveleux
pullule rapidement et prdsente une virulence rapidement destructrice
des cellules, le virus cancdreux bien moins virulent peut vivre longtemps
dans le cellule cancdreuse parasitde. Celle-ci est en dtat d’excitation
nutritive et par siute prolifdre, de sorte que Ton comprend que l’accro-
issement de le ndoplasie se fusse aux ddpens de ses cellules elles-
memes, e’est k dire in loco, tous les parasites dtant englobds par la
prolifdration cellulaire que provoque au fur et k mesure une pullulation
parasitaire peu intense.
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavelSe et l’Epith&ioma claveleux. 671
Ces considerations nous seront utiles pour r£pondre k une autre
objection plus considerable en apparence et qui consiste k dire qu’il
existe une difference radicale entre la proliferation epitheiiale claveleuse
et le cancer epithelial, parce que les lesions pustuleuses de la claveiee
sont dfies k la proliferation des epihteiiums propres de chacun des
organes 16ses tandisque les noyaux cancereux raetastatiques reproduisent
le type d’une proliferation neoplasiques primitive. Mais la limitation de
la proliferation cancereuse au point d’inoculation indique que le parasite
est depourvu de virulence directe ce qui lui permet de demeurer com me
les parasites vrais, enferme pendant toute la dur6e de son evolution
dans la cellule cancereuse. Et comme toute irritation chronique specifique
determine une excitation nutritive et reproductrice des cellules atteintes,
il faudra dans l’etude generate des cancers tenir compte de deux faits
essentiels: l’englobement du parasite dans la cellule et, de ce fait,
l’excitation reproductrice karyokinetique des cellules neoplastees qui per-
mettant k celles ci d’englober les parasites nouveaux au fur et k mesure
de leur pullulation. Si ces cellules neoplasiques parasitees en puissance
de reproduction penetrent dans un conduit lymphatique elles pourront
y pulluler comme dans un espace du tissu conjonctif et arriver pro-
gressivement au ganglion correspondant; on bien quelques unes pourront
etre prises par le courant lymphatique ou le courant sanguin et pro-
duire, au loin (grace, k la fois, k leur force de reproduction et k leur
parasitisme), des foyers nouveaux qui devront reproduire exactement et
fatalement les caracteres du foyer primitif. Les metastases du
cancer ne sont done pas autre chose que des greffes de
cellules neoplasiques parasitees. L’etement virulent est le
parasite, mais la resistance des cellules et leur force de reproduction
constituerant un Element, essentiel du dSveloppement du nouveau foyer.
Si, au contraire, dans la claveiee, l’epitheiium du chaque organe
prolitere n^oplasiquement pour son compte, e’est parce que les parasites
tuent les cellules rapidement passent dans le sang il ne s’agit plus ici
d’une greffe de cellules mais de parasites libres qui abordant une
surface epitheiiale ne pourront que faire proliterer les cellules 6pitheiiales
qui la constituent.
D’ailleurs si l’on etudiait plus attentivement les cancers k Evolution
rapide nous pensons que l’on trouverait plus souvent qu’on ne croit des
localisations multiples dues k des proliferations des epitheliums locaux.
Nous avons, en particulier, observe un cas d’epitheiioma atypique glan-
dulaire du sein evoluant au voisinage d’un epithelioma pavimenteux
lobute k globes epidermique; nous avons vu une tumeur epitheiiale
glandulaire du corps uterin evoluer avec un sarcome fuso-cellulaire.
Si Ton etudie, en outre, le cancer et la claveiee, dans certains de
leurs traits generaux on constate que dans le cancer, comme dans la
claveiee, il existe une mononucieose tegfcre la proliferation epitheiiale
paraissant jouer k elle seule, le role de barrtere defensive, qui use par
son etendue et sa dur6e les forces nutritives de l’organisme pour aboutir,
sans doute avec l’aide des secretions parasitaires tegfcres mais accumutees,
k la cachexie terminate. Il faudrait done envisager la tumeur can¬
cereuse comme une pustule d’inoculation k developpe-
ment indefini capable d’envoyer par les vaisseaux des
greffes de cellules en hypernutrition et parasitees qui
constitueront l’origine des metastases.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
L’existence d’un Epithelioma parasitaire fait entrer les cancers dans
la catEgorie des maladies virulentes inflammatoires. Nous avons longue-
ment dEveloppE ailleurs cette idEe (Presse mEdicale. 1903. 14 fEvr.);
nous avons montrE la place que la cancer doit occuper dans les stades
successifs de l’inflammation, et cette Etude en nous faisant passer en
revue les diffErentes espEces de parasites et leur mode d’action sur les
tissus nous a dEmontrE encore avec plus de force la nEcessitE d’ad-
mettre pour la clavelEe l’existence de parasites spEciaux, de parasites
vrais, non microbiens et a Involution intracellulaire.
L’inflammation en effet doit etre caractErisEe surtout par la proli-
fEration et 1’activitE des ElEments cellulaires: tantot ce sont les cellules
mobiles polynuclEaires et l’on est en prEsence de l’hyperleucocytose
polynuclEaire caractEristique des maladies mibrobiennes aigiies; tantot
ce sont des mononuclEaires qui augmentent de nombre en mEme
temps que prolifErent les cellules conjonctives fixes, pour constituer le
granulome. II s’agit dans le dernier cas de bacilles k localisation plus
Etroite, k vie plus durable, mais d’action nEcrosante comme le bacille
tuberculeux. A mesure que la virulence du parasite diminue, on voit t
la prolifEration conjonctive augmenter de volume et de durEe; elle peut
aboutir k la formation de tumeurs volumineuses, avec les levures qui
reprEsentent le type parfait du parasite intracellulaire peu toxique. Cette
constatation vErifie done complEtement ce que nous disions, dans notre
comparaison de la clavelEe et du cancer.
Mais les levftres sont non seulement susceptiles de former des tu¬
meurs conjonctives; elles paraissent pouvoir provoquer la formation de
tumeurs adEnomateuses Etendues (Wlaeff). Mais ces formations ne
paraissent pas dEpasser le stade de 1’adEnome, l’on n’a pas prouvE leur
virulence et l’examen histologique montre au contraire que les cellules
EpithEliales ne renferment pas de levfires. II s’agit sans doute de
phEnomEnes d’irritation de voisinage qu’il est possible de rapprocher des
papillomes de la vessie dEveloppEs sous I’influence d’ceufs de Bilharzia.
Ces faits tendent nEanmoins a montrer que ce ne sont pas seule¬
ment les cellules mobiles et les cellules fixer conjonctives qui rEagissent
derant les agents inflammatoires mais aussi la cellule EpithEliale et avec
des caractEres importants de volume et de durEe. Ils laissaient entre-
vois la possibility pour les EpithEliums de constituer, par eux seuls, et
primitivement, une stade nouveau et diffErenciE du processus inflamma-
toire. Avec lepithElioma claveleux nous avons Etabli definitivement
l’existence de cette Etape EpithEliale des processus inflammatoires qui
fait entrer le cancer dans les maladies inflammatoires parasitaires. Et
comme aucun des parasites connus y compris les levftres n’est capable
de provoquer ces nEoformations EpithEliomateuses nous sommes amenEs
k admettre l’existence d’un parasite spEcial qui, d'aprEs les caractEres
memes des nEoformations doit etre un parasite vrai, un hote de la cel¬
lule a laquelle il donne sa virulence et sous aptitude k proliferer. Nos
inclusions rEpondent k ces conditions et elles n’agissent pas autrement
que Coccidium oviforme auquel nous avons vu produire d’Enormes
prolifErations adEno-papillomateuses et qui, vivant dans les cellules dont
il active la nutrition, ne les tue qu’au bout d’un temps trEs long et
autant par compression que par Epuisement.
Mais ce n’est pas seulement dans la clavelee et le cancer que se
montrent ces proliferations EpithEliales parasitaires spEciales. Nous av<
prouvE qu’il existait tout un groupe de maladies, la variole, la vacc
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Bose, Les Epitheliomas parasitaires. La clavelSe et l’Epitheiioma claveleux. 573
la fifevre aphteuse la syphilis ... qui presentent non seulement les m£mes
caract^res histologiques, mais les memes traits symptdmatiques g6n6raux
et sp6ciaux (chancre d’inoculation, Eruption pustuleuse), la meme formule
leucocytaire, la m£me possibility de septic6mie passagfcre aprfcs locali¬
sations plus ou moins longue au niveau de l’accident primitif; enfin des
parasites de mSme ordre, de meme structure, se retrouvent dans les
cellules n£oplasiques qui constituent les lesions de chacune de les ma¬
ladies. II s’agit done lit d’un groupe homogbne que nous avions d4sign4
sous le nom de «maladies k sporozoaires». Ce titre nous paratt
toujours juste, mais en attendant que la forme devolution S, chromatozo'ites
volumineux soit d£couverte nous d^signerons le parasite d’apr&s le carac-
tfcre essentiel des factions qu’il provoque et qui est de faire proli-
fdrer les cellules, d’oii le nom de bryocytobe on plus euphonique-
ment (bryocyte (de pqveiv, faire prolifyrer, xwog, cellule). Le nom
de bryocytoses ou maladies bryocytiques permettra done de
dysigner ie groupe morbide nouveau que nos recherches ont ytabli 1 ).
Xa%62i.de explicative dee planches.
Planche I.
Figure 1. Coupe de pustule cutanee; partie superficielle (Zeiss,
obj. imm. bom.; oc. 6. comp.). Coloration par rh6mat£ine-4osine: co, co, lames cor-
n6es superficiellee d^pourvues de noyau; d, d, fragments de chromatine disperses dans
le protoplasma et entour£s d’une z6ne claire; bo, bo, noyaux v6siculeux dont la chroma-
tine exsud^e forme des gouttelettes autour de la membrane nucl&iire; glo, glo, globes
corn^es k cellule centrale hydropique renfermant une inclusion parasitaire nucl6ee in;
np, noyau v&iculeux, vid6 et recroquevill4 dans la cellule v&iculis6e ( ves ); ve, ve, cel¬
lules en d6g6n6rescence v4siculo-granuleuse; no, noyau v^siculeux; c, c, noyaux hyper-
chromatiques en soie de disparition; h, noyau dont la chromatine dissonte a fortement
p&li; x, cellule la transformation colloido-cornee; hi, t, li, parasite nucl6£.
Figure 2. Coupe de pustule pulmonaire jeune (Zeiss, obj.; oc. 6.
comp.; coloration par rh^matoxylin ferrique de Heidenhain): bo, volumineuse
bourgeon 6pith61ial forme de cellules atypique et remplissant la plus grande partie de la
lumiere bronchique; in, in, inclusions enfermees dans les cellules 6pith61iales; n, w,
noyaux en d6g6n6rescence v6siculeuse; bas , basale conserve; p, p, leucocytes et debris
de leucocytes (dl): cl, cl, grandes cellules conjonctives claveleuses; en, en, grandes cel¬
lules claveleuses d’origine endoth&iale; alv, alv, alveoles pulmonaires rev&us on remplis
par une proliferation avec hypertrophie intense des cellules £pitheliales; apl, alveole
pulmonaire absolument rempli par la proliferation de cellules volumineuses et atypiques.
Planche II.
Figures 1 k 14 Racl&ges de pustule cutanee fixes par le Flemming sans dessicution
et colores par la safranine anilinee et le picro-indigo-carmin; Zeiss, obj. imm. horn,
oc. 12. comp.
1) II sera interessant pour le lecteur de prendre connaisBanee de nos travaux de-
puis 1900 (C. R. Soc. de Biol., Arch, de med. exper., Presse med. 1903. 14 f6vr.), et de
fire ensuite le memoire de Borrel paru dans le No. du 25 fevrier des Annales de
Tlnstitut Pasteur. On y retrouvera toutes nos idees, en particulier la constitution du
nouveau groupe morbide que j’ai cependant 6tablie d&s 1901; on y retrouvera P6tude de
nos inclusions dont notre premiere description remonte k 1900; on y retrouvera la de¬
scription des lesions 6pitheliales claveleuses des organes dont nous avons commence la
description m&hodique en 1901, et tout cela, sans que nos recherches soient m&me sig¬
nages, comme si on voulait laisser penser au lecteur que rien n'a 4t4 fait auparavant.
Nous nous trompons cependant: Borrel veut bien dire que nous avons trouv6 des
parasites dans le sang et il le dit de telle fa^on qu’il semble que nous rien ayons trouv6
que Ik, et il le dit aussi pour pouvoir — sans aucune preuve — nier la virulence du
sang. Il se demande m£me «ce que Bose veut demontrer* en nous lancant k la t£te
des exp&rimentateurs «qui ont fait leur preuve*. Nous avons trop Thabitude de respecter
les travaux des autres pour que nous laissions jamais sans reponse des proc6d& que
nous livrons au jugement des hommes impartiaux.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 43
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
Figure 1. Cellule dpithdliale renfermant une inclusion homogtne et nucltte de
petite taule (a); ha, zone hyaline ptripherique; n, noyau vtsiculeux.
Figure 2. Cellule qui renferme une inclusion homogtne volumineuse, entourde
d’une zone hyaline plus vaste et renfermant un noyau k chromatine rayonnte.
Figure 3. L’inclusion intracellulaire ( gr , fig. 3), presente 2 parties: Tun centr&le
renferme le protoplasma homogfene et nucltt et l’autre de fines granulations.
Figure 4. II ne reste de lapartie cent rale de l’inclusion que deux masses rtsi-
duelles (x); le noyau, achtve de se diviser dans la partie granuleuse pdriphdrique du
protoplasma.
Figure 5. La masse finement granuleuse se divise autour dee fragments nuclt-
aires (r) en granulations extrbmement fines, invisibles (chromatozo'ites).
Figure 6. Cette division aboutit k la formation de corpuscules nucltts (ch) iden-
tiquee k ceux que nous avons prbs comme point de depart (a, fig. 1, pi. I).
Figure 7. Inclusion volumineuse k gros noyau rayon nt (a).
Figure 8 et 9. Inclusions en voie ae karyokinbse; ce corps centrosomiques (?).
Figure 10 et 11. La chromatine rayonnte s’ttale en un long cordon (a, fig. 11
et t, fig. 12) qui se subdivise en petits fragments (cl, fig. 13); ces fragments deviennent
ronds et se aisposent en chapelet des fines granulations autour de lamasse rtsiduale
(% 14).
Figure 15. Coupe d’une pustule cutante: a, vacuoles protoplasmiques;
n, », noyau vacuolisds, avec condensations en boules de la chromatine; gr, gr, inclusions
de structure trfes precise avec des grains de chromatine disposes vers la p£riph£rie
(rouge de Magenta phtnique picro-indigo-carmin; Zeiss, obj. imm. horn.; oc. 12 comp.).
Figure 16. Coupe de carcinome claveleux de la mamelle: t,t , boyaux
cellulaires epitheiiaux; v, v, vaisseaux.
Figure 17. Partie conjonctive oedtmatite profonde de la pustule:
d, cl, cl, grandes cellules conjonctives claveleuses, avec ou sans prolongement visibles (pr)
et qui en s’anastomosant forment unetrame l&che; n, n, n, noyaux vtsiculeux; in, in,
in, mclusions nuclttes; mo, mo, leucocytes mononuciets (Flemming, coloration par la
safranine anilinte suivie de picro-indigo-carmin; Zeiss, obj. imm. homog.; oc. 12 comp.).
(Les figures de cette planche II ont ttt prtsentts k la Soc. de Biol, le 1. ftvr. 1902.)
Blanche III.
Figure 1. Coupe de pustule du foie: debut de lesion tpithtliom a-
teuse: cl, cl, grandes cellules en hypertrophie claire; a, a, a, a, boyaux et amas de
grandes cellules atypiques, claires ou demiclaires, desorienttes; k, cellule hyper trophite
en voie de karyokinese un niveau d’un point de proliferation; tra, tra, travtes ntpatiques
encore reconnaissables; en t, t, t, on saisit la transformation de la cellule hepatique
normale, en cellule hypertrophite claire, puis en cellule atypique; rio, cellule hepatique
en karyokinese; cp, cp, capillaires k cellules endothtliales transformtes en grandes cel¬
lules claveleuses (safranine, picro-indigo-carmin; Zeiss,.obj. imm. horn.; oc. 6 comp.).
Figure 2. Adtnome du poumon: p, p, alveoles remplis de cellules 6pith6-
liales vofumineuses et claires (hypertrophie claire); al, al, alveoles qui presen tent
encore une lumitre et ressemblent k un coupe d’acinus de glande sous maxillaire; c, c ,
grandes cellules claires; /, bourgeonnement cellulaire aboutissant k la formation d’un
nouvel acinus; n, n, n. cellules k gros noyau formant la limite des acini (safranine,
picro-indigo-carmin; Zeiss, obj.; oc. 6 comp.).
Figure 3. Epithelioma claveleux du poumon: la figure est constitute
par de volumineux amas ou lobules tpithtliaux forints de cellules atypiques (lob, lob,
lob ) st parts par de fins tractus conjonctifs qui partent de loin en loin aes travtes plus
tpaisses (co, co) mais de plus en plus dissocites par la proliferation tpithtliale. Les
fms tractus sont distendus de plus en plus par cette proliferation, s’usent, disparaissent
par endroits de fa$on que les amas tpitheiiaux forment des nappes de plus en plus
considerables (safranine, picro-indigo-carmin; Zeiss, obj.; oc. 6 comp.).
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Centralblati f. Bakteriologie A bt. I. Bd. XXXIV.
F. J. Bose , Epitheliomasparasitaires. Taf. I.
Verlag tod Gnatav Fischer, Jena.
P. WciM, Uth.,J«n«.
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Centralblattf BahteriologieAbt. I. Bd. XXXIV.
F. J. Bose, EpitMliomas parasitaires. Taf II.
,, Fi S- '■ h Fig. 2 . Fig. 3 . , -a, Fig. 4 .
Veriag tod Gustav Fischer, Jena.
P.WciM,Uth.,Jina.
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Centralblatif Bakteriologie Abt. I Bd. XXXIV
F. J. Bose, Epitheliomas parasitaires. Taf. Ill
Wring ron Gnatav
P. Welts, Llth.,«lar
F&-3-
Fig. i.
Fig. 2 .
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Herzog, Die Abschw&chung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc.
675
Nachdruck verboten.
Die Abschwachung der Saugetiertuberkulosebacillen
im Aaltbliiterorganismus.
[Aus der Untersuchungsstation des k. Garnisonlazarettes Wflrzburg.
Stabsarzt und Privatdozent Dr. DieudonnA]
Von Dr. H. Herzog, k. bayr. Assistenzarzt.
Mit 1 Tafel.
(SchluB.)
Serie A.
3 Frftsche wurden infiziert am 24. Oktober 1901.
(1 ccm der Emulsion totet ein 450 g schweres Meerechweinchen in 24 Tagen an
generalisierter Tuberkulose.)
I. Frosch 1 wird nach 25 Tagen getotet (19. November 1901).
Ausstrichpraparate ergeben in alien Organen Tuberkelbacillen.
Mit Leberbrei — 2 ccm der Emulsion — wird infiziert am 20. No¬
vember 1901 Meerscbweincben 2; Gewicht 500 g. Tod nach 28 Tagen
(18. Dezember 1901).
Starke Abdominal tuberkulose; grofie Milz; samtliche Drusen teils markig ge-
scbwellt, teils verkast. Pericarditis serosa; Lungen frei.
II. Frosch 2 geht nach 180 Tagen ein (23. April 1902).
Ausstrichpraparate ergeben in alien Organen Tuberkelbacillen. Eine etwa klein-
kirechgrofle Cyste am Rttcken, mit einer rotbraunen, schmierigen Masse gefiillt, zeigt
im Ausstriche ungeheuere Mengen, fast Reinkulturen, von Bacillen.
Mit Leberbrei 4- Cysteninhalt wird infiziert am 23. April 1902
Meerschweinchen 3, 590 g Gewicht 1 . „
. 4, 460 ; . j j* 2 “m
Meerschweinchen 3 wird nach 100 Tagen getotet (3. August 1902). Ge¬
wicht 620 g.
Im Peritoneum parietale, hauptsachlich um die Injektionsstelle gruppiert, erbsen-
bis kirschgroBe Knotein von weiS-gelblicher Farbe; auf dem Durchsclmitt quillt dicker,
gelblicher Brei hervor; Leber ubereat von zahlreichen, stecknadelkopfgrofien Knotchen.
Milz von gehoriger GroBe, Kapsel runzelig; auf dem Durchschnitte Tulpa eingesunken,
Follikel deutlich sichtbar. Nieren und Lunge ohne pathologischen Befund. In dem
Brei der Knoten im Peritoneum sparliche, doch deutlich gefarbte, zum Teil in Zerfall
begriffene Stabchen durch Ausstrichpraparat nachweisbar. Drusen leicht geschwellt.
Meerschweinchen 4 geht nach 134 Tagen ein (5. September 1902).
Gewicht 530 g.
Peritonealtuberkulose wie eben beschrieben; Lebertuberkulose; grolBe, stark ver-
kaste Milz; samtliche Drusen geschwellt, zum Teil kasig eingeschmolzen; ausgedehnte
Hodentuberkulose; Lungen tuberkulose. Ausstrichpraparate aus Bauchfellknoten und
Hodeneiter ergeben positiven Tuberkelbacillenbefuna.
III. Frosch 3 geht nach 191 Tagen ein (4. Mai 1902).
Ausstrichpraparate aus Lymphsackgranulationen und inneren Organen ergeben
positiven Tuberkelbacillenbefund.
Mit Leberbrei -f- Lymphsackgranulationen + Exsudat wird infiziert
am 5. Mai 1902
Meerschweinchen 5, Gewicht 270 g, 4 ccm
* 6, „ 400 „ 2 „
v V, „ 450 „ 4 „
Meerschweinchen 5 ar^bt nach 132 Tagen ein (15. September 1902). Ge-
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43*
676
Centraibl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
Leber atrophisch, mit grofleren und kleineren verkfisten Knotchen durchsetzt. Milz
vergrofiert, dunkelrotbraun, mit kasigen Einlacerungen. Lungentuberkulose; Pankreas
markig geschwellt. Retroperitoneal- und BronchialdniBen gerotet und geschwellt. Nieren
ohne Refund.
Meerschweinchen 7 geht nach 192 Tagen ein (15. November 1902)*
Gewicbt 420 g.
Peritonealtuberkulose; Lebertuberkulose; Milz vergrbfiert, mit verkasten Ein-
lager ungen. Bparliche Kaseherde in den Lungen. Driisen geschwellt bezw. verkast.
Meerschweinchen 6 geht am 20. Februar 1903 ein (nach 291 Tagen).
Gewicht 390 g.
Geringe Peritonealtuberkulose; Milz vergrofiert, mit grbfieren und kleineren, zum
Teil stark verkasten Knoten; Lebertuberkulose; diskrete Lungentuberkulose; Driisen
geschwellt, teilweise verkast.
6
fc
§
&
Material
Dosis
Gewicht am
Impftage
Gewicht nach
der 8. Woche
Gewicht
post mortem
Tod erfolgte
nach — Tagen
Durchschnittl.
Krankheitsdauer
der Meer¬
schweinchen
Zeit des Ver-
weilens der Tu¬
berkelbacillen im
Froschkftrper
2
24. Okt. 1901
Frosch 1
2 ccm
500
—
—
28
28
25
3
23. April 1902
»
2
2 „
450
550
530
109
| 117
180
4
23. „
1902
tj
2
2 „
470
590
620
134
5
5. Mai
1902
3
4 „
270
460
370
132
1 205
6
5. „
1902
3
2 „
400
490
390
291
191
7
5. „
1902
ft
3
4 „
450
520
420
192
1
Verhalten der Tuberkelbacillen in den Froschorganen.
Frosch 1. Leber: In jedem Gesichtsfelde zahlreiche Bacillen
sichtbar; sie liegen meist diffus im Gewebe, seltener in kleinen Kolo-
nieen, sehr h&ufig im Innem von Zellen, zuweilen in grOBerer Anzahl,
so daB dieselben wie vollgepfropft mit Pilzen aussehen. Die Mehrzahl
der GefhBe zeigt die verdickten und hyalin verbreiterten W&nde mit
reichlichen Bacillen besetzt. Neben gut erhaltenen, typischen Formen
sieht man Pilze mit knopffdrmigen Anschwellungen, teils an einem Oder
beiden Enden, teils in der Mitte, kniefdrmig gebogene oder mit seit-
lichen Verzweigungen versehene. Ab und zu scheinen die Pilze nur
mehr aus einzelnen, aneinander gereihten Kornchen zu bestehen, wobei
die sonstige Form und GrdBe der Tuberkelbacillen erhalten ist, Oder
aber sie erreichen nur die halbe, den 3. und 4. Teil der GroBe der gew5hn-
lichen Pilze.
Frosch 2. Leber: Ueber den ganzen Schnitt zerstreut in alien
Gesichtsfeldern ziemliche Mengen von Tuberkelbacillen. Sie zeigen fast
ausnahmslos Zerfallserscheinungen, sind sehr klein, schmal, &ufierst zart
und schlank, gekbrnt, nur mehr aus einzelnen Kriimeln bestehend, aber
deutlich gefarbt; auch in den Wandungen der Gef&Be und innerhalb
derselben zwischen den Blutzellen Pilze. Schon, gut erhaltene Formen
finden sich nur ganz sparlich; groBere Anh&ufungen fehlen; die An-
ordnung ist eine diffuse.
Die oben erwahnte Cyste in der Riickenhaut besteht aus einem
derben, bindegewebigen Mantel, daran anschlieBend ein tuberkuldses,
zum Teil nekrotisches Granulationsgewebe. Dieses ist mit einer Un-
masse von Bacillen durchsetzt. Vielfach liegen sie in groBen Haufen
beisammen, stark ineinander verfilzte Knoten und Zdpfe bildend — ein-
gespritzte Kulturbrdckel; andererseits erscheinen sie diffus fiber das
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Herzog, Die Abschw&chung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc.
677
Gewebe ges&t. Hier sind zahlreiche deutlich gef&rbte, gut erhaltene,
zierliche Stabchen sichtbar, besonders an der Peripherie der grofien
Eolonieen; daneben auch Pilze in alien Uebergangsstadien bis zu den
bereits beschriebenen Kriimel- und Kdrnchenformen. Die Bindegewebs-
kapsel und die dartlber liegende Riickenhaut sind bis in ihre obersten
Zellschichten von Pilzen durchsetzt.
Frosch 3. Leber: Schnitte durch das Organ zeigen ganz die-
selben Verhfiltnisse, wie eben beschrieben; nach Untersuchung zahl-
reicher Pr¶te gewinnt man den Eindruck, daB die .Bakterien an
Zahl geringer sind wie bei Frosch 2.
Die zum Teil mit zur Impfung beniitzten Granulationen aus
dem Lymphsacke bestehen aus netzfdrmig angeordneten Binde-
gewebsstr&ngen; die Maschen sind entweder leer Oder mit grofien
epitheloiden Zellen, kleinen Rundzellen und Detritusmassen angefiillt
und mit Kndtchen von echtem epitheloidzelligen Bau durchsetzt. In
diesem Gewebe finden sich allenthalben reichlich Tuberkelbacillen,
grdfiere zusammengesinterte Bacillennester neben vereinzelten regellos
zerstreuten Pilzen. Alle mdglichen Formen — gut erhaltene und deut¬
lich gef&rbte, an den Enden kolbenformig aufgetriebene, mittel- und
endst&ndig gekndpfte, verzweigte, gegabelte Edrnchenbildungen — er-
innern an die im Lebergewebe gesehenen Bacillen ver&nderungen.
Die Untersuchung derilbrigen Organe ergab dieselben Resultate:
In der M i 1 z waren durchweg die Bacillen sehr reichlich, in der N i e r e
sp&rlicher und in verschiedenen Praparaten sehr verschieden an Zahl
(Frosch 3); ebenso in der Lunge. Bei Frosch 1 waren in manchen
Gesichtsfeldern von Lungenschnitten gar keine Tuberkelbacillen auf-
findbar, in anderen nur vereinzelte, dann wieder grdfiere Ansammlungen.
Schnitte durch die Magenwandung von Frosch 2 ergaben sowohl
im serdsen Ueberzug wie zwischen Muscularis und in der Schleimhaut
iiberall Bacillen. Querschnitte durch den Darm von Frosch 3 zeigten
in alien Schichten sp&rliche Anwesenheit von Pilzen.
Serie B.
8 Frosche (4—11) werden infiziert am 7. Februar 1902.
1 ccm der Emulsion totet ein 590 g schweree Meerschweinchen nach 86 Tagen.
IV. Auf dem Transports Wiirzburg-Munchen gehen 5 Tiere am
27. Februar 1902 ein nach 20 Tagen.
Mit Leberbrei von Frosch 4 und 5 wird infiziert am 28. Februar
1902 Meerschweinchen 8, Gewicht 380 g, 2 ccm Emulsion. Tod nach
61 Tagen (30. April 1902).
Peritonealtuberkulose; Tuberkulose samtlicher Bauchorgane; Driisen zum Teil
stark verkast; Lungentuberkulose.
V. Frosch 6 und 7 werden nach 96 Tagen getbtet (15. Mai 1902).
Mit Leberbrei werden infiziert am 15. Mai 1902
Meerschweinchen 9, Gewicht 390 g \
„ 10, „ 430 „ > je 4 ccm
» 11, a 430 J
Meerschweinchen 9 geht nach nach 57 Tagen ein (11. Juli 1902). Ge¬
wicht 380 g.
In der Bauchhohle etwa 30 ccm hellgelber, serfiser Flfissigkeit. Serosa parietalis
mit einer ziemlichen Anzahl bis fiber erbsengrofier gelblicher Kndtchen durchsetzt, die
auf dem Durchschnitt breiige Einschmelzung zeigen. Milz vergrdfiert, brfichig, von
kasigen Knoten durchsetzt; ebenso Leber. In den Lungen vereinzelte verkaste Herde
sfimtiiche Driisen affiziert.
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678
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
Meerschweinchen 10 — sehr schwer krank — wird nach 63 Tagen
getotet (18. Juli 1902). Gewicht 410 g.
Tuberkulose dee Peritoneums und der Bauchorgane; Lunge und Nieren makro-
skopisch frei. Driisen geschwelit.
Meerschweinchen 11 geht nach 95 Tagen ein (19. August 1902).
Gewicht 310 g.
Kleinknotige Tuberkulose des Peritoneum parietale; Milz atrophisch, Follikel ge-
schwellt: im Gewebe vereinzelte, etwa linsengrofie Tuberkel. Leber mit kleinen Knot-
chen beaeckt. Nieren makroskopisch frei. Lunge zeigt einige Herde, sowie fibrinbse
und fibrose Adhasionen mit der Pleura costalis. Drusen gesehwellt.
VI. Frosch 8 wird nach 149 Tagen getotet (7. Juli 1902).
Mit Leberbrei wird infiziert am 7. Juli 1902
Meerschweinchen 12, Gewicht 570 g, 4 ccm
* 13, „ 410 „ 3 „
„ 14, „ 680 „ 5 „
Meerschweinchen 14 geht nach 69 Tagen ein (15. September 1902). Ge¬
wicht 520 g.
Abdominaltuberkulose; Driisentuberkulose; Lungen frei.
Meerschweinchen 13 geht nach 153 Tagen ein (8. Dezember 1902).
Gewicht 450 g.
Im Peritoneum parietale ein etwa pfennigstiickgroBer kasiger Herd — Injektions-
8telle. Milz sehr groB, 8:4 1 /. cm, stark verkast. Leber mit zanlreichen kleinen Knot-
chen durchsetzt, die zum Teil zu groBeren kiisigen Herden konfluieren. In der Lunge
vereinzelte kleine, graue Knotchen. Drusen teilweise verkast.
Meerschweinchen 12 geht nach 92 Tagen ein (9. Oktober 1902).
Sektion unterblieb wegen meiner Abwesenheit von Miinchen.
8
1. Marz 19021Frosch 4 u. 5
2 ccm
380
-
320
61
61
20
9
15. Mai 1902
0 if i
4 „
390
—
380
57
|
i
10
15. „ 1902
ii 6 „ 7
4 „
430
—
410
63
72
1)6
11
15. „ 1902
»» 6„ 7
4 „
430
520
310
95
1
1
12
7. Juli 1902
Frosch 8
4 •>
570
580
550
92
1
|
13
7. „ 1902
,, 8
3 „
410
505
450
153
105
149
14
7. „ 1902
8
I ^ »
680
600
520
69
I
Yerhalten der Tuberkelbacillen in den Froschorganen.
Frosch 4 und 5. Leber: Sparliche Anwesenheit von Bacillen,
nicht in jedem Gesichtsfelde auffindbar, in anderen sehr vereinzelt.
GroBere Ansammlungen oder Haufchenbildungen wurden nicht gesehen.
Bei Frosch 5 schienen die Pilze etwas reichlicher zu sein.
Frosch 6. Leber: In jedem Gesichtsfelde zahlreiche Bakterien,
frei im Gewebe oder in Zellen eingeschlossen; auch AnhSufungen und
kleine BacillenklQmpchen finden sich verschiedentlich. Ueber die Form
gilt das bereits Gesagte: Typische Mikroben selten, dagegen alle m5g-
lichen Variationen, das eine Ende keulenformig angeschwollen, das andere
in kleinen Kornchen endend, durch Aufeinanderlagerung und Anein-
anderreihen von mehreren Pilzen die wunderlichsten Formen bildend.
Frosch 8. Leber: Zwar in jedem Gesichtsfelde Pilze, aber nicht
Herzog, Die Abschwftchung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc.
679
so zahlreich wie bei Froscb 6. Kleine Pilzhaufchen nicht selten um
vereinzelte Pigmentzellen herum. Das Gewebe ist weniger stark von
Bakterien durchsetzt, doch sind sie entschieden zahlreicher wie in den
von Frosch 4 und 5 erhaltenen Praparaten.
Schnitte durcb die Milz von Frosch 4 und 5 ergaben einigemal
reichUche Anwesenheit von Bacillen in diffuser Anordnung, dann wieder
sparliche Oder sehr vereinzelte. Das namliche Verhalten zeigen Pr&-
parate von den Lungen: entweder zerstreut liegende Pilze in m&Biger
Zahl, besonders zwischen den Zellen der Kapillaren, oder einige grofie
Bakterienhaufen im Lumen derselben. In derNiere sind die Bakterien
nur sparlich auffindbar, am deutlichsten noch innerhalb der GeffLBe
zwischen den Blutkdrperchen. Aehnliches Verhalten zeigen Ho den,
Niere und Lungen von Frosch 8. Dagegen in Milz (Frosch 8)
wieder zahlreiche Pilze. Im Vergleiche zu diesen Befunden zeigen die
Organe von Frosch 6 und 7 eine enorm grofie Menge von Tuberkel-
bacillen: Die Milz ist fibers&t von einer Unmenge von Mikroben, meist
zu kleinen Nestern vereint, in alien beschriebenen Degenerationsstadien,
ebenso sind in den Nieren neben zahlreichen, vereinzelt im Gewebe
liegenden groBe Anh&ufungen — Riesenkolonieen — mitten im Gewebe,
in Glomerulis oder innerhalb von Harnkanalchen. In diesen Kolonieen
linden sich viele gut erhaltene Formen. Auch in Lunge und Hoden
reichlich Bakterien; in letzterem Organe besondert schon verzweigte und
Y-f6rmige Formen, verfilzte und zusammengeballte Pilzklflmpchen.
Zwischen den Muskelfibrillen des Herzens, im Perikard und Endo-
kard fiberall Tuberkelbacillen auffindbar.
ZusammeDfassende Tabelle.
1
Frosch i
Meer-
schweiuchen
Verweilen
der Tuberkel¬
bacillen im
Kaltbluter
Dauer der
Erkrankung
der Meer-
schweinchen
Bern erkun gen
4 a. 5
8
20
61
1
2
25
1 28
i*)
1'
60
56
getotet und gesund befunden
6 u. 7j
9
10
11
| 96
72
No. 11 Milz klein, atrophisch
8 {
12
13
i 14
| 149
106
2 {
3
und
4
} 180
117
No. 3 Peritonealtuberkulose; Milz nicht ver-
grofiert, makroskopiBch ohne Einlagerungen
3 {
5
6
7
| 191
205
Ueberblicken wir nun die Ergebnisse unserer Untersuchungen, so
ist damit neuerdings die bereits von verschiedenen Seiten augegebene
Tatsache bestfitigt, dafi SSugetier-Tuberkelbacillen auf Kaltblfiter verimpft,
sich sehr lange Zeit — bis fiber 190 Tage — virulent erhalten konnen.
1) Mitgeteilt: Herzog, Zur Tuberkulose im Kaltbliiterorganismus. (Centralbl. f.
Bakt. u. Paraeit. Bd. XXXI. 1902. p. 78.)
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680
Centr&lbl. f. B&kt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 7.
Die Angaben Sions scheinen mir damit in keiner Weise in Widerspruch
zu stehen, sondern sie vielmehr zu stiitzen: „hat er ja doch noch 9 l /j
Monate nacb der Impfung infektionsf&higes, verhaltnism&Big sehr viru-
lentes Material aus der Inokulationsstelle erhalten“. (Versuch VII und
Nachtrag.)
Weiterhin zeigt ein Blick auf die Tabellen, daB die Meerschweinchen
der Infektion desto spater erlagen, je l&nger die verimpften S&ugetier-
Tuberkelbacillen im Froschkorper verweilt batten. Diese Tatsache kann
anf zwei Mdglichkeiten beruhen:
„entweder werden die dem KaltblQter einverleibten Bakterien von
dem Organism us allmahlich vernichtet, so daB, je linger dieser Eampf
gedauert hat, um so weniger Infektionsmaterial jeweils dem WarmblQter
injiziert wird, und die scheinbar allmahlich sich verlftngernde Widerstands-
zeit lediglich auf einer fortgesetzten Herabminderung der eingeimpften
Tuberkelbacillenmengen beruht,
oder aber die verimpften Bakterien sind sich wahrend ihres Auf-
enthaltes im KaltblQter an Zahl gleich geblieben, haben aber in ihrer
Virulenz EinbuBe erlitten und benotigen im Verh<nis zur Intensitat
dieser Schidigung entsprechend l&ngere Zeit zur Entfaltung ihres dele-
taren EinfluBes auf den WarmblQter. In diesem Falle k&me in der
verschieden langen Krankheitsdauer der Meerschweinchen die H5he der
VirulenzeinbuBe zum Ausdruck und wUrde einen direkten MaBstab fQr
die sch&digenden Momente bilden. u
Der Entscheid fQr diese beiden Mdglichkeiten wire wohl absolut
sicher durch zahlenmifiiges Feststellen der Tuberkelpilze in den Schnitten
zu fQhren, wie es Lubarsch bereits einmal versucht. Obwohl es sich
damals nur um eine sehr sparliche Menge von Pilzen in den Schnitten
handelte — 20,5, 2,1 und 21,5 pro Schnitt — ergab die Berechnung der
Bakterienindividuen fur die eingebetteten Stuckchen resp. die ganze Lunge
20000, 2100 und 10000 Stibchen, also ganz gewiB Bakterienmengen,
welche bei genugender Virulenzfihigkeit den Tod von Meerschweinchen
bewirken mQssen. Eine derartige annihernd exakte Berechnung war
fQr unsere Versuche infolge der Qberaus reichlichen Anzahl, sowie der
eigenartigen morphologischen Veranderungen der Pilze ausgeschlossen,
so daB wir uns lediglich auf ein vergleichendes Abschitzen des Bakterien-
gehaltes beschrinken mufiten, obwohl wir uns bewuBt sind, daB ein solch
subjektives Urteil nicht absolut einwandfrei ist.
Diese Riicksicht mufite bei einer geringen Anzahl von Schnitten mit
einem spirlichen Bakteriengehalt hoch angeschlagen werden, verliert
aber sehr an Bedeutung, wenn bei reichlicher Anwesenheit von Pilzen
in vielen Schnitten von Tieren, die zeitlich so sehr verschiedene Ver-
suchsdauer aufweisen — 28 bis 191 Tage — keine erhebliche Vermin-
derung wahrzunehmen ist
Die Leberschnitte der S e r i e A zeigen nun fQr Frosch 2 eher eine
Vermehrung, bei Frosch 3, wenn keine Vermehrung, so doch sicher keine
Abnahme der Pilzzahl gegenuber Frosch 1. Dazu kommt, daB mit der
Leber von Frosch 2 auch der breiige Inhalt der Cyste, in welchem ganz
enorme Massen von Bacillen enthalten waren, sowie bei Frosch 3 Granu-
lationen aus dem Lymphsacke, ebenfalls mit reichlichen Bakteriennestern
durchwachsen, mit zur Verimpfung gelangten, so daB das Infektions¬
material fQr Versuch II und III an Quantit&t dem fQr
Versuch I sicher Qberlegen war.
FQr die Serie B haben wir Qhnliche, vielleicht noch deutlichere
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Herzog, Die Abschw&chung der S&ngetiertuberkuloRebacillen etc. 681
Verhaltnisse. Die Leber von Frosch 8 zeigt ganz entschieden reich-
lichere Anwesenheit von Bakterien als die Organe von Frosch 4 und 5,
und noch weit mehr in die Augen springend ist der Vergleich der Leber-
schnitte der letztgenannten Tiere mit Frosch 6 und 7. Wir haben hier
eine ganz auffallend Qberlegene Zahl vonPilzen im ganzen
Organ, die sich bereits in jedem einzelnen Gesichtsfelde
deutlich und klar ausspricht.
AuBer der Leber wurden auch die iibrigen Organe vergleicbend
der eingehendsten Untersuchung unterzogen. Dabei konnte niemals
irgend eine Abnahme der Pilzzahl nach l&ngerer Versuchszeit wahrge-
nommen werden; im Gegenteil zeigte bei Frosch 6 und 7 besonders die
Milz in alien Schnitten eine so Qberraschende, grdBtenteils zu Nestern
vereinte Anzahl von Bacillen, ferner auch Lungen, Hoden und Nieren
eine so reichliche Durchsetzung des Gewebes mit Bakterien, daB wir im
Vergleiche mit den Organbefunden von Frosch 4 und 5 von einer
starken Vermehrung der Bakterien sprechen mflssen.
Wenn nun die Durchschnittsdauer, innerhalb welcher der Tod der
Meerschweinchen erfolgte, eine stetig aufsteigende ist, so zeigen die ab-
soluten Zeiten, in welchen die gleichzeitig bei rnoglichst gleichen Vor-
bedingungen infizierten Tiere der Infektion unterlagen, untereinander
ziemliche Differenzen, und zwar scheint sich dies um so mehr geltend
zu machen, je langer die Tuberkelbacillen im einzelnen Falle den
schadigenden EinflQssen des Kaltblilterorganismus ausgesetzt waren.
Doch muB dabei vor alien Dingen die individuelle Disposition der Tiere
in Betracht gezogen werden, der Unterschied des Alters sowie der Ge-
schlechter — Weibchen haben w&hrend der langen Versuchsdauer zum
Teil ein Oder mehrmals geworfen — u. s. w. Auch ist bei Uebertragung
des Impfmaterials auf die Warmbltiter die Austeilung naturgemafi keine
exakt gleiche, so daB wohl hierin ein weiterer Grund fiir geringe Unter-
schiede in der Dauer der Erkrankung liegen muB. Wenn wir uns aber
yergegenwartigen, daB in einem Schnitte nicht 20 Tuberkelbacillen, sondern
in jedem Gesichtsfelde sich viele Hunderte von Mikroben linden, so
kommen wir bei einem rechnerischen Ueberschlag der Individuenzahl
in dem zur Impfung benutzten Materiale zu solch ungeheuren Summen,
daB trotz der ungleichen Dosierung des Giftes grOBere Schwankungen
in der Krankheitsdauer wohl nicht ausschlieBlich darauf zuruckzufuhren
sind.
Zu weiteren Vergleichen wurde eine neuerliche Serie von Froschen
mit einer Tuberkelbacillenkultur infiziert; der Herstellung des Impf¬
materials — Emulsion — sowie der Austeilung desselben wurde besondere
Sorgfalt gewidmet. Die Infektion geschah wieder vom Rttckenlymph-
raume aus.
Frosch 1 ging nach 5 Tagen, Frosch 2 nach 14 Tagen ein; Frosch 3
wurde nach 40 Tagen, Frosch 4 nach 90 Tagen, Frosch 5 nach 157 Tagen,
Frosch 6 nach 173 Tagen getStet. Die Untersuchung der Organe in
Schnitten ergab eine Bestatigung der bereits beschriebenen Verhaltnisse.
DaB also eine Minderung der Virulenzfahigkeit von
Saugetiertuberkelbacillen nach langerem Aufenthalte im
Ealtbluter eintritt, scheint durch die angegebenen Impf-
versuche zweifellos festgestellt. Der Beweis aber, daB diese
Abschwachung eine dauernde ist, die nicht schon in der nachsten
Generation wieder verloren geht, laBt, sich nur durch Gewinnung von
abgeschwachten Reinkulturen erbringen, eine Forderung, die besonders
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682
Central!)], f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 7.
Lubarseh wiederholt betont hat. Zu diesem Zwecke wurden ver-
schiedene Serien von Tieren angelegt, um aus den Organen zu ver-
schiedenen Versuchszeiten Reinkulturen zu gewinnen. Organteile wurden
zur Kontrolle in jedem einzelnen Falle in Schnitten untersucht, die aus-
nahmslos die wiederholt angegebenen Verhaltnisse feststellen lieBen.
Die Organe wurden unter vollstandig aseptischen Kautelen mit aus-
geglQhtem, noch heifiem Instrumente durchschnitten, die Stflcke in 1-proz.
Karbollosung und zwei sterilen Wdssern gewaschen und dann Ausstriche
auf Glycerinagar und H e y d e n - Agar gemacht. Beobachtung bei Zimmer-
temperatur, 22° und 37°. Trotz sehr zahlreicher Versuche gelang nicht
eine einzige Kultur; fast alle waren bereits am 2. Tage mit FSulnis-
bakterien ttberwuchert. Auch Ausch6 und Hobbs (13) hatten bei
ihren Kulturversuchen stets negative Resultate. Versuche, die Saugetier-
tuberkelbacillen von Frosch auf Frosch weiter zu ubertragen, um durch
wiederholte Passage die Anpassung an den KaltblQter zu erleichtern
und zu festigen, wurden aufgegeben, da in 4 Fallen je 3 derartig vor-
behandelte Tiere spontan innerhalb 3 Tagen eingingen. Vor kurzem
hat Dieudonnd (14) sehr interessante Resultate tiber diese Fragen
bekannt gegeben. Fflr die Erlaubnis, dieselben hier zu verwerten, sowie
fflr das fortwahrende rege Interesse w&hrend der Dauer meiner Unter-
suchungen fQhle ich mich Herrn Stabsarzt, Privatdozent Dr. Dieudonnd
zu ganz auBerordentlichem Danke verpflichtet.
„Wahrend nach Verimpfung der Bacillen der Fischtuberkulose
Frbsche fast ausnahmslos, wenn auch nach langerer Zeit eingehen, wobei
sich in den Organen zahlreiche Kn&tchen finden, bleiben diese Tiere bei
Verimpfung von Saugetiertuberkelbacillen fast stets am Leben. Totet
man aber einen mit Saugetiertuberkelbacillen in den Riickenlymphsack
geimpften Frosch nach 60 Tagen oder auch spater, so findet man in
alien Organen zahlreiche Tuberkelbacillen oft zu groBen Haufen ver-
einigt, so daB man von einer reicblichen Vermehrung sprechen kann.
Verimpft man die Leber- Oder die Milzemulsion eines getoteten Frosches
auf eine Anzahl neuer Frosche, so geht ein Teil derselben spontan ein t
die Mehrzabl derselben bleibt am Leben. Sowohl bei den spontan ein-
gegangenen wie bei den getoteten findet man in den Organen (Leber,
Milz, Nieren) zahlreiche Knotchen mit massenhaft zum Teil krfimlig
zerfallenen Tuberkelbacillen. Impft man von dieser zweiten Gruppe
von Froschen wieder eine Emulsion von Leber und Milz, die nach der
mikroskopischen Untersuchung zahlreiche Tuberkelbacillen enthalt, auf
eine dritte Reihe von Froschen, so stirbt nunmehr die Mehrzahl der
Tiere spontan nach 30— 60 Tagen, ein Teil bleibt am Leben. In den
Organen finden sich zahlreiche miliare Knotchen und massenhaft Tuberkel¬
bacillen; diese haben sich aber morphologisch sehr verfindert, sie sind
kurz und plump und sind von den Bacillen der Fischtuberkulose in
Froschorganen kaum zu unterscheiden. Zilch tun gs versuche ergaben nach
vielen Mifierfolgen (insbesondere durch Verunreinigung) eine Kultur, die
gleichfalls groBe Aehnlichkeit mit den Bacillen der Fischtuberkulose
aufwies. Sie zeigte weniger brockeliges Verhalten als die Saugetier¬
tuberkelbacillen, wuchs nur bei Temperaturen von 22—30° und war
nicht mehr pathogen fiir Meerschweinchen. Versuche, diese Kulturen
allmBhlich wieder an Temperaturen von 30° zu gewohnen, sind bis jetzt
miBlungen. Der Saugetiertuberkelbacillus vermag sich also an den
Froschkorper anzupassen und wird auch schlieBlich pathogen fiir dieses
Tier. Umgekehrt nimmt die Pathogenitat der Saugetiertuberkelbacillen
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Herzog, Die Absckw&chung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc.
683
ffir das Meerscheinchen nach den Passagen durch den Froschkorper
immer mehr ab.“
Ich habe schon wiederholt hervorgehoben, daB die morphologischen
Veranderungen der Tuberkelbacillen in den Organen derartig hochgradige
sind, daB vorerst jedem Beobachter Zweifel entstehen mfissen, ob man
es hier wirklich mit diesen Mikroben und deren Variationsformen zu
tun hat. Wenn nun diese Bedenken durch die immer wieder auftretende
Erscheinung, daB die Pilze, je langer sie im Kaltblfiterorganismus ver-
weilt haben, desto schwerere Schfidigungen erfahren, durch die Aehnlich-
keit dieser Formen in vielen Organen vieler Tiere, durch die Tatsache,
daB nicht vorbehandelte Kontrolltiere in ibren Organen keine derartigen
Mikroben enthalten u. s. w. schwinden mfissen, so hat die von Dieudonnd
gezfichtete Reinkultur den Beweis ffir die Richtigkeit dieser Anschauung
erbracht. Die Aehnlichkeit der Pilze der Reinkultur mit
den in den Organprfiparaten beschriebenen Mikroorga-
nismen ist eine auffallende: Kurze, plumpe Stabchen, die mit-
unter kokkenahnlich aussehen; fadenformige Formen, Verzweigungen,
Sprossungen etc. sieht man in der Kultur selten; bei diesen Bildungen
war auch ein Zweifel, dafi es sich um echte Tuberkelpilze handle, aus-
geschlossen. Bedenkenerregend waren gerade die kleinen, kurzen Stab¬
chen, die entweder vereinzelt im Gewebe liegen oder vielfach in so dicke
Haufen und Nester vereint sind, daB sie schwer und nur am Rande
zu analysieren waren. Bei Ausstrichprfiparaten der Reinkultur erhalt
man die gleichen Anhfiufungen, so daB die Kongruenz ohne weiteres
klar ist.
Vergleicht man die Resultate Dieudonn6s mit den meinigen, so
ergibt sich die sehr interessante Tatsache, daB bei einmaliger Durch-
leitung der Sfiugetiertuberkelbacillen durch den Froschkorper die Virulenz-
fahigkeit zwar sehr bedeutend herabgemindert, daB dieselben aber nach
sehr langer Zeit doch noch generelle Tuberkulose im Meerschweinchen
hervorzurufen im stande sind, wahrend nach wiederholten Passagen der
Tuberkelpilze durch den Kaltblfiterorganismus, deren Gesamtdauer etwa
meinen langsten Versuchen entsprach, Meerschweinchen sich gegen die
Infektion refraktar erwiesen.
Nachdem gerade in jfingster Zeit die Beziehungen der Sfiugetier-
bezw. menschlichen Tuberkulose und derRindertuberkulose vielfach
Gegenstand eingehender Erorterungen waren, schien es nicht uninter-
essant, die Wirkung der Rindertuberkulose im Kaltblfiterorganismus und
umgekehrt dessen EinfluB auf diese Mikroben zu studieren.
Als Infektionsmaterial benutzte ich Organe von perlsuchtigen Kfilbern;
am geeignetsten erwies sich die Milz, weil hier die Tuberkelknotchen
sich sehr leicht herausprfiparieren lassen. Am besten nimmt man nicht
zu umfangreiche, etwa gut erbsengroBe Knotchen, die zentral noch keine
Erweichungs- Oder Einschmelzungsprozesse zeigen. Die Knotchen
wurden in gleicher Weise, wie ich bereits ffir die Froschorgane be-
schrieben, zu einem moglichst homogenen Brei verrieben, mit physio-
logischer Kochsalzlosung aufgeschwemmt und diese Emulsion in den
Rfickenlymphraum der Frosche injiziert.
Durch anderweitige Inanspruchnahme ist es mir nicht moglich ge-
wesen, die Versuche vollstandig zum Abschlusse zu bringen. Nachdem
aber, soviel mir bekannt, die Frage noch von keiner Seite berfihrt
worden ist, durch geeignete Versuche jedoch auch Klfirungen in der
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684
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Tuberkulosefrage zu erwarten sind, mochte ich meiner bisherigen Re-
sultate vorlaufig Erwahnung tun.
Auffallen mufite vor allem, daB im Lymphsacke — Injektions-
bezirk — so gut wie keine Reaktionserscheinungen wahrzunehmen waren:
In der ersten Zeit — 14 Tage, 25 Tage, 42 Tage, 50 Tage post infec-
tionem — fand sich im Rtickenlymphraume eine weiBlich - gelbliche,
sulzige Masse, zum Teil mit Haut und RtlckenflSche Verklebungen
bildend sowie stark injizierte GefaBe. Nach lingerer Krankheitsdauer
— 62 Tage, 90 Tage, 140 Tage, 191 Tage post infectionem — nahmen
diese von der injizierten Emulsion herrflhrenden, sulzigen und kriimeligen
Gebilde an Quantitat bedeutend ab, so daB der Lymphsack schlieBlich
fast leer, von normalem Aussehen vorgefunden wurde und nichts daran
erinnerte, daB derselbe einmal mit pathogenem Materiale gefflllt war.
Diesen VerhSltnissen entsprechend waren auch die Organbefunde.
Makroskopisch konnten niemals Einlagerungen Oder Kndtchenbildungen
aufgefunden werden, die den Verdacht eines tuberkuldsen Prozesses
wachgerufen hatten. Wohl fiel durchgehends die starke Durchfeuchtung
der Organe ; auf, ,in den meisten Fallen verbunden mit erheblicher Schwel-
lung derselben, so dafi beispielsweise einigemal gut kaffeebohnengro&e Milz
beobacbtet wurde; doch waren in anderen Fallen, besonders wenn die
Tiere erst nach 3 Monaten getdtet wurden, diese Verhaltnisse nicht so
ausgepragt. Nicht selten waren die Leber und insbesondere die Milz
bedeckt mit weiBlichen, die Oberflache nicht iiberragenden Punkten, so
daB die Organe ein marmoriertes Aussehen hatten.
Mikroskopisch lieBen sich auch hier die bereits mehrfach be-
schriebenen Kndtchenbildungen, bestehend aus fixen Bindegewebszellen,
Leukocyten und Pigmentzellen, finden, welche nach den bisherigen Er-
fahrungen lediglich das Anfangsstadium zur echten Tuberkelbildung zu
sein scheinen; auch kleinzellige Infiltrate, meist rundlich, aber auch
unregelmaBiger Gestaltung, inmitten von gesundem Gewebe, kamen
haufig zu Gesicht. Verschiedentlich, und darin ist vor allem die Niere
ausgezeichnet, lieBen sich nekrotische Gebiete auffinden, mitunter aus*
gedehnte Bezirke, in denen das Gewebe vollig kernlos, homogen, die
Zellen der Harnkanalchen abgeschuppt und Detritusmassen im Lumen
sichtbar waren. Ein einziges Mai wurde ein echter Epi-
theloidtuberkel mit starker bindegewebiger Abgrenzung
aufgefunden (Milz eines Frosches, nach 42 Tagen getotet).
Die Ausstrichpraparate des Organsaftes ergaben stets posi-
tiven Bakterienbefund, und zwar meist sehr reichlichen. Ebenso lieBen
sich Bakterien in alien Schnitten nachweisen, zuweilen in so iiber-
raschenden Mengen, daB das ganze Organ damit ttberflutet erschien.
In ihrem morphologischen sowie tinktoriellen Verhalten zeigen die Pilze
dieselben Erscheinungen, wie ich sie fur die Formen der Saugetiertuber-
kulose beschrieben.
Die Uebertragung des Organmaterials auf Warmbliiter ffihrt, soweit
sich bis jetzt beurteilen laBt, zu denselben Resultaten wie die Impfver-
suche mit Saugetiertuberkulose: Trotz Einverleibung der gleichen Oder
sogar reichlicheren Giftmenge erliegen die Meerschweinchen
der Infektion desto spater, je langer die Mikroben im
Froschorganismus verweilt haben.
Nach meiner Versetzung nach Miinchen habe ich die Versuche im
Operationskurs fiir Militararzte weitergeftthrt. Den Vorstanden des
Operationskurses, Herrn Generalarzt Dr. Heifer ich, sowie dessen
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Centralblattf Bakteriologie A bt. I. Bd. XXXI l
Herzog, Abschwtichung d. Sdugetiertuberkulose-
Bacillen i. Kaltblllterorganismus.
Verla# von Gustav Fischer, Jena.
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Google
P. Waist, Lith., Jena.
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Herzog, Die Abschwftchung der S&ugetiertuberkulosebacillen etc.
685
Nachfolger, Herrn Generaloberarzt Dr. Hermann, welche mir das
Tiermaterial der Anstalt in entgegenkommendster Weise zur VerfUgung
stellten, erlanbe ich mir, an dieser Stelle meinen ganz ergebensten Dank
zum Ausdruck zu bringen.
Literatur.
1) D e Pasqu al e, Della variety di tuberculosi negli animali a sangue freddo. (Morgagni.
1894. Febr.)
2) De Michele, Ibid. 1894. No. 2.
3) Bataillon, Du bard et Terre, Un nouveau type de tuberculose. (Compt. rend.
de la soc. de biol. 1897. p. 44.)
4) Bataillon et Terre, La forme saprophytique de la tuberculose humaine et de la
tuberculose aviaire. (Compt. rend, de l'acad. d. sc. 1897. p. 1399.)
-, Tuberculose et pseudo-tuberculose. (Ibid. 1898. p. 538.)
-, Polymorphi8me du bacille de la tuberculose des poissons. (Soc. de biol. 1899.
8 juillet.)
5) Dubard, La tuberculose des animaux k sang froid et ses rapports avec la tuber¬
culose des animaux k temperature constant. (Revue de la tubercul. Vol. H.
1898. p. 13.)
-, Transformations de la tuberculose humaine par la passage sur les animaux
k sang froid. (Bullet, de l'acad. de m4d. 1897. p. 580.)
-, Des modifications de la tuberculose et de son adaption k la s£rie animale.
(4. Congrfcs pour l’^tude de la tuberculose. 1898. p. 711.)
6) Auche et Hobbs, Tuberculose aviaire chez la grenouille. (Soc. de biol. 1899.
21 octob.)
-, Non-transformation de la tuberculose humaine en tuberculose pisciaire. (Ibid.)
-, Evolution de la tuberculose avaire chez la grenouille. (Compt. rend, de la
soc. de biol. 1899. p. 816.)
-, De la non-transformation en tuberculose pisciaire de la tucerculose humaine
inocul6e k la grenouille. (Ibid. p. 817.)
Auch^et Hobbs, De la non-multiplication du bacille tuberculeux humain ou
aviaire chez la grenouille k la temperature ordinaire. (Ibid. p. 825.)
-, Etat de la virulence de la tuberculose humaine apr&s son passage sur la
grenouille. (Ibid. 1898. p. 13.)
7) Nicolas etLesieur, Effets de 1'ingestion de crachats tuberculeux humains chez
les poissons. (Ibid. 1899. p. 774.)
8) Hormann u. Morgenroth, Deber Futterung von Fischen mit tuberkelbacillen-
haltiger Nahrung. (Hvg. Rundschau. 1899. p. 857.)
9) Sion, Der Einflun des Organismus kaltblutiger Tiere auf den Bacillus der mensch-
lichen Tuberkulose. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXVII. 1900. p. 710.)
10) Lubarsch, Zur Kenntnis der Strahlenpilze. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektions-
krankh. Bd. XXXI. p. 187.)
-, Deber das Verhalten der Tuberkelpiize im Froschkorper. (Centralbl. f. Bakt.
etc. Abt. I. Bd. XXVIII. 1900. No. 14/15.)
11) Lubarsch u. Mayr, Untersuchungen uber die Wirkung der Mikroorganismen der
Tuberkelpilzgruppe auf den Organismus des Frosches. (Arbeiten a. d. pathol.-
anat. Abt. d. kgl. hyg. Inst. Posen. 1901. p. 130.)
12) Herzog, Zur Tuberkulose im Kaltbliiterorganismus. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I.
Bd. XXXI. 1902. p. 78.)
13) Auch^et Hobbs, De la tuberculose chez la grenouille. (Arch, de m&l. exp€r.
1900. p. 419.)
14) Dieudonn6, Ueber Anpassung der Saugetiertuberkelbacillen an den Kaltbliiter-
organismus. (Sitzungsberichte der phys.-med. Gesellsch. zu Wurzburg. 1902.
November.)
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686
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Nachdruck verboten .
Ueber Differenzen der Blutbeschaffenbeit in verschiedenen
Lebensaltern.
[Aus dem Kfingl. Institut fQr experimentelle Therapie in Frankfurt a. M.
Direktor: Geheimrat Professor Dr. Ehrlich.]
Von Dr. Hans Sachs, Assistenten am Institut.
I. Ueber die Empfindlichkeit der Erythrocyten.
In einer friiheren Arbeit 1 2 ) habe ich gezeigt, dafi das Arachnolysin,
das hfimolytische Gift der Kreuzspinne, in seiner Wirksamkeit ver¬
schiedenen Blutarten gegeniiber in auBerordentlichem Mafie schwankt,
indem einzelne Blutarten, wie das Meerschweinchenblut, absolut un-
empfindlich sind, wahrend andere, wie das Kaninchenblut, noch von
kleinsten Giftmengen gelfist werden. Als Ursache dieser wechselnden
Empfindlichkeit liatte sich Mangel, resp. Vorhandensein giftbindender
Rezeptoren ergeben, und die unempfindlichen Blutzellen waren den
Forderungen der Seitenkettentheroie entsprechend auBer Stand das
wirksame Prinzip zu binden*).
Bei dieser wechselnden Verteilung der arachnolysinbindenden Re¬
zeptoren in der Tierreihe erschien die Frage nicht ohne Interesse zu
sein, ob bei den Tierarten unit giftempfindlichen Blutkfirperchen das
Vorhandensein der Rezeptoren in alien Altersstufen ein konstantes
Merkmal darstellt, oder ob die Rezeptoren in ffitalem oder juvenilem
Alter noch fehlen und erst allmahlich im Laufe des extrauterinen
Lebens in Erscheinung treten. Die Studien, fiber die im folgenden be-
richtet werden soil, hatten auBerdem noch die vergleichende Unter-
suchung einiger anderer Eigenschaften von Blutkfirperchen und Serum
erwachsener und neugeborener Tiere (resp. Ffiten) zum Gegenstand.
Was zunachst das Arachnolysin anlangt, so wiesen die Blutkfirperchen
von Rinderffiten und neugeborenen Kaninchen eine mehr oder weniger ge-
ringere Empfindlichkeit auf, als diejenigen der erwachsenen Tiere; jedoch
war der Unterschied eben nur ein quantitativer. Beim Huhn jedoch
konnte ich eine absolute qualitative Differenz in dieser Richtung be-
obachten. Das Blut der eben ausgeschlfipften Hfihnchen ist dem Arach¬
nolysin gegeniiber vfillig unempfindlich (0,1 ccm Arachnolysin: keine
Lfisung), wahrend das Arachnolysin fttr das Blut erwachsener Hflhner
ein stark wirkendes Hamolysin (0,00025 ccm: vollstfindige Hamolyse) dar¬
stellt. Es ist hiermit wohl zum erstenmal der Nachweis
1) Sachs H., Zur Kenntnis des Kreuzspinnengiftes. (Hofmeisters Beitrage
zur chem. Physiol, und Pathologie. Bd. II. 1902.)
2) DaB das Arachnolysin von den Stromata der empfindlichen Blutkorperchen in
der Tat nur gebunden wire!, ohne fur eine etwa unbemerkbare Wirkung auf das Stroma
verbraucht zu werden, zeigte mir auch ein Versuch, den ich in jungster Zeit angestellt
habe. Digeriert man namlich stark arachnolysinbeladene Stromata einer empfindlichen Blut-
art, die an physiologische Kochsalzlosung kein Hiimolysin abgeben, mit gleichartigem
nativem Blut bei 40°, so tritt Hamolyse ein. Wir haben esnier mit demselben Vor-
gang zu tun, den Morgenroth (Munchener med. Wochenschr. 1903. No. 2) bei am-
bozeptorenbeladenen Blutkorperchen beobachtet und mit dem Abbluten gewisser Farbstoffe
verglichen hat. Auch hier also die namliche Reversibilitat der Rezeptorgiftverbindung,
wie sie sich auch aus den die Agglutinine betreffenden Versuchen Landsteines (Munch,
med. Wochenschr. 1902. No. 46) ergibt.
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Sachs, Ueber Differenzen der Blutbeschaffenheit in verschied. Lebensaltern. 087
einer angeborenen vollst&ndigen Zellimmunitat, die im
spSteren Leben verschwindet, erbracht.
Eine ahnliche Beobachtung verdanken wir Camus und Gley 1 ).
Nach ihren Untersuchungen besitzen die Blutkdrpercheu neugeborener
Kaninchen, wenn auch keine absolute Immunit&t, so doch eine relativ
hohe Widerstandsfahigkeit gegen Aalserum und erlangen erst im Ver-
laufe von Wochen die normale hohe Empfindlichkeit Auf eine nahere
Analyse dieses Verhaltens sind aber Camus und Gley nicht ein-
gegangen.
Nach den von Ehrlich entwickelten Anschauungen wird man nun
annehmen dQrfen, dad derartige Empfindlichkeitsunterschiede mit den
die andersartigen Stoffwechelvorgange des spateren Lebens wider-
spiegelnden Veranderungen des Rezeptorenapparates in engstem Zu-
sammenhange stehen. Dali in unserem Fall der passagere Zustand der
Unempfindlichkeit wirklich auf Rezeptorenmangel beruht, konnte durch
den Bindungsversuch leicht erwiesen werden. Wechselnde Mengen einer
Arachnolysinldsung bleiben mit je 1 ccm 5-proz. Blut vom eben ausge-
schlupften und erwachsenen Huhn (auf 2 ccm Gesamtvolumen aufgefflllt)
2 Stunden im Brfltschrank. Die hamolytische Kraft der durch Ab-
zentrifugieren der Blutkdrperchen gewonnenen Abgiisse ergibt sich aus
folgender Tabelle. Dabei ist zu bemerken, dad die Abgfisse nach
Digestion mit dem Blute erwaclisener Hiihner natflrlich infolge der ein-
getretenen Hamolyse lackfarben rot waren.
Tabelle I.
age
zugefiigten
Arachnolysins
0,1
0,05
0,025
0,015
0,01
0,005
0,0025
0,0015
0,001
Hamolytische Wirkung der Abgiisse nach
Zufiigen von 0,25 ccm 20-proz. Hiihnerblut
(erwachsen)
A. nach Digerieren
mit Blut erwachsener
Hiihner
komplett
stark — fast komplett
mafiig
wenig
Spur
B. nach Digerieren
mit Blut eben aus-
ge8chliipfter Hiihner
komplett
fast komplett
stark
C.direkte hamolytische
Wirkung des Arach-
nolysins auf Blut
erwachsener Hiihner
komplett
fast komplett
stark
Nach Vorbehandeln des Arachnolysins mit dem alten Blute, wie wir
das Blut erwachsener Hiihner der Einfachheit halber kurz nennen wollen,
ist also ein betr&chtlicher Verlust an h&molytischer Wirksamkeit zu be¬
merken, indem die komplett losende Dosis von 0,0025 auf 0,01 ccm
gestiegen ist. Die Abgiisse von dem j ungen Blute haben aber, wie ein
Vergleich von Kolonne B. und C. der Tabelle zeigt, ihre Wirksamkeit
voll und ganz erhalten. Die unempfindlichen Blutzellen bin-
den also auch das Gift nicht
Weiterhin wurde durch Untersuchung des Blutes verschiedener
Altersstufen ermittelt, wann die Blutkorperchen empfindlich werden,
und wie das Uebergangsstadium verl&uft. Es zeigte sich dabei, daB
schon am 4. Lebenstage der Zustand der absoluten Resistenz nicht mehr
1) Camus, L. et Gley, E., Nouvelles recherches sur l*i
dtoguille. (Annales de l’lnst. Pasteur. T. XIII. 1899.)
Pimmunit6 contre le s6rum
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688 CentralbL f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
besteht. Indes bewirkten erst sehr grofie Arachnolysinmengen Hamolyse,
der eine ziemlich lange Inkubationszeit voranging. Es folgt dann eine
Periode, etwa vom 6. Tage ab, in der das Arachnolysin auf die Blut-
kflrperchen in geringerem oder st&rkerem Grade etwa in derselben Ver-
dflnnung hamolytisch einwirkte, wie auf die Blutkdrperchen erwachsener
Hiihner. Charakteristisch ist aber, daB selbst bei den groBten Arach¬
nolysinmengen die Losung nicht komplett wird, wie dies flbrigens
auch Camus und Gley (1. c.) bei ihren Versuchen mit Aalserum und
dem Blute junger Kaninchen wflhrend der Periode der fast erreichten
Empfindlichkeit erw&hnen. Es bleibt also immer ein Blut-
korperchenrest ungelflst, und wir werden nicht fehlgehen, wenn
wir diesen Befund als Ausdruck dafiir auffassen, daB die ursprttnglich
vorhandenen Blutkdrperchen unempfindlich bleiben, und daB erst die
nach dem Ausschlflpfen neugebildeten Blutkdrperchen die geeigneten
Rezeptoren besitzen. Das Erreicben der normalen hohen Empfindlich¬
keit scheint individuellen Schwankungen unterworfen zu sein. Ich
habe am 14. Lebenstage bereits vollempfindliches Blut gefunden, in
anderen Fallen aber noch nach 3 Wochen partielle Resistenz beobachten
kdnnen. Nach Ablauf der 4. Woche scheint jedenfalls der normale
Empfindlichkeitsgrad stets erreicht zu sein.
Aus diesen Vorg&ngen kdnnen wir also schliefien, daB frflhestens
nach 14 Tagen, spatestens nach 4 Wochen alle ursprflnglich vorhandenen
Blutkdrperchen verschwunden sind. Diese Feststellung dflrfte fflr die
Frage der Lebensdauer der roten Blutkdrperchen von einem gewissen
Interesse sein. Auch beim Menschen waren derartige Untersuchungen
leicht auszufflhren; es wflrde sich nur darum handeln, ein geeignetes
Blutgift zu finden, demgegenflber die Blutkdrperchen Neugeborener
sich andersartig verhalten, als diejenigen Erwachsener.
Bei anderen Blutgiften habe ich wesentliche Empfindlichkeitsunter-
schiede der Blutkdrperchen verschieden alter Tiere nicht gefunden. Er-
w&hnt sei, daB sich die Blutkdrperchen junger Tiere (Rinder- und
Schweinefoten, neugeborene Kaninchen und frisch ausgeschlflpfte Hiihner)
dem Staphylolysin gegenflber weniger resistent erwiesen, als die Blut¬
kdrperchen Erwachsener. Wir sehen also, daB auch das junge Hfihner-
blut dem Staphylolysin gegenflber empfindlicher ist, gegen Arachnolysin
aber absolut unemfindlich. Es zeigt dies also in eklatantester Weise,
daB, soweit spezifische Blutgifte in Betracht kommen, von einer Resistenz
im allgemeinen nicht gesprochen werden kann. Der Begriff der Resistenz
oder Empfindlichkeit deckt sich eben mit demFehlen Oder Vorhanden-
sein geeigneter Rezeptoren.
II. Ueber den Lecithinvorrat des Blutes.
Ein grdBeres Interesse dflrfte vielleicht das Verhalten des Cobra-
giftes bei fdtalem Blut beanspruchen. Nach den Untersuchungen von
F1 e x n e r und Noguchi 1 ) wirkt das Cobragift erst nach Zufflgen ge¬
eigneter Komplemente hamolytisch, und Kyes 2 ) konnte im AnschluB
daran feststellen, daB es neben Blutarten, die durch Cobragift an und
fflr sich angegriffen werden, auch solche gibt, die erst nach Zufflgen ge-
wisser aktivierender Substanzen der h&molytischen Wirkung des Cobra-
giftes unterliegen. Als den wichtigsten Cobragiftaktivator hat Kyes
1) Flexner und Noguchi, Journal of experimental medicine. Vol. VI. 1902.
2) Kyes, Berliner klin. Wochenschr. 1902.
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Sachs, Ueber Differenzen der Blutbeschaffenheit in verschied. Lebensaltem. 689
(1. c.) das Lecithin erkannt, und wir*) konnten gemeinsam den Nachweis
ffihren, daB auch die Fahigkeit der direkt em^findlichen Biutarten, durch
Cobragift allein gelost zu werden, auf deren Lecithinvorrat beruht.
AlsichnunfotalesRinderblutderWirkung des Cobra-
giftes aussetzte, trat Hamolyse ein, wahrend das Blut
erwachsener Rinder niemals von Cobragift gelost wird.
Ich lasse einen derartigen Versuch folgen.
Tabelle II.
Menge der zugefugten
1-proz. Cobragiftlosung
ccm
| . Grad der Hamolyse
A. 1 ccm 5-proz. fotales ! B. 1 ccm5-proz.Rinder-
Rinderblut 1 blut (erwachsen)
1,0
komplett
1
i
0,5
» '
0,25
if
0,1
>>
\ 0
0,05
Spur
i
0,025
it
0,01
0
Das fotale Rinderblut besitzt also eine recht be-
trachtliche Emp find 1 ich keit gegeniiber dem Cobragift
im Gegensatz zu der im spateren Leben zu bemerkenden
vollkommenen Resistenz. Die absolute Erapfindlichkeit der Blut-
kfirperchen, d. h. die Empfindlichkeit bei optimalem Lecithinzusatz,
weist aber beim Fotus und erwachsenen Rind keine Differenzen auf;
wenn die notige Menge Lecithins zur Aktivierung zugefiigt wird, so ist
die minimale zur kompletten Hamolyse notwendige Menge Cobragift (in
dem Versuche der Tabelle II: 0,0005 cc.) in beiden Fallen die gleiche.
Wir haben es also hier niclit mit einem im extrauterinen Leben ein-
tretenden Rezeptorenverlust zu tun, sondern mit einem Mangel an
dispositionsfahigem Lecithin, das wahrend des fotalen Lebens eben in
zur Cobragiftaktivierung geeigneterer Form in den roten Blutkorperchen
enthalten ist. Nun habe ich friiher mit Kyes (1. c.) darauf hingewiesen,
dafi das Lecithin in Uebereinstimmung mit den Anschauungen hervor-
ragender Physiologen in Blutkorperchen und Serum nicht frei enthalten,
sondern mit EiweiBstoffen etc. gepaart ist. Je nach der Festigkeit
dieser Bindung, wird der Cobraambozeptor das Lecithin an sich reiBen
kfinnen. In den fotalen Blutkorperchen muB also nach unseren Be-
funden das Lecithin lockerer gebunden und leichter disponibel sein, als
im Blute Erwachsener, was auf eine chemische Differenz des fotalen
Lecithinstoffwechsels hinweist und mit der allgemein angenommenen
physiologischen Bedeutung des Lecithins fur die Entwickelung und das
Wachstum der lebenden Organismen in bestem Einklang steht.
Bei einem filteren Rinderfotus, dessen Blut ich untersuchte, war be-
reits eine erhohte Resistenz vorhanden, indem 1,0 ccm einer 1-proz.
Cobragiftlosung nur unvollstandige Hamolyse verursachte; die Bedin-
gungen der Lecithinphysiologie schienen sich also schon denen des extra¬
uterinen Lebens zu n&hern.
In analoger Weise habe ich auch beim Meerschweinchenblut, das
durch Cobragift an und fur sich schon gelost wird, eine 4—5mal hohere
Empfindlichkeit des Blutes Neugeborener beobachtet, wahrend auch
hierbei bei genugendem Lecithinzusatz ein Ausgleich dieser Diffe-
1) Kyes, P. und Sachs, H., Berliner klin. Wochenschr. 1903. No. 2—5.
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 44
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690
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
renz stattfindet. Also auch hier besteht eine hohere DisponibilitSt
des Lecithinvorrats der Neugeborenen.
Wenn ich nun auf meine, die Eigenschaften des Blutserums betreffen-
den Versuche eingehen darf, so mochte ich hieran gleich anschliefien, dafi
auch im Serum neugeborener Tiere durch den Nachweis mittels Cobragifts
eine freiere Verfugbarkeit des Lecithins festgestellt werden kann. Meer-
schweinchenserum aktiviert Cobragift, wie die Arbeiten von Kyes und
Sachs 1 ) ergeben haben, durch eigentliche Komplemente. Fflr die
Komplementnatur spricht namentlich die Inaktivierbarkeit des Serums
durch Erhitzen auf 56°, da solche Serumarten, die disponibles Lecithin
enthalten, auch nach dem Erhitzen zur Aktivierung des Cobragiftes be-
befahigt sind 2 ).
Das Serum neugeborener Meerschweinchen aktiviert
nun Cobragift schon in erheblich geringerer Menge, als
das Serum erwachsener Meerschweinchen, wie folgender
Versuch zeigt.
Tabelle III.
Mengen des Meer-
schweinchenserum
ccm
1 ccm 5-proz. Ochsenblut ■+■
0,02 ccm Cobragift 1-proz.
A. Serum neugeborener
Meersch wei nchen
B. Serum erwachsener
Meerschweinchen
0,5
komplett
komplett
0,25
w’enig
0,1
»>
Spur
0,05
Spiirchen
0,025
*)
0
0,01
Spiirchen
0
DaB die hohere Wirksamkeit des Serums Neugeborener in der Tat
durch das Lecithin bedingt ist und nicht durch einen groBeren Komple-
mentgehalt, der ja immerhin gewissen individuellen Schwankungen unter-
liegen konnte, ergibt sich aufs schlagendste durch das Verhalten der
inaktivierten Sera. Wurde namlich das Serum des neugeborenen und
alten Meerschweinchens 1 /., Stunde auf 56° erhitzt, so war das letztere,
wie immer, seiner Wirkung beraubt, wahrend ersteres nur $inen ge-
ringen Teil seiner Wirksamkeit eingebiiBt hatte.
Tabelle IV.
Dieselbe Anordnung wie in Tabelle 3; nur Meerschweinchensera */., Stunde auf
56° erhitzt.
Menge des Meerschweinchenserums I . t.
ccm j A ' a ‘
0,5 j komplett
0,25 I
0,1 !, o
0,05 „ i 0
0,025 I Spur
0,01 • 0
Es zeigt also dieser Versuch, dafi im Serum neugeborener Meer¬
schweinchen neben Komplementen ein groBerer Lecithinvorrat filr den
Cobraambozeptor disponibel ist, der im spateren Leben wohl eine festere
1) 1. c.
2) Erhitzt man Sera auf 05° oder hoher, so werden alle, auch Meerschweinchen-
serum, durch Freiwerden des Lecithins zur Aktivierung des Cobragifts befahigt (cf.
Kyes 1. c.)
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Sachs, Ueber Differenzen der Blutbeschaffenheit in verschied. Lebensaltern. 691
Bindung an andere Serumbestandteile erfahrt, welche die Wirkung auf
Cobragift nicht mehr ermoglicht
III. Ueber die Hamolysine and Eomplemente des Serums.
Weitere Untersuchungen betrafen die vergleichende Feststellung
der hamolytischen und komplettierenden Funktionen der Sera von Er-
wachsenen und Neugeborenen. Ueber die normalen Serumstoffe im
juvenilen Alter liegen schon einige Beobachtungen vor. G. Muller 1 )
berichtet aus dem hiesigen Institute, daB im Serum jugendlicher Tiere
(Kalber) manche Bakterienagglutinine noch gar nicht Oder nur in quanti-
tativ geringer Menge vorhanden sind, w&hrend sie sich stets im Serum
erwachsener Einder vorfinden.
Was die normalen Hamolysine des Blutserums anlangt, so beob-
achtete Resinelli 2 ), daB das menschliche fotale Serum fremde Blut-
korperchen stets in merklich geringerem Grade lost, als das Serum der
Mutter. AuBerdem sind eine ganze Reihe Befunde mitgeteilt worden,
die auf gewisse Unterschiede im hamolytischen oder agglutinierenden
Verhalten des fStalen und mutterlichen Serums hinweisen. Ich erinnere
hier nur an die Arbeiten von Halban 3 ), Schumacher 4 ), Halban
und Landsteiner 5 ), L anger 6 ) etc. Halban und Landsteiner
haben ebenso, wie schon Resinelli, festgestellt, daB beim Menschen
mtltterliches Serum Kanin chenblutkdrperchen in stiirkerem MaBe 16st,
als kindliches Serum 7 ). Die Frage, ob es sich hierbei um Mangel an
Komplement Oder Mangel an Ambozeptor handele, suchten sie dadurch
zu entscheiden, daB sie dem kindlichen Serum inaktiviertes mfitterliches
Serum zufttgten. Durch die eingetretene Verstarkung konnten sie
einen Mangel an Ambozeptor im kindlichen Serum nachweisen, ohne
eine etwaige Differenz des Komplementgehalts auszuschlieBen.
Ich selbst habe in alien daraufhin untersuchten Fallen ein voll-
standiges Oder fast vollstandiges Fehlen der normalen Hamolysine im
Serum von Foten oder Neugeborenen gefunden (fotales Rinderserum —
Kaninchenblut, Meerschweinchenblut; fotales Schweineserum — Kaninchen-
blut, Meerschweinchenblut; Serum neugeborener Meerschweinchen —
Kaninchenblut), im Gegensatz zu dem Vorhandensein dieser Hamolysine
im Serum Erwachsener.
Beim Rinderserum habe ich durch Zufugen inaktivierten Serums
Erwachsener zum aktiven fotalen Serum die Frage des Ambozeptor- oder
Komplementmangels ebenfalls zu beantworten versucht. In der Tat
tritt bei dieser Kombination eine nicht unerhebliche Hamolyse ein, wie
Tabelle V (p. 692) zeigt.
Es scheint also das Nichtvorhandensein der normalen hamolytischen
Funktionen in der fbtalen Periode in Uebereinstimmung mit den An-
gaben von Halban und Landsteiner im wesentlichen durch das
Fehlen der Ambozeptoren verursacht zu sein. Daneben muB
der Komplementgehalt aber auch ein geringerer sein; denn sonst hatte
1) Miiller, G., Ueber Agglutinine normaler Tiersera. I.-D. Bern 1901.
2) Resinelli, G., Ferrara 1901.
3) Wiener klin. Wochenschr. 1900. No. 24.
t 4) Zeitschr. fur Hygiene. Bd. XXXVII. 1901.
*5) Miinchner med. Wochenschr. 1902. No. 12.
6) Zeitschr. fur Heilkunde. 1903, Heft 5.
7) Es sei hier erwahnt, dad im fotalen menschlichen Serum nach einer noch nicht
publizierten Beobachtung des Herrn Dr. Marshall die im Serum Erwachsener stets
vorhandenen Hamolsyine fur Meerschweinchenblut fehlen.
44*
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692
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
der Grad der H&molyse in Kolurane B. dera in Kolumne C. nicht nach-
stehen diirfen.
Tabelle V.
Mengen des z.ugefiigten
aktiven Rinderserums
ccm
1 ccm 5-proz. Meerschweinchenblut
A. fotales ^
Rinderserum |
B. fotales Rinderserum,
auBerdem iiberall 0,3 ccm
inaktives Serum er¬
wachsener Rinder
C. Scrum erwachsener
Rinder
0,5
\ i
fast komplett
komplett
0,25
maBig
,»
0,1
t 0
Spiirchen
stark
0,05
'
0
Spur
0,025
0
0
Auch die Komplemente fur die kunstlich erzeugten Ambozeptoren
kdnnen wahrend des fotalen Lebens in wesentlich geringerer Kon-
zentration vorhanden sein. So waren im fotalen Schweineserum die
Komplemente fur die Ambozeptoren einer mit Hammelblut vorbehandelten
Ziege und der mit Ochsenblut vorbehandelten Kaninchen im Vergleich
mit dem Verhalten des Serums erwachsener Tiere auf den 20. Teil
reduziert, wahrend das Serum neugeborener Meerschweinchen nur einen
geringen Mangel an diesen Komplementen aufwies.
Die hier beschriebenen, mehr oder weniger markanten qualitativen und
quantitativen Differenzen der physiologischen Funktionen von Blut-
korperchen und Serum bieten in Riicksicht auf die Selbstandigkeit des
fdtalen Stoffwechsels weitere interessante Illustrationen zu der Anschauung
Ehrlichs 1 ), „daB zwischen der Art des jeweiligen Stoff¬
wechsels und der Art der vorhandenen Rezeptoren ein
organisch harmonischer Zusammenhang besteht u .
Naclidruck vcrboten.
Ueber Komplementbindung durch OrganzeUen.
[Aus dem hygienischen Institute der deutschen Universitat in Prag.
Vorstand: Prof. Dr. Hueppe.]
Von Dr. Edmund Hoke,
I. Assistenten der internen Kiinik des Prof. R. v. Jaksch.
Die hamolytischen Eigenschaften tierischer Organe, wie sie durch
Metschnikoff (1), Klein (2), Shibayama (3), Tanassevitsch (4)
beschrieben worden sind, stehen mit der umgekehrten Wirkung derselben
Organe, hamolytische Sera ihrer hamolytischen Kraft zu berauben, in
einem schroffen Gegensatz.
v. Dun gem (5) konnte zuerst zeigen, daB die verschiedensten
Organe die hamolytische Fahigkeit fremden und des eigenen Serums
beschr&nken resp. aufzuheben vermOgen.
Wilde (6) bestatigt v. Dungerns Angaben und zeigt ferner, daB
Aleuronat dieselbe Eigenschaft besitzt.
Dieser Gegensatz fand durch die Arbeit von Korschum und Morgen-
roth (7) eine Aufklarung. Diese beiden Autoren konnten namlich zefgen,
daB zwischen den Hamolysinen der Sera und den Hamolysinen, wie sie
durch Organextrakte gewonnen werden, ein fundamentaler Unterschied
1) Cf. Schlufibetrachtungen in Nothnagels Handbuch der speziellen Patho-
logie und Therapie. Bd. VIII. 1901.
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Hoke, Ueber Komplementbindung durch Organzellen.
693
besteht, so daB es nicht angeht, die letztereo mit den ersteren ohne
weiteres zu identifizieren.
Im folgenden seien Versuche mitgeteilt, die sich ebenfails mit der
Aufhebung der h&molytischen F&higkeit normaler Sera durch Kontakt
mit Organzellen desselben Tieres befassen.
Als Versuchstiere wurden Kaninchen und in einem Falle aus einem speziellen
seinerzeit zu erwahnenden Grunde der Hund gewahlt. AJs Reagens dienten bei den
Kaninchen versuchen Meerschweinchenblutkorperchen. Nur bei den Vereuchen mit H unde¬
serum und Hundeorganen wurde Kaninchenblut verwendet.
Versuch 1.
Einem Kaninchen werden 10 ccm einer sterilen Aleuronataufschwemroung in die
rechte Pleurahohle injiziert. Nach 24 Stunden wird das Tier aus der Carotis entblutet,
die Thoraxhohle croffnet und das in beiden Pleurahohlen angesammelte Exsudat ge-
trennt abpipettiert, die Pleurahohlen dann, um den Rest der Leukocyten zu gewinnen,
mit physiologischer Kochsalzlosung nachgewaschen und die Waschfliissigkeiten vereinigt.
Durch Zentrifugieren konnten nun die Leukocyten aus den Exsudaten entfernt und mit
den durch das rsachwaschen gewonnenen zu aem weiteren Versuche vereinigt werden.
Dann wurden unter moglichst strengen aseptischen Kautelen Milz, Pankreas aselli und
Knochenmark der grofien Rohrenknochen entnommen, in sterilen Schalen zerrieben, und
die so erhaltenen Organbreie, ferner die abzentrifugierten gewaschenen Leukocyten mit
je 2—3 ccm des Serums desselben Tieres versetzt, gut durchgeschiittelt und l / 2 Stunde
bei 37° belassen. Dann wurde abzentrifugiert und das so erhaltene Serum in absteigender
Menge zu je 1 ccm einer 5-proz. Meerschweinchenblutaufschwemmung zugesetzt, 1 Stunde
bei 37° belassen und nach 10 Minuten, 30 Minuten, 1 Stunde, 24'’Stunden beobachtet.
In derselben Weise wurden die zellfrei zentrifugierten Pleuraexsudate getrennt verwendet.
Das Resultat des Versuches zeigt folgende Tabelle:
1) Kaninchenserum (Vo Stunde bei 37° gehalten).
Menge |
nach 10 Minuten |
30 Minuten ]
1 Stunde |
24 Stunden
0,5 ccm
0,25 „ ,
0,1 „ -
0,05 „
0,01 „
Beginn I
keine Losung
>» ff
>> n
deutlich
Beginn
Spur
keine Losung
t yy yy
komplett gelost
fast komplett
deutlich
Spur
keine Losung
| komplett
yy
fast komplett
2) Leukocytenserum.
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0.5 ccm
0,25 „
0,1 „
0,05 „
0,01 „
keine Losung
>y »
>» yy
>> >»
yy y>
keine Losung
yy yy
yy yy
yy yy
yy yy
keine Lbsung
» yy
yy y
yy yy
yy yy
sehr deutlich
deutlich
keine Losung
yy yy
3) Milzserum.
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
0,25 „
0,1 „
0,05 „
0,01 „
keine Losung
>» yy
keine Losung
yy yy
keine Losung
it yy
keine Losung
yy yy
yy yy
yy yy
yy yy
yy yy
yy yy
’> yy
yy :y
yy
yy
yy yy
yy yy
yy yy
4)
Pankreas aselli
-Serum.
Menge
nach 10 Minuten
| 30 Minuten
| 1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
0,25 „
0,1 „
0,05 „
0,01 „
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694 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
5) Knochenmarkserum.
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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keine Losung
keine Losung
keine L5sung
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6) Rechtssei tiges
Pleuraexsudat,
, zellfrei zentrifugiert.
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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keine Losung
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7) Linksseitiges
Pleuraexsudat,
zellfrei zentrifugiert.
Menge
nach 10 Minuten
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30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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Vollkommen analog verliefen alle iibrigen Kaninchenversuche, so daB ihre An-
fiihrung nur eine Wiedernolung der obigen Tabellen ware.
Selbstverst&ndlich trat nun die Frage auf, wodurch ist die Aufhebung
der H&molyse bedingt, durch Verschwinden des Komplementes, des
Immunkorpers Oder beider?
Wenn es zwar schon von vornherein hochst wahrscheinlich war,
dafi Bindung des Komplements eintrete, so war es doch nach Analogie
mit dem Verschwinden der Bakterizidie von Serum durch Kontakt mit
Organzellen denkbar, daB der Immunkorper gebunden wurde, wie dies
Bail und Pettersson(8) in ihren Versuchen tiber Milzbrandimmunit&t
zeigen konnten.
Um diese Frage zu entscheiden, muBte ein Komplettierungsversuch
ausgefiihrt werden. Da es nicht gelang, ein auf den Kaninchenimmun-
korper passendes Koraplement aufzufinden, wurde der Versuch mit einem
Hunde wiederholt. Statt der Meerschweinchenblutkorperchen wurden
jetzt, wie schon fruher erwahnt, Kaninchenerythrocyten verwendet. Sonst
blieb die Versuchsanordnung dieselbe.
1) Hundeserum (7 2 Stunde bei 37° gehalten).
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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beginnt
keine Losung
komplett
11
17
keine Losung
2) Leukocytens
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erum.
komplett
ii
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deutlich
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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Hoke, Ueber Komplementbindung durch Organzellen.
3) Milzserum.
695
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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4) Mesenterialdriisenserum.
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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5) Knochenmarkserum.
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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6) Rechtsseitiges Pleuraexsudat, zellfrei zen trif ugiert.
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
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glatt gelost
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7) Linksseitiges Pleuraexsudat, zellfrei zentrifugiert.
Menge
nach 10 Minuten
30 Minuten
1 Stunde
24 Stunden
0,5 ccm
glatt gelost
glatt gelost
glatt gelost
glatt gelost
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keine Losung
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keine Losung
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Ferner wurde je 1 ccm der 5-proz. Kaninchenblutaufachwemmung versetzt mit
1) Leukocytenserum 0,5 ccm 0,75 ccm Meerschweinchenserum — glatte Losung
nach 1 Stunde, 2) mit 0,5 ccm Leukocytenserum + 0,75 ccm inaktiviertes Meer¬
schweinchenserum — nach 24 Stunden keine Losung, 3) mit 0,5 ccm Leukocy ten¬
se rum -f- 0,75 ccm inaktiviertes Hundeserum (ZufUhrung von Iinmunkorpern) — keine
Losung in 24 Stunden, 4) mit 0,75 ccm aktivem Meerschweinchenserum
+ 0,75 ccm inaktiviertes Hundeserum — glatte Losung in 1 Stunde.
Ebenso gelang es, das durch Knochenmark inaktiv gewordene Hundeserum durch
0,75 ccm aktives Meerschweinchenserum glatt zu reaktivieren.
Die aus den obigen Versuchsreihen zu ziehenden Schliisse lassen
sich dahin zusammenfassen, daB Organzellen desselben Tieres ira stande
sind, das Serum seiner h&molytischen Fahigkeit zu berauben und zwar
durch Bindung seines Komplementes.
Nicht nur zertrtimmerte Organzellen, sondern auch
lebende Zellen, wie sie die Leukocy ten darstellen, haben dieselbe
Fahigkeit.
Was die wenigstens beim Kaninchen deutlich ausgesprochene be-
hinderte h&molytische Wirkung der Pleuraexsudate betrifft, so ware es
denkbar, anzunehmen, daB diese durch den langen Kontakt mit den
Leukocyten bei der hohen Korpertemperatur des Kaninchens schon im
Tierkdrper einen Verlust an Komplement erlitten haben.
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Google
696
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
Die Anscbauung von dem Ursprung des Komplements aus Leukocjten
wird nach dem Mitgeteilten schwer verstandlich, wenn man bedenkt, wie
makrophagenreiche Organe, wie die Milz, Komplement zu binden im stande
sind.
Literatur.
1) Metschnikoff, Immunitat bei Infektionskrankheitcn. 69 p. Jena (Fischer) 1902.
2) Klein, Wien. klin. Wochenschr. 1901. No. 52.
3) Shi bay am a, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXX. 1901. No. 21.
4) Tanassevitsch, Ann. de l’lnstitut Pasteur. 1902.
5) v. Dungern, Munch, med. Wochenschr. 1900. p. 677.
6) Wilde, Arch. f. Hyg. Bd. XXIV. 1902.
7) Korschum und Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. 1902. p. 870.
8) Bail u. Pettersson , Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. 1903 und Prag. med. Wochenschr.
Bd. XXVIII. 1903. p. 307.
Nachdruck vcrboten.
The adrenal gland and its active principle in their rela¬
tions to cytolysins and antitoxin production 1 ).
|From the Laboratory of Hygiene, University of Pennsylvania.]
By A. C. Abbott, M. D.,
Professor of Hygiene and Bacteriology, University of Pennsylvania.
In a brief report we would present the results of an investigation
in which it was desired to render the adrenal glands of the guinea pig
physiologically inactive. As is well known the surgical removal of the
adrenals, as well as the destruction of the glands by the injection of
necrotizing chemicals, is fatal to the animals in a few hours. We there¬
fore attempted to neutralize the function of the organs by the use of a
serum presumably specifically destructive for the adrenal cells, in the
hope that thereby a gradual elimination of the gland function might be
obtained, and the animal would with alive.
The specific serum was obtained by immunizing rabbits with an
emulsion of fresh guinea pig adrenals thoroughly ground up in a sterile
mortar and suspended in 0,85 °/o NaCl solution. The injections were
given intraperitoneally. The sera of the immune rabbits were tested
after the injection of from 14 to 38 guinea pig adrenals. The effect
of such a serum upon guinea pigs when injected intraperitoneally was
seen within a few minutes after the injection. The symptoms were those
of intense prostration accompanied by a reduction of temperature of
from 1,5° C to 2° C. Death follows in from a few hours to a few
days. The postmortem findings vary slightly according to the time of
death, but always present a picture indicative of a rapid blood destroy¬
ing process; subcutaneous edema; enlargement of the subcutaneous
lymph glands, yellowish discoloration of the subcutaneous fat; enlarge¬
ment and dark color of the spleen; dark chocolate color of the cortex
oft he kidneys; congestion with fatty degeneration of the liver. The
blood presents a conspicuous thin or watery appearance.
A composite picture drawn from the microscopic examination of the
1) Read before the Association of American Physicians, May. 1903. (Published in
extenso in the Journal of Medical Research. Vol. IX. No. 3. May 1903.)
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Abbott, The adrenal gland etc.
697
organs of a number of guinea pigs treated with serum from rabbits that
have been immunized against guinea pig adrenals, is the following:
In marked cases microscopic examination of the blood reveals the presence
of erytrocytes in all stages of disintegration and distortion. Many of
them appear fused together into soft tenacious masses. Many normal
erythrocytes are to be seen, but there are also many that are irregular
in size and form, and many that are abnormally colored.
Microscopic examination of the liver shows congested areas surrounded
by liver cells in varying stages of degeneration. No nuclear fragmen¬
tation is observed, and the changes give the impression of being due
to circulatory disturbance rather than to the action of a specific toxin.
It is possible that these lesions may result from the presence of agglu¬
tinative thrombi. In advanced cases diffused fatty degeneration was
present.
The spleen is usually markedly congested and is often conspicuous
for the presence of large phagocytes filled with the remains of erythro¬
cytes. In two or three cases the cells of the lymph nodes of the spleen
gave evidence of destructive changes, many of the nuclei being distorted
and fragmentated. The sections of the spleen are often marked by the
presence of what is evidently masses of blood coloring matter.
The kidneys present the most striking picture. They are marked
by congestion with frequently rupture of the glomerular capillaries; the
epithelium of both the convoluted and the looped tubules is conspicuous
for the presence of closely packed brownish granules, evidently the
debris of destroyed erythrocytes. On section the adrenals are frequently
found congested, though this varies. Rarely there are tiny points of
hemorrhage, but definite necrosis or degeneration has not been detected
in any of our animals. Evidences of cell multiplication are here and
there observed, but the study of adrenals from normal animals as well
as from animals dead from other causes leads us to believe that nuclear
division may be commonly observed in the cells of the adrenal in health
as well as in diesease.
This picture so forcibly suggested blood destruction as the cause
of death and of the conditions noted that a series of control experiments
with the serum of rabbits immunized against the erythrocytes of the
guinea pig were instituted. In this experiment guinea pigs were treated
with the serum from rabbits highly immunized against guinea pig blood,
and control animals were treated with the serum of normal rabbits
which possesses more or less active hemolyzing power for guinea pig
erythrocytes.
The results with normal rabbit serum are somewhat irregular, due
no doubt to the differences in the hemolytic activity of normal rabbit
serum. In general it is not necessarily fatal when injected into the
living guinea pig and may often be used in large doses.
The serum from rabbits highly immunized against guinea pig
erythrocytes gives, on the other hand, quite different results. These
sera when highly hemolytic, are almost invariably quickly fatal to guinea
pigs even in comparatively small doses. The symptoms exhibited by
these animals are identical, save in degree, with those noted after the
injection of the serum of a rabbit immunized against the adrenal cells.
To sum up our results in a few words, the conditions of guinea
pigs after injection of the actively hemolytic serum do not differ, except
in being more pronounced, from that following injection with adrenal
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698
Centralbl. (. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
serum, and it is furthermore usually impossible to distinguish by either
macroscopic or microscopic examination between the tissues from the
two groups of animals.
Since the most pronounced and evidently fatal action of the
specific adrenal serum consists in its specific hemolytic property, we
next attempted to remove the hemolytic property by the absorption
method. The specific adrenal serum was heated to 55—56° C for
30 minutes to destroy the hemolytic complement; mixed with an equal
volume of washed guinea pig’s erythrocytes; placed in an incubator for
two hours, and sometimes immediately injected, sometimes left at low
temperature over night. There was always marked agglutination of the
red blood corpuscles. A specific adrenal serum when thus treated is
without any effect whatever when injected into guinea pigs in amounts
equal to the fatal dose of untreated serum. By heating the specific
adrenal serum its active effects are not necessarily modified. The
receptors in the serum find therefore their appropriate complement in
the fluids of the guinea pig’s organism. By mixing the specific adrenal
serum with a fresh emulsion of guinea pig’s adrenals the fatal hemolytic
effects are not necessarily eliminated, death often resulting from hemolysis.
The specific adrenal serum in the test tube shows active aggluti¬
nation and hemolysis for guinea pig’s erythrocytes, and is also actively
agglutinative for fresh infusions of the adrenal cells. By heating for
30 minutes the hemolytic action was checked, while agglutination of
both blood cells and adrenal cells was unaltered. A lysis of the adrenal
cells in the test tube was not certainly to be detected. The specific
hemolytic serum gave naturally hemolysis and agglutination with the
puinea pig’s erythrocytes, but did not have the least effect upon the
adrenal cell infusion.
This was the result with serum from all the rabbits immunized
against guinea pig’s adrenals except one, the serum of which had no
effect in the test tube upon the emulsion of adrenal glands. This vari¬
ation may possibly be due to the individual peculiarity of the animal.
Such deviations are not unknown in experiments of this nature.
If we insist strictly that the serum of animals immunized by the
injection of definite types of alien cells shall have a specific affinity for
only those cells — that is to say, shall be possessed of only specific
morphological affinities, then obviously the results here recorded are at
variance with our accepted ideas. If, on the other hand, it be admitted
that the specificity of these sera is chemical in its relations, then there
can be no reasonable grounds for surprise that such sera occasionally
manifest affinities not only for the cells with which the animal furnish¬
ing the serum had been treated, but for other elements of the body
as well.
Our observations lead us to the same result as that reached by
v. Dungern (Mttnchener med. Woch. 1899. No. 38) and Moxter (Dtche
med. Woch. 1900. No. 4), in their work with ciliated epithelium and with
infusions of the testicle — namely, that the injection of cells other than
the erythrocytes may produce a serum having specific affinities for
erythrocytes as well as for the injected cells. Metschnikoff (Annales
de llnstitut Pasteur. T. XIV. 1900) and Me tain ikoff (ibid. T. XIV. 1900)
both maintain that v. Dungern and Moxter are in error; that the
hemolysis observed in these sera is referable to the blood unavoidably
injected with the epithelial and testicular cells used in their experiments.
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Abbott, The adrenal gland etc.
699
It seems to us very questionable, however, that the hemolysis exhibited
by our specific serum is due to the small amount of blood injected with
the adrenal cells, for it was often even greater than that shown in the
serum of rabbits which had been purposely injected with large doses
of guinea pig erythrocytes. Thus, for example, in one of our comparative
tests, we found that the serum from a rabbit that had received 53 c. c.
of defibrinated guinea pig’s blood was twice as active as normal rabbit
serum upon guinea pig’s blood. The serum from adrenal rabbit B was
also twice as active, while that from adrenal rabbit D was five times
as active as normal rabbit serum, and yet neither of the animals injected
with the adrenal cells could have received more than the merest fraction
of the amount of blood injected into the rabbit which furnished the
specific hemolytic serum.
We therefore conclude that the different cells of the body, even
though morphologically and physiologically unlike, may possess certain
chemical constituents in common, and it seems to us possible that the
apparent lack of strict specificity manifested by certain of the cytolytic
sera may be referable to the stimulating action of atom groups which
are common to many different cells upon particular receptors likewise
common to various cells for which they possess chemical affinities, the
result being the overproduction in the immune animal of such receptors.
In other words, morphology and function do not necessarily indicate
variation in chemical composition.
We next turned our attention to a study of the effect of the definite
crystallizable body which has been isolated from the adrenal glands. In
these experiments rabbits were injected with varying doses of a
preparation of the active principle of the gland, which we obtained
through tbe courtesy of Prof. Abel, to whom we here express our
thanks. The most impressive feature of this group of experiments is
the remarkable variation of individual susceptibility to the action of
the drug, for which unfortunately there is no ready explanation, but
■which greatly complicates such an experiment by the consequent
impossibility of determining a minimum lethal dose.
Our experiments upon the adrenal gland and its principle seemed
to us to warrant the following conclusions:
I. It is doubtful if repeated injections of guinea-pig adrenals into
rabbits result in the elaboration of a serum having demonstrable specific
-affinities for the adrenal glands of the guinea-pig in situ.
II. The most conspicuous characteristic of a serum obtained by the
above plan is its destructive action upon the blood of the guinea-pig.
This we do not believe is referable to the small quantity of blood injected
with the adrenal cells during the immunization of the rabbit.
III. If: the hemolytic receptors be removed from such an „adrenal
serum" its toxic action upon the guinea-pig disappears.
IV. Rabbits exhibit more or less of tolerance to gradually ascending
doses (intraperitoneal) of the active principle of the adrenal gland. This
tolerance is probably not accompanied by the presence in the serum
of the rabbits of substances antagonistic (antitoxic) to the adrenal active
principle in vitro.
Digitized by LjOOQle
700
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 7.
Naehdruck verboten,
Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunitat
[Aus dem hygienischen Institute der Universitfit Graz.]
Von Dr. Paul Theodor Mflller,
Assistent am hygienischen Institute Graz.
(Schlufi.)
I. Versuche mit Bacterium typhi abdominalis.
Taube V (Hungertier).
Vom 13. Oktober ab hungem gelassen. 13. Oktober 2 ccm Typhus-Bouillon-
kultur. 16. Oktober 2 ccm Bouillonkultur. 25. Oktober aus den Flugelgefafien ver-
bluten gelassen.
Taube VI (Kontrolltier). Gtefiittert. Sonst wie oben.
Agglutination. Versuch.
Aufschwemmung von 24-stiindiger Agarkultur in Bouillon. Verdunnung des Serums;
Typhus-
auf-
schwemmung
Serummenge
Bouillon
Verdunnung
Serum V
(Hunger)
Serum VI
(Kontrolle)
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1 : 5
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Taube III (Hungertier).
Vom 13. Oktober ab hungern gelassen. 13. Oktober 2 ccm Typhus-Bouillon¬
kultur. 16. Oktober 2 ccm Bouillonkultur. 24. Oktober aus den Fiugelgefafien ver-
bluten gelassen.
Taube IV (KontroUtier). Gefiittert Sonst wie oben.
Agglutination. Versuch.
Aufschwemmung yon 24-stiindiger Agarkultur in Bouillon. Verddnnung des Serums:
( 1 ) - 1 : 10 .
Typhus-
auf-
Bchwemmung
Serummenge
Bouillon
Verdunnung
Serum III
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Serum IV
(Kontrolle)
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Taube XL (Hungertier).
Hungert vom 1. Marz ab. 3. } 5* und 7. Marz je 2 ccm Typhusbouillon. 10. Marz
getdtet
Taube XL1 (Kontrolltier). Gtefiittert. Sonst wie oben.
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Muller, Zur Theorie der natdrlichen antibakteriellen Immunitftt
701
Versuch.
24-stiindige Agarkultur vom Bact. typhi in Bouillon aufgeschwemmt. Verdiinnung
( 1 ) - 1 : 10 , ( 2 ) «== 1 : 100 .
Typhus-
auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XL
(Hunger)
Serum XLI
(Kontrolle)
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0,4
0,6
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+ +
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0,7
6,6
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0,2
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0,4
33
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0,4 (1)
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250
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500
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0
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0,8
1000
7F
0
Taube XL (Hungertier).
Hungert vom 15. Februar ab. 16. und 20. Februar je 1 ccm Typhusbouillonkultur.
25. Februar getdtet.
Taube XL1 (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben.
V ersuch.
24-stiindige Typhusagarkultur in Bouillon aufgeschwemmt (sehr dichte Aufschwemmung).
Verdiinnung des Serums: (1) = 1: 10.
Typhus-
auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XL
(Hunger)
Serum XLI
(Kontrolle)
1 ccm
0,6
0,4
3,3
+ (+)
+ (+)
1
Ofi
0,5
4
+ (+)
+ (+>
1 »
0,4
0,6
5
+ (+)
+ (+)
1 »
0,3
0,7
6,6
+ (+)
+
1 „
03
0,8
10
+ (+)
0
1
0,1
03 ( 1 )
0,9
20
+
0
1 „
03
25
0
0
1 „
0,6 (1)
0,4
33
0
0
II. Versuche mit Bacillus pyocyaneus.
Taube XI (Hungertier).
Vom 27. Oktober ab hungem gelassen. 27. Oktober 1 ccm Pyocyaneus-Bouillon
30. Oktober 2 ccm Bouillon. 3. November aus den Fliigelgefaflen verbluten gelassen.
Taube XII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben.
Agglutination. Versuch.
Aufschwemmung von 24-stundiger Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon. Ver¬
diinnung des Serums: (1) « 1 : 10.
Serummenge
Bouillon
Verdiinnung
Serum XI
(Hunger)
Serum XII
(Kontrolle)
1 ccm
«
0,6
5
+ +
+ (+)
1 „
0,7
6,7
+ +
+
1 „
0,8
10
+ +
1 „
—
0,9
i ,,
0,6
i „
0,8
Digitized by CjOOQle
702
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Taube XXI (Hungertier).
Hungert vom 24. November ab. 27. November 2 ccm Pyocyaneus-Bouillon.
3. Dezember gefuttert. 4. JDezember hungert weiter; 1,5 ccm Pyocyaneus-Bouillon.
5. Dezember I ccm. 7. Dezember verbluten gelassen.
Taube XXII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben.
V ersuch.
24-stiindige Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. Serum-
verdunnung: (1) — 1 : 10.
Pyocyaneus-
auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XXI
(Hunger)
Serum XX H
(KontroUe)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ +
+
1 i,
0,3
0,7
6,6
+ +
V
1 „
0,2
0,8
10
+ +
0
1 „
0,1
0,9
20
+ +
0
1 „
0,8 (1)
0,2
25
+ +
0
1 „
0,6 (1)
0,4
33
+
0
1 „
0,4 (1)
0,6
50
0
0
1
0,2 (1)
0,8
100
0
0
Taube XIII (Hungertier).
Vom 27. Oktober ab hungern gelassen. 27. Oktober 1 ccm Pyocyaneus-Bouillon.
30. Oktober 2 ccm Bouillonkultur. 4. November verbluten gelassen.
Taube XIV (Kontrolltier). Gefuttert. Sonst wie oben.
Agglutination. Versuch.
Aufschwemmung einer 24-stiindigen Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon. Serum-
verdiinnung: (1) *= 1: 10.
Pyocyaneus-
auf-
schwemmung
Serummenge
Bouillon
Verdiinnung
Serum XIII
(Hunger)
Serum XIV
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ +
+
1 ,,
0,3
0,7
6,7
+ +
1 „
0,2
0,8
10
+
IT
1 „
0,1
0,9
20
0
0
1 „
0,4 (1)
0,6
50
0
0
1 ,,
0,2 (1)
0,8
100
0
0
Taube XLII (Hungertier).
Hungert vom 1. Marz ab, r 3., 5. und 7. Marz je 2 ccm Pyocyaneus-Bouillon.
11, Marz getotet.
Taube XLII I (Kontrolltier). Gefuttert. Sonst wie oben.
Versuch.
24-stiindige Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt.
Pyocyaneus-
auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XLII
(Hunger)
Serum XLIII
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ +
+ +
1 »,
0,3
0,7
6,6
++
+ (+)
1 »
0,2
0,8
10
++
4 *
1 »
0,1
0,9
20
+ (+)
(+)
1 ,,
0,8 (1)
0,2
25
+ (+
0
i „
0,6 (1)
0,4
33
+ (+)
0
I »
0,4 (1)
0,6
50
+
0
1 M
0,2 (1)
0,8
100
0
0
Taube LXV (Hungertier).
Hungert vom 22. Marz ab. 24. und 26. Marz je 2 ccm erwarmter Pyocyaneus-
Bouillon. 30. M&rz 2 ccm lebender Kultur. 2. April getotet.
Digitized by
Google
Muller, Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunitftt
703
Taube LX VI (Kontrolltier). Wie oben.
Versuch.
48-stiindige Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt
Pyocyaneus-
auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdunnung
Serum LXV
(Hunger)
Serum LXVI
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ +
+ +
1 V
0,3
0,7
6,6
+ +
+ +
1 „
02
0,8
10
+ +
+ +
1 ,,
0.1
0,9
20
+
+ +
1 „
0,8 (1)
02
25
0
+ f
1
0,6 (1)
0,4
33
0
+ +
1 „
0,4 (1)
0,6
50
0
+
1 „
0,2 (i;
0,8
100
0
0
Taube LXVII (Hungertier).
Hungert vom 29. Marz ab. 2. und 4. April je 15 ccm Py ocy aneus-Bouillon.
8. April getdtet.
Taube LXVIII und LXIX (Kontrolltiere). Gefuttert. Sonst wie oben.
Versuch.
24-stiindige Pyocyaneus-Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt
Pyocyaneus-
auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Ver-
Ser. LXV1I
Ser. LXVIII
Ser. LX IX
dimming
(Hunger)
(Kontrolle)
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ +
+
+ (+)
1
02
0,7
6,6
10
+ +
0
0+
1 »
02
0^
+ +
0
0
1 „
0,1
0,9
20
+ +
0
0
1 »
02(1)
02
25
+
0
0
III. Ve^suche mit Bacillus dysenteriae (Kruse).
Taube XXXVIII (Hungertier).
Hungert' vom 15. Februar ab. 16. und 20. Februar je 2 ccm Dysenterie-
bouillon. Getotet: 25. Februar.
Taube XXXIX (Kontrolle). Gefuttert. Sonst wie oben.
Versuch.
24-8tiindige Dysenterieagarkultur, in Bouillon aufgeschwemmt Verdunnung dee Serums
( 1 ) — 1 : 10 , ( 2 ) = 1 : 100 .
Dysenterie-
aufschwem-
mung
Serum
Bouillon
Verdunnung
Ser. XXXVHI
(Hunger)
Serum XXXIX
(Kontrolle)
1
ccm
0,4
0,6
5
+ +
+ 4-
1
ri
0,3
0,7
6,6
++
+ +
1
0,2
0,8
10
++
+ +
1
»
0,1
0,9
20
+ +
++
1
0,8 (1)
0,2
25
+ (+)
+ (+)
1
»
0.6 (1)
0,4
33
+ (+) 1
+ (+)
1
V
0,4 (1)
0,6
50
(+)
+ (+)
1
V
02 (1
0,8
100
o+ 1
+
1
w
0,8 (2)
0,2
250
0
+
1
V
0,6 (2)
0,4
333
0
+
1
T>
0,4 (2)
0,6
500
0
+
1
»
02(2)
0,8
1000
0
(+)
Taube XXXVI (Hungertier).
Hungert vom 12. Februar ab. 14. und 20. Februar je 2 ccm Dysenterie-
bouillon.
Digitized by t^.ooQle
704
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Tan be XXXVII (Kontrolle). Wie oben, nur gefiittert. Beide am 23. Febraar getotet.
Versuch.
24-stiindige Dysenterieagarkultur in Bouillon aufgeechwemmt. Verdunnung des Serums
( 1 ) = 1 = 10 .
Dysenterie-
aufschwem-
mung
Serum
Bouillon
Verdunnung
Serum XXX VT
(Hunger)
Serum XXXVH
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
4-4-
4- +
i ,
03
0,7
6,6
+
+ +
i .
0.2
0,8
10
+
+ +
i .
0,1
0,9
20
(+)
4-4-
i .
03 (1)
0,2
25
+0
+
i *
0,6 (1)
0,4
33
+0
+ (+)
i „
0,4 (1)
0,6
50
(+0)
4-
Taube XXVI (flungertier).
Hungert vom 21. Dezember ab. 23. und 26. Dezember je 2 ccm Aufschwemmung
von Bac. dy sen ter. Kruse, auf 70° erwarmt Geschlachtet am 4. Januar.
Taube XXVII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben.
Versuch.
24-stundige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt, Serumverdiinnung (1) = 1:10.
Dysenterie-
aufschwem-
mung
Serum
Bouillon
Verdunnung
Serum XXVI
(Hunger)
Serum XXVII
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ +
+ +
i „
0,3
0,7
6,6
4- +
+ +
i ,
03
0,8
10
+ (+)
4* +
i ,
0,1
0,9
20
+
-4* +
i .
0,8 (1)
0,2
25
0
+ +
i „
0,6 (1)
0,4
33
0
4* +
i „
0,4 (1)
0,6
50
0
+ 4-
i .
03 (1)
0,8
100
0
±
Taube XVII (Hungertier).
Vom 27. Oktober ab huneern gelassen. 27. Oktober 1 ccm Dysenteriebouillon.
30. Oktober 2 ccm. 4. November verbluten gelassen.
Taube XVIII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben.
V ersuch.
24-stundige Agarkultur vom Dvsenteriebacillus in Bouillon. Serumverdiinnung (1)
10-fach. (2) 100-fach.
Dysenterie-
aufschwem-
mung
Serum
Bouillon
Verdunnung
Serum XVII
(Hunger)
Serum XVTH
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
4-4-
4-4-
i *
03
0,7
6,6
4- +
4-4-
i ,
03
0,8
10
4- +
4-4-
i „
0,1
0,9
20
4-4-
4-4-
i .
0,8 (1)
0,2
25
4-
4-4- .
i „
0,6 (1)
0,4
30
+
4- +
i ,
0,4 (1)
0,6
50
4-
4-4-
i ,
03 (1)
0,8
100
4-4-
i ,
0,1 (1)
0,9
200
0
4-
i „
0,8(2)
0,2
250
0
0
Taube XXVIII (Hungertier).
Hungert vom 21. Dezember ab. 23. und 27. Dezember je l 1 /, ccm Aufschwem-
mung von Bac. dysent. Kruse. 4. Januar geschlachtet.
Digitized by
Google
Muller, Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunit&t.
705
Taube XXIX (Kontrolle). Gefiittert. Sonst wie oben.
Versuch.
24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. Verdunnung (1) «= 1:10.
Dysenterie-
aufschwem-
mung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XXVIII
(Hunger)
Serum XXIX
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+
+ +
i .
0,3
0,7
6,6
10
+
+ +
i „
0,2
0,8
0
+
i „
0,1
0,9
20
0
+
i „
03(D
03
25
0
IT
i .
0,6 (1)
0,4
33
0
0
Taube XIX (Hungertier).
Vom 10. November ab hungern gelassen. 12. November 2 ccm Dysenterie-
bouillon. 14. November 2 ccm, 18. November 1 ccm. 21. November Verbluten ge¬
lassen.
Taube XX (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst genau wie oben.
Versuch.
24-stiindige Agarkultur von B. dysenter. in Bouillon aufgeschwemmt. Serum verdunnung
( 1 ) — 1 : 10 .
Dysenterie-
aufschwem-
mung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XIX
(Hunger)
Serum XX
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ +
+ +
i ,
0,3
0,7
6,6
+ +
+
i .
0,2
0,8
10
+ +
+
i ,
0,1
0,9
20
+ +
0
i ,
0,8 (1)
0,2
25
+ ( + )
0
i ,
0,6 (1)
0,4
33
+
0
i ,
0,4 (1)
03(1)
0,6
50
+
0
i ,
0,8
100
0
0
IV. Versuche mit Vibrio Metschnikoff.
Taube XLIV (Hungertier).
Hungert vom 7. Marz ab. 9., 12. und 14. Marz je 2 ccm durch Erwarmen ab-
getotete Metschnikoff-BouiUon. 16. Marz getotet.
Taube XLV (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben.
Versuch.
24-stiindige Agarkultur von Vibrio Metschnikoff in Bouillon aufgeschwemmt.
Verdiinnimg (1) = 1:10.
Metschni-
koff-Auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdunnung
Serum XLIV
(Hunger)
Serum XLV
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ (+)
+ +
i *
0,3
0,7
6,6
+
++
i ,
03
0,8
10
+
+ (+)
i ,
0,1
0,9
20
+
+ (+)
i .
0,8(1)
0,2
25
(+)
+ (+)
i ,
0,6 (1)
0,4
33
(+)
+
i ,
0,4 (1)
0,6
50
0
+
i ,
0,2 (1)
0,8
100
0
T
Erate Abt. Orig. Bd. XXXIV.
45
Digitized by
Google
706
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt, Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Taube XV (Hungertier).
Vom 18. November ab hungern gelassen. 22. November 2 ccm Metschnikoff-
Bouillon. 24. November und 1. Dezember 1,5 ccm; bekommt zu freBsen. 2. Dezember
hungert weiter; 2 ccm M. 4. Dezember verbluten gelassen.
Taube XVI (Kon troll tier). Gefiittert. Sonst wie oben.
V ersuch.
24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt.
Metschni-
koff-Auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XV
(Hunger)
Serum XVI
(Kontrolle)
1 ccm
0,8
0,2
2,5
+
+ +
i „
0,7
0,3
2,8
~b
+ (+)
i „
0,6
0,4
3,3
+
i ,
0,5
0,5
4,0
0
+
i „
0,4
0,6
5,0
0
i „
0,3
0,7
6,6
0
V
i ,
0,2
0,8
10,0
0
0
i ,
0,1
0,9
20,0
0
0
Taube XXIII (Hungertier).
Hungert vom 17. Dezember ab. 19., 23. und 26. Dezember je 2 ccm Metschni-
koff-Bouillon, 5 Minuten auf 70° erwarmt, intraperitoneal; 30. Dezember getotet.
Taube XXIV und XXV (Kontrolltiere). Gefiittert. Sonst wie oben.
V ersuch.
24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt.
Metschni-
koff-Auf-
schwemmungj
Serum
!
Bouillon
Verdiinnung
SerumXXIH
(Hunger)
i
Serum XXIV
(Kontrolle)
Serum XXV
(Kontrolle)
1 ccm
0,8
0,2
2,5
+ +
+ +
+ +
i »
0,6
0,4
3,3
+
+ +
+ +
i .
0,4
0,6
5,0
+
+ +
i *
0,2
0,8
10,0
Tf
+
+
i .
0,1
0,9
20,0
0
+
+
Taube XLVI (Hungertier).
Hungert vom 7. Marz ab. 9., 12. und 14. Marz je 2 ccm abgetoteter Metschni-
k off -Bouillon. 17. Marz getbtet.
Taube XLVII (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben.
V ersuch.
24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. Verdiinnung (1) = 1: 10.
Metschni-
koff-Auf-
scliwemmung
Serum
L
Bouillon
Verdiinnung
Serum XLVI 1
(Hunger)
Serum XLVII
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ (+)
+ +
i *
0,3
0,7
6,6
+
• + +
i ,
0,2
0,8
10
+
i *
0,1
0,9
20
0+
+
i .
0,8 (1)
0,2
25
0
+
i .
0,6 (1)
0,4
as
0
+
i ,
0,4 (1)
0,6
50
0
i ,
0,2 (1)
0,8
100
0
+
Taube XXX (Hungertier).
Hungert vom 10. Januar ab. 13., 15. und 18. Januar je 1 ccm Metschnikoff-
Bouillonkultur injiziert. 22. Januar geschlachtet.
Digitized by ^ooQle
Mtiller, Zur Theorie der nattirlichen antibakteriellen Immunit&t
707
Taube XXXI (Kontrolle). Geftittert. Sonst wie oben.
Versuch.
24-sttindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt.
Metschni-
koff-Auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
l
Verdtinnung
Serum XXX
(Hunger)
| Serum XXXI
(Kontrolle)
1 ccm
0,6
0,4
35
4-4-
+
1 „
0,4 ;
0,6
5,0
4-4-
+
1 .
05
0,8
10,0
4-
17
1 ,
0,1 ,
0,9
20,0
0
0
Taube LX (Hungertier).
Hungert vom 10. Marz ab. 13., 15. und 17. Marz je 2 ccm abgetdteterMetsch-
nikoff-Bouillonkultur. 20. Marz getotet.
Taube LXI (Kontrolltier). Wie oben, nur geftittert.
Versuch.
24-sttindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt.
Metschni-
koff-Auf-
schwemmung
Serum
Bouillon
(Verdtinnung
Serum LX
(Hunger)
Serum LXI
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
05
0,6
5
4-4-
4-4-
i .
0,7
6,6
4-4-
4-4-
i ,
05
0,8
10
4-4-
4-4*
i „
0,1
0,9
20
4-4-
4-4-
i .
0,8 (1)
0,2
25
+
4-
i „
0,6 (1)
0,4
33
+
4-
i *
0,4 (1)
0,6
50
4-0
4-
i .
05 (1)
0,8
100
0
0
V. Versuche mit Bacillus proteus vulgaris.
Taube XXXII (Hungertier).
Hungert seit 12. Februar. 14. Februar 2 ccm Proteusbouillon. Ebenso 18.
und 20. Februar. Getotet 23. Februar. Genau gleieh: Taube XXXII.
Tauben XXXIV und XXXV (Kontrolltiere). Geftittert. Sonst wie oben.
V ersuch.
24-sttindige Proteusagarkultur in Bouillon aufgeschwemmt. Verdtinnung dee Serums
( 1 ) — 1 : 10 .
Proteus-
auf-
schwem-
mung
Serum
| Bouil¬
lon
Verdtin¬
nung
Ser. XXXII
(Hunger)
Ser. XXXIII
(Hunger)
Ser. XXXIV
(Kontrolle)
Ser. XXXV
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+
04-
4-4-
+ 4-
1 „
05
0,7
6,6
+
04-
4-4-
4-4-
1 „
05
0,8
10
(+)
0
+ 4-
4-4-
1 *
0,1
0,9
20
(+)
0
+ 4-
4- (4-)
1 „
05 (1)
0,2
25
(+)
0
4-4-
1 n
0,6 h)
0,4
33
(+)
0
4* 4-
+ i+>
i ,
10,4(1)
0,6
50
0
0
4-4-
4-(4*)
Taube XLVIII (Hungertier).
Hungert vom 10. Marz ab. 13. und 15. Marz je 2 ccm Proteusbouillonkultur.
20. Marz getotet.
45*
Digitized by
Google
708
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 7.
Tan be XLXX (Kontrolltier). Gefiittert. Sonst wie oben.
Versuch.
48-stundige Proteusagarkultur in Bouillon aufgeschwemmt Seruraverdiinnung (1)
= 1 : 10 .
Proteusauf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XLVIII
(Hunger)
Serum XLTX
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
03
0,6
5
44
44
i ,
0,7
6,6
10
44
44
i ,
0,2
0,8
44
44
i ,
0,1
0,9
03
20
4
44
i „
03(1)
25
0
44
i ,
0,6 (1)
0,4
33
0
44
i .
0,4 (1)
0,6
50
0
4
i .
0,2 (1)
0,8
100
0
0
Taube XLIII (Hungertier).
Hungert vom 17. Marz ab. 19. und 21. Marz 2 ccm Pro tens bouillon. 23. Marz
schwach; etwas gefiittert, ebenso 25. und 26. Marz. 27. Marz getotet.
Taube XLIV (Kontrolltier). Wie oben.
Versuch.
24-stiindige Agarkultur von Proteus in Bouillon aufgeschwemmt Verdiinnung des
Serums (1) = 1:10, (2) ■= 1:100.
Proteusauf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum XLIII
(Hunger)
Serum XLIV
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
+ +
4 +
i ,
0,3
0,7
6,6
+ +
44
i ,
0,2
0,8
10
+ 4-
44
i .
0,1
0,9
20
+ 4-
44
i .
03 d)
0,2
25
+ +
44
i ,
0,6 (1)
0,4
33
+ 4-
44
i .
0,4 (1)
0,6
50
+ 4-
44
i .
03(1)
0,8
100
+ *f
44
i .
03(2)
0,2
250
+ (+)
4
i .
0,6 (2)
0,4
333
4*
(4)
i .
0,4 (2)
0,6
500
0
0
i .
03(2)
0,8
1000 |
0
0
Taube LXXII (Hungertier).
Hungert vom 29. Marz ab. 2. und 4. April je 2 ccm Proteus bouillon injiziert
8. April getotet.
Taube LXXIII (Kontrolltier). Gefiittert Sonst wie oben.
Versu ch.
24-stiindige Agarkultur in Bouillon aufgeschwemmt.
Proteusauf-
schwemmung
Serum
Bouillon
Verdiinnung
Serum LXXII
(Hunger)
Serum LXXIII
(Kontrolle)
1 ccm
0,4
0,6
5
44
44
1 ,,
0,3
0,7
6,6
4
44
1 „
0,2
0,8
10
0
44
1 „
0,1
0,9
20
0
44
1 „
0,8 (1)
0,2
25
0
44
1 „
0,6 (1)
0,4
33
0
4
1 »
0,4 (1)
0,6
50
0
0
1 ,,
03 (1)
0,8
100
0
0
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M tiller, Zur Theorie der natfirlichen antibakteriellen Immunit&t.
709
TabeUe 1.
Zusammens tel lung eamtlicher Versuchsergebnisse.
Typhus
Pyocyaneus
Dysenterie
Metschnikoff
Proteus
1
H > C
H> C
H <C
H < C
H <C
2
H > C
H > C
H < C
H <C
H <C
3
H > C
H > C
H < C
H < C
H <C
4
H > C
H > C
H < C
H <C
H = C
5
H <C
H < C
H > C
H <C
6
H> C |
H > C
H «= C
H>C bedeutet, dafi die agglutinierende Kraft des Serums beim Hungertier (H) grtifier
war als beim Kontrolltier (C). H < 0 bedeutet, dafi sie klemer war.
Ueberblicken wir nun unsere gesamten Versuchsresultate, die
sich in Tabelle I in wesentlich vereinfachter Form und flbersichtlicher
zusammengestellt finden, so bemerken wir zun&chst, daB in der Tat
ziemlich konstante Unterschiede zwischen den Hungertieren und den
normalen Eontrollen in Bezug auf den Agglutiningehalt ihres Serums
bestehen. Es hat also zweifellos die durcb dasHungern-
lassen der Tiere gesetzte Stoffwechselstdrung einen
deutlichen Einflufi auf die Produktion der Agglutinine
ausgeilbt 1 ). Die Diflferenzen zwischen den zusammengehdrigen Ver-
suchstieren sind natiirlicherweise, je nach Individualist, Menge der ein-
verleibten Bakterienkulturen u. s. w. recht verschieden grofi; im allge-
meinen jedoch, wie man aus der Betrachtung der detaillierten Protokolle
entnehmen kann, durchaus nicht unbedeutend. Nicht selten findet sich
z. B. bei dem einen Tiere ein doppelt bis dreimal so hoher Agglutina-
tionstiter, als bei dem dazugehdrigen derselben Versuchsreihe. Hiermit
ware also die zu Beginn dieses Abschnittes aufgeworfene Frage nach dem
Einflusse der resistenzverandernden Schadlichkeiten auf die Antikorper-
produktion bis zu einem gewissen Grade erledigt und, wenigstens was
die Agglutinine betrifft, bejahend zu beantworten.
1 ) Dafi die Ergebnisse keine absolut konstanten sind, sondern sich stets auch Tiere
finden, die abweichend reagieren, kann wohl bei den stets vorhandenen individuellen
Differenzen nicht wunder nehmen. Wir haben es eben hier nicht mit einer chemi-
schen, sondern mit einer biologischen Reaktion zu tun. Hervorgehoben mufl iibrigens
werden, dafi derartige abweichende Resultate nicht immer durch erne abnorme Reaktiion
des Tieres auf Nahrungsentziehung bedingt sein miissen. Denn da wir die Agglutinin-
prod uktion im normalen und im Hungerzustande nicht an einem und demseloen Indi¬
vid uum vergleichen konnen, sondern stets 2 verschiedene Tiere benutzen, so kann ganz
leicht der Fall eintreten, dafi das eine derselben auch bei Nahrungsaufnahme von vorn-
herein ungewdhnlich stark oder schwach auf die Einverleibung der Bakterienkulturen
reagiert Auch wenn dann die unter dem Einflusse des Hungers ein-
tretende Yeranderung der Agglutininproduktion in vollkommen nor-
maler Richtung liegt, kann dann der Vergleich mit dem Kontrolltier
ein abnormes Verhalten vortauschen, indem die Wirkung des Hungers
durch die individuelle Differenz gegenuber dem Vergleichstier iiber-
kompensiert wird.
Vorteilhaft diirfte es ferner sein, Tiere, die im Verlaufe der Immunisierung be-
sonders schwere Rrankheitserscheinungen aufweisen, von vomherein auszuschliefien, da
ich wiederholt bei solchen Tieren nur sehr geringe oder vollkommen ausbleibende Ag¬
glutininproduktion konstatieren konnte.
Die Abweichungen von der normalen Reaktionsrichtung betrugen bei diesen Ver-
suchen 11 Proz., also ca. A / 10 der gesamten Experimente. Rechnet man auch diejenigen
(oben nicht besonders mitgeteilten) Yersuche mit ein, welche wegen mifigliickter Injek-
tion oder schwerer Erkrankung der Yersuchstiere etc. ausgeschlossen wurden, so stellte
sich die Zahl der Abweichungen von der Norm etwas h5her und betrug 21 Proz. oder
etwa 1 / 5 aller Yersuche, eine noch immer relativ geringe Zahl.
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710
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 7.
Vergleichen wir nun aber die verschiedenen vertikalen St9.be der
Tabelle I, welche den Versuchen mit den verschiedenen Bakterienarten
entsprechen, untereinander, so fallt sofort auf, daB die Differenzen
zwischen den Hungertauben und Kontrolltauben je nach
der Art der zur Immunisierung benutzten Mikroorganis-
men eine verschiedene Richtung zeigen. Wflhrend zum
Beispiel bei Injektion von Bact. typhi abdomin. und von
Bac. pyocyaneus die Hunger tie re stets einen hdheren
Agglutiningehalt in ihrem Serum aufwiesen, als die Kon-
trolltiere, war dies Verhflltnis bei den Versuchen mit
den anderen drei Bakterienarten: Bac. dysenteriae, Vibrio
Metschnikoff und Bac. proteus, gerade das umgekehrte.
Hier war der Agglutinationstiter des normalen Serums
stets oder fast stets der hflhere 1 ).
Dieses Ergebnis ist zweifellos von grofiem Interesse. A priori h9tte
man wohl mit einem gewissen Anscheine von Berechtigung erwarten
konnen, daB der durch langeres Hungern geschadigte und geschwichte
Organismus in der Agglutininproduktion hinter dem normalen zurfick-
bleiben wfirde. Demgegenflber lehren unsere Versuche von neuem, wie
gefahrlich es ist, zu schematisieren, und wie relativ der Begriff der
Schfldigung (in unserem Falle der durch die Nahrungsentziehung be-
dingten) zu fassen ist. WShrend, wie wir gesehen haben, gewissen Bak¬
terienarten gegenflber, d. h. gewissen chemischen Substanzen gegenuber,
die F9higkeit des Organismus, Agglutinine zu produzieren, in der Tat
vermindert, also „geschadigt“ erscheint, ist diese Fahigkeit anderen
Mikroorganismen gegenuber sogar erhoht. Wir mflssen daher wohl den
Eiuflufi derartiger Eingriffe, wie der Nahrungsentziehung, in eine groBe
Zahl von Einzelkomponenten zerlegen, welche Vermchrung der Zell-
leistung in der einen, Verminderung in der anderen Richtung bedingen,
eventuell neben diesen quantitativen auch qualitative Abweichungen der
Zellentatigkeit von der Norm hervorrufen. Ob aber die Gesamtheit dieser
unter dem Einflusse des Hungers eintretenden Ver9nderungen dabei eine
Sch9digung oder eine Forderung des Organismus, eine Vermehrung oder
Verminderung seiner Widerstandsfflhigkeit bedeutet, das l9Bt sich im ein-
zelnen durchaus nicht immer uberblicken und vorhersagen und hangt
einerseits von der Resultierenden aller dieser eiugetretenen Modifikationen
der Zellfunktion, andererseits von der Beschaffenheit jener Schadlichkeiten
ab, welchen gegenflber die Widerstandsfflhigkeit des durch Hunger oder
andere Einwirkungen alterierten Organismus erprobt wird. Natflrlich
soli damit der EinfluB des allgemeinen Krflftezustandes in seiner Be-
deutung durchaus nicht geschmfllert werden. Von diesem Gesichts-
punkte aus erscheint es daher ganz gut denkbar, daB ein
Eingriff, welcher die Resistenz gewissen Schfldlich-
keiten gegenflber herabsetzt, dieselbe anderen Agentien
gegenflber wesentlich erhoht, und so wird denn die interessante
und scheinbar paradoxe Beobachtung von Teissier und Guinard (23)
unserem Verstandnisse nahergerflckt, nach welcher Hunde durch l&ngeres
Hungernlassen erheblich widerstandsfahiger gegen die Vergiftung mit
1) Es lafit sich vermuten, daB es noch eine dritte, zwischen diesen beide stehende
Gruppe von Mikroorganismen gibt, welchen gegenuber die Agglutininproduktion unter
dem Einflusse des Hungers weaer vermehrt noch vermindert wird, also keine Verande-
rung erleidet.
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Mfiller, Zur Theorie der natiirlichen antibakteriellen ImmunitSt.
711
den Toxinen des Diphtheriebacillus und des Bac. pneumoniae ge-
macht werden konnen.
Es muB besonders betont werden, dafi die von uns bei unseren
Versuchen beobachtete Steigerung bezw. Hemmung der Agglutinin-
produktion durch den Hunger nicht mit einer gleichsinnigen Aenderung
der Resistenz identifiziert werden darf. Denn ebenso wie der hungernde
Organismus auf die Einverleibung der Protelne und Toxine verschie-
dener Bakterienarten verschieden reagiert, und die eine mit vermehrter,
die andere mit verminderter Antikorperproduktion beantwortet, so muB
derselbe sich zweifellos auch den verschiedenen Leibesbestandteilen und
Stoflfwechselprodukten einer und derselben Bakterienart gegen-
fiber verschieden verhalten, und es kann daher ganz gut der Fall ein-
treten, daB die Bildung der Schutzstoffe unter dem Einflusse des
Hungers gehemmt erscheint, w&hrend die Agglutininproduktion
gleichzeitig eine bedeutende Vermehrung aufweist. DaB in der Tat
diese beiden Funktionen voneinander bis zu einem gewissen Grade un-
abhangig sind, haben ja die Beobachtungen zahlreicher Forscher an
normalen (nicht durch Hunger gesch&digten) Tieren zur Gentlge er-
wiesen 1 ).
Wie berechtigt ubrigens und wie notwendig eine derartige ZurOck-
haltung in der Verallgemeinerung der SchluBfolgerungen ist, konnte ich
gerade bei diesen raeinen Versuchen sehr deutlich gewahr werden. Wie
aus den Protokollen hervorgeht, gehdrt der Typhusbacillus zu jener
Gruppe von Mikroorganismen, welche im hungernden Tiere eine starkere
Agglutininbildung ausloste, als im normalen Kontrolltiere. Andererseits
hatte ich gerade bei dieser Bakterienart die groBte Zahl von Verlusten
an Versuchstieren zu beklagen, und zwar waren es, wie Tabelle II
zeigt, fast stets die Hungertiere, welche eingingen: nur ein einziges Mai
unter 5 derartigen — natiirlick fttr die vergleichende Agglutininbestim-
mung unbrauchbar gewordenen -- Versuchsreihen war, neben der
Hungertaube, auch die Kontrolltaube eingegangen. Es scheint also,
daB die unter dem Einflusse des Hungerns eintretende Vermehrung der
Agglutininbildung nicht mit einer Steigerung der Resistenz gegenflber
dem Typhusbacillus und seinen Stoflfwechselprodukten Hand in Hand
ging-
Tabelle II.
Hungertaube L.
Hungert vom 12. Februar ab
14. Februar 2 ccm Typhusbouillonkultur
16. „ t
Hungertaube LII.
Hungert vom 12. Februar ab
14. Februar 2 ccm Typhusbouillonkultur
16. „ krank
17. „ t
Hungertaube LIV.
Hungert vom 15. Februar ab
16. Februar 1 ccm Typhusbouillon
20 . „ 2 „
24. „ f
Kontrolltaube LI.
14. Februar 2 ccm Typhusbouillonkultur
16. „ lebt, munter
Kontrolltaube LIII.
14. Februar 2 ccm Typhusbouillon
17. „ munter
Kontrolltaube LV.
16. Februar 1 ccm Typhusbouillonkultur
20 . „ 2 ,, „
25. „ f
1 ) Vor kurzem hat z. B. L. Deutsch gelegentlich des Studiums des Schweine-
rotlaufserums (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXIII. 1903. p. 214) wieder darauf
hingewiesen, da6 er keine Parallele zwischen agglutinierender und Schutzkraft nachzu-
weisen vermochte.
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712
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Hungertaube LVI.
Hungert vom lo. Februar ab
16. Februar 1 ccm Typhusbouillonkul tur
20 . tt 2 ,, fr
23. „ t
Hungertaube LVIII.
Hungert vom 1. Marz ab
3., 6. und 8. Marz je 2 ccm Typhusbouillon
9. Marz krank
11. „ friih f
Wenn man somit, wie aus dem Gesagten hervorgeht, von den Ver-
flnderungen, welche die Produktion der Agglutinine unter dem Ein-
flusse der Nahrungsentziehung erleidet, nicht auf diejenige der iibrigen
Antikflrper direkt zu schliefien berechtigt ist, so wird man doch
andererseits gewifi annehmen dttrfen, dafi dieselbeden gleichen
allgemeinen Gesetzen gehorcht, und wird somit als weitere
Folgerung unserer speziellen Studien die nachstehenden S&tze aufstellen
kSnnen:
Die Nahrungsentziehung und vermutlich auch andere
sch&digende Eingriffe in den normalen Ablauf der tieri-
schen Stoffwechselvorg&nge vermSgen die Produktion
der Antikdrper, welche sich an die Einverleibung bakte-
rieller Substanzen anschliefit, deutlich zu beeinflussen.
Die Richtung dieser Beeinflussung ist ceteris paribus,
d. h. bei gleichbleibender Tierspecies und gleichbleiben-
der Art des stdrenden Eingriffes, abhflngig von den
Eigenschaften der einverleibten Stoffe, und daher so-
wohl fflr die verschiedenen Bakterienspecies als auch —
wie man wohl annehmen darf — fflr die verschiedenen Sub¬
stanzen, die sich in den Kulturen einer und derselben
Species vorfinden, verschieden.
Ob auch die Herkunft des einzelnen Bakterienstammes und insbe-
sondere seine Virulenz in dieser Hinsicht von Bedeutung ist, mflssen
besondere Versuche lehren, welche zum Teil bereits im Gange sind.
Ich mOchte, im Anschlusse an das eben Auseinandergesetzte, nur
noch einer Beobachtung Erwflhnung tun, welche ich im Verlaufe dieser
Studien mehrfach zu machen Gelegenheit hatte. Ich war wiederholt ge-
zwungen, die Versuchstiere schon am Tage nach der letzten Injektion
zu tOten, urn Serum zu erhalten, da das eine der beiden Tiere sich
schwer krank zeigte und vermutlich die darauffolgende Nacht nicht mehr
flberlebt hatte. Das Blut dieser, nur um 1—2 Tage zu frfih getoteten
Tiere besaC ausnahmslos x ) ein so geringes Agglutinationsvermdgen, daB
von einer Verwertung der erhaltenen Resultate fflr unsere Zwecke ab-
gestanden werden muBte. Ohne Zweifel haben wir es hier mit derselben
Erscheinung zu tun, welche kflrzlich auch Deutsch (Centralbl. f. Bakt.
etc. Abt. I. Bd. XXXIII. 1903) beobachtet hat: n&mlich mit einer
Bindung der bereits im Blute vorhandenen Agglutinine
durch die injizierten bakteriellen Substanzen*). Ist dem
1) D. h. nicht nur das Blut des erkrankten, sondern auch das des gesund
gebliebenen Tieres.
2) v. Dungern hat in ganz anajoger Weise einen rapiden Abfall des Prazipitin-
gehaltes bei gegen Majaplasma immunisierten Kanin chen Deobachten kdnnen, wenn er
Uinen neue Mengen von Plasma in die Ohrvene injizierte. Auch er bezieht die Ver-
minderung der Antik5rpermenge auf eine einfache Absattigung des Prazipitins durch die
eingefiihrte prazipi table Substanz.
Kontrolltaube LVII.
16. Februar 1 ccm Typhusbouillon
20. ,, 2 „ n
25. ,, m unter
Kontrolltaube LIX.
Hungert vom 1. M&rz ab
3., 6. und 8. Marz je 2 ccm Typhusbouillon
11. Marz lebt, m unter
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Muller, Zur Theorie der naturlichen antibakteriellen Immunit&t.|
713
so, dann muB aber die gesamte, oft nicht unbetrachtliche Agglutinin-
menge, welche wir am normalen Ablaufe unserer Versuche, d. i. etwa
3 Tage nach der letzten Injektion, beobaehten konnten, in der ganz
kurzen Zeit von 1—2 Tagen neugebildet worden sein, und es gibt
uns somit das Verh&1 tnis der bei dem Hungertiere und
Kontrolltiere gefundenen Agglutinationswerte zugleich
annahernd das Verhaltnis der G esch win digkeiten an, mit
welchen die Agglutinine unter den verschiedenen Ver-
suchsbedingungen entstehen. Wir konnen daher, unter Beriick-
sichtigung dieser Tatsache, die oben dargelegten Versuchsresultate aueh
folgendermaBen formulieren: Die Entstehu ngsgesch windigkeit
der Agglutinine wird durch die Nahrungsentziehung bei
der Taube bald beschleunigt, bald verlangsamt, je nach
der Art der einverleibten Bakterien. Dadurch wird aber der
Zusammenhang unserer Versuche mit den im ersten Abschnitte ausein-
andergesetzten theoretischen Anschauungen liber die natiirliche Bak-
terienimmunitat, welche infolge der relativ langen Immunisierungsdauer
bei unseren Experimenten vielleicht als ein ziemlich loser erscheinen
konnte, in klareres Licht geruckt. Aber auch abgesehen hiervon, hat
zweifellos die Veranderung in der Geschwindigkeit der Antikorper-
produktion, welche durch die verschiedenen schadigenden Einwirkungen
gesetzt wird, eine nicht zu unterschatzende Bedeutung fur den ganzen
Verlauf einer bereits ausgebrochenen Infektionskrankheit (vergl.
Wassermann, Wesen der Infektion, in Kolle und Wassermanns
Handb. d. pathogenen Mikroorganismen).
Idteratur.
1) Fortschr. d. Med. 1890.
2) Riforma med. 1891. Zitiert nach Bauragartens Jahresbericht.
3) Atti della r. accad. dei fisiocritici in Siena. 1893. Zit. nach Baumgartens Jahres¬
bericht.
4) Giorn. intern, delle science med. 1889. Nach Baumgartens Jahresbericht.
5) Riforma med. 1891. Nach Baumgartens Jahresbericht.
(j) Sem. m&i. 1890.
7) Compt. rend. T. XCIV. 1882.
8) Arb. a. d. kais. Ges.-A. Bd. IX. 1894.
9) Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. Bd. VIII. 1890.
10) Bull, de l'acad. de m6d. de Paris. 1878. Nach Metschnikoff, Die Immunitat.
11) Ann. de l’Inst. Pasteur. T. IV. 1890.
12) Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. IX. 1891.
13) II Morgagni. 1888. Zitiert nach Baumgartens Jahresbericht.
14) Zeitschr. f. Heilk. Bd. XVIII.
15) Arch. f. Hyg. Bd. XXVIII. 1897.
16) Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVII. 1898.
17) Festschr. zur 100-jahr. Stiftungsfeier d. mediz.-chir. Friedrich Wilhelm-Institutes.
Zitiert nach Kollmann.
18) Hyg. Rundschau. 1897.
19) Arch. f. Hyg. Bd. XLII.
20) Arch. f. Ophthalmol. Bd. LII. 1901.
21) Ann. de l’lnst. Pasteur. T. XIII. 1899.
22) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Bd. XXXII. 1902.
23) Compt. rend. T. CXXIV.
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714
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Nachdruck verboltn,
Zur Agglutination der Streptokokken.
[Aus dem k. k. serotherapeutischen Institute (Prof. Paltauf) und der
k. k. Universit&tskinderklinik (Prof. Escherich) in Wien.J
Yon Dr. Paul Moser und Dr. Clemens Frh. v. Plrquet.
Mit 1 Tafel und 5 Figuren im Text
(Schlufl.)
Streptokokken mit mittellangen Eetten zeigen jedoch auch ohne
weitere Vorbereitung typische mikroskopische Agglutination (Zeich-
nung 5, Kontrolle Zeichnung 4).
Die makroskopische Methode hat den Vorteil, dafi sie bequemer
auszufilhren ist; aber einen besseren Einblick in den Vorgang der Ag¬
glutination und feinere Unterscheidungen gew&hrt die mikroskopische
Anordnung.
Fig. 4.
In Bezug auf die Konstanz der Befunde sind sie gleichwertig: bei
beiden linden wir Schwankungen der Besultate in miiBigen Grenzen —
welche teilweise von mehr oder minder reichlichem Wachstume in der
Bouillon resp. der Menge der vorhandenen Streptokokken abh&ngen
(Versuche mit Streptococcus XIV, Serum Bertram) (Versuch 6).
Bei gleicher Bouillonkultur linden wir die mikroskopische Agglu¬
tination um eine Verdiinnung hoher gehend als die makroskopische
(Versuch 5); in Tropfchen verdiinnung ergibt sich eine weitere Erhohung
durch den eingangs erw&hnten Fehler (Versuch 6).
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Google
Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken.
715
Fig. 5.
Versuch 6.
Streptococcus XIY. Serum Bertram.
Kultur-
alter
Serum
vom | Alter
Pipetten
makroskop. mikroskop.
+ 1 - -+ 1 ~
Tropfchenver-
dunnung
mikroskop.
Beobachtung
+ 1 -
9. Juli
1 Tag
ca. 1 Monat
8
9
!
18. N ovbr.
1 „
22.
Septbr. 2 Monate
8
3 Tage
22.
o
t) * »»
6
19 „
22.
9
7
1 Tag
8.
Juli 4 „
8
21. Novbr.
2 Tage
7 9
25. „
1 Tag
9
13. J&nuar
1 „
2 Monate?
5 7
7
17. „ 1
1 „
2 „
5 7
7
15. „ !
1 „
5.
Januar V* Monat
5 7
6
8
7
9
III. Resultate in Bezug auf die Streptokokken bei
Scharlach.
Das Pferd Bertram war seit Beginn des Jahres 1900 mit Injektionen
yon Bouillonkulturen vieler Streptokokkenstamme behandelt worden, die
s&mtlich aus dem Herzblute von an Scharlach verstorbenen Kindern
stammten.
Wir untersuchten nun zunachst solche Stamme, die bereits injiziert
worden waren.
Streptococcus I — XII. Bei alien diesen bewirkte das Serum
des Pferdes eine vollkommene makroskopische und mikroskopische Ag¬
glutination von mindestens 1 : 1000 (Verdtinnung 5).
Digitized by
Google
716
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
Es handelte sich nun darum, zu entscheiden, ob diese Agglutination
nur eine Riickwirkung des Serums auf die zur Injektion verwendeten
Stamme sei oder ob sie auf einer den Scharlachstreptokokken als solchen
gemeinsamen Eigenschaft beruhe.
Zu diesem Zwecke wurden einerseits Stamme aus Scharlach geprtift,
die noch nicht zur Injektion des Pferdes benutzt waren 1 ), andererseits
Streptokokken anderer Provenienz.
In die erstere Gruppe gehoren weitere 9 Stamme aus dem Herz-
blute von Scharlachleicheh, 2 aus Lymphdriisenabscessen bei Scharlach.
Bei alien diesen, mit Ausnahme eines einzigen (XXIII), sehen wir nun
gleichfalls die spezifische Agglutination 1 : 1000.
Streptococcus XXIII wurde uns (wie Streptococcus XIX und XXI)
in liebenswiirdiger Weisc durch Herrn Primarius P os pis chill ans dem Materiale des
Kaiserjubilaum-Kinderspitales zur Vcrfiigung gestellt. Es stammt aus dem Herzblute
l
5
i
iri
Makroskopisch
•f vollkommen klar
— getriibt
C J
Geziichtet
,
||
aus
1
a
"u
4
o
|
o
CQ
CQ
+ 1
I
Herzblut
1000 16000
II
1000 16000!
IV
4000
V
4000 16000
VI
16000
VIII
1000 16000
X
1 1000 16 000
XI
4 (X)0 16 000,
XII
XIV
1000 16 000
+
; —
1 +
16
64 000
64
4000
250
4000
250
1000
64 000
4000’
16 000
64
250
16 !
64
250
, 1000
16
64
Lindn.
XV I
Schiitz!
1 000 16 000
16000
16 250000
64!
XVIII
Post.
XIX
Bor.
XX
Lymphdr.
1 000
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4 000
64
250
250
1000
4 000
Mikroskopisch (in Tropfchenverdunnung)
-f nur Hiiufchen — wie Kontrolle
Serum
w
M
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25* o
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- | + |—1 + 1 —
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I
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)
Palt.
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1000
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64
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4
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XXI
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4 000 64 000
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M
4000
16 000
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»
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XXV
1000
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4
Mass, j
Lymphdr.
1 000
4 000
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4000
4}
1
16!
64 I- )
64
1000j
16
U )
)
1) Die Stamme XIV—XXV wurden seithcr auch zur Immunisierung verwendet.
Wir unterzogen nur solche Streptokokken der Agglutination, welche aus innercn Or-
ganen bei Scharlach geziichtet worden waren. Weitere Untersuchungen sind im Gange,
welche das Verhaltnis der Streptokokken aus skarlatinatosen Anginen zur Agglutination
feststellen sollen.
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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken.
717
eines 4 l /,-jahrigen Knaben, welcher am 28. Tage nach dem Beginne des Scharlachs
starb. Die Sektionsdiagnose lautete: Lobulare Pneumonie, Pleuritis, nekrOtisierende
Pharyngitis und Laryngitis, akute Nephritis.
Die Annahme ist nicht von der Hand zu weisen, daB es sich hier um eine Se-
kundarinfektion gehandelt haben konne. Der spate Todestag und die Pneumonie als
hauptsachliche Todesursache wiirden dafiir sprechen.
Die Scharlachfalle, aus denen die iibrigen Streptokokken dieser Gruppe stammen,
starben am 4. (XIV), 4.? (XV), 7. (XXV), 10. (XXII), 21. (XVIII) Krankheitstage.
XIX und XXV wurden intra vitam gewonnen. Von XX und XXI ist uns die
Krankengeschichte unbekannt.
Auf den Streptococcus XIV mochten wir noch kurz eingehen,
weil wir denselben hauptsachlich verwendet haben.
Richard Lindner, 3 Jahre; erkrankte am 11. Juni 1902 mit mehrmaligem
Erbrechen, hohem Fiebcr, Delirien.
Am 12. Scharlachexanthem, Spitaleaufnahme. UnregelmaBig verbreitetes Exan¬
them, lakunare Beliige an den Tonsillen, eiterig-schleimiger AusfluB aus der Nase. Viele
Driisen tastbar, dock nicht iiber bohnengroB; Urin eiweiBfrei. Fieber uber 40°. In-
jektion von 180 ccm gewohnlichem Pferdeserum ohne giinstige Wirkung (1. c. Normal-
serum Krankengeschichte No. 5).
Am 14. Juni Auskiihlen, Cyanose, Erbrechen, Exitus zu Beginn des 4. Krank-
heitstages.
15- Juni Obduktion (Prof. Pa It auf): Pharyngitis acuta ulcerosa et fibrinosa,
Gastritis fibrinosa, Bronchitis acuta. Nephritis parenchymalosa acuta, Scarlatina.
Dieser Streptococcus wurde 3 Wochen nach dem Tode des
Kindes zum ersten Male gepruft und gab damals makroskopische Agglu¬
tination 1 : 64000 (s. Versuch 6).
Nicht alle Streptokokkenstamme zeigen aber so hohe Agglutination
sofort nach dem Herausziichten aus dem Tierkorper.
So gab z. B. Streptococcus XXIV 13 Tage nach der Entnahme mit Serum
Bertram vollkommene Agglutination nur in der Verdiinnung von 1:4, 14 Tage spater
nach mehrmaliger Umztichtuug auf Agar und Bouillon erst die spezifische Reaktion;
also ein ahnlicnes Verhalten, wie es Bail bei Typhus gefunden hat 1 ). Ganz analog
verhielten sich die Streptokokken XX, XXI, XXII.
Die einmal gewonnene Agglutinierbarkeit bleibt dann bestehen,
doch schwanken die hohen Agglutinationswerte bei den einzelnen Ver-
suchen um 1—2 Verdiinnungen (Versuch 6). Aus diesem Grunde halten
wir auch die Unterschiede in der Agglutinationshohe zwischen Ver-
dtinnung 5 bis Verdiinnung 7 (s. Tabelle) nicht geniigend, um zwischen
den einzelnen Stammen Unterschiede zu machen.
Wir gingen diese Frage an, indem wir — nach dem Vorgange van
de Veldes — Kaninchen durch Injektionen mit Bouillonkulturen
eines einzigen Stammes immunsierten. Die zwei von uns mittels
Scharlachstammen hergestellten monovalenten Sera verhielten sich gegen-
iiber den Scharlachst&mmen ganz gleichartig, vollst&ndig verschieden
durch einen fremden Stamm das bedingte Serum.
Das Serum gegen Streptococcus I agglutiniert den Streptococcus I voll-
standig 1:1000, die Streptokokken IV, VIII, X, XII, XIV, XV vollstandig 1:250,
unvollstandig 1:1000; den fremden Streptococcus Th (aus Stuhl) gar nicht.
Serum gegen Streptococcus XIV wurde mit 26 verschiedenen Streptokokken-
stammen sowohl makro- als mikroskopisch in den Verdiinnungen von 1 : 64—1 : 1000
(Idex 3, 4, 5) gepruft. 17 von diesen Stammen sind aus Scharlachfallen geziichtct
a, II, III, IV, VIII, X, XI, XII, XIV, XV, XVIII, XIX, XX, XXI, XXII, XXIV,
XLVII). Makroskopisch agglutinierten von den Scharlachstammen alle bis auf II und
VIII. VoUstandige Agglutination 1:1000 war bei I, IV, XI, XII, XIV, XV, XVIII,
1) Bail, Untersuchungen uber die Agglutination von Typhusbakterien. (Prager
med. Wochenschr. 1901.) — Versuche iiber Typhusagglutinine und Prazipitine. (Arch. f.
Hyg. 1902.)
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
XIX, XX, XXI, XXII, XLVII, unvollstandige Agglutination 1:1000 (vollstandige
1:250) zbigten III, X, XXIV. Von den 9 anaeren Streptokokken stammten 2 aus
Peritonea!-", ter, 1 von einer ChoreaendocarditU, 3 von Erysipel (1 vom Menschen, 2 von
Kaninchen), 2 aue Pferdeabscessen, 1 von einer Kaninchenseptikamie. Von samtlichen
9 Stammen agglutinierten 1 Peritonitis- and der Choreastamm 1:1000, die anderen
Stamme zeigten keine Agglutination.
Serum gegen Streptococcus Th aus Stuhl hinwiederum agglutiniert den eigenen
Streptococcus 1:64, den XIV. reciprok 1:16, den Streptococcus I und fl gar
nicht.
Von Streptokokken anderer Herkunft — welehe uns hauptsfichlich
durch die Freundlichkeit des Herrn Dr. Jellinek, Assistenten am
k. k. Institute zur Darstellung von Diphtherieheilserum — zur Verfflgung
gestellt waren, priiften wir 17 St&mme mit dem Serum Bertram. Keiner
von ihnen wurde 1 : 1000 agglutiniert, ein einziger zeigte Agglutination
in der Verdiinnung von 1 :250 — ein aus dem Eiter eines Empyems
geziichteter Streptococcus.
Gleichzeitig mit dem Serum Bertram untersuchten wir eine Reihe
anderer Sera auf ihre Agglutinationskraft. Das Serum des Scharlach-
streptokokkenpferdes Egmont verhielt sich wie Serum Bertram.
Normales Pferdeserum flbte keine mit der spezifischen Wirkung
vergleichbare Beeinflussung aus (VerdOnnung 1 : 64 durchweg negativ).
Gegenflber den Scharlachstammen hatte weder Serum Tavel noch
Serum Marmorek noch auch das durch Immunisierung mit scharlach-
fremden Streptokokken gewonnene Wiener Antistreptokokkenserum eine
nennenswerte Wirkung (nicht fiber 1 : 16).
Nur das Serum Denys (L6wen) erwies sich als hoherwertig, was
damit zusammenhangen kann, dafi es durch Injektion von Streptokokken
aus Anginen erzeugt wird, unter denen sich Scharlachanginen befunden
haben kdnnen (Agglutination in TrSpfchenverdfinnung 1 : 16—1 : 1000).
Ein uns von Denys fibersandter Streptococcus wurde allerdings
durch das Serum Bertram gar nicht beeinflufit.
Einer genaueren und zwar makroskopischen Auswertung aller
Scharlachstfimme unterzogen wir nur das Serum Aronson, welches uns
ohne Trikresolzusatz zur Verfflgung gestellt wurde. Es gab mit dreien
der Stamme IV, VI, XXII Agglutination bis 1 : 4000, zwei agglutinierte
es nur 1 : 250, die fibrigen in noch geringerem MaBe.
Die Agglutinationsresultate, welehe wir in unserer vorlaufigen Mitteilung 1 ) ver-
tfffentlichten, dafi namlich das Arons onsche -Serum keinen aer damals gepriiften
9 Stamme hoher als 1 :16 agglutinierte, waren wohl, wie Aronson angibt, durch den
Trikresolzusatz des uns damals zur Verfiigung stehenden Serums bedingt.
Die damals fur Serum Bertram mitgetenten Resultate waren mikroskopisch und
durch Tropfchen verdiinnung gewonnen (Tafel rechts) und fielen darum hoher aus, als
jetzt bei Kubikcentimeterverdunnung und makroskopischer Beobachtung (s. Versuch 6).
Wir hatten damals auch fur normales Pferdeserum einmal eine Agglutination von
1:64 gefunden; bei erneuter Nachpriifung fanden wir keine hoheren Werte als 1:4.
Das damals verwendete Pferdenormalserum war unsicherer Provenienz.
Endlich priiften wir noch Streptokkenstamme anderweitiger Her¬
kunft mit verschiedenen fremden Seris, fanden dabei nur selten Agglu¬
tination.
So agglutinierte das Wiener Antistreptokokkenserum zwei der Stamme. mit welchen
die betreffenden Pferde vorbehandelt waren, in der Verdiinnung 1:1000 (Trftpfchen
verdiinnung), Serum Denys seinen homologen Stamm 1:64, Serum Aronson 2 Stamme
Wiener Provenienz 1: 250.
1) Sitzungsbericht der Gesellschaft fiir Kinderheilkunde auf der 74. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Aerzte. 1902.
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Moser u. v. Pirquet, Zur Agglutination der Streptokokken.
719
Schlufi sJLtz e.
1) Streptokokken aus Scharlachblut, welche langere Zeit auf kiinst-
lichen Nahrbbden gezflchtet sind, werden durch ein mit solchen Strepto¬
kokken hergestelltes Immunserum, sei es mono- oder polyvalent, in der
llberaus grSCten Mehrzahl der Falle in spezifischer Weise agglutiniert.
2) Die mikroskopische Agglutinationsmethode ist bei Streptokokken
ebenso typisch als die makroskopische.
Anhang.
Agglutination von Scharlachstreptokokken durch
menschliches Serum.
In Analogic anderer Infektionskrankheiten war es naheliegend, beim
Serum des scharlachkranken Menscben agglutinierende Eigenschaften auf
Streptokokken aus Scharlach zu vermuten.
Die Untersuchungen Baginskys und Sommerfelds fielen in dieser Richtung
vollkomtnen negativ aus 1 2 ).
Salge und Hasenknopf fanden dagegen durch eine andere Methodik hohe
Agglutinatiouswerte (bis 1: 500) *).
Unsere Beobachtungen wurden nach Art der Gruber-Widal-
schen Reaktion angestellt; das Serum der Kinder wurde mit eintagigen
Kulturen des Streptococcus XIV in den Verdiinnungen 1 : 2, 4, 8
gemischt, nach 24 Stunden mikroskopisch auf seine Wirkung untersucht.
In der beifolgenden Zusammenstellung (p. 720) sind die Ergebnisse
von 51 Untersuchungen mit dem Serum Scharlachkranker nach der
Hohe der Agglutination geordnet.
Zur Kontrolle wurden 10 Serumproben von Placenten der Klinik
Schauta und 18 von Kindern der inneren und der Masernabteilung des
hiesigen Spitales entnommen. Nirgends lag eine positive Anamnese fiir
uberstandenen Scharlach vor. In dieser letzteren Untersuchungsreihe
fand sich niemals vollst&ndige Agglutination bei 1 : 8, dagegen einmal bei
I : 4 (Endstadium von Meningitis), einmal 1 : 2 (Placentarserum), einmal
unvollstiLndige Agglutination 1 : 2 (Perityphlitis). Spuren von Agglutina¬
tion in 5 Fallen; die ubrigen 20 Sera hatten keine Wirkung (9 unter
10 Placenten, 5 unter 6 Masernkranken).
Aus diesen Ergebnissen konnen wir nur wenig schliefien:
Deutliche Agglutination findet sich viel haufiger bei Scharlachkranken
(28 von 52, d. i. 54 Proz.) als bei Nichtscarlatinosen (3 von 28, d. i.
II Proz.). Bei Scharlach scheint sich die Agglutination haufiger in
schweren Fallen (Prognose II—IV, 9 unter 12) als in leichten (Pro¬
gnose I, 14 unter 33) zu finden.
Den Herren Professoren Paltauf und Escherich, sowie Herrn
Dozenten Dr. Kraus sind wir fiir Rat und Unterstutzung bei dieser
Arbeit zu lebhaftem Danke verpflichtet.
1) Baginekv und Sommerfeld, Ueber einen konstanten Bakterienbefund bei
Scharlach. (Berl. klin. Wochenschr. 1900. No. 27.)
2) Sitzungsbericht der Geeellschaft fiir Kinderheilkunde auf der 74. Versammlung
deutscher Naturforscher und Aerzte. 1902.
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720
[Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIY. No. 7.
Agglutination
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Kutalek, Karl
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Bittner, Alois
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Rutal, Willy
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Winter, Josef
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Lobe, Bernhard
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Spuren
Hocath, Friedrich
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keine Agglut.
Janisch, Leopold
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Biychta, Hermine
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I
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Raab, Julius
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Schiffauer, Burgi
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Aschenbrenner, Mini
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Wolfram, Ludwig
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Maurer, Franz
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Wlach, Stephanie
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Biber, Leopold
3
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Knoll, Johann
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I
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24
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Centralblatt f. Baleteriologie AM. I. Bd. XXXIV.
Moser u. v. Pirquet, Agglutination der Streplokokken.
Fig. 3
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Ghedini, Untersuchungen iiber die Wirkung einiger Organextrakte. 721
Nachdruck verboten.
Untersuchungen iiber die Wirkung einiger Organextrakte.
[Aus dem Laboratorium fur Parasitologie der Kgl. Universit&t von Turin
(Prof. Perronci to), Abteilung unter Leitung von Prof. Bruschettini.J
Vorlaufige Mitteilung.
Von Dr. G. Ghedini.
W&hrend die experimentellen Beobachtungen liber die physiologische
Wirkung des Extraktes von vielen Parenchymen und Geweben, die in
den Organismus unter die Haut Oder per os eingefiihrt werden, sehr
zahlreich sind, war fast niemand, der dieselben mit anatomischer und
histologischer Methode ausgefiihrt hat.
Eingehende Beobachtungen nach dieser Richtung hin machte nur
Prof. Foh beziiglich des Nebennierenextraktes.
W 7 ahrend ich mit meinen Untersuchungen beseh&ftigt war, welche
den Gegenstand der vorliegenden Mitteilung darstellen, beschrieb ge-
legentlich Ferrannini eigentlimliche Lasionen im Herzen der mitHerz-
muskelextrakt behandelten Tiere.
Albaran und B ern ar d beschrieben auch schwere Degenerations-
lasionen in der Leber infolge der Einfuhrung von Leber- Oder Nieren-
extrakt.
L i n o s s i e r ferner und L e m o i n e beobachteten merkwiirdige Nieren-
veranderungen infolge der Injektion von normalem Blutserum.
Aber dariiber hinaus geht nichts.
Und doch war es von groBein wissenschaftlichen Interesse, in dieser
Beziehung tiefere Kenntnisse zu gewinnen, als die, welche uns von der
Physiologie geliefert wurden, zu wissen, welchen direkten EinfluB die
Organextrakte im Organismus ausiiben, welche uns die verschiedenen
spezifischen cytolytischen Sera liefern, und es war auch von groBem
praktisch-medizinischen Interesse, zu erforschen, aus welchem Grunde die
fur einige an leichten und verlockenden Erfolgen so reiche Homootherapie,
von vielen anderen mehr als vernachlassigt, und sogar fur die Ursache
von nicht wenigen und nicht leichten Schadigungen gehalten wird.
Es schien mir daher interessant, in anatomisch-histologischer Rich¬
tung die Wirkung einiger Organenextrakte zu untersuchen.
Die Extrakte, die ich gewahlt habe, waren die folgenden: Der
Extrakt von Pankreas, von Schilddrlise, von Thymus, von Gehirnsubstanz,
von Hoden, von Ovarium, von Nebennieren.
Zunachst will ich einen kurzen Bericht iiber die angewandte Technik
geben.
Die erwahnten Gewebe und Parenchyme — von Meerschweinchen und
Kalbern herriihrend — wurden in sterilisierter Reibeschale zu einem Brei
zerrieben, mit sterilisierter physiologischer Losung verdiinnt und dann bei
sorgfaltiger Antisepsis erwachsenen Hunden (Mittelgewicht 6—8 kg) und
Lammern unter die Haut injiziert. Die Einspritzungen wurden jeden zweiten
Tag eine verschiedene Zeit hindurch 1, 2, 3 und auch mehr Monate in einer
Dosis von 20, 30 ccin fur jedes Tier ausgefiihrt, indem gleichzeitig die
reelle Menge der eingefiihrten Substanz fur jedes Tier berechnet wurde:
2 Nebennieren von Meerschweinchen, eine Schilddriise von Meer¬
schweinchen, ein Viertel von Kalbsschilddriise, ein Meerschweinchen-
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 46
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722 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
gehirn, 1, 2 Meerschweinchenhoden, 3, 4 g von Thymus ungefahr fttr
jedes Tier.
Die Tiere, welche inzwischen unter den besten hygienischen Be-
dingungen gehalten wurden, wurden fast immer durch Verblntung nach
vorheriger leichter Chloroformnarkose getotet.
Es folgen nun ohne weiteres die makro- und mikroskopischen Be-
funde, welche ich vorlaufig in summarischer zusammenfassender Weise
anftihre, da ich mir vorbehalte, sie binnen kurzem nach vollendeten Ver-
suchen ausfUhrlicher und in alien Einzelheiten wiederzugeben.
Die Stiicke wurden entweder in Alkohol und in Formol 2—4 Proz.
und in Zenkerscher und Flemmingscher Fliissigkeit fixiert. Die
Schnitte wurden mit Hamatoxylin, Eosin, mit Hematoxylin und van
Giesonscher Fliissigkeit, mit Safranin und manchmal nach dem Ver-
fahren von Pappenheim geffirbt.
Ernahrungszustand ziemlich gut bei einigen Tieren, andere
(mit Schilddrttse, Thymus, Nebennieren, Nervensubstanz) behandelte ab-
gefallen.
Skelettentwickelung bei den sehr jungen Tieren (mit Thymus
behandelt) sehr verlangsamt.
(NB. Bei den mit Nebennierenextrakt behandelten Tieren wurde
immer ein ausgesprochenes Oedem beobachtet.)
Gehirn: Da ich die Beobachtungen noch nicht mit alien Methoden
beendigt habe, behalte ich mir vor, davon in der ausfiihrlichen Arbeit
zu sprechen. Makroskopisch nichts Bemerkenswertes.
Speicheldriisen: Normal.
Schilddrttse: Fast immer an GroBe zugenommen — von gelb-
licher Farbe — ziemlich hart — auf der Schnittoberflache nichts Be¬
merkenswertes. Bei der mikroskopischen Untersuchung: GroBe Menge
von Kolloidsubstanz in den Drttsenacinis, viele derselben sehr ausgedehnt.
Die die Acini auskleidenden Elemente im allgemeinen gut erhalten und
angeordnet, manchmal abgestoBen und in der Kolloidsubstanz mit Lympho-
cyten zusammen gemischt.
Manchmal auch zahlreiche kleine neugebildete Acini mit spSrlicher
Kolloidsubstanz in ihrem Inneren. Keine GefABausdehnung, keine Httmor-
rhagieen, keine kleinzellige Infiltration, keine Bindegewebsreaktion.
Diagnose. Hyperfunktionierende Schilddrttse.
Lymphdrttsen. Enorme Volumzunahme, hauptsttchlich bei den
Achsel- und Inguinaldrttsen. Die letzteren sogar dick wie Nttsse. Die
Schnittfittche rostrot, feucht wegen der ausflieBenden Lymphe.
Bei der mikroskopischen Untersuchung: Wucherung der Lympho-
cyten, aus denen die Folljkel und die Strange bestehen — sehr zahl¬
reiche Plasmazellen, Lymphraume sehr ausgedehnt und mit abgestoBenen
Endothelien, Lymphocyten, polymorphen Leukocyten ausgefttllt, ins-
besondere merkwttrdig jene Makrocyten, welche Hamosideringranula ent-
halten (Phagocytose), rote Blutkorperchen (manchmal). Manchmal auch
Hyperplasie des Sttttzbindegewebes und sehr deutliche GefaBerweiterung.
Keine Httmorrhagieen.
Diagnose: Einfache hyperplastische Lymphadenitis.
Herz und Lungen unverandert.
Magen, Darm, Pankreas ebenso.
Leber: Beinahe normale Grttfie und Gewicht. Fast immer diffus
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Ghedini, Untersuchungen fiber die Wirkung einiger Organextrakte. 723
oder unregelmafiig gefleckt, blafigelb gefarbt; seltener tiefrot, obwohl der
Tod des Tieres durch Verblutung erfolgte. Die Schnittflache fast immer
Aussehen nach gekochtem Eingeweide, grau, glanzend, mit gelblichen
Flecken. Mikroskopische Untersuchung: Sehr viele Zellkerne zerstort
Oder wenig farbbar. das Protoplasma feinkOrnig in einigen Fallen, in
anderen flockig, amorph, unbegrenzt, in anderen fast verschwunden.
Durch die F1 e m m i n g sche Reaktion deutliche, dicht aneinanderliegende
Fetttropfchen im Zellprotoplasma. Die Langhanssche Reaktion fflr
das Glykogen sehr oft wiederholt, negativ.
Die Blutgefafte erweitert, voll von Blut, um die Gefafie herum und
unregelmafiig verbreitet Zellgruppen mit sparlichem Protoplasma, mit
kleinem, rundem, sehr farbbarem Kerne (Lymphocyten).
Zwischen den Elementen Hamatoidingranula oder gut erhaltene rote
Blutkorperchen. Keine, oder manchmal schwache Bindegewebsreaktion.
Diagnose: Parenchymatose degenerative Leberent-
zundung mit kleinzelligen perivaskularen oder ausge-
breiteten Infiltrationen, mitResten von diffusen Hamor -
rha gieen.
Milz: Beinahe von normaler Grofie. Farbe ebenso. Schnittflache
braunrot, dichte und dicke Mai pig hi sche Korperchen.
Mikroskopische Untersuchung: Lymphocytenwucherung in den Mai-
pighischen Kbrperchen, zahlreiche Plasmazellen, haufig reichliche pig-
menthaltige Leukocyten. Zahlreiche Megakaryocyten (in einem Falle).
Freie und zwischen den Milzelementen verbreitete Hamatoidingranula
mit gut erhaltenen und manchmal sehr zahlreichen roten Blutkorperchen
zusammen. Schwache, haufig fehlende Bindegewebsreaktion.
Diagnose: Hyperplastische follikulare Splenitis mit
Resten von alten und frischen Blutungen.
Nieren. Normale Grofie. Gelbliche Farbe der Rinde. Schnittflache:
Die Rindensubstanz fast immer von normalen Dimensionen, gelblich
mit rotlichen Streifen, die Marksubstanz weifi wie Elfenbein.
Mikroskopische Untersuchung: Die glomerularen Endothelien oft ent-
stellt oder zerstort, in einigen Fallen serofibrinoses Exsudat, welches sich
zwischen der Schleife und der Kapsel ansammelt; Lymphocyten und rote
Blutkorperchen zwischen den Schleifen, die glomerularen Kapillaren
immer blutuberfiillt. Die Epithelien der gewundenen Harnkanalchen, der
Henleschen Schleifen und der geraden Kanalchen grofitenteils kernlos
oder mit flockigem amorphen Protoplasma.
Die Flemmingsche, mit Unterbrechungen angestellte Reaktion
zeigt deutliche dichte und dicke schwarze Fetttropfen in den Elementen
der geraden Kanalchen und der Glomeruli. Rote Blutkorperchen, ser8s-
fibrinoses Exsudat und sparliche Cylinder im Lumen der Kanalchen. In
den Gefafien reichliches Blut.
Gut erhaltene rote Blutkorperchen und Detriten derselben in den
interkanalikularen Zwischenraumen. In der Mehrzahl der Falle um-
schriebene Herde oder diffuse Zonen von Elementen mit sparlichem
Protoplasma, mit rundem, kleinem Kerne. In einigen Fallen Reaktion
seitens des Bindegewebes, besonders bei den Mai pighischen Pyramiden.
Diagnose: Parenchymat6se degenerative Nephritis,
oft verbunden mit kleinzelliger Exsudation und Infil¬
tration, interstitielle Blutungen.
Nebennieren normal (in einigen Fallen schwache Blutungen).
Mannlicher und weiblicher Geschlechtsapparat normal.
46*
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Thymus 1 ). Sehr verminderte GroBe, besonders in einem Falle.
Mikroskopische Untersuchung: Follikelabnahme, Starke Wucherung
des interfollikularen Bindegewebes, besonders in einem Falle.
Knochenmark 2 ). Himbeerrote Farbe. Gallertige Konsistenz.
Mikroskopische Untersuchung: Sehr deutliche Menge von Fett-
substanz, von der Reaktion mit Sudan 3 gut gekennzeichnet. Zahlreiche
eosinophile Zellen mit groBen und kleinen Granulis, Lymphocyten, poly-
morphen Leukocyten, Phagocyten, welche Fettgranula enthalten. Bei den
verschiedenen untersuchten Praparaten die Megakaryocyten abwesend.
Zusammenfassung: Die oberflachlichen, insbesondere die Achsel-
und Inguinallymphdrusen, die Leber, die Nieren, die Milz der behandelten
Tiere zeigen deutliche L&sionen von entziindlicher Natur, vorwiegend
nach dem Degenerations- und Infiltrationstypus und Andeutungen von
GefaBveranderungen; die Schilddriise derselben zeigt sich hyper-
funktionierend.
Keine Reaktion seitens der anderen, auch nicht der entsprechenden
Organe.
Da ich diese Ergebnisse bei 14 Tieren regelm&Big und gleichmSBig
erzielte, so scheint es mir nicht zu kiihn, die erwahnten L£sionen auf
die Elemente und auch auf die verschiedenen Nukleoproteide zuruck-
fiihren zu konnen, welche ich im lebenden Organismus in fraktionierten,
therapeutischen Dosen zirkulieren lieB.
Die besagten Substanzen wiirden sich im Kreislauf wie Gifte ohne
spezifische Charaktere verhalten, indem sie die bei lokaler Beriihrung
schon nachgewiesenen, von einigen Physiologen und Klinikern schon ver-
muteten Eigenschaften behalten und auBern — insbesondere und fast
allein in den Organen, welche sie zuerst resorbieren; in den Organen,
die zur Reinigung des Organismus dienen und die immer bei den ver¬
schiedenen Krankheitszustanden infolge einer toxischen Ursache 3 ) zu
reagieren pflegen.
Indem ich diese von mir erzielten, obwohl ziemlich zahlreichen und
regelm&Big positiven Resultate mitteile, liegt mir der Gedanke fern,
denselben den Wert von endgiiltigen Schliissen zuzuschreiben.
Die zwei neuen Serien von Tieren, die ich jetzt in Behandlung habe,
werden hoffentlich meine Beobachtungen bestatigen und mein Vertrauen
verstarken.
1—2) Die BeobachtuDgen beziehen sich auf 2 mit Thymusextrakt behandelte
Lammchen.
3) NB. Bei jedem einzelnen Tier wurde immer dafiir gesorgt, durch bakterioskopische
Untersuchungen upd Kulturen die Abwesenheit von Mikroorganismen im Kreislauf fcst-
zustellen, welche den Versuch maskieren konnten, imd ich bemerke auch, dafi nicht
der geringste AbsceB vorkam.
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Kokubo, Anfertigung und Aufbewahrung von Sporenseidenf&den etc. 725
Nachdruck verbolen.
TJeber die Anfertigung und Aufbewahrung von Sporen-
seidenfaden fiir Desinfektionszwecke.
[Aus dem hygien. Institut zu Gottingen.]
Von Dr. Keisaku Kokubo, Kaiserl. japan. Stabsarzt.
Von alien bakteriologischen Testobjekten, die zur Priifung von
Desinfektionsmitteln oder Desinfektionsverfahren dienen, sind wohl die
Milzbrandsporen dasjenige, welches ara frtihesten und am haufigsten an-
gewandt ist. Jeder aber, der einmal mit diesem Testobjekt gearbeitet
hat, wird es als Uebelstand empfunden haben, daB seine Widerstands¬
fahigkeit in ziemlich weiten Grenzen schwankt. Soweit ich die existie-
rende Literatur tibersehe, wird man die Grenzen zu 1—15 Minuten
stromenden Wasserdampf annehmen konnen.
Einen Grund dieser Schwankungen hat v. Esmarch 1 ) in dem
verschiedenen Verhalten der einzelnen Milzbrandstamme aufgefunden.
Er hat gezeigt, daB Milzbrandstamme verschiedener Herkunft auch bei
gleicher Art der Preparation groBe Unterschiede in der Widerstands-
fkhigkeit aufwiesen, daB also gewissermaBen jedem Stamme eine spezi-
fische Widerstandsfahigkeit gegen stromenden Wasserdampf zukommt.
Auf Anregung von Herrn Prof. v. Esmarch habe ich nun fest-
zustellen versucht, ob nicht auch die Art der Herrichtung des
Sporenmaterials von EinfluB sei, ob nicht auch ein und derselbe
Stamm bei verschiedener Art der Herstellung Testobjekte von ver¬
schiedener Widerstandsfahigkeit lieferte. Eine derartige Untersuchung
erschien um so mehr angebracht, als die meisten Autoren, welche tiber
Abtotung von Milzbrandsporen gearbeitet haben, tiber die Herstellung
ihres Testmateriales keine naheren Angaben machen.
Es war mir selbstversttindlich nicht moglich, a lie hier in Betracht
kommenden Bedingungen zu variieren und auf ihren EinfluB zu unter-
suchen. Ich habe deshalb den sicher recht erheblichen EinfluB des
Materiales, an dem die Sporen angetrocknet sind, auBer acht gelassen,
und meine Untersuchungen auf Seidenfaden, die wohl immer nocli ara
haufigsten angewandt werden, und auch das bequemste Material dar-
stellen, beschrankt. Die Impragnierung der Sporen geschah entweder
so, daB die vorher sterilisierten Faden — Turnerseide No. 5 — mit der
Pinzette in einer tippig gewachsenen Oberflachenkultur umgedreht
wurden, wodurch reichliche Mengen der Kultur an ihr haften blieben.
In einer anderen Versuchsreihe wurde dagegen die abgekratzte Kultur-
masse in einer geringen Menge Bouillon aufgeschwemmt, und mit dieser
Aufschwemmung die Faden impragniert. Als Niihrboden zur Ztichtung
der sporenhaltigen Kulturen dienten Agar und Kartoffeln. Die Kulturen
wurden bei 37° gehalten und waren 2 Tage alt Eine besondere
Versuchsreihe hatte ergeben, daB die Ztichtungstemperatur ohne EinfluB
auf die Widerstandsfahigkeit der Sporen war: 37° wurden deshalb ge-
wahlt, weil hier die Sporenbildung am raschesten vor sich ging. Die
Anwesenheit zahlreicher, wohlentwickelter Sporen wurde jedesmal durch
das Mikroskop festgestellt.
1) Zeitschr. f. Hyg. Bd. I. p. 67.
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726
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Ta-
Sporen auf Agar geziichtet, in Bouillon auf-
1
An der Luft gctrocknet
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6 1
6
Die mit Sporen impragnierten Faden habe ich teils an freier Luft,
teils im Exsikkator fiber Chlorcalcium, teils im Vakuum getrocknet, und
nachher teilweise im Dunkeln gehalten, teils dem zerstreuten Tageslicht,
teils dem Sonnenlicht ausgesetzt. Die Widerstandsfahigkeit der so er-
haltenen Sporenfaden gegen stromenden Dampf wurde mit Hilfe des von
0 him filler angegebenen, auch von v. Brunn 1 ) benutzten Apparates
festgestellt
Von der v. Brunnschen Versuchsanordnung bin ich nur insofern
1) Centralbl. f. Bakt. Bd. XXVIII. p. 309.
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Kokubo, Anfertigung und Aufbewahrung yon Sporenseidenf&den etc. 727
belle I.
gescbwemmt und dann an Faden angetrocknet.
Exsikkator getrocknet
Unter der Luftpumpe getrocknet
im Hellen
an der Sonne
im Dunkeln im Hellen
an der Sonne
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6
5 |
abgewichen, als ich die Faden nicht auf einem Drahtnetz dem Dampfe
aussetzte, sondern sie zu diesem Zweck in ein Holzstabchen einklemmte.
Ich wollte damit die ungleichmaBige Benetzung der Faden vermeiden,
die bei der Verwendung des Drahtnetzes wegen des dort sich sammelnden
Kondenswassers meistens nicht zu umgehen ist. Nach dem Heraus-
nehmen aus dem Apparat wurden dann die Faden mit sterilisierter
Schere dicht an dem Holzstabchen abgeschnitten und in Bouillon bei
37 0 mindestens 5 Tage beobachtet. Jedesmal wurden 2 Faden zugleich
benutzt; wenn sie verschiedene Resultate gaben, so ist das in den Tabellen
besonders bemerkt. Die Temperatur des Dampfes schwankte je nach
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728
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
Ta-
Sporen auf Kar-
An der Luft getrockuet 1 Im
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dem Baroraeterstande zwischen 98,5 und 100°. Die erste Priifung fand
6 Stunden nach der Fertigstellung der Faden, die zweite nach 24 Stunden,
die dritte nach 8 Tagen und eine vierte nach 28 Tagen statt.
Samtliche Versuche wurden in gleicher Weise an 6 verschiedenen
Milzbrandstammen, A—F, angestellt. Von diesen war A eine seit langer
Zeit im Institut fortgeztichtete Kultur, C—F stammen aus Sporenmaterial,
das von Herrn Prof. v. Esmarch in den Jahren 1882—1888 ange-
fertigt ist. Ein besonderes Interesse verdient der Stamm B, weil er ein
abgeschwachter Abkommling von A ist. Er stammt von einem Sporen-
faden von A, der 9 Minuten im Dampf gewesen und dann in Bouillon
ausgewachsen war. Die dadurch erzielte Resistenzverminderung scheint
eine dauernde zu sein, wenigstens zeigt dieser Stamm in samtlichen Ver-
suchen, in denen iiberhaupt Unterschiede zwischen den einzelnen Stammen
hervortraten, eine wesentlich geringere Widerstandsfahigkeit als A.
Die Ergebnisse der Versuche sind in den Tabellen I—III zusammen-
gestellt Tabelle I gibt die Resultate der mit Bouillonaufschwemmung
hergestellten Sporenfaden. Hier ist weder zwischen den einzelnen
Stammen noch zwischen den verschiedenen Trocknungs- und Aufbe-
wahrungsmethoden ein wesentlicher Unterschied zu konstatieren: fast
alle Faden wurden nach 2 Minuten abgetotet, und diese Zeit ging in
28 Tagen fast uberall auf 1 Minute herunter. Da aber diese Zahlen
samtlich wesentlich niedriger sind, als die der Tabelle II und III, so
ist anzunehmen, daG es sich hier von vornherein urn abgeschwachte
Sporen gehandelt hat. Es ist ja durch zahlreiche Beobachtungen er-
wiesen, das feuchte Milzbrandsporen beim Einbringen in Bouillon in
grofler Zahl zu Grunde gehen; es erscheint deshalb nicht wunderbar,
wenn die iiberlebenden eine Verminderung ihrer Resistenz erfahren.
Ftir die Herstellung von moglichst widerstandsfahigem Sporen¬
material ist deshalb das andere Verfahren zu empfehlen, bei dem die
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Kokubo, Anfertigung und Aufbewahrung yon Sporenseidenf&den etc. 729
beUe III.
toffeln gezuchtet.
Exsikkator getrocknet
1
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im Hellen
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4 2-3 1
5 |
5
5
5 11 1 1
Sporen ohne vorherige Aufschwemmung direkt auf die Faden
gebracht werden, indem man einfach die Faden mit der Oberflachen-
kultur innig in Berfihrung bringt. Auf diese Weise sind die Faden
hergestellt, deren Resultate in den beiden folgenden Tabellen mitgeteilt
sind, und zwar waren bei Tabelle II die Kulturen auf Agar, bei Ta-
belle III auf Kartoffeln gewachsen.
Hier zeigen sich zunachst zwischen den einzelnen Stammen erhebliche
Differenzen. Am grOBten ist die Widerstandsfahigkeit des Stammes A, und
zwar in samtlichen Versuchen, dann folgen C und F, dann E, B und D.
Es wird also durch diese Versuche die v. Esmarchsche Be-
obachtung, dafi die einzelnen Milzbrandstamme unter sich
groBe Verschiedenheiten in der Widerstandsfahigkeit aufweisen,
durchaus bestatigt. Daneben finden sich aber auch groBe Unterschiede
je nach der Art der Herstellung und der Aufbewahrung, und
zwar sind diese mit aufierordentlicher Regelmfifiigkeit bei alien Stammen
in gleichem Sinne vorhanden.
Zunachst ist hervorzuheben, dafi die auf Agar gewachsenen Sporen
durchweg etwas resistenter sind, als die von der Kartoffel.
Von den verschiedenen Trockenverfahren gibt das Trocknen an der
Luft bei Zimmertemperatur die widerstandsfahigsten Sporen. Etwas
geringer ist ihre Resistenz, wenn sie im Exsikkator, und noch geringer,
wenn sie im Vakuum getrocknet werden. Beim Aufbewahren sinkt all-
mahlich die Widerstandsfahigkeit, langsam im Dunkeln, etwas schneller
im zerstreuten Tageslicht und noch schneller in der Sonne. Der Unter-
schied zwischen der Aufbewahrung im Dunkeln und an einem sonnigen
Ort ist aber nicht so groB, wie man nach den sonstigen bakteriziden
Eigenschaften des Sonnenlichtes erwarten sollte 1 )-
1 ) Die eingeklammerten Zahlen in den Tabellen geben die Dauer des wirklichen
Sonnenscheines in Stunden an.
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730
; Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originals. Bd. XXXTV. No. 7.
Zur Erzielung moglichst widerstandsfahigen Sporenmateriales wird
«s sich hiernach also empfehlen, die in angegebener Weise hergestellten
Faden an der Luft bei Zimmertemperatur zu trocknen und
im Dunkeln aufzubewahren. Allerdings laBt sich hierbei eine Verun-
reinigung durch Luftkeime hSufig nicht vermeiden, so daB aus diesem
Grunde unter Urastanden das Trocknen im Exsikkator vorzuziehen ist.
Nachdruck verboten .
Ueber das Verhalten des Loefflersohen Mausetyphusbacillus
zu dem v. Drigalski-Oonradischen Nahrboden.
[Aus dem Institute fur Hygiene und experimented Therapie in Marburg.
Abteilung fflr Hygiene. Vorstand: Prof. Bonhoff.]
Von Dr. phil. C. Slebert in Marburg.
(SchluB.)
Zur Herstellung des agglutinierenden Serums wurde 4 Kaninchen
je V 2 Agarkultur I, welche zuvor V, Stunde auf 60° erhitzt war, intra-
venSs am Ohre injiziert. 3 Tiere gingen infolge der ersten Injektion
zu Grunde. Auch bei dem letzten war eine erhebliche Wirkung zu be-
merken, das Tier zeigte nach jeder Einspritzung eine mehrere Tage
dauernde Prostration und fraB nichts, blieb aber am Leben. Es erhielt
28 Tage nach der ersten Impfung 1, 17 Tage nach der zweiten 2,
21 Tage nach der dritten 3 in der angegebenen Weise behandelte Agar-
rohrchen intravenbs injiziert. 16 Tage nach der letzten Injektion ging
auch dieses Tier zu Grunde. Die Sektion ergab keine Ver&nderung der
Organe, M&usetyphusbacillen konnten nicht nachgewiesen werden. 14 Tage
nach der zweiten und 20 Tage nach der dritten Einspritzung wurde
Blut entnommen. Das erste Serum agglutinierte die Kultur I noch in
der Verdflnnung von 1 : 2000, das zweite hatte keinen hoheren Agglu-
tinationstitre.
Urn mich zu iiberzeugen, daB ein speziell auf M&usetyphus reagie-
rendes Serum vorlag, fuhrte ich Agglutinationsproben in der Verdflnnung
von 1 :50, mit zwei verschiedenen Typhuskulturen, zwei Paratyphus-
kulturen und einer Kultur von Bacterium coli aus. In 4 Fallen
war keine Spur von Agglutination zu bemerken, dagegen wurde die
eine Paratyphuskultur (B. Krdl) noch in einer Verdfln¬
nung von 1:400 agglutiniert (ein sehr auffallendes Verhalten,
das weiter untersucht werden wird) 1 ).
Die Agglutinationsprobe wiirde makroskopisch in der flblichen Weise
ausgefflhrt 1 ccm verdttnntes Serum wurde mit 1 Oese 24-stflndiger
Kultur im Reagenzglase verrieben, auf 20 Minuten in den Brfltschrank
gebracht und dann beobachtet. Nach kflrzerer oder lflngerer Zeit, nach
Gewinnung der Reinkulturen aus dem Tierkorper, wurde die Prflfung
wiederholt, wobei sich ergab, daB die Agglutinierbarkeit um so groBer
1 ) Dieses Verhalten verbietet nicht, vorliegendes Serum als ein fur Mausetyphus
spezifisches zu betrachten, da schon wiederholt bei verschiedenen dieser Gruppe ange-
horenden Bakterien Gruppenagglutination beobachtet wurde.
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Siebert, Ueber das Verhalten des Loefflerschen M&usetyphusbacillus etc. 731.'
wurde, je hfiufiger die Kulturen seit der letzten Tierpassage auf
kfinstlichem Nfihrboden weiter geimpft waren. Dieses Verhalten stimmt
mit dem bei anderen Bakterien, z. B. dem Pestbacillus durch vorge-
nommene Agglutinationsversuche, festgestellten Tatsachen tiberein (5).
Weiter habe ich festgestellt, dad das Serum, welches die Kultur I
am 8. Februar im Verhfiltnisse von 1:2000 agglutinierte, 52 Tage
spfiter nur noch bei stfirkerer Konzentration von 1 :600 agglutinierte.
Auch dieses Verhalten stimmt insofern mit bekannten Tatsachen tiber¬
ein, als wahrscheinlich eine teilweise Umsetzung von Agglutininen in
Agglutinoide stattgefunden hat.
Die Ergebnisse der Untersuchungen, wie die Kulturen auf Mause
wirken und fiber das Verhalten der aus den eingegangenen Tieren er-
haltenen Kolonieen dem v. Drigalski-Conradischen Nfihrboden
gegenfiber, sind in Tabelle II zusammengestellt.
Von 7 subkutan behandelten Mfiusen gingen also nach Ausweis der
Tabelle 4 nach 1 Tage, je 1 nach 2, 3 und 4 Tagen zu Grunde. Aus
diesen konnten blaue Kolonieen mit positiver Agglutinationsprobe in
alien Fallen isoliert werden.
An 22 Mause wurden M.-T.-Kulturen und Organe der infolge von
M.-T. verendeten Tiere verffittert, von diesen gingen 20 ein, und zwar
8 nach 1—3 Tagen, 6 nach 5—7 Tagen, 3 nach 10—11 Tagen und 3
nach 19—24 Tagen. Aus dem Darme wurden in 20 untersuchten Fallen
15mal blaue Kolonieen isoliert, aus den Organen wurden 13mal Aus-
striche auf den Drigalski-Nahrboden gemacht, wobei llmal aus der
Milz, je 9mal aus Herzblut und Leber, 7mal aus Nieren blaue Kolonieen
erhalten werden konnten. Im ganzen wurden bei diesen 20 Fallen 18mal
blaue und rote, je lmal nur rote und nur blaue Kolonieen isoliert. Die
aus 19 verschiedenen Tieren stammenden blauen Kolonieen gaben nur
in 8 Fallen positive Agglutinationsprobe, was wohl dadurch zu erklaren
sein dfirfte, daft aus Darm und Organen nur je 1 Ausstrich gemacht
wurde. Der Mausetyphusbacillus scheint hiernach, per os gegeben, im
Organismus nur in beschrankter Menge vorhanden zu sein. Und nicht
alle blauen Kolonieen sind Mausetyphusbacillen.
Die Mause 3 und 28 erhielten zur Kontrolle je 1 Agarkultur von
blauen, nicht agglutinierten Kolonieen per os gereicht. Beide Mause
blieben am Leben.
Loeffler (1) nennt als spfitesten Zeitpunkt, an dem der Tod der
mit Mausetyphus per os infizierten Tiere eintritt, den 13. Tag, Lunke-
witsch (6) ffir Hausmfiuse, welche mit den Kadavern der an M.-T.
verendeten Feldmfiusen geffittert wurden, den 47. Tag, Meresh-
kowsky (7) sogar den 63. Tag. Um zum Ausdruck zu bringen, wie
sich bei meinen Versuchen die mehrmals durch den Tierkdrper ge-
gangenen Kulturen bezfiglich ihrer Wirksamkeit verhalten, gebe ich in
Tabelle III eine reihenweise Zusammenstellung der Versuchstiere, die
mit Darm und Organen oder mit Reinkulturen aus infolge von Mause¬
typhus verendeten Mausen infiziert wurden.
Es geht aus dieser Zusammenstellung hervor, dad eine Erhfihung
der Wirkung der Kulturen durch mehrmaliges Hindurchgehen durch den
Tierkfirper nicht erreicht wird.
No. 28 als 5. und No. 31 als 4 Glied der Reihe ist nicht ein-
gegangen, bei No. 9, 30 und 29, vierten Gliedern der Reihe, trat erst
nach 24, 22 und 19 Tagen der Tod ein. Am wirksamsten zeigten sich,
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No. 7
732
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 7.
*<1
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Frost, A simple method ef making collodion sacs for bacteriological work. 733
abgeseben von den subkutan gegebenen Kulturen, weiter verffitterter
Darm und Organe von verendeten Tieren.
Aus der Zusammenstellung geht ferner hervor, daB der M&usetyphus-
bacillus mehrere Generationen hindurch immer wieder auf die ange-
gebene Methode isoliert werden konnte.
Die Resultate der mitgeteilten Untersuchungen fasse ich in folgen-
dem kurz zusammen:
Der Loefflerache Mausetyphusbacillus wBchst auf v. Drigalski-
Conradischem Nahrboden in blauen Kolonieen.
Kaninchen sind recht empfindlich gegen Endotoxine des Mause¬
typhusbacillus. Es gelingt, Agglutinine bei Kaninchen zu erzeugen.
Der v. Drigalski-Conradische Nahrboden ist unter gleich-
zeitiger Anwendung der Agglutinationsprobe zur Isolierung des M.-T.-
Bacillus geeignet.
Zdteratur.
1) Loeffler, Centr&lbl. f. Bakt. etc. Bd. XI. No. 5.
2) Laser, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XI. No. 6/7.
3) v. Drigalski-Conradi, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXIX. Heft 2.
4) Kayser, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXXI. p. 426.
5) Kolle und Martini, Dtsch. med. Wochenschr. 1902. No. 1—4.
6 ) Lunkewitsch, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XV. No. 22.
7) Mereshkowsky, Centralbl. I Bakt. etc. Bd. XVI. p. 612.
Nachdruck verbot&n.
A simple method of making collodion sacs for
bacteriological work.
[From the Bacteriological Laboratories of the University of Wisconsin.]
By William Dodge Frost, M. S.
Instructor in Bacteriology, University of Wisconsin, Madison, Wis., U. S. A.
With 3 Figures.
The method about to be described was devised in the course of
some work requiring a very large number of sacs. The experience of
nearly a year indicates that the method is suited for general use. The
technique is very simple and the method seems to combine many of
the good points in the previously described methods.
The detailed method of procedure is as follows:
Forming the sac. Glass tubes are selected, of any desired size,
with evenly rounded bottoms. Usually a small sized test-tube will be
found to be of the right size. Thick collodion is then poured into the
tube to a depth equal to the desired length of the sac. The collodion
is then poured out along one side of the tube into another tube and
from this one to another and so on until it is all used up or becomes
filled with bubbles. The desired length of the tube can be secured in
all of the tubes by tipping and rolling them thus bringing them collodion
into contact with the glass to the desired height As the tubes are
coated they are placed, mouth down, in a wire basket or test-tube rack
as indicated in Fig. 1. In this way the extra collodion drains off and
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CentralbL f. Bakt. etc I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
free access of air dries and hardens the collodion; leaving a thin coat
covering the inner surface of the tube. The thickness of the coat depends
on the consistency of the collodion. A ten per cent, collodion, in equal
parts of alcohol and ether, makes a sufficiently thick coat for ordinary
purposes. A three per cent, solution can be used to make tubes for
chemical purposes. But it must be remembered that a thicker solution
makes a stronger but slower dialysing sac and longer air drying makes
a tougher but slower one. It seems necessary to have a tough sac since
it has been found that bacteria will sometimes pass through a sac which
will hold water. The collodion is allowed to air dry from a few minutes
to several hours. When thoroughly air dry the sac usually shrinks from
the tube and may be easily pulled out. The drying may be stopped at
Fig. 1. Tube inverted to allow the
air dry.
Fig. 2. Sac ready for sterilization,
of collodion.
Fig. 3. Sac ready to be inoculated
extra collodion to drain off and the film to
A Surgeons knot. B Ends of cord. C Tongue
into animal.
any point by filling the tube with water and after standing a few minutes
the collodion shrinks and the sac may be easily removed. Should cold
water fail to loosen the sacs warm water will. There is very little
danger from bubbles in this method as in the older ones, since any
which form either spontaneously rupture or settle towards the mouth
of the sac and are later cut off.
According to this method a large number of sacs may be made in
a short time. They may be kept for a long time in water, but be¬
come brittle if allowed to dry after they have once been hardened in
water.
Sterilization of sac. The sacs are filled from one fourth to
three fourths full with bouillon or other culture medium if desired.
They are then immersed in a test-tube of the medium. The sacs are
held in position in the test-tube by means of the tongue formed by the
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Frost, A simple method of making collodion sacs for bacteriological work. 735
collodion flowing out of the tube. This tongue is folded over the lip
of the tube (Fig. 2, c). Before, however, the sac is put in the test-tube
a piece of cotton or silk cord is placed around the sac near the top
and held in position by means of a surgeon’s knot, loosely drawn. The
cord should be quite stout so that the sac can later be tightly closed.
The ends of the cord are brought outside of the tube as shown at b
(Fig. 2). Sterilization may be accomplished either in the autoclav or by
means of the intermittent method of sterilization.
Inoculation and testing of sac. The medium is inoculated
by means of the platinum needles in exactly the same way in which
tube cultures are ordinarily inoculated. The tube thus inoculated should
be incubated for twenty four hours and if the medium outside of the
sac remains clear the sac may be used. Otherwise it should be discarded.
This testing of the integrity of the sac is necessary whatever method of
making it is employed.
Sealing the sac. The tube is placed in a tumbler or test-tube
rack. The sac is then pulled out of the tube until the cords can be
drawn tight so as to close the sac and securely tied. With sterile
scissors the end of the sac is cut off a few millimeters above the
constriction. If there is any moisture on the inside of the sac above
the neck this must be removed with sterile filter paper and then a few
drops of a thin solution is placed in the neck so as to hermetically seal
the sac. The long and contaminated ends of the cord are now cut off,
the sac dropped back into the test-tube, and the cotton stopper replaced
(Fig. 3). The sac is now ready to be placed in the body cavity of an
animal. The method of procedure here is of course the same as in
any other method.
Advantages of this method:
1st- Simplicity.
2nd- No danger from air bubbles.
3 rd - May be made of any size or shape.
4 th. No glass to break or irritate the animal.
5 th - Maximum amount of dialysing surface.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 7.
Die Redaktion des „Centralblatts fiir Bakteriologie und Parasitenkundef*
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige WUnsche um
Lieferung von besonderen Abdrilcken ihrer Aufsdtxe entweaer bet der Bin•
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben mu
wollen oder spdtestens nach Empfang der ersten Korrekturao»dge direkt an
den Verleger , Herm Gustav Fiscner in Jena, gelangen mu lassen .
Inhalt.
Abbott, A C. f The adrenal gland and its
active principle in their relations to cyto-
lysins and antitoxin production, p. 696.
Bongert, J., Beitrfige zur Biologie des
Milzbrandbacillus und sein Nachweis im
Kadaver der groBen Haustiere. (Forts.),
p. 623.
Bose, F. J., Les Epitheliomas parasitaires.
La clavelde et PEpithdlioma claveleux.
(SchluB.), p. 666.
Friedmann, Friedrich Frans, Der Schild-
krOtentuberkelbacillus, seine Zuchtung,
Biologie und Pathogenit&t, p. 647.
Frost, William Dodg:e, A simple method
of making collodion sacs for bacterio¬
logical work, p. 733.
Ohedini, Ch, Untersuchungen fiber die
Wirkung einiger Organextrakte, p. 721.
Ohon, Anton u. Sachs, Milan, Beitrfige
zur Kenntnis der anaeroben Bakterien
des Menschen. fSchluB.), p. 609.
Hersog, H., Die Abschwficbung der Sfiuge-
tiertuberkulosebacillen im Kaltbliiter-
organismus. (SchluB.), p. 675.
Hoke, Edmnnd, Ueber Komplement-
bindung durch Organzellen, p. 692.
Ito, Snkehiko, Ueber die Aetiologie von
„Ekiri“, einer eigentumlichen, sehr
akuten, ruhrartigen epidemischen Kinder-
krankheit in Japan. (SchluB.), d. 659.
Hoknbo, Heisakn, Ueber die Anfertigung
und Aufbewahrung von Sporenseiaen-
fftden fur Desinfektionszwecke, p. 725.
Lord, Frederick T., Diplococcus intra-
cel lularis meningitidis (Weichselbaum)
in the nose. Report of a case without
Meningitis and review of the literature,
p. 641.
Macfadyen, Allan and Howland, Syd¬
ney, Upon the intracellular constituents
of the typhoid bacillus, p. 618.
Madsen, Thorvald , La constitution du
poison diphtdrique, p. 630.
Moser, Paul u. Frh. v. Firquet, Clemens,
Zur Agglutination der Streptokokken.
(SchluB.), p. 714.
Mftller, Paul Theodor, Zur Theorie der
natflrlichen antibakteriellen Immunitfit.
(SchluB.), p. 700.
Sachs, Hans, Ueber Differenzen der Blut-
beschaffenheit in verschiedenen Lebens-
altem, p. 686.
Siebert, C., Ueber das Verhalten des
Loefflerschen Mfiusetyphusbacillus zu
dem v. Drigalski - Conradischen Nfthr-
boden. (SchluB.), p. 730.
Fromnuiiniche Boebdruckerel (Hermurn Fohle) In Jena.
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Ceatnlil. f. Bald. etc. I. AbL Iriiiiali 11 mm. Hi. 1
Naehdruck verboten.
Das Yerhaltnis der Milchsaurebatterien zum Streptococcus
lanceolatus (Pneumoniecoccus, Enterococcus u. s. w.).
[Ans dem hygienischen Institut in Bonn.]
Von Prof. Erase.
Wer sich mit der Frage der Milchs&ureg&rung beschaftigt hat, wird
die darin herrschende Verwirrung bemerkt haben. Sie fing damit an,
dafi H n e p p e, der erste Forscher, der mit den Hilfsmitteln der modernen
Methodik an das Studium der Milchs&urebakterien heranging, eine Be-
schreibung von ihnen lieferte, die offenbar auf den gewdhnlichen Erreger
der MilchsSuregarung nicht pafit, sondern auf einen seltenern Organis-
mus, der allerdings auch die Eigenschaft hat, Milchs&ureg&rung zu er-
zengen. AllmShlich ist das von sehr zahlreichen Autoren anerkannt
worden; das Ungluck wollte aber, dafi gerade diejenigen, die zuerst
eine gute Schilderung der wahren Milchsaurebakterien gaben, namlich
Gunther und Thierfelder, an der Identit&t ihrer Mikroorganismen
mit den H u e p p e schen festhielten. Die Verschiedenheit beider Bakterien
erkannte Leichmann, er hatte aber den verh&ngnisvollen Gedanken,
den gewdhnlichen Milchs&ureerreger Bact. lactis acidi im Gegen-
satz zu Hueppes Bac. acidi lactici zu nennen. Dadurch war
erst recht der Konfusion Vorschub geleistet; sie mufite noch dadurch
gesteigert werden, dafi etwa gleichzeitig Lehmann und Neumann
sowie Kruse in den von ihnen bearbeiteten Handbuchern die Namen
Bacterium Gfintheri und Bacillus lacticus einfflhrten, wahrend
Kozai spater von einem Bacillus acidi paralactici sprach. Alle
diese Autoren sind zudem nicht von dem Vorwurf freizusprechen, dafi
sie die sytematische Stellung, die naturlichen Verwandtschaften der von
ihnen benannten und beschriebenen Bakterien nicht klar erkannten. Ich
selbst hoffe, bald meinen Fehler wieder gutmachen zu kdnnen, m6chte
aber schon hier in aller Kurze einige Resultate meiner Untersuchungen
feststellen. Von der chemischen Seite der Frage, die ebenfalls sehr der
Klfirung bedarf, spreche ich absichtlich nicht
Hueppes Milchs&urebakterium ist identisch mit dem Bacillus
agrogenes, wie ich (F1 ttgges Mikroorganismen. Bd. II. 1896. p. 340)
das Escherichsche Bact. lactis aerogenes genannt habe. Es
ist sehr h£ufig in der freiwillig sauer gewordenen Milch vorhanden,
aber regelmafiig in so geringen Mengen, dafi es mit dem Prozefi der
Sauerung nichts zu tun haben kann. Es f&rbt sich — das mfichte ich
gegenhber Lehmann und Neumann (Atlas und Grundrifi der Bakt.
2. Aufl. 1899) betonen — nicht nach Gram; die Unterscheidung eines
grampositiven B. acidi lactici von dem B. agrogenes ist hinfSllig.
Die Gramsche Farbung kann allerdings dadurch vorgetfiuscht werden,
dafi die Kultur mit den echten Milchs&urebakterien verunreinigt ist Eine
solche Verunreinigung kann selbst geubten Bakteriologen vorkommen,
weil die Kolonieen der echten Milchsfiurebakterien auf den Platten aus
saurer Milch so klein und so zahlreich sind, dafi sie manchmal nicht
ohne weiteres sich von den viel grofieren des Bac. agrogenes trennen
lassen.
Ente Abt. Orig. Bd. XXXIV.
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738
Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Der gewdhnliche Erreger der Milchs&ureg&rung ist
dagegen ein Mikroorganismus, der zu den n&chsten Ver-
wandten des Streptococcus lanceolatus, d. h. des Pneu-
inoniecoccus, gehort. Seine Gestalt, seine Neigungzur Eettenbildung,
seine farberischen Eigenschaften (Gram), sein Verhalten zu den Nahrboden,
auch zur Milch sind im wesentlichen die gleichen. Unterschiede
liegen darin, daB das Milchsaurebacterium auch bei
niederer Temperatur wachst, und soweit bisher bekannt,
keine Krankheiten bei Tieren und Menchen verursacht.
Die etwas ovale, manchmal sogar deutlich stabchenartige, an dem Ende
zugespitzte Form der Milchsaurebakterien findet sich bei dem Pneu-
moniecoccus genau in derselben Weise wieder und hat anch manche
Autoren bewogen, den letzteren unter die Stabchenbakterien einzureihen.
Das hat aber schon deswegen seine Schwierigkeiten, weil die echte
Kokkenform hier gerade wie auch beim MilchsMurebakterium gar zu haufig
vorkommt. Man konnte sich nun dadurch helfen, daB man ftir diese
morphologisch und biologisch gut charakterisierte Gruppe von Bakterien
einen besonderen Genusnamen, wie Coccobacillus Oder Strepto-
bacillus einfilhrte. Den letzteren wiirde ich selbst empfehlen, wcnn
nicht ein wichtiger Umstand dagegen sprache, namlich die auBer-
ordentlich nahen Beziehungen des Pneumoniecoccus zu
dem sogenannten pyogenen Streptococcus, die namentlich seit
meinen mit Pan sini gemeinschaftlich ausgefiihrten Untersuchungen
(Zeitschr. f. Hygiene. Bd. XI. 1892) fast allgemein anerkannt sind. Ich
schlage daher vor, das Milchsaurebakterium Streptococcus lacticus
zu nennen. DaB diese Bezeichnung eine naheliegende ist, erhellt auch
schon daraus, daB zahlreiche Autoren aus Milch und Milchprodnkten
Organismen isoliert haben, die sie Streptokokken nannten, und die sich
doch in keiner Weise scharf von den Milchsaurebakterien unterscheiden
lassen (vergl. z. B. den Streptococcus acidi lactici von Groten-
feldt, die Streptokokken des Kumys von Freudenreich); und vielen
anderen Forschern wird es uneingestandenermaBen gegangen sein, wie
mir selbst, sie werden sich gewundert haben, warum man
die Milchsaurebakterien durchaus zu den Bacillen, statt
zu den Streptokokken gestellt hat.
Selbstverstandlich ist der Streptococcus lacticus in ahnlicher
Weise der Variabilitat unterworfen, wie der Streptococcus pyogenes
und lanceolatus, der Bacillus aSrogenes u. s. w. Unter
mehreren Dutzend Stammen, die ich aus saurer Milch isoliert habe, sind
einige, die in Gelatine fast so schlecht wachsen wie der Pneumonie¬
coccus, andere, die Milch nur sehr langsam zur Koagulation bringen
Oder nicht so viel Saure bilden, daB eine Gerinnung erfolgt; bei einzelnen
herrscht die Stabchen-, bei anderen die Kokkenform vor. Auch durch
die kunstliche Kultur gelingt es, ahnlich wie beim Pneumococcus,
solche Varietaten zu erzeugen; wahrscheinlich wird ein genaues Studium
den Beweis erbringen, daB eine scharfe Grenze zwischen dem Strepto¬
coccus lacticus und dem Streptococcus lanceolatus ebenso-
wenig vorhanden ist wie zwischen dem Streptococcus lanceolatus
und dem Streptococcus pyogenes. Immerhin ist die Unter-
scheidung dieser 3 „Species“ aus praktischen GrQnden empfehlenswert.
Ftir wenig ersprieBlich halte ich es dagegen, alle diese so zahl-
reichen Varietaten zum Range von Arten zu erheben und besonders zu
benennen. Z. B. sind der Streptococci!s enteritidis von Hirsch-
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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 739
Libbmann und der Enterococcus Thiercelins meines Er-
achtens weiter nichts als echte MilchsSurebakterien, wie sie
im Darm yon Kindern und Erwachsenen, Fleich- und
Pflanzenfressern regelmaBig vorkommen. Uebrigens scheint
der Streptococcus lacticus gleich dem Streptococcus lanceo-
latus auf alien Schleimh&uten ein h&ufiger Gast zu sein, auf beide
pafit also recht gut der Name der Schleimhautstreptokokken
(vergl. Kruse, Pansini und Pasquale, Centralbl. f. Bakt Bd. VII.
1890. No. 21).
Nachdruck verboten
Ueber die Anpassung der Bakterien an die Abwehrkrafte
des infizierten Organismus 1 ).
[Aus dem hygienisch- bakteriologischen Institute der Universitat Krakau
Vorstand Prof. 0. Bujwid.]
Von Dr. Philipp Eisenberg, Assistenten am Institute.
I.
Ein Fall von Pyocyaneusinfektion nebst Bemerkungen
fiber die Serodiagnostik dieser Infektionen.
Die pathogenetische Bedeutung des Pyocyaneusffir den Menschen
ist bisber noch nicht aufgeklfirt. Einerseits scheint es in Ueberein-
stimmung mit der von Schimmelbusch vertretenen Auffassung
keinem Zweifel zu unterliegen, da IS dieser Mikroorganismus, ein naher
Anverwandter des ubiquistischen B. fluorescens liquefaciens, ein
steter Bewohner der menschlichen Hautdecken, in der Mehrzahl der
Fa lie, wo wir ihn auf Wunden als Begleiter des sogenannten blauen
Eiters finden, hier nur als ganz harmloser Gast verweilt. Andererseits
zeigen die Untersuchungen zahlreicher Forscher, dad er unter be-
sonderen Umstfinden beim Menschen ernste Erkrankungen hervorzurufen
im stande ist, die sogar letal enden konnen. Normalerweise unfahig,
die Schutzkrfifte des Organismus zu fiberwinden, kann er, wenn irgend-
welche Faktoren diese Krafte herabsetzen oder vernichten, aus einem
ungefahrlichen Gast ein offensiver Feind werden und pathogenetische
Wirkungen entfalten. In Uebereinstimmung mit dieser Anschauung sehen
wir, dad die Pyocyaneu s-Infektionen am dftesten im Gefolge anderer
Erkrankungen auftreten, indem sie im abgeschwachten Organismus ein
geeignetes Substrat finden Oder als Sekundarinfektionen, wenn durch
die Wirkungen anderer Mikroorganismen dieses Substrat bereits vor-
bereitet ist. So finden wir im Falle von Lanz und L use her eine
chronische Strumitis nach einer Lungen- und Brustfellentzfindung, im
Falle vonKrannhals eine todliche Allgemeininfektion nach einem
eitrigen Pleuraempyem. Speziell das Kindesalter weist dieser Infektion
gegenfiber nur eine schwache Widerstandsffihigkeit entgegen, doch auch
hier finden wir gewohnlich auderdem noch andere prfidisponierende
Momente in Form von hereditarer Lues, Magendarmerkrankungen etc.
Die Untersuchungen von Kossel, Neumann, Manicatide, Finkel-
1) Vorgelegt der mathem.-naturwiss. Sektion der k. k. Akademie dear Wieeensch.
zu Krakau in der Sitzung vom 6. Juli 1903.
47*
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8 .
stein, Nicholson, Williams und Cameron, Blum zeigen, daft
diese Pyocyaneus-Infektionen im Kindesalter relativ oft vorkommen
und sich prognostisch sehr ernst gestalten. Die Feststellung der Stiolo-
gischen Rolle des Pyocyaneusbei menschlichen Infektionen bietet ge-
wisse Schwierigkeiten: in Fallen von Allgemein- resp. septischer Infektion
kann wohl der Nachweis des Bacillus intra vitam im Blut und
den inneren Organen in Reinkultur dazu berechtigen. Finden wir ihn
dagegen im Sekret fiuBerer Wunden in Gesellschaft anderer pathogener
Keime, so erhebt sich angesichts seiner Rolle als fakultativen Krank-
heitserregers die Frage, ob im gegebenen Falle seine Rolle aktiv ist,
oder ob er nur als unschuldiger Saprophyt zu betrachten ist. In solchen
Fallen scheinen die neueren biologischen Reaktioncn berufen zu seiD,
das entscheidende Urteil zu fallen, indem sie das Vorhandensein einer
Infektion durch Nachweis der seitens des Organismus stattgefundenen
Reaktion zu eruieren erlauben. Wenn das Serum der betreifenden
Individuen spezifische, agglutinierende, koagulierende Oder bakterizide
Eigenschaften aufweist, wenn es das Bordet- Gengousche Phanomen,
antifermentative (v. Dungern, Simnitzky) oder antihamolytische
Wirkungen zeigt, dann kbnnen wir selbst im Falle einer Mischinfektion
unserem Bacillus eine pathogenetische Bedeutung zusprechen. Soviei
mir aus der Literatur bekannt ist, haben sich bisher nur 2 Arbeiten mit
dieser Seite des Problems beschaftigt. Im Jahre 1899 berichtet Esche-
rich in seiner Arbeit iiber Pyocyaneus-Infektionen bei Sauglingen,
daft er in 2 Fallen ein negatives Resultat der Agglutinationsprobe zu
verzeichnen hatte; dazu mochte ich jedoch bemerken, daB weder das
klinische Symptomenbild noch die Resultate der bakteriologischen Unter-
suchungen die Annahme einer Pyocyaneus-Infektion beweisen. In
letzter Zeit haben Achard, Loeper und Gr6net 3 Falle mit positiver
Reaktion beschrieben: einen Fall von Infektion nach Hamothorax
(Agglutination 1 / 40 ), eine Mischinfektion nach einer Pneumokokkenpleuritis
(Aggl. Vioo) und eine Wundinfektion einer Quetschwunde (Aggl. Vio„)-
In 3 anderen Fallen, wo der Bacillus wahrscheinlich nur als Saprophyt
auf Wunden vegetierte, gab die Reaktion ein negatives Resultat, Kon-
trolluntersuchungen und Serum von normalen Individuen gaben selbst
bei Vio negative Resultate, nur das Serum eines Typhuskranken gab
positive Reaktion bei 1 L 0 , weshalb die Autoren die Verdunnung t l„ (>
als unteren Grenzwert fur spezifische Reaktionen annehmen.
Da ich zur Zeit mich mit der Differenzierung in der Gruppe der
fluoreszierenden Bakterien befasse, benutzte ich gerne einen sich dar-
bietenden Fall von „blauem Eiter u , um persSnliche Erfahrung in diesem
Punkt zu erwerben. Dem Primarius der chir. Abteilung des St. Lazarus-
spitals in Krakau, Wohlg. H. Prof. Trzebicky, bin ich fur die gfitige
Ueberlassung dieses Falles zu tiefem Dank verpflichtet.
Es folge in kurzen Worten die Krankengeschichte dieses Falles:
Josef Z., 43 Jahre alt, Pr.-No. 5756, Abt. Pr.-No. 937, aufgenommen
am 28. Dezember 1902. Der Patient gibt an, daB er sich mit einer
Axt vor 4 Monaten den rechten Unterschenkel, dicht unterhalb des
Kniegelenks verletzt hat Es entstand eine Geschwulst, die rasch gr6Ber
wurde, Rotung der Haut und Starke Schmerzen an dieser Stelle sowie
im Kniegelenk. Die Geschwulst wurde einigemal vom Arzte gespalten,
wobei jedesmal blutig-eitrige Flttssigkeit sich entleerte. Die Geschwulst
breitete sich trotzdem weiter aus, das Wundsekret wies seit 2 Monaten
grflne Fftrbung auf. Gegenw&rtig sind bedeutendes Schwfichegefflhl,
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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 741
Abmagerung sowie intensive Schmerzen in der affizierten Extremist zu
verzeichnen. Am 28. November 1902 wurden in Narkose tiefe Incisionen
gemacht, Eiter entleert und die entstandenen Wunden tamponiert. Am
17. Dezember neuerliche Incisionen. Am 17. Januar 1903: Die Incisions-
wunden heilen schlecht und entleeren reichlichen grflnlich verfarbten
Eiter; der Allgemeinzustand recht elend. Am 23. Januar wird in
Narkose die linke untere Extremitat im HQftgelenk exartikuliert (Dr.
Juras), die Wnnde drainiert und zusammengenkht; am selben Tage
6 Stunden nach der Operation tritt der Exitus ein. Der Fieberverlauf
war meistens remitierend Oder intermittierend. Die am 24. Januar vor-
genommene Obduktion (Ass. Dr. K. 01 in ski) ergab vollig normale
innere Organe, bis auf eine Spur von Verfettung der Nieren und eine
auffallende Andmie des ganzen Korpers.
Bevor ich die Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchungen
wiedergebe, mochte ich noch ganz kurz iiber ein seltenes und bis jetzt
unaufgeklfirtes PhSnomen berichten, das unser Fall darbot. Schon bei
Oelegenheit einer Blutentnahme aus der Fingerbeere bei Lebzeiten des
Kranken konnte ich, abgesehen von einer auffallenden Hydramie, be-
inerken, daB die Erythrocyten sich in der kleinen Eprouvette sogleich in
Haufchen zu Boden senkten, wodurch ganz ungefarbtes Plasma fiber
ihnen stehen blieb. Bei der Autopsie erschien das Blut in alien Ge-
faBen (besonders deutlich in den HirngefaBen) als farblose Flfissigkeit,
in der Haufen zusammengebackener Erythrocyten in Form von roten
Punkten suspendiert waren. Das dem Herzen sowie den grofien Ge-
ffiBen entnommene Blut lieB nach einer kurzen Weile in den Eprouvetten
2 deutlich abgegrenzte Schichten unterscheiden, die des farblosen Serums
sowie die der zusammengeballten Erythrocyten. Mikroskopisch sah man
typische Haufen agglutinierter Erythrocyten, die selbst mechanisch aus-
einandergeschfittelt nach einer Weile wieder sich zu Haufen vereinigten.
Wir haben hier also das Phanomen der Autoagglutination vor uns und
zwar sowohl in dem bei Lebzeiten entnommenen wie auch postmortal
im intravaskuiaren Blute. Ein eigentttmliches Verhalten zeigte auch
das Serum des Kranken gegenflber fremdem Blute (5-proz. Aufschwem-
mung in 5-proz. NaCl-L5sung); wahrend das bei Lebzeiten aus einer
Vesikatorblase entnommene Serum schwach isoagglutinierend wirkte,
zeigte sich das bei der Autopsie erhaltene Serum gegenflber demselben
Blut vollig inaktiv. Wenn wir annehmen, daB im lebenden Organismus
Autoagglutination nicht eintreten kann, wfihrend sie nach dem Tode
in den GefaBen in hochst pragnanter Weise zu sehen war, dann ware
vielleicht die hervorgehobene Differenz darauf zurfickznffihren, daB die
Agglutinine des Serums bei der Autoagglutination post mortem absorbiert
wurden, wahrend intravital sich dazu keine Gelegenheit bot Was in
unserem Falle als Ursache des Auftretens dieses interessanten Phanomens
zu betrachten ist, ob die starke Anamie oder aber toxische Wirkungen
seitens der die Wunde infizierenden Keime, wird wohl schwer zu sagen
sein. Die bisher bekannt gewordenen Falle von Autoagglutination
(Klein, Hayem, Reitmann, Obermayer) betreffen Patienten mit
Hanot scher hypertrophischer Lebercirrhose, so daB sie kaum zur Er-
klfirung des vorliegenden Falles herangezogen werden konnen. In letzter
Zeit hat nun S. Flexner die Bedeutung solcher vitaler Autoagglutination
ffir die Entstehung von hyalinen Thromben, die aus degenerierten
agglutinierten Erythrocyten bestehen, hervorgehoben. Nach seiner An-
sicht sollen solche Thromben besonders bei Infektionskr&nkheiten ent-
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Centralbl. f. B&kt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
stehen, wo die im Blute kreisenden bakteriellen Toxine die Erythrocyten
agglutinieren; auf diese Weise will er die bei Abdominaltyphus, Pneumo-
mie, Diphtheric gefundenen Thromben entstanden wissen. Es ist natiirlicb
zur Zeit sehr schwer, sich in dieser Frage zu auBern; in seinen eigenen
Fallen scheint Flexner (nach den mir zug&nglichen Eeferaten zu ur-
teilen) keine Autoagglutination festgestellt zu haben, so daB seine Er-
kl&rung vor der Hand wohl Hypothese bleiben muB, um so mehr, als
viele Erfahrungstatsachen dagegen zu sprechen scheinen. Wissen wir
ja, dafi KOrper, die in vitro Blutkdrperchen agglutinieren, sich im
lebenden Blute ganz anders verhalten kdnnen, wie das durch die Be-
obachtungen von Lau an vegetabilischen, von Bongiovannini an
normalen und von Krans und Sternberg an spezifischen HSm-
agglutininen bewiesen wird. Aus der Arbeit von Halban und Land-
steiner wissen wir, daB in vitro ein UeberschuB an agglutinierbarer
Substanz die Agglutination hemmt; dieser Faktor ist es auch wahrschein-
Uch, der im GefaBsystem keine oder nur eine minimale Hemagglutination
zul&Bt. Was speziell unseren Fall betrifft, so konnten hier bei der Autopsie
keine Thromben gefunden werden, noch auch daran sich anschlieBende
Folgeerscheinungen, trotzdem schon bei Lebzeiten Autoagglutination des
Blutes in vitro konstatiert worden war.
Die bakteriologische Untersuchung des eitrigen Wundsekretes habe
ich in unserem Fall zum erstenmal am 12. Januar 1903 vorgenommen;
der dickliche, grfln gefarbte geruchlose Eiter zeigte im mikroskopischen
Bilde neben kernig und fettig degenerierten Leukocyten und kOrnigem
Detritus eine gewisse Menge kurzer, dunner StSbchen und sp&rliche,
nicht charakteristische Kokken. Durch Plattenverfahren wurden aus
diesem Eiter 2 Arten isoliert, weiBe Eiterkokken und der Pyocyaneus.
Bei einer abermaligen Untersuchung des Wundsekretes am 20. Jan. 1903
fand ich im mikroskopischen Bilde neben den erw&hnten Kokken und
Stabchen grbfiere und dickere plasmolysierte Stfibchen, die sich durch
Kultur als der Hofmann-Wellenhofschen Pseudodiphtheriegruppe
zugehbrig erwiesen. Nunmehr will ich ganz kurz die Merkmale des
isolierten Pyocyan eus-Stammes anftihren, demich besondere Aufmerk-
samkeit schenkte. Durch seine morphologischen sowie farberischen Merk¬
male (gram-negativ) entspricht er dem Typus, ebenso stimmen darnit
die Kulturen auf den ablichen Nahrboden. Betreffs der biochemischen
Eigenschaften mochte ich folgendes hervorheben: Milch wird nicht
koaguliert, nur peptonisiert (unter 6 anderen von mir untersuchten
St&mmen verhalten sich 5 ebenso, nur einer koaguliert sie auch), Nitrite
werden von ihm denitrifiziert (Lehmann, Weissenfeld), Gelatine
wird verfliissigt, koaguliertes menschliches oder Pferdeserum energisch
peptonisiert. BezQglich der chromogenen Funktionen will ich bemerken,
daB er auf verschiedenen Nahrboden Pyocyanin sowie Fluorescein pro-
duziert und das an Bouillon- oder Gelatinekulturen zu beobachtende
ChamBleonphinomen charakterisiert den Stamm als der /?-Variet5t von
Ernst zugehorig. Bevor ich die Schilderung der in unserem Falle vor-
genommencn Agglutinationsversuche angehe, mOchte ich mit einigen
Worten einige technische Einzelheiten besprechen, die bei der Agglu¬
tination von fluoreszierenden Bakterien zu beriicksichtigen sind. Wie
schon von Achard, Loeper und Gr6net bemerkt wurde, ist diesen
Bakterien eine ausgesprochene Neigung zur Pseudoagglutination (spon-
taner Sedimentierung) eigen, weshalb auch diese Autoren die Ver-
wendung junger Bouillonkulturen befflrworten, die zwecks Entfernung
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Eisenberg, Anpagsung der Bakterien an die Abwehrkrftfte des Organismus. 743
event, vorhandener Flocken durch FlieBpapier filtriert werden sollen.
Bei meinen Untersuchungen hatte ich Gelegenheit zu beobachten, dafi
diverse Kalturen ein und desselben Stammes einmal spontane Nieder-
schl&ge bildeten, das andere Mai keine,. ohne daB irgend ein Grund
dafur zu eruieren wfire; so geniigen wahrscbeinlich minimale Ab-
weichnngen in der chemischen Zusammensetzung des N&hrbodens speziell
der Salze, urn Sedimentierung hervorzurufen. Jedenfalls zeigen sich
meistens junge (8—12-stiindige) Bouillonkulturen homogen getrubt und
weisen anch unter dem Mikroskope gewdhnlich keine Haufchen auf, so
dafi selbst ein Filtrieren unnotig erscheint. Oft gelingt es auch, tadellose
Emulsionen von jungen Schr&gagarkulturen zu erzielen. Der Agglu-
tionationsprobe wurden folgende StSmme von fluorescierenden Bakterien
unterzogen: 1) B. pyocyaneus 7, ein vor 2 Jahren aus einer Phlegmone
herausgeziichteter Laboratoriumstamm, 2) B. pyocyanens Phi. 1 und
3) B. pyocyaneus 24, 1, von mir vor einem halben Jahre aus Phleg-
moneneiter isoliert, 4) B. pyocyaneus Kura von Herrn Dr. R. Nitsch
aus dem Wasser des Kura-Flusses (bei Baku) isoliert und mir gfitigst
uberlassen, 5) B. pyocyaneus 15 aus unserem Fall stammend, 6) B.
fluorescens liquefaciens 7, aus dem Institutsmuseum, 7)
B. fluorescens putitus (B. fluorescens non liquefaciens
autorum) ebenfalls ein Laboratoriumstamm, 8) B. fluorescens
Czap. von Herrn Dr. M. Bernacinski aus dem Eiter bei einer
Endometritis septica isoliert und mir giltigst Qberlassen, der durch seine
Eigenschaften sich dem B. fluorescens capsulatus Pottien n&hert.
Die Ergebnisse der Agglutinationsversuche zeigt in tibersichtlicher
Weise folgende Tabelle:
+ positive Reaktion, + + stark positive, Sp. Spur, — negative Reaktion.
Stamm
| Serumverdiinnung
V.o
‘/a.
7*o
i ii 00
VjlOO
B. pyocyaneus 7
+
4
4
4
4
—
B. pyocyaneus Phi. 1
4
4-
—
—
—
—
B. pyocyaneus 24, 1
4
+
—
—
—
—
B. pyocyaneus K.
+
—
—
—
—
—
Fluorescens liqu. 7
Sp.
—
—
—
—
—
Fluorescens liqu. 7
4 -f-
4 4
4 4
4 4
4 4-
4*
Fluorescens put. 7
4
4*
—
—
_
—
B. fluorescens Czap.
1 +
4
—
—
—
Bei einer eingehenden Analyse dieser Ergebnisse f&llt uns vor allem
die Tatsache auf, dafi das Serum unseres Patienten, das die Laboratorium-
st&mme vom Pyocyaneus und Fluorescens liqu. energisch agglu-
tiniert, sich gegeniiber dem aus dem Kranken gezOchteten Stamm in-
aktiv erweist Diese Erscheinung l&fit sich ungezwungen in Zusammen-
hang bringen mit einer ganzen Reihe von Tatsachen, die von diversen
Forschern beziiglich des Verhaltens von frisch aus dem menschlichen
Organismus geziichteten Typhusst&mmen erhoben wurden und weiter
unten in Zusammenhang mit anderen diesbeziiglichen Erscheinungen
besprochen werden sollen. Derselbe Grund wird wohl bei der geringen
Agglutinabilitat der St&mme Phi. 1 und 24, 1 vorliegen, die ungef&hr
ein halbes Jahr vor Anstellung der Proben aus Wundsekret reinge-
zilchtet und seither nur einigemal kiinstliche N&hrbdden passiert haben.
Was den aus Wasser rein geziichteten Stamm K. anbelangt, muB ich es
vorderhand unentschieden lassen, ob bei ihm die minimale Agglutina-
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744
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIY. No. 8.
bilitat mit der von einigen Untersuchern gefundenen geringen Agglutina-
bilitat von aus dem Wasser gezflchteten Typhusstammen in eine Reihe
zu setzen ist, oder aber ob er nicht vielleicht als biologisch vom echten
Pyocyaneus diderenter Stamm zu betrachten ist, obzwar er sonst
mit ihm in alien Merkmalen iibereinstimmt. Die beobachtete Agglu¬
tination der fluoreszierenden Bakterien ist wohl am besten als sogenannte
„Gruppenagglutination“ zu deuten, wie sie fflr die Typhus-C o 1 i - Gruppe
(Pfaundler, Nocard, Durham, de Nobele u. a.) sowie fflr
Gruppe der sflurefesten Bakterien (Courmont und Descos) bereits be-
kannt ist, und mit deren Feststellung im Bereiche der Fluorescentes-
Gruppe sich eine Arbeit befafit, die ich binnen kurzem zu publizieren
hoffe. Die frappante Tatsache, dafi der Fluorescens liquefaciens 7
starker agglutiniert wird, als des Pyocyaneus 8 bedarf allenfalls noch
einer speziellen Erklarung; man wird dabei zu berflcksichtigen haben,
dafi auch der Stamm Pyocyanens 7 erst vor 2 Jahren aus dem
menschlichen Organismus auf kflnstliche Nahrbdden gebracht wurde und
seither nur jeden Monat eine Passage, d. i. ca. 24 Passagen im ganzen,
durchgemacht hat, so dafi auch er vielleicht noch nicht die maximale
Agglutinabilitat erreicht hat, wflhrend der saprophytische Fluorescens
sie wobl normalerweise besitzt. Dafi der aus unserem Patienten ge-
zuchtete Stamm Pyocyaneus 15 tatsachlich wenig agglutinabel ist,
beweist weiterhin noch die Beobachtung, dafi er vom Serum eines gegen
den Pyocyaneus 7 immunisierten Kaninchen, das den homologen
Stamm bei Vioo deutlich agglutiniert, in den Verdflnnungen 7* und 7io
nur spurweise agglutiniert wird. Die Prflfung des Serums unseres
Patienten auf etwaige koagulierende (pr&zipitierende) Wirkung gegenflber
Kulturfiltraten von Pyocyaneus 7 und Fluorescens liqu. 7 gab
ein negatives Resultat, troztdem die betreffenden Filtrate mit ent-
sprechenden Kaninchenimmunseris zusammengebracht ganz deutliche
Niederschlage gaben, also prazipitable Substanz wohl enthielten. In
letzter Zeit hat Belj aj ew festgestellt, dafi nur manche Sera von Typhus-
kranken spezifische Niederschlage geben und zwar unabhflngig von
ihrem Agglutinationstitre.
Unserer Stamm, der Pyocyaneus 15, zeigte auch in anderer
Hinsicht ein besonderes Verhalten; in den Prflparaten, in denen das
Agglutinationsvermbgen des frischen Serums unseres Patienten in der
Verdflnnung l / 2 im Mngenden Tropfen untersucht wurde, konnte ich
eine auffallende Erscheinung beobachten. Nach 2-stflndigem Aufenthalt
im Thermostaten waren in den Prflparaten aller auderen oben aufge-
zahlten Stamme nur sparliche, undeutliche, schwach lichtbrechende
Schatten von Stabchen, die Mehrzahl der Stabchen war verschwunden;
nach 24 Stunden blieb das Bild unverandert, erst nach 48 Stunden trat
sekundare Bakterienvermehrung ein, die oft in bakteriziden Versuchen
beobachtet wird. Das Praparat des Stammes Pyocyaneus 15 zeigte
nach 2 Stunden normale, wohlerhaltene Stabchen, hie und da zu minim&len
HMufchen vereinigt, nach 24 Stunden eine kolossale Vermehrung der
Bakterien, die mit einem dichten Rasen das ganze Praparat ausfflllen:
Eine vollkommene Bestatigung dieser Befunde gab der bakterizide Ver-
such nach der Buchnerschen Plattenmethode ausgefflhrt; wahrend die
Platten aller anderen Stamme eine ausgesprochene bakterizide Wirkung
des Serums zeigten, konnte bei unserem Stamme von Anfang eine
deutliche Vermehrung beobachtet werden. Ohne vorlaufig an die theo-
retische Deutung dieser Tatsache heranzutreten, die flbrigens weiter
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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkrftfte des Organismus. 745
unten ihren Platz finden soil, mochte ich noch ganz kurz die wichtigsten
Eigenschaften unseres Falles rekapitulieren: wir haben es hier mit einer
Wund-Mischinfektion zu tun, das Serum des Patienten agglutiniert in
spezifischer Weise den Pyocyaneus, auBerdem zeigt das Blut das Pha-
nomen der Autoagglutination; der aus dem Kranken herausgezfichtete
Stamm zeigt sich resistent gegeniiber der Agglutinationswirkung des
hSmologen Serums sowie gegeniiber der bakteriziden Wirkung mensch-
lichen Serums.
II.
Ueber die Unempfindlichkeit der aus dem Organismus
geziichteten Typhusbacillen gegeniiber der bakteriziden
Wirkung menschlichen Serums.
Ausgehend vom ungwObnlichen Verhalten des Pyocyaneus-
Stammes im obigen Falle, beschlofi ich daraufhin, frisch aus dem Orga¬
nismus geziichtete Typhusstamme zu untersucben. Die oben beobachtete
Unempfindlichkeit gegeniiber der bakteriziden Wirkung des Serums war
allem Anschein nach auf eine Anpassung der Bakterien an diese Wir¬
kung im Verlaufe einer linger dauernden Infektion zurQckzufiihren.
Um nun festzustellen, ob diese Erscheinung allgemeine Geltung haben
dfirfte, schien es geboten, eine langer dauernde Infektion zu w&hlen, die
den Bakterien zu einer derartigen Anpassung Gelegenheit geben konnte,
andererseits aber eine Infektion, deren Erreger fiir die bakterizide
Wirkung menschlichen Serums normalerweise zuganglich sind. Der
menschliche Abdominaltyphus erffillt beide Bedingungen und bietet da-
bei die Moglichkeit, die Erreger auf vielerlei Weise aus dem in-
fizierten Organismus reinzuziichten, wie dies zahlreiche neuere Arbeiten
beweisen, die die Isolierung der Typhusbacillen aus der Roseola, aus
Blut und Harn zum Gegenstand haben.
Wir besitzen gegenw&rtig 3 Methoden des Nachweises von bakteri¬
ziden Wirkungen; die von Buchner eingefiihrte Plattenmethode, die
es erlaubt, die Versuchsergebnisse (iibrigens ziemlich ungenau) ziffern-
maBig wiederzugeben, besitzt den Nachteil, daB sie zur Serumwirkung
noch osmotische Storungen hinzufiigt, bedingt durch das Uebertragen
der Bakterien auf einen neuen Nahrboden. Die von Pfeiffer einge-
ffihrte und vortrefflich bearbeitete Methode, die das Peritoneum als
Reaktionsmedium benutzt, erfordert grofie Tieropfer und auBerdem fiihrt
sie einen nicht ganz gleichmaBig reagierenden und hochst komplizierten
Faktor ein — den lebenden TierkOrper. Praktisch sehr bequem und
leicht ausfUhrbar erscheint mir dagegen die Methode der Beobachtung
im hangenden Tropfen, die, zuerst von Metchnikoff und Bordet
zu diesem Zweck angewandt, seither wie ich glaube, ungerechterweise
von spateren Forschern vernachlassigt wurde. Ebenso wie diePfeiffer-
sche Methode, erlaubt sie den Verlauf der morphologischen Verknde-
rungen, die wir als Bakteriolyse bezeichnen, genau zu verfolgen, mit
beiden Methoden hat sie gemein, die Berflcksichtigung der quantitativen
Verhaltnisse zu ermoglichen.
Wie aus den Untersuchungen zahlreicher Forscher bekannt ist,
wirken verschiedene normale Sera, darunter speziell das menschliche
Serum, stark bakterizid auf Typhusbacillen, und das Pfeiffersche
Phanomen gibt dafilr den morphologischen Ausdruck ab. Zur Be-
schreibung dieses Phanomens bei Typhusbacillen, die von Pfeiffer,
Kolle und Frankel, sowie von Radziewsky gegeben wurde, mdchte
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746
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
ich folgende eigenen Beobachtungen hinzufflgen, die ich in meinen Ver-
suchen sammeln konnte. Im Falle einer besonders starken Serum-
wirkung sehen wir im Praparate Hfiufchen die aus undeutlich granu-
lierten, schwach, licbtbrecbenden Massen bestehen, in den Haufchen
stellenweise Kiigelchen deren Durchmesser die Breite eines Typhus-
stabchens kaum oder nur unmerklicb iibertrifft, daneben isolierte, kaum
sichtbare Schatten von Stabchen mit zerfransten wie angenagten Kon-
turen, zuweilen auch nur kleinste Korncben als Ueberbleibsel der
Schatten. Bei schwacherer Wirkung, d. i. bei langsamerem Verlaufe
der Reaktion, sehen wir nach '/ a —1 Stunde zahlreiche stark licht-
brechende Kugelchen verschiedener Grbfie, isoliert Oder zu Haufchen
vereinigt, zuweilen Stabchen, die an einem Ende solche Kiigelchen tragen
oder die es noch in ihrem Innern an einem der Pole einschliefien. Was
ist nun das weitere Schicksal dieser Gebilde? Die Formen des granu-
losen Zerfalls scheinen der Ausdruck des endgiiltigen Absterbens der
betroffenen Bakterien zu sein; in den Praparaten, die den ersten Typus
aufweisen, tritt fast nie Vermehrung der Bakterien ein, selbst bei einer
bis zu 72 Stunden dauernden Beobachtung; nur ausnabmsweise sehen
wir aus einem oder einigen Stabchen neues Wachstum entstehen in
Form von Faden oder Knaueln. Es unterliegt auch keinem Zweifel,
dafi ein Teil dieser Gebilde aus dem Praparate wenigstens fur unser
Auge verschwindet; in Fallen von starker Serumwirkung bildet die
Zahl der nach 30 Minuten sichtbaren kdrnig zerfallenen Stabchen und
Schatten nur einen Bruchtheil der urspriinglich vorhanden gewesenen
Bakterien, was aus dem Rest geworden ist, ist schwer zu sagen, jeden-
falls bleibt aber ein gewisser Teil der Schatten auch nach Ablauf von
72 Stunden noch unverandert Von den Kiigelchen kann man mit ziem-
licher Wahrscheinlichkeit annehmen, dafi sie wenigstens in den ersten
Stadien immer noch lebensfahig sind; indem zwar manche im Praparate
verschwinden, andere aber zu Stabchen und Faden heranwachsen. In
diesem Punkte bestatigt die morphologische Beobachtung die Ergebnisse
der Plattenmethode und riickt sie zum Teil unserem Verstandnis naher;
es wurde vielfach beobachtet, dafi man bei Einwirkung eines bakteri-
ziden Serums nach einigen Stunden eine sterile Platte bekommt,
wahrend nach 24 Stunden wieder reichliches Wachstum eingetreten ist.
Wir miissen uns also vorstellen, dafi die sparlichen, nach einigen Stunden
am Leben gebliebenen zu Kiigelchen umgewandelten Bakterien, da sie
schon stark geschfidigt sind, die neuerliche osmotische Schfidigung beim
Plattengiefien nicht mehr straflos aushalten konnen — daher die sterile
Platte — wahrend sie in ihrem Milieu belassen sich noch erholen und
weiterhin auch vermehren kdnnen. Wenn man bedenkt, dafi das Auf-
treten der Kiigelchen gerade bei schwacherer bakterizider Serumwirkung
auftritt (oft bei geringeren Serumkonzentrationen) und dafi sie zum Teil
wenigstens zweifellos lebensfahig sind, wird man wohl am besten tun,
wenn man in Uebereinstimmung mit Radziewski ihre Entstehung als
Ausdruck einer gegenseitigen Einwirkung der bakteriziden Korper sowie
des noch lebenden Bakterienprotoplasmas auffafit. Andererseits jedoch
ist ein Teil der Kiigelchen dem Tode verfallen und erleidet eigentttm-
liche morphologische Veranderungen, die nicht leicht zu deuten sind.
Diese kleinen, 1 — 2 ju im Durchmesser erreichenden Kiigelchen dehnen
sich ttbermafiig aus bis zur Grdfie von Leukocyten und dariiber, ohne
dafi dabei die Scharfe der Konturen leidet (dadurch unterscheiden sie
sich von den von A. Fischer bei der Plasmoptyse beschriebenen auf-
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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 747
gebl&hten Eugeln) Oder daB ihr Inhalt weniger stark lichtbrechend
wflrde. Manche von ihnen enthalten in ihrer Mitte oder gegen die
Peripherie zu matte scharfbegrenzte kuglige Rlume von 1—3 jtt Durch-
messer, die an Dellon von Erythrocyten erinnern, bei anderen grenzt
dieser Baum an die Peripherie der Kugel, wodurch ungefkhr das Bild
von einem Malaria-Halbmond mit erhaltenem Kontur des Erythrocyten-
schattens entsteht, bei anderen wieder gibt es 2—3 solcher Raume, deren
Konturen einander schneiden. Diese groBen Gebilde, die innerhalb
ca. 24 Stunden aus den kleinen Kiigelchen entstehen, erleiden dann
wahrend der weiteren Beobachtung keinerlei Veranderungen. Sie ent¬
stehen wahrscheinlich durch Aufquellen aus den kleinen Kiigelchen;
welche speziellen Bedingungen dazu erforderlich sind, kann man vorder-
hand nichts sagen, ganz allgemein aber ware zu bemerken, daB man sie
selten zu sehen bekommt, dann aber in groBer Menge. Da wir bisher
in der Literatur nur farbige Reproduktionen der morphologischen Ver¬
anderungen bei der Bakteriolyse in den Arbeiten von Metchnikoff
und Radziewsky besitzen, versuchte ich mittels der Photographie einige
solche charakteristische Bilder zu fixieren. Gefarbte Praparate von
hangenden Tropfen erzielte ich nach der Methode, die in meiner Arbeit
dber die Fadenreaktion angegeben ist; die lufttrockenen Deckglaser
fixierte ich stark in der Flamme, farbte mit gewohnlicher Methylenblau-
ldsung oder langere Zeit mit verdunntem Karbolfuchsin, sodann spiilte
ich energisch mit Wasser ab. Auf diese Weise gelingt es, eine ziemlich
starke und gut differenzierte Farbung der Bakterien und ihrer patho-
logischen Formen zu erzielen, wahrend der Hintergrund ganz ungefarbt
oder nur ganz scbwach gefarbt herauskommt.
Die wohlgelungenen Photogramme verdanke ich der geilbten Hand
meines hochverehrten Chefs, Herrn Prof. 0. Buj wid, dem ich fur seine
freundliche Muhewaltung auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank
abstatte. Ich mochte noch bemerken, daB der bei starker Serumwirkung
auftretende kornige Zerfall der Stabchen nach dieser Methode kaum
darzustellen ist; beim Fixieren der Praparate verschwindet der Rest der
Struktur und es bleiben nur amorphe, schlecht begrenzte und schlecht
farbbare Schollen. In diesem Falle wie auch zur Reproduktion mancher
Strukturdetails der oben beschriebenen groBen Kugeln ware wohl die
Photographie in situ des ungefarbten Praparates heranzuziehen. Der
von A. Fischer erhobene Einwand, daB beim Trocknen des hangenden
Tropfens sekundare osmotische Prozesse und als ihr Ausdruck auch mor-
phoiogische Veranderungen auftreten, trifft fur meine Praparate nicht
zu, wo ich solche Veranderungen nicht beobachten konnte. Indem ich
zu den Einzelheiten der Technik (ibergehe, will ich bemerken, dafi zu
den bakteriziden Versuchen immer 18—24-stttndige Bouillonkulturen ver-
wendet wurden und die Tatsache, dafi sie ein Drittel oder die Haifte
des Volumens der Probe ausmachten, erlaubt die Annahme, die be-
obachteten Veranderungen seien auf Hungerzustande der Bakterien zu-
rttckzufOhren, von vornherein auszuscbliefien. Das menschliche Serum,
dessen bakterizide Wirkung untersucht wurde, entnahm ich steril Vesi-
katorblasen und bewahrte es bei niedriger Temperatur auf, wobei die
bakterizide Kraft sich innerhalb der ersten 48 Stunden ungefahr gleich
erhielt. Bei jedem Experiment wurde eine Kontrolle angestellt, wo zur
Bouillonkultur physiologische NaCl-L&sung zugefflgt wurde; in diesen
Proben vermehrten sich die Bakterien ganz betrachtlich, ohne Degene-
rationsveranderungen aufzuweisen. Was die zu den Experimenten her-
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
angezogenen Typhusst&rome anbelangt, wurde der als Kontrolle dienende
Stamm Ty. I, den ich dem liebenswiirdigen Entgegenkommen des Herrn
Prof. R. Paltauf und des Herrn Doc. K. Sternberg in Wien ver-
danke, seit einer Reihe von Jahren auf kUnstlichen N&hrboden in der
Prosektur des Rudolfspitals in Wien fortgezflchtet. 4 andere St&mme
sind von mir selbst aus Typhuskranken isoliert worden und zwar 3 ans
der Roseola nach Neufeld-Schmiedicke, der 4. aus dem Bint nach
der Methode von Castellani-Courmont (die StSmme: H&usler
Ros. 2, Kosowski Ros. 2, Pachlowski R. 1, Ptak Kr. 1). Alle
diese St&mme wurden den von Neufeld angegebenen Sticbproben unter-
zogen und zeigten sich dabei als typische Typhusst&mme. Was ibre
biologische Charakteristik betrifft, babe ich unterlassen, die Pfeiffer-
scbe Reaktion mit ihnen anzustellen aus Griinden, die weiter unten er-
ortert werden sollen. Die Agglutinationsprobe, zu der ein Immunserum
von einem gegen den Ty. I immunisierten Pferd herangezogen wurde,
ergab fflr die diversen St&mme folgende Grenzwerte: Ty. I Vsoooobis
1 /ftoooo> Ty. H. Ros. 2 bei Vino negative Reaktion, Ty. Kos. Ros, 2
1 /«ooo» Ty. Ptak Kr. 1 Vsooo* Wir sehen also in Uebereinstimmung
mit einer ganzen Reibe von Autoren, daB frisch aus dem kranken
Organismus herausgeztichtete St&mme sich viel schwerer agglutinieren
lassen, als lange auf kiinstlichen N&hrboden fortgeztichtete. Die bak-
teriziden Versuche wurden in der Weise angestellt, daB zu einer kon-
stanten Menge Bouillonkultur und zwar zu einer kleinen Oese die
gleiche Menge unverdtinnten oder entsprechend verdflnnten frischen
menschlichen Serums zugesetzt wurde und zwar in 2 Parallelreihen, in
denen das betreffende Serum einmal auf den Stamm Ty. I, das andere
Mai auf den untersuchten aus dem infizierten Organismus geziichteten
Stamm einwirkte. Die h&ngenden Tropfen wurden 3 Stunden bei 37 # ,
sodann bis 48—72 Stunden bei Zimmertemperatur gebalten und w&hrend
dieser Zeit wurde einige Mai der vorliegende Befund notiert. Der
Verlauf dieser Versuche l&fit sich im allgemeinen dabin resumieren,
daB der Stamm' Ty. I unter der Einwirkung der diversen Sera eine
pr&gnante Bakteriolyse aufwies, die Bakterien sich vermehrungsunf&hig
erwiesen, Oder aber daB die Vermehrung erst nach Ablauf von 24 bis
48 Stunden einsetzte. Im Gegensatz hierzu waren die aus dem Orga¬
nismus frisch geziichteten Bakterien entweder vollig resistent gegeniiber
der bakteriziden Serumwirkung und vermehrten sich von Anfang an
sehr fippig, indem sie unter der gleichzeitigen Einwirkung der Agglu¬
tination das Bild der Fadenreaktion gaben oder aber traten die Er-
scheinungen der Bakteriolyse nur in den st&rksten Serumkonzentrationen
auf und zwar in sehr beschranktem MaBe. Beispielshalber fflhre ich
hier aus einer grofieren Anzahl ahnlicher Befunde das Protokoll eines
solchen Versuches an, in dem das Serum von einem Typhuskranken
einerseits auf den Stamm Ty. I, andererseits auf den Stamm H. Ros. 2
einwirkte (s. Tabelle p. 749).
Aehnliche Resultate ergaben sich bei Verwendung zahlreicher Sera
von Gesunden wie von Kranken, darunter vorwiegend Typhuskranken.
Um zu erfahren, ob die in diesen Versuchen beobachtete Unempfindlich-
keit der aus dem Organismus geziichteten St&mme gegeniiber der bakte¬
riziden Wirkung menschlicher Sera streng spezifischer Natur ist, d. h. sich
nur menschlichem Serum gegeniiber SuBert oder auch gegeniiber Seris
von anderen Tierarten, untersuchte ich die Wirkung zahlreicher normaler
Kaninchen- und Pferdesera (darunter auch einiger Sera von Diphtherie-
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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 749
Ser.-
Verd.
Zeit
Stamm Ty. I
Stamm H. Bos. 2
V*
75 Min.
sparliche Haufchen von undeutlich
granulierter, verwischter Struktur
Fadenreaktion
3 Std.
wie vorhin
zahlreiche, grofle, makroskopisch
sichtbare Knauel
5 „
wie vorhin
die Knauel immer grofier, grofie
Faden
9 „
die Haufchen etwas deutlicher granu-
liert, darin deutliche Kiigelchen
wie vorhin
12 „
wie vorhin, mehr Haufchen
kolossale Knauel
20 „
wie vorhin
wie vorhin
1
|
30 „
deutliche Haufchen aus Kiigelchen
und Komchen bestehend, Schatten
von zerfallenen Stabchen, nor-
male Stabchen nicht zu
sehen, keine Vermehrung
immense Knauel
42 „
wie vorhin
wie vorhin
VO „
wie vorhin
wie vorhin
*/4
75 Min.
Haufchen von undeutlich granuloser
Struktur, sehr pragnantes Pfeiffer-
sches Phanomen
Agglutinaton, Anfang der Ver¬
mehrung
3 Std.
wie vorhin
zahlreiche grofie Knauel, makro¬
skopisch sichtbar
5 „
aus den Haufchen wachsen kleine
Faden heraus
kolossale Knauel, grofie Faden
9 „
neben den Haufchen kleine und
mittlere Knauel
wie vorhin
12 „
igrofie Knauel
wie vorhin
20 „
schone, makroskopisch sichtbare
Fadenreaktion
wie vorhin
30 „
wie vorhin; hie und da in den Faden
Kdrnchen und Kiigelchen
kolossale Knauel
42 „
wie vorhin; viele bewegliche Bak¬
terien
;wie vorhin
70 „
wie vorhin
!wie vorhin
l h 0
75 Min.
Haufchen von granuldser
Struktur, sehr pragnantes
Pfeiffersches Phanomen
Agglutination, Anfang von Ver¬
mehrung
3 Std.
sehr pragnandes Pf. Phanomen, An-
fang von Vermehrung
makroskopisch sichtbare Fadenre¬
aktion, zahlreiche isolierteBakterien
5 „
aus den agglutinierten Haufchen
wachsen Faden heraus, viele freie
Faden
kolossale Knauel, Faden
9
kleine Knauel, viele isolierte Bak-
terin und Faden
wie vorhin
12 „
mittlere Knauel, viele Faden und
Bakterien zum Teil beweglich
wie vorhin
20 „
schdne Fadenreaktion
wie vorhin
30 „
wie vorhin
immense Knauel
42 „
wie vorhin
wie vorhin
70 „
wie vorhin
wie vorhin
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750
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 7.
pferden) auf diese St&mme. Es zeigte sich, daB die Resistenz sich auch
auf die Wirkungen dieser Sera erstreckt. Als Beispiel fiihre ich fol-
gende Versuche an:
Versuch 5. Februar 1903.
Normales Kaninchenserum No. 3.
V, 2 Std. Haufchen von verwischter, granuloser Schwache Agglutination, die Stfib-
Struktur, Schatten von Stabchen. chen meistens granulos degeneriert.
4 „ Wie vorhin. Neben dem kornigen Haufchen
kurze Faden kSrmg entartet.
6 „ Wie vorhin, sparliche kurze Faden Wie vorhin.
kbroig ^ntartet.
15 „ Sparliche, kaum eichtbare Kiigel* Kleine Knauel und Faden deutlich
chen und Kornchen, sonst leeres kbrnig entartet.
Gesichtsfeld.
42 „ Wie vorhin. Kolossale Knauel
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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 751
Auf Grund dieser Beobachtungen scheint es, daB die Resistenz der
aus dem raenschlichen Organismus geziichteten St&mme insofern spe-
zifisch ist, als sie gegentiber menschlichem Serum vollst&ndiger ist, als
gegeniiber Seris anderer Tierarten. DaB diese Resistenz nur relativ ist,
d. h. quantitativ begrenzt, wird auch durch eine andere Reihe von Be¬
obachtungen bewiesen. Dank den Arbeiten von Pfeiffer und Kolle,
Gieorgiewski, Widal und Le Sourd wissen wir, daB schon im
Verlaufe des Typhus die Produktion von spezifischen Immunkbrpern be-
ginnt, die in den ersten Wochen der Rekonvaleszenz ihren Hflhepunkt
erreicht und die normale bakterizide Kraft des Serums erhbht. Die
Untersuchung von Seris, die gegen Ende der Typhuserkrankung Oder
in der Rekonvaleszenz entnommen wlirden, in Bezug auf ihre Wirkung
auf unsere St&mme hat ergeben, daB diese Stfimme sich ihrer Wirkung
zug&nglich zeigen, doch um so viel weniger, als der Laboratoriumstamm.
daB zur Erreichung der Wirkung starkere Serumkonzentrationen notig
erscheinen, als bei jenem. Folgendes Beispiel mag das am besten er-
l&utern:
Versueh 21. Februar 1903.
Ser.-
Verd.
Zeit
Stamm Ty. I
l
Stamm Ptak Kr. 1
V,
90 Min.
Schatten von Stabchen, Haufchen
von undeutlicher, korniger Struk-
tur, erhaltene Stabchen selten.
Schatten von Stabchen, Haufchen
von undeutlicher korniger Struk¬
tur, sparliche, erhaltene Stabchen.
4 Std.
Wie vorhin.
Wie vorhin.
0 „
Wie vorhin.
Wie vorhin.
20 „
Wie vorhin, keine Vermehrung.
;Ein Netzwerk verschlungener, gut er-
i haltener Faden, kompakte Haufen.
7.
90 Min.
Schatten von Stabchen, Kiigelchen,
Haufchen von verwischter, kor¬
niger Struktur, gut erhaltene
Stabchen selten.
Unvoll.standige Agglutination, gut
erhaltene, meist unbewegliche
Stabchen.
4 Std.
Wie vorhin.
Unvollstandige Agglutination, starke
Vermehrung.
0 ,,
Wie vorhin.
Ein dichtes Netzwerk kurzer, gut
erhaltener Faden.
20 „
Einige kleine Kniiuel, sonst wie
vorhin.
Dichtes Netzwerk verschlungener
Faden.
Es wird hier am Platze sein, einem Einwurf zu begegnen, der
moglicherweise erhoben werden konnte, daB namlich die Resistenz der
aus dem Organismus frisch geziichteten Stamme auf einer Besetzung
ihrer Rezeptoren fiir bakterizide Zwischenkdrper oder nach der Nomen-
klatur von Centanni auf einer „Stomosierung der Stomiten u beruhen
konnte. Dem ist entgegenzuhalten, daB die sparlichen Bacillen, die sich
in einer Roseole oder in einigen Kubikcentimetern Blut finden, von der
vollentwickelten Kultur durch eine Reihe von Generationen getrennt
sind, wodurch die Einwirkung des obenerw&hnten Faktors ausgeschaltet
wird. Ueberdies wnrde der aus dem Blute geziichtete Stamm nicht in
Originalkultur, sondern in den davon abgeleiteten Generationen zu den
Versuchen verwendet, um den EinfluB des in der Originalkultur ent-
haltenen Serums zu eliminieren; in den Originalkulturen aus Roseolen
ist diese Beimischung so verschwindend klein, daB sie ohne weiteres
vernachl&ssigt werden darf. Endlich sei noch bemerkt, daB Kontroll-
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752
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
untersuchungen mittels der Plattenmethode mit den obigen ganz iden-
tische Resultate ergaben.
III.
Allgem eine Bemerkungen.
Wir sahen oben, dafi ein Pyocyaneus-Stamm sowie einige frisch aus
dem Organismns gezfichtete Typhusstamme sich mehr oder weniger
resistant gegeniiber der agglntinierenden und bakteriziden Wirkung des
Serums erweisen. Ich will nun, gestutzt auf eine Reihe von Tatsachen,
die von verschiedenen Forschern beobachtet wurden, diese Erscheinungen
erkl&ren und ihre Bedeutung fiir die Pathologie sowohl als auch fur die
Immunitatslehre entsprechend wilrdigen.
Die variierende Agglutinabilitat diverser Typhusstamme hat seit der
Entdeckung der Agglutination die Aufmerksamkeit vieler Untersucher
auf sich gezogen. A chard und Bensaude, Kolle, Johnston und
McTaggard, Van de Velde, Foerster heben diese Erscheinung
hervor, ohne eine theoretische Erklarung dafiir zu versuchen. Mills
behauptet, dafi die Schnelligkeit, mit der diverse Stamme von demselben
Serum agglutiniert werden, zu ihrer Virulenz in einem umgekehrten
Verhaltnis steht; da wir nun wissen, dafi frisch aus dem Organismus
kommende Stamme gewohnlich am virulentesten sind, und dafi sie bei
fortgesetzter Passage auf kunstlichen NahrbQden an Virulenz einbflfien,
ware die Beobachtung von Mills dahin zu deuten, dafi frisch aus dem
Organismus geziichtete Stamme sich am schwersten agglutinieren lassen.
Diese Behauptung findet ihre Bestatigung in zahlreichen Beobachtungen:
Rodet stellte an drei aus Typhusmilzen gezQchteten Stammen fest, dafi
diese Stamme, unmittelbar nach der Isolierung inagglutinabel oder schwach
agglutinabel, nach einer Reihe von Monaten (8—12) sich vom Immun-
serum normal agglutinieren liefien. Ein ahnliches Verhalten gegeniiber
Coli-Immunserum beobachtete Rodet bei diversen, aus Typhusstiihlen
gezQchteten Coli-Stammen. Ebenso sah Tarchetti bei frisch aus
Typhusmilzen oder TyphusstQhlen gezQchteten Stammen geringe Agglu¬
tinabilitat. Smith und Tenant beschreiben zwei aus Typhusmilzen
isolierte Stamme, die sich als wenig agglutinabel erwiesen, wahrend die
Tatsache, dafi durch Immunisierung mit ihnen typisches Typhusserum
erzielt werden konnte, sie unzweideutig als authentische Typhusstamme
erscheinen lafit. Horton Smith sowie Rehns isolierten fihnliche
Stamme aus Typhusmilzen sowie aus MesenterialdrQsen, Rem linger
aus einem Pleuraexsudat, McWeeney aus der Gallenblase. Sacqu6p6e
zQchtete aus 5 Typhusmilzen Stamme, die ursprunglich schwach agglu¬
tinabel nach einigen Monaten normale Agglutinabilitat wiedererlangten.
Aehnliche Beobachtungen finden wir bei Nicolle und Tr6nel, Hor-
rocks und P. Th. Mailer. Ban cel isolierte aus 3 posttyphdsen
Abscessen inagglutinable Typhusstamme, die nach 6—11 monatlicher
Passage auf kQnstlichen Nahrboden normale Agglutinabilitat aufwiesen.
Unter 35 aus dem Blute von Typhuskranken gezQchteten Stammen fanden
Courmont und Ban cel 7 vollkom men inagglutinable, 24 schwach und
nur 4 normal agglutinable; in der folgenden Generation stieg die Agglu¬
tinabilitat successive bis zum Normalwert Andererseits hat eine ganze
Reihe von Untersuchern aus typhusverdachtigen Wassern Stamme isoliert,
die sich von authentischen Typhusstammen nur durch ihre Inagglutina-
bilitat (zuweilen auch durch das Wachstum auf Kartoffeln) unterschieden;
ich nenne hier nur die Beobachtungen von Rodet, Remlinger und
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Eisenberg, Anpassnng der Bakterien an die Abwehrkrftfte deg Organismus. 753
Schneider, Kister, R6my, Nicolle und Spillmann, Vaillard,
Houston, Sacqudpde. Endlich haben bezfiglich der Choleravibrionen
Pfeiffer und Kolle festgestellt, daB virulente, d. i. oft durch den
Tierorganismus durchgeschickte Stfimme 70—lOOmal weniger aggluti-
nabel sind als avirulente, seit lfingerer Zeit auf kttnstlichen Nfihrboden
fortgezflchtete. Ueber ahnliche Erscheinungen bei Staphylokokkenstfimmen
berichten in letzter Zeit Kolle und Otto, bei Pneumokokken Kar-
vacki. Die Ursache der geringen Agglutinabilitfit der bisher bespro-
chenen Stfimme kann verschieden sein. Was die aus unserer Umgebung
gezflchteten Stfimme anbelangt, so kommen dabei recht verschiedenartige
Faktoren in Betracht.
Tarchetti berichtet, daB ein auf Glycerinbouillon mit steigendem
Sodazusatz gezfichteter Stamm nacb 12 Generationen eine deutlich ver-
minderte Agglutinabilitfit zeigte, nach 18 Generationen sich als inagglu-
tinabel erwies; umgekehrt zeigte ein auf sauren Nfihrboden gezfichteter
Coli-Stamm gesteigerte Agglutinabilitfit. Nach demselben Autor scheint
auch der Gehalt des Mediums an Nfihrstoffen diese Funktion beein-
flussen zukflnnen. Nach Nicolle und TrOnel setzt das ZQchten von
Typhusstfimmen bei 42° C die Agglutinabilitfit stark herab; ein von
diesen Autoren aus einem geimpften Meerschweinchen gezfichteter ur-
sprflnglich inagglutinabler Stamm behielt bei 25—35° C gezfichtet, in
einer Reihe von Generationen diese Eigenschaft, wfihrend er bei 10—20 C
fortgezUchtet normale Agglutinabilitfit erlangte. Wie daraus zu ersehen
ist, kdnnen viele Faktoren die Agglutinabilitfit der Bakterien beeinflussen
und darin findet wohl das abnorme Verhalten der aus unserer Umgebung
gezflchteten Stfimme zum Teil seine Erklfirung. Andererseits gelangen
ja meistens ins Wasser Keime, die dem menschlichen Organismus ent-
stammen, so daB sie in manchen FfiUen ihre biologische Abnormitfit
schon mitbringen kdnnen. Was die aus dem infizierten Organismus ge-
zflchteten Typhusstfimme betrifft, so ist die Ursache ihrer geringeren
Agglutinabilitfit wohl in den biologischen Bedingungen zu suchen, denen
sie im Organismus ausgesetzt sind. In einer sehr interessanten Arbeit
haben Ransom und Kitashima nachgewiesen, daB man durch ZQchten
von Choleravibrionen in einer Bouillon mit Zusatz von agglutinierendem
Immunserum einen wenig agglutinablen Stamm erlangen kann; nach
20 solchen Passagen wurde er nur bei 1 / lt0 von einem Serum agglu-
tiniert, das ihn ursprflnglich noch bei Viooo agglutiniert hatte. Nach
Tarchetti zeigte ein durch eine Reihe von Generationen auf einem
agglutininhaltigen Nfihrboden gezfichteter Typhusstamm vermehrte Agglu¬
tinabilitfit. Sacqu6p6e erzielte durch ZQchten in Kollodiumsfickchen
im Peritoneum typhusimmunisierter weiBer Ratten nach 5 Generationen
einen stark hypagglutinablen Typhusstamm; .ahnliche, wenn auch minder
prfignante Resultate hatte er bei Zflchtung in vitro auf agglutininhaltigem
Nfihrboden zu verzeichnen. Dieselbe Erscheinung konnte P. Th. Mflller,
wenn auch nicht konstant, bei Zflchtung von Typhusstfimmen auf einer
Bouillon mit Zusatz von Typhusimmunserum beobachten; ein solcher
Stamm wurde nach 10 Generationen nur bei '/aoo von einem Immun¬
serum agglutiniert, das den unbeeiniluBten Stamm bei Vjoooo agglu-
tinierte. Aus diesen Beobachtungen folgt, daB die Typhusbacillen bei
Ifingerem Kontakt mit Agglutininen gegenflber ihrer Wirkung unempfind-
Hch werden. Es wird uns nicht befremden, daB nicht alle aus dem
Organismus gezflchteten Stfimme diese Eigenschaft zeigen, wir mflssen
bedenken, daB nicht in jedem Typhusfall Agglutinine in genflgender
Brste Abt. On*. Bd. XXXIV. 48
Digitized by LjOOQle
754 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt, Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Menge entstehen, sowie daB zur Erlangung dieser Unempfindlichkeit
Sfter auch eine lfingere Zeit erforderlich sein dflrfte. Der Mechanismus
dieser Erscheinang wird wohl am besten auf eine Immunisierung der
Bakterien gegenflber den Agglutininen zurflckzufflhren sein; die Bakterien*
die Qberhaupt eine hohe biochemische Plastizit&t and eine bedeutende
Anpassungslahigkeit aufweisen, kflnnen leicht eine solche Immunitfit er-
langen. Schwieriger wird es wobl fallen, anzugeben, auf welcher bio-
chemischen Veranderung in ihrer Zusammensetzung das Zustandekommen
dieser Immunitat beruht; vor allem wire hier wohl an eine Vermehrung
der agglutinierbaren Substanz, i. e. der Agglutininrezeptoren der Bakterien
zn denken. Ransom und Kitashima haben festgestellt, daB die
„immunisierten“ Bakterien nicht weniger Agglutinine absorbieren, als
normale; es ist zn bedauern, daB diese Autoren ihre Experiments nach.
dieser Richtung hin nicht vervollstandigt haben. Pfeiffer und Fried-
ber ger fanden, daB durch oftmalige Tierpassagen auf einer hohen Virulenz
erhaltene Cholerastamme, die 50—lOOmal geringere Agglutinabilitat auf¬
weisen als avirulente, seit langer Zeit im Laboratorium fortgezttchtete*
eine bedeutend groBere Menge Agglutinin binden, als die avirulenten.
Dementgegen berichtet MB Her auf Grund seiner Versuche, daB „im-
munisierte u Typhusbacillen weniger Agglutinin absorbieren als normale*
sowie dafi sie an das Kulturmilieu keine freien Rezeptoren abgeben*
was man voraussetzen mflBte, wenn die Ehrlichsche Theorie auf diesen
ImmunisierungsprozeB Anwendung finden sollte. Aus alien angeffthrten
Untersuchungen geht hervor, dafi die Agglutinabilitat der Bakterien be-
deutenden Variationen unterworfen ist, wie dies flbrigens von anderen
biochemischen Merkmalen der Bakterien genugsam bekannt ist, und
zwar speziell unter dem EinfluB der biologischen Daseinsbedingungen
des betreffenden Stammes. Meine eigenen Beobachtungen bestatigen
diese Ergebnisse betreffs der Typhusbacillen und erweitern sie, indem
sie zeigen, dafi auch ein aus dem infizierten Organismus gezflchteter
Pyo cyaneus-Stamm sich als inagglutinabel erweist
Was nun die Empfindlichkeit gegenflber bakteriziden Serumwirkungen
anbelangt, hat die Variabilit&t dieser Eigenschaft schon seit geraumer
Zeit verschiedene Forscher bescbaftigt. Leclef untersuchte vergleichs-
weise die bakterizide Wirkung normalen Kaninchenserums gegenflber
2 Stammen von Kaninchenseptikamiebakterien verschiedener Virulenz;
es ergab sich, daB der stark virulente Stamm gegenflber dieser Wirkung
ganz immun ist, wahrend der in seiner Virulenz abgeschwachte, in pr&g-
nanter Weise dieser Wirkung erlag. Gleichzeitig konnte Van de Velde
in einer grflndlichen Arbeit flber den Mechanismus der Virulenz des
Staphylococcus pyogenes feststellen, daB die virulenten Stamme
sich von den avirulenten weder durch die Menge der gebildeten Toxine
noch durch groBere Lebensfahigkeit noch durch Qppigeres Wachstum
auf kflnstlichen N&hrb5den unterscheiden, daB dagegen ihr Verhalten
gegenflber aktivem Kaninchenserum ganz different ist. Wahrend ein
Stamm, der durch zahlreiche Passagen durch Kaninchen seine Virulenz
fflr diese Tierart 800mal vergrSBert hatte, sich in aktivem Serum oder
Pleuraexsudat flppig vermehrte, zeigte der wenig virulente Stamm sehr
starke bakterizide Empfindlichkeit. Daraus zieht Van de Velde den
SchluB, daB das Wesen der Virulenz im Grade der Widerstandsfahigkeit
des betreffenden Bakterienstammes gegenflber der Wirkung der bakteri¬
ziden Wirkung der Safte eines gegebenen Organismus beruht. Im
Jahre 1895 zeigten Pfeiffer und Kolle, dafi man um so mehr von
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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 755
einem spezifischen Typhusserum bedarf, um eine gewisse Menge Typhus-
kultur im Meerschweinchenperitoneum abzutdten rosp. das Versuchstier
zu retten, je virulenter der betreffende Typhusstamm ist, d. h. daB
virulentere St&mme zugleich auch resistenter sind gegentiber bakteriziden
Serumwirkungen. Dasselbe Verhalten konnte gleichzeitig Bordet be-
zflglich verschiedener Cholerast&mme feststellen und nach ihm Nado-
leczny in seinen Untersuchungen fiber Cholera- and Typhusst&mme ver¬
schiedener Virulenz. W&hrend die soeben erw&hnten Untersuchungen
alle kttnstlich zu hoher Virulenz heraufgetriebene oder auf einer solchen
erhaltene St&mme betreffen, zeigen meine eigenen Ergebnisse, daB frisch
aus dem infizierten Organismus gezflchtete St&mme eine erhbhte Resistenz
gegentiber der bakteriziden Wirkung des betreffenden Serums aufweisen.
Der Zusammenhang zwischen dieser Tatsache und den oben berichteten
ist unleugbar; wissen wir ja, daB frisch aus dem Organismus gezilchtete
St&mme gewdhnlich virulenter sind, als die auBerhalb des Organismus
gefundenen Oder auf kttnstlichen Nfihrbdden fortgezflchteten. Aufierdem
finden wir in der Literatur Beobachtungen, nebenher erw&hnt, die die
hbhere Resistenz solcher St&mme be3t&tigen. So berichtet Hafkine,
daB ein frisch aus einem Typhuskranken herausgezflchteter Typhus¬
stamm sich gegentiber der bakteriziden Wirkung vom Humor aqueus
des Kaninchens vollkommen resistenz erweist, w&hrend der Laboratorium-
stamm prompt abgetfltet wird. Kionka, der das Hafkinesche Ex¬
periment wiederholte, untersuchte die bakterizide Wirkung von mensch-
lichen Seris resp. Exsudaten auf einen frisch aus einer Typhusmilz iso-
lierten Typhusstamm sowie auf einen seit langer Zeit auf kflnstlichen
N&hrb5den fortgezflchteten. In diesem Experiment „ist kein deutlicher
Unterschied in der bakteriziden Wirkung derselben Flflssigkeit auf beide
untersuchten St&mme zu bemerken 14 . In Uebereinstimmung mit T r o m m s-
dorff mufi ich jedoch bemerken, daB in den von Kionka angefflhrten
Tabellen ein solcher Unterschied sich ganz deutlich bemerkbar macht;
vor allem in den Versuchen No. 10, 12, 13; der aus dem Organismus
gezflchtete Stamm zeigt zwar auch eine bakterizide Beeinflussung, jedoch
in bedeutend geringerem Grade als der Laboratoriumstamm, wie aus
zitierten Versuchen zu ersehen ist. In seinen Untersuchungen fiber aus
dem Blute von Typhuskranken gezflchtete St&mme erw&hnt Courmont,
daB das Serum eines Kranken (Beob. XXV) durch 10 Tage die Ent-
wickelung des Laboratoriumstammes hemmte, w&hrend der aus seinem
Blute gezfichtete Stamm darin ein rasch einsetzendes Wachstum zeigte.
Wenn wir nun fragen, welchen Grand diese Resistenz der aus dem
Organismus kommenden St&mme hat, so finden wir die Antwort darauf
in den zahlreichen Untersuchungen, die sich mit der Anpassung der
Bakterien an die bakteriziden Kr&fte des Organismus befassen. Als
erster hat dieses Problem Hafkine im Jahre 1890 in der oben er-
w&hnten Arbeit behandelt; er sab, daB Typhusbakterien, die normaler-
weise sehr stark der bakteriziden Wirkung vom Humor aqueus unter-
liegen, sich an diese Wirkung anpassen, wenn man sie auf N&hrb5den
mit successive steigendem Zusatz dieser Flflssigkeit zfichtet. Nach
11 Generationen, die auf diese Weise behandelt wurden, konnten sich
die Bakterien in unverdfinntem Humor flppiger entwickeln, als in ge-
wflhnlicher Bouillon. Im Jahre 1895 hat Bordet die Fragestellung er-
weitert, indem er experimentell zu erfahren suchte, ob Choleravibrionen
sich an die Wirkung spezifischen Choleraimmunserums anpassen kdnnen;
er impfte also die Bakterien in das Serum, die sp&rlichen flberlebenden
48*
Digitized by LjOOQle
756
Centralbl. f. Bakt etc. L Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 8.
Individuen gaben darin eine Kultur, von der nun wieder auf ein frisches
Serumrohrcken tiberimpft wurde, und so fort. Nach 20 solchen Gene-
rationen zeigten die Bakterien immer noch die Erscheinungen der
Bakteriolyse; da jedoch die Zahl der Passagen zu gering war and auBer-
dem quantitative Verh<nisse nicbt berflcksichtigt warden, kann man aus
diesen Versuchen kaum bindende Schlflsse ziehen. Szekely stellte
weiter fest, daB Bakterien, die durch einmalige Serumpassage an die
bakterizide Wirkung eines Serums gewdhnt sind, von ihr weiterhin nicht
beeinfluBt werden; die dazu erforderliche Zeit der Angewdhnung ist fflr
verschiedene Bakterienarten verschieden. Wir werden angesichts dieser
Ergebnisse kaum allzugroBes Gewicht legen kdnnen auf die Versuche
von Denys und Kaisin, welche sahen, daB in Hundeserum vorge-
zttchtete C o 1 i - Bacillen von diesem Serum auch weiterhin bakterizjd
beeinfluBt werden. In Widerspruch zur angefiihrten Arbeit von Bordet
berichten Ransom und Kit a shim a, daB ein durch 20 Generationen
auf Bouillon mit Zusatz von Immunserum geziichteter Cholerastamm
unter dem EinfluB dieses Serums im Meerschweinchenperitoneum fast
gar keine Bakteriolyse zeigt, wfihrend die Ausgangskultur in ganz
typischer Weise aufgelost wird. Bezuglich der normalen Bakteriolysine
zeigte Sawtchenko und sodann Danysz die Mflglichkeit der An*
passung von Milzbrandbacillen an die bakterizide Wirkung des Ratten-
serums, Trommsdorff die Anpassung von Cholera- und Typhusbacillen
an normales Kaninchenserum. Auf Grund dieser Tatsachen wird es
wohl am rationellsten sein, die Resistenz der aus dem Organismus ge-
zttchteten Stfimme als Ausdruck der Anpassung der Bakterien an die
bakteriziden Krfifte des Organismus aufzufassen, wozu ihnen im infizierten
Organismus genflgend Gelegenheit geboten ist. Es bleibt nun noch,
um die Kette der auseinandergesetzten Tatsachen zu schlieBen, eine Reihe
von Arbeiten zu besprechen, die zeigen, dafi durch diese Anpassung an
die bakteriziden Krfifte eines bestimmten Organismus die Bakterien ihre
Virulenz fflr diesen Organismus steigern. Wir sahen, daB virulente
Stfimme gegenflber bakteriziden Serumwirkungen resistent sind, die
soeben erwfihnten Untersuchungen beweisen, daB Bakterien, die durch
lfingere Zeit der Wirkung bakterizider Sera ausgesetzt sind, mit der
Zeit dagegen unempfindlich werden — daraus folgt nun logisch der
SchluB, daB solche Bakterien wahrscheinlich auch eine hdhere Virulenz
erlangen dflrften. Zahlreiche Untersuchungen, die die Einwirkung von
Immunseris auf Bakterien zum Gegenstand hatten, berflhren indirekter*
weise auch diese Frage; Metchnikoff hat als erster gefunden, daB
Hog-Cholerabakterien in Kaninchenimmunserum gezuchtet, keine Ein-
buBe an Virulenz erleiden, wie v. Charrin und Roger fflr den Pyo-
cyaneus bebauptet haben. Derselbe Forscher fand, daB der von
V. Metchnikoff in der vorderen Augenkammer immunisierter Meer-
schweinchen gezflchtete eine Steigerung seiner Virulenz erffihrt.
Aehnlich verhielten sich in Bordets Experimenten dieselben Vi-
brionen in der Snbcutis immunisierter Tiere. Diese Ergebnisse wurden
in der Folge von Sanarelli und Issaeff bestfitigt. Ebenso berichtet
Mosny entgegen der Behauptung von Roger, daB Kulturen von
Pneumokokken im Serum immunisierter Tiere virulenter sind als ent*
sprechende Kulturen in normalem Serum, wenngleich sie weniger Bak¬
terien enthalten, als jene. In einer ausfflhrlichen und recht interessanten
Arbeit hat Walker in letzter Zeit nachgewiesen, daB ein in Immun¬
serum geziichteter Typhusstamm seine Virulenz steigert; diese Beobach-
Digitized by t^.ooQle
Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte dee Organiamua. 757
tang ist am so interessanter, als wir es dabei mit einer nicht ganz
spezifischen Immunisierung von Bakterien zu tun haben insofern, als
die auf einem Immunserum vom Pferde gezfichteten Bakterien sich fflr
das Meerschweinchen virulenter erweisen. In einer weiteren Arbeit
konnte dann Walker durch Zfichtung in normalem Eaninchenserum
eine Steigerung der Virulenz von Typbusbacillen fflr Eanincben und
Meerschweinchen erzielen sowie eine Erhfihung der Resistenz gegenflber
der bakteriziden Wirknng normalen Kaninchenserums. In letzter Zeit
endlich hat Hamburger in Bestfitigung der Walkerschen Resultate
durch Zfichtung in normalen resp. Immunseris eine Steigerung der Viru¬
lenz von Coli- und Choleravibrionen erzielt; fiber fihnliche Ergebnisse
berichtet in den letzten Tagen Shaw. Aus der angeffihrten Reihe von
Untersuchungen ergibt sich zweifellos, daft Bakterien sich an die bakterizide
Wirkung der Korperkrfifte anpassen kfinnen und daft sie dadurch fflr
diesen Organismus eine erhfihte Virulenz erlangen. Angesichts der
prinzipiellen Wichtigkeit dieser Tatsache wird auch die Frage hfichst
interessant, auf welche Weise diese Immunisierung zu stande kommt
und ob diese Erscheinung mit den sonstigen Immunitatserscheinungen
in eine Reihe zu setzen ist Oder ob sie besonderen Gesetzen folgt. Die
bisherigen Untersuchungen scheinen das erstere zu beweisen; Danysz,
der bei normalen und „immunisierten a Bakterien ihre Bindungsf&bigkeit
fflr die bakteriziden K or per verglich, fand, daft eine zweimal geringere
Menge „immunisierter u Bakterien erforderlich ist, um die bakteriziden
Kfirper einer gewissen Serummenge zu erschfipfen als normaler Bak¬
terien, d. h. daft bei der Immunisierung die Anzahl der Rezeptoren fflr
die bakteriziden Kfirper an den Bakterien eine Steigerung erf&hrt. Der
morphologische Ausdruck fflr diese Vermehrung des Rezeptorenapparates
ist das Auftreten einer die Bakterien umgebenden Schleimhfille. Ueber-
dies geben die „immunisierten“ Bakterien diese Rezeptoren an das
Kulturmedium ab, so daft ihr Kulturfiltrat eine bedeutend grfifiere Menge
bakterizider Stoffe neutralisiert, als dasjenige normaler Bakterien.
Andererseits haben Pfeiffer und Friedberger nachgewiesen, daft
virulente, d. h. „immunisierte tt Cholerastfimme eine bedeutend grfifiere
Menge Rezeptoren fflr bakterizide Korper enthalten, als avirulente
Stfimme, indem sie im Organismus eine bedeutendere Iramunkfirper-
produktion anregen und in vitro grfifiere Mengen bakterizider Kfirper
binden, als avirulente. Es bleibt noch die Frage fibrig, auf welche Weise
dieser vermehrte Rezeptorengehalt die Bakterien gegenflber der Wirkung
der bakteriziden Kfirper resistenter macht. Man kann sich in Ueberein-
stimmung mit Pfeiffer und Friedberger vorstellen, daft schon ein
geringer Teil einer gewissen Bakterienmenge im stande ist, eine be-
stimmte Menge bakterizider Kfirper zu binden dank ihrem vermehrten
Rezeptoren gehalt, wodurch der Rest vor der bakteriziden Wirkung ge-
schfitzt wird, Oder aber, was mir rationeller erscheint, daft alle Bakterien
in gleichem Mafte die bakteriziden Kfirper binden, daft jedoch angesichts
des vermehrten Rezeptorengehaltes die Besetzung eines kleinen Teiles
davon nicht genfigt, die Bakteriolyse hervorzurufen. In beiden Fallen
wire die Vermehrung des Rezeptorengehaltes eine zweckmfiftige An¬
passung der Bakterien an den Aufenthalt im tierischen Organismus.
Auf Grund der bisher berichteten Arbeiten sowie meiner eigenen Unter¬
suchungen kommen wir also zu folgenden Schlfissen: Die Bakterien
kfinnen sich an die Wirkung bakterizider Kfirper sowohl im lebenden
Organismus wfihrend der Infektion als auch in vitro durch Zfichtung
Digitized by ^ooQle
758 Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 8.
auf N&hrbdden, die diese Kdrper enthalten, anpassen; eine Folge dieser
Anpassung ist die Immunit&t gegeniiber der Wirkung dieser Kdrper,
bedingt durch die Vermehrung der entsprechenden Rezeptoren. Diese
Immunit&t ermoglicht den Bakterien eine unbehinderte Vermehrung im
infizierten Organismus und manifestiert sich als erhdhte Virulenz des
betreffenden Stammes fllr diesen Organismus. Wenn also eine gewisse
geringe Menge avirulenter Bakterien, in den Organismus eingeffihrt, der
bakteriziden Wirkung seiner Korpers&fte erliegt und deshalb aufier
stande ist, eine Infektion hervorzurufen, wird dieselbe Menge virulenter
Bakterien der bakteriziden Wirkung standhalten, sich vermehren und
eine Infektion herbeiftthren kdnnen. Die Virulenz der Bakterien ist
demzufolge als derjenige Grad ihrer Anpassung an einen bestimmten
Organismus zu bezeichnen, der ihnen erfolgreichen Widerstand gegen¬
iiber seinen Abwehrmitteln und ungehinderte Vermehrung gew&hr-
leistet.
Wir kommen nunmehr zur wichtigsten Frage, n&mlich, welche Be-
deutung fur die Patbogenese und den Mechanismus der Infektion die
oben erwiesene Anpassung der Bakterien an die bakteriziden Kr&fte des
Organismus im Verlaufe der Infektion besitzt. Bei der Erorterung
dieser Frage will ich vor allem den menschlichen Abdominaltyphus be-
riicksichtigen, da die oben berichteten Beobachtungen vorzugsweise bei
dieser Krankheit angestellt wurden — doch kdnnen diese Bemerkungen
mit manchen Einschrfinkungen auch auf andere Infektionen bezogen
werden. Unter den an der Infektion teilnehmenden Faktoren hat die
Aera der ersten groBen Entdeckungen auf dem Gebiete der Aetiologie
der Infektionskrankheiten die Rolle der pathogenen Mikroorganismen
fast ausschlieBlich betont. Es schien damals feststehend, daB, wo diese
gegeben sind, damit auch die Infektion gegeben ist und daB ihre Eigen-
schaften im stande sind, alle Besonderheiten der einzelnen Infektionen
zu erkl&ren. Aber die mit der Zeit erworbenen Kenntnisse von den
Infektionen und der Immunit&t dagegen, von ihrem verschiedenartigen
Verlaufe und der Intensit&t zeigten, daB ein solches Schema zu eng
und zu einseitig ist, und zwangen den anderen Faktor in Rechnung zu
ziehen — der zwar der exakten Forschung vorl&ufig schwer zug&nglich
ist, wenn ihn auch die geniale Empirie der alten Aerzte schon erraten
hat — sie forderten unabweislich die Beriicksichtigung des infizierten
Organismus und seiner Disposition, der Gattungsdisposition sowohl wie
der individuellen, dauernden und zeitlichen. mit seinen angeborenen und
erworbenen Schutzmitteln. Gegenw&rtig beherrscht unsere Vorstellung
von der Infektion die Idee eines Kampfes zwischen dem Organismus
und den infizierenden Bakterien. Einerseits haben wir die Mikroorga¬
nismen, die auf irgend einem der Wege in genfigender Zahl in den
Organismus gelangen mfissen, andererseits den Organismus, der sich vor
dieser Invasion teils mit den ihm normalerweise eigenen Abwehrmitteln
verteidigt, teils im Verlaufe der Infektion sich solche neue Mittel
schafft. Doch wenn wir auch in letzter Instanz das Wesen jeglicher
pathogener Wirkung der Bakterien in der Wirkung spezifischer chemi-
scher Kdrper, der Bakterientoxine, sehen mfissen (logischerweise mfissen
wir ihre Existenz auch bei jenen Infektionen postulieren, wo sie uns
vorderhand noch unbekannt sind), so kdnnen wir doch vom Gesichts-
punkte der Pathologie die pathogenen Bakterien unmdglich in eine Reihe
mit irgendwelchem aus der Pharmakologie unbekannten Gift stellen, da
wir es hier mit lebenden Wesen von wechselnden Eigenschaften zu tun
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Eisenberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkrftfte des Organismus. 759
haben, die in hohem MaBe zu weitgehendsten Anpassungen bef&higt er-
scheinen. Wenn also der Organismns znr Bek&mpfung der Infektion
die bakteriziden Eigenschaften seiner Skfte, die phagocytfiren Wirkungen
seiner Zellen, das Fieber, die Prodnktion von Immunkdrpern n. dergl.
ins Treffen schickt, bleiben die Bakterien dabei nicht passiv, sondern
passen sich nach MOglichkeit diesen verfinderten Bedingnngen an. Die
Anpassung an die bakteriziden Krfifte des infizierten Organismns reprfi-
sentiert sicherlich nur einen gewissen Teil dieser Wechselwirkung,
weitere Untersuchungen werden ohne Zweifel auch andere Anpassungs-
mOglichkeiten in den oben angedeuteten Richtungen nachweisen. Wir
kOnnen folglich fortan nicht mehr in der Infektionsgleichung nnr zwei
konstante GroBen beriicksichtigen — wenn auch nur ffir einen ganz
speziellen Fall — die infizierten Mikroben und den infizierten Organis-
mus, sondern mfissen nns immer die variable GrOBe beider Faktoren
inimer vor Augen halten, die ganze Reihe moglicher wechselseitiger An¬
passungen, deren Resultat erst der klinische Verlauf mit seinem gfin-
stigen Oder ungfinstigen Ergebnisse ist. Diese neue, meiner Ansicht
nach sehr wichtige Seite des Infektionsproblems wurde erst in neuester
Zeit beriicksichtigt: Von Hueppe und Welch auf Grund theoretischer
Erw&gungen, von Radziewsky im Zusammenhange mit seiner sehr
interessanten Infektionstheorie; meine eigenen Beobachtungen geben
diesen Anschauungen eine praktische Basis und beweisen die Notwendig-
keit der Berficksichtigung dieser VerhSltnisse bei jeder Infektionstheorie.
Indem wir nun zu den speziellen Punkten, betreffend den Infektions-
prozeB, fibergehen, begegnen wir vor allem der Frage, wieso fiberhaupt
die Infektion eines Organismns zu stande kommen kann, der gegenuber
den betreffenden Mikroben fiber bakterizide Krfifte verfttgt. Aus zahl-
reichen Untersuchungen wissen wir, dafi die Existenz von bakteriziden
KOrpern im Blute einer gewissen Tierart noch keineswegs eine Immu-
nitfit dieser Species gegenfiber gewissen Infektionserregern bedingt;
speziell ffir den uns interessierenden Fall des Abdominaltyphus ist uns
bekannt, dafi menschliches Serum auf Typhusbacillen stark bakterizid
wirkt, wie soli man sich nun demgegenfiber die MOglichkeit einer In¬
fektion beim Menschen erklfiren ? Die Infektion kommt bekannterweise
auf dem Wege des Verdauungskanals zu stande; die in den Lymph-
apparat des Verdauungstraktus eingedrungenen Bakterien finden hier die
bakteriziden KOrper natfirlich nicht in solcher Konzentration vor, wie
im Blute. Die empffinglicheren Individuen werden dabei wohl zu
Grunde gehen, der Rest wird Gelegenheit finden, sich langsam an diese
Wirkung anzupassen und, nachdem sie im Organismus festen FuB gefaBt
haben, ihre pathogenen Wirknngen zu entfalten. In noch anderen Fallen
konnten die infizierenden Bakterien — und diese Eventualitat wird oft
genug eintreten — bereits vorher einen menschlicben Organismus pas-
siert und sich an ihn angepafit haben, so dafi sie nunmehr widerstandslos
sich im neuen Wirte vermehren kOnnen. Auf diese Weise ist es also
die Anpassung der Bakterien — entweder eine gegenwfirtig vor sich
gehende oder eine schon vorher in einer Reihe von Infektionen er-
worbene — die Bakterien zum Haften und zur Fortexistenz im infi¬
zierten Organismus beffihigt — eine Anschauung, die um so mehr ge-
rechtfertigt erscheint, als wir doch auch nur auf diese Weise auf Grund
der Evolutionstheorie die Entstehung von pathogenen Abarten der Bak¬
terien aus Saprophyten uns vorstellen konnen. Doch auch ffir den
weiteren Verlauf und die Besonderheiten des Typhusprozesses ist die
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Anpassungsf&higkeit der Bakterien von grofier Bedeutung. Wir wissen,
dafi die in den Follikelapparat des Darmes eingedrungenen Typhus-
bacillen von hier stetig vom Anfange der Krankheit an ins kreisende
Blut gelangen (SchottmOiler, Castellani, Courmont), dafi ferner
auf diesem Wege im Organism us zahlreiche Bakterienmetastasen ent-
stehen: In der Roseola, im Enochenmark, in der Milz und den Nieren.
Wir wissen andererseits — auch speziell betreffs des Abdominaltyphus
(Stern) — dafi auch im Verlaufe von todlichen Infektionen das Blut
seine bakteriziden Eigenschaften bewahrt resp. die aufgebrauchten regene-
riert; wie sind nun beide Tatsachen zu vereinen? Es scheint keinera
Zweifel zu unterliegen, dafi bei diesem Durchgange durch das kreisende
Blut ein Teil der Bakterien abgetbtet wird — moglicherweise sind auch
die Intoxikationserscheinungen beim Typhus zum Teil auf die dadurch
aus dem Bakterienkorper freiwerdenden Gifte zurOckzufOhren — nichts-
destoweniger kann ein Teil der Bakterien dank seiner Immunit&t gegen-
ttber bakteriziden Wirkungen sich beim Leben erhalten und an den
metastatischen Herden lokale Ver&nderungen hervorrufen. Die Bak¬
terien, die wir aus dem Blute oder aus diesen Metastasen zuchten, sind
eben jene, welche der Einwirkung der Korpers&fte standgehalten haben,
ihre Immunit&t, die wir in vitro feststellen konnen, ist ein Ergebnis der
Selektion, die im infizierten Organismus vor sich geht Es ist mSglich,
dafi in Fallen von sogenannter TyphusseptikSmie, d. h. schwerer Allge-
meininfektion mit sehr geringen anatomischen Lasionen am Darme oder
sogar ohne solche die infizierenden, recht virulenten Bakterien auf dem
Wege des Kreislaufes in verschiedene Organe gelangen kdnnen, obne
an der Infektionspforte lokale Ver&nderungen zu setzen, ahnlich wir wir
es z. B. beim Anthrax unserer Versuchstiere beobachten. Bei dieser
Gelegenheit ware die Frage zu erwagen, ob man, wie Neufeld be-
hauptet, die bakterizide Wirkung des Blutes dafiir verantwortlich machen
kann, dafi die Typhusbacillen, obzwar sie konstant ins Blut gelangen,
sich fflr gewdhnlich darin nicht vermehren; die Anpassungsf&higkeit der
Bakterien mufi selbstverstandlich die Bedeutung dieses Faktors stark
einschr&nken. Auch ist es mfiglich, dafi die Ursache dieser Erschei-
nung in anderen entwickelungshemmenden Faktoren des Blutes zu suchen
ist; sehen wir ja bei der Castellani-Courmontschen Methode, dafi
die Bakterien trotz der Verdunnnung des Blutes von Vioo — V»«o nur
sehr langsam sich vermehren, wofOr vielleicht die von Heim hervor-
gehobene bakterizide Wirkung der Erythrocyten zum Teil verantwortlich
zu machen ist. Andererseits ergibt sich aus den Beobachtungen von
Schottmttller, dafi in letal verlaufenden Fallen sich sogar sub finem
die Bakterien im Blute vermehren, was entweder auf ein Sinken der
bakteriziden Kraft des Serums oder aber eine erbohte Anpassung der
Bakterien zurQckgefUhrt werden kann. Endlich ware noch auf Grund
der neuerworbenen Kenntnisse die Rolle der bakteriziden Kdrper bei
der natfirlichen Heilung des Typhus ins Auge zu fassen. Pfeiffer
und Kolle haben gefunden, dafi im Blute von Typhusrekonvaleszenten
in den ersten Wochen nach der Entfieberung spezifische Immunkdrper
enthalten sind, die dem Blute normaler Menscben abgehen. Bordet
und Gengou konnten mittels einer speziellen Methode ihre Anwesen-
heit im Blute von Typhusrekonvaleszenten nachweisen. Widal und
Le Sourd fanden sie mittels derselben Methode zuweilen schon im
Verlaufe der ersten Krankheitswoche, konstant in der zweiten, wobei
ihre Menge stetig zunahm bis zum Anfange der Rekonvaleszenz, urn
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Ei s enberg, Anpassung der Bakterien an die Abwehrkr&fte des Organismus. 761
dann nach kflrzerer oder lingerer Zeit zu sinken. Dementgegen konnte
Gieorgiewsky, der ebenfalls die Bordet-Gengousche Methode
anwandte, w&hrend des Fiebers nie die Anwesenheit der Immunkdrper
feststellen; nach seinen Angaben erscheinen sie erst in den ersten Tagen
der Rekonvaleszenz (unter 21 untersnchten Fallen bei 3 erst am 6. Tage)
und zwar zuerst in kleiner Menge, die langsam steigt Schon diese
Umstande lassen die ursacblicbe Rolle dieser spezifischen Immunkflrper
fflr die spontane Heilung des Typhus zweifelhaft erscheinen; dieser
Zweifel ist am so mehr berechtigt, als mit dem Erscheinen dieser KOrper
and selbst mit dem definitiven Fieberabfall die Typliusbacillen im infi-
zierten Organismus durchaus nicht zu Grunde gehen mflssen. Zwar sind
sie im Blute im Stadium der Apyrexie nach SchottmQller und
Gourmont nicht mehr nachzuweisen, dafflr aber sind sie noch eine
geraume Zeit hindurch im Stuhl und Urin zu linden. Obendrein wissen
wir aus zahlreichen Beobachtungen, dad die Typhusbacillen sich jahrclang
im Organismus latent erhalten kbnnen, um dann irgend einen posttyphbsen
Prozefi anzuregen. Das beweist meines Erachtens, dad die spontane Heilung
des Typhus nicht auf der Abtotung der Infektionserreger beruht, wenigstens
nicht ausschliedlich; ich stimme in diesem Punkte mit A. Wasser-
mann Qberein, dad die Heilung des Typhus und die dabei erlangte
Immunit&t zum grddten Teil auf einer Immunisierung gegenflber den
Typhusgiften beruhen mud. Andererseits wird das Erhaltenbleiben der
Infektionserreger in einem Qber stark wirksame spezifische bakterizide
Kr&fte verfOgenden Organismus erst dann verst&ndlich, wenn man die
Anpassungsf&higkeit der Bakterien und die darauf basierte Immunit&t
gegenflber diesen Kr&ften berflcksichtigt Hier sei es mir erlaubt, einige
Worte betreffs der Stiologischen Typhustherapie anzuschlieden. Es wird
natflrlich immer das Ideal einer solchen Therapie bleiben, ein zugleich
antitoxisches und bakterizides Immunserum anzuwenden. Wenn wir
jedoch vorderhand ein bakterizides Immunserum therapeutisch verwenden
wollen, scheint es mir angezeigt, den Organismus mit dem Immunkdrper
auf eiumal zu aberschwemmen, um den Bakterien die Mdglichkeit einer
Anpassung an diese Korper zu nehmen. Die von den Bakterien im
Organismus erlangte Immunit&t ist immer nur eine relative; eine starke
Konzentration der bakteriziden Kdrper wird wohl im stande sein, auch
diese immunisierten Bakterien abzutoten und den Organismus vom
Feinde zu befreien. Indem ich mich vorderhand auf diese kurze An-
deutung beschr&nke, behalte ich mir vor, auf diese Fragen in n&chster
Zeit ausfahrlicher zurflckzukommen.
Endlich w&ren noch einige Bemerkungen flber die Bedeutung der
hier erdrterten Befunde fflr die diagnostische Anwendbarkeit des
Pfeifferschen Versuches anzuschlieCen. Schon Bordet hat seinerzeit
darauf aufmerksam gemacht, dafi angesichts der wechselnden Resistenz,
die Cholerakulturen verschiedener Virulenz im bakteriziden Versuche
zeigen, es wohl denkbar erscheint, dafi ein besonders virulenter Stamm
flber die Grenze der Wirksamkeit der angewandten Serumdosis in seiner
Resistenz hinausgeht und somit beim Pfeifferschen Versuche ein
negatives Resultat gibt. Nun sahen wir oben, dafi gerade frisch aus
dem Organismus gezflchtete Typhusst&mme, also solche, die eventuell
durch den Pfeifferschen Versuch zu agnostizieren wSren, sich der
bakteriziden Serumwirkung gegenflber resistent erweisen. Nimmt man
also, wie Pfeiffer und Kolle vorschreiben, ein gewisses Minimum an
Virulenz der Kultur als Vorbedingung, so ist man zwar nach unten
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762 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
davor gesichert, eine nicht spezifische Reaktion far eiae spezifiscbe zu
halten, nicht aber nach oben hin, indem eine besonders virulente Kultur,
z. B. eine, die in letzter Zeit eine Reihe von Menschenpassagen durch-
gemacbt and sich den bakteriziden Wirkungen besonders gat angepafit
hat, bei einer gegebenen Serummenge sich resistent erweisen kann. Es
ist also mQglich, dafi es ebenso, wie es relativ inagglatinable Typhus-
stamme gibt, die dennoch echt sind, daC es ebenso schwer bakterizid
zu beeinflussende St&mme geben konnte, die trotz des negativen Aus-
falles der Pfeifferschen Reaktion echte Typhusstamme w Siren — ein
Punkt, der in Zukunft besondere Beriicksichtigung verdient.
Znm Schlusse will ich nicht verfehlen, meinem hochverehrten Chef,
Herrn Prof. 0. B uj w i d, auch an dieser Stelle ftlr seine jederzeit mir
erwiesene liebenswllrdige Unterstiitzung meinen innigsten Dank ausza-
sprechen.
Krakau, 1. Juni 1903.
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Macfadyen and Howland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 765
Naekdruck verbotcn.
Upon the intracellular constituents of the
typhoid bacillus.
[From the Jenner Institute of Preventive Medicine, London.]
By Dr. Allan Maefadyen and Sydney Rowland.
With 2 Figures.
(SchluB.)
IV. Apparatus and methods.
It will be advisable in the first instance to give a full description of
the methods that have been specially devised and employed for obtaining
directly the intracellular juices of the typhoid bacillus and other orga¬
nisms. The general principle consists in freezing the micro-organisms to
an extreme degree of brittleness by means of liquid air, and disintegrating
the cells per se in a mechanically operated mill.
In the case of the expressed juices obtained by the sand and Kiesel-
guhr method, about 100 agar culture bottles were required to furnish an
adequate growth of the orga¬
nisms for grinding purposes.
In the present method, ten
such agar cultures are suffi¬
cient for a single grind of the
micro-organism in question.
This in itself is a great saving
in time and material.
The virulent typhoid orga¬
nisms are grown on the surface
of ten agar bottles at blood
heat for 24 to 30 hours. The
growth is then washed off with
salt solution and the resultant
emulsion of bacilli is spun in
a high speed centrifuge. The
process is repeated several
times with freshly added salt
solution, in order to cleanse
the organisms from any extra¬
neous matter. The spun out
bacteria are next reduced to
the consistency of a pasty mass
by a rapid drying on the sur¬
face of a Ghamberland filter
through which air is being
sucked.
The average yield of
washed bacteria, when freed
as for as possible from ad¬
herent water, was about 0.15 g
per culture plate. This repre- Fig. 1. Diagrammatic vertical section of liquid
Sented quantitatively 1.5 ccm air grinding apparatus.
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766
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
of the 10 per cent salt
solution of the cell
juice prepared after
the disintegration of
the cells.
The pasty mass
of washed organisms
is removed from the
Chamberland filter
and is introduced into
the apparatus shown
in diagrammatic sec¬
tion in fig. 1. This
apparatus is construct¬
ed as follows: The
horizontal plate A
(also seen in the photo¬
graphic reproduction
fig. 2) supports by the
rods BB the plate CC.
This plate, circular in
plan forms the cover
of the conical recept¬
acle BD on which is
free to revolve the
doubly coned plunger
E. The vessel D can
be removed from the
covering plate C, to
which it is attached
by bolts, for the pur¬
pose of introducing the
material to be disinte¬
grated, as in this in¬
stance the typhoid
bacilli. The plate CC
Fig. 2. Photographic reproduction of liquid air is furnished with a
grinding apparatus. gland QQ f closely
packed with ignited
asbestos, through which works the rod F, which rigidly supports the cone E.
The joint between CC and BD is made by means of an annular paper
washer. A continuous rotary motion is imparted to F by means of the
mechanism shown in fig. 2. At the same time a reciprocating motion is
imparted by the worm and wheel gear seen at the side of the main
supporting columns of the apparatus. When in operation, the apparatus
is immersed in liquid air up to the level HH.
The operation of the machine is as follows. On the descent of F,
E is kept rotating with considerable pressure against D, and the surface
of E being finely knurled, any material between E and B is reduced to
powder, in which condition it finds its way into the upper cone of E.
On the ascent of F (still revolving) this coarse powder falls to the bottom
of B, and is again forcibly rubbed between the lower cone of E and the
bottom of D, on the next descent of F. This sequence of operations is
C oogle
Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 767
continued until no entire micro-organisms are found on microscopical
examination, a result which can be accomplished in from l 1 /, to 2 hours,
when dealing with 0.5 to 1 g of pasty organisms. It must be remembered
that as the above sequence of operations will take place at about —
190° C., the contents of D are in the condition of a dry powder.
As a result of this process, there is obtained a pasty mass (when
thawed), consisting of the entire substance of the organisms used. Moreover,
this substance, at the moment of thawing, is chemically identical with the
living protoplasm of the cell, the whole disintegration having occurred
under conditions which preclude the possibility of any chemical change
taking place.
This pasty mass is mixed with salt solution (0.75 p. c.), rubbed up in
an agate mortar, and the opaque suspension thus obtained is centrifugal-
ised until free from suspended matter, and an opalescent solution of the
intracellular constituents of the organism results.
The centrifugalisation of such minutely divided material is occas-
sionally a matter of difficulty, more especially if, by chance any unground
organisms are found in the suspension. In those cases, in which a sterile
juice is required the centrifugalisation must be very vigorous, and for this
purpose it has been found that the best results are given by a very simple
form of centrifuge, consisting of a horizontally mounted steel disc (36 in¬
ches in diameter) on the periphery of which are mounted strong glass
tubes in steel cases hung on trunnions, the disc making from 3,000 re¬
volutions per minute. The glass tubes to prevent fracture under the great
strain are floated in mercury, contained in the covering steel tubes. With
such a disc, sterile juices have been obtained.
The centrifugalised celljuice was as a rule equivalent to a 10 per
cent solution of the intracellular constituents obtained. It represented the
intracellular constituents of the typhoid organisms soluble in physiological
salt solution, after a complete disintegration of the cells had been accom¬
plished.
It is this material which was used in the experiments we are about
to describe and it consisted of a bacterial celljuice practically identical
with that contained within the living cell.
These juices likewise had the merit of possessing a constant con¬
stitution, and thus were capable of being standardised as regards their
physiological action.
Y. Demonstration of intracellular toxin.
The first experiments were carried out with the view of testing
whether the typhoid celljuices obtained by cold grinding methods pos¬
sessed any toxic properties. It was found that if such a disintegrated mass
be freed from whole bacilli (if present) and from other suspended in¬
soluble particles by centrifugalisation, an opalescent fluid results which on
inoculation into animals in small doses, invariably proves toxic or fatal.
It was therefore concluded that the typhoid bacillus contains within itself
an intracellular toxin. The toxin thus obtained and employed for ex¬
periment is a ten per cent solution in normal saline of such intracellular
constituents of the typhoid bacillus as are soluble in such a medium.
The standard adopted in estimating the toxicity of the typhoid cell¬
juice was the amount found to prove fatal on intraperitonea] injection
into the guinea pig. The intracellular fluid under these circumstances in¬
variably proved toxic in a short period of time. The toxicity of the juices
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Centralbl. f. Baku etc. I. Abt Originale. Bd. XXXTV. No. 8.
varied pari passu with the virulence of the living bacilli for the guinea
pig. The greater the virulence of the organism employed, the greater
was the toxicity of the intracellular constituents obtained from it, and
vice versa. For example, the toxicity of the plasma obtained from an
organism of which 0.1 ccm of a broth culture killed in a few hours was
greater than in the case of an organism of which larger quantities of a
broth culture failed to produce death in the same period of time.
In the case of a broth culture of the typhoid organism of such a
degree of virulence that >/,« of a cube on intraperitoneal injection,
produced death infive to ten hours, the toxicity of the celljuice obtained
from the same organism would be on an average as follows. On intra¬
peritoneal injection, 1 ccm of such a toxin killed in 3 hours; 0.5 ccm in
3 to 4 hours; 0.2 and 0.1 ccm in 3 to 5 hours; 0.05 ccm in about
12 hours and 0.02 ccm in about 40 hours.
We have likewise obtained a juice of which 0.02 ccm has killed in
six hours.
The best result so far obtained as regards acute toxicity, was in the
case of a 10 per cent toxin of which 0.003 ccm killed within 24 hours.
No organisms were found in the blood or peritoneal cavity on postmortem
examination. The effects were therefore produced by “devitalised” con¬
stituents of the typhoid bacillus. The peritoneal cavity contained a con¬
siderable amount of exudation; haemorrhages were present in the stomach;
the small intestine was acutely congested and the suprarenal capsules were
injected.
Similar resnlts to the above were obtained in a very large number
of repetition experiments and justified the conclusion that the typhoid
bacillus contains an intracellular soluble toxin of considerable power.
The toxin on subcutaneous injection into the guinea pig produced a
toxin oedema at the seat of inoculation, and death has occurred after the
injection of 0.5 ccm and 0.2 ccm of the toxin in about seven days.
One of the effects of a sublethal dose of the toxic juice was the early
and constant appearance in the blood of marked agglutinating properties,
and sometimes this occurred a few hours after e. g., an intravenous in¬
jection. The constant presence of this reaction served to demonstrate the
specificity of the celljuices with which we were dealing.
The heat relationships of the toxins derived from the typhoid bacillus
and other organisms are being investigated, and the results will be pu¬
blished in due course.
VI. Immunising properties of the typhoid celljuices.
It remained to test the typhoid celljuices for immunising and other
properties. The preliminary experiments in this direction were made upon
the rabbit and the monkey. The monkey was selected as an animal most
likely to furnish data of possible application to man. For this purpose
the typhoid celljuice was administered subcutaneously to the monkey. The
injections did not produce any general symptoms beyond a transient rise
in temperature, whilst the material was quickly absorbed after each in¬
jection without any traceable effect.
In this manner doses of 0.5 to 1 ccm of the material were injected
at intervals. An immediate result was the agglutination of the typhoid
bacillus by the serum of the treated monkeys, whereas no such effect was
produced by the serum of monkeys which had not been treated.
This furnished useful evidence that the animals were under the in-
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Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 769
fluence of celljuices derived from the typhoid organism. The injections
were repeated at intervals of 3—4 days, and after a lapse of 4—6 weeks
the animals were bled.
The serum obtained was then tested for immunising properties. The
test objects were 1) a virulent culture of the typhoid bacillus and 2) the
intra-cellular toxic juice of the same organism. A varying amount of the
virulent bacilli and of their toxic celljuice was mixed with a varying
quantity of the serum. The respective mixtures were then injected into
the peritoneal cavity of the guinea pig.
»jThe broth cultures of the typhoid organism used in the experiments
were per se lethal in doses of 0.1 ccm in 5—10 hours. The typhoid
celljuices were fatal in doses of 0.2 and 0.1 ccm in 3—5 hours and in
doses of 0.05 ccm in about 12 hours. The serum was thus tested for
1) specific antibacterial and 2) specific antitoxic properties.
The experiments showed that the serum of the monkey, after in¬
jection of the typhoid celljuices, possessed antibacterial and antitoxic
properties, inasmuch as the serum protected the experimental animals
against the bacilli, and also against an intracellular toxin obtained from
them.
A simultaneous injection of 1) serum with the bacilli, and 2) serum
with the toxic celljuice produced no lethal or toxic effects. The control
animals on the other hand invariably succumbed.
It was further investigated whether the serum possessed preventive
and curative properties.
The serum from treated monkeys was injected into guinea pigs, one
injection being made in each instance, and the same animals received at
an interval of 12—24 hours lethal doses of the typhoid bacillus and of
its toxic intracellular juice respectively. The treated animals survived the
test, whilst the control animals succumbed. It was therefore Concluded
that the serum had protective properties.
A third series of guinea pigs received lethal doses of the typhoid
bacillus and of its toxic celljuice respectively. The serum was then in¬
jected at various intervals into individual animals. It was found that the
lives of the animals could be saved by one injection of the serum, from
a fatal infection or intoxication, even when half of the lethal period had
elapsed in each instance. The serum therefore, possessed curative pro¬
perties. From the experiments made upon the monkey it would appear
1) That by the injection of the intracellular juices of the typhoid organism
into the monkey, it is possible to obtain a serum with both antibacterial
and antitoxic properties; 2) That such a serum possesses curative and
preventive properties as regards the typhoid bacillus and an intracellular
toxin present in the same organism. It is believed that this has furnished
for the first time proof that in the case of one species of pathogenic or¬
ganism, the intracellular juices of the organism when injected into a sui¬
table animal, give rise to the production of a serum which is both
bactericidal to the organism itself and antitoxic as regards a toxin con¬
tained in its substance. How far such properties of the celljuice are
shared by other pathogenic organisms is being made the subject of further
inquiry.
In the case of the rabbits treated with the typhoid celljuice, anti¬
bacterial and antitoxic properties were likewise found to be developed in
their blood. The experiments which have been made with the goat are
confirmatory of the above results, its serum likewise possessed antibacterial
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 49
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770
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8.
and antitoxic properties as regards the typhoid bacillus and the soluble
toxin derived from it. At the present moment the experiments are being
conducted on the horse.
The in vitro experiments that have been made with the various
serums obtained have confirmed the results obtained in the experimental
animals.
In was important to determine, whether in addition to being anti¬
toxic, the serum obtained from the experimental animals was likely under
further treatment to possess an enhanced antitoxic value, and whether as
in the case of diphtheria, any “overproduction” of antitoxin could be de¬
monstrated. We have found that the serum of an animal immunised by
repeated injections of celljuice in doses of 0.2 ccm, can completely neu¬
tralise thetoxic effect of one hundred times the amount of a typhoid
celljuice that is capable of producing death on intraperitoneal injection
into the guinea pig in six hours.
We conclude, therefore, that as the antitoxic value can be raised by
repeated injections, there is every reason to hope that it can be still
further raised by longer treatment.
To those familiar with Ehrlich’s elaborate standardising methods
with regard to the diphtheria toxin, the absence of similar data from this
paper will no doubt be noted. It will, however, be equally obvious that
a method of standardising and testing which has after much experiment
by many observers, reached a high empirical standard of efficiency cannot
be applied to a toxin of an entirely different nature.
We are engaged in the consideration of the best method of stan¬
dardisation to be adopted with special reference to the typhoid toxin and
intracellular toxins in general, and the lengthy experiments involved have
not yet been completed. We must therefore, content ourselves with giving
the protcfcoll of a typical experiment.
Experiments with serum from monkey B.
Injections intraperitoneal.
0.2 ccm toxin killed in 4 J / ? hours.
0.25 „ broth cult, killed m 10 hours.
A. Injection of scrum followed by injection of typhoid culture and
toxin.
At 5 p. m. injection of serum made.
Guinea Pig 1 Guinea Pig 2 Guinea Pig 3 Guinea Pig 4
0.5 ccm 0.25 ccm 1 ccm 1 ccm
the following day at noon
0.25 typ. cult. 0.25 typ. cult. 0.2 toxin 0.1 toxin
B. Simultaneous injection of serum and broth culture of typhoid
bacillus.
Guinea Pig 5 Guinea Pig 6 Guinea Pig 7 Guinea Pig 8
0.5 serum 0.25 serum 0.1 serum 0.05 serum
0.25 broth cult. 0.25 broth cult. 0.25 broth cult 0.25 broth cult.
C. Simultaneous injection of serum and toxin.
Guinea Pig 9 Guinea Pig 10 Guinea Pig 11 Guinea Pig 12
1.0 ccm serum 0.5 ccm serum 0.2 ccm serum 0.1 ccm serum
0.2 „ toxin 0.2 „ toxin 0.2 „ toxin 0.2 „ toxin
D. Injection of typhoid bacillus followed by injection of serum.
Guinea Pig 13 Guinea Pig 14 Guinea Pig 15
At 12.50 0.25 ccm typ. broth cult. 0.25 ccm typ. broth cult. 0.25 ccm typ. broth cult.
At 1.30 At 2.30 At 3.30
0.25 ccm serum 0.4 ccm serum 0.5 ccm serum
Guinea Pig 10 Guinea Pig 17
At 12.50 0.25 ccm typ. broth cult. 0.25 ccm tvp. broth cult.
At 4.30 At 5.30
0.4 ccm serum 0.5 ccm serum
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Macfadyen and Rowland, Intracellular constituents of the typhoid bacillus. 771
E. Injection of toxin followed by injection of serum.
Guinea Pig 18 Guinea Pig 19 Guinea Pig 20 Guinea Pig 21
At 1 p. m. At 1 p. m. At 1 p. m. At 1 p. m.
0.2 ccm toxin 0.2 ccm toxin 0.2 ccm toxin 0.2 ccm toxin
At 1.30 p. m. At 2 p. m. At 2.30 p. m. At 3 p. m.
0.2 ccm serum 0.5 ccm serum 0.7 ccm serum 1 ccm serum
Guinea Pig 22
At 1 p. m.
0.2 ccm toxin
At 3.30 p. m.
1 ccm serum
All the animals survived the above test with the exception of No. 2
which died after two days, and No. 21 which survived 4 1 / 2 hours.
VII. General conclusions.
Experiments are at present being conducted on the horse.
It remains to be seen in how far the results already obtained are
capable of being utilised outside the laboratory in clinical directions.
It appears to us that the results detailed above possess considerable
theoretical interest. The experiments have furnished a demonstration of
the fact that it is possible to prepare a serum in the case of a given or¬
ganism which is bactericidal to the organism in question and antitoxic as
regards a toxin contained within its substance. Further, the experiments
by the demonstration of the presence of a specific intracellular toxin, may,
it is possible, serve to explain the most striking feature in the course of
typhoid fever — the intoxication.
As regards the practical methods of preparing bacteriolytic serums,
an immunisation of the animals* by means of disintegrated cells offers many
advantages in practice, through the absence of serious local reaction and
the rapidity of absorption of the inoculated material.
There appears also, the possibility of obtaining bacterial vaccines of
greater purity and capable of more accurate standardisation in the case
of Enteric Fever, of Plague and other diseases, the symptoms of which
may depend upon the presence of intracellular toxins in their exciting or¬
ganisms. This matter is one that is engaging our careful attention.
In conclusion we have to express our appreciation of the valuable
advice and help afforded by Professor James Dewar. F. R. S. in the
course of these and other investigations.
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49*
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772
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Nachdruck verboteiu
Beitrage zur Biologie des Milzbrandbacillus und sein
Nachweis im Kadaver der grossen Haustiere.
Vod J. Bonf
stadtischem Tierarzt und Leiter des bakteriologisc]
Schlachthofe zu Berlin.
Mit 3 Tafeln.
(Fortsetzung.)
Im ersten Augenblick wird es allerdings befremdlich erscheinen,
daB der tierische Organismus nicht den besseren und zutraglicheren
Nahrboden ffir die Entwickelung pathogener Bakterien darstellt, und
daB er nicht mindestens dasselbe leistet als der tote Nahrboden. Allein
man darf nicht ttbersehen, daB der Tierkbrper fiber natfirliche Schutz-
krfifte verfttgt, die von den pathogenen Bakterien zunfichst ttberwunden
werden mflssen. So z. B. ist durch die Versuche von Fodor (37),
Buchner (38), Nutt all (39) u. a. speziell ffir den Milzbrandbacillus
nachgewiesen, daB das frische Blut bezw. das zellenfreie Blutserum
(Buchner) verschiedener Tierspecies die Milzbrandbacillen abtfitet und
vernichtet. Diese natfirliche Resistenz • kann sich nun bei einzelnen
Individuen zu einer vollkommenen Immunitat steigern. Eine solche
Im muni tfit ist verschiedentlich bei den Immunisierungsversuchen gegen
Milzbrand beobachtet worden, indem von den als Kontrolltiere verwandten
Schafen oder Kaninchen einzelne die Impfung mit Milzbrand fiberstanden.
Eine solche individuelle Immunitat kornmt auch gar nicht so selten bei
Mfiusen vor. Ich habe den negativen Ausfall der zu Demonstrations-
zwecken vorgenommenen Impfung von Mausen mit virulenter Milzbrand-
kultur mehrere Male beobachten konnen. Die Mause zeigten sich mehrere
Tage krank, fiberstanden aber die Infektion, wahrend andere mit der-
selben Kultur geimpfte Tiere prompt innerhalb 24 Stunden starben.
Dieses Lebenbleiben einzelner Mause lafit sich nur durch die Annahme
erklaren, daB auch bei diesen hoch empfanglichen Tieren eine individuelle
Immunitat vorkommen kann.
Zu dieser naturlichen Resistenz der Impftiere kornmt aber noch
hinzu, daB der Milzbrandbacillus leicht fiufieren Schadlichkeiten zugang-
lich ist, welche eine mehr oder minder tiefeingreifende Schw&chung seiner
pathogenen Eigenschaften zur Folge haben und seine Ffihigkeit zur un-
gestorten Entwickelung im Tierkorper beeintrachtigen. Die Mfiglichkeit
einer solchen Virulenzabnahme beweisen vor alien Dingen die Pasteur-
schen Schutzimpfungen und die hiernach vielfach modifizierten Immuni-
sierungsversuche gegen Milzbrand. Behring (40) zeigte, daB die Milz¬
brandbacillen durch die Einwirkung desinfizierender Mittel, wie z. B. von
Aqua chlori, Jodtrichlorid etc., derartig abgeschwacht werden, daB sie
nicht mehr pathogen wirken, wohl aber noch auf NShrbfiden gedeihen.
Weiterhin wissen wir aus den Untersuchungen von Me tschnikoff (41),
daB die auBerhalb des Tierkbrpers im Blute schutzgeimpfter Hammel
geztichteten Milzbrandbacillen fast vollkommen ihre Virulenz verlieren,
so daB von geimpften Kaninchen nur ein einziges an Milzbrand starb.
Phisalix (42) stellte fest, daB die Milzbrandbacillen durch Passage
natfirlich immuner oder wenig empffinglicher Tiere (Hund) abgeschwficht
werden. Diese Tatsachen beweisen die leichte Moglichkeit einer Virulenz-
ert,
£aboratoriams auf dem stadtischen
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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
773
abnahme der Milzbrandbacillen und berechtigen auch zu der Annahme,
daB auch im faulenden Tierkorper durch die Einwirkung der FSulnis-
keime Oder ihrerToxine eine Abschwachung der Virulenz der Milzbrand-
stabchen stattfindet. Und in der Tat scheint die Annahme einer die
Virulenz der Milzbrandbacillen abschw&chenden Wirkung der Ffiulnis-
toxine durch die Versuche von Kostjurin und K rain sky (43) be-
wiesen, welche nach Hinzufttgen einer bestimmten Quantitat von Faulnis-
toxinen zu einer Reinkultur von Milzbrandbacillen den vollstandigen
Verlust ihrer pathogenen Eigenschaften beobachteten, wShrend im Wachs-
tum und in morpboldgischer Beziehung eine Abweichung nicht zu kon-
statieren war. Nach meinen Untersuchungen scheint jedoch diesem Ver¬
lust der Virulenz eine Abnahme der Zahl der lebensfShigen Milzbrand¬
bacillen infolge bakteriolytischsr Wirkung der FSulnistoxine zu Grunde
zu liegen, da nach einer gewissen Zeit der Einwirkung der F&ulnistoxine
(Filtrat von fauligem Blute und fauliger Bouillon) die Milzbrandbacillen
sich fast vollkommen aufgelost zeigten, andererseits aber eine neue
Kultur von diesen mit FSulnistoxinen behandelten Milzbrandbacillen sich
wieder vollkommen virulent zeigte.
Zu der natfirlichen Resistenz der Impftiere und der schwankenden
Virulenz der Milzbrandbacillen gesellt sich nun noch als ein die dia-
gnostische Milzbrandimpfung hauptsachlich ungflnstig beeinflussendes
Moment die antagonistische Wirkung einer ganzen Reibe von Bakterien
auf die Milzbrandbacillen. Die Tatsache, daB die Milzbrandbacillen bei
vorausgeschickter oder gleichzeitiger oder selbst nachfolgender Ver-
impfung von verschiedenen Bakterien im Korper von empfanglichen
Tieren nicht zur Entwickelung gelangen, sondern unter der antagonistischen
Wirkung der letzteren in ihrer pathogenen Wirkung gelahmt und ver-
nichtet werden, ist schon lange bekannt, jedoch bisher ausschlieBlich zu
Immunisierungsversuchen gegen Milzbrand verwertet worden. C. Fraen-
kel (18) hat zuerst darauf hingewiesen, daB in diesem hemmenden Ein-
fluB anderer Bakterien die Erklarung fur den haufigen negativen Ausfall
der diagnostischeu Milzbrandimpfung zu suchen sei. Mit Untersuchungen
iiber den Antagonismus der Bakterien auf die Milzbrandinfektion haben
sich eine ganze Reihe von Autoren beschaftigt.
Emmerich (44), der zuerst Untersuchungen fiber diese Frage an-
stellte, wies ffir die Erysipelkokken eine solche hemmende Wirkung auf
die Milzbrandinfektion nach. Er stellte fest, daB durch gleichzeitige
Verimpfung von Erysipelkokken und Milzbrandbacillen bei Kaninchen
nicht nur die Milzbrandinfektion, sondern sogar die Ausbildung jedweder
Krankheitserscheinungen verhindert werden konne. In einer Versuchs-
reihe blieben von 9 Kaninchen, welche nach Vorbehandlung mit Erysipel¬
kokken mit virulenten Milzbrandbacillen subkutan geimpft wurden, 7 am
Leben, wahrend die gleiche Anzahl Kontrolltiere prompt an Milz¬
brand starb.
Pawlowsky (45) hat die Versuche Emmerichs bestfitigt, zeigte
aber dann, daB noch der Pneumoniebacillus von Friedlfinder und der
Micrococcus prodigiosus im stande sind, die Milzbrandinfektion
hemmend zu beeinflussen. Zu denselben Resultaten in Betreff des Antago¬
nismus der Erysipelkokken auf die Milzbrandbacillen gelangte D 6 h 1 e (46).
Mfihlmann (47) konstatierte, daB die Milzbrandbacillen in Symbiose
mit dem DiplococcusFraenkel die Fahigkeit verlieren. Kaninchen
todlich an Milzbrand zu infizieren. Nach den Untersuchungen von
Olitz ky erwies sich der Bac. fluorescens als ausgesprochener Anta-
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774
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
gonist den Milzbrandbacillen gegeniiber und zwar durch Giftwirkung.
Bouchard (49) bewies dasselbe fttr den Bac. prodigiosus und den
Bac. pyocyaneus. In Betreff des letzteren nimmt er einen hem-
menden EinfluB der Stoffwechselprodukte desselben auf den Verlauf der
Milzbrandinfektion an. Zu demselben Resultat gelangten auf Grund von
Versuchen mit sterilisierten Pyocyaneus-Kulturen Woodhead und
Wood (50) und Roger (51). Buchner (52) erzielte durch gleich-
zeitige oder nachfolgende subkutane Verimpfung von lebenden oder ab-
getOteten Eulturen der Fried land erschen Pneumoniebacillen eine
Hemmung der Milzbrandinfektion bei 21 Kaninchen, und zwar dauernde
Heilung in 11 F&llen, Hinausschiebung des Todes in 10 Fallen, w&hrend
8 Kontrolltiere in der normalen Zeit an Milzbrand starben. Als Ursache
der Hemmungswirkung auf die Milzbrandinfektion sieht Buchner die
eitrige Entzflndung an der Impfstelle an, welche sowohl durch lebende
wie sterilisierte Eulturen hervorgerufen wird.
v. Dungern (53) ftthrt die eklatante antagonistische Wirkung der
FriedlBnderschen Bacillen auf die Milzbrandinfektion auf eine ge-
steigerte Tatigkeit der Leukocyten zurflck, welche unter dem EinfluB der
Stoffwechselprodukte des Fried 1 &nderschen Bacillus sich in grbBerer
Zahl ansammeln und die Milzbrandbacillen aufnehmen und zerstdren.
Weiterhin konnten Baumgarten und Czaplewsky (54) an
Meerschweinchen, Beco (55) und G. Frank (56) an M&usen feststellen,
daB die gleichzeitige Verimpfung einer Mischkultur von Staphylokokken
und Milzbrandbacillen die Milzbrandinfektion unterdriickt. Der Regel
nach sterben die MMuse an Staphylokokkenseptik&mie und nur aus-
nahmsweise an protrahiertem Milzbrand.
Sodann sind verschiedene Untersuchungen uber die antagonistische
und heilende Wirkung der Stoffwechselprodukte des Bac. pyocyaneus
auf die Milzbrandinfektion angestellt worden. Emmerich und seine
Mitarbeiter (1. c.) stellten fest, daB die Milzbrandbacillen im Tierkdrper
und in Bouillonkulturen durch den Bac. pyocyanens bezw. seine
Stoffwechselprodukte in kurzer Zeit abgetbtet und durch Quellung und
eine Art Verdauung vollstUndig aufgelost werden. Es handelt sich hierbei
nach Emmerich um ein proteolytisches Enzym, welches erPyocyanase
nennt. Infolge der Einwirkung der Pyocyanase tritt nicht eine wahre
Virulenzabnahme der Milzbrandbacillen ein, wie Charrin (1. c.) an-
genommen hat, sondern es handelt sich um eine progressive Abtotung
und Aufldsung einer von Tag zu Tag zunehmenden Zahl von Milzbrand¬
bacillen. Hierdurch allein wird der Tod der Impftiere hinausgeschoben
oder letztere bleiben am Leben.
Nach Dietrich (57), welcher die tatsBchlichen Angaben von Emme¬
rich best&tigt, soil es sich nicht um einen VerdauungsprozeB durch ein
Enzym, sondern um ein Absterben der Milzbrandbacillen in einem far
sie ungeeigneten Medium handeln. Alsdann erfolge eine Auflbsung der
Bacillen, wobei osmotische Verh<nisse eine groBe Rolle spielen (Plas-
molyse und Plasmoptyse).
Nach den obigen Ausfflhrungen konnen eine ganze Reihe von Bak-
terien, die Qberall vorkommen und auch sekund&r in Milzbrandkadavern
sich ansiedeln konnen, einen hemmenden EinfluB aui die Milzbrand¬
infektion ausQben. Wir mflssen demnacb mit der Mdglichkeit eines
solchen hemmenden Einflusses durch sekund&re Bakterien, wodurch der
Tierversuch von vornherein ungflnstig beeinfluBt wird, auch in der Praxis
rechnen. Es kann dither nicht befremdlich erscheinen, daB die dia-
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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzorandbacillus etc.
775
gnostische Milzbrandimpfung so oft im Stiche l&Bt und nicht das leistet,
was man bisher von ihr vorausgesetzt hat. Eine entscheidende Be-
deutnng fflr die Milzbranddiagnose, besonders in den zweifelhaften Fallen,
ist der Impfung nicbt linger beizumessen, wie man bisher getan hat.
3. Der Nachweis der Milzhrandhacillen dnrch Plattenkaltur.
Der Nachweis der Milzbrandbacillen durch das Plattenverfahren
stiltzt sich auf die Annahme, dafi denselben ein ganz cbarakteristisches
Wachstum eigen tflmlich ist, wodurch ein leichtes Erkennen an dem Aus-
sehen der Kolonie auch in einem Bakteriengemisch ermoglicht ist. Als
typisch fflr den Milzbrand wird allgemein sein Wachstum auf der Gela¬
tine- oder Agarplatte angesehen (Koch, Flflgge). Einen Unterschied
im Wachstum auf diesen beiden N&hrbbden habe ich nicht konstatieren
konnen. Die Verwendung des Agars hat aber vor deijenigen der Gela¬
tine den Vorzug, dad er selbst bei hoher Aufientemperatur fest bleibt,
was den weiteren Vorteil in sich schlieBt, dad die Agarplatten viel eher
ein Wachstum erkennen lassen konnen als die Gelatineplatten, da erstere
ein Bebriiten bei dem Temperaturoptimum von 37 0 ermQglichen, w&hrend
letztere bei einer Temperatur unter 22° gehalten werden mflssen, da
sonst die Gelatine sich verflflssigt und der Nachweis von Milzbrand-
kolonieen in Frage gestellt wird. Der Milzbrandbacillus bildet bekannt-
lich auf der Oberfl&che der Agar- und Gelatineplatte schon gelockte,
medusenhaupt&hnliche Kolonieen (Phot. 4), welche makroskopisch ein
weides, atlasgl&nzendes Aussehen besitzen. Allerdings zeigen die Ko¬
lonieen gewisser St&bchen, welche in die Gruppe der Heu oder Wurzel-
bacillen gehbren, ebenfalls einen gelockten Rand (Phot. 6). Doch ist
die Lockenbildung weniger zierlich, regelm&Big und deutlich ausgepr>.
Auch erreichen jene Kolonieen moistens eine betrlchtliche Gr6Be, da
sie das Bestreben zeigen, sich oberflachlich auszubreiten. Eine sichere
Unterscheidung wird in zweifelhaften Fallen durch die Vergleichung
des Zentrums der Kolonie oder der in der Tiefe gewachsenen Kolonieen
herbeigefflhrt. In der Tiefe der Agarschicht wSchst der Milzbrand¬
bacillus ebenso charakteristisch wie auf der Oberfl&che. Die tiefen Milz-
brandkolonieen gleichen makroskopisch kleinsten, mit zarten Ausl&ufern
versehenen Flaumfederchen. Bei 50-facher VergrSderung erscheinen sie
als grauschwarze unregelm&Bige Gebilde, welche ein eigentliches Zentrum
nicht erkennen lassen und aus wenigen starren oder leicht gebogenen
Auslaufern gebildet werden. Die tiefe Milzbrandkolonie setzt sich zu-
sammen aus verschieden groBen, grobkornigen, ovalen Stucken, welche
durch rankenartige F&den und knotige Aestchen miteinander verbunden
sind. Das Ganze besitzt ein moosartiges Aussehen und kann mit dem
Kelche einer Moosrose verglichen werden (Phot 5, 8). Die tiefen
Kolonieen der fttr eine Verwechselung in Frage kommenden „Heu- oder
Wurzelbacillen“ besitzen viele fadenfdrmige, mehr geradlinig verlaufende
strahlige Ausl&ufer und Verastelungen, so daft der Vergleich mit der
Haarkrone einer Distel zutreffend erscheint (Phot. 7, 9).
An der unteren Fllche zwischen Glas und Agarschicht w&chst der
Milzbrandbacillus zu einem feinen, dflnn gelockten Belage aus. Tritt
von den in der Tiefe gewachsenen Kolonieen einer von den in ver-
schiedener Ebene liegenden Auslaufern an die Oberfl&che, so bildet
er sofort Haarlocken, die alsdann zu einer kometenschweifartigen Kolonie
auswachsen.
Die Gr6Be der oberfl&chlichen und auch der tief gelegenen Kolonieen
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776 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
h&ngt von dem mehr oder weniger dichten Wachstum ab. Die ober-
flachlichen Milzbrandkolonieen zeigen jedoch selbst bei isoliertem Auf-
gehen der Eolonieen bedeutend weniger Tendenz zum Oberflfichen-
wachstum und erreichen deshalb nicht die GrQBe wie die in ahnlich
aussehenden Eolonieen wachsenden und saprophytisch vorkommenden
Stabchenarten.
Das beschriebene charakteristische Aussehen der in der Tiefe ge-
wachsenen Eolonieen, sowie die Bildung von feinen, deutlich hervor-
tretenden Locken in Gestalt eines Eometenschweifes, sobald einer der
wenigen Auslaufer die Oberflache der Agarschicht erreicht hat, gewahren
sichere Anhaltspunkte fiir die Erkennung einer Milzbrandkolonie auch
unter unzahligen anderen Eolonieen (Phot. 8). Bemerken mo elite ich
noch, daB die deutliche Lockenbildung der Milzbrandkolonieen nur in
den ersten 2 Tagen vorhanden ist, mit Eintritt der Sporenbildung je¬
doch allmahlich an Deutlichkeit abnimmt und verschwindet.
In samtlichen Versuchen hat sich nun ergeben, daB das Platten-
verfahren gegenuber der Impfung und dem morphologischen Nachweise
im gefarbten Deckglasausstriche am sichersten zu einer richtigen
Diagnose fuhrt. Dasselbe leistete in jedem einzelnen Falle mehr wie
das Ausstrichpraparat, von der Impfung gar nicht zu reden, und selbst
noch mehrere Tage spater, wenn der Nachweis im gefarbten Ausstriche
nicht mehr gelang, gingen noch typische Milzbrandkolonieen auf, welche
aus dem Bakteriengemisch isoliert auf ihre sonstigen biologischen Eigen-
schaften geprflft werden konnten. Nur bei einer Untersuchungsprobe
(No. 6), welche in einer Flasche mit der Aufschrift „Earbolsaure“) flber-
wiesen wurde, gingen schon vom 2. Tage der Untersuchung an in den
angelegten Platten keine Milzbrandkolonieen mehr auf, wahrend in den
Ausstrichpraparaten noch mehrere Tage lang Milzbrandbacillen nachzu-
weisen waren. Durch Nachfrage bestatigte sich der Verdacht, daB vor
dem Einfullen des Milzbrandmaterials reine Earbolshure sich in der
Flasche befunden hatte, welche man durch einmaliges Ausspulen zu
entfernen versucht hatte. Durch Nacbprufung in der Weise, daB nach
Benetzen der Innenwand einer Flasche durch Ausspulen mit 3-proz.
Earbolwasser abgestrichene Pulpa einer Milzbrandmilz in dieselbe ein-
gefttllt wurde, konnte in der Tat die intensive abtotende Eraft der stark
verdflnnten Earbolsaure auf die Milzbrandbacillen festgestellt werden,
wie dieses bereits Eoch (Id) hervorgehoben hat Somit fand der an-
fangs Qberraschende negative Plattenbefund auf einfache Weise seine
Erklarung.
Meine Versuchsergebnisse bestatigen die von C. Fraenkel ge-
machten Beobachtungen (1. c.) und stehen auch im Einklange mit den
seit einer Reihe von Jahren im hygienischen Institute der tierkrzt-
lichen Hochschule zu Berlin bei den bakteriologischen Milzbrandfest-
stellungen Qber die Zuverlassigkeit des Plattenverfahrens gemachten
Erfahrungen.
J o h n e und E1 e 11 (1. c.) haben eine Lebensfahigkeit der Milz¬
brandbacillen so lange angenommen, als dieselbe mit gut differenzierter
Eapsel sich prasentieren. Auf Grund meiner Untersuchungen stimme
ich im allgemeinen dieser Ansicht zu, soweit das Unversehrtsein als
Bedingung fttr die Lebensfahigkeit sich auf den Bacillenleib bezieht.
Denn eine Bacillenkapsel ist nicht stets vorhanden, und dennoch sind,
wie aus den Versuchstabellen zu ersehen ist, die Milzbrandbacillen noch
lebens- und keimfahig. Ja selbst .wenn die Milzbrandbacillen auf-
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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
777
fallende bakteriolytische VerSnderungen zeigten, der Bacillenleib unge-
f&rbte Liicken aufwies, gingen in den Flatten noch Milzbrandkolonieen
auf. Es steht dies im Einklange mit Feststellungen von A. Fischer
(1. c.), wonach die Bakteriolyse sich wieder volist&ndig ausgleichen kann,
ohne daG durch dieselbe die Lebensfahigkeit der Bacillen beeintr&chtigt
worden ware. Nun sind einzelne Autoren auf Grund von Versuchen,
bei welchen der Nachweis der Milzbrandbacillen durch Impfung gelang,
das Kulturverfahren aber im Sticbe lied, zu der Ansicht gelangt, daG
die Keimfahigkeit des Milzbrandbacillus eher schwindet Oder durch die
Faulnisbakterien unterdrflckt wird als die Infektionsfahigkeit. Hierauf
dUrfte auch die bisherige Vorliebe fiir die Impfung bei der Milzbrand-
feststellung gegenttber dem Kulturverfahren zum Teil zuriickzuftthren
sein. Lange (1. c.) begrilndet seine Meinung, daG „die Impfung das
feinere und scharfere Reagens auf Milzbrand a darstellt, mit dem Hin-
weis, „daG die Milzbrandbacillen durch die ubermaGige Konkurrenz der
reichlich entwickelten Faulniskeime geschwacht und ttberwunden werden,
wahrend andererseits bei der relativen Unschadlichkeit vieler Faulnis¬
keime fflr den tierischen Organismus Oder auch dadurch, daG letztere
den tierischen Organismus schwachen und selbst wenig virulentem und
abgeschwSchtem Milzbrand gegenflber resistenzunfahig machen, beim
Tierversuche die MOglichkeit fttr das Zustandekommen einer Milzbrand-
infektion weit gunstiger liegen“. Diese Ansicht Langes ist, wie
C. Fraenkel (1. c.) in seiner Arbeit bereits bewiesen und wie aus
meinen Versuchen mit Sicherheit hervorgeht, als unrichtig zu bezeichnen.
DaG die pathogenen Eigenschaften der Bakterien, ihre Virulenz, auGer-
halb des Tierkorpers bedeutend fruher verschwinden als die Keimfahig¬
keit, lehrt die taglich zu machende Beobachtung beim kttnstlichen Fort-
zttchten pathogener Bakterien. Dieselben konnen ihrer Virulenz voll-
standig verlustig geworden sein, aber dennoch besitzen sie fflr lange
Zeit noch ihr Fortpflanzungsvermogen. Vor alien Dingen ist aber in
Betracht zu ziehen, daG die antagonistische Wirkung der verschiedenen
Bakterien auf virulente Milzbrandbacillen sich nur im Tierkorper und
nicht in der Kultur, weder in flflssigen noch auf festen Nahrbodeu,
geltend macht. Buchner und v. Dun gem (1. c.) u. a. haben be¬
wiesen, daG die antagonistische Wirkung auf die Milzbrandinfektion nicht
auf eine bakterizide Wirkung oder auf eine Entwickelungshemmung
Oder selbst auf eine wirkliche Abschw&chung der Milzbrandbacillen zu-
rflckzufflhren ist, sondern daG die hemmende Wirkung der Bakterien
auf die Milzbrandinfektion auf einer antitoxischen Wirkung beruht,
welche im Tierkorper durch die Einwirkung der letzteren auf die Ge-
webszellen bedingt wird.
Wie Emmerich fflr die Erysipelkokken, Pawlowsky fflr den
Micrococcus prodigiosus, v.Dungern fflr den Friedl&nder-
schen Pneumoniebacillus, Beco u. a. fttr die Staphylokokken u. s. w.,
so habe ich in gleicher Weise fflr Bact. coli, Proteus, Bac. bu-
tyricus, Bac. acidi lact., Bac. phosphorescens, den Bacillus
der KSlberruhr und der Schweinepest, fttr Staphylococcus albus
und verschiedene Faulnisstabchen einen wachstumshemmenden EinfluG
auf den Milzbrandbacillus nicht nachweisen kdnnen. Auch die Aus-
keimung von Milzbrandsporen wird durch diese Bakterien nicht ver-
hindert, wohl aber wird die Sporenbildung in mehr Oder weniger er-
heblichem Grade ungttnstig beeinfluGt. Es muG demnach als bewiesen
angesehen werden, daG die Infektiosit&t der Milzbrandbacillen, nicht
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778 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
aber ihre Keimf&higkeit, durch andere Bakterien gehemmt und aufge-
hoben werden kann. Hierzu kommt aber noch, daB eine tddlich endende
Milzbrandinfektion auch von der Zahl der Milzbrandbacillen abb an gig
ist, wie F. Klemperer, Gabritsche wsky (58) und Sobern-
heim (59) nachgewiesen haben. Kaninchen konnten 30—140 virulent©
Milzbrandbacillen ertragen, ohne zu sterben. Nach meinen Versuchen
sind 7—10 Milzbrandbacillen erforderlich, um bei MHusen eine in 3—5
Tagen tddlich endende Milzbrandinfektion herbeizufiihren (s. w. u.).
Nach Klemperer sind 4—5 Milzbrandbacillen zu einer tddlichen In-
fektion bei M&usen erforderlich. Im faulenden Milzbrandmaterial nimmt
aber die Zahl der lebensf&higen Milzbrandbacillen von Tag zu Tag
rapide ab, wovon man sich durch Plattenaussaat leicht hberzeugen
kann. Es ist also stets die Moglichkeit vorhanden, daB zu einem ge-
wissen Zeitpunkt, wo die Untersuchung stattfindet, lebensf&hige Milz¬
brandbacillen in der fiir eine tddliche Infektion erforderlichen Zahl nicht
mehr in dem verimpften Untersuchungsmaterial sich vorfinden, die aber
in der Platte noch sehr gut nachzuweisen sind.
Durch die obigen Ausfuhrungen glaube ich bewiesen zu haben,
daB das Plattenverfahren gegeniiber der Tierimpfung bei der Milzbrand-
diagnose eine grdBere Sicherheit gew&hrt und den Vorzug verdient,
und es ist anzunehmen, daB in den Fallen, in denen das Tierexperiment
gelang, die Plattenkultur aber angeblich im Stiche lieB, auch auf der
Platte sich lebensfahige Keime haben entwickeln miissen, daB aber deren
Kolonieen iibersehen worden sind. Ich mochte die Fehlresultate, welch©
einzelne Autoren bei dem Plattenverfahren erhalten haben, darauf zu-
rfickfiihren, daB nur die oberflachlich gewachsenen Kolonieen auf Haar-
lockenbildung gepriift wurden, die in der Tiefe gewachsenen Milzbrand-
kolonieen als solche jedoch nicht erkannt worden sind, oder aber daB
die Durchmusterung der dicht bewachsenen Platten unterlassen wurde
in der Meinung, daB in letzteren ein Erkennen von Milzbrandkolonieen
unmdglich sei. Jedoch selbst in einer dicht bewachsenen Platte lassen
sich an den von mil* angegebenen Merkmalen die in der Tiefe aufge-
gangenen Milzbrandkolonieen als solche erkennen. Diese muB man auf-
suchen, da in den Platten von faulem Milzbrandmaterial bei dem dichten
Wachstum die Lockenbildung auf der Oberflache fast vollkommen unter-
driickt wird. AnBerdem kommt es aber auch bei der Untersuchung von
faulem Milzbrandmaterial sehr viel auf den Grad der Verdfinnung in
der zur Platte ausgegossenen Kulturmasse an. Nehmen wir z. B. an,
in dem zur ersten Verdiinnung in 10 ccm Agar verwandten Milzbrand¬
material (3 Oesen) bef&nden sich noch 10 entwickelungsf£hige Milz¬
brandbacillen. Von diesen 10 ccm Kulturmasse des Rohrchens No. 1
werden wiederum 3 Oesen auf Rdhrchen No. 2 und von letzterem drei
Oesen auf Rohrchen No. 3 Ubertragen, dann ist bei der minimalen
Menge, welche zum Anlegcn der Platte No. 2 dem Rohrchen No. 1
entnommen wird, die groBte Wahrscheinlichkeit vorhanden, daB kein
einziger entwickelungsfahiger Milzbrandbacillus auf die Platte No. 2 ge-
langt und noch weniger auf die Platte No. 2. In der Platte No. 1 sind
aber die Milzbrandkolonieen iiberwuchert und unter der iiberm&Big
grofien Zahl der aufgegangenen Kolonieen von F&ulnisbakterien nicht
zu erkennen. Es ist eine einfache Wahrscheinlichkeitsrechnung, die sich
aus den angegebenen Zahlen: 10 Milzbrandbacillen auf 10 ccm Kultur¬
masse und hiervon 3 Oesen = 0,01 ccm, ohne weiteres ergibt, und
nach welcher man auf das Aufgehen von Milzbrandkolonieen in der
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Bongert, BeitiSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
779
Platte No. 2 kaum rechnen kann. Man kann lOOmal je 3 Oesen dent
Rdhrchen No. 1 entnehmen und zu ebensovielen Platten ausgiefien,
dann hat man lmal die Aussicht, daB 1 Milzbrandkolonie aufgeht. Dem-
nach wird man in solchen Fallen, wo weit vorgeschrittene Fftulnis-
prozesse eine Starke Abnahme der lebensfahigen Milzbrandbacillen ver-
muten lassen, gem&B dieser einfachen Ueberlegung nicht in der Oblichen
Verdflnnung 3—4 Platten anlegen, sondern man verteilt die ganze
Kulturmasse der ersten VerdOnnung auf eine groBere Anzahl von
Rdhrchen und giefit diese zu ebenso vielen Platten aus. Hierdurch er-
reicht man, dafi die wenigen noch vorhandenen keimfahigen Milzbrand¬
bacillen als erkennbare Kolonieen trotz des starken Bakteriengehaltes
von Faulnisstabchen aufgehen und sich nicht der Feststellung entziehen.
Das Plattenverfahren bietet aufier der groBeren Zuverlassigkeit noch
den Vorteil, daB man die charakteristisch erscheinenden Kolonieen
isolieren und die weiteren biologischen Verhfiltnisse, vor alien Dingen
die Pathogenitat mit den Reinkulturen, priifen kann. In zweifelhaften
Fallen, namentlich bei milzbranddhnlichen Kulturen, kann man in der
Regel schon durch ein gefarbtes Ausstrichpraparat Oder durch die
Untersuchung im hangenden Tropfen auf etwaige Beweglichkeit mit
Leichtigkeit eine Unterscheidung von Milzbrandbacillen herbeifflhren, da
die saprophytischen Stabchen, welche in der Platte ein ahnliches Wachs-
tum zeigen, wie der Milzbrandbacillus. nach’ meiner Erfahrung zum
Unterschied von letzteren alle beweglich sind. Auch die Bouillonkultur
bietet in der Regel sichere differentialdiagnostische Merkmale. Wahrend
die Milzbrandbacillen die Bouillon klar lassen und auf dem Boden des
Rdhrchens in Form eines feinen flockigen Niederschlages wachsen, der
aus einem Gewirr von langen Milzbrandfaden besteht, durchwachsen
jene Stabchen die Bouillon gleichmaBig, da sie beweglich sind, und
bilden alsdann unter gleichzeitiger Klarung der Bouillon und Sedimen-
tierung eine Kahmhaut, welche sich durch Schfltteln nicht zerteilen laBt.
Endlich gestattet die Plattenkultur in zweifelhaften Fallen noch die
Priifung der Pathogenitat mit der Reinkultur. Ich habe eine grdBere
Anzahl von Stabchen verschiedenster Provenienz mit milzbrandahnlichem
Wachstum auf der Platte isoliert, aber alle zeigten sich nicht pathogen.
Nach Verimpfen von groBen Dosen (1 ccm Bouillonkultur) starben die
Mause nur vereinzelt, in der Milz fanden sich jedoch keine milzbrand¬
ahnlichen Kapselstabchen, sondern die verimpften Stabchen als ver-
einzelte plumpe Langstabchen mit abgerundeten Enden. Durch Tier-
passage erlangten letztere keine hdhere Virulenz, sondern was den ganz
vereinzelten Tod der Mause nach langer als 48 Stunden zur Folge hatte,
war die Masse des verimpften Materials. Man kann also bei zweifel-
haftem Plattenbefunde nach den bis jetzt vorliegenden Erfahrungen eine
sichere Diagnose herbeifflhren.
Nachdem der Beweis der Zuverlassigkeit des Plattenverfahrens er-
bracht ist, ist noch nachzuweisen, ob der Milzbrandbacillus, auch im ab-
geschwachten Zustande das oben beschriebene als typisch anzusehende
Wachstum zeigt. Es ist die Konstanz des Wachstums auf der Platte
zu beweisen. Ich habe nun versucht, nach den verschiedensten Me-
thoden eine grdBere Anzahl von verschiedenen Milzbrandstammen ab-
zuschwflchen. Es war mir aufgefallen, dafi die Pasteurschen Milz-
brandvaccins in der Platte ein ganz differentes Wachstum zeigten,
welches mit dem der Milzbrandkolonieen keine Aehnlichkeit mehr besaB.
Die Kolonieen sind geschlossen, zeigen nur einen leicht gewellten Rand,
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780 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
aber keine Haarlockenbildung. (Phot. No. 10.) Die tiefen Kolonieen
sind unregelm&llig rund, grauschwarz, ohne Ausl&ufer. Die Bouillon-
kultur ist getrfibt, nach beendigtem Wachstum klart sie sich unter
Bildung eines flockigen Bodensatzes. Die Stabchen, welche linger und
d(inner wie die Milzbrandbacillen sind, bilden in der Bouillon keine
langen F&den, sondern nur kurze, 2—3gliedrige VerbSnde. M&use,
Kaninchen, Meerschweinchen sterben innerhalb 24—72 Stunden mit dem
Bacillenbefunde, wie beim Milzbrande, jedoch sind die Kapselst&bchen
linger wie bei ersterem. Mit ziemlich flbereinstimmendem Resultat
habe ich 4 Vaccinproben, 2 aus Stuttgart und 2 aus Paris, nntersucbt.
Ich versuchte nun 4 verschiedene Milzbrandst&mme nach derPasteur-
schen Methode in Vaccins liberzufiihren. Als ich die bei 42—43° C
gehaltenen Kulturen nach 14 Tagen durch Plattenaussaat prflfte
(Vaccine II), zeigten die aufgegangenen Kolonieen das charakteristische
Aussehen der Milzbrandkolonieen. Mit demselben Resultat untersuchte
ich nach 4 und 5 Wochen die bei 42—43° gehaltenen Bouillonkulturen
auf das Aussehen der aufgegangenen Kolonieen (Vaccin I). Das einzig
Auffallende war die Starke Abnahme der Zahl der aufgegangenen
Kolonieen, welche in ihrem Aussehen vollst&ndig mit Milzbrandkolonieen
flbereinstimmten. Von 8 Mausen, mit 1 und 2 Oesen 5-w5chiger bei
42—43° gehaltenen Bouillonkulturen geimpft, gingen 7 innerhalb 3—7
Tagen an Milzbrand ein, 1 Maus blieb am Leben, w&hrend 4 mit den
nicht erhitzten Ausgangskulturen geimpfte Kontrollm&use innerhalb
24 Stunden an Milzbrand starben. Bei den an protrahiertem Milzbrand
eingegangenen Mausen waren durch Ausstrich und Kultur Milzbrand¬
bacillen nicht nachzuweisen. Nach 6 Wochen langer Kultivierung bei
42—43° blieben samtliche Platten steril. 4 M&use, mit je 2 Oesen
subkutan geimpft, blieben gesund. Als ich jedoch zu jeder Platte
0,25 ccm von jeder der 4 bei 42—43® gehaltenen Bouillonkulturen ver-
wandte, gingen nur in 1 Platte 3 typische Milzbrandkolonieen auf, die
anderen 3 Platten blieben auch bei dieser reichlichen Aussaat steril.
Ich impfte nun mit den aufgegangenen Milzbrandkolonieen 2 M&use mit
je einer Oese, desgleichen 2 andere M&use mit einer Kultur, welche ich
aus einer am 6. Tage nach der Impfung mit einer 5 Wochen lang er¬
hitzten Kultur gestorbenen Maus erhalten hatte. S&mtliche 4 M&use starben
prompt innerhalb 24—36 Stunden. Die gleiche Verzogerung des Todes
erzielte ich bei M&usen, wie bei der Impfung mit der 5 Wochen bei
42-43® kultivierten Milzbrandkulturen, mit der 2. Verdfinnung von
virulenten Milzbrandkulturen, welche in 0,2 ccm 7—30 Milzbrandbacillen
enthielt Die Bestimmung der Bacillenzahl geschah durch Plattenkultur
mit derselben Kulturmenge. Aus dem Versuche geht also hervor, daft
durch die permanente Kultivierung bei 42—43 0 eine allm&hliche Abnahme
der Zahl der lebensf&higen Milzbrandbacillen herbeigefiihrt wird, aber
keine Abschwachung im wahren Sinne des Wortes. Mit der Kultivie¬
rung von 4 anderen Milzbrandst&mmen bei 42—43 ® erzielte ich kein
anderes Resultat. Es trat ebenfalls nur eine allm&hliche Abnahme der
entwickelungsf&higen Milzbrandbacillen ein, bis schliefilich nach 5 bis
6 Wochen nur noch sehr wenige Milzbrandbacillen vorhanden waren,
so daft erst bei Verimpfung von 0,2 ccm Kultur die M&use nach 5 bis
7 Tagen an protahiertem Milzbrand mit in der Regel negativem Bacillen¬
befunde starben. Die in den Platten aufgegangenen Kolonieen zeigten
jedoch das typische Aussehen der Milzbrandkolonieen.
R. Koch, Gaffky und Loeffler (lc.) erzielten nach der
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Bongert, BeitrSge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
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Pasteurscben Methode der Kultivierung bei 42—43° C nach 29 Tagen
wirklich abgeschwachten Milzbrand, welcher sich auch bei der Weiter-
zttchtung fbr Meerscbweinchen und MSuse selbst bei Verimpfuiig grofier
Dosen vollkommen avirulent erwies. Die physiologische Unwirksamkeit
vererbte sieh von Generation zu Generation. Die Form der Bacillen
hatte sich in keiner Weise gettndert. Sie bildeten lange Faden mit
scharf abgesetzter Gliedernng und in diesen Sporen, wie der virulente
Milzbrandbacillus. Es konnte mehrere Male beobachtet werden, als die
Abschwachung der Bouillonkulturen sicb bemerkbar machte, dad nur
vereinzelte Kolonieen in den von ersteren abgeimpften Gelatinekulturen
aufgingen. Diese Kolonieen zeigten zum Unterschiede von virulenten
Milzbrandkolonieen keine kraftige Fadenentwickelung „die Kolonie blieb
im ganzen kleiner, die Faden waren kurz, stark gewunden, gekrauselt“.
Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigten die einzelnen Glieder
kolbige und wurstf5rmige Auftreibungen. Die abnorme Entwickelung
zeigte sich jedoch nur in der ersten Generation; sobald eine solche
Kultur weiter Uberimpft wurde, stellte sich sogleich das typische Bild
des Milzbrandwachstums wieder ein.
Koch und seine Mitarbeiter ftthren dieses „pathologische Wachsen 44
auf den EinfluB der mitverimpften Zersetzungsprodukte zurttck, welche
sich in der Bouillon durch das Wachsen der Milzbrandbacillen gebildet
haben.
Mit der Pasteurschen Methode erzielten Koch, Gaffky und
Ldffler eine vollkommene Abschwachung der Milzbrandbacillen unter
gleichzeitigem Abnehmen der Zahl derselben, Bildung von Involutions-
formen und in einzelnen Fallen unter vorttbergehender Veranderung des
typischen Wachstums der Milzbrandkolonie. Meine Fehlresultate in Be-
treff einer wirklichen Abschwachung des Milzbrandbacillus mochte ich
auf die Verwendung von Rinderbouillon als Nahrmaterial zurttckftthren,
wahrend Koch und seine Mitarbeiter gem ail den Anlagen Pasteurs
Htthnerbouillon benutzten. Ohne Zweifel hat aber der Nahrboden auf
die Virulenz der Milzbrandbacillen einen EinfluB und dieses um so
mehr, wie aus den Beobachtungen Metschnikoffs (1. c.) zu folgern
ist, wenn zur Herstellung des Nahrbodens Fleisch von einem milzbrand-
imm unen Tier, so z. B. vom Huhn, verwandt wird. Spater habe ich die
Methode der Abschwachung des Milzbrandes nach Pasteur nochmals
mit Verwendung von Hahnerbouillon an 2 Milzbrandstammen versucht
und konnte nun in der Tat nach 27 Tagen eine allmahliche Umwand-
lung der vorher typisch gewachsenen Milzbrandkolonieen in vaccinahn-
liche Kolonieen mit gleichzeitiger Abnahme der Virulenz feststellen.
Eine Konstanz der vaccinahnlichen Kolonieen wurde jedoch erst mit
dem 38. Tage der Zttchtung erreicht. Vorher nahmen die von der Platte
abgeimpften geschlossenen, atypischen Milzbrandkolonieen mit vaccin-
ahnlichem Aussehen bei der Fortztichtung wieder normales Wachstum
mit Lockenbildung an. Der UmwandelungsprozeB in vaccinahnliche
Kolonieen spielte sich in den Htthnerbouillonkulturen in derselben Weise
ab, wie bei den weiter unten erwahnten Methoden der Abschwachung,
weshalb ich darauf verweisen mdchte. Der Umstand, daB Koch und
seine Mitarbeiter kein dauerndes atypisches Wachstum der abgeschwachten
Milzbrandkulturen erzielen konnten, dttrfte auf die nicht lange genug
fortgesetzte Zttchtung bei 42—43° zurttckzuftthren sein. In neuester
Zeit hat sich eingehend mit Untersuchungen aber die Abschwachung der
Milzbrandbacillen nach der Pasteurschen Methode Sobernheim (59)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
besch&ftigt. S. konstatierte bei seinen abgeschw&chten Milzbrand-
stQmmen auBer verzogertem Wachstum keine Abweichung von virulenten
Milzbrandbacillen, auch nicht in der Form, w ah rend die Pasteur schen
Vaccins aufier Wachstumverzogerung auch Formabweichungen in sonst
typischen Kolonieen auf Gelatine zeigten. Letzteres habe ich nicht be-
statigen k5nnen. Sowohl auf der Gelatine- wie Agarplatte zeigen die
Pasteur schen Vaccins atypisches Wachstum, geschlossene Kolonieen
ohne Haarlockenbildung. S. fiihrt die abweichende Gestalt der Vaccin-
bacillen nicht auf die Art der Abschwachung, sondern auf Rassenver-
schiedenheiten der Milzbrandstamme zurOck.
Ich versuchte nun mit der Methode von Chamberland und
Roux (60) eine Abschwachung von Milzbrandkulturen herbeizufflhren
und zwar durch ZQchten bei 37 0 C in Bouillon mit Karbolsatz 1:600
bis 1000. Durch Plattenaussaat konnte ich nun in 1 von 4 Milzbrand-
stammen feststellen, daB allmahlich vom 18. Tage an die Lockenbildung
der oberflachlich gewachsenen Kolonieen undeutlicher wurde, bis sie
schlieBlich fast vollkommen verschwunden war, und die Kolonieen das
geschlossene runde Aussehen zeigten, wie die der Pasteur schen
Vaccins. Vollkommen zeigte sich diese Umwandelung der Kolonieen
am 28. Tage der ZQchtung. Dasselbe Resultat erzielte ich bei 2 Milz-
brandstammen mit der von P h i s a 1 i x (65) empfohlenen Methode der
Zuchtung bei 42° mit gleichzeitigem Ueberimpfen auf ein anderes
Bouillonrdhrchen an jedem 5. Tage. Mit dem einen Milzbrandstamme
erhielt ich nach 4maligem Ueberimpfen, also nach 20 Tagen, asporogenen
Milzbrand, und nach weiteren 2 Abimpfungen zeigten die spQrlich auf
der Platte aufgehenden Kolonieen ein geschlossenes, leicht gewelltes
Aussehen, wie die Vaccinkolonieen. Mit dem anderen Milzbrandstamme
gelang die UeberfUhrung in vaccinahnliche Kolonieen nicht. Bedeutend
sicherer und schneller gelangte ich zum Ziele, als ich nach den An-
gaben von Surmont und Arnould (61) die Rouxsche Methode mit
der von Phisalix angegebenen verband. Nach 8-tagigem ZQchten in
karbolisierter Bouillon bei 37 0 und daran sich anschlieBendem 2maligem
Ueberimpfen an jedem 5. Tage in gewohnliche Bouillon erhielt ich
asporogenen Milzbrand und nach weiteren 2 Ueberimpfungen vaccin¬
ahnliche Kolonieen bei 2 Milzbrandstammen. Die UeberfQhrung in
vaccinQhnliches Wachstum erfolgt ganz allm&hlich derart, daB zuerst in
den Platten wenige Kolonieen mit vaccin&hnlichem Typus unter vielen
typischen Milzbrandkolonieen aufgehen (s. Phot. 11 — 14). Die Zahl zu
Gunsten der ersteren vergroBert sich alsdann immer mehr, bis schlieBlich
fast nur vaccinahnliche Kolonieen und sparliche typisch gewachsene Milz¬
brandkolonieen nachzuweisen sind. Gleichzeitig mit der Verfinderung
der oberflachlichen Kolonieen, dem Ausbleiben der Haarlockenbildung,
nehmen auch die in der Tiefe gewachsenen Kolonieen eine andere Ge¬
stalt an. Die starren rankenfOrmigen Ausl&ufer werden immer kQrzer,
dQnner und nehmen an Zahl zu; es bildet sich ein grauschwarzes, un-
regelmQBig rundes Zentrum, von dem feine, kurze, filzartige Fasern ab-
gehen. Also auch die tiefen Kolonieen nehmen nach und nach eine
geschlossene, mehr rundliche Gestalt an.
Die 3 erhaltenen asporogenen Milzbrandstamme zeigten sich virulent
und stimmten im Qbrigen vollkommen in morphologischer und kultureller
Beziehung mit dem normalen sporenbildenden Milzbrand Qberein, wie
auch Lehmann (62) und Behring (63) festgestellt haben. Die Locken¬
bildung ist deutlich ausgepragt, im weiteren Verlauf nehmen die Agar-
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Bongert, Beitr&ge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
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kulturen der sporenlosen Milzbrandstamme ein homogenes Aussehen an
und zeigen auch keine glasigen oder durchscheinenden Stellen, welche
man in alteren sporenhaltigen Kulturen stets beobachten kann. In Aus-
strichpr¶ten von lO-t&gigen bei 36° C gehaltenen Agarkulturen der
sporenlosen Milzbrandstamme waren weder freie noch in den Stabchen
gelegene Sporen nachzuweisen. Die St&bchen zeigten bizarre Invo-
lutionsformen und Zerfall durch Plasmolyse und Plasmoptyse. In
den angelegten Platten gingen nach vorheriger Erhitzung des Aussaat-
materials 1 / 2 Stunde lang auf 70° keine Milzbandkolonieen auf. Die
Kulturen, welche von isoliert gewachsenen vaccinShnlichen Kolonieen
durch Abimpfen angelegt wurden, zeigten sich avirulent fiir Kaninchen
und Meerschweinchen, w&hrend M&use bei reichlichem Impfmaterial
inehrfach nach 3—5 Tagen an Milzbrand starben und ein ausgebreitetes
Oedem an der Impfstelle zeigten. Aufierdem war in den vaccin&hnlichen
Kulturen verzogertes Wachstum, mangelhafte Sporenbildung und
massenhaftes Auftreten von Involutionsformen zu konstatieren. In
inorphologischer Beziehung bestand jedoch vollkommene Uebereinstim-
mung mit virulenten Milzbrandkulturen. Als ich die vaccin&hnlichen
Kulturen in der 4. Generation auf Agar durch Plattenaussaat auf das
Aussehen der Kolonieen priifte, zeigten 2 derselben nicht mehr den ge-
schlossenen Typus der Vaccinkolonieen, sondern normales Milzbrand-
wachstum mit schdn gelockten Kolonieen. Nur an ganz vereinzelten
Kolonieen war die Lockenbildung undeutlich, und die Kolonieen selbst
geschlossen, so dad sie entfernt an das Aussehen der Vaccinkolonieen
erinnerten. Im iibrigen war das Wachstum verlangsamt derart, dad
erst nach 24 Stunden die aufgehenden Kolonieen einigermaden deutlich
zu erkennen waren. Die geringe Virulenz blieb jedoch bestehen. Bei
3 abgeschw&chten Milzbrandst&mmen war jedoch das atypische Wachs¬
tum in Gestalt der geschlossenen, leicht gewellten Vaccinkolonieen
auch in den weiteren Generationen zu beobachten, dasselbe war also
konstant geworden.
Aus den obigen Versuchen geht in Uebereinstimmung mit den Ver-
suchen von R. Koch und seinen Mitarbeitern (1. c.). Sorbenheim (59)
u. a. hervor, dad auf kdnstlichem Wege durch methodische Einwirkung
desinfizierter Mittel chemischer und physikalischer Natur eine Ab-
schw&chung der Milzbrandbacillen herbeigefflhrt werden kann, welche
auder dieser physiologischen Ab&nderung eine Verlangsamung und vor-
ilbergehende Ver&nderung im Wachstum zur Folge hat, die jedoch
bleibend wird, wenn die sch&digende Einwirkung l&ngere Zelt anh<.
Die Abweichungen der Vaccinst&bchen von morphologischer und
kultureller Beziehung so auffallend, dad man erstere fflr eine andere
Species halten konnte. G a m a 1 e i a (63) macht bereits darauf aufmerk-
sam, dad die morphologischen und biologischen Unterschiede der Vaccins
von den Milzbrandbacillen ebenso grod seien, als manche andere
Differenzen bei Bakterien, die man gegenw&rtig noch zum Unterschiede
von Arten benutzt. Die kfinstlichen Ab&nderungen der normalen Wuchs-
form ist bei den h5heren Pflanzen keine auff&llige Erscheinung. Im
Reiche der niederen Pflanzen, der Bakterien, hat man bisher an die
Konstanz der Form gleich einem Gesetz festgehalten. Absolute Konstanz
der Form gibt es aber auch bei den Bakterien nicht, wie die Involutions-
und verschiedenen Wuchsformen einzelner Bakterien beweisen. Aber
auch die morphologischen Abweichungen der Vaccinst&bchen kann nicht
weiter auffallen, da die Gestalt der Milzbrandbacillen schon durch Passage
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
verschiedener Tierspecies stark beeinfluBt werden kann. Beim Rinde, Schaf
und bei der Ziege sind die Milzbrandbacillen in der Regel linger und
dtinner, wie bei der Maus. Martel (64) sah nach Passage des Milzbrand-
bacillus durch den HundekSrper keine Fadenbildung in Bouillonkultur
mehr. In derselben zeigten sich nur kurze St&bchenformen, die hochstens
4-gliedrige, kurze Verb&nde bildeten. Oft waren die St&bchen so kurz,
daB sie Kokken glichen.
Auch das von dem normalen Wachstum der Milzbacillen abweichende
Aussehen der Kolonieen der Pasteurschen Vaccinst&bchen wird nicht
weiter liberraschen kdnnen, da notwendigorweise der Verlust des Aus-
wachsens zu langen F&den in fliissigen Medien sich auch auf der Platte
geltend machen muB, und die Folge davon ist das Ausbleiben der
Haarlockenbildung, die Bildung von geschlossenen Kolonieen. In dem
Aussehen der Kolonieen haben wir einen MaBstab fflr die
Beurteilung des Abschw&chungsgrades der Milzbrand¬
bacillen.
Die Frage, ob die Vaccinst&bchen durch Passage der grofien Haus-
tiere wieder das typische Milzbrandwachstum annehmen kdnnen, konnte
ich nicht entscheiden, da ich nicht die Gelegenheit hatte, ein im Ver-
laufe der Pasteur schen Milzbrandschutzimpfungen an Impfmilzbrand
eingegangenes Schaf Oder Rind zu sezieren und die todliche Infektion
bei einem Schafe mit Vaccinst&bchen mir nicht gelang. Ich habe mit
demselben negativen Erfolge, wie Koch, Gaffky und Ldffler (1. c.)
versucht, die Virulenz des Pasteur schen Milzbrandvaccins No. 2
durch fortlaufende Tierpassage, und zwar zuerst durch M&use, dann
durch Meerschweinchen und zuletzt durch Kaninchen mit neben einher-
gehender Zflcbtung in Bouillon, der ich frisches Schafblut zusetzte,
zu erhohen. Zuletzt starben die Kaninchen bei Verimpfung von 0,1 ccm
48-stflndiger Bouillonkultur nach 48 Stunden. Aenderung des Aus-
sehens der Vaccinkolonieen war nicht eingetreten. Wenn nun die Be-
obachtung Chauveaus (75) richtig ist, wonach abgeschw&chter Milz¬
brand in Bouillonkultur den Virulenzgrad ftlr diejenige Tiergattung an-
nimmt, deren Blut man der Bouillon vorlier zugesetzt hat, so mufite
die subkutane Impfung einer solchen Kultur einen Hammel tflten. Allein
es gelang mir nicht, eine tbdliche Infektion bei einem einj&hrigen
Hammel mit 15 ccm einer derartigen Bouillonkultur, dem Endprodukt
der fortlaufenden Passage von je 5 M&usen, Meerschweinchen und
Kaninchen, herbeizufiihren. Jedoch sei dem, wie ihm wolle, es ist ohne
weiteres zuzugeben, daB die M5glichkeit der kunstlichen Abschw&chung
von Milzbrandkulturen mit gleichzeitigem atypischen Wachstum die Be-
deutung der charakteristischen Kolonie des virulenten Milzbrandes fflr
die praktische Milzbranddiagnose nicht beeintr&chtigen kann. Es ist
namentlich in Betracht zu ziehen, daB die meisten Autoren, welche sich
mit kfinstlicher Abschw&chung besch&ftigt haben oder spontan avirulent
gewordene Milzbrandkulturen untersuchten, erw&hnen, daB trotz des
Verlustes der Virulenz Ver&nderungen in morphologischer und kultureller
Hinsicht nicht zu konstatieren waren in gleicher Weise, wie dies
Behring und Lehmann (1. c.) bei dem sporenlosen Milzbrand fest-
stellen konnten. Aber auch selbst wenn man ein naturliches Vorkommen
von derartig abgeschw&chtem Milzbrand mit atypischem Wachstum in
Sporenform annehmen wollte, dflrfte eine Infektion mit demselben bei
unseren Haustieren vom Darmkanal aus als sehr fraglich erscheinen.
Ich habe einem Hammel 6 sporenhaltige Kulturen der hochgezflchteten
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Bongert, Beitriige zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
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St&bchen von Vaccin II per os eingegeben, ohne daB das Tier irgend-
welche Erankheitsymptome oder Temperatursteigerung zeigte. Anderer-
seits ist eine Abschwachung des Milzbrandes in der Sporenform, in
welcher er sich im Erdboden befindet, undenkbar. Die Sporen sind die
Dauerform und bewahren die Virulenz, welche die Bacillen besafien, aus
denen sie entstanden sind.
Ich habe nun die anderen Metboden der Abschwachung des Milz¬
brandbacillus, welche den natiirlicben Verhaltnissen entsprechen, auf
ihren EinfluB auf das Aussehen der Milzbrandkolonieen untersucht und
zwar die Besonnung sporenbaltiger Kulturen (Arloing [66]), die
Passage durch den Organismus milzbrandimmuner Tiere und die Ein-
wirkung von Faulnis- und Bakterientoxinen auf Milzbrandbacillen und
Sporen.
Drei 4-tagige Agarplatten mit getrennt aufgegangenen Milzbrand¬
kolonieen und reichlicher Sporenbildung setzte ich an 3 aufeinander-
folgenden Tagen bei standig klarem Himmel von morgens 10 Uhr bis
nachmittags 5 Uhr den senkrechten Strahlen der Julisonne aus. Nach
somit 21-stQndigem Besonnen priifte ich die Lebensfahigkeit der Milz¬
brandkolonieen durch Plattenaussaat. Ich iibertrug von jeder Platte je
2 ganze Milzbrandkolonieen in flilssigen Agar und goB diesen ohne
Verdflnnung zur Platte aus. Nach 48-stQndigem Aufenthalt im Brut-
schrank zeigten sich 3 Platten steril, in 2 Platten gingen ca. 50 Kolonieen
und in 1 Platte 5 Kolonieen mit typischem Milzbrandwachstum auf.
Die Verimpfung der aufgegangenen Milzbrandkolonieen, 1 Oese an
1 Meerschweinchen und 2 Mause hatte den Tod der Tiere innerhalb
24-48 Stunden zur Folge. Durch die Insolation nach der Arloing-
schen Methode wird also keine Abschwachung der Milzbrandbacillen bis
zur Avirulenz, sondern ein allmahliches Absterben der lebensfahigen
Milzbrandkeime herbeigefiibrt.
Sodann impfte ich mehrere groBe Frosche mit virulentem Milzbrand-
material, und zwar 2 mit sporenhaltiger Kultur in den Riickenlymph-
sack und bei 2 fiihrte ich in letzteren die stark bacillenhaltige Milz von
Milzbrandmausen ein. Bei der nach 7, 9, 13 und 15 Tagen vorge-
nommenen Totung konnte ich feststellen, daB die Zahl der auf der
Platte aufgehenden Milzbrandkolonieen allmahlich abnahm, eine Aende-
rung im typischen Aussehen derselben trat jedoch nicht ein. In den
Ausstrichpraparaten der eingebrachten Mausemilz fanden sich neben
schlecht gefarbten Milzbrandstabchen in groBerer Zahl Involutionsformen
derselben, namentlich viele an beiden Enden ahnlich einer Cigarre zu-
gespitzte Stabchen, auBerdem in geringer Zahl vollkommen intakte, gut
gefarbte Milzbrandbacillen mit schoner Kapsel (Phot. 4). In den Aus-
strichen der Impfstelle der mit Kultur geimpften Frosche befanden sich
einzelne freie Sporen und sporenhaltige, in Zerfall begriffene Milzbrand¬
stabchen. Die Kulturen aus dem Herzblut von 4 Froschen blieben
steril. 2 Mause, welche mit den Milzbrandkolonieen geimpft wurden,
welche aus den in den Lymphsack eingebrachten und 13 Tage lang
darin verbliebenen Milzen aufgegangen waren, starben nach 24—36
Stunden, desgleichen auch ein Meerschweinchen. Es ist somit der Be-
weis erbracht, daB durch die Passage der milzbrandimmunen Frosche
keine Abschwachung der Milzbrandbacillen herbeigefiihrt wird, wie man
bisher angenommen hat, sondern daB nur eine nach und nach erfolgende
Abtdtung durch Behinderung des Wachstums stattfindet, wie von
Lubarsch (67) bereits festgestellt wurde, und daB durch den Auf-
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enthalt im Organismus milzbrandimmuner Tiere das Wachstum der
uberlebenden Milzbrandbacillen eiDe Aenderung von der Norm nicht
erffihrt
Endlich untersuchte ich, ob durch die Einwirkung der ver-
schiedensten Bakterien eine Abschwfichung der Milzbrandbacillen und
damit eine VerSnderung im Wachstum auf der Platte herbeigeffihrt wird.
Ich habe aber bei den vielfachen Untersuchungen in dieser Richtung
eine Virulenzabnahme fur kleine Versuchstiere und eine Anomalie im
Wachstum nicht feststellen konnen. Solange ein lebensffihiger Milz-
brandkeim noch vorhanden ist, kann man auch auf das Aufgehen einer
typischen Milzbrandkolonie rechnen. Ich habe Milzbrandsporen in
faulendem Blute aufgeschwemmt und ca. 1 Jahr lang in verkorkten
Flaschen aufbewahrt, aber eine Abnahme der Virulenz und eine Ver-
finderung im Wachstum nicht konstatieren konnen.
Ich glaube somit bewiesen zu haben, daB das bekannte Aussehen
der Milzbrandkolonieen charakteristisch und konstant ist, und daB das-
selbe einen sicheren Anhalt fiir den Nachweis des Milzbrandes fur die
Ffille der Praxis gew&hrt.
Untersuchungen fiber die zweekmfifiigste Art der Aufbewahntng
von Mllzbrandmaterlal.
In dem ersten Teil der Arbeit, der Untersuchung fiber den Nach-
weis der Milzbrandbacillen, hatte ich bereits darauf hingewiesen, daB
die gebrauchlichen Methoden der Aufbewahrung von Milzbrandmaterial
auf den bakteriologischen Nachweis nur eine nebensfichliche Bedeutung
besitzen, und daB es hauptsfichlich auf die mehr oder minder zahlreich
vorhandenen sekundfiren Bakterien und auf die AuBentemperatur an-
kommt. Sind die beiden letzten Bedingungen gegeben, dann ist keine
der bisher gebrauchlichen Methoden im stande, die Ffiulnisprozesse auch
nur auf kttrzere Zeit aufzuhalten. Am lebhaftesten werdeu sich diese
in dem halbflfissigen Material einer Flasche entfalten kfinnen, anderer-
seits wird ein kompaktes Milzstflck, welches oberflfichlich eintrocknen
kann, weniger leicht und schnell Ffiulnisprozessen anheimfallen. Aber
auch das von 011 (1. c.) empfohlene Beschicken der Durchbruchsflfiche
einer gekochten Kartoffel mit etwas Milzbrandmaterial hat nur dann den
beabsichtigten Erfolg der Vermehrung und Sporenbildung der Milzbrand¬
bacillen, wenn das Material frisch und einigermaBen rein ist. Sobald die
Besfiung der Kartoffel am 2.-3. Tage nach dem Tode des Tieres bei
hoher AuBentemperatur erfolgt, werden die Milzbrandbacillen von den
Faulnisbakterien ttberwuchert und unterdrttckt, die Vermehrung und
Sporenbildung bleibt aus, die Milzbrandbacillen gehen in kurzer Zeit zu
Grunde. Ich habe feststellen kfinnen, daB in faulendem Material der
Milzbrandbacillus in der Regel trotz hoher AuBentemperatur und freiem
Luftzutritt keine Sporen bildet, sondern zu Grunde geht. Ich komme
hierauf noch eingehender zurfick.
Von der Tatsache ausgehend, daB in Reinkulturen der Milzbrand¬
bacillus nach Verlauf von 24 Stunden bereits Sporen bildet, glaubte ich
im Anfang, daB auch die Milzbrandbacillen aus dem Kadaver auf impro-
visierten, flberall leicht zu beschaffenden Nahrsubstraten wachsen und
bei sachgemafiem Transport in der Rocktasche unter dem EinfluB der
Kfirperwfirme auch Sporen bilden wflrden. Ich machte nun verschiedene
Versuche mit Milch, welche ich in Reagenzrfihrchen unter st&ndigem
Umschfitteln mehrere Minuten lang fiber der Flamme kochte und nach
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Bongert, Beitrfige zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
787
dem Abktthlen mit Milzbrandmaterial impfte. Weiterhin brachte ich
frisches HtthnereiweiB auf der Mitte eines flambierten ObjekttrSgers zum
Gerinnen und legte auf diesem festen Nahrboden mehrere Impfstriche
an. Alsdann trug ich diese Rtthrchen und Objekttrager sorgsam ver-
packt 1—1V, Tage bei mir, wenn die Aufientemperatur unter 20° stand.
Aber alle diese Versuche schlugen fehl, wie bei der Oltschen Methode;
sobald das Material FSulniskeime enthielt, wurden die Milzbrandbacillen
tiberwuchert. Im Gegenteil, diese Versuche leisteten unter diesen Ver-
haltnissen weniger, wie die gewdhnlichen Aufbewahrungsmethoden. Es
mufite daher meine Aufgabe sein, eine Konservierungsmethode ausfindig
zu machen, vermoge deren die Milzbrandbacillen im faulenden Material
von der schadlichen Konkurrenz der Faulniskeime befreit werden, so
dafi sie far langere Zeit ihre Lebensfahigkeit bewahren konnen. Wflrde
es sich nur um Erhaltung der Form der Milzbrandbacillen mit Rttcksicht
auf die Moglichkeit des morphologischen Nachweises in Ausstrichprttpa-
raten handeln, so kOnnte man dieses sehr gut durch Zusatz von 1 %o
Sublimatlosung zu abgestrichener Milzpulpa Oder Blut in einer Flasche
erreichen. Wie festes Gewebe, so werden auch hier die zelligen Ele-
mente und die Bakterien in dem flussigen Medium in dem Zustande, in
welchem sie sich augenblicklich befinden, fixiert, die Faulnis sistiert und
intakte Milzbrandbacillen lassen sich auf diese Weise noch nach Wochen
erkennen. Da wir mit Rttcksicht auf den erforderlichen biologischen
Nachweis der Milzbrandbacillen auf die Lebensfahigkeit derselben nicht
verzichten konnen, hat die Konservierung mit Sublimat Oder einem
sonstigen Fixierungsmittel keinen praktischen Wert fQr unsere Zwecke.
Die Faulnisprozesse, welche die Milzbrandbacillen zerstttren, sind
an einen gewissen Grad von Feuchtigkeit gebunden. Das Gesetz „Cor¬
pora non agunt nisi fluida u hat nicht nur fttr die chemischen Prozesse
Gttltigkeit, sondern dasselbe ist auch conditio sine qua non fttr jedes
organische Leben, welches es auch sein mag, so auch fttr das Wachstum
der Bakterien, z. B. die Faulnisprozesse. Es lag also nichts n&her, als
das Milzbrandmaterial eintrocknen zu lassen und zu sehen, wie lange
sich die Milzbrandbacillen im eingetrockneten Zustande lebensfahig er-
halten. Ich trug zu dem Zwecke die abgestrichene Milzpulpa in dicker
Schicht auf Objekttrager auf, wobei der Rand und die beiden Enden
freigelassen wurden, und lieB das Material in der Rocktasche, durch
zweckmafiiges Verpacken genttgend gesichert, bei Zimmertemperatur und
im Eisschrank langsam eintrocknen. Es war nun festzustellen, wie lange
unter diesen Verhaltnissen der Milzbrandbacillus seine Lebensfahigkeit
und sein Fortpflanzungsvermttgen bewahrt. Durch viele Versuche habe
ich nun konstatieren kdnnen, dafi der Milzbrandbacillus in dicker Schicht
auf Objekttragern eingetrocknet, in der Regel 10—14 Tage, mitunter
aber 3 Wochen und noch langer sich lebens- und entwickelungsfahig
erhalten kann. In dem eingetrockneten Zustande erfolgt ein ganz all-
mahliches Absterben der Milzbrandbacillen. Hiervon kann man sich
durch periodisch vorgenommene Plattenaussaat ttberzeugen. Die Zahl
der aufgehenden Kolonieen nimmt immer mehr ab, die Verwendung
gleicher Mengen des eingetrockneten Materials zur Plattenaussaat
vorausgesetzt, bis schliefilich selbst bei reichlicher Aussaat keine einzige
Milzbrandkolonie mehr aufgeht. Hieraus ist zu folgern, dafi die Ein-
trocknung von reichlichem Ausgangsmaterial in dicker Schicht eher
die Aussicht auf einen fttr langere Zeit ermoglichten Nachweis der Milz¬
brandbacillen gewahrt, als in dttnner Schicht. Bei der grdfieren Anzahl
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der Milzbrandbacillen in dicker Schicht ist eher mit dem Vorhandensein
von lebensfahigen Bacillen zu rechnen, welcbe den schadlichen Einflussen
der Eintrocknung langere Zeit widerstehen. Aus demselben Grunde ist
auch der Nachweis im bacillenreichen, eingetrockneten Material linger
moglich, wie im bacillenarmen. Ich glaubte anfangs, daB fflr das Ge-
lingen einer mflglichst langen Konservierung der Milzbrandbacillen auf
das Ausstreichen in dicker Schicht der Nachdruck zu legen sei, und
babe dies auch in der vorlaufigen Mitteilung im 7. Heft des XII. Jahr-
ganges der Zeitschrift fflr Fleisch- und Milchhygiene, worin ich diese
Methode als zweckmfiBig fflr die Aufbewahrung von Milzbrandmaterial
zum Zwecke des spfiteren Nachweises empfahl, zum Ausdruck gebracht
Das Ausstreichen in dicker Schicht hat aber nach den obigen Aus-
fflhrungen im Prinzip nur eine nebensachliche Bedeutung, sie empfiehlt
sich aber, da hierdurch die Eintrocknung und Fixierung mdglichst vieler
Milzbrandbacillen am sichersten und zweckmfiBigsten erreicht wird. Be-
zflglich der Moglichkeit des Nachweises wflrde man dasselbe erreichen
kflnnen, wenn die gleiche Menge Material in dflnner Schicht ausge-
strichen wflrde. Durch Parallelversuche konnte ich nachweisen, dab in
groBerer Flache dfinn ausgestrichenes Milzbrandmaterial ebenso lange
den Nachweis der Milzbrandbacillen in der Platte gestattete, wie die
dick mit demselben Material bestrichenen Objekttrager, vorausgesetzt,
daB dieselbe Menge eingetrockneten Materials zur Aussaat verwandt
wurde. Auch die Art der Eintrocknung, ob bei hoher oder niedriger
AuBentemperatur, ob langsam oder schnell, ist belanglos. Eine ver-
zogerte Eintrocknung, z. B. durch Behinderung der Verdunstung herbei-
geftthrt, kann unter Umstfinden bei gflnstiger Temperatur Sporenbildung
ermoglichen, wenn das Material frisch ist In den meisten Fallen wird
aber die verzogerte Eintrocknung den beabsichtigten Zweck der moglichst
langen Konservierung durch Sporenbildung vereiteln, da eine Ueber-
wucherung durch Fflulniskeime hierdurch begflnstigt wird. Die An-
nahme, daB eine allmahliche, spontane Eintrocknung die Lebensfahigkeit
der Milzbrandbacillen weniger schadigt, wie eine schnell erfolgende, trifft
nicht zu. Bei schnell herbeigefflhrter Eintrocknung im Exsikkator fiber
Chlorcalcium oder Schwefelsfiure blieben die Milzbrandbacillen ebenso
lange lebensffihig, wie bei spontaner Eintrocknung.
Bei der Konservierung der Milzbrandbacillen durch Eintrocknung
habe ich nur in einem Falle unter vielen Versuchen Sporenbildung nach¬
weisen konnen. Um die Zuverlflssigkeit der Methode des Eintrocknens
von Milzbrandmaterial auf Objekttragern zu erhflhen, versuchte ich
mehreremal nach der Buchnerschen Methode durch Hinzufflgen von
Aqua dest. oder 2-proz. NaCl-Losung in dem Objekttr&germaterial
Sporenbildung herbeizuffihren. Die Versuche in dieser Richtung miB-
langen jedoch alle, da, wie bei der verzogerten Eintrocknung eine schnelle
Ueberwucherung mit Fflulniskeimen wegen des hohen Feuchtigkeitsge-
haltes eintrat.
Die Dauer der Moglichkeit des Nachweises der Milzbrandbacillen im
getrockneten Zustande hflngt von der Menge der lebensfahigen Bacillen
ab, welche zur Eintrocknung gebracht worden sind. Da nun im Kadaver
die Zahl der lebensfahigen Milzbrandbacillen rasch abnimmt, wird
man also um so lfinger in dem eingetrockneten Objekttrfigermaterial
lebensfahige Milzbrandbacillen nachweisen kdnnen, je frflher nach dem
Tode des Tieres das Milzbrandmaterial durch Eintrocknen fixiert wurde,
wfihrend uingekehrt das eine Zeit nach dem Tode entnommene und zum
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Eintrocknen gebrachte Untersuchungsmaterial nur eine beschrankte An-
zahl von Tagen linger den Nachweis der Milzbrandbacillen ermoglichen
wird, wie das Ursprungsmaterial. In alien Versuchen habe ich nun
feststellen konnen, daB bei vollkommen negativen Befunden des nicht
eingetrocknet aufbewahrten Ausgangsmaterials, in welchem Milzbrand¬
bacillen kulturell nicht mehr nachzuweisen waren und Deckglasausstriche
schon l&ngst im Stiche lieBen, in der Regel noch 8 Tage spater und
noch l&nger in den mit dem eingetrockneten Material bes&ten Platten
makroskopisch erkennbare Milzbrandkolonieen aufgingen (s. Tab.). Die
Herstellung von Verdtinnungen hat sich dabei als iiberfltissig herausge-
stellt, da die Milzbrandkolonieen ohne solche ebenfalls isoliert aufgehen.
Das Anlegen der Plattenkulturen vereinfacht sich hierdurch ganz be-
deutend, es erfordert keine besonderen technischen Fertigkeiten und ist
den praktischen Verhaltnissen angepaBt. Man schabt das auf dem Objekt-
tr&ger eingetrocknete Material mdglichst fein mit einem flambierten
Messer in eine sterile Petrische Doppelschale und gieBt verflflssigten
und wieder auf 43° abgekiihlten Agar fiber die zerkleinerten Milz- oder
Blutpartikelchen. Innerhalb 24 Stunden sieht man alsdann meistenteils
isolierte Milzbrandkolonieen aufgehen, welche aus den kleinen Partikel-
chen des Aussaatmaterials hervorwachsen. Ist jedoch die Entnahme der
Milzbrandprobe spat nach dem Tode des Tieres erfolgt und eine starke
Verunreinigung mit Faulniskeimen vorhanden, so ist die Herstellung
einer Aufschwemmung des eingetrockneten Untersuchungsmaterials in
sterilere FlQssigkeit erforderlich, in welchen sich die trockenen Milz-
oder Blutpartikelchen bald aufiSsen. Diese Aufschwemmung verteilt
man auf eine groBere Anzahl steriler Petrischen Schalen, gieBt ver-
flflssigten Agar herttber und vermischt letzteren mit der Aussaatfltissigkeit.
Als Material zur Eintrocknung zwecks spaterer bakteriologischer
PrQfung empfiehlt sich Milzpulpa und bei vorgeschrittener Faulnis Hals-
venenblut gemaB dem von Kitt gemachten und begrttndeten Vorschlage.
Nach meiner vorlaufigen Mitteilung in der Zeitschrift fur Fleisch-
und Milchhygiene erschien in dem Doppelheft 3/4 des XXVII. Bandes
des Archivs fiir wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde eine
Arbeit von Hosang, welcher ebenfalls das Eintrocknen von Milzbrand-
material in dicker Schicht an Objekttragern als ein zweckmaBiges Ver-
fahren zur Aufbewahrung behufs spaterer bakteriologischer Untersuchung
empfahl. Die Priifung der Zweckmafiigkeit des Verfahrens erstreckte
sich nur auf die mikroskopische Untersuchung und die Impfung, den
kulturellen Nachweis hat Hosang aufier acht gelassen. H. konnte mit
24 und 48 Stunden alten eingetrockneten Blut- und Milzproben, welche
4 Tage nach dem Tode einem an Impfmilzbrand eingegangenen Meer-
schweinchen oder einer Maus entnommen wurde, durch Impfung von
Mausen den Nachweis von Milzbrandbacillen fiihren. Mit Sicherheit ge-
lang H. der Nachweis der Milzbrandbacillen bei seiner Versuchsan-
ordnung bis zum 6. Tage nach dem Tode des Meerschweinchens bezw.
der Maus, von da an erfolgte der Tod der Impfmause an Milzbrand un-
regelmaBig, oder die Impfung versagte ganz.
Die wenigen Untersuchungen von H. an kleinen Versuchstieren ge-
statten jedoch keinen RiickschluB auf ahnliche Verhaltnisse bei den groBen
Haustieren, auf die es doch in der Praxis allein ankommt. Zunachst
sind die Faulnisprozesse bei unseren groBen Haustieren ganz anderer
Art, sie verlaufen viel lebhafter und schneller, wie bei den kleinen Ver¬
suchstieren. Dazu kommt noch, daB letztere nach dem Tode sehr bald
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 8.
auskiihlen, wodurch die F&ulnisprozesse aufgehalten werden, wShrend in
den groBen unerSffneten Tierkadavern wegen des grdBeren Umfanges
ein Auskfihlen nur sehr langsam erfolgt und sehr bald stinkende Faulnis
eintritt W&hrend in uneroffneten Milzbrandkadavern der groBen Haus-
tiere schon innerhalb 24—48 Stunden durch die Faulnis die Milzbrand-
bacillen vemichtet werden kbnnen, gelingt der Nachweis bei unerSffneten
Milzbrandm^usen, wie bereits erw&hnt, in Ausstrichprftparaten und durch
die Plattenkultur in der Regel noch 8—10 Tage nach dem Tode, also
ebenso lange und noch l&nger, wie Ho sang in dem eingetrockneten
Milzbrandmaterial von M&usen und Meerschweinchen nachweisen konnte.
Die Versuchsergebnisse von H. kSnnen auch aus dem Grunde als strikter
Beweis fur die l&ngere Lebensf&higkeit der Milzbrandbacillen im einge¬
trockneten Zustande, als wie im Kadaver, selbst nicht angesehen werden,
da H. gleichzeitig auszufiihrende Untersuchungen an den Versuchstieren
selbst, denen er das Material zum Eintrocknen entnahm, nicht vorge-
nommen hat. Auch ist H. auf das Wesen der Eintrocknung selbst nicht
eingegangen. Ein Vergleich meiner Versuchsergebnisse mit denen von
H. laBt aber gerade den Wert des Plattenverfahrens gegeniiber der
Impfung besonders hervortreten.
Aus meinen Versuchen liber die Nachweisbarkeit der Milzbrand¬
bacillen im eingetrockneten Milzbrandmaterial geht hervor, daB dieselben
sich bedeutend linger lebensf&hig erhalten, als wie man bisher ange-
nommen hat. Voraussetzung dazu ist, daB die Milzbrandbacillen vor
der sch&dlichen Einwirkung der Faulnisbakterien geschlitzt werden, und
das geschieht am sichersten im eingetrockneten Zustande.
Auf die lange Lebensf&higkeit der Milzbrandbacillen im einge¬
trockneten Zustande hat zuerst, soweit ich aus der Literatur entnehmen
konnte, Momont (68) hingewiesen. Als ich die Eintrocknung von
Milzbrandmaterial auf ihre ZweckmaBigkeit fur eine sp&ter vorzunehmende
Untersuchung prufte, kannte ich die Arbeit von Momont noch nicht.
Ich hielt mich an die in den meisten Lehrbiichern iiber die Lebens-
f&higkeit der Milzbrandbacillen enthaltenen Angaben, wonach die Milzbrand¬
bacillen eine sehr geringe Tenacit&t gegenliber auBeren Einfliissen besitzen
und bald zu Grunde gehen, w&hrend die Milzbrandsporen auBerst resistent
sind. R. Koch (1. c. p. 50 u. 243) gibt an, daB die Milzbrandbacillen
in dauernd trockenem Zustande sich nur kurze Zeit lebensfahig erhalten
kSnnen. Momont konnte experimentell nachweisen, daB der Milzbrand-
bacillus im eingetrockneten Zustande sich bis zum 57. Tage lebensfahig
erhalten kann. Auf die Momontsche Arbeit scheint sich auch die im
Kittschen Lehrbuch, 3. Aufl., p. 271, befindliche FuBnote und die in
der Friedberger und FrShnerschen Pathologic und Therapie der
Haustiere, 4. Aufl., p. 478, enthaltene Angabe zu beziehen, wonach
Milzbrandbacillen bis zum 60. Tage virulent bleiben konnen. Momont
stellte seine Versuche derart an, daB er sofort nach dem Tode eines an
Milzbrand gestorbenen Kaninchens 1—2 Tropfen Herzblut auf dem
Boden von sterilen Reagenzrohrchen ausstrich, im Exsikkator iiber
Schwefels&ure schnell zum Eintrocknen brachte und bei 16—22° und
bei 33° bei Gegenwart von Luft und im Vakuum aufbewahrte. Alle
2 Tage wurde zu je einem RShrchen Bouillon gefiigt und festgestellt, ob
der Milzbrandbacillus auswachst. Bei Zimmertemperatur und Luftzutritt
lebte der Milzbrandbacillus 57 Tage. Die erhaltenen Kulturen gingen
oft erst nach 24 Stunden an. Eine Abschw&chung vor dem Tode war
aber nicht eingetreten, denn die erhaltenen Kulturen tbteten ein Meer-
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Bongert, Beitrftge zur Biologie des Milzbrandbacillus etc.
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schweinchen in 30 Stunden. Bei 33 0 und Luftzutritt lebten die Bacillen
45 Tage. An Seidenfaden eingetrocknet, hielten sich die Milzbrand-
bacillen bis zu 70 Tagen entwickelungsf&hig, ohne daB Abschw&chung
erfolgte. Ich habe die Momontschen Versuche des Eintrocknens ste-
rilen Milzbrandblutes in Reagenzrbhrchen nachgeprQft und kann im
groBen und ganzen das Resultat derselben bestatigen. M. glaubte durch
die schnelle Eintrocknung im Exsikkator die Sporenbildung auszu-
schlieBen, obwohl er den Beweis hierfiir nicht geftihrt hat. Durch nega¬
tive Kulturergebnisse mit der H&lfte einer Aufschwemmung des auf dem
Boden des Rbhrchens eingetrockneten Bluttropfens nach vorheriger Er-
hitzung eine Stunde auf 70°, w&hrend die andere, nicht erhitzte H&lfte
der Aufschwemmung eine Milzbrandkultur lieferte, konnte ich mich in
mehreren Fallen iiberzeugen, daB in der Tat bei dieser schnellen Ein¬
trocknung eine Sporulation der Milzbrandbacillen nicht moglich ist. Bei
einer von 5 Versuchsreihen gelang mir der Nachweis der Milzbrand¬
bacillen bis zum 51. Tage, in den 4 anderen bis zum 35.—40. Tage.
Mehrfach konnte ich konstatieren, daB oft schon vom 20. Tage an ganz
unregelmaBig einzelne Rohrchen steril blieben, wfthrend andere der¬
selben Versuchsreihe noch eine ganze Anzahl von Tagen sp&ter eine
Milzbrandkultur lieferten. Es kann diese Erscheinung nach den obigen
Ausfuhrungen nicht weiter auffallen, da das Absterben der Milzbrand¬
bacillen im eingetrockneten Zustande nicht etwa auf einmal erfolgt,
sondern ganz allm&hlich, woriiber allerdings die Bouillonkultur keinen
AufschluB geben kann, weil ein lebensf&higer Milzbrandbacillus ebenso-
gut eine Kultur erzeugen wird wie 100 Bacillen, wenn auch etwas sp&ter,
wohl aber die Plattenkultur. Diese allmahliche Abnahme der Zahl der
lebensfahigen Milzbrandbacillen erklart auch das spate Angehen der
Kultur; es ware unrichtig, hieraus auf eine Abnahme der Keimfahigkeit
der Milzbrandbacillen zu schlieBen, zumal die Kulturen, wie Momont
hervorhebt, sich vollkommen virulent zeigten. Ueber die Art des Ab-
sterbens hat Momont keinen Ueberblick gewinnen kflnnen, da er seine
Kulturversuche in der aufgefiillten Bouillon nicht durch Plattenaussaat
auf die Zahl der aufgehenden Kolonieen kontrolliert hat Sodann ist
noch in Betracht zu ziehen, daB Momont die Wirkung der Eintrocknung
nur an sterilem, frischem Milzbrandmaterial geprtift, dieselbe an faulendem
Material jedoch nicht entschieden hat.
Erkl&rung der Photogramme.
Phot. No. 1. Oedembacillen mit Kapseln aus 48-stundigem Milzbrandmaterial
(Kuh No. 2).
Phot. No. 2. Milzbrandbacillen aus der Milz vom Rind No. 10, 8. Tag.
Phot No. 3. Oedembacillen mit deutlicher Kapsel aus der Milz von einem an
Bauchfellentzundung geatorbenen Rinde.
Phot. No. 4. Oberflachliche Milzbrandkolonie.
Phot. No. 5. Tiefe Milzbrandkolonie.
Phot. No. 6. Oberflachliche milzbrandahnliche Kolonie.
Phot. No. 7. Tiefe milzbrandahnliche Kolonie.
Phot. No. 8. Tiefe Milzbrandkolonie in einem Gemisch von Faulnisstabchen.
Phot. No. 9. Tiefe Kolonie von Faulnisstabchen.
Phot No. 10. Kolonie von Pasteurschem Vaccin II.
Phot. No. 11. Abgeschwachter Milzbrand, 4mal iibergeimpft nach Phisalix;
28 Tage bei 42—43°.
Phot No. 12. Milzbrandkolonie aus Huhnerbouillon, 38 Tage bei 42—43° ge-
halten. Uebergang zum Geschlossenwerden der Kolonie.
Phot. No. 13. Abgeschwachte Milzbrandkolonie aus karbolisierter 30-tagiger
Bouillonkultur, 8 Tage bei Bruttemperatur von 37 °, 22 Tage lang bei 42—43 0 gehalten.
Vollkommen vaccinahnlich.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIY. No. 8.
Phot. No. 14. Abgeschwachter Milzbrand, nach der Methode Surmout-Ar-
nould hergeetellt. Vollkommen geschlossene Kolonie, nur noch pathogen fiir Mause.
Die rhotogramme No. 1, 2 und 3 sind mit Oelimmereion Zeiss 2 mm, Proj.-
Oknlar No. 4 bei gleichbleibendem Kammerauszug aufgenommen, Phot. No. 4 mit Obj.
Zeiss 8 mm, Proj.-Okular No. 2 und die ubrigen Photogramme mit Obj. Zeiss 16 mm,
Proj.-Okular No. 2.
(Fortsetzung folgt.)
Naehdruck verboten.
Bemerkungen zu dem Artikel von Prof H. Bonhoff:
„Zum Streit um den Meningococcus" (OentralbL f. Bakt etc.
Abt I Orig. Bd. XXXIY. No. 2. p. 143).
[Aus dem pathoL-anatom. Institute in Wien (Prof. A. Weichselbaum).]
Von Prof. H. Albrecht und Prof. A. Ghon.
In dem oben genannten kurzen Aufsatz sah sich Bonhoff ver-
anlafit, einen „Irrtum“ richtig zu stellen, der sich in unseren Arbeiten
fiber den Micr. mening. c. -sp. findet. Diesen Irrtum haben wir dadurch
begangen, dafi wir 1) in unserer Arbeit vom Jahre 1901 (Wiener klin.
Wochenschr. No. 41) sagten: „.Der Umstand, dafi die Kahm-
hautbildung in Fleischbrfihekultur niemals erwfihnt wird . . . .“ und
dafi wir 2) in der Entgegnung auf Jaegers Angriff (Centralbl. ffir
Bakt etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXIII) sagten: „.der die allerdings
neue Beobachtung der Kahmhautbildung in Fleischbrfihekulturen bringt
. . . .“ Demgegenfiber stellte nunmehr Bonhoff fest, dafi er in seiner
Arbeit vom Jahre 1901 (Mflnch. medizin. Wochenschr. No. 3), die „®/4
Jahr* vor unserer erstgenannten erschienen war, der Kahmhautbildung
in Fleischbrfihekulturen des Micr. mening. c.-sp. bereits Erw&hnung
getan hat.
Diese von Bonhoff festgestellte Tatsache ist ohne weiteres richtig.
Wir bedauern lebhaft, diese „unzweifelhafte Tatsache u in unseren
Arbeiten nicht besonders hervorgehoben zu haben, sind aber leider
heute nicht mehr in der Lage, sicher angeben zu kdnnen, welchem Um*
stande wir es zuschreiben mfissen, dafi die Wttrdigung dieser Tat¬
sache von uns seinerzeit unterlassen wurde.
Bonhoff selbst erscheint diese Angelegenheit — wie er ausdrfick-
lich sagt — nicht „von grofier Wichtigkeit u , er will die „unzweifelhafte
Tatsache a nur ihrer selbst wegen festgestellt wissen.
Dieser Meinung Bonhoffs, dafi die Angelegenheit wirklich nicht
von „grofier Wichtigkeit“ sei, mdchten wir uns vollkommen anschliefien,
sehen uns aber nunmehr gleichfalls genotigt hier eine n unzweifelhafte
Tatsache“ festzustellen, die mfiglicherweise den von uns begangenen
„Irrtum“ als entschuidbar finden lassen dfirfte.
Diese Tatsache ist folgende:
Wie aus Weichselbaums Arbeit: „Ueber die literarischen
Schicksale des „Diplococcus intracellularis meningitidis*
und seine fitiologische Bedeutung* (Centralbl. ffir Bakt. etc.
Abt. I. Orig. Bd. XXXIII. 1903. p. 525) hervorgeht, gab die Verwirrung, die
Yorwiegend durch Jaeger in die Frage fiber die Aetiologie der epide-
mischen Genickstarre gebracht worden war, Veraniassung, dafi uns
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Centralbl . f. Bakt. Abt. I. Bd. XXXIV. Tafel II.
Bongert , Milxbrandbacillm
Verlng von Gustav Fischer in Jena.
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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus.
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Weichselbaum eine Neubearbeitung dieser Frage fibertrug. Wir
nahmen diese Arbeit, wie gleichfalls aus dem zitierten Artikel Weichsel-
baums und auch aus unserer Arbeit vom Jahre 1901 hervorgeht (p. 5
des Sonderabdruckes) bereits im Jahre 1896 auf und verfiigten schon
in diesem Jahre fiber eine ganz ansehnliche Anzahl einschlagiger Falle
— 12 — die es uns ermdglichten, alle biologischen Eigenschaften des
Micr. mening. c.-sp. kennen zu lernen.
Das war also im Jahre 1896, 4 Jahre friiher als Bonhoff
seinen Fall von Genickstarre zu untersuchen Gelegenheit hatte.
Auf Grund dieser in seinem Institute ausgeftihrten
Untersuchungen hat Weichselbaum, der in seiner grundlegenden
Arbeit liber den Erreger der epidemischen Genickstarre (Fortschritte
der Medizin. 1887) die Kahmhautbildung in Fleischbriihekulturen nicht
erw&hnt — und wie er uns zu erklaren ermachtigt — auch nicht be-
obachtet hatte, die genannte Eigentiimlichkeit des Micr. mening. c.-sp.,
in Fleischbriihekulturen ein Oberfiachenhautchen zu bilden, neben
anderen nicht gekannten und bis dahin auch nicht erw&hn-
ten Eigenttimlichkeiten dieses Coccus auch in seine „Parasitologie“
aufgenommen (p. 132).
Dieses Werk Weichselbaums ist im Jahre 1898 bei
G. Fischer in Jena (Handbuch der Hygiene von Th. Weyl)
erschienen, 2 Jahre friiher als Bonhoff seinen Fall zu
untersuchen Gelegenheit hatte und 3 Jahre friiher als
Bonhoff seine im Jahre 1900 gemachte Beobachtung der
Kahmhautbildung gedruckt sah.
Auf einige unserer Meinung nach unnotige und unsachliche Be-
merkungen in dem Aufsatze des Herrn Bonhoff wollen wir nicht
reagieren.
Nachdruck verbotcn.
Der Schildkrotentnberkelbacillus, seine Ztichtung, Biologie
und Pathogenitat
[Aus dem anatom.-biologischen Institut der Universitat Berlin (Direktor:
Herr Geh. Rat Prof. Dr. Her twig).]
Von Dr. Friedrich Franz Friedmann, Berlin.
Mit 1 Tafel.
(SchluB.)
17) Eidechse. 20. April 1903. R.K. Schkr.T-B. intraperitoneal.
30. April tot. Kasige Knotchen mit zahllosen T.B. auf der Oberflache der
Lungen, des Darmes, sowie in der Leber. Mikroskopisch: Leber in fettiger De¬
generation begriffen; kolossale Vermehrung der T.B. in diesem Organe, nament-
lich in helleren, in Verkasung begriffenen Knotchen enorme Bacillenmassen; in grofieren
Bacillenanhaufungen finden sich aufier den ganz saurefesten roten auch rotblau und
blau gefarbte Inaividuen; auch in grofieren BTutgefafien der Leber sehr zahlreiche T. B.
Hoden: In den interstitiellen Raumen, sowie in grofieren Blutgefafien finden sich
massenhafte T.B., aber auch in den Samenkanalchen seibst, und zwar im Lumen der-
aelben mitten zwischen Spermatozoen wurden T.B.-Haufchen gesehen.
e) 9 Frosche.
18) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal.
17. Jan. tot. Am Mesenterium mehrere verkaste Lymphknoten mit zahl-
reichen T.B. Mikroskopisch: Lunge normal, T.B. nicht gesehen. Leber keine
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Original©. Bd. XXXIV. No. 8.
Gewebsveranderungen, aber die Mehrzahl der Kernkorperchen und Kerngeriiststrange
sind auffallend saurefest, leuchtend rot. Stellenweise scheinen auch Triimmer
von T.B. und kleine T.B. selbst in Zellkemen zu liegen. Milz: Derselbe Befund wie
in den Leberpraparaten. Hoden normal.
19) Frosch. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal.
4. Febr. tot. An der Infektionsstelle geringe peritonitische Adhasionen. Leber
f eschwollen, gelblich gefleckt, Milz ebenfalls geschwollen, nirgends Knotchen.
likToskopisch: Leber gleichmaflig durchsetzt von kleinen Haufchen groBenteils
Kornerform zeigender, stets saurefester T.B., die iiberall innerhalb und in nachster
Nahe der Pigmentzellen liegen. Milz ebenso von zahlreichen T.B.-Hauf chen
gleichmaBig durchsetzt.
20) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intaperitoneal.
8. Febr. tot. Hochgradig abgemagert. Die makroskopische und mikroskopische
Untersuchung lieBen nichts Pathologisches erkennen, auch waren in Lunge, Leber, Niere,
Milz, Ovarium T.B. nicht zu finden.
21) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen. Dorsaler Lymphsack.
24. Jan. tot. Auf der Leberoberflache zahlreiche weiBe Punktchen, Lungen normal
aussehend. Mikroskopisch: Leber: Maflig zahlreiche, schwach rot gefarbte T.B., da-
gegen zahlreiche rote Kernkorperchen und Kerngeriiststrange. Nieren: Ganz ver-
einzelte T.B. gesehen, meist intrakanalikular, dagegen massennafte rot gebliebene Kerne
reap. Kernkorperchen.
22) Frosch. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. Dorsaler Lymphsack.
10. Febr. tot. Im dorealen Lymphsack reichliches neugebildetes sulziges Gewebe mit
kleinen Knotchen, auBerdem hier mehrere Kubikcentimeter eines hamorrhagischen
Exsudates, das sehr zahlreiche, vielfach kbrnige, kleine T.B. enthalt, die meist frei
(extracellular), zum Teil aber auch innerhalb von Rundzellen liegen. Geringes hamor-
rhagisches Peritonealexsudat. Leber und Milz geschwollen, zahlreiche Punktchen.
Mikroskopisch: Leber ganz und gar durcbsetzt von enormen T.B.-Massen, die meist
in Haufen innerhalb groBer Zellen liegen; sie zeigen zum Teil Kornchenform, zum
Teil sind es auch verzweigte Faden, zum Teil sind sie nur noch ganz schwach rot ge-
farbt, viele endlich haben die Saurefestigkeit ganz eingebii6t und sind blau gefarbt.
Auch in groBeren BlutgefaBen findet man, in Leukocyten eingeschlossen, zahlreiche
T.B. Stellenweise liegen offenbar in den Leberzellenkernen T.B. und andere
leuchtend rote Einschlusse. Auch die Kernkorperchen zeigen haufig die bereits oft
erwahnte Saurefestigkeit. Auch die Lunge enthalt zahlreiche groBe ein- und
mehrkernige Zellen, die mit T.B. vollgestopft sind. Auch in Milz und Nieren
liegen die sehr zahlreichen T.B. meist in Haufen innerhalb grofier Zellen. Das
sulzige Granulationsgewebe des Lymphsackes besteht ausschlieBlich aus Lymphzellen,
die mit T.B. und saurefesten Kemeinschliissen vollgestopft sind.
23) Frosch. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. Dorsaler Lymphsack.
8. Febr. tot. Der Riickenlyraphsack enthalt wieder ein sulziges, hamorrhagisch infil-
triertes Gewebe mit einzelnen gelblichen Knotchen, die mikroskopisch un-
zahlige T.B. aufweisen. Geringe hamorrhagische Peritonitis, Schwellung der Ab-
dominmorgane. Mikroskopisch: Leber zeigt einc enorme Vermehrung der T.B.,
das ganze Organ ist von Bacillenhaufen durchsetzt, auch in einern groflen Ast
der Leberarterie sind massenhafte T.B. nachweisbar. Milz und Lunge zeigen
keinerlei Gewebsveranderung, aber sind ebenfalls von dichten T.B.-Haufen gleichmaBig
durchsetzt. Nieren: Im interstitiellen und parenchymatosen Gewebe sehr zahl¬
reiche T. B. - H a u f e n , besonders reichliche Bacillen in den Glomeruli. Hoden:
Im interstitiellen Gewebe viele T.B.-Haufchen, bisweilen, aber viel seltener, auch in den
Hodenkanalchen.
24) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen. Hauttasche.
17. Jan. tot. An der Infektionsstelle, iiber der die genahte Haut gut verheilt ist,
ein sulziges, gelbliches hamorrhagisch infiltriertes Gewebe mit mehreren kasigen
Knotchen. Leber zeigt weifie Punktchen; sonst innere Organe makroskopisch,
ohne Veranderung. In Abstrichpraparaten der Leber sehr zahlreiche T.B. An Schnitten
durch Haut- und Unterhautgewebe sieht man, daB die Epidermis vollkommen verheilt
ist, im Unterhautgewebe an aer Impfstelle einige konfluierende, nur noch schwach farb-
bare kasige Knotchen, die auBer reichlichen, oft auch lang ausgewachsenen, verzweigten,
geschlangelten, kornigen T.B. auch Strahlenherde mit saurefesten Keulen enthalten;
Fetztere liegen innerhalb zirkumskript verkaster Bezirke (vergl. vorige Arbeit). Die
Knotchen entsprechen in Form und GroBe etwa den Tuberkeln der grofien Seewasser-
schildkrote, von der die Reinkulturen stammen. Ovarium und Nieren ohne T.B.
und ohne histologische Veranderungen.
25) Frosch. 3. Jan. 1903. Lungenkn5tchen. Hauttasche.
17. Jan. tot. An der Infektionsstelle ist von den implantierten Kasekn&tchen nicht*
mehr zu sehen. Auf der Leberoberflache kleine grauweiBe Pflnktchen.
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Friedmann, Der Schildkrfltentuberkelbacillus.
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Lungen blaurot, in der recbten ein gut hirsekorngrofles weifies Knotchen. Mikroskopisch:
In Leber, Milz sparliche T.B. Das Lungenknotchen besteht aus D&fomum-Larven, ent-
balt keine T.B., ebenso wenig Herz, Nieren, Ovarium.
26) Froscb. 19. Jan. 1903. R.K. Scbr.T.B. von einer Hauttasche
am Riicken aus mit der Platinose allseitig im dorsalen Lymphsack
verteilt.
13. Febr. tot, nachdem sich in den letzten 2 Tagen tonische Krampfe eingeetellt
batten. An der Infektionsstelle ein mit reicblicher GefaSentwickelung versenenes sulziges
Granulationsgewebe, Leber zeigt Punktcben. Mikroskopisch: Leber zeigt bellere,
kernarme Bezirke, ist ganz una gar von dichten T.B. - Sch warmen durch-
setzt. Milz; Gewebe anscheinena wenig verandert, nirgends Knotchenbildung, das
§ anze Organ ebenfalls von zahllosen T.B.-Nestern durchsetzt. Auch in
en Nieren zablreiche T.B.-Haufchen, wenn aucb nicbt in so grofler Menge
wie in Leber und Milz. Lungen ebenfalls voller Haufcben von T.B., aber obne
nennenswerte Gewebsveranderungen. Ho den: Spermatogenese in vollster Entwicke-
lung. Bacillen nicbt gesehen.
f) 2 Karpfen.
27) Karpfen. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal.
7. Jan. tot. Reicbliches bamorrhagiscb fibrinoses Exsudat in der Peritonealboble,
aucb auf Milz, Leber, Darmen fibrinose Auflagerungen. Mikroskopisch: Nieren:
Hochgradig interstitielle Infiltration mit kleinen Kundzellen, viele Harnkanalchen mit
homogenisierten Blutcylindern ausgegossen. Auf der Nierenoberflache, nicht im Innern
des Organes, einzelne, meist schon kornig zerfallene T.B. In der Milz, in den Peritoneal-
schwarten, in der Leber und in der Darmwand kleine, sich blau tingierende Stabchen,
die vielleicht, aber iu diesem Falle nicht sicher, als entfarbte T.B. anzusprechen sind.
28) Karpfen. 19. Jan. 1903. R.K. Schkr.T.B. intraperitoneal. Bereits
am nachsten Tage tot. Aufier einem geringen bamorrhagiscben Peritonealexsudat und
einigen Adhasionen normaler Befund.
B. WarmbI liter.
g) 3 Hiihner.
29) Huhn. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen in traperitoneal.
8. Marz bei bestem Wohlsein getotet. In der Leber einige kleine Knotchen,
die T.B. enthalten, sonst innere Organe normal aussehend, auch bei mikroskopischer
Untersucbung. In der Milz fallen viele Zellen auf, die siiurefeste Granula ent-
balten, sowie Kerne mit rotem Kernkorpercben und Kemgeriist.
30) Huhn. 8. Marz 1903. Scbkr.T.B. intraperitoneal.
3. April plotzlich tot, nachdem es bis zuletzt sebr gierig gefressen bat. Fibrinose,
stellenweise adnasive Peritonitis, kasige peritoneale Scnwarten, namentlich
am Netz, auch auf der Leberoberfladae fibrinos-kasige Bescblage, sowie ganz ver-
einzelte Knotchen, die T.B. enthalten. In der Lunge werden bei mikroskopi¬
scher Untersuchung keine T.B. gefunden, dagegen finden sich in den verkiisenden Netz-
abschnitten sehr grofie, meistens durch fibroses Bindegewebe sich abkapselnde Herde,
in denen enorme Massen leuchtend roter T.B. liegen, aie in Form und Lagerung den
Vogeltuberkelbacillen gleichen. Gerade die in diesem Falle mit den Schkr.T.B. erzeugten
Netzherde sind mikroskopisch nicht zu unterscheiden von ebenfalls verkasenden Netz-
konglomerattuberkeln einer an spontaner (Vogel-)Tuberkulose zu Grunde gegangenen
Taube, die mir kurzlich (von Dr. Kalischer) aus dem Institut des Herrn Geheimrat
Munk iibergeben und von der Kulturen angelegt, sind.
31) Huhn. 19. Jan. 1903. Schkr.T.B. intraperitoneal. Dieses Tier,
das noch zu einem weiteren Versuche verwandt wurde, ist zur Zeit des Abschlusses
dieser Arbeit noch am Leben.
h) 2 Tauben.
32) Taube. 3. Jan. 1903. Lungenkn6tchen intraperiton eal. 8. Marz
bei bestem Wohlsein getotet. AUe Organe sehen makroskopisch vollkommen normal aus.
33) Taube. 8. Marz 1903. Schkr.T.B. intraperitoneal. Auch dieses
Tier ist zur Zeit noch am Leben und im Versuch.
i) 1 Hund.
34) Hund. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal und
Hauttasche (linkes Hinterbein).
Die genahte Hauttaschenwunde verheilt glatt, in der Tiefe geringe Infiltration
die spater verschwindet, auch geringe Leistendiiisen schwellungen genen bald zuriick.
8. Marz bei bestem Wohlsein getotet. Unter der Hautnarbe wenig sulzig odematos
durchtranktee Granulationsgewebe. Die inneren Organe zeigen keine Spur einer Ver-
anderung. Mikroskopisch: In dem subkutanen Gewebe an der Impfstelle finden sich
nekrotische Herde und in diesen homogene saurefeste Massen (eingeechraolzene T.B.-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8.
Nee ter). Nach langerem Suchen wurden hier ganz vereinzelte blafirote lange kornige T.B.
gefuuden. Die inneren Organe zeigen normale Beschaffenheit und enthalten keine T.B.
k) 2 Ratten.
35) Ratte. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal.
15. Marz tot. In den Lungen zahlreiche Herdchen, die wie kasig aussehen. Milz
und Leber geschwollen, sonst ohne Veranderung. Auch bei der mikroskopischen Unter¬
suchung erseheinen die Lungenherde wie verkasende Tuberkel, doch wurae kein einziger
T.B. gefunden. Die iibrigen Organe von normalem Aussehen, enthalten keine T.B.
36) Ratte. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal.
28. Febr. bei bestem Wohisein getotet. Makroskopisch: auuer einer kleinen weifien
Fleckung auf der Leber, sehen alle Organe normal aus. Mikroskopisch: Niere normal,
Lunge kleine bronchopneumonische Herdchen, aber keine T.B. gefunden, Milz und
Mesenterialdriisen normal, ohne T.B. Leber: Gewebe ohne Veranderung, keine
T.B. gefunden, nur ist bemerkenswert, dafl die Leberzeilenbalken trotz starker Ent^
farbung stellenweise ganz rot geblieben sind.
l) 3 weiBe Mause.
37) Maus. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen. Hauttasche an der
Schwanzwurzel.
10. Jan. tot. Die Hautwunde ist nicht verheilt, sondern ulceriert. Im sub-
kutanen Gewebe ein kasiger Herd, in welchera sich zahlreiche T.B., groflenteils Korn-
chenfaden, finden. Jedoch sind die T.B. hier nur zum Teil saurefest und auch dann
nur sehr matt rot gefarbt, vielfach zeigen sie eine metachromatische (blaue) Farbung.
Lunge, Niere, Leber zeigen auch mikroskopisch keine Veranderungen und keine T.B.;
dagegen finden sich sowohl in der — nicht vermehrten — Peritonemfliissigkeit als auch
in einem kleinen schmierigen, Eitcr entleerenden AbsceB am Halse zahlreicne homogene,
sowie kornige Bacillen, die genau wie T.B. aussehen, aber nicht saurefest, sondern meta-
chromatisch blau gefarbt sind.
38) Maus. 3. Jan. 1903. Lungenknotchen intraperitoneal. 8. April
tot. Alle Organe sind bei makroskopischer und mikroskopischer Untersuchung voil-
kommcn normal und frei von T.B.
39) Maus, 3. Jan. 1903. Lungenknotchen subkutan. 28. Febr. gesund
getotet. Alle Organe normal, frei von T.B.
m) 1 Kaninchen.
40) Kaninchen. 3. Jan. 1903. Lungen knotchen s ubkutan.
24. April bei gutem Wohisein getotet. Innere Organe sehen vollkommen normal
aus, nur finden sich in der Leber einige kleine weifie, strahlige Narben. An der In-
fektionsstelle ein in dem lockeren Unterhautgewebe liegender, sehr verschieblicher, etwa
erbsengroBer Knoten, der im Innern kasig geschmolzen und nach
auflen durch eine derbe fibrose Kapsel abgegrenzt ist. Dieser Knoten
war einige Zeit nach der Infektion fiihlbar geworden, war anfangs
grofier geworden, dann aber auffallend schnell verkleiuert, und ware
wohl ganz verschwunden, wenn das Tier langer am Leben gelassen
worden ware. Derselbe besteht bei mikroskopischer Untersuchung aus einem aus
gleichmaBigen Rundzellen zusammengesetzten Granulationsgewebe mit vielen saurefesten
Kernkorperchen und Geriiststrangen. Dagegen werden erst, nach dem eine gro-
Bere Anzahl von Serienschnitten vergeblich durchforscht war, in dem
kasig geschmolzenen Zentrum vereinzelte kornige T.B. gefunden. Alle inneren
Organe erweisen sich gesund; in der Leber mehrere, aus Coccidien bestehende Knoten,
nirgends eine Spur von Tuberkeln oder Tuberkelbacillen.
n) 10 Meerschweinchen.
41) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Gelatine-R.K. Schkr.T.B.
intraperitoneal. GroBe Dosis.
Tot 12. Marz unter Intoxikationserscheinungen. Im Peritonealraume
freie, kasige Klumpchen, eines der Milz adharierend. Im Netz beginnende Kndt-
chenbildung, in der Milz Follikel geschwollen, Leber und Lunge makroskopisch
normal aussehend. Mikroskopisch: Im Netz zahlreiche Knotchen mit groBen, runden
Zellen, die mit Haufchen winzig kleiner, meist zu noch kleineren Kornern zer-
fallender T.B. dicht vollgestopft sind 1 ) (vgl. Fig. 8, die dem Peritoneum der Blind-
1) Rob. Koch fand ebenfalls „bei Meerschweinchen, welchen groBere Mengen
von Tuberkelbacillen in die Bauchhohle injiziert wurden imd welche schon im Laufe
der ersten Woche starben, im Peritoneum reichlich T.B. enthaltende Leukocyten.
Einen dem meinigen ganz analogen Befund beschreibt neuerdings R6mer bei
Mausen, die er mit groBen Dosen (0^01 g) Perlsuchtbacillen intrapentoneal infiziert
hatte und die in der Kegel ebenfalls nach 4 Tagen zu Grunde gingen: *am Netz und
an zahlreichen anderen Btellen des Bauchfells fanden sich schon mit bloBem Auge er-
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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus.
797
schleiche entstammt). Stellenweise Bind diese saurefeeten Kornchen gar nicht mehr zu
mehreren aneinandergereiht, sondern regellos in Massen in diesen Zellen verstreut;
letztere scheinen so durch Phagocvtose resp. Auflosung die Bacillen zu bewal-
tigen. Eigentliche Riesenzellenbildungen sind noch nirgends zu konstatieren. Die
Zellen besitzen durchweg gut farbbare Kerne. Milz, Lunge und Leber zeigen
weder Bacillen noch histologische Veranderungen, nur fallt auf, dafi auf alien Pra-
paraten ein Teil der Leberzellenbalken trotz Entfarbung schwach rot geblieben ist.
42) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Bouillon-R.K. Schkr.T.B.
int raperitoneal. Sehr grofie Dosis.
Tot 16. Marz unter Intoxikationserscheinungen. Netz aufgerollt, voller
konfluierender kasiger Knoten, sonst sehen die inneren Organe makroskopisch, abge-
sehen von einer mafiigen Hvperamie, normal aus. Mikroskopisch: Netz besteht aus
einem meist aus lymphoiden Zellen bestehen den Granulationsgewebe, das
enorme Mas sen von T.B. enthalt; letztere liegen wieder fast ausschliefilich inner-
halb grower Rundzellen und gehen hier offenbar zu Grunde (durch Auflbsung). Die
Milz zeigt keine histologischen Veranderungen, enthalt aber hier und da Haufchen
von kleinen, kdrnigen T.B.
43) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Gelatine-R.K. Schkr.T.B.
intraperitoneal. Sehr grofie Dosis.
Tot 16. Marz unter Intoxikationserscheinungen. An der Impfstelle ein
grofierer, mit den Darmen verbackener, kasiger Herd, Netz, wie im vorigen Falle, mit
zahllosen kasigen Knoten, dagegen erscheinen Milz, Leber, Lungen, Nieren makro¬
skopisch ganz normal.
Mikroskopisch: Netz: grofienteils diffuses Granulationsgewebe, welches
kol ossale T.B.-Massen enthalt, die wiederum grofitenteils intracellular zu
Grunde zu gehen scheinen. Rob. Koch selbst konstatierte bei Katzen, Meer¬
schweinchen etc., die wenige Tage nach der Infektion starben: „Die Infiltration des
Netzes bestand aus dichten, grofitenteils in Zellen eingebetteten Massen von Tuberkel-
bacillen“. Aufierdem finden sich lymphoide Knotchen mit grofien Rundzellen, welche
zum Teil ganz blafirote, schemenhafte, in Auflbsung begriffene T.B. enthalten; aufier¬
dem finden sich in ihnen Zellen, die mit zwar noch gut farbbaren, aber stets in kleinste
Kornchen zerfallenen T.B. vollgestopft sind. Stellenweise, namentlich da, wo grofie
T.B.-Ansammlungen sind, finden sicn kaum noch farbbare, in Verwesung begriffene
Gewebsbezirke. Die Leber zeigt hier und da im interstitiellen Gewebe Haufchen
kleiner Rundzellen, die T.B. enthalten, im ubrigen keine histologischen Ver¬
anderungen; aber auch im ganzlich unveranderten Gewebe hin und wieder kleine An-
sammlungen von T.B., die auch hier stets sehr kleine, oft nur noch ganz schwach rot
farbbare, also offenbar ebenfalls vor dem Untergange stehende Formen darstellen.
Milz: Gewebe normal, enthalt ebenfalls hier und da kleine Haufchen korniger
T.B. Nieren und Lungen: ganz normal, enthalten keine Bacillen.
44) Meerschweinchen. 4. Februar 1903. Agar-R.K. Schkr.T.B.
intraperitoneal. Sehr grofie Dosis.
1. Marz bei bestem Wohlsein getotet. Netz enthalt einige kleine Knotchen und
einen kleinerbsengrofien, kasigen Abscefi. Auf dem Peritoneum vereinzelte (4 oder 5
§ esehen) grauweifie Knotchen. Mesenterialdriisen bis Bohnengrofie, geschwollen, Leisten-
riisen apfelkerngrofi, Bronchialdriisen erbsengrofi. Leber von normaler Farbung, ent¬
halt einige wcifie, runde, perlmutterahnlich glanzende Knotchen Lungen iiberall luft-
haltig, keine Knotchen. Milz und Nieren etwas geschwollen, keine Knotchen.
Mikroskopisch: Netz: Zum Teil diffuses, mit Riesenzellen und Epithe-
loiden versehenes Granulationsgewebe; dieses enthalt zahlreiche, sich in
Kornchen auflosende und zerbrockelnde, aber noch leuchtend rot gefarbte T.B. Oft
liegen neben einigen noch gut erhaltenen Bacillen grofie Massen solcher hoch-
gradig degenerierterT.B. in Form feinster roter Piinktchen regellos zusammen
in einer Riesenzelle (vgl. Fig. 12). Aufier diesen diffusen Wucherungen finden
sich auch zirkumskripte Knotchen mit Epitheloiden, Riesen zellen und ver-
einzelten T.B., also echte Tuberkel. Uebrigens finden sich auch hier, wie dies
kennbare gelbliche Knotchen, welche mikroskopisch aus Leukocyten und unzahligen
Tuberkelbacillen bestanden. tt
1) Die durch Schkr.T.B. im Meerschweinchenkorper erzeugten Tuberkel unter-
scheiden sich meistens durch ihre ruudliche Form una ihre weifie, etwas glanzende
Farbung von den durch menschliche T.B. hervorgerufenen, mehr gelbliqjien, unregel-
mafiig fleckigen Knotchen. Die vergleichende mikroskopische Untersuchung gibt hier-
uber Aufschlufi, indem die durch Schkr.T.B. zwar ebenso wie die durch menschliche
T.B. hervorgerufenen Tuberkel bacillenhaltige Riesenzellen und Epitheloide, aber einen
grofieren Gehalt an polynuklearen Leukocyten („Eiterzellen“) als diese aufweisen (vgl.
Fig. 7).
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
R. Koch bereits in seinem groBen Werk 1884 beschreibt und wie es sich bisher immer
weiter bestatigt hat, „alle Uebergangsstufen zwischen einfachen epitheloiden Zellen mit
einem Bacillus und den vollstanaig ausgebildeten vielkernigen und mit vielen Bacillen
versehenen Riesenzellen* (Fig. 9a— e ). Aber sowohl diese umschriebenen Tuberkelknot-
chen als die diffus tuberkulos erkrankten Gewebspartieen sind allseitig durch derbe
Bindegewebsziige abgegrenzt. — Sehr viele untersuchte Mesenterialdriisen
zeigen Seine Spur von Tuberkulose und keine T.B.’ ebensowenig die Bronchial-
driisen und Leistendriisen. Die Leberknotchen, die nur in sehr sparlicher
Zahl vorhanden und ebenfalls durch fibroses G ewe be begrenzt sind, bestehen
teils aus gewohnlichen einkemigen Rundzellen, teils aus polynuklearen Leuko-
cyten, stets enthalten sie Epitheloide und bisweilen auch Riesenzellen mit
Haufchen kleiner T.B. Bis auf diese verschwindend wenigen Knotchen erwies
sich das Lebergewebe auf sehr vielen untersuchten Schnitten aus den verschiedensten
Gegenden des Organes ganz normal und frei von Bacillen. Auch Nieren, Milz,
Lungen und Darmwand sowie die Lymphfollikel des Darmes zeigen keine Spur
von Tuberkulose und keinen einzigen T.B.
45) Meerschweinchen. 4. Februar 1903. Agar-R.K. Schr.T.B. intra-
peritoneal. Enorme Dosis (5 ccm einer konzentrierten Emulsion),
o. Marz getotet. Netz zusammengerollt, keine Knotchen. Leber durchsetzt von
zahlreichen runden, weiBen, glanzenden Knotchen , Mesenterialdriisen wenig
g eschwollen, zum Teil gelblich verfarbt. Milz init ihrer Unterlage fest verwachsen, an
irem unteren Foie weiBliche Fleckung, zeigt aber keine Knotchen, Lungen normal,
liberal! lufthaltig, Nieren ebenfalls normal.
Mikroskopisch: Die Leberknotchen bestehen wiederum aus Rundzellen und
polynuklearen Leukocyten, enthalten auch stets Riesenzellen, die von den typi-
schen tuberkulosen nicht zu unterscheiden sind und Haufchen sehr
kleiner T.B. 1 ) enthalten. Die meisten dieser Tuberkel sind bereits in Verkasung
begriffen: in diesem Stadium sind die Zellkerne nur noch schwach farbbar und viel-
fach miBstaltet UDd die T.B. nicht sehr zahlreich. Die j iin geren Tuberkel, die
mit noch gut tingierbaren Kemen versehen sind, enthalten bedeutend mehr,
oft grofie Mengen T.B., so dafi also diese letzteren in den Kndtchen zu Grunde
gehen. Im unvcriinclerten Lebergewebe — aufierhalb der Knotchen — wurden nie-
mals T.B. gesehen. Die Bacillen zeigen sowohl homogene als auch, vorzugsweise, k6r-
nige Formen und finden sich grofitenteils intracellular. Milz: Viele Zellen enthalten
rotgefarbte Granula, doch wurden sonstige Veranderungen oder T.B. nicht gesehen.
Lungen und Nieren ohne histologische veranderungen und frei von T.B.
46) Meerschweinchen. 19. Januar 1903. Gelatine-R.K. Schkr.T.B.
intraperi toneal.
20. Februar tot. Netz zusammengerollt, mit mehreren gelblichen Knotchen. Alle
Mesenterialdriisen geschwollen von Apfelkern- bis Erbsengrofle. Leber zeigt auf der
Oberflache und auf dera Durchschnitt einige der in den vorigen Fallen beschriebenen
weifien Knotchen, Milz mit fibrinosen Sdiwarten, der Leibeswand fest angewachsen,
Lungen auBer geringen Hypostasen tadellos. lufthaltig, ohne Knotchen, Bronchialdrusen
wenig geschwollen, ebenso Inguinaldriisen. Nieren normal.
Mikroskopisch: Die Netzknotchen zeigen kleine, meist nur schwach farbbare
Zellkerne, keine Riesenzellen, und enthalten in kleinen Haufchen beieinander liegende,
winzig kleine, meist kornig zerfallene T.B. Die Knotchen sind von derbem fibrosen
Gewebe umschlossen; aufierhalb des Tuberkels findet sich nicht ein Bacillus;
das umliegende lymphoide Gewebe ist meist normal, bacillenfrei. Doch cnthalt es bis¬
weilen Riesenzellen, die den tuberkulosen zwar ahnlich sind, aber an dieser Stelle
nie einen T.B. enthalten. Lebergewebe, abgesehen von den erwahnten vereinzelten
Knotchen, ganz normal und bacillenfrei. Ebenso ergibt die mikroskopische Unter-
suchung zahlreicher Schnitte durch Milz, Lungen, Nieren, Neben nieren,
Hoden, Darm, Mesenterialdriisen und Bronchialdrusen keinerlei histo¬
logische Veranderungen und keine T.B.
47) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Agar-R.K. Schkr.T.B. intra¬
peri ton eal.
1) Die Schkr.T.B. erscheinen im Meerschweinchenkorper schon nach einem Auf-
enthalte von nur wenigen Tagen als winzig kleine Stabchen (Fig. 7, 9, 12) viel kleiner
als menschliche T.B. im Saugetier- oder menschlichen Korper (Fig. 10 Riesenzelle aus
einem Gaumenmandeltuberkel eines Kindes) resp. Schkr.T.B. im Schildkrotenkbrper
(Fig. 11 pigmenthaltige Riesenzelle aus dcr tuberkulosen Schildkrotenlunge). Offenbar
ist fur die GroBe, zu der der Bacillus in dem jeweiligen Wirtskorper auswachst, von
EinfluB, ob er in diesem von vomherein geeignete oder weniger geeignete Emahrung
findet.
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F r i e d|m a n n, Der Schildkrtftentuberkelbaciilus.
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23. April getdtet. Lungen, Milz, Nieren vollkommen normal, in der Leber,
die vollkommen gesund aussieht, zwei ganz kleine, weiBe KnStchen (wie sie in den
vorigen Fallen beschrieben) in der Gagend der Gallenblase. Im Netz einige sehr
kleine, weiBgraue Knotchen und ein harter, kleinerbsengrofier, gelb-
grauer Knoten, offenbar in Heilung und im Verschwinden begriffene
Kesiduen der tuberkulosen Infektion. Mikroskopisch zeigen die affizierten
Netzpartieen teils einzelne fibrds abgegrenzte, teils konfluierende Knotchen mit
Riesenzellen und Haufen von T.B. (vgl. Fig. 7). Da, wo die Bacillen nicht
mehr vorhanden sind, sieht man fast ausnanmslos in alien Zellkernen saurefeste
(rote) Kernkorperchen und Kerngeriists trange. Oft sieht man auch dichte
Haufen winzig kleiner T.B. innerhalb enorm groBer Riesenzellen, und zwar kann man
bisweilen sehr schon verfolgen, wie sich um solche groBen Bacillenhaufen herum Riesen¬
zellen nach Art der Fremdkdrperriesenzellen gebildet haben. Viele kleinere Riesen¬
zellen, die in GroBe, Form und Kemanordnung vollkommen den gewohnlichen tuberku¬
losen Riesenzellen gleichen, enthalten einzelne winzig kleine T.B. und Bruchstiicke
solcher. Im ubrigen bestehen die Tuberkel groBtenteils aus polynuklearen Leukocyten,
die oft, aber durchaus nicht immer, T.B. enthalten. Leber: Die Mehrzahl der Zell-
kerne enthalt saurefeste Einschliisse, im ubrigen keine Veranderungen, keine T.B.
Milz: Keine histologischen Veranderungen, keine T.B.
48) Meerschweinchen. 3. Januar 1903. Lungenknfttchen intra-
peri toneal. 4. Februar bei bestem Wohlsein getotet. Makroskopisch und mikro¬
skopisch alle Organe normal, keine T.B. gefunden.
49) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Agar-R.K. Schkr.T.B. intra-
peri ton eal. 12. Mai bei bestem Wohlsein getotet. Makroskopisch und mikroskopisch
alle Organe vollstandig gesund, nirgends eine Spur eines tuberkulbsen Herdes, kein
T.B. gefunden.
50) Meerschweinchen. 8. Marz 1903. Gelatine-R.K. Schkr.T.B.
intrapulmonal (rechte Lunge).
12. Mai bei bestem Wohlsein getdtet. Rechte Lunge zeigt an der Injektionsstelle
ganz zirkumskripte, adhasive Pleuritis und an dieser Stelle ein einziges, durch die
Pleura hindurchscheinendes, rundes, grauweiBes Lungen knotchen (in Form und Farbe
vollkommen den oben beschriebenen Leberknotchen gleichend). Bronchialdrusen zu
einem groBen, bindewebig umschlossenen Paket zusammengebacken. Beim Einschneiden
entleert sich aus dem geschmolzenen Zentrum reichlich dickrahmiger Eiter, in dem T.B.
nicht gefunden weraen. Die ubrigen Organe sind von normaler Beschaffenheit.
Mikroskopisch: Der LungentuberSel, der einzelne degenerierte (kleine, kornige)
T.B. enthalt, hat genau dieselbe Struktur wie die bei intraperitonealer Injektion mit aen
Schkr.T.B. erzeugten Lebertuberkel. Er ist von derbem Bindegewebe rings
umschlossen. Die Bronchialdrusen zeigen einfach den Charakter entzundlicher
Infiltration mit purulenter Erweichung im Zentrum, keine Spur von Tuberkulose und
keine T.B. Die ubrigen Organe erweisen sich bei mikroskopischer Untersuchung als
vollkommen gesund.
Anhang: Die S&urefestigkeit.
Es sei zum Schlusse dieses Kapitels noch einmal auf jenen eigen-
tiimlichen, bisher meines Wissens nicht beschriebenen Befund hin-
gewiesen, der bereits oben in den betreffenden Tierprotokollen kurz
verzeichnet wurde: Die Imbibition bestimmter Gewebsbestandteile mit
saurefester, offenbar aus den Schkr.T.B. stammender Substanz. Sowohl
bei fast alien untersuchten Kaltblfitern (Schildkroten, Ringelnattern,
Blindschleichen, FrSschen) als auch bei der Mehrzahl der zu Versuchen
verwendeten Warmbliiter (Huhn, Ratte, Kaninchen, Meerschweinchen)
wurden derartige Beobachtungen verzeichnet; und zwar erwiesen sich
entweder gewisse Kernbestandteile, Kernkorperchen, Strange des Kern-
geriistes distinkt (s. o. Schildkrote, Blindschleiche, Frosch, Kaninchen,
Meerschweinchen) oder bestimmte Gewebsbezirke, namentlich Leber-
zellenbalken, diffus saurefest(s. o. Ringelnatter, Ratte, Meerschwein¬
chen) oder endlich es fanden sich in Leukocyten Einschliisse („Granu-
lationen* ahnlich den in meiner vorigen Arbeit in der spontan tuber¬
kulosen Schildkrbtenlunge beschriebenen), die die f&rberische Reaktion
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
der T.B. gaben (s. o. Schildkr5te, Huhn). DaB dieses Rotbleiben be-
stimmter Zellen resp. Zellbestandteile nur ein Zufall ist, etwa auf mangel-
hafter Entfarbung beruht, ist ausgeschlossen, da auf Serienschnitten
durch ein solches Organ imraer nur dieselben Kerne resp. Gewebs-
territorien sich saurefest erweisen, ferner, da yon nicht infizierten Tieren
stammende Kontrollpraparate niemals derartige Befunde zeigten.
Dagegen sprechen fiir die Annahme, daB die saurefeste Sub*
stanz direkt von Schkr.T.B. stammt, welche vorher an den ge-
nannten Stellen vorhanden waren, aber als solche zu Grunde gegangen
sind resp. ihre saurefeste Substanz abgegeben haben, einmal die beim
Frosch gemachte Beobachtung, daB kleine Schkr.T.B. in Zellkernen
lagen, dann aber die besonders in der tuberkulosen Ringelnatterleber
festgestellte Tatsache, daB man innerhalb solcher diffus rot gebliebener
Leberzellenbalken dichte T.B.-Ansammlungen antrifft und deren succes¬
sive Homogenisierung und Einschmelzung verfolgen kann, sowie daB
sich in diesem s&urefesten Leberzellengewebe T.B.-Haufen finden, die
ihre saurefeste Substanz yerloren und demzufolge die
blaue Gegenfarbe angenommen haben.
DaB man durch Extractionsmittel die Tuberkelbacillen ihrer spezi-
fischen Farbbarkeit berauben kann, hat Robert Koch schon vor langer
Zeit nachgewiesen. Spater hat dann auchBorrel den Tuberkelbacillen
kiinstlich die Saure- und Alkoholfestigkeit genommen: Durch langeres
Einwirken von warmem Xylol wurde den Tuberkelbacillen eine wachs-
artige Masse entzogen, welche s&ure- und alkoholfest war, wahrend die
behandelten Bacillen diese Eigenschaft eingebiiBt hatten, wohl aber noch
die Fahigkeit besaBen, Tuberkel zu erzeugen.
DaB in ganz j ungen Reinkulturen der Schkr.T.B. verein-
zelte, noch nicht saurefeste Bacillenindividuen vorkommen,
ist bereits oben im III. Kapitel erwahnt. Bei meinen in letzter Zeit
recht zahlreich vorgenommenen Ziichtungen von Tuberkelbacillen aus
den verschiedensten Tierkorpern, auch aus dem menschlichen
Korper, habe ich diese Tatsache, die fiir die jungen menschlichen
T.B. von Ehrlich und spater von Klein undMarmorek schon fest-
gestellt war, regelmaBig bestatigt gefunden.
DaB aber auch alte degenerierende Schkr.T.B. unter Um-
standen einen Verlust der Saurefestigkeit erleiden und eine
deutliche Kontrastfarbung annehmen, habe ich sowohl in den urspriing-
lichen tuberkulosen Lungen der groBen Seewasserschildkr5ten (vgl.
meine vorige Arbeit) als auch bei den mit den Reinkulturen der Schkr.¬
T.B. vorgenommenen Tierversuchen (vgl. oben die Protokolle) haufig be-
obachtet.
Es ist also die Saurefestigkeit keine den verschiedenen Arten von
Tuberkelbacillen stets und in alien Entwickelungsstadien zu-
kommende Eigenschaft.
Ich behalte mir vor, auf diesen Punkt, dessen weitreichende prak-
tische Konsequenz auf der Hand liegt, demnachst ausfQhrlicher ein-
zugehen.
Zusammenfassung.
Der Schkr.T.B. findet im Korper samtlicher untersuchter Kalt-
bliiterspecies (mit Ausnahme der beiden Karpfen, die einer akuten
Intoxikation erlagen) eine enorme Vermehrung und schnelle Verbreitung
in alien Organen:
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Friedmann, Der SchildkrOtentuberkelbacillus.
801
Schildkrdten gehen in mehreren Wochen bis Monaten, ganz
gleich, welcher Infektionsmodus gewfihlt wurde (intraperitoneal, intra-
pulmonal, Hauttasche), an Miliartuberkulose, mit Massen von T.B.
im Blute, zu Grunde. Dabei zeigt sich bisweilen ein gesetzroaBiger
Verlauf: So gehen die beiden Tiere 3 und 4, die gleichzeitig mit gleicher
Dosis infiziert waren, auch am selben Tage ein.
Ebenfalls eine Miliartuberkulose mit erheblicher Vermehrung
der eingefflhrten Schkr.T.B. entsteht bei Ringelnattern und Eid¬
ee hsen; doch erliegt die letztere Species schon viel schneller der In-
fektion (nach 10 resp. 24 Tagen).
Auch die untersuchten Blindschleichen (mit Ausnahme eines
Tieres von 6 untersuchten) zeigten eine Allgemeinverbreitung der Ba-
cillen, welcher sie nach einem Zeitraume von 7—54 Tagen erliegen.
Auch Frfische, die die Infektion 14—36 Tage tiberstehen, zeigen
eine erhebliche Vermehrung der Schkr.T.B. in ihrem Kdrper.
Anders verhfilt sich der Schkr.T.B. im Warmblttterkfirper:
Vogel scheinen der Infektion zu widersteben und bei dem oben an-
gewandten (intraperitonealen) Infektionsmodus hSchstens lokale heilungs-
fahige Erkrankungsherde zu bekommen; doch soil fiber diesen Punkt
hier ein abschlieBendes Urteil noch nicht gefallt werden, weil mehrere
Versuche mit einem von Homer (aus dem v. Behringschen Insti¬
tute) ffir Vogel angegebenen Infektionsmodus zur Zeit noch im Gange
sind.
Der Hund ist nach dem einen bisher vorliegenden Versuchsergeb-
nisse offenbar immun.
Auch Ratten scheinen nicht erapffinglich ffir die Infektion zu sein;
denn die oben erwfihnten Lungenherde dfirfen, da T.B. in ihnen nicht
gefunden wurden, nicht mit Sicherheit als ursprfinglich durch Schkr.T.B.
hervorgerufen angesehen werden.
Auch die weifieMaus scheint nach den bisherigen, allerdings
noch nicht genfigend zahlreichen Versuchen immun zu sein.
Beim Kaninchen bildet sich an der Infektionsstelle ein von vorn-
herein begrenzt bleibender, verkiisender Herd, der allmahlich ganz ver-
schwindet und das Wohlbefinden des Tieres in keiner Weise beein-
trfichtigt.
Sehr interessant sind die Resultate der Meerschweinchen-
versuche:
a) Injiziert man intraperitoneal enorm groBe Dosen, so gehen die
Tiere akut (vgl. Fall 41, 42, 43) in 4—8 Tagen zu Grunde; sie zeigen
dann kfisig-fibrinose Massen im Peritonealraume, speziell im Netz, wo
sich auch schon beginnende Kndtchenbildung bemerkbar macht; meist
sind die Schkr.T.B. dann auch bereits in die Leber und Milz verschleppt.
Aber bereits bei diesen wenige Tage nach der Infektion gestorbenen
Tieren zeigt sich, dad die direkt aus der Schildkrotenlunge gezfichteten
Schkr.T.B. im Meerschweinchenkorper eine nennenswerte Vermehrung
nicht erfahren, vielmehr groBenteils intracellular zu Grunde gehen.
b) Ueberleben die Tiere nach solcher sehr hohen Infektionsdosis nur
wenige Tage lfinger (im ganzen 12—14 Tage), so ist bereits echte
Tuberkelbildung zu konstatieren, wie aus einem einer spfiteren
Versuchsreihe angehorenden Protokoll hervorgeht, das ich hier als er-
lfiuterndes Beispiel vorweg anffihre: Es handelt sich um ein 595 g
schweres Meerschweinchen, welches mit der kolossalen Dosis von 0,3 g
Reinkultur der Schkr.T.B. intravenos infiziert, nach einem anfanglichen
Erate Abt. Orig. Bd. XXXIV. 51
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8.
leichten Fieber und darauffolgendem standigen Temperaturabfall, am
12. Tage auf 380 g abgemagert, zu Grunde ging; alle inneren Organe
enthielten reichlich Haufchen meist zu Kornchen zerfallener Schkr.T.B.,
in der Lunge waren aber auch bereits zahlreiche, aus Riesenzellen, Epi-
theloiden und polynuklearen Leukocyten bestehende Tuberkel vorhanden,
die Mengen von Schkr.T.B. enthielten.
c) Unter gewissen Umstanden, auf die einzugehen ich mir fur spfiter
vorbehalten muB, uberleben die Meerschweinchen selbst die Applikation
enorm groBer Dosen von Schkr.T.B. dauernd, wie die F&lle 44 und 45
zeigen. Es bilden sich dann lokal (also bei intraperitonealer Infektion
gewohnlich in Netz und Leber) echte, mit bacillenhaltigen Riesenzellen
versehene Tuberkel, die aber stets durch ihre bindegewebige Abkapse-
lung die Tendenz zur Heilung und Nichtgeneralisierung im Korper be-
weisen.
d) Die F&lle 46—50 zeigen, daB, wenn die Infektionsdosis
nicht zu enorm hoch gew£hlt wird, die durch die Schkr.¬
T.B. im Meersch weinch enkorper hervorgerufenen tuber-
kulosen Ver&nderungen stets abheilen und sogar vSllig
verschwinden. Meerschweinchen 46 ist 32 Tage nach der Infektion
an einem interkurrenten Darmkatarrh, der zur selben Zeit auch mehrere
nicht infizierte Tiere im selben Stalle hinraffte, zu Grunde gegangen;
die Meerschweinchen 47, 48, 49, 50 sind 44, 32, 65, 65 Tage nach der
Infektion bei bestem Wohlsein getStet worden: Es fanden sich bei den
Tieren 46, 47, 50 harmlose abgekapselte und im Verschwinden be-
griffene Residuen der alten Infektion, auBerhalb dieser abgegrenzten
Herde nicht ein Bacillus; in den Fallen 48 und 49 vollends war keine
Spur einer Erkrankung mehr zu konstatieren.
Der Bacillus der Schildkrotentuberkulose ist, wie zum SchluB noch-
mals betont werden soil, innerhalb auBerordentlieh weiter Temperatur-
grenzen (ca. 0—43°) zu wachsen im stande.
Es sind seine bei 37° gewachsenen Kulturen von entsprechenden
Kulturen der menschlichen Tuberkulose im Aussehen absolut nicht unter-
scheidbar.
Diese Besonderheit kommt auBer dem Schkr.T.B. von alien bisher
bekannten Tuberkelbacillenarten nur dem Bacillus der Rindertuberkulose
(Perlsucht) regelm&fiig zu.
Es spricht diese Tatsache zu Ungunsten derjenigen Gegner der
R. Kochschen Dualit&tslehre der Menschen- und Rindertuberkulose,
die als ein Argument fur die Arteinheit der Menschentuberkulose und
der Perlsucht die Tatsache ins Treffen fuhren, daB die Kulturen der
menschlichen Tuberkulose und der Perlsucht ununterscheidbar sind.
Denn letztere Tatsache beweist angesichts der Feststellung, daB zwei
ohne weiteres sicher nicht identische Tuberkelbacillenarten (menschliche
und Schildkrotentuberkulose) in ihren Kulturen trotzdem nicht zu unter-
scheiden sind, nichts fur die Identitat der menschlichen Tuberkulose
und der Perlsucht. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, bietet
die Entdeckung des Schkr.T.B. und seiner kulturellen Eigenschaften eine
Stdtze fur die R. Koch-Schtitzsche Lehre.
Der Schkr.T.B. hat auch noch aus anderen Grtinden zu dem Bacillus
der menschlichen und dem der Rindertuberkulose enge Beziehungen;
er steht nicht nur im Aussehen seiner Kulturen, sondern auch in seinem
tierpathogenen Verhalten dem Bacillus der Menschen- und dem der
Rindertuberkulose besonders nahe, viel naher als der Bacillus der Fisch-,
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Friedmann, Der Schildkrdtentuberkelbacillus.
803
Blindschleichen-, Frosch- und selbst der Vogeltuberkulose dem Koch-
schen Bacillus stehen.
Denn im Gegensatze zu all diesen ist der Schkr.T.B. im stande, im
Korper des empf&nglichen Saugetieres, speziell im Meerschweinchen-
korper, in alien Fallen echte Riesenzellen- und bacillenhaltige Tuberkel
zu erzeugen, die von den durch Saugetiertuberkelbacillen hervorgerufenen
oft nicht zu unterscheiden sind.
Und ebenso wie der Perlsuchtbacillus beim Menschen an der In-
fektionsstelle und in den regionSren Lymphdriisen wohl einige Tuberkel
erzeugt, die aber die ausgesprochene Tendenz zum Lokalbleiben und
^ur Heilung zeigen, wie andererseits — was aus dem offiziellen Berichte
der Herren Geheimrat Robert Koch und Geheimrat Schtitz an den
Herrn Unterrichtsminister und den Herrn Landwirtschaftsminister vom
1. Juli 1901 hervorgeht und was ich auch aus mundlichen Mitteilungen
der Herren Geheimrat Donitz und Geheimrat Schiitz weifi — mit
Menschentuberkulose infizierte Rinder an der Infektionsstelle einen
kasigen Herd und vielleicht auch eine Tuberkulose der region&ren
Lymphdriisen bekommen, die aber, vorausgesetzt, daB nicht enorme
Dosen angewandt werden, nicht weiter fortschreitet, sondern sich ab-
grenzt und sp&ter ganz verschwindet: so entsteht, wie oben ausfflhrlich
dargetan ist und wie ich es seither in einer groBen Zahl neuer, quan-
titativ genau dosierter S&ugetierversuche best&tigt gefunden habe, durch
Einverleibung nicht allzu groBer Dosen Schkr.T.B. im Korper der fiir
die Tuberkulose empfanglichsten Species, des Meerschweinchens, ein
zwar spezifisch tuberkuloser, aber regelm&Big lokalisiert bleibender und
in Heilung iibergehender Herd.
Ueber weitere wichtige Eigenschaften |des Schkr.T.B. werde ich
demn&chst berichten.
Iaiteratnrverzeichnis.
Bataillon, Dubard et Terre, Un nouveau type de tuberculose. (Compt. rend, de
la soc. de biol. 1897.)
Bataillon, Moeller und Terre, Ueber die Identitat des Bacillus des Karpfens
(Bataillon, Dubard, Terre) und des Bacillus der Blindschleiche (Moeller). (Zeitschr.
f. Tub. u. Heilstattenwesen. III. 1902.)
v. Behring, Beitr. z. experim. Therapie. Heft 5. Tuberkulose.
Friedmann, F. F., Ueber die Bedeutung der Gaumentonsillen von jungen Kindera
als Eingangspforte fiir die tuberkulose Infektion. (Zieglers Beitr. 28. 1900.)
-, Experimentelle Studien iiber die Erblichkeit der Tuberkulose. (Zeitschr. f. klin.
Med. Bd. XLIII. 1901.)
-, Artikel „Tuberkelbacillen“. (Encyklopadie der mikroskop. Technik, hrsg. von
Ehrlich, Weigert etc. 1902.)
-, Spontane Lungentuberkulose mit grofier Kaverne bei einer Wasserschildkrflte
(Chelone corticata). (Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 2.)
-, Spontane Lungentuberkulose bei Schildkroten und die Stellung des Tuberkel-
bacillus im System. (Zeitschr. f. Tub. Bd. IV. 1903. No. 5.)
-, Der Schildkrdtentuberkelbacillus, seine Ziichtung, Biologie und Pathogenitat.
[Kurze Mitteil.] (Deutsche med. Wochenschr. 1903. No. 26.)
Koch, Rob., Die Aetiologie der Tuberkulose. (Mitteil. a. d. kaiserl. Gesundheitsamte.
Bd. II. 1884.)
Koch, Rob. und Schiitz, Menschliche Tuberkulose und Rindertuberkulose (Perl-
sucht). Bericht an den Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen-
heiten und den Minister fur Landwirtschaft, Domanen und Forsten vom 1. Juli 1901.
(Arch. f. wiss. u. prakt. Tierheilkunde. Bd. XXVIII. Heft 1 u. 2.)
Moeller, Ueber dem Tuberkelbacillus verwandte Mikroorganismen. (Therap. Monats-
hefte. 1898.)
Romer, Ueber Tuberkelbacillenstamme verschiedener Herkunft. [Habilitationsschrift.]
Marburg 1903.
51*
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804
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Original©. Bd. XXXIV. No. 8.
Erkl&rung der Figuren.
Fig. 1 u. 2. Kulturen der Schildkrotentuberkulose, gewachsen bei 22 0 resp- 37 °.
Fig. 3. Kultur der menschlichen Tuberkulose.
Fig. 4. Abstrichpraparat von einer Kultur der menschlichen Tuberkulose.
Fig. 5 u. 6. Abstrichpraparate von Kulturen der Schildkrdten tuberkulose, ge¬
wachsen bei 37° resp. 22°.
Fig. 7. Fibrds abgegrenztes Knotchen mit Riesenzellen, Epitheloiden, polynukl.
Leukocyten und zahlreicnen Schkr.T.B. aus dem Meerschweinchenkorpcr, hervorgerufen
durch Schkr.T.B.
Fig. 8. Mit winzig kleinen, zu Kornchen zerfallenden Schkr.T.B. vollgestopfter
Leukocyt aus dem Peritoneum der Blindschleiche.
Fig. 9 a—e. Uebergangsformen von einfachen epitheloiden Zellen mit wenigen
Bacillen bis zu vielkernigen bacillenreichen Riesenzellen; aus dem Netz eines mit
Schkr.T.B. infizierten Meerschweinchens.
Fig. 10. Riesenzelle aus einem Gaumenmandeltuberkel eines kleinen Kindes.
Fig. 11. Pigmenthaltige Riesenzelle aus der spontan tuberkulosen Schildkroten-
lunge.
Fig. 12. Riesenzelle aus einem mit Schkr.T.B. erzeugten Netztuberkel dee Meer¬
schweinchens.
Fig. 10, 11, 12 sind bei gleicher Vergrofierung (Zeiss Apochrom. Immers. 2,0;
Kompens. Okul. 6) gezeichnet.
Fig. 1-3 sind vom Maler M. Landsberg, Fig. 4—12 mit Zuhilfenahme des
Zeissschen Zeichenapparates vom Verf. hergestellt.
Nachdruck verboten.
Die Trypanosomen in derMensohen- und Tierpathologie, sowie
vergleichende Trypanosomenuntersuclmngen.
Von Lydia Rabinowltsch und W. Kcmpner.
Mit 1 Tafel.
Die Erforschung der durch Trypanosomen hervorgerufenen Tier-
seuchen in den heifien L&ndern hat in dem letzten Jabrzehnt in atio-
logischer Beziehung bedeutende Fortschritte gemacht, wenn auch in
prophylaktischer und therapeutischer Hinsicht bisher nur geringe Erfolge
zu verzeichnen waren. Ueber die in Indien herrschende Surra, welche
Pferde, Maulesel, Hunde, Rinder, Kamele, Biiffel und andere Tiere befallt,
hat Lin gar d (4, 8) ausfdhrliche Berichte gegeben, denen sich Mitteilungen
von Rogers (40) aus Indien, von Penning (9, 23), Vrijburg(24, 65),
de Does (32) aus NiederlSndisch-Indien und v. Carougeau (31) aus
Indo-China anreihen. Das Vorkommen der Surra wurde neuerdings auch
auf den Philippinen (47—49) und der Insel Mauritius (79) festgestellt.
Die Kenntnis der dieselben Tierspecies befallenden und dem klinischen
Bilde nach mit der Surra identischen Nagana oder Tsetse-Krankheit
in Afrika verdanken wir vor allem Bruce, welcher dieselbe im Zulu-
land studiert und ein vollstfindiges Bild fiber die Aetiologie und Patho-
logie derselben gegeben hat R. Koch (1,41) lenkte spSter durch ein-
gehende Untersuchungen in Ostafrika, welche besonders auf die Be-
kfimpfung der Tsetsekrankheit hinzielten, von neuem die Aufmerksam-
keit auf die durch Trypanosomen bedingten Tierseuchen. Schilling
(42, 66, 101) und Ziemann (74,109—110) haben die Nagana in West-
afrika studiert und setzen ihre Arbeiten daselbst weiter fort.
Als dritte Trypanosomenkrankheit wfire die Dourine, Beschfil-
seuche der Pferde, in Algier zu nennen, ffir die Schneider und
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Cmtralblait fnrBakUrioloqit Abt I. Bd XUV Fh/dmnn, fo'ScluldMttntukrkdhicilliis
Ff Friedmann gez Verl.v. Gustav Fischer, j ena Lith Ans'vJ
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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen-.u. Tierpathologie. 805
Buffard (11—16) die bereits vorher von Chauvrat und Rouget ge-
fundeuen Trypanosomen verantwortlich machen.
Ferner wurden neuerdings Trypanosomen als Erreger der in SCLd-
amerika seit Jahren bekannten Pferdekrankheit Mai de Caderas von
Elmassian (34, 70, 118) in Paraguay beschrieben; weitere Unter-
suchungen von Zabala (36), Voges (35, 71) und ganz besonders
Ligni&res (73, 130, 131) in Argentinien haben die Aetiologie des Mai
de Caderas bestatigt.
Eine weitere pathogene Trypanosomenart hat T h e i 1 e r (54) im vorigen
Jahre bei Rindern in Transvaal beschrieben, die aber sicherlich nicht
mit den oben genannten Trypanosomenarten identisch ist.
Aber nicht nur in den Lindern, in denen diese Seuchen heimisch
sind, in Asien, Afrika und Amerika, sondern auch in Europa hat man
dem Studium der Trypanosomenkrankheiten in den letzten Jahren mit
groBem Eifer obgelegen, und vor allem waren es Nocard, Laveran und
Mesnil in Paris, welche die Kenntnis s&mtlicher obengenannten Try¬
panosomen in fitiologischer und pathologischer sowie biologischer Be-
ziehung in hohem Mafie durch eine groBe Reihe wertvoller Beitrage
gefordert haben. In England haben Kanthack, Durham und Bland-
ford (2) sowie Plimmer und Bradford (7, 59) nicht unwichtige Unter-
suchungen fiber die Nagana angestellt.
Dieses waren die wichtigsten Arbeiten der letzten Jahre, welche die
Trypanosomen als Erreger verheerender Tierseuchen in den Vordergrund
der Protozoenforschung gestellt haben. Ffir die menschliche Pathologie
hatten diese flagellaten Blutparasiten jedoch bisher kaum ein Interesse,
obwohl Hehir und Barron (105) fiber zweifelhafte Falle von Trypa-
nosomenbefunden beim Menschen berichtet haben. Etwas sicherer lauteten
die Angaben von Nep veu (3), welcher 1898 sieben Trypanosomenbefunde
aus Algier mitteilte, von denen 6 Malariakranke betrafen. Da die Ffille
bereits 7 Jahre frfiher untersucht warden, und nur eine sehr ungenaue
Beschreibung der Parasiten vorliegt, so ist auch diese Mitteilung nicht
als einwandsfreier Trypanosomenbefund beim Menschen anzusehen.
Der erste sichergestellte Fall wurde im Vorjahre von Forde (95)
und Dutton (93, 94) in Gambia, Westafrika, bei einem Europfier be-
obachtet, der mit leichtem remittierenden Fieber erkrankt war und die
Symptome groBer Korpersehwiiche und Anainie darbot. Im frischen
Blut sowie im gefarbten Pr¶t wurden wiederholt, aber nur wahrend
der Fieberstadien, Trypanosomen, allerdings in spfirlicher Anzahl, nach-
gewiesen. Dutton hat die Parasiten genauer beschrieben und halt sie
morphologisch dem Naganaparasiten ffir sehr fihnlich, Entwickelungs-
formen wurden nicht gefunden; Tierversuche fielen voriaufig negativ aus.
Derselbe Kranke kehrte nach Liverpool zurfick und wurde von Annet
(103) in der Schule ffir Tropenmedizin bis zu seinem nach anderthalb
Jahre erfolgten Tode weiter beobachtet; die Sektion unterblieb. Der
Trypanosomenbefund wurde in den letzten Lebensmonaten immer spar-
licher, jedoch bewies die Verimpfung auf weiBe Ratten und Affen das
Vorhandensein derselben im Blut. Die Tiere zeigten eine chronische,
2—3Monate wahrende, letal verlaufende Krankheit, die Parasiten waren
aber nicht immer mikroskopisch nachweisbar. Hunde verhielten sich
refraktar; die Angaben fiber die Tierversuche sind im fibrigen ziemlich
kurz gehalten.
In seiner ersten Mitteilung erwfihnt Dutton, daB er bei der Unter-
suchung von Kindern in Gambia auf Malaria bei einem anscheinend ge-
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806
Central!)], f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
sunden Kinde von 3 Jahren neben einigen Malariaringen Trypanosomen
gefunden babe, die den oben beschriebenen vollstandig glichen. Diese
Befunde veranlafiten die Liverpool School of Tropical Medicine eine
Expedition nach Senegambien zur weiteren Erforschung der Trypano¬
somiasis zu senden (August 1902). Der kurze vorl&ufige Bericht von
Dutton und Todd (103) iiber diese Expedition gibt ffinf weitere Try-
panosomenbefunde im Blut unter mehr als 300 untersuchten Individuen l ) r
einen bei einem Weifien und vier bei Eingeborenen. Bis auf einen Fall,
der keine besonderen Krankheitserscheinungen und trotzdem die meisten
Parasiten, bis zu 23 in einem PrSparat, zeigte, war bei den anderen vor
allem unregelm&Biges Fieber, allgemeine SchwSche, zum Teil eine ver-
grbfierte Milz vorhanden. Die Parasiten der verschiedenen FSlle glichen
einander vollkommen; ihre Pathogenit&t fxlr Tiere wurde noch nicht
sicber festgestellt, soweit aus den kurzen Angaben ersichtlich ist. Die
Autoren glauben, dad die Trypanosomen im zentrifugierten Blut sicherer
und h&ufiger nachgewiesen werden konnten. ErwShnt m8ge noch werden,
daB sich in einer Ortschaft bei 6 Pferden, die zum Teil keine besonderen
Krankheitserscheinungen zeigten, zahlreiche Trypanosomen im Blut fan den.
Im Tierexperiment schienen sich dieselben den Naganaparasiten nicht
un&hnlich zu verhalten, obwohl sie morphologisch angeblich Abweichungen
zeigten.
Kurze Zeit hierauf, im MSrz und Mai d. J., berichteten Man son
(106), sowie M a n s o n und Daniels (122) fiber zwei TrypanosomiasisfSUe
vom Kongo (Leopoldsville und Monsambe), welche Europ&erinnen be-
trafen und in London beobachtet wurden. Bei beiden sollen die von
Erythem begleiteten remittierenden Fieber nach Insektenstichen am
Bein aufgetreten sein. Man son spricht bei dem zweiten Fall neuer-
dings (107) die Vermutung aus, dafi die Infektion durch innigen Kontakt
mit einer gleichfalls an Trypanosomiasis leidenden Person erfolgt sei.
Wiederum fanden sich die Trypanosomen vornehmlich wfihrend der
Fieberzeit in mafiiger Anzahl im Blut. Chinin war auch in diesen Fallen
ohne Einflufi auf den Fieberverlauf, desgleichen Arsen, welches im
Ford e-Dutton schen Falle sehr gfinstige Wirkung gezeigt hatte. Der
erste Mansonscbe Patient kehrte nach Afrika zuriick, wfihrend der
zweite sich noch in Behandlung befindet. Bei letzterem sah Man son
vor einem Fieberanfall zwei Entwickelungsformen (angeschwollene Try-
panosomon mit doppelter GeiBel) und nacher eine bedeutende Zunahme
der Parasitenanzahl. Samtliche Uebertragungsversuche auf Ratten, M&use,
Hund, Affe, Pferd, Schwein etc. fielen negativ aus.
Vom Kongo liegen bisher noch einige ganz kurze Mitteilungen fiber
Trypanosomenbefunde, anscheinend sfimtlich bei Europfiern, vor: 1 Fall
von Le Moal (85) in Brazzaville, 1 Fall von Brumpt (115) in Boumba
und 2 von Broeden (106) in Leopoldsville. Leishman (123) spricht
bei einem Fall von Dum-dum-Fieber in Indien nur die Vermutung aus,
daB er in der Milz mOglicherweise Entwickelungsformen von Trypano¬
somen gesehen habe. Dieselben Gebilde sah neuerdings auch Donovau
(139) in Indien bei einigen F&llen in der Milz.
Aus diesen im letzten Jahre erhobenen Befunden ging trotz deren
bisher noch geringer Anzahl jedenfalls die Tatsache hervor, daB die
menschliche Pathologic in den Tropen mit einer bisher unbekannten, von
1) Im panzeri bat Dutton mmmehr fiber 1000 Individuen in Senegambien unter-
eucht und 7mal Trypanosomen im Blute gefunden. (Lancet. 1903. 22. August, p. 542.)
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Rabinowi tsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 807
den Englflndern als „Trypanosomiasis u Oder ^Gambia fever“ bezeichneten
Krankheitsform zu rechnen hat, als deren Erreger die im Blut gefundenen
Trypanosomen angesehen werden mtissen.
In rascher Folge hat nun die Trypanosomenforschung hinsichtlich
der Aetiologie tropischer Krankheiten einen weiteren Fortschritt, und
zwar wiederum von englischer Seite, erfahren. Anfang dieses Jahres
erhielten wir aus London die Mitteilung, daB Castellani, der im Auf-
trage der Royal Society nach Uganda, Zentral-Afrika, zur Erforschung
der Schlafkrankbeit der Neger (sleeping sickness) entsandt war, Trypano¬
somen in der Cerebrospinalfliissigkeit der Kranken gefunden habe. Die
Schlafkrankheit der Neger war bisher eine ebenso interessante wie dunkle
Erkrankung. Sie herrscht epidemisch in verschiedenen Teilen Afrikas
und befailt nur Neger. Ihr Hauptsymptom ist ein schlafsttchtiger Zu-
stand, der sich schlieBlich bis zum tiefen Coma steigert. Der Verlauf
ist chronisch, der fast unvermeidliche Tod erfolgt nach 3—12 Monaten.
Der anatomische Befund ist, abgesehen von einer stets vorhandenen
Hyperflmie der HirnhautgefflBe, negativ. Die bisherigen bakteriologischen
Befunde widersprachen sich; die Mansonsche Theorie, welche als Ur-
sache der Schlafkrankheit Filaria perstans ansieht, war auch noch zweifel-
haft. Ganz neuerdings erkl&rte Ziemann (97) die Schlafkrankheit fflr
eine Intoxikation, bedingt durch den GenuB von rohem Maniok.
Kebren wir zu den interessanten Befunden Castellanis zurflck,
tiber die nunmehr ausfflhrlichere Berichte (119, 125—127) vorliegen.
Castellani hatte bei der Untersuchung schlafkranker Neger, welche
in Entebbe (Uganda) vorgenommen wurden, den gliicklichen Einfall, die
intra vitam durch Punktion gewonnene Cerebrospinalflflssigkeit jjvon
ca. 15 ccm, von der die obersten blutig gefarbten 5 ccm abgegossen
wurden, ca. 15 Minuten lang zu zentrifugieren und dann erst das Sedi¬
ment mikroskopisch zu besichtigen. Auf diese Weise konnten in der
Cerebrospinalflflssigkeit von 34 Kranken in 19 Fallen, gleich ca. 60 Proz.,
Trypanosomen aufgefunden werden. Dieser Befund wurde zweimal auch
post mortem bestatigt, in denen sich die Parasiten auch in den Seiten-
ventrikeln vorfanden. Eine Blutuntersuchung wurde nur in wenigen
Fallen, einmal mit sicherem positiven Trypanosomenbefund vorgenommen.
Sowohl in der Cerebrospinalflflssigkeit wie auch im Blut sah Castellani
Gebilde, die er fflr Entwickelungsformen der genannten Blutparasiten
ansieht. Zur Kontrolle untersuchte Castellani in Entebbe die Hirn-
Rflckenmarksflflssigkeit von. 12 Negern, die nicht an der Schlafkrankheit
litten, sondern anderweitige Erkrankungen, zum Teil mit leichten Fieber-
erscheinungen aufwiesen — samtliche Falle mit negativem Ergebnis. Hin-
gegen fanden sich bei 3 Negern dieser Kontrollserie, welche Fieber-
erscheinungen, mit Kopfschmerzen, in einem Fall vergroBerte Milz zeigten,
sparliche Trypanosomen wflhrend der Fieberanf&lle im Blut. Malaria-
parasiten waren in diesen Fallen, die ausfflhrlich von Baker (124) be-
schrieben werden, nicht nachweisbar.
Wenn auch durch diesen zum erstenmal von Castellani er-
hobenen Trypanosomenbefund in der Cerebrospinalflflssigkeit schlaf¬
kranker Neger die Aetiologie und Pathogenese der bis dahin so ratsel-
haften Erkrankung noch nicht vollstandig aufgeklflrt erscheint. so glauben
wir bei dem hohen Prozentsatz der positiven Befunde doch immerhin
schon jetzt die Behauptung aufstellen zu dflrfen, daB die Trypanosomen
in einem ursflchlichon Zusammenhang mit der Schlafkrankheit stehen.
Der zumeist post mortem von Castellani durch Kultur gesicherte
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808
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8.
Streptokokkenbefund scheint doch nur eine sekund&re Bedeutung zu
haben. Unsere obige Annahme erhalt eine weitere gewichtige Stfitze
durch folgende Mitteilung Bruces (120), des Entdeckers der Nagana-
Trypanosomen, an die Royal Society, welche denselben zur weiteren Er-
forschung der Schlafkrankheit nach Uganda entsandt hatte. In siimtlichen
38 untersuchten Fallen von Schlafkrankheit fand Bruce Trypanosomen
in der Cerebrospinalflflssigkeit, in 12 von 13 diesbeztiglich untersuchten
Fallen auch im Blut 1 ).
Kann somit die C a s t e 11 a n i sche Entdeckung als bestatigt angesehen
werden. so erhebt sich nun vor allem die Frage nach der Art der Ueber-
tragung der Krankheitserreger. Die Forschungen der letzten Jahre haben
zur Genfige bewiesen, daB die Blutparasiten im allgemeinen durch In-
sekten flbertragen werden. Dies dflrfen wir wohl nach dem vorliegenden
Material auch fflr die Trypanosomen annehmen. Fur die nicht pathogenen
Rattentrypanosomen haben wir den experimentellen Nachweis der Ueber-
tragung durch Fldhe erbracht, und erfuhren eine Bestatigung durch
Laver an und Mesnil. Me Neal undNovy sahen hingegen lebende
Trypanosomen im Magen der Rattenlause (141). Als Verbreiterin der Na-
ganatrypanosomenwird in alien von der Seuche heimgesuchten Gegenden
die Tsetsefliege angenommen; B r u c e hat diese Annahme durch das Experi-
mentgestfitzt. Fflr die Surratrypanosomen gelten Tabanus tropicus und
Tabanuslineola in Indien als Uebertrflger, wahrend Curry (63,64) bei der
Surra auf den Philippinen die Trypanosomen im Magen und Rflssel der ge-
meinen Stallfliege, Stomoxys calcitrans, aufgefunden hat. Der Ueber-
tragungsmodus des Mai de Caderas ist nach E1 massian und Ligni&res
(73) noch nicht vSllig aufgeklart, obwohl letzterer ebenfalls in den
Leibern von Stomoxys calcitrans , die von kranken Tieren stammten, in-
fektionsfahige Trypanosomen nachwies; SivoriundLecler (100) haben
sogar mit positivem Erfolg gesunde Pferde von diesen Fliegen stechen
lassen. Hingegen sollen bei der Verbreitung der Dourine nach den
Untersuchungen von Schneider und Buffard, sowie Nocards (17)
die Trypanosomen durch den Coitus flbertragen werden. Unsere eigenen
mit Dourinetrypanosomen angestellten Versuche zeigten jedocb, daB sich
Ratten auch durch Vermittelung von Insekten, speziell Flohen, infizieren
lassen. Wir setzten sowohl mannliche infizierte weiBe Ratten mit mflnn-
lichen nicht infizierten als auch infizierte Weibchen mit nicht infizierten
zusammen, so daB eine Uebertragung durch den Begattungsakt aus-
geschlossen war, und erhielten in beiden Reihen positive Resultate.
Die Uebertragung der Parasiten durch Zusammensperren infizierter und
nicht infizierter Ratten in einen Kflfig gelang uns bei der Dourine nicht
so haufig (30—40 Proz.) wie bei den Rattentrypanosomen (75—80 Proz.).
DaB die RattenflShe in der Tat die Dourinetrypanosomen beherbergten,
haben wir in aknlicher Weise wie bei unsern frflheren Versuchen mit
Trypanosoma Lewisi festgestellt und auch durch den Befund von Trypa¬
nosomen im Flohmagen bestatigt. Eine einwandsfreie Uebertragung
durch den Coitus mit sicherem AusschluB der Insekten als Vermittler
der Dourinetrypanosomen war uns auch bei Kaninchen nicht moglich.
1) Die Cas tellanischcn Befunde veraulafiten die portugiesische Expedition zur
Erforschung der Schlafkrankheit (Annibal Bettencourt, Ayres Kopke, Gomes
de ltezende ed Correia Men des), ihre Praparate nachzupriifen. In 4 von 12 Fallen
liefien sich denn auch Trypanosomen im Blute auffinden, in der Cerebrospinaifliissigkeit,
die jedoeh nicht nach der Castellanischen Methode verarbeitet worden war, dagegen
nicht (147).J
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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 809
Ueber unsere Dourineversuche werden wir demnachst an anderer Stelle
berichten.
Jedenfalls gaben uns aber dieselben zu bedenken, ob die sogenannte
Beschalseuche s. Dourine in der Tat durch Trypanosomen hervorgerufen
wird, Oder falls dieses sich weiter bestatigen sollte — Symptome und
Pathologic der Dourine zeigen ja eine weitgehende Uebereinstimmung
mit Surra und Nagana — ob bei der Uebertragung der Parasiten neben
dem Begattungsakt nicht auch noch blutsaugende Insekten eine Rolle
spielen. Das in der Heimat der Dourine, in Algier, auch die Nagana
zu Haus ist, zeigt uns eine neuere Mitteilung von Szewczyk (113).
Nach de Does (33) kommt die durch Trypanosomen hervorgerufene
Beschals&uche der Pferde auch auf Sumatra vor, woselbst die Surra
endemisch ist. Ferner sprachen letzthin selbst Schneider und
Buffard (98) die Vermutung aus, daB Rouget (111) seinerzeit wohl
nicht mit Dourine-, sondern mit Naganamaterial gearbeitet habe. Es
ware also in diesen Gegenden die Annahme eines gleichzeitigen Auf-
tretens der Beschalseuche und der Nagana resp. Surra bei einem und
demselben Tiere nicht ganz von der Hand zu weisen. Aus diesen
Notizen ersehen wir jedenfalls, daB die Akten uber die Dourine noch
nicht abgeschlossen sind.
Die Mehrzahl der Trypanosomenseuchen scheint, wie wir soeben
erfahren haben, durch Stechfliegen ihre Verbreitung zu finden. Die
Vermutung, daB diese oder andere Insekten auch bei dem menschlichen
Trypanosomenfieber oder bei der durch Trypanosomen hervorgerufenen
Schlafkrankheit als Zwischenwirte eine Rolle spielen, gewinnt durch
aitere Angaben eine nicht unwichtige Stfltze. So hat Livingstone
und spater Sir John Kirk u. a. die tick-disease in Portugiesisch-Siid-
afrika im Zambesital beim Menschen beschrieben, wahrend Daniels
vom tick-fever in Britisch-Zentralafrika spricht; von letzterem ausgefiihrte
Blutuntersuchungen fielen allerdings negativ aus. Man son (106) ist
nicht abgeneigt, bei seinen oben geschilderten Trypanosomiasisfallen
vom Kongo, die nach Insektenstichen auftraten, die von Livingstone
beschuldigte giftige Zecke, Argos moubata, als Tragerin des Krankheits-
keims anzusehen.
Auch in den anderen meistens an Seen und Fliissen beobachteten Fallen
von Trypanosomiasis, die bisher verzeichnet sind, ist es sehr wahrschein-
lich, daB Insekten die Blutparasiten iibertragen haben; in alien diesen
Gegenden ist besonders die Tsetsefliege zu Haus und die durch sie ver-
breitete Nagana. Fiir die Verbreitung der Schlafkrankheit scheint sogar
diese Fliege, die Glossina morsitans, allein in Frage zu kommen. In
einer der letzten Sitzungen der Soci6t6 de Biologie erklarte dies
B r u m p t (128) fiir sehr wahrscheinlich. Ueberall da, wo die Tsetsefliege
nicht vorkommt, vermag sich die Krankheit nicht auszubreiten. So
wurden verschiedene Falle von Schlafkrankheit nach den Antillen ver-
schleppt, ohne daB die Krankheit dort festen FuB fassen konnte. Unter
den verschiedensten Insekten, welche daselbst den Menschen bel&stigen,
fehlt die Tsetsefliege. Interessanter sind die weiteren Daten, die
Brumpt gibt. Wahrend in Banamia unter den am Kongo selbst
lebenden 3000 Fischern die Schlafkrankheit entsetzlich wiitete, so daB
augenblicklich nur noch 300 von ihnen leben, sind die in der Nahe
einer Trappistenmission lebenden Eingeborenen, welche selten zum FluB
hinunterkommen und ihr Trinkwasser aus Quellen beziehen, vollkommen
von der Seuche verschont geblieben. Am Flusse selbst kommt die Tsetse-
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810 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
fliege in groBen Scharen vor, wShrend in der 20 Minuten vom Flusse
abgelegenen Mission keine Fliege zu treffen ist. Die Einwohner eines
anderen Dorfes, die schrecklich zu leiden hatten und mitten in der von
der Schlafkrankheit befallenen Gegend wohnten, sind vollkommen gesund t
seitdem sie Ackerbau treiben und nicht mehr zum FluB hinabkommen t
wo sie von der Tsetsefliege gestochen werden konnten. Auch Sam bon
(129) spricht sich angesichts der Castellanischen Befunde fdr die
Verbreitung der Schlafkrankheit speziell durch die Tsetsefliege aus.
Es ist aber nun eine weitere Frage zu beantworten, weshalb von
der Schlafkrankheit im allgemeinen nur die Neger betroffen werden,
obwohl vereinzelte F&lle auch unter WeiBen zur Beobachtung kamen.
Sollte etwa der Geruch der Eingeborenen auch die Tsetsefliege be-
sonders anziehen, wie dies fur Anopheles die Beobachtungen der eng-
lischen Malariaexpedition (25) ergeben haben? Wenn auch die bis-
herige Annahme, daB der Mensch, obwohl er im Laufe ktirzester Frist
wiederholentlich von der Tsetsefliege gestochen wird, ohne ernstere
Storungen davonkommt, nach den mitgeteilten Tatsachen nicht mehr
zu Recht bestehen kann, so mtissen wir vorlaufig mangels plausibler
Grunde das Verschontbleiben der WeiBen von der Schlafkrankheit fQr
eine Rassenimmunit&t erklaren. Das in klinischer Beziehung von der
Schlafkrankheit vollstandig differente und meistenteils unter leichteren
Symptomen verlaufende Trypanosomenfieber bef&llt hingegen nicht nur
Europ&er, wie es nach den ersten Berichten schien, sondern auch Ein-
geborene. Nicht unerwahnt lassen wollen wir hier flbrigens die von
Laver an (58) aufgestellte Hypothese, daB der Mensch deshalb nicht
von der Nagana befallen werde, weil das menschliche Blutserum nach
seinen Versuchen einen sch&digenden EinfluB auf die Naganatrypano-
somen in unzweideutiger Weise ausubt. Nach neueren Versuchen La¬
ver an s (138) hat das menschliche Blutserum dieselbe Wirkung auch
auf Surra- und Caderasparasiten. Diese Eigenschaft des menschlichen
Blutserums konnen wir aber nicht als eine spezifische auffassen. Auf
die Dourinetrypanosomen wirkte nach unseren Untersuchungen nicht
nur das menschliche Blutserum mikrobizid, sondern in einigen Versuchen
auch das Serum gegen Trypanosoma Lewisi aktiv immunisierter weiBer
und passiv immunisierter grauer Ratten.
Das Vorkommen von Trypanosomen beim Menschen in gewissen
tropischen Distrikten durfte nach alledem voraussichtlich ein nicht allzu
seltenes sein, wenn wir uns vergegenw&rtigen, daB bei dem bisherigen
Untersuchungsmodus immer nur vereinzelte Parasiten, und zumeist nur
w&hrend des Fieberanfalles, sichtbar wurden. Ferner wissen wir nach
den Untersuchungen Bruces, daB anscheinend gesunde Tiere Nagana-
parasiten in ihrem Blut beherbergen, und auch die menschliche Patbo-
logie hat durch Kochs Malariaforschungen das Vorkommen von Plas-
modien bei Kindern kennen gelernt, die zum Teil keine klinischen Er-
scheinungen der Malaria darboten.
Wie steht es nun mit der Morpbologie und Biologie der pathogenen
tierischen und menschlichen Trypanosomen? Wir kennen bisher die
Parasiten der Surra, Nagana, Dourine, Caderas, der sogenannten Trypa¬
nosomiasis und der Schlafkrankheit. Das von Theiler in Pretoria bei
Rindern gefundene Trypanosoma ist schon wegen seiner fast doppelten
L^nge als eine besondere Art aufzufassen. Den obigen Trypanosomen
stehen von den ziemlich weit im Tierreich verbreiteten nicht pathogenen
Arten am n£chsten die Blutparasiten der Ratten, das Trypanosoma Lewisi .
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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 311
Die morphologische Aehnlichkeit des letzteren mit den Surra- und
Naganaparasiten ist eine derartige, daB alle Mheren Beobachter die-
selben fur identisch hielten. Erst Koch gelang es 1898 die morpho-
logischen und generellen Verschiedenheiten des Trypanosoma Lewisi
festzustellen. Auf seine Anregung haben wir das Studium dieser Try-
panosomenart verfolgt (5). Wir haben seinerzeit als erste den voll-
st&ndigen Entwickelungscyklus des Trypanosoma Lewisi gegeben, sowie
den naturlichen Infektionsmodus der Ratten experimentell aufgeklart.
Wir haben ferner bei unseren diesbeztiglichen Immunisierungsversuchen
zum erstenmal festgestellt, daB auBer der aktiven Immunitat bei den
Protozoen auch eine passive Immunitat mit Sicherheit zu erreichen ist 1 ).
Diese letztere Tatsache ist spater nur noch im beschrankten MaBe fhr
die Naganaparasiten von Laver an und Mesnil (82), im ubrigen fQr
keine andere Protozoenart nachgewiesen worden. Unsere Untersuchungen
sind im groBen und ganzen von Laver an und Mesnil (52), sowie
von Wasielewski und Senn (19), welch letztere sich allerdings mehr
auf die Entwickelungsgeschichte der Trypanosomen beschr&nkt haben,
bestatigt worden, wenn wir auch in der Deutung einzelner Befunde,
speziell hinsichtlich der Entwickelungsformen zuweilen gefehlt haben.
Zu unserer Entschuldigung mussen wir anffthren, daB die Technik der
Romanowskyschen Farbung, die fur das Studium der Entwickelungs¬
formen durchaus erforderlich ist, seinerzeit noch nicht so vollkommen
war. In der Tat ist es uns erst mit der von Wasielewski und Senn
angegebenen und leicht auszuftihrenden Modifikation der genannten
Farbung sowie spater mit einer eigenen und der Leishman schen (50)
gelungen, die GeiBel in ihrem ganzen Verlauf bis in die Nahe des von
uns als Nucleolus, von Laver an und Mesnil (28) als Centrosoma
bezeichneten Gebildes zu verfolgen. Auf Grund dieser Tatsache miissen
wir allerdings zugeben, daB unsere friihere Annahme geiBelloser Ent¬
wickelungsformen nicht zu Recht besteht. Die Vermehrung erfolgt in
frei beweglichem Zustande und ist trotz der groBen Mannigfaltigkeit der
Entwickelungsstadien, die wir seinerzeit samtlich abgebildet haben, im
Prinzip immer die gleiche. Sie charakterisiert sich hauptsachlich als
L&ngsteilung; die Inkonstanz der Teilungsebene scheint allerdings unsere
friihere Deutung einer Querteilung nicht ganz von der Hand zu weisen.
Neben der vornehmlich auftretenden L«angsteilung ist die friiher von
uns als Segmentierung bezeichnete rasche und mehrfache Teilung des
Parasiten, die zur Bildung rosettenfSrmiger Kolonieen fflhrt, ein haufiges
Vorkommen. Bei diesem Teilungsmodus ist jedoch die Mutterzelle als
solche nicht mehr erkennbar, wie Laver an und Mesnil sehr rich tig
den Beobachtungen von Wasielewski und Senn entgegenhalten.
Neben dem Studium der Rattentrypanosomen das wir bestandig weiter
verfolgt haben, waren wir seit 3 Jahren dank der Liebenswurdigkeit des
Herrn No card, welcher uns zweimal mit Dourine infizierte Kaninchen
aus Alfort freundlichst tibermittelte, in der Lage, auch die Morphologie
und Entwickelungsgeschichte dieser Trypanosomen kennen zu lernen.
Zu unseren vergleichenden Trypanosomenstudien waren wir ferner in der
Lage zu benutzen: frisches Naganamaterial, ungefarbte und gefarbte
Surrapraparate aus Indien, ungefarbte Mai de Caderaspraparate von
Herrn Nocard, ungefarbte und gefarbte Praparate von Gambiafieber
direkt vom Menschen (von Herrn Dutton) sowie neuerdings Prapa¬
rate menschlicher Trypanosomen, die durch Ratte und Maus hindurch-
geschickt waren (von Herrn Dutton und Todd), sowie endlich gefarbte
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812 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 8.
Pr¶te von sleeping-sickness (von Herrn Castellani). Diesen Herren
sei auch an dieser Stelle nochraals freundlichst gedankt.
Anmerkung. W&hrend Drucklegung dieserMitteilung erhielten wir
unverhoffterweise aus Alfort eine Sendung mit Caderastrypanosomen in-
fizierter Meerschweichen. Des so friih dahingeschiedenen Meisters von
Alfort, ProfessorEdmondNocards, der uns noch von seinem Kranken-
lager aus dies letzte Zeicben seiner freundschaftlichen Gesinnung gab,
werden wir stets in tiefster Yerehrung gedenken. Herrn Lignifcres,
der uns die Tiere in so gutem Zusande und zum weiteren Studium be-
sonders geeigneter Weise iibermittelte, sprechen wir unseren herzlichsten
Dank aus. Eins der Tiere, welches kaum irgendwelche Zeicben der
Erkrankung darbot, beherbergte eine groBe Anzahl von sehr lebhaft be-
weglichen Parasiten ini Blut, welche die weiter unten beschriebenen
Kennzeichen der Caderastrypanosomen aufwiesen. Wir sahen bei diesem
Tier auch im gef&rbten Pr¶t nur erwachsene Parasiten. Die Ueber-
impfung auf Meerschweinchen gelang leicht, sowohl auf intraperitonealem
wie subkutanem Wege. Bei intraperitonealer Impfung sahen wir bereits
am 2. Tag ganz vereinzelt, am 3. Tag in groBerer Anzahl in der mittelst
Kapillare entnommenen Peritonealllussigkeit neben erwacbsenen Para¬
siten meistenteils in Teilung begriffene Entwickelungsformen, vornehm-
lich mit 2, aber auch eine Anzahl mit 3 und 4 Kernen und der ent-
sprechenden GeiBelzahl; wir fanden ferner multiple Teilungsformen,
deren Protoplasma sich erst zur Segmentierung anschickte, mit 8 und
10 Kernen, also fast die n&mlichen Verbaltnisse wie bei den Dourine-
und Naganatrypanosomen. Leider ist uns die F£rbung der Basal-
kbrperchen bei diesen Teilungsformen bisher nicht so gelungen, dafi
wir iiber deren Verhalten bei dem VermehrungsprozeB schon hier ein
vollst&ndiges Bild geben konnten. Am 3. Tage sahen wir bei demselben
Meerschweinchen noch keine Parasiten im Blute, erst am 4. Tage waren
einige erwachsene Parasiten, am 5. auch Entwickelungformen mikro-
skopisch nachweisbar. Ueber das Ergebnis der ersten Versuchsreihen,
die haupts&chlich zur Aufkl&rung des Uebertragungsmodus der Caderas¬
trypanosomen analag unseren Dourineversuchen vorgenoinmen wurden,
konnen wir vielleicht schon demn&chst im AnschluB an die letzteren
berichten.
Gehen wir nun auf die Morphologie all dieser Parasiten ein. K o ch (1)
sagt von den Rattentrypanosomen: „sie sind etwas langer und schlanker
als das Surratrypanosoma und unterscheiden sich von demselben be-
sonders dadurch, daB das Kopfende in einen langen schnabelartigen
Fortsatz ausl&uft, w&hrend der Surraparasit am Kopfe fast stumpf
endigt. tt Er erkl£rt weiter, daB er keinen wesentlichen Unterschied
zwischen den an den verschiedenen Stellen (Stidafrika, Ostafrika, Indien)
beobachteten Tsetse- und Surrakrankheiten erkennen konnte und daB
er dieselben vorl&ufig fur identisch halte. Die Form des friiher als
Kopfende, jetzt wobl allgemein als hinteres Ende bezeichneten Teiles des
Parasiten ist in der Tat das haupts&chlichste morphologische Merkmal,
welches das Rattentrypanosoma von alien anderen Trypanosomen unter-
scheidet. Bei diesen letzteren, sowohl tierischen wie menschlichen Trypano¬
somen, l&uft das Hinterende mehr Oder weniger stumpf aus, obwohl nicht
nur bei den verschiedenen Arten, sondern auch bei einer einzelnen in ein
und demselben Praparat verschiedene Abstufungen zu verzeichnen sind.
Zuweilen zeigt das hintore Ende bei diesen Parasiten sogar ein derartig
zugespitztes Aussehen, wie es dem Rattentrypanosoma eigentiiralich ist
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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- n. Tierpathologie. 813
Die Formenunterschiede beziiglich des Hinterendes sind nicht so kon-
stant, daB man bieraus eine Unterscbeidung der pathogenen Trypano¬
somen herleiten konnte.
Dasselbe ist unserer Ansicht nach auch hinsichtlicb der Parasiten-
lfinge der Fall. Koch halt, wie bereits zitiert, das Rattentrypanosoma
fur lEnger als den Tsetse- resp. Surraparasit, wahrend Laver an und
Mesni 1 sowie Bradford und P1 immer (59) gerade den Tsetsepara-
siten fflr etwas groBer halten. Fiigen wir noch hinzu, daB Laveran
und Mesnil in ihrer ersten diesbezttglichen Notiz (17. Nov. 1900 [22])
den Tsetseparasiten auf 30—34 n (die GeiBel inbegriffen) bemessen, in
ihrer zweiten (29. M3rz 1901 [27]) auf 25—30 t», in ihrer dritten (25. Jan.
1902 [53]) bei Ratte, Maus, Meerschweinchen, Kaninchen, Hund auf
26—27 (m, bei Pferd und Esel auf 28—33 ft, so ersehen wir aus diesen
Angaben zur Geniige, daB die Lflngeverhaltnisse der Trypanosomen
keinen Anhalt zur Differenzierung geben. Auch schon Bruce hob her-
vor, daB der Naganaparasit bei den verschiedenen Tierspecies in seiner
GroBe variert, welche nach Bradford und Plimmer sogar in den
verschiedenen Krankheitsstadien nicht unerhebliche Abweichungen
zeigen soil. Die Surratrypanosomen, die bisher im allgemeinen fflr
morphologisch identisch mit den Naganaparasiten galten, halten Laveran
und Mesnil (79) nach neueren vergleichenden Untersuchungen filr
etwas linger als die letzteren. Unsere eigenen Beobachtungen fflhren
uns zu dem SchluB, daB bezfiglich der Lange keine konstanten Unter-
schiede zwischen dem Rattentrypanosoma sowie den pathogenen tierischen
und menschlichen Arten festzustellen sind, da selbst in ein und dem-
selben Praparate mitunter langere und kflrzere Formen aufzufinden
waren. Auch wir waren gleich Koch geneigt, das Rattentrypanosoma
fflr lflnger zu erklflren, vergleichende Messungen zeigten uns jedoch,
daB nur die Schlankheit desselben im Gegensatz zu den pathogenen
Arten, deren Querdurchmesser wohl infolge der Breite der undulierenden
Membran bis zu 1 ft groBer ist, diesen Anschein erweckt. Ein charakte-
ristisches Unterscheidungsmerkmal, welches bisher aber weniger bervor-
gehoben worden ist, scheint uns die Lagerung des Kerns zu sein,
welcher sich bei Trypanosoma Lewisi meistenteils im ersten Korper-
drittel befindet, wahrend er bei samtlichen anderen Arten ungefahr in
der Mitte des Parasitenkorpers gelegen ist. Dieses waren die Haupt-
punkte, welche im gefarbten Prfiparat mit Leichtigkeit das Rattentrypa¬
nosoma von den anderen Arten differenzieren. Im frischen Blutstropfen
dflrfte eine sichere Unterscheidung bedeutend schwerer durchzufflhren
sein, zumal wir der angeblich lebhafteren Beweglichkeit des Trypanosoma
Lewisi keine allzu groBe Bedeutung beilegen.
Welche morphologischen Unterschiede finden sich unter den Seuchen
erregenden Trypanosomen der Nagana, Surra, Dourine, Caderas und den
beiden bisher bekannten menschlichen Arten ? Wir konnen diese Frage nach
unseren eigenen vergleichenden Untersuchungen kurz dahin zusammen-
fassen, daB wir konstante morphologische Merkmale zwischen den ge-
nannten Trypanosomen, wir sprechen vorlaufig nur von erwachsenen
Formen, mit Ausnabme der Caderasparasiten, nicht feststellen konnten,
die uns berechtigten eine Artverschiedenheit hieraus herzuleiten. Wir
waren auch nicht im stande, in den Duttonschen und Castellani-
schen Praparaten irgend welche besonderen Form- oder Strukturver-
hflltnisse zu bemerken, die wir nicht auch bei den tierischen Trypano¬
somen gesehen batten. Die mehr oder weniger abgestumpfte Form des
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814 • Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 8.
Hinterendes, die Lagerung des Basalkorperchens (Centrosoms) innerhalb
oder ober- resp. unterhalb der Vakuole, die starkere Oder geringere
KSrnung des Protoplasmas, die mehr oder weniger deutlich sichtbare
Verbindung des scharf gef&rbten Randfadens mit dem Basalkdrpercken
(ob ein solcher Zusammenhang uberhaupt existiert, dflrfte schwer nach-
zuweisen sein), — alle diese morphologischen Einzelheiten zeigen bei den
verschiedenen Tierspedes und sogar in ein und demselben Pr£parat der-
artige Variationen, dafi uns wenigstens eine Differenzierung der einzelnen
Arten unmoglich erscheint.
Anders verhalt es sich bei den Caderasparasiten, bei denen das Basal-
korperchen fast doppelt so klein ist, wie bei alien tibrigen Trypanosomen
und welches den Farbstoff so schwer annimmt, daB die friiheren Beob-
achter die Existenz desselben uberhaupt leugneten. Selbst in einer
neueren Arbeit sagt Elmassian (118), der Entdecker des Caderas-
trypanosoma, daB sich an der Stelle des Basalkorperchens nur „une boule
rCfringente incolorable u befinde. Laver an und Mesnil (82) haben
zuerst nachgewiesen, daB das kleine Chromatinkorn doch vorhanden sei
und sich bei der von ihnen angewandten F&rbung (bleu B o r r e 1-Cosine-
tannine) rot und nicht, wie bei den anderen Trypanosomen, violett f&rbe.
Wir waren mit unserer Farbung nicht so glticklich und sahen selbst in
ein und demselben Pr£parate Parasiten mit deutlich gefarbtem Basal-
korperchen, w£hrend andere, ubrigens sonst gut gef£rbte Caderasparasiten
dasselbe vermissen lieBen. Es ware vielleicht noch zu erw&hnen, daB sich
im Protoplasmaleibe der Caderastrypanosomen mehr Granula linden,
welche die Chromatinf&rbung annehmen, wie bei den anderen Trypano¬
somen. Im tibrigen sind die Form- und Strukturverhaltnisse der Ca¬
derastrypanosomen von denen der anderen pathogenen Arten nicht ver-
schieden. Die Kleinheit und schwere Farbbarkeit des Basalkorperchens ist
demnach in morphologischer Hinsicht das einzige pragnante Unter-
scheidungsmerkmal der Caderasparasiten. Zur vergleichenden Ueber-
sicht haben wir die verschiedenen Trypanosomenspecies auf einer Tafel
zusammengestellt; man wird aus ihr ersehen, daB die pathogenen Arten
morphologisch kaum voneinander zu trennen sind.
Den Entwickelungscyklus der Trypanosomen waren wir nur bei der
Dourine und der Nagana zu verfolgen in der Lage l ). Der Teilungs-
modus charakterisiert sich ebenso wie bei dem Trypanosoma Lewisi im
allgemeinen als Langsteilung mit dem Unterschiede, daB die Teilungs-
ebene bei den genannten pathogenen Arten konstanter verRuift. Die
Teilungsstadien zeigen iiberhaupt nicht so mannigfaltige Bilder wie die-
jenigen der Ratten trypanosomen, zumal eine multiple Teilung nicht so
haufig zu beobachten ist. Wir haben aber sowohl bei den Dourine- wie
Naganaparasiten eine mehrfache Teilung der Mutterzelle konstatieren
konnen, die zur Bildung rosettenfOrmiger Kolonieen fflhrt Bei der
Dourine haben eine solche bereits Schneider und Buffard erw&hnt,
w&hrend wir beziiglich der Naganatrypanosomen eine derartige Angabe
in der Literatur nicht auffinden konnten. Entsprechend der im allge¬
meinen verh<nismaBig nicht sehr groBen Anzahl von Parasiten, die bei
der Untersuchung der mit Dourine infizierten Tiere mikroskopisch sicht-
bar sind, haben wir auch die Entwickelung der Dourinetrypanosomen
nur mit groBer Mflhe verfolgen kOnnen. Wir glauben uns jedoch zu
1) Bei den Caderastrypanosomen geht der Entwickelungscyklus wohl in der nam-
M-ken Weise vor sich (s. Anmerkung p. 812).
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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanoaomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 815
der Annahme berechtigt, daB der Entwickelungscyklus wohl auch bei
den anderen pathogenen Trypanosomenarten in gleicher, aber einfacherer
Weise verl&uft, wie bei dem Trypanosoma Lewisi , ffir das wir seiner
Zeit zura ersten Male den vollst&ndigen FortpflanzungsprozeB aufgestellt
haben. Auch bei den menschlichen Trypanosoinen diirfte derselbe
Teilungsvorgang bestehen; wir sahen in einem Prfiparate der Castel-
lanischen Trypanosomen der Schlafkrankheit birnformige Jugendformen,
wie sie bei alien anderen Trypanosomen beobachtet sind*). Ferner
fanden wir in den Prapfiraten menschlicher Trypanosomen (Gambiafieber),
die durch den Tierkfirper hindurchgegangen waren, vereinzelte Entwicke-
lungsformen, wie sie alien Arten gemein sind.
Aus vorstehendem glauben wir schlieBen zu dtirfen, daB sich eine
Einteilung resp. Artsystematik der beschriebenen Trypanosomen auf
Grund ihrer Morphologic und Entwickelungsgeschichte nicht durch-
ffihren lfiBt, und daB wir zur Differenzierung ihre biologischen Eigen-
schaften zu Hilfe nehmen mtissen. In der Tat hat es sich erst durch
Immunisierungsversuche erweisen lassen, daB die Parasiten der Surra,
Nagana, Dourine und Caderas verschiedene Arten darstellen. Tiere,
welche gegen die eine dieser Seuchen immun gemacht worden waren,
zeigten sich ffir die andere empffinglich. Diese Artverschiedenheit der
Dourine und Nagana hat No card (39), die der Dourine und der Nagana
von der Caderasseuche Ligni&res (131) nachgewiesen, w&hrend Laveran
und Mesnil (137) durch wechselseitige Immunisierung und Infek-
tion die Trennung der Surra, der Nagana und des Mai de Caderas er-
moglicht haben. Unsere eigenen diesbezfiglichen Experimente ergaben
unter anderem, daB gegen das Trypanosoma Lewisi aktiv immunisierte
weiBe Ratten noch fur die Dourineparasiten empf&nglich waren. Anderer-
seits zeigten sich jedoch einige Ratten, die eine leichte Dourineinfektion
tiberstanden hatten, gegen das Trypanosoma Lewisi refraktar. Vergl.
hierzu unsere friiheren Versuche mit Hamstertrypanosomen 1 2 ).
Hinsichtlich ihrer Pathogenitat resp. Virulenz w&re eine Unter-
scheidung der genannten Trypanosomenarten fast ebenso unmfiglich, wie
auf Grund ihrer Morphologie, da die Empf&nglichkeit der verschiedenen
Tierspecies fur ein und dieselbe Trypanosomenart eine sehr verschiedene,
welche auBerdem noch groBen individuellen Schwankuugen unterworfen
ist. Wir kennen ja iiberhaupt keinen Mikroorganismus, welcher bei
alien Tierarten stets die gleichen Reaktionen auslost. Ferner miissen
wir hier auch die Tatsache erw&hnen, daB die pathogenen Trypanosomen
im hohen Grade die Eigenschaft besitzen, sich dem Organismus ihres
Wirtes anzupassen. Dies haben in unzweideutiger Weise die Unter-
suchungen fiber Nagana und Dourine ergeben, die teils in Afrika, teils
in Europa angestellt wurden. So waren z. B. die anffinglich ffir Ratten
und Mfiuse virulenten Dourineparasiten, die wiederholt durch den Hunde-
korper hindurchgegangen waren, und welche uns im Kaninchenkorper
tibermittelt wurden, ihrer Virulenz ffir diese Nager derartig verlustig
gegangen, daB es uns erst nach mehr als 10-facher Passage gelang,
weiBe Ratten mit dem gewtinschten Erfolge zu infizieren.
Vielleicht gelingt es mit der Zeit, durch geeignete Zfichtungs- resp.
Kulturverfahren, wie ein solches nach vergeblichen Versuchen frfiherer
1) Diese und andere Entwickelungsfonnen finden sich auf einer Tafel, die
Castellani dem Separatabdrucke des Sambonachen Artikeis (129) beigefiigt hat.
2) 1. c. p. 277.
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Centralbl. f. Bakt etc. L Abt Originals. Bd. XXXIV. No. 8.
Autoren zum ersten Male erfolgreich N o v y ffir Trypanosoma Letoisi an-
gegeben, eine DiffereDzierung der einzelnen Trypanosomenarten zu er-
moglichen. Die Novysche Methode kann in der Tat als Zttchtungs-
verfahren angesehen werden, wie wir uns selbst durch Versuche mit
Tr. Letoisi ilberzeugt haben l ).
In welchem verwandtschaftlichen Verbaltnis stehen nun die mensch-
lichen zu den tierischen Trypanosomen ? Es lassen sich hierflber nur
Vermutungen aufstellen, da bisher nur kurze Angaben fiber die Tier-
versuche von Dutton und Todd vorliegen. Sollte es sich in der Tat
erweisen, dafi die Castellanischen Trypanosomen der Schlafkrank-
heit durch die Tsetsefliege verbreitet werden, wie Brumpt anzu-
nehmen geneigt ist, so konnte man hieraus vielleicht auf eine engere
Verwandtschaft dieser Trypanosomen mit den Naganaparasiten schlieBen.
Doch hierfiber werden ja bald weitere Untersuchungen Aufschlufi bringen.
Ebenso wie die Anopheles-Miicke die drei verschiedenen Parasitenarten
der menschlichen Malaria zu fibertragen vermag, so ist moglicherweise
auch die Tsetsefliege oder eine ihr verwandte Stechfliege dazu aus-
ersehen, verschiedenen menschlichen oder tierischen Trypanosomenarten,
deren Entwickelungsgang im Gegensatze zu den drei Parasitenarten der
Malaria ein einheitlicher zu nennen ist, als Zwischenwirt zu dienen.
Die Beweisffihrung der Artverschiedenheit der pathogenen tierischen
Trypanosomen auf biologischem Wege, wie sie Laveran und Mesnil
im Verein mit No card und Ligni&res gegeben haben, schlieBt sich
folgerichtig der Entdeckung von R. Koch an, daB das Ueberstehen
einer Malariafieberart, z. B. einer Quartana, nicht gegen die anderen
Arten (Tropica und Tertiana) und umgekehrt immun macht — eine
Tatsache, durch welcbe die fruhere Annahme von der Einheitlichkeit des
Malariaparasiten endgtiltig widerlegt wurde.
Literaturverzeichnis 2 ).
1898.
1) Koch, R., Reiseberichte iiber Rinderpest, Bubonenpest in Indien und Afrika,
Tsetse- oder Surrakrankheit, Texasfieber, tropische Malaria, Schwarzwasserfieber.
Berlin 1898.
2) Kanthack, Durham and Blandford, On Nagana, or Tsetse fly disease.
(Proceedings of the Royal Society of London. Vol. LXIV, received 1898. October 27.
— Ins Deutsche ubersetzt von Nutt all, Hygienische Rundschau. 1898. 15. Dez.
No. 24.)
3) Nepveu, Sur un trypanosome dans le sang de l’homme. (Compt. rend, de la
soc. de biol. 1898. Stance du 30 d&embre. p. 1172.)
4) Lingard, Surra report. Appendices, including records of cases, charts and illu¬
strations. 230 p. Bombay 1898.
1899.
5) Rabinowitsch, Lydia und Kempner, W., Beitrag zur Kenntnis der Blut-
E arasiten, speziell der Rattentrypanosomen. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh.
d. XXX. 1899. p. 251-294.)
6) Plimmer, H. G. and Bradford, J. R., A preliminary note on the morphology
and distribution of the organism found in tne Tsetse-fly-disease. (Veterinarian.
Vol. LXXI1. 1899. p. 648.)
7)-, Vorlaufige Notiz iiber die Morphologie und Verbreitung des in der Tsetse-
1) Auch zur Kultivierung der Caderastrypanosomen ist das Verfahren ^eeignet
und kann unter Umstanden den Tierversuch ersetzen; hierflber werden wir spater be-
richten.
2) Die einschlagige Literatur bis zum Jahre 1898 findet sich in unserer friiheren
Arbeit, dieses Verzeichnis No. 5; die iilteren Arbeiten finden sich in der sehr ausfuhr-
li<hen Zusammenstellung von Has sal, d. Verzeichnis No. 77.
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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 817
krankheit („Fly Disease 11 oder „Nagana u ) gefundenen Parasiten. (Centralbl. f. Bakt.
etc. Bd. XXVI. 1899. p. 440.)
8) Lingard, Report on Surra in equines, bovines, buffaloes, and canines, together
with an account of experiments conducted with the Trypanosoma of rats, bandi¬
coots, and fish. 100 p. Bombay 1899.
9) Penning, C. A., Over het voorkomen van anaemia pernicieusa infectiosa of wel
Surra onder de paarden in Ned.-Indie. (Veeartsenijkundige Bladen voor Ned.-
Indie. Deel XII. 1899. p. 123.)
10) Nuttall, G. H. F., Die Rolle derlnsekten; Arachniden (Ixodes) imd Myriapoden
als Trager bei der Verbreitung von durch Bakterien und tierischen Parasiten ver-
ursachten Krankheiten des Menschen und der Tiere. (Hygien. Rundschau. 1899.
No. 5, 0, 8, 10, 12.)
11) Schneider, G. etBuffard, M., Note sur*xm parasite trouv6 dans le sang d’ani-
maux atteints de dourine ou maladie du coit. (Bulletin de l’acad. de mm, 1899.
25 juillet.)
12) -, Contribution ft P4tude de la dourine. Nouveiles recherches. (Ibid. 1899.
19 septembreJ
13) -, La dourine experimentale du chien, fonction d’un trypanosome. (Ibid. 1899.
3 octobre.)
14) -, Transmission experimentale du trypanosome de la dourine par le coit. (Ibid.
1899. 21 novembre.)
1900.
15) Schneider et Buffard, La dourine et son parasite. (Recueil de m£d. v6t6rin.
Ser. VIII. Fasc. 7. 1900. 15 tevrier. No. 3. 51 p.)
16) -, Le trypanosome de la dourine (Mai du coit). (Arch, de parasit. T. III.
1900. No. 1. p. 124—133.)
17) Nocard, Sur des notes de MM. Buffard et Schneider, concernant P6tude experi¬
mentale de la dourine du cheval. (Bulletin de Pacad. de med. 1900. Seeance du
31 juillet. p. 154.)
18) Rouget, Sang colore con tenant des Trypanosomes. (Journ. de med. de Bordeaux.
Vol. XXX. 1900. 7 janvier. p. 12.)
19) von Was ie lew ski und Senn, Beitrage zur Kenntnis der Flagellaten des
Rattenblutes. (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. XXXIII. 1900. p. 444.)
20) Laver an, A. et Mesnil, S., De la longue conservation ft la glacifcre des trypano¬
somes du rat et de l’aerglom^ration de ces parasites. (Compt. rend, de la soc. de
biol. 1900. Seance du octobre. p. 816.)
21) -, Sur Pagglutination des trypanosomes du rat par divers serums. (Ibid. 1900.
Seance 10 novembre. p. 939.)
22) -, Sur le mode de multiplication du trypanosome du rat. (Ibid. 1900. Seance
du 17 novembre. p. 976.)
23) Penning, C. A., Verdere waarnemingen betreffende Surra in Ned.-Indie. (Vee¬
artsenijkundige Bladen voor Ned.-Indie. Deel XIII. Afl. 1. 1900.)
24) Vrijburg, A. Surra. (Veeartsenijkundige Bladen voor Ned.-Indie. Deel. XIII.
Afl. 1. 1900. p. 53.)
25) Stephens and Christophers, Distribution of anopheles in Sierra Leone.
(Rep. to the Mai. Com. Royal Society. Ser. I. 1900. p. 56.)
1901.
26) Stassano, Contribution ft l^tude du trypanosome. (Compt. rend, de la soc. de
biol. 1901. Stance du 5 janvier. p. 14.)
27) Laveran et Mesnil, Sur le mode du multiplication du trypanosome du Nagana.
(Compt. rend, de la soc. de biol. 1901. Stance du 29 mars/p. 326.)
28) -, Sur- la nature centrosomique du corpuscule chromatique post^rieur des try¬
panosomes. (Ibid. p. 329.)
29) Stassano, H., Sur la fonction de relation du petit noyau des trypanosomes.
Diskussion: Lav eran. (Ibid. 1901. Stance du 4 mai. p. 468.)
30) Mesnil, F., Les trypanosomes et leur r61e pathogfcne. [Le$on faite ft Plnstitut
Pasteur et recueillie par P. Gazeau.J (Arch, de m&l. navale. 1901. Avril. No. 4.
p. 273—295.)
31) Carougeau, Note relative ft Pexistence du trvpanosome en Indo-Chine. (Bul¬
letin de la soc. centrale de m£d. v6t£r. S4r. VIII. 1901. Stance du 23 mai. F. 8.
No. 12. p. 295.)
32) de Does, J. K. F., Bijdrage tot de kennis der trypanosomen-ziekten, in het bi-
zonder die, welke op Java voorkomen. (Geneeskunaig Tijdschr. voor Ned.-Indie.
Deel XLI. Afl. 1. 1901. p. 1-38.)
33) -, Boosaardige dekziekte in het Soemedangsehe. (III. Rapport.) (Veeartsenij¬
kundige Bladen voor Ned.-Indie. Deel XIV. Afl. 1/2. 1901. p. 20.)
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 52
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
34) Elmassian, Mai de Caderas. (Conference faite au conseil national d’hygtehe
le 19 mai 1901. Asuncion.)
35) Voges, Das Mai de Caderas der Pferde in Sudamerika. (Berliner tierarztliche
Wochenschr. 1901. No. 40. p. 597.)
36) Zabala, Joaquin, Mai de Cadera. (Articulo publicado en los Anales del De-
partamento Nacional de Higiene. Buenos Ayres. 1901. Nov. p. 49—72.)
37) Schneider und Buffard, Prophylaxie de la dourine. 15 p. 1 Karte. Lyon
1901.
38) -Syphilis et dourine. (Rev. de nted. 1901. No. 2. p. 135.)
39) Nocard, Sur les rapports qui existent entre la dourine et le surra ou le nagana.
& t. rend, de la soc. de biol. 1901. Stance du 4 mai. p. 464.)
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other experiments pointing to the probable identity of Surra of India and Nagana
or Tsetse-fly disease of Africa. (Proc. of the royal society of London. Vol. LXVIII.
1901. Febr. 14. p. 163.)
41) Koch, R., Ein Versuch zur Immunisierung von Rindern gegen Tsetsekrankheit
(Surra). (Deutsches Kolonialblatt. 1901. No. 24.)
42) Schilling, Bericht liber die Surrakrankheit de. Pferde. (Centralbl. f. Bakt. etc.
Abt. I. Bel. XXX. 1901. p. 545.)
43) Theiler, A., Die Tsetsekrankheit. (Schweizer Arch. f. Tierheilk. Bd. XLIII.
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44) Blanchard, R., Mitteilung liber eine Trypanosomeninfektion von Kamelen.
(Bull, de l’acad. de m6d. 1901. Stance du 29 oct. p. 100.)
45) Schat, Mitteilung liber Surra und Untersuchungen darliber. (Arch. f. Java-
Zuckerindustrie. 1901. Lfg. 5.)
46) Rost, E. R., Report on the possibility of treating „Surra“ by injections of an
antiparasitic serum. (Joum. of pathol. and bacteriol. 1901. p. 285.)
47) Maus, L. M., A new epidemic disease among horses in the Philippine Islands.
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health for the Philippine Islands. 1901. Sept.)
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49) Nockolds, Coleman, Surra in the Philippines. (American veterinarian Review.
Vol. XXV. No. 9. 1901. Dec. p. 743.)
50) Leishman, The application of Romanowsky’s stain in malaria. (Brit. med.
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51) Doflein, F., Die Protozoen als Parasiten und Krankheitserreger, nach bio-
logischen Gesichtspunkten dargestellt. 274 p. 220 Fig. Jena (G. Fischer) 1901.
52) Laveran et Mesnil, Recherches morphologiques et expdrimentales sur le try¬
panosome des rats (Tr. Lewisi Kent). (Annales de l’Inst. Pasteur. T. XV. 1901.
p. 673—714.)
1902 .
53) Laveran et Mesnil, Recherches morphologiques et exp£rimentales sur le try¬
panosome du Nagana ou maladie de la mouene Ts4tsA (Annal. de l’lnst. Pasteur.
T. XVI. 1902. p. 1—55.)
54)-, Sur un nouveau trypanosome des bovid6s (Trypanosoma Theileri). (Compt.
rend, de Tacad. des sciences. .1902. Stance du 3 mars. p. 512.)
55) Bruce, D., Note on the discovery of a new trypanosome. (Lancet. 1902.
March 8.)
56) Laveran et Mesnil, Des maladies h trypanosomes, leur repartition & la surface
du globe. (Janus. 1902. p. 117—130.)
57)-, De revolution du Nagana et de sa variability suivant les egpfcees animates.
(Bull, de Tacad. med. 1902. Seance du 3 juin.)
58) Laveran, De Taction du serum humain sur le trypanosome du Nagana (Tr.
Brucei). (Compt. rend, de Tacad. des sciences. 1902. Stance du 1. avril. p. 735.)
59) Bradford and Plimmer, The Trypanosoma Brucei, the organism found in
Nagana or Tsetse fly disease. (Quarterly Journal of microscopical science. N. S.
Vol. XL’V. 1902. p. 449—471.)
60) Slee, John G., Notes on a new disease of horses. (American veterin. Review.
Vol. XXV. 1902. Jan. p. 819.)
61) Nockolds, Coleman, Some further remarks on „Surra u . (American veterin.
Review. Vol. XXV. 1902. No. 11. Febr. p. 900.)
62) Stiles, Ch. W., Trypanosoma in a new r6ie. (American medicine. 1902. Febr. 8.
p. 240.)
63) Curry, J. J., Report on a parasitic disease in horses, mules and caribao in the
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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. 819
64) Curry, J. J., Surra or Nagana; a report of an acute, fatal epidemic disease
affecting horses and other animals. (Ibid. Juli 19.)
65) Vrijburg, A., Surra. (Veeartsenijkundige Bladen voor Ned.-Indie. 1902. Deel 14.
Afl. 3. p. 207.)
66) Schilling, Zweiter Bericht iiber die Surrakrankheit der Pferde und Rinder im
Schutzgebiete Togo. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. XXXI. 1902. No. 10.
p. 452.)
67) -, Immunisierung von Rindern gegen die Surrakrankheit. (Deutsches Ko-
lonialblatt. 1902. 15. Juli. p. 315.)
68) -, Bericht iiber weitere Versuche betreffend die Tsetsekrankheit. (Ibid. 1. Nov.
p. 522.)
69) Schneider et Buffard, Parasitisme latent et immunisation dans la dourine.
(Journ. de mdd. vdt. et zootech. Lvon. T. LIII. 1902. 31 mars. p. 146.)
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de la sociedad medica Argentina. Buenos Aires 1902.)
71) Voges, O., Das Mai de Caderas. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXIX. 1902. p. 323
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72) Stiles, Ch. W., Voges* description of Mai de Caderas, a South American try-
panosomatic disease of domestic animals. (Journal of comparative medecine and
veterinary Archives. 1902. Sept. p. 565.)
73) Lignibres, J., Contribution a l’etude de la trypanosome des 6quid6s sud-
americains connue sous le nom de „Mal de Cadera 44 . Trypanosoma Elmassiani.
(Revista de la sociedad medica Argentina. T. X. 1902. p. 481.)
73a) — —, Contribuci6n al estudio de la tripanosomiasis de los equideos sud-ameri-
canos conocida bajo el nombre de „Mal de Caderas 44 (Trypanosoma Elmassiani).
(Semana Medica. Buenos Aires. Vol. IX. 1902. No. 37, 38; Boletin de Agricultura
y Ganaderia. Vol. II. 1902. No. 40. p. 843.)
74) Ziemann, Tsetsekrankheit in Togo (Westafrika). (Berliner klin. Wochenschr.
1902. No. 40.)
75) Stuhlmann, F., Notizen iiber die Tsetsefliege (Glossina morsistans Westw.) und
die durch sie iibertragene Surrakrankheit in Deutsch-Ostafrika. (Ber iiber Land-
u. Forstwirtschaft in Deutsch-Ostafrika. Herausg. v. kaiseri. Gouvern. v. Deutsch-
Ostafrika in Dar-es-Sal&m. Bd. I. 1902. Heft 2. p. 137—153. Taf. I—II. 4 Abb.
im Text.)
76) Endlich, R., Die Aussichten fiir die Bekampfung des Texasfiebers und der
Tsetsekrankheit. (Tropenpflanzer. 1902. No. 6. p. 269—285.)
77) Salmon, D. E. and Stiles, Ch. W., Emergency report on surra. With a
bibliography of surra and allied trypanosomatic diseases by A. Hassal. 8°. 152 p.
(U. S. Departm. of Agricult. Bur. of animal industry. Bull. No. 42.) Washington
1902.
78) Laveran et Nocard, Au sujet des mesures prophylactiques k prendre contre
les maladies k trypanosomes. (Bull, de Facad. de med. 1902. Stance du 1. juli. p. 27.)
79) Laveran, Sur r^pizootie de surra, qui a regne en 1902 k File Maurice. (Bull
de Facad. de med. 1902. Stance du 28 oct. p. 361.)
80) Laveran, Au sujet de deux trypanosomes des bovides du Transvaal. (Compt.
rend, de Facademie des sciences. 1902. p. 717. Stance du 3 nov.)
81) Laveran et Mesnil, Recherches sur le traitement et la prevention du Nagana.
(Ann. de FInstitut Pasteur. 1902. p. 785.)
82) -, Le Nagana et le mal de caderas sont deux entites morbides bien distinctes.
(Compt. rend, de Facademie des sciences. 1902. p. 838. Seance du 17 novembre.)
83) Armand-Gautier, La medication arrhenique dans la peste, le Nagana, le mal
de cadera, la fifcvre du Texas, la malaria. (Bull, de Facademie de medecine. 1902.
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84) Kerm organ t, Le Nagana au Chari. (Bull, de Facademie de medecine. 1902.
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e Moal, Le Caducee. 1902. 20 decembre.
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Bedeutung. (Tropenpflanzer. Bd. VI. 1902. No. 12. p. 616.)
87) Bosquier, R., Die Trypanosomenkrankheiten. (Journ. des scienc. med. de Lille.
T. XLIII. 1902.)
88) Kummer, 1st der Massaiesel immun gegen die Tsetsekrankheit. (Tropenpflanzer.
1902. No. 10. p. 525.)
89) Jurgens, Beitrag zur Biologie der Rattentrypanosomen. (Arch. f. Hyg. Bd. XLII.
1902. p. 265.)
90) Buard, G., De la frequence des trypanosomes dans le sang des rats d’egouts.
(Compt. rend, de la soc. de biol. 1902. p. 877.)
52*
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820 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXTV. No. 8.
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Zoologenkongresses zu Berlin, 12.—16. August 1901. Jena 1902. p. 99—114. 2 Fig.)
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parasiten. (Arch. f. Protistenkunde. Bd. 1. 1902. p. 344.)
93) Dutton, J., Everett, S., Trypanosome occuring in the blood of man. (Thompson
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96) Sander, Beitrage zur afrikanischen Tsetsekrankheit. (Deutscher Kolonialkongrefi.
Berlin 1902. Oktober.)
97) Ziemann, 1st die Schlafkrankheit der Neger eine Intoxikations- oder Infektions-
krankheit. (Centralbl. f. Bakt. Orig. Bd. XXXII. 1902. p. 413.)
98) Buffard, M. et Schneider, G., Note sur Pexistence en Alg6rie d’une trypano¬
some autre que la dourine. (Rec. de m6d. v6t£rin. S6r. 8. T. IX. 1902. No. 23.
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99) Blin, Extraits d’un rapport sur une mission au Tonkin. (Bull, de la soc. des
scienc. v6t£rin. de Lyon. 1902. No. 6.)
100) Sivori, Fr^ddric et Lecler, Emmanuel, Le surra amdricain ou mal de
caderas. (Ann. del min. de agricult. sect, de zootecnia, bacteriol. etc. Buenos Aires
1902. T. I. No. 1. p. 1—79. 7 Taf. u. 44 Diagramme.)
1903 .
101) Schilling, 3. Bericht uber die Surrakrankheit der Binder und Pferde im Schutz-
gebiete Togo. (Centralbl. f. Bakt. Orig. Bd. XXXIII. 1903. p. 184.)
102) —, On Nagana and other Trypanosomes. (Journ. of trop. med. Vol. VI. 1903.
No. 3. p. 45.)
103) Dutton, J. Everett and Todd, S. H., Preliminary account of the investigations
of the Liverpool expedition to Senegambia (1902), with a note by H. E. An nett.
(British med. Journ. 1903. February 7.)
104) Laveran, Sur deux hippobosques du Transvaal susceptibles de propager Trypano¬
soma Theileri. (Compt. rend, de la soc. de biol. 1903. p. 242. Sdance du 21 f&vrier.)
105) Boyce, R. W., Ross, Ronald and Sherrington, Ch. S., The history of the
discovery of trypanosomes in man. (Lancet. 1903. February 21.)
106) Manson, Patrick, Trypanosomiasis on the Congo. (Journ. of trop. med. T. VI.
1903. p. 85. 16 mars, and British med. Journ. 1903. p. 720. 28 March.)
107) -, Tropical diseases. A manual of the diseases of warm climates. New and
revised edition. London (Cassell & Co.) 1903.
108) Max well-Adam s, Alex, Trypanosomiasis and its cause. (British med. Journ.
1903. p. 721. 28 March.)
109) Ziemann, Vorlaufiger Bericht iiber das Vorkommen der Tsetsekrankheit im
Kiistengebiet Kamerun. (Dtsche med. Wochenschr. 1903. No. 15. p. 268.)
110) -, Vorlaufiger Bericht liber das Vorkommen des Texasfiebers der Binder in
Kamerun (Westafrika) und Weiteres iiber die Tsetsekrankheit (der Binder, Schafe,
Ziegen, Esel, Pferde, Maultiere, Hunde) sowie fiber „Tiermalaria“ (der Schafe,
Ziegen, Pferde, Esel etc.) (Ibid. No. 16.)
111) Rouget, F., Contribution k Pdtude de la dourine. (Rec. de m6d. v6t6rin. S6r. 8.
T. X. 1903. No. 3. p. 82—90. 15 f^vrier.)
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1903. p. 564. Stance du 14 avril.)
113) Szewczyk, J., Note sur une trypanosome observde dans Pextr6me sud-oranais.
(Bull. soc. centr. m£d. vet£r. S4r. 8. T. X. 1903. p. 218—221. 30 avril.)
114) Bower8, W. G., Trypanosomes, with special reference to surra. (The Journ. of
Comparative Med. and Veterinary Arch. Vol. XXIV. 1903. p. 65. Februarv.)
115) Brumpt, E., Extraits de lettfes communiques par Blanchard k Pacademie de
m^decine. (Bull, de Pacad. de m(*d. 1903. p. 368. seance du 17 mars.)
116) Durham, H. E., A trypanosome. (Liverpool School of Tropical Medicine, Memoir
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Tropical Medecine and Medical Parasitology. Liverpool 1902. p. 79.)
117) Elmassian, Mal de Caderas. (Veterin. Journ. N. S. Vol. VII. 1903. No. 40.
p. 192—196. 1 Taf.)
118) — et Mi gone, E., Sur le mal de Caderas ou flagellose Parisian te des 6qufcUjs
8ud-Am4ricains. (Annales de Plnst. Pasteur. T. XVII. 1903. p. 241.)
119) Caste 1 lani, Aldo, On the discovery of a species of Trypanosoma in the cere¬
brospinal fluid of cases of sleeping sickness. Datet Entebbe 5 April 1903. (Proceed,
of the Royal Soc. Vol. LXXI. 1903. p. 501. May 14.)
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Rabinowitsch u. Kempner, Trypanosomen in der Menschen- u. Tierpathologie. $21
120) Bruce, Note by the secretary of the Royal Society. Telegram received May 4.
(Proceed, of the ftoyal Soc. Vol. LXXI. 1903. p. 5C)8. May 14.)
121) Kruse, Ueber das Trypanosoma Castellani, den Erreger der Schlafkrankheit der
Neger. (Sitzungsber. d. Niederrh. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde zu Bonn. 18. Mai
1903.)
122) Manson, Patrick and Daniels, C. W., A case of trypanosomiasis. (British
Med. Journ. 1903. p. 1249. May 30.)
123) Leishman, B. B., On the possibility of the occurence of trypanosomiasis in
India. (British Med. Journ. 1903. p. 1252. May 30.)
124) Baker, C. F., Three cases of trypanosoma in man in Entebbe, Uganda. (British
Med. Journ. 1903. p. 1254. May 30.)
125) Castellani, Researches on the etiology of sleeping sickness. (Journ. of Trop.
Med. 1903. June 1.)
126) — On the discovery of a species of trypanosoma in the cerebrospinal fluid of
cases of sleeping sickness. (The Lancet. 1903. p. 1735. June 20.)
127) — Some observations on the morphology of the Trypanosoma found in sleeping
sickness. (British Med. Journ. 1903. p. 1431. June 20.)
128) Brumpt, E., Maladie du sommeil et mouche Ts4-TsA (Compt. rend, de la soc.
de biol. 1903. p. 839. Stance du 27 juin.)
129) Sambon, L. W., Sleeping sickness in the light of recent knowledge. (Journ. of
Trop. Med. 1903. July 1.)
130) Lignifcres, J., Contribution ^ l’etude de la trypanosome des £quidds sud-am6ri-
cains connue sous le nom de „Mal de Cadera“, Trypanosoma Elmassiani. (Bull,
et AI4m. Soc. centr. m6d. \6t6r. 8* s^rie. T. X. 1903. 30 janvier, p. 51—69; 30
fevrier, p. 109—134. 30 mars, p. 164—190.)
131) — Contribution al estudio de la diferenciaci6n del Alai de Cadera y de las otras
enfermades causades par trypanosomas. (Bol. Agricultura y Ganaderia. 3* ann4e.
No. 50. 3 p. Buenos-Aires 1903. l ,r f6vr.)
132) Bachmann, Alois et d e E1 i z a 1 d e, P., Contribution al estudio del Trypanosoma
Elmassiani. (Anales del circulo medico argentino. 1903. 31 mars. 10 p.)
133) Schilling, C., Ueber Tsetsefliegenkrankheit (Surra, Nagana) und andere Trypano¬
somen. (Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. VII. 1903. p. 255.)
134) Boigey, Maurice, La trypanose ou maladies A, trypanosomes. (Rev. scientif.
T. XIX. SOr. 4. 1903. No. 19. p. 583—590).
135) Morel, Existence de la TsOtse et du Nagana au Chari. (Ann. dhygifcn. et de
mOd. coloniales. T. VI. 1903. No. 2. p. 264-269. 7 Fig.)
136) Cazalbou, Note sur un trypanosome du dromadaire au Soudan fran^ais. (Bull,
de Pacad. de mOd. 1903. p. 807. Stance du 30 juin.)
137) Lave ran ei Mesnil, Le Nagana, le Surra et le Caderas constituent trois entitOs
morbides distinctes. (Compt. rend, de Pacad. des sciences. 1903. p. 1529. Stance
du 22 juin.)
138) — De Paction du s4rum humain sur les Trypanosomes du Nagana, du Caderas et
du Surra. (Ibid. p. 15. Stance du 7 Juiilet.)
139) Donovan, On the possibility of the occurrence of trypanosomiasis in India.
(British Med. Journ. 1903. p. 79. July 11.)
140) Mus grave, W. E., A preliminary "report on Trypanosomiasis (Surra) of horses
in the Philippine Islands. (Alanila Aleaical Society. 1903. April 7.)
140a)— and Willi am sou, N. E., A preliminary report on Trypanosomiasis of horres
in the Philippine Islands. (Bureau of public, printing. Report issued by the
Government laboratory. Manila 1903.)
141) McNeal, Ward J. and Novy, Frederick G., On the cultivation of Trypa¬
nosoma Lewisi. (Contributions to Aledical Research, dedicated to Victor Clarence
Vaughan by Colleagues and Former Students of the Department of Medicine and
Surgery of the University of Alichigan. 1903.)
142) Francis, Edward, An experimental investigation of Trypanosoma Lewisi. (Hyg.
Laboratory of the Public Health and Marine Hospital Service. Bulletin No. 11.
Washington 1903.)
143) Martini, E., Ueber die Entwickelung der Tsetseparasiten in Saugetieren. (Zeitschr.
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von Baumgarten und TangL 17. Jahrg. 1901. Leipzig (S. Hirzel) 1903.
145) Castellani, Untersuchungen liber die Aetiologie der Schlafkrankheit. (Arch. f.
Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. VII. 1903. p. 382.)
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(Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. VII. 1903. p. 387.)
147) Bettencourt, Annibal, Kopke, Ayres, de Rezende, Gomes et Mendes,
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28. Juni 1903.)
148) Blanchard, Experiences et observations sur la marmotte en hibernation. — V.
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d. 1122. Seance au 25 juillet.)
149) Laver an et Mesnil, Maladies a trypanosomes, leur repartition k la surface du
f lobe (Fin). (Janus. 15 aoilt 1903. p. 393—402.)
Hobbs, La tryuanosomatose humaine d’aprfcs les derniers travaux. (Gaz. hebd.
des scienc. med. ae Bordeaux. 2 aotit 1903.)
Erkl&rnng der Tafel.
Fig. 1, 2. Rattentrypanosoma (TV. Lewis i).
Fig. 3, 4, 5. Nacanatrypanosomen.
Fig. 6, 7, 8. Mai de Caderas-Trypanosomen.
Fig. 9, 10, 11, 12. Surratrypanosomen.
Fig. 13, 14, 15, 16. Dourinetrypanosomen.
Fig. 17, 18, 19, 20. Trypano8omen des ^Gambia fever“ (Dutton).
Fig. 21, 22, 23, 24. Trypanosomen der Scnlafkrankheit, sleeping sickness (Castel-
1 a n i).
Fig. 25. Jugendform derselben.
Farbung nach Romanowsky. Vergrofierung 1000-fach. Zeiss, Apochromat,
homog. 1mm. 2,0 mm, Kompensationsokular 8.
Nachdruck verbolen.
Two Distomes from Canadian Urodela
By J. Stafford, M.A., Ph.D., Montreal, Canada.
With 1 plate.
1. Monocaecum baryurum (n. g., n. sp.)
(Plate I, Fig. 1, 2, 3.)
The worm here described first came under my notice on the 30th
Oct. 1902 when a single individual was found in the rectum of the
Menobranch ( Necturus maculatus Raf.). Of some 70 Menobranchs col¬
lected at that time under stones in shallow water along the River St.
Lawrence at Point St Charles near Montreal only five or six have been
found to contain this parasite and then only sparingly — one or two
in each case. Altogether I have had about ten specimens but it is pos¬
sible that this does not represent the true number for some of the
hosts were kept over winter until April and these contained no para¬
sites. This species occurs throughout the last half of the intestine —
not always in the rectum.
In size and shape there are of course the usual variations depend¬
ing upon conditions of pressure, age etc. A thoroughly representative
specimen viewed from the surface under moderate contraction appears
somewhat pear-shaped but flattened dorso - ventrally. Preserved and
mounted it measures about 2,64 mm in length and 1,26 mm in greatest
breadth. From the anterior end to the middle of the ventral sucker is
1,61 mm. In a living worm the anterior end is capable of considerable
extension and free movement, but the posterior end (oiQa — behind
the ventral sucker — is broad, deep, and heavy ( (iaQi-S ) and capable of
small, sluggish movements.
The anterior sucker is slightly smaller than the ventral and both
generally a little narrower in the transverse than in the longitudinal
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(entmlblatt f!BakterioIo(jieAbt, / Bd .. LL17I . r
Lydia Rabinmt i/.\W/ I //>// -v/v uJ, T> yp,
//. It. ht'ittprtrf'; Sttr,o'f, /-'/. . ■!' ff .
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Stafford, Two Distomes from Canadian Urodela.
823
direction. In the worm whose dimensions are given above the mouth-
sucker measures 0,144 X 0,138 mm while the ventral sucker gives 0,241 X
0,213 mm. The animal is of a flesh color with light brown patches (eggs)
on each side of the posterior half.
The cuticle has embedded in it backwardly sloping, fine spines —
abundant and closely set anteriorly but disappearing towards the
posterior end.
The mouth (cavily of the anterior sucker) looks downwards and for¬
wards. There is a narrow prepharynx, a small, slightly muscular pharynx
and a long, narrow oesophagus which expands at the end into a single,
thin-walled, flask-shaped caecum (mono, caecum). This rather insigni¬
ficant intestinal system, measuring only 1,185 mm in the case described
above, falls short of the ventral sucker sufficiently to allow the inter¬
position of a large seminal vesicle.
The transverse commissure of the nervous system crosses above the
anterior end of the pharynx and divides on each side into anterior and
postorior lateral nerves. Two large excretory vessels unite immediately
before opening by the excretory pore at the centre of the posterior end.
The ovary is a conspicuous, spherical body situated on the right
side of the ventral sucker. From it proceeds backwards and inwards
the oviduct which soon receives the opening of the vitelline reservoir
and of the Laurer’s canal and continues as ootype through the shell-
gland to become the uterus beyond. The shell-gland is situated in the
middle line just behind and rather above the level of the ventral sucker.
The Laurer’s canal passes backwards, inwards and upwards to open
in the mid-dorsal line about half way between the ventral sucker and
the posterior end of the worm. The proximal part of the uterus acts
as a receptacle for sperm, while the rest is a long sinuous tube suffi¬
ciently broad to accommodate several rows of eggs and running first back¬
wards towards the excretory pore, then curving outwards and forwards
along one side as far as to the level of the ventral sucker, when it again
turns backwards and towards the middle line; this* it crosses and it
then repeats a similar course on the opposite side, first running for¬
wards and outwards to the level of the sucker, then backwards along
the side to near the excretory pore, and finally forwards near the middle
to the genital opening which is on the ventral surface close to the left
side of the ventral sucker. The vitelline glands are paired, right and
left, each half situated towards the side but between the level of the
sucker and the posterior end. Each is lobed or composed of 6 to 9
follicles which meet together and open into the end of the transverse
vitelline duct. This curves forwards and inwards, meets with its fellow
of the opposite side to form the reservoir, and the latter opens as al¬
ready discribed.
The testes are elliptical bodies situated right and left just behind
the level of the ventral sucker. The right one is immediately behind
the ovary. From the inner side of each rises a fine vas deferens which
runs forwards and inwards to meet its mate above and often just in
front of the sucker where they enter a large thin-walled sac, the vesi-
cula seminalis. This lies transversaly on a little higher level than the
sucker and abuts as already mentioned against the posterior end of the
intestine. In mature worms it is filled with ripe sperm. From its left
end proceeds the ductus, surrounded by postate glands. The terminal
part of the ductus ejaculatorius curves downwards and backwards and
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opens along with the end of the uterus into a common genital sinus
which in turn leads to the outside through the genital pore at the left
side of the ventral sucker. The walls of the terminal part of the ductus
form a short, blunt, protrusible penis which in one case I saw everted
half way across the sucker. The terminal part of the uterus (vagina)
is scarcely thickened but appears slightly beaded.
The eggs vary in shape and size, the largest and most normal in
appearance being elliptical with a light-brown shell and measure about
0,028 X 0,017 mm.
With the known genera possessing a simple tubular intestine (.4s-
pidogaster and its allies, and Haplosplanchnus) this worm possesses no
close affinities. It is most directly related to Microphallus (see Literature
at end of this paper, No. 1 and 2) with which it appears to agree pretty
•closely excepting for the size and structure of the intestine. Its organi¬
zation otherwise, so far as I can judge without having studied Micro -
phallus , would entitle it to be counted but a species of that genus. It
may appear questionable whether such a difference as exists between
the terminal parts of the intestinal systems of Microphallus opacus Ward
and of this worm is sufficient upon which to propose a new genus. But
if anatomical differences are to be taken as distinguishing characteristics
of genera (not species) (No. 24, p. 837) then the worm here considered
should rank as a new genus. The three worms Monocaecum baryurum ,
Microphallus opacus and Levinseniella pygmaea form a series of which
the only evident anatomical differences are the absence of caeca (or
only a single median caecum) in the first, very short caeca in the second,
and somewhat longer caeca in the third. Their lengths as given are
respectively 2,6, 1,7 and 0,5 mm. In external form, in the relative size,
shape, and position of the genital organs, as well as in their structure,
there is a very close agreement which is most surprising in the vitel-
laria, the vesicula seminalis and the position of the genital opening.
The first and third possess skin-spines while the second is said to have
none. The eggs in the three cases measure 0,028, 0,034, and 0,052 mm in
length i. e. inversely proportional to the sizes of the animals. The final hosts
are respectively an amphibian, a fish, and a bird, of similar mud-loving
habits. The intermediate host is probably a crayfish in all three cases.
Of the menobranchs I examined some of those killed soon after capture
contained remnants of crayfish ( Cambarus ) and snails ( Physa ) while one
had a small frog and another a little menobranch in the stomach.
Of the reported hosts of Microphallus viz. Amia calva, Ictalurus
punctatus , Perea flavescens, and Anguilla anguilla , I have examined some
specimens of all but the second, but without finding any specimens. I
have no doubt, though, that I shall sooner or later come upon it and
be in a better position to compare details of structure.
2. Brachycoelium hospitale.
(Plate I, Fig. 4, 5.)
In a former paper (No. 72) I gave a short preliminary notice of this
worm. My specimens were taken from the intestine of the spotted Newt
(Diemyctylus viridescens Raf.). On some or most of the separate copies
sent out I wrote that it also occurs in the red-backed Salamander
(Plethodon erythronotus Green) and mentioned its relationship to D.
crassicole Rud., both of which remarks were subsequently inserted in a
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Stafford, Two Distomes from Canadian Urodela.
825
later note (No. 78). I shall give here a more complete account of its
structure and classification, accompanied by a better figure.
On several occasions since its discovery I have come upon this
species but only one or two individuals at a time. To give some idea
of how seldom it is to be found I may state that my last specimens
were procured on the 25th of last month (April) when I examined twenty
newts caught the day before. One contained a single B. hospilale among
some small tape-worms, while another had two individuals of this species
but no tape-worms. On May 5th seven more newts were examined but
they yielded no worms.
The living animal may reach a length of 4 mm. My largest mounted
specimen measures a little under 3 mm in length and 0,5 mm in breadth,
while another is 2,6 X 0,6 mm, and one of the smallest mature individuals
I have is only half these last dimensions. The one from which the
drawing is made measured about 2,25 X 0,5 mm. They are all so similar
in shape, proportions, and appearance that one has no difficulty in re¬
cognizing the species. The shape is long-elliptical or linear, with slightly
tapering and rounded ends, but flattened a little from above downwards.
A section falling across the testes, selected from a series of a worm of
the same size as the one figured, measures 5 mm across and 3 mm deep.
In life the worm is of a faint yellowish-pink, but darker in the
posterior half when laden with eggs. The anterior sucker is about one-
third larger than the ventral sucker. In the specimen figured the mea¬
surements in the longitudinal and transverse directions were 0,220 X 0,207
and 0,144 X 0,138 mm. The ventral sucker is placed on the midventral
line, about one-third from the anterior end. In the case of the worm
figured the middle of the sucker falls exactly one-third from the anterior
end, but of course this does not always occur, for one end of the ani¬
mal may sometimes be more strongly contracted than the other.
The surface is formed by a cuticle of from 0,01 to 0,02 mm in depth,
varying chiefly with the state of contraction of the region, but being
also more strongly developed towards the anterior end. It is perfectly
smooth and without spines 1 ).
The intestinal system is but feebly developed, extending through only
a quarter to a third of the length of the worm. The mouth or cavity
of the anterior sucker looks downwards, its aperture changing in size
and shape with the contractions of the muscles of the sucker. The
posterior wall is perforated to lead, by a very short pre-pharynx along
which the cuticle of the mouth continues, into the pharynx, a small
bulb-like, muscular-division of 0,07 mm length and 0,065 mm breadth in
the individual described. Succeeding the pharynx is a narrow, thin-
walled oesophagus of 0,2 mm length which branches into short right and
left intestinal caeca. These are thick walled in consequence of their
long epithelial cells, sacculated, about 2 mm long, with their ends
1) In the first paper referred to I stated that there are fine spines in the cuticle
of the anterior portion of the animal. In notes jotted down at different times since,
I find the skin described as smooth, and I am very certain that the specimens I lately
examined with a view to deciding this question were entirelv devoid of spines, for I
took the greatest care and examined them perfectly fresh when the cuticle showed no
signs of disintegration. I have forgotten particulars about the first specimens I described
so that for the present two possibilities remain: either there are some individuals with
spines and some without, or else I had made a mistake in transcribing from my
earliest notes which I no longer preserve. Since similar differences of statement occur
about other species 1 incline towards the former view.
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diverging but reaching to about the level of the ventral sucker, the
exact spot appearing different according to whether the anterior end of
the animal is retracted or extended.
The ovary is a globular, elliptical, or oval-shaped body, 0,14 X 0*10 mm
in diameter, situated just behind the level of the ventral sucker, but
of course in the centre of the vertical depth of the worm, and of about
equal frequency on either side of the median sagittal plane of the body.
From its inner side arises the oviduct which proceeds in an irregular
course across to the opposite side of the body, receiving in quick suc¬
cession the openings of the receptaculum seminis, the Laurel’s canal,
and the vitelline reservoir. These are generally upon the posterior side
of the oviduct but that depends somewhat upon the manner in which
the animal is compressed, for the continuity of these organs has to be
determined in the living worm. The first is flask-shaped, generally
much smaller than the ovary, and filled with sperm. The second is a
narrow tube, running irregularly backwards and upwards to the mid¬
dorsal surface. The third is formed by the meeting of the transverse
ducts from the vitelline glands. On the opposite side from the ovary,
or more frequently close behind the ventral sucker, is a much more
obscure body, the shell-gland, surrounding that part of the oviduct
called the ootype. The next portion of the oviduct acts as a receptacle
for sperm and this is succeeded by the long uterus that in adult worms
is filled with eggs. The exact course of the uterus appears to vary
somewhat in different individuals but is not easy to follow. The uterus
is several times the lenght of the worm and consequently is much folded.
In the first place one can recognize a descending part from the ovary
to the posterior end of the animal, containing the youngest eggs, and
an ascending part from the posterior end to the genital opening, con¬
taining older eggs. Most of the descending part is on one side of the
animal while the ascending part is on the opposite side. Each half is
thrown into a great number of transverse or oblique folds which often
overlap or intermingle with those of the opposite side. I have specimens
in which the descending part is on the opposite side from the ovary, and
about the same number in which it is on the same side as the ovary.
The uterus is thin-walled and generally so narrow as to accommodate
but a single row of eggs, so that by looking along it one may observe
successive stages of development of the contained embryos. Its distal
end (vagina) is inconspicuous and opens ventrally, close in front of the
ventral sucker.
The testes are a pair of bodies, usually of slightly larger size but
similar appearance to the ovary and situated right and left a little
behind the level of the ovary, the one on the opposite side from the
ovary being usually slightly in advance of the one on the same side as
the ovary. Each gives rise to a slender vas deferens which runs an¬
teriorly, the two converging to meet at the hinder end of the penis-sac.
This is a thin-walled sac, lying dorsal to and curving over that side of
the ventral sucker turned towards the ovary. It is a small organ, rarely
reaching behind the posterior edge of the ventral sucker although in
the living worm under compression it may do so. Its posterior end
is filled by the vesicula seminalis and its anterior end contains the
narrow ductus ejaculatorius, the part between ductus and penis-sac
being occupied by prostate glands. These parts are small and difficult
to clearly determine, but I believe that the terminal part of the ductus
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Stafford, Two Distomes from Canadian Urodela.
827
may be everted as a small protrusible penis and either project through
the genital opening or be inserted into the vagina. At all events both
male and female genital ducts meet here and open by a common genital
pore in the mid-ventral line close in front of the ventral sucker.
The vitellaria are composed of somewhat club-shaped follicles,
narrowing into longer or shorter necks, and arranged along a longi¬
tudinal vitelline duct on each side of the body, from the level of the
pharynx to the ovary on one side and to the testis on the other. From
each longitudinal duct springs a transverse duct which passes back¬
wards and inwards to meet its mate of the opposite side and form the
vitelline reservoir. A follicle is about 0,07 mm long by 0,048 mm broad
and is composed of cells, containing granular protoplasm and con¬
spicuous nuclei, arranged about a narrow, central lumen.
All the organs are supported by an intervening parenchyma tissue
the outer layers of which contain unicellular skin-glands that open by
narrow necks through the cuticle. Some similar glands of rather larger
size are to be found deeper in the parenchyma about the oesophagus,
their necks running forwards to open round the mouth or some of
them apparently just in front of the pharynx.
In the parenchyma are also to be found nerves and excretory ducts
which however I have not followed in detail. The terminal part of the
excretory system is a long median vessel, situated somewhat dorsally,
and originating in the region just behind the testes by the union of
left and right affluents. It opens by the excretory pore at the posterior
end of the worm.
The youngest eggs are light gray in color, showing the mass of
embryonic cells and food-vitellus through their transparent shells. The
oldest eggs have yellowish-brown shells and measure about 0,045 by
0,037 mm in length and breadth while alive and little less when
preserved.
Brachycoelium hospitale is undoubtedly closely related to B. crassi -
colie Rud. (No. 47). The internal organization, as far as it is known
for both worms and as far as one can judge who has a practical ac¬
quaintance with only one of them, appears to be identical. It is
questionable how much reliance should be placed upon the differences
of size and form that occur in the literature. It would seem that B.
hospitale is somewhat smaller and slenderer than B . crassicolle for
Minot (No. 55) gives 4 mm as length and 1,2 mm as breadth of
worms that, so far as I can judge from his account, were killed in
alcohol. This mode of killing may also account for the shortness but
greater breadth of the anterior end as shown in his figure. The same
size is given also by Dujardin (No. 49). B. crassicolle has been
roported from Salamandra , Triton , Anguis , Bana , and Bufo. I have
never found B . hospitale in our Amblystoma , Bana or Bufo , although
I think it should occur in the first.
The genus Brachycoelium (Stiles and Has sail, 1898) (No. 65)
appears to me well founded and B . crassicolle to be its proper type.
Minot’s drawing and description are sufficient to show the main features
of the genus which, so far as I can see, should never have been con¬
founded with Lecithodendrium (No. 66, 67, 68). Of course I am only
in a position to compare the European types through an actual know¬
ledge of their American representatives. I know a Brachycoelium from
our newts and I know a Lecithodendrium from our bats (No. 73) and
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
I believe they are both typical of the genera to which I refer them.
The first agrees in external features with B. crassicolle (Minot, fig. 1)
as closely as specimens under different treatment may be expected to do,
and in internal structure as far as described for both. The second
agrees with L. chilostomum Mehl. (== L. ascidioides van Ben.) as figured
by Looss (No. 64) in nearly every respect excepting that the shape
may vary a little and the suckers are of about equal size. Specimens
of our Brachycoelium and Lecithodendrium prepared in the same way
measure 2,25 X 0,5 mm and 0,92 X 0,55 mm. The ventral sucker of the first
is one third from the anterior end, in the second it is in the centre of
the length of the animal. The ovary of the first is in advance of the
testes while in the second it is behind them. The testes of the first
are behind the plane of the sucker but in the second they are more
widely separated and are situated on each side of or slightly in advance
of the plane of the sucker.
Neither does B. hospitale belong to the genus Cymatocarpus (No. 75).
Looss, who founded the genus Cymatocarpus (No. 4, p. 593) to include
a new species from the intestine of an African turtle, apparently never
thought of comparing it with B. crassicolle although he discussed the
latter at considerable length. Cymatocarpus undulatus Looss, irrespective
of its larger size and more robust nature has equal sized suckers, the
oesophagus is longer in proportion, the ventral sucker, ovary, testes
and vitellaria are placed farther back towards the centre of the body,
while the end organs of the genital system are of much vaster pro¬
portions. In this connection it might be stated that D. heteroporum
Duj. can not be counted a Brachycoelium (No. 75, p. 903, fig. 73). It
certainly should be placed in a different genus from B. crassicolle which
has been already done by Looss (No. 81, p. 611) who made it the
type of his new genus Pycnoporus.
Montreal, May 23, 1903.
Related Literature.
1. Microphallus opacus Ward.
1) Ward, On the parasites of the Lake Fish. (Proceed, of the Amer. microscop.
Soc. Vol. XV. 1894. p. 173—182. PI. I. Fig. 1—-6. Distoma opaca n. sp.)
2) MacCallum, On the anatomy of two Distome parasites of freshwater fish.
(Veterin. magaz. Vol. II. 1895. Distoma opaca,)
3) Stossich: Lo Smembramento dei Bracnycoelium. (Boll. soc. adriat. sci. nat
Vol. XIX. 1899. p. 9. Levinscnia opacum,)
4) Looss, Weitere Beitrage zur Kenntnis der Trematodenfauna Aegyptens. (Zool.
Jahrb. Bd. XII. 1899. p. 620, 621. Dist. opacum,)
5) Liihe, Zur Kenntnis emiger Distomen. (Zool. Jahrb. Bd. XXII. 1899. p. 538.)
6) Jagerski51d, Levinsenia (Distomum) pygmaea, etc. (Centralbl. f. Bakt. etc.
Bd. XXVII. 1900. d. 732—740.)
7) Ward, Notes on the parasites of the Lake Fisch. (Studies zooL Lab. Univ. Ne¬
braska. 1901. p. 175—187. 1 pi. 5 fig. Microphallus opacus.)
8) Pratt, Synopses etc. The Trematodes. (Amer. naturalist. Vol. XXXVI. 1902.
p. 903, 959. Fig. 75.)
2. Lcvinscniclla brachysomum Crep.
9) Rudolphi, Entoz. Synop. 1819 p. 120. D. calidris.
10) Dujardin, Hist nat d. Helm. 1845. p. 447. D. calidris.
11) Creplin, Wiegmanns Arch. 1846. p. 134, 136, 142; 1849. p. 48. D. brachysomum .
12) Diesing, Syst. Helm. I. 1850. p. 397.
13) -, Wiener Sitzber. XXXII. 1858. p. 354.
14) Creplin, Compt rend. T. LXXXI. 1875. p. 475—476.
15) Vi llot, Ann. d. sci. nat S6r. VI. T. VIII. 1878. p. 22. PI. V. Fig. 7.)
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Stafford, Two Distomes from Canadian Urodela.
829
16) von Linstow, Arch f. Naturg. Bd. XLV1II. 1882. p. 20.
17) -, Compendium d. Helm. 1878—1889. p. 136.
18) Stoesich, I Dist. d. Ucceili. 1892. p. 6.
19) Braun, Bronns Klassen etc. 1879—1893. p. 583.
20) Stossich, (No. 3 above) p. 10.
21) Looss, [No. 4) p. 617, 620, 622, 76a
22) Liihe, (No. 5) p. 536—538.
23) Ward, (No. 7) p. 175-176, 184.
24) Looss, Ueber neue und bekannte Trematoden. (ZooL Jahrb. Bd. XVI. 1892.
p. 703-705.)
3. Levinseniella pygmaea Lev.
25) Levin sen, Bidrag til kundskab om Gronlands Trematodfauna. 1881. p. 73. PI. III.
Fig. 3. Distomum pygmaeum Lev. n. sp.
26) Stossich, (No. 18) p. 5.
27) -, (No. 3) p. 10. Levinsenia pygmaea .
28) Liihe, (No. 5) p. 537—538. Note 30.
29) Jagerskiola, Bergen Mus. Aarborg. 1899. p. 14—15.
30) -, (No. 6) p. 732.
31) Ward, (No. 7) p. 175—176, 184. Levinseniella pygmaea.
32) Jagerskiold, Centralbl. f. Bakt. etc. Bd. XXX. 1901. p. 982. Spelotrema
pygmaea.
33) Stiles, Notes on Parasites. 1902. No. 58. Levinseniella pygmaea.
34) Looss, (No. 24), p. 704 706, 784-86, 809, 826.
35) Pratt, (No. 8) p. 903, 959. Fig. 71.
4. Levinseniella macrophallos von Linst.
36) von Linstow, Arch. f. Naturg. Jahrg. XLI. Bd. I. 1875. p. 190. Taf. II. Fig. 12.
Dist. macrop.
37) -, Ibid. 1877. p. 183.
38) Braun, (No. 19) p. 585.
39) Stossich, (No. 18) p. 5.
40) — —, (No. 3) p. 10. Levinsenta macrophallos .
41) Liihe, (No. 5) p. 536.
42) Looss, (No. 4) p. 620.
43) Ward, (No. 7) p. 175, 184.
44) Looss, (No. 24) p. 704
5. Brachycoelium crassicolle Rud.
45) FrSlich, Beschreib. ein. neuen Eingew. (Naturf. Bd. XXIV. 1789. p. 119. Taf. IV.
Fig. 8—10. Fasciola salamandrae.)
46) Zeder, Naturg. d. Eingew. 1800. p. 215. Dist. salamandrae.
47) Rudolphi, Entoz. Hist. 1809. p. 378. Dist. crassicolle.
48) -, (No. 9), p. 102, 385.
49) Dujardin, (No. 10) p. 404.
50) Creplin, (No. 11) p. 147—148.
51) Diesing, (No. 12) p. 356.
52) Baird, Catal. Entoz. London. 1853. p. 52.
53) Diesing, (No. 13) p. 339.
54) Cobbold, Svnop. Dist. 1859. p. 18
55) Minot, On Dist. crassicolle Rud. (Mem. Boston soc. nat. hist. 1878. p. 1—12.
PL I.)
56) von Linstow, Arch. f. Naturg. Bd. XLV. 1879. p. 183. D. flavocinctum.
57) Braun, Paras, des Menschen. 1883. p. 41. Fig. 8. 2. Aufl. 1895. p. 128. Fig. 45.
58) -, Zootom. Prakt. p. 106. Fig. 40.
59) -, (No. 19) p. 672.
60) Stossich, Dist. degli anfib. 1889. p. 4.
61) -, I Dist. d. Rettili. 1895. p. 4, 20.
612)-, Note parisit. 1897. p. 9.
63) -, Saggio di una Fauna Elmintologica. 1898. p. 32.
64) Looss, Die Dist. unserer Fische u. Frosche. 1894. p. 84.
65) Stiles Hassall, An In ventary etc. (Arch, de Parasit. 1898. p. 83. Brachycoelium
crassicolle.)
66) Stossich, (No. 3) p. 9. Lecithodendrium crassicolle.
67) Looss, (No. 4) p. 611, 614.
68) Liihe, (No. 5) p. 536.
69) — —, Ueber ein. Dist. (Centralbl. f. Bakt. etc. 1900. p. 562.
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830
Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 'XXXIV. No. 8.
70) Stiles, Diskussion etc. (Zool. Jahrb. Bd. XV. 1901. p. 201.)
71) Loose, (No. 24) p. 705, 768, 772, 814, 815, 816, 818, 821, 822, 832.
6. Brachycoelium hospitale,
72) Stafford, Some undescribed Trematodes. (Zool. Jahrb. Bd. XIII. 1900. p. 403.
PL XXXVI, Fig. 3. Distomum hospitale n. sp.)
73) — —, Notes on Worms. (Zool. Anz. Bd. XXV. 1902. p. 483. Distomum [ Brachy -
coelium] hospitale .)
74) Looss, (No. 24) p. 822.
75) Pratt, (No. 8) p. 903, 959. Cymatocarpus hospitale,
7. Pycnoporus heteroporus Duj.
76) Dujardin, (No. 10) p. 402. Dist. heteroporum n. spJr
77) Diesing, (No. 12) p. 382.
78) Brandes, Helminthologisches. (Arch. f. Naturg. 1888. p. 247—251. Taf. XVII.
Fig. 4.)
79) Braun, (No. 19) PI. XXIII. Fig. 3.)
80) Stossich, (No. 3) p. 9. Lecitkodendrium heteroporum .
81) Loose, (No. 4) p. ol4.
82) -, (No. 24) p. 772.
83) Pratt, (No. 8) p. 903. Fig. 73.
8. Lecithodcndrlum chiloslomum Mehlis (= Lecith, ascidioides van Ben.)
84) Mehlis, Isis. 1831. p. 187. Dist, chUostomum,
85) van Beneden, M&n. acad. roy. de Belg. T. XL. 1873. p. 30. Dist. ascidioides .
86) Loose, (No. 64) Taf. III. Fig. 51.
87) -, Rech. sur la faune paras, de FEgypte. 1896. p. 86. Lecithodendrium asci¬
dioides.
88) Stossich, (No. 3) p. 8.
89) LG he, (No. 5) p. 535, 536.
90) Loose, (No. 4) p. 610.
91) Braun, Eine Bemerk. ub. d. Fasc. d. Chirop. (Zool. Anz. Bd. XXIII. 1900.
p. 387-391.)
92) -, Trem. d. Chirop. (Ref. im Zool. Centralbl. 1901. p. 631.)
Description of plate.
Fig. 1, 2, 3. Monocaecum baryurum.
Fig. 4, 5. Brachycoelium hospitale . C = intestinal caecum, Ex = excretory pore,
LC — Laurer’s canal, M — mouth and mouth-sucker, N = transverse nerve com¬
missure, O = ovary, Oe « oesophagus, P = penis apparatus, Ph => pharynx, RU «=
receptaculum seminis uterinum, BG = shell-gland, SV = seminal vesicle, T testis,
U — uterus, V — ventral sucker, VG «== vitelline glands, Vg = vagina.
Fig. 1. Monocaecum baryurum, magnified about 25 times natural dimensions, from
the ventral surface. To the right of the ventral sucker is the genital opening. At the
sides of the sucker may be seen the vasa deferentia running from the testes to the seminal
vesicle. Immediately behind the sucker is the vitelline reservoir, receiving the two vitel¬
line ducts from the vitelline glands VG, Just behind the vitelline reservoir is the ootype
surrounded by the shell-gland.
Fig. 2. Median sagittal section through the same worm.
Fig. 3. Five transverse sections through the same worm.
Fig. 4. Brachycoelium hospitale , magnified about 25 times, from the ventral sur¬
face. About the oesophagus are unicellular glands. Close in front of the ventral
sucker is the genital opening receiving the penis apparatus to the right and the vagina
underiving the sucker. To the right of Laurer’s canal is the seminal receptacle, to
the left of the canal is the vitelline reservoir connected by ducts with the glands VG.
Fig. 5. Five transverse sections through the same worm.
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Centmlblatt f!Bakteriologie AbtlB iIJlXXIV. Staffs,
^ Fig.4: Fig. 5.
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Fig. 3.
\**' \ \i . Gustav Fisclwi*.
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Go
Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf hftmolyt. Vorg&nge. 831
Nachdruck verboten .
Ueber die Einwirkung von Glykogen auf hamolytische
Yorgange.
[Aus dera pharmakologischen Institute der UniversitSt Bonn.]
Von Prof. Dr. Wendelstadt, Assistent am pharmakologischen Institute.
Bei einer Untersuchung, welche auf einem anderen Gebiete liegt,
mufite ich die Frage entscheiden, ob das Glykogen eine Einwirkung auf
h3.molytische Prozesse ausiibt, wie dies eine Reihe von anderen bekannten
Substanzen tut. Bei den ersten Versuchen in dieser Richtung Helen
sofort einige Erscheinungen auf, die eine genauere Untersuchung nahe-
legten. Die ersten Experimente, welche ich ebenso wie die weiteren
in Gemeinschaft mit Fraulein T. Fellmer ausftthrte, ergaben, daB das
Glykogen hemmend auf die Hamolyse wirkte bei den natiirlichen an-
geborenen Hkmolysinen des Normalserums, aber gar nicht bei den
kunstlichen durch Blutinjektionen gewonnenen des Immunserums. Dieser
Unterschied zwischen der Wirkung bei den beiden Serumarten trat
immer hervor, wenn wir ohne Riicksicht auf eine genaue Bestimmung
der zur Losung notwendigen Menge von Ambozeptor und Komplement
abgestufte Quantit&ten der Serumarten gegeniiber den passenden Blut¬
korperchen priiften. Die genaue Bemessung der Ambozeptoren und
Komplemente hatten wir zun&chst auBer acht gelassen. Ich werde spater
darauf zurtickkommen miissen bei dem Versuch einer Erklarung des
Einflusses von Glykogen, die, wie ich jetzt schon vorwegnehmen mochte,
zu dem Resultate ftthrte, daB der Unterschied zwischen der Einwirkung
bei natiirlichen und bei kiinstlichen hUmolytischen Serumarten nur auf
dem bei beiden verschiedenen Mengenverh<nissen von Ambozeptoren
und Komplementen beruht.
Das Glykogen ist in seiner Wirkung auch dadurch charakteristisch,
daB es dieselbe nur dann bei natQrlichem angeboren h&molytischem
Serum entfaltet, wenn es mit dem Serum eine Zeitlang zusammen-
gelassen worden ist, ehe die betreffenden roten Blutkorperchen zugesetzt
werden. Mischt man sofort Glykogen, Serum und Blut, so tritt keine
hemmende Wirkung zu Tage.
Die Versuche wurden angesetzt mit einem ganz reinen Glykogen,
das Herr Dr. Nerking 1 ) aus Pferdefleisch gewonnen hatte und mir
freundlichst uberlieB. Dieses Pr¶t ist ganz neutral und fibt keinerlei
sichtbare Wirkung auf die roten Blutkorperchen aus. Die Praparate,
welche im Handel bezogen werden konnen, sind zum Teil nicht so rein,
reagieren sauer und losen Blutkorperchen auf.
Bei alien Versuchen wurde eine Losung von 1 Teil Glykogen auf
15 Teile 0,85-proz. Kochsalzlosung benutzt. Die Konzentration dieser
Losung ist ganz willkflrlich angenommen. Man beobachtet die gleiche
Wirkung bei sehr viel geringerem Zusatz. Eine bedeutende Erhohung
des Glykogengehaltes wirkt auch nicht starker. Als geringste Menge
1) Die Daretellungsmethode findet sich bei J. Nerking, Ueber die elementare
Zusammensetzung und das Invertierungsvermogen des Glykogens. (Pflugers Arch.
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. XXXIV. No. 8.
von Glykogen, die noch eine merkbare Wirkung ausflbte, fanden wir
0,5 ccm einer Losung 1 : 1 500000.
Die Versuchsanordnung war die folgende. Mit dem Serum, das
gepruft werden sollte, wurden je 2 Reihen von Reagenzgl&sern in ab-
gestuften Mengen beschickt und in alien die Flussigkeitsmenge durch
Zusatz von 0,85-proz. Kochsalzldsung auf 2 ccm gebracht. Der einen
Pfeife wurden je 3 Tropfen der Glykogenlosung zugefflgt, die andere
diente als Kontrolle. Alle Reagenzglaser wurden 1 Stunde in den
Brutschrank bei 37° gebracht und darauf jedem 2 Tropfen des passen-
den defibrinierten Blutes zugesetzt. Die Mischung blieb noch Va Stunde
im Brutschrank und wurde dann in ein kflhles Zimmer gestellt. Die
folgende Zusammenstellung der Versuche, welche ohne vorherige Be-
stimmung der zur L5sung notwendigen Menge Ambozeptoren und Kom-
plemente nur durch einfache Abstufung der zugesetzten Mengen des
blutlbsenden Serums angesetzt wurden, soil ein Beleg sein fiir die bei
dieser Versuchsanordnung stets eintretende Verschiedenheit der hemmen-
den Wirkung des Glykogens einerseits bei Normalserum und anderer-
seits bei Immunserum.
Versuch 1.
Normales Kaninchenserum lost Ziegenblut.
die Ldsungsfahigkeit in unserem Falle an.
Die erste Tabelle gibt
nales Kanin cheneerum
Ziegenblut
Losung
1) 0,5 ccm
2 Tropfen
}
2) 0,4 „
3) 0,3 „
2 „
2 „
? komplett
4) 0^ „
2
J
5) 0,1 „
2 „
schwach
Dasselbe
Starke:
Serum mit Glykogenzusatz lost Ziegenblut in folgender
Normales Kaninchenserum
1) 0,5 ccm
2) 0,4 „
3) 0,3 „
4) 0,2 „
5) 0,1 „
Glykogenlosung
3 Tropfen
3 „
3 „
Ziegenblut
2 Tropfen
Losung
schwache
Spur
Bei diesen Tabellen und alien folgenden ist die Aufftillung mit
0,85-proz. Kochsalzl5sung zu 2 ccm zu erg&nzen und die Zeit der Ein-
wirkung des Brutschrankes einzuschieben.
Versuch 2.
Normales Hundeserum 15st Meerschweinchenblut. Die Prilfung der
L6sung ergab folgendes:
Normales Hundeserum
Meerschweinchenblut
L5sung
i)
0,3 ccm
2 Tropfen
2)
0,2 „
2
>>
3)
0,1
2
4)
0,09 „
2
»»
> komplett
5)
0,08 „
2
>>
0
0,07 „
2
7)
0,06 „
2
»>
8)
0,05 „
2
>»
stark
0)
0,04 „
2
)
10)
0,03 „
2
> schwach
11)
0,02 „
2
ii
1-0
0,01 „
2
Spur
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Wendelfltadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf h&molyt. Vorg&nge. 833
Dasselbe Serum mit Glykogenzusatz ldst iu folgender Weise:
Norm ales Hundeeerum
Glykogenloeung
Meerachweinchen-
blut
1)
0,3
ccm
3 Tropfen
2 Tropfen
2)
0,2
>>
3
2 „
3)
0,1
n
3
2 „
4)
0,09
if
3
2
5)
0,08
ft
3
2
6)
0,07
jy
3
2
7)
0,06
jj
3
2
8)
0,05-
ff
3
2
9)
0,04
if
3
2
10)
0.03
ff
3
2
11)
0,02
ff
3 - „
2
12)
0,01
ti
3
2 „
Losung
Spur
0
Versuch 3.
Normales Meerschweinchenserum I6st Hammelblut. Es ergab sich
folgende LosungsfShigkeit:
Normales Meerschweinchenserum
Hammelblut
Ldsung
1) 0,5 ccm
2) 0,4 „
2 Tropfen
2 ,i
> stark
3) 0,3 „
4) 0,2 „
2 „
2 „
i schwach
5) 0,1 „
2 „
Spur
Dasselbe Serum mit Glykogenzusatz ergab folgendes Resultat:
Normales Meerschweinchenserum
Glykogenlosung
Hammelblut
Losung
1) 0,5 ccm
3 Tropfen
2 Tropfen
Spur
2) 0,4 „
3 „
2 „
).
3) 0,3 „
3
2 „
4) 0,2 „
3
2 „
5) 0,1 „
3 „
2 „
Die hemmende Wirkung des Glykogens, die aus diesen Tabellen
ersichtlich ist, kommt in gleicher Weise auch bei anderen natflrlichen
HSmolysinen zur Geltung. So ergaben das gleiche Resultat Versuche
mit einer Reihe von normalen Serumarten; Ziegen serum und Pferdeblut,
Ziegenserum und Kaninchenblut, Meerschweinchenserum und Schweine-
blut, Ochsenserum und Meerschweinchenblut, Kaninchenserum und Pferde¬
blut, Hundeserum und Kaninchenblut, Ochsenserum und Kaninchenblut.
Auch die natflrlichen Hamolysine des Aalserums werden durch
Glykogen beeinflufit Aalserum loste Kaninchenblut in einer Reihe von
20 Reagenzgl&sern, in denen das Serum von 0,1 ccm bis zu 0,001 ccm
abgestuft war, bis zum letzten auf, w&hrend die Losung nach Zusatz von
Glykogen nur bis 0,01 ccm Serum ging.
Im Gegensatz zu dieser Hemmung, die das Glykogen bei den
natflrlichen H&molvsinen ausflbte, blieb es bei kflnstlich er-
worbenen HSmolysinen bei gleicher Versuchsanordnung ohne EinfluB.
Serum von Ziegen, die mit Hammelblut, Ochsenblut oder Schweineblut
vorbehandelt waren, und Serum von Kaninchen, welche mit Ochsenblut
injiziert worden waren, lflste die entsprechende Blutart mit und ohne
Glykogenzusatz absolut gleich.
Einem Kaninchen wurden neben seinen natflrlichen HSmolysinen
fflr Ziegenblut, nachdem der EinfluB des Glykogens auf diese experimentell
festgestellt war, durch Injektion von Ziegenblut kflnstliche HSmolysine
Erste Abt. Orig. Bd. XXXIV. 53
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
beigebracht. Wfihrend vor der Injektion die Einwirkung des Glykogens
auf die losende Kraft der natflrlichen Hamolysine eine ganz deutliche
war, zeigte sich nach 2 Injektionen von zusammen 50 ccm Ziegenblut
gar keine Einwirkung mehr von Glykogen auf die Hamolyse. Dadurch,
daB zu den normal vorhandenen Hamolysinen fflr Ziegenblut die kflnstlich
erzeugten hinzukamen, wurde die Wirkung des Glykogens total auf-
gehoben.
Bei dem Serum einer Ziege, die mit Hammelblut injiziert worden
war, wurde die Hamolyse fiir Hammelblut durch Glykogen nicht be-
einfluBt, dagegen zeigte sich eine deutliche Wirkung auf die dem Serum
der Ziege eigentflmlichen natflrlichen Hamolysine fiir Kaninchenblut.
Die Versuche zeigen, daB das normale Serum in seiner Wirkung auf
Blutkorperchen durch Glykogen deutlich gehemmt wird, wahrend eine
solcbe Hemmung bei dem Immunserum nicht erkennbar wird.
Die Zusammensetzung eines Normalserums unterscheidet sich von
der eines Immunserums durch die grofiere Menge von Ambozeptoren in
dem letzteren J ). Hierin mufite zunachst die Ursache fflr die verschiedene
Glykogenwirkung gesucht werden. Die Experimente zeigen auch, daB
die hemmende Wirkung des Glykogens durch eine Vermehrung der
Ambozeptoren beeinfluflt wird.
Bei den hierher gehorigen Versuchen wurden die zur Ldsung not-
wendigen Ambozeptoren und Komplementmengen genau bestimmt nach
der von H. Sachs*) ausfflhrlich beschriebenen Methode.
Die Ambozeptoren lieferte zu den Versuchen das inaktivierte Serum
einer mit Hammelblut mehrfach injizierten Ziege und die Komplemente
wurden durch normales Ziegenserum herbeigeschafft. Je nachdem das
inaktivierte Serum der Hammelziege mit normalem Ziegenserum gemischt
wurde, war das Mengenverhaitnis von Ambozeptoren und Komplementen,
welche zusammen die Losung von Hammelblutkflrperchen veranlaBten,
ein verschiedenes. Wir nahmen eine konstante Menge Komplement, die
in 0,3 ccm normalem Ziegenserum enthalten war, und setzten verschiedene
Mengen von Ambozeptoren zu. Zu der Mischung fttgten wir 3 Tropfen
Glykogenlflsung (1 : 15) und stellten sie 1 Stunde in den Brutschrank
bei 37°. Darauf wurde experimentell festgestellt, daB 0,3 ccm normales
Ziegenserum (Komplement) mit 0,2 ccm inaktiviertem Serum der Hammel¬
ziege (Ambozeptor) + Glykogen gerade ausreichten, 2 Tropfen Hammel¬
blut komplett zu 16sen. Verachoben wir das Mengenverhaitnis zu Un-
gunsten der Ambozeptoren, d. h. setzten wir weniger inaktives Serum
der Hammelziege zu, so nahm die Lflsung der Hammelblutkflrperchen
ab, d. h. die hemmende Wirkung des Glykogens trat zu Tage. Vi el
Ambozeptor hebt also die hemmende Wirkung des Gly¬
kogens auf. Ein gleichzeitig ohne Glykogenzusatz angestellter
Kontrollversuch, bei welchem ebenfalls die Serummischung 1 Stunde in
den Brutschrank gestellt wurde, zeigte schon eine komplette Lflsung bei
0,3 ccm normalem Ziegenserum + 0,04 ccm inaktiviertem Serum der
V ? Das Immunserum unterscheidet sich von dem normalen einzig und allein
durch seinen Gehalt an inaktivem Immunkorper.* 4 v. Dungern, Die AntiKdrper. p. 40.
Jena 1903.
2) Sachs, H., Hamolysine und ihre Bedeutung fiir die Immunitatslehre.
(Lubarsch-Ostertag, Ergebnisse d. path. Anatomie. Jahrg. VII p. 781.)
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Wendelstadt, Ueber die Einwirkung yon Glykogen auf h&molyt. YorgUnge. 835
Hammelziege, also bei sehr viol weniger Ambozeptor bei gleicher Menge
Komplement.
Inakt. Hammel¬
ziegenserum
Normales Ziegen-
serum
A.
Glykogen-
losung
Hammelblut
(Ambozeptor)
(Komplement)
1) 03 ccm
0,3 ccm
3 Tropfen
2 Tropfen
2) 0,1 „
0,3 ,,
3
2 „
g) 0,09 „
0,3 „
3
2 „
4) 0,08 .,
0,3 „
3
2
5) 0,07 „
0,3 „
3
2
6) 0,06 „
0,3 „
3
2
7) 0,05 „
03 „
3
2
8) 0,04 „
03 „
3
2 „
9) 0,03 „
03 „
3
2
Ldsung
komplett
fast komplett
stark
j Spur
i
0
B.
Inakt. Hammel-
ziegenaerum
(Ambozeptor)
1) 03 Mm
Normales Ziegen-
serum
Hammelblut
(Komplement)
0,3 ccm
2 Tropfen
2) 0,1 „
0,3 „
2
3) 0,09 „
0,3 „
2
4) 0,08 „
0,3 „
2
5) 0,07 „
0,3 „
03 „
2
6) 0,06 „
2
7) 0,05 „
0,3 „
2
8) 0,04 „
0,3 „
2
9) 0,03 „
0,3 „
2
Losung
komplett
fast komplett
Ebenso wurde die Menge des zur Ldsung notigen Komplements mit
dem gleichen Hammelziegenserum festgestelit.
Inakt. Hammel-
ziegeneerum
(Ambozeptor)
Aktives Ziegen-
aerum
(Komplement)
Glykogen-
15sung
1) 03 ccm
03 ccm
3 Tropfen
2) 0,2 jt
0,1 „
3
3) 0,2 „
4) 03 „
0,09 „
3
0,08 „
0,07 „
3
5) 03 „
3
6) 03 „
0,06 „
3
7) 03 „
0,05 „
0,04 „
3
8) 0,2 „
3
9) 0,2 „
0,03 „
3
10) 03 „
0,02 „
3
Hammelblut
2 Tropfen
2
2
2
2
1 ::
1 ::
2
Ldsung
| komplett
| fast komplett
stark
halb
Spur
Die gleiche Pfeife ohne den Zusatz von Glykogen ergab die
gleichen LSsungsveiMltnisse. Das Glykogen wirkte hier nicht hem-
mend, da flberall Ambozeptoren im Ueberschufi waren.
Ebenso konnte man die die H&molyse hemmende Wirkung des
Glykogens auch bei normalen Seris bedeutend abschw&chen, indem
man bei ihnen die Ambozeptoren durch Zufttgung von inaktivem Serum
vermehrte.
53*
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836
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV.-No. 8. ,
A.
Akt. Ziegenserum
Glykogenlosung
Kaninchenblut ^ Losung
1 ) 0,4 ccm
3 Tropfen
2 Tropfen 'l
2) 03
31 03
>»
tt
3
3
2
2
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5) 0,09
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tt
3
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2
” | Spur
7) 0,07
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3
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2
B.
Akt. Ziegenserum
Inakt. Ziegenserum
Glykogenltisung
Kaninchenblut”
Losung
1) 0,4 ccm
2 03 „
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3 Tropfen
2 Tropfen
stark
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7) 0,07 „
8) 0,06 „
3
tt
2 „
0,6 „
3
tt
2 „ J
Dasselbe Experiment wurde auch mit Hundeserum, dem durch
inaktiviertes Hundeserum ein UeberschuB an Ambozeptoren zugesetzt
wurde, gemacht Auch bei dieser natflrlichen Hamolyse konnte die
Wirkung des Glykogens bedeutend eingeschrinkt werden durch Ver-
mehrung der Ambozeptoren.
Bei kunstlich erworbener Hamolyse tritt also die
hemmende Wirkung des Glykogens ein, wenn die Menge
der Ambozeptoren vermindert wird.
Bei der angeborenen Hamolyse kommt keine Hem-
mung zu stande, wenn die Menge der Ambozeptoren ver-
mehrt wird.
Wir mufiten uns nun die Frage vorlegen, kommt es auf die abso¬
lute Menge der Ambozeptoren an oder auf das Verhaltnis, in welchem
ihre Mengen zu den Komplementen stehen. Der folgende Versuch zeigt,
daB es auf das Verhaltnis der Mengen zueinander ankommt.
Wir stellten die geringste Menge von einem inaktivierten Immun-
serum (Ambozeptor) und die geringste Menge von einem normalen in-
diffcrenten Serum (Komplement) fest, die zusammen gerade noch
ausreichten, um eine Blutart zu 16sen. Diese Feststellung wurde mit
und ohne Glykogen gemacht. .Verwendet wurden inaktiviertes Serum
einer mit Ochsenblut vorbehandelten Ziege (Ambozeptor), normales
Ziegenserum (Komplement) und gewaschene Ochsenblutkorperchen in
5-proz. Aufschwemmung. Dabei fand sich, daB zur kompletten Losung
von 1 ccm der 5-proz. Blutaufschwemmung ohne Glykogenzusatz gerade
ausreichten 0,05 ccm inaktiviertes Immunserum + 0,25 ccm normales
Ziegenserum. Mit Glykogenzusatz verschoben sich die Zahlen um ein
geringes; hier waren 0,06 ccm inaktives Immunserum und 0,25 ccm
komplementhaltiges Serum notig. Bei einer weiteren Verminderung der
Ambozeptoren trat die hemmende Wirkung des Glykogens deutlich zu
Tage, wie das ja nach den vorhergehenden Versuchen vorauszusetzen
war. Wir gingen nun zu der Ermittelung, ob die absolute Menge des
Ambozeptors Oder das Verhaltnis zur Menge des Komplements das Aus-
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Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf h&molyt Vorgftnge. 837
schlaggebende sei, von den ermittelten Zahlen 0,05 ccm inaktives Immun-
serum und 0,25 ccm Normalserum aus und setzten 4 Versuchsreihen an,
die erste mit 0,05 ccm Ambozeptor, die folgenden mit je 0,01 ccm
weniger und stuften die Komplementmenge von 0,25 ccm bis auf 0,05 ccm
in jeder Reihe ab. Die Ambozeptorenmenge blieb in jeder Reihe unter
den einzelnen Reagenzgl&sern gleich; die Komplementmenge nahm ab.
Das Verhaitnis von Ambozeptormenge zur Komplementmenge wurde
also durch eine Verminderung der letzteren zu Gunsten der ersteren
verschoben, w&hrend die absolute Menge Ambozeptor in den Gl&sern
jeder einzelnen Reihe gleich blieb. Jede Versuchsreihe wurde mit und
ohne Glykogen angesetzt. Wenn es nur auf das Verh<nis von Ambo¬
zeptor und Komplement ankam, so mufite die hemmende Glykogen-
wirkung mit der Abnahme der Komplemente, also der Verschiebung zu
Gunsten der Ambozeptoren, abnehmen. Dies war auch der Fall, wie
die folgenden Tabellen zeigen. Das Verhaltnis zwischen Ambo¬
zeptorenmenge und Komplementmenge ist entscheidend.
Ambozeptor
Komplement
la.
GlykogenlSsung
Blut
1) 0,05 ccm
0,25 ccm
3 Tropfen
1 ccm
2) 0,05 „
020 „
3
1 „
3) 0,05 „
0,15 „
3 „
1 „
4) 0,05 „
0,10 „
3 „
1 „
5) 0,05 „
0,05 ,,
3 „
1 >,
Losung
Spur
wenig
mafiig
Ambozeptor
lib.
Komplement
Blut
1) 0,05 ccm
2) 0,05 „
025 ccm
1 ccm
020 „
1 „
3) 0,05 „
0,15 „
1 „
4) 0,05 „
0,10 ,.
1 „
5) 0,05 „
0,05 „
1 „
Losung
komplett
fast komplett
Ambozeptor
1) 0,04 ccm
2) 0,04 „
3) 0,04 „
4) 0,04 „
5) 0,04 „
Ha.
Komplement
Glygogenlosung
Blut
Losung
025 ccm
0,20 „
3 Tropfen
3 „
1 ccm \
1 » J
| Spur
0,15 „
3 „
1 „
wenig
0,10 „
0,05 ,,
3 „
3 „
1 „ 1
1 » J
► mafiig
Ambozeptor
1) 0,04 ccm
2) 0,04 „
3) 0,04 „
4) 0,04 „
5) 0,04 „
II b.
Komplement Blut
0,25 ccm 1 ccm
0,20 „ 1 „
0,15 ,, 1 ,,
0,10 „ 1 „
0,05 „ 1 „
Losung
| komplett
fast komplett
l stark
Ambozeptor
Komplement
Ilia.
Glykogenlosung
Blut
1) 0,03 ccm
025 ccm
3 Tropfen
1 ccm
2) 0,03 „
020 „
3 „
1 „
3) 0,03 „
0,15 „
3 „
1 „
4) 0,03 „
0,10 „
3 „
1 „
5) 0,03 „
0,05 „
3 „
1 „
Losung
0
Spur
1
| wenig
mafiig
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838
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originale. Bd. XXXIV. No. 8.
nib.
Ambozeptor
Komplement
Blut
Lbsung
1) 0,03
ccm
0,25 ccm
1 ccm
2) 0,03
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IVa.
Ambozeptor
Komplement
Glykogenlosung
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4) 0,02
a
0,10
ii
1 „
/
5) 0,02
a
0,05
ii
1 „
stark
Nachdem festgestellt war, unter welchen Verhaitnissen das Glykogen
seine hemmende Wirkung entfaltet, war weiter zu untersuchen, an
welcher Stelle es hindernd in die H&molyse eingreift, ob die Rezeptoren,
die Ambozeptoren oder die Komplemente den Angriffspunkt liefern. Die
Frage war experimentell leicht zu Ibsen. Wir brauchten uns bei der
Versuchsanordnung nur an die grundlegenden Arbeiten von Ehrlich
und Morgenroth zu halten. Wir konnten zu diesen Versuchen nur
Normalserum verwenden, da bei ihm nur die Glykogenwirkung sichtbar
wird.
Wenn es die Rezeptoren sind, so muB eine Glykogenlosung, die
auf die Blutkorperchen einwirkt, diesen die FShigkeit, Ambozeptoren zu
verankern, nehmen. Dies ist nicht der Fall. Meerschweinchenblut
wurde mit Glykogenlosung eine Stunde in den Brutschrank gebracht,
dann abzentrifugiert und mehrfach mit Kochsalzlosung gewaschen.
Hierauf wurde Ochsenserum zugesetzt, und die Losung trat ebenso stark
auf wie ohne Glykogenzusatz. Das Blut hatte in beiden Versuchen in
gleicher Weise mit Kochsalzlosung im Brutschrank gestanden und war
ebenso oft gewaschen und zentrifugiert worden. Das gleiche Resultat
ergab ein genau abgestufter Versuch mit Ziegenblut und Kaninchen-
serum. Die Rezeptoren werden also durch das Glykogen
nicht verSndert.
Ob die Ambozeptoren vom Glykogen beeinfluBt werden, ist eben-
falls leicht zu entscheiden. Bringt man inaktiviertes normales Serum,
das mit Glykogen versetzt ist, mit den passenden Erythrocyten zu-
sammen, so verankern sich die Ambozeptoren an die Rezeptoren. Die
abzentrifugierten roten Blutkorperchen losen sich dann, wenn man sie
mit einem komplementhaltigen Serum zusammenbringt. Durch Erwfirmen
inaktiviertes Hundeserum wurde in abgestuften Mengen mit je 3 Tropfen
der Glykogenlosung eine Stunde in den Brutschrank gebracht. Darauf
Zusatz von je 2 Tropfen defibrinierten Kaninchenblutes und nochmals
eine halbe Stunde Brutschrank. Danach Abzentrifugieren und Waschen
der Erythrocyten mit NaCl-Losung. Wenn man nun Pferdeserum,
welches die notigen Komplemente enthalt, auf die roten Blutkorperchen
Digitized by ^ooQle
Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf h&molyt. Vorg&nge. 839
brachte, so muBte es sich entscheiden, ob die Ambozeptoren trotz der
Gegenwart von Glykogen an die Rezeptoren herangegangen waren. Dies
war der Fall. Die L6sung trat genau in derselben Starke auf bei den
mit Glykogenlosung zusammengebrachten Blutkorperchen, wie bei den zur
Kontrolle dienenden, die ohne Glykogen denselben Prozessen unter-
worfen wurden.
Das vdllig gleicbe Resultat ergab ein ebenso angestellter Versuch
mit inaktiviertem Hundeserum und Meerschweinchenblut, wobei die Kora-
plemente von Meerschweinchenserum geliefert wurden. Die Ambo¬
zeptoren wurden durch Glykogen an keiner Seite ange-
griffen.
Da weder die Rezeptoren noch die Ambozeptoren der natiirlichen
Hamolysine von dem Glykogen beeinfluBt werden, so kommen die Komple-
mente allein noch in Frage. Das Experiment best&tigte dies auch.
LSBt man auf Blutkorperchen, welche mit dem Ambozeptor beladen
sind, geeignetes komplementhaltiges Serum einwirken, so tritt Losung
ein. Dieselbe wird aber abgeschw&cht, wenn das komplementhaltige
Serum vorher mit Glykogen zusammengebracht wird. Die Verankerung
der Ambozeptoren kann mit einem durch Erw&rmen inaktivierten
Serum geschehen, dessen Komplemente vernichtet sind oder durch
die Einwirkung eines normalen Serums in der Elite, da die Kom¬
plemente ja bei niedriger Temperatur nicht an die Ambozeptoren
herangehen. Sachs 1 ) hat besonders darauf aufmerksam gemacht,
daB man bei der Inaktivierung eines natiirlich hSmolytischen Serums
durch W&rme nur dann auf ein Gelingen der Reaktivierung durch
komplementhaltiges Serum rechnen kann, wenn man mit groBer Vor-
sicht nur die Temperatur einwirken l&Bt, die gerade zur Vernichtung der
Komplemente ausreicht. Ehe ich diese VorsichtsmaBregel kennen ge-
lernt hatte, mifigliickten mir eine ganze Reihe von Reaktivierungs-
versuchen bei dem natfirlich hSmolytisch wirkenden Serum. Ich benutzte
stets 2 ccm Serum zum Reaktivieren.
Die Versuche, welche den EinfluB des Glykogens auf das Komple-
ment der natiirlichen Hamolysine zeigen, sind die folgenden.
Durch 49°WSrme inaktiviertes Hundeserum in abgestuften Mengen
wurde mit je 2 Tropfen Kaninchenblut zusammengebracht, und nachdem
die Reagenzgl&ser eine Stunde bei 37 0 gestanden batten, abzentrifugiert.
Auf die jetzt mit Ambozeptoren beladenen Kaninchenblutkorperchen
wurden je 2 ccm Pferdeserum gebracht, die vorher mit je 3 Tropfen
Glykogenldsung eine Stunde im Brutschrank gestanden batten. Eine
Reihe von Reagenzgliisern wurde zur Kontrolle ebenso ohne Glykogen-
zusatz angesetzt. Die hierunter stehende Tabelle zeigt die starke Ab-
schw&chung der Komplemente.
jlnakt. Hundeserum
Kaninchenblut
Losung
A. Ohne
Glykogenzusatz.
i)
0,3
0,2
ccm
2 Tropfen
1 Stunde bei 87 °, dann abzentri-
\
2)
2
»*
fugiert. Zusatz von je 2 ccm
Pferdeserum, das 1 Stunde im
3)
0,1
2
} stark
4)
0,08
2
ii
Brutschrank gestanden
5 ) 1
0,06
ii
2
ii
1
6)
0,04
»»
2
ii
schwach
1) Sachs, H., Gibt es einheitliche Alexinwirkungen? (Berl. klin. Wochenschr.
1902. No. 9 u. 10. p. 217.)
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840
Centralbl. f. Bakt etc I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Inakt. H undeserum
Kanincbenblut
Loeung
2 )
3)
4)
5
6
0,1
0,08
0,06
0,04
ccm
»>
a
v
a
»
B. Mit Glykogenzusatz.
2 Tropfen
2
2
2
2
2
1 Stunde bei 87 °, dann abzentri-
fugiert. Zusatz von je 2 ccm
Pferdeserum, das 1 Stunde mit
je 3 Tropfen Glykogen lbsung|
im Brutschrank gestanden.
stark
Spur
Bei dreimaliger Wiederholung ergab der Versuch stets dasselbe Resultat.
In gleichem Sinne fiel ein ebenso angestelltes Experiment mit Hunde¬
serum und Kaninchenblut aus.
Eine Abschwkchung der Wirkung der Komplemente durch Glykogen
zeigte sich ebenfalls, wenn die Verankerung der Ambozeptoren in der
K&Ite stattgefunden hatte. Kaninchenserum blieb mit Ziegenblut in
2 abgestuften Pfeifen 18 Stunden im Eisschrank. Dann wurden die
roten BlutkSrperchen in der Elite abzentrifugiert und mit Kochsalz-
ldsung gewaschen und nochmals zentrifugiert. Das durch das Zentri-
fugieren von den Erythrocyten und den daran haftenden Ambozeptoren
befreite Serum wurde in einer abgestuften Reihe mit und in einer
anderen gleichen Reihe ohne Glykogen eine Stunde in den Brutschrank
gestellt. Brachte man nun das Serum, das die Komplemente ja noch
enthielt, wieder mit den mit Ambozeptoren beladenen Blutkorperchen
in der W&rme zusammen, so muBte sich in der einen Reihe zeigen, ob
das Glykogen auf die Komplemente eingewirkt hatte. Die folgende
Tabelle zeigt diese Einwirkung deutlich.
Kaninchenserum I Ziegenblut
Ldsung
1.
2 .
3.
4.
5.
0,5 ccm
0,4 „
0,3 „
0,2 „
0,1 „
1.
2 .
3.
4.
5.
0,5 ccm
0,4 „
0,3 „
0,2 „
0,1 „
A. ohne Glykogenzusatz.
2 Tropfen 18 Std. Eisschrank. Zentrifugierte, ge*
2 „ waschene Blutkorperchen. Abzentrifu-
2 „ giertes Serum, das 1 Std. bei 37° ge-
2 „ standen. Beides wieder zusammenge-
2 „ bracht.
B. mit Glykogenzusatz.
18 Std. Eisschrank. Abzentrifugierte u. ge-!
stark
schwach
2 Tropfen
2 „
2 „
2 „
2 „
Blutkorperchen. **««$}
S 'ertes Serum, das 1 Std. mit je 3 Tropfen
lykogenlosung bei 37 0 gestanden,
des wieder zueammengebracht
•fill
stark
Spur
Ein Einflufi auf die Wirksamkeit der Komplemente
ist durch diese Versuche sichergestellt. Es geht aus ihnen
aber auch hervor, daB das Komplement durch das Glykogen nicht Toll-
standig vernichtet wird; denn trotz des Zusatzes von Glykogen tritt eine
LOsung ein in den Gl&sern, welche die grOSte Menge inaktivierten'
Serums, d. h. die meisten Ambozeptoren enthalten. Die Einwirkung auf
die Komplemente wird wieder beeinfluCt durch die Anwesenheit von
Ambozeptoren. Im Vorhergehenden habe ich schon darauf hingewiesen,
daB eine Vermehrung der Ambozeptoren die hemmende Wirkung des
Glykogens aufhebt Durch diese 2 Tatsachen, einerseits die Einwirkung
auf die Komplemente, andererseits die Aufhebung dieser Einwirkung
durch verh<nism&Big grofie Mengen von Ambozeptoren, werden wir zu
_d by
Google-
Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von Glykogen auf h&molyt. Vorgftnge. 841
der Annahme gedr&ngt, dafi zwischen Komplement und Gly¬
kogen eine Einwirkung stattfindet, welche durch ver-
h<nism&fiig kleine Mengen Ambozeptor nicht in merk-
barer Weise beeinflufit wird, die aber durch eine ver-
h<nism&fiig grofie Menge beeinflufit wird.
Der Unterschied der Wirkung des Glykogen bei Normal- und bei
Immunserum findet nach unseren Versuchen seine Erkl&rung in dem
Einflufi, den das verschiedene Mengenverh<nis zwischen Komplementen
und Ambozeptoren ausflbt Wie schou oben angefflhrt murde, wirkt
Glykogen nicht hemmend, wenn wir Komplement, Ambo¬
zeptor, rote BlutkOrperchen und Glykogen gleichzeitig
zusammenbringen. Die Ldsung tritt gleich schnell und gleich
energisch auf mit oder ohne Glykogenzusatz. Zur Erkl&rung lfifit sich
die Tatsache heranziehen, dafi die Ambozeptoren eine grdfiere Affinitat
zu den Komplementen erhalten, wenn sie an die Rezeptoren der Blut-
korperchen herangetreten sind 1 ).
Die Verwandtschaft der Verbindung (Ambozeptor — Re-
zeptor) zu den Komplementen ist so viel starker, als die
zwischen Komplement und Glykogen, dafi die Komple-
mente bei gleichzeitiger Anwesenheit von Glykogen und
an Rezeptoren verankerten Ambozeptoren zun&chst an
die letzteren herangehen.
Die Einwirkung des Glykogens auf die natflrliche H&molyse ist auch
bei dem lebenden Tier zu beobachten. Einem Kaninchen injizierte
ich innerhalb 24 Stunden 3mal je 1 g Glykogen in die Ohrvene. Das
Serum, welches dem Tier eine halbe Stunde nach der letzten Ein-
spritzung entnommen wurde, hatte fast ganz seine vorher bedeutende
Losungskraft gegeniiber Ziegenblut verloren. Am 2., 4. und 7. Tage
wurden weitere Proben entnommen, und es ergab sich, dafi die h&mo-
lytische Wirkung ganz allm&hlich zurfickkehrte und am 7. Tage wieder
so stark war, als vorher. Ob sich die Komplemente, die durch das
Glykogen gebunden waren, ersetzt hatten, oder ob das Glykogen all¬
m&hlich aus der Verbindung geldst worden war, kann ich nicht ent-
scheiden.' Die Einwirkung des Glykogens in vivo war zun&cht eine so
vollst&ndige, dafi ein Zusatz von Glykogenlbsung zu dem entnommenen
Serum keinen weiteren Unterschied machte.
Da das Glykogen sich in den verschiedensten Geweben des KOrpers,
auch im Blute, findet 2 ), so darf man wohl annehmen, dafi es im
K6rper mit Komplementen auch normalerweise zu-
sammenkommt und eine Verbindung eingeht. Die Eigen-
tilmlichkeit dieser Verbindung, nur unter bestimmten Mengenverh<nissen
durch die Ambozeptoren beeinflufit zu werden, fibt moglicherweise h&ufig
im Serum eine Wirkung aus und kann vielleicht mitherangezogen
werden bei der Beurteilung der von Morgegroth und Sachs 1 ) ver-
offentlichten Tatsache, „dafi bei Gegenwart grdfierer Ambozeptormenge
zur H&molyse kleinere Komplementdosen genflgen“.
1) v. Dungern, 1. c. p. 35. „Man kann . . . mit Ehrlich annehmen, da8 die
chemische Affinitat zwischen Immunkorper und Komplement an und fur sich sehr ge-
ring ist, durch die Verbindung des Immunkorpers mit der Zelle aber eine betrachtliche
Verstarkung erfahrt.“
2) Eine Zusammenstellung findet sich bei E. Pflflger, Glykogen. Kapitel III.
p. 12b. Pfliige.rs Archiv. Bd. CVI.
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842
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXTV. No. 8.
Meine Versuche beschrfinken sich auf die Einwirkung des Glykogens
auf die Hamolyse beim Serum. Ob es auch bei anderen hamolytischen
oder bakteriolytischen Substanzen eine Einwirkung ausiibt, mtlsseu
weitere Versuche ergeben.
Ein Versuch mit Eeuzspinnengift, dessen blutldsende Wirkung
durch Robert*) und Sachs 8 ) bearbeitet worden ist, fiel negativ aus.
Das Glykogen hat gar keinen Einflufi. Kaninchenblut wurde in gleicher
Weise mit und ohne Glykogenzusatz von dem Kreuzspinnengift geldst.
Das war auch von vornherein anzunehmen, da wir es in diesem Fall
mit ganz anders zusammengesetztem Gifte zu tun haben, als bei den
Hfimolysinen.
Aufier dem Glykogen untersuchten wir auf hemmende Wirkung hin
auch noch andere Stfirkearten, nfimlich Reisstfirke, Inulin und
Lie hen in. Von diesen Gbten Reisstfirke und Lichenin keine merkbare
Wirkung aus, Inulin hemmte die Hfimolyse stark, sowobl bei normalem
wie bei Immunserum. Von den Gummiarten wurden Gummiarabicum
und Dextrin geprfift. Beide zeigten sich wirkungslos. Die chemische
Zusammensetzung aller dieser Substanzen ist der des Glykogen fihnlich
(C # H l0 O 6 )n. Wir pruften auch die Cellulose (C ls H 20 O, o )n ohne eine
Hemmung zu erzielen. Ebenso wirkungslos erwies sich Chon dr in.
Ueber die hemmende Wirkung des Carrageenmooses erschien,
wfihrend wir mit der vorliegenden Arbeit beschaftigt waren, eine Publi-
kation von v. Lingelsheim 1 2 3 4 ). Er fand eine hemmende Wirkung des
Carrageenmooses auf die hamolytische Kraft von Rinderserum gegen
Meerschweinchenblut und Schweineserum gegen Schafblut, also von
Normalserumarten. Diese Einwirkung konnten wir bei Kaninchenserum
gegeniiber Ziegenblut bestatigen; bei Prfifung gegenuber einem Immun¬
serum (Ochsenkaninchen), fiber welche sich kein Versuch in der ge-
nannten Publikation vorfindet, fanden wir die Wirkung sehr viel weniger
deutlich. v. Lingelsheim kommt zu dem Schlusse, dafi der Schleim
des Carrageenmooses Ambozeptoren und Komplemente ausffillt, die
letzteren aber nicht vollstandig.
Pepton (Witte), das wir auch auf seine Einwirkung bei Hfimo-
lysin prttften, hemmte deutlich bei Normalserum, aber nur schwach bei
Immunserum.
Ob auch bei diesen Substanzen, soweit sie eine dem Glykogen fihn-
liche Wirkung ausfiben, ein fihnlicher ProzeB anzunehmen ist, und es
auch auf einen Unterschied des Mengenverhfiltnisses zwischen Komple-
ment und Ambozeptor ankommt, konnte erst nach eingehenden Ver-
suchen entschieden werden. Eine Generalisierung ist bei so komplizierten
Vorg&ngen jedenfalls nicht erlaubt.
Das Resultat der vorhergehenden Arbeit ist, kurz zusammengefafit,
dasfolgende: Das Glykogen iibt einen Einflufi auf die Kom¬
plemente aus und kann dadurch hemmend auf hamoly¬
tische VorgSnge einwirken. Diese Einwirkung tritt nur
1) Morgenroth und Sachs, Ueber die quantitativen Beziehungen von Ambo¬
zeptor, Komplement und Antikomplement. (Berl. klin. Wochenschr. 1902. No. 35.)
2) Kobert, Beitrage zur Kenntnis der Giftspinnen. Stuttgart 1901.
3) Sachs , H., Zur Kenntnis des Kreuzspinnengiftes. (Beitrage zur chem. PhysioL
und Pathol, von Uofmei6ter. Bd. II. p. 125.)
4) v. Li ngelsheim, Ausfallung bakterizider und globulizider Blutfermente durch
Pflanzenschleim. (Zeitschr. fur Hygiene und Infektionskrankheiten. Bd. XLII. p. 308.)
Digiti ' >y - -
Volk, Bindung des Baklerioh&molysins an die roten Blutkorperchen. 343
dann zu Tage, wenn in einem Serum im Verh<nis zur
Menge der Komplemente wenig Ambozeptoren vorhanden
sind. Eine Verschiebung des Verh<nisses der Mengen
zu Gunsten der Ambozeptoren hebt die hemmende Wir-
kung des Glykogens immer mehr und schliefilich ganz
auf. Aus diesem Grunde wirkt das Glykogen hemmend
bei Normalserum, nicht hemmend bei Immunserum. Denn
in dem ersteren sind weniger Ambozeptoren als in dem
letzteren im Verh<nis zu der Komplem entmenge.
Ein Normalserum l&fit sich von einem Immunserum
durch dies verschiedene Verhalten gegeniiber dem Gly¬
kogen unterscheiden.
Die Wirkung des Glykogens ist in weiten Grenzen
unabh&ngig von der zugesetzten Menge. Sie tritt nur
ein, wenn das Glykogen dem Serum zugesetzt wird, ehe
die passenden Blutkorperchen zugefugt sind. Die Ver-
bindung Rezeptor und Ambozeptor wirkt so stark an-
ziehend auf das Komplement, daB bei gleichzeitigem Zu-
sammenbringen von Komplement, Ambozeptor, roten
Blutkorperchen und Glykogen eineVerbindung von Kom¬
plement und Glykogen nicht stattfindet Oder wenigstens
nicht bemerkbar wird.
Nachdruck verboten.
Ueber die Bindung des Bakteriohamolysins an die [roten
Blutkorperchen.
[Aus dem staatl. sero-therapeut. Institute in Wien, Vorstand
Prof. P alt auf.]
Von Dr. Richard Volk.
Mit 1 Kurve.
Mit Versuchen liber die Vielheit der Lysine im Staphylolysin be-
schaftigt, muBte ich zun&chst die Bindungsverh<nisse dieses Giftes an
die roten Blutkorperchen etwas genauer studieren.
Durch die Untersuchungen von Schur ist die wichtige Tatsache
festgestellt wordeu, daB sich der Wirkungswert verschiedener Lysin-
mengen haupts&chlich durch die Reaktionsgeschwindigkeit kundgibt, mit
der die Lyse erfolgt, eine Tatsache, die besonders bei hoheren Lysin-
dosen auffallen muBte, da auch bei diesen sich der beschleunigende Ein-
fluB der grOBeren Menge geltend machen konnte; es gelangt offenbar
hierbei auch die grdBere Lysinmenge zur Wirkung.
Ist nun Ehrlichs Ansicht richtig, daB nur die gebundene
Lysinmenge einwirken kOnne — und dieses Gesetz ist bisher noch un-
angefochten geblieben — so muBte man zur Erklarung der obigen Be-
funde a priori annehmen, daB von der groBeren Lysinmenge auch mehr
gebunden wird. Ehrlich und Morgenroth konnten nun, angeregt
durch einen Versuch Bordets, konstatieren, daB bei Ein wirkung des
Immunh&molysins auf rote Blutkbrperchen groBe Multipla der elnfach
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844
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
ldsenden Dosis des Zwischenk6rpers verankert werden kdnnen. Diese
Verh<nisse bei der Bindung der Bakterioh&molysine genauer kennen zu
lernen, ist der Zweck meiner Untersuchungen.
In Kttrze sei die Metbodik eines solchen Bindungsversuches ange-
flihrt. Ich beniitzte vorwiegend das Staphylolysin, da es nichst dem
Tetanolysin wohl das beststudierte BakteriohSmolysin ist und vor dem
letzteren den Vorzug hat, daB es, mit Karbol-Glycerin versetzt, lange
Zeit seinen Titre unver&ndert beibehalt. Nebenbei arbeitete ich auch
mit dem Lysin des Vibrio Nasig, das auch gute Ldsungswerte gibt, sich
aber doch viel rascher abbaut als das Staphylolysin.
Es wurden also zu einer bestimmten Blutkdrperchenmenge steigende
Dosen Lysins zugesetzt, das Ganze stets auf die gleiche Flttssigkeits-
menge durch 0,85 Proz. NaCl-Losung ergBnzt, 2 Stunden bei 37°
belassen und dann auf die Ldsungskraft ausgewertet.
Zur Bestimmung der Lysineinheit bediente ich mich in Anlehnung
anMadsen-Schur der kolorimetrischen Methode, nur ging ich bei der
Grenzbestimmung nicht so weit hinunter, wie es letzterer fiir wttnchens-
wert halt, sondern nahm eine Losungsgrenze, die etwa der Ehrlich-
schen Marke „rot“ entspricht (was deshalb geschab, damit die Eigen-
farbung des in hohen Konzentrationen zugegebenen Lysins nach Ein-
wirkung auf Blutkdrperchen zwecks Ermittelung der tibrig gebliebenen
Lysinmenge weniger stdrend wirke). Zur Kontrolle bestimmte ich
iibrigens auch den Hb-Gehalt in einem oder dem anderen Versuche
nach Fie i sc hi; dies jedoch konsequent durchzufiihren, ware bei der
grofien Anzahl von Rdhrchen zu umstandlich gewesen. Auf diese Marke
wertete ich nun jedes Lysin aus.
Meinen ursprflnglichen Plan, die von Kraus und Ludwig be-
schriebene Agglutination der roten Blutkorperchen als Indikator anzu-
nehmen, mufite ich bald fallen lassen, nachdem schon die geringste
Stdrung in der Isotonie zur Agglutination fiihrte, so daB die roten Blut¬
kdrperchen der Kontrolle auch nicht selten agglutiniert waren. Da-
gegen war es mdglich, die Agglutination als unterstfitzendes Moment zu
gebrauchen, da bei meiner Marke „rot“ die Blutkdrperchen am Boden
des Reagenzglases eine „farblose“ agglutinierte Masse bildeten. Es sei
bemerkt, dafi das Lysin fiir jeden Versuch besonders ausgewertet und
der ganze Versuch mit einerlei Blutkdrperchen angestellt wurde.
Die Berechnung geschah nun in der Weise, daB mir die Differenz
der zugegebenen und tibrig gebliebenen Lysineinheiten, selbstverst&nd-
lich stets auf dieselbe Fliissigkeitsmenge berechnet, die absorbierte
absolute Lysinmenge angab, wShrend die relative durch den Quo-
tienten aus absoluter absorbierter und zugegebener Lysinmenge bestimmt
wird; ich gebe die letztere in Prozenten an.
Der Methode haften ohne Zweifel manche Fehlerquellen an, die
sich ja zum Teil vielleicht sogar noch korrigieren lieBen, so z. B. wenn
man statt durch Blutkdrperchen durch die Stromata derselben binden
lieBe, da ja an diesen die bindende Substanz haften dflrfte, was flbrigens
noch zu zeigen ware. — Ich suchte eine Korrektur der etwaigen Fehler
durch moglichst zahlreiche Kontrolluntersuchungen zu erzielen.
Tabelle I gibt nun das Resultat eines solchen Versuches bei ver-
schiedenen Lysin- und Blutmengen; die Kurve (Tabelle II) ist nach la
gezeichnet.
Digitized by toggle_
Volk, Bindung deg Bakterioh&molysins an die roten BlutkOrperchen. 845
Tabelle I.
Wert dee verwendeten Lysins = 100 Lo.
Zugegebene i
Lysinmenge
in ccm |
Zugegebene
Lysinmenge 1
in Einheiten j
Restliche
Lysinmenge
in Einheiten
Absorbierte
Lysinmenge
in Einheiten
Absorbierte
Lysinmenge
in Proz.
5 Proz. Kan.-Bl.
0,2
20
5
15
i 75
0,4
40
83
31,7
! 79
a. 03
80
25
55
69
1,0
100
ca. 40
ca. 60
60
1,6
160
83,3
76,7
48
10 Proz. Kan.-Bl.
0,2
20
0
20
100
0,4
40
5
35
88
b. 0,8
80
12,5
673
84
1,0
100
25
75
75
1,6
160
62,5
973
61
20 Proz. Kan.-Bl.
0,2
20
0
20
100
0,4
40
0 I
40
100
c. 0,8
80
5
75
94
1,0
100
6,3
93,7
93,7
1,6
160 |
25
135
84
-' Die vorstehende Tabelle zeigt uns zun&chst, dafi nach Einwirkung
des Lysins auf die roten Blutkdrperchen ein Verlust an Lysinwert ent-
steht, dafi also Lysin gebunden wird. Doch ist die Menge des ge-
bnndenen Lysins nicht stets die gleiche, sondern sie nimmt mit wachsen-
der zngegebener Lysinmenge bei gleichbleibender Blutkdrperchenzahl
zu nnd zwar in einer Weise, die eine Gesetzm&fiigkeit vorl&ufig nicht er-
kennen lfifit. Aus der letzten Rubrik ersehen wir andererseits, dafi mit
zunehmender Lysinmenge die relative Absorptionsgrdfie abnimmt, so
dafi wir das Absorptionsgesetz des Staphylolysins so formulieren konnen :
bei gleichbleibender Menge der bindenden Substanz wdchst die absolute
Absorptionsgrdfie mit der zugegebenen Lysinmenge, w&hrend die relative
fllllt, ein Verhalten, das in bester Uebereinstimmung mit den Bindungs-
gesetzen der Immunkorper an die entsprechenden Receptoren steht.
Daraus folgt aber wieder, dafi die absolute Absorptionsgrdfie anfangs
rasch in die Hdhe steigt, sp&ter jedoch die Zunahme eine immer ge-
ringere wird.
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846
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt Originate. Bd. XXXIY. No. 8.
Um Fehler auszuschlieBen, modifizierte ich in einigen Versuchen die
Anordnung so, daB ich zu den betreffenden Lysinblutkdrperchenver-
dtinnungen entsprechende NaCl-Lysinverdunnungen auswertete, mit
fihnlichem Resultate.
Die roten Blutkdrperchen verschiedener Kaninchen binden bei
gleicher VerdOnnung selbst vom selben Lysin nicht stets gleich viel,
sondern oft erheblich weniger, als in obiger Tabelle ersichtlich, was ich
nicht allein auf eine geringere Blutkorperchenzahl, sondern insbesondere
auf eine VariabilitSt in der Menge der bindenden Substanz des einzelnen
Blutkdrperchens zurflckfiihren mdchte.
Die Bindung erfolgt auch bei niedriger Temperatur, nur erheblich
langsamer als bei 37°.
Mehrere Versuche, in der Absicht ausgefOhrt, Unterschiede in der
Bindung zu bekommen, je nachdem ich das Lysin auf einmal Oder die-
selbe Menge in Portionen zugab, Helen so aus, dafi ich entweder gar
keine oder nur so geringe Unterschiede bekam, daB ich sie vorlfiufig
kaum verwerten kann.
Zum Vergleich wurde das Lysin des Vibrio Nasig betreffs seiner
Bindung herangezogen, es gab fihnliche Resultate, nur scheinen noch
grdBere Multipla als vom Staphylolysin gebunden werden zu konnen.
Ich hatte zufSllig je ein Vibrio- und Staphylolysin von derselben GroBe
der einfach ldsenden Dose. Die Tabelle III best&tigt meine oben aus-
gesprochene Ansicht, indem Staphylolysin bereits Reste gibt in Ver-
dttnnungen, in welchen das Vibriolysin noch vollstSndig absorbiert wird,
trotzdem der Versuch mit denselben Kaninchenblutkorperchen aufgestellt
wurde.
Tabelle III.
b.S«
^ co .
Zugegebene
Zugegebene
Restliche
Absorbierte
Lysinmenge
in Proz.
Lysin menge
Lysinmenge
Lysinmenge
Lysinmenge
in ccm
in Einheiten
in Einheiten
in Einheiten
0,2
10
0
10
100 Proz.
0,4
20
5
15
75 „
0,8
40
12,5
17,5
68 „
0,2
10
0
10
j
0,4
0,8
20
40
0
0
20
40
j > 100 Pro*.
1,0
50
0(?)
50
ll
Das den roten Blutkdrperchen anhaftende Serum spielt in den
meisten Fallen far die Bindung gar keine Rolle, indem gewaschene und
ungewaschene rote Blutkdrperchen dieselben Bindungswerte geben, ein
Befund, der mit der von Neisser-Wechsberg gefundenen Tatsache,
daB das normale Kaninchen serum gewdhnlich kein Antilysin enthalt, in
vollem Einklang steht, nur in einem Falle konnte ich eine wesentliche
Differenz in der Bindung zu Ungunsten der gewaschenen Blutkdrper¬
chen finden, die ich auf ein vorhandenes Antilysin zurOckfahren
mdchte, leider hatte ich kein Serum mehr, um den direkten Beweis
zu ffihren.
Von vornherein sollte man wohl glauben, daB Multipla des Lysins
durch entsprechende Multipla von Blut abgesattigt werden. Tabelle III
zeigt aber, daB groBere Blutmengen zwar mehr, doch bei weitem nicht
so viel, als gefordert whrde, binden. Ob dies nur an rein fiuBeren
Dingen lingt, iusbesondere daran, daB das Lysin mit den Blutkdrperchen
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Volk, Bindung des Bakterioh&molysins an die roten BlutkOrperchen. 847
nicht so gut in Kontakt kommen kQnnte (infolge der Agglutination etc.),
das mflssen erst weitere Versuche lehren.
Es ist bekannt, daB zwischen Zugabe des Lysins und Losung eine
gewisse Latenzeit liegt, die um so geringer wird, je groBer die zuge-
gebene Lysinmenge ist Ganz fihnlich verhalt es sich mit der Ge-
schwindigkeit der Bindung, wie ein einfacher Versuch lehrt: Es werden
zu einer bestimmten Blutkdrperchenmenge die einfach und die 5-fach
ldsende Dosis Staphylolysin zugegeben und nach verschiedenen Zeiten
zentrifugiert, die darflberstehende Flfissigkeit abgehoben, der Rest auf
dieselbe Menge aufgefiillt und 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen
gelassen. Sieht man die gelOste Blutmenge, ausgedrfickt in Proz. Hb
nach Fleischl, als Indikator fiir die Menge des gebundenen Lysins
an, so lehrt Tabelle IV, daB um entsprcchenden Hb-Gehalt zu bekommen,
die Latenzzeit um so groBer ist, je geringer die zugegebene Lysinmenge.
Tabelle IV.
Lysinmenge |
O'
5 '.J
15'
30' |
Kontrolle
0,02 |
I 180 !
210
275
290
350
0,1
I 425
450
460
475
Ein erhdhtes Interesse gewannen die obigen Befunde im Zusammen-
halte mit den Ergebnissen Schurs, die er bei den Studien fiber die
Wirkungsweise des Staphylolysins gewann. Er fand, dafi um so mehr
Hb bei gleicher Menge Toxin gelost wurde, je mehr Blut zur Verffigung
war. Die Menge des nach einer bestimmten Zeit gelfisten Hb wachst
bis zu einem bestimmten Punkte mit der Blutkonzentration ziemlich
rasch, um dann allmShlich wieder abzusinken.
Andererseits wird aus gleichen Blutquantit&ten um so mehr
Hb gelfist, je groBer die angewendete Toxinmenge ist, wobei jedoch
Lysinmengen und gelostes Hb nicht einfach nach Multipla geht, sondern
es wird pro Toxineinheit um so weniger gelfist, je mehr Toxin zuge¬
geben wird.
Vergleicht man die Resultate dieser Untersuchungen mit den
unserigen, so ist eine Abhfingigkeit zwischen Bindung und Losung in
die Augen springend. Der Gedanke liegt nicht fern, die eigentfimliche
Wirkungsweise des Staphylolysins mit seiner Bindung in Zusammenhang
zu bringen. Es werden dadurch die Ergebnisse aus Schurs Arbeit
verst&ndlich, da wir zu ihrer Erklarung von der Annahme, daB nur ge-
bundenes Lysin wirkt, nicht abgehen mflssen.
Pfeiffer und Friedberger konnten in einer kfirzlich erschie-
nenen Arbeit einen Verbrauch von Choleraimmunkorpern bei Auflosung
von abgetdteten Choleravibrionen im Meerschweinchenperitoneum nicht
konstatieren, so daB sie geneigt waren, den bakteriolytischen ProzeB als
einen katalytischen aufzufassen, wie dies Schur ffir die Bakteriohfirao-
lysine getan hat. Bei der Bakteriohfimolyse wird ein Teil des Lysins
so gebunden, daB er ffir die weitere Reaktion nicht in Frage kommt.
Gegen die Fermentnatur spricht dies natfirlich gar nicht, da wir ja heute
schon wissen, daB Fermente durch die K6rper, auf welche sie wirken,
gebunden werden, und zwar sogar in groBen Mengen, ohne daB wir
jedoch bisher die naheren Details der Bindung kennen wfirden.
1) Als Kontrolle wurde ein Bohrchen, ohne es abzuheben, 24 Stunden stehen ge¬
lassen und der Hb-Gehalt nach Fleischl bestimmt.
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848 Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Immer wieder taucht zum Schlusse die Frage auf: Wie ist diese
Bindung zu erkl&ren, was ist das ganze fur ein ProzeB? Ehrlich
mufite, ausgehend von seiner Seitenkettentheorie, die Bindung fttr einen
chemischen Vorgang halten und erklfirte die „Uebers&ttigung“ dadurch,
dad jede Zelle viele Rezeptoren habe, die je nach der zugegebenen
Toxinmenge in verschiedenem Grade besetzt werden.
Eisenberg und ich konnten fihnliche VerhSltnisse bei der Bin¬
dung von Agglutinin an Typhus- und Cholerakulturen konstatieren; wir
sprachen damals ebenfalls von einer Uebers&ttigung und glaubten „eine
absolut konstante Kapazitat der agglutinierbaren Substanz wenigstens
fflr Immunagglutinine negieren zu mtissen. u Wassermann kam in
einer bald darauf erschienenen Arbeit zu denselben Bindungsgesetzen be-
treffs der Agglutinine.
Bald erkannte Eisenberg dieselben Gesetze auch fflr die Pr&zi-
pitationsvorgange von EiereiweiB durch Immunserum als gflltig, erklftrt
jedoch dieselben als Konzentrationswirkungen. In einem Autoreferat
spricht er ausdrflcklich von einem Gleichgewichtszustand der beiden
reagierenden Substanzen, der durch frischen Zusatz einer von beiden
Komponenten gestfirt werden kann, wodurch die Reaktion wieder in
Gang gebracht wird.
Ganz fihnliche Ansichten finden wir bei Linossier und Lemoine,
die von einer rupture d'6quilibre bei Zusatz frischen Prfizipitins Oder
prazipitabler Substanz sprechen. Mflller schlieBt sich auf Grund von
Versuchen fiber die Bindung des Laktoseruins an das KaseYn den An¬
sichten Eisenbergs vollstfindig an.
Diese Auffassung wfirde auch fflr die Bakteriohfimolysine anwendbar
sein, und es konnten demnach jene chemisch-physikalischen Gesetze zur
Geltung kommen, die die Gleichgewichtszustfinde in Ldsungen und ihre
StOrungen beherrschen. DaB es sich hierbei um einen echten Gleich¬
gewichtszustand reversibler Prozesse handelt, haben fflr die Agglutinine
Landsteiner und Jagid in ihrer Arbeit gezeigt. Das Gesetz der
Massen wirkung, wonach die cheinische Wirkung jedes Stoffes seiner
wirksamen Masse oder Konzentration proportional ist, ermdglicht uns
das Verstfindnis fflr die Bindungsverhfiltnisse.
Zusammenfassung:
1) Die Bindungsgrfifie der Bakteriohfimolysine ist abhfingig sowohl
von der Menge des Lysins als auch von der der Blutkfirperchen, wobei
die absolute Hohe des gebundenen Lysins mit der Zunahme der beiden
Faktoren wachst, wahrend die relative abnimmt.
2) Die GroBe der Bindung wechselt sowohl je nach dem Individuum
derselben Spezies, als auch beim selben Individuum nach der Art des
Lysins.
3) Die Temperatur hat einen EinfluB auf die SchnelUgkeit der
Bindung.
4) Die Reaktionsgeschwindigkeit wachst mit der Menge des zuge¬
gebenen Lysins.
5) Das Gesetz der Massenwirkung erklfirt uns die Eigentfimlichkeiten
der Bindungsverhaltnisse.
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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens.
849
Literatnr.
Ehrlich u. Morgenroth, Berl. klin. Wochenschr. 1901. No. 9, 21, 22.
Eisenberg, Ph., Bull, de l’acad. d. scienc. de Cracovie. 1902. Mai.
-, Oentralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. XXXI. 1902.
Eisenberg, Ph. u. Volk, R., Zeitschr. f. Hyg. Bd. XL. 1902.
Landsteiner u. Jagic, Munch, med. Wochenschr. 1903.
Madsen, Th.,,Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXII.
Michaelis u. Oppenheimer, Arch. f. Anat. u. Phys. 1902. Suppl.-Bd.
Muller, P. Th., Centralbl. f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. XXXIV. 1903. No. 1.
Linossier et Lemoine, Compt rend, de la soc. de biol. 1902. p. 85.
Neisser u. Wechsberg, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXXVI. 1901.
Ostwald, Analytische Cnemie. 1897.
Pfeiffer u. Friedberger, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. XXXIV. No. 1.
Sachs, H., Lubarsch-Ostertag Ergebnisse. 1902.
Schur, H., Hofmeisters Beitrage z. chem. Phys. u. Path. Bd. III. Heft 1—3.
Wassermaun, Samml. klin. Vortr. No. 331.
-, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XLII. 1903.
yachdruck verboten.
Zur Lehre von den antitoxischen Sens.
[Aus dem staatlichen serotherapeutischen Institute in Wien (Vorstand:
Prof. Dr. R. Paltauf).]
Von Dr. Friedrich Wechsberg, Assist, a. d. I. med. Universit&tsklinik.
Durch die zahlreichen Untersuchungen der letzten Jahre auf dem
Gebiete der Immunit&tslehre haben wir eine groBe Reihe von wirksamen
Substanzen kennen gelernt, die entweder erst nach Immunisierung ent-
stehen oder bereits vorgebildet in dem Serum der verschiedensten Tiere
enthalten sind. Bei der Kompliziertheit der vorliegenden Verh<nisse,
die namentlich dadurch begriindet erscheinen, daB wir es ja nicht mit
reinen Ldsungen der betreffenden Kbrper zu tun haben, kann es nicht
wunder nehmen, wenn trotz reicher Arbeit selbst in grundlegenden
Fragen noch keine Einigung erzielt werden konnte. Relativ rasch wurde
es klar, daB man die verschiedenen Wirkungen der normalen Sera,
wie Bakteriolyse, Agglutination, Prazipitation, antitoxische Wirkungen etc.,
wohl untereinander verschiedenen Substanzen zuschreiben muB.
Weit schwieriger gestaltete sich schon die Beantwortung der Frage,
ob jeder einzelne dieser K5rper als ein einheitlicher gedacht werden
soil, d. h. ob z. B. die Agglutination der verschiedenen Bakterien durch
ein normales Serum auf ein einheitliches Agglutinin zurflckzufiihren sei
oder ob ftir jedes Bakterium wieder ein besonderes (spezifisches) Ag¬
glutinin in Frage komme.
W&hrend der unitarische Standpunkt besonders von franzosischer
Seite (Bordet), ferner von Buchner, Gruber etc. in einer grofien
Anzahl von Arbeiten betont und stets aufs neue vertreten wurde, waren
es namentlich Ehrlich und seine Schiiler, die die Ansicht von einer
Vielheit der verschiedenen wirksamen Substanzen verfochten. So weit
wir den heutigen Stand der Frage libersehen konnen, scheint sich die
weitaus iiberwiegende Zahl der Forscher auf Ehrlichs Seite gestellt
zu haben, glaubt ja sogar Metschnikoff auf Grund seiner Versuche
zu der Annahme gezwungen zu sein, die Ansicht von einer Einheit des
Alexins aufgeben und eine Makro- und Mikrocytase annehmen zu miissen.
Knte Abt. Orig. Bd. XXXIV. 54
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate Bd. XXXIV. No. 8.
Das scheinbar Dysteleologische der Ehrlichschen Auffassung war es
wohl mehr als die Versuche der Gegner, weshalb man sich nur so
schwer entschliefien konnte, den plurimistischen Standpunkt zu accep-
tieren.
Ohne auf diese Frage des weiteren eingehen zu wollen, sei nur
noch hervorgehoben, dafi Landsteiner eine vermittelnde Stellung
einnimmt. Auch er glaubt — seine Arbeiten befassen sich vorwiegend
mit den normalen Agglutininen — nicht mit einer einheitlichen Sub-
stanz sein Auskommen zu finden, sondern nimmt eine Mehrheit,
allerdings keineVielheit der vorgebildeten wirksamen K5rper an.
Durch Kombination verschiedener Agglutinine komme die jedesmalige
Wirkung zu stande und in der Bestimmtheit der Kombination fflr den
einzelnen Fall sei die Spezifit&t des Prozesses begriindet. Es k&men
also in dem einen Falle die Agglutinine a, b und c, in einem zweiten
c, d und e, in einem dritten a, b und d in Frage. Landsteiners
Anschauung n&hert sich wesentlich der Ehrlichschen, denn gerade
Ehrlich war es, der zuerst in einem Falle von Immunh&molysinen
eine partielle Gruppengleichheit verschiedener Tiere experimentell fest-
stellen konnte und spater ahnliche Verhaltnisse bei den Komplementen
nachwies, so dafi sowohl ich als auch jiingst Wassermann als ganz
natflrliche Konsequenz der Ehrlichschen Lehre den Satz aussprachen,
dafi wir alle diese Reaktionen nicht so sehr als spezifisch fflr bestimmte
Zellen als fur Zellen mit bestimmten Rezeptoren ansehen mussen, und
in dieser Formulierung ist ohne weiteres die Mdglichkeit einer partiellen
Gruppengleichheit zugegeben und von Wassermann erst jiingst in
seiner ausgezeichneten Arbeit iiber die Agglutinine und Prazipitine be-
wiesen. Die Differenz zwischen Ehrlich und Landsteiner ist also
nicht so sehr eine prinzipielle als eine quantitative. Ehrlich nimmt
eine partielle Identity als mOglich, Landsteiner als Regel an.
Gegen die Land stein ersche Annahme sprechen vorl&ufig noch die
von ihm selbst best&tigten Malkoffschen fiindungsversuche. Jeden-
falls mufi aber auch er eine Mehrheit der einzelnen wirksamen Sub-
stanzen annehmen, und es wird sich wohl diese Zahl mit der Zahl der
untersuchten Einzelfalle vergrofiern.
Es war nur ein Schritt, unsere fflr den Rezeptorenapparat der
tierischen Zelle gewonnenen Erfahrungen auf die Rezeptoren der Bak-
terien zu flbertragen. Auch in den Bakterien mussen wir eine Anzahl
vorgebildeter Atomkomplexe annehmen, denen verschiedene Wirkungen
zukommen. Einzelne von ihnen losen die Agglutininproduktion im Tier-
korper aus und vermdgen die Agglutinine zu binden, andere rufen die
Bildung der Immunkflrper hervor u. s. w. Durch das Studium des
Rezeptorenapparates der Bakterien kdnnen wir unseres Erachtens wich-
tige Aufschlflsse auf dem Gebiete der Immunitatslehre erwarten, und es
liegen auch schon einige diesbezflgliche Untersuchungen vor, so von
Ainley Walker, P. Th. Mttller, Hamburger und mir. — Bei
diesen Untersuchungen mufi man aber in Analogie mit den Befunden
an Tieren zu der Fragestellung kommen, ob es sich auch hier stets
nur urn eine einheitliche Substanz handelt, die eine bestimmte
Reaktion auszulCsen vermag, oder ob auch bei den Bakterien fflr die-
selbe Wirkung verschiedene Atomkomplexe verantwortlich zu
machen sind.
Als ich bereits mit den vorliegenden Untersuchungen besch&ftigt
war, erschien die bereits erwahnte Publikation von Wassermann,
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Wechsberg, Zur hehre von den antitoxischen Sens.
851
in welcher er in unseres Erachtens einwandsfreier Weise den Nachweis
einer Verschiedenheit dieser Gruppen ftir die Agglutinationsreaktion
erbringt.
Auch die Auffassung der Toxine als Rezeptoren ist, wie ich in einer
frtiheren Arbeit bereits auseinandergesetzt habe, statthaft Es entsteht
nun die Frage: Habenwir die Toxine als einheitlicheKorper
aufzufassen Oder als zusammengesetzt aus einer Reihe
von Partialtoxinen?
Vereinzelte Beobachtungen liegen fiber diese Frage bereits vor; so
gelang es Ehrlich und Madsen, in den Kulturfiltraten von Tetanus-
bacillen neben dem Tetanospasmin, dem krampferregenden Gifte, ein
blutkdrperchenlosendes Gift nachzuweisen; Neisser und Wechsberg
fiihren auf Grund von Bindungsversuchen die h&molytische und leuko-
cide Wirkung des Staphylotoxins auf untereinander verschiedene Gifte
zurtick, wtihrend sie die Frage nach der Existenz eines Nephrotoxins
im Staphylotoxin offen lassen muBten. — Markl nahm zwei verschiedene
Gifte im Pesttoxin an.
Dagegen gait es bisher als Regel, die Differenzen in den Dosen,
die notig waren, um bei verschiedenen Tieren mit einem bestimmten
Toxin die gleiche Wirkung zu erzielen, auf eine verschiedene Empf&ng-
lichkeit der Tiere zu beziehen. DaB Differenzen in der Empfindlichkeit,
ebenso wie anderen Noxen, auch Giften gegentiber bestehen, ist un-
zweifelhaft. Die Untersuchung mit chemisch reinen Giften, wie Morphin,
Kokain, Strychnin etc., beweisen dies zur Gentige. Daneben besteht
aber speziell ftir die Toxine, die nicht chemisch reine Korper sind, die
Moglichkeit, daB ein Teil dessen, was wir als verschiedene Empfindlich¬
keit bezeichnen, auf die Wirkung verschiedener Toxine, die in quan-
titativ verschiedenen Verhaltnissen vorhanden sind, zurtickzuftihren ist.
Der Ltisung der Frage, ob physiologisch gleiche Wirkungen eines
Kulturfiltrates bei verschiedenen Tieren durch ein und dasselbe Toxin
oder durch verschiedene Toxine herbeigeftihrt werden, d. h. ob wir auch
bei den Toxinen berechtigt sind, von einer Reihe von Partialtoxinen zu
sprechen, waren die folgenden Untersuchungen gewidmet.
Zu diesen Untersuchungen schienen mir besonders jene Gifte ge-
eignet, welche eine blutktirperchenauflosende Wirkung haben, weil hier
das Experiment im Reagenzglase eine relative Exaktheit gestattet.
Der Weg, der zur Beantwortung der Frage gewtihlt werden konnte,
war nach dem gegenwartigen Stande unserer Technik ein dreifacher.
Entweder es konnte eine Reihe von Toxinen untersucht und der Nach¬
weis gewisser quantitativer Schwankungen in dem Losungsvermtigen ver¬
schiedenen Blutktirperchen gegentiber geftihrt werden oder es konnten
Bindungsversuche ein partielles Verschwinden des einen oder des an¬
deren Giftes zeigen, oder schliefilich es konnte durch Immunisierung von
Tieren eine quantitativ verschiedene Ausbeute an Antitoxinen gegen die
verschiedenen Partialtoxine erzielt werden. Ich entschloB mich zu dem
letzteren Wege, weil ich dadurch gleichzeitig die Beantwortung einer
zweiten Frage erhoffte.
Zu meinen Versuchen wahlte ich das Staphylotoxin, von dem uns
aus unseren mit Neisser ausgeftihrten Untersuchungen bekannt war,
daB eine Reihe von Blutktirperchen und zwar in verschieden starker
Weise von dem Gifte geltist werden. Mit einem und demselben Filtrate
wurden Kaninchen, eine Ziege und ein Hund immunisiert und auBerdem
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Centralbl. f.JBakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV No 8.
gelangte ein normales Pferdeserum, das bekanntlich relativ hohe Werte
von Antistaphylolysin enthalt, zur Verwendung.
Diese antitoxischen Sera wurden nun auf ihren Schutzwert geprfift
und als Testobjekt verschiedene Blutkdrperchen gewfihlt, die durcb das
Staphylotoxin geldst werden. Die Priifung erfolgte durch dasselbe
Staphylotoxin, mit dem die Immunisierung vorgenommen worden war.
Zunachst gait es natiirlich, den Losungswert unseres Eulturfiltrates
gegenfiber den verschiedenen Blutkdrperchen zu bestimmen. Die fol-
gende Tabelle gibt dariiber AufschluB.
Tabelle I.
Toxinmenge
Kaninchen-
blutkorperchen
Hammelblut¬
korperchen
Hundeblut-
korperchen
Ziegenblut-
korperchen
Meerschwein¬
chenblutkor¬
perchen
1,0 ccm
Komplett
Komplett
Komplett
Fast komplett
0
0,5 „
n
rot
0
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starke Kuppe
Kuppe
0
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Alle Blutkdrperchen wurden mit der ihnen enteprechenden isotonen NaCl-Ldeung otters
gewaschen, aann mit NaOl-Losung auf das urspriingliche Blutvolumen aufgefuut. Zu
jedem Rohrchen kam 1 ccm der 5-proz. Biutaufschwemmung.
Aus dieser Tabelle ergibt sich, daB unser Staphylotoxin 1 Tropfen
Kaninchenblut in der Dose von 0,1 ccm komplett zu I6sen vermag,
Hammelblutkorperchen noch in der Dose von 0,01 ccm, Hundeblut-
kfirperchen in der Dose von 0,5 ccm vollstfindig gelost werden, wahrend
Ziegenblutkfirperchen durch 1,0 ccm Toxin noch nicht komplett aufgel5st
und bei Meerschweinchenblutkorperchen auch nicht eine Spur von Ldsung
erzielt werden konnte.
Eine derartige Differenz in der Loslichkeit verschiedener Blutarten
wurde bisher einfach durch eine verschiedene Empfindlichkeit der be-
treffenden Blutkorperchen erklfirt, indem man sich wohl vorstellte, daB
in dem einen Falle zur Erzielung des gleichen Effektes eine groBere
Anzahl von Toxinmolekiilen n8tig war als in dem anderen, und auf
diese Weise sich die Differenz in der komplett lOsenden Toxindose er-
klaren lasse.
Vergleichen wir die bei der Auswertung unseres Toxin gefundenen
Werte mit jenen, die Neisser und ich seiner Zeit in unserer Arbeit
fiber das Staphylotoxin publiziert haben, so ergibt sich bereits eine
Differenz in den relativen Werten der einzelnen komplett lOsenden
Dosen. So verhielt sich die einfach komplett lfisende Dose ffir Ka-
ninchenblutkorpercben, zu der ffir Hammelblutkorperchen in unserera
Falle wie 1:10, wahrend in den von Neisser und mir publizierten
Versuchen das Verhfiltnis groBer war, als 20:1, also eine ganz enorme
Differenz. Ich kann jedoch diese Differenz zu keinem strikten Beweise
verwenden, da die Blutkfirperchen, ffir welche diese Toxine geprfift
wurden, von ganz verschiedenen Tieren stammten, und sich, wie wir
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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens.
853
jetzt durch vielfaitige Erfahrung wissen, ganz bedeutende Differenzen im
Rezeptorenapparate zwischen den Tieren derselben Species finden. Es
wurden ferner durch unser Toxin Meerschweinchenblutkorperchen gar
nicht gelost, wahrend Neisser und ich eine wenn auch nicht Starke,
so doch recht deutliche Losung konstatiert hatten.
Weit wertvoller ftir die Beurteilung der Frage nach der Vielheit
der Toxine scheint mir jedoch eine Beobachtung, die ich bei der Be-
stimmung der Wertigkeit unseres Toxins ftir Hammelblutkdrperchen
gemacht hatte. Die Prtifungstechnik war die usuelle. Es wurde 1 ccm
der 5-proz. Blutaufschwemmung mit wechselnden Mengen des Toxins
versetzt, durch 2 Stunden im Thermostaten bei 37° belassen und dann
bis zum nachsten Tage im Eisschranke aufbewahrt. Bei dieser Ver-
suchsanordnung lafit sich bei Kanin chenblutkorperchen der Grenzwert
der kompletten Ldsung nach 2 Stunden Aufenthalt im Thermostaten schon
annabernd bestimmen, wahrend die geringeren Grade der Ldsung erst
am nachsten Tage manifest werden.
Anders verhalt es sich jedoch bei der Ldsung der Hammelblut-
korperchen. Hier konnte ich nach 2 Stunden Thermostat in jenem
Reagenzrohrchen, das 1,0 ccm Toxin enthielt, eine vollstandige Auflosung
der Blutkdrperchen konstatieren, wahrend in den flbrigen Rdhrchen die
Sedimentierung der Blutkorperchen bereits begonnen hatte, die darflber
stehende Fltissigkeit jedoch vollstandig farblos war, also keine Spur von
Ldsung zeigte. Als ich am nachsten Tage die Rdhrchen dem Eis¬
schranke entnahm, fand sich bis zur Dose von 0,0025 ccm hinab der
obere Teil der Fltissigkeit in den Rdhrchen vollkommen farblos, wahrend
die untere Halfte dunkelrot gefarbt war, die Ldsung also scheinbar etwa
dem Losungswerte „Kuppe u entsprochen hatte. Als jedoch die Rdhrchen
aufgeschiittelt wurden, bemerkte ich, daB nur in Rdhrchen mit 0,005 ccm
Toxin geringe und erst bei 0,0025 ccm deutliche Reste ungeldster Blut-
kdrperchen vorhanden waren, dafi also bis zum Werte von 0,01 ccm
eine komplette Losunj? erfolgt war.
Dieser Befund ist meines Erachtens nur so zu deuten, dafi die
Hammelblutkdrperchen das Gift rasch, noch vor ihrer Sedimentierung
gebunden hatten, die Ldsung jedoch erst spat nach erfolgter Sedimen¬
tierung der Blutkorperchen erfolgte, oder anders ausgedrflckt, dafi bei
den Hammelblutkdrperchen ein Gift in Wirksamkeit trete, das sich rasch
bindet, jedoch eine lange Inkubationszeit hat, d. h. eine lange Latenz-
periode vom Zeitpunkte der Vergiftung (Bindung) bis zum Auftreten
der Vergiftungssymptome, wahrend bei den Kaninchenblutkdrperchen
das Gift rasch angreift und auch relativ rasch ldst. Dem eventuellen
Einwand, dieser Vorgang sei nicht so sehr in der Eigenart des Toxins
begrtindet, sondern in der Eigenart der Hammelblutkdrperchen, wider-
spricht die Erfahrung, dafi Hammelblutkdrperchen, durch andere hamo-
lytische Agentien beeinflufit (hamolytisches Immunserum), ebenso schnell
ihr Hamoglobin abgeben wie andere Blutkdrperchen.
Diese Befunde scheinen mir schon ftir eine Verschiedenheit der
Gifte zu sprechen; doch mdchte ich auf ihnen keine Schlfisse aufbauen,
sondern erwahne sie nur als unterstiitzende accidentelle Befunde, da
der Weg unserer Beweisftihrung ein anderer war.
Nach Auswertung des Toxins gait es nun, die Wertigkeit unserer
antitoxischen Sera bei Einstellung auf die verschiedenen Blutkdrperchen
zu prtifen.
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854
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Zun&chst mOchte ich einer Abweichung von der usuellen Bestimmung
Erw&hnung tun, zu der ich durch die Verh<nisse gendtigt war. Im
allgemeinen verwendet man als Testdose ein Multiplum der komplett
ldsenden (einfach todlichen) Dose. Da ich jedoch mit meinem Staphylo¬
toxin bei Ziegenblutkorperchen auch durch 1,0 ccm Toxin noch keine
vollst&ndige Lyse erzielen konnte, ich jedoch von einem gleichm&Bigen
Ldsungswerte ausgehen wollte, w£hlte ich einen anderen, ziemlich wohl-
charakterisierten Ldsungswert, das ist die LOsung „Kuppe“, welche ich
als einfache Testdose (TD) bezeichne. Die Prflfnng erfolgte nun in der
Weise, dafi ein Multiplum der einfachen TD mit abfallenden Mengen
antitoxischen Serums gemischt, dieses Toxinantitoxingemisch 1 Stunde
im Briitschranke blieb behufs moglichst vollst&ndiger Bindung von Toxin
und Antitoxin, dann Blutaufschwemmung zugefflgt und schliefilich in
der gewdhnlichen Weise beobachtet wurde.
Die Aufklarung fur die Tatsache, dafi nicht stets das gleiche
Multiplum der einfachen TD verwendet wurde, ist dadurch gegeben,
dafi ich mich zunachst durch Vorversuche von den Ldsungsverh&Itnissen
der einzelnen Blutkdrperchen tiberzeugt hatte, jedoch stets gelegentlich
der Auswertung der antitoxischen Sera eine neuerliche Auswertung des
Toxins fflr das betreffende Blut vornahm, das zu dem Versuche ver¬
wendet wurde, da mir aus meinen frflheren Versuchen mit Neisser
bekannt war, dafi geringe individuelle Schwankungen in der Ldslichkeit
zwischen den einzelnen Tieren derselben Species bestehen. So kam es,
dafi ich mit der 4-fachen TD arbeiten wollte, diese Menge Toxin aber
fiir das zum Versuche benutzte Blut nur die doppelte oder in einem
anderen Falle wieder die 8-fache TD darstellte. Dies nur zur Auf-
kl&rung. Fur das Wesen der Versuche und Versuchsresultate ist je¬
doch diese Tatsache vollkommen belanglos, da es nur auf relative Werte
ankam.
In den folgenden 4 Tabellen erscheinen die Versuchsresultate wieder-
gegeben.
Tabelle II.
Blut-
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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxiscken Sens. 855
Tabelle III.
Blut-
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Tabelle IV.
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856
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Wir ersehen aus diesen Versuchen zun&chst, daB die einzelnen Sera
untereinander im Werte verschieden sind, ein Faktum, welches uns nur
ein Ausdruck fur die verschieden starke Reaktion der betreffenden
Tiere auf das eingefflhrte Toxin beziiglich der Bildung des Anti¬
toxins ist.
Auffallend werden jedoch die Befunde, wenn wir die Versuchs-
resultate in den einzelnen Tabellen untereinander vergleichen.
Betrachten wir z. B. die Eolonne 3 in alien Tabellen, so ersehen
wir daraus folgendes:
Benutzen wir als Index fflr die Wertbestimmung unseres Ziegen-
immunserums Kaninchenblutkdrperchen, so werden 0,02 ccm des Toxins
durch V, 66 = 0,00390625 ccm des antitoxischen Serums vollst&ndig
neutralisiert, so daB keine Spur von Lflsung auftritt. Es wfirde also,
auf die Einheit ausgerechnet, 1,0 ccm Staphylotoxin durch 0,2 ccm
Ziegenserum vollst&ndig neutralisiert werden.
Verwenden wir jedoch als Testobjekt Hammelblutkdrperchen, so
wflrde nach analoger Rechnung 1 ccm Staphylotoxin durch 0,1 ccm
Ziegenserum, bei Verwendung von Ziegenblutkflrperchen 1 ccm Staphylo¬
toxin durch 0,0025 ccm und bei Hundeblutkflrperchen 0,06 ccm Ziegen¬
serum vollst&ndig neutralisiert wird.
Diese auf den ersten Blick etwas eigenartigen Verh<nisse gestatten
nach meiner Ansicht nur eine zweifache Deutung. Entweder ist diese
Verschiedenheit in der Antitoxinmenge, die zur Neutralisation der
gleichen Toxinmenge notig ist, nur der Ausdruck der verschiedenen
Aviditat des Toxins zu dem zweiten variierten Faktor, den Blutkorper-
chen, oder es gibt fflr die verschiedenen Blutkorperchen in dem Sta¬
phylotoxin untereinander verschiedene hamolytische Gifte und das im-
munisierte Tier erzeugt gegen die einzelnen Partialtoxine auch quanti-
tativ verschiedene Partialantitoxine.
Wollen wir zun&chst die erste Deutung auf ihre Stichhaltigkeit
prttfen, so mflBten wir annehmen, daB unter den gew&hlten Beispielen
die Ziegenblutkorperchen die geringste - Aviditat zurn Toxin haben, weil
wir in diesem Falle durch die kleinste Dose Antitoxin eine bestimmte
Menge Toxin neutralisieren konnen, w&hrend die Kaninchenblutkdrper¬
chen die avidesten waren. Man mflBte sich vorstellen, daB die bereits
fertige Verbindung Toxinantitoxin durch die stftrkere Avidit&t der bin-
denden Gruppe am Kaninchenblutkdrperchen gesprengt wird, und daB
erst durch sehr grofie Dosen Antitoxin (nach dem Prinzip der chemi-
schen Massenwirkung) diese Sprengung vereitelt wird. Die Unhaltbar-
keit dieser Erkl&rung wird jedoch sogleich klar, wenn wir uns in ganz.
analoger Weise, wie fflr das Ziegenserum, die Werte fflr die anderen
geprttften Sera berechnen. — W&re die verschiedene Aviditat der Blut-
korperchen der ausschlaggebende Faktor, dann mflfiten wir auch bei den
anderen Seris bei Einstellung auf verschiedene Blutkdrperchen ver¬
schiedene Antitoxin werte erreichen, stets aber mflBte die Serummenge
bei der avidesten Blutkdrperchenart am grflBten, bei der wenigst aviden am
geringsten sein.
Fflhren wir dieses Rechenexempel aus, so finden wir, dafi neutrali¬
siert wird:
1 ccm Toxin durch 0,78 ccm Kaninchenser. bei Einstellg. auf Kaninchenblutkdrperchen
| » n „ 1,56 „ „ „ „ „ Hammelblutkdrperchen
| » >i » 1,25 „ „ „ ,, „ Ziegenblutkorperchen
1 >• » n 0,25 „ „ „ „ „ Hundeblutkdrperchen
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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Seris.
857
DaB feruer neutralisiert wird:
1 ccm Toxin (lurch 0,2 ccm Hundeserum bei Einstellung auf Kaninchenblutkorperchen
1 „ „ „ 0,2 » ^ „ „ Hammelblutkorperchen
1 „ „ „ 0<)^ „ » „ » „ Ziegenblutkorperchen
1 „ „ „ 02 5 ” „ Hundeblutkorperchen
Femer:
1 ccm Toxin durch 0,2 ccm Pferdeserum bei Einstellung auf Kaninchenblutkorperchen
1 „ „ „ 0,025 „ „ „ „ „ Hammelblutkorperchen
1 ..0,04 „ „ „ „ „ Ziegenblutkorperchen
1 „ „ „ 1,0 „ „ „ „ „ Hundeblutkorperchen
Es wflrden demnach bei der Prflfung des Kaninchenserums die
Hundeblutkorperchen die wenigst aviden sein, bei der Prflfung des
Pferdeserums die avidesten, wShrend sich beim Pferdeserum die Hammel¬
blutkorperchen als die am wenigsten aviden, bei Prflfung des Kaninchen¬
serums als die avidesten erweisen wflrden, und nach der Prflfung von
Hunde- und Ziegenserum die Ziegenblutkorperchen die am wenigsten
aviden wfiren.
Es ergibt sich also die Unhaltbarkeit der ersten Annahme, und es
bleibt unseres Erachtens nur eine LOsung dieser Frage: DaB die
LOsung der verschiedenen BlutkOrperchen durch das
Staphylotoxin nicht auf ein einheitliches Gift zurfick-
zuftthren ist, sondern daB fflr die verschiedenen Blut-
kOrperchenverschiedene lytischeToxine vorhanden sind.
Wir glauben also auf Grund unserer Versuche berechtigt zu sein,
den Satz aufzustellen, daB das Staphylotoxin — und so weit eine Ver-
allgemeinerung flberhaupt zulissig ist — wahrscheinlich auch
eine Reihe anderer Toxine zusammengesetzt sind aus
einer groBen Anzahl von Partialtoxinen, und daB bei der
Immunisierung mit einem solchen toxischen Gemisch den Partial¬
toxinen entsprechend in verschiedenen quantitati ven
Verhfiltnissen Partialantitoxine produziert werden.
Eine weitere Frage ist es, ob iflr jede Tierart nur ein Partialtoxin
oder deren mehrere in Frage kommen. — Ich glaube mich, zum Teil
nach Analogie mit anderen flhnlichen Erscheinungen, hauptsfichlich aber
durch einen Versuch von Kraus, der meiner Ansicht nach nur unter
dieser Annahme seine einfache Deutung findet, fflr die zweite MOglich-
keit aussprechen zu mttssen. Kraus fand gelegentlich seiner Versuche
fiber das akut tOtende Gift eines Vibrio, flber die er demn&chst be-
richten wird, eine fflr Kaninchen einfach tOdliche Dose, die durch eine
bestimmte Menge eines antitoxischen Immunserums vollstandig neutra¬
lisiert wurde. Die doppelte tOdliche Dose wurde durch die doppelte
Menge Antitoxin, die dreifache Toxinmenge durch die dreifache Anti-
toxinmenge neutralisiert u. s. w. nach dem Gesetze der Multipla.
Kraus fand aber des weiteren, daB auch normales Ziegenserum anti-
toxische Eigenschaften besitzt, und daB die einfach tOdliche Dose durch
eine bestimmte Menge des normalen Serums sicher neutralisiert werden
konnte. — Sobald er aber auch hier das Gesetz der Multipla zur An-
wendung bringen wollte, sah er, daB schon gegen die doppelte tOdliche
Dose auch ein Vielfaches der nach der Rechnung nOtigen Serummenge
vollstandig unwirksam blieb.
Diesen Versuch bin ich nun geneigt so zu erklfiren, daB ich an-
nehme, daB das akut tOdliche Vibriogift kein einheitliches ist, sondern,
sagen wir der Einfachheit wegen, ein aus zwei untereinander verschie-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
denen Partialtoxinen zusammengesetztes, in der einfach todlichen Dose
des Giftes, also eine gewisse Menge des Giftes a (T a) und eine gewisse
Menge des Giftes ft (T/?) enthS.lt. Weder die Menge To noch die Menge
Tft reprasentieren fQr sich eine vollstSndige todliche Dose, erst To T£
vermogen das Tier zu tbten. — Das normale Ziegenserum enthSlt jedoch
nur ein Antitoxin gegen a. ka sei die zur Neutralisierung von To
notige Menge Antitoxin. Mischen wir nun To +1ft, die einfach todliche
Dose mit jener Serummenge, welche ka enthalt, so wird To durch ka
neutralisiert und es bleibt Tft, nicht neutralisiert, iibrig. Da diese Menge
des Giftes ft jedoch nicht geniigt, das Tier zu t5ten, so kdnnen wir
gegen die einfach todliche Dose des Vibriogiftes das Tier mit normalem
Ziegenserum schiltzen. Nehmen wir aber die doppelt todliche Dose, so
enthSlt dieselbe 2 Ta + 2 T ft, und versuchen wir, durch die doppelte
Serummenge, die 2 ka enthSlt, zu neutralisieren, so bleiben jetzt 2 Tft
iibrig, und diese Menge des Giftes ft geniigt, das Tier zu t5ten. Der
Effekt wird aber derselbe bleiben, ob ich jetzt die doppelte, 3-, 4-, 5-
u. s. w.-fache Dose des antitoxischen Serums nehme, stets bleibt das
Gift ft ungesSttigt und wir haben durch die groBeren Serumdosen h5ch-
stens freie ka neben den nicht neutralisierten 2 Tft.
Unter der Annahme, daB fur das Versuchstier im Falle Kraus
zwei Partialtoxine in Frage kSmen, ist das Resultat des Versuches
einfach zu deuten. — Das Immunserum gegen das Vibriogift enthSlt ein
Antitoxin gegen das Gift a und gegen das Gift ft, und deshalb gelingt
die Neutralisierung nach dem Gesetze der Multipla.
Weiteren Versuchen muB die Entscheidung der Frage vorbehalten
bleiben, ob zwischen den einzelnen Tieren eine partielle Iden-
titSt der Partialtoxine und -antitoxine besteht oder nicht, ob
also die Wirkung im einzelnen Falle im Sinne Landsteiners durch
eine bestimmte Kombination der einzelnen Elemente zu stande kommt,
oder ob fur jedes Tier (Blutkorperchenart) spezifische Partialtoxine be-
stehen. Ich mochte die Annahme einer partiellen GruppenidentitSt nicht
fiir ausgeschlossen erachten.
Soviel aber mochte ich durch meine Versuche fiir erwiesen halten,
daB eine Mehrheit von Toxin und Antitoxin besteht, und
dafi dieser Tatsache eine gewisse Bedeutung in theoretischer und prak-
tischer Beziehung nicht abzusprechen ist.
So wird es weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, zu ent-
scheiden, inwieweit das, was wir bisher als verschiedene Empfind-
lichkeit der Tiere bezeichnet haben, als Verschiedenheit in der
Menge der einzelnen Partialtoxine und damit der Wirkung
eines Toxins fiir eine bestimmte Tierart aufzufassen ist.
Bei der weitgehenden Analogie in den prinzipiellen Punkten zwischen
dem Rezeptorenapparate der Bakterien und den tierischen Zellen werden
wir erwarten konnen, daB auch in dem Rezeptorenapparate der Bak¬
terien individuelleSchwankungen moglich sein werden, d. h. daB
wir im speziellen Falle der Toxine neben gewissen konstanten Partial¬
toxinen individuellen Schwankungen in anderen begegnen werden, wie
wir ja schon in dem von uns untersuchten Staphylotoxin kein Lysin fiir
Meerschweinchenblutkorperchen fanden, wShrend Neisser und Verf.
seinerzeit deutlich ein solches nachweisen konnten. — Durch derartige
individuelle Schwankungen wird das wechselnde Krankheitsbild ver-
stSndlicb, das ein und derselbe Mikroorganismus beim Menschen hervor-
rufen kann, wie andererseits auch gewisse Epidemieen ein und derselben
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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens.
859
Krankheit oft durch ganz bestimmte Symptome charakterisiert sind. So
fiihrt ja, um nur ein recht bekanntes Beispiel herauszugreifen, die In-
fektion mit Typhusbacillen in dem einen Falle zu starkeren Stdrungen
von Seite des Sensoriums, in anderen wieder pravalieren die Symptome
der Affektion des Darmtraktes, eine Differenz, die den Kliniker fruher
zu einer doppelten Bezeichnung des Krankheitsbildes fiihrte.
Dreyer und Madsen zeigten bekanntlich, daB Antitoxin- und
Toxingemische, die ftir Meerschweinchen nur noch Toxonwirkung zeigten,
deren Toxin also scheinbar vollkommen abgesattigt war, auf Kaninchen
noch als Toxine wirkten. Dieser Versuch, der von den Gegnern der
Ehrlichschen Lehre vielfach als gegen die Richtigkeit der Theorie
sprechend angesehen wurde, findet meines Erachtens eine einfache
LSsung in der Annahrae zweier verschiedener Toxine fiir Kaninchen und
Meerschweinchen und ein fiir Meerschweinchen neutrales Toxin-Anti-
toxingemisch ist eben nur ein fur Meerschweinchen neutrales, wahrend
damit noch nicht gesagt ist, daB auch das fiir Kaninchen pathogene
Partialtoxin gesattigt ist, genau wie unser fiir ZiegenblutkSrperchen neu¬
trales Toxin-Antitoxingemisch seiner lQsenden Eigenschaften fiir Kaninchen-
blutkorperchen noch nicht beraubt ist.
In Parenthese sei nur bemerkt, daB auch die Metschnikoffschen
Versuche mit Skorpiongift und dessen Neutralisierung durch Krebsblut
an Krebsen und Mausen in analoger Weise eine befriedigende LQsung
linden, welche Deutung schon Aschoff in seinem ausgezeichneten
Sammelreferate iiber Ehrlichs Seitenkettentheorie gegeben hatte.
Von Interesse scheint mir der Nachweis von der Vielheit der Toxine
auch fiir die Frage der partiellen Giftabs&ttigung nach Ehrlich, die
durch die Untersuchungen von Arrhenius und Madsen und Gruber
und v. Pirquet neuerdings in FluB gebracht worden ist. Ohne auf
die so iiberaus interessanten Versuche der genannten Autoren hier naher
eingehen zu wollen, die auf Grund der Analogie der Absattigungskurven
die Einteilung in Proto-, Deutero- und Tritotoxine verwerfen und ein
einheitliches Toxin annehmen, scheint es mir unter dieser Annahme bis-
her nicht recht verstandlich, warum wir denn, von einem bestimmten
Abs&ttigungsgrade angefangen, sowohl beim Tetanolysin (Madsen) als
auch beim Staphylolysin (Neisser und Wechsberg) nur spurweise
Losung erhalten und selbst vielfache Multipla stets nur den gleichen
Ldsungsaffekt aufzubringen vermogen. — Wiirde es sich um ein ein¬
heitliches Toxin handeln, so sollte man erwarten, daB groBe Multipla
auch eines kleinen Giftrestes doch endlich komplette Losung herbei-
fiihren konnen. — Ich will jedoch auf diese Frage ebensowenig wie auf
die derselben Streitfrage gewidmete jiingste Publikation Bordets ein¬
gehen, sondern nur die Moglichkeit andeuten, daB durch den Nachweis
der Partialtoxine und Partialantitoxine auch die Frage der partiellen
Giftabsattigung eventuell anders zu deuten ware, als durch das Nach-
einanderabsattigen von Proto-, Deutero- etc.-Toxin-Toxoid etc.
Nehmen wir exempli causa an, daB zur Losung einer bestimmten
Blutkorperchenart zwei verschiedene Partialtoxine in Frage kommen,
a und b, welche, wie wir der Einfachheit wegen annehmen wollen,
zu gleichen Teilen in dem Kulturfiltrate vorhanden w&ren. Zur Losung
einer bestimmten Menge Blutes ware nun eine bestimmte Menge Kultur-
filtrat notig, die 100a-und lOOb-Molekiile enthalten wiirde. Immunisieren
wir nun ein Tier gegen dieses Filtrat, so werden, wie wir aus unseren Ver-
suchen ersehen haben, die einzelnen Partialantitoxine nicht quantitativ
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
gleich gebildet. Nehmen wir beispielsweise an, es wttrden in unserem Fall
lOmal soviel Anti-a (Aa) gebildet als Anti-b (Ab), so wttrden in einer be-
stimmten Menge Serum 10 Aa und 1 Ab enthalten sein. Wollen wir nun die
frflher bezeichnete Filtratmenge 100a 4- 100b abs&ttigen, so brauchen wir
dazu eine Serummenge die 1000 Aa +• 100 Ab enth&It. Durch kleinere
Serummengen wttrde wohl das Partialtoxin a neutralisiert werden, aber
es wttrden noch freie b-Molekttle vorhanden sein, wir wttrden daher
nicht zur vollstttndigen Neutralisation kommen. 100a + 100b werden
also durch 1000 Aa + 100 Ab komplett neutralisiert. S&ttigen wir
jetzt unsere Toxinmenge partiell ab und fttgen wir zunSchst nur 1 j lu
der zur vollstttndigen Neutralisation ntttigen Serummenge hinzu, so
werden in diesem Zehntel 100 A a + 10 Ab enthalten sein. Diese
Menge wttrde aber genttgend sein, das a-Toxin vollst&ndig und noch
10 b-Toxineinheiten abzusttttigen, so dad durch Hinzufttgen des ersten
Zehntels der zur vollst&ndigen Neutralisierung ntttigen Serummenge von
200 Toxineinheiten bereits 110 verschwinden, anstatt, wie man ursprttng-
lich erwarten sollte, 20. Wir konnten also von der Annahme eines
Proto-, Deutero-, Tritotoxins absehen, und die eigenartigen steilen
Kurven, welche man fftr die Werte der partiellen Abs&ttigung erhalt,
wttrden sich einfach als die Resultierende darstellen aus der gleich-
zeitigen Absattigung zweier Oder mehr Partialtoxine,
gegen welche in dem betreffenden Immunserum Partialantitoxine in ver-
schiedenen quantitativen Verh<nissen vorhanden sind. Ob daneben
ffir jedes dieser Partialtoxine in seiner Bindung mit dem Antitoxin jene
Gleichgewichtszust&nde in Frage kommen, bleibe dahingestellt. Jeden-
falls ware durch unsere Auffassung neben den eigentttmlichen quanti¬
tativen Verhaltnissen auch die qualitativ verschiedene Wirkung des Gift-
restes erklttrt. — Weitere Untersuchungen mttftten nun dahin gehen, wie
sich die Absattigungskurve verhalt, je nachdem die partielle Abs&ttigung
mit dem Immunserum dieses oder jenes Tieres vorgenommen wird.
Ausdrttcklich sei aber hervorgehoben, daft unseres Ermessens die von
uns vorgeschlagene Auffassung ebensowenig das Wesen
der Ehrlichschen Theorie trifft, wie die der oben ge-
nannten Forscher; dieselbe erscheint in dem Nachweise des Toxo-
ides begrttndet, nicht aber in dem des Proto-, Deutero- und Trito¬
toxins.
Auch praktisch kttme meines Eracbtens dem Nachweise der Partial¬
toxine und ihrer Antitoxine eine Bedeutung zu, und zwar zunachst fttr
die Wertbestimmung unserer antitoxischen Sera, ferner fttr die Er-
zeugung moglichst gttnstig wirkender antitoxischer Heilsera.
Auf Grund ttufterst mtthsamer Untersuchungen ist es Ehrlich ge-
lungen, eine brauchbare und fttr Deutschland obligatorisch eingeftthrte
Aichungsmethode des Diphtherieserums festzustellen. Die Bedeutung
der Wertbestimmung eines Serums liegt ja auf der Hand, da wir nur
durch eine solche im stande sind, eine wirkliche Dosierung des Serums
bei Anwendung zu Heilzwecken vorzunehmen.
Es entsteht aber die Frage: Ist der im Tierversuch ge-
fundene Wert eines Serums tats&chlich ein Maftstab fttr
seine Wertigkeit 1 ) bei der therapeutischen Anwendung
1) Unter Wertigkeit eines Serums ist hier, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt,
nur jener MaBstab fiir seine Wirksamkeit gemeint, der sich in seinem Gehalt an Im-
munitiitseinheiten ausdriickt.
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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens.
861
am Menschen? Und diese Frage kdnnen wir auf Grund unserer
Versuche nicht ohne weiteres bejahen.
Das Wesen einer jeden Wertbestiramung liegt in der vergleichs-
weisen Einstellung eines Standardserums und des auf seinen Wert zu
prtifenden antitoxischen Serums gegen ein gewisses Gift. Nehmen wir
ftir unseren mitgeteilten Versuch das Kaninchenserum als Testserum an,
so wGren, wie sich leicht aus der Tabelle II berechnen l&Bt, bei Ein¬
stellung auf Kaninchenblutkbrperchen samtliche anderen auf ihre Wertig-
keit zu prufenden Sera (Ziegenserum, Hundeserum und Pferdeserum)
4mal starker, als das Kaninchenserum. Bezeichnen wir die in 1 cCm
nnseres Kaninchenserums enthaltenen Antitoxinmenge mit 1 I.-E. (Im-
munitatseinheit), so wurden die flbrigen Sera je 4 I.-E. im Kubikcenti-
meter enthalten. Es waren also alle geprGften Sera ftir eine therapeu-
tische Anwendung gleichwertig.
Hatten wir jedoch die PrGfung nicht auf Kaninchen, sondern bei-
spielsweise auf Ziegenblutkorperchen (Tab. IV) vorgenommen, so wiirde sich
durch analoge Rechnung ergeben, daB, wenn wir wieder die im Kubikcenti-
meter Kaninchenserum vorhandene Antitoxinmenge als Einheit annehmen,
das Hundeserum 64, das Ziegenserum 512 und das Pferdeserum 32 I.-E.
enthalten wiirde. Wahrend wir also bei der ersten Wertbestimmung
diese drei Sera als gleichwertig betrachten mufiten, und sie selbst wieder
alle 4mal so stark wirksam als das Testserum, ware nach dem Ausfall
der zweiten Bestimmung das Ziegenserum 8mal starker als das Hunde¬
serum und 16mal starker als das Pferdeserum. Wieder andere Daten
ergeben sich durch Rechnung aus den Tabellen III und V.
Uebertragen wir nun diese Versuchsergebnisse auf die Praxis, so
sind wir zu dem Schlusse gezwungen, dafi der im Tierversuch ge-
fundene Wert ftir ein Serum nicht ohne weiteres be-
stimmend sein kann fQr seinen Wert in der menschlichen
T h e r a p i e.
Da natiirlich eine Auswertung eines Serums am Menschen nicht
durchfOhrbar ist, so kSnnen wir erst dann die im Laboratorium be-
stimmten Werte eines antitoxischen Serums als bindend fiir ihre An¬
wendung am Menschen erachten, wenn die gleichzeitige kli-
nische Beobachtung ergibt, daB die im Tierversuch ge-
wonnenen Werte parallel laufen mit dem Heileffekte
beim Kranken, daB wirklich ein im Laboratorium hoher bewertetes
Serum sich auch in der klinischen Therapie als wirksamer erweist. Ftir das
Diphtherieserum ist durch vieltausendfache Beobachtung der Beweis er-
bracht, daB eine solche Kongruenz besteht, und deshalb diirfen wir wohl
auch weiterhin die Prtifungsresultate am Meerschweinchen als MaBstab
ftir die Wertigkeit des Diphtherieheilserums in der menschlichen Therapie
ansehen. Da wir aber beim weiteren Ausbau der Lehre wohl die Hoff-
nung hegen diirfen, auch andere brauchbare antitoxische Heilsera er-
zeugen zu konnen, so mtissen wir auf Grund unserer obenstehenden
Deduktionen die Forderung erheben, daB ftir jedes neue Heil-
serum erst wieder der Beweis zu erbringen ist, daB der
Tierversuch uns wirklich den richtigen MaBstab fur die
Wertigkeit des Serums beim Menschen gibt, und immer
wieder werden viele parallel laufende Beobachtungen im Laboratorium
und am Krankenbette notig sein, die Richtigkeit der im speziellen Falle
gewGhlten Priifungstechnik zu beweisen. Es ist ja selbstverst&ndlich
und bereits des ofteren betont worden, daB ftir den Heileffekt noch eine
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862
Central!)], f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Reihe anderer Faktoren in Frage kommen, so in erster Linie die Avi-
ditatsverhaltnisse zwischen Toxin und Antitoxin einerseits und KOrper-
zelle und Toxin andererseits.
Ebensowenig bedarf es wohl kaum einer besonderen ErwShnung,
daB ftir die hier besprochenen Verhaltnisse eine Verallgemeinerung far
alle Toxine stets nur mit einer gewissen Reserve auszusprechen ist, wie
wir ja gerade in der Immunitatslehre es gelernt haben, jeden einzelnen
Fall streng zu individualisieren. Eine einseitige Betonung der von uns
vorgelegten Tatsachen ware ebenso ein Fehler, wie unseres Erachtens
die vollstandige AuBerachtlassung derselben.
Die Differenz zwischen den einzelnen Partialtoxinen, soweit solche
uberhaupt nachweisbar sind, kann sich entweder auf eine Verschieden-
heit in der haptophoren und toxophoren Gruppe erstrecken,
oder nur bezfiglich der toxophoren zum Ausdruck kommen.
Zu den letzteren scheint, soweit unsere bisherigen Untersuchungen
reichen, das Diphtherietoxin zu gehoren, indem Ehrlich bei dem Proto-,
Deutero- und Tritotoxin eine Identitat der haptophoren Gruppe an-
nimmt. In diesem Falle wird ein Antitoxin gegen alle Partialtoxine
wirksam sein. Bezieht sich aber, wie es nach unseren Untersuchungen
beim Staphylotoxin der Fall|zu sein scheint, die Differenz sowohl auf
die haptophore als auch auf die toxophore Gruppe, dann werden sich
auch samtliche von uns klargelegten Konsequenzen geltend machen.
Die Bildung der Partialantitoxine wird aber auch in diesem Falle
abhangig sein von dem Rezeptorenapparate des betreffenden immuni-
sierten Tieres, so daB wir auch bei Immunisierung zweier verschiedener
Tiere gegen die gleichen Partialtoxine Partialantitoxine werden erhalten
konnen, falls in dem gewahlten Falle die beiden Tiere gerade in den
in Betracht kommenden Rezeptoren eine Identitat aufweisen. Zwei
solche Sera werden sich dann beztiglich ihres Heilwertes auch fflr ver-
schiedene Tiere stets entsprechend ihrein Gehalt an I.-E. verhalten, von
den anderen, friiher erwahnten Faktoren, wie Aviditat etc. natflrlich ab-
gesehen. Es spricht also ein solcher Fall noch nicht unbedingt gegen
die von uns vertretene Anschauung von Partialtoxinen, die sowohl in
der haptophoren als auch toxophoren Gruppe verschieden sind.
Endlich glaube ich, daB sich aus dem Nachweise der Partialtoxine
und Antitoxine einige Fingerzeige fOr die Darstellung antitoxischer Sera
ergeben. Wir haben oben darauf hingewiesen, daB die Kulturfiltrate der
Bakterien in Bezug auf einzelne Partialtoxine gewissen Schwankungen
unterliegen diirften, daB gewisse Partialtoxine in dem einen Kulturfiltrat
vorhanden sind, in dem anderen aber fehlen. Unser Bestreben wird
darauf gerichtet sein miissen, antitoxische Sera darzustellen,
die soweit als mdglich, gegen alle Partialtoxine, die ein Bakterium
produziert, Antitoxine enthalten, da wir es ja vorlBufig noch nicht
entscheiden konnen, welche Partialtoxine gerade fflr die krankmachende
Wirkung am Menschen verantwortlich zu machen sind.
Urn dies zu erreichen, werden wir zunBchst die Immunisierung
nicht mit dem Kulturfiltrat nur eines Stammes vornehmen dOrfen, denn
es ware so mdglich, daB dieses Kulturfiltrat gerade ein Partialtoxin nicht
enthalt, das zwar kein konstantes Sekretionsprodukt des betreffenden
Bakteriums, aber dennoch, wenn es vorhanden, im stande ist, den Krank-
heitsprozeB wesentlich zu beeinflussen. Wir wiirden dann aber bei
Immunisierung mit diesem Filtrat auch das entsprechende Partialanti-
V
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Wechsberg, Zur Lehre von den antitoxischen Sens.
863
toxin nicht hervorrufen, und so mit einem derartigen antitoxischen Serum
in einzelnen Krankheitsf&llen keine oder ungeniigende Resultate erzielen.
Wir werden also mit den Kulturfiltraten verschiedenerStamme
immunisieren mtlssen. Inwieweit die Erfiillung dieser Forderung not-
wendig ist, wird im wesOntlichen davon abhangen, wie sich die Toxin-
produktion im speziellen Falle verhalten wird. GewiB gibt es Bakterien
— und zu diesen scheint der Diphtheriebacillus zu gehoren — die ziem-
lich konstant in der Giftproduktion sind, und bei denen sich nach den
bisherigen Untersuchungen der Unterschied der einzelnen Gifte auf die
toxophore Gruppe besehrfinkt, wahrend andere wieder bedeutende Schwan-
kungen aufweisen werden. Bei ersteren wird natiirlich ein durch Im-
munisierung mit einem bestimmten Toxin erzeugtes Antitoxin sich ziem-
lich allgemein als wirksam erweisen, trotzdem auch fflr diese Bakterien
in einzelnen Fallen die Mfiglichkeit der Produktion eines seltenen auch
in seiner haptophoren Gruppe verschiedenen Partialtoxins nicht von der
Hand zu weisen ist Fiir jene Bakterien hingegen, die weniger konstant
in der Produktion ihrer Toxine sind, und deren Partialtoxine sich auch
in der haptophoren Gruppe unterscheiden, wird sich die Notwendigkeit
einer Immunisierung mit einer groBeren Anzahl von Kulturfiltraten ver-
schiedener Provenienz als notwendig erweisen. Aber selbst damit wird
noch immer nicht die Garantie gegeben sein, auch wirklich gegen alle
diese Partialtoxine hochwertige Partialantitoxine zu erzielen. Wir haben
in unseren Versuchen gesehen, daft die Tiere sehr verschieden in Bezug
auf die Produktion der einzelnen Partialantitoxine reagieren.
Eine Tatsache, die sich in unseren Versuchen ziemlich deutlich aus-
pr>, scheint, wenn sie nicht Zufall ist — und dariiber miissen weitere
Versuche die Entscheidung bringen — einen Weg in dieser Beziehung
zu deuten. Gehen wir noch einmal die Auswertung unserer drei Immun-
sera durch (von dem normalen antitoxischen Pferdeserum rauB ich hier
natiirlich absehen), so ergibt sich, daB jedes dieser Immunsera seine
relativ groBte Wirksamkeit stets gegen die Blutkorperchen der gleichen
Tierart entfaltet.
So fibertrifft das Ziegenserum in seiner Schutzkraft fiir Ziegenblut-
kfirperchen die beiden anderen Immunsera um das 8—512fache an Wert,
wahrend es bei der Auswertung auf die anderen Blutkorperchen die
beiden anderen Sera nur um das 1—32fache fibertrifft oder sogar hinter
denselben an Wirksamkeit zuriicksteht Das Gleiche ergibt sich bei
Auswertung des Kaninchenserums bezttglich der Kaninchenblutkdrperchen,
und des Hundeserums fiir die Hundeblutkorperchen. Ohne auf die
mfigliche Deutung dieser Tatsache des nfiheren einzugehen, mfichte ich
nur andeuten, daB sie sehr wohl in dem Wesen der Ehrlichschen
Theorie begrfindet erscheint. Es wfirde also dieser Befund dafttr
sprechen, die antitoxischen Sera durch Immunisierung der
gleichen Tierart, die wir schfitzen wollen, darzustellen.
Dieser Weg scheint gangbar fiir die Tierpathologie, nicht moglich ist er
natiirlich ffir die Serumtherapie beim Menschen. Ob wir fiir die mensch-
liche Therapie statt dessen die Immunisierung von dem Menschen mog-
lichst nahestehenden Tieren wahlen sollen — und von diesem Gesichts-
punkte aus waren vielleicht doch wieder die friiheren Versuche v. Beh¬
rings und Kitashimasan Affen aufzunehmen — Oder durch Mischung
von Immunseris, die von verschiedenen Tieren stammen, in dieser Frage
mufi die praktische Erfahrung entscheiden.
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864
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt Originate. Bd. XXXIV. No. 8.
Wie dem auch sei, die Erzeugung moglichst polyvalenter
antitoxischer Heilsera gegen die verschiedenen Partial-
antitoxine der Krankheitserreger muB unseres Erachtens das Ziel der
Serumtherapie sein, namentlich in jenen Fallen, fiir welche der Nach-
weis verschiedener Partialtoxine gelungen ist.
Wien, 18. Juli 1903.
Die Reddktion des „Centralblatts filr Bakteriologie und Parasitenkunde“
richtet an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige Wiinsche um
Lieferung von besonderen Abdrucken ihrer Aufsdtxe entweder bet der Ein-
sendung der Abhandlungen an die Redaktion auf das Manuskript schreiben zu
wo lien oder spdtestens nach Embfang der ersten KorrekturabzUge direkt an
den Verleger, Herm Gustav Fischer in Jena, gelangen zu lassen.
Intuit.
Albrecht, H. u. Ohon, A., Bemerkungen
zu dem Artikel von Prof. H. Bonhoff:
„Zum Streit um den Meningococcus"
(Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig.
Bd. XXXIV. No. 2. p. 143), p. 792.
Bongert, J., Beitr&ge zur Biologie des
Milzbrandbacillus und sein Nachweis im
Kadaver der groflen Haustiere. (Forts.),
p. 772.
Eisenberg 1 , Philipp, Ueber die Anpassung
der Bakterien an die Abwehrkrafte des
infizierten Organismus, p. 739.
Friedmann, Friedrich Frans, Der Schild-
krOtentuberkelbacillus, seine Ziichtung,
Biologie und Pathogenitat. (SchluB.),
Kruse, Das Verhaltnis der Milchsaure-
bakterien zum Streptococcus lanceolatus
(Pneumoniecoccus, Enterococcus u. s. w.),
p. 737.
Macfadyen, Allan and Rowland, Syd¬
ney, Upon the intracellular constituents
of the typhoid bacillus. (SchluB.), p. 765.
Rabinowitsch, Lydia u. Kempner, W.,
Die Trypanosomen in der Menschen-
und Tierpathologie, so wie vergleichende
Trypanosomenuntersuchungen, p. 804.
Stafford, J., Two Distomes from Canadian
Urodela, p. 822.
Volh, Richard, Ueber die Bindung des
Bakteriohamolysins an die roten Btut-
kOrperchen, p. 843.
Wecheberg, Friedrich, Zur Lehre von
den antitoxischen Seris, p. 849.
Wendelstadt, Ueber die Einwirkung von
Glykogen auf hamolytische Vorgange,
p. 831.
Frommumtche Buchdruckerei (Ilernann Pohle) in Jen*.
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CintnlM. f. lakt etc. I. ttt Oriiiiale. Bi. XXKIV. No. 9.
Inhaltsverzeichnis.
1. Verzelchnis der in Band XXXIV enthaltenen Arbeiten.
Abbott, A. C., The adrenal gland and its
active principle in their relations to
cytolysins ana antitoxin production. G96
Albrecht, H. und Ghon, A., fiemerkungen
zu dem Artikel von Prof. H. Bonhoff:
Zum Streit um den Meningococcus. 792
Argutlnsky, P., Zur Kenntnis des Tropica-
parasiten (Plasmodium praecox Gr. et
Fel.). Die Tiipfelung der Wirtszellen der
Halbmonde. 144
Bail, 0., und Pettersson, A., Untersuch¬
ungen iiber natiirliche und kunstliche
Milzbrandimmunitat V u. VI. 167
-, Untersuchungen iiber natiirliche und
kunstliche Milzbrandimmunitat VII. 445.
540
Band!, J., Beitrag zur bakteriologischen
Erforschung des Gelbfiebers. 46.1
Bertarelll, E., Ueber einen ziemlich selte-
nen Tuberkelsputumbefund. 411
—, Untersuchungen und Beobachtungen
iiber die Biologic und Pathogenitat des
Bacillus prodigiosus. 193. 312
Bongert, J., Beitrage zur Biologie des
Milzbrandbacillus und sein Nachweis im
Kadaver der groBen Haustiere. 497. 623.
772
Bonhoff II., Studien iiber den Vaccine-
erreger I. 242. 336
—, Zum Streit um den Meningococcus. 143
Bose, F. J., Les Epitheliomas parasitaires.
La claveiee et rEpitheiioma claveleux.
413. 517. 666
Carega. A.. Ueber die aktiven Substanzen
des Bacillus coli. 323
Cattarina, G., Ueber eine bewimperte
Micrococcusform, welche in einer Septi-
kamie der Kaninchen gefunden wurde.
108
Cohn, L., Zur Kenntnis einiger Trematoden.
35
Dean, G., A disease of the rat caused by
an acid-fast bacillus. 222
Doerr, R., Beitrag zum Studien des Dysen-
teriebacillus. 385
Dnngern ?•, Bindungsverhaltnisse bei der
PrSzipitinreaktion. 355
Eisenberg, P., Ueber die Anpassung der
Er*te Abfc. Orig. Bd. XXXIV.
Bakterien an die Abwehrkrafte des infi-
zierten Organism us. 739
Eisenberg, P., Ueber die Bindungsverhalt¬
nisse zwischen Toxin und Antitoxin. 259
Engels, Einige Hiindedesinfektionsversuche
nach vorheriger kiinstlicher Infektion
der Hande mit Micrococcus tetragenus
und Staphylococcus pyogenes aureus. 84
Friedberger, E. siehe Pfeiffer. R.
Friedmann, F. F., Der Schildtrotentuber-
kelbaciUus, seine Ziichtuug, Biologie und
Pathogenitat. 647. 793
Frost, W. D., A simple method of making
collodion sacs for Bacteriological work.
733
Galli-Valerio, B^ Sur un cas d’append icite
avex Oxyuris vennicularis L. et Tricho-
cephalus trichiurus L. 350
Gheaini, G., Untersuchungen iiber die
Wirkung einiger Organextrakte. 721
Glion, A. und Sachs, M., Beitrage zur
Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menschen II. Zur Aetiologie des Gas-
brandes. 289. 398. 481. 609
— siehe Albrecht, II.
de Grandl, S
S, Beobachtungen fiber die
* Tetanusbacillus. 97
Geifieln des
Hansemann, v., Ueber siiurefeste Bacillen
bei Python vesicularis. 212
Harris, U. F., A modification of the Ko¬
rn anowsky stain. 188
Herzog. H., Die Abschwachung der Sauge-
tiertuberkulosebacillen im Kaltbliiterorga-
nismus. 535. 675
—, Experimentelle Beitrage zur Formal-
dehyd-Wasserdampfdesinfektion. 170
Hetsen, H., Weiteres zur kulturellen Dif-
ferenzierung der Ruhrbacillen gegeniiber
ruhrahnlichen Bakterien. 580
Hirschbrueh und Sehwer, Die Cholera-
diagnose mit Hilfe eines Spezialagars.
58o
— siehe Kampmann.
Hoke, E., Ueber Komplementbindung durch
Organzellen. 692
Jensen, C. O., Experimentelle Untersuch-
ungen iiber Krebs bei Mausen. 28. 122
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866
Register.
Jochmann, G. und Moltreeht, 20 Falle
von Bronchopneumonie bei Keuchhusten-
kindern, hervorgerufen durch ein influ-
enzaartiges Stabchen: Bacillus pertussis
Eppendorf. % 15
Jto, S., Ueber die Aetiologie von „Ekiri u ,
einer eigentiimlicben, senr akuten, ruhr-
artigen, epidemischen Kinderkrankheit
in Japan. 509. 659
Kampmann , Hlrsehbrneh und Lange,
Massenerkrankung bei Enten mil eigen-
artigem Diphtheriebacillenbefund der
Conjunctiva. 214
Kempner, W. siehe Rabinowitseh, L.
Klein, E., Weitere Untersuchungen uber
die Klemsche tierpathogene Here. 224
Kttppen, A., Tuberkulosestudien. 6
Koknbo, K., Ueber die Anfertigung und
Autbewahrung von Sporenseidenfaden fiir
Desinfektionszwecke. 725
Krans, B-, Ueber ein akut wirkendes Bak-
terientoxin. 488
Kruse, Das Verh<nis der Milchsaure-
bakterien zum Streptococcus lanceolatus
(Pneumoniecoccus, Enterococcus u. s. w.)
737
Kueharzewski, H., De Finfluence dee
toxines diphterique et t£tanique sur
Fh4moglobine, La morphologie et le poids
sp&ifique du sang. 381
Lambotte, U., Contribution il PStude de
Porigine de Palexine bactericide. 453
Lange siehe Kampmann.
Linstow v., Helminthologische Beobach-
tungen. 526
Ldwit, M.. Ueber Niederschlagsbildung bei
der Agglutination. 156. 251
Lord, F. T., Diplococcus intracellularis
meningitidis (Weichselbaum) in the nose.
Report of a case without Meningitis and
review of the literature. 641
Luekseh F., Ein Beitrag zur pathologischen
Anatomie des Paratyphus. 113
Maefadyen, A. and Rowland, 8., Upon
the intracellular constituents of the
typhoid bacillus. 618. 765
Madsen, Th., La constitution du poison
diphterique. 630
Maggiora* A. und Valenti, G. L., Ueber
eine iniektidse Krankheit beim Genus
Turdus. 326
Meyer, A., Naphtholblau als Reagens auf
Bakterienfett. 578
Moltrecht siehe Jochmann, G.
Moser, P. und Pirquet, CL, Zur Agglu¬
tination der Streptokokken. 5607 714
MUller, P. Th., Geht das Tetanolysin mit
den Proteiden des Serums und des Ei-
klars eine ungiftige Verbindung ein? 567
—, Weitere Studien iiber das Laktoserum.
48
Zur Theorie der natiirlichen antibak-
teriellen Immunit&t. 458. 550. 700
Nognehi, H., On the heat lability of the
complements of cold-blooded animals. 283
—, On the multiplicity of the serum haem-
agglutinins of cold-blooded animals. 236
Obermaier, G., Ueber die Trinkwasserdes-
infektion mit Jod nach Vaillard. 592
OmelianskL W., Beitrage zur Differential-
diagnostik einiger pathogener Bakterien-
arten. 1
Otto, k, Weitere Beitrage zur Agglutina¬
tion der Staphylokokken. 44
Fottorsson, A* siehe Bail, 0.
Pfeiffer, R. und Friedberger, E., Weitere
Beitrage zur Theorie der bakteriologi-
, schen Immunit&t. 70
Pick, E. P., Ueber den Gehalt der einzel-
nen Eiweiflfraktiouen des Serums an
CholeraimmunkOrpern. 556
Pierl, G., Kurze Erwiderung auf Herrn
Dr. Loose* Mitteilung: Wei teres fiber die
Einwanderung der Ankylostomen von der
Haut aus. 531
v. Pirquet, CL siehe Moser, P.
Presta, A. siehe Torto, R-
Pritecher, Ueber die kunstliche Immunit&t
gegen Staphylokokken. 437
Rabinowitseh, L. und Kempner, W., Die
Trypanosomen in der Menschen- und
Tierpathologie, sowie vergleichende Try-
panosomenunterscheidungen. 804
Rodella, A^ Beitrag zur Frage der Bedeu-
tung anaerober Bakterien bei Darm-
krankheiten. 14
Rowland, S. siehe Maefadyen, A.
Sachs, H., Ueber Differenzen der Blatt-
beschaffenheit in verschiedenen Lebens-
altern. 686
8aehs. M. siehe Ghon, A.
Sauerbeck, EL, Zur Frage des Pankreas-
cytolysins. 573
Schwer siehe Hlrsehbrneh.
Segln, A^, Ueber die Einwirkung der Bak¬
terien auf verschiedene Zuckerarten. 202
Slebert, C., Ueber das Verhalten dee
Loefflerschen Mausetyphusbacillus zu
dem v. Drigalski-Conxadischen Nahr-
boden. 601. 730
Silbersteln, M., Beobachtungen uber die
Entstehung von jungen Malariaparasiten
aus dlteren. ' 149. 225
Stafford JL, Two Distomes from Canadian
Urodela. 822
Strong, O., Zur Zuchtung der anaerobes
Bakterien. 598
Tarruella J. siehe Tnrrd, R.
Tnrrd, K, Tarruella, J. und Presta, A.,
Die Bierhefe bei experimeatell erzeugter
Streptokokken- una Staphylokokken in¬
fection. 22
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l
Register.
867
Yagedes, Zur Abhandlung von Krompecher
und Zimmermann „Ueber die Viruienz
der TuberkeibacilJen u in Bd. XXXIII
N. 8. dieser Zeitwchrift. 507
Yalenti, G. L. siehe Magglora, A.
Yolk, R., Ueber die Bindung des Bakterio-
hamolysins an die roten Biutkorpercken.
843
Weehsberg, F., Zur Lehre von den anti-
toxischen Sens. 849
Weadelstadt, Ueber die Einwirkung von
Glykogen auf hamolytische Vorgange.
Wiener, E., Ein Apparat zur Zuchtiing
von Mikroorganismen in beweglichen
fUksigen Medien. 594
—, Weitere Bemerkungen zur Entstehung
von Ratten epizootieen. 406
Wolff, A., Bemerkungen zu vorstehender
Entgegnung. 557
Zangger, H., Deutungsversuch der Eigen-
schaften und Wirkungsweise der Immun-
kbrper. 428
Zielleezky, R., Antwort auf die Bemer¬
kungen von Herm Dr. Wolff in seiner
Abhandlung „Die Differentialdiagnose
des Typhusbaeillus vom Bact. cob auf
Grund der Saurebildung“ betreffend die
von mir angestedten Versuche iiber
„biochemische und differentialdiagnoeti-
sehe Untersuchungen einiger Bakterien
mittelst Phenolphtnaldnn&hrbdden. 479
Zschokke, F., Ein neuer Fad von Dipy-
lidium caninum (L.) beirn Menschen. 42
Znpnlk, L., Bacterium muris. 213
II. Namen- mid SaehYcrzelchnls.
Agglutination, Bildung der Niederschlage.
156. 251
Alexine, Entstehung. 453
Amphistomum dolichocotyle Cohn in Her-
petrodryas fuscus. 37
Anaeroben, GefaSe fur Zfichtune. 598
—, Vorkommen im Darmkanal Dei Darm-
krankheiten. 14
Ankyloetonhum americanum, Beschreibung.
526
—, Eindringen von der Haut aus. 531
der Bakterien an bakterizide
752
Appendicitis mit Oxyuris vermicularis und
Trichocephalue trichiurus. 350
Bacdlen saurefeete in Python veticularis.
212
Bacdlus acidi lactici, Ein wirkung auf Z ucker-
arten. 205
— des Gasbrandes, Entstehung von
Schaumorganen. 613
- rCultur und Biologie. 304
-> Morphologic und Farbung. 300
-, Tierversuclie. 398. 481. 609
-, — mit Kulturfdtraten. 611
— diphtheriefihndcher bei Entenerkran-
kung. 214
— dysenteriae, Einwirkung auf Zuckerarten.
205
-, Impfung auf immune Tiere. 703
-, Isolierung und Kultur. 385
-, kujturelk Unterscheidung von ahn-
Uchen Arten. 580
-, Verhalten gegen Serum Ekirikranker.
662
— enteritidis, Einwirkung auf Zuckerarten.
205
Bacidus fluorescens liquefaciens, Einwir¬
kung auf Zuckerarten. 205
— — non liquefaciens, Einwirkung auf
Zuckerarten. 205
— icteroides, pathogene Wirkung. 474
— lactis aerogenes, Einwirkung auf Zucker¬
arten. 205
— pertussis bei Bronchopneumonie beim
Keuchhusten. # 15
— pneumoniae, Einwirkung auf Zucker¬
arten. 205
— prodigiosus, Bibliographic. 321
-, Einwirkung aut Zuckerarten. 205
-, Pathogen!tat fur Tiere. 196
— —, toxiscne Wirkungen. 199. 312
— —, Wirkung im Yerein mit anderen
Bakterien. 313
— psittacorum, Einwirkung auf Zucker¬
arten. 205
— pyocyaneus, Einwirkung auf Zucker¬
arten. 265
— —, Impfung auf immune Tiere. 701
— sSurbfester bei Rattenerkrankung. 222
— subtilis. Einwirkung auf Zuckerarten.
205
— syncyaneus, Einwirkung auf Zucker¬
arten. 205
— typhi murium, Ziichtung auf v. Dri-
galsiri-Conradischem Nahrpoden. 601.730
Bacterium coli commune, aktive Substanzen.
323
-—, Einwirkung auf Zuckerarten. 205
-, Verhalten gegen Serum Ekiri¬
kranker. 662
-zur Erzeugung von Rattenepi-
zootien. 406
— faecalis alcadgenes, Einwirkung auf
Zuckerarten. 205
55*
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868
Register.
Bacterium icteroides, Einwirkung auf
Zuckerarten. 205
— muris, systematische Stellung. 213
— vulgare, Einwirkung auf Zuckerarten. 205
-, Impfnng auf immune Tiere. 707
Bakterien, Einwirkung auf Zuckerarten. 202
Bakteriohamolysin, Bindung an die roten
Blutkorper. 843
Bierhefe, Einwirkung auf Zuckerarten. 205
—, Wirkung auf Strepto- und Staphylo-
kokken in Xulturen. 25
— zur Immunisierung bei Streptokokken-
infektionen. 22. 24
Brachycoelium hospitale Staff, in Diernyc-
tylus viridescens. 824
Bronchopneumonie bei Keuchhusten, Ur-
sache der Bac. pertussis. 15
Choleraambozeptoren> Verhalten bei der
Bakteriolyse. 77
Choleraimmunkdrper im Serum. 556. 557
Choleravibrionen, Differentialdiagnose mit
einem Spezialagar. 585
—, Einwirkung auf Zuckerarten. 205
—, Rezeptorenapparat. 76
Cytolysine, Literatur. 576
Dipbtheriebacillen lebende fur Immunisie-
rung8versuche. 421
—, Unterscheidung von Pseudodiphtherie-
bacillen auf Nahrbdden mit Ameisen¬
saure. 4
Diphtherietoxin, Wirkung auf das Blut. 381
—, Zusammensetzung. 630
Diplococcus intracellularis meningitidis in
der Nase. 641
Dipylidium caninum beim Menscben. 42
Dysenterie, Literatur. 397
Ekiri, Uebertragbarkeit. 511
—, Verbreitung in Japan. 509
Ekiribacillus, Agglutination. 659
—, Isolierung. 512
—, Morphologic und Eigenschaften. 513
—, Verhalten gegen Menschenblutsera. 662
—,-Tiersera. 664
Entenerkrankung durch einen diphtherie-
ahnlichen Bacillus. 214
Erythrocyten des Blutes, Empfindlichkeit.
686
Formaldehyddesinfektion, Literatur. 186
Formaldehydwasserdampfdesinfektion. 170
Gasbrand, bakteriologische Befunde. 289.
39a 481. 609
Gelbfieber, Bakteriologie. 463
—, Serumimter8uchungen. 469
Glykogen, Einwirkung auf hamolytische
Vorgange. 831
Gyrocotyle amphiptyches. 531
— medusarum v. Linst., Beschreibung. 530
— rugosa. 531
fiamagglutinine im Serum kaltbliitiger
Tiere. 286
Handedesinfektion nach kiinstlicher Ver-
unreinigung mit Eiterkokken. 84
Hefe tierpathogene von Klein, Vorkommen
von Granulomata in den infizierten
Meerschweinchen. 224
Hoploderma mesocoelium Cohn in Draco
volans. 35
Hydromermis, Beschreibung. 530
Immunitat, naturliche, Ursachen. 458. 550.
700
Immunkorper, Eigenschaften und Wir¬
kung. 428
— gegen bakteriolytische Ambozeptoren,
Bildung. 70
Kollodiumsacke, Anfertigungsmethode. 733
Komplementbildung durch Organzellen. 092
Komplemente im Serum kaltbliitiger Tiere,
Verhalten gegen Hitze. 283
Krebs bei Mausen. 2a 122
Laktoserum, Fallung des Kaseins. 48
Lecithin, Vorhandensein im Blut 688
Liolope copulans, Kopulierung durch den
Laurerscnen Kanal. 39
Luft fliissige, Apparate zur Einwirkung
auf Bakterien. 765
Malariaparasiten, Teilung. 149. 225
Meningococcus, Historisches. 792
—, Oberflachenhautchen. 143
Mermis albicans in Raupen von Agrotis
orbona. 529
— mirabilis v. Linst., Beschreibung. 527
— nigra v. Linst., Beschreibung. 529
— mgrescens in Forficula acanthopygia.
529
Micrococcus agilis albus Cattar. bei Kanin-
chenseptikamie. 108
— tetragenus, Einwirkung auf Zuckerarten.
205
Milzbrand, Empfanglichkeit des Kanin-
chens. 445. 540
Milzbrandbacillen, Einwirkung auf Zucker¬
arten. 205
—, Nachweis durch Impfung. 628. 7 72
—,-Plattenkultur. 775
—, — in Ausstrichpr¶ten. 502. 623
—, Unterscheidung von ahnlichen Arten
auf Nahrbdden mit Ameisensaure. 5
—, Verhalten gegen Pferde- und Ratten-
serum. 167
Milzbrandmaterial, zweckmafiige Aufbewah-
rung. 786
Monocaecum baryurum Staff, in Necturus
maculatus. 822
Nahrbdden mit Ameisensaure. 1
Naphtholblau als Reagens auf Bakterien-
fett. 578
Nebennieren, Verhaltnis zu Cytolysinen und
Antitoxinproduktion. 696
Organextrakte, Wirkungen. 721
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Register.
869
Pankreas, Literatur. 577
Pankreascy tolysin, kritische Uebereicht. 573
Paramermis, Beschreibung. 530
Paratyphus, pathologische Anatomic. 113
Paratyphusbacillen, Einwirkung auf Zucker-
arten. 205
Pestbacillen, Unterecheidung von Bac.
pseudotuberculosis rodentium auf Nahr-
boden mit Ameisensaure. 5
Plasmodium praecox, Tupfelung der Blut-
korperchen mit Halbmonden. 144
Prazipitine, Bindungsverhaltnisse. 355
Pseuaomermis, Bescnreibung. 530
Pyocyaneusinfektion, Serodiagnostik. 739
Rattenepizootieen, Erzeugung durch patho¬
gen e Bakterien. 406
Rattenerkrankung durch einen saurefesten
Bacillus. 222
Romanowskysche F&rbung, Literatur. 191
-, Modifikation. 188
Sarcina lutea, Einwirkung auf Zucker-
arten. 205
Schafpocken, Entstehung. 669
—, histologischer Befund. 415. 517
—, Untersuchung des Virus. 524. 666
Serum, Hamolysine ' und Komplemente.
691
Sporenseidenfaden, Anfertigung und Auf-
bewahrung. 725
Staphylococcus pyogenes albus, Aggluti¬
nation. 45
— — —. Einwirkung auf Zuckerarten.
205
-aureus, Agglutination. 45
-, Einwirkung auf Zuckerarten. 205
-citreus, Agglutination. 44
— -, Einwirkung auf Zuckerarten. 205
Staphylokokken, kunstliche Immunitat. 437
Streptococcus lacticus Kruse, systematische
Stellung. 737
Streptokokken, Agglutination. 560. 714
Tetanolysin, Verhalten zu den Proteiden.
567
Tetanusbacillen, GeiSeln. 97
Tetanus toxin, Wirkung auf das Blut 381
Toxine, Bindung durch Antitoxine im
K6rper. 259
—, Konstitution. 851
— und Antitoxine, Literatur. 281
Jrinkwaseerdesinfektion mit Jod. 592
Trypanosomen, Einflufl auf den Organis-
mus. 804
—, Literatur. 816
Tuberkelbacillen, Agglutinationspriifung. 6
— der Kaltblutler, Literatur. 685
— der Saugetiere, Abschwachung in Kalt-
- 535. 675
647
652
799
654. 793
411
13
507
Unter-
326
Zucker-
205
618
blutlern,
— der Schildkrote, Kultur.
-, Morphologie.
-, Saurefestigkeit.
-, Tierversuche.
— im Sputum in Reinkultur.
—, Literatur uber Agglutination.
—, Virulenzunterschieae.
Turdusseuche, bakteriologische
suchungen.
Typhusbacillen, Einwirkung auf
arten.
—, extracellulares Toxin.
—, immunisierende Eigenschaften des Zell
saftes. 768
—, Impfung auf immune Tiere. 700
—, intracelfulares Toxin. 620. 767
—, Unempfindlichkeit gegen menschliches
Serum. 745
—, Unterecheidung von Coli-Bacillen auf
Nahrbdden mit Ameisensaure. 2
—,-durch die Saurebildung. 479
—, Verhalten gegen extreme Kaltegrade.
622
—,-Serum Ekirikranker. 662
— zur Erzeugung von Rattenepizootieen.
409
Vaccineenreger, Ziichtungsvereuche.244.336
Vibrio Finfieri, Einwirkung auf Zucker¬
arten. 205
— Metschnikowi, Impfung auf immune
Tiere. 705
— Naskin, Produktion akut wirkender
Toxine. 488
Zuchtungsapparat fiir Bakterien in bew^g-
lichen Meaien. 594
in. Yerzelelmls der Abbildungen.
Amphistomum dolichocotyle Cohn. 37
Anaeroben, Gefafie furZiichtung. 598—600
Apparat fur Einwirkung fliissiger Luft auf
Bakterien. 765. 766
Bacillen des Gasbrandes. 616 (Taf. I—III)
Bakterien anaerobe bei Darmxrankheiten.
14
Blinddarm mit Trichocephalus und Oxyuris.
352. 353
Brachycoelium hospitale Staff. 830 (Taf.)
Fig. 4. 5
Choleravibrionen, agglutinierte Haufen.
259 [Taf.) Fig. 5. 6. 7d
Diphtherietoxin, Kurven fiber Zusammen-
setzung. 634. 635. 639. 640
Dy8entenebacillus, Kulturen. 397 (Taf.)
Hoploderma mesocoelium Cohn. 35. 36
Kollodiumsacke, Anfertigung. 734
Krebs bei Mausen, Habitusbilder und
Schnitte. 142 (Taf. I—IV)
Kurven fiber Eintritt der makroskopi-
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870
Register.
echen und mikroskopischen Agglutina-
tion. 664
Liolope copulans, Schnitte. 40
Lysin, Kurve uber das Verhalten zu Ery-
throcyten. 845
Mermis mirabilis y. Linst. 528
— nigra v. Linst. 529
Micrococcus agilis albus Cattar. 110
Milzbrandbaciflen, Kulturen. 791 (Taf.^1
Monocaecum baryurum Staff. 830 (Taf.)
Fig. 1-3
Plasmodium praecox. 148 (Taf-)
Schafpocken, Schnitte. 418. 420. 518. 519.
622. 523. 673 (Taf. I-IIL
Schiitlelapparat fur Bakterienziichtung. 596
Streptokokken, Agglutination. 562. 563.
F 714. 715. 720 (Taf.)
Tetanusbacillen, Geifieln. 100. 101
Trypanosomen. 822 (Taf.)
Tuberkeibacillen der Sfiugetiere im Kalt-
bliiterorganismus. 685 (Taf.)
— der Scnildkrote. 804 (Taf.)
Typhusbacillen, agglutinierte Haufen. 259
■ (Taf.) Fig- 1-4, 7a—c
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