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Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektionskrankheiten
Erste Abteilnng. 55. Band.
Originate.
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I
CENTRALBLATT
fur
Bakteriologie, Parasitenkunde
and Infektionskrankheiten.
In Verbindung mit
Geh. Med.-Rat Professor Dr. Loeffler
in Greifswald,
Geh. Med.-Rat Professor Dr. R. Pfeiffer
in Breslau
und
Geh. Reg.-Rat Professor Dr. M. Braun
in KOnigsberg
herausgegeben von
Prof. Dr. Oscar IJlilTarorin in Berlin.
Erstc Abteilung. 55. Band.
Medlzmiscb-iiyeiBiiisctie Batteriologie nnd tieriscbe Paraatenlunde.
Originale.
Mit 20 Tafeln und 13 Abbildungen lm Texte.
Jena,
Verlag von Gustav Fischer.
1910.
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Robert Koch f I
Am 27. Mai abends 7 Uhr hat Robert Koch in Baden- S
Baden, wo er Erholung suchte, von einem plotzlich auf- 91
getretenen Herzleiden im 67. Jahre seines arbeitsreichen .9|
Lebens die Augen fiir immer geschlossen. Beispiellos in der MS
Geschichte des Menschengeschlechtes sind die Erfolge, die K
Robert Koch dank seinem scharfen Geiste und seiner lli
staunenswerten, unermfldlichen Arbeitskraft gezeitigt hat. II
Ratios und ohnmachtig stand Jahrtausende hindurch die f»i
Menschheit der Verbreitung der die Menschen- und Tier- ip
geschlechter verheerenden Seuchen gegenfiber. Jahr fflr Jahr iii
erheischten die erbarmungslosen Feinde den furchtbaren |c>
Tribut von Tausenden von Opfern, ein Drittel aller Menschen H
wurde von ihnen dahingerafft. Da kam Robert Koch. Er H
gab uns die Waffen in die Hand zur erfolgreichen Bekfimpfung B
jener Feinde. Sein Lebenswerk ist die Erkenntnis und der H
wissenschaftliche Nachweis der Ursachen und der Verbrei- B
tungsweise der flbertragbaren Krankheiten und die Schaffung Bj
sicherer, leicht zu handhabender Methoden zu ihrer Bekam- K
pfung. Gewaltig ist die Zahl derer, die dank seinem Genie K
vor Schmerzen und Leiden und qualvollem Tode bewahrt, un- Hj
geheuer die Werte an Geld, die durch ihn erhalten sind. B
Darait. ist Robert Koch vielleicht der grbfite Wohltfiter des W
Menschengeschlechts geworden, der diesem wfihrend seiner B
mehrtausendjfihrigen Entwickelung erstanden ist. Mit goldenen B
Lettern sind seine Werke in den Tafeln der Geschichte ver- |B
zeichnet. Bis in die fernsten Zeiten wird sein Name in dank- B
barer Verehrung genannt werden. B
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Trauernd verhullt die Hygiea, der er sein Leben geweiht,
ilir Haupt, trauernd stehen die Jiinger Aeskulaps, denen er
neue wirksame Waffen in die Hand gegeben fur die Ausiibung
ihres schweren, verantwortungsvollen Berufs, an der Bahre des
Meisters, trauernd nitnmt die ganze Kulturwelt Anteil an dein
unersetzlichen Verluste, den Deutschland durch den Tod seines
groBen Sohnes erlitten. In deni tiefen Schmerz um den Heim-
gang unseres groBen Meisters erscheint uns trostlich allein
das Wort, das von Goethe beim Heiragang unseres deutschen
Dichterheros Schiller gepragt, bei deni Tode unseres unver-
geBlichen Alt-Reichskanzlers Bismarck im deutschen Volke
widerklang:
Denn er war unser!
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Centralbl. f. BakL etc. I. AbL Originate. Bd. 55. Heft I.
Ausgegeben am 14. Juni 1910.
Nachdruck vcrboten.
Ueber den Nachweis der Paratyphusbakterien in Wurst-
waren nnd seine Yerwertbarkeit fiir die Nahrungsmittel-
kontrolle 1 )-
[Aus dem pathologisch-bakteriologischen Institute der mShr. Landes-
krankenanstalt in Brtinn (Vorstand: Prof. Dr. C. Sternberg).]
Von Franz Komma, st&dt. Obertierarzt und Marktkommissar.
Der beamtete Tierarzt kommt h&ufig in die Lage, ein Urteil iiber
die Verwendbarkeit von Wurstwaren als Nahrungsmittel abzugeben.
Die Schwierigkeit einer derartigen Beurteilung mag mit die Ursache sein,
daB z. B. in Deutschland nach § 12 Abs. 1 des Reichsgesetzes vom
3. Juni 1900, D. R.G.B1. No. 547, die Schlachtvieh- und Fleischbeschau
betreffend, die Einfuhr von Wiirsten und sonstigen Gemengen aus zer-
kleinertem Fleische in das Zollinland iiberhaupt verboten ist.
In der Praxis, z. B. bei der jetzt erst in einigen Stadten Oester -
reichs gehandhabten Beschau eingefuhrter Wurste, auf Bahnhofen beim
beabsichtigten Verkaufe nicht bezogener Wurstwaren, bei der Lebens-
mittelkontrolle oder in gerichtlichen Fallen, entscheidet bis jetzt mit ge-
ringen Ausnahmen der makroskopische Befund. Diese Ausnahmen er-
strecken sich auf den gelegentlichen Nachweis unzuiassiger Zusatze,
grSberer Verunreinigungen und tierischer Parasiten. Es ist aber die
Frage, ob diese Art der Untersuchung stets hinreicht.
In dieser Hinsicht miissen gewisse Befuade der jflngsten Zeit Be-
denken erregen; ist es doch in mehreren Fallen gelungen, durch die
bakteriologische Untersuchung in makroskopisch vollig unveranderten
Wurstwaren Bakterien aus der Gruppe des Paratyphus B-Bacillus nach-
zuweisen. Solchen Befunden muB wohl auf den ersten Blick hohe Be-
deutung zugesprochen werden.
Diese Bakterien wurden erst im Ietzten Dezennium bekannt und mehrfach als
Krankheitserreger beim Menschen nachgewiesen. Es waren wohl zuerst franzosische
Autoren (Achard, Bensaude (1), Widal und Nob^court (2), welche Paratyphus-
bacillen beim Menschen fanden, doch wurde denselben erst Beit den Befunden Schott-
m fillers (3) groBere Aufmerksamkeit geschenkt. Die einschlagige Literatur findet sich
in dem Referate von Kutscher (4) zusammengestellt.
Eine groBere Bedeutung erlangten diese Bakterien auch dadurch, daB sie wieder-
holt als Erreger von Fleisch- und Wurstvergiftungen nachgewiesen wurden. So fand
sie Trautmann (5) bei der Dfisseldorfer Fleischvergiftung im November 1901 nach
dem Genusse von Pferdehackfleisch. B. Fischer (6) wies sie bei der Fleischvergiftung
von Griinthal nach dem Genusse einer Leberpastete und bei der Fleischvergiftung von
Glfickstadt nach Genufl von Leberwursten, ferner bei der ParatyphuBepidemie in Kiel
im Mai und Juni 1903 nach GenuB von Fleisch und daraus hergestellten Wiirsten
nach. E. Levy und W. Fornet (7) fanden sie bei einer Vergiftung nach GenuB einer
Leberwurst und einer Vanillegriesspeise. Ulrich (8) wies sie bei einer Epidemie in
Ziirich nach dem Genusse von Meerhechten, Abraham (9) nach dem Genusse von
Seehechten nach. Kutscher (10) stellte sie bei einer Fleischvergiftungsepidemie in
Berlin, Jakobson (11) bei einer solchen im Osten Berlins fest. Heller (12) wies sie
bei einer Fleischvergiftungsepidemie nach GenuB geschmorter Leberwurst nach.
1) Als Dissertationsarbeit zur Erlangung der Wfirde eines Doctor medicinae vete-
rinariae der k. u. k. Tierarztlichen Hochscnule in Wien am 6. Dezember 1909 fiberreicht
und vom Professorenkollegium angenommen.
Erste AbL Orig. Bd. 55 . Heft 1, 1
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Fromm e (13) fand sie bei einer Fleischvergiftung nach Gemifl eines Schinkens.
Eckersdorff (14) wies sie bei einer Massenvergiftung durch eine Fischmayonnaise
nach. Tiberti (15) fand sie bei einer Vergiftung nach Genufi von Wurstwaren im
Jahre 1906 in Bologna. Bingel (16) stellte sie bei einer wahrscheinlich durch den
Genu6 von Autechnitt verursachten Massenerkrankung fest. Konig (17) wies sie bei
einer solchen nach Genufi eines Paratyphus B-Bacillen-haltigen, gepokelten und ge-
raucherten Rohschinkens nach. Brummund (18) fand sie bei einer Fleischvergiftungs-
epictemie nach Genufi von rohem Pferdehackfleische. In der Mehrzahl der Falle liefien
sich diese Erreger im Stuhle, Urin oder Blute der erkrankten oder in den Organen der
gestorbenen Personen nachwcisen. In einigen Fallen, so bei der Epidemie von Breslau
(Fliigge-Kaensch), Neunkirchen (v. Drigalski), sowie bei der Berliner Epidemie
(Kutscher) wurden diese Keime auch im beschuldigten Fleische und bei den Epidemien
von Aertryck, Meirelbeck und Futterkamp (B. Fischer) auch in den Organen der
notgeschlachteten Tiere gefunden.
Das Verstandnis dieser und iihnlicher Beobachtungen, die hier nicht
besonders angefiihrt wurden, wird dadurch erleichtert, daB Paratyphus B-
Bacillen, bezw. ihnen nahesteliende Bakterien wiederholt in der AuBen-
welt nachgewiesen wurden.
So fanden Gaehtgens (19) sowie Uhlenhuth und seine Mitarbeiter (20) diese
Bakterien im Stuhle gesunder Menschen, Rimpau (21) aufierdem auch im Blute und
Urin solcher Menschen, sowie auch Typhuskranker, Rekonvaleszenten und Typhus-
bazillentrager; ebeuso auch Conradi (22). Uhlenhuth (23) wies im Darmmhalte
von 600 Schweinen bei 8,4 Proz. derselben diese Keime nach; er und seine Mit¬
arbeiter (20) fanden ein von ihnen als Paratyphus C-Bacillus bezeichnetes Bakterium
auch in den Organen schweinepestkranker Schweine. Sie ziichteten aus an Enteritis
eingegangenen Kalbern zur Paratvphus B-Gruppe gehorige Bakterien und fanden solche
spater auch im Darme gesunder Kiilber. Morgan (24) stellte derartige Bakterien nicht
nur im Darme von Schweinen und Kalbern, sondern auch im Darme von Schafen,
Meerschweinchen und Kaninchen fest. Zeller (25) und Schmitt (26) kultivierten
Paratyphusbacillen aus kranken Kalbern. Dieu don n£ (27) fand diese Bakterien bei
seinen im Munchener Schlachthofe angestellten Untersuchungen bei einem Kalbe mit
allgemeiner Sepsis und bei einer Kuh mit Perforationsperitonitis, Milz- und Leber-
abszessen und allgemeiner Sepsis. Seiffert (28) wies sie ebenfalls im Darminhalte
von Schweinen, und zwar 2mal unter 60 Tieren nach. Rommeler (29, 30) konnte sie
hingegen in Blut und Galle bei 155 gesunden Schweinen nicht finden, stellte sie aber
4mal unter 98 Eisproben, Conradi (31) 18mal unter 151 Eisproben fest. Aufierdem
fand letzterer (32) unter 162 tierischen Organproben neben anaeren Keimen im unzer-
legten Muskel zweier gesunder Schweine und eines gesunden Rindes ein Bakterium der
Paratyphus B-Gruppe, von ihm als Bac. sui pest iter bezeichnet.
Von besonderer Bedeutung ist aber in diesem Zusammenhange der
Nachweis der in Rede stehenden Bakterien in vollig einwandfreien und
unveranderten Nahrungsmitteln.
So fand sie Hiibener (33) z. B. bei seinen letztangestellten Milchuntersuchungen
in 10 Proz. der Proben. Im Winter 1906/07 nahmen Miihlens, Dahm und Fiirst (34)
gelegentlich einer bakteriologischen Untersuchung einer in Berlin nach dem Genusse
von Gansepokelkeule entstandenen Fleischvergiftung eine Reihe von Fiitterungsversuchen
vor. Sie verwendeten hierbei 57 in den verschieoensten Fleischladen Berlins gekaufte
und zuin Verkaufe bestimmt gewesene Proben von Gansebriisten, GansepQkdkeulen,
Schinken, verschiedenen Fleiscn- und Fischsorten, sowie einer Wurst. Von 138 ge-
fiitterten Mausen gingen 53,6 Proz. ein. Die bakteriologische Untersuchung der Tiere
ergab in 24 Versuchen die Gegenwart von Paratyphus B-Bacillen. Bei der bakterio¬
logischen Untersuchung der verfutterten Fleischproben (teils direkt nach Verreibung im
sterilen Morser, teils nach Anreicherung in Bouillon) wurden Kokken und coliahntiche
Bakterien, nicht aber Paratyphuskeime erhalten. In Beriicksichtigung dieses Befundes
und des Ergebnisses der Fiitterungsversuche gelangten sie zu folgenden Schliisseu:
„Wir glauben annehmen zu konnen, dafi die todlichen Infektionen unserer Ver-
suchstiere durch Zufiihren der betreffenden Bakterien mit der Nahrung (Fleisch) an-
scheinend in geringen Mengen zustande gekommen sind. Wir mufiten daraus schliefien,
dafi die betreffenden Bakterien auch in anscheinend normalen Fleischsorten, namentlich
in ungekochtem Schweine- und Giinsepokelfleisch vorkommen und — wenn auch fur
Menschen unschadlich — doch eine fur Mause pathogene Infektion zu veranlassen ver-
mogen. Findet unter gewissen giinstigen Bedingungen eine Vermehrung im Fleische
statt, bezw. enthiilt dieses sehr zahlreiche Bakterien, so kann es zu den bekannten.
Fleischvergiftungserscheinungen kommen.“
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Komraa, Ueber den Nachweis der Paratyphusbakterien in Wurstwaren etc. 3
Hiibener (35) nahm im Kaiserl. Gesundheitsamte Untersuchungen von Fleisch,
\Viir8ten und Milch vor und fand in 6 von 100 Wurstproben der verschiedensten
Provenienz Bakterien, welche sich von den Bakterien der Paratyphus B-Gruppe weder
kulturell noch morphologisch unterscheiden liefien. Diese 6 Wiirste hatten nachweisbar
keine Gesundheitsstorungen hervorgerufen, und wurde z. B. eine derselben von Hiibener
und seiner Fnmilie ohne jedwede Bchadigung genossen. Die aus dem Innern der
Wiirste kultivierten Paratyphusstiimme waren nur fur Mause pathogen. Hiibener
schloB aus seinen Befunden, daB diese Keime aueh bei Menschen, welche solehe Wurst-
oder Fleischwaren konsuraieren, vorubergehend wenigstens vorhanden sein wiirden, und
stellte diesbeziigliche Untersuchungen an. Er erhielt aber bei 180 Personen ein negatives
Resultat und fiihrte dieses darauf zuriick, daB einerseits in den unteren Darmabschnitten
keine Vermehrung dieser Keime mehr erfolgt und andererseits diese durch Stoffwechsel-
produkte von Darmbakterien vielleicht abgetotet wurden; er schlieBt aber nicht aus,
daB bei Storungen der Magen-Darmtatigkeit diese Keime auch pathogen werden konnen.
Rimpau (3b) untersuchte eine vollig einwandfreie Leberwurst, die keine Gesund¬
heitsstorungen bei inren Konsumenten hervorgerufen hatte, und fand darin Paratyphus B-
Bacillen.
Rommeler (37) verwendete bei seinen Untersuchungen ein Anreicherungsver-
fahren, durch welches auch sparliche Paratyphuskeime nachgewiesen werden konnten.
Er fiigte der Wurst- oder Fleischprobe in einer Petri - Schale reichlich sterilisierte
physiologische Kochsalzlosung und einige Messerspitzen von sterilisiertem Succus Caricae
Papayae sicc. zu und lieB diese Proben 2 Tage bei 37° im Brutschranke. Hierbei
wurden die Wurststiickchen verdaut und die so erhaltene Fliissigkeit dann baktcriologisch
verarbeitet. Unter 50 Proben von Leber-, Schlack- und Blutwursten sowie Schwarten-
magen fand Rommeler 8mal, unter 8 Hackfleischproben 5mal Paratyphus B-Bacillen.
Die sofortige Untersuchung der Fleisch- oder Wurstproben, ohne Anreicherung, ergab
einen negativen Bcfund, ebenso war nur eiumal der Nachweis der Paratyphuskeime
nach 24-stiindiger Papainverdauung moglich. Rommeler kam zu dem Schlusse, daB
die Menge der in Fleisch- oder Wurstwaren vorhandenen Paratvphusbacilleu nur gering
ist und nicht ausreicht, Gesundheitsstorungen, viel weuiger Fleisch- oder Wurstver-
giftungen hervorzurufen, wenn die Wiirste frisch gegessen werden. Bei langerer Auf-
bewahrung der Wiirste, namentlich wahrend der heiBen Jahreszeit, ist die Befiirchtung
berechtigt, daB eine Anreicherung der Bacillen in der Wurst selbst erfolgt.
Trautmann (33) priifte im vergangenen Winter eine ganze Reihe von Wurst-,
Schinken-, Gansebrust- und Rauchfleischproben svstematisch mit Zuhilfenahme der
Bouillonanreicherung. Aus dem Ergebnisse seiner Untersuchungen folgerte er, daB die
Paratyphusbacillen in den aus unseren Haustieren hergestellten Nahrungsmitteln nicht
durchweg so weit verbreitet sind, wie manchmal angenonimen wurde, und daB man
einen Unterschied zwischen Fleisch- und Wurstwaren machen miisse. Nur in letzteren
diirfen solcho Bacillenfunde nicht iiberraschen, weil im Darme gesunder Schweine
Uhlenhuth und andere Bacillen der Paratyphus B-Gruppe nachgewiesen haben, die
bei der Gewinnung und Aufbewahrung der Rohprodukte in Wurstteile gelangen konnen.
Den Befunden vorangefiihrter Autoren entgegengesetzt waren die Ergebnisse der
Untersuchungen von v. d. Slooten (38) und von Ho 1th (39).
Ersterer untersuchte eine Reihe anscheinend normaler Wiirste bakteriologisch. Er
fand nur Strepto- und Staphylokokken, sowie Bac. sub til is und mesentericus,
nicht aber pathogene Bakterien oder Colibacillen. Aus einer Wurst gelang ihm wohl
der Nachweis eines Bacillus der Hogcholeragruppe, doch erwies sich diese Wurst als
aus dem Fleische eines verendeten Schweines hergestellt.
Holth stellte mit 18 verschiedenen Proben (5 Schinken, 9 Gansebriiste, 1 Blut-
pudding, 2 Leberwurste und 1 geraucherter Lachs) nur Fiitterungsversuche an, die ein
negatives Resultat zeitigten. Bei seinen Untersuchungen stellte aber Holth die
wichtige Tatsache fest, daB weiBe Mause bei ausschlieBlicher Fleischnahrung nach
8 Tagen eingingen, ohne daB durch die Sektion und die bakteriologische Untersuchung
die Ursache zu ermitteln war. Diese Tatsache wurde auch von Uhlenhuth (33) fest-
gestellt. Ebenso ging nach Miihlens und seinen Mitarbeitern (34) eine Kontrollmaus
an spontaner Infektion mit Bac. enteritidis Gartner ein.
Aus der hier mitgeteilten Literaturiibersicht geht hervor. daB hin-
sichtlich des Nachweises von Bakterien aus der Paratyphus B-Gruppe in
unverdorbenen Wurst- und Fleischproben bei den einzelneu Autoren
keine Uebereinstinamung herrscht. Allerdings ist auch die bei den
einzelnen Untersuchungen angewendete Technik verschieden, indem einige
Autoren Fiitterungsversuche machten, andere die Proben kulturell unter-
suchten.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Unentschieden ist auch die Frage, ob solche Wurstwaren, in denen
Paratyphuskeime nachgewiesen wurden, zum Genusse zugelassen werden
diirfen. Die Beantwortuug dieser Frage ist von grofiter Wichtigkeit, da
deni amtlichen Kontrollorgane gegebenenfalls die Weisung zukommen
miifite, derartige Waren auBer Verkehr zu setzen.
Das Bestreben, in diese Frage Klarheit zu bringen, war fur uus die
Veranlassung, eine Reihe von Wurstuntersuckungen im heurigen Sommer
vorzunehmen. Dies um so mehr, als, wie erwahnt, die bisher erhaltenen
Befunde mannigfach voneinander abweichen und bis jetzt einschl&gige
Untersuchungen in Oesterreich noch nicht vorgenommen wurden.
Zur Untersuchung wurden aus den verschiedensten Geschaften des
Stadtgebietes stammende Proben verwendet. Sie waren im Ausseken
einwandfrei, wiesen unveranderten Geruck auf und waren bei einer im
Sinne des Lebensmittelgesetzes vorgenommenen Revision auf Grund des
makroskopischen Befundes nicht zu beanstanden gewesen. Was die
Auswahl dieser tatsachlich zum Verkaufe bestimmt gewesenen Proben an-
belangt, so waren wir darauf bedacht, von samtlichen wahrend der heiBen
Jahreszeit im Handel gefiihrten Wurstwaren Proben zu erlangen, und
zwar nicht nur von im Verkaufsgeschafte des Erzeugers feilgehaltenen,
sondern auch von im Geschafte des Zwischenhandlers (Selchwaren-,
Delikatessen- und Gemischtwarenhandlers) vorratigen Wursten. In
letzteren Geschaften waren wir bestrebt, auch Wiirste auswartiger Pro-
venienz, des Vergleiches wegen, uns zu beschaffen. DaB diese nur Dauer-
waren sein konnten, war nach der Jahreszeit nicht anders zu erwarten.
Was die eingeschlageue Untersuchungstechnik anbelangt, so war
unser Bestreben darauf gerichtet, durch unser Verfahren auch sp&rliche
Keime nachweisen zu konnen, da z. B. Mtihlens und Uhlenhuth
sowie deren Mitarbeiter nur die Gegenwart einer sehr kleinen Anzahl
von Paratyphusbakterien in einzelnen Wtirsten annehmen. Zu diesem
Zwecke erwies sich uns das bereits besprochene Verfahren von Rommeler
geeignet.
Um die Oberflache der Wurstproben rascli und sicher keimfrei zu
machen, bedienten wir uns mit dem besten Erfolge und in nur etwas
abge&nderter Form des von Conradi (32) ftir die bakteriologische
Fleischbeschau empfohlenen Verfahrens.
Es gestaltete sich die Technik folgendermaBen: Ein Metallkessel
wurde bis zum oberen Drittel mit Prima-Jaffa-Sesamol gefullt und dieses
auf 200° erhitzt. In diesem wurden zuerst die zum Erfassen und Zer-
kleinern der Probe notigen Instrumente sterilisiert und nun die be-
treffende Wurstprobe, je nach der Dicke derselben und der Beschaffen-
heit der Wursthiille, in der Dauer von V 4 — 1 Minute in das Oelbad
vollstandig versenkt. Hierauf wurden von verschiedenen Partien des
Wurstinneren mehrere wtirfelformige Stucke entnommen, in eine hohe
Petri -Schale gelegt, mit steriler Kochsalzlosung iibergossen und in
derselben zerkleinert. Sodann wurden einige Messerspitzen des (zuvor
bei 150° sterilisierten) Succus Caricae Papayae siccatus (Merck) zugesetzt.
Eine Sterilisierung desselben war uneriaBlich, weil er Kokken, Bac.
subtilis und andere sporenbildende Bacillen enthielt. Die so beschickten
Petri-Schalen wurden nun durch 48 Stunden im Brutschranke ge-
halten, nach welcher Zeit die Wurstpartikelchen beinahe vollstandig ver-
daut waren.
Von der so erhaltenen Fliissigkeit wurden Kulturen auf Agar und
Conradi-Drigalskischem Nahrboden angelegt. Erstere Kulturen
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Komma, LJeber den Nachweis der Paratyphusbnkterien in Wurstwaren etc. 5
waren nicht verwendbar, da zufallig vorhandene F&ulniskeime, Bac.
subtilis, mesentericus etc. die Platten rasch und vollstandig iiber-
wuclierten. Es wurde daher, abgesehen von den ersten Versuchen, mil¬
der Conradi-Drigalskische Narboden zur Kultur verwendet. Bei
den ersten Untersuchungen versuchten wir auBerdem das von Conradi
angegebene Anreicherungsverfahren fur Typhusbacillen in der Art, daB
wir kleine Wurststuckchen in sterile Galle einbrachten und die Rohrchen
24 Stunden im Brutschranke hielten. Wir bekamen hierbei jedoch keine
positiven Resultate, offenbar deshalb nicht, weil in die verwendeten
Gallenrohrchen nur eine sehr kleine Menge Untersuchungsmaterial ein-
gebracht werden konnte. Wie nun auch anderwfirts angestellte Versuche
ergaben, koramen in den Wiirsten etwaige vorhandene Keime der Para-
typhus B-Gruppe nur ungleich verteilt und, wie bereits erwfihnt, oft auch
nur in geringer Zahl vor, so daB bei Verarbeitung zu kleiner Wurst-
stiickchen auf ein positives Ergebnis eigentlich gar nicht gerechnet werden
kann, ein solches sonach ein Zufall gewesen ware. Wir sahen daher fur
unsere Zwecke von einer Anreicherung nach Conradi ab.
Zu Beginn unserer Versuche orientierten wir uns daruber, ob der
von uns eingeschlagene Untersuchungsgang fur unsere Zwecke ausreicht
Oder ob vielleicht andere allenfalls in der Wurst vorhandene Keime den
Nachweis von Paratyphusbakterien unmoglich machen wiirden. Um dies
festzustellen, versetzten wir die mit Wurststtickchen beschickte Flussig-
keit mit einer dfinnen Aufschwemmung von Paratyphusbacillen, lieBen
nunmehr den Succ. Car. Papayae einwirken und nahmen nach einge-
tretener Verdauung der Wurststiicke die bakteriologische Untersuchung
der erhaltenen Fliissigkeit vor. Tatsachlich gelang es auch, die Para¬
typhusbacillen wieder herauszuzuchten. Der Ausfall dieser Vorversuche
zeigte, daB das oben geschilderte Verfahren tatsBchlich fflr den Nachweis
allenfalls in einer Wurst vorhandener Paratyphuskeime geeignet ist.
Es wurden nun in dieser Weise 102 Proben untersucht; die er-
hobenen Befunde sind in Tabelle I zusammengestellt.
Zu derselben ist zu bemerken, daB das untersuchte Material in
2 Hauptgruppen angeordnet ist Wir unterscheiden frische und Dauer-
wiirste, bei ersteren auch, ob ohne weiteres efibar oder erst nach er-
folgtem Abkochen. Es sind ferner die Fleischarten beriicksichtigt, und
werden aus reinem Rindfleische oder aus Pferdefleisch (letzteres hoch-
stens mit Speckstiicken versetzt) erzeugte, sowie aus Gemengen ver-
schiedener Fleischarten bestehende Wiirste unterschieden. Die nur aus
Rindfleisch erzeugten Wiirste stammten aus Geschaften, die nur rituell
geschlachtete Rinder verarbeiten diirfen (s. Tabelle I).
Wie aus der Tabelle hervorgeht, fanden wir in den untersuchten
Proben mehrmals Bac. subtilis und verschiedene Kokken etc. Wir
wollen auf diese Befunde jedoch nicht naher eingehen, da sie fiir die
vorliegende Frage nicht weiter in Betracht kommen und iiberdies bei der
eingeschlagenen Untersucliungstechnik nicht verwertbar sind. Sicherlich
hatten wir diese und andere Keime viel haufiger angetroffen, wenn wir
entsprechende Nahrboden verwendet hatten. W T ir haben aber mit Ab-
sicht einen elektiven Nahrboden beniitzt, um solche gleichgiiltige Keime
nach Moglichkeit auszuschalten.
In einer Anzahl von Fallen fanden wir nun Keime, die auf Grund
der genaueren Bestimmung als Bact. coli, bezw. als Bakterien der
Paratyphus B-Gruppe zu bezeichnen waren. Zur genaueren Bestimmung
derselben dienten die Kulturen auf Gelatine, Agar, in Bouillon, Milch,
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Ceutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Tabelle I.
Provenienz
Art der Wiirste
Oesterreich
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mierbar
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Krakauer Wurst
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Bac. subtilis
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durre oder trockene W.
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PreBwurst
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Bact. coli
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Leberwurst
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Braunschweiger Wur3t
Krakauer Wurst
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Kokken
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1
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Extrawurst
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Salami
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9
Zervelatwurst
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kleine Wiirstel
i
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1
Paratyphusbakterien
und Bact. coli
11
PreBwurst
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1
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Bact. coli und Kokkec
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Leberwurst
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Paratyphusbakterien
13
durre oder trockene W.
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14
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Paratyphusbakterien
15
Leberwurst
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Bact. coli
16
Zervelatwurst
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Paratyphusbakterien
und Bact. coli
17
kleine Wiirstel
.
1
.
1
.
Bact. coli
18
Braunschweiger Wurst
•
.
•
•
. ,
1
.
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•
Paratyphusbakterien
19
Teewurst
1
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auf Kartoffel, in Traubenzuckerbouillon, Lackmusmolke, auf Conradi-
D ri gal ski schem Nahrboden, Neutralrotagar und in Mannit-Nutrose-
losung; ferner die Agglutination durch ein Paratyphus A- und ein Para-
typhus B-Immunserum (die Sera gewannen wir durch Immunisierung
von Kaninchen mit sicheren Laboratoriumsstammen) und die Priifung
ihrer Pathogenitat fur weifie Mause. Bei alien diesen Priifungen verhielten
sich die gefundenen StSmme vollig gleich, so daB sich eine genaue Be-
schreibung jeder einzelnen Iiultur eriibrigt. Die erhobenen Befunde sind
in Tabelle II zusammengestellt.
Dieser Tabelle ist nur hinzuzufugen, daB bei den einzelnen Para-
typhusstammen der Umschlag der Lackmusmolke in einem verschiedenen
Zeitraume (zwischen 10—14 Tagen) erfolgte; dasselbe gilt von der Auf-
hellung der Milch, welche bei mehreren Stammen auch ausblieb.
Zur Priifung der Pathogenitat der Bakterien aus der Paratyphus B-
Gruppe wurde weiBen Mausen intraperitoneal 1 ccm einer dichten Koch-
salzaufschwemmung des jeweilig zur Priifung gelangenden Stammes in-
jiziert. Die Mause gingen gewohnlich binnen 24 Stunden ein, bei einigen
Stammen erst nach 36 Stunden bis 4 Tagen. Sie zeigten struppiges
Haarkleid, verklebte Augen, reagierten nur wenig auf auBere Einfliisse
und blieben geraume Zeit, oft stundenlang, regungslos liegen. Dieser
Zustand hielt dann bis zum Exitus an. Dauerte die Krankheit mehrere
Tage, so magerten die Tiere auch ab. Nahrungsaufnahme war anfangs
noch vorhanden, unterblieb aber vollstandig bei starkerer Intensitat der
Krankheitserscheinungen. Die Sektion ergab zumeist meteoristische Auf-
treibungen der 'dunnen Gedarme und eine starkere Injektion der Serosa
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Tabelle II.
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derselben. Die Milz war in alien Fallen bedeutend vergroBert und
dunkel- bis schwarzrot; manchmal war auch die dunkelbraun verfarbte
Leber vergroBert. In den aus der Milz, Leber und dem dunkelfarbigen,
nicht geronnenen Herzblute angefertigten Abstrichpr¶ten lieBen sich
grainnegative Stabchen nachweisen; auf den mit Herzblut beschickten
Drigalski-Platten wuchsen zuraeist Reinkulturen der injizierten Bak-
terien.
Der Nachweis der Paratyphusbakterien in den unter-
suchten Wflrsten gelang in 30 Fallen, der des Bact coli
in 35 Fallen, darunter 22mal gleichzeitig mit den Para-
typhuskeimen. In frischen, sofort konsumierbaren Wursten fand sich
llmal, in frischen, erst nach dem Abkochen verwendbaren Wursten
5mal, in Dauerwflrsten llmal Paratyphusbakterien. Unter 74 direkt im
Verkaufgeschafte der Erzeuger beschafften Proben wurden 17mal, unter
26 Proben auswartiger Provenienz 6mal diese Keime festgestelt. Unter
11 Proben von reinen Rindfleischwiirsten ergab sich 2mal die Gegen-
wart dieser Bacillen neben Bact. coli, unter 8 Pferdefleischwflrsten
einmal Paratyphusbakterien. Bact. coli wurde in frischen, sofort kon¬
sumierbaren Wflrsten 12mal, in frischen, nach dem Abkochen zum Genusse
gelangenden Wursten 8mal und in Dauerwflrsten 15mal nachgewiesen.
Soweit in den untersuchten Wflrsten Bact. coli nachgewiesen
wurde, ist diesen Befunden nichts hinzuzufflgen; anders bezflglich jener
Keime, die wir bisher als Bakterien der Paratyphus B-Gruppe bezeich-
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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 1.
neten. Sie entsprachen, wie Tabelle II zeigt, in ihrem morphologischen,
kulturellen und biologischen Verhalten vbllig dem Bac. paratyphi B,
doch ist es derzeit, wie iibereinstimmend fast von alien Autoren (z. B.
Uhlenhuth, Rimpau, Hiibener, Trautmann, Kutscher) an-
gegeben wird, nicht mbglich, denselben von einzelnen Bakterien der Hog-
choleragruppe, so besonders vom Bac. suipestifer, zu trennen. Mit
unseren heutigen kulturellen und iramunisatorischen Priifungsmethoden
finden wir zwischen Paratyphusbakterien, Mausetyphus- und Psittakose-
bacillen keine Unterschiede, solche ergeben sich nur durch ihre Patho-
genitatsverhaltnisse.
Auch in dieser Beziehung besteht noch manche Unklarheit. Nacb
der Auffassung einiger Autoren sind die angeblich bei Menschen beob-
achteten Mausetyphusinfektionen tats&chlich Paratyphusinfektionen ge-
wesen. Andererseits haben Ritter, Nocard (40) u. a. gefunden, daft
die sonst nur fur Papageien pathogenen Psittakosebacillen unter Um-
st&nden schwere Erkrankungen beim Menschen herbeifiihrten. Die Tat-
sache aber, daB es bis jetzt weder gelang, Paratyphusepidemieen mit
dem Auftreten der doch als Epizootie so verbreiteten Schweinepest in
Zusammenhang zu bringen [in dem Falle Tiberti (15) werden die
gefundenen Krankheitserreger nicht direkt als Bac. suipestifer an-
gesprochen], daB ferner noch nie durch Paratyphuskeime hervorgerufene
Epizootieen, sondern nur gelegentlich sporadische Infektionen von Rindern,
Schweinen und Pferden durch die menschenpathogenen Paratyphus-
bacillen beobachtet wurden, wurde dafflr sprechen, daB Bac. sui¬
pestifer und Bact. paratyphi B verschiedene Keime sind. Die
bereits angefuhrte Tatsache, daB uns eine Unterscheidung beider Arten
noch nicht moglich ist, gestattet bei unseren vorgeschilderten Befunden
keine feste bakteriologische Diagnose. Wir miissen uns darauf beschrSnken,
allgemein von Paratyphusbakterien zu sprechen, betonen aber ausdriick-
lich, daB wir es unentschieden lassen, ob hier der echte, menschen-
pathogene Paratyphus B-Bacillus Oder etwa der Bac. suipestifer
vorliegt.
DaB wir bei unseren Untersuchungen h&ufiger als andere Autoren
diese Keime in Wurstwaren nachweisen konnten, wird nicht iiberraschen;
war es doch zu erwarten, daB im Hochsommer vorgenommene Wurst-
untersuchungen, offenbar infolge von Anreicherung der Keime im Innern
der Wurste, derartig ausfallen werden. Die Rommelersche An-
reicherungsmethode erleichterte jedenfalls bedeutend den Nachweis dieser
Keime. Wenn ein grofier Teil der Proben ein negatives Resultat gab T
so mag dies beweisen, daB Paratyphusbacillen nicht in alien Wurstwaren
zu finden sind. Es ist aber zu bedenken, daB sie bisweilen nur sparlich
vorhanden sein und dann leicht dem Nachweise entgehen konnen. So
zeigten ja Uhlenhuth und seine Mitarbeiter (20) in einer eingehenden
Arbeit, daB „insbesondere in Wfirsten Vertreter der Paratyphus B-Gruppe
nur sparlich angetroffen wurden und daB sie nicht in jeder von ein und
derselben Wurst an ein und demselben Tage entnommenen Probe nach-
zuweisen waren, so daB es also rein vom Zufalle abhangt, ob man bei
einer einmaligen Untersuchung gerade die betreffende bakterienbaltige
Stelle der Wurst zur Verarbeitung erwischt u .
Es ware nunmehr die Frage zu erortern, auf welche Weise sich das
Vorkommen von Bakterien aus der Paratyphus B-Gruppe in Wiirsten
erklaren laBt. Wie bereits an anderer Stelle erwhhnt, haben Uhlen¬
huth u. a. auch im Darme gesunder Tiere Paratyphusbakterien naeh-
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Komma, Ueber den Nachweis der Paratyphusbakterien in Wurstwaren etc. 11
gewiesen. Es ist also die MSglichkeit gegeben, daB diese Bakterien
durch die Verwendung von Gedarmen und insbesondere Lymphdrflsen
in die Schlachtprodukte gelangen. Es kann aber auch vorkommen, daB
zur Wurstfabrikation Fleisch von Tieren verwendet wird, die eine spezi-
fische Erkrankung flberstanden haben. Uhlenhuth und seine Mitarbeiter
konnten nachweisen, daB gerade bei solchen Tieren, welche die Schweine-
pest bereits flberstanden hatten, Oder nicht offensichtlich krank waren,
sich zahlreiche derartige Keime in den inneren Organen und im Fleische
nachweisen lieBen.
Da die Paratyphus B-Bacillen bezw. ihnen ahnliche Bakterien der-
selben Gruppe, nach Lange, Bugge (41), Scheller, Morgan (24),
Uhlenhuth, Hflbener, Conradi u. a. im Darme gesunder und
kranker Kalber, in der Kuhmilch, in einzelnen Organen von KSlbern,
in der Rindermuskulatur aufgefunden wurden, so ist auch die leichte
MSglichkeit der Infizierung von Rindfleisch gegeben, ganz abgesehen
davon, daB eine Infektion von Wurstwaren wflhrend der Produktion auch
aus der AuBenwelt erfolgen kann.
Es entsteht nun die weitere Frage, ob dem Nachweise von Para¬
typhusbakterien in Wflrsten eine praktische Bedeutung zukommt, d. h.
ob derartige Wurstwaren, in welchen diese Bakterien gefunden werden,
zum Genusse zugelassen werden dflrfen, eine Frage, welche auf der dies-
jahrigen Tagung der freien Vereinigung fflr Mikrobiologie eingehend er-
ortert wurde, ohne einer Entscheidung zugefflhrt worden zu sein.
Ostertag (42) gab im Vorjahre der Ansicht Ausdruck, daB erst
durch Auffindung von Bakterien in derTiefe groBerer Fleischstflcke
die Berechtigung gegeben sei, derartiges Fleisch als gesundheitsschadlich
zu bezeichnen, weil ein derartiger Befund eine septische Allgemein-
erkrankung vermuten lasse.
Uhlenhuth lieB gelegentlich der bereits erwShnten Debatte die in
Rede stehende Frage offen. Er meint einerseits, daB „Paratyphusbak-
terien im Fleische und anderen Nahrungsmitteln.in geringen
Mengen aufgenommen, auch wohl nicht schaden werden“, hebt aber
andererseits hervor, daB in der Beurteilung paratyphushaltigen Fleisches
Vorsicht geboten sei, solange wir nicht die gefahrlichen von den nicht-
gefahrlichen Paratyphus-B-Bakterien unterscheiden konnen.
Auch unsere Erfahrungen sprechen im wesentlichen im gleichen Sinne.
Es steht fest, daB in den betreffenden Geschaften, aus welchen wir
die untersuchten Proben bezogen, zur selben Zeit Wfirste der gleichen
Art und gleichen Provenienz in groBerer Zahl verkauft und daher auch
von einer grSfieren Zahl von Personen gegessen worden sind. Waren
nun bei denselben Erkrankungen oder gar Erscheinungen der Fleisch-
oder Wurstvergiftung aufgetreten, so hatte das bei den hierorts be-
stehenden sanitaren Verhaltnissen zweifelsohne nicht verborgen bleiben
konnen. Tats&chlich kamen innerhalb der in Betracht kommenden Zeit
in keinem der hiesigen Krankenhfluser entsprechende Krankheitsf&lle zur
Beobachtung oder zur Aufnahme, und auch in der Privatpraxis wurden,
soweit unsere Kenntnis reicht, solche Falle nicht beobachtet.
Diese Tatsache zwingt zu der Annahme, daB nicht alle Bakterien
der sogenannten Paratyphusgruppe menschenpathogen sind, und daB die
Konsumierung frischer, einwandfreier Wtirste, auch wenn in ihnen
spflrliche Keime dieser Gruppe vorhanden sind, in der Regel keine Er¬
krankung auslSst (vgl. auch Rommeler, p. 6); mSglicherweise spielen
hier die Menge der aufgenommenen Infektionskeime bezw. ihrerToxine,
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12 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 1.
vielleicht auch eine gewisse individuelle Resistenz der Menschen eine
Rolle.
Wir kommen damit zu dem Schlusse, daB der Nach-
weis von Paratyphusbakterien in Wiirsten uns nicht be-
rechtigt, diese Nahrungsmittel dem Verkehre zu ent-
ziehen, solange wir nicht eine Methode kennen, um
pathogene Keime dieser Gruppe von nicht pathogenen
zu unterscheiden.
Von mancher Seite wurde die Moglichkeit erortert, ob nicht aviru-
lente Bakterien dieser Gruppe unter Umst&nden virulent werden konnten,
so z. B. bei langerer Aufbewahrung rohen, infizierten Fleisches (vgl.
Trautmann, Uhlenhuth etc.), doch haben einschlagige Unter-
suchungen noch nicht zu eindeutigen Resultaten geftihrt.
Fur die Frage der Praxis kommt ferner in Betracht, daB die be-
treffenden Wurstwaren vielfach vor dem Genusse gut gebraten oder ge-
kocht, zumeist auch schon wahrend der Erzeugung gekoclit und manch-
mal auch wiederholt gerauchert werden. Tatsachlich wurden Fleisch- und
Wurstvergiftungen zumeist in jenen Landern beobachtet, in welchen
Fleisch oder Wilrste haufig roh gegessen werden. Die wiederholten
Koch- und Raucherungsprozesse dflrften wohl die Virulenz der Para-
typhuskeime und ihre Toxine abschwachen. Allerdings dtirfen wir den
EinfluB dieser Prozesse nicht uberschatzen, da nach Konig die Para-
typhus B-Bacillen hitzebestandige Toxine bilden kbnnen und nach
B. Fischer diese Keime 10—20 Minuten lang eine Erhitzung auf 70°
vertragen, eine Temperatur, die gewohnlich im Innern grofierer Fleisch-
stucke beim Kochen und Braten nicht erreicht wird.
Wenn aus dem Ergebnisse unserer bakteriologischen Untersuchung
bis jetzt wenigstens nicht auf die Unzuiassigkeit derartiger, Paratyphus-
keime enthaltender Waren geschlossen werden darf, so konnen wir die
erhaltenen Resultate doch in anderer Hinsicht verwerten. Sie lassen
namlich immerhin einen SchluB auf den Grad der Verunreinigung wahrend
der Gewiunung und Aufbewahrung der Wurstbestandteile, sowie wahrend
der Fabrikation der Wiirste zu, da, wie bereits ausgefflhrt, diese Keime
in der Regel wohl aus dem Darmtrakte der verwendeten Tiere stammen.
Finden wir demnach diese Bakterien zahlreich in
fertigen Produkten. so laBt dies in fast alien Fallen
folgern, daBFehler irgendwelcherArt im Betriebeunter-
laufen sind. Ich hatte z. B. wahrend meiner Tatigkeit als Lebens-
mittelkontrollorgan durch ein Dezennium hindurch wiederholt Gelegenheit
zu beobachten, daB die Anschauungen iiber Reinlichkeit und Sauberkeit
bei den in Betracht kommenden Gewerben oft mangelhafte sind. Oefters
konnte ich aber auch feststellen, daB die anscheinend selbstverstandliche
Forderung nach Verarbeitung nur vollstandig einwandfreien Materials
dadurch umgangen wurde, daB verkaufsunfahig gewordenes oder ander-
weitig verdorbenes Fleisch besonders gern zu Dauerwfirsten verwendet
wurde, wobei der veranderte Geruch und Geschraack durch vermehrten
Gewtirzzusatz und starkes Rauchern fflr die Konsumenten verdeckt wurden.
Es ware hierbei auch auf die Erfahrungen, die durch die Schlacht-
vieh- und Fleischbeschau gewonnen wurden und auf die derselben noch
anhaftenden Mangel hinzuweisen. Wahrend bei der Sachverstandigen-
Beschau hbchstens okkulte Faile der Schweinepest der Beanstandung ent-
gehen konnen, sei es daB der KrankheitsprozeB bereits abgelaufen ist,
sei es daB noch keine makroskopisch sichtbaren Veranderungen vorhanden
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Komma, Ueber den Nachweis der Paratyphusbakterren in Wurstwaren etc. ]3
sind, werden zweifelsohne bei der Laienfleischbeschau geringe Verande-
rungen aufweisende Schweine gesund befunden werden. Falls sie dann
im ausgeweideten Zustande in St&dte zur Einfuhr gelangen, werden sie
auch bei der Ueberbeschau, da auch diese bisher nur makroskopisch er-
folgt, nicht zu beanstanden sein.
Wenn solche Tiere dann verarbeitet werden, kann ein bakteriologischer
Befund, wie er bei vorliegenden Untersuchungen erhoben wurde, sicher-
lich nicht iiberraschen.
Sowie also eine einheitliche, durchgreifende und nur von entsprechend
geschulten Fachorganen ausgeubte Fleischbeschau unerlaBlich erscheint,
so wird es sich auch aus prophylaktischen Griinden empfehlen, in ein-
schlagigen Betrieben gelegentlich Stichproben vorzunehmen und der
bakteriologischen Uutersuchung zuzufiihren. Eine derartige Kontrolle
wiirde uns die Moglichkeit bieten, eine groBere Reinlichkeit und Sorgfalt
in den in Betracht koramenden Betrieben zu erzielen.
Den besten Beweis fur die Richtigkeit dieser Annahme liefert die
Tatsache, daB wir auch bei wiederholter bakteriologischer Untersuchung
von Produkten, die aus modernen, den Anforderungen der Hygiene ent-
sprechenden Betrieben stammten, stets negative Resultate erhielten.
Mit vollem Recht schlieBt Rimpau seine vorjShrige, den einschl&gigen
Gegenstand behandelnde Publikation mit den Worten:
„Einwandfreier Nahrungsmittelbetrieb, Erziehung der BevQlkerung
zur Sauberkeit, Aufkl&rung iiber die einfachsten hygienischen Forderungen,
miissen die Losung sein im Kampfe gegen die Verbreitung des Typhus
und Paratyphus. 11
Dies mbge auch das Leitmotiv des modern geschulten Tierarztes bei
der Ausiibung der Nahrungsmittelkontrolle sein.
Literatur.
1) Achard et Bensaude, Soc. m4d. de h5p. de Paris. 27. Nov. 1896; Compt. rend,
soc. biol. 1896.
2) Widal et Nob^court, Bern. m&i. 1897. p. 285 u. 335.
3) Schottmuller, Weitere Mitteilungen uber mehrere das Bild des Typhus bietende
Krankheitsfalle, hervorgerufen durcn typhusahnliche Bacillen. (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. 36. 1900. p. 368.)
4) Kutscher, K. H., Paratyphus. (Handb. d. path. Mikroorganismen v. Kolle u.
Wassermann. I. Erg.-Bd. p. 655.)
5) Trautmann, H., Der Bacillus der Diisseldorfer Fleischvergiftung und die ver-
wandten Bakterien der Paratyphusgruppe. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 45. 1903. p. 139.)
6 ) Fischer, B., Zur Aetiologie der sogenannten Fleischvergiftungen. (Zeitschr. f.
Hyg. Bd. 39. 1902); Zur Epidemiologie des Paratyphus. (Festschr. z. 60. Geburts-
tage v. Robert Koch. Jena 1904; zitiert nach Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref.
Bd. 35. p. 260.)
7) Levy, E. u. Fornet, W., Nahrungsmittelvergiftung und Paratyphus. (Central-
blatt f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 41. 1906. p. 161.)
8 ) Ulrich, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 53. 1906; zitiert nach Wiirzbuiger Abh. a. d. Ge-
samtgeb. d. prakt. Med. Bd. 8. 1908. Heft 3/4.
9) Abraham, Miinchn. med. Wochenschr. 1906. No. 50. p. 2466; zit. nach Wiirz-
burger Abh. Bd. 8. 1908. Heft. 3/4.
10) Kutscher, K. H., Eine Fleischvergiftungsepidemie in Berlin infolge Infektion mit
dem Bacterium paratyphi B. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 55. 1906. p. 331.)
11) Jakobson, Ueber eine Epidemie von Fleischvergiftung im Osten Berlins. (Berl.
klin. Wochenschr. 1907. No. 12; zit. nach Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Ba. 40.
1907. p. 741.)
12) Heller, 0., Bakteriologische Befunde bei einer Fleischvergiftungsepidemie. (Cen¬
tral blatt f. Bakt. Abt. 1. Orig. Bd. 43. 1907. p. 146.)
13) Fromme, Albert, Ueber eine Fleischvergiftung durch Paratyphus B. (Central-
blatt f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 43. 1907. p. 775.)
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14
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
14) Eckersdorff, Kasuistische Beitrage zum Vorkommen von Bacillen der Paratyphus-
(Hogcholera-)Gruppe. (Arb. a. d. Inst. f. experim. Therapie zu Frankfurt a. M.
Heft 4. 1908; zit. nach Oentralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 43. 1909. p. 182.)
15) Tiberti, N., Bakteriologische Untersuchungen iiber eine Fleischvergiftungsepidemie.
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. 60. 1908. p. 41.)
16) Bingel, Adolf, Beitrag zur Klinik und Bakteriologie des Paratvphus. (Miinchn.
rued. Wochenschr. 1909. p. 1725; zit. nach Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 43.
1909. p. 186.)
17) Konig, H., Zur Frage der Fleischvergiftungen durch den Bacillus paratyphi B.
(Centralbl f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 50. p. 129.)
18) Brumraund, Bericht uber eine Fleischvergiftungsepidemie. (Centralbl. f. Med.-Be-
ainte. 1909. No. 10; zit. nach Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 44. 1909. p. 286.)
19) Gaehtgens W., Ueber die Bedeutung des Vorkommens der Paratyphusbacillen
(Typus B). (Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamte. Bd. 25. 1907. p. 203; zit. nach Cen-
tralblatt f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 40. 1907. p. 741.")
20) Uhlenhuth. Hubener, Xylander u. Bohtz, VVeitere Untersuchungen iiber
das Wesen und die Bekiimpfung der Schweinepest init besonderer Beriicksichtigung
der Bakteriologie der Hogcholera-(Paratyphus B-)Gruppe, sowie ihr Vorkommen in
der Aufienwelt. (Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamte. Bd. 30. 1909. Heft 2. p. 217.)
21) Rimpau, W., Beitrag zur Frage der Verbreitung der Bacillen der Paratyphus-
gruppe. (Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamte. Bd. 30. 1909. Heft 2. p. 330.)
22) Conradi, H., Ueber alimentiire Ausscheidung von Paratyphusbacillen. (Klin.
Jahrb. Bd. 6. 1909. Heft. 2; zit. nach Centralbl. f. allg. Path. Bd. 20. 1909. No. 18.)
23) Uhlenhuth, Dtsche militiirarztl. Wochenschr. Vereinsbeil. 1907. No. 11.
24) Morgan, The British med. Journ. 1905. XIV. intern. Kongr. f. Hyg. u. Domo-
graphie. Bd. I.
25) Zeller, Untersuchungen uber 40 aus kranken Kalbern geziichtete Stamme der Para-
tvphusgruppe. (Zeitschrift f. Infektionskrankh. d. Haustiere. Bd. 5. 1909. p. 361.)
26) Schmitt, F. M., Zur Aetiologie des seuchenhaften Kalbersterbens. Der Bacillus
paratyphosus B als Krankheitserreger bei Kalbern. (Dtsche tieriirztl. Wochenschr.
1908. p. 685.)
27) Dieudonne, A., Die bakteriellen Nahrungsmittelvergiftungen. (Wiirzburger Abh.
Bd. 8. 1908. p. 39.)
28) Beiffert, G., Btudien zur Salmonellagruppe (Paratyphus B-Gruppe). (Zeitschr. f.
Hyg. Bd. 63. 1909. p. 273.)
29) Rommeler, Paratyphusbacillen im Transported der Seefische. (Dtsche med.
Wochenschr. 1909. p. 886.)
30) -, Kommen in Blut und Gallenblase gesunder Schweine Schweinepestbacillen
vor? (Klin. Jahrb. Bd. 21. 1909. Heft 4; zit. nach Centralbl. f. allg. Path. 1909.
No. 19.)
31) Conradi, H., Eiskonservierung und Fleischvergiftung. (Munch, med. Wochenschr.
1909. p. 909.)
32) -, Eine neue Methode der bakteriologischen Fleischbeschau (Zeitschr. f. Fleisch-
u. Milchhyg. Jahrg. 19. 1909. p. 341.)
33) Originalbericht iiber die 3. Tagung der freien Vereinigung fur Mikrobiologie in Wien
am 3.—5. Juni 1909. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 44. [Beild.)
34) Miihlens, Dahm u. Fiirst, Untersuchungen uber Bakterien der Enteritisgruppe
8 (Typus Gartner und TypuB FlQgge), insbesondere uber die sogenannten Fleischver-
ftungserreger und die sogenannten Rattenschadlinge. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I.
rig. Bd. 48. 1909. p. 1.)
35) Hubener, Ueber aas Vorkommen von Bakterien der Paratyphus B-Gruppe in der
AuOenwelt. (Dtsche med. Wochenschr. Jahrg. 34. 1908. p. 1044.)
36) Rimpau, W., Zur Frage der Verbreitung der Bacillen der Paratyphusgruppe.
(Dtsche med. Wochenschr. Jahrg. 34. 1908. p. 1045.)
37) Rommeler, Ueber Befunde von Paratyphusbacillen in Fleischwaren. (Centralbl.
f. Bakt. Abt I. Orig. Bd. 50. 1909. p. 501.)
38) v. d. S loo ten, I. C., Bakteriologische Wurstuntersuchung. [Inaug.-Diss.] Bern
1907; zit nach Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 43. p. 193.
39) Holth, Halfdan, Fiitterungsversuche an weiflen Mausen mit Fleischwaren ver-
schiedeuer Herkunft. (Centralbl. f. Bakt Abt. I. Orig. Bd. 49. p. 611.)
40) Ritter et Nocard, Nocard et Leclainche, Maladies microbiennes. Paris 1903.
41) Bugge, Die bakteriologische Untersuchung von Fleisch notgeschlachteter Tiere.
(Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. 1908. Heft 5.)
42) Ostertag, Was bedeutet der Befund eines Bakteriums mit den Eigenschaften des
Bacillus paratyphosus B in Fleisch? (Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. Jahrg. 19.
1908. p. 102.)
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Saul, Ueber Beziehungen der Acari zur Geschwulstatiologie.
15
yachdruclc verboten.
Untersuchungen liber Beziehungen der Acari
zur Geschwulstatiologie 1 ).
Von Dr. E. Saul, Berlin.
Mifc 3 Tafeln.
Borrels 2 ) Mitteilungen iiber Acari, die er in Carcinomen des Ge-
sichtes und der Mamma fand, haben die Aufmerksamkeit der Krebs-
forscher auf eine Klasse von Schmarotzern gelenkt, die in den Diskus-
sionen uber die Aetiologie des Krebses bisher niemals genannt wurden.
Nach Borrels Angaben sind fiir den Nachweis der Acari nur sehr
kleine Carcinome geeignet, deren Durchmesser 1—3 mm betragt. Da
derartige Tumoren klinisch nicht manifest werden, so kamen fiir Borr el
nur Carcinome in Betracht. die vermoge ihres Sitzes an der auBeren
Korperdecke in sehr frilhen Entwickelungsstadien erkannt werden konnen.
Dieser Umstand begriindet aber den Einwand, daB es sich bei den Be-
funden Borrels urn nachtragliche Einwanderungen gehandelt hat. Die
gefundenen Acari bezeichnet Borrel als Demodex-Milben. Da
diese als unmittelbare Krankheitserreger erfahrungsgemafi nicht gelten
kSnnen, so macht er die Annahme, daB eine Species der Gattung
Demodex insofern Beziehung zur Aetiologie des Carcinoms habe, als
sie der Uebertrager des Krebsvirus sei. Es muB aber hervorgehoben
werden, daB Borrel in seinen Schnittpr3paraten die gefundenen Milben
weder mit der Gattung Demodex identifizieren, noch davon unter-
scheiden konnte. Auch lehren die biologischen Erfahrungen, daB Milben
der Gattung Demodex als Zwischenwirte nicht fungieren. Dagegen
werden in der Pflanzenpathologie Milben genannt, die an und fiir sich
Geschwulsterreger sind, z. B. die Milben der Gattung Eryophyes und
diejenigen der Gattung Tarsonemus. Wenn daher Borrel irgend-
welchen Milben Bedeutung fiir die Geschwulstatiologie des Menschen
und der Tiere beilegen will, so ist er vor die Aufgabe gestellt, nach-
zuweisen, daB dieselben nicht zur Gattung Demodex gehdren, sondern
zu denjenigen Gattungen, welchen die geschwulsterregenden Milben an-
gehoren. AuBerdem ergeben sich folgende Fragen:
1) Sind Milben auch in Carcinomen nachweisbar, die mit der AuBen-
welt nicht in direktem Kontakt stehen?
2) Gestatten die klinischen und histologischen Erfahrungen, Milben
for die Geschwulstatiologie bei Mensch und Tier in Anspruch zu nehmen?
Da ich seit langer Zeit mit Untersuchungen iiber die Aetiologie und
Biologie der Tumoren beschaftigt bin, so gaben mir Borrels Befunde
Veranlassung, auf die Acari der Geschwiilste besonders zu achten.
Den ersten Acarus fand ich vor etwa 2 Jahren in einem Geschwulst-
partikel, das einem Ovarialcarcinom des Menschen entstamrate. Ich hielt
diesen Befund fiir eine Verunreinigung, da mir in meiner frQheren Unter-
suchung (1903/1904) niemals derartige Organismen begegnet waren.
Allerdings handelte es sich bei meinem Tumormaterial nicht urn kleine
Geschwiilste, wie in den Fallen Borrels, sondern um groBe Tumoren
1) Vgl. Berlin, klin. Wochenschr. 1910. No. 2; Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig.
Bd. 52. 1909 usw.
2) Annal. de l’lnstit. Pasteur. 1909. F^vrier.
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16
Centralb]. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 1.
des weiblichen Genitaltraktus, die aus klinischer Indikation exstirpiert
worden waren. Zwischen den Zellkomplexen groBer Tumoren hat auch
Borrel Acari nicht konstatieren konnen. Wenn es mir gegenwartig
gelingt, dieselben in meinem Tumormaterial aus dem Jahre 1903/1904
nachzuweisen, so sind entweder die Milben trotz Beobachtung aller
Kautelen nachtraglich in die Tumorstflcke gelangt, oder die Tumoren
enthielten zur Zeit der friiheren TIntersuchung nur Acari-Eier, die
ich neben den histologischen Elementen nicht erkannte. — Beziiglich
der angewandten Technik sei auf meine Publikation x ) aus dem Jahre
1904 verwiesen. Da die Agarglaser, in denen ich die Tumorstflcke kulti-
vierte, mit einer hohen Bouillonschicht bedeckt waren, so konnte ich mein
friiheres Tumormaterial feucht erhalten und fflr die Kontrolle der Befunde
Borrels verwerten. In kurzer Zeit hatte ich aus Carcinomen, Sarkomen,
Kystomen und Fibromen des weiblichen Genitaltraktus sowie aus M&use-
carcinomen, einem Hundesarkom und aus der Hufkrebsgeschwulst 1 2 ) eines
Pferdes zahlreiche Acari gesammelt, die schon bei oberfl&chlicher Be-
trachtung als verschieden von der Gattung Demodex imponierten. Herr
Prof. Dahl, zu dessen besonderem Forschungsgebiet die Milbenkunde
gehort, konstatierte, daB die Milben der genannten Tumoren Milben dar-
stellen, die der Gattung Tarsonemus zuzurechnen sind. Zu dieser
Gattung gehflren, wie bereits erwahnt wurde, Milbenarten, die bei
Pflanzen Geschwfllste hervorrufen; mittels eines Enzymes, das sie durch
den Stich der normalen Pflanzenzelle einverleiben, verwandeln sie die
letztere in eine wuchernde Tumorzelle. Da die Tar son emus-Milben,
die ich in menschlichen und tierischen Tumoren fand, neue Arten dar-
stellen, so konnen dieselben als zuf&llige Verunreinigungen nicht ge-
deutet werden. Fur die Amoben, die ich frliher in demselben Tumor¬
material nachwies, habe ich ein Verwandtschaftsverhaltnis zu den
Amoben, die in der Pflanzenpathologie als Geschwulsterreger fun-
gieren, nicht konstatiert. Dagegen sind die Tarsonemus-Milben der
Menschen- und Tiertumoren verwandt mit den geschwulsterregenden
Tarsonemus-Milben der Pflanzenpathologie, da sie derselben Gattung
angehoren. Es ergibt sich nun die Frage: Bietet die Biologie der
bekannten Tarsonemus-Milben und die Morphologie der von ihnen
hervorgerufenen pflanzlichen Tumoren genfigende Grundlagen, um die
Aetiologie der genannten menschlichen und tierischen Tumoren ebenfalls
durch die Wirkung von Tarsonemus-Milben zu erklaren?— Ebenso
wie das Carcinom und das Sarkom wachsen die durch Tarsonemus-
Milben hervorgerufenen Pflanzentumoren unizentrisch, da die Paren-
chymzellen der letzteren Deszendenten derjenigen Zelle sind, in welche
eine Tarsonemus -Milbe das Wucherungsenzym primar hineingelangen
lieB. Stirbt die Tarsonemus-Milbe in dem pflanzlichen Geschwulst-
gewebe, ehe die Eiablage erfolgt ist, so kann Spontanheilung des Tumors
erfolgen. — Die Fahigkeit, primar eine normale Pflanzenzelle in eine
wuchernde Geschwulstzelle zu verwandeln, besitzt die Tarsonemus-
Milbe nur im Stadium der vollen Reife, weder vorher noch nachher.
Man unterscheidet an Pflanzentumoren, die durch Milben hervorgerufen
wurden, die Kapselschicht (Schutzschicht) und die Parenchymschicht
(N&hrschicht). Befindet sich die Pflanze nicht in derjenigen Vegetations-
1) Dtsche med. Wochenschr. 1904. No. 14.
2) Der Hufkrebs des Pferdes gehort nicht zu den Carcinomen, sondern zu den
Papillomen; er resultiert aus Wucherungen des Papillarkorpers und der angrenzenden
Epithelien des Rete Malpighii.
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Saul, Ueber Beziehungen der Acari zur Geschwulstatiologie.
17
periode, in welcher sie Parenchymzellen hervorbringen kann (Alters-
disposition), so entsteht trotz Anwesenheit geschwulsterregender Milben
keine Geschwulst. — Die Parenchymzellen des Pflanzentumors werden
durch das Enzym der Milbe prapariert, ihr als Nahrzellen zu dienen.
An diesen praparierten Zellen finden die Eier und Larven der
Muttermilbe geeignete Angrilfspunkte, um als Proliferationsreize
zu wirken. Im ubrigen erfolgt die Entwickelung des Pflanzentumors
nicht immer an der Eintrittsstelle der Milbe, sondern stets dort, wo
dieselbe sich zur Ruhe niederl&Bt; auch sind die von ein und derselben
Milbenart bei ein und derselben Pflanze hervorgerufenen Tumoren variabel.
Es ergibt sich nun die Frage: Aus welchen Kriterien darf gefolgert
werden, daB die Milben, welche ich in den genannten menschlichen und
tierischen Tumoren nachwies, mit den geschwulsterregenden Tarso-
n e m u s - Milben der Pflanzenpathologie verwandt sind? Die weiblichen
Milben der Gattung Tarsonemus besitzen rudimentar entwickelte
Hinterbeine. Da dieses Merkmal auch die neuen Milben zeigen, so muB
hervorgehoben werden, daB auBer der Gattung Tarsonemus keine
andere Milbengattung eine rudiment&re Entwickelung des 4. Bein-
paares darbietet. Die Tarsonemus-Milben der Tiertumoren unter-
scheiden sich nur durch die breitere Korperform und durch die Richtung
der Chitinleisten von den Tarsonemus-Milben der menschlichen
Tumoren. Gegeniiber einer so geringen Verschiedenheit ist daran zu
erinnern, daB auch die verschiedenartigen Tarsonemus-Milben der
Pflanzen nur wenig differieren. Im flbrigen verweise ich beziiglich
zoologischer Einzelheiten auf die Publikation des Herrn Prof. Dahl,
welche im Centralblatt fur Bakteriologie erschienen ist (Bd. 53. 1910.
Heft 5).
Als Erreger einer todlichen Krankheit ist in der Milbenforschung
nur die Kedani-Milbe bekannt. Nach Untersuchungen Tanakas
(Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 26. 1899) erscheint dieselbe wahrend des
Sommers in japanischen Niederungen, die regelmaBig von Ueberschwem-
mungen heimgesucht werden. Vernichtet man die Kedani-Milbe durch
vieljahrige Assanierung des Bodens, so schwindet auch die Kedani-
krankheit. Nicht alle von der Kedani-Milbe befallenen Menschen
erkranken, auch ist die Kedanikrankheit durch Kontakt nicht iibertrag-
bar. Sie kann nur in den ersten Stadien der Inkubation durch Exstir-
pation der KSrperstellen, die von dein BiB der Kedani-Milbe getroffen
wurden, gunstig beeinfluBt werden. Ist das erste Stadium der Inkubation
uberschritten, so fiihrt die Kedanikrankheit immer zum Tode. Das
Inkubationsstadium wird begleitet von Schorfbildungen der Haut und
schmerzhaften Schwellungen der regionaren Lymphdriisen.
In der Statistik, Kasuistik und Epidemiologie der postembryonal
erworbenen Geschwfllste: Adenom, Carcinom, Sarkom, Fibroin existiert
keine Erfahrung, welche gegen die Vorstellung streitet: Die Enzyme
parasitischer Milben konnen normale menschliche oder tierische Zellen
in wuchernde Geschwulstzellen verwandeln. DaB normale Pflanzenzellen
durch die Enzyme von Milben die Charaktere von Geschwulstzellen
erlangen konnen, ist eine alte Erfahrung der Pflanzenpathologie. — Die
Schwierigkeiten, welche dem Nachweise parasitischer Milben bei An-
wendung der tiblichen Schnitt- und F&rbetechnik entgegenstehen, sind
bereits von Borrel gewiirdigt worden. Darauf mochte ich bei spSterer
Gelegenheit ausfflhrlicher eingehen.
Erste Abt. Orig. Bd. 55 . Heft 1. 2
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 1.
Tafelerkl&rnng'.
Fig. 1. Kasemilbe. Alle Organe, die zur Bewegung in der AuBenwelt dienen
konnen, sind bei diesem nicht parasitisch lebenden Tier volUg entwickelt. Wie alle
Milben, so besitzt die Kasemilbe eine gedrungeue, ungegliederte Gestalt. Kopf, Brust
uud Hinterleib sind zu gemeinsamer Masse verscbmolzen. Milben dieser Art findet
man auf alien moglichen organischen Substraten.
Fig. 2. WeiblicheTarsonem us-Milbe aus einero Carcinoma ovarii des Menschen.
Die Abbildunjz zeigt die rudimentare Entwickelung des 4. Beinpaares. Dieses Merkraal
rudimentarer Entwickelung besitzen nur weibliche Milben der Gattung Tarsone-
mus. Von den bekannten weiblichen Tarsonemus-Milben unterscheiden sich
die neuen durch die aufierst schwache Entwickelung des 4. Beinpaares, das nur mit
den Endborsten iiber den Rand des Hinterleibes hervorragt. Auch ist den neuen
weiblichen Milben der lange, diinne zweigliedrige Endteil des 3. Beinpaares eigen-
tiimlich, der durch eine scharfe Grenze von dein dicken Basal toil geschieden wird. Die
beiden Borsten des hinteren Korperendes sind bei den neuen weiblichen Milben
weiter voneinander entfernt ala bei den bekannten Tarsonemus-Milben der
Pflanzenpathologie. Im mannlichen und weiblichen Geschlecht werden die neuen
Milben durch die Richtung der Chitinleisten an der Bauchseite gekennzeichnet.
Fig. 3. Miinnliche Tarsortem us-Milbe aus einem Fibroma ovarii des Menschen.
Im mannlichen Geschlecht sind die Tarsoneinus-Milben dadurch charakterisiert,
daB die dick entwickelten Hinterbeine mit je einer kraftigen Kralle versehen sind. Den
neuen mannlichen Tarsonemus-Milben ist der dicke, kolbenformige Anhang
am vorletzten Gliede des 2. Beinpaares sowie die dicke, lange Borste am 4. Beinpaar
eigentiimlich.
Die Tarsonemus-Milben, welche in den Fig. 4—8 dargestellt sind, fand ich in
den genannten Ticrtumoren.
Fig. 9. Ei einer Kasemilbe. Dasselbe zeigt ovale Form; dagegen stellen die
Eier von Tarsonemus-Milben Rundzellen dar, die jedes charakteristischen lnhaltes
entbehren.
Fig. 10. Extravasat eines carcinomatosen Impftumors (Maus). Nach Form
und GroBe entsprechen die runden Scheiben, welche man neben den Blutkdrperchen
erkennt, den Eiern von Tarsonemus-Milben. Die genannten Scheiben erschienen
nach der Gieson-Farbung braun-schwarz.
Naehdmck verboten.
Erwiderung an Herrn Prof, von Hansemann 1 ).
Von Dr. E. Saul, Berlin.
Meine VerSffentlichungen Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 50.
p.433 u. Bd.52. p.238 enthalten folgenden Passus: „v. Hansemann hat
bezuglich der atypischen Epithelwucherungen, die Bernhard Fischer
erzeugte, als erwiesen erachtet, daB bestimmte chemische Stoffe, wie das
mit Scharlach R gesattigte Olivenol, auf bestimmte Zellarten eine spezi-
fisch chemotaktische Wirkung ausuben, und daB solche Substanzen
dauernd produziert, ftir die Geschwulstentstehung ausschlaggebend sind
und die Malignitat auslSsen k5nnen.“ Da Herr v. Hansemann sich
nicht erinnert, „diesen Ausspruch irgendwo getan zu haben“, so erlaube
ich mir zu bemerken, daB obiges Zitat dem Referat des Herrn
v. Hansemann (Zeitschr. f. Krebsforschung. Bd. 5. 1907. p. 520) ent-
nommen ist.
1) Vgl. Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 53. Heft 4. 1910. p. 479.
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Cenlralblatt f. Bakteriologie. Abt. 1. Orig. Bel. 55.
Saul, Acari und Qesrlnnilsfatiologie. Taf. I.
Fig. 1. Ksisemilbe. VergroB. '/ 60 .
Fig. 2. Tarsonemiis hominis. Weibchen. VergroB. 1 / uo .
VerJag von Gustav Fisclier in .Jena.
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Centralblntt f. Bakleriologie. Abt. T. Orig. Bd. 55.
Fig. 3. Tarsonemus bominis. Mannchen. Vergrofi. l j hhn .
Fig. 4. Tarsonemus niuris. Weibchen. VergroG. ‘/ns,,.
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Saul, Acari und Oeschirulstiitiologir. Taf. II
Fig. 5. Tarsonemus niuris. Miinnchen. VergroB. */ 360
Fig. 6. Tarsonemus canis. VVeibchen. VergroB. */ S60 .
seller in Jeua.
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Centralblatt f. Bnkteriologie. Aht. /. Ori//. Bd. 55.
I
Fig. 7. Tarsonemus equi. Weibehen. VergroB. */ s10 .
I
i
Fig. 8. Tarsonemus equi. Manncben. VergroB. '/ JM .
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Hoefer, Ueber ein unbekanntes Protozoon im menschlichen Blute etc. 19
Naehdruck verbotev.
Ueber ein unbekanntes Protozoon im menschlichen Blute
bei einem Falle von Anamie.
[Aus der Medizinischen Klinik zu Leipzig (Direktor: Geheimer Rat
Prof. Curschman n).]
Von Dr. P. A. Hoefer.
Mit 1 Tafel und 1 Kurve.
Da Protozoen so h&ufig als Blut- oder Gewebsparasiten bei Tieren
gefunden werden, so liiBt sich vermuten, daB sie auch in der mensch-
lichen Pathologie eine wichtigere Rolle spielen, als man bisher bat nach-
weisen konnen.
Bei einem Falle von schwerer Anamie x ) fand ich in gcf&rbten Blut-
trockenpr¶ten eigenartige Gebilde, die offenbar zu den Protozoen
zu rechnen sind. Bei meinem Befunde, den ich hier schon jetzt kurz
mitteilen will, urn eine Nachpriifung bezw. weitere Untersuchungen ein-
schlagiger Falle zu ermoglichen, ist besonders hervorzuheben, daB die
beobachteten Protozoen nicht zu den bekannten But-
oder Gewebsparasiten gehoren, und ferner, daB die In-
fektion unbedingt hier, in derUmgebung Leipzigs, statt-
gefunden haben muB.
Es handelt sich in diesem Falle um eine 32-jahrige Frau, die am
16. Sept. 09 — zur Zeit ihrer Menstruation — plotzlich mit hohem Fieber
und starken Menorrhagieen erkrankte. Am 19. Sept, wurde sie von dem
behandelnden Arzte in die Leipziger Medizinische Klinik iiberwiesen.
Die Blutungen kamen in den nSchsten Tagen zum Stehen, und die
Temperatur, die bei der Aufnahme noch 38,1 0 betragen hatte, ging zur
Norm zurflck (siehe Kurve), um dann freilich am nBchsten Tage sofort
wieder in unregelmaBigem Anstiege bis auf 39° zu steigen. (Nach An-
gabe der Patientin soli die Temperatur bei Beginn der Erkrankung noch
hoher gewesen sein als 39 °.)
Diesem zweiten Fieberanfalle, der 5 Tage anhielt, folgte ein 8-tSgiges
fieberfreies Intervall, an das sich ein dritter, nur 2 Tage wahrender
Temperaturanstieg (bis 38,4°) anschloB. Seitdem sind bisher von Zeit
zu Zeit geringe Temperatursteigerungen bis 37,5° und 37,6° eingetreten.
Die Patientin, die nie iiber die nachste Umgebung von
Leipzig herausgekommen ist, gibt an, daB sie im Sommer und
bis zu ihrer Erkrankung h&ufig in den — sumpfigen! — FluBniederungen
in der Umgebung Leipzigs spazieren gegangen sei und dabei viel unter
MQckenstichen gelitten habe. Vor ihrer jetzigen Erkrankung, die plotzlich,
ohne Vorboten, eingetreten sei, will sie nie erheblich krank gewesen sein.
Die kQrperliche Untersuchung ergab auBer einer starken BlBsse von
Haut und Schleimhauten, eine geringe Schwellung von Milz und Leber
(bis 2 Querfinger unterhalb des Rippenbogens). Die Blutuntersuchung
ergab am 28. Sept. 09:
1720000 rote Blutkorperchen
7000 weiBe „
40—50 Proz. Hamoglobin (nach Sahli und Talquist)
1) Demonstiert in der Medizin. Gesellschaft zu Leipzig am 9. Nov. 1909. Vgl.
Munch, med. VVochenschr. 1909. No. 52.
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20
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 55. Heft 1.
am 20. Okt. 09:
1200000 rote
5000 weiBe
25—30 Proz. H&moglobin (nach
Sahli und Talquist).
Das Blutbild zeigte im iibrigen:
Normoblasten (1 in etwa 40 Gesichts-
feldern), ganz selten Megaloblasten,
basophil gekornte und polychromato-
phile Erythrocyten, starke Poikilo-
cytose, Mikrocyten, eine geringe Ver-
mehrung der eosinophilen Leuko-
cyten, Turk sche Reizungsformen
(selten) und vereinzelt groBe Lym-
phocyten.
Im Verlaufe einer am 20. Okt. 09
begonnenen Arsenkur hat sich, wie
mir Herr Kollege Treibmann in
liebenswurdiger Weise mitteilte, der
Hamoglobingehalt etwas gehoben,
doch ist die Zahl der Erythrocyten
die gleiche geblieben.
In den Blutausstrichen, die am
24. Sept. — also am 3. Tage des
zweiten Fieberanfalles — angefertigt
waren, fanden sich nun bei Farbung
nach Giemsa und Lentz eigen-
artige Gebilde, die auf den ersten
Blick als Protozoen erschienen. Diese
waren nur auBerst selten zu sehen;
und die abgebildeten Formen sind
die einzigen, die ich bisher bei der
Durchsicht einer groBen Reihe von
PrSparaten gefunden habe. Von
zweifelhaften kleinsten, ring- und
lanzettformigen Gebilden habe ich
dabei ganz abgesehen.
Ihrer Form nach erinnern sie
etwas an den von G on der genauer
untersuchten Achromaticus Dio-
nisi und an Piroplasmen. Von letz-
teren unterscheiden sie sich aber
durch ihre GroBe, wie ich mich an
Praparaten von Piroplasma bovis
und can is iiberzeugen konnte, die
mir in liebenswurdigster Weise von
Herrn Prof. Eber-Leipzig und Herrn
Prof. Schilling-Berlin zur Ver-
fflgung gestellt wurden.
Eine ausfiihrliche Beschreibung
der morphologischen Verhaltnisse,
die ohne weiteres aus den Abbil-
dungen ersichtlich sind, eriibrigt
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J
Hoefer, Ueber ein unbekanntes Protozoon im menschlichen Blute etc. 21
sich. Und ebenso ergibt sich die GroBe der Gebilde aus dera Vergleiche
init den roten Blutkorperchen.
Es sei nur hervorgehoben, dafi diese Gebilde sowohl innerhalb als
auch auBerhalb der Erythrocyten lagen. Bei der Farbung nach Giemsa
erschien das Protoplasma homogen und zart blaugrau, das Chromatin
leuchtend rot gefarbt (Fig. 5 u. 6) Bei den nach Lentz gefarbten
Protozoen zeigte das Plasma deutlich eine maschige Struktur (Fig. 1).
Was die Form des Kernes bezw. die Anordnung der chromatischen Sub-
stanz betrifft, so fand sich bei der Doppelbirnform (Fig. 1) je ein zentral
gelegener, runder Kern. Die intracellular liegende Birnform (Fig. 5)
zeigte neben dem grofieren, quergestellten, ovalen Kerne noch ein
kleineres Chromatinkorn: „Blepharoplast“. Auch bei der Doppelform
von Fig. 2 war die chromatische Substanz in zwei Kernen angeordnet.
Und ebenso waren bei der intracellular liegenden Ringform (Fig. 6) drei
kleine ChromatinkQrnchen zu sehen, und zwar zwei kleinere nahe bei-
einander und daneben ein etwas grbBeres. Bei Fig. 3 und 7 erschien
das Chromatin in feinen Kornchen fiber die Zelle hin verteilt, Fig. 4
zeigte 7 runde Kerne.
Bei den Doppelformen (Fig. 1 u. 2) handelt es sich wohl urn Teilungs-
bezw. Konjugationsstadien. Durch das Heranwachsen eines solchen
Teilungsproduktes oder auch durch die Verschmelzung von zwei oder
mehreren birnfbrmigen Gebilden konnte man sich die in Fig. 4 abge-
bildete Form entstanden denken. Fig. 1, 2, 4 und 7 lagen frei zwischen
den Blutkorperchen, nur glaubte ich bei Fig. 1 noch einen leichten rosa-
geffirbten Saum wahrzunehmen, wie man ihn bisweilen bei den Halb-
monden der Tropica beobachten kann. Ob der in Fig. 3 abgebildete
Parasit auf dem Erythrocyten oder noch zum Teil in ihm lag, konnte ich
nicht entscheiden. Fig. 5 u. 6 schienen mir in den Erythrocyten zu liegen.
Von dem in Fig. 7 gezeichnetem Gebilde mbchte ich es unentschieden
lassen, ob es in den Entwickelungskreis dieser Protozoen gehort (Schizo-
gonie?), doch kann ich es auch nicht als einen veranderten Blutbestand-
teil erklfiren.
Bei keinem von diesen Gebilden konnte Pigment nach-
gewiesen werden.
Die abgebildeten Formen sind, wie schon erwahnt, die einzigen, die
ich bisher habe auffinden konnen. Von einer Milzpunktion, die vielleicht
ein reichlicheres Material geliefert hatte, muBte wegen der Gefahrlichkeit
dieses Eingriffes Abstand genommen werden. Der Versuch einer Ueber-
impfung von Blut intraperitoneal bei Maus, Meerschweinchen, Kaninchen
und Hund hatte keinen Erfolg. Ebenso gelang es nicht im Kondens-
wasser von Blutagar (nach Nicolle), in welches Blut der Patientin
getrfiufelt wurde, Kulturen zu erzielen.
Die protozoische Natur dieser von mir beschriebenen Gebilde halte
ich fflr ganz unzweifelhaft. Und daB es sich urn Protozoen handele,
das war auch die Meinung aller derjenigen, denen ich meine Prfiparate
zur Beurteilung vorlegte. Und zwar konnte ich von den abgebildeten
Formen folgende unter dem Mikroskope demonstieren: Herrn Geh. Rat
Curschmann, sfimtliche, Herrn Geh. Rat Marchand, die sub 1, 2,
4, 5 und 7 abgebildeten, Herrn Prof. ZurStrassen: die von Fig. 1,
Herrn Prof. Schilling und Herrn Dr. J oil os: die von Fig. 2, 4
und 7.
Allen diesen Herren spreche ich ffir die mir in liebenswfirdigster
Weise gewfihrte Unterstfltzung meinen verbindlichsten Dank aus!
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 55. Heft 1.
DaB diese Gebilde, die eine ganz bestimmte Struktur aufweisen,
nicht Farbniederschlage oder sonst irgendwelche Artefakte sein konnen,
das braucht wohl kaum noch gesagt zu werden. Auch kann man sich
nicht vorstellen, wie sie, z. B. die charakteristischen Doppelbirnformen,
aus ver&nderten Blutbestandteilen hervorgegangen sein sollten. DaB es
sich um pflanzliche Keime handelt, laBt sich nach ihrem morphologischen
Verhalten und den charakteristischen Farbreaktionen, die sie geben, aus-
schlieBen. Gegen die Moglichkeit einer Verunreinigung durch Keime
aus der Luft sprechen ja anch Befunde, wie die sub 5 und 6 abge-
bildeten, mbgen die Protozoen nun in Oder auf dem Erythrocyten liegen.
Ebensowenig konnen sie aus einer der benutzten Farblbsungen stammen,
denn es wurden alkoholische Farblbsungen benutzt, und die Praparate,
worin die Protozoen gefunden wurden, waren sowohl nach Lentz als
auch nach Giemsa gefarbt. Bei einer zum UeberfluB noch vorgenom-
menen Untersuchung der Farblosungen konnten keine derartigen Proto¬
zoen nachgewiesen werden. Und iiberdies: Diese Protozoen sind ja
nicht nur als Blut- bezw. Gewebsparasiten unbekannt, sondern sie lassen
sich uberhaupt auch sonst nicht mit irgendwelchen bekannten Protozoen
identifizieren. Deshalb halte ich mich fflr berechtigt, diese Gebilde als
bisher unbekannte protozoische Parasiten des Menschen zu bezeichnen.
Ob diese Protozoen nun aber atiologisch fur die bestehende Er-
krankung in Frage kommen, oder ob es sich nur um eine zufallige,
nebenhergehende Infektion handelt, diese Frage kann natiirlich zurzeit
noch nicht mit Sicherheit entschieden werden. Aus dem Umstande, daB
diese Protozoen so auBerordentlich selten im zirkulierenden Blute ge¬
funden wurden — und iiberhaupt nur an 2 Tagen — daraus allein
lassen sich noch keine Schlusse gegen einen atiologischen Zusammen-
hang ziehen. Denn darin liegt nichts Auff&lliges, wenn man bedenkt,
daB bei vielen Protozoeninfektionen, ganz abgesehen von Kala-Azar, z. B.
Trypanosomiasen, oft wochenlang keine Parasiten im zirkulierenden Blute
gefunden werden, und diese dann nur fur 1 oder 2 Tage ganz vereinzelt
auftauchen; und daB ebenso bei Piroplasmosen die Erreger oft nur durch
Ueberimpfung auf empfSngliche Tiere nachgewiesen werden konnen.
Wichtig scheint mir auch zu sein, daB sie zum Teil als Ring- und Birn-
form, innerhalb der Erythrocyten lagen, also sicher auch eine Schadigung
der Erythrocyten verursachen muBten; doch kann ich auch dies in An-
betracht des sparlichen Befundes nicht als vollig beweisend ansehen.
Von Bedeutung ist vielleicht auch, daB die Fieberkurve, wie auch Herr
Prof. Schilling meinte, mit ihren rezidivartig auftretenden Temperatur-
steigerungen an Kurven von Protozoeninfektionen erinnert, z. B. an
Recurrenskurven (Abnahme der Dauer des Fieberanfalles und Zunahme
der Dauer des fieberfreien Intervalles). Doch sieht man nicht selten bei
Anamieen unregelmaBiges Fieber, wenn auch nicht gerade von dieser
Form, ohne nachweisbare Ursache eintreten. Ich will es deshalb vor-
lSufig noch unentschieden lassen, ob den von mir beschriebenen Proto¬
zoen eine atiologische Bedeutung fiir die bestehende Krankheit zukommt
oder nicht 1 ).
Ueber die Art des Entwickelungszyklus dieser Parasiten l&Bt sich
bei dem vorliegenden spSrlichen Materiale nicht viel sagen. Und ebenso
1) Es sei hier noch daran erinnert, daB es in Leipzig auch eine einheimische
Malaria, vom Typus der Tertiana, gibt, und daB auch Anopheles gefunden werden.
Pironlasmosen sind, wie mir Herr Prof. Eber mitteilte, in hiesiger Gegend nie be-
obacntet worden.
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Centralblatt f Bakterwhgie Abt I Orig Bd 55. Boeder lleb an unbekamtes Brotoioon.
A K.rrr.ner i>/ V' von Gustav Fischcrm ieni. i.ith Ansi v Jonannes Arndt-Isna
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Leon, Un nouveau cas de Diplogonoporun Brauni.
2a
muB ich mich zunfichst noch einer Meinungs&uBerung darfiber enthalten,
wo sie im Systeme unterzubringen wkren. Vermutlich gehbren sie zu
den „Binucleata“ (Hartmann) in die Nahe von Achromaticus
und Piroplasma. Immerhin will ich auch noch auf die von Lflhe
und Doflein ge&uBerte Vermutung hinweisen, daB mbglicherweise auch
bestimmte Entwickelungsstadien von Coccidien etc. — vielleicht nur
gelegentlich — frei im Blute zirkulieren konnten, und, meint Doflein
(Lehrb. d. Protoz., p. 738), „es w£re erstaunlich, wenn solche Stadien
nicht auch in den Blutzellen gefunden wiirden u . Doch mbchte ich bei
diesen Protozoen hier nicht eine Ableitung von den Coccidien annehmen,
da, wie oben erwShnt, ein Kinetonucleus nachgewiesen werden konnte.
Vielleicht geben weitere, auch bei ahnlichen Krankheitsf&llen durch-
gefuhrte Untersuchungen einen AufschluB dariiber, urn was fflr Proto¬
zoen es sich in diesem Falle gehandelt hat, und ob diese fur pathogene,
bestimmte Krankheitsbilder verursachende Blut- oder Gewebsparasiten
zu halten sind.
Tafalerkl&nuiff.
A. Farbung Dach Lentz.
B. Farbung nach Giemsa.
Samtliche Figuren wurden von dem Maler Herrn A. Kirchner nach den mikro-
skopischen Praparaten gezeichnet.
Wachdruck verboten.
Un nouveau cas de Diplogonoporus Brauni.
Par le Dr. N. Leon, professeur £ l’Universite de Jassy.
Avec 5 figures.
Notre collfegue le professeur Dr. V. Negel a eu l’amabilite de nous
envoyer deux cestoides 6vacu6s en une fois par une demoiselle ag6e
d’environ 25 ans £ la suite d’un traitement par un extrait 6th6r«$ de
foug&re. La malade n’a soulfert tant qu’elle a porte ces vers, ni d’an^mie
pernicieuse ni n’a presente d’autres symptomes bothriocephaliques que
d’fitre d6bile et nerveuse.
L’un de ces deux cestoides 6tait un Bothriocephaluslatus, long
de 3 metres, sans tete, les anneaux en activity sexuelle larges de 13 milli¬
metres, sans aucune autre particularity qui m4rite d’etre mentionnee.
Le deuxieme cestoide etait un Diplogonoporus Brauni (Fig. 1).
Ce ver se pr6sente comme un ruban relativement £pais, opaque, gris
clair, long de 12 centimetres.
Les anneaux sont extremement brefs de sorte qu’ils donnent
presque, £ l’ceil nu, 1’apparence de rides transverses.
II pr6sente tant sur la face dorsale que sur la face ventrale deux
sillons longitudinaux (fig. 1 SF. SD.) paralleles semblables £ des coutures
mecaniques. Les piqdres de l’aiguille sont representees par les depressions
des pores g^nitaux.
La partie la plus large du corps atteint & peine 5 millimetres, la
partie terminale posterieure est attenu4e. La tete est courte, d’£ peu
pres un millimetre de longueur; elle est de forme lanc4oiee, presentant
deux fortes depressions, les bothridies, situ4es, l’une sur la face ventrale
et l’autre sur la face dorsale.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Les bothridies (fig. 2 B) ne partagent pas la tete en deux parties
tgales comrae k l’exemplaire que nous avons dtcrit en 1907 (4) mais en
deux parties d’intgale grandeur. Les ltvres qui bordent les bothridies
sont dtpourvues de muscles speciaux.
Le cou manque. La base de la ttte est soudte directement k la
strobile. L’habitus de la strobile ne rappelle aucuuement le corps d’un
bothriocephale.
Les orifices sexuels sont doubles, et tous en deux rangtes paralltles
dans les deux sillons situts sur la face ventrale du ver. La cuticule
est constitute de deux couches trts difftrents l’une interne, qui se colore
Fig. 1. Diplogonoporus Brauni, aspect ex-
tdrieur de l’animal. S la tete. SF sillons ventraux.
SD sillons dorsaux.
Fig. 2. Coupe transversale i travers la tete pour
ddmontrer la disposition des bothridies. B Bothridium.
A canaux aquifferes.
Fig. 1.
B
A BA Fig. 2.
plus fortement avec le polychrome et l’orctine et l’autre externe plus
tpaisse qui se colore plus faiblement.
Du systtme nerveux, je n’ai pu voir que les deux cordons marginaux.
De meme de l’appareil excrtteur je n’ai vu que les deux canaux longi-
tudinaux et des ramifications irrtgulitres de ces derniers.
La musculature longitudinale est constitute de nombreuse faisceaux
qui forment une couche puissante entre la couche des glandes vitellogtnes
et les muscles circulaires. On voit aussi trts facilement la musculature
dorso-ventrale.
L’appareil gtnital este double k chaque anneau (fig. 3 et 4 G).
Chaque appareil s’ouvre a l’exttrieur par les orifices sexuels (fig. 5 0).
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Leon, Un nouveau cas de Diplogonoporus Brauni.
25
Fig. 3. Section sagittate. G organes g^nitaux. A canaux aquiferes longitudinaux.
F glandea vitellogfenes.
Fig. 4. Fragment de Dipl. Brauni, montran
glandea vitellogfenes (V).
Ies organes g^nitaux (G) et lea
Fig. 5. Section longitudinale. T testicules. G organes g^nitaux. 0 orifice genitale.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Les glandes vitellogfcnes sont situ^es a la periph4rie des anneaux
entre la sous-cuticule et la musculature longitudinale. Les deux faces du
corps, k l’exception des pores g6uitaux, ont la meme constitution. Les
testicules (fig. 5 T) sont situes dans la zone centrale; ils sont entasses sur
un plan situ6 imm6diatemment dessous les muscles circulaires dorsaux.
Je n’ai pu observer ui sur cet exemplaire de sinus genital comme
au bothrioc^phale, comme je n’en ai pu observer non plus au premier (4).
Je n’ai non plus trouv6 les corpuscules calcaires qui, dans Braunia (5)
se trouvent en trbs grand nombre.
Le ver n’ayant pas acquis son developpement complet de l’appareil
genital on ne reconnait que les testicules (fig. 5 T) et les glandes vitello-
g&nes (fig. 3 et 4 V) ce qui n’est pas suffisant pour faire une diagnose
scientifique moderne, comme le voudrait avec raison M. Luhe (6). Je
crois cependant que Ton pourrait lui trouver une place dans le syst&me
d’aprris les caractfcres qu’il pr6sente.
Comme je ne connaissais pas en 1907 les travaux de M. Liihe (6)
Interpretation systematique que j’ai donn6e au Diplogonoporus, —
ou plus exactement, que j’ai adoptee, car c’est celle de M. R. Blan¬
chard — ne correspond pas au derni&res donn£es scientifiques, parce
que R. Blanchard (1) r6unissait le Diplogonoporus grandis
(R. Bl.) trouv6 au Japon chez l’homme par Jjima et Kurimoto (3)
et l’£sp£ce Krabea variabilis (Bothriocephalus variabilis
Krabbe). Luhe ayant vu un exemplaire authentique de cette espbce,
que Krabbe avait envoys k Kurimoto et que ce dernier avait montre
k L ii h e, celui-ci constata que les organes g£nitaux sont simples et d'ou
il resulte par suite que cette espbce appartieut au genre Bothrio¬
cephalus.
L’esp&ce dont nous nous occupons, Diplogonoporus Brauni,
trouve k deux reprises chez l’homme en Roumanie se distingue elle aussi
du Krabbea variabilis et ressemble plus avec le Diplogonoporus
grandis.
Nous reconnaissons que la description de notre specimen n’est pas
suffisante pour que nous puissions preciser d’une manibre definitive sa
place dans le systeme, toutefois, jusqu’a ce qu’on ait trouve un exemplaire
avec les organes de reproduction arrives k la maturity nous croyons
qu’il ne peut etre mieux place, d’aprbs Luhe, que dans la famille des
Bothriocephalides. Subf. Dibotliriocephalinae. Gen. Diplogono¬
porus Lonnbg. 1892 (nec Stiles 1896). Synonym: K r a b b e a (R. Bl. 1894).
Espbce typique: Diplogonoporus balaenopterae Lonnbg.
Esp&ces slires: Diplogonoporus grandis (R. Bl.) (= Krabbea
grandis R. Bl.) et Diplogonoporus Brauni N. Leon.
Espbces incertaines: Diplogonoporus tetrapterus (v. Sieb.),
fasciatus (Krabbe) et antarcticus (Baird).
Nous avons envoys de portions de ver et des preparations mirco-
scopiques du premier cas (4) k plusieurs helminthologues. Nous tenons
aussi k la disposition de ceux qui nous demanderont des portions et
des preparations du ver du deuxieme cas.
Index bibliographiqne.
1) Blanchard, R., Notices sur les parasites de 1’homme (3* s6rie). (C. R. Soc. BioL
Paris. 10* s6rie. T. 1.)
2) Braun, M., Vermes. Cestoda. (In: Bronns Klasseu und Ordnungen des Tierreichs.
Bd. 4. 1901.)
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Babes, Ueber die Wirkung der Karbolsaure auf das Wutvirus. 27
3) Jjima, J. and Kurimoto, T., On a new human tapeworm. (Journ. sc. Coll.
Tokio. VI. 1894.)
4) Leon, N., Diplogonoporus Brauni. (Zool. Anz. Bd. 32. 1897. No. 12/13.)
5) —, Ein neuer menschlicher Cestode. (Zool. Anz. Bd. 33. 1908. No. 11.)
6) Liihe, M., Zur Anatomie und Systematik der Bothriocephaliden. (Verhaudl. d.
Zool. Ges. Hamburg. IX. 1899. p. 30—55.)
7) —, Untersuchungen iiber die Bothriocephaliden mit marginalen Genitaloffnungen.
(Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. 68. 1900. p. 97—99.)
Nachdruck verboten.
Ueber die Wirkung der Karbolsaure auf das Wutvirus.
Von Prof. V. Babes in Bukarest.
VeranlaBt durch die (iberraschende Mitteilung Fermis 1 ), 1) daB das
Wutvirus schon durch eine viertelstiindige Einwirkung von Karbolskure
1:420 abgetotet werde „L’acide fenice uccide in un quarto
d’ora all 1:420 et non distrugge il virus all l:520 u und,
2) daB das 1 Proz. Karbolsaure enthaltende Virus, trotzdem dasselbe
nicht virulent ist, ebensogut oder noch besser immunisiert als das
Pasteursche oder irgendein anderes Verfahren, haben wir bald darauf
Untersuchungen ausgeftihrt, welche uns aber weseutlich andere Resultate
ergeben haben 2 ).
Wir fanden namentlich von neuem, was ubrigens wir selbst 3 4 ) und
andere schon langst konstatiert hatten:
1) DaB nicht bloB Karbolsaure 1:420, sondern selbst 1-proz. Karbol¬
saure das Virus durchaus nicht immer in einer Viertelstunde totet, und
daB selbst nach Filtration durch Papierfilter der mit 1-proz. Karbolsaure
versehenen virulenten Emulsion dieselbe oft nach Stunden, und manch-
rnal selbst nach Tagen virulent befunden wurde.
2) DaB Fermi demnach durchaus nicht bewiesen.hat, daB er mit
unvirulentem Virus gearbeitet und immunisiert hatte, da im Gegenteil
sein Vaccin nicht sicher unvirulent oder abgetotet ist.
Auf diese Mitteilung sowie auf eine, unsere Untersuchungen be-
statigende Arbeit Krajouschkines 1 ) antwortet Fermi 5 ) sowie sein
Assistent Re pet to 6 ), und zwar ersterer in einem Ton, welcher in
wissenschaftlichen Diskusionen nicht angebracht ist.
Wir miissen trotzdem zur Orientierung der Fachmanner auf diese
fur die Schutzimpfung des Menschen so wichtige Frage eingehen, und
namentlich einige Punkte hervorheben, welche zeigen, inwiefern die
Bemerkungen dieser Autoren ernst zu nehmen sind.
1) Fermi sagt, daB wir, um seine Arbeit kontrollieren zu konnen,
ebenso wie er selbst an M&usen hatten arbeiten und dieselben hatten
1) Fermi, Contrib. sperim. alio studio della rabbia. 1906.
2) Babes et Bobes, Recherches sur Faction de l’acide ph^nique sur le virus
rabique. (Soe. de Biolog. 17. Nov. 1908.)
3) Babes, Studien fiber die Wutkrankheiten. (Virchows Arch. Bd. 110. 1887.
p. 576.)
4) Krajouschkine, Deutsche med. Wochenschr. 1909. No. 19.
5) Fermi, M6thodes de vaccination et s^rum vaccination appliqu^e a l’homme
dans l’Institut antirabique de Sassari. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 53. 1910.
p. 533.)
6) Repetto, Sur Faction de l’acide ph6nique sur le virus fixe. (Centralbl. f. Bakt.
Abt. I. Orig. Bd. 53. 1910. p. 537.)
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28
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
subkutan behandeln miissen, was auch deshalb notwendig sei, weil
Fermi aus diesen Arbeiten Schliisse auf die Wirksamkeit der sub-
kutanen Impfung des Menschen zieht.
Diese Forderungen sind aber nicht gerechtfertigt. Wir hatten ja
in unserer Mitteilung durchaus nicht den Zweck, Fermis Versuchsan-
ordnungen zu wiederholen, Oder seine Versuche zu kontrollieren, sondern
wir wollten bloB feststellen, ob die oben erwahnten zwei Behauptungen
Fermis, welche den bisherigen Erfahrungen widersprechen, exakt sind,
und ob es zunSchst geraten ist, Menschen bloB mit unvirulentem Material,
namentlich mit Karbolemulsion gegen Wut zu impfen. Nur wenn wir
hatten kontrollieren wollen, ob das Karbolvirus Fermis fur Mause in
der Tat unschiidlich sei, hatten wir an Mausen arbeiten miissen.
Es ist uns aber giinzlich gleichgiiltig, ob Fermi bei 100 oder bei
1000 Mausen bei subkutaner Impfung von Karbolemulsion Wut erzeugt
hat oder nicht. Die subkutane Impfung von Mausen ist namlich gar
nicht mit der subkutanen Impfung bei Menschen zu vergleichen. Bei
subkutaner Impfung mit fixem Virus erkranken 100:100 Mause, wahrend
bei derselben Art von Impfung des Affen oder Menschen die Wut kaum
bei einem von hundert zum Ausbruch der Wut fuhrt. Es gibt
demnach kaum einen grbBeren Gegensatz, als das Resultat der sub¬
kutanen Impfung einerseits bei Muriden und andererseits beim Men¬
schen. Ebenso konnen Mause sehr leicht mittelst verschiedener Sub-
stanzen immunisiert werden, welche bei anderen Tieren und wohl auch
beim Menschen gewohnlich versagen.
Die Impfung von Mausen gibt uns demnach keine g e -
niigende experi men telle Grundlage, urn eine bei Mausen
wirksamelmpfmethode auch beim Menschen anzuwenden,
und dies umsoweniger, als das MiBlingen der Methode
beim Menschen den Verlust von Menschenleben bedeutet.
Der Einwand Fermis, daB wir, urn uns von dem Wert der sub¬
kutanen Impfung des Karbolvaccins beim Menschen zu iiberzeugen, Mause
hatten subkutan'impfen miissen, ist demnach unangebracht.
2) Fermi wirft mir in ganzlich unpassender Weise vor, seine und
anderer Arbeiten nicht zu kennen, welche festgestellt hatten, daB die
1-proz. Karbolsaure ihre Virulenz bloB fur subkutane Impfung verloren
hatte, nicht aber fiir intrakranienne Impfung, bei welcher das 1-proz.
Karbolvirus einen Toil seiner Virulenz konserviert habe.
Ich selbst habe letzteres, wie gesagt, schon im Jahre 1887 festge¬
stellt, und mehrere Forscher haben meine Resultate bestatigt, Fermi
aber kannte offenbar diese meine Arbeit nicht, sonst hatte derselbe doch
nicht behaupten konnen, daB ich meine eigene Arbeit, in welcher ich
das eigentiimliche Verhalten der Karbolsaure dem Wutvirus gegeniiber
festgestellt hatte, nicht kenne, auch hatte Fermi sonst unmoglich be¬
haupten konnen, daB das Wutvirus schon nach einer Viertelstunde in
einer Losung von 1 :420 Karbolsaure abgetotet wird. Fermi hatte
hinzusetzen miissen, daB nur sehr verdiinntes Virus durch diese Losung
abgetotet wird. Sonst ist es unverstandlich, wie ein bei 1:420 ab-
getotetes Virus noch bei 1:100 virulent sein kann. Ein
1) L. c. Wenn Fermi gewuBt hatte, dab sein 1-proz. Karbolvaccin noch virulent
ist, hatte er keinesfalls sagen diirfen, hi contro Gamaleia, Krasmitzki ecc.; et
d’accordo con Pasteur, Puscariu ecc., l’emulsione rabica privata della sua
virulenz a mendiante antisettico (meglio che col dissecamento) constituisce un vaccino,
1’efficacio del quale non e per nulla inferiore a quella del vaccino virulento“.
Uebrigens haben letzteres weder Pasteur noch Puscariu behauptet.
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Babes, Ueber die Wirkung der Karbolsaure auf das Wutvirus.
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abgetotetes Virus kann nicht einen Teil seiner Virulenz konserviert
haben*). Auch hfitte Fermi nicht schreiben dfirfen, daB sein Vaccin
seiner Virulenz beraubt ist, ohne hinzuzusetzen: fiir subkutan inji-
zierte M&use.
Uebrigens andert auch die Bemerkung Fermis, daB er seine Ver-
suche iiber die Wirkung der Antiseptika mit sehr verdiinntem Virus
angestellt habe, nichts an der Sache, nachdem Fermi doch jedenfalls
so arbeiten muBte, daB seine Versuche ihm fiber die Virulenz oder
fiber die Abtbtung seiner beim Menschen angewendeten 1-proz. nicht
verdfinnten Emulsion AufschluB hatten geben konnen.
3) Die Behauptung Fermis, daB „die durch Antiseptika ihrer
Virulenz beraubte Emulsion des Virus ein nicht weniger wirksames
Vaccin darstellt, als das virulente Vaccin“, ist demnach ebenfalls unbe-
wiesen, denn das Vaccin, mit welchem Fermi gearbeitet hat, ist eben
nicht seiner Virulenz beraubt, wie Fermi behauptet.
Zunachst muB demnach Fermi sein Vaccin wirklich tfiten, urn
zu erfahren, ob dasselbe dann auch noch als Vaccin wirksam ist. Auch
mfiBte er zunachst feststellen, ob es nicht toxische Eigenschaften besitzt,
wie das auf andere Weise abgetfitete Virus.
4) Die in derselben Nummer des Centralblattes erschienene Arbeit
des Assistenten Fermis, Repetto, will ebenfalls den Anschein er-
wecken, als ob wir unrichtig und in Unkenntnis ihrer Resultate gearbeitet
hatten. Letzterer Autor kann dies aber ebensowenig beweisen, wie
Fermi und kommt im Gegenteil auf Grund von Kontrollversuchen zur
Einsicht, daB ihr Vaccin noch virulent sein konnte, wie dies unsere Unter-
suchungen ergaben, was auch aus seiner SchluBfolgerung hervorgeht *).
„Donc le meilleur mo yen pour preparer un vaccin
phenique surement s 16 ril et avirulent est celui de prepa¬
rer des emulsions de virus fixe & 10—15% de les traiter
avec acide phenique en raison de 1,5—2—3°/o (also nicht
1%) et puis diluer l’6mulsion au moment de l’injection
en fagon de la reduire i l°/ 0 .
Dieser Autor gesteht demnach, daB das Vaccin Fermis nicht
avirulent ist, und daB dasselbe unseren Untersuchungen gemfiB modi-
fiziert werden mfisse. Sobald aber festgestellt ist, daB sein Vaccin noch
virulent ist, ist das wichtigste Erfordernis nicht, dasselbe steril und
unvirulent zu machen, sondern zu erforschen, ob man mittelst des wirk¬
lich abgetoteten Virus noch imstande ist, nicht bloB Mause, sondern
auch groBere Versuchstiere, welche sich dem Menschen* mehr nfihern,
ebenso wirksam zu impfen, wie mittelst anderer sorgffiltig geprfifter
Methoden. Die Gefahr ffir den Menschen liegt nicht so sehr darin, daB
das Virus Fermis nicht gfinzlich abgetotet ist, sondern darin, daB
moglicherweise das ganzlich abgetotete Virus besonders bei schweren
BiBwunden, Wolfsbissen etc. nicht genfigend wirksam ist, urn den Aus-
bruch der Wut zu verhflten.
Gleich darauf begeht der Autor noch einen anderen Fehler, indem
er schreibt, „7, Concluant done, contre l’opinion de Babes
et de Krajouschkine, l’acide phenique & 1% rend sure¬
ment avirulent le virus fixe par voie sous- cutan6e“, das
1) Auf die Frage, weshalb in seinen wenigeu Versuchen das Karbolvirus blofi
1 Stunde nach der Bereitung virulent befunden wurde, wahrend in unseren mehrfach
wiederholten Versuchen dasselbe manchmal tagelang viruleut blieb, kann ich an dieser
tStelle nicht eingehen.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
ist einfach falsch; ich habe nie gesagt, daB die Karbolemulsion
bei subkutaner Injektion fur M&use nicht avirulent sei, ich habe bloB
behauptet, daB diese Emulsion virulent ist, und zwar auf dem Wege
der klassischen Priifung durch subdurale Injektion von Kaninchen, und
hierin muBten uns die beiden Autoren beipflichten.
Zusammenfassung.
Infolge des EingestSndnisses der beiden Autoren, daB ihr Vaccin
nicht unvirulent ist, wie sie behauptet hatten, werden naturlich alle
iibrigen EinwSnde und Angriffe derselben gegenstandslos.
ZunSchst miissen diese Autoren ihr Karbolvirus wirklich ihrer
Virulenz berauben oder abtoten, und dann mittelst desselben nicht bloB
Mause impfen, sondern auch dem Menschen nSher stehende Tiere hoch-
gradig immunisieren, bevor sie Menschen mittelst wirklich abgetoteten
Virus impfen und bevor sie das Recht, haben, zu behaupten, daB man
mittelst des abgetoteten Virus ebensogut oder besser schutzimpfen kann,
als mittelst anderer Methoden. Ferner miissen sie vorher noch genau
feststellen, welche immunisierende Kraft das durch Karbols&ure wirklich
abgetotete Virus besitzt, dann, ob mit der Zeit oder bei verschiedener
Konzentration oder Konservierung die immunisierende Kraft des wirklich
abgetoteten Virus nicht abnimmt, und endlich ob das abgetotete Virus
nicht unter Umstanden giftig wirken kann.
Unsere Bemerkungen haben durchaus nicht den Zweck, den Wert
der Impfung mittelst Karbolvirus herabzusetzen, es ist uns im Interesse
der Vervollkommnung der Wutimpfungen bloB daran gelegen, derselben
eine solidere wissenschaftliche Grundlage zu geben.
Nachdruck verboten.
Ein Beitrag zur Kenntnis der lokalen Reaktion des Tier-
korpers bei Einwanderung von Echinokokken und Finnen.
Von Rudolf Gasse, Tierarzt aus Berlin.
Mit 1 Tafel.
Ueber den Bau der Kapsel, mit dem der Korper die eingewanderten
Echinokokken und Finnen umgibt, finden sich in der Literatur nur
spSrliche Angaben. Auf die meisten Autoren hat es anscheinend einen
groBeren Reiz ausgetibt, sich mit dem Bau und dem Wachstum des
Parasiten selbst zu beschaftigen. Daher lieBen sie in der Mehrzahl das
Verhalten des umliegenden Gewebes unbeachtet oder schenkten ihm doch
geringere Aufmerksamkeit. Dagegen fanden die Veranderungen, welche
durch wandernde Parasiten in den Organen der Wirtstiere hervorgerufen
werden, infolge ihrer groBeren Auff&lligkeit in hohem MaBe die Beachtung
der Forscher. Auch der Echinococcus multilocularis iibt durch
sein starkes Wachstum sowie durch Ulzeration auf das Wirtstier einen
bedeutenden EinfluB aus. So ist es wohl auch zu erklaren, daB in der
Veterinarliteratur iiber diese Form des Hfllsenwurmes, sowohl Qber ihn
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Qasse, Reaktion des Tierkorpers bei Einwanderung vou Echinokokken etc. 31
selbst. wie auch seine Kapsel eingehendere Studien vorhanden sind.
Der Echinococcus unilocularis s. cysticus dagegen, der im
allgemeinen einen harmlosen Parasiten darstellt, ist weniger Gegenstand
genauerer Untersuchungen gewesen. Erst in den letzten Jahren sind
mehrere Arbeiten erschienen, die sich auch mit dein Bau der Hiille des
unilokulSxen Echinococcus befassen. Da die einzelnen Forscher
jedoch zu verschiedenen Resultaten gelangt sind, schien es mir an-
gebracht, nochmalige Untersuchungen fiber diesen Gegenstand anzustellen.
Nebenher beschaftigte ich mich auch mit der Struktur des Finnenbalges,
weil ich dabei ahnliche Verhaltnisse zu finden hoffte wie bei Hfilsen-
wfirmern.
Die Anregung zu dieser Arbeit wurde mir von Herrn Prosektor
Dr. Piltz gegeben, der mich auch in liebenswfirdigster Weise bei Aus-
ffihrung meiner Untersuchungen unterstfltzte. Ich mochte ihm daher an
dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank daffiraussprechen. Auch ist es mir
eine angenehme Pflicht, seiner Magnifizenz Herrn Prof. Dr. Schmaltz
meinen besonderen Dank abzustatten, der mir die Mittel seines Instituts
bereitwilligst zur Verffigung stellte.
Literatur.
Die im folgenden gegebenen Auszfige aus der Literatur enthalten
vielfach auch Angaben fiber die Struktur des multilokularen Echino¬
coccus, da viele Forscher die verschiedenen Arten von Hfilsenwfirmern
zusammen besprechen und die Verhaltnisse bei den einzelnen Arten auch
vielfach dieselben sind.
So sagt Leuckart (25) von den durch Blasenwfiriner bedingten
Veranderungen ganz allgemein: „Die Teile, welche dem Druck des
wachsenden Parasiten ausgesetzt sind, beginnen an der Berfihrungsstelle
ihre Beschaffenheit und ihr normales Aussehen zu verlieren. Das an-
liegende Gewebe beginnt zu schwinden und unter histologischer Ver-
anderung zugrunde zu gehen.“
Ferner gibt er an, daB die Blasenwflrmer in bindegewebsreichen
Organen stfindig in eine Bindegewebshfille eingeschlossen seien. „Die
Innenflache der Hfille ist glatt und mit einer Zellenlage bekleidet, die
moglicherweise bei der Abscheidung der die Parasiten ernahrenden
Fifissigkeit von Bedeutung ist.“
Gelegentlich der Beschreibung der Entwickelung der Echino¬
coccus-Blase macht Leuckart auch verschiedene Angaben fiber die
umhfillende Kapsel. 4 Wochen alte Echinokokken von 0,25— 0,35 mm
GroBe sind von einer Schicht Zellen umgeben, die auf den ersten Blick
eine kornige, zusammenhangende Masse zu bilden scheinen. Bei ein¬
zelnen dieser Zellen sieht man an der Beschaffenheit ihrer Kerne, daB
sie einem regen TeilungsprozeB unterliegen. Um diese Zellen liegt eine
Bindegewebscyste von unbedeutender Dicke, die mit dem Bindegewebs-
gerfist der Leber in kontinuierlichem Zusammenhang steht. Bei 8 Wochen
alten Echinokokken ist die Cyste verhaltnismaBig weniger gewachsen als
die Parasiten. Im Alter von 19 Wochen zeigt die Kapsel wand bedeutende
Dicke und Festigkeit und laBt sich leicht aus der umgebenden Leber-
substanz ausschfilen. Das anliegende Parenchym ist von normalem Aus¬
sehen , weder durch Blutreichtum, noch sonstwie ausgezeichnet. Mit
zunehmendem Alter verdickt sich auch die umgebende Bindegewebscyste
immer mehr. Sie erreicht eine Dicke von 5 mm und selbst das Doppelte
und nimmt oftmals eine ganz auBerordentliche Festigkeit an, besitzt
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Gentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft l.j
natiirlich auch ein eigenes GefiiBsystem. Auf der glatten Innenflache
sitzt eine diinne Substanzlage, die die obeu erwahnte zellige Auflageruug
darstellt und fast ebenso fest an der Echinokokkeuhaut wie an der
Cystenwand haftet.
Ueber 2 Falle von Echinococcus raultilocularis in Rinder-
lebern, die seines Wissens die ersten bei Tieren gefundenen sind, schreibt
Harms (13) im Jahre 1872: „Knoten, die von der GroBe einer HaselnuB
bis zu der eines Hiihnereies waren, zeigten auf der Schnittflache ein
bindegewebiges Geriist, welches teils das Ganze in Form einer Kapsel
umgab, teils im Innern dieser Kapsel sich baumartig verzweigte. In
den auf diese Weise hergestellten, allerdings rundlichen RSumen lag
eine hautige Masse, welche ich als die Reste abgestorbener Echinokokken
ansehen durfte, weil es mir, freilich erst nach langem Suchen, gelang,
Rudimente eines Kopfes nachzuweisen.“
Bollinger (19) hat im Jahre 1875 3 Falle von Echinococcus
multilocularis beim Rinde gesehen, den Befund aber nicht naher
beschrieben.
Einen auf der Leberkapsel einer alten Kuh gefundenen Echino¬
coccus multilocularis beschreibt Guillebeau (12). Bei der
Untersuchung des feineren Baues des Tumors fand er an den jiingeren
Stellen Verhaltnisse, welche lebhaft an Tuberkel erinnerten. Die 1—2 mm
groBen Granulationsknotchen bestanden aus der Hydatide von 0,6—1,3 mm
GroBe, einer darumliegenden Schicht Riesenzellen und mehreren aufien
gelegenen Schichten von Rundzellen. Einige solcher Knotchen werden
durch faseriges Bindegewebe zu einem gemeinschaftlichen Knotchen ver-
einigt. Die groBeren Echinococcus-Blaschen sind von einer Schicht
von Riesenzellen umlagert, die an einigen Stellen jedoch durch groBe,
auf den Echinokokken stets senkrecht gestellte Spindelzellen ersetzt
werden. Die unregelmaBig kubischen Riesenzellen haben einen Durch-
messer von 50—60 /x, sie enthalten zahlreiche, peripherisch angehaufte
Kerne von 10 // GroBe, die im Zentrum und an der Beruhrungsstelle
mit dein Echinococcus-Blaschen fehlen. An die Riesenzellen lagert
sich peripherisch eine gewohnlich 80 fx dicke Lage von zuerst groBeren
epitheloiden, dann kleineren Rundzellen. Die mehreren Knotchen ge-
meinsame fibrose Umhfillung, die als Geriist in Form von 80 /< bis 2 mm
dicken Strangen erscheint, besteht aus Bindegewebsfibrillen mit einer
m&fiigen Zahl von spindelformigen Zellen und oft groBen BlutgefaBen.
Bei multilokularen Echinokokken des Menschen fand Guillebeau
im allgemeinen dieselben Verhaltnisse. Die einzelnen Hydatiden sind
in ein reichliches Gewebe von Rundzellen eingebettet.
Ueber die Bildung der Hiillen im multilokularen Echinococcus
stellt Guillebeau folgende Theorie auf: Der Echinococcus besitzt
die Eigenschaft, zur Neubildung von Zellen machtig anzuregen. Durch
das rasche Wachstum der Hydatide kommt es in der umhiillenden Zell-
schicht zu starker Spannung, doch findet die Teilung der Zellen zunachst
noch in normaler Weise statt. Die weitere VergroBerung der Hydatide
und die Verwandlung des Rundzellengewebes in das weniger nachgiebige
fibrillare Bindegewebe bedingen einen erhdhten Druck, der zum Absterben
des Rundzellengewebes fiihrt. Vorher gibt es in einigen Organen noch
ein Zw'ischenstadium, wahrend dessen das Wachstum des Protoplasmas
und die Teilung der Kerne sich noch vollziehen kann, dagegen der
Mangel an Raum eine Teilung des Protoplasmas nicht mehr zulaBt.
Das ist der Zeitpunkt, in dem die Riesenzellen entstehen. DaB die
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Gasse, Reaktion dea Tierkorpers bei Einwanderung von Echinokokken etc. 33
Kerne in letzteren auf der der Hydatide abgewandten Seite liegen, legt
die Vermutung nahe, daB auch in ihrem Protoplasma noch Druck-
unterschiede herrschen. Die Riesenzellen *des multilokularen Echino¬
coccus diirfen somit nicht als fur einen bestiramten Zweck erschaffene
Organe betrachtet werden, sie sind vielmehr das Ergebnis gewisser
Spannungsverhaltnisse im Gewebe. So wird es auch verstandlich, warum
sie in den Echinokokkentumoren der einen Organe vorhanden sind und
in denen anderer fehlen. Bei Steigerung der Gewebsspannung werden
die Safte in ihrer Str&mung behindert und die Nekrose setzt nattirlich
auch am Punkte des maximalen Druckes zuerst ein, wie die mikro-
skopische Untersuchung lehrt.
Ostertag (34, 35) sagt vom Echinococcus unilocularis nur,
daB die Cysten von Bindegewebe umgeben seien. Von zahlreichen beim
Rinde gefundenen Fallen von Echinococcus multilocularis hat er
einzelne genauer untersucht und dabei denselben feineren Bau gefunden,
wie ihn Guillebeau geschildert hat. Unmittelbar an den Echinokokken-
blaschen lag eine Zone zum Teil nekrotischen Gewebes, das aus Riesen¬
zellen mit peripher gelagerten Kernen und radiSr zu den BlSschen
gestellten groBen Spindelzellen bestand; auf diese groBen Zellen folgten
die sogenannten epitheloiden und hierauf die gewohnlichen Rundzellen.
Ein von Ostertag auf der Pleura costalis eines Schweines gefundener
Echinococcus multilocularis wies dieselben histologischen Ver-
baltnisse auf. Auch hier lagen um die BlSschen herum halb nekrotische
Riesenzellen oder an deren Stelle ziemlich hSufig grofie Spindelzellen,
sowie grbBere und kleinere Rundzellen.
Ueber die Kapsel des Echinococcus cysticus schreibt Kitt (18):
„Mit dem Wachstum des Blasenwurmes verdichtet sich auch die vom
Organe geschaffene Bindegewebskapsel, sie wird zu einem Sacke, der
5—10 mm dick und sehr derb ist, weiBe, weiBgelbliche Farbe hat, nicht
mehr durchsichtig ist, sich im Leberinterstitium zwischen verodetem,
gepreBtem, blaB gewordenem Lebergewebe verliert, gegen die Wurmblase
aber imraer abgeglattet und ohne Verbindung mit derselben erscheint.“
Nach Ziirn (47) und Ktichenmeister (22) iibt der Echino¬
coccus unilocularis bei langsamem Wachstum gar keinen EinfluB
auf das Parenchym des befallenen Organes aus, wahrend er das Gewebe
belastigt und verdr&ngt, wenn er schnell wachst.
Weiter sind Angaben fiber GewebsverSnderungen in der Nachbar-
schaft des Echinococcus cysticus vorhanden von Birch-Hirsch-
feld (4), Ziegler (46), Orth (33), Wechselmann (44), Kriick-
raann (21) und Lehne (24). Ziegler und Orth sprechen nur von
der Entstehung entziindlicher Prozesse in der Umgebung der Echino¬
kokken. Birch-Hirschfeld sagen von den Leberechinokokken, daB
infolge ihres Wachstums das Parenchym der Organe atrophiert und daB
Entziindungen in der Umgebung derselben auftreten kbnnen, wahrend
Wechselmann glaubt, daB durch den Druck des Echinococcus
das Leberparenchym zugrunde geht, Bindegewebe, Blutgef8.Be und Gallen-
gange dagegen persistieren; das weitere Wachstum des Parasiten habe
dann eine Zunahme der Bindegewebskapsel sowie der Blutgef8.Be und
Gallengange zur Folge. Kriickmann gibt eine Beschreibung von
kleinsten, teils in der Pia, teils in der Dura Mater des Riickenmarkes
gefundenen Echinokokken. Um die eine deutliche parallele (konzentrische)
Streifung zeigende Echinokokkenmembran lagen Haufen von sehr groBen
•vielkernigen Riesenzellen. Die auf diese Weise gebildeten KnStchen
Erote Abt. Orig. Bd. 66. Heft 1. 3
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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 55. Heft 1.
enthielten auch stets Kapillaren und kleine Arterien, deren Endothelbelag
deutliche Wucherungsvorg&nge darbot.
Lehne, der mehrere Echinokokken aus verschiedenen Organen
untersuchte, sagt in dem einen Befunde: „Die Wandung besteht aus
einer basalen, ziemlich zellarmen Bindegewebsschicht, in welcher sicb
groBere und kleinere BlutgefaBe, sowie mehr oder weniger reich ein-
gestreute blutpigmenthaltige Zellen befinden. Hierauf folgt eine
aus sehr zellenreichem Granulationsgewebe bestehende Schicht, in der
reichlich Leukocyten und hier und da auch groBe vielkernige Riesen-
zellen vorhanden sind. Die innerste Schicht besteht fast ausschliefilich
aus groBeren und kleineren Riesenzellen, zwischen denen auch epitheloide
Zellen vorhanden sind und denen direkt die deutlich gestreifte Echino-
kokkenmembran anliegt. Die Riesenzellen zeichnen sich meist durch
ihre besondere GroBe und die groBe Anzahl der Kerne aus.“
Nach Naunyn (32) findet man die kleineren Echinokokkenblaschen
„stets von einer feinen bindegewebigen Cyste eingeschlossen, die dem
Bindegewebsgeriist des bewolmten Organs angehort". „Die eigentliche
Echinokokkenblase liegt dieser Cyste nicht eng an, sondern ist von ihr
durch eine breiartige, aus Kernen und Faserzellen bestehende Masse
getrennt." „Mit dem Wachstum der Blasen schwindet auch die zwischen
ihnen und der Cyste befindliche breiartige Masse, die Blase liegt dann
der bindegewebigen Cyste ziemlich eng an.“
Posselt (38) hebt hervor, daB er in den meisten Fallen in der
Umgebung der multilokularen Echinokokken, besonders urn diejiingeren
Blaschen Riesenzellen gefunden habe. Eine groBe Anzahl von ihm
zitierter Autoren hatte denselben Befund, w&hrend Tschmarke (41)
die von anderen fiir Riesenzellen erklarten Gebilde fur schr&g geschnittene,
komprimierte Gallengange ansieht.
Eingehende Beschreibungen der Kapseln der unilokularen Echino¬
kokken hat Lichtenheld (26) geliefert. Er hat vor allem festgestellt,
welche Unterschiede zwischen den fertilen und sterilen Echinokokken
bestehen, und ferner gefunden, daB die Cystenwandungen der bei
Rindern, Schafen, Schweinen und Pferden gefundenen Blasenwurmer
sich nicht wesentlich, die in den verschiedenen Organen derselben Tier-
gattung gefundenen gar nicht voneinander unterscheiden. Das Ergebnis
der Untersuchungen iiber den Bau der Cystenwand sei im folgenden
kurz wiedergegeben:
„Die Cyste des fertilen Echinococcus besteht aus fibrill&rem
Bindegewebe; ihre innere Zone ist stets zellenlos, nach auBen lagern
sich dann Zellen mit spindelfdrmigen Kernen, erst seltener, dann h&ufiger
zwischen die Fibrillen. Mit Zunahme der Zellenanzahl werden die Kerne
kflrzer und dicker. Die SuBerste Zone ist sehr zellenreich. In ihr be¬
finden sich zahlreiche BlutgefaBe und bei Echinokokken der Leber auch
Gallengange. Bei jiingeren Echinokokken ist die innere zellenlose Zone
gering, die SuBere relativ stark; bei alteren ist das Verhaltnis um-
gekehrt."
Die Cysten der sterilen Echinokokken weisen stets eine innere
zellenreiche und eine auBere zellenarme Schicht auf. Nach der Be-
schaffenheit der inneren zellenreichen Schicht teilt Lichtenheld die
sterilen Echinokokken ein „in solche mit und olme Riesenzellen". Da
er die letztere Zellgattung nur bei sterilen Formen, niemals dagegen
bei fertilen vorfand, so bezeichnet er die Kapseln mit Riesenzellen al&
typisch, die Kapseln ohne diese als atypisch fur den sterilen Echino-
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Gasse, Reaktion des Tierkorpers bei Einwanderung von Echinokokken etc. 35
coccus. Die typische Wand weise 3 Schichten auf. Die innerste
Schicht setze sich aus „Riesenzellen und sternformigen oder spindel¬
formigen Bindegewebszellen init ovalen Kernen u zusammen, zuweilen
seien auch nur Riesenzellen vorhanden. „Diese sind nach auBen ab-
gerundet, wahrend sie nach innen kelchformig auslaufen. Jener Teil
ist von seiner Uragebung deutlich abgegrenzt, dieser verschmilzt all¬
mahlich mit dem Plasma der benachbarten Riesen- oder Spindelzellen.
Die Kerne liegen fast stets am auBeren Pol. u Die mittlere Schicht
bestehe aus jungen, runden Bindegewebszellen mit runden vollen Kernen
und sp&rlich eingestreutem fibrillaren Bindegewebe mit spindelformigen
Kernen und die auBere aus fibrill&rem Bindegewebe mit nach auBen zu
allmahlich an Zahl abnehmenden Zellen. Die als atypisch bezeichneten
Cysten der sterilen Echinokokken fand Lichtenheld entweder aus
denselben Schichten bestehend, aber ohne Riesenzellen, oder die Wand
bestand nur aus fibrill&rem Bindegewebe, dessen Zellenreichtum von
innen nach auBen allmahlich abnahm.
Von den Echinokokken unter WalnuBgroBe, bei denen Fertilitat
bezw. Sterilitat meist noch nicht zu erkennen sei, liefert Lichtenheld
eine besondere Beschreibung. Er unterscheidet bei diesen zwei von-
einander abweichende Ausbildungen: „Bei der einen sind drei Schichten
nachzuweisen, eine innere aus Spindelzellen, eine mittlere aus jungen
Bindegewebszellen mit runden Kernen und eine SuBere, aus fibrillarem
Bindegewebe bestehende. Von der inneren Schicht ist hervorzuheben,
daB die Spindelzellen in ihrer Langsrichtung ungefahr senkrecht zu der
Echin ococcus-Membran verlaufen. Die auBere Schicht ist sehr gering.“
„Die anderen Cysten bestehen aus meist parallel verlaufendem Binde¬
gewebe mit ovalen Kernen. Zwischen diesen finden sich Rundzellen
eingelagert. An diesem Bindegewebe liegt nach innen eine verschieden
starke Detritusmasse, die aus zugrunde gegangenen Bindegewebs- und
Blutzellen besteht. u Bei den etwas aiteren Echinokokken ahnelte der
B au der Cyste entweder dem der fertilen oder dem der sterilen grbBeren
Echinokokken.
Als Ursache fur den verschiedenartigen Bau der Cyste sieht Lichten-
held den „verschieden starken Reiz an, den der fertile und sterile
Echinococcus auf das umgebende Gewebe ausiibt. Bei dem sterilen
Echinococcus ist er so schwach, daB er sich nur auf die innere
Schicht der Cyste beschrankt, die dann durch Neubildung von Binde¬
gewebe oder Bildung von Riesenzellen auf diesen reagiert. Der fertile
Echinococcus verhindert durch seinen intensiven Reiz die Zellver-
mehrung in seiner nachsten Umgebung und ruft solche in den entfernteren
aufieren Schichten und dem interstitiellen Gewebe des Organs hervor. 11
In einer Arbeit uber lokale Eosinophilie in der Leber der Haus-
tiere geben Joest und Felber (16) eine Beschreibung der Echino-
kokkenkapsel. Die von ihnen untersuchten erbsen- bis haselnuBgroBen
unilokuiaren Echinokokken von Schwein, Rind und Schaf zeigten
untereinander keine Verschiedenheiten. Bei den sterilen Blasen weist
die Kapsel drei Schichten auf. Die innerste („Radiarschicht“) besteht
aus langgestreckten, spindelformigen Zellen, die zur Echinokokken-
raembran senkrecht gestellt sind, mit langlichen, ovalen, ziemlich chro-
matinarmen, scharf konturierten Kernen. Riesenzellen sind in keinem
Falle vorhanden. Nach auBen lagert sich eine meist diinnere, aus Rund¬
zellen und Fibroblasten bestehende Schicht an („Intermediarschicht“).
Die Rundzellen besitzen einen chromatinreichen, dunklen runden Kern,
3*
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
die Fibroblasten, von rundlicher Oder langlicher Form, zeichnen sich
durch runde oder ovale, etwas chromatinarmere Kerne aus. Bindege-
websfibrillen weist diese Schicht der Kapsel in der Regel nicht auf.
Hieran schlieBt sich nach auBen eine in der Hauptsache aus fibrillaren
Bindegewebe bestehende Zone, die in das interazinose Gewebe der Leber
flbergeht („Fibriliarschicht“). Diese Schicht ist kernarm. Zwischen den
Fibrillenbiindeln sind vereinzelt und herdweise auftretende kleine Rund-
zellen ohne besondere ftirberische Eigenttimlichkeiten zu bemerken. Die
Kapsel der fertilen Echinokokken zeigt im allgemeinen den gleichen
Bau, nur sind die einzelnen Schichten nicht so scharf ausgepragt. Die
spindelformigen Fibroblasten der inneren Schicht weisen keine deutliche
radiSre Anordnung auf und sind mit Rundzellen, zuweilen auch mit ver-
einzelten Riesenzellen untermiscbt. EosinophileZellen sind in alien
drei Schichten, sowohl bei fertilen als auch bei sterilen Blasen, nach-
zuweisen, stets jedoch nur in verhaltnismaBig geringer Zahl. In der
Radiarschicht liegen sie teils vereinzelt, teils in kleinere, unregelmaBige
Haufen zusammengelagert. In der Intermediarschicht finden sie sich in
etwas groBerer Anzahl, regellos zwischen den Leukocyten und Fibro¬
blasten zerstreut. In der Fibrillarschicht sind sie nur sparlich vor-
handen, meist neben den erwahnten kleinen Rundzellen gelegen. In
dem dem Echinococcus benachbarten Lebergewebe sind keine eosino-
philen Zellen gefunden worden.
Bei mehreren von Joest und Felber untersuchten multiloku-
laren Echinokokken waren die histologischen Verhaitnisse der Kapsel
annahernd dieselben wie bei unilokularen. „Ein charakteristisches Merk-
mal der Kapsel ist darin gegeben, daB die Radiarschicht stellenweise
durch eine in der Hauptsache aus Riesenzellen aufgebaute Schicht er-
setzt erscheint. Diese Zellen besitzen oft eine annahernd kegelformige
Gestalt und sind dann in der Regel mit ihrer Basis nach der Blasen-
wand zu gerichtet.“ „Die Kerne finden sich in dem von dem Echino¬
coccus abgewandten Ende der Zelle.“ Eosinophile Zellen fanden
sich in alien drei Schichten, in etwas groBerer Anzahl jedoch nur in der
Intermediarschicht.
Zwei Falle von Echinococcus multilocularis, in denen die
Parasitenblasen derNekrose anheimgefallen waren, lieferten einen wesent-
lich anderen histologischen Befund: Der Dickendurchmesser der Kapsel
ist verringert, die drei Schichten sind nicht mehr vorhanden. Riesen¬
zellen fehlen meist. Die Autoren sind der Ansicht, daB hier „der grbBte
Teil der Radiarschicht der Kapsel mit der Echinokokkenblase zugrunde
gegangen ist, wobei sich die nekrotischen Ueberreste der Kapsel mit
dem nekrotischen Parasiten verschmolzen haben.“ Hierfiir spreche „der
Umstand, daB man an einigen Stellen des PrBparates an Stelle der
Radiarschicht Massen, die zahlreiche Kerntriimmer enthalten, wahrnimmt u .
Den nekrotischen Massen liegt eine Schicht Spindelzellen, oder, wo diese
fehlen, fibrillares, mit Rundzellen durchsetztes Bindegewebe an. „Die
leukocytaren Elemente sind in der Peripherie der Kapsel meist in grdBerer
Anzahl vorhanden und manchmal in kleinen Haufen angeordnet, die
dann direkt an das Lebergewebe angrenzen.“ In der Kapsel dieser
beiden Echinokokken wurden eosinophile Zellen so gut wie gar
nicht gefunden. Lediglich in der Umgebung kleiner Gallengdnge, die in
den peripheren Kapselschichten anzutreffen waren, traten sie in geringer
Zahl hervor. Joest und Felber erklaren sich das fast vollstandige
Fehlen eosinophiler Zellen in den Fallen, in denen die Parasiten abge-
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Gasse, Reaktion dee Tierkorpers bei Einwanderung von Echinokokken etc. 37
storben sind, in der Weise, daB hier „die chemotaktische Wirkung auf
die Eosinophilen im Blute infolge Verminderung der wirksamen Stoffe
reduziert ist“.
In einer jiingst erschienenen Arbeit beschaftigt sich Ebhardt (7)
unter anderem auch mit der lokalen Eosinophilie bei Echinokokken und
gibt eine kurze Schilderung der Bindegewebshiille. Er sah dem Parasiten
anliegend mehrere Schichten radiar gestellter Spindelzellen, zwischen
denen bald vereinzelt, bald in machtigen Haufen eosinophile Zellen an-
zutreffen waren. Nach auBen hin war das Ganze von einer Bindegewebs-
kapsel uraschlossen, in deren inneren weitmaschigen Partieen sich vorzugs-
weise groBe und kleine Lymphocyten und eosinophile Zellen vorfanden.
AuBer diesen Zellarten waren Fibroblasten und polymorphkernige Leuko-
cyten daselbst vorhanden. In den Spaltraumen der Bindegewebsschicht
lagen verschiedentlich eosinophile Zellen und Lymphocyten. Die Kapsel
abgestorbener Echinokokken enthielt nur wenige Eosinophile. Ebhardt
kommt zu dem SchluB, daB die Vermehrung der eosinophilen Zellen auf
Stoffe zuriickzufflhren ist, welche von den Parasiten abgegeben werden
und denen eine chemotaktische Wirkung auf acidophile Leukocyten inne-
wohnen muB. Die geringe oder fehlende Eosinophilie bei jungen sowie
bei abgestorbenen Parasiten erklart er daraus, daB bei diesen die wirk¬
samen Stoffe noch nicht, bezw. nicht mehr gebildet werden. Bei starker
Bindegewebsbildung kann die Abgabe der Reizstoffe mechanisch be-
hindert sein, was bei den betreffenden Parasiten eine Verminderung der
Eosinophilie zur Folge hat.
Ueber den feineren Bau der um Finnen gebildeten Hiille habe ich
in der Literatur keine Angaben gefunden.
Die Finnen des Rindes und des Schweines (Cysticercus
inermis und Cysticercus cellulosae) haben mit wenigen Aus-
nahmen ihren Sitz in dem interfibrillSren Bindegewebe der Skelett-
muskulatur und des Herzens. Bei massenhafter Invasion kbnnen sie, wie
Ziirn (47), Leuckart (25), Gerlach (11), Kiichenmeister (22) u. a.
durch Fiitterungsversuche festgestellt haben, auch in anderen Organen
sich ansiedeln. In solchen Fallen kbnnen die Parasiten erhebliche Ver-
anderungen der befallenen Organe und sogar den Tod des Wirtstieres
verursachen. An den stark mit Cysticerken durchsetzten Muskeln macht
sich alsdann eine hohere Rotung und serose Durchtrankung bemerkbar.
In der Regel kommt es aber bei der Einwanderung der Finnen nur zur
Bildung einer mehr oder weniger dicken Bindegewebsschicht um den
Parasiten herum. Ostertag (35) und Kitt (18) sahen junge, wenige
Wochen alte Finnen von einer kasigen Masse umgeben, die als Ueber-
bleibsel eines die Invasion begleitenden Exsudationsvorganges aufzufassen
ist und spater durch Resorption verschwindet. Sterben die Finnen ab,
so tritt hMufig eine bedeutende Verdickuug der Kapsel ein.
Eigene Ulitersuchungen.
Material.
Wie mehrere Autoren angeben, bestehen in dem histologischen Bau
der Echinokokkenkapseln der verschiedenen Haustiere keine oder nur
ganz geringe Unterschiede. Ich konnte daher mit gutem Recht die
Untersuchungen auf einzelne Tiergattungen beschranken, ohne befurchten
zu mussen, daB mir wesentliche und fur Echinokokken cbarakteristische
Veranderungen entgehen. Als Material verwandte ich Hiilsenwiirmer aus
Lunge und Leber vom Rind und Schaf, wahrend ich die Untersuchungen
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der Finnenkapsel an Rinderfinnen vornahm. Nicht verfehlen mochte ich,
an dieser Stelle Herrn Obertierarzt Bongert und den iibrigen Herren
Kollegen vom Berliner Schlachthofe, die mir beim Samineln der Objekte
behilflich gewesen sind, meinen verbindlichsten Dank fiir ihre Unter-
stiitzung auszusprechen.
Insgesamt untersuchte ich 48 verschiedene Echinokokken aus Leber
und Lunge vom Rind und Schaf, und zwar waren alle unilokular. Leider
war es mir nicht moglich, Exemplare des Echinococcus multi-
locularis zu bekommen. Einige der gefundenen Hulsenwiirmer hatten
makroskopisch eine gewisse Aehnlichkeit mit jungen alveolaren Echino¬
kokken; die genauere Untersuchung ergab jedoch in jedem Falle, daB es
sich urn sterile, im Absterben begriffene altere Echinokokken handelte, deren
vielfaltige Ausbuchtungen der Wand den alveol&ren Bau vortSuschten.
Den Bau der Finnenkapsel studierte ich an 19 Exemplaren des
Cysticercus inermis, die teils in der Korpermuskulatur, teils im
Herzen gefunden waren. Alle diese Finnen wiesen makroskopisch keine
Anzeichen von Degeneration auf.
Technik.
Die Echinokokken verschiedenster GroBe und die Finnen wurden
moglichst frisch den Schlachttieren entnommen und unerbffnet in die
zur Hartung bestimmte 10-proz. Formalinlbsung gebracht und etwa
24 Stunden darin belassen. Nach griindlichem WSssern wurden die
Objekte, um ZerreiBungen der feineren Gewebe durch Diffusionsstrome
moglichst zu vermeiden, allmahlich aus 30-proz. Alkohol in 96-proz.
flbergefiihrt. Da sich von den nur in Paraffin eingebetteten Gewebs-
stiicken, besonders der mit Finnen besetzten Muskulatur, nicht genugend
feine Schnitte anfertigen lieBen, wandte ich die folgende Methode an:
Die Praparate kommen aus dem 96-proz. Alkohol auf je 24 Stunden in
absoluten Alkohol, eine Mischung von absolutem Alkohol und Schwefel-
ather, eine dunne atherische Celloidinlbsung, Cedernol, und von dort er-
folgt die iibliche Einbettung in Paraffin. Von derartig behandelten
Stucken konnte ich ausreichend zarte Schnitte von 10 /u Dicke herstellen.
Die Schnitte wurden auf erwarmtem Wasser ausgebreitet, auf Objekt-
trBger flbertragen und auf dem Thermostaten getrocknet.
Gefarbt habe ich die meisten Schnitte mit Hamatoxylin-Eosin. Ferner
wandte ich die Methoden von M. Heidenhain, van Gieson und
Giemsa (modifizierte Roman owski-Farbung) an. Die Darstellung
eosinophiler Zellen gelang mir am besten in folgender Weise: Ich farbte
mit Weigertschem Hamatoxylin etwa 25 Sekunden und diflferenzierte
mit Salzsaurealkohol, bis das JPrBparat nur noch schwach blau erschien.
Darauf lieB ich Eosin etwa 2 Minuten einwirken und extrahierte mit
70-proz. Alkohol das uberschiissige Eosin bei standiger Kontrolle unter
dem Mikroskop so lange, bis nur noch die acidophilen Granula eine tief-
rote Farbung zeigten.
Auf die Schilderung der grobanatomischen Verhaltnisse der unter-
suchten Parasiten glaube ich verzichten zu konnen, da diese ja allgemein
bekannt sind.
Die Ergebnisse der mikroskopischen Untersuchungen habe ich im
folgenden so wiedergegeben, wie ich sie bei der Mehrzahl der Praparate
von den verschiedenen Typen gefunden habe, und die man daher als
charakteristisch fflr die einzelnen Arten betrachten kann. Die Gattung
des Wirtstieres sowie der Fundort des Parasiten bedingten nur un-
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GasBe, Reaktion dee Tierkfirpers bei Einwauderung von Echinokokken etc. 39
wesentliche Unterschiede ini Bau der Hiille. Die angefuhrten Befunde
beziehen sich deshalb, wenn nichts Besonderes angegeben ist, gleich-
maBig auf Echinokokken aus Lunge und Leber von Rind und Schaf.
Fertile Echinokokken.
Die Hiille der fertilen Echinokokken verschiedener GroBe zeigt einen
sehr einfachen Aufbau. Sie besteht fast ausschlieBlich aus fibrillarem
Bindegewebe, dessen Fasern konzentrisch, also parallel der Blasenwand
angeordnet sind und meist etwas wellig verlaufen.
An seinem inneren, d. h. dem Parasiten anliegenden Teile ist das
Gewebe fast zellenlos. Nach auBen zu lagern sich allmShlich mehr und
mehr Bindegewebszellen mit stabchen- und spindelformigen Kernen
zwischen die Fibrillen (Fig. 1 c). Die auBersten Abschnitte weisen neben
den spindelformigen Zellen solche mit runden und ovalen Kernen auf,
die sich durch den verschiedenen Gehalt ihrer Kerne an Chromatin teils
als Lymphocyten, teils als Fibroblasten zu erkennen geben. Eosinophile
Zellen sind in den inneren Abschnitten der Kapsel gar nicht aufzufinden,
in den RuBeren sind sie sehr sp&rlich vorhanden; vereinzelt liegen sie
im benachbarten normalen Gewebe und enthalten teils nur einen, teils
mehrere Kerne. Die der Hiille direkt anliegenden Teile des umgebenden
Gewebes weisen nur geringe Y T eranderungen auf. In der Lunge zeigt
sich nur eine geringe Kompression der Alveolen (Fig. 1 d ), wShrend
bei der Leber eine leichte Verschiebung der Leberzellbalken zu konsta-
tieren ist. Neugebildete BlutgefaBe und Gallengange finden sich in der
auBeren Schicht der Kapsel nur in geringer Anzahl. An einzelnen
Stellen ist eine schmale Zone der innersten Schicht in eine fast homo¬
gene, sich intensiver als die umliegenden Teile fSrbende Masse um-
gewandelt, an der der fibrill£re Bau nur noch ganz undeutlich zu er¬
kennen ist; offenbar sind diese ^Lbschnitte der Nekrose anheimgefallen
<Fig. 1 b). Mitten zwischen den Bindegewebsfasern liegen zuweilen kleine
Nester von rundlichen Zellen. Das Alter der fertilen Echinokokken be-
dingt nur insofern Unterschiede im Bau der Hiille, als mit hoherem Alter
die Dicke der Faserschicht zunimmt, die Struktur im allgemeinen andert
sich nicht.
Bei solchen Blasenwiirmern, die nur wenige Skolices enthalten, konnte
ich eine geringe Abweichung im Bau der Kapsel konstatieren. WShrend
bei den vorher beschriebenen der Kernreichtum allm&hlich von innen
nach auBen zunimmt, erscheint die Fibrill&rschicht hier in zwei deutliche
Abschnitte getrennt, einen inneren ganz zellenlosen und einen SuBeren
zellarmen. Die Grenze beider wird zuweilen dadurch noch schfirfer, daB
an ihr Haufen von Rundzellen gelagert sind. Auch sieht man an einzelnen
Stellen, daB die spindelformigen Bindegewebszellen und die Fibrillen ihre
konzentrische Lage verlassen haben und auf die innere zellenlose, zum
Teil auch nekrotische Schicht senkrecht gestellt sind.
Sterile Echinokokken.
Diejenigen Hiilsenwtirmer, bei denen weder makroskopisch noch
mikroskopisch Brutkapseln und Skolices nachzuweisen sind, kbnnen ihrer
Form nach in zwei groBe Gruppen getrennt werden. Ein Teil derselben
zeigt eine vollkommen glatte Innenwand, w&hrend die iibrigen zahlreiche
und mannigfaltige Ausbuchtungen aufweisen. Die mikroskopische Unter-
suchung ergibt, daB diese beiden Gruppen eine ganz verschiedenartig
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gebaute Hiille haben. Ich werde daher im folgenden jede der beiden
sterilen Arten getrennt schildern.
Glattwandige sterile Echinokokken.
Bei dieser Form sind stets drei Schichten deutlich zu unterscheiden.
1) Der Cuticula des Parasiten anliegend sieht man eine aus dicht
aneinander gelagerten Bindegewebszellen bestehende Zone (Fig. 26). Die
Zellen sind teils sternformig, teils spindelformig und besitzen einen ovalen,
chromatinarmen, scharf konturierten Kern. Meist liegen sie regellos
durcheinander, an manchen Stellen jedoch weisen sie eine bestimmte An-
ordnung auf. Die spindelformigen Zellen stehen dann annahernd radiSr,
d. h. senkrecht zur Echinokokkenmerabran. Zuweilen bestebt der der
Parasitenhaut direkt anliegende Teil aus einer homogenen oder schwach
gekornten, keine Kerne oder nur Kerntriimmer enthaltenden Masse, in
die die benachbarten Zellen teilweise hineinragen. Den AbschluB der
innersten Schicht nach auBen zu bildet meist eine mehr oder weniger
dicke Lage Spindelzellen, die genau der Grenze parallel verlaufen.
Zwischen ihnen sind vereinzelte Bindegewebsfibrillen nachzuweisen. An
Stelle der zur Echinokokkenmembran senkrecht gestellten Spindelzellen
liegen haufig einzeln oder in Reihen nebeneinander sehr groBe Zellen
mit zahlreichen Kernen, die denselben Bau zeigen wie Fremdkorper-
riesenzellen (Fig. 26). Sie haben annahernd kegelformige oder bienen-
korbahnliche Gestalt. Die breite Basis ist der Parasitenhaut zugewandt.
Die ziemlich chromatinarmen Kerne liegen im auBeren Abschnitt des
Zelleibes entweder an der Peripherie entlang oder aber in Haufen zu-
sammengeballt, immer jedoch so, daB der innere Teil der Zelle kernfrei
bleibt. Ihre Zahl betragt nach meinen Zahlungen in jeder Zelle 25 bis
75. Der kernfreie Teil des Zelleibes stellt eine sich blaB farbende,
homogene Protoplasmamasse dar, die allmahlich mit der der benachbarten
Zellen verschmilzt. Eosinophile Zellen finden sich in der innersten
zellenreichen Schicht der Kapsel nur in maBiger Zahl und sind anscheinend
ohne bestimmte Anordnung im Gewebe zerstreut. Nur in einigen Fallen
habe ich gefunden, daB sie reihenweise zwischen den spindelformigen
Zellen oder direkt unter der Echinokokkenwand liegen. Ihre Gestalt ist
rundlich oder oval, sie scheinen jedoch ihre Form je nach ihrer Lage
leicbt Sndern zu konnen. Ihr Inneres ist dicht angefullt mit intensiv
rot gefarbten, stark lichtbrechenden Granulis, zwischen denen 2—4 dunkel
gefarbte, runde Kerne etwas exzentrisch gelagert sind.
2) Peripher von der oben beschriebenen liegt eine fast nur aus
runden Zellen bestehende Zone (Fig. 2 c). Diese Zellelemente setzen
sich aus drei verschiedenen Arten zusammen. Die Mehrzahl besitzt einen
chromatinreichen, runden Kern und stellt offenbar emigrierte Lympho-
cyten dar, wie sie sich in jungem Bindegewebe stets vorfinden. Eine
andere Art, die einen groBen Prozentsatz der vorhandenen Zellen aus-
macht, ist an ihren l&nglichen oder ovalen, blaB gefarbten, scharf kon¬
turierten Kernen als Fibroblasten zu erkennen. Am schwSchsten ver-
treten ist meist die dritte Art, die eosinophilen Zellen. Sie liegen teils
regellos zwischen den iibrigen zerstreut, teils in groBeren Gruppen bei-
sammen. In einzelnen Fallen fand ich die Eosinophilen in solcher An-
zahl, daB sie den groBten Bestandteil der mittleren Kapselschicht bildeten.
Ganz vereinzelt sind auch polymorphkernige Leukocyten anzutreffen.
Fibrillen sind in dieser mittleren Schicht nur in geringer Anzahl vor-
handen. Riesenzellen sind nicht nachzuweisen. Die Dicke der Rund-
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Gasse, Reaktion des Tierkorpers bei Einwanderung von Echinokokken etc. 41
zellenschicht ist sehr wecliselnd. Bei ein und demselben Echinococcus
besteht sie bald aus nur einer Reihe zelliger Elemente, bald bildet sie
dicke Lagen, in denen 20 und mehr Zellen nebeneinander zu z&hlen sind.
3) Die am weitesten nacli aufien liegende Zone setzt sich in der
Hauptsache aus fibrillarem Bindegewebe zusammen (Fig. 2d), was be-
sonders gut an den nach van Gieson gefarbten Praparaten zu sehen
ist. Die Fasern haben einen leicht welligen Verlauf und sind im allge-
meinen der Blasenwand parallel angeordnet, nur an den Stellen, wo das
interstitielle Bindegewebe des Organs herantritt, andert sich die Faser-
richtung, indem die Fibrillenbiindel in das benachbarte Gewebe ab-
schwenken und ohne Unterbrechung in dasselbe iibergehen. Der Kern-
gehalt dieser Schicht ist ein geringer. Die Kerne erscheinen scharf
konturiert und sind oval, langgestreckt, spindelformig oder st&bchenfQrmig.
Zwischen den Faserbiindeln liegen vereinzelt, reihenweise oder herdweise
kleine dunkelgef&rbte Rundzellen. Eosinophile Leukocyten sind entweder
gar nicht oder nur sehr sp&rlich vorhanden.
An der Innenflkche der glattwandigen sterilen Echinokokken sind
schon makroskopisch zahlreiche etwa stecknadelkopfgroBe, schwarzrote,
erhabene Flecke zu bemerken. Es handelt sich, wie die histologische
Untersuchung ergibt, um Ansammlung von Blut zwischen der inneren
und mittleren oder innerhalb der inneren Kapselschicht. Die der Blutung
benachbarten Zellen, besonders die in der nach innen abgedrangten
Schicht befindlichen weisen Anzeichen von Nekrose auf, indem ihre Kerne
in Zerfall begriffen sind.
Wahrend die innere und mittlere Schicht bei Echinokokken ver-
schiedenen Alters annahernd die gleiche Dicke aufweist, nimmt die &uBere
mit hoherem Alter an Durchmesser bedeutend zu und iibertrifft die
anderen um das Mehrfache. Es sind alsdann in ihr stets BlutgefkBe
und bei Echinokokken der Leber auch Galleng&nge nachzuweisen.
In dem benachbarten Gewebe finden sich sowohl in den grSBeren
Blutgef&Ben als auch in den Kapillaren auffallend viele polymorphkernige
Leukocyten, die sich durch ihren schwach rosa gefarbten Zelleib und
ihren eigentiimlich gestalteten haufig hufeisenformigen Kern deutlich von
den eosinophilen unterscheiden. Teilweise sind auch kleinere Blutungen
im benachbarten Gewebe eingetreten. Um groBere und kleinere GefSBe
herum liegen oft Haufen von Eosinophilen.
Sterile Echinokokken mit ausgebuchteter Wand.
Die im Folgenden beschriebenen Echinokokken zeigen im Aufbau
ihrer Kapsel eine gewisse Aehnlichkeit mit den fertilen. Da jedoch in
keinem Falle Brutkapseln oder Skolices aufzufinden waren, miissen sie
den sterilen zugerechnet werden. Alle von mir untersuchten Echino¬
kokken dieser Art weisen denselben Bau auf, wenn auch das Alter und
die GroBe einige Unterschiede in bezug auf die Dicke der verschiedenen
Gewebsarten bedingen. Mehrere kleine Hulsenwiirmer hatten makro¬
skopisch das Aussehen eines Echinococcus alveolaris; die genauere
Untersuchung ergab jedoch stets, daB die einzelnen, teilweise nur 1 mm
groBen BlSschen untereinander und mit einer grdBeren Blase in Ver-
bindung standen, daB sie also keine Abscbnilrungen, sondern nur Aus-
buchtungen eines unilokul&ren Echinococcus darstellten.
Die Hulle l&Bt stets zwei verschiedene Schichten deutlich erkennen,
eine innere zellarme und eine auBere, vorwiegend aus zelligen Elementen
zusammengesetzte.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Der Parasitenmembran zunachst liegt eine Zone, die aus einer fast
homogenen, schwachkornigen Masse besteht. Stellenweise, besonders nach
auBen zu, ist eine fibriliare Struktur schwach angedeutet. Durch die
van Gieson-Farbung sind vereinzelte Bindegewebsfasern in ihr nach*
zuweisen; diese haben meist keinen bestimmten Verlauf, sondern sckeinen
regellos angeordnet zu sein. Kerne fehlen entweder ganz oder es sind
nur noch Triimmer davon vorhanden. Die Dicke dieser inneren Schicht
ist sehr wechselnd, bald bildet sie nur einen schinalen Saum, bald stellt
sie den groBten Bestandteil der Wand dar. Die durch die Ausbuchtungen
der Wand gebildeten, in das Innere der Blasen vorspringenden Leisten
bestehen fast ausschlieBlich aus dem eben beschriebenen Gewebe, in
ihrem Inneren liegen einzelne Ziige wohl erhaltener Fibrillenbundel.
Inmitten der innersten Schicht, meist direkt an der Blasenwand, finden
sich Zellenanhaufungen, die gegen die Umgebung scharf abgesetzt sind
(Fig. 3 b). Diese Zellen sind groBtenteils in Zerfall begriffen, teils weisen
sie nur noch Kerntriimmer auf, teils sind die Kerne ganz verschwuuden.
Bei der Untersuchung mit Oelimmersion zeigt sich, daB es sich urn
eosinophile Leukocyten handelt. Die Granula, deren Affinitat zum Eosin
mehr oder weniger nachgelassen hat, liegen noch um die zerfallenen
Kerne angehauft. Auch in den Fallen, wo die Zellkerne gar nicht mehr
nachzuweisen sind, liegen die Granula meist noch in Haufchen bei-
sammen. In ein und demselben Gesichtsfeld sieht man oft alle Stadien
des Zerfalls nebeneinander, von der intakten Zelle bis zu einer nur
noch undeutlich kornigen, schwach eosinophilen Masse. Wie schon oben
gesagt, sind diese nekrotischen Zellhaufen gegen die Umgebung scharf
abgesetzt. Stellenweise stoBen sie direkt an die im folgenden beschriebene
auBere Schicht der Kapsel an (Fig. 3).
Die peripher gelegene Zone besteht zum groBten Teil aus zelligen
Elementen, und zwar sind dies Bindegewebszellen (Fibroblasten), Rund-
zellen und eosinophile Leukocyten. Das Mengenverhaltnis dieser Zell-
arten ist sehr wechselnd, bald beherrschen die Rundzellen und eosino¬
philen Leukocyten das Bild, bald setzt sich die auBere Schicht fast
ausschlieBlich aus Bindegewebszellen zusammen. In letzterem Falle sind
auch reichliche Fibrillenbundel nachzuweisen (Fig. 3 d). Nach der Innen-
seite zu liegt fast immer eine Lage spindelformiger Zellen, die entweder
konzentrisch angeordnet oder auf die innere Schicht senkrecht gestellt
sind (Fig. 3c). Besonders groBe Ansammlungen von Rundzellen und
Eosinophilen sind meist an den Stellen vorhanden, wo sich zwischen
zwei Ausbuchtungen die Kapsel nach dem Inneren der Blase vorschiebt.
Der Uebergang von der inneren zur auBeren Schicht findet selten all-
mahlich statt, und zwar nur in solchen Fallen, wo die fibriliare Struktur
der inneren Zone noch deutlich erhalten ist. Es lagern sich alsdann
nach auBen zu mehr und mehr zellige Elemente zwischen die Fasern,
so daB schlieBlich die Zellen an Zahl iiberwiegen und so die auBere
Schicht entsteht, ein Aufbau der Kapsel, wie ich ihn bei fertilen Echino-
kokken stets gefunden habe. Meistens besteht eine scharfe Grenze
zwischen den beiden Schichten. Die Spindelzellen der auBeren Zone
sind in den meisten Fallen annahernd senkrecht zur Blasenwand ge-
richtet, sie schieben sich teilweise in die nekrotisclie innere Zone hinein
und scheinen sich in ihr aufzulosen. Zwischen ihnen findet man ver¬
einzelte Riesenzellen gelagert, die aber nicht immer die regelmaBige
Form besitzen wie die frtiher beschriebenen. Bald sind sie langgestreckt,
bald kegel-, bald blaschenformig. Ihre Kerne scheinen mit Vorliebe im
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aufieren Abschnitt zu liegen. In etwas groBerer Anzahl sind die Riesen-
zellen dort vorhanden, wo die auBere Schicht direkt an die Haufen von
zerfallenen eosinophilen Zellen anstoBt (Fig. 3).
Das an die Echinococcus-Kapsel anstoBende Gewebe zeigt ini
allgemeinen wenig Veranderungen. In der Lunge findet man die Alveolen
in ihrer Form verandert; sie sind seitlich zusammengedrangt, so daB sie
hSufig nur noch als schmale, der Parasitenmembran parallel verlaufende
Spalten erscheinen. Am Lebergewebe ist zuweilen nur eine geringe Ver-
schiebung der Zellbalken zu konstatieren. Um die kleinsten BlutgefaBe
und Bronchiolen bezw. die kleinen GallengSnge herum ist stets eine
Ansammlung von Rundzellen und eosinophilen Leukocyten anzutreffen
(Fig. 3g). Letztere sind haufig in der Mehrzahl. Ferner finden sich in
der Leber mitten im Gewebe zuweilen kleine Haufen von polymorph-
kernigen Leukocyten.
Finnen.
Wie schon friiher gesagt, stellte ich meine histologischen Studien
nur an solchen Finnen an, bei denen makroskopisch noch keine Anzeichen
von Degeneration bemerkbar waren, d. h. deren Hiille noch glasig durch-
scheinend war. Der eingestiilpte Kopf und die Schwanzblase waren in
jedem Falle vollig intakt.
Die um den Cysticercus inermis gebildete Kapsel setzt sich
aus Bindegewebszellen, Fibrillen, Rundzellen und eosinophilen Leuko¬
cyten zusammen. Das Verhfiltnis dieser Gewebsbestandteile zueinander
ist sehr wechselnd. An jeder Stelle der Wand ist das fibrillare Binde-
gewebe in groBerer oder geringerer Menge vorhanden (Fig. 4b). Es
bildet zuweilen an einzelnen Abschnitten, und zwar sind dies stets nur
die LSngswande des Finnenbalges, den alleinigen Bestandteil. Man sieht
sodann der Finnenhaut direkt anliegend und parallel zu ihr verlaufend
eine mehr oder weniger dicke Lage von Fibrillenbfindeln, zwischen denen
spindelund stfibchenformige Kerne gelagert sind. Dieses Bindegewebe
geht stets ohne Unterbrechung in das intermuskulare fiber. Nach den
Polen der Finnen zu lagern sich innen mehr und mehr rundliche oder
spindelformige Bindegewebszellen an die Fasern an. Wahrend diese Zellen
zuerst eine der Blasenwand ungefahr parallele Richtung aufweisen, nehmen
sie allmahlich eine mehr senkrechte Stellung ein. Teilweise ist auch eine
bestimmte Anordnung nicht zu erkennen. An den Polen selbst bilden
die Bindegewebszellen in der Regel dicke Lager. Zwischen den Binde¬
gewebszellen und der Finnenwand liegt haufig eine homogene oder un-
deutlich gefaserte Masse, die ein Produkt der Zellen darzustellen scheint,
also wohl als neugebildetes Bindegewebe aufzufassen ist. Die in der
Kapsel vorhandenen Rundzellen haben ihren Sitz meist auBerhalb der
fibrillSren Schicht, und zwar finden sie sich an den Stellen in groBerer
Zahl, wo das lockere intermuskulare Bindegewebe an die Finne lieran-
tritt. Verschiedentlich liegt auch inmitten der Fibrillenbflndel und
zwischen diesen und der inneren Zellschicht eine Ansammlung von Rund¬
zellen, und zwar dann auch vorzugsweise an den Polen der Finne. An
denselben Stellen wie die Rundzellen sind im allgemeinen auch die
eosinophilen Leukocyten anzutreffen. In den Maschen des fibrillaren
Bindegewebes verfindern sie ihre Form und erscheinen mehr oder weniger
langgestreckt. Beide Zellarten sind bald in gleicher Menge untereinander
gemischt, bald fiberwiegt die eine oder andere Sorte an Zahl. Vereinzelte
eosinophile Zellen fand ich stets im intermuskularen Bindegewebe, nicht
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nur in unmittelbarer N&he des Parasiten, sondern auch weiter davon ent-
fernt. In dem freien Raum zwischen Finnenhaut und Kapsel liegt haufig
eine einfache Schicht eosinophiler Zellen, denen einzelne groBe, einkernige
Leukocyten beigemischt sind. Einen besonderen Bau zeigt die Kapsel
an der Stelle, wo der Hals der Finne in die Schwanzblase flbergeht.
Hier erfahrt nicht nur das Lager von Rundzellen und Eosinophilen eine
starke Verbreiterung (Fig. 4 c), sondern auch die innere, vorzugsweise
aus j ungen Bindegewebszellen bestehende Schicht ist erheblich verdickt
(Fig. 4 d). Die frei zwischen Wand und Kapsel liegenden eosinophilen
Leukocyten sind vielfach vermehrt und sind auch in den durch den ein-
gestulpten Hals gebildeten Falten anzutreffen (Fig. 4 f). In einem Falle
fand ich am Pole einer Finne in dem freien Raum des Balges gelegen
eine groBe Masse im Zerfall begriffener eosinophiler Leukocyten. Es
bietet sich hier dasselbe Bild dar, wie ich es friiher in der Echinokokken-
wand gesehen habe. Neben noch vbllig intakten Zellen liegen einzelne,
deren Kerne zerbrockelt erscheinen, bei anderen sind nur noch Spuren
der Kernsubstanz nachzuweisen, wahrend die Mehrzahl sich nur noch
als Haufen von mehr oder weniger stark gefarbten Kornchen zu er-
kennen gibt. Riesenzellen waren in keiner einzigen Finnenkapsel nach¬
zuweisen.
Znsammenfassung.
Die Ergebnisse meiner Untersuchungen seien im folgenden noch
einmal kurz wiedergegeben:
Die Hulle der fertilen Echinokokken besteht in der Haupt-
sache aus fibriliarem Bindegewebe, dessen innerste Zone zum Teil
nekrotisch ist. Der Zellengehalt dieses Gewebes nimmt von innen nach
auBen allm&hlich zu. Die auBere Begrenzung bildet eine aus j ungen
Bindegewebszellen und Rundzellen bestehende Schicht. Eosinophile
Leukocyten sind in der Kapsel der fertilen Echinokokken nur in geringer
Menge anzutreffen. Das dem Parasiten benachbarte Gewebe des be-
treffenden Organes ist wenig verandert.
Die sterilen Echinokokken lassen sich nach ihrer Form und
dem Bau ihrer Umhiillung in 2 Gruppen einteilen, solche mit glatter
Wand und solche mit Ausbuchtungen.
Die Kapsel der sterilen Echinokokken mit glatter Wand laBt
3 Schichten erkennen. Innen liegt eine aus stern- oder spindelformigen
Zellen bestehende Zone. Die Spindelzellen sind meist senkrecht zur
Parasitenwand gestellt. An ihrer Stelle finden sich zuweilen auch
Riesenzellen, deren Kerne vorwiegend im auBeren Abschnitt gelagert
sind. Eosinophile Zellen sind den tibrigen nur in geringer Zahl und
scheinbar ohne bestimmte Anordnung beigemischt. Nach auBen zu folgt
eine vorwiegend aus rundlichen Zellen zusammengesetzte Schicht. Es
sind dies kleine Rundzellen mit chromatinreichen Kernen; Fibroblasten
und eosinophile Leukocyten. Das Mengenverhaltnis dieser 3 Zellarten
ist sehr wechselnd, meist iiberwiegen die kleinen Rundzellen. Zuweilen
sind einzelne Bindegewebsfasern zwischen den zelligen Elementen nach¬
zuweisen. Den auBeren AbschluB der Kapsel bildet eine Lage fibrillaren
Bindegewebes mit geringem Kerngehalt. Die einzelnen Fasern sind im
groBen und ganzen konzentrisch angeordnet. Zwischen ihnen liegen
stellenweise kleine Gruppen von dunkelgef&rbten Rundzellen. Die Zahl
der eosinophilen Leukocyten ist in dieser Schicht gering. Im benach-
barten Gewebe sind vereinzelt kleine Blutungen vorhanden.
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Bei den sterilen Echinokokken mit ausgebuchteterWand
ist die innere Schicht der Hiille arm an Kernen. Sie besteht aus einer
fast homogenen, schwach kornigen Masse, die hin und wieder noch eine-
fibrillfire Struktur erkennen lfiBt. In ihr liegen haufig groBe Massen in
Zerfall begriffener eosinophiler Zellen. Die peripher gelegene Zone
setzt sich aus Bindegewebszellen (Fibroblasten), Rundzellen und eosino-
philen Leukocyten zusammen, zwischen denen Fibrillenbfindel in wechseln-
der Menge vorhanden sind. Stellenweise herrschen die eosinophilen und
Rundzellen vor, besonders an solchen Stellen, wo sich zwischen 2 Aus-
buchtungen die Kapsel in Form einer Leiste in das Innere der Blase
verschiebt. An der Grenze beider Schichten finden sich hfiufig senk-
recht gestellte Spindelzellen und zwischen ihnen hier und da Riesen-
zellen. Das an die Kapsel anstoBende Lungen- und Lebergewebe ist
wenig ver&ndert. Um die kleinsten BlutgefaBe und Bronchiolen bezw.
die kleinen Gallengange herum liegen Haufen von Rundzellen und eosino¬
philen Leukocyten.
Die in der Muskulatur des Rindes gelegenen Finnen sind von drei
verschiedenen Schichten umgeben. Die innerste besteht vorwiegend aus
rundlichen Oder spindelffirmigen Bindegewebszellen, welche nach den
Polen zu allm&hlich eine annfihernd radifire Stellung einnehmen. Die
mittlere Schicht wird von einer mehr Oder weniger dicken Lage fibrillaren
Bindegewebes dargestellt, dem sich auBen als dritte Schicht Rundzellen
und eosinophile Leukocyten anlagern. W&hrend an den Lfingsseiten das
fibrillfire Gewebe zuweilen den einzigen Bestandteil der Wand bildet,
sind die fibrigen Elemente an den Polen der Finne und an der Stelle,
wo der Hals in die Schwanzblase iibergeht, stark vermehrt. Rundzellen
und eosinophile Leukocyten finden sich an diesen Stellen auch inmitten
des fibrillaren Bindegewebes und zentralwarts von ihm. In dem freien
Raum zwischen der Finnenhaut und der Kapsel sind meist eosinophile
und groBe einkernige Leukocyten anzutreffen. Einzelne der ersteren
wurden auch in den Falten des eingestiilpten Halses gefunden. Im be-
nachbarten intermuskuiaren Bindegewebe ist eine geringe Eosinophilie
beobachtet worden.
Kritische Betrachtungen.
Von den Abhandlungen fiber den Bau der Hfille des unilokularen
Echinococcus sind am bemerkenswertesten die in den letzten Jahren
erschienenen Arbeiten von Lichtenheld (26), bezw. Joest und
Felber (16). Diese Autoren gelangen jedoch in mancher Hinsicht zu
ganz verschiedenen Resultaten. Eine Erklfirung daffir lieBe sich vielleicht
in dem Umstande vermuten, daB sie ihre Untersuchungen an verschieden
grofien Hfilsenwfirmern vorgenommen haben. Wfihrend Joest und
Felber nur erbsen- bis haselnuBgroBe Echinokokken untersuchten und
bei diesen zwischen fertilen und sterilen unterschieden, gibt Lichten¬
held an, daB er bei Echinokokken unter WalnuBgroBe kein genaues
Urteil fiber die Fertilitfit hat fallen kfinnen. Seine Forschungen stellt
er daher in der Hauptsache an groBeren Parasiten an. Den Aufbau
der Hfille von sterilen Blasen beschreibt Lichtenheld annfihernd
ebenso wie Joest und Felber, bei fertilen dagegen sind die Forscher
zu ganz verschiedenen Resultaten gelangt. Lichtenheld stellt wesent-
liche Unterschiede zwischen den Hfillen der sterilen und fertilen Blasen
fest, Joest und Felber dagegen schildern beide Arten mit annfihernd
gleichem Bau. Nach meinen Befunden muB ich mich in diesem Falle
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Lichtenheld anschlieBen. Unter anderem bestreiten Joest und
Felber das Vorkommen von Riesenzellen bei sterilen Echinokokken,
bei fertilen sollen sie gefunden worden seiu.
Ich habe dagegen ebenso wie Lichtenheld Riesenzellen nur bei
sterilen Blasen angetroffen, niemals aber bei fertilen. Die sterilen
Echinokokken mit gebuchteter Wand, die ich ihrer Struktur nach
als eine besondere Art bezeichnen zu mussen glaube, haben weder
Lichtenheld noch Joest und Felber erwahnt. Wahrend Lichten¬
held iiber eosinophile Zellen in der Kapsel keine Angaben macht,
sagen Joest und Felber, daB sie dieselben in alien Fallen gefunden
haben, stets jedoch nur in geringer Zalil. Ich sah eosinophile Leuko-
cyten allerdings auch in jedem Falle, haufig waren sie aber so zahlreich,
daB sie einen wesentlichen Bestandteil der Wand bildeten. Auch die
von rair beschriebenen Haufen im Z erf all begrilfener eosinophiler
Zellen sind von den genannten Autoren nicht erwdhnt worden.
Die Frage, weshalb der Tierkorper in so verschiedener Weise auf
die Einwanderung von Parasiten reagiert, ist schon von vielen Forschern
zu beantworten versucht worden. Handelt es sich um Schmarotzer,
welche durch Wanderungen in den Organen der Wirtstiere zur Zerstorung
von Gewebe und zu Blutungen AnlaB geben, so ist das Auftreten einer
Entzundung init anschlieBender Bindegewebsneubildung leicht zu erklaren.
In neuerer Zeit haben sich eine ganze Anzahl Forscher mit derartigen
Untersuchungen befaBt, unter anderen Seiler (39), Durbeck (6),
Jaeger (15), Folger (10). Bei solchen Parasiten dagegen, welche
grobe mechanische Insulte nicht verursachen, drangt sich die Frage auf,
welches Moment die Bindegewebsneubildung bewirkt. Wie von zahl-
reichen Autoren festgestellt ist [Marchand (27), Langhans (23),
Baumgarten (2) Kopec (20), Naegeli (31)], kommt es um Fremd-
korper, welche in den Tierkorper gelaugt sind, stets zur Bildung von
Riesenzellen. Man konnte daher vermuten, daB die Echinokokken, in
deren Nahe sich Riesenzellen tinden, als einfache Fremdkorper auf die
Gewebe eingewirkt haben. Der Umstand jedoch, daB die Kapsel der
Echinokokken je nach der Beschaffenheit des Parasiten selbst einen sehr
verschiedenen Bau zeigt, zwingt zu der Annahme, daB irgend welche
Stoffwechselprodukte des Schmarotzers den Reiz fur die Gewebsneubildung
darstellen. Hiermit im Einklang steht auch die Beobachtung, daB sich
stets eosinophile Zellen in der Nachbarschaft vortinden. Es kann nach
den zahllosen Untersuchungen von Klein (19), Piotrowski und
Zalewski (37), Bettmann (3), Wagner (43), Angeloff (1),
Schiitz (40), Folger (10), Joest und Felber (16) heute keinem
Zweifel mehr unterliegen, daB lokale Eosinophilie mit seltenen Ausnahmen
nur dort im Gewebe vorkommt, wo tierische Parasiten ihren Sitz haben.
Welcher Art die von den Schmarotzern abgegebenen wirksamen Stoffe
sind, ist noch nicht festgestellt, eine direkte Giftwirkung kommt nach
den sorgfiiltigen Untersuchungen von Joest (17) nicht in Frage. Ueber
den Ursprungsort der eosinophilen Zellen sind die Ansichten auch noch sehr
geteilt, wahrend Ehrlich (8), Wagner (43), Piotrowski und Za¬
lewski (37) u. a. sie im Knochenmark entstehen lassen, tritt Klein (19)
fiir eine lokale Entstehung ein. Mit den verschiedenen Zellarten, die
sich im neugebildeten Bindegewebe vorfinden, hat sich eine ganze Reihe
von Autoren eingehend befaBt. Die von Ehrlich (9), Westphal (45),
Hoffmann (14), Un n a (42), Maximow (29,30), v. Marschalko (28),
Pappenheim (36) dariiber angestellten Untersuchungen haben aber
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Gasse, Reaktion des Tierkorpers bei Einwanderung von Echinokokken etc. 47
nicht immer zu denselben Resultaten gefiihrt. Mehrfach scheinen auch
die einzelnen Forscher dieselbe Zellart mit verschiedenen Namen belegt
oder aber einen Namen fur verschiedene Zellarten verwendet zu haben.
Vollstandige Klarheit ist jedenfalls auf dieseni Gebiet noch nicht ge-
schaffen. Ich bin daher auf die feinere Struktur der Zellen des j ungen
Gewebes nicht naher eingegangen, zumal dies nicht unmittelbar in den
Rahmen meiner Arbeit gehort.
Schlufistttze.
Die Resultate meiner Untersuchungen will ich in folgende Satze
kurz zusammenfassen:
Der Tierkorper umgibt die eingewanderten Echinokokken und Fiuueu
mit einer bindegewebigen Hiille.
Je nach der Beschaffenheit des Parasiten ist die Hiille verschieden
gebaut.
Die fertilen Echinokokken sind fast nur von fibrillarem Bindegewebe
umgeben.
Die sterilen Echinokokken mit glatter Wand haben eine dreifaclie
Kapsel: Innen junge Bindegewebszellen, dann Rundzellen, aufien fibrillares
Bindegewebe.
Die Hiille der sterilen Echinokokken mit ausgebuchteter Wand ist
der der fertilen ahnlich, aber reicher an Rundzellen.
Der Finnenbalg besteht aus denselben Gewebselementen wie die
Echinokokkenkapsel.
Riesenzellen finden sich nur bei sterilen Echinokokken, bei fertilen
Echinokokken und Finnen dagegen nie.
Die Hiille der Echinokokken und Finnen enthalt eosinophile Leuko-
cyten in wechselnder Menge. Bei fertilen Hiilsenwiirmern ist ihre Zalil
gering. Die eosinophilen Zellen gehen bei sterilen Echinokokken und
Finnen zuweilen, in grofien Haufen beisammenliegend, zugrunde.
Iiiteratur.
1) Angeloff, Die grauen durchscheinenden Knotchen in den Pferdelungen und ihre
Beziehungen zu aer Rotzkrankheit. (Arch. f. wissenschaftl. u. prakt. Tierheilk.
Bd. 34. 1908.)
2) Baumgarten, Zur Tuberkulosenfrage. (Centralbl. f. d. nied. Wisseuschaften.
Jahrg. 16. 1878.)
3) Bettmann, Die praktische Bedeutung der eosinophilen Zellen. (Volkmanns
Samml. klin. Vortr. Serie 9. 1899—1900. No. 266.)
4) Birch-Hirschfeld, Lehrb. d. pathol. Anatomie.
5) Bollinger, Echinococcus multilocularis in der Leber des Rindes. (Dtsche Zeit-
schrift f. Tiermed. u. vergl. Pathol. Bd. 2. 1876.)
6) Diirbeck, Die Hepatitis cysticercosa des Schweines. (Monatsh. f. prakt. Tier¬
heilk. Bd. 10. 1899.)
7) Ebhardt, Untersuchungen iiber das Vorkommen und die Bedeutung lokaler
Eosinophilie bei tierisch-parasitaren Organerkrankungen. (Dtsche tierarztl. Wochen-
schrift. 1909. No. 12 u. 13.)
8) Ehrlich, Methodologische Beitrage zur Physiologie und Pathologie der ver¬
schiedenen Formen der Leukocyten. (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 1. 1880.)
9) — —, Beitrage zur Kenntnis der granulierten Zellen. Farbenanalytische Unter-
suchungen zur Histologie und Klinik des Blutes. 1. Teil. 1891.
10) Folger, Ueber lokale Eosinophilic bei zooparasitaren Leiden. (Zeitschr. f. In-
fektionskrankh., parasitare Krankh. u. Hyg. d. Haustiere. Bd. 4. 1908.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
11) Gerlach, 2. Jahreeber. d. Kgl. Tierarzneischule zu Hannover. 1870.
12) Guillebeau, Zur Histologie dee multilokularen Echinococcus. (Vircho we Arch.
Bd. 119. 1890.)
13) Harms, 4. Jahreeber. d. Tierarzneischule zu Hannover. 1872.
14) Hoffmann, Ueber dae Myelom. Zugleieh ein Beitrag zur Plasmazellenfrage.
(Zieglers Beitr. zur pathol. Anat. u. allgem. Pathol. Bd. 35. 1904.)
15) Jaeger, Ueber die Bindegewebswucherung in der Rinderleber bei Distomatose.
(Arch. f. wissenschaftl. u. prakt. Tierheilk. Bd. 32. 1900.)
16) Joest u. Felber, Ueber lokale Eosinophilie in der Leber der Haustiere. (Zeit-
schrift f. Infektionskrankh., parasitare Krankh. u. Hvg. d. Haustiere. Bd. 4.
1908.)
17) Joest, Studien iiber Echinokokken- und Cysticerkenflfissigkeit. (Zeitechr. f. In¬
fektionskrankh., parasitare Krankh. u. Hyg. <3. Haustiere. Bd. 2. 1907.)
18) Kitt, Lehrb. d. pathol. Anatomie d. Haustiere. 3. Aufl. Bd. 1.
19) Klein, Die Herkunft und die Bedeutung der Eosinophilie der Gewebe und des
Blutes. (Centralbl. f. inn. Med. Jahrg. 20. 1899.)
20) Kopec, Experimentelle Untersuchungen iiber die Entstehung der tuberkelahnlichen
Gebilde in der Bauchhohle von Meerschweinchen unter Einwirkung von Fremd-
korpern. (Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. u. allgem. Pathol. Bd. 35. 1904.)
21) Kriickmann, Ueber Fremdkorpertuberkulose und Fremdkorperriesenzellen.
(Virchows Arch. Bd. 138. 1894.)
22) Kfichenmeister, Die tierischen Parasiten des Menschen. 2. Aufl.
23) Langhans, Beobachtungen iiber Resorption der Extravasate und Pigmentbildung
in denselben. (Virchows Arch. Bd. 49. 1870.)
24) Lehne, Ueber seltene Lokalisation dee unilokularen Echinococcus beim Menschen
nebst Bemerkungen iiber die durch den Echinococcus hervorgebrachten histologischen
Veranderungen. (Arch. f. klin. Chir. Bd. 52.)
25) Leuckart, Die Parasiten des Menschen und die von ihnen herruhrenden Krank-
heiten. 2. Aufl. Bd. 1. Abt. 1.
26) Lichtenheld, Ueber Fertilitat und Sterilitat der Echinokokken bei Rind, Schwein,
Schaf und Pferd. (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 36 u. 37. 1904.)
27) Marchand, Ueber die Bildungsweise der Riesenzellen um Fremdkorper. (Virchows
Arch. Bd. 93. 1883.)
28) v. Marschalkd, Ueber die sogenannten Plasmazellen, ein Beitrag zur Kenntnis
der Herkunft der entziindlichen Infiltrationszellen. (Arch. f. Dermatol, u. Syph.
Bd. 30. 1895.)
29) Maxi mow, Ueber entziindliche Bindegewebsneubildung bei der weiSen Ratte und
die dabei auftretenden Veranderungen der Mastzellen und Fettzellen. (Zieglers
Beitr. z. pathol. Anat. u. allgem. Pathol. Bd. 35. 1904.)
30) -, Experimentelle Untersuchungen iiber die entziindliche Neubildung von Binde-
gewebe. (5. Supplemen theft zu Zieglers Beitr. 1902.)
31) Naegeli, Ueber den Einflufi der Pilze auf die Bildung von Riesenzellen mit wand-
standigen Kemen. (Arch. f. experim. Pathol, u. Pharmakol. Bd. 19. 1885.)
32) Naunyn, Entwickelung des Echinococcus. (Arch. f. Anat. u. Physiol. 1862.)
33) Orth, Lehrb. d. pathol. Anatomie. Bd. 1.
34) Ostertag, Ueber den Echinococcus multilocularis bei Rindern und Schweinen.
(Dtsche Zeitschr. f. Tiermed. u. vergl. Pathol. Bd. 17. 1891.)
35) -, Handb. d. Fleischbeschau. 4. Aufl. 1902.
36) Pappenheim, Wie verhalten sich die Unnaschen Plasmazellen zu Leukocyten?
(Virchows Arch. Bd. 165 u. 166. 1901.)
37) Piotrowski u. Zalewski, Zur Frage fiber die Eosinophilie. (Centralbl. f. inn.
Med. Jahrg. 20. 1899.)
38) PosBelt, Zur pathologischen Anatomie des Alveolarechinococcus. (Centralbl. f.
inn. Med. Jahrg. 21. 1900.)
39) Seiler, Ein Beitrag zur Hepatitis cysticercosa des Schweines. (Arch. f. wissen¬
schaftl. u. prakt. Tierheilk. Bel. 30. 1904.)
40) Schfitz, Bemerkungen zu der Arbeit fiber „Die grauen durchscheinenden Knotchen
in den Pferdelungen und ihre Beziehungen zur Kotzkrankheit“. (Arch. f. wissen¬
schaftl. u. prakt. Tierheilk. Bd. 34. 1908.)
41) Tschmarke, Ein Beitrag zur Histologie des Echinococcus multilocularis. [Inaug.-
Dis8.1 Freiburg 1891.
42) Unna, Ueber Plasmazellen, insbesondere beim Lupus. (Monatahefte f. prakt.
Dermatol. Bd. 12. 1891.)
43) Wagner, Zur Frage der eosinophilen Leukocvtose bei Echinococcus der inneren
Organe. (Centralbl. f. inn. Med. Jahrg. 29. 19<J8.)
44) Wechselmann, Beitrage zur Lehre der Echinokokkenkrankheit. 1885.
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Centralhlatt fur Bakfenologic . Abt. /. Orig. Bd. 55
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Fig. 1.
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Gasse , Lokale Reaktion des Tierkorpers.
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Fig. 3.
Fig. 4.
ischer in Jena.
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Ghedini u. Zamorani, Vereuche fiber Anaphylaxie.
49
45) Westphal, Ueber Maatzellen. Farbenanalytische Untereuchungen zur Histologie
und Klinik des Blutes. 1. Teil. 1891.
46) Ziegler, Lehrb. d. pathoL Anatomie. 5. Aufl. Bd. 2.
47) Ziirn, Die tierischen Parasiten unserer Haussiiugetiere. 2. Anil.
Erkl&run? der Abbildungen.
Fig. 1. Fertiler Echinococcus, a Cuticula des Parasiten, b nekrotische Schicht
der Wand, c Fibrillenechicht, d Lungengewebe, teilweise komprimiert.
Fig. 2. Steriler Echinococcus mit glatter Wand, a Cuticula, b Riesen- und
Spindelzellen, c Rundzellen, d fibrillares Bindegewebe, e Lungengewebe.
Fig. 3. Steriler Echinococcus mit gebuchteter Wand, a Cuticula, b zerfallende
eosinophile Leukocyten, c senkrecht gestellte Spindel- und Riesenzellen, d fibrillares
Bindegewebe, e Rundzellen und eosinophile Leukocyten, / Lebergewebe, g Ansammlung
von Rundzellen und Eosinophilen um Gallengange herum.
Fig. 4. Langsschnitt durch eine Rindernnne. a Muskelfasern (schrag geschnitten),
b fibrillares Bindegewebe, e Rundzellen und eosinophile Leukocyten, d senkrecht gestellte
Spindelzellen, e Uebergang des Finnenhalses in die Schwanzblase, / eosinophile Zellen.
Nachdruck verboien.
Versuche liber die durch helminthische Produkte hervor-
gerufene Anaphylaxie.
I. Anaphylaxie durch Echinococcusgifte.
fKgl. med. Klinik von Genua (Direktor: Prof. E. Maragliano).]
Von Prof. G. Ghedini, aiuto, und Zamorani, laureando.
Es wurde von einem von uns (Ghedini) ein Untersuchungsplan
aufgestellt zu folgendem Zwecke:
1) Ob es bei Menschen und Saugetieren, die an verschiedener Hel¬
minthiasis leiden, mOglich ware, Erscheinungen von Allergie und Anaphy¬
laxie nachzuweisen.
2) Ob man solche Erscheinungen bei Tieren kOnstlich hervorrufen kann.
Die Nachforschungen sind schon seit raehreren Monaten begonnen
worden, und es sind schon viele Beobachtungen liber die Erscheinungen
gemacht worden. In dieser ersten Verdffentlichung teilen wir die ge-
fundenen Resultate der verschiedenen Experimentiergruppen mit:
1) Erreicht man bei mit der Fltlssigkeit Hydatidea echinococcica
behandelten Tieren einen Status von Anaphylaxie, wenn man ihnen auf-
einanderfolgende Einspritzungen der genannten FlUssigkeit macht?
2) Kann man, wenn Tiere mit der Hydatidea echinococcica-Fliissigkeit
behandelt worden sind, Anaphylaxie zeigen, die hervorgerufen ist durch
aufeinanderfolgende Einspritzungen des Serums, das wir anaphylaktisches
im Vergleich zum Liquid, echinococcicum benennen wollen?
3) Zeigen Tiere, die mit dem Serum anaphylacticum echinococcicum
behandelt worden sind, Zustande von Anaphylaxie, welche man durch
aufeinanderfolgende Einspritzungen des Liquid, hydat. echinoc. hervor¬
rufen kann?
.• Untersuchungsverfahren.
1) Es wurden Meerschweinchen und Kaninchen verwendet; die
letzteren besonders zur Erzeugung des anaphylaktischen Serums. Aus-
gewablt wurden Tiere im Gewicht von 300 —400 g, Meerschweinchen und
1500 g Kaninchen (durchschnittlich).
Erste Abt. Orig. Bd. 55- Heft 1.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
2) Wir beniitzten Hydatidenfliissigkeit des Hammels. Diese Flussig-
keit wurde den nicht vereiterten Echinococcus-Blasen. die sich in
Leber und Lungen befanden, aseptisch entzogen und im luftdichten
Rauine auf 1 / 6 ihres anfiinglichen Volumens reduziert, und dann im Eise
konserviert unter Hiuzufiigung von 30 eg Phenol.
Uni einen anaphylaktischen Zustand einzuleiten, injiziert man die
Flussigkeit in das Bauchfell des Meerschweinchens in Quantitaten und
Zeitabschnitteu, die wir spater angeben werden. Um dann einen even-
tuellen Status anaphylaxis hervorzurufen, injiziert man die Flussigkeit
mittels einer mit feiner Nadel versehenen Spritze in Quantitaten und
Zeitabschnitten, die wir auch spater mitteilen werden, entweder direkt in
die Blutbahn, oder in das Bauchfell, oder unter die harte Hirnhaut durch
ein mittels eines Stemmeisens in den Schadel geschlagenen kleinen Loches.
3) Wir beniitzten anaphylaktische Sera, die von uns auf drei ver-
schiedene Arten hergestellt wurden:
a) Serum anaphylacticum acutum (S. an. ac.). So nennen wir das
Serum, welches wir von Meerschweinchen und Kaninchen erhalten haben,
denen ins Bauchfell wenige Stunden (10—12) vor dem AderlaB eine
Einspritzung von Hydatidenfliissigkeit (8 ccm der ersten, 10 ccm der
zweiten) gemacht wurde.
b) Serum anaphylacticum subacutum (S. an. sub.) So nennen wir
das Serum, welches man Meerschweinchen oder Kaninchen entzogen hat.
Ins Bauchfell werden 2 Einspritzungen von Hydatidenfliissigkeit (10 ccm
die einen, 5 ccm die anderen) gemacht, die erste 10 Tage, die zweite
wenige Stunden (10—12) vor dem AderlaB.
c) Serum anaphylacticum chronicum (S. an. chr.). So nennen wir
das Kaninchen oder Meerschweinchen entzogene Serum, denen man ins
Bauchfell diverse Injektionen (7—8) von je 10 ccm gemacht hat; die
letzte einige Stunden (12) vor dem AderlaB.
Um den Status anaphylaxis festzustellen, werden solche Sera in
Quantitaten und Perioden injiziert, wie wir spater genauer angeben werden.
Um einen eventuellen Zustand der Anaphylaxie hervorzurufen, werden
die Sera, wie schon gesagt, unter die harte Hirnhaut in Quantitaten und
Perioden eingespritzt, die wir spater noch genauer angeben werden.
Bevor wir die einzelnen Resultate mitteilen, wollen wir angeben,
daB wir der Ktirze halber folgende Bezeichnungen verwenden werden:
Intensive anaphylaktische Phanomene (I. an. Ph.), wenn
knapp nach der Iujektion unter die Schadeldecke folgende Erscheiuuugen
konstatiert werden: Scheu, Polypnoe, Mydriasis, Paresis oder Paralysis
der Glieder, Tonica-clonica verallgemeinert oder partiell, Harn- und
KotanstoB, die langere Zeit anhielten, und dann Zustande von tiefer
allgemeiner Depression, gefolgt von langsamem Wiederaufleben oder
Koma und Tod.
Modica intensitate anaphylaktische Phanomene (M. i.
an. Ph.) oder Levia intensitate anaphylaktische Phanomene
(L. i. an. Ph.), wenn solche Erscheinungen in rnehr oder minder be-
schninktem MaBe auftreten oder partiell oder von kurzer Zeitdauer sind
(1 — 72 Stunde).
Erfa hr ungen und Resultate.
K o n t r o 11 p r o b e. Unter die harte Hirnhaut zweier Meerschweinchen
injizierte man 7 5 ccm Hydatidenfliissigkeit, 1 / i ccm zwei anderen, 3 /i ccm
einigeu weiteren und 72 ccin u °ch anderen Meerschweinchen.
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Ghedini u. Zamorani, Versuche liber Anaphylaxie.
51
4 Meerschweinchen zeigten nach der Einspritzung nur leichte, kurz-
dauernde Depressionen, die zweite Gruppe von 4 Meerschweinchen hin-
gegen etwas ausgesprochene Spuren davon.
2 Meerschweinchen injizierte man 7, ccm des Meerschweinchen ent-
zogenen Serums, anderen zwei 1 ccm; noch anderen injizierte man die-
selbe Quantitfit des normalen Kaninchen entzogenen Serums und weiteren
Meerschweinchen Serum von mittels Hydatidenfliissigkeit uberempfindlich
gemachten Kaninchen.
Man beobachtete keine bemerkenswerte Erscheinung.
I. Experimentierserie.
I. Gruppe.
4 Kaninchen wurden einen Tag um den anderen 3 ccm Hydatidenfliissigkeit in
das Bauchfell eingespritzt. Man machte 8 Injektionen, und 11 Tage nach der letzten
injizierte man 4 ccm derselben Fliissigkeit in die Venen.
Es wurden keine bemerkenswerten Erscheinungen wahrgenommen.
II. Gruppe.
4 Meerschweinchen wurden in das Bauchfell einen Tag um den anderen Ein-
spritzungen von 2 ccm Hydatidenfliissigkeit gemacht. Es wurden 6 Injektionen gemacht;
11 Tage nachher wurden 4 ccm derselben Fliissigkeit in das Bauchfell injiziert.
Es wurden wieder keine bemerkenswerten Erscheinungen wahrgenommen.
II. Experimentierserie.
I. Gruppe.
6 Meerschweinchen werden Injektionen von je 5 ccm Hydatidenfliissigkeit gemacht;
11 Tage nach der letzten wurden dreien unter die harte Hirnhaut je l / 3 ccm, den
letzten drei */. ccm von der Hydatidenfliissigkeit injiziert.
Die 0 Meerschweinchen stellen I. an. Ph. vor.
II. Gruppe. Serie A.
3 Meerschweinchen werden 5 ccm Hydatidenfliissigkeit eingespritzt; 12 Stunden
nachher wurden zweien 2 ccm, und dem letzten */ 4 ccm des Serum an. ac. vom Meer¬
schweinchen injiziert.
Diese stellen 1. an. Ph. vor; das eine starb */« Stunde und die zwei letzten zwei
Tage nach der Einspritzung.
3 Meerschweinchen wurden 5 ccm der Hydatidenfliissigkeit injiziert, 12 Stunden
spater zweien von ilinen */? ccm, dem letzten hingegen a / 4 ccm von S. an. subac. vom
M eersch weinchen.
Die Tiere stellen I. an Ph. vor und krepieren 1 Stunde und 1 Tag nach der Ein¬
spritzung.
3 Meerschweinchen wurde eine Einspritzung von 5 ccm vom Liquid, hydatideum
gemacht; 12 Stunden spater wurden 2 Tieren */, cm und dem letzten */ 4 ccm von S.
an. cr. vom Meerschweinchen injiziert.
Die Tiere prasentieren sich als I. an. Ph., und gehen 5—6 Tage nach der Ein¬
spritzung ein.
Serie B.
5 Meerschweinchen wurde eine Injektion von 4 ccm Liquid hydatideum gemacht.
Nach 11 Tagen wurde 'L ccm S. an. subac. eingespritzt.
Diese Tiere stellten 3 L. an. Ph. und 3 M. i. an rh. dar und iiberlebten die Operation.
III. Gruppe. Serie A.
5 Meerschweinchen wurden 10 ccm von S. an. ac. vom Kaninchen injiziert; 11 Tage
spater wurde noch eine Einspritzung von l L ccm einem, */« ccm zweien und den zwei
letzten Meerschweinchen 1 / t ccm aus Liquid, hydatideum gemacht.
Diese Meerschweinchen stellten I. an. Ph. vor und lebten weiter.
Serie B.
5 Meerschweinchen wurde eine Einspritzung von 10 ccm S. an. chr. vom Kaninchen
f emacht. Nach 10 Tagen wurde einem Meerschweinchen 1 j J ccm, zweien */ 4 ccm und
en letzten l / 8 ccm der Hydatidenfliissigkeit injiziert.
Die Meerschweinchen sind I. an. Ph. Eins geht nach 10 Stunden ein, der Rest
bleibt am Leben.
Folgerungen.
Durch die Kontrollproben ist also gezeigt worden, dafi durch In¬
jektionen von Liquid, hydatideum oder Serum vom normalen oder iiber-
4*
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52
Centralb]. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 1.
empfindlichen Tiere, die mail norraalen Tieren unter die harte Hirnhaut
gemacht hat, keine positive Erscheinungen erzielt worden.
Aus der ersten Experimentierserie kann man ersehen, daB durch
direkte Injektionen von Hydratidenfliissigkeit in das Bauchfell oder in
den Blutkreislauf von schon mit derselben Fliissigkeit zur Ueberempfind-
bchkeit gebrachten Tieren keine bemerkenswerte Erscheinungen von
Anaphylaxie hervorgerufen werden kbnnen.
Aus der zweiten Experimentierserie glauben wir zu ersehen:
1) DaB es moglich ist, durch Injektionen unter die harte Hirnhaut
anaphylaktische Erscheinungen an Tieren, die schon mit derselben Fliissig-
keit behandelt wurden, hervorzurufen;
2) daB es gelingt, anaphylaktische Erscheinungen durch die Hyda-
tidenflussigkeit bei Tieren zu erzeugen, die schon mit anaphylaktischem,
akutem, subakutem und chronischem reaktivierten Serum behandeltjworden
waren;
3) daB es gelingt, anaphylaktische Phanome durch die Behandlung
mit den anaphylaktischen, akuten, subakuten und chronischen reaktivierten
Seris hervorzurufen.
Solche anaphylaktische Erscheinungen zeigten sich intensiv in der
I. Gruppe, Serie A, in der II. Gruppe und in der Serie B der III. Gruppe;
ziemlich intensiv und leichter in Serie B der II. Gruppe und Serie A
der III. Gruppe.
Bei Veranderung des Vorganges variieren also auch die Resultate.
Unter diesen verdienen besondere Aufmerksamkeit diejenigen Resultate,
welche sich auf die beiden letzten Experimentiergruppen beziehen.
Durch die Beobachtungen, die wir machen konnten, glauben wir an*
nehmen zu konnen, daB man anaphylaktische Erscheinungen passiver Art
durch Behandlung mittels anaphylaktischer Sera hervorrufen kann, sei
es durch Einspritzungen in frische, d. h. unbeniitzte Tiere, oder in schon
mit Hydatidenfliissigkeit behandelte Tiere.
Die anaphylaktischen chronischen Sera zeigten sich beim Status
anaphylaxis aktiver als die subakuten. Die anaphylaktischen Sera wirkten
intensiver, wenn sie wenige Stunden nach der Behandlung mitHyda-
tidenfliissigkeit injiziert wurden, moderiert oder leicht, wenn die Injektion
mehrere Tage (11) nach der Behandlung erfolgte.
Wir behalten uns vor, die verschiedenen Erwagungen, die solche
Resultate hervorrufen, zu verbffentlichen, seiesiiber die von uns besonders
ausgefiihrten Experimente, d. h. tiber den speziellen Status anaphylaxis,
den wir produzieren konnten, sei es tiber die StQdien der anaphylaktischen
Vorgange, der Versuche und Resultate von anderen (Richet, Arthus,
Pirquet, Marfan, Gay, Besredka, Nicolle, Yamanouchi,
Delanoe, Kraus etc.), die mit anderem Material und nach anderer
Art angestellt sind.
Es ist uns hier darum zu tun, hervorzuheben, daB solche Resultate
neue, wenngleich indirekte Beweise der besonderen gegenseitigen Wirkung
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Huggenberg, Untersuchungen iiber Phagocytose der Streptokokken. 53
und Reaktion zwischen Helminthen, ihren Giftprodukten und dem Orga-
nismus sind, wie schon von einem von uns (Ghedini) durch andere
Studien gezeigt und illustriert wurde, und daB solche Erfahrungen neue
diagnostistische Hilfsmittel fiir Helminthenkrankheiten im allgemeinen
und speziell fiir den Echinococcus versprechen.
Beobachtungen und Folgerungen, die wir jedoch unter jedem Vor-
behalte machen, da wir iiberzeugt sind, daB die aktuellen Kennzeichen
der Anaphylaxis mit Vorsicht aufgenommen und beurteilt werden miissen.
Nachdruck verboten.
Untersuchungen iiber Phagocytose der Streptokokken.
(Opsonine und Bakteriotropine.)
[Aus der bakteriologischen Abteilung des Hygiene-Instituts der UniversitSt
Zfirich (Abteilungsvorstand: Prof. Dr. W. S ilberschmidt).]
Von E. Huggenberg, ehemaligem Assistenten am Institute
Die Lehre von den Opsoninen ist eigentlich nicht im Laboratorium,
sondern am Krankenbett entstanden. Zuerst wurde das Serum von an
Infektionskrankheiten leidenden Menschen untersucht, und verhaltnis-
m&Big spat ist der experimentelle, d. h. eigentlich wissenschaftliche Weg
betreten worden, der doch bei anderen Untersuchungen — es sei nur
an die antitoxische Serumtherapie erinnert — zuerst eingeschlagen wurde.
Auch bis heute sind die wissenschaftlichen Grundlagen der ganzen Lehre
noch ungeniigend, obschon Opsoninlaboratorien gegriindet worden sind
und zum Teil noch bestehen. Wir wollen uns mit der Vaccinetherapie,
welche wissenschaftlich nur in losem Zusammenhang mit der Opsonin-
lehre steht, nicht befassen, sondern haben uns die Aufgabe gestellt, die
Opsonine bzw. Bakteriotropine der Streptokokken durch eine Anzahl
von Laboratoriurasversuchen etwas eingehender zu studieren.
Bevor wir zur Mitteilung unserer Versuche iibergehen, wollen wir
einiges iiber die von uns befolgte Technik voranschicken, wobei wir zu-
gleich auf die zahlreichen Schwierigkeiten und Fehlerquellen hinweisen,
welche unsere Arbeit im Anfang sehr bedeutend erschwert haben.
I. Teil. Technik.
GewinnungderLeukocyten. Es wurden ausschlieBlich Exsu dat-
leukocyten von Meerschweinchen verwendet. Nach intraperitonealer In-
jektion von 10 ccm mit einer Spur Aleuronat rasch aufgekochter Bouillon
(Aleuronat. puriss. Merck) werden bei einem mittleren Meerschweinchen
nach etwa 6 Stunden 5—10 ccm einer stark getriibten Fliissigkeit durch
Punktion gewonnen. Nach zweimaligem Waschen wird zum Zentrifugat
soviel physiologische NaCl-Losung (0,85-proz.) zugefiigt, daB ungef&hr
die urspriingliche Menge des Exsudates erreicht wird. Dieselben Tiere
kbnnen eventuell ofters verwendet werden, immerhin in Intervallen von
mehreren Tagen. Das nach 6 Stunden entnommene Exsudat besteht der
Hauptsache nach aus polymorphkernigen Leukocyten mit sehr deutlichen
amphophilen Granulationen, daneben sind ziemlich viele eosinophile und
groBe mononukleare Zellen. Basophile und Uebergangsformen sind selten.
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54
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Es fiel uns auf, daB in den Kontrollpraparaten rait Kochsalz viele groBe
Mononuklefire an der Phagocytose sich beteiligten (Spontanphagocytose),
wahrend es im Immunserum hauptsachlich die Polynuklearen waren.
Aufsch wemmun g der K ok ken. Das Wackstum der einzelnen
Streptokokkenstamme, die GroBe und Konsistenz der Kolonieen auf Agar
usw. ist sehr verschieden. Je nach der Ueppigkeit des Wachstums
wurden groBere oder kleinere Mengen einer Agarkultur fiir die Her-
stellung der Aufschwemmung genommen. Bei zu sparlichem Wachstum
wurden Bouillonkulturen verwendet. In diesem Fall wurde die Kokken-
aufschwemmung durch scharfes Zentrifugieren und Verdiinnung des
Bodensatzes mit Kochsalzlbsung gewonnen. Wenn homogene Auf-
schwemmungen nicht erhaltlich waren, bewahrte sich das Schiitteln mit
etwas Quarzsand. Dasselbe Verfahren gestattet auch, l&ngere Ketten zu
zerteilen. Allerdings darf das Schiitteln nicht zu lange fortgesetzt werden
(hochstens 1 Stunde), uni die Kokken nicht zu beschadigen. Zur Be-
stimmung der Konzentration diente das makroskopische Aussehen. Von
einer quantitativen Bestimmung der Kokken wurde abgesehen, weil
nur Resultate innerhalb einer Versuchsreihe verglichen wurden. Die
Kokkenaufschwemmung wurde in der Regel so dicht gemacht, daB die
Fltissigkeit, in einem Reagensglas betrachtet, an der Grenze der Durch-
sichtigkeit war. Es wurden stets lebende Bakterien, und zwar meist
24-stiindige Kulturen verwendet; ein Unterschied im Grade der Phago-
cytierbarkeit alterer Kulturen wurde aber nie beobachtet.
Zur Gewinnung des Serums wurde die iibliche, von Wright
empfohlene Methode mit den bekannten Pipetten benutzt.
Versuchsanordnung. Als VersuchsgefaBe wurden an Stelle der
ungeeigneten Kapillarrohrchen (s. u.) kleine Reagensglaser von 0,5 cm
lichter Weite und 5 cm L&nge verwendet. In jedes Rohrchen kam 0,7 ccm
Fltissigkeit: 0,1 Serum resp. Serumverdfinnung, 0,1 Kokken- und 0,5 Leuko-
cytenaufschwemmung. Als MeBpipetten erwiesen sich die seit langer
Zeit im Hygiene-Institut der Universitfit Zurich gebrauchten 1 ccm-
Ballonpipetten als sehr geeignet. Sie sind im unteren Teil in Vioo* im
oberen in 5 /ioo ccm graduiert und gestatten ein rasches und sicheres
Abmessen von Mengen bis zu Vioo ccm. Die mit Ivork verschlossenen
Rohrchen wurden in einem besonderen Gestell befestigt, welches sich
durch ein Uhrwerk drehte (zweimal pro Minute), so daB der Inhalt hin
und her bewegt wurde. Der ganze Apparat blieb verschieden lange
Zeit im Brutschrank. Zeigte das Kontrollpraparat mit physiologischer
Ivochsalzlosung keine oder nur unbedeutende Phagocytose, so betrug der
Aufenthalt 30 Minuten; eine langere Bebrutung ist wegen der Moglich-
keit der Verdauung der Kokken nicht empfehlenswert. Ergab hingegen
die Kontrolle schon friihzeitig starke Spontanphagocytose, so wurde die
Dauer des Aufenthaltes im Thermostaten gekiirzt; unter 10 Minuten
sind wir aber nie gegangen. Ist die Spontanphagocytose trotzdem sehr
betr&chtlich, so muB die Konzentration der Kokkenaufschwemmung ver-
mindert werden. Samtliche Versuche wurden bei 37° ausgefiihrt. Er-
fahrungen fiber hohere Temperaturen (bei 40° C sollen die Werte be-
deutend holier sein) besitzen wir nicht.
Herstellung der Ausstrichpraparate. Ein gutes Praparat
ist Grundbedingung ffir die ganze Arbeit. Da unsere Aufschweramungen
verhaltnismaBig zellarm sind, so muBte, urn gentigend Leukocyten im
Ausstrich zu erhalten, ziemlich viel Material ausgebreitet werden. Da-
durch wtirde aber die Gefahr der Schrumpfung der Zellen infolge der
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Huggenberg, Untersuchungen uber Phagocytose der Streptokokken. 55
durch Verdunstung immer hoher werdenden Kochsalzkonzentration ent-
stehen. Aus diesem Grunde liaben wir die Rohrchen schwach zentri-
fugiert (2' bei 600 Umdrehungen pro Minute). Eine kleine Oese des
Bodensatzes wird auf ein mit Alkohol und Aether gut gereinigtes Deck-
glas gebracht und mit einem geschliffenen Objekttrager sorgfaltig aus-
gebreitet. Urn die Fehlerquellen zu vermeiden, welche durch die Phago¬
cytose vom Zeitpunkte der Entnahme aus dem Brutschrank bis zur
Fertigstellung der Praparate namentlich bei groBen Versuchsserien ent-
stehen, wurden die Rohrchen, sobald sie aus dem Thermostaten kamen,
in Eiswasser gestellt, wo eine nennenswerte Aufnahme der Kokken und
eine Vermehrung derselben nicht stattfinden.
FSrbung. Sehr schone Bilder erhielten wir bei sofortiger Farbung
durch eine verkfirzte G r a m - Methode. (Ausstreichen, Lufttrocknen,
Fixieren fiber der Flamme. 5 Sek. Karbolgentiana. Abwaschen mit
Wasser. 5 Sek. Lugol. Entfarben mit Alkohol abs., eventuell Aceton
oder Acetonalkohol. Der Moment, da die Prfiparate eben farblos werden,
darf nicht tibersehen werden. Sofortiges Absptilen mit Wasser. 3 Sek.
Nachfarben mit verdfinntem Karbolfuchsin 1:4. Trocknen. Einbetten
in Cedernholzol.) Werden die Ausstriche einige Zeit an der Luft auf-
bewahrt, dann ist die gewohnliche Giemsa-Farbung (mit Methylalkohol-
fixierung) vorzuziehen, welche zudem den Vorteil einer genaueren
Differenzierung der Zellarten bietet.
Kritik der Zfihlmethoden. Ein jeder Unbefangener, der einige
Opsoninpraparate untersucht hat, ist fiber die Genauigkeit der Angaben ein-
zelner Autoren erstaunt. Uns ist eine derartige Genauigkeit nicht gelungen,
und wir werden daher auf Angabe eines Index mit 2 Dezimalen verzichten.
Um die Fehlerquellen, welche sich einer genauen quantitativen Be-
stimmung der Phagocytosewerte entgegenstellen, beurteilen zu konnen,
sei folgendes bemerkt. (Diese Ausftihrungen beziehen sich ausschliefi-
lich auf die von uns genauer untersuchten Streptokokken.) Bei alien
unseren Untersuchungen hat es sich herausgestellt, daB nur eine relativ
geringe Prozentzahl von Leukocyten befahigt ist, Streptokokken aufzu-
nehmen. Oft haben wir nur 1 Proz., manchmal noch weniger phago-
cytierende Zellen notiert. Selten steigt die Zahl auf 60 Proz. und dar-
fiber. Der Grad der Phagocytose ist ferner ein auBerordentlich schwan-
kender. Neben Zellen, welche 1—2 Kokken enthalten, finden wir solche
mit 100 und noch mehr. Versuche, mit 1-proz. Nukleinsaure als Leuko-
stimulans die Phagocytose allgemeiner und gleichmaBiger zu gestalten,
haben den gewtinschten Erfolg nicht gehabt, da die Verhaltnisse in
solchen Fallen nicht mehr eindeutig sind.
Ein weiterer, besonders wichtiger Umstand ist die Spontanphago-
cytose. Die meisten Streptokokkenstamme werden von den Leukocyten
aufgenommen schon ohne Zusatz von Serum. Die Beurteilung der Ein-
wirkung desselben wird dadurch bedeutend erschwert. Die Spontan-
phagocytose kann durch eine Erhohung der Kochsalzkonzentration ein-
geschrfinkt werden (Wright). Es sind aber so hohe Konzentrationen
erforderlich, daB die Zellen darunter leiden und schrumpfen. Wir haben
die Spontanphagocytose durch Verktirzung der Bebrfitung und Verdtinnung
der Kokkenaufschwemmung abzuschwachen gesuclit.
Die Kettenbildung der Streptokokken bietet eine weitere Schwierig-
keit. Die Leukocyten haften um die Ketten herum, und es ist schwer,
zu bestimmen, wie viele Zellen und welcher Anteil der Kette beteiligt
sind. Die Grofie der Kette spielt fiberhaupt insofern eine Rolle, als lange
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56 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Ketten schwerer phagocytiert werden. Es ist schwierig, zu entscheideu,
was als Einheit zu betrachten ist, ob die einzelnen Kokken, die Diplokokken
oder die Ketten Selbst. Zur Vermeidung langerer Ketten haben wir fast
stets Aufschweminungen von Agarkulturen benutzt, unter Weglassung des
Kondenswassers, da sehr viele Streptokokken auf festen Nahrboden nur in
Diplostellung wachsen. Wo trotzdem Ketten vorhanden waren, haben wir
durch Schiitteln mit Quarzsand eine Verkleinerung derselben erreicht.
Bei Arbeiten mit Immunserum darf die Agglutination nicht auBer
acht gelassen werden. Dadurch entsteht eininal eine kolossale Ver-
armung der Aufschwemmung an Kokken, zugleich bilden sich Kon-
glomerate von Leukocyten und agglutinierten Bakterien, so daB auch
nicht phagocytierte St&mme intracellular erscheinen. Ein Verklumpen
und Sedimentieren der Leukocyten kann einigermaBen vermieden werden,
indera die Mischung, wie wir das regelmaBig ausfiihrten, best&ndig in
leichter Bewegung gehalten wird. Durch diese Bewegung ist auch eine
gleichmaBigere Phagocytose ermoglicht, da die einzelne Zelle rait einer
groBeren Anzahl von Kokken in Beriihrung kommt. Wie schon erwahnt,
haben wir an Stelle der W rightschen Kapillaren weitere Rohrchen ver-
wendet und mit groBeren Fliissigkeitsmengen gearbeitet, wobei durch
fortgesetztes Drehen urn die Querachse eine ausgiebige Bewegung des
Gesamtinhalts ermoglicht wird.
Es liegt uns fern, unsere Methode als die einzig brauchbare zu be¬
trachten ; immerhin mochten wir betonen, daB beim Arbeiten mit Strepto¬
kokken eine sehr groBe Erfahrung Voraussetzung ist, und daB ein jeder
Untersucher die von ihm gefibte Methode kennen muB, bevor er brauch¬
bare Resultate erhalt.
Wie stark die Art der Zahlung den Ausfall der Untersuchung be-
einflussen kann, beweisen die verschiedenen Resultate, welche mit ein
und demselben Prdparat erhalten werden, je nachdem die eine oder
andere Stelle, eine kleinere oder groBere Zahl von Leukocyten unter-
sucht werden. Tabelle I und II sollen uns diese Verhaltnisse illustrieren.
Die BestimmungderProzentzahlderphagocytierenden
Leukocyten wurde von verschiedenen Forschern an Stelle der Zahlung
der Bakterien in den einzelnen Zellen empfohlen. Ein gewisser Parallelis-
mus besteht zwischen der absoluten Zahl der aufgenommenen Bakterien
und der Zahl der phagocytierenden Leukocyten.
Tabelle I.
Anzahl der phagocytierenden Leukocyten in Prozenten.
Gruppe
V ersuchsnummer
I
11
III
IV
V
VI
VII
1
10
8
17
16
28
23
46
2
13
21
16
25
34
25
50
3
10
•24
10
27
29
12
41
A.
4
7
8
18
26
42
32
51
In jedem Praparat je 10
5
10
16
10
29
37
34
41
Gruppen il 100 Zellen ge-
6
14
16
22
19
35
19
49
zahlt
7
10
18
15
18
32
13
39
8
8
22
15
26
26
18
47
9
9
19
18
28
31
16
45
10
11
17
15
25
32
18
33
B.
Je 2 Gruppen & 500 Zellen
1
10
15
14
24
34
25
46
gezahlt
2
10
18
17
23
31
17
43
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Huggenberg, Untersuchungen fiber Phagocytose der Streptokokken. 57
Aus Tabelle I ist zu entnehmen, daB bei Z&hlung von relativ kleinen
Gruppen (100 im Toil A) die Zahlen bedeutend schwanken, um das
Doppelte und sogar am das Dreifache (die extremen Werte in jedem
Versuch sind fett gedruckt). Wird eine groBere Anzahl benachbarter
Leukocyten (500 im Teil B) untersucht, so sind die Resultate zuver-
l&ssiger, aber doch nicht ganz befriedigend. Es ist schwierig, in einem
Praparat, wo Zelle an Zelle liegt, bestimmte Zellkomplexe abzugrenzen.
Je nachdem man die Grenzlinie so oder anders zieht, werden leere oder
voile Zellen in den Komplex hineiugezogen. Vor allem aber ist die
Verteilung der phagocytierenden Zellen im Praparate eine ungleiche.
Diese riihrt davon her, daB die kokkenhaltigen Leukocyten an Volumen
zunehmen und durch minimale Unebenheiten der Glasflfichen beim Aus-
streichen an anderen Orten als leere Zellen abgelagert werden. Feinere
Unterschiede konnten wir nach dieser Methode nicht nachweisen.
Aus diesem Grunde haben wir die Bestimmung der phago-
cytfiren Ziffer (phagocyt&rer Index, absoluter opsonischer Index
Sauerbecks) vorgezogen. Darunter versteht man den Quotienten der
Gesamtzahl der aufgenommenen Kokken durch die Anzahl der phago¬
cytierenden Zellen.
Tabelle II.
Phagocytare Ziffern.
Gruppe
Versuchsnummer
I
II
III
IV
V
VI
VII
1
3
6
7
15
9
13
31
2
5
5
7
10
11
16
19
3
4
6
4
12
13
14
19
A.
4
5
4
10
16
9
14
23
Id jedem Praparat je 10
5
5
4
6
16
16
12
15
Gruppen h 20 phagocytie-
renuen Zellen ausgezahlt
6
5
5
7
12
14
10
17
7
4
4
5
15
8
5
15
8
3
7
7
13
17
19
20
9
5
5
7
13
11
15
17
10
4
4
4
18
17
14
23
B.
.)e 2 Gruppen k 100 phago
cytierenden Zellen auBgezanl
1
4,8
5
6,4
14,5
11,8
13
21
t
2
4,7
4,9
6,4
15
12,8
12
20
Wie aus Tabelle II ersichtlich, sind die Resultate viel genauer als
in Tabelle I, namentlich wenn grOBere Gruppen (z. B. 100 im Teil B)
gezahlt werden. Immerhin gehoren Schwankungen von ± 1 noch in die
Fehlergrenzen dieses Zahlverfahrens.
Von Wright wird der opsonische Index, d. h. das Verhaitnis
der phagocytaren Ziffer eines zu untersuchenden Serums zu derjenigen
des Normalserums, als das Ausschlaggebende bei den Opsoninunter-
suchungen bezeichnet. Auf Grund unserer Untersuchungen konnten wir
mit der Bestimmung des opsonischen Index zu keinem Resultat gelangen,
da die verschiedenen Normalsera, d. h. die Sera nicht vorbehandelter
Tiere, zu groBe Schwankungen zeigten.
Wir haben deshalb als Z&hlmethode bei unseren Arbeiten fast aus-
schlieBlich die Bestimmung der phagocyt&ren Ziffer verwendet, und es
wurden stets mindestens 100 phagocytierende Zellen genau ausgez&hlt.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
II. Teil. Spezielle Untersuchungen.
Nachdem wir auf die Schwierigkeiten und Fehlerquellen der Unter-
suchungstechnik hingewiesen haben, wollen wir die von uns speziell ge-
priiften Punkte des nSheren erlautern. Wir stellten uns zur Aufgabe,
das Verhalten einzelner Streptokokkenstamme in physiologischer Koch¬
salzlosung, in Immun- und in Normalserum zu priifen.' Dabei haben wir
auch die Hitzebestandigkeit der Opsonine resp. Bakteriotropine und ihr
Verhaitnis zu den Agglutininen untersucht. Am Schlusse wurde noch die
Frage der Wirksamkeit der homologen und heterologen Sera behandelt.
A. Verhalten der Streptokokken in physiologischer
Kochsalzlosung.
In Tabelle III sind einige Resultate zusammengestellt.
Tabelle III.
Phagocytose der Streptokokken in physiologischer Kochsalzlosung
ohne Serumzusatz.
Versuchsanordnung: 0,5 Leukocytenaufschwemmung in physiologischer NaCl-
Losung, 0,1 Streptokokkenaufschwemmung, Aufenthalt im Thermostaten 10 Minuten.
Beschreibung der einzelnen Stamme j Phagocytare Ziffer
Be- '
zeich-
nung
Herkunft
Kultur
Virulenz: dosis letalis minima 1 )
Versuch I
diinne Auf-
schwemmung
Versuch II
mittlere Auf-
schwemmung
_ , m
- mt a
i—i a s
lie
Z a?
£ o t
V
Diabetes-
phlegmone
Nurin Diplo-
stellung
F iir M au se i n traperi ton eal f risch
isoliert 0,01
Nach der 9. Passage 0,00001
Fur Kaninchen intravenos 0,1
0
0
0
H
Scharlach-
sepsis
Sehr lange
Ketten
Fur Mause mtraperitoneal 0,000001
0
4
i
8
S
Sepsis
Diplo-
stellung und
kurze Ketten
Fur Mause frisch isoliert intra-
peritoneal 0,0001
subkutan 0,0005
0
10
15
M
Phlegmone
Lange Ketten
|Fur Mause subkutan 0,0002
0
0
HB
Sepsis
;Kurze Ketten
Fur Miiuse intraperitoneal 0,0001
19
40
0
Finger-
phlegmone
Lange Ketten
Fiir Mause intraperitoneal 0,5
subkutan 1,0
20
HS
Thorax-
phlegmone
Lange Ketten
Fiir Miiuse intraperitoneal 0,00001
subkutan 0,0001
2
2
17
SM
Arm-
phlegmone
Diese Zus
Diplo-
stellung
sammenstell
Fiir Mause intraperitoneal 0,00001
ung zeigt uns, daB die meisten
10
Strept
50
okokken-
st&mme schon in NaCl mehr oder weniger phagocytabel sind. Jeder
Stamm besitzt seinen eigenen Phagocytosetiter. Stamme, wie z. B.
Strepto V, welche der Phagocytose vollkommen widerstehen, sind sehr
selten. Die zu verschiedenen Zeiten wiederholten Versuche haben im
wesentlichen iibereinstimmende Resultate ergeben.
Ein Zusammenhang zwischen Herkunft, kulturellem Verhalten und
Tiervirulenz einerseits und dem Grad der Phagocytose in NaCl-Losung
(Spontanphagocytose) andererseits besteht nicht.
1) Die einzelnen Stamme, sowie die Angaben liber Virulenz wurden mir von
Herrn Dr. F. B. Simon freundlichst zur Verfugung gestellt.
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Huggenberg, Untersuchungen fiber Phagocytose der Streptokokken. 59
Strepto H und S, welche leicht aufgenoramen werden, erweisen sich
im Tierversuch bedeutend virulenter als Strepto V, der unphagocytabel ist.
Die Dichte der Aufschwemmung spielt bei diesen Versuchen eine
groBe Rolle; je konzentrierter, urn so groBer die Aufnahme der Kokken
durch die Leukocyten bei ein und deraselben Streptokokkenstamm.
B. Verhalten der Streptokokken im Immunserum.
Die Untersuchungen erstrecken sich auf hochwertige Streptokokken-
immunsera vom Pferd und von der Ziege, welche ich der Freundlichkeit
von Herrn Dr. F. B. Simon verdanke, sowie auf Kaninchenimmunsera.
Die Tiere waren langere Zeit mit lebenden Kulturen von virulenten
Streptokokken vorbehandelt worden. Die Sera zeigten sich im Tier¬
versuch als deutlich wirksam. Gepriift wurde mit einem homologen
Streptokokkenstamm (Immunisationsstamm).
Gleich von Anfang an fiel uns der groBe Unterschied im Grad der
Phagocytose auf bei Verwendung des unverdiinnten und des verdiinnten
Serums. Wir geben im folgenden eine Anzahl von Tabellen wieder,
welche das Betreffende veranschaulichen:
Phagocytosewerte bei verschiedenen Verdfinnungsgraden des
Immunserums.
Tabelle IV.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum III
Phagocytare
Ziffer
0,5
0,1
0,1
4
0,5
0,1
0.05
7
0,5
0,1
0,01
22
0,5
0,1
0,005
23
0,5
0,1
0,001
7
0,5
0,1
Kontrolle 0,1 NaCl-Losung
0
TabeUe V.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum III
Phagocytare
Ziffer
0,5
0,1
0,1
0
0,5
0,1
0,05
2
0,5
0,1
0,01
7
0,5
0,1
0,005
12
0,5
0,1
0,001
6
0,5
0,1
0,0005
4
0,5
0,1
0,0001
2
0,5
0,1
Kontrolle 0,1 NaCl-Losung
0
Tabelle VI.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum VI
Phagocytare
Ziffer
0,5
0,1
0,1
0
0,5
0,1
0,05
17
0,5
0,1
0,01
fiber 100
0,5
0,1
0,001
„ 100 > 0,01
0,5
0,1
0,0001
8
0,5
0,1
0,00001
2
0,5
0,1
Kontrolle 0,1 NaCl-Losung
0
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Tabelle VII ■).
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum VI
Phagocytare
Ziffer
0,5
0,1
0,1
0
0,5
0,1
0,005
> 50
0,5
0,1
0,001
>100
0,5
0,1
0,1
0
0,5
0,1
0,005
> 50
0,5
0,1
0,001
>100
0,5
0,1
0,1
0
0,5
0,1
0,005
> 50
0,5
0,1
0,001
>100
0,5
0,1
Kontrolle 0,1 NaCl-Losung
0
Man sieht hier deutlich, daB die phagocyt&ren Ziffern bei der ge-
wdhnlichen Versuchsanordnung mit unverdiinntem Serum sehr klein sind,
bei VerdQnnung des Serums steigen, um bei einer bestimmten optiraalen
Verdunnung ein Maximum zu erreichen, von hier fallen die Werte wieder
und bei einer gewissen Grenzverdiinnung hort jede opsonische Wirkung
des Serums auf. Serum III und VI sind hochwertige Immunsera von
der Ziege, welche mit Strepto V immunisiert worden war. Serum VI
ist das hochwertigere; es wirkt in noch st&rkeren Verdiinnungen als
Serum III und die phagocytSren Ziffern sind auch allgemein bedeutend
hoher. Es ist nun interessant zu sehen, daB, je hochwertiger ein Immun-
serum ist, bei einer desto st&rkeren Verdunnung auch das Optimum liegt.
Serum VI ist auch im Tierversuch starker wirksam als Serum III (Simon).
Das Ausbleiben der Phagocytose bei starkeren Konzentrationen eines
Streptokokkenserums war schon Neufeld bekannt, weshalb auch er zur
Priifung der Starke eines Serums die Austitration der untersten Ver-
dunnungsgrenze verlangt, in welcher gerade noch Phagocytose erfolgt.
Neufeld fiihrt die Erscheinung darauf zurflck, daB in konzentriertem
Serum eine Schadigung der Leukocyten stattfinde. Dies ist aber nicht
recht verstandlich, da die Leukocyten sich im Blut und in den Gewebs-
fliissigkeiten in hoher konzentriertem Serum befinden; es ist kaum an-
zunehmen, daB ein Serum, welches die Leukocyten einerseits im Kampf
gegen eine bestimmte Bakterienart unterstiitzt, dieselben andererseits
lahmen und schadigen soil.
Sauerbeck, der in einer kiirzlich erschienenen Arbeit 1 2 ) uber
Reaktivierungsversuche von Streptokokkenserum mit aktivem Normal-
serum berichtet, ist dieselbe Erscheinung aufgefallen. Er arbeitete mit
unverdiinntem Serum. In einer Versuchsserie ergab das Immunserum
eine geringere Phagocytose, als die Kontrolle mit Normalserum. Sauer¬
beck ist dabei die starke Verminderung der Bakterienzahl aufgefallen.
Er gibt an, daB die Ursache Agglutination oder Bakteriolyse sein konnte,
und neigt seinerseits zu der Annahme, daB durch Bakteriolyse im un-
verdiinnten Immunserum ein groBer Teil der Kokken aufgeldst werde.
Wir haben aber bei unseren Versuchen nie eine Andeutung von extra-
cellul&rer Bakteriolyse von Streptokokken nachweisen konnen, und finden
uns hierin in Uebereinstimmung mit fast alien Streptokokkenforschern,
daB Bakteriolyse im Streptokokkenserm nicht zu beobachten ist. Eine
Erkl&rung fiir das eigenartige Verhalten finden wir hingegen bei Beriick-
1) 3 gleichzeitig angestellte Versuchsreihen.
2) Sauerbeck, Studien uber Phagocytose. (Zeitschr. f. Immunitatsforsch.
Bd. 3. 1909.)
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Huggenberg, Untersuchungen iiber Phagocytose der Streptokokken. 61
sichtigung der Agglutinationswerte, welche in den folgenden Tabellen
ubersichtlich zusammengestellt sind.
Phagocytare Ziffer und Agglutination.
Tabelle VIII.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum IV
Phagocvtare
Ziffer
Agglutination
(der Grad ist durch
die Anzahl der
Kreuze angegeben)
0,5
0,1
0,1
4
+ + +
0,5
0,1
0,05
10
+ +
0,5
0,1
0,01
22
4"
0,5
0,1
0,005
25
0
0,5
0,1
0,001
7
0
0,5
0,1
Kontrolle 0,1 Nad
0
0
Tabelle IX.
Leukocyten,
Meerechw.
Strepto V
Iminunserum VII
Phagocvtare
Ziffer
Agglutination
0,5
0,1
0.1 1
5
+ + +
0,5
0,1
0,01
30
4 *
0.5
0,1
0,001
40
0
0,5
0,1
0,0001
5
0
0,5
0,1
0,00001
2
0
0,5
0,1
Kontrolle 0,1 NaCl
0
0
Tabelle X.
Leukocyten,
Meerschw.
-
Strepto V
Immunserum K8
Phagocytare
Ziffer
Agglutination
0.5
0,1
0,2
7
+ +
0,5
0,1
0,1
8
+
0,5
0,1
0,05
11
0
0,5
0,1
0,01
3
0
0,5
0,1
0,005
0
0
0,5
0,1
Kontrolle 0,1 NaCl
0
0
Tabelle XI.
Strepto H
Immunserum VI
Phagocytare
Ziffer
Agglutination
0,5
0,1
0,1
0
+ + +
0,5
0,1
0,05
9
+ +
0,5
0,1
0,01
12
4-
0,5
0,1
0,001
20
0
0,5
0,1
0,0001
18
0
0,5
0,1
0,00001
22
0
0,5
0,1
Kontrolle 0,1 NaCl
20
0
Wir sehen aus diesen Tabellen, daB die Phagocytose unzweifelhaft
durch die Agglutination ungQnstig beeinfluBt wird. Wir prQften die
Agglutination stets mikroskopisch. Bei starker Agglutination sind die
Haufen aufierordentlich groB, nehmen aber rasch bei Verdiinnung des
Serums ab. Der Agglutinationstiter reicht aucb bei starken Seren
nicht sehr tief und ist nicht mit den hochwertigen Titern eines Typbus-
oder Paratyphusserums zu vergleichen, eine Beobachtung, die auch mit
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62
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 55. Heft 1.
anderen unbeweglichen Bakterienarten schon wiederholt gemacht worden
ist. Die von uns verwendete Methode der dfinnen Aufschwemmungen
und des Zentrifugierens zur Herstellung der Praparate ist auch ffir die
Beobachtung der Agglutination besonders giinstig, indem die Kokken-
haufen sich leicht bilden und absetzen konnen. So ist der Agglutinations-
effekt neben deni opsonischen zu verfolgen.
Wir sehen also ein Steigen der Phagocytose mit dem Abnehmen
der Agglutinationskurve. Erreicht diese Null, so ist das Optimum fur
die Phagocytose erreicht. Auf Grund dieser Tatsachen konnen wir eine
Identitat der Agglutinine mit den Opsoninen bezw. Bakteriotropinen
nicht anerkennen, welche Frage von Gruber aufgestellt wurde 1 ). Es
konnte allerdings noch eingeworfen werden, wie das von verschiedenen
Seiten auch bezuglich Normalopsonin und Alexin geschehen ist, daB der
Effekt gewisser Serumstoffe je nach der Konzentration ein verschiedener
ist, daB z. B. in hoher Konzentration Agglutination, in st&rkerer Ver-
diinnung opsonische Wirkung hervorgerufen wiirde. Wir haben aber
bei unseren Untersuchungen sehr oft Immunsera getroffen, welche wohl
agglutiuierende, aber keine phagocytosebefordernde Wirkung auf Strepto-
kokken besaBen (siehe z. B. Tabelle XI). Obschon hier die Agglutinations¬
kurve gleich verlauft, wie in Tabelle VIII—X, so ist das Serum ohne
jeden opsonischen EinfluB auf den betreffenden Stamm, der zu den leicht
phagocytabeln zahlt und in der Kontrolle mit Kochsalz eine phagocyt&re
Ziffer von 20 aufweist. In Tabelle XII teilen wir auBerdem einen Ver-
such mit, wo durch l&ngeres Erhitzen auf 60° die phagocytosebefordernde
Wirkung aus dem Serum vollstandig geschwunden ist, w&hrend die agglu-
tinierende erhalten ist, ein Phanomen, das jede Identitat der beiden
Serumbestandteile ausschlieBt.
Tabelle XII.
Agglutination und Phagocytose mit erhitztem (45‘ 60°) und nicht
erhitztem Serum.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum K 8
Phagocytare Ziffer
Agglutination
Serum
unerhitzt
Serum
erhitzt
Serum
unerhitzt
Serum
erhitzt
0,5
0,1
0,2
7
0
+ +
+ +
0,5
0,1
' 0,1
8
0
+
+
0,5
0,1
0,05
11
0
0
0
0,5
0,1
0,01
3
0
0
0
0,5
0,1
0,005
0
0
0
0
0,5
0,1
Kontr. 0,1 NaCl
0
0
Hitzebestandigkeit der Immunopsonine (Bakteriotropine).
Die Frage der Hitzebestandigkeit der phagocytaren Stoffe ist noch
nicht endgultig gelost. Wir haben deshalb in dieser Richtung eine An-
zahl von Versuchen zusammengestellt (Tabelle XIII bis XVIII), die wir
hier in Kfirze mitteilen.
Aus Tabellen XIII bis XVIII geht hervor, daB die phagocytose-
befordernden Stoffe im Immunserum eine Erhitzung von 10 Minuten
auf 58° ertragen, ohne eine meBbare Verminderung ihrer Krafte. Wird
die Erhitzung aber langer ausgedehnt, so finden wir eine deutliche und
konstante Abnahme. In schwachen Immunseren (Tabelle XVI und XVIII)
1) An der 3. Tagung der freien Vereinigung fiir Mikrobiologie 1909 in Wien.
(Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Beil. Bd. 44. p. 2 ff.)
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Huggenberg, Untersuchungen iiber Phagocytose der Streptokokken. 63
Erhitzung: 10' 58°.
Tabelle XIII.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum VI
Phagocytare Ziffer
Serum unerhitzt
Serum erhitzt
0,5
0,1
0,1
0
0
0,5
0,1
0,05
2
3
0,5
0,1
0,01
8
10
0,5
0,1
0,005
10
10
0,5
0,1
0,001
20
18
0,5
0,1
0,0001
10
12
0,5
0,1
Kontr. 0,1 NaCl
)
'labelle XIV.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum VII
Phagocytare Ziffer
Serum unerhitzt
Serum erhitzt
0,5
0,1
0,1
5
6
0,5
0,1
0,005
ca. 50
ca. 50
0,5
0,1
0,001
> 100
> 100
0,5
0,1
Kontr. 0,1 NaCl
0
Erhitzung: 20' 58°.
Tabelle XV.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Immunserum VII
Phagocytare Ziffer
Serum unerhitzt
Serum erhitzt
0,5
0,1
0,1
7
7
0,5
0,1
0,001
9
6
0,5
0,1
0,0001
3
2
0,5
0,1
Kontr. 0,1 NaCl
0
Tabelle XVI.
Leukocyten,
Meerschw.
Stamm
Serum
Phagocytare Ziffer
Serum unerhitzt
Serum erhitzt
0,5
Strepto V 0,1
K I S. 0,1
7
3
0,5
„ 0,1
K I S, 0,1
16
2
0,5
Strepto H 0,1
K 11 S, 0,1
6
5
0,5
„ 0,1
K II S, 0,1
8
3
Erhitzung: 30' 58°.
Tabelle XVII.
Strepto V
Immunserum V
Phagocytare Ziffer
Serum unerhitzt
Serum erhitzt
0,5
0,1
0,1
5
8
0,5
0,1
0,01
30
15
0,5
0,1
0,001
40
10
0,5
0,1
0,0001
5
2
0,5
0,1
0,00001
2
0
0,5
0,1
Kontr. 0,1 NaCl
0
Tabelle XVIII.
Leukocyt
Meerschw.
Strepto H
K II S 8
Phagocytare Ziffer
Serum unerhitzt
Serum erhitzt
Ofi
0,1
0,1
5
0
0,5
0,1
0,05
6
0
0,5
0,1
0,01
0
0
0.5
0,1
Kontr. 0,1 NaCl
0
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64
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 55. Heft 1.
ist der Verlust groBer als in hochwertigen (Tabelle XV und XVII). Bei
langerer Erhitzung auf hbhere Temperaturen (60° und hoher) verliert
das Serum jede phagocytosebefordernde Fahigkeit. Tabelle XII gibt ein
derartiges typisches Beispiel.
Wir konnen daraus schlieBen, daB diese bakteriotropen Stoffe nicht
so thermostabil sind, wie die iibrigen im allgemeinen unter dem Namen
Ambozeptoren Ehrlichs bekannten Antikorper. Eine relativ kurze Er¬
hitzung auf 58° vermindert ihre Wirkung betrachtlich.
Der Unterschied zwischen erhitztem und unerhitztem Serum ist nicht
immer leicht festzustellen. Auf Grund unserer Erfahrungen mochten
wir ein genaues Ausz&hlen der Praparate als Grundbedingung aufstellen.
Der Unterschied zwischen den Befunden Neufelds und den unserigen
ruhrt wohl davon her, daB Neufeld ein genaues AuszShlen nicht als
notwendig bezeichnet In seiner neuesten Arbeit hat dieser Forscher
iibrigens seinen frtiheren Standpunkt der scharfen Trennung zwischen
thermolabilen und thermostabilen Stoffen des Serums zugunsten einer
mehr vermittelnden Ansicht aufgegeben.
Verhalten der Streptokokkensera gegeniiber homologen
und heterologen Streptokokkenstammen.
Die von Herrn Dr. F. B. Simon zur Verfugung gestellten Sera
stammten von Tieren, welche wiederholt mit verschiedenen Strepto¬
kokkenstammen vorbehandelt worden waren. Ueber die Resultate geben
folgende Tabellen AufschluB, in welchen stets das Kontrollpr¶t mit
NaCl zu berucksichtigen ist.
Tabelle XIX.
Immunserum Pferd: immunisiert mit Strepto V, M, HB.
Leukocyten,
Meerschw.
Streptokokk.-
Aufschw.
Serum
Phagocytare Ziffer
mit Strepto V
mit Strepto HB
0.5
0,5
0,5
Hier
Immunisati
0,1
0,1
0,1
mrde das Pi
ionsstammei
0,1
0,01
Kontr. 0,1 NaCl
'erdeserum gepriif
a V und HB. Auf
2
17
0
t mit den beiden
beide wirkt es d«
5
15
7
homologen oder
sutlich opsonisch.
Tabelle XX.
ImmuD8emm Ziege: immunisiert mit Strepto V, HS.
Leukocyten,
Meerschw.
Streptokokk.-
Aufschw.
Serum
Phagocytare Ziffer
mit Strepto V
mit Strepto H
0,5
0,1
0,1
0
0
0,5
0,1
0,05
17
9
0,5
0,1
0,01
iiber 100
12
0,5
0,1
0,001
„ 100 > 0,01
18
0,5
0,1
0,0001
8
16
0,5
o,i
0,00001
2
20
0,5
0,1
Kontr. 0,1 NaCl
0
18
Das Ziegenimmunserum wurde untersucht mit dem homologen Stamm V
und dem heterologen H. Bei ersterem haben wir auBerordentlich Starke
Phagocytose, bei letzterem ist kein Unterschied gegeniiber der Kontrollle
mit NaCl zu erkennen. Stamm H wird also nicht beeinfluBt.
Zu Tabelle XXI haben wir folgendes zu bemerken. Die Ziege hatte
auBer den St&mmen V und HS im Laufe der weiteren Behandlung noch
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Huggenberg, Untersuchungen iiber Phagocytose der Streptokokken. 65
Tabelle XXI.
ImmunserumZiege: immunisiert mitStreptoV, HS, H(ohneKeaktion).
T^nkneyten,
Streptokokk.-
Aufachw.
Serum
Phagocytare Ziffer
Meerschw.
mit
mit
mit
Strepto V
Strepto H
Strepto S
0,5
0,1
0,1
7
0
8
0,5
0,1
0,001
9
0
9
0,5
0,1
0,0001
3
0
9
0,5
0,1
erhitzt 0,1
7
0
6
0,5
0,1
20'58° 0,001
6
0
9
0,5
0,1
0,0001
2
0
8
0,5
0,1
Kontr. NaCl
0
0
9
den Strepto H injiziert bekommen, reagierte aber auf diesen letzteren
nicht mit Fieber, Appetitlosigkeit, Schw&che etc., wie gewohnt. Dera-
entsprechend sehen wir auch, daB Antikorper gegen den betreffenden
Stamm H nicht nachgewiesen werden konnen, w&hrend der andere
homologe Stamm V, auf den die Ziege wiederholt stark reagiert hatte,
phagocytiert wird. Der heterologe Strepto S wird nicht beeinfluBt, ob-
schon er zu den leicht phagocytabeln gehort und schon ohne Serum-
zusatz eine phagocyt&re Zahl von 9 zeigt.
Aus diesen Versuchen sehen wir also nur eine opsonische Einwirkung
der Streptokokken sera auf die homologen St&mme. Um die Frage der
spezifischen Wirkung weiter zu priifen, haben wir eines der im Handel
k&uflichen Streptokokkensera untersucht, von welchen uns die zur Vor-
behandlung dienenden Stamme nicht zur Verfiigung standen. Es war
dies das von der Firma Merck erstellte Serum Menzer. Durch die
Zuvorkommenheit dieser Firma war es uns moglich, ein Serum ohne
TabeUe XXII.
Vergleichende Untersuchungen zwischen im Institut hergestelltem
homologen und im Handel befindlichem Streptokokkenserum gegen-
iiber verschiedenen Stammen.
Leukocyten,
Meerschw.
Streptokokk.-
Aufschw.
Serum
Phagocytare Ziffer
mit
Strepto V
mit
Strepto H
mit
Strepto S
0,5
Immunserum V 0,1
5
mm
0
0,5
0,01
40
0
0,5
0,001
30
p rsiMi
0
0,5
0,0001
5
0
0,5
■iVB' W;
0,00001
2
0
0,5
0,5
Immunserum V 0,1
8
0
erhitzt 30' 58° 0,01
15
0
0,5
0,001
10
0
0,5
0,0001
2
I"
0
0,5
if-.
0,00001
0
0
0
0,5
0,1
Serum Menzer 0,2
0
0
0
0,5
0,1
(ohne Phenol- 0,1
0
0
0
0,5
0,1
zusatz) 0,01
0
0
0
0,5
0,1
0,001
0
0
0
0,5
0,1
Serum Menzer 0,2
0
0
0
0,5
0,1
(ohne Phenol- 0,1
0
0
0
0,5
0,1
zusatz) erhitzt 0,01
30' 58° 0,001
0
0
0
0,5
0,1
0
0
0
0,5
Erste Abt. (
0,1
)rig. Bd. 65.
Kontr. NaCl 0,1
Heft 1.
0
0
5
0
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66 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Tabelle XXIII.
Leukocyten,
Meerschw.
Strepto V
Serum-
ver-
diinnung
Phagocytare Ziffer
mit Immim-
serum V
ohne
Phenol
mit Immun-
serum V
mit
Phenol
mit Serum
Menzer
kauflich
mit Normal¬
pferdeserum
0,5
0,1
0,1
0
0
0
0
0,5
0,1
0,05
2
3
0
0
0,5
0,1
0,01
8
10
0
0
0,5
0,1
0,005
10
10
0
0,5
0,1
0,001
20
18
0
0,5
0,1
0,0001
10
12
0
Phenolzusatz zu erhalten, wobei allerd
lings bemerkt wurde,
daB zurzeit
die Immunisation der Tiere noch nicht sehr weit vorgeschritten und das
Serum deshalb nicht besonders hochwertig ware. Wir untersuchten des-
halb auch das im Handel kaufliche Serum mit Phenolzusatz, indem wir
zugleich durch einen Parallelversuch mit Serum Simon feststellten, daB
der Phenolgehalt in den hohen Verdiinnungen, in welchen wir das Serum
gebrauchten, keinen sch&digenden EinfluB hatte. Ebenso fanden Kontroll-
untersuchungen mit Normalpferdeserum statt. In Tabellen XXII und
XXIII sind die Resultate zusammengestellt.
Aus diesen Versuchen ist ersichtlich, daB das Serum Menzer gegen-
iiber den von uns gepriiften Streptokokkenst&minen keinen phagocytose-
befordernden EinfluB ausiibt. Hier mochten wir nur der zwei Versuchs-
serien Sauerbecks Erw&hnung tun, der sich ebenfalls mit Serum
Menzer sich befaBte. Er arbeitete mit unverdiinntem Serum und hatte
speziell die Reaktivierung des Immunserums durch aktives Normalserum
im Auge. In der ersten Serie ergab die Kombination aktives Serum -f-
Immunserum einen kleineren Index als die Kontrolle mit Normalserum
allein. In der zweiten ist es gerade umgekehrt, indem durch die Kom¬
bination eine starkere Phagocytose hervorgerufen wird als mit dem Normal¬
serum. Inwieweit also hier doch eine phagocytosebefordernde Komponente
vorhanden ist, bleibt dahingestellt. Meiner Ansicht nach beruht in diesen
Versuchen die opsonische Wirkung nur auf dem Zusatz von aktivem
Normalserum, das gegeniiber alien Streptokokken Phagocytose hervor-
ruft, wie wir weiter unten sehen werden. Dabei bleibt allerdings un-
erklart, warum in der zweiten Serie die Kontrolle mit Normalserum
einen so niedrigen Index ergeben hat.
Versuche mit Kaninchen.
Um die Frage der Beeinflussung der homologen und heterologen
Stamme weiter zu priifen, haben wir drei Kaninchen mit Streptokokken
vorbehandelt, eines mit dem Stamm V, eines mit H und ein drittes
mit S. Wir geben zuerst die Immunisierungskurven der drei Tiere
wieder (s. p. 67).
Die Injektionen geschahen intravenSs mit abgetoteten (2 Stunden
auf 60° C erhitzten) Aufschwemmungen von Agarkulturen. Die Seren
wurden etwa 3 Wochen lang taglich untersucht. Am SchluB wurde dann
eine gleichzeitige Priifung der 3 Seren gegeniiber den verschiedenen
Streptokokkenst&mmen angeschlossen, um Vergleichswerte zu erhalten.
Wie aus den Kurven ersichtlich, gelang es uns also nur mit den
Stammen V und H ein opsonisch wirksames Serum zu erzielen. Bei
Kaninchen H trat aber ein Ansteigen der Kurve erst nach der 3. In-
jektion, wo eine hohe Dosis verwendet worden war, auf und war auch
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Huggenberg, Untersuchungen iiber Phagocytose der Streptokokken. 67
Tabelle XXIV.
I. Kaninchen V.
ITag 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.
Tabelle XXV.
II. Kaninchen H.
Tag 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21.
Tabelle XXVI.
III. Kaninchen S.
ITag
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1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. & 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.
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68
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
da nicht bedeutend. Bei Kaninchen S konnten wir keine Erhebung in
der Kurve beobachten trotz Injektion groBer Kokkenmengen. Es ist
interessant, daB wir hier eine Reziprozitat erkennen gegenuber der
Phagocytierbarkeit der einzelnen StSmme in physiologischer Kochsalz-
losung (Spontanphagocytose). Strepto V ist unphagocytabel, erzeugt
aber das starkste opsonische Serum, Strepto S ist leicht phagocytabel,
bildet hingegen kein Immunserum, Strepto H steht in der Mitte zwischen
beiden (siehe auch Tabelle II).
In folgenden 3 Tabellen wird die gegenseitige Einwirkung der 3 Sera
auf die 3 Streptokokkenstamme veranscliaulicht:
Tabelle XXVII.
Serum Kaninchen V.
Leukocyten,
Meer-
schweinchen
Strepto-
Aufschwem-
mung
Serum
Phagocytare Ziffer
mit Strepto V
mit Strepto H
mit Strepto 8
0,5
0,1
5. Tag 0,05
5,5
0
14
0,5
0,1
6. „ 0,05
6
0
13
0,5
0,1
15. „ 0,05
8
0
13
0,5
0,1
17. „ 0,05
17
0
13
0,5
0,1
21. „ 0,05
12
0
14
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,05
0
0
14
Tabelle XXVIII.
Serum Kaninchen H.
Leukocyten,
Meer-
schweinchen
Strepto H
Serum
Phagocytare Ziffer
mit Strepto V mit Strepto H
mit Strepto 8
0,5
0,1
5. Tag 0,05
0
0
14
0,5
0,1
6. „ 0,05
0
0
14
0,5
0,1
15. „ 0,05
0
0
13
0,5
0,1
17. „ 0,05
0
7
13
0,5
0,1
21. „ 0,05
0
8
14
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,05
0
0
14
Tabelle XXIX.
Serum Kaninchen S.
Leukocyten,
Meer-
schweinchen
Strepto-
Aufschwem-
mung
Serum
Phagocytare Ziffer
mit Strepto V
mit Strepto H
mit Strepto S
0,5
0,1
5. Tag 0,05
0
0
14
0,5
0,1
7. „ 0,05
0
0
14
0,5
0,1
15. „ 0,05
0
0
13
0,5
0,1
17. „ 0,05
0
0
13
0,5
0,1
21. „ 0,05
0
0
14
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,05
0
0
14
Wir sehen also auch hier eine strenge Spezifizitat der Opsonine resp.
Bakteriotropine in bezug auf den homologen Stamm. Strepto V wird
nur vom Serum des Kaninchens V beeinfluBt, Strepto H nur vom
H-Kaninchen, w&hrend wir beim Stamm S bei keinem der 3 Sera einen
Unterschied gegenuber der Kontrolle mit NaCl beobachten konnen.
C. Verhalten der Streptokokken im Normalserum.
Wir konnten in unseren Versuchen stets die bekannten Eigenschaften
eines Normalserums bezflglich seiner opsonischen Wirkung nachweisen
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Huggenberg, Untersuchungen fiber Phagocytose der Streptokokken. 69
So die Unterschiede, welche zwischen den Seren verschiedener Tier-
gattungen bestehen, ferner die individuellen Verschiedenheiten innerhalb
derselben Tiergattung. Desgleichen fanden wir die Thermolabilit&t, das
Verschwinden der opsonischen Wirkung bei kurzer Erhitzung auf 56 bis
58° C vor. Im weiteren konnten wir bestatigen, daB die opsonische
Kraft innerhalb weniger Tage aus einem Serum verschwindet. Es inter-
essierte uns auch namentlich zu wissen, wie die einzelnen Streptokokken-
stamme sich gegeniiber verschiedenen Normalseren verhielten.
In den folgenden Tabellen werden einige Resultate mitgeteilt, welche
mit frischem, mit erhitztem und mit alterem, langere Zeit aufbewahrtem
Serum erhalten worden sind.
Aus diesen Tabellen ist ersichtlich, daB jedes komplementhaltige
Serum eine Steigerung der Phagocytose der Streptokokken hervorrufen
kann. Im Gegensatz zu den mit Immunserum erhaltenen Resultaten sei
erwahnt, daB eine Spezifizitat nach einzelnen Stammen nicht zu erkennen
ist. Ein weiterer sehr wichtiger Unterschied besteht darin, daB schon
bei geringer Verdiinnung (1:10) die opsonische Wirkung des Normal-
serums sofort abnimmt.
Versuche mit frischem Norraalserum.
Tabelle XXX.
Leukocyten,
Meer-
Bchweinchen
Strepto V
Normalserum,
Meerschweinchen
Prozentzahl der
phagocytierenden
Zellen
0,5
0,1
0,1
50 Proz.
0,5
0,1
0,01
4 „
0,5
0,1
0,005
4 „
0,5
0,1
0,001
4 „
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,1
4 „
Tabelle XXXI.
Leukocyten,
Meer¬
schweinchen
Strepto HB.
Serum
Prozentzahl der
phagocytierenden
Zellen
0,5
0,1
Normalserum Meerschw. I 0,1
20 Proz.
0,5
0,1
„ „ II 0,1
16 „
0,5
0,1
„ ., HI 0,1
30 „
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,1
7 „
Versuche mit erhitztem Normalserum.
Tabelle XXXII.
Leukocyten,
Meer¬
schweinchen
n
Serum
Phagocytare Ziffer
Serum
unerhitzt
Serum
erhitzt
10' 58°
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen I 0,1
3
0
0,5
0,1
„ „ I 0,01
0
0
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen II 0,1
5
0
0,5
0,1
„ „ n 0,01
0
0
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen III 0,1
3
0
0,5
0,,
„ „ III 0,01
0
0
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,1
0
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 1.
Tabelle XXXIII.
Leukocyten,
Meer-
schweinchen
Strepto SH
Serum
Phagocytare Ziffer
Serum
unerhitzt
Serum
erhitzt
10' 58°
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen I 0,1
12
8
0,5
0,1
„ „ I 0,01
7
8
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen II 0,1
13
8
0,5
0,1
„ „ II 0,01
8
7
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen III 0,1
14
8
0,5
0,1
„ „ HI 0,01
8
8
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,1
8
Versuche mit alterem Normalserum.
Tabelle XXXIV.
Leukocyten,
Meer-
schweinchen
Strepto M
Serum
Phagocytare Ziffer
Seram
frisch
3 Tage alt
0,5
0,5
0,1
0,1
Normalserum Kaninchen I 0,1
„ 1 0,01
6
0
0
0
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen II 0,1
4
0
0,5
0,1
„ „ II 0,01
0
0
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen III 0,1
5
0
0,5
0,1
„ „ III 0,01
0
0
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,1
0
Tabelle XXXV.
Leukocyten,
Meer-
schweinchen
Strepto H
_ . ,i
Seram
Phagocytare Ziffer
Seram
frisch
3 Tage alt
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen I 0,1
2
0
0,5
0,1
„ „ I 0,01
0
0
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen II 0,1
2
0
0,5
0,1
,, „ II 0,01
0
0
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen III 0,1
4
0
0,5
0,1
„ „ III 0,01
0
0
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,1
0
Da jedes aktive Serum in melir oder weniger starkem MaBe opsonisch
wirkt, so werden bei Untersuchung eines frischen Immunserums in un-
verdunntem Zustande — der gewohnlichen Versuchsanordnung — sehr
komplexe und schwierig zu deutende Verhaltnisse bestehen. Durch die
schon von Neufeld vorgeschlagene Prufungsart eines Streptokokken-
immunserums in abgestuften Verdiinnungen werden hingegen nicht nur
die Fehlerquellen, welche durch die Agglutination entstehen, aus-
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Huggenberg, Untersuchungen iiber Phagocytose der Streptokokken. 71
TabeUe XXXVI.
Leukocyten,
Phagocytare Ziffer
Meer-
Strepto S
Seram
RpriiTn
schweinchen
frisch
3 Tage alt
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen I 0,1
26
11
0,5
0,1
„ „ 1 0,01
10
10
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen II 0,1
20
10
0,5
0,1
„ „ n 0,01
10
9
0,5
0,1
Normalserum Kaninchen III 0,1
21
10
0,5
0,1
„ „ III 0,01
10
11
0,5
0,1
Kontrolle NaCl 0,1
10
Tabelle XXXVII.
Phagocytose von verschiedenen Streptokokkenstammen im
Normalserum.
Leukocyten,
Meer-
schweinchen
Stamm
Serum
Phagocvtare
Ziffer
0,5
Strepto HS 0,1
Normalserum Kaninchen I 0,1
6
0,5
„ ,, 0,1
„ ,, II 0,1
9
0,5
» »l 0,1
Kontrolle NaCl 0,1
4
0,5
Strepto V 0,1
Normalserum Meerschw. I 0,1
3
0,5
,, „ 0,1
„ „ II 0,1
2
0,5
„ „ 0,1
Kontrolle NaCl 0,1
0
0,5
Strepto BT 0,1
Normalserum Kaninchen I 0,1
2
0,5
,, „ 0,1
„ „ II 0,1
4
0,5
„ ., 0,1
Kontrolle NaCl 0,1
0
0,5
Strepto B 0,1
Normalserum Meerschw. 0,1
16
0,5
„ „ 0,1
Kontrolle NaCl 0,1
3
0,5
Strepto L 0,1
Normalserum Kaninchen 0,1
12
0,5
„ „ 0,1
Kontrolle NaCl 0,1
0
geschlossen, sondern auch diejenigen, welche die Einwirkung des Kom-
plements (Normalopsonin?) verursachen.
SchluBfolgerungen.
1) Die Spontanphagocytose spielt bei Versuchen mit Strepto¬
kokken in vitro eine groBe Rolle. Sie ist bei jedem Stamm verschieden
und ohne Zusammenhang mit Virulenz, kulturellem Verhalten oder
Herkunft. Es ist deshalb die Kontrolle mit physiologischer Kochsalz-
losung ohne Serumzusatz stets auszuffihren.
2) Bei Zusatz von Immunserum in unverdiinntem Zustande l&Gt
sich in der Regel, wenn auch nicht immer, Phagocytose nachweisen.
Dieselbe wird deutlicher und steigt betrachtlich bei Verdflnnung des
Serums. Die Hemmung der Phagocytose im konzentrierten Serum riihrt
von der Agglutination der Streptokokken her. Das Optimum der Phago¬
cytose liegt im allgemeinen bei dem Verdiinnungsgrad des Serums, bei
welchem keine Agglutination mehr eintritt. Es sind daher bei der Wert-
bestimmung eines Serums der Grad der Verdiinnung und die phago-
cytare Zahl zu berticksichtigen.
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72
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
3) Die phagocytosebefordernden Bestandteile des Immunserums sind
nicht identisch mit den Agglutininen. Ein Parallelismus zwischen beiden
Substanzen lieB sich in unseren Versuchen nicht nachweisen.
4) Die phagocytosebefordernden Bestandteile des Immunserums sind
nicht vollkommen thermostabil. Eine kurzdauernde (10 Min.) Erhitzung
auf 58° wird ertragen, eine langere Oder die Anwendung von hoheren
Temperaturen vermindern oder zerstoren diese StofTe.
5) Die phagocytosebefordernden Bestandteile des Immunserums
wirken spezifisch gegeniiber den homologen Stammen (Immunisations-
stamme).
6) Die Fahigkeit eines Streptococcus, ein spezifisch phago-
cytierendes Serum zu erzeugen, steht im umgekehrten Verhaitnis zu
seiner Spontanphagocytose. Stammc, welche schon im NaCl lebhaft auf-
genommen wurden, erzeugten in unseren Versuchen kein oder nur
schwach phagocytierendes Serum, in Kochsalzlosung nicht phagocytable
Stfimme hingegen sehr hochwertiges.
7) Die opsonische Wirkung des Normalserums ist im
Gegensatz zu derjenigen des Immunserums nicht spezifisch; verschie-
dene Streptokokkenstamme werden in ahnlicher Weise phagocytiert.
Sie verschwindet bei kurzem Erhitzen auf 58°, bei kurzdauernder Auf-
bewahrung und sogar schon bei schwacher Verdiinnung des Serums.
Opsonische Wirkung im Normalserum und Komplement sind wahrschein-
lich identisch.
Am Schlusse mochten wir noch bemerken, daB eine praktische Ver-
wertung der Opsoninbestimmung bei Streptokokken einstweilen kaum
statthaft ist; ob eine Verbesserung der Technik genauere Resultate er-
gibt, wagen wir nicht zu entscheiden. Jedenfalls durfen nur auf Grund
groBer Erfahrung und genauer und wiederholter Prufung der verwendeten
Streptokokkenstamme Schliisse gezogen werden. Resultate, welche nur
mit einem bestimmten Streptococcus erhalten worden sind, diirfen
nicht ohne weiteres verallgemeinert werden.
Nachdruck verbolen.
Nachtrag zu der Arbeit:
„Uet)er den tuberkulo - opsonischen Mex beim Menschen
und beim Eind.“
[Aus dem Opsonischen Laboratorium (Abt. des Path. Institutes
der Kgl. Tierarztl. Hochschule) zu Dresden.]
Von Privatdozent Dr. Strubell und Dr. Felber.
Aus dem Texte unserer Arbeit (Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig.
Bd. 54. 1910. p. 44) geht vielleicht noch nicht mit der von uns ge-
wiinschten PrBgnanz hervor, daB das Impfmaterial der von Prof. Eber
tuberkulos infizierten Rinder aus zwei Kategorieen besteht:
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Strubell u. Felber, Tuberkulo-opsonischer Index beim Menschen u. Rind. 73
a) aus Tuberkelbacillen menschlicher Provenienz, die unmittelbar,
d. h. ohne vorherige Tierpassage, den Versuchsrindern einverleibt wurden.
Die betreffenden Versuchsrinder erliolten sich samtlich
von der voriibergehenden Erkrankung und wurden spater behufs
Ennittelung des lokalen Befundes geschlachtet;
b) aus Tuberkelbacillen ebenfalls menschlicher Provenienz. die vorher
durch Tierpassage rindervirulent gemacht worden waren. Die mit
diesem Material infizierten Versuchsrinder starben samt¬
lich an der Impftuberkulose.
Wir haben bei unserer erst sehr spat erfolgten Orientierung fiber
die Versuchsanordnung Prof. Ebers diese Tatsache nicht so pragnant
dargestellt, und auch in unseren Tabellen, die Immunopsonine betreffend,
eine Trennung der Indices nach diesen Gesichtspunkten nicht vorge-
nommen. Wir wollen daher nachtrfiglich 2 Tabellen beiffigen, welche
beide in Prozenten den Immunopsoningehalt a) der an Tuberkulose
eingegangenen (vorher Impfung mit rindervirulent ge-
machten menschlichen Tuberkelbacillen), b) der g e -
schlachteten und mit 1 0 ka 1 er Tuberkulose behafteten Tiere
(Impfung vorher mit menschlichen nicht rindervirulent
gemachten Bacillen) angeben. In beiden Fallen wurden die Indices
gegen MTb. und gegen RTb. bestimmt. Aus der Uebersichtstabelle B
ergibt sich, daB die geschlachteten, nur mit lokaler Tuberkulose be¬
hafteten Tiere, entsprechend der rein menschlichen Provenienz des Impf-
materials, in 67,6 Proz. der Indices einen Immunopsoningehalt von fiber
30 Proz. hatten, ein Verhalten, das bei den an Tuberkulose eingegangenen
Tieren sich auf 52 Proz. reduzierte. Demgegenfiber zeigten die ge¬
schlachteten Tiere bei 47,6 Proz. der Falle Immunopsonine gegen RTb.
fiber 30 Proz. Die an Tuberkulose eingegangenen Tiere lassen merk-
wfirdigerweise (bei allerdings einer sehr geringen Anzahl von Bestim-
mungen) nur bei 15,4 Proz. der Falle Immunopsonine gegen RTb. fiber
30 Proz. erkennen.
Wesentlich scheint uns an diesen Ermittelungen zu sein, daB bei
diesen Tieren, ganz allgemein gesprochen, mehr Immunopsonine gegen
MTb. als gegen RTb. gebildet worden sind, ein Verhalten, das am deut-
lichsten bei den mit reinen, wirklich menschlichen Tuberkelbacillen ge-
impften und nur lokal erkrankten Rindern hervortritt. DaB es aber
wohl moglich sein wird, bei einer gentigenden Zahl von Bestimmungen
aus der Bestimmung des Immunopsoningehaltes auf den Grad der
Rindervirulenz eines Virus zu schlieBen, scheint uns nach diesen Zahlen
wahrscheinlich, und wir dfirfen die Moglichkeit ins Auge fassen, der
Provenienz einer Kultur auf solche Weise naher zu kommen. Inwieweit
sich diese Hoffnung bewahrheitet, mfissen zukfinftige ausgedehnte Unter-
suchungen lehren.
A.
Immunopsoningehalt
a) der an Tuberkulose eingegangenen Tiere.
Rd. No.
MTb.
RTb.
89
48, 42 %
15,
25
0 /
92
- 31%
19,
19,
. 11,
16%
93
95
22, 33, 23,
26,
31,
14,
41, 53%
—
—
—
- - - -
96
19, 13, 17,
42,
38,
56,
34 %
—
—
—
- - - -
100
27, 22, 39,
12,
30,
29,
38%
27,
21,
24,
24, 32, 24, 32 •/,
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URBANA-CHAMPAIGN
74
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 1.
b) der geschlachteten und mit lokaler Tuberkuloee behafteten Tiere
Rd. No. MTb. RTb.
87
88
91
94
- 75, 55 %
64, 59, 57 %
41, 66, 44 %
25, 50, 22, 25, 18, 13, 21, 19, 26,
23, 19, 24, 114, 53, 21, 44, 36,
58, 47, 42, 48, 48, 45, 56, 49,
42, 34, 57, 32 %
- 84, 22 %
15, 41, 36%
19, 43, 65 «/„
14, 60, 22, 35, 13, 23, 28 %
- 19, 39, 19, 33, 36, 29 %
B.
Der Immunopsoningehalt der geschlachteten und mit lokaler Tuber-
kulose behafteten Tiere betragt zwischen
MTb.
37 Bestimmungen
4
8
3
11
7
2
1
1
— 1
in Proz. ausgedriickt:
10,8
21,6
84,
29,8
18,9
5,4
2,7
2,7
32
f,4
67,6
RTb.
21 Bestimmungen
6
5
5
2
1
1
1
in Proz. ausgedriickt:
28,6
23,8
23,8
9,5
4,8
4,8
4,8
52
,4
47;6
Nachdruck verboten.
Ueber die Abtotung von Tuberkelbacillen durch Erhitzmig.
Erwiderung auf die Mitteilung von Prof. Dr. Forster 1 )-!
Von Privatdozent Dr. F. Basenau, Amsterdam.
In erster Linie mochte ich am Anfang dieser Erwiderung den Nach¬
druck darauf legen, daB die ganze Streitfrage sich darum dreht, ob
lebende bovine Tuberkelbacillen in Flaschenmilch durch eine Erhitzung
auf 70—72° C wahrend einer halben Stunde mit Sicherheit getdtet
werden. Dies sind die Temperatur und die Zeit der Erwarmung bei der
Darstellung der sogenannten krankheitskeimfreien Milch, wie sie haupt-
sachlich auf Grund der Versuche von Forster und seiner Schiller in
der Praxis angewandt werden. Hierbei ist vorausgesetzt, daB auch wirk-
1) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 45. p. 74.
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URBANA-CHAMPAI6N
Bascnau, Ueber die Abtotung von Tuberkelbacillen durch Erhitzung. 75
lich diese Temperatur wahrend der angegebenen Zeit auf die ganze
Milch eingewirkt hat. Nach den Forsterschen Versuchen und den
SchluBfolgerungen, die er aus diesen Versuchen zog, sollte dies in der
Tat der Fall sein. Nach unseren Versuchen, die sich in Uebereinstimmung
mit den neueren Resultaten von Prof, de Jong 1 ) befinden, werden die
Tuberkelbacillen durch eine derartige Erhitzung mit Sicherheit nicht ab-
getotet. Nach Forster tragt eine solche Milch den Namen „krankheits-
keimfreie Milch u mit Recht, nach unseren Versuchen aber mit Unrecht.
Eine solche Milch gibt keine Gew&hr fur die Abwendung der Gefahr
einer Uebertragung der Tuberkulose. Auf die groBe hygienische Be-
deutung dieser Frage brauche ich an dieser Stelle wohl nicht des
naheren einzugehen. Hinweisen mochte ich jedoch auf die Tatsache,
daB in Holland allein nach der annahernden Berechnung des Vorsitzenden
der NiederlSndischen Milchhygienischen Vereinigung wenigstens 55 bis
60 Mill. Flaschen sogenannter krankheitskeimfreier Milch verbraucht
werden, eine Zahl, die eher zu niedrig als zu hoch gegriffen ist. Diese
Milch wird im Vertrauen auf die vollstandige Abwesenheit von aktiven
Krankheitserregern konsumiert, ohne daB an ein Aufkochen, das anders
in vielen Fallen sicher stattfinden wtirde, gedacht wird, wodurch natiir-
lich die Infektionsgefahr erhoht wird.
Die Bem&ngelung unserer Versuche seitens Forsters 2 ) erstreckte
sich in der Hauptsache an erster Stelle auf vermeintliche physikalische
Fehler bei der Erw&rmung. Nach meiner Erwiderung in dieser Zeit-
schrift 3 ) auf Forsters erste Kritik sollte es meines Erachtens sachlich
iiberfliissig sein, auf diesen Punkt wiederum zuriickzukommen. Forsters
Frage: Wie weit unter Wasser?, ist doch mehr als eriibrigt durch meine
selbst noch unterstrichene Mitteilung, daB „bei unseren Versuchen sich
die Milchflaschen vollstandig unter Wasser befanden“, und einige
Zeilen weiter: „Die tief unter die Oberflache des Wassers einge-
tauchten Flaschen mit Inhalt waren einer allseitig gleichm&Bigen und
nicht schwankenden Erhitzung ausgesetzt“.
An zweiter Stelle kommt Forster jetzt mit dem Einwand, daB bei
den positiven Impfergebnissen nicht bewiesen sei, daB die Tiere tatsach-
lich an Tuberkulose und nicht an Pseudotuberkulose (richtiger Nekro-
tuberkulose) gelitten hatten. Und Forster ergreift bei diesem Einwand
die Gelegenheit, zur Abwehr uns mangelnde Kenntnis der pathologischen
Bedingungen vorzuwerfen, wie er das in gleicher Weise schon friiher
vermeintlich fur die physikalischen Verhaltnisse getan hatte. Niemand
wird mir den Vorwurf machen konnen, daB in dieser Streitfrage,
wenigstens von meiner Seite, je die unpersonliche und hofliche Grenze
iiberschritten sei. Ich gestatte mir aber jetzt, zu bemerken, daB Forster
meines Erachtens zu weit geht, und ich kann nicht umhin, weiter zu
sagen, daB Prof. Forster, dessen experimentatorisches Talent, groBe
Kenntnisse und kritische SchSrfe ich in hohem MaBe wurdige, in dieser
Materie nicht gut orientiert ist. Anders ware es unmoglich, daB er den
Einwand der Nekrotuberkulose erhebt. Erstens schon auf Grund der
experimentellen Erfahrungen in dieser Hinsicht. Bereits Koch 4 ) hatte
bei seinen klassischen Untersuchungen iiber Tuberkulose gefunden, daB
gesunde Meerschweinchen auf die subkutane Injektion mit groBen Mengen
1) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 48. p. 670.
2) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. J, Orig. Bd. 51. p. 417.
3) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 53. p. 61.
4) Dtsche med. Wochenschr. 1891.
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76
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
durch Erhitzung getoteter Tuberkelbacillen nur durch die Bildung eines
Abszesses an der Impfstelle reagierten. Dieses Ergebnis ist vielfach
bestatigt worden, und verweise ich hier auf die Untersuchungen
von Vdlsch 1 ), Wyssokowicz 2 ), Prudden und H o d e n p y 1 3 ) u. a.
Niemals hat hier ein Meerschweinchen nach subkutaner Irapfung, die
wir bei unseren Versuchen stets verwandten, eine progressive allgemeine
Tuberkulose erworben, wie wir sie bei den Impfungen mit erwarrater
Milch wohl erhielten. Selbst intravenose Injektionen, die man mit Recht
als eine Multiplikation einer lokalen Impfung auffassen darf, und intra-
peritoneale Impfungen, wie sie van Prudden en Hodenpyl 4 ),
Strauss und Garhaleia 5 ), Grancher und Ledoux-Lebard 6 ),
Fokker 7 ), de Man 8 ), Masur 9 ), Kockel 10 ), Vissmann 11 ),
Kelber 12 ), Siegenbeek van Heukelom 13 ) u. a. vorgenommen
wurden, fiihrten niemals zu einer progredienten allgemeinen Tuberkulose.
Fokkers Versuche, die Forster allein namentlich nennt, sind am
wenigstens in der von Forster gewiinschten Bedeutung zu verwerten.
Bei einera Meerschweinchen wurden nach intraperitonealer Injektion von
1 ccm rahmartiger Emulsion von gut sterilisierten Tuberkelbacillen (also
eine enorme Masse) bei der Sektion alle Organe intakt gefunden. Bei
einem Kaninchen wurden nach Injektion von noch groBeren Mengen
zwar in den Lungen Nekrotuberkel nachgewiesen, Leber und Milz aber
waren normal. Bei einem anderen Kaninchen wurden in der Milz Nekro¬
tuberkel gefunden, in Lunge und Leber aber nur wenige Granulationen
ohne Tuberkelbacillen. Das ist alles andere, aber keine allgemeine
Tuberkulose. Jade Man 14 ) selbst, der unter Forster experimentierte,
konnte feststellen, daB intraperitoneale Injektion von toten Tuberkel¬
bacillen bei Meerschweinchen keine Abweichungen verursachte, die auch
nur einige Uebereinstimmung mit Tuberkulose zeigten. Ich weise hier
noch darauf hin, daB auBer Fokker in dem einen Falle alle Unter-
sucher darin iibereinstimmen, daB, wie auch injiziert, die Milz frei von
Nekrotuberkeln bleibt. Dies hat um so grofiere Bedeutung, weil bei einer
Impftuberkulose der Meerschweinchen mit lebenden Tuberkelbacillen die
Milz stets mit am starksten tuberkulos ver&ndert ist und oft das Viel-
fache ihres urspriinglichen Gewichts aufweist.
Zweitens ist bereits auf Grund von logischer Ueberlegung der Ein-
wand der Nekrotuberkulose von seiten Forsters nicht am Platze.
Und zwar deshalb: In den Versuchen von de Man 15 ), worauf Forster
in der Hauptsache seine Methode der Bereitung krankheitskeimfreier
Milch stiitzt, wird mit Recht ausdriicklich hervorgehoben, daB die beste
Weise, um festzustellen, ob Tuberkelbacillen durch eine vorangehende
1) Zieglers u. Nauwercks Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 3.
2) MitteiL a. d. Brehmerschen Heilanst. 1890.
3) New York Med. Journ. 1891.
4) 1. a
5) Arch, de nted. experim. et d’anat. pathol. 1891.
6) Ebenda. 1891.
7) Ned. Tijdschr. v. Geneesk. 1892.
8) Ebenda. 1892.
9) Zieglers Beitr. z. pathol. Anat. Bd. 16.
10) Ebenda. Bd. 16.
11) Virchows Arch. Bd. 129.
12) Arb. a. d. Baumgartenschen Instit. Bd. 2.
13) Dissertation Leiden. 1905.
14) 1. c.
15) Dissertation u. Arch. f. Hyg. 1893.
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Basenau, Ueber die Abtotung von Tuberkelbacillen durch Erhitzung. 77
Erhitzung getotet sind oder nicht, die Verimpfung auf empfindliche
Tiere, in casu Meerschweinchen, ist; und ebenfalls mit Recht, dafi man
bei etwa zweifelhaften Fallen, ob man es mit echter oder mit Nekro-
tuberkulose zu tun hat, aufs neue Ueberimpfungen auf gesunde
Meerschweinchen machen kann. Nun findet man aber in den de Man-
F*o r s t e r schen Versuchsprotokollen nirgends eine derartige Kontroll-
iiberimpfung, wo es sich pathologisch-anatomisch um eine makroskopische,
verallgemeinerte Tuberkulose handelt. Warum hat Forster selbst bei
allgemeiner Impftuberkulose nach Injektion mit erhitztem tuberkulosen
Material diese Kontrollimpfungen fur iiberfliissig gehalten, und warum
verlangt er es unter denselben Verhaltnissen von uns? Er ist damals
dem sehr richtigen Gedankengang gefolgt, dafi bei einer sich progredient
entwickelnden allgemeinen Tuberkulose mit ihren typischen pathologisch-
anatomischen Veranderungen, die vor allem dieMilz betreffen — Forster
hat selbst als einziges Organ Lange, Breite, Voluroen und Gewicht der
Milz bestimmen lassen — keine Kontrollimpfungen notig sind. Diese
Ueberimpfung wurde nur dann in einigen Fallen verrichtet, wenn bei der
Sektion sich das Tier mit Ausnahme z. B. von einigen kleineren, unregel-
mailig geformten Knotchen im Omentum, von zwei kleinen gelbgefarbten
Knotchen am Peritoneum, von einem nicht glanzendeu Peritoneum, von
einem anamisch gelb gefarbten Leberiappchen als vollkommen normal
erwies. Alles Veranderungen, die nicht charakteristisch fiir Tuberkulose
sind und sich auch nicht als tuberkulos erwiesen. Es wurde wo hi bei
einigen zweifelhaften Veranderungen versucht, festzustellen, ob diese
tuberkulbser Art waren, niemals trachtete man aber, bei makroskopisch
charakteristischen tuberkulosen Veranderungen durch Ueberimpfung zu
beweisen, ob man es wirklich mit echter und nicht mit Nekrotuber-
kulose zu tun hatte. Nach der jetzigen Forsterschen Auf-
fassung waren alsdann die hierher gehorigen Forster-
de Manschen Untersuchungen vollig wertlos, und damit
wurde die ganze Basis der Forsterschen Methode von
selbst verfallen.
Und weiter. Warum hort bei unseren Versuchen bei der Ver¬
impfung von natiirlich infizierter Milch nach einer Erhitzung auf 80° C
wahrend 1 Stunde die vermeintliche Nekrotuberkulose plotzlich auf, in die
Erscheinung zu treten? Man kann hier nicht den Einwand erheben,
dad diese Art der Erwarmung den toten Tuberkelbacillen die Fahig-
keit nahme, Nekrotuberkulose zu erzeugen, wahrend eine ktirzere oder
niedrigere Erhitzung diese Eigenschaft bestehen lieBe. Dies ist deshalb
hinfailig, weil bei den vorher genannten Untersuchungen mit toten
Tuberkelbacillen dieselben einer viel intensiveren Erhitzung ausgesetzt
waren, und sie doch ihre Fahigkeit der Erzeugung einer wirklichen
Nekrotuberkulose behielten.
Sowohl den An griff auf die physikalischen Bedingungen unserer
Versuchsanordnung, wie auch den zweiten unsachlichen auf unsere Be-
herrschung der pathologischen Verhaitnisse erachte ich hiermit in ge-
nflgender Weise fiir widerlegt, und kann ich nur zu meinem besonderen
Bedauern wiederholen, dafi Forster sich mit dieser speziellen Materie
vorher nicht vollig vertraut gemacht hat. Nicht wir, sondern er war
nicht Meister der pathologischen Verhaitnisse.
Was die Verteidigung Forsters seiner eigenen Versuchsanordnung
angeht, so will ich im Augenblick annehmen, daB er in verschiedenen
Versuchen das Mehrfache der Tuberkelbacillen erhitzt und injiziert hat,
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
die wir aus 100 ccm Milch tuberkuloser Kiihe durch Zentrifugieren er-
halten haben. Dies andert aber nichts an der Tatsache, daB bei seinen
Versuchen das Material in feinen, 2 mm weiten, an beiden Seiten in
eine Kapillare ausgezogenen Rohrchen erhitzt wurde, die sicherlich nicht
mehr als hochstens 1 ccm Flussigkeit enthielten; daB er also unter
ganz anderen physikalischen Verhaltnissen arbeitete, wie wir bei unseren
Versuchen und wie in der Praxis gearbeitet werden kann und mull.
Keine Erhitzung von feinen Rohrchen mit winzigem Inhalt, sondern eine
Erwiirmung von Flaschen mit einem halben Liter Inhalt und mehr.
Was die Forster scheinbar iiberraschende Tatsache betrifft, daB
auch bei niedrigerer Temperatur als 80° C die Tuberkelbacillen in natiir-
lich infizierter Milch sich in einigen Versuchen als abgetotet erwiesen,
so liegt doch in einer solchen Tatsache nichts Auffalliges. Die Resistenz
der niederen Organismen verschiedener Provenienz ist bekanntermaBen
keine feste mathematische GroBe und selbst nicht die Widerstandsfahig-
keit, die Lebenskraft der Individuen ein und desselben Stammes. Dazu
kommt, daB der positive oder negative Ausfall bis zu einer gewissen
Grenze von der Menge der Tuberkelbacillen abhangig ist, eine Menge,
die man selbstredend bei Versuchen mit naturlich infizierter
Milch nicht immer in der Hand hat. Ein positives Resultat wiegt hier
schwerer als ein negatives.
Ich kann zuin Schlusse nur wiederholen, daB ich, wie schon friiher
gesagt*), nicht daran zweifele, daB Tuberkelbacillen bei den Forster schen
Verhaltnissen der Versuchsanordnung abgetotet werden, daB Forster
aber die gleichen Resultate wie wir erhalten wird, wenn er die Versuche
unter den Bediugungen, wie die Praxis es erfordert, anstellt. Also keine
Erhitzung von minimalen Mengen, sondern eine Erwarmung von groBen
Mengen, wie sie in den Verkehr gebracht werden miissen.
Mit Tuberkelbacillen naturlich infizierte Milch kann
durch eine Erhitzung auf 70—7 2° C wahrend einer halben
Stunde nicht „krankheitskeimfrei“ ge mac lit werden uud
birgt noch die Gefahr einer tuberkuldsen Uebertragung
in sich. Diese Gefahr wird erst aufgehoben, wenn die
Milch 1 Stunde auf 80° C erwarmt wird.
Aufrichtig bedaure ich es, daB ich mich mit dem von mir hoch-
verehrteu Herrn Prof. Forster in Widerspruch setzen muB, und daB
ich dies heute schMrfer zu tun genotigt bin, als es meinem Wesen er-
wunscht ist. An mir aber liegt die Schuld der scharferen Gangart nicht.
Amsterdam, April 1910.
Nachdruck verboten.
Beitrag zur Frage der Abtotung von Tuberkelbacillen
durch Erhitzung.
Von Prof. Dr. Forster, StraBburg.
Mit einem meiner ehemaligen Schuler bin ich unliebsamerweise in
eine Diskussion geraten, die sich in einem Wortstreit zu verlieren scheint.
Ein solcher laBt sich mit Spitzfindigkeiten ins Unendliche fortsetzen, wenn
l) 1. c.
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Forster, Zur Frage der Abtotung von Tuberkelbacillen durch Erhitzung. 79
man den dazu notigen, dialektisch scharfen Verstand besitzt, wie der
Verf. der obigen Zuschrift, von der die Redaktion des Centralblattes mir
einen Abzug zuzuschicken die Giite hatte. In der wesentlich experi-
meutellen Studien bestimmten Zeitschrift beschr&nke ich mich daher in
einem Beitrage zu der Frage, tiber deren bisherige Behandlung ich ein
Urteil sachkundigen Kollegen uberlasse, auf die Mitteilung einiger Ver-
suchsprotokolle aus den Untersuchungsreihen, mit denen Herr Dr. Aoki,
Assistent meines Institutes, infolge des Angriffes auf die von mir und
meinen Schiilern ausgefuhrten Bestinimungen der Temperaturhohe, bei
der die Vernichtung des Lebens von Tuberkelbacillen eintritt, eben be-
schaftigt ist.
1) Verkaste Masse von einer Kaverne aus menschlicher Lunge in
lOccm physiologischer Kochsalzlosung zerrieben; ira geschlossenen Kultur-
rohrchen unter Wasser auf 65° erwarmt, sofort gekuhlt und je 2 ccm
Meerschweinchen injiziert. Mikroskopisch reichlich Tuberkelbacillen.
Auf (35° gehalten Injiziert
15 Minuten lang in tracer i ton eal
15 „ „ subkutan
20 „ „ intraperitoneal
20
»»
»>
subkutan
Getotet nach 5 1 /, Monaten. Sektionsbefund
Keine tuberkulose oder sonstige pathologische Ver-
anderungen
Gestorben nach 22 Tagen. Mehrere weiche Herd-
chen in Milz und Leber und in der Nahe der In-
jektionsstelle. Mit Material aus den Herdchen
frisch geimpfte Meerschweinchen blieben gesund.
Keine Tuberkulose.
Kontrolle. Mit wenig von nickt erhitztem Material subkutan und
intraperitoneal geimpfte Meerschweinchen starben nach etwa 1 Monat
an allgemeiner Tuberkulose.
2) VerkSste Lymphdrusen eines an Menschentuberkulose gestorbenen
Meerschweinchen in 10 ccm KochsalzlSsung zerrieben. Mikroskopisch
reichlich Tuberkelbacillen; die Gesamtmasse bis auf den kleinen, zur
Kontrollimpfung gebrauchten Rest unter Wasser auf 65° erhitzt, abge-
kiililt und je 2 ccm davon injiziert.
Auf 65° gehalten Injiziert Getotet nach 4 Monaten. Sektionsbefund
15 Minuten lang intraperitoneal I Keine tu berkul6se oder sonstige pathologische Ver-
” » subkutan > anderungen
)t ff 9f ) 9
[ GroSere Knotchen io Milz und Leber; mit Material
20 „ „ intraperitoneal { davon frisch geimpfte Meerschweinchen blieben
l gesund; also keine Tuberkulose
Kontrolle. Mit wenig nicht erhitzter Kochsalzaufschwemmung
subkutan und intraperitoneal geimpfte Meerschweinchen starben nach
etwas liber einem Monat an allgemeiner Tuberkulose.
3) Ueppige Agarkulturen von Tuberkelbacillen in 50 ccm Milch
sorgfaltig zerrieben. Mikroskopisch sehr viele Tuberkelbacillen. In
KulturrShrchen verteilt unter Wasser 15 und 20 Minuten auf 65° ge¬
halten und Meerschweinchen je 2 ccm subkutan und intraperitoneal in¬
jiziert.
Die nach 4 Monaten getoteten Tiere lassen bei der Sektion keinerlei
tuberkulSse oder sonstige pathologische Ver&nderungen erkennen.
Kontrolle. 2 Meerschweinchen, denen geringe Mengen der mit
Tuberkelbacillen versetzten, nicht erhitzten Milch subkutan und iutra-
peritoneal injiziert worden waren, starben nach 17 und 27 Tagen an
allgemeiner Tuberkulose.
4) Etwa l / s 1 Milch wird mit dem fein zerriebenen Rasen von Agar¬
kulturen von Tuberkelbacillen versetzt. Mikroskopisch zahlreiche Tuberkel-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
bacillen. Die Milch wird in einer Milchflasche unter Wasser auf 65° C
erwarrat, 1 Stunde lang darauf gehalten, rasch gekuhlt und je 2 ccra
davon Meerschweinchen subkutan und intraperitoneal injiziert.
Das intraperitoneal geimpfte Tier wird nach 5 Monaten getotet und
erweist sich bei der Sektion als normal. Das subkutan geimpfte Meer¬
schweinchen starb nach 2 Monaten. Bei der Sektion fanden sich auller
anscheinend verk&sten Lymphdrtisen reichlich weiche Herdchen in Milz
und Leber. Frische Tiere, damit geimpft, bleiben gesund. Keine Tuber-
kulose.
Kontrolle. Mit wenig nicht erhitzter Milch geimpfte Meerschwein¬
chen starben bei intraperitonealer Injektion nach 16 Tagen, bei sub-
kutaner Injektion nach 2 Monaten an ausgebreiteter Tuberkulose.
5) Naturlich infizierte Milch von einer an Eutertuberkulose leidenden
Kuh. Mikroskopisch reichlich Tuberkelbacillen. In einer Milchflasche
unter Wasser 15 Minuten lang nach rascher AnwSrmung auf 65—66° C
erhitzt. Nach sofortiger Abkiihlung werden 100 ccm in einer mit einem
Wassermotor getriebenen Zentrifuge separiert und je 2 ccm des zahllose
Tuberkelbacillen enthaltenden Zentrifugates Meerschweinchen injiziert.
Ein subkutan geimpftes Versuchstier wurde nach 4 1 / 2 Monaten gettHet
und bei der Sektion vollig normal gefunden. Zwei intraperitoneal ge¬
impfte Meerschweinchen starben nach 50 und 52 Tagen. Bei der Sektion
fanden sich bei beiden auBer Driisenschwellungen zahlreiche mehr oder
weniger weiche Herde in Leber und Milz. Frische Tiere, mit Material
davon subkutan und intraperitoneal geimpft, bleiben gesund. Keine
Tuberkulose.
Kontrolle. Meerschweinchen, die 0,5 ccm der nicht erhitzten, nicht
zentrifugierten Milch subkutan und intraperitoneal injiziert erhielten,
erkrankten und starben nach etwa 1 und V/ 2 Monaten an allgemeiner
Tuberkulose.
6) Naturlich infizierte Milch von einer an Eutertuberkulose erkrankten
Kuh. Mikroskopisch reichlich Tuberkelbacillen. In einer Milchflasche
unter Wasser nach Anw&rmung 20 Minuten lang auf 65—66° C gehalten
und nach Kiihlung 100 ccm zentrifugiert. Von der ausgeschleuderten
Masse wurden 2 Meerschweinchen je 5 ccm intraperitoneal und zweien
je 2 ccm subkutan injiziert. Alle 4 Tiere erwiesen sich, nachdem sie
4 Monate sp&ter getotet worden waren, bei der Sektion als normal.
Kontrolle. Die mit V* ccra der ursprunglichen, nicht erhitzten
Milch subkutan und intraperitoneal geimpften Tiere starben nach 24 und
28 Tagen an allgemeiner Tuberkulose.
Aus den hier mitgeteilten Untersuchungen geht hervor, daB Tuberkel¬
bacillen verschiedener Herkunft — auch in Versuchen, in denen Massen
davon in kleinen oder groBen Mengen von Fliissigkeiten (Kochsalzlosung,
Milch, naturlich infizierte Milch) behandelt werden — durch die 15 Minuten
lang dauernde Einwirkung einer Temperatur von 65—66° C getotet
werden. Die Ergebnisse von Untersuchungen, bei denen die Tuberkel¬
bacillen anscheinend gegen die Erhitzung eine grbBere Widerstands-
fahigkeit zeigen, als in den von mir und meinen Mitarbeitern angestellten
Versuchen beobachtet wurde, beruhen offenbar auf Versuchsfehlern.
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Sievert, Ueber Formalin-Bakterienaufschwemmungen.
81
Nachdruck verboten.
Ueber Formalin-Bakterienaufschwemmimgeii.
[Aus dem Hygien. Institut der Universitat Leipzig
(Direktor: Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Franz Hofmann).]
Von Dr. Fritz Sievert, Kgl. Sachs. Oberarzt,
friiher kommandiert zum Hygien. Institut.
In der Deutschen Medizinischen Wochenschrift 1906 (No. 4. p. 140)
hat Loele in einer Abhandlung: „Die Agglutination in den Handen des
praktischen Arztes“ flber die Verwendung von Formalin-Bakterienauf-
schwemmungen zur Anstellung der Agglutinationsreaktion und zur Her-
stellung agglutinierender Sera berichtet. Wenn auch eine grfifiere Reihe
anderer Beobachter sich der Formalinaufschwemmungen bedient haben,
so ist ihre Anwendung, nach den Aeufierungen der Literatur zu urteilen,
doch nicht in dem MaBe Gemeingut der Untersucher geworden, als es
die Methode verdiente.
An der bakteriologischen Untersuchungsstelle des Hygienischen In-
stituts zu Leipzig werden die Formalinaufschwemmungen nun bereits
seit einer Reihe von Jahren fiir die Agglutination und zur Immunisierung
von Versuchstieren zur Herstellung von Testseris benutzt, und ich habe als
frfiherer Assistent des Instituts Gelegenheit gehabt, die Methode an einer
groBen Anzahl von Patienten- und Immunseris bezw. an einem groBeren
Tiermaterial nachzuprfifen, so daB ich in der Lage bin, auf Grund eigener
Erfahrungen ein erneutes Urteil iiber ihre Brauchbarkeit abzugeben.
Zunfichst sei ein kurzer Ueberblick fiber die Verwendung abgetfiteten
Bakterienmaterials zur Agglutination vorausgeschickt.
Die Schwierigkeit, lebendes Bakterienmaterial an jedem Orte und zu
jeder Zeit rasch zur Verwendung zu haben, hat schon einige der ersten
Untersucher, Widal und Sicard (1) veranlaBt, die Benutzung von durch
Hitze oder Formol abgetfiteten Bakterien zu empfehlen. An chemischen
Mitteln sind auBer dem Formalin noch Phenol [Koch (2)], Toluol
[Roily (3), Aaser (4)] und Chloroform (z. B. Sttihlinger (5)J u. a.
verwandt worden, von denen das letztere sich jedoch nicht ffir alle
Bakterienarten brauchbar erwies, indem wohl die Herstellung eines Para-
typhusdiagnostikums mit Chloroform gelang, bei Typhusbacillen jedoch
durch das Chloroform der Agglutinationseffekt wesentlich geschfidigt wurde.
In zweckmSBiger Weise hat man auch Bakterienderivate zur An¬
stellung der Reaktion verwandt. Allbekannt ist das Fickersche Dia-
gnostikum, welches als erstes derartiges Reagens dem Praktiker die
Reaktion zug&ngig machte und, wenigstens in Deutschland, vielfach Ver¬
wendung gefunden hat. Zweifellos hat Ficker, dessen Reagens jetzt
auBer ffir Typhus auch noch ffir die wichtigsten anderen pathogenen Keime
bei der Firma Merck-Darmstadt hergestellt wird, das Verdienst, ein
von den meisten Nachprfifern gfinstig beurteiltes Praparat mit einem
sehr zweckmaBigen Instrumentarium geschaffen zu haben, das Praparat
hat nur die Nachteile, daB es noch relativ teuer und seiner Zusammen-
setzung nach nicht genau bekannt ist. Ein anderer bemerkenswerter
Versuch, ein Diagnostikum ffir Typhus und Paratyphus herzustellen, ist
durch Sttihlinger (1. c.) gemacht worden, welcher in steriler Koch-
salzlfisung aufgeschwemmte Bakterien bei Bruttemperatur durch Autolyse
zugrunde gehen lieB und die so erhaltene Flfissigkeit, mit geringem,
Erstr Abt. Orig. Bd. 55. Heft 1. 6
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
unschadlichen Karbolzusatz konserviert, als Diagnostikum empfahl. Aber
erst nach 8 Wochen ist das Diagnostikum gebrauchsfahig und daher die
Herstellung etvvas umstandlich.
Das Formalin ist in der Konzentration von 0,5—2 Proz. zunachst
meist als Zusatz zu Bouillonkulturen (bezw. Peptonwasserkulturen)
zur Anwendung gelangt, so durch Proscher (6) auf Veranlassung von
Neisser, durch Rudiger (7), durch Lion (8), Falta und Noeg-
gerath (9), und in dieser Anwendungsform auch neuerdings noch von
E. Marx (10), Hilgermann (11), GeiBe(12) u. a. empfohlen worden.
Loele (1. c.) hat neben Bouillonkultur auch in physiologischer Koch¬
salzlosung aufgeschwemmte Agarkulturen mit Formalinzusatz empfohlen,
und derartige Aufschwemmungen sind auf Veranlassung des Herrn Geh.
Medizinalrat Prof. Dr. Hofmann seit dem Jahre 1904 im Leipziger
Hygienischen Institut mit groBem Vorteil fiir die Agglutinationsreaktion
benutzt worden. Mit formalinisierten Agaraufschwemmungen arbeiteten
ferner v. Lingelsheim, Biirgi, Gossner, Konrich, Konigu. a.,
deren Abhandlungen weiter unten nochmals naher zitiert werden.
Hierbei ist folgendes zu bemerken: Bouillonkulturen, iiberhaupt alle
eiweiBhaltigen fliissigen Nahrboden, z. B. auch die neuerdings von
Loele (13) angewandten Fleischextrakt-Peptonwasserkulturen, sollten zu
Agglutinationszwecken besser iiberhaupt nicht mehr benutzt werden.
Denn abgesehen davon, daB eine Anzalil von Bakterienarten, z. B.
Cholera, gewisse Paratyphus-B-Stamme etc. in Bouillonkulturen leiclit
zu Spontanverklumpungen neigen, ist die Verwendung von Bouillon etc.
schon aus theoretischen GrOnden zu widerraten, da derartige fliissige
Nahrboden in ihrer feineren chemischen Zusammensetzung verscliiedene
Salzkonzentrationen, verscliiedene EiweiB- und Leiinsubstanzen zeigen —
Substanzen, welche besonders nach den Untersuchungen von Eisenberg
und Volk (14), Eisenberg (15), Joos (16) u. a. von Bedeutung fiir den
Ablauf der Agglutinationsreaktion sind. Auch Unterschiede in den quati-
tativen Wachstumsverhaltnissen machen es zur Bedingung, von der Verwen¬
dung derartiger Aufschwemmungen zur Agglutination Abstand zu nehmen.
Die Zusammensetzung eines Agglutinationsreagens aus einer Bak-
terienaufschwemmung von Agarkulturen in der jederzeit konstauten
physiologischen Kochsalzlosung mit Zusatz eines unschadlichen Konser-
vierungsmittels diirfte die einfachste und beste sein, und das Formalin
hat sich hierzu in der Konzentration von 1 Proz. vorziiglich bewahrt und
bei keiner im Institut erprobten Bakterienart im Stiche gelassen.
Die Erfahrung lehrte jedoch, daB bei der Herstellung der Auf¬
schwemmungen einige Punkte zu berucksichtigen sind, welche der Er-
orterung wert erscheinen. Denn es ist nicht ganz gleichgiiltig fiir die
Erzielung brauchbarer Aufschwemmungen, ob man das Bakterienmaterial
direkt in fertiger Formalinkochsalzlosung aufschwemmt, oder zunachst
nur in Kochsalzlosung, und erst hierauf den Formalinzusatz
zur Abtotung und Konservierung bewirkt. Von Bedeutung ist die
Zusammensetzung des Nahrbodens, auf dem die Kultur gewachsen, sowie
die Auswahl geeigneter Stamme. Ferner ist die Konzentration der
Bakterien in der Losung ein Faktor, der demjenigen, der zum ersten
Male an die Selbstbereitung des Diagnostikums herangeht, zu deuken
geben muB. Schliefilich war es uneriaBlich, iiber das Verhalten derartiger
Aufschwemmungen beim Vergleich mit lebender Kultur und iiber ihre
Haltbarkeit Erfahrungen zu sammeln, um iiber die Brauchbarkeit ein
kritisches Urteil abgeben zu konnen.
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Sievert, Ueber Forinalin-Bakterienaufschwemmungen.
83
1. Der Zusatz des Konservierungsmittels.
GewiB ist raoglich, durch einfaches UebergieBen von Bakterien-
kulturen mit fertiger Formalinkochsalzlosung (1 Proz. Formalin, 0,85 Proz.
Kochsalz auf 100 Aq.) und nachheriges Umschiitteln das eine Oder andere
Mai Aufschwemmungen zu erzielen, die fur die makroskopische Agglu-
tinationsprobe — und diese ist fiir die Formalinkultur anzuwenden —
vollig brauchbar sind. Meist bleiben jedoch schon makroskopisch sicht-
bare Flockchen zuriick, die erst durch Filtration oder Absitzenlassen
und nachheriges Dekantieren der flockchenfreien Fliissigkeit beseitigt
werden miissen, und unter deni Mikroskop linden sich dann fast stets
noch kleine HSufchen, die von einem ungeiibten Auge fiir Agglutination
angesehen werden konnen, und ein auf eine andere Methode eingeiibter
Kritiker wird eine solche Aufschwemmung als nicht einwandfrei erklaren
und vielleicht die ganze Sache fiir unzweckmaBig verwerfen. Auch durch
sorgfaitiges Verreiben der Bakterien mit einer Platinose oder mit einem
Glasspatel auf dem Nahrboden (ohne ihn zu verletzen!) bezw. an den
Wandungen der benutzten Kulturgefafie kann man bei Verwendung der
fertigen Formalinkochsalzlosung nur schwer gute Aufschwemmungen
erzielen.
Besser ist es unter alien Umstanden, die Aufschwemmung der
Bakterien zunachst nur in Kochsalzlosung herzustellen, und erst, wenn
man sich nach langerem Umschiitteln durch Betrachtung einiger hangender
Tropfen von der vollig homogenen Verteilung der Bakterien iiberzeugt
hat, den Zusatz des Konservierungsmittels zu bewirken. Es werden dann
nicht inehr Bakterienkliimpchen in toto gehartet, sondern die Bakterien
werden einzeln in der Fliissigkeit vom Konservierungsmittel iiberrascht
und einzeln gehartet. Dieser kleine Kunstgriff (Priv.-Doz. Dr. P. S c h m i d t)
triigt wesentlich zur Gewinnung einwandfreier Bakteriensuspensionen bei,
indem er die Bildung mikroskopisch kleiner Kliimpchen, wie sie sonst
in Formalinaufschwemmungen oft zu beobachten sind, am nachhaltigsten
verhindert, auch wenn die Kultur bei langerem Stehen vollig sedimentiert.
Ein kraftiges Umschiitteln geniigt zur vollig homogenen Wiederverteilung
des Bakterienmaterials.
Die Abtotung ist bei 1-proz. Formalinzusatz nach Ablauf von
24 Stunden (meist schon viel friiher) sicher erfolgt, doch mochte auch
ich, wie Loele, hervorheben, daB man sich stets durch Ueberimpfen
einiger Tropfen auf Bouillon von der erfolgten Abtotung iiberzeugen
soil, ehe man die Kultur verwendet oder an andere abgibt, schon urn
den eventuell forensisch wichtigen Nachweis fiir die Abtotung in den
Handen zu haben.
Nach den Erfahrungen des Hygienischen Instituts soli man die Kultur
iiberhaupt nicht vor Ablauf von ca. 8—10 Tagen verwenden, da die frisch
hergestellte Formalinkultur im agglutinatorischen Effekt hinter der lebenden
zuriickbleibt.
2. DerNahrboden.
DaB der Nahrboden von EinfluB auf die Agglutinabilitat der Bakterien
sein kann, ist langst bekannt; doch soil hier der Vollstandigkeit halber
betont werden, dafi man gerade fiir die Herstellung einer Testauf-
schwemmung sich eines inoglichst indifferenten Nahrbodens konstanter
Konzentration bedienen muB. Vor allein auszuschalten sind alle starker
Alkali- oder Farbstoffe enthaltenden Nahrboden (Drigalski-Conradi-
Agar, Endo-, Malachitgriinagar etc.), ferner Blutagar, Serum, Gelatine.
G*
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84
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originale. Bd. 55. Heft 1.
Der gewohnlich gebr&uchliche, ganz schwach alkalische Laboratoriums-
agar {V/t —2 Proz. Agar, 0,5 Proz. Kochsalz, 0,5 Proz. Pepton) diirfte
fur die raeisten in Frage kommenden Bakterienarten (auBer fur Meningo-
kokken und Tuberkulose) der geeigneteste Nahrboden sein und wurde
von uns fiir die Bereitung der Aufschwemmungen ausschliefilich ver-
wandt. Hinsichtlich der Bebriitungstemperatur und des Alters der Ivultur
hat man, um Gleichheit der Resultate zu erzielen, an den von Kolle
gegebenen Vorschriften — 37° und 18—24-stiindige Kultur — im allge-
meinen festzuhalten.
3. Auswahl der Stamme.
Als besonders wichtiger Umstand ist ferner zu erwahnen, daB Stamme,
die zu Spontanverklumpung neigen, wie fiir die Probe mit lebender,
so besonders fiir die mit abgetoteter Kultur nicht zu verwenden sind.
Nach unseren Erfahrungen sind besonders Cholera-, Paratyphus B- und
Enteritidisstamme in dieser Beziehung einer genauen Priifung zu unter-
werfen. Eine sorgfaitige Auswahl der Stamme diirfte ein Haupterfordernis
zur Herstellung einwandfreier Aufschwemmungen sein. Suspensionen,
die bereits nach mehrtagigem Stehen trotz wiederholten energischen Um-
schiittelns Haufchenbildung unter dem Mikroskop erkennen lassen, sind
von der weiteren Verwendung auszuschlieBen.
4. Die Konzentration des Bakterienmaterials.
Eine weitere wesentliche Frage fur eine kritische Nachpriifung der
Formalinaufschwemmungen war die, welche Konzentration der Bakterien
man zu wahlen hat. Da die Agglutininbindung bekanntlich quantitativen
Gesetzen unterliegt, ist es notig, mit einem konstanten Bakterienmaterial
zu arbeiten, wenn anders man allerorts vergleichbare Agglutinationstiter
erhalten will.
Fiir praktische Zwecke, z. B. zur Orientierung, ob bei einem Patienten
Agglutination vorliegt oder nicht, mag es geniigen, die Dichtigkeit der
Aufschwemmung nach dem AugenmaB einzustellen, denn man erreicht
bei einiger Uebung leicht wieder den geeigneten Grad der Opaleszenz.
Will man eine exaktere Einstellung erzielen, so verteilt man vorteilhaft
den Bakterienrasen einer bestimmten Anzahl Agarrohrchen von an-
n&hernd derselben Nahrbodenoberflache auf ein bestimmtes Fliissigkeits-
quantum, z. B. 50 Rohrchen auf 500 ccm, um so mit Leichtigkeit nach
Verbrauch der ersten Menge die gewflnschte Konzentration wieder zu
erhalten und ganze Agarkulturen (z. B. 10 ccm = 1 Agarkultur) mit
der Pipette oder graduierten Injektionsspritze abmessen zu konnen, ein
Verfahren, wie dies von Pfeiffer und Kolle (17) fiir die Herstellung
des Typhusimpfstoffes angewandt worden ist. Auch von v. Lin gels-
heim (18), Burgi (19), Konrich (20), Gossner (21) und K6nig„
von denen sich die letzteren beiden auf die eingangs zitierte Arbeit
von Loele beziehen, sind ahnlich konzentrierte Formalinemulsionen fiir
die Untersuchung der Agglutination benutzt worden. Obige Konzentration
hat mir bei der Anstellung zahlreicher Agglutinationsproben und Tier-
versuche gute Dienste getan.
Will man ganz exakt in Anlehnung an die Kollesche Methode
arbeiten, so bleibt nur tibrig, Oese fiir Oese in das entsprechende
Quantum von Kochsalzlosung zu verreiben und dann Formalin zu-
zusetzen.
Da sich dies Verfahren fflr die Herstellung groBerer Mengen als
zu umstandlich erweist, habe ich schlieBlich in quantitativer Hiusicbt
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Si evert, Ueber Formalin-Bakterienaufschwemmungen.
85
vollig einwandfreie Aufschwemmungen mittelst Wagung von frischem
Bakterienmaterial hergestellt. Das Verfahren, welches sich auch fiir
Herstellung bakterieller Impfstoffe 1 ) recht gut eignen diirfte, stellt sich
folgendermaBen dar:
Mehrere groBe Drigalski-Schalen von 20 cm Durchmesser mit
genugend hartem (2-proz.) Agar werden mit Hilfe eines Drigalski-
Spatels mit dem betreffenden, vorher auf seine Reinheit gepriiften
Stamme beschickt. Nach 18—24-stilndigem Bebriiten (37°) wird der
gewachsene Rasen von Reinkultur mit Hilfe von Glasstreifen abgeschabt.
Letztere miissen an der der Kultur zugekehrten breiten Kante gut ab-
geschliffen sein, damit kein Nahrboden hangen bleibt. Bew&hrt haben
sich mir zu diesem Zwecke halb durchgeschnittene geschliffene Objekt-
trager. Diese schmalen Glasstreifen werden vorsichtig mit anatomischen
Pinzetten gehandhabt und mit anhaftender Bakterienmasse in ein leeres
Erlenmeyer-Kolbchen gegeben. Dann wird auf der quantitativen Wage
tariert. Die Differenz gegen das vorher festgestellte Nettogewicht s£mt-
licher Glasteile ergibt das Gewicht der Bakterien. Von zwei groBen
Drigalski-Platten erhalt man so mindestens 600—1000 mg Bakterien¬
material. Nunmehr erfolgt Zusatz einer bestimmten Menge Kochsalz-
lSsung je nach dem gewiinschten Bakteriengehalt der Fliissigkeit, so
daB man z. B. durch Zusatz von 500 ccm Kochsalzlbsung auf 1000 mg
Bakterien eine in 1 ccm =2 mg Bakterien enthaltende Aufschwemmung
erhalt. Das Erlenmeyer-Kolbchen wird mit einem Watte- oder
Gummipfropfen verschlossen, die Fliissigkeit bis zur vbllig homogenen
Verteilung des lebenden Bakterienmaterials geschiittelt. Diese Ver-
teilung ist nach ca. 1 / i Stunde Schiitteln bewirkt, wobei die im Erlen-
meye r-K61bchen befindlichen Glasstreifen als Melangeure wirken und
zur Homogenisierung beitragen. Erst nach vollig homogener Verteilung
der Bakterien erfolgt Zusatz des Konservierungsmittels unter wieder-
holtem Umschiitteln, um nicht durch konzentrierte Mengen desselben
Pseudoagglutination zu erhalten. Die Manipulation ist sehr einfach und
sauber und kann, abgerechnet von einigen unschadlichen Luftkeimen,
leicht mit der erforderlichen Sterilitat vorgenommen werden.
Fiir die Verwendung zur Agglutination ist zu beriicksichtigen, daB
man von den groBen Agarplatten trockeneres, dichter gedrangtes
Bakterienmaterial erhalt, als von schragen Agarrohrchen, in denen die
Kultur, weil durch niedergeschlagenes und herabflieBendes Kondens-
wasser benetzt, feuchter ist als auf den Platten, wo sich das Kondens-
wasser in groBen Tropfen an dem Deckel zu sammeln pflegt. Man kann
also 1 ccm Aufschwemmung = 2 mg abgewogene Bakterien von Platten
nicht ohne weiteres = einer 1 ccm-Probe nach Kolle setzen, bei der
man die Kultur mit einer genau geaichten 2 mg-Oese von schragen
Agarrohrchen entnimmt. Vergleiche ergaben, daB man die nach der
Wagemethode hergestellten Formalinaufschwemmungen um 1 / i mit Koch-
salzlosung verdfinnen muB, um dieselbe Konzentration wie bei der Probe
mit lebender Kultur nach Kolle zu erhalten.
Die Wagung scheint mir jedoch am leichtesten und sichersten die
Herstellung grbBerer Mengen einer Testkultur von quantitativ absolut
exakter Zusammensetzung zu ermoglichen.
1) Fiir den Menschen verwendet man wohl besser an Stelle des Formalins, wie
iiblich und erprobt, 0,5-proz. Phenol.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
5. Vergleich gegen lebende Kultur.
Eine groBere Anzahl von Parallelversuchen mit Immunseris (von
Typhus, Paratyphus A und B) und Patientenseris (letztere konnte ich
nur von Typhuspatienten erhalten) fiihrten nun zur experimentellen Be-
antwortung der Frage, ob die Probe mit Formalinaufschwemmung der
mit lebender Kultur gleichzusetzen ist.
Da die Probe mit lebender Kultur mit der 2 mg-Oese nacli Kolle
die exakteste Agglutinationsprobe darstellt, die es ermoglicht, die Re-
sultate an den verschiedensten Orten und mit dem verschiedensten
Bakterienmaterial auf eine bestimmte Einheit zu beziehen und nach-
zuprflfen, so habe ich diese Probe unter jeweiliger Verwendung der-
selben Bakterienst&mme und derselben Sera zum Vergleich mit den
nach der Wagemethode hergestellten, der Kolleschen Konzentration
entsprechenden Formalinaufschwemmungen benutzt.
Bei den Versuchsreihen mit abgetoteter Kultur wurde so verfahren,
daB bei jeder Einzelprobe mit der Pipette je 1 j i ccm einer Formalin¬
aufschwemmung von der doppelten Kolleschen Konzentration zu 1 / 2 ccm
einer Serumverdiinnung zugesetzt wurde. Letztere muBte doppelt so
stark sein, als dem gewiinschten Titer der Probe entsprach (z. B. 1 / i ccm
Serum 1:50 zu 1 / i ccm Kulturfliissigkeit = Titer 1:100). Die Schuellig-
keit der Aufstellung der Versuchsreihen mit abgetoteter Kultur bewies
eklatant einen groBen Vorzug gegeniiber der Aufstellung der Proben
mit lebender Kultur nach Kolle, bei denen jede Oese erst einzeln ver-
rieben werden muB.
Das Resultat hinsichtlich des agglutinatorischen Effekts war folgendes:
Die Priifung mit Immunseris ergab eindeutig denselben Endtiter bei
lebender wie bei abgetoteter Kultur. Bei Priifung mit Patientenseris
(von Typhuspatienten) 1 ) fand ich einige Male den Endtiter bei den
Formalinkulturen etwas geringer als bei lebender Kultur, doch ergab
die Reaktion so unzweideutige Resultate, daB die diagnostische Ver-
wendbarkeit der Formalinkultur nicht in Frage steht. Man hat eventuell
nur bei Verwendung der Kolleschen Konzentration eine etwas niedrigere
Titergrenze bei der Diagnose fur beweisend anzusehen, als bei lebender
Kultur (bei Typhusinfektion z. B. 1:50 statt 1:100). Diinnere Auf-
schwemtnungen, etwa die halbe Kollesche Konzentration, ergaben ab*
solut dieselben Resultate. Der Ablauf der Reaktion ist bei der Formalin¬
kultur etwas langsamer (nach ca. 4 Stunden bei 37° im Brutschrank ist
die Reaktion jedoch beendet), die Flockchenbildung etwas feiner als
bei lebender Kultur. Demgegen fiber stehen die groBen Vorteile, daB
man mit einem sofort gebrauchsfertigen, nicht infektifisen und lialt-
baren Diagnostikum arbeiten kann. Audi ist die Untersuchung bei
Zimmertemperatur sehr wohl angangig, nur muB dann beim Austitrieren
eines Serums eventuell l&nger (bis 24 Stunden) auf das Endresultat ge-
wartet tverden. Das Resultat war also, daB die Formalinkultur
hinsichtlich ihrer praktischenVerwendbarkeit hinterder
lebenden Kultur nicht zurflcksteht.
6. Haltbarkeit der Formalinaufschwemmungen.
Einige neuere Versuche mit Patientenseris haben mich davon fiber-
zeugt, daB das Alter der Aufschwemmungen der Verwendung derselben
1) Diese Sera wurden seinerzeit rlurch giitige Vermittelung des Herrn Prof. Dr.
Roily von den Herren der Mediziniechen Klinik bereitwiUigst zur Verfiigung gestellt.
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Sievert, Ueber Formalin-Bakterienaufschwemmungen.
87
gewisse Grenzen setzt. W&hrend die Verteilung der Bakterien in den
nach der Wfigemethode hergestellten Bakteriensuspensionen sich in den
meisten Proben iiber nunmehr ca. 2 Jahre als vollig homogen erwies
(kleine Zusammenballungen treten, da die Kulturen stets bei liingerem
Stehen sedimentieren, immer auf, konnen aber durch energisches Um-
schiitteln wieder verteilt werden), so zeigten Vergleiche zwischen diesen
2-jahrigen Aufschwemmungen und nur 1 / i Jahr alten (von Dr. Schmidt
hergestellten), daB die Agglutinabilitat der alten Aufschwemmungen nach
einem so langen Zeitraum erheblich nachgelassen hat. Und es muB als
Grundsatz aufgestellt werden. daB man nicht altere als 1-jahrige For¬
malinkulturen flir die Sicherung der Serumdiagnose verwenden darf.
Einjahrige Formalinkulturen haben mir seinerzeit noch beim Vergleich
mit lebender Kultur hinsichtlich der Agglutinabilitat durch Patientensera
fast durchgSngig die gleichen Resultate ergeben. MerkwQrdigerweise
zeigte sich bei dem Vergleich der Agglutinabilitat mit hochwertigem
Immunserum (von Typhus 1:15 000) kein Unterschied hinsichtlich der
Titerhohe bei 2-jahriger und 1 / 4 -j&hriger Kultur, ein Verhalten, fur das
eine plausible Erkl&rung nicht zu geben ist, zumal fur diese Versuche
derselbe Laboratoriumsstamm wie ftir die Patientensera zur Verwendung
gelangte.
Auf jeden Fall steht hiernach fest, daB die diagnostische Verwend-
barkeit der Formalinkulturen — in analoger Weise wie die bakterieller
Impfstoffe und Sera — keine unbegrenzte ist und diese Kenntnis er-
scheint zur Vermeidung diagnostischer Irrtiimer von wesentlicher Be-
deutung. Vielleicht sind einige absprechende Urteile, die dem Ficker-
schen Diagnostikum zuteil geworden sind, ebenfalls auf die Verwendung
zu alter Pr¶te zuriickzufiihren. Es macht sich also notwendig, die
Testaufschwemmungen in den Laboratorien etc. in regelm&Bigem Turnus
zu erneuern, und es ist zwecklos, allzu groBe Mengen derselben vorrStig
zu halten; auch wird besonders der praktische Arzt, der nicht haufig in
die Lage kommt, die Reaktion selbst anzustellen, gut tun, fiir seine
Praxis die beschrhnkte Haltbarkeit derartiger Praparate zu beriick-
sichtigen.
Hierdurch wird jedoch die allgemeine Brauchbarkeit der Formalin-
kultur schwerlich beeintrhchtigt, denn jedem, der damit gearbeitet hat,
werden die groBen Vorztige gegeniiber der lebenden Kultur bald unent-
behrlich werden. _
Die Art der Anstellung der Proben (Abmessung von Serum und
Kulturmaterial) ist an sich von untergeordneter Bedeutung, denn es ist
selbstverstandlich auf die verschiedenste Art mit Hilfe von Pipetten,
Biiretten, Tropfflaschchen etc., durch Zuhilfenahme groBerer oder kleiuerer
Eprouvetten oder Blockschalchen mQglich, zu den gewtinschten Titer-
bestimmungen fur die makroskopische Agglutinationsprobe zu gelangen.
Praktisch wichtig ist es indes, sich auf eine Methode einzuarbeiten, bei
der man sich mit kleinen Blut- oder Serummengen fiir die makroskopische
Agglutinationspriifung — ohne Zuhilfenahme des Mikroskops — begniigen
kann. Als besonders zweckmSBig zur raschen Verarbeitung groBerer
Versuchsreihen hat sich mir die von Loele (1. c. siehe Einleitung) em-
pfohlene Methode — Abmessung von Serum (oder von Blut direkt) in mittels
Glastinte empirisch geaichten Glaskapillaren und Verwendung kleiner
Eprouvetten von ca. 5 cm Lhnge und 0,4 cm lichter Weite — erwiesen.
Auch durch Verwendung geaichter Platinbsen zur Abmessung des Serums
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88 Ceutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiuale. Bd. 55. Heft 1.
und Zusatz der letzteren zu gleichmaGig mit Tropfflasche hergestellten
Kulturproben wird die rasche und sichere Verarbeitung kleinerer Serum-
mengen nach den Erfahrungen der bakteriologischen Untersuchungsstelle
des Leipziger Hygienischen Instituts vorziiglich gewahrleistet.
Hat man geniigende Mengen von Serum zur Verfiigung, so kann
man sich zur Erzielung exakter Vergleichsresultate an die oben be-
schriebene Pipettenabmessung in Anlehnung an die Kollesche Probe
(V 2 ccm Kulturfliissigkeit, y 2 ccm Serumverdunnung) halten.
Die Moglichkeit der Herstellung groBer Formalinkulturmengen kommt
auch, wie eingangs angedeutet, sehr bei der Behandlung von Tieren zur
Herstellung agglutinierender Sera zustatten. AuBer in der Arbeit von
Loele 1. c. babe ich der Verwendung formaliuabgetSteter Kulturen zu
diesem Zwecke mehrfach Erwahnung gefunden, so im Lehrbuche von
Kolle-Hetsch, sowie auch in einer Abhandlung von Rosentha 1 (23),
welch letzterer durch subkutane und spater anschlieBende intravenose
Darreichung derartiger Kulturen von Typhus bei seinen Kaninchen Titer
bis auf 1:20000 und 30000 erzielte. Letztere Arbeit ist mir leider,
da an einer schwer zuganglichen Stelle publiziert, erst nach AbschluB
meiner Tierversuche bekannt geworden. Ich habe mich auf die sub¬
kutane Applikation beschrankt, wie sie mir am Hygienischen Institut
zu Leipzig iiberliefert worden ist.
Die Literatur der Immunisierung mit abgetSteten Bakterien ist ge-
niigend bekannt und in den Handbiichern der Bakteriologie leicht auf-
zufinden. Von den verschiedenen Applikationsweisen des Bakterien-
materials: subkutan, intravenos, in serose Hohlen, intrapulmonal, durch
Verfuttern, Verreiben in die Haut etc. haben auBer fiir ganz besondere
Zwecke praktische Bedeutung fiir die Herstellung agglutinierender Sera
nur die subkutane und die intravenose Injektion behalten, und vor-
nehmlich die letztere hat sich bei Verwendung hitzeabgetoteten
Bakterienmaterials, das man in physiologischer Kochsalzlosung auf-
schwemmt, als besonders geeignet zur Erzielung holier Titer erwiesen,
wie dies von Pfeiffer und Ivolle, Hetsch und Lentz (24) dar-
getan worden ist. Wenn man dennoch der Injektion mit formalin-
abgetoteten Kulturen das Wort reden darf, so ist dies durch einige Vor-
teile begrtindet, die diese Methode vor anderen voraus zu haben scheint:
1) die auBerst bequeme Herstellung des Injektionsmaterials;
2) die Moglichkeit, mit einer jederzeit gebrauchsfertigen, sterilen
und gut konservierten Injektionsfliissigkeit derselben Konzentration und
Herkunft arbeiten konnen;
3) die Tatsache, daB diese Injektionen von den Versuchstieren relativ
gut vertragen werden;
4) die Moglichkeit, auch auf diese Weise brauchbare Laboratoriuin-
sera von kleinen Versuchstieren innerhalb 3 bis spStestens 4 Wochen
zu erzielen, bei Kaninchen Titer von 1 zu mehreren Tausend, Titer
also, die fiir die gewohnlichen Laboratoriumszwecke zur Differenzierung
pathogener Keime als vollkommen geniigend angesehen werden konnen.
Zur Verwendung gelangen am besten groBe ausgewachsene Kaninchen
von ca. 3000 g. Die Injektionen wurden, wie fiir die subkutane Appli¬
kation iiblich, in die Riicken- oder Nackenhaut, in 5- bis 10-tagigen Inter-
vallen vorgenommen.
Wahrend geringe Injektionsdosen etwa bis zu V 5 Agarkultur keinerlei
beraerkenswerte StSrungen im Verhalten der Tiere erkennen lassen, be-
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Sievert, Ueber Formalin-Bakterienaufschwemmungen.
89
obachtet man bei Injektion von ca. x /» Agarkultur aufw&rts an, je nach
der Giftwirkung des Bakterienstammes, verminderte FreBlust und Apathie,
bei wiederholten Injektionen manchmal starke Abmagerung, in einzelnen
Fallen sogar Lahmungserscheinungen, die entweder plotzlich offenbar
infolge von Embolieen — oder allmahlicher, wohl infolge toxischer
Neuritiden bezw. Riickeumarkslahmungen, auftreten konnen.
Fast immer findet man nach Ablauf von 3—4 Wochen beim lebenden
Tier an den Injektionsstellen mehr oder minder starke Infiltrate und
flachenhafte Hautadhasionen, zuweilen bis talergroBe, runde umschriebene
nekrotische Hautstellen; nach AbstoBung dieser Nekrosen blieben reak-
tionslos verheilende trockene Granulationsmassen und schlieBlich feste
Narben mit Haardefekten zuriick. Nicht ein einziges Mai habe ich bei
meinen Tieren AbszeBbildung beobachtet. Totet man die Tiere und
h&utet sie ab, so finden sich an den Injektionsstellen, auch noch nach
langer Zeit, in Resorption begriffenes nekrotisches Gewebe und Haut-
suggilationen, die die Injektionsstellen in charakteristischer Weise an-
zeigen. Bei allmahlichem Anstieg der Injektionsdosen bezw. offerer
Wiederholung groBer Dosen treten geringere Storungen des Allgemein-
befindens auf, als bei sofortigem Beginn mit hohen Dosen. Die besten
Titer erzielt man anscheinend bei Beginn mit einer halben oder ganzen Agar¬
kultur und allmahlicher Steigerung auf mehrere Kulturen in ca. 8-tagigen
Intervallen. Zwei bis dreimalige Injektion geniigt meist zur Erzielung
brauchbarer Titer. Kleine Mengen sind entschieden zu widerraten, wenn
ich auch einmal nach einer einzigen Darreichung von nur V 2 o Agarkultur
innerhalb von 15 Tagen ein Serum von 1:2000 erzielte. DaB haufig
individuelle Schwankungen in der Reaktionsfahigkeit einzelner Tiere,
selbst bei Geschwistertieren, vorkamen, ist analog den in der groBen
diesbeziiglichen Literatur fflr anderes Injektionsmaterial niedergelegten
Erfahrungen erklarlich. Ein genereller Unterschied gegen die Wirkung
anderer Immunisierungsmethoden war, wie zu erwarten, bei der Injektion
mit Formalinaufschwemmungen nicht festzustellen.
Es sei hier nur noch darauf hingewiesen, daB fur die Herstellung
von Testseris eine moglichst t&gliche Kontrolle des Titers der Ver-
suchstiere nbtig ist, um die gewiinschten hohen Titer bei dem even-
tuellen raschen An- und Absteigen der Kurven nicht zu ubersehen.
Die Erfahrungen von Rosenthal (1. c.) ermutigen dazu, auch die
intravenose Darreichung von Formalinkulturen bei Versuchstieren zu
demselben Zwecke zu benutzen. Eine Nachpriifung, insbesondere ob die
intravenose Applikationsweise nicht zu groBeren Tierverlusten fuhren
wfirde, habe ich aus Zeitmangel nicht mehr anstellen konnen. Esistjedoch
wahrscheinlich, daB man bei der intravenosen Darreichung leichter zu
hbheren Titern gelangt, als mit Hilfe der subkutanen Injektion, und daB
man sich bei alien Bakterieninjektionen, die eine stbrende hohere Mit-
agglutination verwandter Bakterien (vor allem Gruppenreaktion bei der
Typhus-Coli-Gruppe) im Gefolge haben konnen, der intravenosen Methode
auch bei Formalinkulturen mit noch besserem Erfolge bedienen wird,
als der subkutanen Applikation [vgl. die von Lentz (25) u. a. ge-
wonnenen Resultate fQr hitzeabgetotete BakterienJ.
Zur l&ngeren Konservierung von Seris oder Serumver-
dflnnungen eignet sich das Formalin nach meinen Erfahrungen nicht.
Hierfiir ist das Karbol (0,5-proz.) zu empfehlen, und ich bin auf Grund
mehrfacher Versuche in der Lage, die in dieser Hinsicht von H a e n d e 1 (26)
gewonnenen Resultate zu bestatigen.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Die vorstehenden Mitteilungen beabsichtigen, das Interesse der Unter-
suchungsSmter und Institute, der beamteten Aerzte und aller derjenigen
Aerzte, die sich der Miihe einer leicht ausfiihrbaren Agglutinationstechnik
unterziehen wollen, erneut auf die praktischen Vorteile der Formalin-
bakterienaufschwemraungen in physiologischer Kochsalzlosung zu lenken,
nachdem in letzter Zeit bereits eine Anzahl Beobachter (Biirgi und seine
Schuler, Lingelsheim, Konrich, Gossner, Konig u. a., 1. c.) auf
dieselben zuruckgekommen sind.
Die Moglichkeit einer quantitativ genaueren Zusamraensetzung in
Annaherung an die Kollesche Probe, sowie die dargelegten Erfahrungen
hinsichtlich der Herstellung und Haltbarkeit dieser Testkulturen diirften
dazu beitragen, der gedachten Methode mehr Freunde zu erwerben, als
sich bisher in der Literatur zu erkennen gaben. Die Untersuchungs-
amter wiirden sich derselben zweckmaBig an Stelle der Probe mit lebender
Kultur bedienen, um rasch und sicher zu Resultaten bei grofieren Ver-
suchsreihen zu gelangen. Die Methode eignet sich vor allem zu Massen-
untersuchungen, bei denen der Preis eines Diagnostikums eine Rolle
spielt, z. B. zur Feststellung von Typhusbacillentragern in Gefangenen-
und Irrenanstalten, beim Militar, wo die Isolierung von Bacillentragern
zu einer wichtigen Aufgabe der Anstalts- bzw. Kasernenhygiene gehort.
Die Methode eignet sich fiir die Schiffsarzte und Tropenarzte in gleicher
Weise und durfte von letzteren auf ihre Verwendbarkeit auch fiir die
heiBeren Klimate leicht auszuproben sein.
Herr Privatdozent Dr. P. Schmidt hat mich veranlaBt, die Methode
besonders fiir militararztliche Zwecke zu empfehlen. Ware es doch ein
leichtes, die Lazarette von der Zentrale einer grofieren bakteriologischen
Station aus unter sehr geringen Kosten mit derartigen Aufschwemmungen
auszustatten. Im bakteriologischen Fasten und im tragbaren bakterio¬
logischen Laboratorium der Heeres-Sanitatsausriistung diirften ebenfalls
solche aus einwandfreien Stammen hergestellte Kulturen (von Typhus,
Paratyphus A und B, der Haupttypen des Bact. enteritidis, Dys¬
enteric Shiga-Kruse und Flexner, Meningokokken, Cholera) leicht
unterzubringen und fiir Kriegszwecke vorteilhaft zu verwenden sein.
Herrn Geheimen Medizinalrat Prof. Dr. Hofmann erlaube ich mir
fiir die Erlaubnis zur Benutzung der Institutsmittel, Herrn Privat-
dozenten Dr. P. Schmidt fur seine freundliche Unterstutzung bei den
Untersuchungen meinen ergebensten Dank zu sagen.
Literatur.
1) Widal et Sicard, La reaction agglutinante sur les bacilles morts. (Compt. rend.
Soc. Biol. 1897; ref. Baumgartens Jahresber. 1897. p. 361.)
2) Koch, R., Ueber die Agglutination der Tuberkelbacillen etc. (Deutsche med.
Wochenschr. 1901. p. 829.)
3) Roily, Zur Diagnose des Typhus abdominalis. (Munch, med. Wochenschr. 1904. p. 1041.)
4) Aaser, Ueber die makroskopische Agglutinationsprobe beim Typhoidfieber. (Berlin,
klin. Wochenschr. 1905. p. 256.)
5) Stiihlinger, Ueber einen Ersatz der lebenden Bakterienkulturen zur Beobachtung
des Agglutinationsphanomens. (Arbeiten aus d. Kaiserl. Gesundheitsamt. 1906.)
6) Proscher, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Bd. 31. p. 400.
7) Rudiger, Journ. of infect, dis. Chicago 1904. Vol. 1. p.236; ref. Baumgartens
Jahresber. 1904. p. 383.)
8) Lion, Die Methoden zur Ausfuhrung der Gruber-Widalschen Reaktion. (Munch,
med. Wochenschr. 1904. p. 908.)
9) Falta und Noeggerath, Deutsch. Arch. f. klin. Med. 1905.
10) Marx, E., Ueber eine Paratyphus B-Epidemie im Inf.-Regt. Hessen-Homburg No. 166.
(Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Grig. Bd. 48. 1909. p. 29.)
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Kayser, Neuere Methoden des Tuberkelbacilleunachweises.
91
11) Hilgermann, Klin. Jahresber. Bd. 18. 1908.
12) Geisse, Ueber den Wert von Tvphusbacillen-Misch bouillon zur Serodiagnose dee
Typhus. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 48. p. 517.)
13) Loele, Ueber das Verhalten von Blutserum nicht an Typhus verstorbener Personen
f geniiber der Widalschen Reaktion. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 49. p. 629.)
isen berg und Volk, Untersuchungen fiber die Agglutination. (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. 40. p. 155.)
15) Eisen berg, Weitere Untersuchungen fiber den Mechanismus der Agglutination
und Prazipitation. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 41. 1906.)
16) Joos, Untersuchungen fiber den Mechanismus der Agglutination. (Zeitschr. f. Hyg.
1901. p. 422.)
17) Pfeiffer und Kolle, zit. in Kolle und Hetsch, Lehrbuch „Die experimentelle
Bakteriologie und die Infektionskrankheiten“ 1908.
18) v. Lingelsheim, Die bakteriologischen Arbeiten der Kgl. hygienischen Station zu
Beuthen (O.-Schl.) wahrend der Genickstarre-Epidemie in Oberschlesien im Winter
1904/05. (Klin. Jahrb. Bd. 15. 1906. p. 84.)
19) Bfirgi, Die Bakterienagglutination normaler Sera. (Arch. f. Hyg. Bd. 62.1907. p.239.)
20) Kon rich, Ueber den EinfluG von Warme und Zeit auf den Ablauf der Agglutination.
(Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 48. 1908. p. 92.)
21) Gossner, Eine einfache und bequeme Agglutinationsprfifung durch den praktischen
Arzt mit gefarbten Praparaten. (Deutsche med. Wochenschr. 1907. p. 1003.)
22) Konig, Zur Frage der Fleischvergiftung durch den Bacillus paratyphi B. (Centralbl.
f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 50. 1909. p. 129.)
23) Rosenthal, Versuche fiber die Erzeugung hochwertiger Agglutinationssera und
fiber die Beziehungen zwischen Bakterien und Agglutination. (Sitzungsberichte d.
physikal.-med. Soz. Erlangen. H. 36. 1904; s. auch Ref. im Centralbl. f. Bakteriol.
Abt. I. Ref. Bd. 26. 1905!)
24) vgl. Paltauf, Die Agglutination. (Handbuch von Kolle-Wassermann. 1904.)
25) v. Lentz, Immunitat bei Typhus. (Handbuch von Kolle-Wassermann. 1904.
IV. 2. p. 878.)
26) Haendel, Ueber die Konservierung agglutinierender Sera. 2. Tagung der freien Ver-
einigung ffir Mikrobiologie in Berlin 1908. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Ref. Bd. 42.
1909. p. 171.)
Nachdruck verboten.
Vergleichende Untersuchungen mit neueren Methoden
des Tuberkelbacillennachweises.
[Aus der bakteriologischen Abteilung der hygienisch-chemischen Unter-
suchungsstelle beim Sanitatsamt XIV. Armeekorps Karlsruhe i. B.
Von Stabsarzt Dr. Heinrich Kayser.
Als vor tiber Jahresfrist Uhlenhuth 1 ) und seine Mitarbeiter mit
der Antiforminmethode zum Nachweis von Tuberkelbacillen auf
den Plan getreten waren, haben wir mit dem Material unserer Abteilung
sofort Versuche fiber die Brauchbarkeit des Antiformins zu Sedimentie-
rungszwecken begonnen. Dazu gesellten sich vergleichende Farbe-
versuclie mit verschiedenen neu beschriebenen und als besonders
zuverlfissig gepriesenen Farbemethoden.
In ausgiebiger Weise haben wir nach Ziehl-Neelsen, nach
Gasis 2 ), nach Hermann 3 ), spfiter auch nach Hatano 4 ) und Much-
Weiss 5 ) gefarbt.
1) Arbeiten a. d. Kais. Ges.-Amt. Bd. 32. 1909 und a. a. O.
2) Gasis, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 50. 1909. p. 111.
3) Hermann, Annales de l’lnst Pasteur. T.22.1908. No. 1, und Caan, Centralbl.
f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 49. 1909.
4) Hatano, S., Berlin, klin. Wochenschr. 1909. No. 37.
5) L. Weiss-Aluch, Berlin, klin. Wochenschr. 1909. No. 40.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 1.
Da nach Lage der Dinge fiir derartige Untersuchungsreihen zurzeit
ein besonderes Interesse besteht, seien die gemachten Erfahrungen kurz
mitgeteilt.
Mit Antiformin untersuchten wir vor allem Sputa. Auf
100 Sedimentierungen traf sich 5mal der Fall, daB bei ergebnis-
losen einfachen Farbungen allein der Bodensatz der Anti-
forminprobe ein positives Resultat gezeitigt hat. — Von den
anfanglich vorgeschlagenen 2—4-proz. Antiformin - Sputum - Mischungen
sind wir sehr schnell abgekommen, da die Homogenisierung bei stark
schleimigen und geballten Sputis ebenso wie die Bakterienauflosung
ungeniigend ist.
Wir benutzen jetzt nur noch 20-proz. Antiformin-Sputum-
Gemische, welche wir entweder fiber Nacht im Becherspitzglas sedi-
mentieren lassen oder sofort V 2 Stunde lang scharf zentrifugieren. Nach
1—2maligem Auswaschen des Bodensatzes haften die Ausstriche, wenn
sie trocken fiber der Flamme fixiert werden, vorzfiglich. Die „An-
reicherung“ der Tuberkelbacillen ist eine regelm&Big zu beobachtende
Erscheinung. Zur Ffirbung hiernach eignet sich besonders die Her-
mannsche Art (s. u.).
In dem 20-proz. Antiformingemisch bleiben gelegentlich einzelne
Bakterien, welche keine Tuberkelbacillen sind, sowie besonders Mikro-
kokken tagelang gut farbbar erhalten.
Zur Stuhluntersuchung rfihrten wir einleitend einen dflnnen
Brei der zu prtifenden Massen an; hierzu wahlten wir die obersten
Schichten der Kotballen. Diese erbsensuppenartige Verdfinnung wurde
mit 20-proz. Antiformin versetzt.
Die Exsudate der Korperhohlen bilden, mit Antiformin ver-
mischt, keine Gerinnungsflocke, was ein Ausschleudern etwa vorhandener
Tuberkelbacillen auBerordentlich erleichtert.
So ist bei uns das Antiformin unter die regelmaBig benutzten Unter-
suchungsmittel eingereiht worden, da es sich sehr bewahrt hat.
Bei den vergleichenden Fiirbeversucheii bemfihten wir uns,
vor allem durch eine innige Mischung der verwandten Sputum-
teilchen mittels Zerquetschen und Zermahlen zwischen glatten Flachen,
wirklich vergleichsfahige Ausstriche ein und desselben Mate-
riales zu erhalten. Dies gelang uns auch, wie Kontrollzahlungen an
mehreren nach gleicher Art geffirbten Praparaten desselben Auswurfs
ergaben.
Zum Ausgang aller Farbungen benutzten wir die bekannte Ziehl-
Neelsensche Methode. — Die ausgiebigsten Ziehlschen Farbungen
erzielt man, wenn moglichst schonend entfarbt wird. Letzteres ist
aber nur bei recht dfinn und dabei gleichmaBig aufgetragenem Material
ausffihrbar. Eine 5-proz. Schwefelsaure z. B. darf nur 2—3 Sekunden
wirken, und vom Salzsaurealkohol heiBt es ebenfalls, nur den ebeu
notigen Gebrauch machen! Bei zu energischem Entffirben kann man
(wie wir durch Zahlungen nachgewiesen haben) die Bilder vieler
Tuberkelbacillen vollig zumVerschwinden bringen. Aelin-
liche Beobachtungen sind ja auch gelegentlich von anderer Seite mit
anderen Ffirbungen gemacht worden.
Vor der alten Ziehlschen Farbung hatte die neue Gasis-
Methode (verstarkte Eosin-Quecksilberchlorid-Tingierung, EntBirbung
in Natronlauge-Kaliumjodid und Alkohol), was die Zahl der in die
Erscheinung tretenden Keime anlangt, bei unseren Versuchen nichts
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Kayser, Neuere Methoden des Tuberkelbacillennachweises.
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voraus. Nur koramen, worin wir Gasis, Berger 1 ) u. a. zustimmen,
die feineren Strukturbilder der Tuberkelbacillen haufig wesentlich
detailreicher als nach Ziehl-Neelsen zur Darstellung. — Gerade bei
der Gasis-Farbung muB das Entfarben sehr schoneud betrieben werden,
denn die fl Alkalifestigkeit tt der Tuberkelbacillen ist nur eine bedingte.
Auch nach S. Hatano und Much-Weiss (=Gram und Ziehl
kombiniert) haben wir bisher keine wesentliche Zunahme der positiven
Resultate gegentiber der vorsichtig ausgefiihrten Ziehlschen Methode
beobachtet. Dagegen erzielten wir mit der unten naher zu er-
wahnenden Hermannschen Tingierung meistens 2 — 3 —10-
mal so viel vollig gef&rbte Tuberkelbacillen, als nach
Hatano, sowie nach Much und Weiss. Allerdings sind Granula-
farbungen von Tuberkelbacillen nach Hatano, Much 2 ) und Weiss
auBerordentlich ergiebig und schon. Aber es ist wohl nicht angangig,
aus PrSparaten, die nur Muchs Granula zeigen, regelmaBig glatt die
Diagnose auf das Vorhandensein von Tuberkelbacillen zu stellen. In
der Beurteilung von Granulabefunden, deren Bedeutung an-
fangs Qberschwenglich betont wurde, ist hfiufig groBe Vorsicht geboten.
Es kbnnen, besonders bei Mischinfektionen, nach Gram positive St&b-
chen und Kokken bedeutend storen. — Damit befinden wir uns in
Uebereinstimmung mit Weyrauch 3 ) und anderen neueren Unter-
suchern. — Einige Sicherheit gewBhrt ja die Benutzung des Antiformin-
gemisches; doch auch in diesem bleiben einzelne Kokken gelegentlich
vollst&ndig erhalten — wie wir beobachteten, bis zu 3 Wochen lang (!)
in 20-proz. Gemisch.
Wir spritzten 2 Tieren lediglich Granulaformen-haltiges Sputum
ein, ohne sie damit tuberkulbs zu machen — einmal jedoch gelang uns
dies. — Klinisch verlief der Fall, von welchem der letzterwahnte Aus-
wurf stammte, bisher sehr leicht.
Uebrigens haben wir nach Much und nach Hatano sehr schone
Formen freier Granula und solcher in s&urefesten Bacillen
nachgewiesen, die aus dem Innern von Trompeten stammten,
und welche sicher keine Tuberkelbacillen waren. Jacobitz
und ich 4 ) haben diese St&bchen kflrzlich naher beschrieben.
Zum Schlusse kommen wir eingehender auf die Farbemethode,
welche sich uns ganz besonders bewahrt hat. Sie ist von
Caan 1909 im 49. Bd. dieses Centralbl. p. 641 ff. beschrieben und dort
in ausreichender Weise ihrer Literatur, besonders der ersten Angaben
Hermanns gedacht.
Die Praparate werden in einer frisch bereiteten, filtrierten Mischung
von 3 Teilen einer 1-proz. Ammonium-Karbonat-Lbsung und 1 Teil
3-proz. Kristallviolett (in 96-proz. Alkohol gelbst) erhitzt, einige Sekunden
in 10-proz. Salpeters&urelosung und dann in 96-proz. Alkohol entfarbt.
Ich habe dann iiberhaupt nicht nachgefarbt, weil so die tief-
violetten Tuberkelbacillen am schonsten sichtbar sind.
1) Berger, Karl (bei Frosch), dieses Centralbl. Abt I. Orig. Bd. 53. Heft 2
(nach AbschluS dieser Arbeit erschienen).
2) Much, Beitrag zur Klinik der Tuberkulose. 1907.
3) Wevrauch, Zeitschr. f. Tuberkul. Bd. 14. 1909. Heft 6; Centralbl. f. Bakteriol.
Abt I. Eef. Bd. 45. Heft 1/2 u. Bd. 46. Heft 1/2.
4) Jacobitz u. Kayser, Heinr., Saurefeste Bacillen in Blasinstrumenten und
deren Bedeutung fiir die Diagnostik. (Munch, med. Wochenschr. 1910.) (Im Erscheinen
begriffen.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
Soil eine Gegenfarbung folgen, so ist Vesuvin, kurz angewandt, am
geeignetsten.
In etwa 8 Proz. unserer sich auf iiber 300 Tuberkulosesputapraparate
erstreckenden Untersuchungen waren Tuberkelbacillen nur nach Her¬
mann nachweisbar, nicht mit den anderen Farbungen. Die Tuberkel¬
bacillen wurden fast stets viel zahlreicher in den Hermannschen
Pr¶ten als in alien iibrigen gefunden. — Ganz besonders uberlegen
erwies sich die letztgenannte Methode den anderen bei der Verarbeitung
von Tiermaterial, z. B. Milzsaft tuberkuloseverd&chtiger Meer-
sch weinchen.
Mit der Kristallviolett - Ammoniumkarbonat-Tingierung sind auch
schone Bilder von Granula-ftihrenden Tuberkelbacillen zu erhalten.
Meistens erzielt man allerdings voll gef&rbte Tuberkelbacillen.
Wir sind auf Grund unserer Erfahrungen dahin gekommen, alle
auf Tuberkelbacillen zu prflfenden Ausstriche sowohl
nach Ziehl, als auch nach Hermann (ohne Gegenfarbung)
zu untersuchen. Nebenbei ziehen wir das 20-proz. Anti-
formingemisch zur Sedimentierung heran.
Auf diese Weise entgingen die Tuberkelbacillen, wie kontrollierende
Tierimpfungen ergaben, unserer Beobachtung beim FSrbeversuch nur
sehr selten.
Nachdruck verboten.
Ueber einen eigenartigen, bei einigen Mikrobien durch
die Tuscbe dargestellten Baubefund.
[Aus dem Hygienischen Institut der Kgl. Universitat zu Turin (Direktor
Prof. L. Pagliani).]
Von Dr. Giuseppe Sangiorgi, Assistenten.
Mit 1 Tafel.
(Vom Verfasser ins Deutsche iibertragen.)
Beim Versuche der Darstellung der TyphusbacillengeiBeln durch die
Tusche (Burris Tuscheverfahren) bemerkte ich, daB der helle Raum, der
bei dieser Methode gewohnlich das negative Gebilde des Keimes zum
Vorschein bringt, von einem Einschlusse unterbrochen war, der durch
seine unerwartete Anwesenheit bei der grofiten Anzahl der Exemplare
des mikroskopischen Feldes schon auffiel. Dieser EinschluB stellte sich
als ein regelmaBiges, ununterbrochenes, fast immer einzelnes Gebilde
dar, welches dieselbe Nuance wie der Boden des Pr¶tes besaB,
und dadurch vom hellen Leibe des Keimes abstach. Im Zweifel daruber,
ob es sich nicht bloB um eine Besonderheit des B. typhi handelte und
durch die Einfachheit der Methode gereizt, die mich vor eventuellen
Artefakten schfltzte 1 ), dehnte ich meine Versuche auf alle pathogenen
1) Die Deckglaschen-Auflstrichpraparate werden bei diesem Verfahren mit einem
Tuachetropfen (Griibler u. Co. Leipzig) in der Losung 1:9 behandelt, in der Weiae,
daB die Tusche gleichfSrmig auf den Ausstrich verteilt wird. Nach Trocknen werden
dieselben sogleich untersucht Oder zur Gewinnung von Dauerpraparaten in Kanada-
balsam gelegt.
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Sangiorgi, Ueber einen eigenartigen Baubefund.
95
und nicht-pathogenen Keime der Sammlung unseres Institutes aus. In
der Tat konnte ich die Erscheinung leicht bei den folgenden Keimen zur
Darstellung bringen: Bac. typhi, Bacterium coli, ParatyphusA,
Paratyphus B, B. dysenteriae Shiga, Pestbacillus, Micrococcus
melitensis, Pyocyaneus, Prodigiosus. Die Form des Gebildes
ist bald zylinderartig rundlich (Gruppe Coli), bald ovoidal (Prodi¬
giosus, Pyocyaneus, Pestbacillus), bald kugelrund (Melitensis).
Was die GroBe anbelangt, so ist das Gebilde, wenn man vom
Micrococcus melitensis absieht, bei dem es sich als ein kleiner,
kugelrunder, in der Mitte des Keimes befindlicher Punkt darstellt, bei
den anderen Exemplaren ziemlich groB im Verh<nis zu dem ganzen
Umfange des Keimes; es entsteht dadurch, daB der peripherische, ge-
bildefreie Teil desselben als ein zarter, heller, kapsel&hnlicher Saum
hervortritt (siehe Tafel Mikrophotographieen 1—2).
Davon, daB es sich urn ein im Inneren des Keimleibes enthaltenes
quid handelte, konnte ich mich bald dadurch iiberzeugen, daB ich die
frfiher mit Tusche behandelten Pr¶te mittelst der gewbhnlichen
Anilinfarbungen nachfarbte. In diesem Falle entsprach der in toto ge-
farbte Keim der Form und GroBe nach genau jenem hellen Raume, der
negativerweise an die Anwesenheit des Keimes erinnert, und auf dessen
Darstellung sich gerade das charakteristische W'esen des Tuscheverfahrens
grtindet.
Nachdem das Gebilde bei den obenerwahnten Keimen festgestellt
war, dehnte ich meine Versuche weiter aus, um zu sehen, ob es eventuelle
VerSnderungen durch Natur und Alter der Nahrboden, der chemischen
Reagentien und die Lebensf&higkeit der Keime erlitte.
Die Ergebnisse dieser Versuche teile ich im folgenden mit:
1) Die Natur des NShrbodens (ob fliissig Oder fest) ist indifferent
fur die Darstellung des Gebildes.
2) Man kann dasselbe bei einer viel groBeren Anzahl von Keimen
aus 16—24 Stunden alten Kulturen als bei den aus 30—60 Tagen alten
Kulturen zur Darstellung bringen.
3) Essigs&ure und NOH (1:1000) iiben bei 37 °C schon nach einer
halben Stunde einen ungiinstigen EinfluB aus; dagegen ist die Losung
1:10000, 1:100000 indifferent.
4) Die durch Sieden getoteten Keime lassen schon kurz nach ihrem
Tode absolut keine Spur des Gebildes mehr erkennen. Es liegt deshalb
auf der Hand, daB es sich um ein an das Alter und die Lebensfahigkeit
ties Keimes uberhaupt gebundenes quid handelt, wahrscheinlich um einen,
durch diese Methode differenzierten Teil des Keimleibes (kernahnliches
Gebilde? Entoplasma in Zettnows Sinne? Vakuole?), iiber dessen
Wesen ich mich nicht mit Sicherheit entscheiden kann 1 ). Jedenfalls
halte ich es aber fur richtig, auf die Besonderheit des durch diese sehr
einfache, artefaktenlose Methode erhaltenen Befundes hinzuweisen. Die
Tuschemethode findet so auf dem Gebiete der Mikrobiologie auBer der
schon bekannten Verwendbarkeit zur Herstellung von absoluten Rein-
kulturen, zum Spirochatennachweis und zu manchen mikrobioskopischen
Zwecken (Burri, Das Tuscheverfahren. Jena (G. Fischer) 1909; Hecht
1) Fein berg (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 27. 1900) differenzierte durch
eine geeignete Modifikation der Rom anowskyschen Farbungsmethode im Leibe von
B. typhi und Bacterium coli ein Gebilde, das der Form und Gr66e nach dem
T on nnr durch die Tusche dargestellten sehr ahnlich ist. Der Verf. halt dieses Gebilde
fur ein kernahnliches.
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Ceatralbl. f. Bakt. etc. I Abt. Originate. Bd. 55. Heft 1.
u. Wilenko, Wien. klin. Wochenschr. 1909; Gins, Centralbl. f. Bakt.
Abt. I. Orig. Bd. 52. 1909) noch eine andere Verwendung zum Studium
des feinen Baues der Mikroorganismen.
Zusatz wahrend der Korrektur:
Die Arbeit von Herrn Dr. F. Eisenberg, „Studien zur Ekto-
plasmatheorie, III. Abh.“ (Centralbl. f. Bakteriol. Orig. Bd. 53. Heft 5.
p. 481—485) ist im vergangenen M&rz zu meiner Kenntnis gekommen,
als schon dieser Artikel bei der Redaktion war. Es freut mich, hinzu-
weisen, daB der eine unabhangig vom anderen dieselben Ergebnisse
erhalten hat; ich stimme ganz rait ihm darin iiberein, daB wir es wahr-
scheinlich mit einem ektoplasmatischen Saum um den durch die Tusche
differenzierten zentralen Teil des Keiraleibes (Entoplasma) zu tun haben.
Tafelerkl&rung.
Fig. 1. Typhusbacillus aus einer 16 Stundeu alten Agarkultur (Koristka Obj.
7n Apochr. Ok. 8 komp.).
Fig. 2. B. prodigiosus aus einer 24 Stunden alten Bouillonkultur (Koristka
Obj. t / lt Apochr. Ok. 8 komp.).
Die Herren Jlitarbeiter werden hdflichst gebeten, bereits fertig-
gestellte Klischees — falls solche mlt den Manuskripten abgeliefert
werden — nlcht der Redaktion, sondem dlrekt der Yerlagshand-
lung Gustav Fischer in Jena einzusenden.
Inhalt.
Babes, V., Ueber die Wirkung der Karbol-
saure auf das Wutvirus, p. 27.
Basenau, F., Ueber die Abtdtung von
Tuberkelbacillen durch Erhitzung, p. 74.
Forster, Beitrag zur Frage der Abtdtung
von Tuberkelbacillen durch Erhitzung,
p. 78.
Gasse, Rudolf, Ein Beitrag zur Kenntnis
der lokalen Reaktion des Tierkdrpere bei
Einwanderung von Echinokokken und
Finnen, p. 30.
Ghedini, G. und Zamorani, Versuche
fiber die durch helminthische Produkte
hervorgerufene Anaphylaxie. I. Anaphy-
laxie durch Echinococcusgifte, p. 49.
Hoefer, F. A., Ueber ein unbekanntes
Protozoon im menschlichen Blute bei
einem Falle von Anamie, p. 19.
Huggenberg, E., Untersuchungen iiber
Phagocytose der Streptokokken. (Opso-
nine und Bakteriotropine.), p. 53.
Kayser, Heinrich, Vergleichende Unter¬
suchungen mit neueren Methoden des
Tuberkelbacillen nachweises, p. 91.
Xomma, Frans, Ueber den Nachweis der
Paratyphu8bakterien in Wurstwaren und
seine Verwertbarkeit fur die Nahrungs-
mittelkontrolle, p. 1.
Leon, N., Un nouveau cas de Diplo-
gonoporus Brauni, p. 23.
Sangiorgi, Giuseppe, Ueber einen eigen-
artigen, bei einigen Mikroben durch die
Tusche dargestellten Baubefund, p. 94.
Saul, E., Untersuchungen uber Bezie-
hungen der Acari zur Geschwulstatio-
logie, p. 15.
-, Erwiderung an Herm Prof, von
Hansemann, p. 18.
Sievert, Frits, Ueber Formalin-Bakterien-
aufschwemmungen, p. 81.
Strubell und Felber, Nachtrag zu der
Arbeit: „Ueber den tuberkulo -opsoni-
schen Index beim Menschen und beim
Rind“, p. 72.
Frommaaascho Bachdrackerel (Hermnan Pohle) In Jeaa,
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Centralblatt f. Bakteriologie. Abt. I. Orig. Bd. 55.
Sangiorgi, Eigenartiger Baubefund bei cinigen Mibroben.
Verlag von On star Fischer in Jena.
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I
Zur gefl. Beachtung!
Die drei zur Arbeit Babes und Mironescu gehiirigen Tafeln
konnten ieider diescin Hefte nicht mehr bcigefiigt werdcn, sie
werden mit dem ndebsten Hefte nachgeliefert.
Die Verlagsbuehhandlung.
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Centralbl. f. Bald etc. I. AbL Originate. Bd. 55. Heft 2.
Ausgegeben am 24. Juni 1910.
Naehdruck verboten.
Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen.
[Aus dem pathologisch-anatomischen Institute in Wien
(Prof. Dr. A. Weichselbaum).]
IX. Weitere Beitrage zur Aetiologie der pyamischen Prozesse.
Von Dr. F. Kaspar und Dr. W. Kern.
Mit 2 Tafeln.
In der VIII. Mitteilung der Beitrage zur Kenntnis der anaeroben
Bakterien des Menschen haben Glion und Mucha (1) fiber Bakterien
aus der Gruppe der Fusiformen als Erreger pyamischer Prozesse be-
richtet. Wir sind in der Lage, zwei weitere solche Ffille zu verfiffent-
lichen, von denen der erste pathologisch-anatoinisch an den dritten der
von Ghon und Mucha publizierten Falle erinnert, zum Unterschiede
von diesem jedoch eine Reininfektion darstellt.
I.
Aus der Anamnese wollcn wir nur hervorheben, das es sich um eine 50-jahrige
Frau handelte, die friiher immer gesund gewesen war und, so viel erhoben werden
konnte, seit einigen Tagen unter Erbrechen eiuer griinen wasserigen Flussigkeit heftige
Schmerzen in der Ileococalgegend verspiirte. Dio Patientin kam in somnolentem Zu-
stande ins Krankenhaus und starb unter schweren pcritonealen Erscheinungen nach
3 Tagen.
Der Sektionsbefund lautete: FaustgroBer, fotider retrococaler Ab-
sceB nach Appendicitis. Fotide Thrombophlebitis der zugehorigen
portalen Wurzelvenen mit enormer Erweiterung derselben bis in die
intrahepatischen Verzweigungen der Pfortader reichend, mit Bildung
multipier Abscesse in alien Abschnitten der Leber. Mehrere kleine
fotide Abscesse des rechten Lungenunterlappen s. Riicklaufige fotide
Thrombophlebitis der M esenteri al venen. Beginncnde fibriudse Peri¬
tonitis im kleinen Becken. Anamischer Infarkt der Milz; subakuter
Milztumor. Ha morrh agisch - par enchy m atos e Nephritis. NuBgroBe,
verkreidete Mesenteriallymphdriisen. Hydrops der Gallenblase mit
dattelkerngroBem Cholestearinstein.
Aus dem Sektionsprotokolle sei folgendes hervorgehoben: Im Cavuni Douglasii
fand sich fibrinos-eitriges Exsudat auf dem gerdteten und zum Teil verdickten Peri¬
toneum. Hinter dem Coecum liegt ein fast faustgroBcr fotider AbsceB mit schmutzig-
griiner, stellenweise hellgelb gesprenkelter Wand. Die Farbe dieser hellgelben Flecken
erinnert an die Farbe lipoider Substanz.cn. In diese Hohle ragt der proximale Stumpf
des mififarbigen Wurmfortsatzes hinein. Die Vena ileocolica ist als miBfarbiger Strang
sichtbar und enthalt dicklichen fotiden, griinlichgelben Eiter; ihre Innenfliiche erscheint
graugriin. Die gleichen Versinderungen zeigen auch die Vena meseraica superior und
einige ihrer Aeste (retrograde Infektion). Die Vena meseraica superior ist dabei er-
weitert und zeigt in ahnlicher Weise wie die Vena ileocolica ihre nachste Umgebung
eitrig eingeschmolzen, so dafi die genannten Venen wie vou einem Eitermantel einge-
scheidet erscheinen. Die Einmundungsstelle der Vena lienalis ist durch schmutzig-
braune Thromben obturiert; der Stamm der Vena lienalis ist jedoch frei von Verande-
rungen. Auch die Vena portae ist wie die Mesenterialvenen etwas erweitert und mifl-
farbig und enthalt reichliche Mengen fotiden rahmigen Eiters neben festhaftenden,
graugelben weichen Thromben. So veriindert sind auch die Verzweigungen der Pfort¬
ader in der Leber, vor allem die groBeren; sie in linden, namentlich im Bereiche des
Hilus, in zahlreiche, verschieden groBe, zum Teil zusammengeflossene Abscesse, die mit
fotidem, gelbgriinlichem Eiter crfiillt sind und zum groBeren Teile eine fetzige, schmutzig
graugriine Wand zeigen. Ihre nachste Umgebung ist in verschieden weitem Umfange
schwarzhchgrun verfarbt. Nach der Peripherie oer Leber zu werden die Abscesse im
Erite Abt. Orig. Bd. 66. Heft 2. 7
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiuale. Bd. 55. Heft 2.
allgemeinen kleiner; sie sind an vielen Stellen schon an der Oberflaehe, die sie ver¬
se hied en stark vorwolben, sichtbar. In ihrer Umgebung zeigt das Lebergewebe, besonders
in der Peripherie, vielfach Veranderungen vom Typus der Zahnschen Infarkte. Die
Lymphdriisen des Mesenteriums sind aurchweg etwas vergroBert, gerotet und weich.
Die Milz ist ziemlich groS und zeigt einen grofieren, keilformigen anamischen Infarkt;
sie ist weich, ihre Pulpa reichlich abstreifbar. Die Lungen sind frei; die Pleura des
Unterlappens zeigt zahlreiche kleinste hellrote Blutungen, zum Teil im Zentrum gelblich.
Am unteren Rand des rechten Unterlappens finden sich einige bis erbsengroBe typische
Abscesse mit hamorrhagischem Hofe. Im iibrigen sind beide Lungen blutreich und feucht.
Fur die bakteriologische Untersuchung wurde aus den Ab-
szessen der Leber und der Lunge Eiter steril entnommen und davon
wurden sowohl Ausstrichpraparate verfertigt als auch Kultuien angelegt.
Ebenso wurde Material aus der Milzpulpa abgestreift
In den Ausstrichen der Leberabszesse (Abbildung 3) fanden
sich bei Gram- FSrbung reichlich und ausschlieBlich gramnegative Bak-
terienformen, und zwar in Ueberzahl lange Faden. Diese erstreckten
sich in ihrer Lkngenausdehnung oft fiber das ganze Gesichtsfeld und
zeigten die mannigfaltigsten Formen: vorziiglich waren es langgestreckte,
zum Teil gebogene Formen, andere kreuzten sich oder schlangen sich
arabeskenartig ineinander, indem sie sich spiralig aufwanden, stellenweise
zu lockeren Kn&ueln verballten oder sich am Ende schleifenartig um-
bogen. Die langen Formen zeigten auBerdem manchmal allmkhlich an-
schwellende Auftreibungen und nahmen die Kontrastf&rbung mit Fuchsin
nur ungleich an, so daB sie stellenweise ungefkrbt erschienen. Fast
durchweg liefeu die Enden in feinste Spitzen aus, seltener in kolbige
Verdickungen. Verzweigungen lieBen sich nirgends finden. In der
Minderzahl waren ktirzere Formen von der L&nge des Bact. pyo-
cyaneum und dariiber, gleichfalls haufig mit spindeliger Gestalt und
mit zugespitzten Enden, oft mehr oder weniger deutlich gekriimmt.
AuBerdem waren reichlich Uebergangsfiilder zwischen den langen und
kurzen, eben beschriebenen Formen vorhanden. Alle Bakterien hatten
sich bei Anwendung der Methode von Gram rasch und gleichmaBig
entfarbt. In den mit Boraxmethylenblau gefiirbten Ausstrichen fanden
sich den oben beschriebenen analoge Formen. Das Vorhandensein von
Starkekornern lieB sich, wie es Passini (2) fur die meisten der an-
aeroben Bakterien annimmt, mit Jodgummi nicht nachweisen.
Das Gram-PrSparat des Lungenabszesses zeigte ein Bakterien-
gemenge, und zwar ziemlich reichlich gramnegative F&den, sparliche
Bacillen vom Typus der fusiformen Bakterien, ferner in groBer Menge
grampositive Kokken zu zweit und in kleinen Haufen.
Im Ausstrich der Milzpulpa waren im Gram-Praparat keinerlei
Bakterien sichtbar.
Vom Eiter der Leberabszesse wurden zundchst mehrere Schiittel-
und Stichkulturen in 1-proz. Zuckeragar, dem Ascitesflfissigkeit zugesetzt
war, dann Stichkulturen in 1-proz. Zuckeragar angelegt, auBerdem wurde
das Material aus dem Eiter auf Agar (schief gelegt und in Platten) aus-
gestrichen. Die aeroben Agarplatten und die Zucker-Agarstichkulturen
blieben steril. In den Serum-Zucker-AgarnahrbSden aber konnte schon
nach 48 Stunden deutliches Wachstum nachgewiesen werden, das sich
bei der Stichkultur auf den Stichkanal beschrankte und einen Querfinger
unter der Oberflkche des N&hrbodens aufhorte; auch in den Schiittel-
kulturen blieben die oberen Partieen des Nahrbodens frei, wfihrend in
den unteren Schichten diffuses Wachstum wahrzunehmen war.
Die anfangs kleinen, punktformigen, weiBlichen Kolonieen, die isoliert
waren, wuchsen in einigen Tagen zu scheibenfdrmigen, br&unlichen Ge-
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Kaspar'u. Kern, Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 99
bilden mit buchtigem Rande aus, die eine GroCe bis ungefahr 2 mm
erreichten und im durchfallenden Lichte an der Peripherie durchscheinend,
hingegen im Zentrum undurchsichtig waren (Abbildung 1 und 2). Von
einigen Kolonieen gingen sternformig kurze zarte Faden aus. Hinzufiigen
mochten wir noch, wie es auch in Abbildung 1 zur Ansicht kommt, daB die
groBten Kolonieen stets im untersten Teile des Stichkanals zu linden waren.
Nach etwa 2 Wochen gingen die Kulturen, wenn sie im Thermo-
staten bis 37° C gehalten wurden, zugrunde, dagegen erhielten sie sich
bei Zimmertemperatur mehrere Wochen lang; es gelang uns noch nach
6 Wochen, Kulturen, die im Gelatineofen aufbewahrt wurden, weiter
fortzuziichten. Eine Tendenz zur Konfluenz der Kolonieen konnten wir
in sehr geringem Grade dann wahrnehmen, wenn wir sehr reichlich
Material in den Stichkanal iibertrugen; es schien dann der Nahrboden
wie von einem zarten Schleier durchsetzt.
Nach mehreren Uebertragungen auf Serum-Zucker-Agar konnte ein
deutliches Wachstum schon nach 12 Stunden erzielt werden. Einmal
gelang es auch, einen derartig rasch gewachsenen Stamm in gewohnlichem
Zuckeragar ohne Serumzusatz nach 48 Stunden anaerob zum Wachstum
zu bringen. Ein weiteres Fortziichten auf Zuckeragar ohne Zusatz von
Serum war jedocli nicht moglich. Der erwahnte Stamm ging nach kurzer
Zeit zugrunde. Von Gelatinenahrboden kamen zur Verwendung: gewohn-
liche Gelatine, Zuckergelatine und Zucker-Serum-Gelatine, in denen das
Wachstum teils bei Bruttemperatur, teils bei Zimmertemperatur erprobt
wurde. Alle Gelatinenahrboden, die fur die Kulturversuche im Brutofen
bestimmt waren, wurden tiberdies noch mit gewohnlichem Agar tiber-
schichtet, um anaerobe Verhaltnisse beizubehalten. Nur in der bei 37°
gehaltenen Zucker-Serum-Gelatine zeigten sich nach 48 Stunden in dem
vertltissigten Nahrboden deutliche, isolierte kolonieenartige Flocken, die
sich spater zu einem leicht aufschtittelbaren Bodensatz niederschlugen.
Die Gelatine konnte durch niedere Teinperaturen wieder zum Erstarren
gebracht werden. DemgemaB scheint unserem Bakterium die Fahigkeit
zu peptonisieren, nicht zuzukommen.
Gasbildung konnten wir nur in den untersten Partieen der Zucker-
Agarkulturen mit Zusatz von Pferdeserum nach 3 Tagen in sehr geringem
Grade beobachten. Eine Vermehrung der Gasblasen fand spater nicht
statt. Wir mochten uns aber daraus keine weitgehenden Schliisse er-
lauben, weil die Kultur in der Folge auf dem erwahnten Nahrboden nur
kiimmerlich zum Wachstum gekommen war und nach einigen Tagen zu¬
grunde ging.
Sehr gute Resultate erzielten wir mit der Uebertragung auf fliissige
Nahrboden, bei der durchweg langhalsige Kolben zur Verwendung kamen.
Sowohl in der Serumzuckerbouillon als auch in der gewohnlichen zucker-
freien Bouillon konnten wir nach 4 Tagen diffuse Trubung im untersten
Teil des Kolbens beobachten, die sich in den nachsten Tagen unter
Kiarung der Nahrfliissigkeit zu einem anfangs krumeligen, spater grob
geballten, leicht aufschtittelbaren Bodensatz verdichtete. In Zuckerbouillon
ohne Serumzusatz konnten wir kein Wachstum erzielen. In alien diesen
fliissigen Nahrbbden hielten sich die Kulturen selbst noch nach Wochen
und Monaten lebensfahig.
In der Milch ging das Bakterium sehr langsam an. Gerinnung blieb
jedoch vollstandig aus.
Von samtlichen oben angefiihrten Nahrboden, in denen das Bakterium
zum Wachstum gekommen war, wurden fortlaufend Deckglaspraparate
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
angefertigt, die morphologisch das gleiche Bakterium aufwiesen, wie
wir es oben beschrieben haben, nur mit dem Unterschied, daB die un-
gleiche Farbbarkeit des Bakterienleibes noch viel deutlicher war (Ab-
bildung 5).
Alte Kolonieen eigneten sicli besonders zum Studium der Involutions-
und Degenerationsforraen (Abbildung G). Auffallend dabei war das Fehlen
der langen Faden; die kurzeren Faden sahen geknickt Oder am Ende
leicht umgebogen aus, waren niemals in Knaueln vorhanden und lieBen
die charakteristische Peitschenform vermissen. Am haufigsten waren
die kurzen gekriimmten St&bchen zu sehen. Recht oft und deutlich trat
wieder die ungleiche Farbbarkeit des Bakterienleibes hervor; manche
kurze Bacillen waren nur bipolar gefiirbt, andere umgekehrt in der Mitte
gefarbt und an den beiden Enden blaB. Daneben fanden sich auch kleine,
manchmal abgeknickte, gleichmaBig schwach gefarbte Stabchen. Die
spindelformige Gestalt hingegen kam bei fast alien Bakterien noch sehr
deutlich zum Ausdruck. 5lan konnte nun geneigt sein, wegen der un-
gleichen Tinktionsfahigkeit des Bakterienleibes an eine Sporenbildung zu
denken, nainentlich darum, weil an dieseu Stellen das Protoplasma etwas
aufgetrieben erscheint. Aber gegen diese Annahme sprach vor allern
das konstante Vorkommen derartiger Bildungen in alien Ivulturen und
in Kulturen jeden Alters. Auch mit der spezifischen Ffirbung nach
Holler blieben diese Teile des Bakteriums vollig ungefjirbt, und eben-
sowenig gelang es uns, gelegentlich der Untersuchung auf Beweglichkeit
stark lichtbrechende Substanzen im Bakterienleib wahrzunehmen. Wir
konnen darum fast mit Sicherheit folgern, daB bei unserem Stamm nur
eine vegetative Verinehrung stattfand. Was das Fehlen der ganz langen
Faden in den Kulturen betrifft, so mochten wir dies dahin deuten, daB
einerseits das Auswachsen zu langen Gebilden in alteren Kulturen spater
ausblieb, andererseits zum Teil ein degenerativer Zerfall der Faden statt-
gefunden haben diirfte.
Beweglichkeit konnten wir niemals feststellen. Zu diesem Zwecke
wurde die Untersuchung im hiingenden Tropfen einigemale von 12 Stunden
und 24 Stunden alten Kulturen, aus fliissigen und festen Nahrboden vor-
genommen. Auch die GeiBelfarbung nach Van Ermengem ergab ein
negatives Resultat. Unser Bakterium war demnach unbeweglich und
wir befinden uns liierin in Uebereinstimmung mit den meisten Autoren;
nur wenige, unter diesen beispielsweise Graupuer (3), wollen GeiBeln
bei Bakterien, die unserem nahestehen, nachgewiesen haben. Ebenso
behauptet Veszprdmi (9), bei fusiformen Bacillen peritriche GeiBelu
gesehen zu haben.
Das Tierexperiment erwies so gut wie keine Pathogenitat fur Meer-
schweinchen und Mause. Wir brachten das Virus in dreierlei Form in
den Tierkorper ein : Als Aufschwemtnung des LeberabsceBmateriales in
Bouillon, als Aufschwemmung einer Reinkultur in Bouillon und als
Bakterienfiltrat. Die Applikation des Impfmaterials erfolgte subkutan
und intraperitoneal in differenten Quantitaten von ccm. Ein
Meerschweinchen unter die Haut inokuliert und eine in gleicher Art
behandelte Maus bekamen zwar nach 24 Stunden an den Impfstellen ein
leicht teigiges Infiltrat ohne scharfe Begrenzung. das bei Palpation aber
kein Knistern aufwies. Die Infiltrate gingen in beiden Fallen nach einigen
Tagen wieder ganzlich zuriick. Auch von anderen Autoren berichten
die meisten nur dann von AbsceBbildung im Tierexperiment, wenn es
sich urn eine Mischinfektion gehandelt hat.
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Kaspar u. Kern, Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. ]Q1
Zur Priifung des chemischen Verhaltens des isolierten Stammes,
worin uns Assistent Dr. Mucha freundlichst unterstiitzte, wurden Kultur-
kolben von Serum-Zucker-Bouillon in Verwendung genommen, und zwar
differenter Altersstufen, die einen von einmonatlicher, die anderen von
viermonatlicher Wachstumsdauer. Die ungleichaltrigen Untersuchungs-
objekte ergaben gleichartige Resultate: fotiden Geruch, Spuren von
Schwefelwasserstoff, schwach aber deutlich Indol und geringe Mengen
von Alkohol, aber kein Aceton; Essigsiiure war jedoch nur in der alteren
Kultur nachweisbar. Die untersuchten ungeimpften Kontrollen lieBen
weder Indol noch Essigsaure nachweisen.
Durch die histologische Untersuchung wurden wir in die Lage
versetzt, ein einigermaBen praziseres Urteil iiber das Alter des Prozesses
zu treffen. Aus den spiirlichen anainnestischen Angaben, die sich nur
auf einige Tage beziehen, konnten wir dariiber keinen AufschluB erlangen.
Zur Untersuchung gelangten Stiicke aus der Leber mit Abscessen,
Lungenabscesse und eine infiltrierte Lungenpartie, ferner wurden einige
Gewebsstiicke aus der thrombosierten Vena portae, dann der Vena ileo-
coecalis mit umgebendem Gewebe und aus der Wand des retrococalen
Abscesses untersucht.
Urn die Abscesse in der Leber, die aus mehrkernigen weiBen Blut-
kbrperchen und nekrotischen Zellmassen bestanden, hatte sich durchweg
Granulationsgewebe gebildet, dessen fibroplastische Elemente gegenuber
den Rundzellen uberwogen und sclion Parallelstellung aufwiesen. In
dem angrenzenden Lebergewebe waren die Kapillaren prall mit Blut
gefiillt, die Leberzellbalken dazwischen atrophisch. In gleicher Weise
konnten wir um die Throraben der Vena portae und ileocoecalis, die
zentrale Vereiterung zeigten, eine Reaktion des umliegenden Gewebes
wahrnehmen, so daB sich auch hier der EiterungsprozeB durch ein junges
zellreiches Gewebe von der Umgebung abgrenzte. Von der Wand der
Venen sowie der Gallengange waren nur mehr die SuBersten Schichten
erhalten.
Den infiltrierten Partieen des Lungengewebes entsprechend waren
die Alveolen zum groBen Teil mit polynuklearen Leukocyten und ab-
gestoBenen, zum Teil nekrotischen Alveolarepithelien erfiillt, von den
Septen nur mehr Reste erhalten. In den meisten der thrombosierten
LungengefaBe war es bereits durch ein von der GefaBwand aus wucherndes
bdematoses Gewebe zu einer Organisation gekommen. Als iuteressante
Tatsache mochten wir noch hinzufiigen, daB sich in dem an das retro-
cocale Gewebe anstoBenden Fettgewebe doppelbrechende Substanzen bei
der Untersuchung mit dem Polarisationsmikroskop zeigten.
Bakterien konnten in den Schnittpraparaten mit Sicherheit nur im
Eiter der Thrombophlebitis der Vena portae nachgewiesen werden, und
zwar ausschlieBlich in den mit Lbffler-Methylenblau gefarbten Pra-
paraten; es handelte sich um Bacillen und Faden, die morphologisch mit
denen in den Ausstrichpraparaten vollkommen ubereinstimmten. Andere
Bakterien konnten auch hier nicht nachgewiesen werden.
Aus der histologischen Untersuchung ergab sich demnach, daB der
KrankheitsprozeB kein ganz frischer war, sondern sicher schon viele
Tage, vielleicht auch einige Wochen bestanden haben diirfte. Darin
mag einerseits auch der Grund zu suchen sein, weshalb wir in den
Schnittpraparaten aus den Prozessen der verschiedenen Organe nur teil-
weise Bakterien finden konnten; andererseits aber soil hervorgehoben
werden, daB der Nachweis der Bakterienformen in den Schnittpraparaten
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102 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 2.
auf gewisse Schwierigkeiten stoBt und daB gerade diese Bakterien wegen
ihrer eigentiimlichen Forrnen und wegen ikrer Diinnheit ira Gewebe oft
schwer als solche zu erkennen sind.
Zusammenfassend zeigte der von uns isolierte Stamm
folgende Eigeuschaften: Eristein dunner, ziemlich langer, ge-
rader oder leicht gekriimmter Bacillus mit spitzen Enden. einzeln oder
zu zweit angeordnet; er bildet reichlich Faden von verschiedener Lange,
die wellen- oder peitschenformig aussehen und zu lockeren Kuaueln ver-
schlungen sein konnen; auch die Enden dieser Faden, die stellenweise
Auftreibungen zeigen, sind spitz; zwischen diesen Faden und den kurzen
Bacillen gibt es Uebergange. Nach Gram ist der Bacillus nicht farbbar,
nimmt dagegen als Kontrastfarbe Fuchsin ungleichmaBig an. Das Bak-
terium ist unbeweglich und bildet keine Sporen; es wfichst nur bei Brut-
schranktemperatur und bildet hier schon nach 12 Stunden kleine weiB-
liche, spater braunliche, linsenfdrmige, gebuchtete Kolonieen. Das beste
Wachstum zeigt sich auf serumhaltigen N&hrboden; auf gewohnlichem
Zuckeragar erfolgt es nur ausnahmsweise und dann diirftiger, Bouillon
wird unter Bildung eines dicken Niederschlages stark getriibt. Das
Bakterium wachst nur unter streng anaeroben Bedingungen. Gasbildung
erfolgt nur selten und dann in geringem MaBe. Gelatine wird
nicht verdiissigt, Milch nicht koaguliert. Indol ist in flfissigen Kulturen
stets nachweisbar, Essigsaure nur in alteren; fiir Meerschweinchen und
weiBe Mause war das Bakterium so gut wie nicht pathogen. Alle Kul¬
turen weisen deutlich fotiden Geruch auf.
Wir weisen ausdrucklich auf die oben geschilderte Polymorphic des
Bakteriums hin. Ghon und Mucha haben auf Grund der Uebergangs-
formen alle diese Gebilde zu einein Bakterium gerechnet. Darauf ge-
stiitzt. so wie auf Grund der Wachsturaseinheit in den Kulturen, glauben
wir, mit Recht annehmen zu konnen, daB alle genannten Formen nur
einem einzigen Bakterium angehoren.
Unser Bakterium stimmt morphologisch mit dem von Ghon und
Mucha beschriebenen vollkommen iiberein; biologisch weicht es darin
ab, daB unser Stamm Indol und Essigsaure bildete, Milch nicht zur
Gerinnung brachte und in geringem Grade Gas bildete.
Die groBte Aehnlichkeit weist unser Stamm mit dem von V e i 11 o n
und Z u b e r (4) beschriebenen auf, der aus einer Appendicitis gezuchtet
wurde und von unserem nur durch das Wachstum bei Zimmertemperatur
und die Bildung lokaler Abscesse im Tierkorper abweicht.
Auch EHermann (5, 6) gelang die Reinzuchtung eines fusiformen
Bacillus aus einer Angina, in einem zweiten Falle aus der Mundhohle
eines gesunden Individuums und ebenso Leiner (7) in 2 Fallen von
septischer Diphtherie. Wir beschr&nken uns auf die angefiihrten Literatur-
angaben und verweisen nochmals diesbeziiglich auf die Arbeit von Ghon
und Mucha. Darin ist auch eine zusammenfassende Darstellung iiber
die bisher beschriebenen fusiformen Bacillen gegeben.
Ob wir das von uns geztichtete Bakterium als eine besondere neue
Art ansprechen sollen oder nicht, mbchten wir hier nicht entscheiden.
Sicher ist es, daB auch unser Stamm morphologisch und biologisch mit
den von anderen Autoren beschriebenen Formen ira wesentlichen Gberein-
stimmt Die Tatsache, daB wir einmal in unseren Kulturen in geringer
Menge Gasbildung beobachten konnten, diirfte kaum zur Trennung
unseres Stammes von dem von Ghon und Mucha beobachteten be-
rechtigen. Die Angaben iiber das Verhalten dieser Bakterienarten in
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Kaspar u. Kern, Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. ]Q3
Milch und fiber die Indolbildung sind gleichfalls verschieden. Es miissen
zweifellos noch weitere vergleichende Untersuchungen abgewartet werden,
uni einen sicheren Entscheid treffen zu konnen, welche Merkraale dieser
so interessanten und wichtigen Bakterienform als Merkmale der Varietat
und welche als Merkmal der Art aufgefafit werden diirfen.
Unser Fall war pathologisch einfach und klar. Der Sektions-
befund lieB keinen Zweifel dariiber, daB der ProzeB von der Appendix
aus seinen Ausgangspunkt genommen und sich per continuitatem auf
venosem Wege in die Leber und von hier hamatogen metastatisch in die
Lungen weiterverbreitet hat. Und die bakteriologische Unter-
suchung legte in einwandfreier Weise dar, daB die Ursache der Er-
krankung ausschlieBlich ein streng anaerober, zur Gruppe der „Fusi-
formen u gehdriger Bacillus war; denn sowohl in den Ausstrichpr¶ten
aus den Leberabscessen als auch in den Kulturen zeigte sich nur das
beschriebene Bakterium, das in den Kulfuren die gleichen stinkenden
Abbauprodukte zeigte wie im raenschlichen Organismus.
Auch unser Fall zeigte fibrigens, daB die von diesen Bakterienarten
erzeugten Prozesse gewohnlich keinen fulminanten und raschen Verlauf
nehmen. Bei dem von Ghon und Mucha veroffentlichten zweiten Fall,
der gleichfalls eine Reininfektion darstellte, handelte es sich um einen
pyamischen ProzeB in der Gesamtdauer von 2 Jahren.
Ob die Appendicitis, die in unserem Falle den Ausgangspunkt des
Prozesses bildete, schon von Anfang an eine Reininfektion mit dem von
uns isolierten Bakterium darstellte, lfiBt sich nattirlich nicht mehr mit
Sicherheit behaupten. Doch haben wir keine Veranlassung, dies nicht
anzunehmen. DaB diese fusiformen Bakterienarten sich haufiger mit
anderen pathogenen vergesellschaftet vorfinden, ist zweifellos richtig,
doch ebenso richtig ist es, daB sie auch allein imstande sind, patho-
logische Prozesse hervorzurufen. Die Beobachtungen von Ghon und
Mucha beweisen dies unserer Meinung nach einwandfrei. Wichtig
erscheint unser Fall aber vor allem deshalb, weil er beweist, daB solche
Reininfektionen mit anaeroben Bakterien aus der Gattung der „Fusi-
formen“ auch vom Wurmfortsatz ausgehen konnen. Fur die Kenntnis
der Aetiologie der Appendicitis, wahrscheinlich auch ffir ihre Genese,
erscheint dies, woraufGhon und Mucha schon hingewiesen haben, als
sicher wichtig.
II.
Im zweiten Falle, der uns von Prof. Schlagenhaufer iiberlassen
wurde, ergab die bakteriologische und histologische Untersuchung kein
so eindeutiges Resultat. Da aber soviel sichergestellt werden konnte,
daB „fusiforme“ Bacillen beim KrankheitsprozeB beteiligt waren, reihen
wir diesen Fall dem ersten an.
Anamnese: Der 45-jahrige Patient K. J. erkrankte im Janner 1910 angeblich
an Influenza. 4 Wochen spater wurde er, nachdem sich die Erkrankung nicht gebessert
hatte, mit Symptomen eiuer Pyamie in das k. k. Sophienspital aufgenommen. Der Pat.,
der bei der Aufnahme schon sehr erschopft war, zeigte Ikterus der Haut und der sicht-
baren Schleimhaute und hatte Nachtschweifi, Fieber mit remittierendem Typus und
zeitweise auch Schiittelfroste. Einige Tage vor dem Exitus, der am 5. Marz 1910,
2 Wochen nach der Aufnahme ins Spital erfolgte, waren die ikterischen Erscheimmgen
fast ganzlich geschwunden. Klinisch wurde die Diagnose einer septischen Cholangitis
gestelit, auSerdem im linken Unterlappen eine Dampfung konstatiert. Das reichlich
ausgeworfene Sputum war etwas brauniich tingiert und stark iibelriechend, wes-
halb auch ein Lungenabscefi angenommen wurde.
Der pa thologisch - ana tom ische Befund (Prof. Schlagenhaufer)
lautete: Septikopyiimie, Phlebitis der Vena lienalis und der Vena portae
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
nach multiplen Abscessen in der Milz. Perilienaler AbsceB. Mul¬
tiple AbsceBbild u ng in der Leber. Phlegmonose Entzundung der
Schleiraliaut des Magens im Bereiche der Cardia (die Schleimhaut
daselbst wulstig verdickt, beim Einschneiden auf diese Wiilste ent-
leeren sich Eiterpfrop fchen aus den kleinen GefaBen). Verwachsung
des linken Lungenunterlappens mit deni Zwerchfell. Tuberkuldse
KaverneinderlinkenLungenspitze. (Appendix istnirgendsadhiirent,
ihre Schleiraaut pseudomelanos verfarbt.)
In den nach Gram gef&rbten Deckglaspraparaten aus dem Exsudate
der Leber- und Milzabscesse und dem der Phlegmone des Magens fand
sich ein Bakterium, das farberisch und morphologisch dem im ersten Teil
dieser Arbeit beschriebenen vollkommen glich: es zeigte schmale, an
beiden Enden zugespitzte Stabchen, manchmal etwas gekriimmt, dann
lange, ungleich gefarbte Ffiden mit teils zugespitzten, teils leicht kolbig
verdickten Enden, endlich reichlich Uebergangsformen zwischen beiden
Typen. Die Faden lieBen wieder die so charakteristischen Peitschen-
und Krawattenformeu erkennen. Starkekorner waren nirgends nach-
weisbar (Farbung mit Jodgummi). In geringerer Menge enthielten die
Ausstriche vom Exsudate des Magens und die Ausstriche aus den ver-
eiterten Thromben der Vena portae auBerdem grampositive und gram¬
negative Stabchen von verscbiedener Lange und Dicke.
Da wir es deranach zweifellos wieder mit „fusiformen u Bakterien
zu tun haben, wurde eine groBe Anzahl Stich- und Schiittelkulturen in
Serum-Zucker-Agar angelegt. Hierbei kam das Bakterium nur in den
Kulturen, die vom Material aus den Leberabscessen stammten, zum
Wachstum, jedoch mit grampositiven und gramnegativen Bakterien ver-
mischt. Die Kultur hatte einen intensiv fotiden Geruch entwickelt. Eine
Reinziichtung des „fusiformen u Bakteriums war jedoch nicht zu erzielen,
weil das reichlichere und raschere Wachstum der grampositiven und
gramnegativen Stabchen und die damit verbundene reichliche, meistens
sturmische Gasbildung die Isolierung immer wieder unmoglich machte.
In alien iibrigen Kulturen kamen die verschiedensten Forraen grain-
positiver und gramnegativer Bacillen zur Entwickelung, in den mit Eiter
aus den Leberabscessen geimpften Nahrboden auBerdem reichlich gram¬
positive Kokken in kurzen Ketten und Haufen. Die Faden aus den
Kulturen von den Leberabcessen zeigten wieder das charakteristische
segmentierte Aussehen und entfarbten sich rasch und gleichmaBig bei
Anwendung der Methode von Gram.
Zur histologischen Untersuchung wurden uns Stiicke aus der
Leber, der Milz, den Thromben der Vena portae und Vena lienalis und
des Magens zur Verfugung gestellt.
Die Leber war reichlich von Abscessen durchsetzt, die mikro-
skopisch ein verschiedenes Alter erkennen lieBen: einige waren bereits
durch eine bindegewebige Membran von dem umliegenden Gewebe ab-
gegrenzt, urn andere konnte hingegen nur eine kaum merkliche Reaktions-
zone von jungem Granulationsgewebe nachgewiesen werden. Sonst waren
in der Leber an der Peripherie der Acini zahlreiche Rundzelleninfiltrate
und Gallengangswucherungen vorhanden, die Leberzelleu selbst befanden
sich meist im Zustande parenchymatoser Degeneration und enthielten
sehr haufig Gallenpigment. In einem Schuitt zeigte sich ein typischer
Tuberkel mit Verkasung, Riesenzellen und peripherer Anhaufung von
Lymphocyten.
Auch von den untersuchten Abscessen in der Milz waren einige
schon bindegewebig abgegrenzt, andere hingegen noch ohne Abgrenzung.
Manche dieser Abscesse befanden sich innerhalb nekrotischer Ilerde, die
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Kaapar u. Kern, Beitrage zur Kenntnie der anaeroben Bakterien des Menschen. 105
zahlreich und in verschiedener Ausdehnung die Milz durchsetzten und von
denen einige bis an die Kapsel reichten, pyramidenartige Form aufwiesen
und von einer Reaktionszone umgeben waren. Der Milzkapsel waren
zum Teil nekrotische Massen und polynukleare Leukocyten aufgelagert.
Von den Veranderungen der Vena portae und Vena lienalis ist
hervorzuheben, daB die Thrombenmassen stellenweise vereitert waren,
stellenweise aber auch schon Zeichen beginnender Organisation zeigten.
Von den Geffifiw&nden waren noch die auBersten Schichten erhalten.
Bezflglich des histologischen Befundes der Magenwand heben wir
hervor, daB sich der eitrige ProzeB in diesem Organ vorwiegend in den
tieferen, unter der Muscularis mucosae gelegenen Schichten abspielte.
Innerhalb der Driisenschicht waren nur sehr sparliche, kleine Abscesse
zu sehen, die allerdings manchmal bis in die oberste Schleimhautschichte
zu verfolgen waren. Sonst wies die Schleimhaut die Zeichen eines
chronischen Katarrhs auf, die Driisenschlkuche waren verl&ngert, manche
dilatiert, das Zwischengewebe stellenweise stark gewuchert. Die groBten
Abscesse waren in der Submucosa zu finden, sie waren zum Teil schon
vom Bindegewebe eingeschlossen und lagen meistens im Bereiche von
thrombosierten GefaBen.
In alien mit polychromem Methylenblau intensiv gefkrbten Schnitten
wurden in den Abscessen selbst sehr reichlich, in den iibrigen entziind-
lich verSnderten Gewebspartieen spkrlicher die typischen Formen des
oben beschriebenen „fusiformen“ Bakteriums gefunden (Abb. 8). Dazu
bemerken wir, daB die langeren Faden der Bakterien oft auBerordent-
lich Fibrinfaden ahnelten, weshalb wir zur genauen Unterscheidung nicht
nur auf die charakteristischen Verschlingungen, sondern auch auf die
ungleiche F&rbbarkeit des Bakterienleibes Gewicht legten. Sonstige
Bakterien waren in den Schnitten nicht nachweisbar.
Unter den nach Gram-Weigert gefarbten histologischen Prapa-
raten gelang es uns nur im vereiterten Thrombus der Pfortader sehr
sparliche grampositive Kokken in kleinen Haufen und zu zweit nach-
zuweisen.
Aus der bakteriologischen Untersuchung geht demnach hervor, daB
wir es in diesem Falle mit folgenden Bakterien zu tun haben:
1) Grampositiven und gramnegativen Bacillen verschiedener Lange
und Dicke.
2) Grampositiven Kokken.
3) Gramnegativen fusiformen Bacillen mit Uebergangen zu ver-
schieden langen, oft peitschenformig gewundenen Faden mit spitzen Enden.
In welchem Verhaltnis die unter 1) angefiihrten grampositiven und
gramnegativen Bacillen zum KrankheitsprozeB standen, konnten wir nicht
entscheiden. In den Schnittpraparten konnten sie nicht mit Sicherheit nach-
gewiesen werden; in nennenswerter Menge dtirften sie kaum im Gewebe
vorhanden gewesen sein. Bemerkt muB jedenfalls werden, daB in diesem
Falle das Exsudat aus den entztindlichen Produkten der verschiedenen
Organe nicht vollkommen steril aufgefangen werden konnte. Ziemlich
sicher konnen wir jedoch annehmen, daB diese Bakterienformen fur die
intensive Gasbildung in den Nahrboden verantwortlich zu machen waren.
Den grampositiven Kokken hingegen konnen wir eine pathogene Be-
deutung nicht von vornherein absprechen, weil wir sie in den Schnitt-
praparaten von der Pfortader nachweisen konnten; doch mtissen wir
liervorheben, daB wir sie nur in einem Schnitte und da nur in sehr
sparlicher Menge fanden.
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106 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
AuBerordentlich zahlreich dagegen waren die unter der dritten
Gruppe zusammengefaBten Bacillen, nicht nur in den Ausstrichpraparaten,
sondern auch in alien Methylenblauschnitten, in denen sie das bakte-
riologische Bild durchwegs beherrschten. Wir glauben darum rait Recht,
dieselben als die Haupterreger des pyiimischen Prozesses erklaren zu
kbnnen. Nicht maBgebend fur die Beurteilung der Pathogenitat er-
scheint uns das ungleiche Wachstumsverh<nis zwischen den fusiformen
und den anderen Bakterien in den Kulturen. Die Zusammengehorigkeit
der kurzen und langen Formen zu einem Bakterium haben wir, wie im
ersten Falle, wegen der Uebergangsformen angenommen und datum die¬
selben einer einzigen Bakterienart zugerechnet.
Handelte es sich um eine Mischinfektion, so ware das ein schon
haufig beschriebenes Ergebnis. Es existiert dariiber eine betr&chtliche
Literatur, besonders Falle, wo fusiforme Bakterien mit Spirochaten ver-
gesellschaftet vorkomn\en. Wir erwahnen hier beispielsweise nur die
Beobachtungen von Niclo-Marotte, Silberschmidt, Vincent,
Verneuil und Clado.
Was den Ausgangspunkt des Prozesses betrifft, so sind wir nicht
imstande, eine vollkommen sichere Entscheidung treffen zu konnen.
Eine Infektion vom Wurmfortsatz aus konnen wir nach dem Sektions-
befund wohl ausschlieBen; der Wurmfortsatz zeigte makroskopisch gar
keine Zeichen einer bestehenden oder abgelaufenen Entziindung, sondern
nur den Befund einer Pseudomelanose. Auch im ubrigen Dilnn- und
Dickdarm konnte Prof. Schlagenhaufer nichts finden, was fur den
Ursprung des Prozesses gesprochen hatte.
Naheliegend war es, zunachst die Veranderungen des Magens als
die wahrscheinlich primaren aufzufassen. Die histologische Untersuchung
der uns zur Verfugung gestellten Stiickchen vom Magen zeigte jedoch,
daB die Schleimhaut wohl Zeichen eines chronischen Katarrhs aufwies,
im iibrigen aber nur an einigen Stellen Veranderungen zeigte, die wir
mit der Infektion in Zusammenhang bringen konnten. Die Haupt-
veranderungen des Magens lagen vielmehr in der Subraucosa und zeigten
sich dort als verschieden groBe Abscesse, deren Zusammenhang mit
thrombophlebitischen Veranderungen der Magenvenen auBer Frage stand.
Es ware demnach die Auffassung, als hatte es sich bei den Verande¬
rungen des Magens um retrograd-venose gehandelt, nicht ohne weiteres
abzulelinen; andererseits miiBte aber auch zugegeben werden, daB viel-
leicht doch an einer Stelle des Magens die Eingangspforte gelegen,
aber nicht nachzuweisen war, weil die Leber sowohl als die Milz
neben akuten Veranderungen auch solche aiterer Natur, Abscesse mit
Organisation der Peripherie, zeigten. Mit dieser Annahme des Magens
als Eingangspforte wiirde sich der Qbrige anatomische Befund am
besten decken. Die fusiformen Bakterien waren dann wahrscheinlich
von der Mund-Rachenhohle in den Magen gelangt und man konnte an-
nehmen, daB sie dort schon als Saprophyten gelegen waren oder dorthin
aus der gangranSsen Kaverne gelangt und dann verschluckt worden
waren. Der Befund solcher Bakterien in fotiden oder gangranosen Pro-
zessen der Lunge kann heute ohne weiteres anerkannt werden. Rist(8)
hat darauf hingewiesen, Ghon und Mucha haben den Ausgangspunkt
ihres ersten Falles dahin verlegt und uniangst erst hat Veszpr^mi (9)
an der Hand mikroskopischer Untersuchungen dies hervorgehoben.
Die in unserem Falle vorhandene tuberkulose Kaverne der Lunge
lieBe aber auch die Deutung zu, daB die in ihr vorhandenen „fusiformen“
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Centralbl. f. Baklcriol. Alt. I. On;/. Bd. 55. Kaspar u. Kern, Anaerobe Baktcrien. IX. Taf. i
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Verlag von Gustav Fischer in Jena.
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Centralbl. f. Bakteriol. Abt. 1. Orig. Bd. 55. Kaspar n. Kern, Anaerobe Balterien. IX. Taf. II.
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Verlag von GustaT Fischer in * ,ena ^JN|VERSITY OF ILLINOIS AT
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Kaspar u. Kern, Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. 107
Bacillen auf hamatogenem Wege in das linke Herz und von hier in die
Milz gelangt waren, und daB sich diesen Veranderungen erst die der
Vena lienalis, der Pfortader und der Leber und die des Magens ange-
schlossen hatten. Bei dieser Deutung ware es immerhin auff&llig, daB
nur die Milz den Sitz der Metastasen abgegeben hatte. Ein Beweis fur
diese Annahme konnte histologisch nicht gefunden werden. Wie dem
auch sei, so viel kann als sicher angenommen werden, daB wir es
auch im zweiten Falle mit einer py&mischen Infektion zu tun hatten,
bei der „fusiforme u Bacillen zweifellos die Hauptrolle spielten. Ihrem
morphologischen und farberischen Verhalten nach standen diese Bacillen
den im ersten Falle beschriebenen zum mindesten sehr nahe. Ihre
Identitat konnte leider nicht erwiesen werden.
Literatur.
1) Ghon u. Mucha, Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien. (Centralbl. f.
Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 49. 1909.)
2) Passini, F., Ueber granulosebild. Darmbakterien. (Wien. klin. Wochenschr. 1909.
Heft 1.)
3) Graupner, Ueber Angina diphtheroides. (Munch, med. Wochenschr. 1909. p.727.)
4) Veillon etZuber, Recherches sur quelques microbes strictement anaerobies. (Arch,
de m4d. exp6rim. 1898.)
5) Ellermann, S., Einige Falle von bakterieller Nekrose beim Menschen. (Centralbl.
f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 37. 1905.)
6) —, Zur Kenntnis der Spindelbacillen. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 56. 1907.)
7) Leiner, C., Beitrage zur Kenntnis der anaeroben Bakterien des Menschen. (Centralbl.
f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 43. 1906.)
8) Rist, E., Neue Methoden und neue Ergebnisse im Gebiet der bakteriologischen
Untersuchung gangTanoser und fotider Eiterungen. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I.
Orig. Bd. 43. 1906.)
9) Yeszpremi, D., Beitrage zur Bakteriologie und Histogenese der experimentell
gangranosen Entziindungen. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 44. 1907 und
Bd. 45. 1908.)
Tafelerkl&rung.
Fig. 1. Photographic im auffallenden Licht von einer 8 Tage alten Zucker-Serum-
Agar-Stichkultur. (Nat. Gr.)
Fig. 2. Photographie im auffallenden Licht von einer 8 Tage alten gleichen Kultur.
(6-fach vergr.)
Fig. 3. Praparat aus dem Eiter eines Leberabscesses vom Falle I. Lange, ungleich
gefarbte Faden mit zugespitzten und kolbig verdickten Enden. Kurze fusiforme Ba¬
cillen und Uebergangsformen.
Fig. 4. Praparat aus dem Eiter eines Lungenabcesses vom Fall I. Charakteristische
Peitschenformen, in lockerem Knauel und isoliert.
Fig. 5. Praparat aus einer 2 Tage alten Z.-S.-A.-Kultur vom Fall I. Lunge
Faden und kiirzere Formen mit ungleicher Farbung (segmentiert).
Fig. 6. Praparat aus einer 4 Monate alten Z.-8.-A.-Kultur vom Fall I. Seg-
mentierte und degenerierte Formen.
Fig. 7. Schnittpraparat aus einem MilzabceB vom Fall II (Farbung mit poly-
chromem Methylenblau). Zahlreiche fusiforme Bacillen zwischen den Eiterkorperchen,
zum Teil in Knauel und in typischer Peitschenform.
Bei den Fig. 3— 6 wurde das Mikroskop von Zeiss mit homog. Immers. V.. und
Komp.-Okular 6 beniitzt.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Nachdruck verboten.
Ueber eine bisher nicht bescbriebene Mykose des Menschen
mit Bildung von scbwarzen Kornem.
Von Prof. V. Babes und Dr. T. Mlronescu in Bukarest.
Mit 3 Tafeln.
Die Aetiologie verschiedener entziindlicher Hautkrankheiten, nament-
lich destruktiver, fistuloser Abscesse der Haut und des subkutanen
Bindegewebes ist nur teilweise bekannt. Die hier hSufig gefundenen
Staphylokokken und Streptokokken sind oft nur als sekundare Ein-
wanderungen zu betrachten.
Fur viele dieser Lasionen wurden dann Protozoen, Streptothricheen
Oder Fadenpilze, Sporothricheen als Erreger gefunden, w&hrend in anderen
Fallen die Aetiologie noch unaufgeklart ist. Namentlich wenn infolge
der sekundaren Invasion von Eiterkokken die urspriinglichen Erreger
zurucktreten oder entarten, ist es schwierig, dieselben zu konstatieren,
und ist man dann geneigt, den assoziierten Bakterien die Rolle des Er-
regers zu vindizieren.
So hatte ich mich in sehr hartnackigen, ausgebreiteten, fistulosen
Abscessen der Bauchhaut zun&chst fur eine Staphylokokkeninfektion aus-
gesprochen. Nacli radikaler Operation waren die Abscesse mit dem-
selben Charakter wiedergekehrt, und konnte ich bloB Streptokokken
finden, whhrend nach Jahren, nach neuer radikaler Operation, als die
Abscesse von neuem auftraten, dieselben steril befunden wurden. Offen-
bar sind dieselben durch einen mittels unserer Methoden nicht darstell-
baren Erreger erzeugt worden.
Die hier zu beschreibenden Fhlle waren wahrscheinlich auch als
Streptokokkenabscesse diagnostiziert worden, w r enn nicht eigenttimlicke
Produkte derselben uns auf die Spur des speziellen Erregers derselben
gefiihrt hatten. Es hatten sich hier namentlich schwarze Korner ge-
bildet, in welchen urspriinglich die den ZerstorungsprozeB verursachen-
den Fadenpilze saBen, welche aber bald entarteten und durch sekundar
invadierte Streptokokken, welche sich im Innern der schwarzen Kornchen
ungemein vermehrt hatten, ersetzt wurden. Es war hier um so ver-
lockender, diese Eiterkokken als Ursache der Abscesse anzunehmen, als
dieselben in Reinkultur vorhanden waren und namentlich in den schwarzen
Khrnern ungeheure, eigentiimlich angeordnete Massen bilden.
Im Jahre 1888 beobachtete einer von uns (Babes) einen solchen
Fall von tiefem chronischen AbsceB der Wange, welcher bis an den
Knochen reichte, und aus welchem durch eine Fistel dtinner Eiter, ver-
mischt mit kleinen, brtichigen, schwarzen Kdrnern, ausgeschieden wurde.
Zunachst hielt man den AbsceB fQr eine schwarze Varietat von
Aktinomykose oder von Madurakrankheit, welch letztere in seltenen
Fallen auch im Gesicht vorkommt, doch fanden sich im Eiter und in
den schwarzen Kornem keine Streptothricheen, sondern Diplokokken,
welche auch Ketten bildeten.
Dieselben waren neben wenigen fragmentierten Kernen im Eiter in
groBer Menge vorhanden. Die schwarzen Korner w r aren aus einer
homogenen Masse gebildet, welche an der Peripherie mittels Anilin-Safranin
gut gefarbt wurde und hier strahlenartig angeordnete Keulen oder
Fransen bildet. Im Innern fanden sich diinne, zum Teil strahlig an-
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Babes u. Mironescu, Eine bisher nicht beschriebene Mykose des Menschen etc. 109
geordnete Kanale, in welche von der Peripherie aus die Diplo- und
Streptokokken einwanderten, dieselben ausfullten und iiberwucherten.
Die Korner konnten demnach bei oberflachlicher Untersuchung allerdings
mit Actinoniyces-Drusen verwechselt werden, doch sind die Korner
hier nicht aus Parasiten gebildet, sondern aus einer hyalinen Masse,
welche durch verzweigte Kanale durchsetzt erscheinen.
Da man den Fall nicht weiter verfolgen konnte, blieb es unbekannt,
wodurch diese Kanale gebildet wurden. Es wurde uns erst spiiter klar,
dafi die Diplo- und Streptokokken, welche auf Gelose gezuchtet werden
konnten, und welche einem kleinen, grampositiven Diplo-Streptococcus
angehorten, erst sekundar in die Korner eingewandert waren.
Erst ein zweiter Fall, welchen wir in der Abteilung des Herrn
Primararztes G. Nanu sehen konnten, und dessen Sektion wir aus-
fflhrten, kl&rte uns einigermafien iiber die Natur dieser Afi'ektion auf.
Es handelt sich um einen 40-jahrigen Mann, bei welchem sich vor
etwa 3—4 Jahren ein retrobulbarer AbsceB entwickelt hatte, der durch
eine Fistel sich an der inneren Seite des rechten oberen Augenlides
offnete.
Aus der Fistel entleerte sich diinner, griinlicher Eiter und eine
groBe Menge kleiner, schwarzer, unregelmaBiger, fettglanzender, harter
KQrner bis zur GroBe eines Hanfkorns. Gewohnlich handelte es sich
um eckige Bruchstiicke groBerer Korner, seltener uni runde Formen.
Der Abscefi, welcher weit hinten im RetrobuMrraum saB, vergroBerte
sich allmahlich, so daB der Bulbus nach auBen und vorn gedrangt wurde.
Zunfichst entstand Exophthalmie, Glaukom, dann vollige Blindheit des Auges,
welches dann vor 2 Jahren enukleiert wurde. Der AbsceB, von der GroBe
einer WalnuB, saB ganz hinten rechts, und reichte bis an den Knochen.
Derselbe wurde zugleich mit dem Bulbus und mit der Umgebung ent-
fernt, doch nach der Heilung bildete sich hinter der Narbe ein neuer
AbsceB, welcher von neuem eine Fistel im oberen Augenlid bildete und
aus welchem sich wieder zeitweise Eiter und schwarze Korner entleerten.
Mehrere Monate vor der Aufnahme ins Spital traten Sehstbrungen
(Stauungspapille), Kopfschmerzen, besonders rechts, Erbrechen, Bewufit-
losigkeit auf.
Bei der Aufnahme ins Spital ist der Kranke bewufitlos, komatos
und stirbt nach wenigen Stunden.
Sektionsbefund: Der Kadaver ist abgemagert, der rechte Bulbus
ist enukleiert. Am oberen Augenlid findet sich eine kleine Fistel, aus
welcher sich auf Druck eine geringe Eitermenge entleert. In Verfolgung
derselben gelangt man in der Tiefe des retrobulbaren Gewebes im inneren
Winkel in einen buchtigen AbsceB, welcher bis an den entbloBten Knochen
reicht und denselben an zwei Stellen durchbricht.
Der AbsceB enth< griinlichen, schleimigen Eiter und eine groBe
Menge verschieden grofier, schwarzer, derber Korner und Bruchstiicke
sowie eine haselnufigroBe, starre, jedoch briichige Masse, welche einer
kleinen Triiffel ahnlich sieht, mit rauher, zum Teil drusiger Oberfliiche.
Die Wandung des Abscesses ist zum Teil starr, wie von einer schwarzen
Kruste gebildet, zum Teil schlaff, eitrig durchtriinkt. In der nfiheren
Umgebung des Abscesses findet sich derbes Bindegewebe, welches granit-
artig durch kleine schwarze Massen durchsetzt ist. Die Tranendriise
wurde nicht gefunden, in der Gegend derselben findet sich narbiges
Gewebe. Nach hinten umgibt der AbsceB den Sehnerven und durch¬
bricht das Dach der Augenhohle. Zunachst findet sich eine unregel-
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110 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
maBige Oeffnung in dem horizontalen Stirnbeinanteil, nahe und nach
innen vom Foramen opticum. Auch die Dura ist hier durchbrochen,
und der AbsceB ist hier durch eine markige, violette Wucherung ab-
geschlossen.
Die weichen Hirnhaute und die oberfl&chlichen Anteile des Stirn-
hirns bilden an dieser Stelle eine derbe Verdickung, welche den AbsceB
von einem zweiten, fiber hiihnereigroBen HirnabsceB trennt. Dieser Ab¬
sceB nimmt besonders die weiBe Substanz des rechten Stirnlappens ein,
ist von schleimigem Eiter erfiillt und enthalt eine m&Bige Menge der
beschriebenen, kleinen, schwarzen Kfirner.
Der AbsceB ist zunachst von einer derben Kapsel urageben, welche
aber in eine breite Zone rotlicher und von kleinen Hamorrhagien durch-
setzter Erweichungen iibergeht, welche deranach den gesamten Hirnlappen
einnehmen. Der Hirnlappen ist vergroBert, erweicht, mit abgeplatteten
Windungen. Auch die Ventrikel sind erweitert, sie enthalten mit griin-
lichen Eiterflocken gemengte, triibe Fliissigkeit. Die Auskleidung der
Ventrikel ist besonders rechts erweicht. Der IV. Ventrikel ist von einer
dunnen Eiterschicht ausgekleidet. Der retrobulbare AbsceB durchbricht
den Knochen noch im Bereiche des kleinen Keilbeinfliigels, welcher innen
in zum groBen Teil aus schwarzen Kornern bestehendes Magma umge-
wandelt erscheint. An dieser Stelle erstreckt sich der AbsceB bloB bis
an die harte Hirnhaut.
Die Schilddrtise ist vergroBert, kolloid. Der Kehlkopfknorpel ver-
kalkt, die Schleimhaut injiziert. Die rechte Lunge ist mit dem Zwerch-
fell verwachsen, der Unterlappen hyperamisch. Die linke Lunge durch
derbe Pseudomerabranen mit der Umgebung verwachsen, hinten findet
sich eine 1 cm dicke Pseudomembran, und in deren Innern eine fast
trockene, atheromatose, zum Teil dickeitrige Masse. Der Oberlappen ist
hyperamisch und odematds mit lobuiaren, rotgrauen, derben, atelekta-
tischen Herden. Das Herz etwas erweitert, links mit blasser, weicher,
sehr zerreiBlicher Muskulatur (verfettet). Unter dem Endokard mehrere
frische Ekchymosen.
Die Leber ist groB, marmoriert, blaB, derb. Die Milz etwas ver¬
groBert, cyanotisch, mit verdickter Kapsel, die Trabekel verdickt, die
Pulpa dunkelrot, erweicht. Das Pankreas weich, injiziert, an der Ober-
flache wenig blaBgelbe Herde von Fettnekrose und Ekchymosen.
Die Nieren sind vergroBert, cyanotisch. Die Kapsel leicht abldsbar,
die Substanz etwas derber, die Pyramiden dunkelrot. In der Harnblase
wenig klarer Harn. Die Magenschleimhaut etwas verdickt, grau verfarbt,
injiziert, mamelloniert. Die Darmschleimhaut injiziert.
Diagnose: Narbe nach Enukleation des rechten Aug-
apfels. Rechter retrobulbarer AbsceB durch eine Fistel
des oberen Lides gedffnet und Eiter mit schwarzen
Kornern gemengt entleerend. Schwarze Konkremente im
AbsceB und in der Wandung desselben. Durchbruch des
Abscesses in dieSch&delhohle durch dasDach derAugen-
hohle. GroBer AbsceB des rechten Stirnhirns, schwarze
Korner enthaltend. Eitrige Ventrikelfltissigkeit. Paren-
chymatSse Entartung des Myokards, Reste eines eingekapselten Abscesses
der linken Pleura. Cyanose der Milz und Niere. Ekchymosen des Endo-
kards und des Pankreas.
Histologischer Befund. Auch in diesem Falle bestehen die
schwarzen Massen (Fig. 1) aus einer fast homogenen Grundsubstanz ( K ‘),
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Babes u. Mironescu, Eine bisher nicht beschriebene Mykose des Mensehen etc. m
welche keine Eisenreaktion gibt, nicht durch Karrain, wohl aber intensiv
durch Fuchsin gefarbt wird. Mittels Anilin - Safranin - Jod erscheint die
Mitte derselben gelbbraun, wahrend die Peripherie in Form eines zackig
begrenzten Saumes (S) intensiv rot gefarbt ist. Die rote F&rbung bleibt
auch bei Jod-Jodkaliumbehandlung bestehen.
Bei naherer Betrachtung erkennt man, daB die schwarzen Massen aus
dicken, zum Teil verschmolzenen, homogenen Fasern bestehen (2?), welche
an der Peripherie kolbig abgerundet, hier rot gefarbt sind (Fig. 3 k),
und sich dann oft durch blasse Fortsatze ( B ‘) in die Bindegewebsfasern
der Umgebung fortsetzen. Die Fasern bilden im Innern der schwarzen
Masse ein Geflecht, oder sie sind parallel oder mehr strahlig angeordnet.
Zwischen denselben findet sich eine fein granulierte, ebenso gefarbte
Masse (Fig. 3 gr) sowie stellenweise rundliche, spindelformige, oder mit
kommunizierenden Fortsatzen versehene, homogene, glanzende Gebilde
von der GroBe von Zellen, welche durch Karmin gleichformig dunkelrot
gefarbt werden, wohl die Reste eigentiimlich entarteter Bindegewebs-
zellen (Fig. 2 ZB). Stellenweise kann man das zwischen den Fasern
liegende Gewebe noch schwach mit Karmin farben, und erkennt man
dann in demselben noch die Struktur von Bindegewebe.
Der Ursprung der schwarzen Massen und naraentlich der Kolben
aus veranderten Bindegewebsfasern kann stellenweise besonders deutlich
konstatiert werden. An solchen Stellen erstrecken sich, von der Peri¬
pherie der schwarzen Masse ausgehend, strahlige Biindel von Bindegewebs¬
fasern zwischen die die schwarzen Massen umgebenden zelligen Elemente
(Fig. l/'und Fig. 4) ; dieselben sind ebenfalls durch Safranin-Anilin-Jod
gelbbraun geffirbt, wie die Fasern im Innern der Korner.
Die in den schwarzen Massen und Kornern befindlichen Kanale
(Fig. 1, 2, 3, 4 Ka) sind entweder strahlig oder unregelmaBig angeordnet,
dieselben durchqueren die schwarze Schicht der AbsceBwand. Sie sind
gewohnlich im spitzen Winkel verzweigt, an den Enden oft kolbig er-
weitert und manchmal durch Quersepten segmentiert. Dieselben er¬
strecken sich in oder zwischen die Balken, welche die schwarzen Massen
bilden, bis an die Oberflache derselben.
Man kann nun deutlich erkennen, daB die Kanale entweder 1) im
Beginn von eigentumlichen Fadenpilzen eingenommen
sind, oder 2) von den erw&hnten Streptokokken einge¬
nommen und iiberwuchert, oder aber 3) leer sind.
1) Besonders an jenen Stellen, an welchen der ProzeB frisch und
im Fortschreiten begriffen ist, erkennt man im Innern desselben die
Faden, welche in ilirer Anordnung, Dicke und Verbreitung genau den
Kanalen entsprechen, so daB selbst die leeren Kanale den Eindruck von
verzweigten Pilzfaden machen (Fig. 2 Ka).
Es ist unzweifelhaft, daB die schwarze Masse diesen Pilzfaden ihren
Ursprung verdankt.
Es handelt sich um langere, ziemlich gerade Faden (Fig. 3 u. Fig. 4)
von etwa 2 n Dicke, mit dcutlicher, nicht nach Gram, wohl aber durch
Safranin-Anilin-Jod gefarbter Membran. Die Faden zeigen spitzwinkelige
oder rechtwinkelige Scheinverzweigungen (v), zum Teil wohl auch wahre
Zweigbildung und abgerundete, gewohnlich etwas verdickte Enden (Fig. 3e).
Oft erscheinen dieselben in ihrem Verlauf stellenweise etwas verdickt,
ofters mit knospen&hnlichen, kurzen seitlichen Ausbuchtungen, oder aber
es finden sich im Verlauf derselben in regelmaBigen Abstanden verdickte
Stellen, zwischen welchen die F&den etwas eingezogen und von gram-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
positiven, metachromatischen Kornern eingenommen sind (Fig. 3m). In
alien Faden finden sich in geringen Zwischenraumen ovale, die Dicke
des Fadens nicht iibertreffende helle Stellen (Fig. 3 a), zwiscken welchen
zahlreicbe, ungleich groBe, zum Teil verschmelzende, grampositive Korner
liegen. Das Wachstum der Faden erfolgt vom Zentrum der schwarzen
Massen gegen die Peripherie, so daB hierdurch die strahlige Anordnung
der Kanale und der Faden bedingt wird. An der Peripherie erstrecken
sich dieselben zum Teil ins Innere der Kolben (Fig. 3 k‘), so daB hier¬
durch eine den Actinomyces-Kolben ahnliche Anordnung entsteht,
Oder aber es finden sich die Faden zwischen den Kolben (Fig. 3 k"), ohne
aber gewohnlich in das benachbarte Gewebe einzudringen.
Die Faden sind demnach streng an die schwarze Masse gebunden
und erstrecken sich bloB an bestimmten Stellen in das umgebende Binde-
gewebe, und zwar im Innern von Bindegewebsfasern und langs der-
selben, indem sie aus demselben neue, schwarze Massen bilden (Fig. 4).
Hier erkennt man mittels Anilin-Safranin-Gram-Farbung die
schwarzen Massen in der AbsceBwand ( SS ) mit ihrem aus Kolben be-
stehenden, roten Saum ( k ), welcher sich stellenweise ( k ‘) in das um¬
gebende Bindegewebe fortsetzt. Bei S erfolgt die massenhafte Invasion
der Pilzfaden ( F ) in das Bindegewebe, indem die Pilzbiischel in die
Bindegewebsfasern eindringen, dieselben zur Quellung bringen und sie
dunkel verfarben, wahrend die Zellen zugrunde gehen und an deren
Stelle eine feinkbrnige Masse auftritt. Besonders an der Grenze der
Invasion erkennt man den Sitz der Faden in den Bindegewebsfasern und
die Verfarbung derselben (JF). Stellenweise sind hier die Fasern rot-
lich gefarbt. In der Tat bilden sich an der Grenze der Invasion Kolben,
welche die Enden der Parasiten enthalten (&"). AuBerhalb der Pilz-
wucherung erkennt man derbes ( dB ), oder mehr lockeres Bindegewebe
mit reichlichen Fibroblasten, kleinen, rundlichen, zum Teil granulierten,
mononuklearen Zellen, zum Teil in Zerfall begriffen, sowie groBere
hyaline Kugeln zwischen den Zellen.
2) Wenn nun mit dem Fortschreiten des Abscesses die schwarzen
Massen durch die Eiterbildung losgelbst und als schwarze Korner in der
pyogenen Membran und im Eiter erscheinen, erkennt man zunachst, daB
dieselben von ihrem Kolbensaum umgeben bleiben und der eiterigen
Schmelzung widerstehen. Die strahlige Pilzwucherung im Innern der¬
selben degeneriert aber allmahlich, so daB nun an Stelle derselben die
oben beschriebenen, strahligen, verzweigten Kanale auftreten, welche bis
an die Oberflache reichen und mit der Oberflache kommunizieren.
Solange die Pilzfaden vorhanden sind, enthalten die Korner gewohn¬
lich keinerlei andere Mikroorganismen, auch wenn dieselben von reich-
lich Kokken enthaltendem Eiter umgeben sind (Fig. 3.E).
3) Wenn aber die Pilzfaden geschwunden sind, beginnt die Ein-
wanderung der Kokken aus dem Eiter. Dieselben dringen durch die
geoffneten Kanale ein und vermehren sich hier reichlich, so daB sie die
Kanale iiberwuchern und einen groBen Teil der Korner einnehmen
(Fig. 1 K"). Dieser ProzeB erfolgt nicht nur an den losgelbsten Kornern,
sondern auch die in der AbsceBwand liegenden schwarzen Massen lassen
zunachst einen Schwund der Pilzfaden mit Kanalbildung (Fig. 2 Ka) und
hierauf die Invasion der Kokken ( B ) erkennen. Auch Fig. 1 zeigt, wie
die schwarzen Massen ( K ) in der aus zellreichem Bindegewebe bestehen-
den AbsceBwand von KanaieD durchzogen sind, und daB, sobald sich
bakterienhaltiges Granulationsgewebe ( G ) oder Eiter ( S ) denselben nahert.
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Babes u. Mironescu, Eine bisher nicht beschriebene Mykose des Menschen etc. H3
die Bakterien in dieselben eindringen und hier sich massenhaft vermehren.
Es ist demnach unzweifelhaft, daB die schwarzen Massen zwar durch ihren
kolbigen Saum von der eiterigen Resorption geschfitzt sind, und daB
Bakterien gewohnlich auch in die Pilzfaden enthaltenden Korner nicht
eindringen, daB aber, wenn die letzteren entartet sind, leere, mit der
Oberflache kommunizierende Kanfile entstehen, welche von Massen von
Bakterien eingenommen werden, welche in denselben einen gfinstigen
Nahrboden finden und sich hier ungemein vermehren.
Was die Gewebsveranderungen betrifft, welche durch die Parasiten
und die Bildung der schwarzen Massen verursacht werden, so bestehen
dieselben zunfichst in einer Bindegewebswucherung, welche in zum Teil
mehr zelliger Form die schwarzen Massen umgiebt, und gegen das
normale Gewebe zu sich in eine fibroblastische Wucherung fortsetzt,
indem hier das Gewebe aus dichten Lagen und Ziigen von groBen
Spindelzellen besteht, welche stellenweise ein Spindelzellensarkom vor-
tauschen konnen. Zwischen den Ziigen desselben finden sich aber nur
wenige, dickwandige GefaBe mit einer Zone von Granulationsgewebe
umgeben. Die Schicht von spindelzelligem Gewebe ist iibrigens nur
schmal und nicht liberall in der Umgebung des Abscesses zu finden,
dieselbe geht allmahlich in das derbe, homogene Gewebe fiber, welches
den AbsceB gegen den Knochen zu begrenzt.
Gegen das AbsceBlumen zu schmilzt das Granulationsgewebe, in¬
dem zahlreiche mononuklefire Zellen mit verblaBten Kernen und wenig
polynuklefire auftreten. Zwischen denselben findet sich eine reichliche
Wucherung des beschriebenen Coccus.
Derselbe kann auf kflntlichen Nfihrboden leicht gezfichtet werden;
so wie im Eiter stellt er sich auch in Kulturen als ein kleiner, zum
Teil in Form von etwas ovalen Diplokokken (Fig. 3D), zum Teil von
kurzen welligen Streptokokken (St), zum Teil in dichten, rundlichen
Haufen ( H ) angeordneter Coccus dar, welcher sich nach Gram farbt.
Auf Agar-Agar bildet er dem Streptococcus pyogenes ahnliche,
doch etwas groBere und mehr homogene, gelbliche, flache Kolonieen.
Er verflfissigt Gelatine nicht, wachst besser an der Oberflfiche als in
der Tiefe, trtibt Bouillon und verursacht schnell Milchgerinnung und
Saurebildung, jedoch keine Gasbildung. Auf Kartoffel bildet er eine
deutliche, etwas schleimige, weiBliche Schicht.
In den zahlreichen Nfihrbfiden, in welche die schwarzen Massen und
Korner eingesat wurden (Agar-Agar mit Glykose, mit Serum, mit Blut,
fflr Anaerobiose, Serum, Blut, Bindegewebe, Kartoffel etc.), entwickelte
sich entweder bioB der Coccus, oder aber wenige anderartige Kolonieen,
welche aber mit dem beschriebenen Fadenpilz nicht identifiziert werden
konnten.
Auch in Tierversuchen gelang es nicht, diesen Pilz zur Wucherung
zu bringen. Kaninchen, welchen die schwarze Masse in das retrobulbare
Gewebe gebracht wurde, gingen nach wenigen Tagen an Phlegmone
dieser Gegend und an allgemeiner Infektion zugrunde. Bei einem
Kaninchen entstand ein AbsceB, in welchem noch nach 3 Wochen der
Coccus, nicht aber die Pilzffiden oder Korner gefunden wurden. Spater
heilte der AbsceB aus. Die Einimpfung in den Bulbus erzeugte Pan¬
ophthalmitis. Die Einffihrung unter die Haut von Kaninchen, Mfiusen
und Meerschweinchen erzeugte ebenfalls Phlegmone, durch intraperitoneale
Impfung wurde manchmal Peritonitis erzeugt; gewohnlich aber wider-
standen zunachst die infizierten Kaninchen, gingen aber nach 2—4 Wochen,
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 2. 8
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
ohne Peritonitis zu zeigen und ohne daB Bakterien oder Pilze in den
Organen gefunden wurden, zugrunde.
Aber auch bei den wenigen Tieren, welche am Leben blieben und
nach 1—2 Monaten getbtet wurden, fanden sich keinerlei Veranderungen,
welche auf eine Wucherung des Pilzes bezogen werden konnten. Alle
eingegangenen Tiere zeigten durch den beschriebenen Coccus erzeugte
akute, lokale und allgemeine Infektion.
Offenbar hat demnach der Coccus, welcher beim Menschen infolge
der Pilzwucherung eingedrungen war und hauptsachlich fflr die Abscefi-
bildung verantwortlich gemacht werden muB, in den Tierversuchen und
in den Kulturen die Kultivierung und Vermehrung des Pilzes vereitelt.
Trotz dieser negativen Resultate ist aber schon
durch die histologische Untersuchung sichergestellt,
daB diesem Pilze die primare Rolle in der Krankheit
und in der Bildung der schwarzen Masse und Korner
zukommt, wahrend der Coccus bloB eine sekundare,
wenn auch wichtige Rolle spielt.
Wir miissen noch auf die Frage eingehen, welcher Art der Pilz
angehort, welcher diese eigentiimliche Erkrankung veranlafit hatte.
Derartige Pilzfaden mit Pseudoverzweigungen w&ren wohl als Cla-
dothrix anzusprecben, wenn wir in der Tat die Ueberzeugung hatten
gewinnen konnen, daB derselbe unter anderen Bedingungen nicht wahre
Verzweigungen, oder Mycel, oder Sporen, oder andere Bildungen auf-
weisen konne, welche demselben eine andere Stellung im System an-
weisen wurden. Namentlich konnen wir denselben kaum yon vegetativen
Formen gewisser Oidien scharf unterscheiden.
Es wird demnach geraten sein, solange, bis es nicht gelingen wird,
in einem neuen Fall Kulturen zu erzielen, die Frage der Zugehorigkeit
des Pilzes offen zu lassen, und einstweilen bloB mit einem gewissen
Grade von Wahrscheinlichkeit die Cladothrix-Natur derselben anzu-
nehmen. In der Tat sprechen die gleichartige Entwickelung der Faden,
deren Struktur, besonders die Pseudoramifikationen, der Mangel an
weiterer Differenzierung fur diese Annahme.
Der Sitz des Abscesses im inneren Augenwinkel und mehr oben
legen uns die Verrautung nahe, daB in unserem zweiten Falle die Er¬
krankung vielleicht von der Tranendriise ihren Ausgang genommen
habe. Jedenfalls wurde bei der Sektion die Druse nicht gefunden,
und fand sich in der Gegend derselben skleroses Gewebe. Wir wissen,
daB Verstopfungen des Trdnenganges durch einen Pilz, den Strepto-
thrix Forsteri, vorkommen. Derselbe bildet gewohnlich einen Filz
von feinen Faden, welcher mit den hier beschriebenen Faden nicht ver-
wechselt werden kann, allerdings konnte ich in einem Falle eine fast
erbsengroBe, braune Konkretion untersuchen, welche aus breiten, welligen
Faden mit Scheinverzweigungen bestand, welche als Cladothrix be-
zeichnet werden konnte 1 ). Doch handelte es sich um eine Konkretion
des Tranenkanals, welche bloB aus Pilzfaden bestand, und welche nicht
in das Gewebe eingedrungen war.
Man konnte allenfalls vermuten, daB einmal ein derartiger Parasit
von hier aus auch in das retrobulbare Gewebe eindringen und sich dort
akklimatisieren konnte, um dann in die beschriebene, eigentiimliche
Beziehung zum Bindegewebe zu treten, wie ich eine solche bisher
allerdings bei keiner anderen Infektion beobachteu konnte.
1) Cornil-Babes, Les bact<5ries. 1884.
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Babes u. Mironescu, Eine bisher nicht beschriebene Mykose des Meuschen etc. H5
Andererseits zeigen unsere Falle eine unverkennbare Aeknlichkeit
mit der schwarzen Varietat des MadurafuBes *). Auch bei demselben
handelt es sich urn chronische Abscesse, welche an den Knochen reichen,
und denselben zerstoren konnen, auch hier werden schwarze Korner
ausgeschieden. Aber der Madurapilz ist mit unserem Parasiten gar
nicht zu verwechseln, er ist von einer kompakten Masse eines feinen,
grampositiven Myceliums gebildet, nicht aber aus einer von dicken
Pilzfaden mit Pseudoramifikationen durchzogenen hyalinen Masse. Aller-
dings ist nicht ausgeschlossen, daB es auch Falle von MadurafuB gibt,
in welchen den unsrigen ahnliche Pilzfaden denselben ProzeB verursachen,
bisher aber wurden solche Falle nicht beschrieben. DaB der Madurapilz
auch an anderen Stellen, also auch am Kopfe, vorkommen kann, ist
bekannt, so daB wir vermuten konnen, daB vielleicht ahnliche, durch
unseren Pilz verursachte Falle auch in der Heimat des MadurafuBes
vorkommen, und mit dieser Erkrankung zusammengeworfen werden
konnten.
Es gibt bekanntlich auch Actinomyces-Formen, namentlich beim
Rinde, in welchen der Pilz schwarze, durch Eisenreaktion ausgezeichnete
Korner bildet. Auch habe ich in raeinem Beitrag zu Kolle-Wasser-
manns Handbuch schwarze Kulturen des Actinomyces abgebildet,
dennoch ist aber die Annahme einer derartigen schwarzen Varietat des
Actinomyces in unseren Fallen ganzlich ausgeschlossen, da es sich
in unseren Fallen, wie gesagt, nicht urn einen Streptothrix, nicht
um ein feines Pilzmycel, sondern urn dicke Pilzfaden handelt, welche
nicht durch ihre Massen die Korner bilden, sondern das Bindegewebe
in schwarze Massen umwandeln.
Es handelt sich demnach um eine eigentflmliche, bisher unseres
Wissens noch nicht beschriebene Mykose des Menschen.
Resume und SchluBfolgerungen.
In 2 Fallen wurden beim Menschen Abscesse beobachtet, in welchen
schwarze Korner gebildet wurden, welche sich aus Fisteln zugleich mit
Eiter entleerten. Die schwarzen Massen und Korner entstehen aus der
Umwandlung von Bindegewebsfasern, verursacht durch einen Fadenpilz
mit Pseudoramifikationen (Cladothrix?).
Wahrend in einem Falle der AbsceB in der Tiefe der Backe auf-
getreten war, und hier der Ursprung der schwarzen Massen nicht verfolgt
werden konnte, handelt es sich in einem anderen, genauer untersuchten
Fall um einen retrobulbaren AbsceB.
In diesem Falle konnte man die primare Rolle des Fadenpilzes und
die Umwandlung von Bindegewebsfasern zu schwarzen Massen genau
verfolgen und nachweisen, daB die Kokkeninvasion in dieselben einen
sekundaren ProzeB darstellt. In diesem Falle wurde die Schadelbasis
durch den AbsceB durchbrochen, und bildete sich ein GehirnabsceB,
welcher ebenfalls schwarze Korner enthielt und zum Tode fflhrte.
Es handelt sich demnach um eine eigentflmliche, bisher nicht be¬
schriebene, wohl seltene Mykose des Menschen.
1) Kolle-Wassermann, Mikroorganismen. Erganzungsheft 1.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Tafelerkl&rnng.
Fig. 1. Aus der Wand eines schwarze Korner entleerenden Ab¬
scesses des retrobulbiiren Gewebes. Farbung mittels Anilin-Safranin-Jod und
Gram-Weigertsche Methode. Geringe VergrbBerung.
K Schwarze Massen inmitten des die Abscefiwand bildenden Granulationsgewebes (g),
dieselben sind gelbbraun gefarbt, enthalten feine, leere Kanale (F) und sind von einem aus
rot gefarbten Kolben gebudeten Strahlenkranz eingesiiumt (#). Bei / erkennt man, daB die
schwarzen Massen und die Kolben sich in die umgebenden Bindegewebsfasern fortsetzen.
A" Schwarze Massen. in welche stellenweise Bakterienmassen (B) — ein Coccus —
durch die Kanale derselben eingewandert sind.
K" Schwarze Massen, welche grofie Mengen der Bakterien (B‘) beherbergen. Die¬
selben bilden verzweigte Zuge, welche die Grenze der Kanale im Innern der schwarzen
Masse iiberschritten haben. B“ auBerhalb der schwarzen Masse im Granulationsgewebe
wuchernde Kokken.
G Granulationsgewebe teils aus spindelzelligem Gewebe, teils aus Rundzellen ge-
bildet und hyaline Kugeln enthaltend.
Fig. 2. Schwarze Massen, eine unterbrochene Schicht der AbsceB-
wand bildend. Karmin-Gram-Farbung. Etwa 800-fach vergroBert.
SM Schicht der schwarzen Masse.
Bei 5 erkennt man die Zusammensetzung derselben aus Bindegewebsfasern, welche
quellen, zusammenflieBen und eine braune Farbung annehmen.
Ka Leere, verzweigte, zum Teil durch Quersepten abgeteilte Kanale, stellenweise
an den Enden erweitert. Die Kanale durchqueren die schwarze Schicht und offnen
sich zum Teil an der Oberflache derselben (0). In den schwarzen Massen erkennt man
homogene, rot gefarbte Elemente, welche wahrscheinlich Zellenreste darstellen (ZR).
B Hier dringen groBe Massen eines Diplo- und Streptococcus durch die
Oeffnung der Kanale in die schwarze Masse. Die Bakterien verbreiten sich in den
Kanalen und dringen auf diesem Wege (BK) in das uragebende Bindegewebe ( UB).
UB Uebergange des Bindegewebes in die schwarzen Massen und zerfallende Zellen
und Kerne («) in der Nachbarschaft der schwarzen Massen.
Fig. 3. Schwarze Massen. Teil eines etwa senfkorngroBen, schwar¬
zen Kornes aus der pyogenen Membran des Abscesses. Die schwarze Masse
ist mittels Safranin-Anilin-Jod und Gram-Weigert gefarbt.
Ka Man erkennt, daB die schwarze Masse aus dicken, verschroelzenden Fasern (B)
und aus einer feinkbrnigen Zwischensubstanz (>jr) besteht und von einem Saume rot
f efarbter Kolben (AT) umgeben ist, welche eine Fortsetzung dieser Fasern bilden. Die
lolben setzen sich nun ihrerseits in die umgebenden Bindegewebsfasern fort ( B‘).
F In diesen Massen erkennt man nun eine groBe Anzahl von Pilzfaden (/), welche
sich gegen die Peripherie zu verzweigen, indem die Enden derselben in (K‘) und zwischen
(K‘) den Kolben endigen. Die Fiiden lassen abgerundete, etwas verdickte Enden (c),
metachromatische Korperchen (m) und ovale, helle Stellen im Innern (e) erkennen. Ejs
handelt sich wohl um Pseudoramifikationen, obwohl stellenweise auch die Annahme
wahrer Verzweigungen nicht ausgeschlossen werden kann (i>).
E Eitrig zerfallendes Gewebe in der Umgebung der schwarzen Massen. Wahrend
in Fig. 1 die Bakterien in die leeren Kanale der Korner einwandern, sind dieselben in
die von Pilzfaden eingenommenen schwarzen Massen nicht eingedrungen. Es handelt
sich auch hier um massenhafte Diplokokken (<f), Streptokokken (St) und Bakterien-
haufen (IT), welche demselben Bakterium angehoren.
G AuBerdem finden sich hier Reste des Granulationsgewebes in Form von blassen,
entarteten, mononuklearen Rundzellen.
Fig. 4. Zeigt die Invasion des Bindegewebes durch die Faden-
pilze und die Umwandlung desselben zu schwarzen Massen; Farbung
wie oben. 500-fache VergroBerung.
J Schwarze Massen mit kolbigem Saum (S).
K Kolben, A” Uebergang der Kolben in Bindegewebsfasern, K" Fadenenden ent-
haltende Kolben.
F Die Fadenpilze dringen von hier aus in quastenformigen, verzweigten Biindeln
in das Bindegewebe und namentlich in die dickcn Bindegewebsfasern (J).
Dieselben werden infolgedessen homogen und braunlich verfarbt und flieBen zu
schwarzen Massen zusammcn, indem das zwischen denselben liegende Gewebe, namentlich
die Bindegewebszellen zu einer kornigen Masse entarten.
B Bindegewebsfasern, welche infolge der Invasion eines Pilzfadens kolbig abgerundet
und rotlich gefarbt erscheinen. BF Unveranderte Bindegewebsfasern der Umgebung.
(IB Derbes Bindegewebe. IB Lockeres Bindegewebe. BZ Gewucherte Bindegewebs-
elemente mit hyalinen Kugeln (IT).
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Gay and Southard, Significance of bacteria cultivated from the human cadaver. U7
Nachdruek verboten.
The significance of bacteria cultivated from the human
cadaver: A study of 100 cases of mental disease, with
blood and cerebrospinal fluid cultures and clinical and
histological correlations 1 ).
(From the Laboratory of the Danvers State Hospital, Hathorne, Massa¬
chusetts, and the Department of Neuropathology, Harvard Medical School,
Boston, Massachusetts, U. S. A.)
By F. P. Gay and E. E. Southard.
Routine cultures at autopsy have become in many clinics a cere¬
monial in which no attempt is made to solve the major problems of
autopsy bacteriology. Yet no one attempts to conceal the ambiguity
of many of the findings in routine autopsy cultures. All the way from
the direct and clear significance of general infection with organisms like
the Pneumococcus in lobar pneumonia or the typhoid bacillus in
typhoid fever through the familiar but more obscure conditions of “low
grade sepsis” and “terminal infection” down to those findings which we
are apt to term contaminations, we find relations of extreme and in¬
creasing complexity.
The ambiguity is especially marked in those instances in which
bacteria in smaller numbers and of less well recognized pathogenicity
are cultivated. Such findings have given rise to some skepticism as to
the intravital significance of any bacteria found without well known
relation to an obvious acute process.
It is clear that systematic cultures from the blood possess the
greatest value in establishing pathogenesis. Cultures from the viscera,
save in the case of local disease, can have only subordinate or corro¬
borative value. And cultures from the intact respiratory, alimentary,
and urinary tracts are liable to special criticism, unless the bacteria
cultivated therefrom can be rigorously and in all instances proved to
produce absorbable toxines.
Even the absolute value of blood cultures, especially those taken by
the ordinary method from the heart’s blood, have been called in question
by some observers. Thus Canon (1), on the basis of an extensive
experience, cannot deny the intravital significance of bacteria cultivated
from the heart’s blood in many instances, but considers that in many
other instances there has been a post mortem invasion of bacteria from
surrounding organs. Canon therefore resorts to the device of taking
cultures from peripheral veins of the extremities as less liable to con¬
tamination from the viscera and equally indicative of systemic intravital
blood infection. Gradwohl (2), on the basis of comparative heart’s
blood and arm vein cultures in fifty acute medicolegal cases, agrees
thoroughly with Canon. Gradwohl found that the arm vein gave
1) This work was done during the writers’ services (1906—1907 as Bacteriologist
and Pathologist respectively at the Danvers State Hospital. Important aid was rendered
by Dr. E. T. F. Richards, working under the Proctor Foundation for the Study of
Chronic Disease; by Dr. Anna H. Peabody, Assistant Physician, and Dr. Myrtelle
M. Can a van, Assistant Bacteriologist, Danvers State Hospital.
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118
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
positive cultures only in those cases that showed other evidences of
acute infection, whereas the heart’s blood gave positive results in a
higher percentage of cases.
Other writers, as Simmonds (3) and Otten (4), controvert these
opinions. Simmonds, on the basis of bacteriological examinations in
1200 cases, has almost unlimited confidence in heart’s blood cultures.
He regards post mortem invasion of the blood as extremely rare. He
carried out comparative peripheral vein cultures in fifty additional
cases (5) and lays emphasis on the greater ease with which a sufficient
quantity of blood can be obtained from the heart. Otten, on the basis
of 200 cases, agrees entirely with Simmonds.
Jochmann (6), in a recent review, inclines to a middle ground
and lays stress on the significance of sterile cultures.
The value of systematic heart’s blood cultures is doubted by no
one. The greater technical ease of heart’s blood cultures and the fact
that contamination does not seem to be definitely more likely than in
the case of arm vein cultures have led us to prefer the heart’s blood
as a source. In any event there remains considerable doubt as to the
intravital significance of positive cultures in many cases.
In our own work, adopting the heart’s blood as a source of syste¬
matic cultures, we have resorted to the novel expedient of paralleling
the blood cultures with cultures from the cerebrospinal fluid, aiming both
to support the evidence from the blood and to secure a line on terminal
conditions in the central nervous axis in chronic disease. Cultures from
local lesions, such as endocardial vegetations, thrombi, and acute otitis
media, were taken in special instances. In addition to parallel cultures
from heart’s blood and cerebrospinal fluid in 100 cases, we have briefly
though sufficiently correlated our findings with the clinical phenomena
in each case and have carried out special histological examinations in
each case to discover evidences of recent degenerative processes (Marchi
method).
Our material was all derived from the clinic of the Danvers State
Hospital for the Insane, Hathorne, Massachusetts. The cases autopsied
there are chiefly cases of chronic mental disease, in which acute in¬
fectious processes play no obvious part, but which succumb in exhaustive
conditions of obscure causation, rather often with bronchopneumonia and
with decubitus. Many of the cases are particularly adapted to the study
of the significance of positive cultures in chronic disease.
The cadavers are preserved at 0° C, which temperature, as we shall
presently see, renders the cultures taken at any interval post mortem
practically comparable and equally reliable as to intravital significance.
The histological material in our cases is also remarkably well preserved
by this method of storage.
Thorough autopsies, including the examination of the brain and
cord, are practised in virtually every case, and diligent histological
examinations are pursued with approved methods to determine the
possible relations of bacteria and lesions.
The problems that held our attention in this series of cases, beyond
the special diagnostic problems in each individual case, were as follows:
1) The proportion of positive cultures from the heart’s blood and
the cerebrospinal fluid in cases of chronic disease without obvious acute
lesions.
2) The relation of such positive findings to acute degenerative pro-
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Gay and Southard, Significance of bacteria cultivated from the human cadaver. H9
cesses, employing fatty changes in the nerve tissues, demonstrable by
the Mar chi method, as the most delicate and convincing evidence.
3) The conditions in sterile cases.
4) The occurrence of bacteria having possibly a special relation to
mental diseases or conditions.
Technique.
The technique employed in the bacteriological diagnosis of the heart’s
blood and cerebrospinal fluid was as follows:
Immediately on opening the pericardium, the right auricle of the
heart was presented, the surface seared and incised with a red hot knife,
and 1 to 1,5 c. c. of blood withdrawn by means of a glass pipette, freshly
drawn to a point from a piece of soft glass tubing of about 6 mm inside
measurement, previously stoppered at either end and sterilized by dry
heat. This blood was added to 10 c. c. of fluid agar and plated.
The brain was removed in toto after detaching the dura and severing
the cord in the upper cervical region. The organ was laid, with the ventral
surface up, on a board; the surface of the tuber cinereum was seared;
and 1 to 1,5 c. c. of cerebrospinal fluid removed in a sterilized pipette
through the infundibulum or by direct puncture into the third ventricle.
The plates were inverted and incubated at 37° C for from 18 to
24 hours and the bacterial species present were identified on the ordinary
media in the usual manner and the approximate number of colonies of
each organism present determined.
In our cultures from 100 cases contamination rendered diagnosis
impossible in 4 cases in the heart’s blood and in 7 cases in the cere¬
brospinal fluid. After excluding these contaminated cultures we found
that the heart’s blood gave positive cultures in 59% of all cases and
the cerebrospinal fluid in 72% of all cases. Differences in the amount
of blood used in making cultures renders a comparison of the results
of various observers not strictly accurate. We have intentionally used
a large amount of blood (or of cerebrospinal fluid) 1—1,5 c. c., larger
we believe than have previous observers, who do not however note the
amount in most instances. Our 41 % sterile heart’s blood cultures may
be compared with the results of G r a d w o h 1 22 % sterile; 011 en 42 %
and Simmonds 48%.
The plurality of positive cultures from the cerebrospinal fluid as
compared with the heart’s blood is striking enough. The preponderance
becomes however, more striking when taken in connection with the
numbers of colonies found in plates from the two sources. The plates
from the cerebrospinal fluid contained as a rule many more colonies
than did the parallel heart’s blood plates.
The first question likely to be raised concerning these data is this:
Are these results strictly comparable in view of the varying intervals
post mortem at which the cultures were taken? Is there not a danger
of post mortem invasion of both fluids from the intestinal or other con¬
taminated tracts?
The following table throws light on these questions.
This table indicates that there is very little difference in the percent¬
age of positive cultures from the heart’s blood and cerebrospinal fluid
at varying hours post mortem 1 ), if the cadavers are kept at 0°. The
1) Cultures from two cases autopsied, six and seven days post mortem respectively,
were sterile.
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120
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
bacteriological results obtained at varying periods post mortem would
therefore seem comparable. The table shows that there is no great
increase in bacteria in cadavers at low temperatures.
Table I.
Hours post mortem
Number of cases
Percentage of cases giving positive cultures
Heart’s blood
Cerebrospinal fluid
0— 2 hours
11
73%)
46 „ 67 %
83 J
82%)
75 „ 80%
83
2- 4 „
17
4- 6 „
6
6—12 „
17
67 „
58 „
12-24 „
30
63 „
86 „
24-48 „
11
S2 „
82 „
48 +
8
38 „
63 „
Total 100
Average 65 %
76%
Our results, therefore, though based on autopsies at various intervals
post mortem, are quite strictly comparable. The danger of contamination
must be limited to a brief interval immediately after death. Contamination
is definitely absent in the blood in 44 %, and in the cerebrospinal fluid
in 33 % °f our own series, viz. in the sterile cases. The conditions which
prevent these cases from infection or invasion must be explained by
workers who conceive wholesale post mortem invasions in the majority
of cases. In point of fact these older ideas are largely based upon data
obtained before the days of the cold box.
In explaining such results as these, we are reduced, consequently,
to choice between early post mortem invasion (sometimes absent owing
to unknown factors) and a true terminal intravital infection.
Upon either hypothesis, the parallel cultures from two sources such
as the heart’s blood and the cerebrospinal fluid assume considerable im¬
portance. All our a priori ideas would lead us to suppose that the cerebro¬
spinal fluid is less accessible to the exterior than is the blood. There is
no evidence that the subdural and subarachnoid spaces are closely related
with contaminated viscera as is the blood through the thoracic duct.
We, therefore, are inclined to believe that our findings in the cerebro¬
spinal fluid point rather definitely, if indirectly, to the intravital signifi¬
cance of bacteria found in the blood.
It has been rather an attractive hypothesis with some workers that
certain bacteriolytic substances present in the blood serum during life
are lost after death and that bacteria can therefore start growing pro¬
fusely after death unhindered by lysis. As a matter of fact it has been
already shown, by one of us (7), that the alexin, the substance in the blood
serum ultimately responsible for the destruction of bacteria is present
not only in the serum of living human beings but also to a still greater
extent in the serum of cadavers kept at 0°.
By the method devised to determine these facts we have tested for
the presence of alexin in the cerebrospinal fluid both before and after
death and found none to be present 1 ). It is evident then that there is
1) The method consists in adding to saturated sensitized cow corpuscles (i. e. red
blood corpuscles washed in normal saline and treated with an excess of inactivated
hemolytic serum [56°] from a rabbit immunized by repeated injections of cow blood)
varying amounts of the fluid to be tested for the presence of alexin. These saturated
corpuscles form in a given dose (1 c. c.) a relatively fixed unit by means of which
different bloods may be compared as to their alexic activity. Very minute amounts of
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Gay and Southard, Significance of bacteria cultivated from the human cadaver. 121
no extracellular mechanism for the disposal of bacteria in the cerebro¬
spinal fluid a fact, which would account for a greater number of organisms
there than in the heart’s blood (8). A paper by M’Kenzie and
Martin independently confirms this result (9).
So far, then, we have shown, not only that the supporters of the
post mortem invasion hypothesis must confine the invasion to a very
brief interval post mortem, but also that they must explain the conditions
of invasion in two separate tracts — the blood and the cerebrospinal
fluid. They must further take account of the presence of alexin in the
blood serum long after death. The greater numbers of organisms in the
cerebrospinal fluid we are inclined to explain through the total absence
of alexin before (as well as after) death.
In addition to this statistical evidence, we have possibly more con¬
vincing evidence from the tissues, evidence pointing, as we believe, to
cytolytic changes of undoubtedly intravital origin and perhaps related
with certain of the bacteria found.
Before describing these findings it is desirable to tabulate the parti¬
cular bacteria found.
Table II.
Incidence of certain, species of bacteria in 100 autopsied cases.
Organisms
Heart’s blood
Cerebrospinal fluid
Pyogenic Micrococci
26 cases
34 cases
B. coli aerogenes group
11 „
25 „
Streptococci
8 „
2 „
Pneumococci
3 „
0 „
B. proteus group
0 „
7 „
B. mucosus capsulatus
2 „
1
B. pyocyaneus
0 „
1 „
Unidentified Micrococci
8 „
6 „
„ Bacilli
13 „
We were surprised to find that in about one ha!
f the cases the same
bacterial species were found in both sources. These results are more
striking when it is remembered that many of the cases were cases of mixed
infection in which large fluctuations may be looked for in various platings.
The rather close specific correspondence in bacteria from the two
loci, as exhibited in Table II, is another distinctive datum which the
supporters of the post mortem invasion hypothesis must take account of.
A further analysis must obviously concern itself largely with differ¬
ences shown by the two larger fractions of our series in which on the
one hand the pyogenic micrococci and on the other hand members of
the colon-aerogenes group are found. A third group, probably of less
importance, contains various rarer organisms or unidentified organisms
or organisms of known significance (Pneumococcus, Bacillus
mucosus capsulatus, etc.). And a fourth group, that of the sterile
cases demands special attention.
blood serum 1 / eo — '/to c. c. suffice completely to hemolyze a “hemolytic unit”, and yet
*/; 0 of a cubic centimeter of cerebrospinal fluid produces not a trace of hemolysis. In
Dine cases the cerebrospinal fluid from living cases was tested and in ten cases the
fluid from cadavers, in these doses, and with uniformly negative results. That this
lack of hemolysis is not due to the presence of some antialexic antagonistic substance
iu the cerebrospinal fluid was shown by adding a trace of fresh serum to the mixture,
in which case hemolysis rapidly took place.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Before proceeding with the general analysis of our series split into
these groups, it may be well to say that we could find no relation be¬
tween proportion of positive cultures and age, sex, or mental disease.
The relation of bacteria to a certain disease, general paresis of the
insane, requires special mention.
As is well known, Ford Robertson (8), O’Brien (9) and others
claim to have discovered an organism of etiological significance in cases
of general paresis. Ford Robertson has described a diphtheroid
organism obtained from the “inflamed gastro-intestinal tract, bronchi,
lungs, brain etc.” of patients dead of general paralysis which he has
persistently attempted to differentiate from other individuals of the same
group. O’Brien has found the same or similar organisms in the urine
of general paretics. The work has not been sufficiently controlled by
cultures from cases of diseases other than general paresis. Any result
based on cultures from the sources mentioned, with the exception of the
brain cultures (Ford Robertson), must of course be treated with great
scepticism. This is particularly true when we consider that Hoag (10)
has described a diphtheroid organism as occurring rather commonly in
cultures from the lungs both of general paretics and of non-paretics.
Stanziale (11) notes that the organism most frequently present in the
urethra, next to micrococci, is a diphtheroid organism. Our autopsied
cases include 16 cases of general paralysis; in none of the cultures from
the heart’s blood or cerebro-spinal of these cases have we found a
diphtheroid organism.
For the convenience of future workers, we here introduce a table
of our findings in thirteen cases of paresis. In addition to the cultures
from heart’s blood and cerebro-spinal fluid, we made cultures in twelve
cases from the brain tissus, selecting the left inferior frontal gyrus; these
latter cultures remained sterile save in two instances.
Table III.
Bacteriological findings in autopsies of general paretics.
5 e
3 3
X
G>
c n
<U
<
Hours post
mortem
Heart’s blood
Cerebrospinal fluid
Brain tissue (Broca)
1084
F
46
9
contamination
Micrococci not identified
sterile
1087
M
44
8
Staphylococcus albus
Bacillus coli communis
Staphylococcus albus
1119
M
47
21
sterile
Staphylococcus albus
Micrococcus notidentified
1122
M
35
23
sterile
1123
F
28
6
1126
M
47
4
Micrococci not identified
1129
F
37
36
Staphylococcus albus
sterile
1131
M
35
6
Bact. tenue
Micrococcus concentricus
1141
M
45
2
Staphylococcus albus
Staphylococcus albus,
„ cereus
»
1147
M
45
1
Pneumococcus
„ citreus
1157
M
44
6
Streptococcus
sterile
sterile
1161
M
42
16
Bacillus coli communis
1180
M
40
17
Staphylococcus cereus, sterile
As will be seen, we failed to secure diphtheroid organisms from the
chosen loci in any case. Whatever be the significance of the organisms
which we did recover (whether they indicate agonal infection or post
mortem invasion), it is clear that the occurrence bears no necessary re-
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Gay and Southard, Significance of bacteria cultivated from the human cadaver. 123
lation to the disease general paresis. Suppose that the cocci found are
an incident of ward infection or that they represent a laboratory artefact,
it is obvious that another series of cultures at a different period in the
hospital or laboratory history might reveal numerous infections or in¬
vasions by members of the diphtheroid group. We know next to nothing
of the variations in hospital flora, particularly of the non-pathogenic or
common pathogenic flora, over long periods. We therefore venture to
suggest that Ford Robertson may have been dealing with a period
in the history of his source of material in which a diphtheroid flora
prevailed. His findings, accordingly, may be accorded a certain secon¬
dary significance in the disease general paresis, but perhaps not more
than our own as just recorded. As terminal or intercurreut invaders, (we
should be inclined to hold) such bacteria may possibly play a part in
the complete pathogenesis of general paresis.
As a good example of the particular significance of a terminal in¬
vader whose importance cannot be doubted, we may refer to a case
studied subsequent to this series by two of the writers [E. E. S. and
E. T. F. R. (14)]. In this case of general paresis, Bacillus typhosus
was cultivated from the cerebrospinal fluid, and also from a swollen
mesenteric lymphnode, although not from the heart’s blood, and histo¬
logical evidence was forthcoming of the effects of the bacillus in pro¬
curing actual acute leptomeningitis which could readily be distinguished,
by its content of polynuclear leucocytes, from the older paretic exudate.
Correlations between clinical histories, histopathology,
and bacteriology.
In order to work out the relationships of the groups of organisms
found, extensive tabulations have been made dealing chiefly with three
groups of facts. 1) The clinical history so far as relevant, with special
reference to the character and duration of the terminal disease. 2) The
histopathology, including its bearing on non-bacterial causes of degener¬
ation, but with special reference to the Mar chi findings in the spinal
cord as an index of the degree and duration of degenerative processes
possibly due to bacteria, and 3) the bacteriology of the blood and cerebro¬
spinal fluid. Numerous accessory facts have also been included in our
tables, as age, sex, mental disease and duration, interval of autopsy
post mortem, bacteriological findings elsewhere than in the chosen loci,
the state of nutrition, the structural findings in the major organs and
tissues.
We have made chief use, however, of the three groups of facts
enumerated above. No two of the groups, however faithfully correlated
in parallel columns, were found to yield a decisive deduction. Thus, it
proved of no avail to correlate terminal disease and bacteriology or
bacteriology and Mar chi degeneration. The cases which fell out of these
correlations as belonging to positive or negative groups failed to corre¬
spond with each other in a convincing degree.
Using the comparative data of all three groups we became at once
far more successful in deductions.
Our synthesis turned out to be largely a matter of time-relations,
such as the duration of the terminal illness, the time in which the
bacteria found might be assumed to have been producing effects, and
the time in which indisputable changes in the nervous system are
brought about.
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124
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
The best and most reliable method we possess for demonstrating
the results of acute injury in nerve fibers is the Mar chi method. The
method is an application of the osmic acid method for demonstrating fat
and depends upon the observation by Mar chi and Algeri that a
hardening of nerve tissues in Muller’s fluid, prior to the osmic acid
impregnation, will throw out lecithin and other lipoid substances and
permit an elective impregnation of fat. This elective impregnation is the
result of the application of a mixture of Muller’s fluid and osmic acid.
Although this method has received its widest application in the field
of secondary (Wallerian) degenerations and in fact has served as the
cornerstone of an important branch of classical neuropathology, yet it
has served to bring out also certain primary degenerations. In this
field many workers have felt less confidence, since the pictures are far
more equivocal than the tract-wise distributions seen in Wallerian
degeneration and since so-called “normal” fat in the nervous system has
been widely recognized. This “normal” fat, occurring in the raphe and
arcuate fibers of the bulb, in the roots of certain cranial nerves (especially
the oculomotor) in the posterior root-zones of the spinal cord, and in
artificially crushed nerves, is, however, less subject to faulty interpretation
than has been supposed. Recent work has vindicated the use of this
method for toxic degenerations (as well as for the classical Wallerian
degenerations) and has gone far to support the original observations of
Gombault (17) upon the so-called periaxial segmentary degenerations
of peripheral nerve fibers, which he worked out with the osmic acid
method alone in 188G. More recent work by St ran sky has comple¬
tely confirmed and extended Gombault’s work. In this type of de¬
generation, normal stretches of nerve fiber alternate with degenerated
stretches (hence, “segmentary”) and the earliest deposits of fat occur in
the myelin sheath and not in the axis-cylinder (hence, “periaxial”).
It is a type of central fibre degeneration resembling the peripheral
fiber degeneration type of Gombault and of Stransky upon which
we have relied in the present investigation of spinal cords. Not that
Wallerian degenerations fail to occur and to be demonstrated in many
of our “organic” cases, but it is not upon these that we count in eluci¬
dating the possible effects of bacteria and bacterial toxins on the nervous
system.
There is also little doubt that the signs of “degeneration” in the
nervous system, as elsewhere, may be very rapidly produced, perhaps in
some conditions with extreme rapidity (19). Nevertheless we have not
felt that such cataclysmic alterations were to be expected in the vast
majority of our cases and especially not as a result of the action of
microorganism like Bacillus coli communis, upon which, as will
be seen presently, we lay the greatest stress.
We have, therefore, assumed that a period of four days would permit
the development of alterations of a classical and undeniable type and
have investigated our clinical histories with the special object of learning
whether terminal acute conditions of at least this duration had occured.
We must not be understood, however, as committed to the idea that all
the definite Marchi degenerations found have required this period for
their production.
The bacteriologically negative cases demand primary con¬
sideration. The nine cases are presented in Table IV, but further investi¬
gation proves that but one is above suspicion bacteriologically.
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Gay and Southard, Significance of bacteria caltivated from the human cadaver. \2o
Table IV.
Cases with blood and cerebrospinal fluid sterile.
Autonsy-
Nu tuber
Sex
Age
Hours
post
mortem
Mental disease
Duration of
terminal disease
1105
M
86
4
Epilepsy; dementia
10 davs
1136
M
46
9
Epilepsy; cerebral glioma 1 to
2 years
12 hours
1139
F
77
4
Manic-depressive insanity
37 vears; arteriosclerosis
2 (possibly 12) days
1165
F
59
144
Dementia praecox 27 years,
2 (possibly 7) days
1168
F
24
78
I Dementia praecox, 4 years
Organic dementia, 4 years
S months
1179
M
72
8
2 years
1218
F
00
22
Alcoholic dementia, 22 vears
6 ybars
1222
M
I 71
1
Dementia, 10 years
4 days
1224
F
62
168
Epilepsy, 13 + years
2 days
A closer analysis of these nine cases shows that six of them very
probably do not belong to the sterile category and that their classification
therein is due to inappropriate technique for bringing out the bacteria
concerned. Thus, 1139 showed exstensive double bronchopneumonia
with swelling of regionary lymphnodes; 1165 showed bilateral broncho¬
pneumonia and tuberculosis with cavitation of both apices; 1168 showed
extensive double phthisis whith lymphnode involvement and early throm¬
bosis of vena cava and one common iliac vein; 1218 showed extensive
carcinoma of face with destruction of orbit and exstensive cerebrospinal
purulent meningitis from which poorly staining bacilli were demonstrated
in smear but failed to grow in the culture media used; 1222 showed
an extensive old periappendiceal abscess with openings into inflamed
bladder and rectum, as well as bronchopneumonia; and 1224 showed
bilateral bronchopneumonia and lymphnoditis. It seems remarkable that
these six cases failed to yield bacteria from either blood or cerebrospinal fluid.
It is at any rate almost certain that bacteria played a part in the fatal
issues of these cases. Very probably the use of blood-agar media might
have revealed the pneumococcus in some of the cases, or anaerobic
cultures might have secured positive results. Of the remaining three
cases, 1105 and 1136 undoubtedly owe their deaths directly to heightened
intracranial pressure, in the former case following 10 days after multiple
cerebral hemorrhages of traumatic origin, in the latter produced by an
extensive glioma. But 1105 also showed lobar pneumonia (right middle
lobe) as well as a large area of sacral decubitus, while 1136 also showed
an acute splenitis, together with ecchymoses of stomach, duodenum, and
urinary bladder. It is possible, therefore, that improved technique might
have shown bacteria in these cases also, leaving 1179 as the sole case in
which freedom from bacteria (in the two sources studied) can be alleged.
Against the bacterial purity of 1179, we can only bring the occurence
of fatty myocarditis, hypostatic congestion of lungs, and a few patches
of recent thrombosis in the aortic wall above the bifurcation. The patient
had suffered from organic dementia four years and gradually succumbed
to exhaustion after two years of chronic myocarditis and nephritis.
The histological conditions of these cases, using the spinal cord as
index, are important. 1179 showed numerous small cysts of softening
in the spinal cord itself, so that the discovery of Mar chi degenerations
therein is not surprising. The arteriosclerosis in this case extended to
the finest branches throughout brain and cord to a degree seldom ob-
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126
Centralbl. f. Bakt. I. etc. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
served. The evidence of recent and progressive fiber destruction was
everywhere clear. Fat-laden phagocytes were scattered through the
meninges and the perivascular spaces. Both crossed and direct pyra¬
midal tracts showed numerous large blackened fibers at several levels.
There was a considerable scattering of smaller black points at large in
both white and gray matter. It was noteworthy that the vascular endo-
thelia were free from fat. It is open to assume that the diffuse changes
found are the result of focal vascular lesions or to changes incidental in
exhaustion. While bacteria cannot be absolutely excluded from playing
a part in the process, it seems possible that focal changes of arterio¬
sclerotic type can bring about the picture of diffuse scattered blackenings
in the spinal white matter.
1105 and 1136, being relatively, if not absolutely, free from the
charge of bacterial infection, are second only in histological importance
to case 1179. 1105, on closer inspection, falls into the class with 1179.
One small cyst of softening was found in the cervical cord, and several
small hemorrhages were found in the spinal gray matter in the thoracic
and lumbar regions. These findings in a man of 86 with epilepsy and
dementia of long standing, coupled with the preponderance of blackenings
in the gray matter which is likewise the seat of preponderant lesions,
go far to prove that the Marchi degenerations are endogenous products
of local injury to the tissues.
1136, like 1105, shows very little fatty degeneration in the spinal
cord. Diffusely scattered small black dots occur throughout the white
matter, so small as to require about 600 magnifications to bring them
out. As in 1179, the vascular endothelia are largely free from fat. The
terminal convulsions in this case, obviously related with a cerebral glioma,
lasted but twelve hours. Possibly, however, the conditions antedating
the discharge lasted longer than twelve hours. In any event it is un¬
wise to regard the spinal cord of a subject with extensive cerebral glioma
as wholly above suspicion with respect to degenerations.
All things considered, however, it appears from this group of tissues
that diffusely scattered Mar chi degenerations of slight degree may
occur independently of bacteria and that they are most likely to occur
in association with extensive organic disease of the nervous system
(arteriosclerosis, tumor).
The histologically negative cases number 10, though 14
others showed but slight changes. (Cases with pyramidal tract disease
or other lesions obviously due to extraspinal destructive lesions have
been included in this “negative” group, since such disease was regarded
as without immediate bacterial origin.) The pyogens dominate this group,
and B. coli is infrequent (see table Y).
From Table V it appears that B. coli is seldom associated with cases
exhibiting normal white matter (as judged by Marchi impregnations), and
that, when B. coli is found in the cerebrospinal fluid in the presence of
normal white matter, the duration of the terminal disease is brief and the
organisms are in small numbers (1134, 1144).
A similar correlation of terminal disease and bacteriology with those
cases showing positive but slight blackenings in the white matter (fourteen
cases) yielded a similar result. Three of these fourteen cases (1107,
1184, 1213) yielded B. coli from the cerebrospinal (none from the blood);
and the durations of the terminal diseases in these cases were brief
(1107 recent general fibrinopurulent peritonitis from carcinomatous ulce-
.1
V;
ill
;3C
a i
io
« I
h
ini
56
in
‘d
*:
'tit
till
^1
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Gay and Southard, Significance of bacteria cultivated from the human cadaver. 127
ration of colon; 1184 exhaustion of a few days standing in an imbecile
42 years old; 1213 purulent otitis media with mastoiditis and rupture
of drumhead 5 days before death).
Table V.
The bacteriology of cases which did not show diffuse fatty changes
in the spinal white matter.
No.
Sex
Age
Hours
post
mortem
Katamnesis
Blood
Cerebrospinal
fluid
1097
M
29
14
Phthisis, 1 + years
B. ambiguus
Albus; aureus;
unindentified
Bac.
1099
M
67
13
Ileocolitis, 1 week
0
B. prot. vulg.;
B.prot.Zenkeri
1113
F
64
25
Diarrhoea, 16 davs
albus
albus
1123
F
28
6
Endocarditis 9 + days
0
albus
1134
F
66
3
Bronchopneumonia, dura¬
tion brief
B. fuscus
B. coli, 25 col.
1142
M
81
7
Pneumonia and retraction
of head, several days
aureus
contaminated
1144
M
69
26
lobar pneumonia, 2 days
exhaustion, months
Streptococcus; albus
B. coli, one col.
1145
F
37
22
cereus; M. nivalis
0
1148
F
25
4
acute symptoms, 2 days
0
albus
1155
M
63
1
Bronchopneumonia, dura¬
tion?
0
citreus
Taken together, accordingly, the study both of cases without diffuse
fatty changes in the spinal white matter and of cases with very slight
degenerative changes points to the inability of the pyogens to produce
such degenerations. Moreover, there is a conspicuous absence of B. coli
in this histologically negative group, besides which the few cases which
do show B. coli are characterized by brief terminal diseases, too brief
to permit Mar chi degeneration to become prominant.
It is obvious that a study of the effects of the pyogens as a group
as against the effects of the colon-aerogenes group will prove instructive.
It must be emphasized that the pyogens may well be doing considerable
functional harm to the nervous tissue but at a rate too rapid for regist¬
ration by the Mar chi method.
Having dealt with the bacteriologically negative group and the
histologically negative group, it is important to consider the clinically
negative group. It would be pertinent to inquire what cases in such
a series could be clinically, negative. Is there not a suspicion that any
or all these cases might show effects in the tissues or favor the invasion
(ante or post mortem) of bacteria which would secondarily affect the
tissues? It has seemed to us, however, that cases having a terminal
acute disease of less than four days’ duration or cases of sudden or
very rapid death might be assumed to be clinically negative for
the purposes of this correlation. Such cases, though they might
permit or even favor bacterial invasion, would not exhibit any effects
thereof as demonstrable by such a method as that of Mar chi. Or, if
the terminal symptoms were due to bacteria which had been working
silently for some time previous, then appropriate reactions should be
discoverable in the tissues (see table VI).
Two of the above thirty-one cases promised to be instructive (1104
with death shortly after suffocation with tobacco and 1159 with death
in five minutes after rupture of heart). 1104 proved to have small
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128
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
hemorrhages in the spinal gray matter and showed acute root and
posterior column degeneration, and it must remain doubtful what in¬
fluence the staphylococci in the cerebrospinal fluid excited. 1159 showed
more marked generalized blackenings (as also well-marked unilateral
pyramidal tract degeneration), and here it is possible that B. coli in
the cerebrospinal fluid played a part in the generalized degeneration.
Table VI.
The bacteriology in cases of terminal disease with assigned duration
of four days or less.
No.
Sex
Age
Hours
post
mortem
Katamnesis
Blood
Cerebrospinal fluid
1084
F
46
9
Convulsions, 4 days
Contaminated
Micrococci, uniden¬
tified
1090
F
57
45
Convulsions, 2 days
B. coli;B. flavus?
B. coli
1103
F
71
96
Bronchopneumonia, 3 days
Streptococcus
Streptococcus; B.
pyocyaneus; uu-
lndentified Diplo-
bacillus
1104
M
50
23
Occlusion of larynx
0
albus and aureus
1110
M
60
3
Otitis media, 2 + days
Contaminated
M. citreus
1114
F
79
26
Fever, 3 days
albus
albus
1117
M
73
3
Pneumonia, 4 + days
M. aurantiacus
contaminated
1130
F
56
12
Fever, a few days
B. coli, M. aero-
/*An A Cl
0
1135
F
28
8
Pneumonia 3 days
genes
0
M. concentricus
1136
M
46
9
Convulsions, 12 hours
0
0
1139
F
77
4
Bronchopneumonia, 2 days
0
0
1140
M
63
16
Cerebral hemorrhage,2 days
M. albus
contaminated
1142
M
81
7
Recent pneumonia with
retraction of head
M. aureus
contaminated
1144
M
69
26
Lobar pneumonia, 2 days
Streptoccocus ;
M. albus
B. coli
1148
F
25
4
Acute symptoms, 2 days
0
M. albus
1149
M
57
4
Perforation of peritoneum,
2 days
Recent pneumonia
B. coli *
0
1150
M
78
4
0
B. coli
1151
F
38
4
Pneumonia and colitis,! Pneumococcus
2 days
M. citreus
1159
F
68
20
Rupture of heart
0
B. coli
1165
F
59
144
Fainting spell, 2 days ante
mortem
0
0
1166
F
61
17
Coma, 2 days
SI. cereus
B. coli
1173
F
65
1
Fever a few days
M. aurantiacus
B. coli
1174
F
48
45
Hemorrhagic pancreatitis,
3 days
Lobar pneumonia, 2 days
B. coli
B. coli
1178
M
71
27
M. albus
0
1181
F
77
6
Bronchopneumonia, 3 days
Streptococcus
M. albus; unindeu-
tified Bacillus
1182
F
72
69
Vomiting and weakness
2 days; death sudden
0
1184
F
42
15
Exhaustion, a few days
M. albus
B. coli
1186
F
33
22
Purpura haemorrhagica,
3 days
M. albus
M. albus
1214
M
66
12
Bronchopneumonia, recent
B. coli
0
1222
M
70
1
Bronchopneumonia, 4 days
0
0
1224
F
63
168
Acute symptoms, 2 days
0
0
Nine of the thirty-one cases failed to show diffuse degenerations
(1110, 1135, 1136, 1140, 1142, 1144, 1148, 1181, 1184). The two cases
showing B. coli from this group of nine showed: 1144, blackened fibers
in posterior columns and in parts of anterolateral columns, as well as
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Gay and Southard, Significance of bacteria cultivated from the human cadaver. 129
a bilateral pyramidal tract degeneration, but failed to give the impression
of a generalized process; 1184, diffuse changes in lumbar sections, but
not so marked above (there had been a sloughing of perineal tissues of
some standing in this case).
Of the residue from this group of thirty-one cases, viz. twenty-three,
1139, 1222 and 1224 have been discussed under the bacteriologically
negative cases and, as 1139 was an arteriosclerotic of seventy-seven
years, 1222 for ten years a dement at seventy-one, and 1224 an epileptic
of over 12 years’ standing at sixty-two years, these cases are scarcely
pure cases in which to test the effects of a given recent infection.
Autopsy bacteriology of 100 cases of mental disease.
100 cases
from heart’s
blood and cerebrospinal fluid.
90 cases with no
contaminations
either source.
9 cases, both sterile.
41 cases, both positive.
56 cases heart’s blood positive.
67 cases cerebrospinal fluid positive.
14 cases only heart’s blood positive.
26 cases only cerebrospinal fluid positive.
tions in the spinal cord. (Three levels examined.)
90 cases showing
Marchi degenera-
76 cases showing marked
Marchi alterations.
69 cases (“clinically positive”)
I having terminal acute disease or
condition over four days in duration (period permitting the production of demonstrable
fatty changes in the nervous system).
10 cases chosen as showing the most severe degenerations in white and gray
matter of spinal cord; 9 yielded Bacillus coli communis.
18 cases yielding 40 or more colonies of Bacillus coli coinmunis
from one or each source, 8 showed extreme degrees of Marchi degene¬
ration, 5 relatively severe changes (intraspinal and intraradicular), and
the 5 remaining cases showed considerable intraspinal change.
13 cases showing generalized softening of brain tissue (“general encephalo-
malacia”); 10 yielded Bacillus coli communis.
Removing thirteen more cases from our series as impure fields of
study on the score of arteriosclerosis (1084, 1090, 1103, 1114, 1117,
1150, 1151, 1166, 1173, 1174, 1178, 1182, 1214), we remain with four
cases (1130, 1149, 1165, 1186) in which degenerations of diffuse character
accompany an assigned duration of terminal disease of four days or less.
These four cases prove to be, on further examination: 1130, a general
paretic with lung abscess, purulent pleuritis, and extensive decubitus;
1149, a long-standing primary dement with bilateral tuberculosis of lungs;
Erste Abt. Orig. Bd. 56. Heft 2. 9
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130
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
tuberculous ulcer of colon, and caseous mesenteric lymphnodes; 1166, a
long standing primary dement with bilateral phthisis of lungs and
extensive calcification and ulceration of aorta (cerebral arteriosclerosis
absent); and 1186, a case of acute delirium of a month’s duration with
purpuric disease lasting three days.
It appears, consequently, that this whole group (with the possible
exception of 1186, which requires special study) is scarcely a pure field
in which to study the uncomplicated effects of terminal infections upon
the nervous system.
The most important line of attack upon the data seemed to be a
consideration of the effects of the colon-aerogenes group as opposed to
the pyogens, in case it prove feasible to disengage the effects of these
organisms from the effects of chronic and progressive disease.
Our general results at this point are that our material shows too
much “organic” disease to admit perfect correlations, but that, in the
face of this fact, 29 °/ 0 of our clinically negative (four day or shorter)
cases do fail to show diffuse fatty degenerations in the spinal cord
(employed as test object). The proportion of histologically negative cases
in the whole series, it will be remembered, is but 10 %, so that there
are virtually three times as many clinically and histologically
negative cases (in a series of 31) as there are histologically nega¬
tive cases (in a series) of 100).
Numerous correlations have been made between the occurrence of
degenerations and various microorganisms. The most surprising corre¬
lation was that in a series of ten cases showing the most marked spinal
degenerations. 9 of these ten cases yielded Bacillus coli communis,
8 in large numbers 1 ).
This result suggested an analysis of those cases yielding at least
40 colonies of Bacillus coli communis from one or each source.
Including 8 of the cases just mentioned, there are 18 cases in this group.
Besides the 8 severest cases (Marchi), 5 more of this group showed
a combination of changes in the peripheral roots and within the cord,
which must be regarded as showing relatively severe involvement, and
no case failed to show diffuse intraspinal degenerations. Thus, 13 of 18
cases showing Bacillus coli communis in numbers of 40 colonies
or over in at least one source showed severe or relatively severe acute
alterations of the nervous system (Marchi preparations of three levels
of the spinal cord as indicators), and all without exception showed intra¬
spinal changes.
1) The data in these cases are as follows:
No.
Sex
Age
Hours post
mortem
Colonies of B. coli
Blood
Cerebrospinal fluid
1090
F
57
45
5
50
1092
F
80
20
300
(B. proteus, 40)
1118
F
53
20
(Streptococcus, 100)
100
1130
F
56
12
100
0
1144
M
69
26
(Streptococcus, 100)
1
1161
M
42
16
0
100
1164
M
48
7
(Streptococcus, 100)
40
1106
F
61
17
100
5
1214
M
65
12
100
0
1223
M
70
20
(Staphyl. innumerable)
(Staphylococcus, 3)
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Gay and Southard, Significance of bacteria cultivated from the human cadaver. J31
It seems scarcely possible to escape the conclusion that there is
some important correlation here.
We were struck with the relation of Bacillus coli communis
to the condition of general encephalomalacia (generalized reduction of
brain consistence) in certain cases. This is of course an extremely severe
alteration of brain tissues, and is difficult at first sight to distinguish
from post mortem softening (see a paper (20) by one of the writers
(E. E. S.) and M. B. Hodskins). There were 15 cases in which this
anatomical diagnosis was made in our series. 2 of these unfortunately
yielded contaminations, but of the remaining 13, 10 showed Bacillus
coli communis, 1 showed a bacillus not identified, 1 albus, and
1 unidentified micrococci. Since the general proportion of Bacillus
coli communis in such a series cannot safely be placed above 1 in
4 or, at most, 3 cases, the chance that this correlation will prove signi¬
ficant is very good. It is hoped that an intensive study of this group
of cases can be made.
Conclusions.
1) The results of bacterial cultivations from the heart’s blood and
the cerebrospinal fluid post mortem in 100 cases of mental disease have
been correlated with the histopathological findings (Marchi impregna¬
tions of the spinal cord at three levels) and the clinical histories, having
special reference to a history of terminal disease over or under four
days’ duration (regarded as a period in which typical Mar chi alterations
might ensue).
2) The bacteria were cultivated upon agar plates inoculated with 1
to 1.5 c.c. heart’s blood and others with the same amount of cerebro¬
spinal fluid. The cerebrospinal fluid was removed from the third ventricle
through the infundibulum, severed at its origin.
3) 41 °/ 0 of our heart’s blood cultures remained sterile (cf. Grad-
wohl, 22%'» Otten, 42%; Simmonds, 48 %.)
4) 28 % of the cerebrospinal fluid cultures remained sterile.
5) Under the conditions of our laboratory, the statistics show (Table I)
that there is no significant difference in the percentage of positive cul¬
tures from either source at varying hours post mortem and that the
danger of contamination must be limited to a brief interval after death.
6) Our findings point definitely, if indirectly, to the intravital signi¬
ficance of the bacteria found, despite the fact that in no particular in¬
stance is the chain of evidence complete.
7) Since the same bacteriolytic substances are found in blood serum
both before and for some time after death, there is no reason for sup¬
posing that bacteria can grow better post mortem.
8) We now show that bacteriolytic substances are absent in the
cerebrospinal fluid, so that there appears to exist therein no extra¬
cellular mechanism for the disposal of bacteria.
9) The facts just stated (7 and 8) may account for the higher
percentage of organisms in the cerebrospinal fluid.
9*
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132
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 2.
10) Among the facts concerning the incidence of bacterial forms
(Table II) are these: cocci were found in the blood in 26 cases, in the
cerebrospinal fluid in 34 cases; streptococci, blood, 8 times, cerebrospinal
fluid, twice; pneumococci, blood, 3 times; B. coli aerogenes group,
blood, 11 times, cerebrospinal fluid, 25 times; B. proteus group, cerebro¬
spinal fluid, 7 times.
11) The absence of diphtheroid organisms from our series is note¬
worthy, since in previous years cultivations at the Danvers Hospital
had yielded such organisms in several cases.
12) Cultivations from thirten general paretics are listed (Table III);
in the positive cases, cocci prevail.
13) Nine bacteriologically negative cases are listed (Table IV); reasons
are adduced for certain histopathological changes, possibly independent
of bacteria, in these cases.
14) Ten cases which failed to show specified histopathological changes
are listed (Table V), from which it appears that Bacillus coli is not
found associated with such cases unless the terminal disease happens to
to have been brief. On the other hand, cocci are a frequent finding in
this group.
15) Thirty-one cases which had terminal symptoms less than four
days in duration are listed (Table VI); 29 % of these failed to show
spinal cord degenerations by the Mar chi method (as against 10% in
the total series).
16) Of ten cases selected as showing most numerous spinal fatty
degenerations (diffusely scattered blackenings in white and gray matter),
nine showed Bacillus coli communis either in heart’s blood or in
cerebrospinal fluid or in both, and eight in large numbers.
17) Of 18 cases yielding 40 or more colonies of Bacillus coli
communis from one or each source, 8 showed extreme degrees of
Mar chi degeneration, 5 relatively severe changes (intraspinal and intra-
radicular), and the 5 remaining cases showed considerable intraspinal change.
18) Of 13 cases showing generalized softening of brain tissue
(general encephalomalacia), 10 yielded Bacillus coli communis.
19) A definite relation must be assumed to exist between Bacillus
coli communis or its toxines and nerve fiber degeneration.
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Nachdruck verbolen.
Pseudalius ovatus n. sp.
Von Prof. Dr. r. Linstow in Gottingen.
Mit 3 Abbildungen.
Von Herm Prof. Dr. C. Parona erhielt ich diesen Nematoden, der
in Oesophagus und Magen bei Delphinus tursio von Herm Prof.
Giacomo Damiani in Portoferrajo (Elba) gefunden war.
Der Korper ist langgestreckt, an den beiden Korperenden verdlinnt,
besonders am Kopfende. Die Cuticula ist glatt, ohne Querringel. Das
Kopfende ist abgerundet, und zeigt weder Mundbecher noch Lippen und
Zahne; die Mundoffnung ist von 6 im Kreise stehenden sehr kleinen
Parpillen umgeben, dahinten finden sich 4 etwas groBere in den
Submedianlinien. Der Oesophagus nimmt beim Mannchen Vss beim
Weibchen V 46 der ganzen Tierlange ein und ist hinten nicht zu einem
Bulbus angeschwollen; die Breite des Darms betragt 0,052 mm.
Das MSnnchen ist durchschnittlich 15,8 mm lang, die Breite betragt
vorn 0,053 mm, in der Mitte 0,176 mm, hinten 0,106 mm; am Schwanzende
stehen ventral beiderseits Muskeln, die von vorn und auBen schrSg nach
hinten und innen ziehen; der Korper endigt mit einer fast kreisfbrmigen
Bursa, die von 3 starken Rippen gesttitzt wird; die mittlere, unpaare
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endigt in 3 halbkugelformige Verdickungen, von denen die seitlichen
Papillen tragen; die beiden lateralen Rippen haben am Ende finger-
formige VerlSngeruugen, in deren Spitze eine Papille steht; ebenfalls
rait Papillen endigen 2 kleine praanale Rippen, die halbkreisformig ge-
kriiramt sind. Die Spicula sind hinten zu einem eiformigen Korper ver-
wachsen; sie sind 0,28 mm lang und hinten 0,078 mm breit; sie endigen
0,16 mm vom Schwanzende; die Kloakenmiindung ist 0,14 mm von dem-
selben entfernt; hinter den Spicula liegt ein schwach gebogener Stutz-
apparat von 0,15 mm L&nge.
Die Lange des Weibchens betragt 21,8 mm, die Breite vom 0,070 mm,
in der Mitte 0,194 mm, hinten 0,097 mm. Der Anus ist 0,23 mm vom
Schwanzende entfernt und hinter ihm findet sich ventral eine vom gerade
abgeschnittene, hinten abgerundete Hautverdickung, die breiter ist als
der Korper. Die Vulva liegt dicht vor dem Anus, vom Schwanzende
0,48 mm entfernt. Der Korper endigt hinten in 2 kleine Aeste, an deren
Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3.
Pseudalius ovatus. Fig. 1 und 2. Mannlichee Schwanzende, 1 von der Bauch-
seite, 2 von rechts, sp Spiculum, st Stiitzapparat, cl Kloakenmiindung, 3 weiblichee
Schwanzende von der Bauchseite, a Anus.
Enden Kugeln stehen. Die Eier haben eine membranose Hiille und sind
0,047 mm lang und 0,034 mm breit; die Embryonen entwickeln sich im
miitterlichen Korper und durchbrechen schon im Uterus die Hiillen; die
Art ist also vivipar; die Ovarien reichen bis 1,8 mm vom Kopfende.
Gattung Pseudalius Duj.
= Prothecosacter Dies., = Strongylus Rud.
= Stenurus Duj., = Pharurus Leuck.
Die Gattung gehort zu Schneiders Holomyariern, den LSLngs-
feldern nach zu den Resorbentes; die Mfinnchen haben 2 gleiche Spicula,
die bald getrennt, bald verwachsen sind; die Bursa ist von wenigen
Rippen gestfltzt; bei den Weibchen liegt die Vulva ganz hinten, dicht
vor dem Anus; Uterus und Ovarien sind doppelt; die Eier haben eine
membranose Hiille, welche von den Embryonen schon im Uterus durch-
brochen wird. Den inneren Bau habe ich bei Pseudalius minor
(Arch. f. Naturgesch. Berlin 1888. p. 235—238. Taf. 16. Fig. 1—8) und
Pseudalius arcticus (Arch. f. mikroskop. Anat. Bd. 56. Bonn 1900.
p. 366—367. Taf. XV. Fig. 5—8) geschildert. Die Arten leben in luft-
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Hoessli, Verhalten der Streptokokken gegeniiber Plasma und Serum etc. 135
fiihrenden Organen, auch im Herz und den Gef&Ben von das Meer be-
wohnenden S&ugetieren, Delphinus,Phoca,Monodon,Phocaena,
Beluga, Globiocephalus, Grampus; niemals im Verdauungs-
trakt; eine Ausnahme macht Pseudalius ovatus. Pseudalius
ovis pulmonalis Dies. = capillar is Muller aus der Schafslunge
ist ein Strongylus.
Man kennt folgende Arten:
Pseudalius minor Kuhn ■= Stenurus inflexus Dujardin, Histoire des
Helminthes. Paris 1845. p. 265 —267. Molin, II sottordine degli Acrofalli. Venezia
1861. p. 176—177. tab. VIlI. fig. 10—12. Schneider, Monogr. d. Nematodeu. Berlin
1866. p. 174—175. tab. XII. fig. 6—7. v. Lin stow, Arch. f. Naturgesch. Berlin 1880.
p. 48. Taf. III. Fig. 13-14; 1888. p. 235-238. Taf. XVI. Fig. 1-8. In Grampus
griseus, Sinus nasalis, Phocaena communis, Cavum tympani, Cavit. infra oculos,
Bronch., Cor, Venae.
Pseudalius convolutus Kuhn. Schneider, 1. c. p. 174. Taf. XII. Fig. 8.
Molin , 1. c. p. 177—178. In Delphinus phocaena, Bronch., Gliobiocephalus
svineval., Bronch., Vasa pulmonalia.
Pseudalius inflexus Dujardin, 1. c. p. 135. Schneider, L c. p. 173—174
Taf. XII. Fig. 10; Taf. XVI. Fig. 13. Molin, 1. c. p.174—176. tab. VIII. fig. 8-9.
van Beneden, M6m. sur lee vers intest. Paris 1861. p. 275—277. tab. XXIV. fig. 1—9.
v. Linstow, Arch. f. Naturgesch. 1880. p. 40. Taf. III. Fig. 15. In Phocaena
communis, Bronch., Cor, Vasa.
Pseudalius tumidus Schneider, 1. c. p. 174. Taf. XII. Fig. 9. In Phocaena
communis, Alveol. pulmon.
Pseudalius alatus Leuckart, Arch. f. Naturgesch. Berlin 1848. p. 26. tab. II.
fig. 3—4. Molin, 1. c. p. 178. v. Linstow, Proceed. Roy. Soc. Edinburgh 1888.
p. 15—17. tab. XVI. In Monodon monoceros, Cav. pharyngis, Os, Tuba Eustachii.
Pseudalius arcticus Cobb., Jenaische Zeitschr. f. Naturwissensch. Bd. 23. N. F.
Bd. 16. Jena 1889. p. 64—67. Taf. 31—33. v. Linstow, Arch. f. mikrosk. Anat.
Bd. 56. Bonn 1900. p. 366—367. Taf. XV. Fig. 5—8. In Beluga leucas, Aurum.
Pseudalius gymnurus Railliet, Compt. rend. Soc. Biol. S4r. 10. T. 6. Paris
1899. p. 129—130. In Phoca vitulina, Bronch.
Pseudalius bicostatus v. Linstow, Schriften d. phys.-dkonom. Gesellsch.
Konigsberg. Bd. 47. Konigsberg 1906. p. 114. Fig. 7. In Phocaena communis,
Bronch.
Nachdruck verboten.
Das Verhalten der Streptokokken gegeniiber Plasma und
Serum und ihre Umzuchtung.
[Aus der Abteilung fiir experimentelle Therapie des Eppendorfer
Krankenhauses (Oberarzt Dr. Much).]
Von Dr. Hans Hoessli.
Schottmttller hat seinerzeit und erst kiirzlich wieder dargetan,
daB es moglich ist, verschiedene Streptokokkenarten durch ihr Wachstum
auf Blutagar zu unterscheiden. Und zwar kann man, je nach dem
Wachstum der frisch aus dem Menschen gezlichteten St&mme,
SchlQsse ziehen auf den Verlauf der durch diese St&mme hervorgerufenen
Krankheiten. Ein resorbierender Erysipelstreptococcus unterscheidet sich
in seinen krankmachenden Eigenschaften prinzipiell von einem Mitis-
streptococcus, und dieser wieder von solchen Streptokokken, die Blut-
nahrboden tiberhaupt nicht verandern.
An diesen grundlegenden Untersuchungen ist nicht zu riitteln.
Trotzdem sind immer wieder Stimmen laut geworden, die daran ge-
zweifelt haben. Meiner Meinung nach geht diese zweifellos unrichtige
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
gegenteilige Ansicht hervor aus einer Verwechslung oder Vermischung
zweier Fragestellungen.
Schottmuller kam es vor allem darauf an, die klinische Frage
zu beantworten. Und hier muB ihm in jeder Weise recht gegeben
werden. Ein frisch aus dem Organismus geziichteter, als „Mitis“
wachsender Streptococcus macht unter alien Umstanden ein anderes
Krankheitsbild, als ein Erysipelstreptococcus.
Nun ist es aber eine andere Frage, eine mehr theoretisierende
Frage, die Schottmtiller bei seinen Feststellungen gar nicht zu be-
rficksichtigen notig hatte, ob namlich diese aus dem Korper geziichteten
Stamme ganz feststehende, voneinander scharf abzugrenzende Arten sind;
oder ob sie sich hinterher ineinander fiberffihren lassen, d. h. also einer
gemeinsamen grofien Familie angehoren, und nur, je nach den besonderen
Verhaitnissen eines bestimmten Organismus, eine bestimmte Form an-
nehmen, die sich nun in diesem Organismus nicht mehr verandert und
als solche zu ganz charakteristischen Veranderungen fflhrt.
Much hat darauf hingewiesen, daB hier vielleicht ahnliche Verhalt-
nisse vorliegen wie bei den Tuberkelbacillen. Ein aus den Perlknoten
eines Rindes geziichteter Stamm unterscheidet sich zumeist von einem
Stamm, der aus der Lunge eines Phthisikers genommen wird. Trotzdem
ist es nicht von der Hand zu weisen, daB beide Stamme zu einer Art
gehoren, daB es Uebergange zwischen ihnen gibt, daB sich also der eine
in den anderen wird iiberfiihren lassen. Nur daB hier wegen des
chronischen Verlaufs der Tuberkulose die Veranderungen der einzelnen
Stamme ganz andere Zeitraume beanspruchen werden, die zu beobachten
einem einzelnen Forscher wahrend seines kurzen Lebens nicht moglich
sein wird.
Much faBt seine Ansicht fiber diese Frage folgendermaBen zu-
sammen:
„Zum Hervorbringen eines Krankheitsbildes gehfiren immer zwei
Faktoren; einmal die Bakterienart und zweitens der befallene Organismus.
Es wird aber auf die Konstitution und die jeweiligen Verhaitnisse des
Korpers nicht nur bei der Frage, ob er sich gegen die Erreger wehren
kann, oder an der Infektion zugrunde geht, ankommen. Sondern ich
kann mir wohl vorstellen, daB Konstitution und jeweilige schadliche oder
ntttzliche Verhaitnisse daftir maBgebend sein konnen, ob ein hochviru-
lenter Streptokokkenstamm als solcher im Korper Platz greifen kann,
oder ob er in einen anderen Stamm mit anderer Virulenz umgewandelt
werden kann. Und umgekehrt. Das heiBt: wenn ein hochvirulenter
Streptococcus in einen wohlgeschfitzten Organismus gelangt, so braucht
er dort keine Krankheitserscheinungen hervorzurufen. Er kann einfach
in einen ftir den betreffenden Korper avirulenten Stamm umgewandelt
werden. Und umgekehrt: ein harmloser Streptococcus kann in einem
durch irgendwelche Einfltisse geschadigten Organismus zu voller Virulenz
sich steigern. Ebenso wird aber auch ein Erysipelstamm, der in einen
Kfirper gelangt, je nach der Beschaffenheit des Korpers in einen Mitis-
stamm umgewandelt werden konnen. Und umgekehrt. So ist mir
beispielsweise ein Fall bekannt, wo wahrend eines langen Krankheits-
verlaufes standig Streptokokken vom Typus des Mitis aus dem Blute
des Kranken geztichtet werden konnten. Einige Tage ante mortem
waren die aus dem Blute geziichteten Kolonieen typische Erysipelstrepto-
kokken. Es ware gezwungen, anzunehmen, daB in diesem Falle die
Mitiserreger verschwunden und plfitzlich Erysipelstreptokokken einge-
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Hoeasli, Verhalten der Streptokokken gegeniiber Plasma und Serum etc. 137
drungen wSren. Vielmehr liegt die Entwickelung der einen aus den
anderen auf der Hand.
Aber gerade deswegen bleiben meiner Meinung nach die Sell o ti¬
nt filler schen Feststellungen so bedeutungsvoll“.
DaB es nicht unschwer ist, die leicht wachsenden Streptokokken
auf kiinstlichem Wege umzuztichten, hat Zoppritz 1 2 ) dargetan.
Es gelang ihm unter anderem verschiedene Streptokokkenstamme
durch Einwirkung von Vaginalsekret, Speichel, Milch, so zu verandern,
daB sie kulturell auf Blutagar vom jeweils verwendeten Ausgangsmaterial
vollstandig abwichen; hamolytische Stamme fiihrte er in nicht hamoly-
tische fiber, und umgekehrt.
Meine eigenen Untersuchungen schlieBen sich an diejenigen von
Zoppritz an, indem sie diese zugleich erweitern und berichtigen. Ich
untersuchte die Wirkung von Pferdeplasma und Serum auf verschiedene
Streptokokkenstamme, wobei ich zugleich ihr Wachstum auf Blutagar
priifte. Es haben sich zum Teil recht interessante Resultate ergeben,
und es sollen hier in gedrfingter Form die wichtigsten Ergebnisse aus
den ziemlich umfangreichen Protokollen wiedergegeben werden. An
anderer Stelle wird auf die Versuche nfiher und ausflihrlicher einge-
gangen werden.
Much*) hatte als erster gezeigt, daB die verschiedensten Mikro-
organismen sich den bakteriziden Kraften von Pferdeserum und Plasma
gegeniiber nicht gleichmfiBig verhalten. So werden die Streptokokken
durch das Plasma, Typhusbakterien dagegen auch durch das Serum ab-
getotet. Diese Tatsachen wurden von Zeissler 3 ) und Zoppritz
bestatigt. Auch ich begann meine Untersuchung mit fihnlichen Fest¬
stellungen.
Meine Versuchsanordnung stimmt im ganzen mit der von Zfipp-
ritz iiberein. Ich versuchte jedoch dadurch zu klareren und fiber-
sichtlicheren Resultaten zu kommen, daB ich die Leukocyten aus dem
Plasma ausschaltete, also nur klar zentrifugiertes, leukocyten-
freies Plasma verwendete. Das Plasma wurde durch Auffangen des
Blutes in Natriumcitrat gewonnen. AuBerdem priifte ich mehrere
Streptokokken, die bisher in dieser Weise noch nicht untersucht waren.
10 ccm Bouillon werden mit einer Oese der zu priifenden Kultur
besat, von dieser gewohnlich etwas getriibten Aufschwemmung wird 1 ccm
wieder in 10 ccm Bouillon gebracht, und von dieser klaren Aufschwem¬
mung 0,4 ccm in je 4 ccm Pferdeplasma und Serum. Die Plasma- und
Serumrohrchen werden in den Brutschrank gebracht und nach gewissen
Zeitintervallen 5, 12, 24 bis 48 Stunden wird aus jedem Rohrchen eine
Probe entnommen, die sowohl im gefarbten Ausstrichpraparate, wie auch
durch Aussaat in Blutagar- und in Drigalski-Platten gepriift wird. Auf
diese Weise untersuchte ich im ganzen 16 verschiedene Kokkenstamme
und je einen Diphtherie- und einen Typhusstamm. Die 16 Kokkenstamme
verteilten sich folgendermaBen: Sieben Stamme gehorten dem
Streptococcus erysipelatos an, d. h. sie zeigten auf Blutnahrboden
eine innerhalb 12—20 Stunden auftretende starke Hamolyse, die Kolo-
nieen selbst hatten grauweiBliche Farbe. Drei Stamme gehorten
unter die sogenannten Darmstreptokokken. Sie wuchsen auf Blut-
1) Ueber Streptokokken versuche. (Med. Klinik. 1909. No. 30.)
2) Ueber humorale und leukocytare Bakteriozidine. (Mitt a. d. Hamburg. Staats-
krankenanat. Bd. 8. H. 7.)
3) Die Opsoninreaktion. (Mitt. a. d. Hamburg. Staatskrankenanst. Bd. 9. H. 6.)
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nahrboden in iippigem, griinlichem Rasen ohne eine Spur von H&mo-
lyse und wiesen die weiter unten naher zu schildernden biologischen
Eigenttimlichkeiten anf. Im Ausstrichpr¶te aus festen Nahrboden
war ihre Kettennatur kaura angedeutet, etwas besser aus Bouillon, doch
auch hier nur mangelhaft. Vier Stamme waren Pneumokokken,
ein Stamm war ein Streptococcus mitior aus der Abteilung von
Oberarzt Schottmtiller stammend, und endlich prflfte ich als letzten
Stamm einen Streptococcus mucosus. Ohne die einzelnen Merk-
male des Wachstums und Aussehens der verwendeten Ausgangskulturen
hier ausfuhrlich wiederzugeben, will ich nur bemerken, daB s&mtliche
StBrnme auf das genaueste charakterisiert wurden. Dies sei besonders
beziiglich des Streptococcus mitior hervorgehoben.
Als Resultat der Versuche mit Pferdeplasma und Serum hat sich
nun ergeben — in Uebereinstimmung mit den von Much seinerzeit
erhobenen Befunden — daB die typischen Streptokokken im
Plasma stark abgetotet werden, so daB in nach 48 Stunden aus-
gegossenen Platten sehr wenige Oder gar keine Kolonieen aufgingen,
und auch das Ausstrichprfiparat entweder ganz negativ war, oder, falls
iiberhaupt noch Ketten vorhanden waren, diese sich auBerordentlich
schlecht farbten, das Ganze ein Zeichen des Absterbens. Umgekehrt
zeigten die Streptokokken im Serum ein iiberaus uppiges Wachstum und
nach 24—48 Stunden waren in den ausgegossenen Platten unendlich
viele Keime. Dieses eben skizzierte Verhalten wiesen in meinen Ver-
suchen die Erysipelstreptokokken, die Pneumokokken, der Mitis und der
Mucosusstamm auf. Das gleiche Verhalten zeigte auch ein nebenbei
gepriifter Diphtheriestamm, w&hrend die Typhuskultur, wie zu erwarten
war, sich entgegengesetzt verhielt. Ich habe dann diese Versuche an
mehreren Stammen nochmals wiederholt und kam stets zum gleichen
Resultat.
Ganz anders als die fibrigen Streptokokken verhielten sich die schon
morphologisch und kulturell von obigen Streptokokken abweichenden
sogenannten Darmstreptokokken, von denen ich drei Stamme
untersuchte. Sie zeigten im Plasma ein sehr ausgiebiges
Wachstum, im Ausstrich beobachtete man nach 48 Stunden schone,
lange Ketten mit bis zu 30 und mehr Gliedern. Das Serum zeigte
andererseits eine starke Bakteriozidie. So zeigten sich zu den
kulturellen auch biologische Differenzen, ahnlich wie sie bereits Zopp-
ritz in seinen Versuchen konstatierte. Zur Erlauterung diene die bei-
gefiigte Tabelle:
Tabelle.
Stamm
Kontrolle
Plasma
Serum
Streptococcus mitior
oo
+ + +
0
„ mucosus
oo
+ + +
0
„ erysipelatos
oo
+ + +
0
Pneumokokken
oo
+ + +
0
Darmkokken
oo
0
+ + +
Typhus
oo
+ + +
+ + +
+ + + Abtotung. 0 V
Wachstum. oc
i Unzahlige Kolonieen.
Weiterhin richtete ich nun meine Aufmerksamkeit auf einen der
drei Darmstreptokokkenst&mme, den ich mit IV bezeichnen will. Ich
unterwarf nun den Streptococcus IV, nachdem er einmal in Plasma ge-
bracht war, einer zweiten Serum-Plasmapassage. Bei diesem zweiten
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Hoessli, Verhalten der Streptokokken gegeniiber Plasma und Serum etc. 139
Versuche nun verhielt sich IV biologisch wie die Erysipelstreptokokken
und der Mucosus- und Mitisstaram — Abtotungim Plasma, starkes
Wachstum im Serum. Dieser biologischen Veranderung analog
hoffte ich auch in der Kultur — ich richtete das Augenmerk auf das
Wachstum auf Blutplatten — nun ein abweichendes Verhalten konstatieren
zu konnen. Ich brachte den Coccus IV aus dem Serum auf Pferde-
blutplatten, die nach den Angaben Schottmtillers hergestellt wurden,
und zwar impfte ich ihn t&glich auf neue Blutplatten tiber. Dies wieder-
holte ich 4mal. Das Wachstum des Coccus IV vor und nach der Serum-
passage, verglichen mit der des Ausgangsmaterials, zeigte jedoch nur
eine geringe Abweichung darin, dafi die einzelnen Kolonieen langsamer
und sp&rlicher aufgingen. Von Hamolyse war auf den einzelnen Platten
auch nach 3—4 Tagen keine Spur nachweisbar. Am 10. Tage nach der
letzten Serumpassage brachte ich den Coccus IV wieder in Pferdeserum
und Plasma auf die tibliche Weise. Die tags darauf entnommenen
Proben zeigten Abtotung im Plasma, Wachstum im Serum. Wiederum
brachte ich den Coccus IV aus dem Serum auf Pferdeblutplatten, und
nun zeigte sich bereits nach 15 Stunden beginnende und
nach 24—30 Stunden ausgesprochen starke Hamolyse. Die
Kolonieen wuchsen in der ftir den Streptococcus erysipelatos
typischen Weise, sowohl auf Menschen- wie auf Pferdeblutagar so wie auf
Drigalski-Conradi-Agarn&hrboden und Bouillon.
Somit war es durch Plasma- und Serumpassage gelungen, einen
Darmcoccus in einen typischen Erysipelstreptococcus tiberzuftihren, ihn
kulturell und in seinem biologischen Verhalten vollstandig zu verandern.
Der nachste Streptococcus, mit dem ich Umztichtungsversuche in
obigem Sinne vornahm, war ein Str. mitior. Dieser Streptococcus
zeigte nun ganz besonders merkwtirdige Vertinderungen. Ich unterwarf
ihn zuerst der Plasma-Serumpassage, wobei er im Plasma abgetotet
wurde und im Serum auBerordentlich tippig aufging. Proben, aus dem
Serum auf Pferdeblut abgeimpft — wir wollen diesen Coccus Mit is B
nennen — zeigten keine Abweichung vom typischen Mitiswachstum, auch
nicht wahrend mehrmaliger Ueberimpfung auf diesen Ntihrboden. Erst
bei der 4. Ueberimpfung auf Pferdeblutplatten bemerkte man, daB die
etwa am 2. Tage auftretenden, feinsten Kolonieen keine grtine Farbe
annahmen und auch nach mehreren Tagen sich stets als feinste, glas-
helle, vollst&ndig farblose Tropfchen reprtisentierten.
Von Hamolyse war keine Spur zu sehen. Diese Eigenschaft behielt
der Coccus M. B. wahrend 6maligen Uebertragens auf Blutntihrboden,
von „viridans u konnte nicht mehr gesprochen werden. Ich stite den
Streptococcus M. B. nochmals in Plasma und Serum; er ging im
Plasma zugrunde und wuchs reichlich im Serum. Aus dem Serum brachte
ich ihn im ganzen noch 7mal auf Pferdeblutplatten, sein Wachstum war
ganz gleich geblieben wie vor der letzten Serumpassage, er hatte
nie grtine Farbe und lieB den N&hrboden vollstandig unvertindert.
Wahrend ich diesen M. B. weiterztichtete und umwandelte, machte
ich einen Parallelversuch mit einer Probe aus der ersten Serumeinsaat
des ursprtinglichen Mitis, indem ich diese wieder in Pferdeserum brachte,
ohne ihn vorher auf Blutplatten tiberimpft zu haben. Er sei M. A. ge-
nannt. Dieser letztere Coccus wuchs nun, aus dem Serum auf Pferdeblut¬
platten gebracht (ebenso auf Menschenblutplatten), ohne grtine Farbe
ganz wie M. B. Er wurde 6mal tiberimpft und wieder durch Serum
passiert. Abstriche von dieser letzteren Serumkultur auf Blutplatten
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
zeigten nun plotzlich wieder typisches Mitiswachstum,
stimmten vollstandig mit dera Ausgangsmaterial iiberein. Nach 1 bis
2 Tagen gingen feinste, makroskopisch eben noch sichtbare griine Kolo-
nieen auf. Im tibrigen war die Blutplatte nicht verandert, auch nicht
nach mehreren Tagen. Diese griinen Kolonieen brachte ich noch 4mal
auf Blut, sie zeigten dabei stets das gleiche Aussehen, erst beim Aus-
strich in eine 5. Platte gewahrte man, nachdem die Kolonieen mit deutlich
griiner Farbe gut zu erkennen waren, nach etwa 48 Stunden eine
beginnende Hamolyse. Aus diesen hamolytischen Kolonieen an-
gefertigte Blutausstriche zeigten in den folgenden Tagen starke Hamo¬
lyse, und zwar bereits innerhalb 16—24 Stunden.
Durch die verschiedenartig modifizierte Pferdeblutpassage war hier
also ein typischer Mitisstamm sowohl in „Vaginalstamme“ wie in Ery-
sipelstamme iibergefiihrt.
Zum dritten, in der gleichen Weise ausgefiihrten Versuche wurde
ein Streptococcus mucosus verwendet. Bei diesem ist es mir
trotz 2maliger Serumpassage — im Plasma wurde er abgetotet — nicht
gelungen, ihn in seinem Wachstum zu verandern; um so interessanter
waresjedoch, daB der urspriingliche Stamm, auf Pferdeblutplatten
weitergeziichtet, bereits nach 3 Tagen geringe Hamolyse aufwies, die,
auf weitere Platten ubertragen, sich stark vermehrte. Durch eine er-
neute Serumpassage wurde dem Coccus seine hamolytische Eigenschaft
nicht genommen, die sich auch hielt wahrend mehrfacher Uebertragungen
auf Blutplatten. Dabei waren auch aus den urspriinglich kleinen, 6- bis
8-groBgliedrigen, starren, mit Hiillen versehenen Ketten solche bis mit
50 und 60 Gliedern hervorgegangen, teilweise ohne Schleimhiillen, und
mit feinsten Kokken. Auch makroskopisch auf den Blutplatten war das
schleimige Wachstum nicht so deutlich ausgepragt wie beim Ursprungs-
stamm.
Als letzte Umziichtung sei hier die eines Pneumococcus erwahnt.
Es haudelt sich um einen in Reinkultur aus einer Pneumonie geziichteten
Streptococcus lanceolatus. Dieser verhielt sich im Versuche ganz
analog dem Mucosus. Die 3mal durch Serum geschickten Kulturen ver-
hielten sich auf BlutnShrboden ebenso wie das Ausgangsmaterial auf
den ersten Platten. Der Coccus wurde dann taglich auf Pferdeblutplatten
gebracht, und zeigte dabei nach der 6. Uebertragung — ahnlich wie im
vorigen Falle der Mucosus — ziemlich starke Hamolyse, die im Laufe
von 48 Stunden sich einstellte. Natiirlich wurde die Ausgangskultur als
Kontrolle immer auf dieselbe Platte mitgeimpft. Die hamolytischen
Kolonieen wurden wieder durch Plasma und Serum geschickt. Aus dem
Serum, wo sie starkes Wachstum zeigten, auf Blutagar gebracht, war
ihr hamolytisches Vermogen ganz erloschen. Der Pneumococcus wuchs
in griinen Kolonieen. Hier handelt es sich also um eine ganz voriiber-
gehende Veranderung des Wachstums, das sich nicht durch mehrere
Generationen festhalten lieB. Diese Bemerkung betrifft auch den Mu¬
cosus. Was jedoch die Umziichtung des Streptococcus mitior
und des Coccus IV anbelangt, so glaube ich doch, diese eine dauernde
nennen zu diirfen, soweit letztere Bezeichnung iiberhaupt zulassig ist.
Ich habe die kulturell veranderten Stamme als solche 2 Wochen lang
verfolgt. Ihre Eigenschaften blieben stets die gleichen wie im Moment
der Umziichtung. Andererseits darf man auch nicht vergessen, daB wir
bei solchen Umziichtungsversuchen sehr auf den Zufall angewiesen sind,
wie ich mich selbst uberzeugen konnte. Ein Stamm wird sich leicbter
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Solieri, Tetanusprophylaxe mittels praventiver iDjektion antitoxischen Serums. J41
verandern lassen als ein anderer, dieser die veranderten kulturellen
Eigenschaften langer und hartnackiger beibehalten als jener, und um-
gekehrt.
Vielleicht daB fur das verschiedene Verhalten der Streptokokken,
fur die Mtiglichkeit ihrer Umziichtung und Wiederzurtickztichtung ganz
bestimmte Mengen des verwendeten Pferdeblutes ein mehr Oder weniger
den Ausschlag gibt. Wie dem auch sei, die angeftihrten Versuche
scheinen mich zu berechtigen, die eigentliche Artverschiedenheit der
Streptokokken im strengen Sinne zu leugnen. Der biologische Versuch,
der hier entscheiden muB, zeigt, wenn man ihn mit der Blutplatte kon-
trolliert, eine viel zu groBe Veranderlichkeit der sogenannten verschie-
denen Streptokokkenarten. DaB durch diese und ahnliche Versuche die
klinisch-bakteriologischen Arbeiten von Schottmiiller in
keiner Weise beeintrachtigt werden, ist bereits oben auseinandergesetzt.
yaehdruck verbolen.
Ueber die Tetanusprophylaxe mittels der praventiven
Injektion von antitoxischem Serum.
[Aus der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses zu Grosseto.]
Von Dr. Sante Solieri,
Dozen ten der chirurgischen Pathologie, Primararzt.
In der klinischen Praxis treten zuweilen Erscheinungen auf, welche,
da sie scheinbar in Gegensatz stehen zu den Lehren des experimentellen
Studiums, einen Schatten des MiBkredits auf neue und glanzende Er-
oberungen der Wissenschaft zu werfen scheinen und daher geeignet sind,
den Pfleger der Heilkunst zu entmutigen. Diese Erscheinungen jedoch
mtissen einer strengen Kritik unterzogen werden, da sie haufig Fehler
verbergen, welche, einmal enthiillt, den Beobachtungen ein ganz anderes
Aussehen verleihen, die hingegen zu einem Beweis fur die durch die ge-
duldige Forschung im Laboratorium festgelegten Befunde werden ktinnen.
Einem Shnlichen Umstand habe ich in diesem Jahre in bezug auf
die preventive Tetanusserumtherapie gegentiber gestanden.
Die Tetanusprophylaxe mittels Prtiventivinjektion von antitoxischem
Serum oder mittels Anwendung trockenen Antitoxins findet zwar in
Frankreich, wo sie ihren Ursprung hatte, und in Deutschland in aus-
gedehntem MaBstabe Verwendung, scheint aber in Italien keinen groBen
Anklang gefunden zu haben, wenigstens spricht die betreffende Literatur
fast gar nicht davon. Immerhin veroffentlichte Pergola 1 ) 1905 die
Resultate der Tetanusserumtherapie, welche Prof. Biondi bereits 1901
in seiner Klinik zu Siena eingefuhrt hatte, und berichtet liber 30 Falle,
bei denen die Behandlung zu Praventivzwecken wegen schwerer infek-
tionsverdachtiger Wunden gemacht wurde, und tiber 2 Falle, bei denen
die Serumtherapie mit positivem Erfolg zur Anwendung kam, als bereits
Tetanuskundgebungen vorlagen. Im verflossenen Jahre, 1908, berichtete
Viscontini 2 ) tiber eine Beobachtung, welche in enger Beziehung zu
1) Pergola, Contributo clinico all’uso del siero antitetanico a scopo preventivo
e curativo. (Riforma med. Anno 21. No. 40.)
2) Viscontini, Considerazioni su di un caso di tetano sviluppatosi malgrado
l’iniezione preventiva di antitossina. (Gazzetta d. ospedali e d. clin. 1908. No. 47.)
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Solieri, Tetanusprophvlaxe mittels praventiver Injektion antitoxischen Serums. 143
1907.
Natur der Verletzung
Ursache
der Wunde
Chirurgische
Behanalung
Injizierte
Serum-
menge
Zeit der
Injektion
Ausgang
1
Schnittwunde an der
Karsthieb
Desinfekt., Naht
10
ccm
1. Tag
Heilung
behaarten Kopfhaut
2
20 cm lanee Schnitt-
Sensenhieb
Desinfekt., par-
10
1. „
wunde an der rechten
Nates
tielle Naht
3
RiB-Quetschwunde an
Steinwurf
Desinfekt., Drai-
10
1. „
II
der behaarten Kopf¬
haut
nage
4
RiB-Quetschwunden an
Sturz v. ein.
Desinfekt., Re-
20
1. „
II
der supraorbitalen Re-
Fahrrad
gularisierung
gion und der rechten
Wange
5
RiB-Quetschwunde am
Hufschlag
Desinfekt., Lip-
(20
II
1. „
II
Gesicht mit Fraktur
der Nase, ZerreiBung
der Ober- und Unter-
lippe und Ausfall der
Zanne
penplastik
lio
8. „
6
RiB-Quetschwunde an
Geriet unter
Desinfekt., Am-
10
1- „
II
der rechten Hand mit
eine Loko-
putation der
vollstandiger Zerdru-
ckung des 3., 4. und
motive
zerquetschten
Finger
5. Fingers
7
Pfahlungswunde an der
Sturz aus der
Desinfekt., Drai-
J10
II
1. „
II
rechten Nates
Hohe auf
einen Pfahl
nage
110
II
8. „
8
SchuBwunde an der
Explos. eines
Desinfekt., Re-
10
1- ,,
II
rechten Hand mit to-
taler Abtragung des
Daumens.
Gewehres
gularisierung
9
SchuBwunde durch die
RevolverschuB
Desinfekt., Ka-
10
1- „
linke Tenargegend
pillardrainage
t
10
SchuBwunde an der
Extraktion der
10
1 . „
rechten Cruralgegend
Kugel. Desin-
fektion
11
SchuBwunde am recht.
Desinfektion. In-
10
1. „
Tarsus
folgeWeigorung
d. Verwundeten
wird die Kugel
nicht extrahiert
I
1908.
Natur der Verletzung
Ursache
der Wunde
Chirurgische
Behandlung
Injizierte
Serum-
menge
Zeit der
Injektion
Ausgang
1
RiB-Quetschwunde am
rechten Wangenbein
Stockhieb
Desinfektion
10 ccm
1. Tag
Heilung
2
RiB-Quetschwunde am
Gesicht
Sturz vom
Fahrrad
Desinfektion
10 „
1. „
II
3
RiB-Quetschwunde an
der Stirn, Zerreiflung
und Ablosung der
Unterlippe
Sturz vom
Fahrrad
Desinfekt., Lip-
penplastik
/io „
lio „
1. „
7- „
II
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144
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Natur der Verletzung
Ursache
der Wunde
Chirurgische
Behanalung
Injizierte
Serum-
menge
Zeit der
Injektion
Ausgang
4
RiB - Quetschwunde an
der linken Hand mit
partiellem Verlust des
Zeige- u. Mittelfingers
Kammrad
Desinfekt., Re-
gularisierung
10 ccm
1. Tag
Heilung
5
RiiB - Quetschwunde an
der rechten Achsel
HornerstoB
durch einen
Ochsen
Desinfekt., Frei-
machen
AO „
110 „
1.
io. „
»»
6
Pfahlungswunde an der
rechten Leiste
Stiurz auf eine
Gabel
Freimachen,Des¬
infekt., partielle
Naht
10 „
1.
»
7
Rifi-Quetschwunde am
rechten FuB
Ueberfahren
durch einen
Eisenbahn-
karren
Desinfekt., Re-
gularisierung
20 „
1. „
n
8
RiB-Quetschwunde am
rechten Dnterschenkel
Hufschlag
Desinfektion
20 „
1. „
>»
9
Offener Splitter-
bruch am rechten
Unterschenkel (s.
Text).
Sturz von
ein. Wagen
Freimachen,
Regularisie-
rung, Desin¬
fektion
120 „
\io „
1. „
2.
Tod am
15. Tag
an Te¬
tanus
10
SchuBwunde an der
rechten Tenareminenz
Gewehrexplo-
sion
Desinfekt., Re-
gularisierung
10 „
1. „
Heilung
11
SchuBwunde an dem
rechten Oberschenkel
mit Splitterbruch des
Femur
GewehrschuB
(Jagdunfall)
Aufschneidung,
Sequestrektomie,
Extraktion von
Kugeln u. Pfro-
pfen, Desinfek¬
tion, Drainage
(20 „
120 „
1. „
2. „
9. „
Tod durch
sekundare
Blutung
aus der
A. femo-
ralis
12
SchuBwunde am linken
Unterschenkel
RevolverschuB
Desinfekt., Drai¬
nage
10 „
1. „
Heilung
1909 (Januar bis August).
Natur der Verletzung
Ursache
der Wunde
Chirurgische
Behanalung
Injizierte
Serum-
menge
Zeit der
Injektion
Ausgang
1
RiB - Quetschwunde an
der Nase
Hufschlag
Desinfektion
10 ccm
1. Tag
Heilung
2
RiB - Quetschwunde an
der Stira
Sturz v. einem
Wagen
Desinfektion
10 „
1. „
»>
3
Zerquetschungswunde
an der linken Hand
Zahnrad
Desinfekt., Re-
gularisierung
ooo
1.
2. „
io. „
71
4
RiB - Quetschwunde an
der rechten Schulter
Sturz v. einem
Baum
Desinfektion
io „
1.
77
5
Multiple Rifi-Quetsch-
wunden und Ustionen
an der oberen Halfte
des Rumpfes
Explosion ein.
Mine
Desinfektion
i—
oo
1-
6. „
77
6
RiB-Quetsch wunde und
Ustion am recht. Arm
Explosion ein.
Mine
Desinfekt., Re-
gularisierung
oo
1- „
8. „
77
7
RiB-Quetschwunde am
rechten Oberschenkel
Durch einen
Erdrutsch ge-
troffen
Desinfektion
10 „
1. „
1
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Solieri, Tetanueprophylaxe mittels praventiver Injektion antitoxischen Serums. 145
Natur der Verletzung
Ursache
der Wunde
Chirurffieche
Behandlung
Injizierte
Serum-
menge
Zeit der
Injektion
Ausgang
8
RiG-Quetschwunde am
1 in ken FuB
Durch einen
Felsblock ge-
troffen
Desinfektion
10 ccm
1. Tag
Heilung
9
Offener Splitterbruch
am rechten FuB
Sturz aus ein.
Fenster auf
die StraBe
Freilegung, Des¬
infektion, Drai¬
nage
oo
1. ,,
8. „
10
Schuflwunde an der
rechten Hand
Explosion ein.
Gewehres
Regularisierung,
Desinfektion
ooo
1. ,,
2. „
10. „
11
RiB-Quetschwunden an
Handen und FiiBen
Sturz von ein.
Wagen auf
die StraBe
Desinfektion
10 „
1. „
V
12
SchuBwunde an der
linken Hand mit Weg-
nahme d. Zeigefingers
Bersten eines
Gewehres
Regularisierung,
Desinfektion
M k— *
oo
1. ,,
6. „
V
Am mittleren Drittel dee rechten Unterschenkels bestand eine vollstandige offene
Fraktur; die Rander der Hautmuskelwunde waren gequetscht, zerrissen und mit Staub
bedeckt.
Es wurde sofort eine sorgfaltige mechanische Reinigung und Desinfektion mit
sterilem Wasser und Seife, Alkohol von 50° und reichlichen Durchspiilungen mit l°/ 0 o
Sublimatlosung gemacht. Dann wurde die Wunde freigemacht und reguJarisiert; einige
Knochensplitter, die nicht hatten fortleben konnen, wurden entfemt. Desinfektion in
der Tiefe der Gewebe, die Knochenstiimpfe wurden reponiert. Die Wunde wurde klaffen
gelassen und ausgiebig drainiert. Noch auf dem Vemandtisch wurden 20 ccm Tetanus-
heilserum vom Institut Pasteur injiziert. Die Frau zeigte sich in bestem Allgemein-
befinden, von kraftiger Konstitution, vollkommen gesuna.
Am 1. Tage war Pat. fieberfrei, am 2. Tage stieg die Temperatur gegen Abend
auf 38,1°. Es wurden weitere 10 ccm Serum injiziert. Beim Verbandwechsel nach
48 Stunden zeigte sich die Wunde, abgesehen von der Anwesenheit vieler nekrotischer
Fetzen, die groBenteils entfemt wurden, gut. Die Kapillardrainage wurde wieder sorg-
faltig appliziert. Der Verband wurde dann einen Tag uber den anderen erneuert. Am
5. Tage war die Frau ganz fieberfrei. Die Wunde schalte sich oberfliichlich, granu-
lierend, in der Tiefe aoer war sie stets reich an nekrotischen Fetzen, welche einen
schlechten Geruch hatten. Es wurde Kaliumpermanganatlosung und Wasserstoffsuper-
oxyd verwendet. Nach dem 5. Tage entzog sich die Frau aus besonderen Umstanden
meiner Beobachtung, nicht jedoch, ohne dafi ich ihr anbefohlen hatte, am 8. Tage eine
weitere Antitetanusinjektion zu machen. Wahrend die Pat. stets fieberfrei war und der
Heilung entgegenzugehen schien, brach am 13. Tage der Tetanus mit Heftigkeit aus.
Am 15. Tage Btarb die Frau, trotzdem kein Mittel: Chloral, Morphium, Karbolsaure
auf subkutanem Wege (Methode Borrelli) nicht ausgeschlossen hohe Dosen von sub-
kutan injiziertem antitoxischen Serum, unversucht geblieben war.
Ich wollte die Wunde untersuchen, und land ihren
Grund noch nicht rein von abgestorbenen Teilen. Zu
meiner Belehrung durchforschte ich den ganzen klini-
schen Verlauf, und stellte fest, daB die Prliventivinjek-
tion am achten Tage nicht gemacht worden war!
Die preventive Tetanusheilserumtherapie trat, abgesehen von Studien
und Untersuchungen von geringerer Wichtigkeit, durch das Werk von
No card 1 ) vor nun ca. 15 Jahren in die Veterinartherapie ein. Er
konnte 3088 VierfiiBler injizieren, darunter 2707 Pferde, welche, wie
bekannt, von alien Tieren vielleicht die empfanglichsten fur den Tetanus
sind. Bei diesen VierfiiBlern war die preventive Seruminjektion bei
1) Nocard, Sur la s6rothf*rapie du t^tanos; essais de traitement proventif.
(Acad, de m&l. Paris. Stance 22 oct. 1895.) — Sdroth^rapie du t4tanos chez le cheval.
(Sem. m&i. 1897. p. 272.)
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 2* 10
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146
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 2.
chirurgischen Operationen oder nach zufalligen Verwundungen gemacht
worden. Bei dieser so groBen Zahl entwickelte sich der Tetanus nur
in einem Fall, bei dem die Injektion 5 Tage nach der Verwundung
gemacht worden war. Hervorzuheben ist der Umstand, daB die Pferde
von Orten stammten, wo der Tetanus kiirzlich Opfer gefordert hatte,
und daB die Korrespondenten Nocards 1 ), jene namlichen, welche die
Praventivserumtherapie appliziert hatten, 314 Todesfaile an Tetanus bei
nicht injizierten VierfiiBlern hatten. Auf Grund dieser Resultate schlug
No card die Praventivserumtherapie beim Menschen vor, die alsbald
von Vaillard 2 ) und Bazy 3 ) angewendet wurde, welche zu eifrigen
Verfechtern derselben wurden.
Als sich jedoch die Praxis der praventiven Tetanusheilserumtherapie
in Frankreich nach dem 15. franzosischen ChirurgenkongreB 1902, auf
dem Lucas-Charaponnibre, Valias, Reynier, Reboul, Gui-
nard usw. 4 ) einstimmig fiir sie sprachen, verallgemeinerte, kamen Tat-
sachen ans Licht, welche geeignet waren, die Uebereinstimmung der
verschiedenen Autoren fiber die Wirksamkeit derselben zu brechen.
Gegenfiber einigen, welche nach der Einfiihrung der praventiven Serum-
therapie den Tetanus aus ihrer Praxis verschwinden sahen (Bazy,
Berger, Sieur, Lucas-Champonni&re, Reboul) und anderen,
welche den Tetanus gerade nur bei Individuen sich entwickeln sahen,
bei denen die Praventivinjektion unterlassen worden war (Routier,
Berger, Qudnu, Rummer, Legueu, Guinard), traten andere
mit der Erklarung auf, den Exitus an Tetanus bei Verwundeten be-
kommen zu haben, bei denen sie die Praventivinjektion gemacht hatten
(Reyner, Delbet, Terrier, Mauclaire, Pochammer, Deutsch-
lander, Wendel, Lop, Viscontini usw.). Letztere Falle, die,
wenn auch an Zahl beschrankt, auch gegenfiber Tausenden von Beob-
achtungen, bei denen nach Ausfiihrung der Prophylaxe kein Tetanus
auftrat, bei denen aber auch nicht das Bestehen einer
Tetanusinfektion der Wunden mit Sicherheit behauptet
werden konnte, eine ungeheure Wichtigkeit besitzen, riefen lebhafte
Diskussionen hervor, die ihren Widerhall in zahlreichen Sitzungen der
Soci6t6 de Chirurgie 5 ) und der AcadSmie de M6decine 6 ) zu Paris und
auf dem 31. KongreB der Deutschen Chirurgengesellschaft 7 ) fanden.
Es ist auBer Zweifel, daB bis heute wenigstens in 43 Fallen (mit
dem meinen) der Tetanus bei Verwundeten aufgetreten ist, bei denen
die prophylaktische Antitetanusbehandlung gemacht worden war. Fest-
gestellt ist auch, daB in Paris, wo die Tetanusprophylaxe allgemein
gefibt wird, die Mortalitat an Tetanus nicht abgenommen hat. Wie
Delbet 8 ) mitteilt, ist in Paris die Mortalitat an Tetanus, seitdem die
Antitetanusserumtherapie in Gebrauch ist, 176 Falle von 1896—1900
und 153 Falle von 1900—1905 gewesen, wahrend sie vor der Prophylaxe
1) Nocard, Sur la s6roth6rapie preventive chez les animaux. (Sem. rued. 1897.
p. 280.)
2) Vaillard, Prophylaxie du tetanos par les injections preventives de serum
antitetanique. (Acad, des Sciences. Paris. Seance 27 mai 1895.)
3) Bazy, Serotherapie preventive dans le tetanos. (Soc. de Chir. Paris. Seance
26. jan. 1896; Sem. med. 1896. p. 91.)
4) Traitement du tetanos. (15 Congrfcs frang. de Chir. 20—25 oct. 1902.)
5) Bull, de la Soc. de Chir. Seances des 8 avril 1903, 2 mars 1904, 14 fev. 1906,
17, 24 avril, 1, 15, 22 mai 1907.
6) Bull, de l’Acad. de Med. Seances des 26 mai, 2, 9, 23, 30 juin 1908.
7) 31. KongreB d. Deutsch. Chir.-Ges. 4.—7. April 1906.
8) Delbet, Traitement du tetanos. (Soc. de Chir. Seance 24 avril 1907.)
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URBANA-CHAMPAI6N
Solieri, Tetanusprophylaxe mittels praventiver Injektion antitoxischen Serums. 147
128 von 1891—1895 und 135 von 1886—1890 gewesen war. Trotz der
Prophylaxe ist also eine leichte Verschliramerung in der Sterblichkeit
an Tetanus zu verzeichnen.
Gegeniiber diesem Sachverhalt nun konnen die Folgerungen nur
zwei sein:.
1) Entweder ist das antitoxische Serum, das praventiv beim Pferde
absolut wirksam ist, es nicht ebenso beim Menschen,
2) oder die Prophylaxe wurde in vielen Fallen und namentlich in
denjenigen, bei denen der Tetanus auftrat, nicht gemacht, wie es
sich gehort.
I. In bezug auf die erste Hypothese lSBt sich folgende Frage stelien:
Ist es uns erlaubt, von dem Pferd einen SchluB auf den Menschen zu
ziehen, indem wir fiir die Wirksamkeit der Prophylaxe die Tausende
von Beobachtungen operierter oder verwundeter und nach der systema-
tischen Anwendung des Serums vom Tetanus frei gebliebener Pferde
eintreten lassen? Konnte beim Menschen nicht eine besondere Resi-
stenz gegen die Wirkung des Serums bestehen, daher riihrend vielleicht,
daB in seinen Organismus ein heterogenes Serum eingefiihrt wird?
(Lagane) 1 ).
Abgesehen davon, daB der gleiche Einwurf auf die Rinder, Hammel
und alle anderen Tiere angewendet werden konnte, die, wie der Mensch,
mit dem Pferdeserum injiziert werden und dennoch die glfinzendsten
Resultate geben, haben die Untersuchungen von Dehne und Ham¬
burger 2 ) in dieser Hinsicht eine entscheidende Bedeutung. Dieselben
wiesen nach, daB das immunisierte Menschenblut gegeniiber dem Tetanus-
toxin dieselben biologischen Reaktionen gibt wie das Blut des iramuni-
sierten Pferdes. Identische Erscheinungen bekommt man mit dem
Diphtherieheilserum, welches im wesentlichen antitoxisch ist wier das
Tetanusheilserum, wahrend beide Keime, der der Diphtherie und der
des Tetanus, untereinander die Analogie besitzen, bei lokalisierter In-
fektion intoxierend zu sein. Doch ist Ramson und Kilashima darin
zuzustimmen, daB die beim Menschen durch heterogenes Serum erhaltene
passive Immunit&t eine kiirzere Dauer besitzt als beim Pferde, bei dem
die Immunitat durch ein Serum derselben Species verliehen wird. Ueber-
dies steht in einigen Fallen die fehlende Wirksamkeit des Serums un-
zweifelhaft in Zusammenhang mit einer Reihe von sehr merkwiirdigen
Erscheinungen, die von Roux 3 ) nachgewiesen und in ihrer innersten
Genese noch nicht vollst&ndig aufgekl&rt sind. In dem Organismus des
mit antitoxischem Serum injizierten Tieres wurde die atoxische Ver-
bindung (Serum -+- Toxin) zuweilen derart zerfallen, daB eine gewisse
Menge noch aktiven Toxins in Freiheit gesetzt wird. Es scheint, daB
die Hyperthermie und die Anwesenheit spezieller Mikrobenstoffe in den
geimpften Individuen Bedeutung bei der Entstehung dieser schadlichen
Erscheinung besitzen. Es ist so gezeigt, wie das Tetanusheilserum, das
doch zweifellos beim Menschen wie beim Pferde ein antitoxisches Ver-
mogen besitzt, ausnahmsweise den geimpften Organismus nicht absolut
prBservieren kann, auch wenn die fur die Prophylaxe eingeschlagene
Methode eine untadelhafte ist.
II. Die zweite Hypothese fiihrt zu einem analytischen Studium der
1) Lagane, Etat actuel de la sdrothdrapie antitetanique. (La presse m4d. 1908.
No. 67.)
2) Dehne u. Hamburger, bei Lagane 1. c.
3) Roux, iSur les sdruma antitoxiques. (Ann. de l’lnstit. Pasteur. 1894. Oct.)
10 *
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■ URBANA-CHAMPAIGN
148
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
wissenschaftlichen Tatsachen, auf die die Technik der Tetanusprophylaxe
gegriindet werden muB.
Schon bei den ersten experimentellen Beobachtungen iiber den
Nicolayerschen Bacillus wurde erkannt, daB die Spore dieses hervor-
ragend saprophytischen Keimes nicht in den Geweben des .gesunden
Tieres zu vegetieren vermag, sondern stets das Eingreifen spezieller
begiinstigender Bedingungen notwendig ist. Ueber die Natur dieser
unterstiitzenden Ursachen der Tetanusinfektion sind verschiedene Mei-
nungen aufgestellt worden. Vail lard 1 ) und Vincent und Rouget 2 )
verfochten als einzige notwendige Bedingung die Symbiose mit anderen
Keimen. Dann wurde diese Theorie zura raindesten als zu exklusiv
beurteilt, und es wurde erkannt, daB auch von der Anwesenheit irgend
eines sonstigen Keimes ganz und gar unabhBngige Umstande die Ent-
wickelung der Sporen in den Geweben begiinstigen konnten, und unter
diesen die Natur der traumatischen Lasion, die Anwesenheit oder die
Injektion verschiedener Substanzen und selbst der Gebrauch besonderer
Desinfektionsmittel fSanchez-Toledo 3 ), Klipstein 4 ), Roncali 5 ),
Beck 6 ), Remedi 7 )J. Bei genauer Betrachtung der gewohnlichsten
klinischen F&lle von traumatischem Tetanus, wie auch des puerperalen,
des Tetanus der Neugeborenen usw. ergibt sich als vorherrschendes
Merkmal, daB in dem Herd, wo die Tetanusspore sich entwickelt und
das Toxin produziert hat, nekrotische Zustande der Gewebe bestehen.
Nun haben die wertvollen Untersuchungen Tarozzis 8 ) iiber die aerobe
Kultur der anaeroben Keime die Pathogenese des Tetanus aufgeklart,
insofern als Tarozzi nachgewiesen hat, daB die natiirlichsten und
geeignetsten Bedingungen fur die Entwickelung der anaeroben Keime,
welche ausgepr> saprophytisch sind und zu deren Familie auch der
Nicolayersche Bacillus gehort, durch ein Kulturmedium hergestellt
werden, welches eine gewisse Menge abgestorbenen Organgewebes ent-
halt. So ist auf die besondere Veranlagung des Keimes, auf Kosten
der abgestorbenen Substanzen zu leben, zu deren fauliger Zersetzung
er beitrdgt, der Umstand zuriickzufuhren, daB der Tetanus sich mit
1) Vaillard et Vincent, Contribution & l’4tude du tetanos. (Ann. de l’lnstit.-
Pasteur. 1891.)
2) Vaillard et Rouget, Contribution il l’6tude du tetanos. (Ann. de l’Instit.
Pasteur. 1892.)
3) Sanchez-Toledo, Soc. de Biol, de Paris. 20 juin 1891; Sem. nted. 1891.
p. 261.
4) Klipstein, Ueber die Wirkung gift.freier Tetanuskulturen. (Hyg. Rundschau.
1893. Jan.)
5) Roncali, Contribute) alio studio della infezione tetanica negli animali. (Rif.
med. Vol. 3. 1893. p. 169.)
6) Beck, Experiraentelle Untersuchungen iiber den Tetanus. (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. 19. 1895. Heft 3.)
7) Remedi, Della influenza che gli antisettici spiegano sullo sviluppo degli
schizomiceti nelle ferite. Cagliari (Tipografia Dessi) 1901.
8) Tarozzi, Sulla possibility di coltivare facilmente all’aria in cultura pure i
gerini anaerobici. (Atti d. R. Accad. dei Fisiocritici. Siena. Ser. 4. Vol. 15.) — Ulteriori
osservazioni sulla cultura aerobica dei germi anaerobici. (Ebenda. 1905. No. 3.) —
Osservazioni sulla natura dei fenomeni che determinano la esigenza anaerobica nelle
culture dei germi anaerobici. (Ebenda. 1905. No. 4.) — Sulla latenza delle spore di
tetano nell’ organismo animate e sulla possibility che esse risveglino un processo tetanico
sotto 1' influenza di cause traumaticne e necrotizzanti. (Ebenda. 1906. No. 4.) — Un
caso di cosiddetto tetano reumatico. (Ebenda. 1906. No. 6.) — Appunti di tecnica per
la cultura e l’isolamento in piastra dei germi anaerobici. (Ebenda. 1906. No. 7.) —
Ancora sulla cultura dei germi anaerobici e sulla opportunity di alcune semplificazioni
di tecnica. (Boll. d. Soc. fra i cultori d. Scienze med. e nat. Cagliari. 1907. No. 5.)
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Solieri, Tetanusprophylaxe mittels praventiver Injektion antitoxischen Serums. 149
Vorliebe in Individuen kundgibt, welche zerrissene, gequetschte und mit
abgestorbenen Geweben bedeckte Wunden haben.
Aus dem oben Gesagten l&Bt sich nun in bezug auf die Tetanus¬
prophylaxe eine erste Folgerung ziehen: Bei jeder auf Tetanus-
verunreinigung verdachtigen Wunde ist es notvvendig,
konstant von Anfang an und sp&ter bei jedem Verband
alle nekrotischen Teile sorgfaltig zu entfernen.
Wir kommen nun zu der Betrachtung der Biologie des Keimes,
soweit dieselbe auf die Produktion des Toxins und die Art und Weise,
wie dieses auf den infizierten Organismus wirkt, Bezug hat. Der Tetanus-
bacillus hat, wie bekannt, mit dem Diphtheriebacillus die Analogic der
ganz und gar lokalen Entwickelung am Zugangssitz, von wo er das
Toxin bereitet, das, in den Kreislauf iibergehend, das charakteristische
Krankheitsbild der allgemeinen Intoxikation gibt. Das durch die beiden
Keime bereitete Gift hat eine auBerordentliche Starke, und sowohl das
Tetanus- wie das Diphtherietoxin geben, da sie spezielle Affinitaten zu
dem Zentralnervensystem besitzen, zu Kundgebungen nervosen Charak-
ters AnlaB, zu tonischen und spastischen beim Tetanus, zu paralytischen
bei der Diphtherie. Doch besteht dabei der Unterschied, daB, wahrend
bei der Diphtherieinfektion den nervosen Kundgebungen eine ganze
Reihe von Erscheinungen anderer Natur, lokale und allgemeine, voraus-
gehen und die nervosen Erscheinungen (welche im allgemeinen fur die
Schwere der Krankheit und die vorgeschrittene Periode derselben
sprechen) spat auftreten, bei der Tetanusinfektion die ersten Erschei¬
nungen eben die nervosen sind und im allgemeinen es ihr heftiges Auf¬
treten ist, welches die klinisclie Diagnose ermoglicht. Wahrend es daher
bei der Diphtherieinfektion moglich ist, den Anfang mit der antitoxischen
Serumtherapie zu machen, wenn die Anhaufung des Toxins noch keine
so grofie ist, daB nervose Lokalisationen dadurch gegeben wiirden, ge-
schieht die Antitetanusserumtherapie bei erklarter Krankheit, wenn durch
das Toxin das Nervensystem bereits kompromittiert ist. Weiter scheint
es auch eine reelle Tatsache zu sein, daB, einmal durch das Tetanus-
toxin gesch&digt, das Zentralnervensystem den pathologischen Funktions-
zustand, welcher die peripheren spastischen Erscheinungen hervorruft,
beibehalt, auch wenn kein neues Toxin successiv und kontinuierlich sich
darin festzusetzen kommt. Descos und Barthelemy 1 ) haben am
Kaninchen experimentell die Entwickelung der Pr&ventiv- und Heil-
wirkungen des Antitetanusserums in bezug auf den Zeitpunkt der In¬
jektion und die Art der Einverleibung (subkutan, intravenos, peritoneal,
subarachnoidal, intracerebral) studiert. Sie sahen, daB es, praventiv
24 Stunden vor dem Toxin injiziert, welches auch der Weg der
Einverleibung sein moge, eine absolute Immunitat bei einer Dosis gleich
Vioooo Korpergewicht des Kaninchens verleiht; bei Dosen Vioooooo und
Viooooooo des Gewichtes gibt es eine unvollkommene Immunisierung
(Ueberleben von Tetanuszufallen), sowohl bei Verwendung des subkutanen
wie des intravenbsen Weges. Bei subarachnoidaler, intracerebraler und
peritonealer Injektion sind die Resultate weniger gflnstig.
Unmittelbar nach dem Toxin injiziert, hat das Serum bei
der Dosis von Vioooo des Gewichtes, welches auch der Weg der Ein-
1) Descos et Barthelemy, Influence de la voie d’introduction sur le d6veloppe-
ment des effets proventifs et curatifs du s6rum antit^tanique. (Soc. de Biol, de Paris.
26 juillet 1902.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
verleibung sein mochte, das Auftreten des Tetanus verhindert Oder seine
Evolution betrSchtlich abgeschwacht.
Am Ende der Inkubationsperiode Oder am Anfang der
Kontraktionen injiziert, hat das Serum in der oben erwahnten
Dosis den Tod nur bei intravenoser Injektion verhindert. In groBeren
und von 12 zu 12 Stunden wiederholten Dosen aber angewandt, hat es
die Heilung der Tiere mit leichtem Tetanus auf alien Wegen, auBer
dem peritonealen, gebracht.
In voller Tetanusperiode injiziert, einerlei auf welchem
Wege und in welcher Dosis, scheint es unfahig zu sein, den Tetanus zu
heilen.
Es ist also die Notwendigkeit bewiesen, daB die Serumtherapie beim
Tetanus eine preventive sein muB, und angesichts der Energie des Virus
und des Umstandes, daB, sowie einmal seine Affinitat zum Nervensystem
entfaltet ist, das Krankheitssyndrom sich fast stets unheilbar etabliert,
ergibt sich als Folge, daB das verabfolgte Antitoxin von Anfang an auch
nicht der geringsten Toxinmenge gestatten darf, frei im Kreislauf zu
sein. Daraus ergibt sich die Folgerung, daB die Praventivinjek¬
tion mit antitoxischem Serum moglichst fruhzeitig und
in sehr hoher Dosis (20, 30, 40 ccm) zu geschehen hat.
Ein anderes Element, dem Rechnung getragen werden muB, ist die
Wirkungsweise des Antitoxins in Gegenwart des Tetanustoxins. Es ist
bekannt, daB das Antitetanusserum ganz und gar nicht bakterizid, son-
dern nur antitoxisch ist. Sicher ist es heute nicht mehr annebmbar,
daB das Antitoxin sich mit dem Toxin, welches von dem Punkt aus, an
dem der Nicolayersche Bacillus sich festgesetzt hat und vegetiert,
allmahlich in den Kreislauf eintritt, mit einer chemischen Funktion ver-
binde, wie si6 zwischen Saure und Alkali sein konnte, und einen indiffe-
renten Korper bilde. Denn alsdann wurde es beim erkl&rten Tetanus
geniigen, in den Organismus so viel Antitoxin zu injizieren, als notig
ist, um dem im Kreislauf befindlichen Toxin gleichzukommen oder es
zu iibertreffen und sich mit demselben zu verbinden, um die Heilung
zu bekommen. Dies ist aber leider nicht der Fall. Die Versuche von
Buchner haben diese Theorie als nicht annehmbar gezeigt. Nach
Donitz wurde das Antitoxin in der Weise auf das Nervensystem wirken,
daB es dieses in einen besonderen Zustand der Widerstandsfkhigkeit
gegen das Toxin selbst setzt. Nach Metschnikoff wiirde sich die
Wirkung des Antitoxins auf die phagocytaren Zellen entfalten, welche
nicht nur die Mikroorganismen des Tetanus vernichten, sondern das
Toxin selbst fixieren wiirden, es so verhindernd, an das Nervensystem
zu gelangen. Wie dem auch sein mag, das Antitoxin macht, allgemein
gesprochen und auf das Endresultat Bezug nehmend, das Virus un-
schadlich und bringt den Organismus vor der Intoxikation in Sicherheit.
Sicher ist jedoch, und auch die oben angefiihrten Versuche von Ramson
und Kit a shim a beweisen es, daB die Wirkung des antitoxischen Serums
von kurzer Dauer ist und beim Menschen nicht fiber 8 oder 10 Tage
hinausgehen kann. Deshalb ist, so lange die Quelle bleibt, welche das
intoxierende Virus in den Kreislauf ergieBt, in einem Zwischenraum von
6—8 Tagen der Antitoxinvorrat zu erneuern. Dies ffilirt zu der Frage,
wann die tetanigene Periode als erloschen betrachtet werden darf. Nach
den Studien Tarozzis zu gehen, wird dies der Fall sein, wenn nach
Eliminierung der nekrotischen Gewebe die Wunde sich granulierend und
rein zeigt. Es konnte nun aber der Zweifel auftauchen, daB auch nach
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Solieri, Tetanusprophylaxe mittels praventiver Injektion antitoxischen Serums. 151
Eliminierung der nekrotischen Gewebe der Nicolajersche Bacillus noch
in den Exsudaten der Gewebe ein geeignetes Substrat fiir sein vegetatives
Leben finde. Doch auch hierauf antworten die Untersuchungen Taroz-
zis 1 ). Bei der Untersuchung des Verhaltens der im Organismus latenten
Tetanussporen hat er gesehen, daB bei Impfung von Tieren rait tetani-
genen Sporen und Traumatisierung eines parenchymalen Organs in ver-
schiedener Weise zuweilen der Tetanus ausbrach und sich im traumati-
sierten Herd die vegetativen Formen des Nicolayerschen Bacillus
fanden, andere Male dagegen nichts erhalten wurde. Bei der patho-
logisch-anatomischen Untersuchung konnte er konstatieren, daB, wenn
der Tetanus sich kundgab, in den l&dierten Organen echte Nekroseherde
entstanden waren, wahrend, wenn kein Tetanus ausgebrochen war, der
nekroskopische Befund zeigte, daB „in dem Sitz der Lasionen keine
wahre und einfache Nekrose der Gewebe entstanden war, die sie gleich-
sam zu einer abgestorbenen, von den umgebenden noch vitalen Teilen
getrennten und unabh&ngigen Substanz gemacht hatte, sondern es
herrschten vielmehr reaktive und exsudative Erschei-
n u n g e n anstatt der nekrotischen vor. u
Tarozzi selbst gibt der Vorstellung Ausdruck, daB die Exsudate
und iiberhaupt die entziindlichen Reaktionsprodukte die Entwickelung
des Tetanusbacillus verhindern.
Als dritte Folgerung ergibt sich daher, daB zu einer wirksamen und
sicheren praventiven Antitetanusserumtherapie die Injektionen mit
antitoxischem Serum alle 6—8 Tage wiederholt werden
mussen, bis die tetanigene Wunde ganz rein von nekro-
tischem Gewebe und gut granulierend ist.
Nach dem Studium der Koeffizienten, welche zu einer rationellen
und wissenschaftlichen praventiven Tetanusserumtherapie erforderlich
sind und ohne deren Beobachtung es bei der Natur der Tetanusinfektion
und der spezifischen Wirkungsweise des Antitoxins nicht moglich ist,
eventuelle bittere Enttauschungen zu verhiiten, gehen wir zur Kritik der
Faile iiber, in denen der Tetanus sich trotz der Prophylaxe kundgab.
Wir konnen dabei mit meiner eigenen Beobachtung beginnen. In dieser
erfolgte die geeignete Behandlung der Wunde und wurde versucht, sie
von dem nekrotischen Gewebe zu befreien. Die erste Injektion geschah
friihzeitig und in hoher Dosis und wurde am nachsten Tage erneuert.
Es unterblieb aber die dritte Injektion, als in der Wunde sich noch ab-
gestorbenes Gewebe, das von dem Tetanusbacillus bevorzugte Lebens-
substrat, befand. Dies war ein Fehler! Ich bin iiberzeugt, daB auf
diese Unterlassung das Auftreten des Tetanus zuriickzuftihren ist,
welcher aber immerhin durch die gleich nach der Ver-
letzung gemachte Behandlung bis zum 13. Tag verzogert
worden war.
Bei der Beobachtung von Viscontini 2 ) war die prophylaktische
Behandlung ohne Zweifel unzureichend gewesen, da bei einem Patienten
mit einer durch ein Zahnraderwerk erzeugten zerissenen Wunde mit
breiten nekrotischen Lappen, vom linken Cruralbogen bis an die Lenden-
gegend reichend. tief bis auf dem M. transv., nur eine Pr&ventivinjektion
mit 10 ccm antitoxischem Serum gemacht wurde, dessen Gebrauch, und
es versteht sich zu spat, erst wieder aufgenommen wurde, als die Tetanus-
1) Tarozzi, Sulla latenza delle spore del tetano etc. 1. c.
2) Viscontini, 1. c.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
erscheinungen bereits florid waren. Fur die iibrigen Falle lasse ich
Vai 11 ar d x ) das Wort. Er beobachtete, daB auf 329 Todesfalle an Tetanus,
welche in Paris von 1896 bis 1905 zu verzeichnen waren, 318 Individuen
gewesen sind, welche keine Prophylaxe machten. Von den von den
Autoren zitierten 41 Fallen, bei denen sich der Tetanus trotz der pra-
ventiven Serumtherapie kundgab, finden sich nur 31, deren Diagnose
nicht zweifelhaft ware, in 10 Fallen ist der Tetanus vom 17.—27. Tag
nach der Injektion aufgetreten, in weiteren 8 vom 11.—14. Tag und in
den iibrigen 13 Fallen vom 2.—10. Tag. Nur diese 13 Falle verdienen
in Betracht gezogen zu werden, da der Tetanus in dem Zeitabschnitt der
Praservation, die vom Antitoxin zu verlangen moglich ist, aufgetreten
ist. Doch mufi hinzugefiigt werden, daB die Injektion nur ein einziges
Mai gemacht wurde und bei 6 nur 10 ccm betrug. AuBerdem wurde
in verschiedenen Fallen an Stelle der Injektion des antitoxischen Serums
von dem trockenen Antitoxin Gebrauch gemacht [Lop 1 2 3 )], das auf die
Wunde gestreut wurde, und es ist zugegeben, daB die Wirksamkeit dieser
Methode hinter dem Gebrauch des subkutan injizierten antitoxischen
Serums zuriickbleibt [Tuffier 8 )]. Es muB demnach zugegeben werden,
daB, da aus den von Roux 4 ) nachgewiesenen Umstanden von dem Serum
nicht die Totalitat der Erfolge verlangt werden kann, die Zahl der MiB-
erfolge eine recht kleine ist, wenn man sie mit den Tausenden von Pra-
ventivinjektionen vergleicht, welche heutzutage gemacht werden. Und
zweifellos ware ein Teil der MiBerfolge durch einen rationellen Gebrauch
des Serums vermieden worden.
SchlieBlich noch eine letzte Betrachtung. Wenn die praventive
Tetanusserumtherapie auf die meisten auch nur entfernt verdachtigen
Wunden verallgemeinert und mit den dargelegten Kriterien, die, wie wir
gesehen, fur ein wirksaines Resultat notwendig sind, zur Anwendung
kommen sollte, werden die Krankenhauser einer nicht gleichgultigen
Ausgabe unterworfen werden, die scheinbar wenig dadurch gerechtfertigt
ist, daB in Wirklichkeit die Morbiditat und Mortalitat an Tetanus beim
Menschen eine recht geringe ist, obwohl der Keim in der Natur selir
verbreitet ist. Dieser Einwurf scheint nicht unangebracht oder tiber-
fliissig, da leider, wer die Chirurgie in den Provinzialspitaiern (wenigstens
in Italien) ausubt, sich haufig auch wegen Sachen von geringerer Wichtig-
keit mit den Verwaltungen in Konflikt befindet! Man kann aber mit
Recht einwenden, daB eine umsichtige Unterscheidung und Klassifikation
der Wunden in bezug auf die ZweckmaBigkeit der prophylaktischen
Antitetanusbehandlung geeignet sein wird, die Zahl der Falle zu einer
nicht sehr hohen zu machen, welche jahrlich der Serumtherapie unter¬
worfen werden. In meiner Abteilung des Krankenhauses zu Grosseto
habe ich in fast 3 Jahren, in denen ich viele Hunderte von Verwundeten
aller Art behandelt habe, nur 35mal, wie sich aus den obigen Tabellen
ergibt, das Bedurfnis empfunden, die praventive Behandlung zur An¬
wendung zu bringen. Und wenn ich Gelegenheit gehabt habe, ihn in
einem nicht zweckm&Big prophylaktierten Fall auftreten zu sehen, so
habe ich ihn in keinem von denjenigen gesehen, in denen ich von einer
1) Vai Hard, Sur lea injections preventives de serum antitoxique dans la pro¬
phylaxis du tetanos de l’homme. (Acad, de Med. de Paris. Seance 3 juin 1908.)
2) Lop, Tetanos suraigu consecutif a l’emploi preventif de serum antitetanique.
(Bull, et mem. de la Soc. de Chir. de Paris. 1906. p. 184.)
3) Tuffier, Soc. de Chir. de Paris. Seance 14 fevr. 1906. — Sem. nted. 1906. p. 91.
4) Roux, 1. c.
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Solieri, Tetanusprophylaxe mittels praventiver Injektion antitoxischen Serums. 153
Prophylaxe Abstand genommen hatte. Dabei laBt sich nicht sagen, daB
in der hiesigen Gegend der Tetanus fehle, da ich hier bereits dem Tod
von zwei Individuen (auBer dem Fall, der zu dieser Mitteilung AnlaB
gegeben hat) an Tetanus beigewohnt habe, die mit florider Krankheit
ins Krankenhaus gebracht worden waren und durch die kurative Serum-
therapie nicht gerettet werden konnten.
Bei der Untersuchung und Behandlung der sich bei mir einfinden-
den Verwundeten pflege ich mich bei der Bestimmung, ob die Tetanuspro¬
phylaxe zur Anwendung zu kommen hat oder nicht, durch folgende
Kriterien leiten zu lassen:
1) Unverd&chtigeWunden, sowohl nach der Natur der Gewalt-
einwirkung wie nach dem klinischen Aussehen: GewShnliche antiseptische
Behandlung.
2) Verd&chtige Wunden
a) nach der Natur der Gewalteinwirkung (landwirtscbaftliche iln-
strumente, Glasscherben, Steinwflrfe und ahnliches) und nicht durch das
klinische Aussehen der Wunde (linear, mit scharfen Randern, wenig tief,
rein): Sorgfaltige antiseptische Behandlung, mechanische Reinigung,
Drainage usw., Serumtherapie falls die Wunde, ihr Aussehen andernd,
Neigung zur Nekrose der Render, der Granulationen usw. zeigt;
b) nach dem klinischen Aussehen der Wunde (Kontusion mit nekro-
tischen Randern, Zerquetschung von Weich- und Knochenteilen) und
nicht durch die Gewalteinwirkung (sicher nicht mit Staub, Diinger,
Erde usw. beschmutzter Kbrper): Freimachung, Regularisierung, Ent-
fernung der nekrotischen Teile, Desinfektion, Drainage; in einigen
schwereren Fallen Anwendung der prftventiven Serumtherapie;
c) durch die Gewalteinwirkung (SchuBwunden, Zahnr&derwerk, Minen-
explosion, Erdrutsche, Hufschlage, durch jeden mit Staub oder Diinger
beschmutzten Korper) und durch das klinische Aussehen der W T unde
(zerrissen, kontundiert, mit nekrotischen Fetzen, beschmutzt mit Erde,
Steinchen, Maschinenfett, Zermalmung von Weich- und Knochenteilen):
Entfernung der nekrotischen Teile, der Sequester, Desinfektion, Drainage,
eventuell Amputation, Exartikulation: Friihzeitiger ausgiebiger und wieder-
holter Gebrauch der praventiven Serumtherapie.
Immerhin bieten uns heute die Kulturmethoden der anabroben Keime
von T&rozzi einen leichten und rasch zum Ziele ftihrenden Weg zur
frflhzeitigen Konstatierung des Nicolayerschen Bacillus in einer ver-
dachtigen Wunde. De Magistris 1 ), Assistent von Tarozzi, konnte
aus der Wunde eines Tetanuskranken bereits nach 36 Stunden die deut-
lich sporifizierten Tetanusbacillen mit der wohlbekannten charakteristischen
Nagelform in einem ein Sttickchen frischer Meerschweinchenleber ent-
haltenden Bouillonrbhrchen entwickelt erhalten. Dieses diagnostische
Hilfsmittel kann nun von grofiem Nutzen sein, da bei verdachtiger Wunde,
nachdem ohne weiteres die pr&ventive Serumtherapie eingeleitet ist, gleich
darauf die bakteriologische Untersuchung angestellt und bei einem posi-
tiven kulturellen Resultat die prophylaktische Behandlung mittels der
wiederholten Injektion von Antitoxin und eines geeigneten operativen Ein-
griffs zur Ausschaltung des Tetanusinfektionsherdes verstarkt werden kann.
Es l&Bt sich demnach schlieBen, daB trotz der Fklle, in denen sich
der Tetanus nach der prophylaktischen Behandlung mittels der Injektionen
1) De Magistris, Sulla ricerca del bacillo del tetano nelle ferite infette. (Boll,
d. Soc. fra i cultori d. Scienze med. e nat. Cagliari. 1904. No. 4.)
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154 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
von antitoxischem Serum entwickelt, und in denen recht h&ufig ein in
der Prophylaxe selbst begangener Fehler anzuschuldigen ist, die Pro-
phylaxe, ohne behaupten zu wollen, daB die Pr&ventivbehandlung stets
und ausnahmslos vor der Krankheit pr&servieren konnte, in alien zer-
rissenen Wunden mit nekrotischem Grund zu machen ist, die durch
Gewalteinwirkungen erzeugt sind, von denen man den Verdacht hegt,
daB sie den Teil mit Tetanussporen verunreinigt haben kbnnten. Die
prophylaktische Injektion hat so fruh wie mdglich und mit hoher Serum-
menge (20—30 ccm) zu geschehen und ist alle 6—8 Tage zu wieder-
holen, bis die Wunde vollkommen frei von nekrotischen Teilen und
granulierend ist. Die Prophylaxe kann durch die Untersuchung der
Wunde auf den Tetanusbacillus nach der Methode Tarozzis geleitet
und erleichtert werden und rauB durch eine umsichtige und energische
chirurgische Behandlung unterstiitzt werden.
Nachdmck verbottn.
Du danger de l’emploi des moelles plus virulentes dans
le traitement de la rage.
Par le Dr. Carlos Franca,
Chef de service a l’lnstitut Royal de Bacteriologie de Lisbonne.
R£cemment nous avons re<;u du Prof. Claudio Fermi une brochure
oil il a r£uni une s6rie de travaux sur la rage. Dans ce livre se trouvent
deux notes qui nous ont int6ress6 particulifcrement.
L’une d’elles 1 2 ) parce qu’elle contient la reponse du Prof. Fermi 4
l’une des deux notes que nous avons public sur la virulence du liquide
c6phalo-rachidien, l’autre parce que son sujet est d’une importance telle
qu’il merite l’attention de touts ceux qui s’int^ressent au traitement de
la rage.
Ce dernier travail a pour titre «Pii6 il vaccino antirabico Pasteur
uccidere di rabbia 3 )?* C. Fermi dans cette note rappelle qu’il a
d6montr6 en des travaux pr£cedants que la methode de Pasteur
n’immunise pas les animaux contre l’infection sous-cutan6e de virus fixe
et que la virulence de ce virus peut augmenter dans un Institut de telle
sorte 4 pouvoir tuer meme par voie hypodermique 4 ). Ces faits ont
porte Fermi it supposer que le vaccin de Pasteur sp6cialement les
derni&res et plus virulentes mobiles de la s6rie peuvent, en vertu d’une
virulence tr&s 61ev6e, produire la mort chez des individus ayant une
receptivity particuliere.
1) Fermi, Claudio, Nuovi contribute alio studio della rabbia. Torino 1909.
2) Loc. cit. p. 377.
3) Loc. cit. p. 373.
4) C’est le cas du virus fixe de Sassari que Fermi vu tuer 100 % des souris
infect4s par voie hypodermique. Ces faits ont 6t£ confirmee par A. Marie qui avec
le virus fixe de Sassari inject^ sous la peau a obtenu chez les souris une mortality de
100 °/ 0 . tandis qu’avec le virus de l’lnstitut Pasteur de Paris a obtenu 20% de succfes.
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Franga, Du danger de Pemploi des moelles plus virulentes etc.
155
Pour verifier cette hypothfese, Fermi a fait des experiences sur des
murides, sur des lapins et sur des chiens. Ces animaux etaient soumis
au traitement de Pasteur sans 6tre infects.
Voici les r^sultats des experiences de Fermi. Le traitement de
Pasteur peut tuer non seuleraent les murides mais aussi les lapins et
les chiens quand le vaccin est prepare avec un virus virulent par voie
sous-cutan6e et quand on atteint comme on le fait dans quelques Instituts
jusqu’k la moelle du premier ou du deuxifcme jour.
La vaccination de Pasteur est inefficace non seulement contre une
future infection sous-cutan£e k virus fixe mais aussi contre celle des
derniferes moelles virulentes (M. 1 et M. 2 de la s6rie). C’est-i-dire, dit
Fermi, le vaccin de Pasteur peut tuer de rage non seulement les
animaux «ma pu6 in vari casi represen tare un pericolo anche per
l’uomo».
D’anciennes experiences de Frisch demontrfcrent cette possibility
mais elles n’etaient pas suffisamment demonstratives, celles de Fermi
sont, au contraire, evidentes.
Ces experiences 6taient dejU. suffisantes pour attirer l’attention des
medecins sur le danger de l’emploi des moelles virulentes mais le cas
de rage humaine & virus fixe produit par le traitement de Pasteur,
et publie par nous l’annee derniere 1 ) doit, il me semble, faire condamner
les m6thodes de Ferran, de Wissokowicz, d’Hogies et toutes
celles qui ont recours, dans le traitement de la rage aux moelles plus
virulentes.
Nous tenons k rappeller ici de nouveau ce cas qui contient plusieurs
enseignements:
Un homme mordu par un chien qui n’6tait pas enrage (examen
histologique et inoculations negatives) a commence le traitement le
20 octobre. Onze jours aprfcs le commencement du traitement, c’est-k-dire
le 31 octobre, il presente une parapl4gie totale et il meurt le 6 decernbre
chez lui, loin de Lisbonne, oh il a voulu se retirer. Ayant eu connaissance
par mon collogue Athias de ce cas, qu’il ne pouvait pas s’expliquer et
dont la nature lui etait inconnue, je lui ai propose de faire une ponction
lombaire. Le 4 novembre je ponctionne le malade et avec le liquide
c4phalo-rachidien on injecte deux lapins par trepanation.
L’un d’eux a les premiers symptomes de rage le 15 et meurt le
17 novembre. Avec le bulbe de ce lapin on injecte deux autres par
trepanation le 17 et sept jours aprfcs ils presentent les symptomes de
rage et meurent neuf jours aprfcs.
On voit par cette observation que cet homme a eu une myeiite
rabique produite par le traitement non seulement parce que le chien
mordeur n’etait pas enrage mais 2 l cause de la p4riode d’incubation de
la rage qui a 4t4 celle de la rage & virus fixe. Ce cas demontre le
bien fonde des considerations de Fermi et rend necessaire toutes les
precautions dans l’emploi des moelles virulentes. Des cas comme celui-ci
sont sans doute trfcs rares et on y doit faire jouer un role important
non seulement k la virulence exager4e du virus fixe employe mais aussi
k une idiosyncrasie, et si on ne peut pas avoir aucune action sur la
seconde on doit chercher k eiiminer la premiere. Les etudes de
A. Marie et de C. Fermi sur la virulence du virus fixe par voie
1) Franga, Carlos, Sur la virulence du liquide c^phalo-rachidien dans la rage
humaine. (Arch, do Real Inst. Bact. Camara Pestana. T. 2. 1909. p. 377.)
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156
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
hypodermique doivent §tre executes k chaque Institut, pour supprimer
de ces virus ceux qui ont une haute virulence.
On doit avoir present les observations de Fermi qui a vu que la
virulence du virus fixe par voie hypodermique peut augmenter quelques
temps apr&s avoir 6t6 transport^ dans certaines locality. Ce cas de
rage & virus fixe dSmontre en outre que, au contraire de ce qui affirme
Fermi, nous pouvons continuer k conclure que «dans la virulence du
liquide c6phalo-rachidien dans la rage humaine nous pouvons avoir, dans
certains cas, un moyen commode de verifier un diagnostic qu’on ne
pourrait pas 6tablir par une autre m6thode» x ). En effei ce cas de rage
ne pourrait etre connu que par l’6tude de la virulence du liquide
c^phalo-rachidien.
Col lares, Mars 1910.
Nachdruck verboten.
Ueber die angebliche Aenderung der Agglutinabilitat der
Choleravibrionen durch Anfentbalt im Wasser.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t Breslau (Direktor:
Geh.-Rat Prof. Dr. R. Peiffer).]
Von Oberarzt Dr. KShllsch,
kommandiert zum Institut.
Vor etwa einem Jahre erschien in dieser Zeitschrift ein Aufsatz von
Zlatogoroff (1): „Zur Frage der Diagnostik der Choleravibrionen*.
Es ist wohl der Miihe wert, die Arbeit einer eingehenden Nachprfifung
zu unterziehen, denn die Resultate derselben, die an Untersuchungen im
Zabolotnyschen Laboratoriura in Petersburg gewonnen sind, konnten
Zweifel erregen an der Zuverlassigkeit der bisher geiibten Methodik der
bakteriologischen Choleradiagnose.
Zlatogoroff behauptet, dafi die Choleravibrionen bei Aufenthalt
im Wasser ihre Agglutinabilitat verlieren; wenn das sich bewahrheitete,
so kSnnten wir fortab natfirlich nur den positiven Ausfall der Aggluti¬
nation sreaktion als beweisend ansehen — wenigstens bei Wasser-
priifungen — der negative wfirde nie gegen die Choleranatur des unter-
suchten Vibrio sprechen.
Auf Anregung von Herrn Geheimrat Pfeiffer habe ich die Arbeit
Zlatogoroffs an der Hand eigner Untersuchungen nachgeprfift, um
ins klare zu kommen, inwiefern diese Behauptungen Zlatogoroffs
tatsachlich begriindet sind.
Zlatogoroff hatte im Jahre 1907 gelegentlich der russischen
Choleraepidemie im Gouvernement Saratow aus der Wolga und aus
Brunnen und Teichen Vibrionen geziichtet, die er zunachst nicht als
Choleravibrionen ansprach, da sie von einem agglutinierenden Cholera-
serum vom Tiere 1:20000 nicht agglutiniert wurden, w&hrend ein vom
Menschen stammender Choleravibrio von diesem Serum bis zur Ver-
dfinnung 1:5000 agglutiniert wurde.
1) Fran 9 a, Carlos, Note sur la virulence du liquide c^phalo-rachidien chez les
animaux enrages. (Arch, do Real Inst. Bact. Camara Pestana. T. 2. 1909. p. 51.)
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Kohlisch, Angebliche Aenderung der Agglutinabilitat der Choleravibrionen etc. 157
Einzelne dieser St&mme — im ganzen waren es 18 — sollen nun
nach etwa drei Uebertragungen auf frischen Nahrboden eine geringe
Agglutinabilitat gezeigt haben, und bei konsequenter Verfolgung dieses
Phanomens sollen sie, wie noch einige andere, lediglich durch r energische
Ueberimpfungen“ (alle 48 Stunden, im ganzen ca. 50) eine hohe Aggluti¬
nabilitat bis 1:10000 ja 1:20000 erlangt haben.
Bei anderen Stammen geniigte die fortgesetzte Ueberimpfung allein
nicht zur Erlangung der Agglutinabilitat, sie mufite vielmehr, wie sich
zufallig einmal bei einer Virulenzprilfung herausstellte, mit Tierpassage
(Injektion ins Meerschweinchenperitoneum) abwechseln.
Bei einigen von diesen Stammen war iiberdies zur Steigerung der
Agglutinabilitat — und nebenbei der Virulenz — noch die gleichzeitige
intraperitoneale Einverleibung von abgetbteten Typhus-, Coli- oder
Streptokokkenkulturen notig. (Steigerung von Virulenz und Aggluti¬
nabilitat gingen jedoch nicht immer parallel, s. Stamrae 12 und 23.)
Mit diesen verschiedenen Methoden gelang es ihm schlieBlich, von
den 18 Stammen, die ursprunglich keine Agglutination gaben, 10 zu
dieser Reaktion zu bringen.
Den Beweis, daB diese Stamme, denen experimentell Agglutinier-
barkeit verliehen werden konnte, tatsachlich Choleravibrionen waren,
sucht Zlatogoroff durch andere fiir Choleravibrionen mehr oder
weniger spezifische Reaktionen zu erbringen.
Mangels genugender Virulenz der Stamme konnte er den Pfeiffer-
schen Versuch nur einmal — und zwar mit positivem Resultat — an-
stellen.
Im tibrigen suchte er durch die Methode der Komplementbindung
nach Bordet-Gengou bezw. nach Wassermann die Choleranatur
der fraglichen Stamme zu erweisen. Bei 8 von den genannten 10 trat
auch eine „ausgesprochene tt Retention der Hamolyse ein, bei einem kam
es zu schwacher Hamolyse, bei 10 war sie flberhaupt komplett.
Mindestens diese 8 von seinen aus verschiedenen Gewassern ge-
zucliteten Vibrionenstammen halt Zlatogoroff also fiir echte Cholera,
und nimmt hiernach an, daB bei Aufenthalt im Wasser der Cholera-
vibrio seine Agglutinierbarkeit einbiifien kann. Er macht schlieBlich
die Probe aufs Exempel, indem er unzweifelhafte Choleravibrionen
durch Einbringen in Wasser — aber auch durch andere Methoden —
ihrer Agglutinierbarkeit zu berauben sucht.
Dies gelingt ihm angeblich zunfichst durch Zflchtung in Bouillon,
die mit Choleraimmunserum in verschiedenen Dosen versetzt ist nach
dem Vorgange von Ransom und Kitashima.
Fiir unsere Frage bedeutungsvoller sind wohl zwei Versuche mit
Fassagen durch unfiltriertes Newawasser. Im einen tritt schon nach der
3., im andern nach der 5. Passage (jede von 5—7 Tagen Dauer) eine
Herabsetzung der Agglutination von 1:10000 bis auf 1:200 bezw. 400
auf, die sich durch mehrere Generationen halt. Erst nach 2 Monaten
— bei 8-tSgiger Uebertragung — ist die Agglutination wieder ann&hernd
auf der alten Hohe.
Zu erkl&ren sucht er das Ph&nomen durch Versuche, bei denen er
Choleravibrionen in destilliertes Wasser bringt, nach 7 Tagen zentrifugiert
und den Bodensatz agglutiniert. Dieser soli eine ganz erheblich (von
1:5000 bis 1:200) herabgesetzte Agglutinierbarkeit gezeigt haben, wohin-
gegen in der Waschfltissigkeit bei Zusatz von Choleraimmunserum Pra-
zipitate aufgetreten sein sollen. Durch wie viel Generationen sich hier
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158 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originale. Bd. 55. Heft 2.
die verSnderte Agglutinabilitat vererbte, und ob iiberhaupt — eventuell
nach Wochen und Monaten — die urspriingliche sich wierderherstellte,
wie in den eben genannten Versuchen mit Newawasser, sagt Zlato-
goroff nicht.
Er erkiart nach diesen Versuchsresultaten den angeblichen Verlust
der Agglutinabilitat durch Auslaugung des Agglutinogens in Anlehnung
an Hirschbruch und Wassermann.
Die Arbeit laBt deutlich zwei Teile unterscheiden. Im ersten wird
der zufallige Befund, daB aus Wasser gezuchtete inagglutinable Vibrionen
nach einiger Zeit mit Choleraserum agglutiniert werden konnen, syste-
matisch weiter verfolgt; im zweiten sucht Zlatogoroff nachzuweisen,
daB in das Wasser eingesate echte Cholera tatsachlich darin ihre
Agglutinabilitat einbiiBen kann.
Die Versuche dieses zweiten Teils hat Barrenscheen (2), der
Zlatogoroffs Untersuchungen in Emmerichs Laboratorium nach-
priifte, wiederholt mit destilliertem Wasser und mit Isarwasser.
Unter dem EinfiuB des destillierten Wassers sank die Agglutinabilitat
von 1:40000 auf 1:200 bis 1:400 (in der Zentrifugierflussigkeit traten
Prazipitate auf), unter dem des Isarwassers auf 1:5000. Leider hat er
eine eventuelle weitere Abnahme der Agglutinierbarkeit durch mehrfach
aufeinanderfolgende Uebertragungen desselben Stammes auf Isarwasser
nicht mehr untersucht.
Auf die Bemerkung Zlatogoroffs, daB die wiedergewonnenen
Vibrionen nach zahlreichen Ueberimpfungen ihre urspriingliche Aggluti¬
nabilitat wiedererlangt haben sollen, geht er nur einmal eiu, indent er
angibt, daB dies nach 3 Wochen nicht erreicht sei. Baarenscheen
macht aber — eigentlich nur nebenbei — einige Angaben, auf die ich
einen gewissen Wert lege: Der erste Versuch mit destilliertem Wasser
gab nach der 1. Passage eine Agglutination von 1:2000 nach 1 Stunde,
von 1:5000 nach 2 Stunden, nach der 2. Passage eine Agglutination von
1:200 nach 1 Stunde, 1:400 nach 2 Stunden.
Im zweiten Versuch notiert er nach der 1. Passage: 1:300 nach
1 Stunde, 1:1000 nach 2 Stunden; nach der 2. Passage wird nur 1:500
nach 2 Stunden vermerkt.
Stellen wir hiernach fest, mit welchen Methoden die beiden Autoren
die Choleranatur der fraglichen Vibrionen erwiesen haben. Als solche
Methoden zum Nachweis von Cholera kennen wir:
1) Die serodiagnostischen Untersuchungsmethoden,
a) die Agglutination,
b) den Peifferschen Versuch,
c) neuerdings die Komplementbindungsmethode.
2) Die Methode der aktiven Immunisierung, die Umkehrung von 1),
indem mit dem fraglichen Stamm ein Kaninchen immunisiert wird, und
mit dessen Serum dann Agglutination und Pfeifferscher Versuch bei
sicherer Cholera geprtift werden. In zweifelhaften Fallen werden wir
aber auch kulturelle und morphologische Merkmale noch heranziehen
mfissen.
3) Die Indolreaktion.
4) Die GeiBelf&rbung.
Die Agglutination bildet den Ausgangspunkt der ganzen Unter-
suchung bei Zlatogoroff, sie ist daher in beiden Teilen seiner sowie
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Kohlisch, Angebliche Aenderung der Agglutinabilitat der Choleravibrionen etc. J59
in der Barrenscheenschen Arbeit in alien in Betracht koramenden
Fallen angewandt.
Den Pfeifferschen Versuch hat nur Zlatogoroff im ersten
Teil seiner Arbeit einmal angestellt, um wenigstens fiir einen der aus
den Gewassern gezfichteten St&mme, welche Agglutinierbarkeit erlangt
hatten, hierdurch die Choleranatur sicherzustellen. Die Angaben fiber
den Versuch sind recht kurz. — Mit den anderen Stammen konnte der
Pfeiffer sche Versuch nicht angestellt werden, da sie nicht die genfigende
Virulenz besaBen.
Im zweiten Teil seiner Arbeit fehlt der Pfeiffer sche Versuch —
vielleicht auch wegen mangelnder Virulenz — ganz und auch Barren-
scheen konnte ihn offenbar nicht heranziehen, um die Choleranatur
der bei den Passageversuchen aus den Wasserkolben wiedergewonnenen
Vibrionen zu erweisen.
Sehr grofien Wert legt dagegen Zlatogoroff, wie wir sahen, auf
die Komplementbindungsmethode, deren Ausftihrung unabhangig ist von
den Schwankungen der Virulenz. Im ersten Teil seiner Arbeit hat er
mit ihr alle 10 fraglichen Stfimme geprfift.
Ich mochte es aber dahingestellt sein lassen, ob diese „moderne“
Reaktion besonders geeignet ist, die Choleranatur der fraglichen Vibrionen
zu beweisen. Die Geschichte dieser Reaktion scheint dagegen zu sprechen,
Von der theoretischen Seite, ob die Reaktion als eine Wirkung von
Prazipitinen(Agglutininen), Ambozeptoren oder eines besonderen B or det-
schen Antikorpers zu betrachten ist, sehe ich ganz ab und halte mich nur
an die praktischen Resultate.
Nur kurz erw&hnen mochte ich, daB die Komplementbindungsmethode
auf den Gebieten des Typhus, der Ruhr, der Kokkenarten bisher zu ganz
eindeutigen und unbestrittenen Resultaten nicht geffihrt hat.
Ganz besonders aber herrschen Widersprfiche auf dem uns hier
interessierenden Gebiete, nfimlich dem der Cholera.
Die erste hier in Betracht kommende Arbeit ist wohl die von
Markl (3), der mit Hilfe der Komplementbindungsmethode die El Tor-
Stamme Gotschlichs gegen echte Cholera abgrenzte. Bei den
El Tor-Stammen trat mit Cholera-Immunserum Hamolyse ein, bei
echter Cholera mit Cholera-Immunserum typische Hemmung, mit El Tor-
Immunserum nur teilweise LQsung, d. h. also teilweise Hemmung, woraus
Markl schlieBt, daB auBer fremdartigen Antikorpern in diesen Sera auch
solche sind, die zu den Rezeptoren der Choleravibrionen passen. Er
verwendet lebende Vibrionen.
Ich mochte hierzu ausdrflcklich darauf aufmerksam machen, daB
diese teilweise Hemmung in einigen Fallen recht groB gewesen zu sein
scheint. So steht bei Cholera Alexandrien mit Immunserum El Tor IV
„minimale Aufl5sung“, d. h. also im anderen Sinne: „fast vollstfindige
Hemmung“. — Desgleichen bei Vibrio Calcutta mit Immunserum
El Tor IV. — Bei Vibrio danubicus mit Immunserum Cholera
Alexandrien steht „partielle Aufl6sung“, d. h. also „partielle Hemmung“.
Dies deutet doch wohl darauf hin, daB eine sehr genaue Berflcksichtigung
der quantitativen Verhfiltnisse zur Beurteilung des Befundes notig ist,
indem die Spezifit&tsbreite groB zu sein scheint, was Markl wohl
nicht scharf genug betont haben dfirfte.
Ruffer (5) pflichtet ihm auf Grund seiner Untersuchungen bei,
glaubt also auch, daB Cholera- und El Tor-Vibrionen durch die Kom-
plementablenkungsmethode unterschieden werden konnen.
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160
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Dera widersprechen die Arbeiten von Neufeld und Ha end el (6)
sowie Schiitze (7).
Erstere inachen auf eine Fehlerquelle aufmerksara, n&mlich auf die
Produktion von hamolytischen Substanzen durch die lebenden El Tor-
Vibrionen bezw. gewisse echte Cholerast&mme und verwenden daher nur
abgetotete Kulturen. Sie machen ferner aufmerksam auf die von Muir
und Martin bereits angegebene nachtr&gliche Lockerung des Komple-
ments, die zu einer weiteren Fehlerquelle werden kann. Sie weisen
schlieBlich noch hin auf die auch von Michaelis und M ore sell i
betonte paradoxe Tatsache, daB unter UmstSnden bei Steigerung des
Zusatzes von spezifischem Serum wieder H&molyse eintritt. Sie kommen
unter Beriicksichtigung aller Kautelen zu der Auffassung, daB „die
El Tor-Vibrionen auch beim Ablenkungsversuch auf spezifische Cholera-
sera ebenso wie echte Cholerabakterien reagieren u .
Hatten diese Autoren — teils lebende, teils tote — Vollbakterien
verwandt, so arbeitet Schiitze (7) nach Wassermanns Methode mit
Bakterienextrakten. El Tor V, Cholera Charbin und Cholera Saratow
konnten nicht unterschieden werden. Auch trat eine, wenn auch nicht
komplette Hemmung der H&molyse ein bei Verwendung von Metschni-
koff-Extrakt und Immunserum Charbin und ebenso schlieBlich um-
gekehrt Charbin- (auch Saratow-)Extrakt und Metschnikoff-Serum.
Hiernach scheint es also, als ob auch dem Choleravibrio ferner
stehende Vibrionen durch Komplementbindung nicht immer mit Sicher-
heit von ihm unterschieden werden konnen.
Zu ahnlichen Resultaten kamen Neufeld und Haendel (8) auch
in einer Arbeit des Jalires 1908. Ein mit einem Wasservibrio 6 er-
langtes Immunserum reagierte mit echter Cholera.
So stand die Sache, als Zlatogoroffs Arbeit erschien. Die Un-
sicherheit dieser Angaben hatte ihn doch zu einer kritischeren Ver¬
wendung dieser Methode und zu grdfierer Vorsicht in den Schliissen
veranlassen sollen, selbst wenn Ballner und Reibmayr, auf die er
sicli beruft, zuverl&ssigere Resultate, wie bei Typhus so auch bei Cholera
raitteilen.
Nur der Vollst&ndigkeit halber mochte ich noch erw&hnen, daB auch
die seitdem erschienenen Arbeiten aus dem Gebiet der Cholera die
Situation durchaus noch nicht gekl&rt haben.
De Besche und Ron (9) konnten allerdings Wasservibrionen von
echter Cholera unterscheiden, nicht dagegen El Tor-Vibrionen.
Toyosomi (10) best&tigt die Angaben Neufeld und Ha end els,
daB bei der ublichen Versuchsanordnung, wie sie auch Zlatogoroff
angewendet hat, Wasservibrio 6 und Cholera nicht zu trennen sind, und
erhalt mit dieser sogar positive Resultate bei Verwendung von Cholera¬
bakterien mit Typhus-Immunserum oder normalem Kaninchenserum.
DaB er durch eine Modifikation der Versuchsanordnung diese Resul¬
tate, die er speziell auf eine Mitwirkung der Pr&zipitine zuruckfflhren zu
miissen glaubt, beseitigen zu konnen hofft, tut fflr uns nichts zur Sache.
Weitere Arbeiten bezflglich Cholera sind mir ira letzten Jahre nicht
bekannt geworden, wenn ich nicht die von Nedrigailoff (11) noch
erwahnen will, der mit Hilfe der Komplementbindungsmethode Cholera-
faeces von anderen glaubt unterscheiden zu konnen. Nach dem Gesagten
wird man gerade diese Angabe wohl mit einer gewissen Zuriickhaltung
aufnehmen, urn so mehr, als auch auf anderen Gebieten (z. B. Tuberkulose.
Typhus) sich die Methode bis in die neueste Zeit noch nicht einwandfrei
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Kohlisch, Angebliche Aenderung der Agglutinabilitat der Choleravibrionen etc. 161
bewahrt hat, mit einziger Ausnahme der Syphilis, bei der die Verhaltnisse
ja aber prinzipiell anders zu liegen scheinen.
Und wie steht es nun mit den Resultaten, die Zlatogoroff selbst
mit dieser Reaktion erhalten hat? Sind sie als eindeutig zu bezeichnen ?
Ich meine nein.
Bei einer echten Cholera (Tabelle III p. 691) erhielt er nur „auf-
fallende Retention 14 , d. h. also teilweise HSmolyse. Bei den fraglichen
Vibrionen, die die Agglutinabilitat wiedererlangt haben sollen, schwanken
die Ausdrticke „schwache“, „deutliche“, „vollstandige Retention 11 . Bei
zwei Stammen (No. 21 und 28) trat so Starke Hamolyse ein, daB er sich
nicht flir berechtigt halt, trotz der angeblich wiedererlangten Agglutinier-
barkeit sie fiir echte Cholera zu halten.
Somit sind auch seine Versuche nicht geeignet, das Vertrauen in die
Zuverlassigkeit der Komplementbindungsmethode zu befestigen, und es
ware also auch durch sie der Beweis nicht erbracht, daB die fraglichen
Vibrionen tatsachlich Choleraerreger waren.
Da also der Pfeiffersche Versuch sich im allgemeinen nicht an-
stellen lieB und die Komplementbindungsmethode noch nicht reif genug
fiir solche Untersuchungen ist, ware es wtinschenswert gewesen, die frag¬
lichen Stamme nach der Methode der aktiven Immunisierung zu priifen.
Dies haben aber Zlatogoroff wie Barrenscheen unterlassen.
Urn die Diagnose mit alien zu Gebote stehenden Mitteln zu sichern,
hatte schlieBlich noch Indolreaktion und GeiBelfarbung zur Entscheidung
herangezogen werden miissen. Doch hat offenbar Zlatogoroff wenig
Wert auf sie gelegt. Im 1. Teil der Arbeit scheint die Indolreaktion
nicht regelmaBig, die GeiBelfarbung nur bei den Stammen 9 und 12
(p. 693 Tab. IV) zur Diagnose herangezogen zu sein. Im 2. Teil fehlen
sie ganz. Gerade hier scheinen sie mir aber besonders wichtig zu sein;
denn so bleibt immer der Einwand mSglich, daB die aus den Wasser-
kolben wieder herausgeziichteten Vibrionen gar nicht mit der eingesaten
Cholera identisch sind. Der positive Ausfall der Indolreaktion und der
Nachweis nur einer GeiBel bei den herausgeziichteten Stammen wiirde
diesen Einwand zwar nicht ganz beheben, aber doch stark entkraften.
Wie richtig diese Ansicht ist, beweisen meine eigenen Versuche, mit
deren Darstellung ich nun beginne. Auch ich habe natiirlich mangels
einer Choleraepidemie im wesentlichen nur den 2. Teil der Zlatogoroff-
schen Arbeit nachprlifen konnen, ahnlich Barrenscheen.
Dank dem Umstande jedoch, daB das Institut einige Vibrionen stamme
besitzt, die zur Cholerazeit 1907 und 1908 sowohl aus Faeces wie aus
Wasser geztichtet sind, von denen aus beiden Gruppen einige agglutiniert
wurden, andere nicht, war ich jedoch auch in der Lage, diese daraufhin
zu priifen, ob durch die zahlreichen Ueberimpfungen eine Aenderung der
Agglutinabilitat eingetreten sei.
Es sind die folgenden 21 Stamme, die ich im ganzen zu meinen
Untersuchungen benutzt habe.
I. Vibrionen von Chole rafallen.
1) No. 1. Oholeravibrio aus Stuhl am 10. Tage der Krankheit. Hamolytisch fiir
Hatnmel, Pferd, Men8ch.
2) No. 03. Cholera Gouverneraent Petersburg.
3) No. 3. Vibrio von einem am 21. Tage toalichen Fall.
4) No. 7. Choleravibrio aus Stuhl am 25. Krankheitstage.
5) No. 14. Cholerakultur aus Gouvernement Petersburg.
6) No. 15. Vibrio von todlichem Cholerafall; hamolysiert Pferde- und Menschenblut
Erste Abt. Orig. Bd. 66. Heft 2. 11
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162
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
7) No. 18 b. Cholerafall aus Petersburg.
8) No. 27. C'holerakultur aus Gouvernement Petersburg.
9) Cholera „Pfeiffer“.
II. Vibrionen von Bacillentragern.
10) No. 21. Vibrio von Bacillentrager, agglutinabel.
11) No. 22. Vibrio von Bacillentrager, agglutinabel.
12) No. 49. Vibrio von Bacillentrager, agglutinabel.
13) No. 52. Vibrio vou Bacillentrager, nicht agglutinabel.
III. Wasservibrionen.
14) No. 01. Vibrio aus Wasser, Institut fur experimentelle Medizin.
15) No. 2. Vibrio aus Wasser, agglutinabel.
16) No. 4. Vibrio aus Wasser, nicht agglutinabel.
17) No. 9. Vibrio aus Newaeis, agglutinabel.
18) No. 13. Vibrio aus der Nahe einer Wascherei in stagnierendem Newakanal,
nicht agglutinabel.
19) No. 18. Vibrio aus Kanalwasser, agglutinabel (1:5000).
20) No. 24. Vibrio aus filtriertem Wasser der Hauptwasserleitung (in Petersburg),
Filter No. VIII. Eine Geifiel.
21) No. 50. Vibrio aus Wasserleitung, agglutinabel.
Ich habe die Bezeichnungen, mit denen uns die Stamme aus Peters¬
burg zugingen, wortlich hierher gesetzt.
Die zur Agglutinationsprfifung benutzten Sera und ihre Herkunft
sind folgende:
No. 1 Choleraserum vom 10. Marz 09 aus dem Hygienischen Institut Konigs-
berg i. Pr.
No. 2 Cholera-Ziegenserum, gewonnen am 27. Juni 08, Konigsberg. Agglutinations-
titer 1:900.
No. 3 Choleraserum von Ziege I, Konigsberg 18. Mai 08.
No. 4 Kaninchen-Choleraserum vom 2. Sept. 08, Konigsberg.
No. 5 Petersburger Choleraserum, 4. Febr. 09.
No. 6 Agglutinierendes Pferde-Choleraserum vom Institut fur Infektionskrankheiten
in Berlin. Agglutinationstiter 1: 5000.
Wenn ich schnell die Versuche mit den Vibrionen der Gruppe III
und mit dem nicht agglutinabeln Bacillentr&gerstamm 52, auf die ich
weniger Gewicht lege, vorausnehmen darf, so ist nur zu sagen, daB eine
Aenderung ihrer Agglutinabilitat nicht zu beobachten war. Weder war
dieses Ph&nomen bei den nicht agglutinablen aufgetreten noch hatten die
mit dieser Eigenschaft von vornherein begabten Stamme sie eingebuBt.
Dazu mochte ich bemerken, daB ich selbst bis zu diesen Versuchen
die Stamme schon 20- bis 30mal abgestochen hatte. Wie oft sie schon
iiberimpft sein mSgen, ehe sie in meine Hand kainen, vermag ich nattir-
lich nicht zu sagen.
Eingehend mochte ich aber im folgenden meine Versuche mit den
Vibrionen der Gruppen I und II (ausgenommen Vibrio 52) behandeln.
Wie hoch diese Stamme durch die genannten Sera an und fflr sich,
d. h. ohne durch Wasser passiert zu sein, agglutiniert wurden, zeigt die
Kolumne c jeder Tabelle.
Ich habe dann diese Vibrionen von Cholerafailen und von Bacillen¬
tragern passieren lassen durch abgekochtes Leitungswasser, um zunachst
einmal die behauptete Wirkung iiberhaupt zu ermitteln (Tabelle I), durch
frisches Leitungs- und Oderwasser (unser Leitungswasser ist flbrigens zu
2 /s Oderwasser und zu Vs durch Berieselung gewonnenes „Grundwasser“),
um „den Zusammenhang der Flora des Wassers und seiner physikalisch-
chemischen Eigenschaften u (S. 695) mit dem angeblichen Phanomen des
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Kohlisch, Angebliche Aenderung der Agglutinabilitiit der Choleravibrionen etc. 163
Agglutinogenverlustes zu priifen (Tabellen II—IVa), und schliefilich durch
destilliertes Wasser, um fur die Auslaugung die giinstigsten Bedingungen
zu schaifen (Tabelle V).
Tabelle I.
Versuche mit abgekochtem Leitungs wasser.
Nach der Herausziichtung aus dem Wasser wurde zum Teil direkt von der Platte
agglutiniert, zum Teil Kolonieen von dieser auf Rohrchen abgestochen und erst am
nachsten Tage agglutiniert.
Von Cholera Pfeiffer und No. 15 wurden nach der ersten 4-tagigen Passage
f ewonnene Kulturen in je 3 bezw. 2 Kolben Wasser suspendiert zum Zwecke einer
. Passage, denen dann nach verschiedenen Zeiten (5—23 Tagen) Peptonwasser zu-
gesetzt wurde.
Nur Cholera Pfeiffer wurde noch ein drittes Mai (nach 2 Passagen von 4 bezw.
5 Tagen) fur 12 Tage in Wasser gebracht.
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Nicht weiter gepriift
Die Anordnung der Passageversuche war die folgende:
Von Leitungswasser — sterilisiertera und nicht sterilisiertem — sowie
von natiirlichem Oderwasser wurde stets V 2 Liter mit 1—2 Kulturen
der betreffenden Vibrionen beschickt, worauf die Kolben im Dunkeln
teils im Eisschrank, teils bei Zimmertemperatur stehen blieben.
Nach ein Oder mehreren Wochen wurde entweder eine Probe in ein
kleines Peptonwasserkolbchen pipettiert Oder reichlich Peptonwasser zu
dem grollen Kolben zugesetzt.
Am nachsten Tage Aussaat einer Oese von der obersten Schicht
der Peptonwasserkultur auf eine gewohnliche Choleraagarplatte oder
mehrerer (5—6) Oesen auf eine DieudonnS -Agarplatte (12) (naturlich
in 4—5 Verdiinnungen).
Gewfihnlich waren auf den aus den Kolben mit sterilem Leitungs¬
wasser angelegten Platten (Tab. I) Reinkulturen der eingesBten Vibrionen
gewachsen, so daB ich gewohnlich unmittelbar von ihnen agglutinierte.
Im iibrigen legte ich sowohl von ihnen, als besonders natiirlich von den
Platten aus nicht sterilisierten W&ssern (Tab. II—IVa) aus isolierten
Kolonieen Schrfigagarkulturen an und agglutinierte erst nach abermals
20—24 Stunden von diesen. — Eventuell wurden die herausgeztichteten
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Nicht weiter
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Lnufende Nummer
164
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Kulturen zu weiteren Passagen abermals in Wasser gebracht und so die
Passagen wiederholt, bis entweder eine Kultur im Wasser einging, Oder
ich weitere Passagen nicht mehr fur notig hielt. So haben einzelne
Kulturen 5, sogar 6 Wasserpassagen durchgemacht (Tab. I, IV, IVa).
Tabelle II.
Versuche mit frischem, nicht sterilisiertem Leitungswasser.
Die Vibrionen passierten nur einmal durch Wasser; jedoch wurden, um eine ver-
schiedene Dauer der Passagen zu erzielen, von den Stammen 1, 03, 3, 7 je mehrere
Kolben am selben Tage angesetzt und zu ihnen nach verschiedenen Zeiten Pepton-
wasser gefiigt.
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Es sei mir gestattet, hier gleich in Parenthese eine kurze Notiz fiber den
Dieudonn4 -Agar zu bringen. Bei kunstlich mit Vibrionen infizierten Stuhlen
— echte Cholerafaeces standen mir ja nicht zu Gebote — hat er sich als Elektiv-
nahrboden fiir Vibrionen gegeniiber Coli, das immer sehr sparlich, oft gar nicht
Oder fast gar nicht wachst, bewiihrt.
Bei den Zuchtungen aus Wasser versagte er jedoch vollkommen. Die Ent-
wickelung der Wasserbakterien wurde nicht merklich gegeniiber der auf der ge-
wohnlichen Choleraagarplatte von der bekannten starken Alkaleszenz zuruckgehalten.
Mir scheint, dafi er daraufhin noch nicht gepruft worden ist.
Etwas anders war die Anordnung der Versuche, in denen die
Vibrionen in destilliertem Wasser suspendiert wurden (Tab. V). Eine
Agarkultur kam fiir etwa 5 Tage in ein sterilisiertes ZentrifugenrShrchen
mit ca. 20 ccm nicht sterilisiertem Aqua destillata. L&nger lieB ich die
Suspension nicht stehen, nachdem ich bald zu Anfang die Erfahrung
gemacht hatte, daB schon nach Ablauf dieser Zeit ein Stamm mir ein¬
gegangen war (03 Tab. V.).
Am 5. Tage wurden die Rohrchen zentrifugiert, die iiberstehende
Fliissigkeit abpipettiert, durch Kieselgurfilter getrieben und zu Pr£L-
zipitationsversuchen benutzt. Den Bodensatz wusch ich noch zweimal
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Luufende Nummer
Kohlisch, Angebliche Aenderung der Agglutinabilitat der Choleravibrionen etc. 165
in Aqua destillata, sate eine Oese davon auf gewohnliche Choleraagar-
platten in Verdiinnungen aus und benutzte ihn im ubrigen zur sofortigen
Anstellung der Agglutination.
Tabelle III.
Versuche mit Oderwasser, einmalige Passage.
Es wurde immer nur ein Kolben angesetzt, aber nach verschiedenen Zeiten kleine
Proben des infizierten Wassers in Peptonkolbchen gebracht, bis die Vibrionen einge-
gangen waren.
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ihre Agglutinabilitat gepriift, zum
geschwemmt.
den Platten Rohrchen angelegt und
die Kulturen zum Teil wieder auf
Teil wieder in Aqua destillata auf-
Die Resultate dieser eben beschriebenen Versuche sind nun die
folgenden:
In keinem einzigen Falle habe ich eine Herabsetzung der Aggluti¬
nabilitat bei echten Choleravibrionen beobachtet *); weder in den Ver-
suchen mit Leitungs- und Oderwasser, noch, was wohl fur die Theorie
der Auslaugung bedeutungsvoller ist, in den Versuchen mit Aqua
destillata, bei denen ich sowohl mit dem Zentrifugat direkt agglutinierte,
1) Die vier scheinbaren Ausnahmen Tab. Ill, 3m B, IV, 2pB und 4m, IV, 3gA
werden weiter unten ihre sehr naturliche Erklarung finden.
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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Tabelle
Versuche mit Oderwasser,
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Versuche mit verschiedenem Wasser,
1. Passage durch Oderwasser, 2. Passage durch Leitungswasser.
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13
Eingega
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wie auch mit Kulturen aus dem Bodensatz, bei deren Herauszttchtung
ich durch sofortige Aussaat auf Platte infolge Umgehung der Pepton-
wasser-Anreicherung das Wiedergewinnungsverfahren wesentlich abkiirzte.
Auch konnte ich bei diesen letzten Versuchen eine — sehr geringe
— Pr&zipitatbildung der abzentrifugierten Fliissigkeit mit Choleraimmun-
Tabelle
Versuche mit Aqua destillata,
Samtliche Versuche sind
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Kohlisch, Angebliche Aenderung der Agglutinabilitfit der Choleravibrionen etc. 167
IV.
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Nicht weiter
gepruft
> Nicht weiter gepruft
serum nur zweimal beobachten, bis zur Serumverdiinnung 1:100 (Stamm
03, Tab. V, 2 k) und 1:500 (Stamm 1, Tab. V, lk), jedoch ohne daB
gleichzeitig die Agglutinabilitat der entsprechenden Bakterien (Bodensatz
wie Kultur) gelitten hatte.
Dieses Resultat ist um so bemerkenswerter, als ich, wie aus den
Tabellen zu ersehen ist, wohl immer der Grenze der Lebensfahigkeit der
Choleravibrionen in meinen Versuchen nahe gekommen bin. Diese be-
trug wohl nicht wesentlich mehr als 5 Tage im Aqua destillata, etwa
7—12 Tage im Oder- und natiirlichen Leitungswasser und erreichte in
zwei extremen Fallen in sterilisiertem Leitungswasser 21 bezw. 23 Tage
(diese Kolben standen im Eisschrank). Die Wiederholung mancher
V.
mehrmalige Passagen.
mit Serum III angestellt.
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168
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Passageversuche muBte unterbleiben, weil die Vibrionen unerwartet frtih
zugrunde gegangen waren.
Aber auch wo sie noch herausgeztlchtet werden konnten, waren sehr
haufig, selbst bei Anreicherung mit Peptonwasser, nur noch ganz ver-
einzelte Kolonieen auf den Platten gewachsen. So glaube ich jedenfalls,
daB die Vibrionen, die ich aus dem Wasser herausziichtete, inehr oder
minder geschadigt sein mufiten.
Immerhin ware es denkbar, daB die Schadigung nicht alle in das
Wasser eingesaten Vibrionenindividuen gleichmaBig trafe, nur einzelne
waren schon schwer, die meisten kaum geschadigt, und die aus solchen
verschieden geschadigten Individuen sich entwickelnden und schlieBlich
auf Rohrchen abgestochenen Kolonieen kfinnten durch verschiedene
Herabsetzung der Agglutinabilitat den Grad der Schadigung anzeigen.
Wenn man dann stets nur eine Kolonie der wiedergewonnenen Vibrionen
von der Platte auf Rohrchen abstache und mit ihr agglutinierte, so
brachte es die Wahrscheinlichkeit mit sich, daB man meist eine noch
ziemlich gesunde Kolonie erfaBt, und zufallig konnte dies auch bei
einer groBeren Versuchsreihe stets der Fall sein.
Um diesen Zufall nach Moglichkeit auszuschlieBen, habe ich mog-
lichst haufig, wie aus den Tabellen zu ersehen ist, mehrere Kolonieen
zur Agglutination herangezogen (in den Tabellen mit den groBen latei-
nischen Buchstaben A. B. C. bezeichnet). Sie alle wurden jedoch, so-
weit sie der eingesaten Cholera entstammten, bis zu der Titergrenze des
Serums agglutiniert.
Ich wiederhole: soweit sie der eingesaten Cholera entstammten.
Denn einige Male sind auch mir, wie ich mit Riicksicht auf die Angaben
Zlatogoroffs und Barrenscheens ausdriicklich scharf betone,
Vibrionenkolonieen gewachsen, die nur wenig agglutiniert wurden und
mich zuerst mit diesem Verhalten verblufften.
Es sind 4 Stamme, die mich in dieser Weise irritierten (Tab. Ill,
3 m B., IV, 2p B und 4 m, V, 3 g A; sie sind in den Tabellen mit einem *
bezeichnet). Ich mochte ihre Geschichte geben:
Ich schicke voraus, daB ich wahrend der Dauer meiner Unter-
suchungen mit Leitungs- und Oderwasser Proben davon auf einen even-
tuellen Gehalt an Vibrionen regelmaBig untersucht habe, und zwar am
11., 14., 16., 23., 29. Sept., 5., 8., 12., 14. Okt.
Ich goB entweder direkt Gelatineplatten oder reicherte ca. 10 ccm
Wasser in PeptonkSlbchen an.
Nur am 14. Sept, im Leitungs- und am 16. Sept, im Leitungs- und
Oderwasser fand ich Vibrionen, sonst nie.
Am 15. Okt. erlangte ich mit einer Kultur, welche aus einem mit
Cholera 18 b besaten Oderwasserkolben gezfichtet war, keine Aggluti¬
nation. In der Verdiinnung 1:100 war die Reaktion noch positiv mit
Serum III, schon negativ dagegen mit Serum V (Tab. Ill, 3 m B).
Da die Untersuchungen im Herbst stattfanden, also zu einer Jahres-
zeit, in der am reichlichsten Vibrionen in unseren Gewassern sich finden,
so war doch, trotz des zumeist negativen Ausfalls meiner bisherigen
diesbeziiglichen Wasseruntersuchungen und weiterer vom 18., 21., 22.,
25., 28. Okt. sowie 1. Nov., die Vermutung naheliegend, daB ich hier
einen schon vorher im Wasser vorhandenen saprophytischen Vibrio ge-
ziichtet hatte.
Ich hielt es daher fur geraten, groBere Mengen Oderwasser einer
Priifung auf die in ihm enthaltene Vibrionenflora zu unterziehen. Am
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Kohliseh, Angebliche Aenderung der Agglutinabilitat der Choleravibrionen etc. 169
6. Nov. entnahm ich an acht verschiedenen Stellen oberhalb, innerhalb
und unterhalb Breslaus je 1 / 2 Liter Oderwasser und fand nun allerdings
in 7 von den 8 Proben reichlich Vibrionen. Die einzige negative Probe
entstammte, was wohl ganz interessant ist, meiner alten Wasserentnahme-
stelle am Zoologischen Garten, die mich ja auch bisher nur ein einziges
Mai, am 16. Sept., Vibrionen hatte finden lassen.
Inzwischen hatte ich in der Annahme, daB die Methode der aktiven
Immunisierung hier vielleicht am ehesten zum Ziel fuhren wiirde, mit
dem ratselhaften Stamm ein Kaninchen immunisiert, indem ich ihm
V 4 Oese lebend intravenos einmal applizierte; nach 8 Tagen wurde dann
Blut entnommen.
Mit dem aus ihm gewonnenen Serum wurde der eigene Stamm bis
zur Verdiinnung 1:1000 agglutiniert (auch noch nach Wochen), der
Stamm 18 b, der in den Wasserkolben eingesat gewesen war, ferner die
Stamme 27, 1, 03, 3, 7 sowie ein Cholerastamm „OstpreuBen“ und eine
El Tor-Kultur, die ich aus anderen Griinden damit untersuchte, hbchstens
1:10 (von den eben erwahnten Odervibrionen beilaufig 2 Stamme 1:500).
Im Pfeifferschen Versuch mit diesem Serum (Dosis 0,05), kam
es zur Granulabildung iiberhaupt nicht, die mit ihm injizierten virulenten
El Tor-Vibrionen (1 Oese El Tor, da mir eine virulente echte Cholera
nicht zur Verfflgung stand) vermehrten sich reichlich und toteten binnen
7—8 Stunden das Tier. Ich durfte das tun, da wir wissen, daB die
El Tor-Kulturen auf die spezifischen Choleralysine genau so reagieren,
wie typische Kochsche Vibrionen.
Um Zlatogoroff soweit als moglich entgegenzukommen, fuhrte
ich mit dem fraglichen Stamm noch eine Tierpassage aus, indem ich
einem Meerschweinchen noch eine Oese in 1 ccm physiologischer Koch-
salzlosung intraperitoneal injizierte. Es trat schleunig als Ausdruck der
geringen Virulenz Granulabildung ein; nach 3 Stunden legte ich aus
dem Peritoneum Platten an, erhielt einige wenige Kolonieen, die mit
Serum III auch nur 1:100 agglutiniert wurden und auch keinen hoheren
Titer erlangten. Der Pfeiffersche Versuch konnte bei der volligen
Avirulenz natiirlich nicht ausgefiihrt werden.
Entscheidend war schlieBlich auBer der Cholerarotreaktion, die bei
18 b sehr intensiv war, bei dem herausgeziichteten Stamm, den ich in
der Folge Odervibrio 1 genannt habe, aber vollig fehlte, die BegeiBelung;
Stamm 18 b hat stets nur 1 GeiBel, der fragliche meist 1, sehr haufig
jedoch 2 GeiBeln. Ich stellte die GeiBeln nach Zettnows (13) Silber-
raethode dar.
Schneller zum Ziel kam ich mit den beiden n&chsten nicht aggluti-
nierten Vibrionenstammen, deren einer (Tab. IV, 2 p B, spater Oder¬
vibrio 2 genannt) einem Kolben Oderwasser entstammte, welcher mit
Cholera 27, der andere (Tab. IV, 4 m, spater Odervibrio 3 genannt)
einem solchen, der mit dem Bacillentragerstamm 22 beschickt gewesen
war. Beide Originalstamme hatten stets nur 1 GeiBel und eine wunder-
schone Indolreaktion, die herausgeziichteten Stamme hatten mehrere
GeiBeln (bezuglich bis zu 3 und bis zu 4, letzterer sogar bflschelweise
an beiden Enden), die Indolreaktion fehlte ihnen vollkommen.
Bei der aktiven Immunisierung erhielt ich mit Odervibrio 2 (Ka¬
ninchen, y 4 Oese lebend intravenos) ein Serum, das den eignen Stamm
bis 1:500, die Cholerastamme 1, 03, 3, 7, 14, 15, 18 b, 27 und Pfeiffer
gar nicht agglutinierte (ebensowenig aber auch irgendeinen der anderen
Odervibrionen). — Im Pfeifferschen Versuch (0,1 dieses Serums,
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170 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
1 Oese El Tor) trat keine Granulabildung ein und nach 24 Stunden war
das Tier tot.
Von dem Odervibrio 3 erhielt ein Kaninchen eine ganze Agarkultur
lebend subkutan. Das gewonnene Serum war im Pfeiffer schen Ver-
such vollig wirkungslos, schon nach 7 Stunden war das Meerschweinchen,
das 1 Oese El Tor mit 0,1 Serum erhalten hatte, tot. — Den eigenen
Stamm agglutinierte das Serum bis zur Verdunnung 1:200, meine
Cholerastamme uberhaupt nicht.
Verbliiffender war es wieder, als ich aus destilliertem Wasser, in
das ich den Cholerastamm 3 eingesat hatte, neben 3 der Voraussetzung
entsprechend normal agglutinablen Kulturen eine solche zuchtete, die mit
Serum III nicht reagierte (Tab. V, 3 g A, spater Destillata 1 genannt).
Die Sache wurde jedoch wieder sehr schnell entschieden durch den
Mangel der Indolreaktion und die Zahl der GeiBeln (2—3) bei dem be-
treffenden Stamm, im Gegensatz zu dem regelrechten Verhalten des
Cholerastammes 3.
Die aktive Immunisierung (V 4 Oese intravenos lebend) lieferte mir
ein Serum, das im Pfeiffer schen Versuch (1 Oese El Tor, 0,1 Serum)
nicht schiitzte und meine Choleravibrionen nicht agglutinierte. Aller-
dings wurde in diesem Falle auch der eigene Stamm durch das Serum
nicht agglutiniert, wie ja uberhaupt die durch aktive einmalige Immuni¬
sierung bei Kaninchen erzeugten Sera, abgesehen von dem mit Oder¬
vibrio 1 gewonnenen, nur geringe Agglutinationskraft hatten.
Die Angabe unseres Personals, daB die Flaschen fur Aqua destillata
haufig vor der Neufullung mit Leitungswasser und erst zum SchluB mit
destilliertem gespiilt werden, ergab hier die Moglichkeit eines Hinein-
gelangens von Vibrionen in das destillierte Wasser. Hierfur brachte
schlieBlich der direkte Versuch den Beweis, indem ich in 2 Aqua destil-
lata-Flaschen aus verschiedenen unserer Laboratorien mittels der Pepton-
wasserkultur reichlich Vibrionen nachweisen konnte.
Sollten nicht in Zabolotnys und Emmerichs Laboratorium die
Verhaitnisse khnlich liegen und Zlatogoroffs und Barrenscheens
Auffindung „veranderter“ nicht agglutinabler Vibrionen auch im Aqua
destillata so ihre sehr natiirliche Erklarung finden?
Ich glaube bei Barrenscheen in einem Falle einen direkten Hin-
weis darauf zu haben, daB auch er aus Aqua destillata Wasservibrionen
geziichtet hat. Im zweiten Versuch mit Aqua destillata (p. 262) gibt er
das Resultat der Reaktion nach 1 Stunde nicht an, sondern nur das
nach 2 Stunden, wo es nur in der Verdflnnung 1:500 positiv war. Er
sagt dann, daB „eine Steigerung der abgeschwachten Agglutinierbarkeit
nicht erreicht sei, wohl aber eine Zunahme des anfangs sehr sp&rlichen
Wachstums sich gezeigt habe“.
Auch meine Wasservibrionen jeder Herkunft, z. B. auch Destillata 1,
wuchsen zum Teil in den ersten Kulturen nur als winzigste Kolonieen.
Einige haben dieses Verhalten bewahrt, andere wachsen jetzt in breiten.
glasigen, cholera&hnlichen Kolonieen, indem sie sich anscheinend an den
stark alkalischen Agar angepaBt haben. — Aber keiner der St&rame, was
nach dem Gesagten ja auch selbstverstandlich ist, zeigt jetzt nach zahl-
reichen Ueberimpfungen innerhalb von 3—4 Monaten auch nur die
geringste Steigerung der Agglutinabilit&t durch Choleraserum. Ich er-
w&hne das ausdriicklich, weil Zlatogoroff angibt — was ich in der
Inhaltsangabe hervorgehoben habe — daB die aus den Newawasser-
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Kohlisch, ADgebliche Aenderung der Agglutinabilitat der Choleravibrionen etc. 171
kolben wiedergeziichteten inagglutinablen Yibrionen mit der Zeit Aggluti¬
nabilitat wiedererlangt haben sollen.
Zwei Versuche, die noch in den Anfang meiner Untersuchungen
fallen, mochte ich allerdings noch erw&hnen, bei denen auch ich scheinbar
zunachst ein den Zlatogoroffschen Angaben entsprechendes Resultat
— wenn auch in sehr geringem MaBe — erhalten hatte.
Ich habe, wie gleich zu ersehen ist, deshalb ein nicht unerhebliches
Interesse an ihnen, weil sie zeigen, wie leicht bei der Beurteilung der
Resultate dieser Versuche ein Irrtum moglich ist.
Bei beiden Versuchen zentrifugierte ich sofort nach der Einsaat des
Cholerastammes in destilliertes Wasser ca. 2 Stunden und agglutinierte
dann den Bodensatz sofort. In einem Falle fand ich die Agglutinabilitat
herabgesetzt von 5—6000 auf etwa 3000, im anderen von 3—4000 auf
ca. 1000. Die aus dera Zentrifugat wiedergewonnenen Kulturen gaben
jedoch das ursprflngliche Resultat. — Prazipitate mit der abgegossenen
Zentrifugierfliissigkeit und dem Serum erhielt ich nicht.
Selbst wenn man also hier — um diesen Punkt zunachst zu er-
ledigen — mit Zlatogoroff eine geringe Auslaugung der agglutinabeln
Substanz durch das destillierte Wasser annimmt, so sieht man doch, daB
diese nur die eingesaten Individuen selbst trifft, nicht aber, wie Zlato¬
goroff will, die nhchsten von den geschSdigten Individuen gezflchteten
Generationen. Es erscheint doch auch a priori etwas seltsam, daB sich
diese Auslaugung, diese erworbene Schadigung, gleich vererben soil,
Qberdies womoglich bis ins 10. und 20. Glied!
Dies nebenbei. Ich will auf etwas anderes mit diesen Versuchen
hinaus. Sie fallen eben, wie ich oben schon sagte, noch in den Anfang
meiner Arbeit, und ich habe damals noch nicht auf ein PhSnomen ge-
achtet, das ich spater einige Male beobachtete, und das die, wenn auch
sehr geringe, so doch immerhin vorhandene scheinbare Herabsetzung der
Agglutination erklaren kann. Ich meine die Verlangerung der Reaktions-
zeit. Bei einzelnen Versuchen mit den aus Wasser wiedergewonnenen
Choleravibrionen ging die Reaktion sehr langsam vor sich und war bei
der letzten zu erwartenden Verdunnung erst nach Stunden (gelegentlich
7—8) eingetreten bezw. vollendet.
In Hinsicht hierauf machte ich oben (p. 158) auf die Angaben
Barrenscheens aufmerksam, der ja auch nach 2 Stunden eine st&rkere
Reaktion hatte als nach 1 Stunde. Vielleicht war sie nur noch nicht
beendet und hatte bei einer Beobachtung nach mehreren Stunden auch
wie bei mir in der zu erwartenden hochsten Serumverdiinnung noch ein
positives Resultat gegeben; und vielleicht liegt in diesem Phanomen
iiberhaupt die Erklhrung fiir die Zlatogoroffschen Angaben.
Ich verweise hierzu kurz auf die Arbeit R. Schellers (14), der
die Verschiedenheit der Reaktionszeit fiir die Gruber-Widalsche
Reaktion experimentell untersucht und theoretisch erortert hat. Sie ist
zuriickzufiihren einerseits auf Eigenschaften des Serums, andererseits auf
Eigenschaften der Bakterienindividuen, und zwar variable Eigenschaften,
d. h. solche, die durch huBere Einfliisse gewonnen Oder verloren werden
konnen.
In dieser Verlangsamung der Reaktionszeit konnte dann natilrlich
auch die Erkiarung liegen fiir aitere, besonders an Typhusbacillen aus-
geftihrte Versuche, auf die Zlatogoroff sich beruft. Es sind die
Arbeiten von Malvoz (15), Nicolle und Tr6nel (16), Rtimy (17),
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172
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 2.
Hirschbruch (18) und auch Ransom und Kit a shim a (19)
(Bancel war mir nicht zuganglich.) Ich glaube aber, daB sie fur
unseren Gegenstand nur in beschr&nktem Umfange Anwendung finden
konnen. Es werden dort noch — und Zlatogoroff schlieBt sich dieser
Auffassung an — Serumfestigkeit, andere biologische, chemische, ther-
mische Einfliisse auf die Agglutinabilitat identifiziert mit der fttr uns in
Betracht kommenden Auslaugung durch Wasser. Mir ist doch zweifel-
haft, ob man das alles ohne weiteres zusammenwerfen darf. Tut man
das nicht und zieht nur die Versuche in Betracht, die Zlatogoroffs
und meinen Versuchen mit Wasser entsprechen, so bleiben in den von
Zlatogoroff zitierten Arbeiten doch nur wenige tlbrig, und auch sie
halten, wie ich hier glaube zeigen zu konnen, einer scharfen Kritik nicht
stand, selbst dann nicht, wenn man die Reaktionszeit unberiicksichtigt laBt.
So beschreibt Malvoz am Ende seiner Arbeit, die im iibrigen von
der Beeinflussung der Bakterienagglutination durch Chemikalien (Sublimat,
Formalin, Vesuvin etc.) handelt, einen Versucb, in dem er Bouillon-
kulturen von Typhus und Coli so lange im Cham berl and-Filter mit
Aqua destillata wascht (& grande eau), bis Nesslers Reagens keine Spur
von Ammoniak in der aus dem FilterrQckstand gewonnenen Bakterien-
aufschwemmung mehr erkennen lBBt. Dann tritt allerdings keine Agglu¬
tination bei Typhus mehr ein. M. gibt jedoch an, daB auch die GeiBeln
vollst&ndig fehlen, und glaubt daraus schlieBen zu miissen, daB die ganze
„enveloppe cili6e tt , d. h. doch also wohl die Protoplasmahulle, zerstort
ist, offenbar doch nur durch die mechanische Wirkung des fortgesetzt
durch die Filter an den Bakterien vorbeigesaugten Wassers. Diese ge-
waltig zerstorenden Einfliisse — „grands lavage 44 — konnen aber wohl
mit dem harmlosen ruhigen Aufenthalt im Wasser nicht gut verglichen
werden; aber selbst, wenn der Vergleich noch zul&ssig ist, so fehlt mir
doch die Angabe, nach wie langer Zeit die Beobachtung auf etwa ein-
tretende Agglutination aufgegeben wurde.
Nicolle und Tr6nel haben uberhaupt Wasserpassageversuche
nicht angestellt. Sie suchen lediglich zu erweisen, daB Agglutinabilitat,
agglutininerzeugende Eigenschaft und Beweglichkeit zueinander in Be-
ziehungen stehen und finden dabei, daB aus der Milz geziichtete zun&chst
inagglutinable Typhusbacillen nach einigen Weiterimpfungen diese Eigen¬
schaft erlangen, daB ferner fortgesetzte Ziichtung bei 42° und anderer-
seits niedrige Temperatur diese Eigenschaft beeinflussen.
R6my benutzt zur Herausziichtung von Typhus- und C o 1 i- Bakterien
aus dem Wasser Phenolgelatine als Differenziernahrboden. Echter Typhus
hat gewisse charakteristische Wachstumsmerkmale, die jedoch auch „nicht
agglutinierender Typhus 14 und „abgeschwachtes Coli 44 gelegentlich zeigen.
Genauere Daten gibt er nur bei Bacillen, die er aus der Maas und
Vesdre geziichtet hat. Neben einem echten Typhusstamm, der in der
Verdiinnung 1:60000 agglutiniert wird, findet er zwei solche, die zun&chst
nicht agglutiniert werden (Reaktionszeit?), die aber, Meerschweinchen in-
jiziert, Sera liefern, die echten Typhus in der Verdiinnung 1:120 bezw.
1:40 agglutinieren. Sollte das wirklich Typhus gewesen sein?
Auch hat schlieBlich Hirschbruch selbst keine Auslaugungsver-
suche mit Wasser angestellt oder Typhusbakterien aus Wasser geziichtet.
Er hat lediglich festgestellt, daB durch biologische Einfliisse eine Aenderung
der Agglutination zu erzielen sei und zitiert gelegentlich andere Autoren
(Malvoz, Nicolle u. a.), die dasselbe durch Auslaugung der Bakterien
mit Wasser erreicht haben wollen.
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Kohlisch, Angebliche Aenderung der Agglutinabilitat der Choleravibrionen etc. 173
Ransom und Kitashimas Arbeit, in der nur von einer Herab-
setzung der Agglutinabilitat durch Zuchtung in Serumbouillon die Rede
ist, kann meines Erachtens gar nicht oder wenigstens nicht ohne weiteres
als Beleg fflr unsere Versuche herangezogen werden.
Die vorstehende Arbeit zeigt, daB Zlatogoroffs Behauptung,
wonach die Choleravibrionen im Wasser ihre Agglutinabilitat einbuBen
kbnnen, nicht einwandfrei erwiesen ist. Die von mir angestellten Ver¬
suche sprechen entschieden dagegen.
Weder hatten nicht agglutinable Vibrionen, die zu Cholerazeiten in
Petersburg aus Wasser geziichtet sind, trotz zahlreicher Ueberimpfungen
Agglutinabilitat erlangt, noch konnte ich bei echter Cholera vermittelst
Passage durch verschiedene Wassersorten (Leitungs-, FluB-, destilliertes
Wasser) eine Herabsetzung der Agglutinabilitat erzielen.
Die 4 Stamme, bei denen diese Aenderung scheinbar eingetreten
war, konnten durch GeiBelfarbung, Indolreaktion und die verschiedenen
Immunitatsreaktionen als harmlose Wasservibrionen erwiesen werden.
Ich glaube also, daB wir der bisher geiibten Methodik der bakterio-
logischen Choleradiagnose durchaus noch Vertrauen schenken konnen,
auch bei Wasseruntersuchungen.
Nachtrag bei der Korrektur:
Wahrend des Druckes dieser Arbeit erschien in Heft 1 des 34. Bandes
der Arbeiten aus dem Kais. Ges.-Amt ein Aufsatz von Haendel und
Woithe: Vergleichende Untersuchungen frisch isolierter Cholerastamme
mit aiteren Cholera- und El Tor-Kulturen. Die Verf. haben darin auch
die Angaben Zlatogoroffs und Barrenscheens nachgepriift, und
kommen zu demselben Resultat wie ich, d. h. auch sie haben eine Herab¬
setzung der Agglutinabilitat der Choleravibrionen durch Aufenthalt im
Wasser nicht beobachtet.
Literatur.
1) Zlatogoroff, Zur Frage der Diagnostik der Choleravibrionen. (Centralbl. f.
Bakteriol. Abt. I. Orig. Ba. 48. 1909. p. 684.)
2) Barrenscheen, Ueoer die Agglutination der Choleravibrionen. (Centralbl. f.
Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 50. 1909. p. 261.)
3) Markl, Beitrage zur Kenntnis der Differenzierung choleraahnlicher Vibrionen.
(Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 42. 1906. p. 380.)
4) Gotschlich, Ueber Cholera- und choleraahnliche Vibrionen unter den au6 Mekka
zuriickkehrenden Pilgern. (Zeitechr. f. Hyg. Bd. 53. 1906. p. 281.)
5) Ruffer, Researches on the bacteriological diagnosis of cholera, carried out by
medical officers of the sanitary, maritime and quarantine council of Egypt. (Brit,
med. Journ. 1907. Zitiert nach Neufeld und Haendel. No. 36.)
6) Neufeld und Haendel, Beitrag zur Beurteilung der El Tor-Vibrionen. (Arb.
a. d. KaiserL Gesundheitsamt. Bd. 26. 1907. Heft 3.)
7) 8chutze, Ueber weitere Anwendungen der Methode der Kompleraentfixation.
(Berl. klin. Wochenschr. 1907. p. 800.)
8) Neufeld und Haendel, Ueber Komplementbindung und Komplementablenkung
bei 0° und 37°. (Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamt. Bd. 28. 1908. Heft 1.)
9) De Besche und Kon, Untersuchungen iiber die Differenzierung von Cholera-und
choleraahnlichen Vibrionen mittels der Komplementbindung. (Zeitechr. f. Hyg.
Bd. 62. 1909. Heft 2.)
10) Toyosumi, Welche Antikorper spielen bei der Komplementbindung eine Rolle?
(Arch. f. Hyg. Bd. 69.)
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174
Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
11) Nedrigailoff, Ueber die Anwendung der Komplementbindungsmethode zur
Untersuchung von Oholerafaeces. (Zeitschr. f. Iramunitatsf. Bd. 3. H. 4.)
12) Huntemiiller, Der Dieudonn4sche Blutalkaliagar. (Centralbl. f. Bakteriol.
Abt. I. Orig. Bd. 50. p. 109.)
13) Zettnow, Ueber Geifielfarbung bei Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 30. p. 95.)
14) Scheller, R., Experimentelle Beitrage zur Theorie und Praxis der Gruber-
Widalschen Agglutinationsprobe. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 38.
1905. p. 100.)
15) Malvoz, Recherches sur l’agglutination der bacillus typhosus par des substances
chimiques. (Ann. de l’lnst. Pasteur. T. 11. 1897.
16) Nicolie et Tr4nel, Recherches sur le ph4nom4ne de l’agglutination. (Ann. de
l lnst. Pasteur. T. 16. 1902. p. 562.)
17) R4m y, Proc4d4 nouveau pour isoler le bacille typhique des eaux. (Ann. de l’lnst.
Pasteur. T. 15. 1901. p. 145.)
18) Hirschbruch, Die experiraentelle Herabsetzung der Agglutinierbarkeit beim
Typhusbacillus. (Arch. f. Hyg. Bd. 56. 1906.)
19) Ransom und Kitashim a, Untersuchungen iiber die Agglutinationsftihigkeit der
Choleravibrionen durch Choleraserum. (Dtsche med. Wochenschr. 1898. p. 295.)
Nachdruck verboten.
Ueber Wechselbeziehungen in der Agglutination zwischen
Bacterium coli und typhi.
[Aus der Konigl. Bakteriologischen Untersuchungsstation Landau
(Leiter: Stabsarzt Dr. Megele).]
Von Stabsarzt Dr. Ed. Mtiller.
Auf der 3. Tagung der freien Vereinigung fur Mikrobiologie er-
statteten Kuhn und W o i t h e l ) Bericht fiber Beobachtungen an Ruhr-
stfihlen. Sie hatten bei einem Kranken Sieg, der an chronischer Ruhr
litt, neben einem typischen Flexner-Stamm ein Bacterium coli
gefunden, das vom Ruhrserum bis zu seinem Endtiter agglutiniert wurde
und das im Kaninchen Agglutinine erzeugte, die ihrerseits wieder noch
in betrachtlicher Verdfinnung den FI ex ner-Bacillus beeinfluBten. Kuhn
und Woithe vermuteten einen gewissen Zusammenhang zwischen der
Ruhragglutinabilitat des Coli-Stammes und der Erkrankung seines
Wirtes. In der anschlieBenden Diskussion erwahnte Lentz, daB er in
Typhusstfihlen des ofteren Coli-Stamme mit hoher Agglutinabilitfit dnrch
Typhusserum entdeckte; die Agglutinationsf&higkeit dieser Stfimme verlor
sich rasch bei der Weiterzfichtung. Die gleiche Erfahrung machte
C o n r a d i bei Typhus und Paratyphus. N e u fe 1 d auBerte sich dahin,
daB, wenn auch Falle von Rezeptorengemeinschaft bei artverschiedenen
Bakterien schon bekannt seien, er doch hinter dem Vorkommen des
hochagglutinierenden Coli-Stammes bei einem Ruhrkranken einen ge¬
wissen Zusammenhang vermute.
Eine merkwfirdige und in ihren letzten Ursachen schwer deutbare
Beeinflussung des Bacterium coli bei seinem Zusammenleben mit
anderen pathogenen Mikroorganismen kennen wir auch sonst. Coli-
Stamme, aus kranken Darmen frisch gezfichtet, sind zumeist betrachtlich
virulenter als solche aus gesunden 2 ). Die Erscheinung, daB die Agglu-
tinabilitat eines Coli-Stammes im kranken Darm gesteigert wird, ware
1) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Ref. Bd. 44. Miinchen. med. Wochenschr. 1909.
No. 50.
2) Kolle-Waasermanns Handb. d. pathog. Mikroorg. Bd. 2.
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Muller, Wechselbeziehungen in der Agglutination zwischen Bact. coli u. typhi. 175
also nicht ohne Vorl&ufer. Versuche dariiber, ob ein hochagglutinabler
Typhus- oder Rulirstamm die Verklumpungsfahigkeit eines schlecht
agglutinablen Stammes der gleichen Art steigern kann, sind uns nicht
bekannt. Die Beobachtungen Schellers 1 ), der bei ein und demselben
Typhuskranken und Typhustr&ger verschieden agglutinable Bacillenrassen
fand, lassen sich fur unsere Zwecke nicht verwerten, da die hochagglu-
tinable Rasse (Fall II) erst spfiter als die schlecht agglutinable auftrat
oder wenigstens gefunden wurde und der Fall I scheinbar nur einmal
untersucht wurde. Besteht ein derartiger EinfluB, so wurde er auch
das Verst&ndnis etwaiger fihnlicher Wechselbeziehungen zwischen Typhus-
und Coli-Bacillus erleichtern. Rechnen wir doch das Bacterium coli
unter die Verwandtschaft der Typhus-Ruhrgruppe und ist die Gruppen-
agglutination eine weitverbreitete Erscheinung.
Verschiedene Umst&nde erschweren diesbezugliche Untersuchungen.
Erstlich sind nach allem, was wir davon wissen, die Agglutininbinde-
kbrper des C o 1 i - Bacillus sehr hinfailige und schwer vererbbare Gebilde,
die oft ebenso rasch wieder verschwinden, als sie entstanden. So er-
klaren sich wohl auch teilweise die verschiedenen Befunde der Autoren.
Paltauf 2 ) ist der Ansicht, daB das Coli im Tierkorper spezifische
Agglutinine wesentlich nur individuellen Charakters bildet und daB bei
Typhus Neben- und Mitagglutinine auf Coli vorkommen und umgekehrt.
Burk 8 ) vertritt in ersterer Beziehung die gleiche Meinung, dagegen
sieht er in der Beeinflussung von Bacterium coli durch Typhussera
nicht die Wirkung von Mitagglutininen, sondern von Normalagglutininen.
Damit kommen wir auf den zweiten erschwerenden Umstand. Schon
Paltauf konstatierte, daB die schon von Gruber und Durham
gesehene Normalagglutination beim Erwachsenen auch ftir C o 1 i - Bacillen
in der SerumverdGnnung 1 : 60 noch vorkommt. Burk fand, daB etwa
25 Proz. aller im Erwachsenen vorkommenden C o 1 i - Spielarten von
eigenem oder fremdem Serum mindestens in der Verdunnung 1 :30
agglutiniert werden. Jatta 4 ) konstatierte Normalagglutination in der
Verdunnung 1 : 100, Geisse 5 ) bei der PrOfung im hSngenden Tropfen
noch wesentlich hohere Zahlen: Im Serum des erwachsenen Menschen
wirksame Normalagglutinine in der Verdunnung 1 : 300, im Serum ver-
schiedener Sauger in der Verdunnung 1:400, daneben aber auch volliges
Fehlen von Agglutininen. Ganz besonders hohe Werte beobachtete am
Menschen Klieneberger 6 ), 160 bei S&uglingen, 1280 bei Erwachsenen.
Bei derartigen Zahlen liegt allerdings immer die Moglichkeit vor, daB es
sich um Daueragglutination als Nachwirkung einer uberstandenen, ander-
weitig nicht mehr nachweisbaren Coli-Infektion handelt. Zudem kGnnen
wohl formalinisierte Coli-Bouillonkulturen nach den Beobachtungen, die
wir schon bei der Verwendung frischer, hochstens 24-stiindiger Bouillon-
kulturen des Bacterium coli zur Agglutination machten, leicht einmal
hfihere Werte ergeben als wir sie bei andersartiger Versuchsanordnung
erhalten wurden. Unseres Erachtens eignen sich zur Priifung am besten
frische Verreibungen von hochstens 24 Stunden alten Agarkulturen.
Nach dem eben Gesagten ist also die Moglichkeit einer Normal¬
agglutination immer ins Auge zu fassen, wenn es sich bei der Agglu-
1) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 46.
2) Kolle-Wasserraanns Handb. d. pathog. Mikroorg. Bd. 4.
3) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 45.
4) Zitiert nach Paltauf a. a. O.
5) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 46.
6) Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 96. Zitiert nach Geisse.
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176
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abfc. Originale. Bd. 55. Heft 2.
tination von Coli-Bacillen (lurch andersartige Immunsera nicht um
hohe VerdQnnungen handelt. Die Entscheidung darfiber wird um so
schwieriger sein, als nach Geisses Untersuchungen derselbe Coli-
Stamm durch die Normalsera verschiedener Individuen derselben Art
sehr verschieden beeinfluBt wird und andererseits das gleiche Normal-
serum verschiedene Coli-Stamme in sehr verschiedener Weise agglu-
tiniert. Um so schwieriger auch, als die Verfahren, die wir nach dem
heutigen Stande unserer Kenntnisse anwenden konnten, um bei niedrigen
Serumverdtinnungen festzustellen, ob Normal- Oder Mit- und Gruppen-
agglutination oder beides zusammen vorliegt, nicht gestatten, nahe bei-
einander liegende Grenzwerte — um die es sich gewbhnlich handelt — mit
absoluter Genauigkeit herauszufinden, wovon sp&ter noch die Rede sein wird.
Drittens endlich zeigen Coli-Stamme, die zur Anstellung der ver-
schiedenen Proben lSngere Zeit auf kiinstlichen Nahrboden fortgezuchtet
werden muBten, sehr hSufig mit der Zeit eine ausgesprochene Neigung
zur Spontanagglutination. Diesen die Untersuchung storenden Nachteil,
auf den auch Pfaundler 1 ) aufmerksam macht, konnen wir wenigstens
durch standige Beachtung der Kontrollproben leicht erkennen.
Alle diese Vorbehalte bestehen sicher zu Recht. Andererseits gibt
es aber eine Reihe von Griinden, eine den Rahmen der Normalagglu-
tination weit iiberschreitende Einwirkung von Typhusimruunserum auf
Coli-Bacillen anzunehmen. Wir kennen aus der Literatur Falle, wo
das natiirliche oder kiinstliche Immunserum Coli-Bacillen sehr hoch,
selbst hoher als Typhusbacillen agglutinierte 2 3 ). Ferner spricht eine Reihe
von Beobachtungen dafflr, daB das Bacterium coli als Typhusagglu-
tinogen wirken kann, also auch Rezeptoren in groBerer Menge fiir Typhus-
agglutinine besitzen muB. Paltaufs diesbeziigliche Angabe habe ich
schon erw&hnt. Es scheinen mir auch gewisse klinische Befunde auf
derartige wechselseitige Beziehungen hinzuweisen. Wir bekommen namlich
gar nicht so selten bei ganz frischen Enteritiden, die wegen Typhus-
verdachts zur Untersuchung gelangen, Blutsera zu Gesicht, die in der
Verdiinnung 1:50, selbst in der Verdtinnung 1:100 den Typhusbacillus
deutlich beeintiussen. Der weitere, gewohnlich rasch tabklingende
Krankheitsverlauf und das ungemein rasche Verschwinden der Agglu¬
tination schlieBt Typhus aus. Unseres Erachtens handelt es sich in
solchen Fallen oft nicht um Entziindungen bakterieller oder nur indirekt
bakterieller, sondern um solche toxischer Entstehung und moglicherweise
um eine Agglutininbildung durch das durch die krankhaft veranderte
Darmwand durchgewanderte Bacterium coli oder seine resorbierten
Stoffwechsel- und Zerfallsprodukte. Natiirlich kann auch der Typhus-
bacillus selbst oder seine Gifte das primar die Darmwand bis zur
Durchiassigkeit schadigende Agens darstellen. Das gilt ftlr die Falle
Bibersteins s ) mit hoher Coli-Agglutination und den Fall Kird-
lyfis 4 ): Coli-Pneumonie bei einem durch positiven Bacillenbefund
sichergestellten Abdominaltyphus, der darum besonderes Interesse ver-
dient, weil das Blutserum nur Coli-Bacillen agglutinierte (1:180), ob-
wohl nachgewiesenermaBen Typhusbacillen in ihm kreisten. Wieder in
anderen Fallen bricht der Tuberkelbacillus durch Geschwiirsbildung fflr
das Bacterium coli Bahn. So erkldren sich die Falle von Typhus-
1) Kolle-Wassermanns Handb. d. pathog. Mikroorg. Bd. 4, 2.
2) Zitiert bei Gross, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 47.
3) Zitiert nach Gross, a. a. 0.
4) Deutsch. med. Wochenschr. 1910. No. 11.
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Muller, Wechselbeziehungen in der Agglutination zwischen Bact. coli u. typhi. 177
agglutination bei Tuberkulose J ), sofern es sich bei ihnen nicht um Dauer-
agglutination nach friiher iiberstandener Typhuserkrankung oder bei
latenter Trfigerschaft handelt. Uebrigens gedenkt schon Courmont 1 2 )
dieser Meglichkeit, fiber die mit Sicherheit mit dem Blute angestellte
Ztichtungsversuche entscheiden konnten. Derartige Versuche scheinen aber
bisher selten oder Qberhaupt nicht ausgeffihrt oder, wenn positiv, nicht
beachtet worden zu sein. Wir selbst erinnern uns eines einzigen Falles,
einer Paratyphuserkrankung mit Bacillenbefund, wo vorfibergehend das
Blut Bacterium coli beherbergte. Das Serum agglutinierte zu dieser
Zeit Typhusbacillen (1:50) und das Bacterium paratyphi B (1:100);
sein Verhalten gegenflber Bacterium coli wurde leider nicht geprfift.
Besteht beim Zusammenleben von C o 1 i - Bacillen mit pathogenen
Mikroorganismen die Mfiglichkeit einer direkten Beeinflussung mit dem
Effekte einer Steigerung der Gruppen- oder Mitagglutination, so wird
sie da am ehesten zur Ausbildung kommen, wo C o 1 i - Bacillus und
Krankheitserreger lfingere Zeit unter natfirlichen Verhaltnissen zusammen¬
leben, im Darme des Kranken und des Trfigers. Deshalb habe ich eine
Reihe von C o 1 i - Stfimmen direkt nach ihrer Ztichtung aus dem Stuhle
von Typhuskranken und -trfigern auf Drigalski-Conradi-, in einigen
wenigen Fallen auf Padlewski-Agar auf ihre Agglutinabilitfit durch
hochwertiges Typhuseselserum mit dem Titer 50000 und 20 000, das
aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte stammte, untersucht und vergleichs-
weise auch eine Reihe Stfimme von Gesunden herangezogen. Ehe ich
die Resultate in einer Tabelle zusammenstelle, mochte ich einige Be-
merkungen vorausschicken. Abgesehen von einigen wenigen anderen
Arten, die in der Liste ausdrficklich verzeichnet sind, hatte ich es wohl
immer mit typischen Coli-Stammen zu tun, die folgende Proben be-
standen: Milchgerinnung, Indolbildung, Sfiuerung und Kaseinffillung in
Traubenzucker- und Milchzucker-Barsiekow, starke Sfiuerung in
Lackmusmolke, Gasbildung in Milchzucker- und Traubenzuckeragar.
Nichtverflflssigung der Gelatine. Die Eigenbewegung habe ich nicht als
Kriterium benfitzt: Sie ist beim Coli-Bacillus eine wandelbare GroBe
wie die Agglutination. Ich habe, von dem Gedanken eines moglichen
Zusammenhanges zwischen Eigenbewegung bezw. GeiBelbildung und
Agglutination ausgehend, 18 mehr oder weniger agglutinable Coli-
Stfimme auf Eigenbewegung nach Wachstum in Rindfleischbouillon —
feste Nfihrboden eignen sich zu dieser Untersuchung uberhaupt nicht —
geprfift. Nach 17 Stunden zeigten wenigstens einige wenige Exemplare
bei 7 Stfimmen lebhafte Bewegung, nach 24 Stunden war sie bei den
meisten erloschen. Wie aus der Tabelle hervorgeht, habe ich die Coli-
Stfimme einiger Individuen wiederholt untersucht, aus zwei Grfinden:
Burk 3 ) hat festgestellt, daB in demselben Individuum verschiedene
C o 1 i - Spielarten vorkommen und zweitens war es von Interesse, zu
verfolgen, unter welchen Bedingungen ein bis dahin nicht agglutinabler
Stamm unter natfirlichen Verhaltnissen agglutinabel wird. Ich mochte
hier vorwegnehmen, daB bei Kranken und Trfigern die gleichzeitige
Anwesenheit oder das Fehlen von Typhusbacillen in derselben Kultur
keine Rtickschlfisse auf die Agglutinabilitfit des betreffenden Coli-
Stammes gestattet. Ein sehr rasch wfihrend der Zfichtung zur Geltung
1) Krencker, Miinchen. med. Wochenschr. 1909. No. 20. — Roth, Deutsch.
med. Wochenschr. 1910. No. 3. Ref. — Eccard, Miinchen. med. Wochenschr. 1910. No. 3.
2) Zitiert bei Paltauf, a. a. O.
3) a. a. O.
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 2. 12
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178
CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
kommender EinfluB besteht also nickt. Zur Technik sei bemerkt, daB
ich die erste Untersuchung als orientierende Agglutination von der
Drigalski-Conradi-Platte weg im h&ngenden Tropfen vorgenommen
habe, und zwar mit Serumverdiinnungen von 1 : 100 bis 1 : 1000 nach
V,- und 1-stiindigem Verweilen im Brutschrank. Wenn wir auch uns
der Nachteile dieses Verfahrens wohl bewuBt sind, so gibt es doch
unter steter Beachtung der Kontrollproben einen veriassigen Anhalts-
punkt dariiber, ob bei einem Stamm iiberhaupt hohere Verklumpungs-
fahigkeit zu erwarten ist oder nicht. Nur der Stamm 3 K1 hat nach der
Voruntersuchung im hangenden Tropfen einen hbheren Titer annehmen
lassen als er dann ergab. Das erklBrt sich wohl aus dem, was wir
weiter oben iiber die Hinfailigkeit und Vererbbarkeit der Co 1 i -Rezeptoren
sagten. Auch aus diesem Grunde erscheint die mikroskopische Unter¬
suchung von Vorteil, denn ftir sie geniigt die erstgewachsene Kolonie,
wahrend die Titrierung eine groBere, nur durch Umztichtung zu er-
langende Bakterienmenge erfordert Wir haben aber doch, eingedenk
der alten, an anderen Arten gemachten Erfahrung, dafi die Agglutination,
auch wenn die Anlage dazu vorhanden ist, zuweilen erst nach wieder-
holter Umziichtung auf kiinstlichen NBhrbbden in die Erscheinung tritt,
von der ersten Stuhl-Drigalski-Platte eine Agarkultur angelegt und
diese nach 24 Stunden noch einraal untersucht. Die damit erzielten
Resultate sind, wie aus der Tabelle I hervorgeht, so wechselnd wie die
Ergebnisse der C o 1 i - Agglutination iiberhaupt.
Die den Zahlen der Serumverdiinnungen beigesetzten Zeichen be-
deuten: + m&fiig stark, -\—|- sehr stark, + Grenzreaktion.
In der Rubrik Bemerkungen bedeutet Stuhl -f: der betreffende Stuhl
enthielt Typhusbacillen; Stuhl—: keine Bacillen.
Unter den 75 Personen der Tabelle befinden sich 23 Tr&ger,
22 Kranke und 30 Gesunde. Von den ersteren beherbergten 9, von
den 22 Kranken 5, von den 30 Gesunden 6 agglutinable Coli-St&mme.
Ziehen wir von den letzteren 6 die 2 Personen ab, die friiher Typhus
durchmachten und den Fall 7, dessen Blutserum in der Verdiinnung
1:50 Typhus- und Paratyphusbacillen stark agglutiniert und dadurch
die Vermutung einer uberstandenen Typhuserkrankung nahelegt, so ver-
bleiben nur 3 Wirte ohne alle typhusverdachtigen Antezedentien mit
positiven St&mmen. Auch bei diesen dreien bewegt sich aber die Agglu¬
tination in bescheidenen Grenzen. Wir gewinnen also den Eindruck,
daB sich hSher agglutinabele Coli-Stamme haufiger als unter normalen
Verh<nissen da linden, wo sie kiirzere oder langere Zeit Gelegenheit
hatten, mit Typhusbacillen zusammenzuleben. Hochagglutinabele, dem
Titer des verwendeten Serums nahekommende Stamme haben wir nicht
darunter entdeckt: Den hochsten Wert zeigt Stamm 15 : 3200 gegen
20000. Erscheinungen, wie sie Kuhn undWoithe bei Ruhrcolis und
C o n r a d i bei Typhuscolis beobachteten, kommen also immerhin sehr selten
vor. Uebrigens glaube ich, gerade im Falle 15 verschiedene Coli-
Rassen gefunden zu haben, wenn auch die Kulturmerkmale, soweit ich
sie prflfte, keinen Unterschied erkennen lassen. Denn wahrend der am
24. Nov. geziichtete Stamm noch nach 3 Monaten kiinstlicher Kultur
gut agglutinabel ist (3200 -f), sind die direkt aus dem Wirte gezflchteten
Stamme vom 5. und 20. Dez. inagglutinabel und bleiben es. Aehnlich
liegen die Verh<nisse bei 5 und 12.
Wir haben schon oben die Unbest&ndigkeit der agglutinabelen Sub-
stanz des Bacterium coli gestreift. Auch die Tabelle zeigt Rassen —
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Muller, Wechselbeziehungen in der Agglutination zwischen Bact. coli u. typhi. 179
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Muller, Wechselbeziehungen in der Agglutination zwischen Bact. coli u. typhi. 131
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typhuskrank)
182 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 2.
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Muller, YVechselbeziehungen in der Agglutination zwischen Bact. coli u,
typhi. 183
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184
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
wenn wir nur die niederen Werte, unter 500, ins Auge fassen — die
schon in der 2. Ziichtung ihre Agglutinabilitat verloren hatten oder an-
fanglich inagglutinabel, sie erst gewannen. Aber doch weisen gerade die
holier agglutinierenden Stamme eine gewisse Bestandigkeit auf. Die
Stamme 3 und 15, beide Typhuscolis, seien als Beispiel genannt: 3 wird
anfanglich von der Verdiinnung 800 und 1000 noch agglutiniert, nach
3 Monaten kunstlicher Fortziichtung noch von der Verdiinnung 400, 15
3 Monate nach positivem Befunde bei der Verdiinnung 2000 noch von
der Verdiinnung 3200. Die Spatuntersuchungen, auch die titrimetrischen,
wurden immer mikroskopisch nachgepriift, was sich als durchaus not-
wendig erwies. Die relative Bestandigkeit gewisser Stamme geht auch
aus einer zweiten Untersuchungsreihe hervor, die dariiber Aufklarung
bringen sollte, ob bei Fortziichtung von Coli-StSmmen in Nahrmedien,
die, ganz allgemein ausgedriickt, Typhusbacillensubstanzen enthalten, die
Agglutinabilitat kiinstlich in die Hohe getrieben werden kanu. Fiir
unter dem EinfluB des Bacterium coli stehende Typhusbacillen hat
Hirschbruch 1 ) das Gegenteil beobachtet, und wir haben schon weiter
oben erwahnt, aus welchen Griinden unseren Versuchen von vornherein
nur eine bedingte Giiltigkeit zukommt. Es wurden also 3 von vornherein
agglutinabele Colis, 3, 7 und der schwachagglutinabele 10, ferner ver-
gleichsweise 2 nicht agglutinabele, 8 und 9, wochenlang in Bouillon fort-
geziichtet, die 24 und 48 Stunden lang Typhusbacillen zum Wachstum
gedient hatte. Da das Bacterium typhi unter solchen Umstanden
im Konkurrenzkampf rasch unterliegt, hatte es sich im wesentlichen urn
die Einwirkung seiner Zerfallsprodukte und Sekrete gehandelt, nicht uni
eine Tatigkeit des lebenden Bacillus. Die Coli-Bacillen hielten sich in
ein und derselben Typhusbouillon dagegen voll entwickelungsfahig und
wurden erst nach 4 Wochen noch einmal in frische Typhusbouillon iiber-
tragen. Die Resultate zeigt die Tabelle II, erhalten durch Untersuchung
des hangenden Tropfens nach einstundigem Aufenthalt bei 37 °.
Tabelle II.
Stamm
Die Stamme wurden agglutiniert von der Serum verdiinnung 1:
: x am
16. Nov.
23. Nov.
30. Nov.
11. Dez.
21. Dez.
29. Dez.
25. Jan.
3 (Kl.)
1000 +
500 +
100+ +
500+ +
500+ +
500+ +
500 +
8(Kum.)
___
nicht
100 +
_
1000 +
500 H—h
_
10 (Fr.)
_
100 +
angegangen
100 +
_
Spontan-
agglutination
100 +
_
7 (Ni.)
1000 + +
500 + +
500 + +
300 + +
300+ +
200 + +
9 (Me.)
—
—
—
100 +
1000 +
—
200 +
Der Stamm 3 halt sich auf seiner Hohe. Der Stamm 7 zeigt eine
ganz allmahliche Abnahme, wahrend die iibrigen Eigenschaften fflr seine
unverminderte Lebensfahigkeit sprechen. Merkwiirdig und schwer er-
klarlich bleibt das sprunghafte Auftreten hoher Agglutinationen bei 8
und 9. Man mbchte hier, wenn auch Beweise fehlen, an eine spezifische,
allerdings sehr labile Beeinflussung glauben.
Bei Cholecystotomien und Sektionen von Typhustragern machen wir
die Erfahrung, daB sich der Typhusbacillus in der Galle in Reinkultur,
ohne Bacterium coli, lindet. Ich habe aber doch, um einen natur-
lichen Nahrboden zu beniitzen, den eben erwahnten Versuch mit den
1) Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. 28.
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Muller, Wechaelbeziehungen in der Agglutination zwischen Bact. coli u. typhi. 185
Stammen 3, 7, 9, 10 und den hochagglutinabelen 15 in der Weise wieder-
holt, daB statt der Bouillon Rindergalle verwendet wurde, die 2 Tage
lang Typhusbacillen beherbergt hatte. Diese hatten sich in dieser Zeit
stark vermehrt, verschwanden aber nach Einsaat der Col is in wenigen
Tagen.
Tabelle III.
Stamm
Die Stamme wurden agglutiniert von der Ver-
diinnung l:i am
7. Dez.
14. Dez.
23. Dez.
20 Jan.
500+ +
500+ +
300 +
100+ +
300 + +
300 +
—
200 +
9 (Me.)
—
—
—
abgestorben
10 (Fr.)
100 +
300 +
—
abgestorbeD
600 +
15 (Hi.)
Spontan-
agglutination
1000+ +
500+ +
Eine langsame Abnahme der Agglutinabilitat ist hier unverkeunbar
bei 3, 7 und 15. Stamm 9 hat seine Agglutinabilitat nicht wiederer-
langt und 10 zeigt wieder das plotzlich auftretende und ebenso rasch
verscbwindende Hoherschnellen der Agglutination. Die Abnahme der
Agglutinabilitat bei den Gallenstammen hangt wohl damit zusammen,
daB sie offenbar durch den EinfluB der Galle in ihrer gesamten vitalen
Energie geschadigt sind. Zwei von ihnen sind nach 6 Wochen vollig
abgestorben.
Aus beiden Tabellen aber geht hervor, daB eine kunstliche Steige-
rung der Agglutinabilitat selten gelingt und daB da, wo sie vorhanden
zu sein scheint, die Resultate mit grOBter Vorsicht beurteilt werden
mussen.
Eine reinliche Scheidung vornehmen zu konnen, wie weit es sich
bei hochagglutinabelen Colis urn eine Bindung spezifischer Typhus-
agglutinine in strengem Sinne, wie weit lediglich um die der Mitagglu-
tinine handelt, ware von groBem Interesse. Wie ich aber schon weiter
oben andeutete, ftihren die beiden Wege, die zu diesem Zwecke einge-
schlagen werden, nicht mit mathematischer Sicherheit — und eine der-
artige Sicherheit ware, wo es sich oft um nahe beieinander liegende
Grenzzahlen handelt, notig — zum Ziele. Denn bei der Absattigung
werden wir niemals ausschlieBen konnen, daB neben den spezifischen
auch Mitagglutinine, wenn auch nur teilweise, absorbiert werden oder,
je nach der Untersuchungsanordnung, umgekehrt. Zudem fand Schell er 1 ),
daB „dieselben Bakterien, ohne ihre Absorptionsfahigkeit, i. e. ihren Rezep-
torenapparat zu andern, bei besonderer Versuchsanordnung unter quanti-
tativ gleichen Verhaitnissen verschiedene Mengen Agglutinine binden“.
Er denkt dabei an rein mechanische Momente. Es ist nun durchaus
diskutierbar, daB auch andere und oft unkontrollierbare Einflusse die-
selbe Wirkung haben k6nnen, wie mechanische und daB sie dadurch von
vornherein den Wert des Castellanischen Versuchs mehr oder weniger
illusorisch machen, auch da, wo die Bindung nur einer Agglutiningruppe
beabsichtigt ist. D’Amato 2 ) kommt auf Grund seiner Absattigungs-
versuche allerdings zu dem Schlusse, daB „die Mitagglutinine von der
verwandten Bakterie absorbiert werden, die echten Agglutinine, weil bio-
logisch verschieden, dagegen nicht“. Schon vorher hat er festgestellt,
1) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 54.
2) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 53.
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186
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 2.
dafi sein „Typhusserum, welches viele Mitagglutinine besitzt, durch Be-
handlung mit der einen oder anderen von zwei Typhusarten fast alle seine
Agglutiniae und Mitagglutinine verliert 14 . Unsere eigenen, diesbeziig-
lichen Versuche sind nicht so eindeutig ausgefallen. Der Coli-Stamm
Kl. hat im Typhusserum nur die Mitagglutinine, und zwar nur seine
eigenen, nicht oder nur teilweise die des Stammes Hi. abges&ttigt. Hi.
bindet seinerseits wieder gleich wie der Stamm Kl. nur Mitagglutinine,
das gleiche tut der Stamm Ni. Dagegen setzt der Stamm Th. K. den
Titer des Antiserums auch gegen Typhusbacillen etwas herab, von 20000
auf 12000 Andeutung. Diese Abnahme l&fit sich, unter der Voraus-
setzung, daB in so starken Verdiinnungen nur die Hauptagglutinine noch
in Betracht kommen, zunachst nur durch Inaktivierung eines Bruchteiles
der spezifischen Agglutinine erkl&ren, denn die zur Prfifung benutzte
Typhusbacillenmischung M.-Sch.-V. (3 Stamme) zeigte bestandig hohe
Agglutinabilit&t. Das umgekehrte Experiment, Abs&ttigung des Immun-
serums mit der Typhusbacillenmischung und Priifung auf Agglutination
dem Stamm Th. K. gegenuber, versprach wegen der Labilit&t der Coli-
Rezeptoren und nach D’Amatos Erfahrungen von vornherein wenig
Erfolg. Deshalb versuchten wir, die eben angeschnittene Frage durch
Beniitzung von Th. K. als Antigen zu entscheiden, wenn auch nach den
neuesten Untersuchungen von Sobernheim und Seligmann 1 ) Agglu-
tininbildung und -Bindung einer Kultur mitunter nicht parallel gehen,
und zogen zum Vergleiche die Stamme Hi. und Ni. heran. Die zur
Immunisierung verwendeten Kaninchen beeinfluBten urspriinglich die
Coli-Rassen folgendermaBen:
Das Serum des Kaninchens Hi. agglutiniert den Stamm Hi. flberhaupt
nicht, die Mischung M.-Sch.-V. in der Verdiinnung 1:50 und 1:100 an-
deutungsweise (Fadenbildung bei gut erhaltener Eigenbewegung). Das
Serum des Kaninchens Ni. agglutinierte den Stamm Ni. in der Kon-
zentration 1:50, die Mischung M.-Sch.-V. wie Hi.; endlich agglutinierte
das Serum von Th. K. den Stamm Th. K. schwach noch in der Ver¬
diinnung 1:320, wobei allerdings seine auch diesmal wieder zu beob-
achtende Neigung zur Spontanagglutination zu beriicksichtigen ist. Der
Typhus M.-Sch.-V. zeigte noch bei 1:160 schwache Verklumpung bei gut
erhaltener Beweglichkeit.
3 nach 24-stiindigem Wachstum durch einstiindiges Erhitzen auf
56° abgetQtete oder wenigstens hochgradig abgeschw&chte Schragagar-
kulturen des Coli Hi., subkutan injiziert am 21. Jan., 18. Febr. und
7. Marz, hatten folgenden Immunisierungseffekt: Das Blutserum des am
18. Marz getOteten Tieres Hi. agglutinierte:
Coli Hi. makroskopiach 2560 +, 5000 +
mikroskopisch 10 000 + -f, 20 000 ±
Typhus M.-Sch.-V. makroskopiach 40 +
mikroskopisch 320 i
Coli Ni. nur mikroskopisch 1:10.
Nach der gleichartigen Vorbehandlung mit Coli Ni. agglutinierte
das Blutserum des Tieres Ni.
Coli Ni. makroskopisch 1280 +
mikroskopisch 1280 ++
Typhus M.-Sch.-V. makroskopisch 80 +
mikroskopisch 320 +
Coli Hi. iiberhaupt nicht.
3) Dteche med. Wochenschr. 1910. No. 8.
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Muller, Wechselbeziehungen in der Agglutination zwischen Bact. coli u. typhi. 187
Das Kaninchen Th. K. wurde ebenfalls mit je einer abgetoteten
Agarkultur des Coli-Stammes Th. K. auf subkutanem Wege am 7. Marz,
24. Marz und 31. Marz immunisiert; das Tier ging am 4. April ein,
nachdem es sich bis dahin dem Anscheine nach vbllig wohlbefunden
hatte. Bei der Sektion fand sich an einer Impfstelle ein AbsceB. Das
aus dem Herzblut gewonnene Serum lieB sich nun leider gegen den
homologen Stamm, wiederum wegen Neigung zu Spontanagglutination,
nicht genau priifen, so daB der immunisatorische Effekt der 3 Injektionen
von vornherein der exakten Kontrolle entbehrt, wenn auch die Serum-
verdtinnung noch bei 1:4800 viel starker agglutinierte als die Koch-
salzlbsung. Die Mischung M.-Sch.-V. zeigte bei 1:160 makroskopische,
bei 1:640 mikroskopische, schwache Agglutination. Unsere Erwartung,
daB das Serum Th. K. etwa M.-Sch.-V. wesentlich hoher agglutinieren
•wurde, als die beiden anderen Sera, hat sich also nur bedingt bestatigt,
denn die Differenz erscheint uns zu gering, um daraus weitgehende
Schliisse zu ziehen und der Titer fiberhaupt nicht hoch genug, um nicht
durch Mitagglutination allein erklart werden zu konnen. Dagegen zeigten
alle 3 Sera noch eine Erscheinung, die der Erwahnung wert ist, eine
hohe Agglutination fur Ruhrbacillen. Die Sera wurden allerdings zu
Beginn des Versuchs nicht auf Ruhragglutination gepriift; nach unseren
anderenorts gemachten Erfahrungen enth< jedoch das Kaninchenserum
nur sp&rliche Ruhrnormalagglutinine, und in einem weiteren Versuch
fanden wir Kaninchennormalserum nur in der Verdunnung 1:80 inakro-
skopisch, 1:160+, 1:320+ mikroskopisch gegen den Stamm Kruse-
Shiga, mit dem diese Proben angesetzt wurden, wirksam. Beider ab-
schlieBenden Untersuchung fanden sich nun folgende Werte fiir Kruse -
Bacillen:
Serum Hi. makroskopisch 160 +, 320 ±
mikroskopiBch 640++, 1280 ±
Serum Ni. makroskopisch 80 +
mikroskopisch 640 +
Serum Th. K. makroskopisch 320 +
mikroskopisch 640+ + , 1280 i.
Es diirfte also keinem Zweifel unterliegen, daB wenigstens 2 der
Colis, von denen 1 von einem gegenwartigen, 1 von einem fruheren
Typhuskranken stammt, einen betrachtlichen Bruchteil ihrer Gruppen-
agglutinine als Ruhragglutinine bilden konnen, und zwar speziell fiir den
Kruse-Shigaschen Ruhrerreger.
Es geht ja diese merkwiirdige Willkiir in der Reaktion der vom
Coli-Bacillus gebildeten Agglutinine noch weiter. Wahrend weit ab-
liegende Glieder der Gruppe, wie der Typhusbacillus, wenn auch nur
scliwach, so doch deutlich agglutiniert werden, bleibt der nBchste Ver-
wandte, ein anderer Coli-Stamm, wie wir oben sahen, ganz oder so gut
wie ganz unbeeinfluBt.
Ob etwa die Verwendung lebender Kulturen zur Immunisierung ein
anderes Resultat ergeben hatte, wie es Sobernheim und Selig-
mann beim Bacterium enteritidis beobachteten, moge dahin-
gestellt bleiben. Das Verhalten gegenuber anderen Coli-Rassen er¬
scheint um so auffalliger, als wir den Rezeptoren mancher Coli-Stamme
nicht nur hinsichtlich ihrer Bildungsf&higkeit, sondern auch hinsicht-
lich ihrer Bindungsfabigkeit eine ungemeine Vielseitigkeit zuschreiben
miissen. Als ich bei der Untersuchung im hangenden Tropfen beob-
achtet hatte, daB in der Verdunnung 1:100 Kruse-Serum (Titer 1000)
die Coli-Stamme 5, 7, 12, 15, 18, 25, 29, 38, 53, 54, 63 — 8 von
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188
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
diesen 11 stehen in nfiherer oder ferner Beziehung zu Typhusstammen —
nach *l 2 - stiindigem Verweilen bei 37 0 stark agglutinierte, titrierte ich
diese Stamme aus. Es sei hier eingeschaltet, daB mit Ausnahme
von 38 alle diese Rassen auch durch Paratyphusserum 1:100 stark
beeinfiuBt wurden, dagegen durch Enteritidis-Serum in der gleichen
Verdiinnung nur 3, durch FI ex ner-Serum nur 2 von ihnen. Die
Titrierung mit Kruse-Serum ergab nun, von den iibrigen Stfimmen
mit niedrigen Werten (100 und 200) abgesehen, fiir 3 und 63 den End-
titer 400, fiir 12 und 38 den Endtiter 800, angesichts des Serumtiters
1000 also schon sehr betr&chtliche Zahlen. Es entzieht sich unserer
Kenntnis, ob bei einera der betreffenden Coli-Wirte — zwei sindTyphus-
trager, zwei Gesunde — irgendeine ruhrartige Erkrankung voran-
gegangen war, fiir die Trager, die wir schon seit Jahren beobachten, ist
es sehr unwahrscheinlich.
Ruhr- und Coli-Bakterium sind, wie wir schon betonten, wenn auch
nur entfernte Verwandte derselben Gruppe, und der Gruppenagglutination
haben wir ausfiihlich gedacht, wenn es auch fraglich ersclieint, ob in
einer sehr nahe an den Serumtiter heranreichenden Verdiinnung die
Gruppenquote der Agglutinine iiberhaupt noch wirken kann. Ganz aus
dem Rahmen der Gruppenagglutination fallt aber die Reaktion, die 2 der
oben angefiihrten Stamme, 7 und 63, gegenfiber Choleraeselserum (Titer
20000) aufwiesen. 7 wurden durch dieses Serum 1:400± makroskopisch,
1:800+ mikroskopisch agglutiniert, 63 noch hoher: Makroskopisch
1:800±, mikroskopisch 1:1600 + ; Normaleselserum beeinliuBte beide
Stamme nur mikroskopisch schwach in der Verdiinnung 1:100. Wir
geben diesen Befund wieder, weil er wohl am besten die oben erwahnte
Vielseitigkeit illustriert. Sie gestattet, wie wir zum Schlusse noch her-
vorheben mochten, auch nicht, da, wo wir durch Typhusimmunserum
hoher agglutinable Coli-Rassen linden, ohne weiteres anzunehmen, daB
der betreffende Coli-Wirt in einer Beziehung zum Bacterium typhi
steht oder stand, sei es als Kranker oder als Trager.
tiaehdruck verbot-cn.
Komplementbindungsversuche mit Antipestserum.
[Aus dem Laboratorium fiir Anfertigung von Antipestpraparaten des Kaiserl.
Instituts fiir experimentelle Medizin in Kronstadt, Fort ^Alexander 1“
(Vorstand: Mag. J. Z. Schurupoff).]
Vorlaufige Mitteilung.
Von Militararzt N. J. DamperofF.
Seitdem Bordet und Gengou (1) die Hemmung der HSmolyse
nachgewiesen hatten, indem sie Bacillenemulsionen, inaktivierte spezifische
Antisera von Pferden und normales Meerschweinchenserum miscliten und
nachher Hammelblutkbrperchen und fiir diese spezifische inaktivierte
hfimolytische Kaninchensera beimengten, und nachdem sie unter anderen
auch mit Pestbacillen und Pferdeantipestserum diese Phanomene fest-
gestellt hatten, hat in letzter Zeit nur Tanui Amako (2) mit Kom-
plementbindung bei Pest Versuche gemacht, und im Blutserum von Pest-
kranken und Pestrekonvaleszenten (Menschen) die Anwesenheit von
spezifischen, sozusagen komplementbindenden Antikorpern gezeigt.
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Damperoff, Komplementbindungsversuche mit Antipeslserum.
189
Auf Vorschlag des Herrn Schurupoff unternahm ich Versuche
fiber die Komplementbindungsreaktion von Pferdepestimmunseris, welche
das oben genannte Laboratorium herstellt, mit Pestbacillen und deren
Praparaten.
Wie leicht vorauszusehen war, zeigten diese Sera das Vorhandensein
der spezifischen Antikorper:
Tabelle I.
Pestbacillenauf-
1 N.-
1 N.-
1 N.-
| 1 N.-
_
|_j
_
schwemmung
Pestbacillenextrak t
Oesein
10 ccm
1,0
Oesein
20 ccm
1,0
0,6
0,2
Oesein
10 ccm
1,0
0,2
Oesein
10 ccm
1,0
0,2
02
0,2
0,2
02
; 0,2
0,2
Extrakt der Bac.
pseudotub. ro¬
dent.
0,2
Kronstadter Pest-
immunserum
0,2
0,05
_
0,05
0,1
0,005
_
_
_
_
_
_
Pariser Pestimmun-
serum
1 -
_
_ _
0,05
_
J
_
.
_
_
Berner Pestimmun-
serum
_
0,05
_
_
Japanisches Pest-
immunserum
_
_
_
_
0,05
°,! |
0,1
_
Norm. Pferdeserum
(inaktiviert)
_
_
_
_
0,1
0,1
___
_
_
_
_
___
_
_
_
_
_
A nticholeraseru m
des Laboratoriums
—
—
—
—
—
—
0.1
0,1
—
| -
—
—
—
—
—
—
—
Meerschweinchenkomplement ]
L: 10.
—
—
Hamolytischer Ambozeptor des Kaninchens 1: 400.
Gewaschenes 5-proz. Hammelblut.
0,9-proz. Kochsalzlosung bis Gesamtvolumen 5 ccm
1
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Bei den qualitativen Bestimmungen iiberzeugte ich mich, daB die
Sera, welche von verschiedenen Pferden — und von verschiedenen Serien
von Pferden — entnommen sind, trotz der einheitlichen Technik ihrer Ge-
winnung und Bearbeitung verschiedene Mengen der Antikorper enthalten.
Diese Beobachtung, die allerdings keine neue Sache ist, brachte uns
auf den Gedanken, quantitativ-vergleichende Versuche mit der ganzen
Reihe der Pestimmunsera des Laboratoriums anzustellen.
Wie alien, die mit serologischen Untersuchungen sich besch&ftigen,
bekannt ist, wird die Bestimmung des therapeutischen Wertes der
Immunsera durch Versuche in vivo gemacht, und deswegen leidet sie
an alien den Ungenauigkeiten, welche jeder Tierversuch so reichlich
bietet. Seitdem die Komplementbindungsreaktion in der Wasser-
mann-Neisser-Bruckschen Modifikation eine so weite Anwendung
gefunden hat, bemfihten sich manche Forscher, diese Reaktion zur Be¬
stimmung von Antikfirpermengen der Heilsera zu benutzen, voraus-
gesetzt, daB zwischen Entstehung und Gehalt der „heilenden“ und
„komplementbindenden“ Antikorper in den Immunseris ein gewisser
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190
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
Parallelismus besteht. So machten Kolle und Wa s serin an n (3) eine
Wertbestimmung des Antimeningokokkenserums durch Komplement-
bindungsversuche mit wSsserigem Meningokokkenextrakt als Antigen,
und behaupteten, daB es sich hier um eine Priifungsmethode handele,
welche „von Schwankungen der Individualist vora Tiere und der Viru-
lenz der Kultur unabhangig macht“, und daB „mit Standard-Extraktlosung
auch Standard-Meningokokkenserum hergestellt wird“. In dieser Rich-
tung wurden auch Untersuchungen von Krumbein und Diehl (4),
K rum be in und Schatiloff (5), Wassermann und Leuchs (6),
alle mit Meningokokkenheilseris, ausgeffihrt, von Bruck und Stern (7)
mit den Seris von Syphiliskranken (Affen) und von Bauer (8) mit den
Seris von Tuberkulosekranken.
Auf der anderen Seite aber verneinen mehrere Autoren jedes Zu-
sammentreffen, sowohl chronologisches als auch qualitatives, zwischen
Komplementbindungsreaktion und den iibrigen Reaktionen der Immunitat.
Was speziell die Pest betrifft, so hat nur T. Amako (op. cit.) Ver-
suche fiber Komplementbindung mit den Seris von Pestkranken und
-Rekonvaleszenten gemacht, und keinen Parallelismus zwischen dieser
bei Ophthalmo- und Kutanreaktionen sowie Agglutination gefunden 1 ).
Bemerkenswert ist, daB Amako bei fiebernden Kranken nur in 3 von
9 Fallen eine positive Komplementbindungsreaktion feststellen konnte, und
zwar am 8., 10. und 13. Tage der Krankheit, bei Rekonvaleszenten (nicht
fiebernden) aber war sie in 100 Proz. positiv am 22.—25. Krankheitstage.
Ffir meine Versuche benutzte ich die fertigen Immunsera, welche
so hergestellt waren, daB eine Serie von 12 stark immunisierten Pferden
entblutet war und die erhaltenen Sera vermischt und 3mal auf 55° erhitzt
wurden. Ich bestimmte vor allem ihre antikomplementare Wirkung, ihre
komplementbindende und „unterbindende u Dosis; letzte war 0,25—0,4.
Als Antigen brauchte ich wasseriges Pestbacillenextrakt, dessen Her-
stellungsweise folgende war: Eine 2-tagige Agarkultur wurde bei 37° in
ihrer Menge entsprechenden 25—30 NormalkulturrShrchen mit 50 ccm
O, 9-proz. Kochsalzlosung aufgeschwemmt, 1 Stunde lang auf 60° erhitzt,
dann 24 Stunden bei Zimmertemperatur geschfittelt und durch Chamber-
land filtriert. Die unterbindende Dosis = 0,6—0,7. Meerschweinchen-
komplement in der Verdiinnung 1:10. Den hamolytischen Ambozeptor
von Kaninchen mit dem Titer 1:970 bei Komplement 1:10 nahm ich
1:400 verdiinnt. Hammelblut wurde 3mal ausgewaschen und in 5-proz.
Aufschwemmung angewendet.
Da bei quantitativen Versuchen Genauigkeit und Einigkeit der Me-
thodik alles ist, so stellte ich mir folgende Bedingungen: 1) Arbeiten
mit peinlicher Sauberkeit und moglichster Sterilitat. 2) Moglichst starke
Verdfinnungen zu nehmen, um genauer zu messen und Nebenwirkungen
zu vermindern [s. Fleckseder und Stejskal (10), Bordet und
P. Gay (11)]. 3) Ein und dieselbe chronologische Disposition der
Reaktion, namlich: Antigen, Antiserum, Komplement mischen, durch-
schutteln, 1 Stunde bei 37° halten — Hamolysin, Hammelblut hinzu-
fiigen, schiitteln, 2 Stunden bei 37° halten, in dieser Zeit 2mal durch-
schiitteln, bis zum Morgen im Eisschranke aufbewahren, dann ablesen.
4) Das Ablesen muB auf folgende Regeln gegriindet sein: a) die kleinste
Dosis des Antiserums, bei welcher noch keine Hamolyse vorkommt, wird
notiert als „vollige Hemmung“; b) die grbBte Dosis, bei der die Erythro-
1) Ebensolche Verhaltnisse fanden Wolff-Eisner und Ascher (9) bei Tuber-
kulose.
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„ JJRB ANA-CHAM PAIGfcL -
Damperoff, Komplementbindungsversuche mit Antipestserum.
191
cyten vollkommen gelost sind, als — „komplett gelost“. 5) Genaue Aus-
titrierung aller Komponenten, Anstellung aller notigen Kontrollen. Die
betreffenden RatschlSge und Mafiregeln fand ich bei Taege (12), Bruck
und Stern (op. cit.), Sachs und A It m an n (13), Citron (14,15) u. a.
Die Ergebnisse der Versuche sind in Tabelle II mit den Angaben der
Protokolle der Wertpriifungen der Sera (die weiBen MSuse erhielten je
0,05, 0,033, 0,025, 0,02 vom Serum und nach 24 Stunden 1,0 36-stiindiger
Agarkulturaufschwemmung in 450,0 Kochsalzlosung) zusammengestellt:
Tabelle II.
(Versuch am 17. Februar 1910.)
Serie No.
143
144
145
146
147
151
153
154
155
Datum der Entblutung
30./11.
29./12.
8./1.
8./3.
9./4.
20./10.
22./12.
13./1.
4-/2.
Dosis, bei welcher Hamo-
1907
1907
1908
1908
1908
1908
1908
1909
1909
lyse beginnt
„Titer“ dee Serums
Dosis, bei welcher vollige
0,01
7,
0,06
0,0S
0,04
0,04
0,1
0,02
0,06
0,04
V.
Vs
v 4
V*
1/
/10
V,
Ve
V*
Hamoiyse auftritt
0,006
0,02
0,02
0,01
0,01
0,04
0,008
0,04
0,008
Ver9uch8tiere, welche von
0,03
alle
0,025
0,05
0,05
0,03
0,05
0,05
0,02
24 Std. an je 0,05,0,033,
etc.,
lebend
0,02
am
am
am
am
am
am
0,025, 0,02 ccm des Se-
am
am
o.Tag.,
6.Tag.,
0,025
am
4.Tag.,
t
7-Tag.,
4-Tag.,
0,(E
am
6.-3.
Tage
5-Tag.,
3-Tag.,
rums erhielten.
7.-6.
Tage.f
7.Tag.,
0,02
am
3.Tag.,
t
t
t
t
Serie No.
156
160
Ea
162
163
Datum der Entblutung
23./2.
24./3.
16./4.
13./5.
1909
10./7.
n./ii.
3./12.
28./12.
Dosis, bei welcher Hamo-
1909
1909
1909
1909
1909
1909
1909
lvse beginnt
„Titer“ des Serums
Dosis, bei welcher vfillige
0,04
0,1
0,06
0,04
0,1
0,08
0,08
0,1
V*
7,o
Ve
Ve
7,o
V*
Ve
V,0
Hamoiyse auftritt
0,008
0,03
0,02
0,01
0,04
0,02
0,02
0,01
Versuchstiere, welche von
0,05
0,05
0,025
0,05 am
0,05
,0,05
0,02
0,05 am
24 Std. an je 0,05, 0,033,
am
am
am
2-Tage(?),
am
am
am
2-Tage(?),
0,025, 0,02 ccm des Se-
4-Tag.,
5-Tag.,
6.Tag„
0,03 am
7-Tag.,
4-Tag.,
6.-4.
0,03 am
rums erhielten
t
t
am
3-Tg.,t
5. Tage,
t
t
t
Tage,
t
4.-6.
Tage,
t
Im Laufe der Immunisation einer neuen Serie von Pferden, zur Zeit,
wo den Tieren bereits lebende Kulturen einverleibt waren, wurde zweimal
in monatlichem Zeitraum das Serum entnommen, und dabei festgestellt, daB
die meisten Sera eine Verminderung ihres komplementbindenden Vermogens
zeigten, wie Tabelle III zeigt:
Tabelle III.
No. des Pferdes
Erste Blutentnahme
Zweite Blutentnahme
•Hamoiyse
beginnt
Hamoiyse
komplett
Hamoiyse
beginnt
Hamoiyse
komplett
120
0,06
0,01
0,04
0,005
122
0,06
0,01
0,06
0,01
123
0,1
0,02
0,16
0,08
124
0,03
0,007
0,06
0,03
125
0,04
0,01
0,06
0,02
134
0,08
0,02
0,16
0,16
137
0,06
0,01
0,04
0,007
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192
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 2.
SchluGfolgerungen.
1) Aus mehreren Reihen von Versuchen sowohl mit Bakterien, als
auch mit Extrakten als Antigen folgt, daB die Komplementbindungs-
reaktion an sich selbst ziemlich konstante und vergleichbare Re-
sultate gibt.
2) Ich konnte kein Zusammentreffen zwischen „komplementbinden-
dem Titer“ des Serums und seinem heilenden Wert nachweisen, tvie ja
auch andere jeden Parallelismus der Komplementbindungsreaktion mit
den iibrigen Reaktionen der Immunit&t verneinen.
3) Wiinschenswert ist es, die Bildung und quantitativen VerhSltnisse
der fiir diese Reaktion spezifischen Antikorper im Laufe der Immuni¬
sation systematise!! zu verfolgen.
Liter atar.
1) Bordet, J. u. Gengou, 0., Ann. Instit. Pasteur. T. 15. p. 289.
2) Ainako, Tanui, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. 1. Orig. Bd. 51. Heft 6.
3) Kolle, W. u. Wassermann, A., Dtsche med. Wochenschr. 1906. p. 609.
4) Krumbein u. Diehl, Arb. a. d. Instit. z. Erforsch. d. Infektionskrankh. in Bern.
Heft 2 (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Ref. Bd. 43).
5) Krumbein u. Schatiloff, P., Dtsche med. Wochenschr. 1908. p. 1002.
6) Wassermann, A. u. Leuchs, J., Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Ref. Bd. 43.
7) Bruck, C. u. Stern, M., Dtsche med. Wochenschr. 1908. No. 10.
8) Bauer, J. Dtsche med. Wochenschr. 1908. p. 1619 (80. Versamml. d. deutschen
A or7to n
9) Wolff-Eisner u. A sc'her, Wien. klin. Wochenschr. 1908. No. 10.
10) Fleckseder u. Stejskal, Wien. klin. Wochenschr. 1908. No. 14.
11) Bordet, J. u. Gay, P., Ann. Instit. Pasteur. T. 22. p. 625.
12) Taege, K., Munch, klin. Wochenschr. 1908. p. 1730.
13) Sachs, H. u. Altmann, K., „Komplementbmdung u in Kolle-Wassermanns
Handb. d. path. Mikroorg. 2. Ergbd. 1909.
14) Citron, J., in Kraus-Levaditis Handb. d. Tech. u. Meth. II.
15) —, Die Methoden der Immunodiagnostik usw. 1910.
Inhalt.
Babes, V. und Mironescu, T., Ueber eine
bisher nicht beschriebene Mykose des
Menschen, mit Bildung von schwarzen
Korn era, p. 108.
Damperoff, N. J., Komplementbindungs-
versuche mit Antipestserum, p. 188.
Franca, Carlos, Du danger de l’emploi
des mobiles plus virulentes dans le traite-
ment de la rage, p. 154.
Oay, F. F. and Southard, E. E., The
significance of bacteria cultivated from
the human cadaver: A study of 100 caseB
of mental disease, with blood and cere¬
brospinal fluid cultures and clinical and
histological correlations, p. 117.
Hoessli, Hans, Das Verhalten der Strepto-
kokken gegeniiber Plasma und Serum
und ihre Umzuchtung, p. 135.
Kaspar, F. und Kern, W., Beitrage zur
Kenntnis der anaeroben Bakterien des
Menschen. IX. Weitere Beitrage zur
Aetiologie der pyamischen Prozesse, p. 97.
t. Linstow, Pseudalius ovatus n. sp., p. 133.
Kbhlisch, Ueber die angebliche Aenaerung
der Agglutinabilitat der Choleravibrionen
durch Aufenthalt im Wasser, p. 156.
M tiller, Ed., Ueber Wechselbeziehungen
in der Agglutination zwischen Bacte¬
rium coll und typhi, p. 174.
Solieri, Sante, Ueber die Tetanusprophy-
laxe mittels der praventiven Injektion
von antitoxischem Serum, p. 141.
Fromminanche Buchdrnckerel (Hermann Pohle) In Jena.
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Caitralblatt f. Biiktrriologie Abt. I. Grig. Bd. 55.
Babes a Mironesctl, Mykase desMenschen. Taft
Verlag von Gustav Fisclier m Jena
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P Weise liih .Jcna
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Centralblatt f. Bakterioloyie Abt. I. (h-uj. Bd. . 5.5
Babes u. Muvnescu.MykosedexMenschen Tafll
Verlag von Oustav Fischer in Jena P Wtise Uth . Jena
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Centra/blatf f. Bakteriologie Abt. I. Orig. Bil. 55
bodies u Mironescu, MykostdesMenschm Taf.lfl
V.
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Vpi I.kj von ('mstav Fischer in Jena Originaftfom h J<na
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Centralbl. f. BakL etc. I. AbL Originale. U. S5. Heft 3.
Ausgegeben am 9. Juli 1910.
Nachdruck verboLen.
Studien liber die Strukturverhaltnisse von Bakterien
mit Hilfe von farbehaltigen Nahrboden.
Von Dr. Franz Vay, Arzt der Quarantanestation Suez.
Mit 1 Tafel.
Studien fiber den feinereu Bau der Bakterienzelle sind in letzter
Zeit mehrfach veroffentlickt worden, speziell waren es kornchenformige
Bildungen, die einen Hauptpunkt des Interesses bildeten; namentlich
deren Beziehungen zu dem supponierten Bakterienkerne sind vielfach in
den Kreis der Untersuchungen gezogen worden.
Die Mehrzahl der Autoren bediente sich dabei der Fixierung mit
chemischen Agentien ; andere wieder wandten die vitale Ffirbung an.
In neuerer Zeit sind nun mehrfach Nahrbfiden in Aufnahme ge-
kommen, die zur Differenzierung bestimmter Bakterienspecies mit Anilin-
farben versetzt wurden, so der Endosche Nahrboden mit seinen ver-
schiedenen Modifikationen zum Zwecke der Typhusdiagnose, die Malachit-
grtinnfihrboden u. a. m.
Mit Untersuchungen fiber den feineren Bau der Pestbacillen beschaftigt,
interessierte es mich, zu sehen, wie die in den verschiedensten Bacillen
nachgewiesenen Granula sich gegenfiber gefarbten Nahrboden verhielten,
ob sie imstande waren, aus dem Nahrsubstrat die Farbsubstanzen
ebenso wie bei der sogenannten vitalen Farbung in sich aufzunehmen.
Ich hoffte auf diesem Wege auch Aufschltisse zu erhalten fiber die Art
und Weise der Anordnung chromatischer Substanzen im Innern der
Bakterien.
Im besonderen waren es diesmal die Vertreter der Typhus- und
Coli-Gruppe, mit denen ich mich beschaftigte, da deren Moglichkeit
bekannt ist, auf anilinfarbenhaltigen Nahrboden gut zu wachsen.
Ich hatte versucht, das Fuchsin des Endoschen Nahrbodens durch
andere Farbstoffe zu ersetzen, und prfifte daher die Einwirkung jener
Bakterien auf Farben, die dem Fuchsin bezw. Malachitgrfln verwandt
waren. Es zeigte sich, daB z. B. Dahlia und Pfaublau 1 ), dem ge-
wohnlichen N&hragar zugesetzt, ein reichliches Wachstum der Bakterien
nicht behinderten, im Gegenteil dasselbe sogar zu fordern schienen, zu-
gleich aber dem Bakterienkorper nach einer gewissen Zeit eine bestimmte
Farbung gaben, die die morphologischen Bestandteile der Bakterienzelle
deutlich hervortreten lieflen. Zudem war es moglich, dem Nahrboden
unbeschadet des Wachstums ziemliche Mengen der Farbe zuzusetzen. Der
Nahrboden wurde durch das Bakterienwachstum nur bei den schwachen
Konzentrationen entffirbt; bei den starkeren war auch nach wochen-
langem Stehen ein besonderer EinfluB nicht wahrzunehmen. Es lassen
sich zum gleichen Zwecke noch eine Menge anderer Farbstoffe, speziell
aus der Rosanilingruppe verwenden, indessen liabe ich von deren An-
wendung vorerst abgesehen.
1) Dahlia bezogen von Griibler-Leipzig, Pfaublau = Methylviolett + Malachit-
grun von den Hochster-Farbwerken (Marke extra konz.).
Erste Abt. Orig. Bd. 55. Heft 3. 13
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Pfaublau Dahlia
194
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
I. Methode.
Zu gewohnlichem Fleischwasseragar wurden von einer 1-proz. Dahlia-
bezw. Pfaublaulosung steigende Mengen hinzugefugt; die erhaltenen
Konzentrationen an beiden Farbstoffen waren 1 Teil zu 50000 Teilen
NShragar, 1:10000, 1:5000, 1:2000, 1:1250, 1:1000.
Von den verwendeten Bacillen wuchs hierauf am besten Para-
typhus B, besonders gut auch gewohnlicher Coli, ferner Typhus und ein
aus einem Typhusstuhl geztichteter Bacillus, der auf Drigalski-Agar
bl&uliche Kolonieen bildete, jedoch Traubenzucker vergor und in Lackmus-
molke reichlich Sfiure bildete. Ein ahnlicher Bacillus ist Bouab, der aus
einem akuten Dysenterieanfall aus Stuhl am 2. Krankheitstage geziichtet
wurde; er bildete ebenfalls auf Drigalski blaue Kolonieen und in
Lackmusmolke stark S&ure mit reichlichem Niederschlage; er vergor
Traubenzucker in geringem MaBe und entffirbte Neutralrotagar nicht Oder
erst nach langerer Zeit. Ferner wuchsen auch Pestbacillen. Zur Unter-
suchung gezogen wurden auch Shiga - und FIexner-Bacillen, dieselben
wollten jedoch auf den beiden Nahrboden nicht recht angehen; absolut
negativ fielen auch wiederholte Versuche mit Staphylococcusaureus,
albus, citreus und einigen aus der Luft stammenden Bacillen aus.
Nur mit Staphylococcus aureus gelang es, einige Male bei sehr
reichlicher Uebertragung der Kulturmasse an einigen wenigen Stellen
etwas Wachstum zu erzielen.
Die folgende Tabelle gibt eine kleine Uebersicht der Starke des
Wachstums nach 24 Stunden und einer VVoche:
Parat. B
Coli
Typh.
Bac
. A
Pest
Shigaj
Flexner
Bac. Bouab
©
b£
H
3 I
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1:50000
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1:10000
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1:5000
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1:2000
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1:1000
+ + +
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1:50 000
+ + +
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1:10000
+ + +
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1:5000
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1:2000
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1:1250
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-F
1:1000
+ + +
+++
1 + +
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+
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±
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—
—
—
—
+
+
Die Stamme des Paratyphus B und Typhus sind altere Laboratoriums-
stfimme (aus dem Kgl. Inst. f. Infektionskrankh. Berlin), ebenso Shiga
und Flexner, Coli und der aus Typhusstuhl isolierte Bac. A sind ca.
6 Monate, Bac. Bouab ca. 3 Monate auf ktinstlichen NahrbSden ge-
ziichtet, der Pestbacillus kam direkt vom Kranken (von Agarplatte auf
Agarrohrchen, dann auf gef&rbten Nahrboden abgeimpft).
II. Allgemeines morphologisches Yerhalten.
Bei mikroskopischer Betrachtung der erhaltenen Kulturen bemerkt
man zun&chst als hervorstechendes Merkmal, daB die auf DahlianahrbOden
gewachsenen Bacillen eine groBe Neigung haben, lange Faden zu bilden;
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Ofi ole
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Vay, Studien iiber die Strukturverhaltnisse vou Bakterien etc.
195
das ganze Gesichtsfeld besteht oft fast ausschliefilich aus solchen Faden,
die eine ganz auBerordentliche Lange erreichen konnen. Sie erstrecken
sich manchmal von einem Rande des Gesichtsfeldes quer fiber dasselbe
bis zum anderen.
Besonders lange Faden habe ich in der Regel vom Typhus erhalten;
es ist beinahe schon moglich, von der oberflachlichen Betrachtung des
Praparates die Diagnose auf Typhus zu stellen.
Man sieht fast nur diinne Faden, daneben lange Stabchen, die immer-
hin das 3—4-fache der normalen Lange erreichen.
Nachstdem zeigt auch Paratyphus B groBe Neigung, ebenso der
Faecesbacillus (No. A) und Bacillus Bouab. Wenig ist dies jedoch
der Fall bei echtem Coli. Hier failt bei der Beobachtung des ungefarbten
Praparates sofort auf, daB die Mehrzahl der Bakterien aus kurzen plumpen,
normal langen Formen besteht. Daneben findet man ebenfalls Faden
und lange Formen, jedoch nur in geringerer Menge.
Dem Coli nahert sich der Pestbacillus; man findet meist kiirzere,
normale Formen, auch reichlich Faden, jedoch lange nicht so stark wie
bei Typhus. Indessen treten Bildungen nur sehr selten auf, die man
Involutionsformen nennt und die man als besonders charakteristisch fur
Pest ansieht.
Die Fadenbildung ist keine bleibende Oder gerade der betreffenden
Kultur eigenttimliche Eigenschaft; bei Ueberimpfen der auf Dahlia ge-
wachsenen Kolonieen auf gewohnlichen Agar erhait man sofort wieder
normale Verhaitnisse.
Auf Pfaublaunfihrboden ist die Fadenbildung nicht so intensiv wie
bei Dahlia; man erhait manchmal mehr, manchmal weniger, die Resultate
sind nicht so konstant; dagegen sind die aufPfaublau gebildeten Faden
dicker als die auf Dahlia; diese letzteren zeichnen sch durch ihre Fein-
heit aus.
Besonders gut erhait man die Faden auf den starker mit Dahlia
versetzten Nahrboden (1:1250, 1:1000). Man kann sie am besten kurze
Zeit nach der Uebertragung der Bakterien auf den betreifenden Nahr¬
boden beobachten; schon nach 8 Stunden erhait man hiibsche Praparate.
Nach 24 Stunden scheint ein gewisses Optimum erreicht zu sein.
Anscheinend stellen namlich die Faden keine dauerhaften Gebilde
dar; in aiteren Kulturen werden sie seltener und die kleinen Formen
herrschen mehr vor. Es hat also wohl ein nachtraglicher Zerfall, eine
Teilung der langen Individuen statt.
Der Reiz zu dem einseitigen Langenwachstum geht direkt von dem
Farbstoffe aus; auf den gewohnlichen Nahrboden verhielten sich sonst
die Kulturen, wie ich schon oben bemerkt habe, durchaus normal.
Ich mochte hier wiederholen, daB ich sogenannte Involutionsformen,
auBer in sehr geringem MaBe bei Pestbacillen, nicht beobachtet habe.
Die Faden sind im Gegenteil auf Dahlia diinn und weichen in ihrem
Querdurchmesser nicht sehr von den sonstigen normalen Formen ab.
Auf Pfaublau sind sie etwas dicker.
Das Zustandekommen dieser Formen ist demnach so zu erklaren,
daB infolge rascher Nahrungsaufnahme das Langenwachstum der Bak¬
terien so schnell statthat, daB eine Abschniirung der einzelnen Teilstiicke
zunachst nicht erfolgt; dieses findet bei einer Anzahl der Individuen
spater noch allmahlich statt. Die Bildung von Unterabteilungen ist zwar
vorhanden, wie man aus den feineren Strukturverhaitnissen schlieBen
kann, es ist eben nur die Abschniirung der einzelnen Stficke, die mangelt.
13*
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196
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Man kann iibrigeus lange Faden beobackten, die an einzelnen Stellen
Verdiinnungen haben, dort, wo sich die immerhin noch zieinlich langen
Teilstiicke abzusetzen sich ansckicken*).
III. Inuere Strnktur.
Auf starker farbstoffhaltigen Nahrboden zeigen die Kulturen nach
einiger Zeit das Auftreten von mehr oder minder stark tingierten Korn-
chen im Innern des Bakterienleibes.
Derartige Gebilde sind schon von vielen Beobachtern gesehen und
beschrieben worden. Ich mufi jedoch hier auf ihre morphologische
Struktur nochmals naher eingeken.
Urn die Kornchen gut untersuchen zu konnen, mufi man die Iris-
blende auch bei der Betrachtung gut tingierter PrSparate, soviet als an-
giingig, schliefien. Haufig kann man feinere Details gut erkennen und
iiber zweifelhafte Befunde schlilssig werden, wenn man den Abbe schen
Beleuchtungsapparat etwas tiefer stellt und wahrend der Untersuchung
langsam auf und ab bewegt, ebenso wenn man die Irisblende langsam
offuet und schliefit. Man stelle sich ferner das zu untersuchende Objekt
erst mit starkem Okular und eingeschobenem Tubus ein, dann erst betraclite
man es abermals mit allm&hlich bis zum aufiersten verlangertem Tubus.
1. Grofie und allgemeine Eigenschaften der Kornchen.
Man kann im allgemeinen 3 Arten von Kornchen unterscheiden:
a) Ziemlich grofie Kugeln, die den ganzen Durchmesser des Stabchens
einnehraen.
Sie sind rundlich, meist von etwas unregelmftBigen Konturen, seltener
gleichmafiig oval Oder kugelrund; sie zeigen, wenn sie gut tingiert sind,
eine homogene Beschaffenheit, soweit sich dies mit den mir zu Gebote
stehenden Vergrofierungen wahrnehmen lafit. Im ungef&rbten oder nur
eben schwach gefarbten Zustande sind sie als starker lichtbrechende
Substanzen gut sichtbar, sie erscheinen dann etwas glanzender, jedoch
dunkler als der iibrige Bakterienkorper.
b) Eine kleinere Art von Kornchen, die jedoch den Farbstoff noch
gut aufnehmen; sie sind auf den Nahrboden mit hbherer Farbstoffkon-
zentration am besten sichtbar, besonders nach langerem, wochenlangem
Wachstum. Auch sie sind etwas lichtbrechend und lassen sich schon,
wenn sie auch nur ganz wenig tingiert sind, gut sehen. Sie haben
meist eine regelmafiige, runde oder ovale Gestalt und sind wohl am
riclitigsten als Kornchen zu bezeichnen.
c) Eine dritte Art von kleinen Gebilden, die den Farbstoff nicht so
gut aufnehmen wie die unter b) erwahnten. Sie sind ebenfalls entweder
runde Gebilde, dann aber kleiner als die b-Korncken; oft sind sie nur
als kleinste Punkte angedeutet. Andere wieder sind langlich-oval, viel
linger als breit. Als Hauptunterschiedskriterium gegeniiber den anderen
Kornchen glaube ich ihr geringeres Tinktionsvermogen ansprechen zu
sollen.
1) Aus den zuletzt angefiihrten Griinden mufl man, wenn man sich iiber diese
Verhaltnisse orientieren will, ungefarbte Praparate verwenden. ' Bei den Troekenprapa-
raten tritt eine mechanische ZerreiOung der langen Individuen vielfach ein, so dafi man
von der Zahl der Faden kein richtiges Bild bekommt und dieselbe zu unterschatzen
geneigt sein wird.
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Digitized Hn oIp
Vay, Studien iiber die Strukturverhiiltnisse von Bakterien etc.
197
2. Lage der Kornchen.
ad a. Die groBen Kugeln sind vorzugsweise zentral gelegeu, wenn
es sich um langere Bakterienindividuen handelt. Man sieht haufig
Exemplare dieser Art, wo die Kugeln zu dreien oder vieren in ziemlich
regelmaBigen Abstanden voneinander in der zentralen Partie gelegen sind.
Auch an den Enden der Faden findet man soldie Kugeln, dieselben
nehmen dann nicht immer gerade deu auBersten Teil des Poles ein, dieser
ist vielmehr von einer schmaleren oder breiteren Ilaube, bestehend aus
ungefarbter Plasmasubstanz, gebildet. Diese polstandigen Kugeln sind
selten allein in dem betreffenden Bakterium vorhanden, neben diesen
wird man fast immer noch eine Anzahl zentral gelegener sehen konnen.
In aiteren Kulturen vorzugsweise kominen auch Exemplare vor,
bei denen die Hauptmasse des Leibes von den Kiigelchen gebildet
wird, an dasselbe haftet, oft nur nach einer Seite hin, eine geringe Menge
ungef&rbte Plasmasubstanz an; andere Male ist das Kiigelchen inmitten
eines kurzen Stabchens gelegen, so zwar, daB der Durchmesser der Kugel
den des Stabchens iibertrifft, die Lange des ganzen Gebildes betragt dann
nur das Drei- bis Vierfache des Durchmessers der Kugel. (Am schonsten
habe ich diese letzteren Formen in Praparaten von Paratyphus B ge-
funden, der auf Pfaublaunahrboden 1:1000 gewachsen war.)
ad b. In bezug auf die stark tingierten kleinen Korner ist es zweck-
maBig, zwischen kiirzeren und langeren Bakterienindividuen zu unter-
scheiden.
In den kiirzeren Exemplaren sind die Kornchen polstandig gelegen.
Sie fiillen h&ufig die beiden Enden der Bakterien vollig aus, eine Art
Haube bildend; andere Male ist das an einem Ende gelegene Kornchen
mehr oval, wahrend das am anderen Ende gelegene rund ist, und daher
den abgestumpften Pol nicht vollig ausfiillt.
Manchmal findet man das Kornchen nur an einem Pole allein, oder
es ist mehr seitwarts in den abgerundeten Ecken des Poles zu sehen;
selten ist es vom Pole entfernt mehr zentralwarts gelegen.
Auch mittelstandig sind starker tingierte Kornchen vorhanden. Diese
sind jedoch kleiner als die endstandigen, sie liegen der Wand des
Bakteriums an, und zwar meist an zwei einander gegeniiberliegenden
Stellen der Peripherie.
In den langen Faden sind die Kornchen iiber die ganze Masse hin
unregelmaBig verteilt. Sie konnen ebensowohl als polstandige wie als
mittelstandige Gebilde vorhanden sein; gewohnlich liegen sie der auBeren
Peripherie an; daneben sieht man solche, die anscheinend mehr in den
axialen Partieen gelagert sind. Indessen muB man beriicksichtigen, daB
die Bakterien Walzen darstellen. Es ist daher ganz wohl moglich, daB
auch anscheinend axiale Kornchen wandstandig sind; je nachdem sie der
dem Beschauer zu- oder abgelegenen Wand anliegen, werden sie dann
mehr oder minder deutlich in Erscheinung treten; von der Dicke des
Bakteriums hangt es ab, ob bei ein und derselben Einstellung der
Mikrometerschraube zugleich mehrere hoher und tiefer, proximal und
distal vom Beschauer aus gelegene Kornchen sichtbar werden. Neben
deutlich zirkumskripten Figuren kommen so etwas mehr verschwommene
Bilder von in Wirklichkeit isolierten Granulis zur Geltung. Es werden
dadurch Netze und wabenffirmige Strukturen vorgetauscht, die jedoch
gar nicht vorhanden sind. Bei vorsichtigem Gebrauche der Mikrometer¬
schraube, bei langsamem Oeffnen und SchlieBen der Irisblende und ver-
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schiedener Hohenstellung des Beleuchtungsapparates ist es moglich, diese
Bander und Linien in einzelne korpuskulare Bestandteile aufzuloseu.
Ganz besonders leicht sind solche T&uschungen bei den Kornchen
der dritten Reihe.
ad c. Der Unterschied von den unter b) beschriebenen ist mehr ein
gradueller als ein essentieller. Schwficher gefarbt, sind diese Kornchen
zugleich auch meist kleiner. In der Regel sind sie mittelstandig gelegen.
Es sind dann langliche, ovale, wenn von der Seite gesehen abgeplattete
Gebilde. Selten sind sie polst&ndig, in den kleineren Formen ist dies
in der Regel nur dann der Fall, wenn der eine Pol von grSBeren
Kornchen der b-Reihe frei ist; man findet dann ein stark tingiertes
Kbrnchen am einen, ein schwach tingiertes am anderen Ende. Ueber-
haupt sind sie in den kurzeren Bakterienformen seltener zu beobachten.
Besser sieht man sie in den langen Faden, wo man sie ziemlich regellos
zwischen den anderen liegen sieht. Lange Fadenindividuen machen oft
den Eindruck, als ob sie mit solchen Kbrnchen iibersat w&ren. Beziiglich
ihrer axialen oder wandstfindigen Lage miissen dieselben Vorbehalte wie
bei den Kornchen der zweiten (b-)Reihe gemacht werden. Ich glaube
aber nach vielfachen genauen Untersuchungen annehmen zu miissen, daB
sie in der Regel wandstandig gelagert sind.
Bei sehr kleinen Individuen ist manchmal nur ein einzelnes derartig
schwach geffirbtes Granulum vorhanden und man mochte geneigt sein,
zu glauben, daB es mitten im Bakterium liegt. Andere Male finden sich
zwei wandstfindige, kleinste Kornchen, die bei kleinen und mittelgroBen
Bakterienformen einander gegeniiberliegen, an der Stelle, wo eventuell
eine Querteilung stattfinden konnte.
Leider war es mir nicht moglich, das Verhfiltnis dieser kleinsten
Kornchen zu dem Ursprunge der BakteriengeiBeln zu etablieren. Es
ist moglich, daB die feinsten Kbrnchen mit dem Ursprunge der Geifieln
irgendwie in Beziehung stehen; indessen sind unter den von mir unter-
suchten Bakterien, die kleine, schwach tingierte Granula fiihren, auch
Pestbakterien und diese sind bis jetzt als geiBellos beschrieben.
3) Ffirbbarkeit der Kornchen.
Die Kornchen lassen sich auch mit anderen Farben in vivo tingieren.
Als bestes Mittel habe ich Nilblausulfat (Griibler) befunden. Man halt
sich eine ca. 1-prom. Losung, verreibt die Bakterien in einer Oese voll
Farbfliissigkeit und fiigt dann nachtrfiglich eine Oese einer 1-proz. Losung
von kristallisiertem wasserfreien kohlensauren Natron hinzu, bedeckt mit
einem Deckglaschen und untersuclit. Die Granula treten sehr deutlich
als violette oder biauliche Korperchen hervor. Gut eignet sich auch sehr
verdunnte Fuchsinlosung (einfaches wfisseriges Fuchsin zur Bakterien-
farbung, Resorcinfuchsin, auch Saurefuchsin [alles Griibler]). Zweck-
maBig unterwirft man die Bacillen vorher einer Art Beizung mit sehr
verdiinnter Pikrinsaurelosung (1 Teil gesattigter Losung zu 20 Teilen
Wasser) oder verdiinnter Jod-Jodkalilosung (1 Teil Lugolsche Losung
zu 10 Teilen Wasser) oder 1-proz. LSsung von kohlensaurem Natron.
Die Farbstoffe dflrfen nur in sehr geringer Menge zugesetzt werden, da
sonst eine diffuse Farbung resultiert.
Mit Karbolfuchsin habe ich keine recht befriedigenden Ergebnisse
erhalten; lMBt man z. B. konzentrierte FuchsinlQsung vom Rande des
Deckglases her zufliefien, so findet zunfichst dort, wo die ungefarbten
Partieen mit dem Farbstoffe zusammenflieBen, eine Tinktion der Kornchen
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statt, es tritt aber dann sehr bald eine Totalfarbung des Bakteriums
ein. Auch wenn diese nur schwach ist, machen die Bakterien einen
homogenen Eindruck; die vorher sichtbaren Granula sind verschwunden
und nur eine gleichmaBige Rosafarbung ist eingetreten.
An angetrockneten und fixierten Praparateu habe ich ebenfalls die
Strukturverhaitnisse zu beobachten gesucht. Auf die Empfehlungen
Swellengrebels hin benutzte ich die Giemsa-Methode nach vor-
heriger Fixierung der angetrockneten Bakterieninassen durch Joddampfe
nach Oyer ton, ferner durch Formoldampfe und durch absoluten
Alkohol. Bei der ersten Methode wurde die Bakterienmasse in destil-
liertem Wasser auf einem Objekttr&ger verrieben, dann bei gewohnlicher
Teraperatur stehen gelassen, bis sie angetrocknet war, dann wurden in
einem Reagensglaschen einige Jodkrist&llchen erhitzt; die schweren Jod-
dSmpfe lieB man auf die lufttrockenen Praparate fallen. Das ilberschiissige
Jod wurde teils durch leichtes ErwtLrmen, teils durch Eintauchen in
absoluten Alkohol entfernt.
Die Formoldampfe lieB ich unter einer Glasglocke teils auf die
frische, noch feuchte Bakterienaufschwemmung, teils auf das angetrocknete
Praparat ca. V 2 Stunde einwirken. Beim absoluten Alkohol wurden die
Bakterien teils direkt in demselben verrieben, teils das lufttrockene
Praparat fiir 20—30 Minuten in Alkohol eingelegt.
Des weiteren wurde auch M a n s o n s Borax-Methylenblau verwendet.
Mit der Farbung fixierter Praparate habe ich im allgemeinen keine
so deutlichen Bilder erhalten als mit der Vitalfarbung.
Mit Giemsa farbten sich die sub a) beschriebenen KUgelchen
blaulich mit einem Stich ins Violette. Sie waren unter sonst gleichen
Umstanden von alien Kornchen am starksten gefarbt und traten deutlich
konturiert hervor. Die Kornchen der b-Reihe nehmen eine rotlich-violette
Farbe an, treten jedoch nicht so deutlich hervor wie die a-K5rnchen,
sie haben mehr verschwommene Umrisse, nehmen auch den Farbstoff
nicht so intensiv auf. Am wenigsten lassen sich die Kbrnchen der
c-Reihe als solche erkennen; sie sind nur schwach gefarbt, treten als
Flecken mit verwaschenen Konturen auf und machen oft gar nicht den
Eindruck wohldifferenzierter Gebilde. Der Bakterienkorper selbst wird
durch die Fixation schmaier, so daB die Kugelchen der a-Reihe, die
weniger zu schrumpfen scheinen als der iibrige Bakterienleib, in Form
von Ausbuchtungen iiber die Linien des Fadens hinausragen.
Die kleineren Formen der Bakterien zeigen die Kdrnchen der
b-Reihe ziemlich deutlich als rotviolette Piinktchen, deren Konturen
jedoch nicht vollig scharf umrissen sind. Die c-K8rnchen sind als
schwach rotliche Tiipfelchen eben bemerkbar.
Mit Man son - Blau erhalt man eine Farbung aller drei beschriebenen
Elemente, jedoch muB man den Farbstoff sehr verdunnt und nur kurze
Zeit anwenden, da sonst diffuse Farbung eintritt. Es ist dann naturlich
nur eine schwache Imbibierung mit Farbstoff eingetreten und die Kornchen
nur eben sichtbar; am besten farben sich auch hier die KSrnchen der
a-Reihe, jedoch ist der Unterschied zwischen ihnen bei dieser Methode
nicht so groB wie bei Giemsa.
4. Vorkommen der Kornchen.
In den ersten Stunden nach der Ueberimpfung auf einen frischen
Nahrboden sind die KSrnchen noch nicht vorhanden, Oder doch nur
schwach angedeutet; nach 8—9 Stunden lassen sie sich jedoch schon
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beobachten. Sie sind auch auf den starker farbstoffhaltigen Medien
(1:1250, 1:1000) noch wenig tingiert; sie treten jedoch auch schon am
ungeffirbten Prfiparate als etwas dunklere Punkte hervor, durch Farbung
mit verdiinntem Fuchsin oder mit Nilblausulfat lassen sie sich deutlicher
machen. Sie sind in diesem Stadium von etwas kleineren Dimensionen
wie spfiter; hauptsachlich findet man sie in den kleinen Exemplaren.
In den langen Faden wird man oft vergeblich nach ihnen suchen. In
diesen sind sie, wenn iiberhaupt, dann nur in sparlicher Menge vor-
handen; es sind hauptsachlich Exemplare der Gattung b, die man an
den Polen der Faden, aber auch an anderen Partieen sehen kann. Erst
spfiter vergroBern sie sich dem Anschein nach. Zugleich findet auch
eine Neubildung statt.
Es ist auffallend, daB anfangs gerade in den langen Faden so wenig
geformte Elemente zu finden sind. Dieselben erscheinen oft vollig
homogen trotz ihrer Lange, wfihrend daneben kleine Bakterien herum-
schwimmen, die wohlausgebildete Kornchen, noch dazu in ziemlicher
Anzahl fiihren, so daB ein groBer Teil des Bakterienleibes von ihnen
eingenommen wird.
Die unter a beschriebenen groBeren Kiigelchen habe ich stets nur
in filteren Kulturen beobachten konnen. Hauptsachlich sind es die
Kulturen auf Pfaublau, bei denen diese Kiigelchen auftreten. Auch auf
Dahlia kann man sie beobachten, hier sind sie aber etwas kleiner, ent-
sprechend dem etwas geringeren Dickendurchmesser der Faden. In
filteren, wochen- und monatealten Kulturen sind die Kbrnchen auch der
b- und c-Reihe allenthalben sehr zahlreich und gut sichtbar geworden,
besonders die langen Ffiaen sind oft wie von ihnen fibersfit.
Ich will hier beilfiufig erwfihnen, daB ich die groBen Kiigelchen auch
in Kulturen gesehen habe, die einigeTage auf einem Nahrboden gewachsen
waren, der 1 / 2 —1 Proz. Maltose enthielt. Im tibrigen entsprach er dem
Endoschen Nahrboden, nur war statt des gewohnlichen Fuchsins essig-
saures verwendet und zur Gegenffirbung Lichtgriin *) hinzugefiigt worden;
zur Hemmung fiberflfissigen Coli-Wachstums enthielt er noch etwas
Diamantgriin 2 ). Die Typhusbakterien wachsen hierauf als braunlich-rote
Kolonieen. Sie enthalten die groBen Kugeln manchmal recht reichlich;
diese zeichnen sich ferner durch besonderes Lichtbrechungsvermogen aus.
IV. Kritisches.
Bei alien Untersuchungen fiber den feineren Bau der Bakterien
kelirt die Frage wieder: Enthalt die Bakterienzelle einen Kern? Sind
die beobachteten Kornchen Aequivalente des Kernes?
Im allgemeinen steht die Mehrheit der Forscher auf einem ablehnen-
den Standpunkte und spricht der Bakterienzelle einen eigentlichen Kern
ab; diese letztere Ansicht ist auch durch mikrochemische Versuche, durch
Verdauen der Bakterien von Rfi2i£ka gestfitzt worden.
Die nach meiner Methode tingierten Kornchen sind schon mit den
verschiedensten Mitteln dargestellt worden. Mit den nach der Methode
von Neisser farbbaren Babes-Ernstschen Korperchen sind die eben
beschriebenen Kornchen nicht identiscli; ich habe in den darauf unter-
suchten Praparaten keine Babes-Ernstschen Korperchen finden konnen,
1) Lichtgriin SF gelblich X = Natriumsalz des Diathyldibenzyldiaminotriphenyl-
carbinols (Badische Amlin- und Sodafabrik).
2) Diamantgriin G = SSulfat des Tetraathylmalachitgriins.
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obwohl fast alle Bakterien, ungefarbt untersucht, kornchenhaltig sich
erwiesen hatten. Bei einer Anzahl Mikroorganismen sind sie schon von
anderen sowohl an getrockneten und fixierten Praparaten, wie an vital
gefarbten sichtbar gemacht worden. Ein Blick auf die von verschiedenen
Verfassern gegebenen Abbildungen bestatigt dies. Es moge hier speziell
auf die Arbeiten von Preisz, sowie neuerdings von Swellengrebel
und AmbroZ verwiesen werden 1 ). Ueber die Bilder von Preisz habe
ich mich bereits fruher einmal geaufiert. Ein Blick auf die Bilder, die
AmbroZ gibt, laBt eine auffallende Aehnlichkeit mit den meinigen er-
kennen, so z. B. Fig. 1, 2, 7, 8, 9, 12, 16, 34 und 37. Ein Unterschied
besteht darin, daB die einzelnen Kornchen durch feine Faden miteinander
verbunden sind, ahnliches ist bei Swellengrebel der Fall, man ver-
gleiche seine Fig. 4—9, 23, 33, 34, 42, 52—58. Swellengrebel spricht
von Zickzacklinien, Querbandern, er betrachtet geradezu die Existenz
einer bandformigen Innenstruktur fur erwiesen.
Ich kann mich nicht entschlieBen, dieErgebnisse Swellengrebels,
die sich allerdings auf andere Bakterienarten beziehen, auch bei meinen
Untersuchungen zu bestatigen. Bei oberflachlicher Betrachtung glaubt
man allerdings, bandformige Zeichnungen in den langen fadenfdrmigen
Exemplaren wahrnehmen zu kdnnen. Besonders treten dieselben an den
fixierten und nach Giemsa gefarbten Praparaten (siehe meine Ab*
bildungen) hervor. Bei genauer und sorgfaitiger Beobachtung nicht
fixierter und angetrockneter Bacillen habe ich diese Bander jedoch stets
in eine Reihe von kleinen, melir oder weniger stark tingierten Kornchen
auflosen konnen. Swellengrebel verwahrt sich gegeniiber H611 ing
dagegen, seine Bilder als Artefakte gedeutet zu sehen, obwohl er sich
der verschiedensten Fixationsmittel (Hamannsche Losung, Osmium-
saure, Formol- und Joddampfe, Alkohol) bedient. AmbroZ bedient
sich der konzentrierten HCl-Losung; er spricht geradezu von einer
Alveolarstruktur. Ohne auf die fiir andere Bakterienarten gewonnenen
Ergebnisse hier eingehen zu wollen, da diese ja ganz wohl einen anderen
feineren Bau besitzen konnen, glaube ich doch annehmen zu durfen,
dafi beim Trocknen und Fixieren Artefakte entstehen konnen. Es handelt
sich ja nicht um flache, sondern um walzenformige Objekte; durch das
Trocknen wird der Dickendurchmesser derselben vermindert. Kornchen,
die in Wirklichkeit in verschiedenen Ebenen liegen, kommen fast in einer
Ebene nebeneinander oder dicht aufeinander zu liegen; es konnen durch
das Zusammenbacken derselben Bander mit dunkleren und helleren
Partieen entstehen.
Im iibrigen entsprechen anscheinend die von diesen Autoren dar-
gestellten Kornchen, d. h. die mit Giemsa und anderen Farbungen
tingierten chromatinhaltigen Granula, den von mir unter b) und c) be-
schriebenen, in den kleineren Bakterienindividuen finden sich zwei pol-
standige, manchmal mehr haubenformige Kornchen, ferner ein oder zwei
mittelstandige.
Diese beiden letzteren sollen sich nun an der Bildung der Quer-
wand bei einer statthabenden Division beteiligen. Ich habe ahnliche
Bilder selbst vereinzelt gesehen, so z. B. an Praparaten, die mit ver-
diinnter Fuclisinlosung vital gefarbt waren. Bei der grofien Mehrzahl
1) Die Beobachtungen von Preisz beziehen sich hauptsachlich auf Milzbrand und
Tetanus, von Swellengrebel auf Spirillum giganteum, Bacillus maximus
buccalis, Spirochaete balbiani, von Ainbroz auf Bacillus nitri.
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der Bacillen babe ich sie jedoch vermiBt. Die Kleinheit der Objekte er-
schwert allerdings eine sichere Feststellung. Allein es ist mir aufge-
fallen, daB in den langen, fadenformigen Formen an Stellen, wo eine
Einschniirung der Bakteriensubstanz die kiinftige Trennung anzudeuten
schien, solche kleinste Kdrnchen nicht nachzuweisen waren. Es ist ja
richtig, daB man oft bei zwei oder mehreren Bakterien, die sich eben
erst getrennt haben und die noch durcli eineu feinen Faden zusammen-
hangen, haubenartige Granula oder auch runde Kornchen an den beiden
einander zugekehrten Polen findet. Indessen konnen sich dieselben auch
erst sp&ter aus dem homogenen Plasma differenziert haben und brauchen
nicht notwendig durch Teilung eines dort urspriinglich gelagerten Korn-
chens entstanden sein.
Ein weiterer Widerspruch ergibt sich daraus, daB nach dem offers
erhobenen Befunde diese Korner gerade in den ersten Zeiten, wo die
Bacillen sich am lebhaftesten teilen, nicht oder nur sehr sparlich und
durchaus nicht in alien Individuen beobachtet sind. Mit ziemlicher
Uebereinstimmung wird von den Untersuchern bestatigt, daB Bacillen,
die sich kurze Zeit auf kiinstlichen Niihrboden entwickelt haben, struktur-
los sind; gleiches gilt von frischen Bakterien direkt aus dem Tierkorper.
Es ist nun die Frage, sollen wir uns der Ansicht derer anschlieBen,
die alle diese kornchenartigen Bildungen in den Bakterienprodukten als
Stoffwechselprodukte ansehen. In Uebereinstimmung mit der Mehrzahl
der neueren Arbeiten glaube ich dies verneinen zu sollen.
Am plausibelsten erscheint die Annahme, zu der auch AmbroZ
sich bekennt, daB die Bakterien aus Plastin und Chromatin zusammen-
gesetzt sind; ersteres bildet die Grundsubstanz, in welche die Chromatin-
korner eingebettet sind. Im Anfange der Entwickelung einer Bakterien-
kolonie auf kiinstlichen N&hrboden ist die Teilung und Fortpflanzung
eine auBorordentlich rege, sehen wir doch, daB in 24 Stunden aus einein
einzigen St&bchen von winzigen Dimensionen sich makroskopisch sicht-
bare Kolonieen von 1 mm Durchmesser und dariiber bilden. Das einzelne
Individuum vermehrt also in kurzer Zeit sein Volumen um das Viel-
tausend- bis Millionenfache. In dieser Epoche findet eine Differenzierung
des Plastins und Chromatins nicht in der Weise statt, daB wir dieselbe
mit unseren Hilfsmitteln wahrnehmen konnten. Erst wenn die Ent¬
wickelung, sei es infolge Erschopfung des zunachstliegenden Nahr-
substrates, sei es aus anderen Griinden, z. B. infolge der Ausscheidung
hemmender Stoffwechselprodukte, langsamer wird, tritt eine Differenzierung
in morphologisch unterscheidbare Substanzen ein, die ungef&rbt bleibende
Grundsubstanz und die Farbstoff aufnehmenden Korner.
Schwieriger zu entscheiden ist die Natur der groBeren unter a be-
schriebenen Kiigelchen.
Beim ersten Anblick mochte man sie direkt als Sporen ansprechen.
Sie sind deutlich konturierte, distinkt von dem iibrigen Plasma abge-
grenzte Gebilde; sie erscheinen sogar ziemlich stark lichtbrechend, und
ihr Durchmesser iibertrifft manchmal den der St&bchen. Bei den Bacillen,
bei denen ich sie am haufigsten habe finden kfinnen, bei Paratyphus B
(auch Typhus), sind Sporen nicht bekannt. Gegen ihre Eigenschaft als
Sporen spricht, daB man sie nie als freie, selbst&ndige Gebilde zwischen
den ausgewachsenen Bakterien finden kann.
Sind diese Kiigelchen also das gleiche wie die iibrigen Kornchen
und von diesen nur durch ihre GroBe unterschieden, oder sind sie etwas
Abweichendes.
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Vay, Studien uber die Strukturverhaltnisse von Bakterien etc. 203
Es kamen hier in Betracht die Sporoidkorper, die Fetteinschliisse
und die Volutinkugeln.
Was die ersteren anlangt, so haben diese eine auffallende Aehnlich-
keit mit Sporen beziiglich ihrer Form, ihres Glanzes und ihrer Lage;
nach Ruzifika sind beide auch aus verwandten Massen zusammen-
gesetzt; ein besonderes Unterscheidungsmerkmal besteht nach Arabrog
darin, dafi die Sporoidkorper Scheidewande haben, was bei Sporen aus-
geschlossen sein soil. Wesentlich scheint ferner der Umstand zu sein,
dafi die sporoiden Korper sich nicht nur auf die Enden der Faden be-
schranken, sondern dafi sie auch in den mittleren Teilen der Faden ge-
legen sind.
In alteren Kulturen konnen samtliche Faden sog. sporoide Kbrper
in grofier Anzahl beherbergen. Die Korper wachsen sowohl numerisch,
als auch vergrofiern sie ihre Dimensionen.
Sie geben mit Millons Reagens die Eiweifireaktion und losen sich
in Alkohol und Aether nicht auf, bei Verdauung mit kiinstlichem Magen-
saft erleiden die Korper keine Veranderung.
Bei der Farbung mitGiemsa bleiben die Sporoidkorper ungefarbt.
Was die Reaktion mit Millons Reagens anlangt, so habe ich be-
merkt, dafi die a-Kiigelchen hierdurch deutlicher werden, auch zeigen
sie eine gewisse Rotlichfarbung; bei der Kleinheit der Objekte ist hier
jedoch eine gewisse Vorsicht am Platze, zudem das in das Mikroskop
geworfene Licht je nach der Bewolkung des Himmels mehr blaulich oder
gelblich ist. Mit Alkohol und Aether lassen sich die Kiigelchen nicht losen.
Wie schon oben bemerkt, farben sich die Kiigelchen mit Giemsa
blaulich-violett, mit Man sons Borax-Methylenblau hellblau.
Mit den sogenannten Sporoidkorpern lassen sich die a-Kugelchen
demnach nicht direkt identifizieren, so sehr auch Lage und Aussehen
mit jenen iibereinstimmen. Ihr Chromatingehalt ist jedoch zu grofi.
Es ist die Vermutung ausgesprochen worden, dafi die Sporoidkorper
mit den sogenannten Fetteinschliissen, wie sie besonders bei Milzbrand
gefunden werden, identisch seien. Fur die Fettnatur der letzteren sind
besonders tinktorielle Eigenschaften ins Feld gefiihrt worden. Nach
Eisenberg f&rben sich die Fetteinschliisse, allerdings im Zusammen-
hang mit einer Beizung durch alkalische Napthollosung (in 1-proz. Soda),
auch mit Dahlia; sie geben sogar eine „sehr schone und niederschlags-
freie“ F&rbung.
Die Farbenmethoden Eisenbergs diirften in ihrer Gesamtheit
doch fiir Fetteinschliisse nicht gerade charakteristisch sein. Es lassen
sich hiernach auch andere Gebilde farben, die kein Fett sind. Bei der
Betrachtung der Bilder Eisenbergs fallt auf, dafi seine Figg. 7—10,
die mit den verschiedensten F&rbemethoden gewonnen sind, gewisse
Details geben, die auch bei den von mir an anderen Bacillenarten ge-
-wonnenen zu finden sind, so die im Bacillenleib verstreuten kleinsten
Kornchen neben den grofieren Kugeln.
Die sogenannten Fetteinschliisse sind jedoch etwas von den Kiigel¬
chen Verschiedenes. Es spricht dafiir ihre Lage, Gestalt, Grofie und ihr
farberisches Verhalten. Die Fetteinschliisse sind fast stets kleine, ziemlich
genau runde Kiigelchen, die verhaltnismafiig stark lichtbrechen, jedoch
nicht so sehr wie die eigentlichen Sporen; sie liegen in den mittleren
und zugleich axialen Partieen der Stabchen J )i u°d ihr Durchmesser ist
1) Nach meinen Beobachtungen sind sie im Inneren der Bakterien, nicht wand-
scandig, angeordnet.
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kleiner als der des Bacillus. Mit Nilblausulfatlosung aufschweuimt und
dann mit 1-proz. Soda versetzt, zeigen die Bakterien die Fetteinschliisse
als rotlich gefarbte Gebilde, wahrend die iibrigeu Kornchen blau gefarbt
sind.
Mit Brillantkresylblau in wasseriger Lbsung farben sich die soge-
nannten Fetteinschliisse nicht, wahrend der Rest des Bakterienleibes
schon und distinkt gefarbt ist.
Mit Nilblausulfat und 1-proz. Soda farben sich aber die grofieren
Kiigelchen in Typhus, Paratyphus B und anderen Bacillen biaulicli, ebenso
wie die iibrigen Kornchen. Mit Brillantkresylblau habe ich Farbungs-
versuche nicht angestellt.
Hinsichtlich der Volutinkugeln wird angegeben, daB dieselben groBer,
glanzender und scharfer abgerundet sind als die Chromatinkorperchen.
Die kleineren Volutinkugeln liegen an den Ecken der Zickzacklinien
oder an den Enden der Querbander, so daB es oft schwer fallt, Chromatin
und Volutinkornchen voneinander zu trennen. Die grofieren alteren
Ivugeln, die oft von auBerordentlichen Dimensionen sind, liegen vom Ver-
bande des chromatischen Fadens losgelost frei in der Zelle, meistens in
der Medianlinie. Bei Methylenblaufarbung farben sich die Chromatin-
kugeln blau, die Volutinkugeln infolge ihrer Metachromasie rot. In-
dessen haben Volutinkugeln in jungen Zellen eine Farbe, die zwischen
rot und blau gelegen ist. Es ist daher von S well eng rebel die Ver-
mutung ausgesprocheu worden, daB die Volutinkugeln von dem Chromatin
abstammen und daB in alteren Zellen alles Chromatin in Volutin ver-
wandelt wird, wie auch von anderen beobachtet wurde, daB Volutin von
Kerhen gebildet wird.
Diese Beschreibung paBt wohl weniger auf die groBeren Kugeln.
Eine Metachromasie habe ich bei ihnen nicht wahrnehmen konnen; mit
Methylenblau farben sie sich blau. Speziell mit einer schon ziemlich
alten Boraxmethylenblaulosung, die mir sonst haufig Metachromasie gab,
habe ich stets nur eine biauliche Farbung erhalten konnen.
Eher konnte das fur die kleinen und besonders fur die kleinsten,
schwach gefarbten Kornchen zutreffen. Bei Giem s a - Praparaten erhalt
man an den Stellen, die den Enden der bandformigen Zeichnungen ent-
sprechen, rotlich gefarbte Piinktchen, die wohl die Kornchen darstellen,
wenu auch ihre Konturen infolge der Praparationsmethode nicht mehr
sehr scharf umrissen sind. Jedenfalls deutet das gute Farbeaufnahme-
vermogen sowohl der Kugelchen wie der kleinen und kleinsten Kornchen
darauf hin, daB sie viel Chromatin enthalten. Ob sie ganz aus Chromatin
bestehen oder dieses nur in eine andere Grundsubstanz eingebettet ist,
laBt sich vorderhand nicht sagen.
Swellengrebel gibt auch an, daB die Methylenblaufarbung selten
gut gelingt, da der Farbstoff zunachst das Plasma anfarbt. Ich glaube
keinen geniigenden Grund zu haben, eines der kbrnchenformigen Gebilde
mit den Volutinkugeln zu identifizieren.
Ich gebe vielmehr der Ansicht Ausdruck, daB es sich bei den 3 Arteu
Kornchen urn im wesentlichen die gleiche Substanz handelt, namlich um
Chromatin.
DaB in den jungen, lebhaft sich teilenden Bakterien keine korpus-
kularen Elemente nachweisbar sind, ist von mehreren Untersuchern aus-
driicklich angegeben worden. Ich verweise hier nur auf Diet rich und
Liebermeister, Eisenberg; auch Am broZ und Swellengrebel
erwahnen ahnliche Beobachtungen.
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Vay, Studien iiber die Strukturverhaltnisse von Bakterien etc.
205
Wiirden wir nun annehmen, daB die Bakterien einen Zellkern im
Sinne der hoheren Organismen besaiien, so ware zu fordern, dafi einer
Teilung des Individuums bestimrate Veranderungen am Kerne voran-
gingen. Dies ist trotz aller Bemiihungen noch von keinem Untersucher
festgestellt worden. Im Gegenteil kann die Teilung erfolgen, ohne daB
irgendwelche kornchenformige Elemente bereits sichtbar sind, speziell
nicht jene mittelstandigen feinsten Kornchen, von denen nach manchen
Beobachtern die Querwandbildung ausgehen soil. Demnach ware zur
Teilung die Anwesenheit kornchenformiger Elemente nicht unbedingt
notig. Zudem ist nichts bekannt von einer vorherigen Teilung des als
solcher angesprochenen Bakterienkernes, mag derselbe nun zentral oder
wandstandig angenommen werden, wenn man nicht das Herauswachsen
der Scheidewand aus einem Granulum mit nachfolgender Bildung hauben-
formiger Chromatinansammlung an den Polen der Teilstiicke als etwas
Derartiges ansehen will. Die beiden so erzeugten Tochterzellen hingen
stellenweise noch durch ein feines Fadchen zusammen.
Ich selbst habe an meinen Pr¶ten das Herauswachsen der
Scheidewand bei der Teilung aus einem Granulum niemals trotz alien
Suchens beobachten konnen. Allerdings sind meine Objekte auch auBer-
ordentlich klein gewesen. Kornchen in Haubenform an den einander
zugekehrten Enden von Bacillen, die miteinander noch durch ein feines
Fadchen zusammenhangen, kann man allerdings ofter sehen.
Nachdem ein Fehlen korpuskularer Elemente gerade zur Zeit der
intensivsten Teilung, ferner auch im Tierkorper haufig konstatiert wird,
so ist die Annahme gerechtfertigt, daB in den ganz jungen Bakterien-
elementen Cytoplasma und Chromatin sich noch in inniger Vermischung
finden, so daB eine morphologiscihe Differenzierung mit unseren Hilfs-
mitteln nicht moglich ist. Erst spater bildet sich eine Ansammlung des
Chromatins an bestimmten Stellen aus. Hauptsachlich ist dies bei
kleineren Exemplaren an den Polen der Fall, bei groBeren an gewissen
zentralen Stellen, sonst aber unregelmaBig iiber den ganzen Bakterienleib
hin. In der Regel liegen diese Chromatinansammlungen, namentlich
soweit es sich urn kleine Gebilde handelt, der Wand des Bakteriums an,
Es findet eine gewisse Differenzierung des Plasmas, eine Verdichtung
zu kornchenformigen Bildungen statt, zugleich bildet sich allm&hlich aus
dem Cytoplasma das Chromatin und h&uft sich an diesen Stellen an.
DaB der Gehalt an Chromatin in den verschiedenen Kornchen nicht
gleich ist, geht aus der verschiedenen FSrbbarkeit der Kornchen hervor.
Mit der Zeit, bei lBngerem Wachstum auf gefarbten Nahrboden farben
sie sich dann intensiver, ferner wachsen sie auch in ihren Dimen¬
sioned was besonders von den groBeren Kiigelchen (der a-Reihe) gilt.
Es findet also allm&hlich eine Steigerung der Chromatinbildung und
Chromatinanh&ufung statt. (Lange Faden aus friiheren Wachstum s-
perioden sind nicht so reich mit Kdrnchen bedeckt, wie solche von alten
Kulturen.)
Infolge des Bakterienstoffwechsels tritt eine allmahliche Entfarbung
des Nahrbodens ein. Augenfailig tritt dies jedoch nur in Erscheinung
bei Nahrboden, die nur schwach gefarbt waren (1:50000, 1:10000). Der
Bakterienrasen bleibt jedoch gefarbt. Aehnliches findet man bei Bakterien,
die in dahliahaltiger Bouillon geziichtet sind. Die Bouillon (mit 1:50000,
1:10000 Dahliagehalt) entfarbt sich allmahlich, wShrend die Bacillen den
Farbstoff in sich aufspeichern und als blau-violette Masse am Boden
der RShrchen liegen.
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206
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Nach den Untersuchungen von AmbroZ bei Bacterium nitr
findet iibrigens eine Beteiligung der chromatischen Substanz bei der
Sporenbildung statt. Die am fertilen Pole des Bakteriums befindlichen
Chromatinbrbckchen, die durch ein feines Netz verbunden zu sein
scheinen, fiieBen zusammen, verlieren ihre scharfe Begrenzung und ver-
schwinden in der einheitlichen, diffus farbbaren Sporenanlage. Die
Spore besteht also bereits aus chromatischen Elementen und Plastin-
grundsubstanz.
Wir werden wohl darauf verzichten miissen, einen eigens ausge-
bildeten, den in hoheren Organisinen ahnlichen Zellkern auch bei Bak-
terien finden zu wollen, speziell bei solchen, die keine Sporen bilden.
Wir werden annehmen miissen, daB die Teilung ohne fiir uns sichtbare
Differenzierung der chromatischen und Plasmagrundsubstanz statthaben
kann. Die Dift’erenzierung tritt dann erst sp&ter ein, vielleicht erst in
den Zellen, die auf ein und demselben Nahrboden einer weiteren Teilung
nicht mehr unterliegen, bei denen also schon ein Stillstand des Wachs-
tums stattgefundeu hatte.
Aufgefallen ist mir stets, daB am ersten die chromatischen Korperchen
in den kleinsten und kleiueren Individuen sichtbar wurden, wahrend die
langen Faden oft noch lange Zeit eine ganz homogene Beschaffenheit
aufwiesen. Gerade die ersteren Elemente darf man wohl als Normal-
formen auffassen, bei denen die Entwickelung zu einem gewissen Still-
stand gekommen ist, wahrend bei den langen Faden immerhin noch die
Moglichkeit einer spateren Teilung statthat.
Ich bemerke liier, daB ich versucht habe, auch noch andere Bacillen
und Ivokken auf gefarbten Nahrboden zu ziichten, hauptsachlich Bakterien
aus der Luft und Staphylokokken; der Erfolg war jedoch negativ.
Namentlich Kokken, so Staphylococcus aureus, albus, citreus
zeigten auch bei reichlicher Uebertragung der Kulturmasse kein Wachs-
tum. Mit Staphylococcus aureus gelang es mir einige Male, ge-
ringes Wachstum zu erzielen. Bei der Untersuchung fand sich, daB
kornchenformige Bildungen, die denen in Bacillen analog sind, sich auch
bei ihnen auf farbigen Nahrboden tingieren.
V. Zusammenfassung.
Als Resultate lassen sich folgende Punkte aufstellen:
1) Auf gewohnlichem Agar, der mit Dahlia oder Pfaublau versetzt
ist, wachsen eine Anzahl Bakterien sehr gut, so z. B. Coli, Para-
tvphus B, Typhus, auch Pest, wieder andere gar nicht oder nur sehr
sparlich, so z. B. Shiga, Flexner, Dysenterie y, Staphylokokken.
2) Der EinfluB des Farbstoffes auBert sich in bezug auf die morpho-
logischen Verhaitnisse der Bakterien zunachst darin, daB dieselben
Neigung zu einem auBerordentlichen Langenwachstum zeigen, das soweit
gehen kann, daB die Mehrzahl der Bakterienindividuen einer Kolonie aus
langen Faden besteht. Diese Eigenschaft kommt besonders der Dahlia zu;
hauptsachlich Typhus und Paratyphus B zeigen Neigung zu solcher Faden-
bildung, weniger hiugegen Coli. Die Faden sind am haufigsten einen
bis mehrere Tage nach der Ueberimpfung, spaterhin scheint noch ein
Zerfall in kiirzere Elemente stattzuhaben.
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Vay, Studien iiber die Strukturverhiiltnisse vou Bakterien etc.
207
3) In den Bakterien treten nach einiger Zeit korpuskulare Elemente
auf, die eine besondere Neigung zu dem Farbstoffe haben und denselben
in sich aufnehmen.
In den kleinen Bakterienindividuen sind dies kleine, raeist pol-
standig sitzende Kornchen, daneben kommen schwacher tingierte, meist
auch keinere Granula vor, die im allgemeinen mittelstandig gelagert
sind.
In den langen FSden findet man auBerdem groBere Kiigelchen, die
starker lichtbrechen, zu mehreren meist mittelstandig, haufig in gleich-
miBigen Abstanden vorhanden sind; daneben sind die oben erwahnten
kleinen und kleinsten, starker und schwacher tingierten Kornchen iiber
den ganzen Bacillenleib hin unregelmaBig zerstreut.
Die Kornchen sind im allgemeinen wandstandig angeordnet. Die
groBere Dimensionen besitzenden Kiigelchen sind meist axial gelegen,
und zwar nehmen sie dann den ganzen Durchmesser des Bakteriums ein.
4) Alle diese Elemente sind als eine Ansammlung von Chromatin
aufzufassen. In den Jugendformen der Bakterien urspriinglich frei im
Plasma verteilt, sammelt es sich im Verlaufe langeren Wachstums einer
Bakterienkultur auf einem und demselben Nahrboden an bestimmten
Stellen an und formt die oben erwahnten Kiigelchen und Kornchen.
Xiiteratur.
1) Dietrich u. Liebermeister, Sauers toffiibertragendeKornchen in Milzbrandbacillen.
(Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Grig. Bd. 32. 1902.)
2) Rfizicka, Vlad., Ueber die biologische Bedeutung der farbbaren Kornchen im
Bakterieninhalt. (Arch. f. Hyg. Bd. 47. 1903.)
3) -, Depressionszustande und Regulationsvorgange bei dem Bact. anthracis. (Arch.
f. Protistenk. Bd. 10. 1907.)
4) Preisz, H., Studien iiber Morphologie und Biologie des Milzbrandbacillus.
(Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 35. 1904.)
5) Eisenberg, Ph., Ueber Fetteinschliisse bei Bakterien. (Centralbl. f. Bakteriol.
Abt. I. Orig. Bd. 48. 1909.)
6) Swellengrebel, N. H., Neuere Untersuchungen iiber die vergleichende Cyto-
logie der Spirillen und Spirochaten. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 49.
1909.)
7) Ambroi, A., Entwickelungzyklus des Bac. nitri sp. n., als Beitrag zur Cytologie
der Bakterien. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 51. 1909.)
8) Vay, Fr., Ueber kornchen formige Bildungen in Pest bakterien. (Centralbl. f. Bakt.
Abt. I. Orig. Bd. 52. 1909.)
Ein ausfiihrliches Verzeichnis der einschlagigen Literatur findet sich bei Ambroz,
I. c., worauf ich hier aufmerksam rnachen mochte.
Erkl&nmg der Abbildungen.
Fig. I, II, HI. Paratyphus B auf Pfaublau 1:1000 ; 5 Tage; b kleine, starker
tingierte Kornchen, die end- und manchmal mittelstandig stehen, c kleine schwach
tingierte, meist mittelstandige Kornchen.
Fig. IV, V. Pestbacillen, 58 Stunden auf Dahlia 1:1000.
Fig. VI. Paratyphus B in Bouillon, die 1:50000 Dahlia enthalt; mit verdiinnter
Pikrinsaurelosung und gewohnlichem Fuchsin (zur BakterienfArbung Griibler) nach-
gefarbt.
Fig. VII. Coliahnlicher Bacillus aus Tvphusstuhl, 15 Tage auf Dahlia 1:1000;
a groBere Kiigelchen, b und c wie in Fig. I, 11, III.
Fig. VIII. Paratyphus B, 5 Tage auf Pfaublau 1:1000; a, b, c wie in Fig. I,
II, III, VII.
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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Fig. IX. 1, 2, 3 Typhus, ca. 3 Monate auf Pfaublau 1:1000; a, b, c wie oben.
Fig. X. Col i, 14 Tage auf Pfaublau 1:1000, hauptsachlich Kugelchen der o-Reihe
enthaltend.
Fig. XI. 1, 2, 3, 4, 5, 6 Paratyphus B, ca. 4 Wochen auf Pfaublau 1:1000;
mit Formol- (1, 2, 3) und Jod- (4, 5, o) Dampfen fixiert, dann in Alcohol absol. ge-
bracht und nach Giernsa gefarbt; a, b, c wie oben. 7 gleiche Kultur nach der gleichen
Methode; helle Stellen Plasmolyse? 8 Typhus, ca. 4 Monate auf Pfaublau, ebenfalls
nach GiemBa gefarbt.
• Nachdruck verboten.
Der Paratyphusbacillus (Typus B) als Eiterungserreger.
[Hygienisches und bakteriologisches Institut StraBburg i. E.
(Vorstand: Prof. Dr. Forster).]
Von Dr. K. Aoki, Assistenten am Institut.
Die pathologische Bedeutung der Paratyphusbacillen erschopft sich
nicht darin, eine Erkrankung hervorzurufen, welche entweder typhus-
ahnliche Oder gastroenteritische Symptome zeigt. Sie konnen vielmehr
gelegentlich auch als Erreger von Eiterungen ihre Wirksamkeit entfalten.
Im Jahre 1896 beschrieben zuerst A chard und Bensaude (1) einen
durch diese Mikroorganismen verursachten Fall von Gelenkeiterung. Im
nachsten Jahre konnte Widal (2) aus dem Eiter eines Halsabscesses
Paratyphusbacillen zQchten. Cushing (3) beobachtete einen Fall von
Osteomyelitis der 6. Rippe, als deren Erreger Paratyphusbakterien an-
gesprochen werden muBten. Als Komplikation bei Paratyphus beschrieb
Johnston (4) verschiedene Eiterungsprozesse (Arthritis, Myositis, Phle¬
bitis), ferner Pratt (5) Orchitis suppurativa, Cholelithiasis und Phlebitis.
Kranepuhl (6) sah eine Paratyphuserkrankung, bei welcher der Patient
so heftige Diarrhoen hatte, daB der Wasserverlust durch Kochsalz-
infusion ersetzt werden muBte. Die Impfstelle vereiterte daraufhin; im
Eiter wurden Paratyphusbacillen (B) nachgewiesen. Bei der Kieler
Epidemie beobachtete Fischer (7) als Komplikation auch verschiedene
Eiterungsprozesse (Phlegmone, Lungenabscefi, Keratitis ulcerosa und
Otitis media). In einem Falle trat sogar erst in der 8. Woche der
Rekonvaleszenz eine Periostitis suppurativa paratyphosa auf; das Blut
des Patienten agglutinierte die Paratyphusbacillen bis 1: 600. Ferner
teilte Buchholz (8) einen Fall von prim&rer Periproktitis und Mastoi¬
ditis mit. Eine von Bushnell(9) beschriebene Periostitis kam in der
5. Woche der Rekonvaleszenz nach einem Paratyphus, dessen Ursache
in schlechter Nahrung gesucht werden muBte, zum Ausbruch. Einen
merkwiirdigen Fall beobachteten Lesnb und Dreyfuss (10). Es
handelte sich um einen AbsceB in der Inguinalgegend, der klinisch
tuberkulos aussah. In dem Eiter fanden sich Mikroorganismen aus der
Gruppe der Paratyphusbacillen. Eine sehr interessante Beobachtung
wurde von Dieterlen (11) bei einem Meerschweinchen gemacht, dessen
Milz tuberkulose Veranderungen aufwies. In den Knotchen lieBen sich
Paratyphusbacillen (Typus B) nachweisen. Auch Kiister (12) beschreibt
zwei Eiterungsprozesse, die durch die Schottmullerschen Mikro¬
organismen hervorgerufen waren. In dem einen Falle handelte es sich
um eine Epididymitis. Angeblich bekam der Patient, der an chronischer
Gonorrhoe litt, nach dem GenuB von verdorbener Wurst profuse Diar-
rhben; 14 Tage sp&ter bemerkte er eine schmerzhafte Anschwellung an
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n / .5:/
('miivUiiii V f. hnht'W,
P V.'eise U1h , Jr-id
•von Gustav Fischer in .letia
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Aoki, Der Paratyphysbacillus (Typus B) als Eiterungserreger.
209
dem linken Hoden. Im zweiten Falle handelte es sich um eine im
AnschluB an eine influenzaartige Erkrankung entstandene Otitis media,
deren bakteriologische Untersuchung Paratyphusbacillen im Eiter ergab.
Bin gel (13) berichtet liber einen Fall von LungenabsceB, welcher in
die Bronchien durchgebrochen war und heilte. In dem Sputum fanden
sich reichlich Paratyphusbacillen (Typus B), wShrend Urin und Faeces
frei von diesen Mikroorganismen waren. Shibayama undOwada(14)
gelang es, die Bacillen in dem Eiter eines Pyothorax zu finden, der im
AnschluB an eine SchuBwunde entstanden war. Eine durch Paratyphus-
bakterien verursachte Gallenblaseneiterung beobachtete Lovey (15). Der
Patient, welcher vor 2 Jahren Typhus durchgemacht und vor 2 Monaten
an heftigem Durchfall gelitten hatte, war von einem Kolikanfall heim-
gesucht worden. Durch die Operation und bakteriologische Unter¬
suchung wurde festgestellt, daB es sich um eine Cholecystitis paratyphosa
mitGallensteinen handelte. Evers und M11 hlens (16) teilen auch einen
Fall von Cholecystitis paratyphosa mit. In der bakteriologischen Anstalt
fiir UnterelsaB wurden vom Jahre 1907—1909 im ganzen 6 Falle von Gallen-
blasenerkrankung beobachtet, bei der die bakteriologische Untersuchung
die Anwesenheit von Paratyphusbacillen ergab. Mar us (17) gab an,
daB ein Patient angeblich im AnschluB an eine Influenza Otitis media
bekam und im Eiter Paratyphusbacillen nachgewiesen wurden. In einem
anderen Falle zeigte der Kranke wiihrend einer chronischen Ohreneiterung
mit Cholesteatom cerebrale Symptome im HirnabsceBeiter und im Blut
wurden ebenfalls die Paratyphusmikroben gefunden.
Diesen Erfahrungen schlieBt sich eine Beobachtung an, welche in
dem hiesigen Institut gemacht wurde. Es handelte sich um den Befund
von Paratyphusbacillen in dem Eiter aus einem osteomyelitischen AbsceB.
Krankengeschichte.
Name: S. G., 1 Jahr alt. 29. Nov. 1909 aufgenommen.
Anamnese: Der Patient wurde mittels der Zange geboreu; infoldedessen war sein
linker Arm die ersten 3 Wochen nach der Geburt gelannit. Im ubn^en hat sich das
Kind in befriedigender Weise entwickelt. Es wurde immer mit Milch, welche im
Soxlethschen Apparat steriliaiert worden war, und mit gekochten Schleimsuppen ge-
nahrt. Die Darmfunktion war gewohnlich gut, nur nach gelegentlichem GenuB von
Wurst stellten sich Durchfalle ein. Etwa lOTage vor der Aufnanme in die Klinik fiel
es der Mutter auf, daB das bis dahin muntere Kind seinen linken Arm auffallig steif
hielt und nicht mehr bewegte. Bei der naheren Untersuchung ergab sich eine Schwellung
und Schmerzhaftigkeit an der linken Schulter. Die Eltern waren niemals fieberhatt
erkrankt gewesen. Naehtraglich wurde erziihlt, daB der Patient vor mehreren Wochen
aus dem Stuhl auf die linke Schulter gefallen ware, wobei es indes keine besondere Ver-
letzung davongetragen hatte.
Status: Kraftiges, gut geniihrtes, wohlgebildetes Kind, jzesundes Auseehen. Tempe-
ratur 37,6°. Innere Organe sind intakt. Linke Schulter in toto verdickt. Kontureu
verschwunden. Palpation sehr schmerzhaft. Eine Abnormitat des Skelettes nicht fest-
zustellen. Die Schwellung beschrankt sich auf die Gegend des Humeruskopfes, von
hier aus aJlseitig allmahlich abfallend. Der Humeruskopf an der richtigen Stelle,
Humerusachse normal verlaufend. Vollige Fixations- und Adduktionsstellung, passiv
f elingrt es, geringe einmalige Bewegungen, und zwar unter groBen Schmerzen, auszufiihren.
)ie Haut wenig gerotet. Rontgenplatte ergibt normales Skelett.
Verlauf: Inzision am 4. Dez. 1909; es wurde Eiter gefunden. Nach der Inzision
gpng die Anschwellung allmahlich zuriick, das Fieber sank; die Sekretion verminderte
sich, so daB der Arm des Kindes wieder hergestellt wurde.
Aus der am 4. Dez. 1909 von der chirurgischen Klinik zur Unter¬
suchung eingesandten Eiterprobe lieBen sich auf Niihragar zahlreiche
Bakterien isolieren, die zwecks Identifizierung auf verschiedenen Niihr-
bQden weitergezfichtet wurden. Gelatine wurde nicht verflflssigt, Milch
nicht zur Gerinnung gebracht, Traubenzuckerbouillon wurde vergoren,
Erste Abt. Orig. Bd. 55. fleft 3. 14
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
in der Lackmusmolke anfangs Saure, nachher Alkali gebildet. Auf Kar-
toffel entstand ein dicker, feuckter, gelbbraunlicher Belag. Auf der
En do -Platte wuchsen die Bakterien farblos und typhusahnlich, aber
etwas iippiger, als die Ebertschen Stabchen. Sie waren sehr stark
beweglich, nach Gram nicht farbbar, und wurden von einem hoch*
wertigen Paratyphusimmunserum bis zur Titergrenze (1:100000) agglu-
tiniert. Die Mikroben waren deranach als Paratypkusbacillen (Typus B)
anzusprechen. Die Pathogenitat der Kultur war so stark, dafi Vsoo Oese
(1,8 eg) hinreichte, eine Maus bei intraperitonealer Impfung innerhalb
30 Stunden zu toten.
Wie kam die Infektion in diesem Falle zustande? Der Uahr alte
Kranke hatte niemals an fieberhaften Krankheiten gelitten. Die Eltern
batten auch ebenfalls niemals eine typhusahnliche Erkrankung durch-
gemacht. Wenigstens wurden die Paratyphusmikroorganismen bei der
Mutter in der Zeit, wo das Kind krank war, nicht gefunden. Wenn man
die weite Verbreitung dieser Mikrobenart beriicksichtigt, so leuchtet es
eiu, daB zu einer Infektion mit dieseu Mikroorganismen immer Gelegen-
heit vorhanden ist. In diesem Falle lieB sich anamnestisch feststellen,
daB das Kind mit Milch, welche angeblich im Soxlethschen Apparat
sterilisiert worden war, und mit Schleimsuppen genahrt wurde. Gelegent-
lich erhielt es auch ein kleines Stuck Wurst, worauf die sonst normale
Darmfunktion gestort wurde. Nach den Untersuchungen von Uhlen-
huth (20) und Hiibener scheint die Moglichkeit nicht haufig zu sein,
daB die Paratyphusbacillen mit der Milch in den Organismus gelangen.
Dagegen konnen sie in der Wurst gar nicht selten nachgewiesen worden.
Rommeler (18, 19) fand in Wiirsten verschiedener Herkunft in 16Proz.,
Hiibener in 6 Proz. diese Sch ottmtillerschen Mikroorganismen.
Rimpau (18) gelang es, sie in einer einwaudfreien Leberwurst zu fiuden.
Im Fleisch gesunder Tiere befinden sie sich ebenfalls gar nicht selten,
wie Conradi (19) und Uhlenhuth (20) nachweisen konnten. Ange-
sichts dieser Tatsachen scheint der SchluB nicht von der Hand zu weisen
zu sein, daB der Kranke die Krankheitserreger durch infizierte Wurst
aufgenommen hatte.
Die einmal in den Organismus eingedrungenen Mikroorganismen
wirken nun nicht immer pathogen, sondern konnen als Saprophyten im
Korper sich aufhalten und von ihm ohne nachteilige Folgen ausgeschieden
werden. Conradi (18), Gaehtgens (18), Rimpau (18), Matthes (18)
und Gundloch (18) gelang es, die Mikroorganismen bei gesunden
Menschen mehrfach zu linden. Hiibener (20) kounte in einer Wurst,
die er und seine Familie, ohne zu erkranken, genossen hatten, Para¬
typhusbacillen nachweisen. Der sehr interessante, experimentelle Ver-
such von Conradi (19) zeigt schlieBlich, daB diese Mikroorganismen
tats&chlich durch Nahrungsmittel in den Korper hineingelangen und hier
lange Zeit als Saprophyten bleiben konnen. Er untersuchte in einer
Ortschaft, die er seit 4V 2 Jahren als paratyphusfrei kannte, die Exkrete
einer 5-kOpfigen Familie 3 Tage hintereinander ohne Resultat. Am 4. Tage
nahm die Familie eine aus rohem Hackfleisch bestehende Mittags- und
Abendmahlzeit ein. Am Tage darauf fanden sich bei der Mutter in den
Faeces, bei dem Sohne im Urin Paratyphusbacillen (Typus B); nach
weiteren 4 Tagen wurden sie sogar im Blut der Mutter mittels Gallen-
anreicherung nachgewiesen. Aufierdem fanden sie sich in einer Probe
des von der Familie genossenen Hackfleisches. Diese saprophytische
Vegetationsform kann sich unter Umstanden, welche wir noch nicht
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Aoki, Der Paratyphusbacillus (Typus B) als Eiterungaerreger.
211
kennen, in eine pathogene Form umwandeln. Bei unserem Eiterungs-
prozesse scheint auch ein Hilfsmoment, durch das die Resistenz des
Organismus herabgesetzt worden war, eine wichtige Rolle gespielt zu
haben, wie es auch Kranepuhl (6), K us ter (12) und Hess (21) er-
fuhren. In unserem Falle von Osteomyelitis konnen wir auch ein
solches begiinstigendes Moment anamnestisch feststellen, namlich den
Sturz des Kindes vor der Erkrankung auf die Schulter, die allerdings
keine sichtbare Verletzung zur Folge hatte. Dieses Trauma konnte
schon hinreichen, die Gewebe mehr oder minder zu schadigen und ilire
Resistenz gegen die Mikroorganismen, die zufallig als Saprophyten mit
der Nahrung in den Korper eingedrungen waren, herabzusetzen.
Es ist demnach die Annahme gerechtfertigt, daB die mit der verun-
reinigten Speise aufgeuommenen und im Korper saprophytisch kreisenden
Paratyphusbacillen infolge des Traumas giinstige Bedingungen fiir ihre
Weiterentwickelung fanden und die Osteomyelitis verursachen konnten.
Literatur.
1) Achard et Bensaude, Infections paratyphoidiques. (Bull, et M6m. de la Soc.
m<5d. des Hop. de Paris. Vol. 13. 189b. p. 820.)
2) Widal, Hem. mdd. 1897. p. 333.
3) Cushing, A comparative study of some numbers of a paratyphic group of bacilli
of the Hogcholera or Bacillus enteritidis (Gartner) typus, intestinale between the
typhus and colon groups. (Bull, of Johns Hopkins Hospital. 1900. p. 156.)
4) Johnston, Paratyphus fever; report of four cases; Analysis all reported cases.
(Amer. Journ. of medical Scienc. Vol. 124. 1902. p. 187.)
5) Pratt, On the paratyphoid fever and its complications. (Boston med. and surg.
Journ. 1903.)
6) Kranepuhl, AbsceSbildung durch den Paratyphusbacillus B. (Miinchn. med.
Wochenschr. 1905. No. 28.)
7) Fischer, Untersuchung liber den Unterleibstypus in Schleswig-Holstein. (Klin.
Jahrb. 1906. p. 61.)
8) Buchholz, Med. Klinik. 1907. p. 142.
9) Bushnell, Abscess of bone caused by an intestinale bacillus B allied to B. para-
typhus. (Bull, of the Johns Hopkins Hospital. 1908. p. 44.)
10) Lesnh et Dreyfuss, Un cas d’abscfcs in inguinale & bacilles paratyphiques.
(Compt. rend. hebd. des stSanc. et M^moires de la soc. de biol. 1907. p. 1210.)
11) L)ieterlen, Ueber Pseudotuberkulose bei Meerschweinchen, verursacht durch den
Paratyphusbacillus B. (Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. 30. 1909. p. 429.)
12) Kiister, Jahresbericht fiber die Tiitigkeit des Untersuchungsamtes in Freiburg i. B.
(Hyg. Rundsch. 1908. No. 7.)
13) Bingel, Beitrage zur Kasuistik der Paratyphusinfektion. (Miinchn. med. Wochen-
schrift. 1909. No. 28.)
14) Shibayama u. Owada, Ein Fall von durch den Paratyphusbacillus hervor-
gerufenen Pyothorax. (Sai-Kin-Gaku. Zashi. 1906. No. 126.)
15) Lovey, Ueber ein Fall Cholecystitis paratyphosa. (Mfiuchn. med. Wochenschr.
1908. p. 15.)
16) Evers u. Miihlens, Cholelithiasis paratyphosa und Paratyphuserkrankung; ein
Beitrag zur Frage der Bacillentrager. (Dtsche militararztl. Zeitschr. 1909. Heft 9.)
17) Marum, Ueber das Vorkoramen von Paratyphusbacillus B bei Otitis media. (Arch,
f. Ohrenheilk. Bd. 78. 1908.)
18) Gaehtgens, Ueber das Vorkommen des Paratyphusbacillus im Wasser. (Arb. a.
d. Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. 30. 1909. Heft 3.)
19) Conradi, Originalbericht fiber die 3. Tagung der freien Vereinigung ffir Mikro-
biologie in Wien. (Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 44. p. 47.)
20) Uhlenhuth, Ibid.
21) Hess, Der Typhusbacillus als Eitererreger. (Miinchn. med. Wochenschr. 1910.
No. 5.)
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212
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Naclidruck verboten.
Zur Frage liber den Flecktyphuserreger.
Von Privatdozent W. Prcdtjetschensky,
Vorsteher der propiideutischen Klinik der Medizinischen Frauenhochsehule zu Moskau.
Hit 1 Tafel.
Man hatte schon im voraus annehmen konnen, daB der Erreger des
Flecktyphus mindestens wahrend einer bestimmten Periode der Krank-
heit im peripherischen Blute der Flecktyphuskranken enthalten ist. Daher
wandten auch beinahe alle, die sich mit der Frage befaBten, dem Blute
ihre Aufmerksamkeit zu. Mit Blutuntersuchungen begann auch ich mein
Studium der Frage fiber den Flecktyphuserreger wahrend der Flecktyphus-
epidemie, die im Frfihjahr 1909 zu Moskau wtitete.
Bei diesen Untersuchungen entschloB ich mich, die bereits mehr-
mals dazu angewandte Zentrifugalkraft zu verwenden, und zw r ar in einer
besonderen von mir entworfenen Modifikation, welche darin besteht, daB
man von einer verhaltnismaBig groBen Quantitat des Blutes eines Fleck¬
typhuskranken zuerst die schwersten morphologischen Bestandteile, die
roten und weiBen Blutkorperchen, durch Zentrifugieren entfernt und die
erhaltene trfibe Flfissigkeit dann einer dauernden stfirkeren Zentrifugierung
unterwirft, urn die leichtesten der im Blute zirkulierenden Elemente in
Form eines geringen Niederschlages auszuscheiden, in dem auch die
Mikroorganismen enthalten sein mfissen, falls solche im Blute des be-
treffenden Kranken vorhanden sind.
Die Untersuchungsmethodik war kurz folgende: Aus einem tiefen
Einstiche wird das Blut in das zu Engels Alkalimeter gehorige groBe
Mischrohrchen gesammelt und daselbst mit physiologischer Kochsalz-
losung verdfinnt, die eine Beimischung von 0,2 Proz. Ammoniumoxalat
enthalt, urn dem Gerinnen des Blutes vorzubeugen. Nun blast man die
Mischung in ein Zentrifugenglaschen und zentrifugiert. Ist nun der
groBere Teil der roten und weiBen Blutkorperchen zu Boden gesunken,
so entfernt man mittels eines Saugrohrchens die fiber dem Niederschlage
sich befindende trfibe Flfissigkeit in ein anderes reines Glaschen und
zentrifugiert nun abermals, und zwar dieses Mai starker und langer.
Hierbei bildet sich am Boden des Glaschens ein geringer rotlicher Nieder-
schlag, fiber welchem sich nunmehr eine vollkommen klare Flfissigkeit
befindet; letztere wird entfernt. Von dem Niederschlage aber bereitet
man Prfiparate in Form dfinner Ausstriche, die nun auf dieselbe Weise
fixiert und gefarbt werden, wie die Blutausstriche.
Bei Giemsa-Ffirbung sieht man an solchen Prfiparaten mit dem
Mikroskop sowohl rote und weiBe Blutkfirperchen als auch eine riesige
Menge von Bizzozero-Plattchen. Auch Mikroorganismen sind an
solchen Praparaten sichtbar, sofern solche im Blute des Kranken vor¬
handen waren.
Selbstredend wird die Verdfinnungsflfissigkeit vor der Anwendung
mehrmals filtriert und ebenso wie die Nahrboden sterilisiert; Saugrohr-
chen und Zentrifugenglaschen werden zuerst sorgfaltig mit destilliertem
Wasser und schlieBlich mit der erwahnten Verdfinnungsflfissigkeit ab-
gespfilt.
Unter Anwendung dieser Methode gelang es mir, in den Ausstrichen
des Blutes, welches ich den Flecktyphuskranken des II. stadtischen und
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Predtjetschensky, Zur Frage iiber den Flecktyphuserreger.
213
des Sokolnitzschen Krankenhauses entnahm, beinahe jedesmal die An-
wesenheit eines und desselben Mikroorganismus festzustellen. Es war
ein Stabchen mit abgerundeten Enden und rait einer helleren raittleren
Zone. Auf den ersten Blick hatte man den Eindruck gewinnen konnen,
als sei es ein Diplococcus, doch erwies die aufmerksamere Beobachtung
einer ansehnlichen Menge von Praparaten, die von 50 Flecktyphuskranken
stamraten, daB es ein Stabchen ist, welches ofter einzeln als haufenweise
daliegt, wobei die Form dieses Stabchens vielfache Aenderungen auf-
weist, eine ganze Reihe Uebergangsformen zwischen der eines deutlichen
Stabchens von einer gewissen Lange und der Kreisform eines Coccus.
Um dera Einwande vorzubeugen, es handele sich hier um eine zufallige
Verunreinigung durch Mikroorganismen von auBen her, wurde die Losung
raehrmals frisch bereitet, alle GefaBe und Instrumente wurden sorgfaltig
mit sterilem und raehrmals filtriertem destillierten Wasser ausgespiilt,
und es fand sich stets in den Ausstrichen des Blutes vou Flecktyphus¬
kranken ein und derselbe oben beschriebene Mikroorganismus. In
einigen besonders schweren Fallen waren auBer diesem noch hier und
und da Kokken und langere Stabchen vorhanden, jedoch nur hbchst
selten und ausgesprochen zufallig. Als bestandig vorhanden konnte nur
das erwahnte Stabchen nachgewiesen werden.
Zu gleicher Zeit entnahm ich Blutproben auch von Variola, Schar-
lach- und Masernkranken, und konnte in keiner derselben das erwahnte
Stabchen vorfinden.
Die bestandige Anwesenheit des oben beschriebenen Stabchens im
Blute der Flecktyphuskranken und das vollstandige Fehlen desselben im
Blute der anderen Kranken lieB mich annehmen, daB diesem Stabchen
eine atiologische Bedeutung fur den Flecktyphus zukommt.
Um nun jede Moglichkeit einer Verunreinigung auszuschlieBen und
zugleich meine im Fruhjahre 1909 angestellten Beobachtungen einer neuen
Priifung zu unterwerfen, entschloB ich mich im Dezember desselben Jahres,
als die Flecktyphusepidemie in Moskau von neuem zu wiiten begann,
das Blut aus den Venen zu entnehmen, was mir auch der Umstand er-
moglichte, daB die Flecktyphusabteilung des II. stadtischen Kranken¬
hauses sich in unmittelbarer Nahe von der Klinik befand, an welcher ich
als Vorsteher tatig war. Dazu wurde der Oberarm des Patienten durch
eine Gazebinde fest zugeschniirt, die Haut um die Plica cubiti sorgfaltig
zuerst rait Spiritus, dann mit Aether gewaschen, und schlieBlich mit
Jodtinktur bestrichen; aus der geschwollenen’Vene wurde das Blut mittels
einer sterilisierten 5 ccm - L u e r - Spritze entnommen und sofort in ein
Zentrifugengiaschen gebracht, welches zuvor sorgfaltig sterilisiert war
und die oben bereits erwahnte Verdunnungsfliissigkeit enthielt (physiolog.
Kochsalzlosung -f 0,2 Proz. Aramoniumoxalat).
Unter Anwendung dieser Untersuchungsmethodik sah ich ausnahms-
los jedesmal an den gefarbten Ausstrichen ein und dasselbe Stabchen,
welches ich friiher gefunden hatte, immer wieder. Die fortschreitende
technische Uebung erschloB mir sogar die Moglichkeit, unter Anwendung
einer groBeren Menge von Blut tiberaus demonstrative Praparate herzu-
stellen, wo das erwahnte Stabchen massenhaft, haufenweise zu selien
war, als ware es eine Reinkultur (s. Photogr. No. 1).
Bei diesen Untersuchungen bemerkte ich bald, daB die Anzahl der
im Ausstriche vorhandenen Stabchen nicht nur von der Technik, sondern
auch von der Krankheitsperiode abhangt, wahrend welcher das Blut ent¬
nommen war. Das zwischen dem 6. und 9. Tage der Krankheit ent-
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214
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
nommene Venenblut lieferte die am meisten demonstrativen Praparate.
Dagegen war sowohl zu Anfang der Krankheit, als auch gegen Ende der-
selben die Zahl der Stabchen geringer. Doch fand ich, wie bereits er-
wahnt, stets und ausnahmslos bei aufmerksamer Untersuchung mehrerer
Praparate im Blute eines jeden FJecktyphuskranken einzelne Exemplare
dieses Stabchens.
Die Tatsache, daB im Blute der Flecktyphuskranken immer ein und
dasselbe Stabchen zu finden ist, unter gewissen Verhaltnissen sogar in
solcher Fiille, daB es den Anschein hat, als ware es eine Reinkultur,
veranlaBte mich denn auch, dieses Stabchen auf verschiedene Nahrboden
zu saen, um es geSondert in Reinkultur zu erhalten.
Solange ich aber zu diesem Zwecke das aus der Fingerkuppe ent-
nommene Blut auf die allgemein iibliche Weise in Reagensglaschen mit
etwas Bouillon, Agar und anderen Nahrbbden sate, erhielt ich dieselben
unbestimmten Resultate wie meine Vorganger, die sich mit der Unter¬
suchung des Blutes der Flecktyphuskranken befaBten. Als ich aber dazu
eine groBere Quantitat des aus der Armvene, meist zwisclien dem 6.
und 9. Tage der Krankheit entnommenen Blutes zu verwenden begann
und dasselbe in grofiere Flaschen mit etwa 200 ccm Bouillon sate, er¬
hielt ich stets die Reinkultur ein und desselben Stabchens,
welches in keiner seiner mikroskopischen Eigenschaften sich von dem an
trockenen Praparaten konstatierten unterschied. Von einem und dem-
selben Kranken entnahm ich mehrmals alle 2 Tage eine Blutprobe, und
das Resultat blieb das gleiche.
Die Resultate der 46 Untersuchungen des Blutes bei 38 Flecktyphus¬
kranken, fiber welche ich zurzeit verfuge, bei denen das Blut ausschlieB-
lich den Venen entnommen wurde, erlauben es mir, folgende Behauptung
zu auBern:
Nimmt man 2 — 5 ccm Venenblut von einem Fleck¬
typhuskranken zwischen dem 6. und 9. Tage der Krank¬
heit und sat es in eine Flasche mit 200 ccm Bouillon, so
erhait man in einer uberwiegend groBen Anzahl von
Fallen am nachsten oder am dritten Tage die Reinkultur
immer ein und desselben Stabchens, welches alle weiter
unten geschilderten Eigenschaften besitzt, und dem,
meiner Anschauung nach, eine atiologische Bedeutung
ftir den Flecktyphus zukommt.
Hierbei wachst in manchen Fallen die Stabchenkultur deutlich be-
merkbar schon am anderen Tage und triibt diffus die Bouillon, in anderen
Fallen wachst sie schwacher und langsam in Form von graulichen
Klumpen, die sich iiber der Blutschicht lagern, und man ist dann genbtigt,
wahrend 3—5 Tagen die Flasche, ohne sie zu offnen, tuchtig zu schiitteln,
ehe man die Bouillon diffus getriibt sieht und ein deutliches Wachstum
des Stabchens vor sich hat, das nunmehr die Fahigkeit aufweist, sich auf
anderen Nahrboden fortzupflanzen.
Das morphologische AeuBere und die hauptsachlichsten biologischen
Eigenschaften dieses Stabchens sind folgende: Es ist ein ziemlich dickes,
aber sehr kurzes Stabchen mit abgerundeten Enden. Dem Bestande des
Nahrbodens und der Ziichtungsdauer entsprechend, nimmt es verschiedene
Formen an: Auf Schragagar gezfichtet, erscheint es am meisten kurz und
dflnn; hier hat es beinahe die Form eines Diplococcus (Photogr. No. 2).
Auf Bouillon enthait man dickere und langere Stabchen. Sehr leicht
und schnell bilden sich Involutionsforraen, wie z. B. eine Ovoidform
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CentraIbl. f. Bakteriol. Aht. 1. Orig. Bd. 55.
Fig. 2.
Fig. 1.
Fig. 3.
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Predtjetachenaky , Fleckf;/i>huserre(jer.
Fig. 5.
Fig. 4.
Fig. 6.
Fischer in Jena.
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Predtjetschinsky, Zur Frage iiber den Flecktyphuserreger. 215
mit zugespitztem Ende, die einer Kugel, manchmal eines langeren Zapfens
(Photogr. No. 3). In manchen Fallen zeigt die Bouillonkultur eine Masse
von .langeren Ivetten, die aus dicken und kurzen Diplobacillen bestehen
(Photogr. No. 4). Alle diese Formen weisen die charakteristische sogenannte
Polfarbung auf. Nach Gram farbt sich das Stabchen nicht; es weist
ferner weder aktive Bewegung noch Cilien oder Flagellen auf. Wachst
gut auf alien Nahrboden. Die Bouillon wird energisch getrtibt, wobei
sich am Boden des Glases ein umfangreicher graulicher Niederschlag
bildet, der anfangs locker erscheint, sich aber sptiter in eine dick-
Hjissige Masse verwandelt, die sich nicht leicht umrtihren laBt. In einigen
Kulturen bildet sich iiber der Bouillon eine lockere, dtinne Schicht, die
beim Schtitteln der Flasche leicht zu Boden failt. Die Milch gerinnt
langsam, erst am 3. oder am 4. Tage. Gelatine wird nicht verfliissigt.
Auf Schragagar erhalt man iippiges Wachstum in Form einer glanzenden,
graulich-weiBen Schicht; Agarkondensationswasser verwandelt sich in eine
vollkommen trtibe, klebrige Masse. Auf Agargelatine wachst das Stabchen
ktimmerlich der Einstichlinie entlang. Auf Kartoffelschnitten erhalt man
eine ziemlich dichte, mattgraue Schicht, ohne daB sich die Gase in
Blasen ausscheiden; spater nimmt diese Schicht eine braunlich - graue
Farbe an. Auf traubenzuckerhaltiger Bouillon bildet es keine Gase, ver¬
wandelt aber die alkalische Reaktion in eine deutlich sauere. Die
Bouillonkultur gibt keine Indolreaktion. Nahragar nach Con rad i und
Dr i gal ski gibt tippige Kolonieen von blauer Farbe, die erst nach
3 Tagen am Rande eine hellrosa Farbe aufweisen. Desgleichen gibt der
Padlewsky-Nahrboden mit Malachitgriin goldgelbe Kolonieen, die erst
nach 3—4 Tagen eine deutlich sichtbare grime Farbe annehmen. Auf
OmeLj an ski-Nahrboden gibt die Kultur des Stabchens eine allmahlich,
langsam zutage tretende rote Farbung ohne Gasentwickelung.
Die Agglutinationsversuche ergaben folgende Resultate: Das Blut-
serum der Personen, die den Flecktyphus tiberstanden hatten (5—15 Tage,
nachdem die Temperatur gefallen), agglutinierte die Reinkultur des Stab¬
chens in einer Verdtinnung von 1:10 innerhalb 1 Stunde, in der Ver¬
dtinnung von 1:20 in 2 Stunden und in der Verdtinnung 1 :40 erst in
4 Stunden. Weitere Verdiinnungen des Blutserums agglutinierten die
Reinkultur des Stabchens nicht mehr, selbst in 24 Stunden nicht. Parallel
wurden Versuche gemacht mit dein Blutserum von Personen, die den
Unterleibstyphus oder Rekurrens tiberstanden hatten: Die Agglutination
trat nicht ein, selbt wenn ein solches Serum sogar in einer Verdtinnung
von 1:10 voile 24 Stunden auf die Stabchenkultur einwirkte. Opsonischer
Index = 1,3.
Bei Impfungen hat sich die Reinkultur des von mir nachgewiesenen
Stabchens ftir Mtiuse, Kaninchen und Meerschweinchen als virulent er-
wiesen. GroBe Quantitaten des Impfmaterials toteten die Tiere innerhalb
der ersten 24 Stunden, wobei in der Leber und in der Milz, bei Mausen
auch im Blute eine riesige Menge der von mir entdeckten Stabchen sich
vorfand (Photogr. No. 5). Kleinere Quantitaten des Impfmaterials riefen
einen krankhaften Zustand hervor, der bei Kaninchen und Meerschwein¬
chen ein standiges Fieber bedingte (bis 41 0 C) ohne jegliche Lokal-
erscheinungen, oder mit Eiterung der Impfstelle. An den Ausstrichen
aus den Organen der Tiere erscheint das Stabchen von einer deutlich
sichtbaren Kapsel umgcben.
Ein Mikroorganismus, der alle diese morphologischen und biologischen
Eigenschaften besitzt, ist, soviel ich weiB, bis heute noch von niemandem
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216
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
beschrieben worden. Es ist ein ganz eigenartiges St&bchen, das einer-
seits an das Peststabchens erinnert, andererseits wiederum gewisse Eigen-
schaften aufweist, die es der Kapselbacillengruppe, Bacillus mucosus
capsulatus Fricke, nahestellen.
Durch meine Untersuchungen ist es erwiesen, daB das von mir ent-
deckte Stabchen sich ira Blute der Flecktyphuskranken in einer verhalt-
nismaBig geringen Menge befindet, die aber zwischen dem 6. und dem
9. Tage der Krankheit erheblich zuniimnt. Dieser Urastand ist es, der
uns dazu notigt, eine moglichst groBe Quantitat des Blutes, und zwar
am 6. oder 7. Tage der Krankheit zu entnehmen, urn sie auf Nahrboden
zu saen. Andererseits iibt wiederum das Blut des Kranken auf das
Wachstum des Stabchens einen hindernden EinfluB aus, und um den-
selben zu vermeiden, ist man genotigt, eine groBere Quantitat Bouillon,
etwa 200 ccm, zu verwenden.
Folgender Versucli veranschaulicht diese Tatsache: Einem zweifellos
Flecktyphuskranken wurden am 7. Tage der Krankheit 5 ccm Blut aus
der Armvene entnominen. Davon wurde 1 ccm nach meiner Methode
zu Ausstrichen verarbeitet, die ubrigen 4 ccm wurden in 4 Reagens¬
glaschen init Bouillon gesat — also 1 ccm Blut in jedes Reagensglaschen.
Die Ausstriche boten das bereits geschilderte Bild des Stabchens. Von
den 4 Reagensglaschen aber blieben 3 vollkommen steril, das vierte bot
ein dermaBen kiimmerliches Wachstum des Stabchens, daB die Versuche,
den Inhalt auf andere Medien zu verimpfen, vollstandig erfolglos blieben.
Am nachsten Tage wurden 4 ccm Blut von demselben Kranken in eine
groBere Flasche mit etwa 200 ccm Bouillon gesat, und das Resultat war
eine typische Kultur desselben Stabchens.
Daraus ist zu ersehen, daB man, um eine Reinkultur zu erhalten,
erstens ein groBere Quantitat Blut verwenden muB, und zweitens,
dieselbe einer groBeren Menge des aufnehmenden Mediums zuzu-
setzen ist.
Ferner konnte ich, wenn ich am 10.—14. Tage der Krankheit das
Venenblut entnahm und dessen groBeren Teil in eine Flasche mit 200 ccm
Bouillon sate, das iibrige Blut aber zu Ausstrichen verarbeitete, folgende
Tatsache konstatieren: Die Bouillon blieb vollkommen steril, wahrend in
den Ausstrichen deutlich die beschriebenen Stabchen zu sehen waren,
wenn auch nur in geringer Anzahl. Offenbar hatten diese Stabchen
bereits wahrend ihres Aufenthalts im Blute des Kranken ihre Fahigkeit,
sich auf den Nahrboden fortzupflanzen, eingebuBt.
Um also eine Reinkultur des von mir entdeckten Stabchens zu er¬
halten, bedarf es einer Reihe von MaBregeln.
Die Tatsache, daB es mir gelungen ist, aus dem Blute des Fleck¬
typhuskranken stets ein und dasselbe eigenartige Stabchen in Reinkultur
zu ziichten, kann ich nur der erfolgreichen Kombination dieser erwahnten
MaBregeln zuschreiben. Soweit mir bekannt, hat bis zur allerneuesten
Zeit noch niemand systematisch groBere Quantitaten des von einem
Flecktyphuskranken zwischen dem 6. und 9. Tage der Krankheit ent-
nommenen Venenblutes auf groBere Quantitaten von Bouillon gesat. Da-
her war es auch bis jetzt nicht gelungen, dermaBen bestandige und lehr-
reiche Resultate zu erzielen.
Bei Untersuchungen des Venenblutes anderer Kranken (Endocarditis
ulcerosa, Polyarthritis rheumatica acuta, Typhus abdom. u. a.), die unter
vollkommen identischen Verhaltnissen nach derselben Methode unter-
nommen wurden, wurde das beschriebeue Stabchen absolut niemals be-
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Predtjetschensky, Zur Frage iiber den Flecktyphueerreger.
217
obachtet; entweder blieb die Bouillon steril, Oder es wuchsen ganz andere
Mikroorganismen.
Besonders lehrreich war in dieser Beziehung folgender Fall: In der
Flecktyphusbaracke wurde am 7. Tage nach der Erkrankung ein Ivranker
untergebracht, der einen charakteristischen Flecktyphusausschlag aufwies.
5 ccm seines Venenblutes wurden in eine Flasche mit 200 ccm Bouillon
gesat. Schon am nUchsten Tage wurde iippiges Wachstum eines Stabchens
konstatiert, welches jedoch ganz anders erschien, als das oben beschriebene.
Es war niimlich aktiv beweglich und wies alle ubrigen Kennzeichen und
Merkmale des Eberthschen Unterleibstyphusstabchens auf. Das Blut-
serum dieses Kranken gab am 12. Tage nach der Erkrankung Widals
Reaktion, und die Krankheit verlief nun weiter als typischer Unterleibs-
typhus. Auf diese Weise war hier also das klinische Bild zu Anfang
der Krankheit dem Flecktyphus ahnlich, was auch den Uinstand
bedingte, daB der Patient in der Flecktyphusbaracke untergebracht
wurde, doch ergab die bakteriologische Untersuchung seines Blutes
das Vorhandensein des Eberthschen und nicht desjenigen Stab-
chens, welches ich aus dem Blute der Flecktyphuskranken zu ziichten
gewohnt war, was auch dem weiteren Verlaufe der Krankheit voll-
kommen entsprach.
Als ich mich bei meinen Untersuchungen des Blutes der Fleck¬
typhuskranken bereits auf ein deutlich positives Resultat stlitzen durfte,
versuchte ich auch, mein Stabchen in den Organen der an Flecktyphus
Verstorbenen zu suchen. Ich bereitete Ausstrichpr¶te aus Milz,
Leber und Lungen, sate auch das Herzblut auf 200 ccm Bouillon. Es
ergab sich folgendes: In den Ausstrichen aus den Organen fiudet sich
mein Stabchen in sehr geringer Anzahl, meist mit anderen Mikroorga¬
nismen untermengt. Daher war es auch sehr schwer, dasselbe dort
herauszufinden, so daB ich die Tatsache, daB ich es doch fand, nur dem
Umstande zuschreiben darf, daB mein Auge sich bereits an die 8uBeren
Kennzeichen und Merkmale des Stabchens geniigend gewohnt hatte, um
es inmitten der anderen Mikroorganismen leicht zu erkennen. Die Saat-
proben des Herzblutes zweier an Flecktyphus Verstorbenen ergaben ein
negatives Resultat.
Die Flecktyphuskranken leiden bekanntlich sehr oft an scharfem
Katarrh der Atmungswege. Dieser Umstand veranlaBte mich nach einem
grtindlichen Studitim der Eigenschaften meines Stabchens, das Sputum
der Flecktyphuskranken zu untersuchen. Ich sammelte also dasselbe
unter strenger Beachtung aller nbtigen MaBregeln, um es gegen zufallige
Verunreinigung zu schfitzen, bereitete Ausstrichpraparate, farbte sie mit
verdunntem Karbolfuchsin und sah eine bewunderungswiirdige Meuge
meiner Stabchen. Bei einigen Flecktyphuskranken boten die aus dem
ziehbaren, schleimigen Sputum bereiteten Ausstriche ein Bild, welches
lebhaft an eine Reinkultur meines Stabchens erinnerte (Photogr. No. 6).
Wurde ein solches Sputum auf Agar gegossen, so gab es auBerst leicht
eine gute Reinkultur des Stabchens.
Diese Tatsache erlaubt es mir, die Anschauung zu auBern, daB
moglicherweise das Sputum mit zu den Faktoren gehort., die die Fort-
pflanzung der Krankheit ermoglichen. Mit anderen Worten: Sind nicht
die Verbreitungswege des Flecktyphus mit denen des Milzbrandes, der
Pest und der vielen anderen Krankheiten identisch? Selbstredend muB
diese Frage erst durch weitere detailmaBige bakteriologische Unter¬
suchungen erortert werden. Desgleichen w8ren auch zahlreiche und ein-
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218
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
gehende Untersuchungen betreffs der Resultate, die man erhalt, wenn
man das Blut der Flecktyphuskranken auf Nahrboden sat, im hochsten
Grade erwiinscht.
Denn nur dann konnte die Frage, ob dem von mir gefundenen
Stabchen eine atiologische Bedeutung fur den Flecktyphus zukommt, end-
giiltig beantwortet werden.
Nachdruck verboten.
Recherches sur la presence de sang dans l’appareil
digestif de quelques parasites.
[Institut d’Hygidne et de Parasitologie de l’Universitd de Lausanne.]
Par B. Galli-Valerio et 0. de Bdlovodski.
Avec 1 figure.
Le role pathogdne des parasites qui se nourrissent de sang, est
trds important: Ils provoquent d’une fa^on directe des anomies, et ils
peuvent transmettre d’autres parasites. II est par consequent utile, de
disposer de mdthodes simples, rapides et sfires, pour pouvoir controler
si un parasite donnd se nourrit rdellement de sang. La chose est
d’autant plus importante que, comme un de nous l’a ddja fait remarquer 1 ),
on a accuse certains arthropodes d’inoculer des maladies k hematozoaires
ou 4 heraatophytes, sans avoir verifie si ces arthropodes se nourrissent
reellement de sang.
Si dans bien des cas, l’examen direct du contenu intestinal d’un
parasite, peut demontrer la presence de globules rouges du sang fraiche-
ment absorbe, dans la grande majorite des cas, il est ndcessaire d’appliquer
a cette recherche, les procddds appliquds au diagnostic des taches de
sang. Apres de nombreux essais, nous nous sommes decides pour deux
methodes:
1° La mdthode d’Einhorn 2 ) k papier de benzidine, que nous
avons appliqude surtout avec la modification proposee par Weinberger 3 ).
De petites listes de papier filtre etaient trempees, au moment de la
recherche, dans une solution saturee de benzidine de Merck dans l’acide
acdtique, et sechdes. On les trempait alors, dans la solution dans laquelle
on soupQonnait la presence de sang, et immediatement aprds, dans l’eau
oxygdnde 3%- La coloration bleu du papier submerge (celle des bords
et des extrdmitds non submergdes n’a pas de valeur), indiquait la
prdsence de sang. Avec le papier filtre que nous avons employd, nous
n’avons jamais obtdnu par ce procddd, la coloration bleu, si la solution
ne contenait pas de sang 4 ). La reaction dtait encore nette, avec des
dilutions de sang h 1:1000. Au debt de cette limite, les rdsultats etaient
incertains: A 1:10000, le papier se colorait faiblement au centre, un
peu plus sur les bords; & 1:100000 il n’y avait qu’une ldgdre coloration
bleu des bords, sans valeur pour le diagnostic. Du sang de Mus de-
1) Galli-Valerio, B., Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Ref. Bd. 39. 1907. p.625.
2) Deutsch. med. Wochenschr. 1907. No. 27.
3) Miinchen. med. Wochenschr. 1908. No. 49. p. 2538.
4) On peut cas 6ch6ant, ddbarrasser le papier des traces de fer, en le lavant a us
acides. (Bordas, Sem. m6d. 1910. p. 117.)
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Galli-Valerio et de B^lovodski, Presence de sang dans l’appareil digestif etc. 219
cum an us et de I’homme chauffe, aprfcs avoir 6t6 dess6ch6, & 130° et
150° pendant 1 / t h. dans l’6tuve it sec, a donn6 reaction positive. Dans
nos recherches, la methode d’Einhorn, a servi seulement comme
indicateur: Quand elle dtait positive, on passait it la recherche des
cristaux d’h^mochromogfene.
2° La methode de la recherche des cristaux d’hemo-
chromog&ne. Comme on sait, cette methode suivant la technique de
Lecha-Marzo 1 ) consiste a dvaporer sur un porte-objet le liquide dans
lequel on soupgonne la presence de sang et ky ajouter: une goutte d’eau
chlor6e (ou d’une solution aqueuse ou alcoolique de iode), une de pyridine
et une de sulfure d’ammonium. On couvre avec un couvre-objet, et s’il
y a du sang, on trouve au microscope des cristaux d’un rouge plus ou
moins vif, que Lecha-Marzo avait consider de chlor- ou iodhematine,
mais qui, comme Puppe et Kiirbitz ont d6montr6 2 ), ne sont que des
cristaux d’h^mochromog&ne. Ils les ont obt6nus, aussi en employant
seulement une goutte de pyridine et de sulfure d’ammonium. Aprfcs
quelques essais, nous avons supprime aussi l’eau chlor6e, et n’avons plus
employe que la pyridine et le sulfure d’ammonium. On 6vaporait sur
un porte-objet un peu de sang ou du liquide dans lequel on soupgonnait
sa presence, ou bien on y plagait un peu de poudre provenant d’une
tache dess6ch6e ou d’un parasite pulverise; on ajoutait une goutte de
pyridine et une de sulfure d’ammonium en couvrant avec un couvre-
objet. S’il y avait suffisamment de sang,
on notait d6j& k l’ceil nu, la presence de
petits points rouge-brillants, extreimement
caractdristiques. Au microscope, on trou-
vait alors les cristaux d’h6mochromog&ne,
isoies les uns des autres, en petits amas,
en etoiles, d’un rouge trbs intense, se dd-
tachant nettement sur des taches d’un rouge-
brillant, taches souvent entour6es d’une zone
jaune pale (fig. 1). Cette constatation, ne
r^clamait qu’un examen avec l’oc. 3 et l’obj. 3
de Leitz (gross. 80) et, tr£s rarement,
quand il y avait peu de cristaux, on le
completait avec l’obj. 7 (gross. 480). Qa
contrairement & ce que nous voyons affirm^,
par MNe. Tymschouk 3 ) qui les dit sur-
tout visibles par l’immersion.
Les cristaux d’h6mochromog&ne, palissaient et disparaissaient, dans
la majority des cas, trbs vite, si on laissait s6cher la preparation. Ils
se conservaient, au contraire, fort bien si on les plagait en glycerine,
et mieux encore dans la gelatine de Grtibler. Nous en gardons ainsi
de trfcs bien colores depuis 3 mois et 1 / 2 . L’affirmation de M lle . Tym¬
schouk 4 ) que cette methode presente le grand inconvenient
de ne fournir que des cristaux dont l’existence est
relativement courte (combien de temps?), ne nous semble done
1) Gazeta med. del sur de Espaiia. 1908. 5 d<5c.
2) Cit4« par Uhlenhuth et Weidanz, Praktische Anleitung zur Ausfiihrung
des biologischen Eiwei Bdi fferenzierungsverfahrens. Jena 1909. p. 33.
3) La reaction microcristallographique d’h^mochromogfene. [Thfese de Lausanne.1
1910. p. 16.
4) Travail cit6 p. 17.
a
Taehe de sang de l’homrae sur
fer rouillA
a Cristaux d’h^mochromogbne.
b Rouille.
(Oc. 3. ob. apoc. 4 mm. tube
170 mm. Ch. claire.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
pas avoir de valeur. Nous n’avons trouvd aucun avantage it chauffer
la preparation, ni ^ employer la modification proposde par De Domi¬
ni ci 1 2 ) qui consiste k remplacer le sulfure d’ammonium par une solution
aqueuse saturde de sulfate d’hydrazine, chauffant ensuite k la flamme k
coloration pourpre de la preparation. Contrairement k Robert et
Donogany, nous n’avons pas obtdnu de cristaux d’hdmochromogene,
en employant exclusivement la pyridine. La reaction des cristaux d’hemo¬
chromogene est tres sensible: Nous avons obtenu des cristaux, avec du
sang de l’homme dilud k 1:2000 (c. c. 0,05, 0,025, traces) et avec du
sang sec de Mus decumanus et de l’homme, chauffd dans l’etuve a
sec 1 h. i 120°, 1 / 2 h. k 130° et k 150°. Des cristaux, nous les avons
aussi obtenus, d’une solution de formaline 1 % dans laquelle avaient
sejournee des organes, de taches de sang lavdes au savon de marseille,
de taches de sang sur du vieux fer rouilld. La oil la reaction des cristaux
d’hemochromog6ne n’a pas reussi, la methode de Teichmann et ses
modifications (k l’acide iodhydrique, k l’acide propionique) ont dchoud
aussi. Avec Puppe et Kurbitz, nous considerons cette methode
corame la plus simple, pratique, rapide et sfire pour la recherche du
sang, et c’est justement pour $a que nous l’avons choisie pour nos
reclierches sur les parasites.
Nous sommes surs que tous ceux qui l’auront essayee, ne la con¬
siderons pas une methode peu commode it cause de l’emploi
de react if s k odeur ddsagrdable, comme 6crit M lle . Tym-
schouk, quand ces rdactifs sont si simples, si faciles a avoir et k
garder; ni ils trouveront non plus, comme MUe. Tymschouk affirme,
qu’on peut confondre les cristaux, quand il y en a peu, avec des
bacilles.
Void resumes dans un tableau, les rdsultats de l’application des
mdthodes au papier de benzidine et des cristaux d’hemochromogene;
faite par nous au sang de differentes especes animales, avant d’appliquer
ces methodes, it la recherche du sang chez quelques parasites. Dans
ce tableau, comme dans celui qui suivra, le signe -f- indique reaction
positive et le signe —, reaction negative. (Vide tableau p. 221.)
Ce tableau nous ddmontre, que par les deux procedes que nous
avons employe, la reaction a et6 positive avec tous les sangs avec les-
quels nous avons experimente. La methode des cristaux d’hemochromo¬
gene, comme du reste celle de Teichmann, ne permet naturellement
pas de se prononcer sur l’espece animale d’oil le sang provient. La
variabilite dans la dimension et dans la coloration des cristaux d’hemo¬
chromogene, est en effet tres grande chez diffdrents individus d’une
meme espece animale.
Apres ces essais, nous avons applique les deux methodes indiquees,
k la recherche du sang dans l’appareil digestif de quelques parasites.
Dans les cas dans lesquels ces deux methodes nous ont donne un
rdsultat negatif, nous avons repete les recherches avec la methode de
Teichmann et ses modifications, et toujours nous avons obtenu aussi
avec ces procedds, un rdsultat ndgatif.
Void rdsumde dans un tableau, cette seconde sdrie de recherches.
(Vide tableau p. 222.)
1) Rev. de nted. tegale. 1909. p. 290.
2) Travail cit6 p. 17.
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Galli-Valerio et de B61ovodski, Presence de sang dans 1’appareil digestif etc. 221
Digitized b
Homo sapiens
sang frais
„ sec ddpuis 5 ans
Talpa europaea
sang sec d6puis 5 ans
Crociduraaranea
sang sec depuis 5 ans
Erinaceus europaeus
sang sec depuis 5 ans
5 Canis familiaris
sang frais
6 Lepus domesticus
sang frais
7 Lepus timidus
sang sec ddpuis 2 ans
8 ;Ca via cobay a
sang frais
9 Mus decumanus
sang sec ddpuis 5 ans
10 Mus rattus
sang frais
„ sec d4puis 5 ans
11 |Mub muscuius
sang frais
„ sec depuis 5 ans
12IMyoxus avellanarius
sang sec depuis 5 ans
13 Equus caballus
! sang frais
14 Bos taurus
sang frais
15 Ovis aries
sang frais
„ putrdfig depuis 1 mois
16 Sus scrofa domestica
sang frais
17 Alauda arborea
sang sec depuis 15 jours
18 Eritnacus rubecola
sang sec ddpuis 15 jours
19 Ruticilla phoenicurus
sang sec depuis 6 ans
20 Parus major
sang sec ddpuis 6 ans
21 Hirundo rustica
sang sec depuis 6 ans
22 Gallus domesticus
sang frais
„ sec ddpuis 5 ans
23 Phasianus colchicus
sang sec depuis 5 ans
24 Rail us aquaticus
sang sec ddpuis 6 ans
25 Lacerta viridis
sang sec ddpuis 15 jours
26 Rana esculenta
sang frais
27 Bufo vulgaris
sang frais
„ sec d4puis 2 ans
28 Salamandra maculosa
sang frais
29 Perea fluviatilis
sang frais
30 Qarassius auratus
Reactions
au papier de cristaux d’hemo-
_benzidine chromogfene
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
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+
+
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+
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Parasite
Reactions
1 Fasciola hepatica L.
2Strongylus apri Gm.
3Ascaris lumbricoides L.
4,Trichocephalus trichiu-
rus L.
7;
8
9
10
11
12
13
14
15
Hirudo medicinalis L.
Argas persicus Fisch.
Pulex irritans L.
Ctenocephalus serrati-
ceps Ger.
Typnlopsylla musculi
Dugbs
Acanthia lectularia L.
Haematopinus spinulosus
Burm.
Lipeurus variabilis Nitz.
Gyropus ovalis Nitz.
Gyropus gracilis Nitz.
Menopon pallidum Nitz.
o
©
.. . c
u papier
benzidin
3 2%
as a o
is i
4,73 j
o
+
+
—
—
Observations
M. Askanazy 1 ) par la reaction du
bleu de Prusse, a constatb chez ces
2 espbces, la presence de fer, qu’il
considbre dbriver de l’hbmoglobine. En
traitant des extraits de ces 2 espbces et ae F. hepa¬
tica par le ferrocyanure et le sulfocyanure de K,
nous avons obtbnu les reactions bleu et rouge. Mais
tandis que dans la dernibre espbce nous avons rbelle-
ment constatb la presence de sang, chez les 2 autres
nous n’avons pas pu la dbmontrer. II nous semble
done que la question de la presence de sang chez
T. trichiurus et A. lumbricoides reste
ouverte
Cette sangsue btait il jeun au moins
depuis 6 mois
Exemplaires complbtement dessbchbs,
provenant de rile de Djerba (Tu¬
nis i e)
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
Dans quelques exemplaires trouvbs sur
Mus rattus en Fevrier 1910 et qui
dbjil il l'examen microscopique direct
apparaissaient p&les, non gorgbs, la
reaction a btb negative
Com me on devait s’v attendre, tous ces
mallophages ont donnb reaction
negative. L'un de nous (Galli-
Valerio) qui a eu l’occasion d’exa¬
miner de nombreux mallophages,
n’y a jamais constatb la presence de sang par
l'examen a frais. Leur appareil buccal du reste,
n’est pas fait pour piquer et sucer, mais pour
couper les squames bpidermoidales, les poils et les
plumes. Giebel*) et Taschenberg 8 ) dbclarent
catbgoriquement qu’ils ne se nourrissent pas de
sang. Si N i t z s c h a dit d’v en avoir trouvb une
fois, il s’agit d’un fait accidentel, qui s’explique
trbs bien, avec Kellogg 4 ), par le fait qu ils
peuvent accidentellement prendre du sang dessbchb
qui se trouve & la surface de la peau de leur h6te.
Nous ne pouvons done pas accepter l’hypothbse
de Balfour 8 ) qu’un mallophage (Menopon?)
puisse, dans certains cas, servir a la transmission
ae la Spirochbtiase des poules. En effet mbme
si le cas admis par Kellogg, devait se vbrifier,
les mallophages ayant accidentellement pris du
sang infectb ne pourraient pas l’inoculer d d’autres
poutes, car ils ne piquent pas.
1) Citb dans Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 20. 1896. p. 617. — 2) Insecta epizoa.
Leipzig 1874. p. 49. — 3) Die Mallophagen. Halle 1882. p. 6. — 4) Mnllopnaga.
Bruxelles 1908. p. 1. — 5) Journ. of trop. med. 1909. p. 285.
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Riihl, Quecksilber und Akne.
223
Les quelques recherches que nous avons exposd ici, nous semblent
suffisantes pour ddmontrer l’importance de l’application des procddSs de
recherche du sang par le papier de benzidine et par la recherche des
cristaux d’h6mochromog£ne, en parasitologie.
Conclusions.
Comme il est tr&s important de diagnostiquer si une esp&ce para-
sitaire donn6e, se nourrit ou non de sang, il est vivement k recommander
d’appliquer h ce genre de recherches la m6thode du papier de benzidine
associSe h la recherche des cristaux d’h6mochromog&ne.
Lausanne, 20 avril 1910.
Note au moment de la revision des dpreuves: Nous
avons des preparations de cristaux d’h6mochromog£ne bien conserves
en gelatine depuis 4 mois et Vs- Nous avons eu les 2 reactions positives
avec du sang de Trutta faria et avec Culex nemorosus.
Nachdruck verboten.
Quecksilber und Akne.
Beitrag zur Aetiologic der Acne vulgaris.
[Aus der dermatologischen Abteilung der Turiner Stadtpoliklinik
„Umberto 1“ (Vorsteher: Prof. Dr. G. Piccardi).]
VorlSufige Mitteilung.
Von Dr. K. Riihl, Assistenten.
Die Frage der Aetiologie der Acne vulgaris ist jedenfalls eine der
umstrittensten auf dem Gebiete der Dermatologie und kann bei weitem
noch nicht als gelost betrachtet werden.
Bartheiemy 1 )* Jacques 2 ) und Mi tour 3 ) fflhren die Akne aus-
schliefilich auf Verfinderungen des Verdauungsapparates und auf die
dadurch entstehende Intoxikation zurtick.
Nach Unna 4 ) ist sowohl die Komedonenbildung als auch der an
dieselbe so oft sich anschlieBende ProzeB der Acne vulgaris einem
bestimmten, &uBerst kleinen Mikroorganismus zuzuschreiben, den er
Aknebacillus nennt. Von anderen bei Akne vorkommenden Mikro-
organismen erwahnt Unna noch die sogenannten Flaschenbacillen und
die „Diplokokken des seborrhoischen Ekzems u , welche, im Gegensatz zu
den in den unteren Teilen des Komedos wuchernden Aknebacillen, sich
meist an den Kopf und den Mantel desselben halten. Die gewohnlichen
Eiterkokken sollen nach Unna bei Akneeiterung ganzlich fehlen.
1) Barthelemy, Aetiologie und Behandlung der Akne. (Monatsh. f. prakt.
Dermat Bd. 9. 1889J
2) Jacques, De l’^tat seborrh6ique de la peau, etc. (Ann. de Dermat. 1892.
p. 1047.)
3) Mi tour, Etude sur la nature et le traitement de la dyspepsie accompagntie
d’acne. (Ann. de Dermat. 1896. p. 1478.)
4) Unna, Histopathologie der Hautkrankheiten. Berlin 1894.
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224
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Die Befunde U n n a s stehen mit denen anderer Autoren nur teil-
weise in Einklang. Wahrend die Gegenwart der Unnaschen Akne-
bacillen von Hodara 1 ), Sabouraud 2 ), Beck 3 ), wenn auch unter ab-
weichender Deutung ihrer Natur, bestatigt wurde, bestreitet Lomry 1 )
die Konstanz der Gegenwart der genannten Keimart im Koraedo, stellt
ihr Vorkommen im Akneeiter in Abrede und will in Unnas Akne-
bacillus (iberhaupt nichts anderes als eine wenig virulente Varietat des
Bacterium coli commune erblicken. Dieser Autor behauptet, im
Akneeiter fande sich konstant eine wenig virulente Varietat des
Staphylococcus pyogenes albus, welcher zwar, da er sowohl bei
anderen Hautkrankheiten als speziell auch an der Haut nicht Akne-
kranker angetroffen wird, nicht als der spezifische Akneerreger angesehen
werden kanu, wohl aber als Erreger der Eiterung auf dem durch
Seborrhoe, Komedonenbildung usw. disponierten Boden. Er ist der
Ansicht, daB die Gegenwart gewisser Mikroorganismen zur Erkl&rung
der Akne nicht geniigt und daB ein spezifischer Erreger der Akne nicht
anzunehinen ist.
Sabouraud 5 ) betrachtet den seborrhoischen „Cocon u — in welchem
stets ein von ihm entdeckter Mikroorganismus, der Bacillus der Seborrhoe,
nachweisbar ist, welcher mit dem Unn aschen Aknebacillus als identisch
angesehen werden muB — als das primare pathologische Produkt der
Seborrhoe und den Komedo als einen monstrosen und degenerierten
Cocon, und ist der Ansicht, daB das Krankheitsbild der polymorphen
Akne erst durch eine sekundare Infektion des Komedos mit einem Coccus
entsteht, der sich vom Staphylococcus pyogenes albus dadurch
unterscheidet, daB er saure Nahrbbden alkalischen vorzieht und daB
seine Ivulturen stark nach Butters&ure riechen (Staphylococcus
albus butyricus Sabouraud), und der zufolge der Alteration, welche
die chemische Beschaffenheit des Hauttalges w&hrend der Pubert&tsperiode
erfahrt, gunstige Ernahrungsbedingungen findet, ferner gelegentlich auch
durch Infektion mit Staphylococcus pyogenesaureus. Jarisch 6 )
und Max Joseph 7 ) sind der Ansicht, daB neben der Reizung der Haut
durch die in den Follikeln sich stauenden und zersetzenden Talgmassen
auch eine Infektion mit Eitererregern eine Rolle spielt, welche mit den
Schmutzpartikelchen aus der Luft. zu dem retinierten Talgdrusensekret
hinzutreten.
Gilchrist 8 ) fflhrt die Acne vulgaris auf einen Bacillus zuriick, den
er genauer beschreibt und mit dem Unnaschen Aknebacillus identifiziert,
und der durch das Serum eines Aknekranken agglutiniert wurde; er
behauptet, daB der Akneeiter, wenn er nur diesen Keim enthalt, gelatinos
1) Hodara, Ueber die bakteriologische Diagnose der Akne. (Monatsh. f. prakt.
Dermat. Bd. 18. 1894.)
2) Sabouraud, La seborrhoe grasse et la pelade. (Ann. Instit. Pasteur. 1897.)
— Sur la nature, la cause et le mdcamsme de la calvitie vulgaire. (Ann. de Dennat.
1897.1
3) Beck, Ueber Befunde in Resorcinschwarten. (Monatsh. f. prakt. Dennat.
Bd. 25. 1897.)
4) Lomry, Untersuchungen liber die Aetiologie der Akne. (Dermat. Zeitschr.
5) a. a. O.; ferner Sabouraud, Seborrhoe, acne, calvitie. Paris 1902.
6) Jarisch, A., Die Hautkrankheiten. Wien 1900.
7) Joseph, Max, Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten. Leipzig
1905.
8) Gilchrist, Aetiologie der Akne. (Ref. in Monath. f. prakt. Dermat. Bd. 36.)
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Riihl, Quecksilber und Akne.
225
und dagegen rahmig ist, wenn er auch den Staphylococcus pyo¬
genes albus enthS.lt.
Nach Hammer 1 ) ist die Akneentziindung stets durch eine, jedoch
nicht spezifische Infektion mit Baktorien herbeigefiihrt: Die Bakterien,
welche auf der Haut leben, konnen in dieselbe eindringen, ohne eine
Entziindung hervorzurufen; diese tritt nur unter der Wirkung besonderer
Momente auf, unter welchen die im allgemeinen durch Stuhlverstopfung
hervorgerufenen lokalen und leichten Hyperamieen eine wichtige Rolle
spielen.
Behrend 2 ) ist der Ansicht, daB infolge der durch den Komedo
bewirkten Obliteration der Talgdriise diese sich erweitert; wenn die
Obliteration weiter besteht, so erfolgt eine Kompression der GefSBe,
also Zirkulationsstorungen; die Mikroorganismen, die sich auf der Haut-
oberflSche befinden, konnen eindringen und eine echte Entziindung
hervorrufen, und auf diesem Wege entsteht die Aknepustel.
Riehl 3 4 ) glaubt, daB, ahnlich wie bei der Jodakne, auch bei der
Acne vulgaris ein chemischer Reiz atiologisch eine Rolle mitspielt, und
zwar in dem Sinne, daB er die normale Zusammensetzung des Inhaltes
der Talgdrusen verandert. Diese Reizung nimmt vielleicht in den Fallen
eine besondere Bedeutung an, in welchen, nach GenuB von Kase usw.,
eine auffallende Zunahme der Akneeruptionen beobachtet wird. Nach
diesem Autor kann die rein mechanische Lehre im Sinne einer Talg-
driisensekretretention als einzige Ursache der Akne nicht als befriedigend
betrachtet werden; es ist viel wahrscheinlicher, daB infolge dieser Retention
eine Zersetzung des Sekretes stattfindet und sich dadurch dem mecha-
nischen Reize ein ehemischer hinzugesellt, und somit als Endresultat ein
fiir Streptokokken (?), welcher Art sie auch sein raogen, sehr gtinstiger
Entwickelungsboden entsteht.
A. E. Wright 1 ) fiihrt die Akne auf Staphylokokken zuruck und
behauptet, 18 FSlle von Akne, Furunkulose und Sykosis mit Staphylo-
kokkenvaccine erfolgreich behandelt zu haben.
S6liner 5 6 * ), der eingehende Untersuchungen iiber die Bakteriologie
der Acne vulgaris ausfuhrte und bei seinen Kulturversuchen fand, daB
aus den Komedonen und der Akne mehrere Keimarten ziichtbar sind,
kann nicht angeben, ob dieselben zur Akne in atiologischer Beziehung
stehen oder nicht.
Daccb 8 ), der die eingehendsten und sorgfSltigsten Untersuchungen
iiber die Aetiologie und Pathogenesis der Acne vulgaris ausgefiihrt hat,
erklart die Entstehung des Komedos folgendermaBen: Der ProzeB beginnt
mit einer Hypersekretion der Talgdrusen; infolge von Storungen des
Blutkreislaufs, welche mit dem Gesamtzustande des Kranken zusammen-
hangen, tritt eine Erschlaffung der Follikelwandungen und eine Er-
weiterung des Follikelhalses ein; die Talghypersekretion reizt dieWande
1) Verh. d. VI. Kongr. d. Deutsch. Dermatol. Gesellsch. 1898.
2) Verh. d. VI. Kongr. d. Deutsch. Dermatol. Gesellsch. 1898.
3) Riehl, Ueber Akne. (Leyden-Klemperer, Clinica contemporanea. Bd. 10.
Teil 2. p. 384. Ital. Uebers.)
4) Brit. med. Journ. 1904. May 7. Ref. in Miinch. med. Wochenschr. 1904. p. 1404.
5) SOllner, Beitrage zur Bakteriologie der Acne vulgaris. (Miinch. med. Wochen-
schrift. 1905. p. 81.)
6) Daccb, Emilio, Eziologia e patogenesi dell’acne volgare. (Giorn. Ital. d.
malatt. vener. e d. pelle. 1905. p. 81.)
Erste Abt. Orig. Bd. 55. Heft 3. 15
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226 Centralbl. f. Bakt. etc. L Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
ties Follikels und fiihrt eine Hyperkeratose des Ductus herbei; die
Zellen, welche sich in tibermaBiger Zahl von den Wanden des Ductus
ablbsen, sammeln sich zusamraen mit Zellentriimmern und mit etwas
Talg im Kanal an, und bilden den ersten Kern des Komedos. In dem
so entstandenen Nahrboden konnen sich Mikroorganisinen leicht ent-
wickeln; dieselben vermehren durch ihre Reizwirkung die Hyperkeratose.
Der Komedo nimmt allmahlich an Volumen zu und fullt den ganzen
erweiterten Ductus aus, kann aber nicht aus diesem nach aufien heraus-
treten, weil er aus kompakter Substanz besteht, und dehnt sich deshalb
in der Tiefe aus.
In der Aknepustel fand Dace6 stets den Unnaschen Mikrobacillus
und einen kleinen Coccus, welcher sich auf alien Nahrboden entwickelt,
auf Agar weiBe Kolonieen bildet, Gelatine nicht verfliissigt, nicht tier-
pathogen ist, gramfest ist, und welchen er mit dem Staphylococcus
cutis communis identifiziert. Ausnahmsweise konnte er aus Akne-
pusteln den Staphylococcus pyogenes aureus nieden Staphylo¬
coccus albus kultivieren.
Er ist jedoch der Ansicht, daB die Bakterien nur eine akzessorische
Rolle spielen; das erste und wesentliche atiologische Moment der ver-
schiedenen Veranderungen der Haut, welche in ihrer Gesamtheit das
Krankheitsbild der Acne vulgaris bilden, ist nach Dace os Ergebnissen
im Innern des Organismus zu suchen. Die einzige Erscheinung, welche
er bei Aknekranken konstant nachweisen konnte, war eine veranderte
Blutbeschaffenheit (Anarnie, Leukocytose, Eosinophilie, Herabsetzung der
Alkalinitat des Blutes). Die Vermehrung der eosinophilen Leukocyten
im Blute wird gewohnlich als eine Folge der Wirkung toxischer oder
toxinischer Stoffe, also als ein Zeichen einer Vergiftung des Blutes be-
trachtet. Eine solche ist demzufolge auch bei der grofiten Mehrzahl der
Aknekranken vorhanden. Dafiir spricht neben der erwahnten Eosino¬
philie auch der Befund einer Leukocytose und einer Verminderung der
Blutalkaleszenz, wie er sie in zahlreichen Aknefallen beobachtet hat.
Die betreffenden Giftstoffe stammen in der Mehrzahl der F&lle vom
Verdauungsapparat her (Magendarmkatarrhe, Dyspepsieen, vermehrte
Darmzersetzung); in einem Teil der Falle kann es sich um eine abnorme
innere Sekretion (Menstruation, Pubertat) oder um einen verlangsamten
Kreislauf (Herzkranke), also um eine verlangsamte Ausscheidung der
normalerweise im Organismus entstehenden oder in denselben ein-
dringenden Giftstoffe handeln. Infolge der Ausscheidung dieser Gift¬
stoffe durch die Haut erfolgt eine chemische Reizung und somit eine
Entzundung an den Stellen der Haut, wo sich ein Komedo bereits
gebildet hat. Die Mikroorganismen spielen dann nur eine Nebenrolle.
Natiirlich ist immer eine angeborene, raeist familiare Predisposition
notwendig.
Nach Kromayer 1 ) setzt sich die Aetiologie der Akne aus einer
Reihe von Faktoren zusammen, welche teils allgemeiner Natur (Pubertats-
jahre, Magenkatarrhe, Darmstorungen, Stoffwechselanomalieen, Intoxi-
kationen) sind, teils in lokalen anatomischen und bakteriellen Verhaltnissen
der Follikel selbst zu suchen sind. Er erklart die Pathogenese der Akne
folgendermaBen: Die allgemeinen Faktoren wirken (durch Toxine?) auf
1) Kromayer, Die Heilung der Akne durch ein neues narbenloses Operations-
verfahren: Das Stanzen. (Munch! med. Wochenschr. 1905. p. 342.) — Neue Gesichts-
punkte in der Behandlung der Akne. (Wien. klin. Wochenschr. 1905. No. 50.)
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Riihl, Quecksilber und Akne.
227
die Follikel, deren Sekretveranderung (?) den gunstigen Nahrboden fur
die Mikrobenentwickelung, bei welcher in jedem einzelnen Falle eine
einzige Bakterienart die Vorherrschaft in dem Bakteriengemisch erhalt,
abgibt (causa occasionalis). Diese Mikrobenentwickelung stellt dann den
eigentlichen pathogenetischen Faktor (causa efficiens) fiir die eiterige
Entzfindung der Follikel und die AbsceBbildung dar, die den Aknekuoten
charakterisieren.
Kapp 1 ) glaubt den Nachweis erbracht zu haben, daB bei der fiber-
wiegenden Mehrzahl der AknefSlle eine betrachtliche Vermehrung der
EiweiBfSulnis im Darmkanal vorliegt, und betrachtet dieses als das
Hauptmoment in der Aetiologie der Akne.
Fleming 2 ), der sorgfaltige bakteriologische Untersuchungen aus-
gefiihrt hat, identifiziert den von U n n a zuerst beschriebenen Aknebacillus
mit dem von Sabouraud und Gilchrist beschriebenen Bacillus, und
meint, derselbe gehore wahrscheinlich zur Klasse der diphtheroiden
Bacillen. Er fand diesen Aknebacillus allein in 44 Proz. seiner Falle im
Ausstrich, in 53 Proz. der Falle war er vermischt mit Staphylokokken;
in 6 Fallen fanden sich keine Bacillen, in 1 Falle fanden sich nur Flaschen-
bacillen. Er fand in der Regel den Aknebacillus in groBer Anzahl, in
sparlicher Zahl die Staphylokokken: Von 137 Kulturen, welche Fleming
anlegte, fand sich in 13 Fallen Reinkultur des Aknebacillus, 35 Falle
gaben sterile Kulturen, in 40 Fallen wuchsen Staphylokokken mit Akne-
bacillen zusammen, in 44 Fallen nur Staphylokokken. Fleming be-
hauptet schlieBlich, daB eine Vaccinetherapie mit aus dem Aknebacillus
hergestellter Vaccine die Akne giinstig beeinfluBt; gibt aber weiter unten
an, daB auch die alleinige Behandlung der Akne mit Staphylokokken-
vaccin ofters eine zeitweilige Besserung bewirkte.
Scherber 3 ) hat auch Versuche mit Injektionen von Staphylokokken-
vaccin bei Acne vulgaris angestellt, und gibt sein Urteil dahin ab, daB
die Vaccinetherapie gute Dienste leistet.
S el lei 4 ) berichtete auf dem XVI. internationalen medizinischen
KongreB in Budapest fiber Versuche von aktiver Immunisierung bei
AJcne, Furunkulose und Sykosis. Er wendete die Wrigh tsche Vaccine,
das Strubellsche Opsonogen und ein von ihm dargestelltes Autolysat
der Staphylokokken an. Wahrend aber bei Furunkulose und bei Sykosis
manchmal ganz besonders gute Resultate erzielt wurden, waren diese
bei der Akne weniger giinstig, was Sellei darauf zurfickffihrt, daB bei
dieser Affektion neben den Staphylokokken gleichzeitig noch andere
Bacillen atiologisch eine Rolle mitspielen.
* *
*
Aus dieser kurzen Zusammenstellung ersieht man, welche Divergenz
noch in den Ansichten fiber die Aetiologie der Akne herrscht. Wfihrend
in der Tat ein Teil der Autoren dem mechanisch-chemischen Moment
(Talgdrfisensekretstauung und -zersetzung) die Hauptrolle zuschreiben,
oder das groBte Gewicht auf einen chemischen Faktor (Giftstoffe) legen
und das mikrobische Element als nebensfichlich betrachten, oder auf
1) Therapeut. Monatsh. 1907. No. 3.
2) Fleming, Almander, On the etiology of the vulgar acne and its treatment
with vaccines. (The Lancet. 1909. Vol. 1. p. 1035.)
3) Scherber, Die Vaccinetherapie tier Acne vulgaris und der opsonische Index.
(Wien. klin. Wochenschr. 1909. No. 13.)
4) Ref. in Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 99. 1909—1910. No. 3.
15*
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228
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
dasselbe nur einen Teil des Akueprozesses, n&mlich die Akneeiterung
zuruckfiihren, schreiben andere dem bakteriologischen Moment jeden
atiologischen Wert ab, und noch andere sind der Ansicht, daB eine
Infektion mit Bakterien das einzige Oder wenigstens das wesentliche
atiologische Moment der Krankheit darstellt. Eine gewisse Ueberein-
stimmung herrscht daruber, daB man eine gewisse bald groBere, bald
geringere Bedeutung mehreren pr&disponierenden und unterstiitzenden
Faktoren zuschreibt, wie der Pubertat, den Menstruationen, den Ver-
dauungsstorungen usw. Aber beziiglich der Hauptursache ist man
durchaus noch nicht einig. Allerdings scheint es, als ob die Mikroben-
tkeorie von Tag zu Tag mehr Boden gewinne, aber auch ihre Verfechter
sind verschiedener Ansicht in bezug auf die Mikroorganismenart oder
-arten, auf welche die Krankheit zuriickzufiihren ist.
Es schien mir deshalb lohnend, folgende 3 Beobachtungen zu ver-
offentlichen, welche, wenn sie Bestatigung finden sollten, nicht nur einen
Beitrag zur Therapie der Akne liefern wiirden, von welcher ich hier
ganz absehen will, sondern auch nicht ohne Interesse fur die Aetiologie
dieser Krankheit sein wflrden.
Ich schreite ohne weiteres zur Beschreibung der 3 Falle:
Fall I. J. M., 26 Jahre alt. Nichts Bemerkenswertes in der Anamnese. Leidet
seit dem Alter von 15 Jahren an Acne vulgaris, welche zu gewissen Zeiten, angeblich
besonders nach Diatfehlern, eine auflerst starke Entwickelung annimmt, mit Entetehung
von groBen, sehr schmerzhaften, vereiternden Knoten, von denen einige bei ihrem Aus-
heilen eine Narbe zuriicklassen. Pat. hat allerhand innere und aufiere Kuren durch-
gemacht, da aber dieselben mehr oder minder erfolgloe gebheben sind, schlieBlich auf
jede Behandlung verzichtet, ein EntschluB, zu dem er auch durch die Behauptung eines
zu Rate gezogenen Arztes veranlafit wurde, die Krankheit werde mit der Zeit von selbst
heilen.
Pat. stellte sich mir Anfang 1907 vor. Aus seinem Munde erfuhr ich, daB er im
Juli 1905 mit Syphilis infiziert worden war (Primaraffekt auf der inneren Flache des
Praeputiums, spiiter Roseola und Psoriasis palmaris), und aus von seinem Willen un-
abhangigen Griinden eine etwas zu schwache Quecksilberkur (Einspritzungen von
Quecksilbersalicylat) durchgemacht hatte. Er wiinschte nun, sich einer ordentlichen
energischen Behandlung zu unterziehen.
Aus einer sorgfaltigen Untersuchung ergaben sich neben einer sehr ausgesprochenen
Panadenopatie, als einzige weitere auf Lues hinweisende Erscheinung, zwei Schleim-
papeln auf der Wangen- reap. Rachenschleimhaut. Neben diesen Syphilissymptomen
wies aber Pat. zahlreiche una imponente Akneeffloreszenzen (Knoten, Pusteln) auf der
Stirn, dem Kinn und besonders auf den Wangen auf. DaB es sich um eine Akne
spezifischer Natur handelte, konnte ich — abgesehen von den objektiven Charakteren
der Dermatose — auch deshalb mit Sicherheit schlieBen, weil ich Pat. seit mehreren
Jahren kannte und somit ofters Gelegenheit gehabt hatte, den Zustand seines Gesichtes
zu beobachten, lange bevor er von der Luesinfektion heimgesucht wurde.
Ich leitete sofort eine Quecksilberkur ein (0,07 Hydrargyrum salicylicum jeden
7. Tag in die Nates eingespritzt). Nach der 3.-4. Einspritzung beobachtete ich, zu
meinem und des Pat. groBem Erstaunen, daB die Akne fast giinzlich verschwunden war.
Nach weiteren 2 Injektionen war das Gesicht sozusagen rein, und Pat. behauptete, so
etwas sei ihm, seitdem er an Akne litt, noch nie vorgekommen. Er bekam noch weitere
10 Einspritzungen, und blieb wahrend dieser ganzen Zeit frei von Akne.
Als er sich nach mehreren Monaten zu einer neuen Kur vorstellt — ich bin ein
Anhanger der chronisch-intermittierenden Behandlung im Sinne von Fournier-
Neisser — hatte sich die Akne wieder entwickelt, jedoch nicht mehr mit der friiheren
Intensitat. Pat. gab an, die Heilung der Akne habe nach der letzten Hg-Einspritzung
etwa 10 Wochen gedauert, nach welchen allmahlich wieder neue, jedoch wemger be-
trachtliche Effloreszenzen aufgetreten waren.
Es wurde eine neue Hg-Kur eingeleitet, und bei der 4. Injektion konnte ich wieder
ein fast ganzliches Verschwinden der Akne wahrnehmen.
Bei 3 weiteren Hg-Kuren konnte ich stets dieselbe Beobachtung machen.
Da mir dieses Zusammentreffen des Verschwindens der Akne mit der Quecksilber-
behandlung zu konstant schien, um es als einen Zufall betr&chten zu konnen, nahm
ich mir vor, weitere Untersuchungen iiber den Gegenstand auszufiihren.
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Riihl, Quecksilber und Akne.
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Fall II. C. E., Notar, 25 Jahre alt. Nichts Bemerkenswertes in der Anamnese.
Stellte sich im Marz 1909 vor und klagte iiber eine Beit mehreren Jahren bereits
dauernde und sehr intensive Akne, welche besonders auf dem Riicken recht schmerz-
hafte Knoten resp. Pusteln bildete. Neben derselben bestand auch eine Follikulitis
am Schnurrbart. lch versehrieb eine innere Kur zur Regelung und Besserung der
Darmfunktion und eine lokale Behandlung mit einer Sell wef el paste.
Als sich Pat. am 5. April wieder vorstellte, war die Akne wenig gebessert, was
zum Teil vielleickt auch darauf zuriickgefuhrt werden konnte, dnB Pat. die Kur nicht
regelmaBig durchgefiihrt und nebenbei einige Diatfehler begangen hatte. Ich versehrieb
eine innere Kur mit Bierhefe.
Am b. Mai stellte sich Pat. wieder vor. Die Akne war sozusagen in demselben
Grade vorhanden wie friiher und Pat. gab zu, die Hefenkur nur kurze Zeit durchgefiihrt
und dann die Geduld verloren zu haben; er klagte aber iiber lokale Storungen am
Penis. Bei den Untersuchungen fand ich eine Entziindung der inneren Fliiche der Vor-
haut, ein ziemlich starkes Oedem derselben und eine Verengerung der Praputialoffnung,
so daB eine uniiberwindbare Phimose entstanden war. Die wunde Fliiche sezernierte
eine schleimig-eitrige Flussigkeit. Eine direkte Besichtigung des Prozesses war wegen
der Enge des Phimoseringes unmoglich. Ich stellte Diagnose auf Balanopostitis und
verechneb eine lokale Behandlung mit milden Antisepticis.
Am 13. Mai war der lokale Befund fast unverandert und es hatte sich demselben
eine Anschwellung zweier Leistendriisen zugesellt. Ich liefi die lokale Behandlung mit
Antisepticis fortsetzen und die geschwollenen Driisen mit Jodtinktur bepinseln.
Am 27. d. M. hatte die Driisenanschwellung und die Sekretion aus der Praputial-
hohle ebenso wie das Oedem am Praeputium abgenommen; die Phimose bestand aber
weiter. Bei einer genaueren Untersucnung liefi sich auf der inneren Fliiche der Vor-
haut, an der engsten Stelle des Phimose, ringsum ein bnorpelharter Ring abtasten,
welcher in mir den Verdacht erweekte, es handle sich um ein Syphiloma anulare des
Praeputiums. Da aber keine weiteren Griinde vorlagen, um eine Luesinfektion anzu-
nehmen, hielt ich vorsichtiges Abwarten fiir angemessen. Nach 14 Tagen (10. Juni)
war eine typische Roseola siehtbar, und Pat. gab an, seit mehreren Tagen an Kopf-
schmerzen zu leiden. Lokalbefund am Penis sozusagen unverandert. (Die Akne war
wahrend dieser Zeit immer auf derselbe Hohe geblieben.)
Es wurde eine Quecksilberbehandlung eingeleitet und sofort mit einer Einspritzung
von 0,10 Hg-Salicylat begonnen. Pat. bekam wochentlich eine Einspritzung. Die Akne
besserte sich in auffallender VVeise, so daB nach der 5. Injektion nur noch geringe
Spuren davon siehtbar waren. Das Synhilom am Praeputium war fast geheilt; die
Phimose war verschwunden und an Stelle des urspriinglich harten Ringes fiihlte man
nur noch eine geringe Infiltration des Gewebes, welche jedoch ein Zuriickziehen der
Vorhaut hinter die Eichel nicht mehr verhinderte. Da sich eiue ziemlich starke
Stomatitis entwickelt hatte, wurde die Dosis der einzelnen Einspritzungen auf 0,07 herab-
gesetzt. Pat. muBte indessen die Stadt Turin verlassen; ich uberwies ihn einem Land-
arzte, welcher ihn nach meinen Vorschriften weiter behandelte.
Anfang Oktober stellte sich mir Pat. wieder vor, und ich konnte konstatieren, daB
die Heilung der Akne noch unverandert weiter bestand.
Ich habe seitdem den Pat. nicht mehr gesehen.
Fall. III. B. Teresa, 23 Jahre alt. Nichts Interessantes in der Anamnese. Stellte
sich Anfang Oktober 1909 vor mit 3—4 Geschwiiren auf der inneren Flache der Scham-
lippen; auf Grund der objektiven Charaktere wurde Diagnose auf Ulcus molle gestellt.
Zu gleicher Zeit zeigte Pat. zahlreiche Akneeffloreszenzen (Knoten verschiedener GroBe,
Pusteln) auf der Stirn, den Wangen, dem Kinn und in geringerem MaBe auf dem Riicken.
Angeblich litt Pat. seit mehreren Jahren an dieser Hautaffektion. Eine vorhergegangene
Luesinfektion alteren oder neueren Datums war aus der Anamnese nicht zu entnehmen.
Die Akne wurde nicht behandelt. Die Geschwiire an der Vulva wurden lokal mit
Antisepsicis behandelt, heilten aber sehr langsam, namlich erst im Laufe von etwa
8 Wocnen, wahrend welcher keine auf Syphilis deutenden auch nur verdachtigen Er-
scheinungen auftraten. Dagegen entstand inzwischen, und zwar wenige Tage nach Be-
ginn der Behandlung, eine beiderseitige Anschwellung der Leistenlymphariisen, von
ctenen drei vereiterten; sie wurden aufgeschnitten, die Wunden drainiert und es trat im
Laufe eines Monats Heilung ein.
Am 17. Jan. 1910 stellte sich Pat. wieder vor, diesmal aber mit einigen Schleim-
papeln an der Vulva und Infiltration mehrerer Lymphdriisen (Leisten, Hals). Die Akne
war unverandert, d. h. noch immer sehr betrachtlich.
Das anscheinende Fehlen vorausgegangener Luessymptome laBt sich wohl besser als
durch die Annahme von einer Syphilis a’embl^e, vielmehr in der Weiseerklaren, daB
unter den Geschwiiren, welche im Oktober behandelt worden waren, das eine auch luetisch
(Mischinfektion) gewesen sei, und daB spater, in der Zwischenzeit zwischen der Heilung
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der Geschwiire und der Adenitis bis zum Auftreten der Papeln, vielleicht auch weitere
Erscheinungen (Roseola usw.) aufgetreten, aber von der Pat., deren Intelligenz eine sub-
normale ist, nicht beobachtet worden seien.
Es wurde vorlaufig eine lokale Behandlung (Xeroform) der Papeln eingeleitet und
bis zum 1. Febr. 1910 fortgesetzt. Wiihrend dieser Zeit blieb die Akne unverandert.
Danach wurde eine Hg-Kur begonnen: Wochentlich zwei Einspritzungen von je 0,05
Quecksilbersalicylat in die Glutaalgegend. Nacb der zweiten Injektion beobachtete man
eine geringe Besserung der Akne, und am 26. Febr., zu welcher Zeit Pat. 8 Ein¬
spritzungen bekommen hatte, war sie fast geheilt, indem die groQen eiternden Pusteln
f anzlich verschwunden waren, die Knoten bedeutend an Volumen und Zahl abgenommen
atten und nur noch einige Komedonen sichtbar waren. Pat. bekam noch weitere 7 In-
jektionen; als ich sie zum letzten Male untersuchte (30. Marz), konnte man die Akne
ate ganz geheilt betrachten.
In den drei berichteten Fallen handelte es sich also urn Kranke mit
frischen Lueserscheinungen und seit lingerer Zeit bestehender Akne, bei
welchen diese letztere durch die Wirkung der Quecksilberbehandlung
in auffallender Weise beeinfluBt wurde. Dies ist wenigstens die Annahme,
welche am nachsten liegt. Es ist n&mlich in erster Linie auszuschlieBen,
daB es sich in meinen Fallen um eine Akne spezifischer resp. luetischer
Natur handele; dagegen sprach neben den objektiven Charakteren der
Effloreszenzen auch die Tatsache, daB die Akne schon lange Zeit vor
dem Eintreten der Luesinfektion bestand. Ebenso glaube ich das Da-
zwischentreten irgendwelcher sonstiger Heilfaktoren ausschlieBen zu konnen,
weil die betreffenden Patienten wahrend der der Hg-Kur und der Besserung
der Akne entsprechenden Periode, soweit ich durch eingehendes Befragen
und sorgfaltige Nachforschungen erfahren konnte, weder sonstige auBere
noch innere Medikamente angewendet noch ilire Lebensweise und ihre
Diat irgendwie geandert haben. In Anbetracht des Alters meiner Patienten
kann man auch nicht den Faktor: Alter heranziehen, welcher bekannt-
lich die Akne in dem Sinne zu beeinflussen pflegt, daB dieselbe gegen
die dreiBiger Jahre von selbst heilt resp. nach diesem Alter seltener vor-
koinmt. Es erscheint mir deshalb die Annahme gerechtfertigt, daB die
therapeutisclie Wirkung auf das Quecksilber zurflckzufflhren ist.
Wie erkl&rt man nun diese Wirkung? In Anbetracht der Unsicher-
heit unserer Kenntnisse uber die Aetiologie der Akne, und weil die-
selben bis jetzt sich noch auf dem Gebiete der reinen Hypothesen bewegen,
wie wir weiter oben sahen, da keine der aufgestellten Hypothesen durch
positive und unanfeclitbare Tatsachen gestiitzt ist, miissen wir natiirlich
auch hier, wenn wir versuchen wollten, fiir die oben erwahnte Erscheinung
eine Erklarung zu finden, auf dem Wege der Hypothesen vorgehen. Und
dies will ich im Nachstehenden versuchen.
Da es nach unseren Kenntnissen iiber die Pharmakologie des Queck-
silbers nicht recht denkbar ist, daB dieses irgendeinen EinfluB auf die
lokalen histologischen Oder mechanischen (Hyperkeratose, Sekretstauung
in den Talgdriisen usw.) Prozesse der Haut ausube; da man des weiteren
bei den geringen eingespritzten Quecksilberdosen, bei der langsamen
Resorption derselben und der groBen Verdiinnung, welche sie im Blute
erfahren, schwerlich annehmen kann, daB es sich um eine lokale anti-
septische Wirkung im Sinne einer Zerstorung der von auBen einge-
drungenen Keime oder eines Hindernisses gegen ihr Eindringen — sei
es daB man den Unnaschen Aknebacillus oder Staphylokokken oder
beide als Erreger der Akne betrachtet — ausiibe; da schlieBlich keine
Moglichkeit anderer Erkl&rungen vorliegt — abgesehen von der Annahme,
daB es sich in meinen drei Fallen um eine ganz zuf&llige Erscheinuug
handelt — so glaube ich die Hypothese aufstellen zu dttrfen, daB die
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Buhl, Quecksilber und Akne.
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Akne auf einen bestimmten Erreger zuriickzufiihren ist, auf welclien das
Quecksilber eine spezifische Wirkung ausiibt, dafi diese Wirkung im Blute
selbst entfaltet wird.
Und hier seien mir einige Betrachtungen gestattet.
Fast alle Autoren, welche zur Erkl&rung der AkneStiologie entweder
als Hauptmoment oder als Nebenfaktor das bakterische Element heran-
ziehen, sagen ausdrlicklich oder lassen durchblicken, dafi es sich um eine
Infektion von aufien handelt: Niemand aber liefert einen sicheren, ein-
wandfreien Beweis dafiir.
Im Gegenteil scheinen mir mehrere Tatsachen gegen diese Annahme
zu sprechen, und zwar: Inkonstanz der bakteriologischen Befunde auf
der Haut gesunder und aknekranker Leute; die negativen Resultate der
Versuche Daccbs, durch Einreibung von akneischem Material auf die
Haut die Krankheit experimentell hervorzurufen; die Tatsache, daB man
Personen findet, welche sich tagt&glich den ganzen Oberkbrper und den
ganzen Kopf grtlndlich einseifen und ausgiebig waschen und im allge-
meinen sich der peinlichsten Reinlichkeit befleifiigen und trotzdem von
sehr schweren Akneformen heimgesucht werden, w&hrend bei anderen
sehr schmutzigen Personen die Krankheit zuweilen eine sehr leichte Form
annimmt (ich sehe von aknefreien Personen ab, weil bei diesen das
Element: Pr&disposition fehlen kann, welchem man einen EinfluB nicht
absprechen kann); die haufigen MiBerfolge der auBeren medikamentdsen
Behandlung der Akne. Alle diese Griinde berechtigen uns, die Annahme
einer Infektion von auBen wenigstens stark anzuzweifeln und es als
wahrscheinlicher zu betrachten, daB es sich um eine Infektion des Organis-
mus durch wenig schadliche Mikroorganismen handle, welche auf irgend-
einem anderen Wege in die Blutbahn geraten und sich von hier aus
an betreffenden Stellen der Haut, wo sie giinstige Lebensbedingungen
linden, niederlassen und die Entstehung der Aknealterationen herbeifiihren.
Diese Annahme ist tibrigens nicht neu; es ist z. B. behauptet worden,
bei der Mehrzahl der Aknekranken seien Ver&nderungen der Nasen- und
Rachenschleimhaut vorhanden, und diese spielen in der Aetiologie der
Akne eine groBe Rolle. Die Mbglichkeit einer Infektion auf diesem
Wege kann man nicht in Abrede stellen; die Haufigkeit jedoch, mit
welcher man bei Aknekranken Verdauungsstbrungen antrifft, laBt den
Magendarmkanal als die wahrscheinlich haufigste Eintrittspforte ftir diese
vermutete Infektion des Organismus mit den Akneerregern erscheinen.
Und hier tritt uns die vielumstrittene Frage der Durchgangigkeit der
Verdauungsschleimhaut fur Mikroorganismen entgegen.
Nocard 1 2 ), Porcher und Desoubry 3 ) behaupten, dafi wShrend
der Verdauung, namentlich fetter Nahrung, Bakterien in groBen Mengen
in die ChylusgefaBe ubergehen. Wurtz 3 ), Beco 4 5 ), Chvostek und
Egger 6 ) sind der Meinung, daB eine Invasion von Keimen bei sehr
geringfiigigen Ver&nderungen (hyper&mische Zustande, leichte Entzfln-
dungen usw.) der Verdauungsschleimhaute, namentlich derjenigen des
Darmes, erfolgen kann. Rogozinski 6 ) schliefit aus seinen Versuchen,
1) Semaine m6d. 1894. p. 63.
2) Semaine m&l. 1895. p. 212.
3) Compt. rend. Soc. biol. 1892. p. 902. 1011.
4) Annal. de I’lnst. Pasteur. 1895. p. 199.
5) Wien. klin. Wochenschr. 1896. p. 1143.
6) Ragozinski, Kazimierz, Ueber die physiologische Resorption von Bak-
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232 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 3.
daB nicht nur in den Mesenterialdriisen normaler Tiere die stets und
normalerweise resorbierten Darmbakterien angetroffen werden, sondern
daB auch manche, mit der Darmschleimhaut zufalligerweise in Beriihrung
geratende, fiir dieselbe unsch&dliche Bakterienarten resorbiert und in die
genannten Driisen ubergefiihrt werden. Posner und Lew in 1 ) sind
zu dem Schlusse gelangt, daB eine einfache Koprostase ohne grbbere
anatomische Lasion genugt, ura Bakterien aus dem Darme austreten zu
lassen und auf dem Wege der Blutbabn eine Infektion, z. B. der Harn-
wege, zu bewirken. Nach Marcus 2 ) geniigen selbst verhkltnismaBig
geringfiigige L&sionen, besonders der Mastdarmschleimhaut, um ein Ein-
dringen von Mikroorganismen aus dem Darme in die Blutbabn zu er-
moglichen. Nach Opitz 3 ) ist die normale Darmwand fur Bakterien un-
durchdringlich; geringe Alterationen der Darmwand vermbgen diese
Undurchdringlichkeit nicht aufzuheben, und selbst mechanische und
chemische L&sionen fuhren nur ausnahmsweise zu einem Durchbruch
von Bakterien in den Kreislauf. Neisser 4 ) ist der Ansicht, dafi die
normale Darmwand keine korpuskularen Elemente durchl&Bt, daB aber
unter pathologischen Verhaltnissen der Durchgang moglich ist. Tavel
und Lanz 6 ), Buchbinder 0 ) und Kornukoff 7 ) behaupten, daB die
normale Darmwand fiir Bakterien undurchl&ssig ist. Klimenko 8 )
schlieBt aus seinen Untersuchungen, daB die unverletzte Darmwand voll-
kommen gesunder Tiere fiir Mikroorganismen undurchgangig ist, ftigt
aber hinzu, daB vollkommen gesunde Tiere sehr selten anzutreffen sind
und daB die geringste pathologische Schadigung des tierischen Gesamt-
organismus oder eine unbedeutende mechanische Verletzung der Darm-
mucosa zur Ermbglichung der Durchwanderung von Bakterien genugt.
Vecchi 9 ) schlieBt aus seinen Untersuchungen, daB die Schleimhaute bei
Tieren, wenn sie vollstandig intakt sind, fiir die Saprophyten und fiir
diejenigen Keime undurchdringlich sind, welche nicht eine spezifische
Aggressivitat fiir sie besitzen. SchlieBlich will ich noch erwahnen, daB
wahrend Forster und Kayser 10 ) als wahrscheinliche Infektionspforte
fiir Typhus die Mandeln und die lymphatischen Organe des Rachens
betrachten, Romberg 11 ) der Ansicht ist, daB die Typhusbacillen von
dem Magendarmkanal aus in die Blutbahn eindringen, wo sie bekannt-
lich bei Typhuskranken zahlreich nachweisbar sind.
terien aus dem Darme. (Verhandl. d. math.-naturwiss. Kl. d. Akad. d. Wissensch. in
Krakau. Bd. 42. Ser. B u. Anz. d. Akad. 1902. No. 2.)
1) Zitiert von Marcus (siehe diesen).
2) Marcus, H., Ueber die Resorption von Bakterien aus dem Darme. (Zeitschr.
f. Heilkunde. Bd. 20. No. 5—6.)
3) Opitz, E., Beitrage zur Frage der Durchgangigkeit von Darm und Nieren fur
Bakterien. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 29. p. 505.)
4) Neisser, Max, Ueber die Durchgangigkeit der Darmwand fiir Bakterien.
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. 22. p. 12.)
5) Zitiert von Klimenko.
6) Zitiert von Klimenko.
7) Zitiert von Klimenko.
8) Klimenko, B., Beitrag zur Frage iiber die Durchgangigkeit der Darmwand
fiir Mikroorganismen bei physiologischen Verhaltnissen. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 48.
1904. p. 67.)
9) Vecchi, A., Sul cosi detto microbismo latente. (Arch, per le scienze med.
1908.)
10) Zitiert von Romberg.
11) Romberg, Die Infektionskrankheiten. (v. Merings Lehrb. d. inneren
Krankheiten.)
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Huh], Quecksilber und Akne.
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Wie aus diesen kurzen Notizen aus der Literatur ersichtlich ist,
stehen die Meinungen der Autoren insofern im Einklang, als ein Ein-
dringen von Mikroorganisraen in den Korper durch die veranderte Ver-
dauungsschleimhaut moglich ist, und sind nur verschieden in bezug auf
den Grad der Alteration der Schleimhaut, welche erforderlich ist, uin
diese fur Bakterien durchl&ssig zu raachen.
Abgesehen nun von der Behauptung von Barthelemy, Jacques,
Mitour und Thibierge, welche die Ursache der Akne einzig und
allein in Verdauungsstorungen suchen, ist auch die groBe Mehrzahl der
iibrigen Autoren dariiber einig, daB ein groBer Teil der Aknekranken
magen- oder darmleidend ist; ferner hat Dacco, welchem wir die ein-
gehendste und beste Studie iiber die Akne verdanken, und welcher nicht
nur aus der Anatnnese eine Statistik iiber das Vorkommen von Ver¬
dauungsstorungen bei Aknekranken zusammengestellt hat, sondern bei
zahlreichen angeblich hinsichtlich des Verdauungsapparates gesunden
Aknekranken die Verdauungsfunktion gepriift und den Zustand der ent-
sprechenden Organe klinisch untersucht hat, nachgewiesen, daB in einem
groBen Teil der Fiille die Akne rnit Veranderungen des Verdauungs¬
apparates zusammentrifft. Somit erscheint bei einem groBen Teil der
Aknekranken die Moglichkeit eines Eindringens von Keimen durch die
Schleimhaut des Verdauungskanals nicht ausgeschlossen, ebenso wie es
nicht ausgeschlossen ist, daB, in den Fallen von ganzlicher Intaktheit
der genanuten Schleimhaut, eine Verletzung oder Veranderung anderer
Schleimhaute die Eintrittspforte fur den Akneerreger darstellt.
Es spricht also, wie wir sehen, nichts direkt gegen meine Hypo-
these, daB es sich bei der Akne urn eine Infektion mit einem spezifischen
wenig virulenten Keim handelt, welcher zuerst in das Blut eindringt —
und zwar in der Mehrzahl der Falle durch die Verdauungsscldeim-
haut — und von dort aus sich dann an den Stellen der Haut lokalisiert,
wo mechanische, chemische usw. Faktoren einen giinstigen Boden fin-
seine Entwickelung geschaffen haben.
Auf diesem Wege lieBe sich auch die von mir beobachtete Wirkung
des Quecksilbers auf die Akne erklaren, und zwar in der Weise, daB,
wie gesagt, das Quecksilber die bereits in die Blutbahn eingetretenen
Akneerreger direkt angreift und totet, und daB ferner das mit Queck¬
silber beladene Blut eine uniiberwindliche Barriere zwischen der Ein¬
trittspforte der Akneerreger und ihrem Lokalisations- und Entwickelungs-
herd darstellt.
Welcher Keim nun den Akneerreger darstellt, mag dahingestellt
bleibeu. Auf Grund der Erfahrung, daB bekanntlich das Quecksilber
in der hier angewendeten Form keinen EinfluB auf die gewohnlichen
Eiterungsprozesse ausubt, kann man annehmen, daB bei der Akne die
gewohnlichen Eitererreger entweder keine oder nur eine sekundare Rolle
spielen.
Vielleicht konnte die oben erwahnte Meinung Lomrys die richtige
sein, welcher den Unnaschen Aknebacillus als eine wenig virulente
Varietat des Bacterium coli commune betrachtete.
* *
*
Es handelt sich augenscheinlich bei meiner bisher dargestellten Auf-
fassung der Aetiologie der Akne urn eine reine Hypothese, gegen welche
jedoch raeines Wissens keine sicher bewiesene Tatsache spricht, und
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234 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
welche vielleicht eine Bahn fur Untersuchungen in einer neuen Richtung
andeutet.
(Meine Untersuchungen liber den EinfluB des Quecksilbers auf den
AkneprozeB setze ich fort und werde meine Resultate seiner Zeit be-
richten.)
Turin, April 1910.
Nachdruck verboten.
Experimentelle Untersuchungen zur Serodiagnostik
der Echinokokkeninfektion.
[Aus dem staatlich Hygienischen Institut zu Hamburg.
(Direktor: Prof. Dr. Dunbar).]
(Abteilung fiir experimentelle Therapie und Immunitfitsforschung.)
Von Dr. med. Fr. Graetz.
In aller Kiirze mochte ich fiber die Resultate einer Reihe von
Untersuchungen zur Serodiagnostik der Echinokokkeninfektion berichten,
welche ich seinerzeit gewissermaBen als Vorversuche ffir die Bearbeitung
einer anderen Frage aus diesem Gebiete angestellt babe, an deren Durch-
ftihrung ich aber bislang aus Mangel an entsprechend einwandfreiem
Material verhindert war. Der Gedanke, der mich zur Aufnahme meiner
Versuche veranlaBte, war der, ob es vielleicht mit Hilfe unserer modernen
biologischen Differenzierungsmethoden gelfinge, die alte Streitfrage fiber
die Identitfit Oder Nichtidentitfit der beiden in unseren Gegenden vor-
kommenden Echinokokkenformen zu losen. Wie ja allgemein bekannt sein
dflrfte, stehen sich bezfiglich des Echinococcus hydatidosus und
multilocularis und ihrer gegenseitigen Beziehungen zwei Anschau-
ungen diametral gegeniiber. Wfihrend ein Teil der Autoren die Auf-
fassung vertritt, dafi Echinococcus hydatidosus und alveolaris
lediglich zwei verschiedene anatomische Erscheinungsformen eines ein-
heitlichen Parasiten darstellen, vertritt ein anderer Teil ebenso ent-
schieden die Ansicht, daB die beiden in ihrer aufieren Form so differenten
Krankheitsprozesse auch zwei biologisch vollkommen verschiedenen Para¬
siten ihre Entstehung verdanken.
Wie ein Teil der letzteren Autoren, unter ihnen namentlich Melnikow-
Raswedenkow, wohl einer der besten Kenner der Echinokokken-
erkrankung, annimmt, soil die Differenz der beiden Parasitenformen neben
anderen Unterschieden nicht zum wenigsten auf einer erhohten Ffihigkeit
der alveolfiren Form zur Toxinbildung beruhen. Ich komme damit zu
einer vielfach diskutierten, aber auch heute noch nicht im einheitlichen
Sinne beantworteten Frage: Bildet die Taenia Echinococcus inner-
halb des Wirtskorpers toxische Substanzen, welche in ihre Stoffw r echsel-
produkte fibergehen und der Moglichkeit einer Resorption in den W'irts-
kfirper unterliegen?
Wenn man nfimlich das histologische Bild parasitenhaltiger Organe
beim Echinococcus und zwar besonders bei seiner alveolfiren Form
betrachtet und die ausgedehnten reaktiven Bindegewebswucherungen mit.
ihren Nekrosen und ihrer Riesenzellenbildung sieht, gewinnt man in der
Tat ohne weiteres den Eindruck, daB es sich hier wohl urn den Effekt
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Graetz, Untersuchungen zur Serodiagnostik der Echinokokkeninfektion. 235
schwerster Toxinwirkungen handeln mtisse. Eine weitere Stiitze erhalt
diese Anschauung noch durch mehrfache in der Literatur niedergelegte
Beobachtungen von schweren Krankheitserscheinungen beim Menschen,
welche sich im AnschluB an Punktionen oder Spontanrupturen von
Echinokokkencysten entwickelt hatten und scheinbar nur in der Annahme
einer starken Toxinwirkung ihre Erklarung finden konnten.
Das Problem der Toxizitat der Cystenflfissigkeit der verschiedenen
Echinokokkenformen hatte sich angesichts seiner zweifellos hohen prak-
tischen Bedeutung namentlich bei einer Reihe franzosischer Autoren einer
groBen Beliebtheit zu erfreuen, ohne daBjedoch die zahlreichen Versuche
zu einer ilbereinstimmenden oder befriedigenden Losung der Frage gefiihrt
hatten. Vielmehr gaben gerade die widersprechenden Angaben der
franzosischen Autoren Joest die Veranlassung, die Wirkung der Blasen-
fliissigkeit der Blasenwiirmer auf Versuchstiere einer erneuten Priifung
zu unterwerfen und gleichzeitig zu untersuchen, ob sich mit Hilfe der
Immunitatsreaktion Beziehungen zwischen den Blasenwfirmern und ihren
Wirten feststellen lassen. Angesichts des Mangels irgendwelcher ein-
schlagiger Angaben in der alteren Literatur gebtihrt somit auch Joest
das unbestreitbare Verdienst, als erster die Frage fiber die biologischen
Wechselbeziehungen zwischen Blasenwurmern und ihren Wirten an-
geschnitten und bearbeitet zu haben.
Die vollkommen negativen Ergebnisse seiner ausgedehnten experi-
mentellen Untersuchungen ffihrten Joest zu dem Schlusse, daB von dem
Vorhandensein eines spezifischen Giftes (eines Toxins oder Ptomains) in
der frischen, unzersetzten Cystenflussigkeit der Echinokokken keine Rede
sein kann, daB ferner zwei wesentlichen Bestandteilen der Echinokokken-
flflssigkeit, Leucin und Tyrosin, eine Giftwirkung auf die Versuchstiere
nicht zukommt.
In diesen Ergebnissen der Tierversuche liegt ohne Zweifel ein
gewisser Widerspruch mit den beim Menschen gemachten Beobachtungen.
Joest selbst halt indessen diesen Widerspruch nur fflr einen scheinbaren,
zumal ja auch beim Menschen die Existenz eines spezifischen Giftes in
der Cystenflfissigkeit keineswegs vollkommen sichergestellt sei, und es
durchaus mfiglich erscheint, daB beim Menschen eine Reihe anderer Ver-
haltnisse mitspielen, wobei in Uebereinstimmung mit Joest wohl in
erster Linie an Idiosynkrasie, eventuell auch an anaphylaktische Zustande
gedacht werden konnte, eine Annahme, zu der auch Lippmann in seiner
neuesten Arbeit neigt.
Wenn man auch auf Grund der Resultate, die Joest in seinen Ver-
suchen zu verzeichnen hatte, mit groBter Wahrscheinlichkeit die Frage
der Giftigkeit der Echinokokkenflfissigkeit als im negativen Sinne gelfist
ansehen darf, so schien es mir doch wGnschenswert, die Versuchs-
ergebnisse Joests, die bisher von anderer Seite eine NachprOfung
noch nicht erfahren hatten, auch aus eigener Anschauung kennen zu
lernen.
Eigene Versuche.
Da mir menschliches Material leider nicht zur Verfflgung stand,
beschrankte ich meine Untersuchungen auf die Echinokokkeninfektion
des Schweines. In der Gewinnung des notigen Materials wurde ich in
dankenswerter Weise durch das Entgegenkommen des Herrn Polizei-
Obertierarztes Prof. Glage unterstfltzt. Die Cystenflfissigkeit wurde
unter Wahrung strengster Kautelen mit der Spritze aus den einzelnen
Cysten angesogen und vor der Verimpfung zur Erzielung einer absoluten
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236 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Keimfreiheit (lurch sterile Filterkerzen gegeben. Ich liielt diese letzte
MaBnahme fiir urn so notwendiger, als durch Mehlhose (Centralbl. f.
Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 52. 1909. Heft 1) der Nachweis gefiihrt wurde,
daB der Cysteninhalt der Echinokokkenblasen in der Regel bakterien-
haltig ist, eine Tatsache, die leicht zu falschen Ergebnissen fuhren
konnte. Die so gewonnene wasserklare Fliissigkeit wurde in Mengen
von 3—10 ccm an eine Anzahl von Meerschweinchen subkutan verimpft,
die Tiere wurden dann unter standiger Kontrolle gehalten.
In Uebereinstimmung rait Joest konnte ich feststellen, daB keines
der Versuchstiere auch nur eine irgend merkliche Reaktion auf die
Impfung zeigte. Die Impffliissigkeit war glatt, auch ohne Hinterlassung
lokaler Veranderungen, resorbiert worden, und auch bei den mit groBeren
Dosen geimpften Tieren fanden sich nach der Abtotung der Tiere keinerlei
anatomische Veranderungen vor.
Ein gleichfalls negatives Ergebnis hatten die intraperitonealen
Impfungen beim Meerschweinchen, trotzdem hier mehrere Tiere 20 ccra
des Materials intraperitoneal erhalten hatten. Die Tiere hatten zu keiner
Zeit Krankheitserscheinungen erkennen lassen. Auch Leucin und Tyrosin
erwiesen sich in meinen Versuchen als absolut indifferent fiir die
Versuchstiere.
Ein Teil der noch iiberlebenden Tiere, sowohl von den subkutan wie
von den intraperitoneal vorbehandelten, wurden nach Ablauf einer ent-
sprechenden Inkubationszeit intraperitoneal nachinjiziert. Auch bei diesem
Versuche vermifite ich durchaus alle Krankheitssymptome oder Erschei-
nungen, die als Anaphylaxie gedeutet werden konnten.
In Bestatigung der Versuche von Joest kann ich also die Frage
nach der Giftigkeit der Echinokokkenfliissigkeit nur in absolut negativem
Sinne beantworten. Ebenso scheint es mir wenigstens auf Grund meiner
Versuche unmoglich zu sein, beim Meerschweinchen. dem Versuchstier
ymt (£oyiv fiir die Anaphylaxie, anaphylaktische Erscheinungen mit diesem
Material hervorzurufen. Ich mochte diese Tatsache namentlich Lipp-
mann gegeniiber betonen, wenn ich auch die Deutung der Krankheits-
erscheinung beim Menschen als Anaphylaxie keineswegs ohne weiteres
zuriickweisen mochte, da ja eben, wie das schon Joest hervorgehoben
hat, beim Menschen noch ganz besondere Verhaltnisse obwalten konnen.
Es ist ja allerdings eine bekannte Tatsache — ich bin mir der Moglich-
keit eines derartigen Einwandes wohl bewuBt — daB es durch peritoneale
Injektion viel schwerer gelingt, den anaphylaktischen Shock auszulosen,
als durch intravenose Nachimpfung. Wenn ich trotzdem den Modus der
intraperitonealen Nachimpfung gewahlt habe, so geschah es deshalb, urn
eine moglichst weitgehende Analogic mit den Vorgangen beim Menschen
zu haben, wo es sich ja meist urn Resorption vou einer serosen Haut
aus handelt.
Die Annahme des Zustandekommens von anaphylaktischen Zustanden
oder von Vergiftungserscheinungen hat die Moglichkeit einer Resorption
von Stoffwechselprodukten des Echinococcus in den Wirtskorper zur
Voraussetzung. Wenn auch die den Parasiten umgebende Bindegewebs-
kapsel arm an Blut- und LyraphgefaBen ist und somit die Resorptions-
verhaltnisse ohne Zweifel ziemlich erschwert, so ist doch immerhin daran
zu denken, daB die m£Bige Menge von Bestandteilen der Cystenfliissigkeit,
welche resorbiert werden kann, ausreichend ware, um eine gentigende
Antikorperbildung im Wirtskorper hervorzurufen und damiteine eventuelle
Serodiagnose der Echinokokkeninfektion zu ermoglichen. Dabei ware
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Graetz, Untersuchuugen zur Serodiagnostik der Echinokokkeninfektion. 237
nach Joest wohl in erster Linie an eine Priizipitinbildung zu denken,
welche dann wahrscheinlich durch die aus der Cystenfliissigkeit resor-
bierten EiweiBkorper veranlaBt wiirde.
Samtliche in dieser Richtung von Joest unternommenen Unter-
suchungen der Sera von hochgradig echinokokkenkranken Tieren fiihrten
zu negativen Ergebnissen. „In keinem Falle zeigte sich die Spur eines
Niederschlages Oder einer Triibung. u Nach den Ergebnissen dieser
Versuche war also anzunehmen, daB das Blutserum der Echinokokken-
wirte kein spezitisches Prazipitin enthielt, eine Tatsache, die wohl in
den mangelhaften Resorptionsverhaltnissen der Cystenkapsel ihre Er-
klarung findet, indem es hiernach doch den Anschein hat, daB eine fiir
die Antikorperbildung ausreichende Menge von EiweiBsubstanzen in den
Wirtskorper nicht aufgenommen werden konnte.
Gliicklicher als Joest, dem es auch durch systematische Immuni-
sierung rait Cystenflussigkeit bei Kaninchen nicht gelang, ein prtizipi-
tierendes Serum zu gewinnen, scheinen einige andere Autoren, wie z. B.
Fleig und Lisbonne oder Welst und Chapman gewesen zu sein,
welche angeblich im Serum von CystentrSgern prazipitierende Substanzen
gegen die klare Cystenflussigkeit nachweisen konnten. Auch Wein¬
berg konnte, allerdings nur etwa fiir ein Drittel seiner Falle, die Be-
funde von Fleig und Lis bonne bestatigen. Diese Befunde von
Weinberg, Fleig und Lisbonne u. a. erhalten von vornherein,
namentlich was den Wert der PrBzipitationsmethode als diagnostisches
Hilfsmittel bei der Echinokokkeninfektion anlangt, eine erhebliche Ein-
schrankung, da es Weinberg auch mit dem Serum von Gesunden und
mit anderen Erkrankungen Befallenen gelang, eine Prazipitation in der
klaren Cystenflussigkeit des Echinococcus zu erzielen. Aehnliche
Ergebnisse scheint auch Ghedini bei seinen Versuchen gehabt zu
haben, denn auch er gibt in Uebereinstimmung mit Weinberg der
Komplementbindungsmethode als diagnostischem Hilfsmittel den Vorzug,
da sie mehr konstante und sichere Resultate ergibt als die Prazipitations-
methode.
Bedauerlicherweise hat Joest die Komplementbindungsmethode
nicht in Anwendung gebracht, so daB ihm der Vorwurf einer gewissen
Unvollst&ndigkeit seiner Versuche nicht erspart werden kann. Joest
greift ja auch in seiner Arbeit von vornherein diesem Einwande vor
und stutzt sich auf seine negativen Immunisierungsversuche beim
Kaninchen. Er geht dabei von der Anschauung aus, daB die Versuche
mit immunisierten Kaninchen bei der Art der Immunisierung eine
etwaige Antikbrperbildung auch im Prazipitationsversuch batten erkennen
lassen miissen.
Wie wenig zutreflFend diese SchluBfolgerungen Joests gewesen sind,
das haben die sp&teren Versuche anderer Autoren zur Genuge bewiesen.
Ghedini konnte als erster den Nachweis erbringen, daB im Serum von
Echinokokkentr&gern spezifische Antikorper auftreten, welche ihre Ent-
stehung bestimmten in der Cystenflussigkeit enthaltenen und in den
Wirtskbrper allm&hlich diffundierenden Substanzen (Antigenen) verdanken
und mit diesen Substanzen als Antigenen die Bordet-Gengousche
Reaktion der Komplementablenkung ergeben. Die Richtigkeit der An-
gaben G he din is sind dann zunachst durch W ein b erg und seine Mit-
arbeiter in ausgedehnten Versuchen an Menschen und in neuester Zeit
durch allerdings sp&rliche Angaben in der deutschen Literatur durch
Kreuter und Lip pm an n bestiitigt worden. Auf die Mitteilungen der
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238
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
genannten Autoren werde ich bei der Besprechung meiner eigenen Ver-
suche in Kurze eingehen.
Auch meine eigenen Versuche batten sich den Nachweis von spezi-
fischen Antikorpern ira Serum von Cystentragern, sei es mit Hilfe der
Prazipitations- Oder der Komplementbindungsmethode, zum Ziele gesetzt.
Zur Untersuchung standen mir 4 F&lle von hochgradiger Echinokokken-
infektion des Schweines zur Verfiigung. Fur die Gewinnung des Serums
dieser Tiere habe ich mich mit Vorteil an die Vorschriften gehalten, die
Joest in seiner des ofteren bereits zitierten Arbeit fur die Blutentnahme
gibt. Sobald der Tierkorper geoffnet und die Infektion mit Echinokokken
festgestellt war, wurden direkt aus dem Herzen die Blutkoagula, welche
sich meist noch sehr reichlich vorfanden, moglichst steril entnommen.
Durch Zentrifugieren lieB sich stets eine fur die Versuche ausreichende
Menge von Serum gewinnen.
Bei keinem der vier von mir untersuchten Falle von Echinokokken-
infektion konnte ich indessen mit der Uhlenhuthschen Prazipitations-
methode auch nur eine Spur von Niederschlag oder Triibung bei der
Vereinigung von Cystenfliissigkeit und Tierserum beobachten. Auch mit
dem Serum einer groBen Zahl gesunder oder mit verschiedenen anderen
Erkrankungen behafteter Schweine gelang es mir nicht, eine Prazipitation
in der klaren Cystenfliissigkeit hervorzurufen, ganz gleichgiiltig, ob die
Versuche bei Zimmertemperatur angesetzt oder nach dem Vorgange von
Joest langere Zeit bei 37° gehalten wurden. In Uebereinstimmung mit
Joe st und entgegen den von Fleig und Lisbonne gemachten Be-
obachtungen mochte ich der Anschauung Ausdruck geben, daB das Vor-
kommen spezifischer oder nicht spezifischer Prazipitine im Serum des
gesunden oder echinokokkenkranken Schweines zum mindesten als eine
sehr seltene Erscheinung angesehen werden muB. Die Versuche, die
Serodiagnose der Echiuokokkeninfektion auf der Pr&zipitationsmethode
aufzubauen, miissen demnach auf Grund der bisherigen Erfahrungen als
gescheitert gelten.
Ein wertvolleres diagnostisches Hilfsmittel fur die Echinokokken-
infektion scheint uns, wenigstens nach den iibereinstimmenden Versuchs-
ergebnissen einer groBeren Zahl franzosischer Autoren und in neuerer
Zeit auch einiger deutscher Forscher, in dem Ph&nomen der Komplement-
. bindung an die Hand gegeben zu sein, und ich darf wohl hier gleich
vorausschicken, daB auch ich mich dieser Methode fur die folgenden
Versuche mit Erfolg bedient habe. Untersucht habe ich damit zunSchst
die gleichen 4 Falle von Echinokokkeninfektion des Schweines, bei denen
ich das Serum bereits mit negativem Ergebnis auf seinen Gehalt an
spezifischen Prazipitinen gepriift hatte.
Bei der Ausfiihrung der Komplementbindungsversuche habe ich mich
durchaus an die urspriinglich von Wassermann gegebene Vorschrift
gehalten. Von der Anweudung der Sternschen Modification, welche
nach Weinbergs Angaben auch fiir diese Krankheit mehr positive
Resultate ergeben soli, habe ich Abstand genommen, da sie nach Angaben
des gleichen Autors keineswegs immer sichere Resultate ergibt, und auch
die Erfahrungen, die von anderer Seite gemacht worden sind, der An-
wendung dieser Modifikation keineswegs das Wort reden konnen. Bevor
ich auf die Versuche selbst, deren Resultate aus den beigefiigten Tabellen
ersichtlich sind, des n&heren eingehe, indchte ich die Versuchstechuik
etwas ausfiihrlicher besprechen. Die Kompouenten des Versuches setzen
sich folgendermaBen zusammen:
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Graetz, Untersuchungen zur Serodiagnostik der Echinokokkeninfektion. 239
1) Das Serum des erkrankten Tieres.
2) Antigen (Hydatidenfliissigkeit).
3) 10-proz. Losung von Meerschweinchenserum als Complement.
4) 5-proz. Losung von Hammelblutkorperchen.
5) Hamolytisches Kaninchenserum.
Das Serum der erkrankten Tiere wurde in einer Verdiinnung von
1 : 10 zum Versuch verwendet, nachdem es vorher 1 / 2 Stunde bei 56°
erhitzt worden war.
Das Komplement wurde fur jeden einzelnen Versuch neu austitriert,
und die jeweilige Menge des Komplements so gewahlt, dafi das h&mo-
lytische System in 25—30 Min. eine vollkommene Losung ergab.
Als Antigen diente mir bei meinen Versuchen zunachst die wasser-
klare Cystenfliissigkeit aus den Hydatidenblasen der erkrankten Tiere
selbst, welche in gleicher Weise gewonnen und vorbehandelt war, wie
zu meinen eingangs mitgeteilten Toxizitatspriifungen. Die Cystenfliissig-
keit zeigte auch bei Verwendung grofierer Dosen keinerlei spontan
komplementbindende Eigenschaften, so dafi sie ohne weiteres in normaler
Konzentration als Antigen zum Versuch verwendet werden konnte.
Die Versuchsanordnung gestaltete sich also derart, daB konstante
Mengen des inaktivierten Serums der erkrankten Tiere mit fallenden
Dosen der Cystenfliissigkeit (1,0—0,1 ccm) unter Zusatz einer zur Losung
ausreichenden Komplementmenge 2 Stunden bei 37° gehalten wurden.
Nach Ablauf dieser Zeit erfolgte dann der Zusatz des hamolytischen
Systems. Das Resultat des Versuches wurde zunachst nach weiteren
2 Stunden abgelesen, und der Versuch dann bis zum definitiven Ab-
schluB, welcher nach 12 Stunden erfolgte, im Eisschrank aufbewahrt.
Tabelle I.
Cystenfliissigkeit
"To
0,5
0,3
0,2
o,T
1
Echinokokken - Schweine-
serum 1
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
2
Schweineserum 2
+ + +
-F + +
+ + +
+ + +
+ + +
3
Schweineserum 3
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
4
Schweineserum 4
+ -f +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
Norm. Schweineserum
e
0
0
0
0
Norm. Schweineserum
e
0
0
0
0
Wie aus der beigefiigten Tabelle (Tabelle I) hervorgeht, zeigte das
Serum der echinokokkenkranken Tiere in alien 4 Fallen in voller Ueber*
einstimmung mit den von Weinberg, Ghedini, Kreuter u. a.
gemachten Beobachtungen bei seiner Vereinigung mit der Cystenfliissig-
keit des Echinococcus eine komplette Bindung des Komplements.
Ferner ergibt sich aus zahlreichen Versuchen, die mit dem Serum normaler
Oder mit anderen Erkrankungen behafteter Schweine angestellt wurden,
daB das Serum dieser Tiere eine komplementbindende Fahigkeit gegen-
tiber der Hydatidenfliissigkeit nicht besitzt, wahrend sich im Serum
echinokokkenkranker Tiere ohne Zweifel antikdrperartige Substanzen
vorfinden, welche mit den Stoffwechselprodukten des die Infektion be-
dingenden Parasiten das Phanomen der Komplementbindung ergeben.
Urn welche Arten von Substanzen es sich dabei im Blute der erkrankten
Tiere handelt, muB ich zunachst dahingestellt sein lassen. Ob ferner
zwischen dem Sitz des Infektionsherdes und der Starke der Antikorper-
bildung gesetzm&fiige Beziehungen bestehen, konnte ich in meinen Fallen
nicht feststellen, da es sich hier fast ausschlieBlich um Erkrankungen
der Leber handelte. In Uebereinstimmung mit Weinberg halte ich es
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240
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
indessen fur wahrscheinlicher, daB der GroBe des Infektionsherdes und
nicht zum wenigsten der Beschaffenheit der bindegewebigen Cystenkapsel
und den durch sie bedingten Resorptionsverhaltnissen ein bedeutender
EinfluB auf die Starke der Reaktion zuerkannt werdeu muB.
Von ausschlaggebender Bedeutung fiir das Gelingen und die prak-
tische Bewertung der Reaktion scheint mir ohne Zweifel die Wahl des
Antigens zu sein. Den meisten Autoren, die sich mit der Serodiagnostik
der Echinokokkeninfektion befaBt haben, hat sich die Hydatidenflussigkeit
als bestes Antigen bewakrt. Doch scheinen auch hier ziemlich erhebliche
Unterschiede in der Brauchbarkeit der verschiedenen Cystenfliissigkeiten
zu bestehen, namentlich scheint die Cystenfliissigkeit von Parasiten des
Menschen keineswegs immer ein einwandfreies Antigen darzustellen, da
sie auch mit dem Serum normaler Individuen, wenigstens in vereinzelten
Fallen, eine Kompleraentbindung hervorruft, eine Tatsache, die ohne
Zweifel den praktischen Wert der Reaktion beeintrSchtigen mtiBte.
Weinberg und seine Mitarbeiter haben sich aus diesem Grunde auch
der Hydatidenflussigkeit des Hammels bedient und damit einwandfreie
Resultate erzielt. Kreuter und Li ppm an n scheinen indessen ahn-
liche Erfahrungen nicht gemacht zu haben. Fur die Cystenfliissigkeit
des Schweines gilt nach meinen Erfahrungen das Gleiche wie fur die
Hydatidenfliissigkeit des Hammels. Ich habe bei meinen zahlreichen
Versuchen niemals eine spontane Komplementbindung der Cystenfliissig-
keit gesehen und auch bei Vereinigung mit dem Serum normaler oder
an anderen Erkrankungen leidender Tiere eine Komplementbindung nicht
beobachten kOnnen. Ob sich die Hydatidenfliissigkeit des Schweines auch
fiir die Diagnostik der Infektion beim Menschen als Antigen eignen
wiirde, kann ich aus eigenen Erfahrungen nicht sagen. Ihre Verwend-
barkeit hatte jedenfalls den Vorzug, sich jederzeit leichter ein brauch-
bares Antigen verschaffen zu konnen, da die Echinokokkeninfektion beim
Schwein relativ haufiger angetroffeu wird als beim Hammel. Es gelingt
indessen auch bei geeigneter Behandlung und namentlich bei absolut
steriler Entnahme der Cystenfliissigkeit, dieses Antigen selbst auf Monate
hinaus ohne Schwierigkeiten brauchbar zu erhalten. Auch hinsichtlich
der Wirkungskraft des Antigens teile ich die Bedenken Kreuters
keineswegs in vollem Umfange, wenigstens habe ich eine merkliche
Abnahme des Antigens selbst nach 2—3 Monaten noch nicht beobachten
konnen.
Trotzdem bin ich der Anregung Kreuters auf Herstellung eines
kiinstlichen Antigens gem gefolgt, da ich selbst den Wunsch hatte, stets
ein brauchbares Antigen fiir meine Versuche zur Hand zu haben und
mich von Zufallen frei zu halten. Nach den wenig erfolgreichen Ver¬
suchen Kreuters, diesem Ziele auf dem Wege eines wasserigen
Extraktes naher zu kommen, habe ich von der Herstellung eines wasserigen
Extraktes abgesehen, wenngleich die wasserigen Extrakte sich nach zahl¬
reichen Versuchen mit der Wassermannschen Reaktion meist als die
wirksameren erwiesen haben und meines Erachten ein wasseriger Extrakt
auch den physiologischen Verhaitnissen, wie sie in der Cystenfliissigkeit
bestehen, am nachsten kommen miiBte. Dagegen ist es mir gelungen,
unter Verwendung der Cystenfliissigkeit und der sonstigen Parasiten-
bestandteile einen alkoholischen Extrakt zu gewinnen, welcher sich in seiner
Wirksamkeit mit der Cystenfliissigkeit als durchaus gleichwertig erwies.
Ich bin bei seiner Bereitung in der Weise vorgegangen, daB ich zunachst
die zum Teil kinderfaustgroBen Cysten des Parasiten zusammen mit dem
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Graetz, Untersuchungen zur Serodiagnostik der Echinokokkeninfektion. 241
Gewebe aus der unmittelbaren Umgebung des Parasiten, aus dem Organ
(Leber) ausloste und soweit mflglich unter Wahrung von Sterilit&t zer-
kleinerte. Die gesamten zerkleinerten Bestandteile (Blasenwand, Cysti-
cercus, Hydatidenfiiissigkeit und Lebergewebe) wurden dann im Vakuum
zu einer honigartigen Masse eingedampft, der Riickstand im Verhaltnis
1:20 mit absolutem Alkohol versetzt und unter standigem Schiitteln
2mal 24 Stunden bei 37° extrahiert. Diese Emulsion wurde dann bis
zur vollkommenen Klarheit filtriert, wobei ein goldgelber, aromatisch
riechender Extrakt erzielt wurde. In der gewonnenen Konzentration liefi
sich der Extrakt allerdings nicht fflr den Versuch verwerten, da er selbst
bei einer Dosis von 0,2 ccm noch eine komplette Bindung selbst der
groBten im allgemeinen verwendeten Komplementmenge bewirkte. Als
geeignete Konzentration erwies sich bei Austitrierung eine Verdtinnung
1:10 des Originalextraktes. Die Verwendung des verdiinnten Extraktes
hatte auBerdem den Vorteil, daB fiir die vergleichenden Untersuchungen
iiber die Wirksamkeit der beiden Antigene gleiche Mengen der Cysten-
flflssigkeit und des alkoholischen Extraktes fflr den Versuch verwendet
werden konnten. Dabei erwies es sich als vollkommen gleichgflltig, ob
der Extrakt schnell Oder fraktioniert verdflnnt wurde.
Tabelle II.
Fallende
Cystenfliissigkeit
Alkoholischer Extrakt
Dosis des
Antigens
Schweine-
serum 1
Norm. Schweine-
serum
Schweine-
serum 1
Norm. Schweine-
serum
1,0
+ + +
e
+ + +
0
0,5
+ + +
©
+ + +
0
03
+ + +
0
+ + +
0
0,2
+ + +
0
+ + +
0
0,1
+ + +
©
+ + +
0
Schweine-
Norm. Schweine-
Schweine-
Norm. Schweine-
serum 2
serum
serura 2
serum
1,0
+ + +
0
+ + +
0
0,5
+ + +
0
+ + +
0
0,3
+ + +
0
+ + +
0
03
+ + +
0
+ + +
0
0,1
+ + +
0
+ + +
0
Schweine-
Norm. Schweine-
Sehweine-
Norm. Schweine-
senim 3
serum
serum 3
serum
1,0
+ + +
0
+ + +
0
0,5
+ + +
0
+ + +
0
03
+ + +
0
+ + +
0
03
+ + +
0
+ + +
0
0,1
+ + +
0
+ + +
0
Schweine-
Norm. Schweine-
Schweine-
Norm. Schweine-
serum 4
serum
serum 4
serum
1,0
+ + +
0
+ + +
0
0,5
+ + +
0
+ + +
0
0,3
+ + +
0
+ + +
0
03
+ + +
0
+ + +
0
0,1
+ + +
0
+ +0
0
Erklanmg der Zeichen: + + + = komplette Hemmung, + +0 = Spur Hamolyse,
-(-0 = fast komplette Hamolyse, 0 = komplette Hamolyse.
Wie aus der Zusammenstellung der Tabelle II hervorgeht, hat sich
der alkoholische Extrakt in der genannten Konzentration als durchaus
Ente Abt. Orig. Bd. 65. Heft 3. 16
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242
(Jentralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 3.
gleichwertiges Antigen mit der Hydatidenfliissigkeit erwiesen. Auch
hinsichtlich der Spezifitat haben die Versuche mit deni alkoholischen
Extrakt gegeniiber den mit Hydatidentiiissigkeit angesetzten Versuchen
eine vollkoinmene Uebereinstimmung ergeben. Sfimtliche von echino-
kokkenkranken Tieren stammende Sera ergaben auch mit dem kiinst-
lichen Antigen eine vollkoinmene Hemmung der Hamolyse, wfihrend bei
normalen oder anderweitig erkrankten Tieren eine Komplementbindung
uicht erfolgte.
Was im iibrigen die Frage der Spezifitat der Reaktion fur die Echino-
kokkeninfektion anlangt, so moclite ich mich in Uebereinstimmung mit
Ghedini fur ihre Spezifitat aussprechen, da sowohl normale Sera als
auch Sera bei andersartigen Erkrankungen eine komplementbindende
F&higkeit gegeniiber den spezifischen Antigenen vermissen lieBen. Von
Bedeutung fur die Frage der Spezifitat scheint mir noch die Tatsache
zu sein, daB die Sera der echinokokkenkranken Tiere weder gegen einen
alkoholischen Extrakt aus Meerschweinchenorganen noch gegen einen in
gleicher Weise hergestellten Extrakt aus Schweineleber, bei dem Parasiten-
bestandteile nicht mitverarbeitet worden waren, eine Komplementbindung
erkennen lieBen. Inwieweit die Spezifitat der Reaktion etwa bei Ver-
wendung von Extrakten aus verwandten Parasiten erhalten bleibt, miiBten
weitere Untersuchungen ergeben. Die sparlichen bis jetzt nach dieser
Richtung angestellten Versuche lassen meines Erachtens ein Urteil dartiber
nicht zu.
Der Gedanke, die Frage der Antikorperbildung bei der Echinokokken-
infektion auch auf dem Wege der kiinstlichen Immunisierung zu prQfen,
ist, wie schon friiher erwahnt, zuerst von Joest, allerdings mit negativen
Ergebnissen, durchgefQhrt worden. Joests Auffassung, daB bei der
von ihm angewandten Immunisierungsmethode eine etwaige Antikorper¬
bildung sich auch iin Prazipitationsversuch hatte nachweisen lassen
miissen, hat ihn bedauerlicherweise auf die Anwendung der Komplement-
bindungsmethode verzichten lassen, da er offenbar in Uebereinstimmung
mit Uhleuhuth die Identitat von Prazipitinen und EiweiBambozeptoren
annimmt und somit ein positives Ergebnis auch mit dieser Methode nicht
erwarten konnte.
Im Gegonsatz zu Joest berichtet Ghedini, daB es ihm auch beim
Kaninchen gelungen sei, durch systematische Immunisierung mit Hyda-
tidenfliissigkeit ein Serum zu gewinnen, welches im Komplementbindungs-
versuch eine vollkommene, nach Ghedini spezifische, Hemmung der
Hamolyse erkennen lieB. Da ich in der mir sonst zugSngigen Lite-
ratur eine Bearbeitung von anderer, und namentlich von deutscher Seite,
nicht finden konnte, habe ich die Joestschen Immunisierungsversuche
einer erneuten Priifung unterzogen. Mehrere Kaninchen, deren Blutsera
vorher auf das Fehlen prazipitierender oder komplementbindender Eigen-
schaften gegeniiber der Cystenfliissigkeit gepriift worden waren, wurden
durch intravenose Injektionen der frischen und absolut sterilen Cysten-
fllissigkeit in der gleichen Weise immunisiert, wie dies zur Gewinnung
prazipitierender Sera zu geschehen pflegt. Dabei mochte ich auch an
dieser Stelle nicht unerwfihnt lassen, daB keines der Versuchstiere bei
Verwendung der frischen Hydatidenfliissigkeit wahrend der ganzen Immuni-
sierungszeit auch nur eine Spur von Vergiftungserscheinungen erkennen
lieB, welche auf das Vorhandensein eines Toxins oder Ptomains in der
unzersetzten Fliissigkeit hatte schliefien lassen. Zahlreiche, in ver-
schiedeuen Intervallen vorgenommene Serumprflfungen der Versuchstiere
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Graetz, Untersuchungen zur Serodingnostik der Echiuokokkeninfektion. 243
bestatigten in voller Uebereinstimmung die Versuchsergebnisse Joests,
daB es nicht gelingt, auf immunisatorischem Wege ein Antiserum her-
zustellen, welches auch gegen die starkste Konzentration der Hydatiden-
fliissigkeit eine deutliche Prazipitation zeigte. Selbst bei l&ngerem Aufent-
halt der Versuche im Brutschrank war auch nicht eine Spur von Triibung
bei der Vereinigung von Cystenfliissigkeit und Kaninchenantiserum zu
erkennen. Ebensowenig entstand bei Vereinigung des Kaninchenanti-
serums mit dera Serum eines echinokokkenkranken Tieres irgendein als
Prazipitation iraponierender Niederschlag.
Angesichts der negativen Ergebnisse der Prazipitationsversuche habe
ich dann zum Nachweis einer etwaigen Antikorperbildung die Komple-
inentbindungsmethode herangezogen. Die Methodik ftir die Versuche
war die gleiche wie bei der Priifung der echinokokkenkranken Tiere.
Als Antigene dienten mir wiederum die Cystenfliissigkeit des Schweines
und der angegebene alkoholische Extrakt. Das Antiserum wurde eben-
falls inaktiviert, und zwar in der Dosis von 0,1 zum Versuch verwendet bei
fallenden Antigendosen. Auf diese Weise gelang es schon nach 3 bis
4 Impfungen im Serum der immunisierten Tiere das Auftreten komple-
mentbindender Substanzen festzustellen, welche mit Wiederholung der
Impfungen eine deutliche Zunahme erkennen lieBen. Sehr hochwertige
Sera habe ich indessen bei keinem der Tiere erzielen konnen, wenn sich
auch der Titer des Immunserums, der sich zwischen 1:500 und 1:1000
bewegte, als praktisch durchaus ausreichend erwies.
Ich lasse hier zunachst zur Orientierung einige Versuchsergebnisse
mit dem Serum immunisierter und normaler Kaninchen folgen:
Die Versuche sind in gleicher Weise bezeichnet wie in Tabelle 1
und 2.
Antigen: Hydatidenfliissigkeit
1,0
O
0,3
■ 0,2
0,1
1. Kaninchenserum 118 (0,1)
+ + +
+++
+ + +
+ + +
+ + +
2. Kaninchenserum 122 (0,1)
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
+ + +
3. Normalkaninchenserum 1 (0,1)
0
o
e
e
e
4. Normalkaninchenserum 2 (0,1)
e
e
e
e
0
Wie aus diesen oben angefuhrten Versuchen hervorgeht, igelingt es
also auch bei Kaninchen, die lSLngere Zeit mit Hydatidenfliissigkeit immuni-
siert worden sind, ein Immunserum zu gewinnen, welches ausgesprochene
komplementbindende Eigenschaften gegen die zur Immunisierung ver-
wendete Hydatidenfliissigkeit zeigte, w&hrend meine zahlreichen, mit
Normalkaninchenserum angestellten Versuche stets durchaus iiberein-
stimmende Resultate nach der Richtung erzielten, daB das Normalkanin¬
chenserum komplementbindende Fahigkeiten gegen die Cystenfliissigkeit
nicht enthalt.
Ich habe dann weiterhin namentlich in Hinblick auf die Frage der
Spezifitat der Reaktion auch bei den kiinstlich immunisierten Tieren
vergleichende Versuche mit den beiden Antigenen angestellt und bin
hierbei zu den gleichen Resultaten gekommen, wie bei meinen Unter¬
suchungen an spontan erkrankten Tieren. Auch hierbei zeigt sich bei
alien mehrfach wiederholten Versuchen, daB nur im Serum immunisierter
Kaninchen komplementbindende Substanzen gegen die beiden Antigene
nachzuweisen waren, wahrend das Serum normaler Tiere diese Eigen-
schaft vermissen lieB.
Ich lasse auch hiervon beispielsweise einige Versuchsergebnisse in
tabellarischer Uebersicht folgen:
16 *
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244
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Fallende Antigen-
Dosen
Hydatidenfliissigkeit
Alkoholischer Extrakt
Kaninchen-
serum 118
Normal-
kaninehenserum
Kaninchen¬
serum 118
Normal¬
kaninchenserum
1,0
+ + +
e
+ + +
0
0,5
+ + +
e
+ + +
0
0,4
+ + +
e
+ + +
0
0,3
+ + +
e
+ + +
0
0,2
+ + +
0
+ + +
0
0,1
+ + +
0
+ + +
0
Kaninchen-
Normal-
Kaninchen-
Normal-
serum 122
kaninchenserum
serum 122
kaninchenserum
1,0
+ + +
0
+ + +
0
0,5
+ + +
0
+ + +
0
0,3
+ + +
0
+ + +
0
0,2
+ + +
0
+ + +
0
0,1
+ +<»
0
+e
0
Auch aus diesen in der Tabelle niedergelegten Ergebnissen gebt
meines Erachten mit Eindeutigkeit hervor, daB die Sera immunisierter
Tiere im Komplementbindungsversuch positiv reagieren, gleichgiiltig, ob
die Cystenfliissigkeit oder ein entsprechend hergestellter alkoholischer
Extrakt aus Parasitenbestandteilen als Antigen zur Verwendung kommt.
Angesichts derTatsache, daB bei Verwendung von Normalkaninchenserum
eine Komplementbindung gegen die beiden Extrakte nicht erfolgt, nament-
lich in Hinblick auf den Parallelismus der Versuchsergebnisse, scheint
auch bei der kiinstlichen Immunisierung der Spezifitat der Reaktion mit
groBter Wahrscheinlichkeit verbtirgt zu sein. Ich mochte mich indessen
nur insoweit mit einer gewissen Bestimmtheit fur die Spezifit&t der
Reaktion aussprechen, als die Hydatidenfliissigkeit als Antigen zur Ver¬
wendung kommt, wfihrend ich bei Verwendung des alkoholischen Extraktes
im Kaninchenversuch die Frage der Spezifitat nur mit einer gewissen
Reserve bejahen mochte. 1st es ja doch eine von vielen Seiten gemachte
Beobachtung, die auch ich in zahlreichen Versuchen, auf die ich noch
an anderer Stelle zuriickkommen werde, best&tigen konnte, daB schon
vielfach das Serum normaler Kaninchen in Verbindung mit alkoholischen
Extrakten eine komplette Bindung des Komplements bewirkt. Diese
Eigenschaft des normalen Serums, die unter UmstSnden sogar beim
gleichen Tiere an verschiedenen Tagen bedeutenden Schwankungen unter-
worfen sein kann, muB meines Erachtens fiir die Beurteilung der Versuche
stark in Rechnung gezogen werden, und es darf jedenfalls in derartigen
Fallen eine Spezifitat der Reaktion nur dann angenommen werden, wenn
das Serum der immunisierten Tiere vor der Behandlung komplement-
bindende Eigenschaften gegen die zur Impfung verwendeten Antigene
nicht gezeigt hat, oder wenn sich unter dem Einflufi der Impfung bei
dem Serum des Immuntieres in verschiedenen Intervallen eine Zunahme
in der Starke der Reaktion erkennen laBt. Fiir meine eigenen im vor-
stehenden berichteten Versuche glaube ich mich unter Beriicksichtigung
der vorerwahnten Kautelen ohne Bedenken auch fiir die kiinstlich immuni¬
sierten Tiere fiir eine Spbzifitat der Reaktion im Sinne Ghedinis aus¬
sprechen zu konnen.
War somit durch die Versuche am kranken Tier und auf immuni-
satorischem Wege der Beweis einer spezifischen Antikorperbildung bei
der Echinokokkeninfektion erbracht, so schien es von weiterem Interesse,
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Graetz, Untersuchungen zur Serodiagnostik der Echinokokkeninfektion. 245
wenn moglich festzustellen, welche Bestaudteile der Hydatidenflussigkeit
wohl als die Ursache der Antikorperbildung angesehen werden konnten.
Die Spuren von Kochsalz und Bernsteinsaure, die sick in der Cysten-
fliissigkeit vorfinden, konnten wohl kaum dafiir verantwortlich gemacht
werden; es muBte vielmehr in erster Linie an die in der Fliissigkeit
enthaltenen Eiw r eiBsubstanzen bezw. an deren Abbauprodukte, Leucin
und Tryosin, gedacht werden, und ich glaube durch meine mit diesen
Substanzen angestellten Iramunisierungsversuche Anhaltspunkte gewounen
zu haben, welche diesen Substanzen einen Anteil an der Bildung der
Immunkorper zu sichern scheinen. Ich habe zum Zweck der Immuni-
sierung die beiden chemisch reinen Substanzen in Kochsalzlosung auf-
gelost und mit den gesattigten Losungen Kaninchen, deren Blut im
Komplementbindungsversuch gegen die betreffenden Antigene und gegen
die Cystenfliissigkeit negativ reagierte, durch intravenose Injektionen zu
iminunisieren versucht. Es gelang bei diesen Tieren schon nach melir-
maligen Impfungen im Komplementbindungsversuch Antikorper nachzu-
weisen, welche nicht nur mit den zur Immunisierung verwendeten Sub¬
stanzen, sondern auch gegen die Hydatidenflussigkeit und gegen den
alkoholischen Extrakt aus Parasitenbestandteilen eine deutliche Komple-
mentbindung ergaben. Ich bin weit davon entfernt, aus den wenig zahl-
reichen Versuchen, welche zwar stets ubereinstimmende Resultate ergaben,
jetzt schon bindende Schlusse zielien zu wollen, zumal es mir auf der
anderen Seite nicht gelang, mit dem Serum von Kaninchen, welche mit
Cystenfliissigkeit immunisiert waren, und welche gegen die Hydatiden-
fliissigkeit und den alkoholischen Extrakt positiv reagierten, absolut ein-
deutige Resultate zu erzielen, wenn Leucin und Tyrosin als Antigene
dienten. Vielleicht vermogen ausgedehntere Versuche nach der Richtung,
namentlich das Phanomen der Anaphylaxie, definitive Aufschliisse zu
geben, ob und welche Bedeutung dem Leucin und Tyrosin fiir die Anti¬
korperbildung bei der Echinokokkeninfektion zukommt.
Zusammenfassung:
Zum Schlusse mochte ich nooh einen kurzen Ueberblick iiber die
durch meine Untersuchungen gewonnenen Resultate geben:
1) Die frische, bakterienfrei gewonnene Hydatidenflussigkeit ist frei
von Toxinen und Ptomainen und erweist sich gegeniiber den Versuchs-
tieren, sowohl bei subkutaner wie bei intravenoser und intraperitonealer
Verimpfung, auch in groBeren Dosen als vollkommen indifferent.
2) Die beiden Hauptbestandteile der Cystenfliissigkeit, Leucin und
Tyrosin, rufen ebenfalls keinerlei Erkrankungserscheinungen bei Ver-
suchstieren hervor.
3) Im Serum echinokokkenkranker Tiere ist mit Hilfe der Prazipi-
tationsmethode eine Antikorperbildung nicht nachzuweisen.
4) Das Serum echinokokkenkranker Schweine zeigt gegen die
homologe Cystenfliissigkeit und gegen einen alkoholischen Extrakt aus
Parasitenbestandteilen das Phanomen der Komplementbindung. Die
Reaktion kann als spezifisch gelten, da normale Sera und Sera von
andersartig erkrankten Tieren frei von komplementbindenden Substanzen
sind.
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246
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Es gelingt auch auf immunisatorischem Wege, die Bildung spezifischer
Antikorper im Serum von Kaninchen zu erzielen. Diese Antikdrper-
bildung laBt sich ebenfalls nur im Komplementbindungsversuch nach-
weisen, wahrend das Kaninchenserum spezifische Prazipitine gegenuber
der Hydatidenfliissigkeit vermissen laBt.
Als Antigen konnte neben der homologen Hydatidenfliissigkeit mit
gleichem Erfolg ein alkoholischer Exktrakt aus Parasitenbestandteilen
verwendet. werden. Sowohl die Sera der echinokokkenkranken Tiere,
wie die Kaninchenimmunsera zeigten bei Verwendung der beiden Antigene
vollkommen iibereinstimmende Resultate.
Es ist mir nicht gelungen, bei Meersckweinchen, welche mit Cysten-
fliissigkeit subkutan oder intraperitoneal vorbehandelt waren, nach Ablauf
einer entsprechenden Inkubationszeit durch intraperitoneale Nachinjektion
von Cystenfliissigkeit anaphylaktische Erscheinungen auszulosen.
Das Serum von Kaninchen, welche mit Leucin und Tyrosin immuni-
siert wurden, zeigte das Phanomen der Komplementbindung sowohl
gegen die zur Immunisierung verwendeten Antigene wie gegen die
Hydatidenfliissigkeit und gegen den alkoholischen Extrakt in gleicher
Starke. Es scheint demnach wahrscheinlich, daB den beiden Bestand-
teilen der Cystenfliissigkeit, Leucin und Tyrosin, ein bedeutender Anted
an der Antikorperbildung zugeschrieben werden darf.
Literatnr.
Fleig et Lisbonne, Soc. de Biol. 1908. p. 512.
Ghedini, Gazetta d. Ospedali. 1906 u. 1907.
Ghedini, G., II valore della sieroreazione basata sulla fiesazione del complement
nello patologia e uella diagnosi di alcune malattie elmintiche. (Annali Ist. Maragliano.
Vol. 3. 1909. No. 30
Joest, Studien iiber Echinokokken- und Cysticerkenfliissigkeit. (Zeitschr. f. Infektions-
krankh. d. Haustiere. Bd. 2. 1907.)
Kreuter, E., Zur Serodiagnostik der Echinokokkeninfektion. (Miinchn. med. Wochen-
schrift. 1909. No. 36.)
Lippmann, H., Zur Serodiagnostik der Echinokokkencysten. (Berl. klin. Wochen-
schrift. 1910. No. 1.)
Weinberg et Parvu, Soc. de Biol. 1901 et 1908.
Weinberg, Soc. de Biol. 1909.
-, Serodiagnostic de I’Ecbinococcose. (Annal. Instit. Pasteur. T. 23. 1909. p. 472.)
Welst et Chapman, Lancet 1908.
Weitere Literaturangaben enthalt die Arbeit von Lippmann, sowie die Arbeit von
Gengou: La fixation a’Alexine et ses applications pratiques. (Revue d’Hvg. T. 31.
1909. No. 10.)
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Crendiropoulo, Nouveau proc&le pour la culture des microbes anaerobies. 247
Nachdruck verboten.
Un nouveau procede pour la culture et la separation
des microbes anaerobies.
[Laboratoire du Conseil Sanitaire, Maritime et Quarantenaire d’Egypte
h Alexandrie (President Dr. M. Arm and Ruffer).J
Par le Dr. M. Crendiropoulo, Directeur du laboratoire.
Les proc6d6s de la separation des anaerobies ne font qu’augmenter
tous les jours, preuve qu’ils repondent peu aux besoins incessants de
la microbiologie. L’ideal serait une technique simple qui avec une
instrumentation rudimentaire, donnerait des rdsultats prompts et nets
entre toutes les mains et dans les laboratoires les plus pauvres. Un
tel procede, s’il est toutefois possible, est encore loin d’etre imagine. En
attendant nous croyons utile de presenter une manibre qui nous a servi
a separer les microbes anaerobies des selles avec des resultats trbs
satisfaisants dans un laboratoire provisoire pendant notre mission &
Suakim. Elle ne necessite que des tubes k culture, quelques petits
flacons k large col et un appareil 4 hydrogbne qu’on peut construire
en tout lieu.
On verse dans des tubes de 180 mm.X12 mm. jusqu’e la hauteur de
trois ou quatre centimetres, de l’agar glucose liquefie qu’on incline de
fa^on que le sommet du bee de flfite arrive au quart inferieur du tube.
Apres sa prise on met les tubes dans la position verticale afin que l’eau
de condensation se ramasse au fond. Pour ensemencer on preibve une
anse de platine du materiel dilue et on porte la semence dans l’eau de
condensation sans toucher & l’agar. Apres avoir bien melange on
incline les tubes de diverses manures pour que le liquide ensemence
passe successiveraent sur toute la surface de l’agar et l’on remet le
tube debout en l’inclinant en peu du cote de la paroi libre. De cette
fa<jon l’eau de condensation redescent sans repasser par la surface de
l’agar.
C’est la methode d’ensemencement de Veillon pour les aerobies.
Quand tout le liquide est retombd au fond, on l'aspire avec pre¬
caution et aussi compietement que possible au moyen d’une pipette
effiiee. Alors on brftle le bouchon de coton (qui ne doit pas etre
hydrophile) et on le pousse k l’interieur du tube jusqu’il quelques milli¬
metres du sommet de l’agar. Ensuite on introduit dans la partie libre
de l’eprouvette jusqu’k une hauteur convenable un tube de caoutchouc
qu’on relie avec l’appareil & hydrogene, on renverse le tube k culture
contenant le tuyau de caoutchouc et on le plonge dans un petit flacon
4 large bord rempli k moiti£ d’une solution concentr£e d’acide pyro-
gallique. On doit avoir soin que le bord du tube ne presse pas le
caoutchouc, ou que celui-ci ne fasse pas des plis qui empechent le
passage du gaz. On verse alors sur la solution pyrogallique, jusqu’a. la
hauteur de 2 k 3 centimetres, un melange de lanoline au tiers avec de
1’huile de vaseline, bien 6mulsionn6 et passd par toile et l’on donne
libre acces k l’hydrogene.
La couche grasse surnageante empeche l’air de rentrer mais permet
l’£chappement du gaz quand sa tension est suffisante. Apres avoir
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(Jentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
expurge l’air (15—20 minutes suffisent) on retire le caoutchouc par
glissement en dehors du tube de culture en soulevant un peu ce dernier
sans qu’il sorte de la solution pyrogallique et pendant que l’hydrogene
continue k passer; on enlbve alors tout a fait le tube de communication,
et on interroinpt le passage du gaz. Avec une pipette on verse dans
la solution pyrogallique k travers la couche grasse un peu de soude
caustique en solution concentree, en ayant soin de ne pas faire p6n6trer
de l’air et Ton met h l’6tuve.
Nous croyons devoir attirer l’attention sur la forme des tubes de
culture qui doivent etre longs et etroits parcequ’avec les tubes trop
larges l’agar risque de se decoder par son propre poids et de tomber
sur le coton. Quand on veut avoir une simple culture sur l’agar incline,
d’un microbe ana6robie, pr^alablement separe on peut se passer de
l'hydrogbne, la quantity de pyrogallate de soude etant suffisante k elle
seule pour priver le milieu de son oxygbne. Mais pour la separation,
ce gaz est indispensable, parce qu’avant que l’oxygbne soit complbtement
absorbe, les microbes aerobies stricts trouvent le temps de croitre et
rendeut ainsi la separation tr£s difficile.
Au commencement de nos recherches nous nous servions de l’agar
glucose k 2 °/ 0 , mais plus tard pour faciliter reiimination de l’oxygene
nous avons trouve avantage a incorporer dans ce milieu du nitrite de
sodium a raison de 1 g 50 k 2 g par litre, quantite qui ne parait pas
influencer la multiplication des microbes. Dans ce cas, la sterilisation
est fait a 100° pendant une demi-heure, durant trois jours de suite.
Avec ce procede il est facile de preiever les colonies au fur et a
mesure qu’elles font leur apparition. Pour cela on retire avec une pince
un peu longue le bouchon de coton, apres avoir convenablement essuye
l’interieur de la partie libre du tube, on peche les colonies, on remet
le bouchon en le poussant vers la profondeur et on r6pbte l’operation
comme elle a 6t6 decrite plus haut. II est bien entendu que la solution
pyrogallique et l’emulsion grasse doivent etre chaque fois renouvelees.
Nachdruck verboten.
Sur un nouveau milieu pour le diagnostic du cholera,
|Travail du Laboratoire du Conseil Sanitaire, Maritime et Quarantenaire
d’Egypte-Alexandrie (President: Dr. M. Arm and Ruffer).]
Par les
Dr. 31. Crcndiropoulo, et M me Dr. A. Panayotaton,
Directeur du Laboratoire. Privatdocent si la faculty de M6decine
d’Athfenes.
La favour avec laquelle le milieu de Dieudonn6 a et6 accueilli,
prouve combien etait n^cessaire une technique facile et sftre pour la
separation du vibrion choierique. Le proc4d6 classique a l’eau peptonee
ne suffit pas dans tous les cas et devient presque inutilisable dans les
pays tropiquaux oil les selles choieriques sont loin de presenter toujours
l’aspect caracteristique. Elies sont rarement riziformes et constituent
souvent un bouillon verdatre dans lequel on peut rencontrer toute esp^ce
de microbe. Parmi ceux-ci predominent le B. coli et certains autres
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Crendiropoulo et Panayotatou, Nouveau milieu pour le diagn. du cholera. 249
bacilles qui poussent avec une telle rapidity et vigueur qu’ils rendent
la separation du vibrion trbs p4nible.
L’un de nous a eu beaucoup si en souffrir pendant l’4pid6mie
choierique de 1902 au lazaret de Tor. L’eau peptonee £tait au bout
de 6 heures complement trouble et la culture, tr£s riche en d’autres
esp&ces microbiennes, ne pr6sentait pas trace de vibrions, qui com-
mencaient 4 peine k paraitre en nombre trbs restreint aprbs 24 heures.
L’ensemencement direct sur plaques des selles dilutes donnait de meil-
leurs r6sultats, mais la grande frequence du pyocyanique dans les
excrements de nos malades suscitait souvent des difficulty insurmon-
tables parce que la multiplication rapide empSchait le developpement du
vibrion.
Ces raisons nous ont pouss£s depuis longtemps & chercher un moyen
d’eiiminer le B. pyocyanique de nos cultures et finalement nous avons
r6ussi k preparer un milieu sur lequel celui-ci ne cultive pas ou, au
moins ne commence k pousser qu’aprfcs 36 heures tandis que le vibrion
donne en 18 heures des colonies assez grandes pour Stre repiqu£es.
Quant aux autres microbes des selles, ils ne se laissent gu&re cultiver
sur notre milieu.
Celui-ci est compost uniquement de peptone. Mais toutes celles du
commerce ne paraissent pas 6galement favorables k sa preparation.
Parmi les produits des diverses fabriques que nous avons examine si. ce
point de vue, seules les peptones Witte et Chapoteau nous ont
donne des resultats satisfaisants. Voici comment nous le preparons.
Cinq grammes de peptone sont dissous dans 190 c. c. d’eau de fontaine,
on ajoute 10 c. c. d’une solutions de soude caustique si 10°/ 0 et on
chauffe pendant quelques minutes (3 k 5). Aprfes refroidissement on
filtre k travers papier et on sterilise si 100° pendant une demi heure.
Quand on emploi la peptone Witte, il est preferable de diminuer la
dose de soude et d’ajouter 8 c. c. de la solution au lieu de 10 c. c. Les
proportions que nous venons d’indiquer ont une grande importance, parce
que la combinaison de la soude avec la peptone doit 6tre telle, qu’elle
laisse au liquide aprfes sterilisation le degre d’alcalinite necessaire
compris entre 0,28%—0,4 %» calcuie en soude. Au moment de s’en
servir on mele 4 parties de peptone alcaline & 6 parties d’agar peptone
neutre (3 g agar, 1 g peptone, 0,5 chlorure de sodium, 100 c. c. eau)
et on coule sur plaques. Le melange doit Stre fait aseptiquement, parce
que sa sterilisation ulterieure produit lliydrolyse de l’agar qui brhnit et
devient moins bon. Pour ensemencer on dllaie une certaine quantite
de selles dans un peu d’eau saiee, preferable k l’eau peptonee, de cette
dilution on pose sur differents endroits de la plaque 4 ou 5 anses de
platine, qu’on 6tale au moyen d’une baguette de verre recourbee et l’on
met si l’etuve.
L’hemoagar alcalin de D i e u d o n n e est certainement excellent mais
il presente quelques inconvenients dont le plus grand est de ne laisser
pousser le vibrion qu’aprbs un sejours prealable de 24 heures si l’etuve
avant tout ensemencement. En outre il n’empSche pas toujours la multi¬
plication du B. pyocyanique et dans nos nombreux essais nous avons
souvent trouve sur les plaques des colonies de ce microbe qui se di-
stinguaient difficilement de celles du vibrion k cause de la couleur fonc6e
du milieu. Avec notre proc£d6 ces inconvenients sont dlimines. On
peut ensemencer la plaque imm6diatement aprfcs la prise de l’agar. D’un
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250
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
autre cot6 notre milieu, beaucoup plus simple et aussi facile it preparer,
dtant incolore, permet de distinguer tr£s bieu les colonies vibrioniennes
qui sont rondes, demi transparentes, d’une couleur bleu&tre au commence¬
ment et plus t<4rd blanchatres. Le B. pyocyanique, quand il pousse, ce
qui arrive avec la peptone Chapoteau, fait son apparition tr&s tardive-
ment et il possbde d6jit sa couleur caracteristique.
Nous n’avons pas eu l’occasion d’exp^rimenter avec des selles
choleriques, mais toutes les fois (et elles sont nombreuses) que nous
avons ensemencd sur notre milieu le vibrion avec le pyocyanique, nous
n’avons rencontr£ dans les 24 premieres heures que des colonies vibrio¬
niennes a l’exclusion de toute autre, tandis que les tSmoins montraient
surtout le B. pyocyanique et rarement k cot6 de lui quelques vibrions.
Le melange de differentes selles avec le vibrion ou le vibrion et le
pyocyanique nous a amen6 aux memes r£sultats. Trois fois seulement
nous avons vu sur les plaques de rares colonies blanches, opaques,
tr£s facilement distingu6es et form^es de microcoques, ou d’autres
bacilles.
L’alcalinit6 ne parait pas etre le seul facteur de la r6ussite parce
que les peptones de Merck et de By la nous ont donn6 des r^sultats
n£gatifs mSme avec une alcalinite de 0,3 %• D’un autre cot6, si h la
place de l’alcalipeptone on ajoute k l’agar une simple solution de soude
de fa<jon k porter son alcalinite a 0,3 °/ 0 , les r6sultats sont nuls. Il est
probable qu’aprbs l’addition de la soude il se forme des corps qui
empechent le d£veloppement des autres microbes sans nuire k celui du
vibrion. Mais les elements qui se combinent avec l’alcali pour produire
ces corps, ne doivent pas se trouver en 6gale quantity dans les diflte-
rents peptones du commerce. Ainsi la peptone Witte en contient
beaucoup moins que celle de Chapoteau, parce que si Ton ajoute
respectivement la meme dose d’alcali k deux solutions 6gales de ces
peptones, celle de Witte reste toujours beaucoup plus alcaline que
l’autre. C’est pourquoi nous avons conseilld plus haut d’y mettre
moins de solution de soude. Dans certaines peptones ces 616ments
paraissent manquer complbtement. Tel est le cas des peptones Merck
et By la.
Notre milieu rest6 & la temperature et la lumifcre du laboratoire
pendant un mois nous donnait encore de bons r6sultats mais k partir
de cette date sa sp^cificite commen^ait k fl6chir.
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Konew, Prazipitationsreaktion als diagnostische Methode beim Rotze. 251
Nachdruck verboten.
Prazipitationsreattion als diagnostische Methode
heim Rotze.
Vorlaufige Mitteilung.
Von Privatdozent D. Konew,
Direktor des Bakteriologischen Laboratoriums beim Veterinarinstitut in Charkow.
Die Prazipitationsreaktion hat sich bis jetzt noch keine groBe An-
wendung zur Diagnostik bei Infektionskrankheiten erobert. In der Tat
mfifite sie aber dieselbe Rolle wie andere Serurareaktionen (Agglutination,
Komplementbindung, Opsonine usw.) spielen. Die Prazipitinbildung in
den Organismussaften fangt scheinbar rait dem Momente des Erscheinens
des Krankheitserregers an; schon wahrend der Inkubationsperiode werden
die Prazipitine gleichzeitig mit der Mikroorganismenvermehrung von den
Organismussaften und -zellen vernichtet, und neben ihrer Auflosung
findet auch die Bildung verschiedener Antikorper statt. Wollen wir vom
Momente des Erscheinens der Prazipitine im infizierten Organismus nach
der Geschwindigkeit der Prazipitinbildung im Tierorganismus nach einer
Injektion der auslosbaren Albumine Oder Bakterioproteine urteilen, so
mfissen wir annehmen, daB die Prazipitine sich im Organismus jedenfalls
nicht spater, sondern vielleicht frfiher als andere Antikorper bilden.
Von ihrer Bildung wissen wir nur deshalb wenig, weil sie schwer zu
entdecken sind, da sie sich bei natfirlicher Infektion in geringer Masse
bilden und in den Saften und Geweben des ganzen Organismus stark
aufgelost sind. Doch schien die Idee, die Prazipitationsreaktion zu
diagnostischen Zwecken zu benutzen, verlockend zu sein, da einerseits
die Reaktionstechnik dabei sehr einfach ist, andererseits die Reaktions-
elemente gefahrlos sind, was von groBer Bedeutung bei einer Infektions-
krankheit wie Rotz ist, wo der Arzt bei der Untersuchung unbedingt
der Todesgefahr ausgesetzt ist.
In meinen Studien fiber die Rotzbekampfuugsmethoden habe ich auf
die Diagnostik des Rotzprozesses in seinen verschiedenen Erscheinungs-
formen acht gegeben, und habe unter anderen diagnostischen Methoden
auch die Prazipitationsreaktion untersucht. Meine ersten Versuche habe
ich mit den Malleinen, die im Handel zu finden sind, und auch mit dem
Mallein, das ich selbst ohne Glyzerin angefertigt habe, angestellt. Diese
Versuche ergaben aber keine bestimmten Resultate: Die Reaktion zeigte
sich wenig empfindlich und wurde von vielen zufailigen Umstfinden
beeinfluBt, weswegen ich weitere Arbeit in dieser Richtung aufgegeben
habe.
Meiner Meinung nach hangt die geringe Empfindlichkeit der Pra¬
zipitationsreaktion zum Teil davon ab, daB die Rotzmikroorganismen-
extrakte, die zu meiner Verfugung standen, nur wenig Bakterioproteine
der Rotzbacillen aufgelost enthielten. Deshalb habe ich eine konzentrierte
Rotzmikrobenauflosung anzufertigen versucht, welche die Prazipitinspuren,
die im Blutserum der rotzkranken Pferde aufgelfist sind, zu verbinden
imstande ist.
Teilweise nach den Angaben von Uhlenhuth bereitete ich die
Rotzmikroorganismenauflfisung in folgender Weise: Die 2—3-tagige Agar-
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252
Centralbl. f. Bakt. etc. I Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
kultur tier Rotzbacillen loste ich mit 7—8-proz. AntiforminauflQsung auf,
indem ich ungefahr 10 ccm davon auf eine Agarkultur gebrauchte. In
2 Stunden lost sich die gewaschene Kultur im Antiformin bei Zimmer-
temperatur vQllig auf. Wenn sich die gewaschene Kultur rasch auf lost,
ftige ich zu derselben Antiforminauflosung eine neue Portion gewaschener
Kultur hinzu, urn als Finalresultat eine geskttigte Rotzbacillenauflosung
im Antiformin von gewisser Konzentration zu erhalten. Die gewonnene
Auflosung, die eine stark alkalische Fliissigkeit darstellt, wurde 2 Stunden
spater vermittelst 5-proz. SchwefelsSureauflosung neutralisiert. Als In-
dikator benutzte ich Lackmus. Dann tiltrierte ich die Fliissigkeit, indem
ich zuerst ein gewohnliches Papierfilter und spSter das Berkefeld-
Filter gebrauchte, damit die unaufgeldsten Mikroorganismenkdrper ent-
fernt wurden. Die erhaltene klare, etwas gelbliche Fliissigkeit, die leicht
nach Chlor riecht, stellt das eine Komponent der Prazipitationsreaktion
dar. Analog anderen lbsbaren Albuminen habe ich es „Mallease u ge-
nannt.
Die Prazipitationsreaktion wird auf folgende Weise ausgefiihrt: Man
nimmt Blut aus der V. jugularis des Versuchspferdes in ein Probier-
glas, das man dann bei Zimmer- oder Thermostatentemperatur ruhig
stehen lSBt. Das abgeteilte Serum dient als zweiter filr die Prazipitations¬
reaktion notwendiger Teil.
Um die Reaktion zu erzeugen, giefit man 1 ccm Mallease in eine
Glasrohre von 3—4 mm im Diameter und 15 cm lang, so daB sich ein
3 cm hohes Flussigkeitssaulchen bildet. Dann nimmt man ungefahr
dieselbe Quantitat Blutserum in eine Pasteur-Pipette, die man in die
Rohre mit Mallease derart einfiihrt, daB die Spitze der Pasteur-Pipette
bis zum Rohrenboden gesenkt wird. Erst dann lafit man das Serum
langsam unter die Mallease ausflieBen. Da es ein groBeres spezifisches
Gewicht hat, so bleibt es unten, wahrend die Mallease nach oben ver-
drangt wird. Indem man dann die freie Pipettenspitze mit dem Finger
deckt, zieht man die Pipette vorsichtig heraus, so daB die Serumreste
mit der Mallease nicht vermischt werden.
Eine solche Vermischung ist auch beim Einfiihren der Pipette in
das Serum zu vermeiden. Die beiden Flussigkeiten mtissen nur in
einem Punkte in Kontakt kommen, dann ist die Reaktion ganz aus-
gesprochen.
Im Fall der positiven Reaktion, d. h. wenn das Serum von einem
rotzkranken Pferde genommen wurde, entsteht infolge der PrSzipitats-
bildung am Punkte der Beriihrung beider klarer Fliissigkeiten ein weiBer
triiber Ring, der besonders deutlich bei guter Tagesbeleuchtung, wenn
man die Rohre am Fenster auf etwas Dunkeles halt, zu sehen ist. Je
nach der Krankheitsdauer wird die Bildung des weifien Ringes zu
verschiedener Zeit und in verschiedener Intensitat beobachtet: Bei
schweren und langwierigen Rotzfallen erzeugt das Serum den Ring
sofort, bei leicht Erkrankten, wenn nur geringe VerSnderungen im
Organismus zu konstatieren sind, tritt die Prazipitationsreaktion wah¬
rend 5—15 Min. ein.
Die Sera gesunder Pferde und derjenigen, die an chirurgischen
Krankheiten sogar mit hoher Temperatur leiden, auch von denen, die
gegen Milzbrand, Rotlauf und Schweineseuche immunisiert sind, erzeugen
keine Prazipitationsreaktion, sondern am Kontaktpunkte beider klarer
FlQssigkeiten ist die optische Grenze deutlich zu sehen.
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Levy, Ueber die Farbung der TuberkelbaciUen each Gasis.
253
Die Prazipitationsreaktion wurde von mir mit den Seris von
150 Pferden, die gleichzeitig durch Agglutinationsreaktion und Maleini-
sation untersucht wurden, gepriift, und fast in alien Fallen stimmten die
Resultate der Prazipitationsreaktion mit denen der Mallein- und Agglu-
tinationsreaktionen iiberein, dabei hatte die Prazipitationsreaktion den
Vorzug, dafi sie keine zweifelhaften Resultate ergab, d. h. in den Fallen,
wo die Agglutinationsreaktion beim Auflosen 1 : 400, 1 : 500 stattfand,
erzeugte die Prazipitationsreaktion negative Resultate.
Wir hatten es mit Rotzfailen, wo sich in den Lungen und Media-
stinaldriisen bloB 2—3 Knotchen befanden und andere Organe keine
Veranderungen zeigten, zu tun, und dock ergab die Prazipitationsreaktion
dabei klare, positive Resultate.
Auf Grund des oben Gesagten komraen wir zu folgendem Schlusse:
1) Beim Benutzen der konzentrierten Rotzbacillenauflosungen
(Mallease) ist die Prazipitationsreaktion auch in fruhen Rotzfailen als
diagnostische Methode anzuwenden.
2) Infolge einfacher Reaktionstechnik und kurzer Untersuchung (sie
ist in 1 Stunde vollkommen auszufiihren) ist die Prazipitationsreaktion
jeder anderen diagnostischen Methode vorzuziehen.
3) Das Blut vom Versuchspferde ist vor der subkutanen Mallein-
injektion zu entnehmen.
4) Die Malleaseauflosungen miissen, bevor sie praktisch verwendet
werden, nach dem Standardserum titriert werden, und deshalb konnen
sie bloB in den bakteriologischen Laboratorien verfertigt werden.
Naehdruck verboten.
Ueber die Farbung der TuberkelbaciUen nach Gasis.
[Aus dem Kgl. Instit.ut fur Infektionskrankheiten in Berlin.
(Direktor: Geh. Obermed.-Rat Prof. Dr. Gaffky.
Abt.-Vorsteher: Prof. Dr. Lentz).]
Von M. Levy, Med.-Praktikantin.
In Abt. I. Orig. Bd. 50 des Centralbl. f. Bakteriol. p. Ill berichtete
D. Gasis fiber eine neue Reaktion der TuberkelbaciUen und eine auf
dieser Reaktion beruhende Differentialfarbungsmethode zwischen Tuberkel-
und Smegmabacillen.
Wahrend die bisher geiibten Methoden zur Farbung der Tuberkel-
bacillen auf dem Prinzip der Saurefestigkeit beruhen, grtindet sich die
Gasissche Methode der Tuberkelbacillenfarbung auf die Fahigkeit dieser
Bacillen, sich durch sauere Anilinfarbstoffe, denen ein Beizmittel bei-
gefiigt ist, zu farben und den Farbstoff auch bei Anwendung von Alkalien
festzuhalten, d. h. auf ihre Alkalifestigkeit. Im Gegensatz dazu ver-
mdgen zwar die Smegmabacillen den Farbstoff aufzunehmen, geben ihn
aber bei Anwendung von Alkali wieder ab und farben sich mit der
nachfolgenden Kontrastfarbe, sind also nicht alkalifest.
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254
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Gasis geht bei der Ffirbung folgendermaBen vor:
1) Einige Kubikzentimeter (5 ccm) einer 1-proz. Eosinlosung (1 g
krist. Eosin, 5 ccm abs. Alkohol, 95 ccm Aq. dest.) werden mit einem
ungefahr linsengroBen Sttick Quecksilberchlorid im Reagensglase lang-
sam unter Umschiitteln gekocht, bis das Quecksilberchlorid sich ganz
auflbst.
2) Das in der Flamme fixierte Ausstrichpraparat wird 1—2 Minuten
lang mit warmer Farblbsung bedeckt.
3) Dann in H 2 0 abgespfllt und mit dem Entfarbungsmittel iiber-
gossen (0,5 Na-Hydrat, 1,0 Kaliumjodid, 100,0 eines 50-proz. Alkohols),
bis die rote Farbe verschwunden ist und das PrSparat grauweiB erscheint.
4) Entfernung des Entfarbungsmittels durch Alkohol absol. Griind-
liche Wasserspiilung.
5) Kontrastfarbung mit Methylenblaulbsung (1,0 g krist. Methylen-
blau, 10 ccm Alkohol absol., 0,5 ccm Salzsaure, 90 ccm Aq. dest.) fur
2—3 Sekunden.
Der Wert der neuen Methode besteht nach Gasis einmal darin,
daB sie eine sichere Differentialdiagnose zwischen Tuberkelbacillen und
Smegmabacillen ermoglicht, dann aber auch darin, daB man mit der-
selben neue Aufschliisse iiber die chemische Zusammensetzung der
Tuberkelbacillen erhalt, und daB man Formen sieht, die man auf andere
Weise nicht sichtbar machen kann.
Im Hinblick sowohl auf die praktische, als auch auf die theoretische
Bedeutung, die eine solche Methode beanspruchen muB, habe ich sie
einer Nachpriifung unterzogen.
Die F&rbung wurde genau nach der Vorschrift von Gasis aus-
gefiihrt und zur Priifung eine groBere Zahl tuberkulfiser Sputa sowie
verschiedene Reinkulturen verwandt. Das Resultat war folgendes:
Die Tuberkelbacillen erscheinen im Sputum leuchtend rot in dem
griinlich-blau gefdrbten Sputum, bei Farbung von Reinkulturen leuchtend
rot zwischen den griinblau gefarbten Partikelchen des Nahrbodens und
Detritus. Es lassen sich unter ihnen im wesentlichen drei Formen
unterscheiden:
1) Lange, dickere, mitunter leicht gebogene Stabchen,
2) kleine, schlanke Formen,
3) granulierte Formen.
Dagegen gelang es trotz genauester Innehaltung der Gasisschen
Vorschrift weder in Reinkulturen noch im Sputum sogenannte Sporen
zur Darstellung zu bringen. Auch freiliegende Granula, welche die
Farbreaktion der Tuberkelbacillen zeigen, sowie eine den Zellleib teil-
weise oder vollstandig umschlieBende Hfllle, wie sie Gasis gesehen
haben will, waren in sehr zahlreich angefertigten PrSparaten nicht sicht¬
bar. DaB durch die neue Farbung mehr Bacillen gef&rbt werden, als
mit der Ziehlschen Methode, konnte durch direkte Auszkhlung der
Gesichtsfelder in gleichmaBig ausgestrichenen Parallelpraparaten nicht
nachgewiesen werden, wohl aber muB zugegeben werden, daB sich die
Tuberkelbacillen kufierst klar und distinkt von dem Untergrund abheben,
so daB ihr Auffinden bedeutend erleichtert wird. Am hSufigsten sind
die mittelgroBen Bacillen, jedoch kommen auch, wenigstens in unseren
Pr¶ten, die granulierten Formen nicht eben selten vor.
Die Smegmabacillen, die ich in Reinkultur priifte, erschienen kleiner
und plumper als die Tuberkelbacillen, an ihren Ecken abgerundet. Ihr
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Levy, Ueber die Farbung der Tuberkelbacillen nach Gasis.
255
tinktorielles Verhalten wechselte. Einzelne Bacillen sind rein blau ge-
farbt, andere dagegen, die scheinbar nur teilweise durch das Alkali
entfarbt sind, sind durch das nachfolgende Methylenblau schmutzig
violett gefarbt, ein nicht unerheblicher Teil der Bacillen ist dagegen
vollkommen rot.
Die Farbeversuche wurden auch noch auf andere Bacillen der
Gruppe der sogenannten „saurefesten Bacillen 44 ausgedehnt und dabei
folgende Resultate erzielt. Es farbten sich:
1) Timotheebacillen: teils rot, teils blau;
2) saurefeste aus Ham: teils rot, teils blau;
3) Grasbacillen: rot;
4) Pseudoperlsucht: rot;
5) Blindschleichentuberkulose: rot;
6) saurefeste aus Milch: blau.
Aus diesen Untersuchungen geht hervor, daB
1) die Reaktion von Gasis nicht spezifisch ist fiir Tuberkelbacillen,
da auch noch andere der sogenannten saurefesten Bacillen die
Reaktion zeigen,
2) die Methode auch differentialdiagnostisch nicht durchaus zuveriassig
ist, da auch die Smegmabacillen nicht ausnahmslos das Eosin ab-
geben und sich mit der Kontrastfarbe farben.
Wollte man sich also in Fallen, wo das tinktorielle Verfahren ver-
sagt, nicht auf die geringen morphologischen Unterschiede verlassen, so
ware man z. B. bei chirurgischen Eingriffen nach wie vor auf den zeit-
raubenden Tierversuch angewiesen.
Obwohl nun praktisch bauptsachlich die Smegmabacillen in Frage
kommen, so ist doch die Moglichkeit nicht von der Hand zu weisen,
daB auch andere der Gruppe der saurefesten Bakterien zugehorige
Bacillen, die teilweise dieselbe Farbreaktion zeigen wie die Tuberkel¬
bacillen, gelegentlich in das Untersuchungsmaterial kamen und so zu
schweren diagnostischen Irrtumern AnlaB geben konnten. Die morpho¬
logischen Einzelheiten, die Gasis gesehen haben will, konnte ich in
meinen Praparaten nicht feststellen.
Es bietet demnach die Methode keinen Vorteil vor den librigen
Methoden. Zugestanden muB werden, daB die Farbung auBerordentlich
distinkt ist und das Auffinden der Tuberkelbacillen dadurch verhaitnis-
maBig leicht ist. Dieser Vorteil wird aber wiederum aufgehoben durch
die Umstandlichkeit des Farbeverfahrens und die geringe Haltbarkeit
der Praparate.
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256
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 3.
Inhalt.
Aoki, K., Der Paratyphusbacillus (Typus B) I
als Eiterungserreger, p. 208.
Crendiropoulo, M., Un nouveau proc4d6
pour la culture et la separation des
microbes ana6robies, p. 247.
-et Fanayotaton, A., Sur un nouveau
milieu pour le diagnostic du cholera,
p. 248.
Galli-Valerio, B. et de Bllovodski, O.,
Recherches sur la presence de sang dans
l’appareil digestif ae quelques parasites,
p. 218.
Graetz, Fr., Experimentelle Untersuchun-
gen zur Serodiagnostik der Echino-
kokkeninfektion, p. 234.
Konew, D. , Prazipitationsreaktion als
diagnostische Metnode beim Rotze,
p. 251.
Bevy, M., Ueber die Farbung der Tu-
berkelbacillen nach Gasis, p. 253.
Fredtjetzchensky, W., Zur Frage iiber
den Flecktyphuserreger, p. 212.
Biihl, K., Quecksilber und Akne. Bei-
trag zur Aetiologie der Acne vulgaris,
p. 223.
Vay, Franz, Studien iiber die Struktur-
verhaltnisse von Bakterien mit Hilfe von
farbehaltigen NahrbSden, p. 193.
Die Redaktion des „Centralblatts fur Bakteriologie und ParasitenJcunde “ richtet
an die Herren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etieaige Wiinsehe um Lieferung von
besonderen Abdriicken ihrer Aufsatxe enttceder bei der Einsendung der Abhandlungen
an die Redaktion auf doe Manuskript sehreiben xu wollen oder spdtestens nach
Empfamg der ersien Korrekturabxiige direkt an den Verleger, Herm Gustav Fischer
in Jena, gelangen xu lassen.
Die Herren Mitarbeiter werden hbf lichst gebeten, bereits fertig*
gestellte Elischees — falls solche in it den Manuskripten abgeliefert
werden — nicht der Redaktion, sondern direkt der Verlagshand-
lnng Grustay Fischer in Jena einznsenden.
Ftommimaiche Buchdrackerei (Hermann Pohle) in Jena.
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Centralbl. f. BakL etc. I. AbL Originate. Bd. S5. Heft 4.
Ausgegeben am 3. August 1910.
Nachdruclc verboten.
Beitrage zur Aetiologie der Bacillenrulir.
[Aus der Hyg.-chem. Untersuchungsstelle beim Sanitatsamt I. Armeekorps,
KSnigsberg i. Pr.]
Von Dr. LSsener, Oberstabsarzt.
Im Jahre 1908 habe ick in diesem Centralblatt x ) den Beweis zu
fuhren versucht, daB in OstpreuBen und wohl iiberhaupt in Deutschland
nicht die Amobenruhr, wie nach Veroffentlichungen friiherer Jahre an-
genommen werden konnte, sondern die Bacillenruhr endemisch sei und
daB OstpreuBen in dieser Beziehung eine Sonderstellung in Deutschland
nicht einnahme. Es war ferner von rair festgestellt worden, daB bei
Ruhrerkrankungen in OstpreuBen nebeu dem Bac. Shiga-Kruse noch
andere Ruhrbacillentypen vorkamen, die unter verschiedenen Namen
wie: „Pseudodysenterie Kruse“, „giftarme Typen der Dysenteriebacilleu
Lentz“ 2 ) bekannt sind. Die zuletzt erwahnten Ruhrbacillentypen sind
sowohl in auBerdeutschen Lhndern, als auch in Deutschland so haufig
bei Epidemieen, bei endemisch verbreiteter Ruhr und bei Einzelf&llen ge-
funden, daB es nicht besonders auffallig sein konnte, wenn derartige
Bacillen auch in OstpreuBen bei Ruhrerkrankungen sich f&nden. Da
aber liber solche Befunde aus dem Osten unseres Reiches frtiher noch
nicht berichtet war, hielt ich ihre Erwahnung fiir angebracht. Es han-
delte sich sowohl um „Bac. Flexner“, der seitens des Medizinaluuter-
suchungsamtes in Gumbinnen bei Ruhrfallen in OstpreuBen nachgewiesen
war'), als auch um „Pseudodysenteriebacillen“, die von einem spora-
dischen Fall in Konigsberg stammten. Ich hatte den Namen „Pseudo-
dysenterie Konigsberg" fiir diese Bacillenart gewhhlt, nicht etwa um
sie als neuen Typus hinzustellen, wie Lentz in seinem Aufsatz 3 ) an-
gibt, sondern weil die Benennung „Pseudodysenterie“ (Kruse) bereits
in der Literatur Aufnahme gefunden hatte und ich es auf Grund eines
Befundes bei einem sporadischen Fall gerade vermeiden wollte, mit neuen
Bezeichnungen zu kommen. Fiir die Einreihung des Bac. „Pseudo-
dysenterie Konigsberg" in den Ruhrbacillentypus Y waren mir die Er-
gebnisse bei den Agglutinationsversuchen mit den mir damals zur Ver-
fiigung stehenden Seren nicht beweisend genug. Um weiteres Material
zur Beurteilung der vorliegenden Frage zu gewinnen, habe ich seitdem
bei den ins hiesige Garnisonlazarett wegen Darmerkrankungen aufgenom-
menen Kranken besonders auf Ruhrverdachtige geachtet und Material
von solchen bakteriologisch und serodiagnostisch untersucht. In der
Zeit vom Oktober 1908 bis September 1909 gingen dem hiesigen Lazarett
im ganzen 6 Falle zu, die nach dem klinischen Verlauf als Ruhr auf-
zufassen waren, ferner wurden im Februar und M&rz 1910 Stuhl- und
1) Abteil. I. Orig. Bd. 48. p. 285, 294, 295.
2) Handbuch a. pathogen. Mikroorganismen von Kolle u. Was Berm an n,
2. Erganzungsband 1909. p. 402 (Lentz, Dysenteric).
o) a. a. 0. p. 410.
Erste Abt. Orig. Bd. 56.
Heft 4.
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258
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Blutproben von 3 klinisch als Ruhr erscheinenden Fallen aus der Gar-
nison Pillau an die hiesige Untersuchungsstelle eingesandt. Bei 5 von
diesen im Garnisonlazarett Konigsberg und Pillau behandelten 9 Kranken
warden „giftarrne Ruhrbacillentypen“ (Pseudodysenterie Kruse) nach-
gewiesen, und zwar gehorten davon 4 der Garnison Konigsberg, 1 der
Garnison Pillau an. Klinisch verliefen alle F&lle leicht; maBiges Fieber
ohne spezifische Kurve bestand nur in den drei ersten Behandlungs-
tagen. Ruckfalle traten nicht auf, auch Nachkrankheiten wurden nicht
beobachtet. Betreffs der kulturellen Befunde, welche mit den ge-
ziichteten Bacillen erhalten wurden, wird auf die beigegebene Tabelle I
verwiesen, in welcher zum Vergleich die Kulturorgebnisse mit ver-
schiedenen anderen Ruhrbacillentypen aufgefiihrt sind. Aus der Krank-
heitsgeschichte, den atiologischen Erhebungen und den Untersuchungs-
befunden ist im iibrigen noch folgendes erw&hnenswert:
1. Kanonier Sch., FuBart.-Reg. 1, am 27. 10. 08 mit Leibschmerzen und Durch-
fall erkrankt und so fort ins Lazarett aufgenommen. Stuhl bis 29. 10. 08 blut- und
schleimhaltig, in den 4 ersten Tagen taglich bis zu 11 Stuhlentleerungen, seit 8. 11. 08
geformter regelrechter Stuhl; 16. 11. 08 dienstfahig entlassen. Ansteckuugsquelle nicht
ermittelt, der Fall blieb vereinzelt. Am 29. 10. 08 aus dein Stuhl Ruhrbacillus Y
1:5000')
geziichtet, bei spateren Untersuchungen nicht mehr. Kultur durch Y-Serum ^ ■ lO UOO*
1:2000
durch D-Serum jT^qqq agglutiniert, durch Shiga-Kruse-, Flexner-, Strong-
und A-Serum nicht beeinfluSt. Widal am 2. 11. 08 positiv 1:40 fur eigene Kultur,
Bac. Y und D, vom 12. 11. 08 ab negativ.
2. Kanonier H., Feldart.-Reg. 16, am 18. 3. 09 mit Durchfall, schleim- und blut-
haltig, erkrankt, 20. 3. 09 ins Lazarett; hier in den 2 ersten Tagen taglich bis zu
6 Stuhlentleerungen, seit 24. 3. 09. wieder geformter Stuhl, frei von Schleim und Blut.
Am 10. 4. 09 dienstfahig entlassen. Aetiologie nicht aufgeklart, der Fall blieb ver¬
einzelt. Im Stuhl zwischen 5. und 13. Krankheitstage Ruhrbacillus Y gefunden, also
teilweise zu einer Zeit, als der Stuhl schon geformt war. Kultur durch Y-Serum
1:2000 ^ 1:1000 , , , , , , •
1 ~ . iq qqq . D-Serum ^ . gQm ■ffilotiniert, durch die anderen bei Fall Sch. genannten
Sera nicht. Widal am 7. 4. 09 positiv 1:60 fur eigene Kultur, Y und D, fur die
iibrigen Bacillentypen negativ.
3. Pionier M., Pion.-Bat. 18, am 14. 5. 09 mit Durchfall erkrankt, 15. 5. 09 ins
Lazarett, vom 15. bis 17. 5. 09 taglich bis zu 12 Stuhlentleerungen. seit 21. 5. 09
Stuhl geformt; Stiihle enthielten in den ersten Tagen Schleim, Blut wurde darin nicht
festgestellt. Am 29. 5. 09 dienstfahig, Aetiologie des vereinzelt gebliebenen Falles nicht
geklart. Im Stuhl nur einmal am 15. 5. 09 Ruhrbacillus Y gefunden, durch Y-Serum
1:5000 1:1500
1 ~ 100 0 0 ’ durch D-Serum j 2000 a gg^ ut ' n ' ert - Widal nur einmal gepriift am 15. 5.
09 positiv 1 :30 fur eigene Kultur und Y.
4. Fusilier Bu„ Gren.-Reg. 1, am 23. 8. 09 mit Durchfall, schleim- und bluthaltig
erkrankt, 24. 8. 09 ins Lazarett, bis 29. 8. 09 taglich bis zu 16 Stuhlentleerungen, seit
3. 9. 09 geformter, regelrechter Stuhl, am 16. 9. 09 dienstfahig. Betreffend Aetiologie
s. unten. Zwischen 25. und 27. 8. 09 im Stuhl Ruhrbacillus Y gefunden, seitdem nicht
1:3000 1: 1500
mehr. Kultur durch Y-Serum i~rT0 CKX)’ ^ urc ^ H- Serum jt^qqq agglutiniert. Widal
am 18. 9. 09 positiv 1 :50 fur eigene Kultur und Y.
5. Kanonier P., Fufiartill.-Reg. 2 in Pillau, war im Lazarett Pillau vom 8. 1. 10
ab wegen einer mit mafiigem Fieber einhergehenden Erkrankung (Huftgelenksentziindung,
BrustfellerguB, NachtschweiBe) in Behandlung. Am 29. 1. 10. plotzlieh unter Temperatur-
anstieg Entleerung dunnen Stuhls, bis 31. 1. 10 taglich bis zu 4 Stuhlentleerungen,
ohne Blut und Schleim, seit 3. 2. 10 fester Stuhl, am 9. 2. 10 hafteten einem harten
1) Zahler = Agglutinabilitat des gepriiften Stammee, Nenner = Titer des Test
serums.
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Loaener, Beitrage zur Aetiologie der Bacillenruhr.
259
Kotbrockel kleine Blutgerinnael an. Seit 11. 2. 10 fieberfrei und auBer Bett. Der Mann
blieb wegen der iibrigen Krankheitaerscheinungen langer in Behandlung. Am 1. 2. 10
im Stuhl Ruhrbacillus Y gefunden (in Tabelle I unter No. 12, in Tabelle II unter No. 5
ala Ruhrfall Pi-GarniaonlazareU Pillau aufgefuhrt), Kultur durch D-Serum agglutiniert
1:2000 1:1500
YTTjQQQ, durch Y-Serum ^ • 5000 ’ Widal am 8. 2. 10 negativ 1:10 fur eigenen Bacillus,
D und Y. Stuhluntersuchungen am 8. 2. 10 und vom 24. 3. 10 ab fielen negativ aus,
dagegen wurden am 21. 2. und 8. 3. 10 Bacillen aus dem schon geformten, braunen
Stuhl geziichtet, die aich kulturell wie Bac. Flexner verhielten, aber von
keinem der mir zur Verfiigung atehenden Ruhraeren (Shiga- Kruse-, Flexner-, Y-,
Strong-, A- und D-Serum) agglutiniert wurden. Die Agglutinationsproben fielen so-
wohl bei geringer Verdiinnung (1:100), ala auch bei starkerer (1:500, 1000, 2000 usw.)
negativ aus, so daB eine „Hemmung“ ausgeschlossen werden konnte (vgl. Tabelle II).
Diese sich kulturell wie Bac. Flexner verhaltende Art ist in Tabelle 1 unter No. 13,
in Tabelle II unter No. 6 ala Ruhrfall Pii-Garniaonlazarett Pillau aufgefuhrt. Weiteres
Unterauchungamaterial ging aua Pillau nicht ein, so daB die W i d a 1 ache Reaktion mit
dieser Art (Pii) nicht gepruft werden konnte. Da ein gleicher Bacillus aber auch von
einem Ruhrfall in einer hieaigen Klinik (a. unten) geziichtet wurde, kann man nicht
annehmen, daB ea aich um Nebenbefunde handelt, die in keinerlei atiologischem Zu-
sammenbang mit den Erkrankungen atehen. Wenn man den Bac. Pn ala Ruhrbacillen-
art anerkennt, wiirde bei Kan. P. der immerhin aeltene Fall von gleichzeitigein
Yorkommen zweier verachiedener Ruhrbacillentypen bei einem K ran -
ken vorliegen.
Zur Aetiologie dea Falles 4 — Fiiailier Bu. — ist zu erwahnen, daB achon am
27. 7. 09 ein Fiiailier S. deraelben Kompagnie in deraelben Kaaerne mit Durchfall
achleim- und bluthaltig, erkrankte und am 29. 7. 09 ins Lazarett kam. Hier taglich
nur bis zu 2 Stuhlentleerungen, aeit 4. 8. 09 geformter Stuhl, am 11. 8. 09 dienstfahig,
kein Riickfall. Der Fall ist kliniach ala leichte Ruhr aufgefaBt worden, Ruhrbacillen
wurden aber im Stuhl trotz wiederholter, vom 30. 7. 09 ab vorgenommener Unter-
auchungen nicht nachgewieaen. Die Stuhle waren jedoch bei Vornahme der Unter-
auchungen schon fakulent, auBerdem hatte S. vor und alsbald nach der Aufnahme im
Lazarett Rizinusol erhalten. W idal fiel bei 3 Untersuchungen am 1. und 31. 8. 09 und
23.9.09 negativ fur Bac. Shiga- Kruse, Flexner, Y, A una D, sowie die von Fiisilier
Bu. atammende Kultur aus. Die Frage, ob dieser bakteriologiach nicht geklarte Fall S.
mit dem voratehend unter 4. erwahnten Fall Bu. in Beziehung zu bringen sei, muBte
offen bleiben. Die Ursache lieB sich bei beiden Fallen nicht ermitteln, weitere Falle
kamen bei dem Regiment nicht vor.
Zu Fall 5 — Kan. P. Pillau — ist zu berichten, daB ein Kan. K. deraelben Kom¬
pagnie, der mit P. auf gleicher Stube im Lazarett lag — K. war bis 28. 1. 10 im
Lazarett an Genickatarre behandelt worden — am 31. 1. 10 wegen Folgeeracheinungen
der Genickatarre wieder dem Lazarett zuging und dort am 9. 2. 10 mit Durchfall,
achleim- und bluthaltig, und Stuhldrang bei maBigem, nur einen Tag anhaltendem
Fieber erkrankte; bis zum 13. 2. 10 erfolgten taglich bis zu 13 Stuhlentleerungen, seit
14. 2. 10 geformter Stuhl. K. blieb wegen der anderweitigen Krankheitszeichen in
Lazarettbehandlung. Im Stuhl wurden Ruhrbacillen nicht gefunden (Untersuchung am
11. und 21. 2. 10, nachdem K. schon Rizinusol erhalten hatte). Widal war am
27. 2. 10 fur die von Kan. P. geziichtete Y-Kultur poaitiv, aber nur bia 1:20, die iiber-
aandte Blutmenge war zu gering, um Priifungen mit anderen Bakterientypen anzuatellen.
Eine weitere kliniach ala leichte Ruhr aufgefaBte Erkrankung kam bei einem Ge-
freiten D. einer anderen Kompagnie desaelben Regiments in Pillau vor, der Beziehungen
mit P. und K. nicht gehabt hatte. Am 12. 2. 10 Leibschmerzen mit Durchfall,
achleim- und bluthaltig; 13. 2. 10 ins Lazarett; am Abend dieses Tagea leichtes Fieber,
spater nicht mehr. Bis 14. 2. 10 bis zu 9 Stuhlentleerungen taglich, dann fester Stuhl,
19. bis 21. 2. 10 wieder diinne, achleim- und bluthaltige Entlecrungen (taglich bis zu 4),
•vom 22. 10. fester Stuhl. In den am 14. und 25. 2. 10 ubersandten Stuhlproben fanden
sich Ruhrbacillen nicht, Rizinusol war vor der Einaendung reichlich verabfolgt worden.
Widal am 27. 2. 10 negativ 1:10 fur die von Kan. P. atammende Y-Kultur; fur
weitere Priifungen war die iibersandte Blutmenge zu gering. Die Aetiologie des Falles
D. wurde nicht aufgeklart; weitere Erkrankungeu kamen in Pillau unter der Militar-
bevolkerung nicht vor.
Im Lazarett Konigsberg wurde ferner noch ein Unteroffizier Bo., Inf.-Reg. 43,
behandelt, der am J. 9. 09 auf dem Uebungsplatz Arys mit Durchfall, achleim- und
bluthaltig, erkrankte und im dortigen Barackenlazarett bia zum 11. 9. 09 unter der
Diagnose „Ruhr“ behandelt und dann ina Lazarett Konigsberg zur Weiterbehandlung
iibergefiihrt wurde. Nach dem Krankenblatt aind in der nygieniacben Untersuchungs-
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260
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
stelle im Lazarett Allenstein „Flexner“-Bacillen einmal in dem in den ersten Krank-
heitstagen entleerten Stuhl nachgewiesen. Hier in Konigsberg hatte Bo. bereits feste
Stiihle, in denen Ruhrbacillen nicht gefunden wurden, aucn fiel Widal fur Bac.
Shiga-Kruse, Flexner, Y, A und D stets negativ aus. Bo. wurde am 2. 10. 09dienst-
fahig entlas8en. Zu gleicher Zeit mit ihm encrankte in Arys ein Musketier einer
anderen Kompagnie seines Regiments und wurde im Lazarett Arys an leichter Ruhr
behandelt. Blut- und Stuhluntersuchungen haben bei diesem zuletzt genannten Fall
anscheinend nicht stattgefunden. Weitere Ruhrerkrankungen wurden damals in Arys
und seiner Umgebung weder bei den dort iibenden Truppen, noch bei der Zivilbevol-
kerung nachgewiesen.
SchlieBlich erhielt ich im Oktober 1909 Kenntnis von einem in der
hiesigen Medizinischen Universitatsklinik behandelten, sporadischen und
leicht verlaufenden Ruhrfall, aus dessen Stuhl in den ersten Krankheits-
tagen in dieser Klinik eine Ruhrbacillenart geziichtet war, die mir zu
vergleichenden Untersuchungen freundlichst tiberlassen wurde. Aus
Tabelle I (No. 14) ergibt sich, daB diese Art kulturell sich wie Bac.
Flexner verhalt, also auch genau mit dem oben beschriebenen, vom
Ruhrfall Pll in Pillau (No. 13 der Tabelle I) stammenden Bacillus uber-
einstimmt. Auch bei den Agglutinationspriifungen mit den oben ge¬
nannten Seren zeigte sich vollige Uebereinstimmung zwischen dem
Bacillus des Ruhrfalls der Medizinischen Klinik und des Falls Pll in
Pillau. Die nach 48 Stunden beobachtete, ganz schwach angedeutete
Agglutination (Beobachtung bei starker VergroBerung) bei der Verdiin-
nung des Flexner Serums 1:100 diirfte nicht als spezifiscli anzusehen
sein. Naheres ist aus Tabelle II ersichtlich.
In den iibrigen hiesigen Krankenanstalten sind — soweit mir be-
kannt geworden — in den Jahren 1908, 1909 und 1910 (bis Februar)
Ruhrfalle nicht behandelt, auch ruhrverdachtige Faile bakteriologisch
nicht untersucht. In der Zeit vom 1. 1. 08 bis 26. 2. 10 sind tibrigens
im ganzen Regierungsbezirk Konigsberg amtlich nur 4 Ruhrfalle zur
Anzeige gebracht worden.
Der Krankheitsverlauf ist bei den oben erwahnten Fallen deshalb
etwas ausfiihrlicher geschildert, um zu zeigen, daB die bakteriologischen
Untersuchungen iiberwiegend nur in den ersten Krankheitstagen einen
Erfolg versprechen und daB diese Untersuchungen mbglichst vorzu-
nehmen sind, ehe eine Behandlung mit Abfiihrmitteln eingesetzt hat.
DaB die aus den Ruhrfailen der Garnisonen Konigsberg und Pillau
(Sch., H., M., Bu. und Pi) gezilchteten Bakterien zum Ruhrbacillustypus Y
(Kruse D) zu rechnen sind, geht aus den Ergebnissen in Tabelle I und II
unzweifelhaft hervor, ebenso diirften sie mit den Erkrankungen in ur-
sachlichem Zusammenhang stehen, wofur auch teilweise das Ergebnis der
Widalschen Reaktion spricht. Die Frage, ob die vom Ruhrfall Pn in
Pillau und vom Ruhrfall der hiesigen Medizinischen Klinik geziichteten
Arten als Erreger der Erkrankungen zu gelten haben, ist oben bereits
beriihrt und dflrfte, da es sich um 2 Ruhrfalle in verschiedenen Orten
handelt, zu bejahen sein. Ueber die Haufigkeit solcher klinisch leicht
verlaufenden Ruhrfalle ist, abgesehen von den Beobachtungen in Anstalten
u. dgl., meines Wissens nur aus wenigen Bezirken des Reiches in um-
fassender Weise berichtet worden. Nach den vorstehend geschilderten Be-
funden scheinen Faile dieser Art haufiger zu sein, als man bisher annahm.
Wenn in einem Zeitraum von 1^ Jahren unter der MilitarbevSlkerung
eines kleinen Bezirks verhaltnismaBig viel sporadische Faile bezw.
Gruppeuerkrankungen von Ruhr, und zwar nicht nur in warmer Jahres-
zeit festgestellt sind, so laBt sich schlieBen, daB in der Zivilbevolkerung
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Losener, Beitrage zur Aetiologie der BaciUenruhr.
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Losener, Beitrage zur Aetiologie der BaciUenruhr.
263
ganz erheblich mehr derartige Falle vorkommen, die bei dem leichten
Verlauf in der Regel gar nicht zur arztlichen Behandlung und daher
auch nicht zur amtlichen Kenntnis gelangen werden. Blut- und Schleim-
abgang mit dem Stuhl wird von den Kranken leicht iibersehen, so daB
sie trotz der vielleicht mehrere Tage anhaltenden Beschwerden gar niclit
an Ruhr denken. Auf welche Art sich der Infektionsstoff erhalt und wie
die Uebertragung auf den Menschen bezw. von Mensch zu Mensch statt-
findet, ob durch „Selbstinfektion u , durch „Kontakt- oder Nahrungsinittel-
infektion 44 , wird, nameutlich bei sporadischen Fallen, nicht leicht auf-
zuklaren sein. „Gesunde Bacillentrager 44 kommen nach neueren Erfah-
rungen ebenso in Betracht, wie „chronische Dauerausscheider 44 ; ferner
diirften die leichten oder ambulanten Ruhrfalle eine wesentliche Rolle
bei der Fortziichtung des Infektionsstoffes spielen 1 2 3 4 ). Wenn auch die
leichten Ruhrfalle in der Regel sporadisch zu bleiben scheinen, so kommen
doch Gruppenerkrankungen und Epideraieen nicht allzuselten vor, ferner
kann das Krankheitsbild bei den durch die „giftarmen Ruhrbacillentypen 44
hervorgerufenen Fallen uuter Umstanden ein auBerordentlich schweres
werden 2 ). Die sporadischen und anscheinend harmlosen Falle verdienen
also unsere voile Beachtung, ihre Gefahrlichkeit fiir die Umgebung ist
ohne weiteres klar. Von verschiedenen Seiten ist darauf aufmerksam
gemacht, daB viele als einfache Diarrhoen erscheinende Affektionen zur
bacillaren Dysenterie gehoren und daB auch bei der „Enteritis folli-
cularis 44 der Kinder an Ruhr gedacht werden miisse 3 ).
DaB die durch den Bac. Shiga-Kruse bedingten Ruhrfalle im
allgemeinen die ernstere Erkrankung darstellen, wahrend die „giftarmen
Ruhrbacillentypen 14 („Pseudodysenterie Kruse 44 ) in der Regel den
leichteren Fallen zugrunde liegen, ist wohl allgemein anerkannt. Es
besteht also zwischen diesen bakteriologisch auseinander zu haltenden
Krankheiten auch ein gewisser klinischer Unterschied. Dementsprechend
trennt man bei der bis jetzt iiblichen Benennungsart die Shiga-Kruse-
Bacillen, die „non acid strains 14 der Amerikaner, die „giftigen Dysenterie-
bacillen 44 (Lentz) von den „acid strains 41 , den „giftarmen Dysenterie-
bacillen 44 (Lentz), den ^Pseudodysenteriebacillen 44 (Kruse). In alien
diesen Bezeichnungen wird die Verschiedenheit beider Gruppen zum
Ausdruck gebracht, man muB aber danach streben, diese Bakterien-
gruppen sachgemaB zu benennen. Lentz 4 ) 5 ) erkl&rt die Krusesche
Bezeichnung „Pseudodysenterie 4 ‘ fiir direkt falsch und die von Kruse
hauptsachlich auf Grund des Castellanischen Versuches geschaffene
Einteilung der Pseudodysenteriebacillen in die Untergruppen A bis H
fiir nicht einwandfrei bezw. unrichtig. Lentz ist auf Grund des Krank-
heitsbildes und pathologisch-anatomischen Befundes der Ansicht, daB alle
Ruhrerkrankungen — leicht oder schwer — trotz der Verschiedenheit
der Erreger als echte Dysenterie aufzufassen, daB zu den „giftarmen u
Dysenteriebacillentypen nur die Bac. Flexner, Strong und Y zu
1) Vgl. Lentz, a. a. 0. p. 432; ferner Heft 43 der Veroffentl. aus dem Geb. d.
MiL-San.-wesens (Die H^genauer Ruhrepidemie des Sommers 1908); Mayer, Klin.
Jahrb. Bd. 23. p. 157; Fischer, Hohn u. Stade, ebenda. p. 125.
2) VgL Lentz, a. a. 0. p. 397.
3) Blackham, dieses Centralbl. Abt. I. Rfif. Bd. 44 p. 287; Knopfelmacher,
Med. Klinik. 1908. p. 1294; Heuser, Dtsche med. Wochenschr. 1909. p. 1694; weilere
Literaturangaben vgl. Lentz, a. a. O. p. 433.
4) Zeitschr. f. Medizinalbeamte. 1909. p. 67 — als Reierent.
5) a. a. O. p. 409.
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264
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
rechnen waren und von diesen in Deutschland bisher in einwandfreier
Weise nur der Bac. Y gefunden sei 1 ). Wegen der Schwierigkeiten, die
sich bei Ausffihrung der Agglutinationsversuche zwecks Zuteilung ver-
dachtiger Kulturen zu einer der genannten Typen der „giftarmen u Gruppe
zuweilen einstellen — z. B. bei schwer agglutinablen Kulturen, bei gleich-
artiger Beeinflussung einer Kultur durch verschiedenartige Seren usw. —
will Lentz 2 ) fur den Fall, daB die serodiagnostischen Methoden ver-
sagen, allein die kulturellen Methoden zur Entscheidung fiber die
Zugehorigkeit zu einem bestimmten Typus herangezogen wissen, da die
Kulturergebnisse bei frisch aus dem Stuhl gezflchteten Bakterien ganz
eindeutig wfiren. Ich habe die Bezeichnung „Pseudodysenterie“ aus
verschiedenen Grfinden im Jahre 1908 fur „nicht glficklich“ bezeichnet
und empfahl allgemein den Ausdruck „Ruhrbacillen u unter Hinzuftigung
des im speziellen festgestellten Typus zu gebrauchen, bis die Frage der
Bacillenruhr mehr geklart ware 3 ). Die Benennung „giftarme Typen“ ist
jedenfalls zweckentsprechender als „Pseudodysenterie“. Lentz verwirft
auch die Bezeichnung „Paradysenteriebacillen“ ffir den giftarmen Tj’pus;
der Name „Paradysenterie“ ist bisher nur von wenigen Autoren bei atio-
logisch nicht einmal in alien Fallen geklarten Erkrankungen gebraucht
worden. Wennein allgemeines Bedfirfnis vorhanden ware, die durch die
„giftarmen Ruhrbacillentypen“ erzeugten Krankheiten als „Paradysenterie“
zu bezeichnen, so wtirde dieses wohl in gleicher Weise durchgeffihrt
werden konnen, wie es seinerzeit beim Paratyphus geschehen ist, trotz-
dem dieser Name frfiher ffir alle moglichen anderen Erkrankungen ge¬
braucht war, die mit den jetzt als Paratyphus bezeichneten nichts zu
tun hatten. Typhus und Paratyphus stehen sich aber klinisch und patho-
logisch-anatomisch nicht annahernd so nahe, wie die beiden in Frage
stehenden Ruhrgruppen — eine Tatsache, die gegen die Einffihrung des
Namens „Paradysenterie“ sprechen dtirfte. Ich glaube, daB es jetzt
weder ein Bedfirfnis noch der richtige Zeitpunkt ist, den Ausdruck
„Dysenterie“ ffir die in Frage kommenden Erkrankungen abzuandern.
Anders steht es aber mit der Gruppierung der einzelnen zu den „gift-
armen Typen“ gehorenden Bacillenarten.
AuBer Lentz haben sich auch andere Autoren dahin ausgesprochen,
daB man mittels des Castellanischen Versuches eine einwandfreie
Artbestimmung von Bakterienarten nicht durchfflhren konne; wenn man
aber mit Lentz nur drei Vertreter der giftarmen Ruhrbacillengruppe
(Bac. Flexner, Strong, Y) annehmen will, so lassen sich eine An-
zahl von Bacillen, die von Ruhrfallen stammen, nicht unterbringen. Von
Befunden frfiherer Untersucher ware hier zunfichst der von K on rich 4 )
beschriebene Bac. DH zu erwahnen, der kulturell sich vollig wie Bac.
Flexner verhielt, aber serodiagnostisch von diesem verschieden, auch
vom Bac. Shiga-Kruse wegen der Kulturergebnisse zu trennen war.
Ob dieser Bac. DH in atiologischen Zusammenhang mit den in Frage
kommenden Ruhrerkrankungen gebracht werden kann, ist allerdings nicht
aufgekl&rt. Der von Mayer (a. a. 0.) beschriebene Bac. pseudodys.
Ffirth scheint sich auch nicht sicher in eine der 3 Gruppen von Lentz
einreihen zu lassen. Ferner beschreiben Ruffer und Willmore 5 ) eine
1) a. a. O. p. 395.
2) a. a. O. p. 409—411.
3) a. a. O. p. 299.
4) Zeitschr. f. Hvg. Bd. 60. p. 281.
5) Dieses Centralbl. Abt. I. Kef. Bd. 45. p. 392.
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Ldsener, Beitrage zur Aetiologie der Baeillenruhr.
265
in der Quarantanestation El Tor haufig angetroffene Ruhrbacillenart: „Bac.
dysent. El Tor I“, die auf Grund von Agglutinations- und Abs&ttigungs-
versuchen von den iibrigen in El Tor gefundenen Ruhrbacillentypen
(Shiga-Kruse, Flexner, D-Kruse) abgetrennt werden muBte, im
iibrigen aber dem Bac. D-Kruse sehr nahe stand. Ruffer und
Will more berichten auch fiber weitere Befunde von Ruhrbacillen, die
mit den vorstehend genannten nicht identisch waren, lassen aber die
Frage offen, ob der Bac. dysent. El Tor I nicht doch identisch ist
mit einem von anderen Autoren in Japan und Deutschland entdeckten
Stamm. Dafi der 1908 von mir beschriebene Ruhrbacillus („Pseudo-
dysenterie K6nigsberg“) zum Typus Y gehort, ist nach den Kulturver-
suchen und auch nach den 1908 und jetzt angestellten Agglutinations-
prfifungen, wenn man vora Ergebnis des 1908 mit der Kultur angestellten
Castellanischen Versuches absieht, moglich. Die beiden von mir
oben beschriebenen Bacillenarten (Tabelle I No. 13 und 14, Tabelle II
No. 6 und 7, Ruhrfall Pii Pillau und Ruhrfall Med. Univ.-Klinik) stimmen
kulturell vollig mit Bac. Flexner flberein, wfihrend sie durch die in
Tabelle II genannten Seren nicht agglutiniert werden. Da die Aggluti-
nationsversuche sowohl alsbald nach der Ztichtung aus dem Stuhl statt-
fanden, als auch bis zum AbschluB dieser Arbeit fortgesetzt wurden,
nachdem diese Bacillen zahlreiche NShrbodenpassagen durchgemacht
hatten, kann man wohl nicht annehmen, dafi es sich um schwer agglu-
tinable Kulturen handelt.
Nach Lentz 1 ) ist das Verhalten alter Laboratoriumskulturen von
Ruhrbacillen namentlich auf Zuckernahrbfiden wenig konstant, sogar
„willkfirlich zu Sndern 44 . Die in Tabelle I aufgeffihrte Strong-Kultur
farbte z. B. die Malzzuckernfihrboden nach Lentz und Hetsch schon
nach 24 Stunden rot bezw. brachte sie zur Gerinnung, was mit den
Angaben von Lentz 2 ) nicht tibereinstimmt. Eine bakteriologische
Diagnose allein auf kulturelle Methoden aufzubauen, ist nur als Not-
behelf anzusehen, auch wenn diese Methoden bei frisch aus dem Korper
geztichteten Bacillen eindeutige Ergebnisse liefern sollen. Wenn man
die beiden von mir beschriebenen Bakterientypen (Pn und Med. Univ.-
Klinik), welche sich serodiagnostisch in eine der 3 Arten der „giftarmen
Ruhrbacillentypen 14 nicht einreihen lassen, nur nach dem Kulturergebnis
beurteilen wttrde, mfiBte man sie dem Typus „Flexner“ zurechnen, der
aber nach der bisherigen Auffassung in Deutschland nicht vertreten war.
Aus alien diesen Grfinden erscheint es wfinschenswert, daB durch recht
umfangreiche Untersuchungen bei Erwachsenen und Kindern namentlich
an Orten mit bakteriologischen Instituten — die Versendung ruhrverdach-
tigen Materials nach auBerhalb hat bekanntlich, namentlich im Sommer,
Bedenken — bessere Grundlagen zur Beurteilung der Bacillenruhrfrage
geschaffen werden. Wenn die praktischen Aerzte hierffir interessiert
werden, wird voraussichtlich ein reichhaltigeres Untersuchungsmaterial
als bisher den Untersuchungsstellen zugehen. Vielleicht ist es spfiteren
Untersuchungen vorbehalten, die Diagnose der „giftarmen Ruhrbacillen-
typen“ einwandfrei zu stellen und eine den praktischen und wissenschaft-
lichen Bedfirfnissen entsprechende Gruppierung der einzelnen Ruhr¬
bacillentypen zu schaffen.
Ob den weiteren, bei ruhrahnlichen Erkrankungen von verschiedenen
1) a. a. 0. p. 407.
2) a. a. 0. p. 404. 405.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 3.
Seiten gefundenen, mehr Coli-ahnlichen Bakterien wirklich eine atio-
logische Rolle zuzusprechen ist, erscheint nach den Ausfiihrungen von
Lentz 1 ) der Aufklarung bedurftig. Neuerdings hat Galli-Valerio
wieder iiber derartige Befunde berichtet 2 ).
Zusammenfassung.
1) Da in der Militarbevdlkerung nur zweier Garnisonen in einem
Zeitraum von 18 Monaten bei ruhrverdachtigen Erkrankungen leichter
Art in nicht geringer Anzahl Ruhrbacillen gefunden sind, ist zu schlieBen,
daB unter der ZivilbevSlkerung weit mehr derartige F&lle vorkommen,
als man bisher annahm, und daB ein groBer Teil der bisher als einfache
Diarrhoen angesehenen Erkrankungen zur bacill&ren Dysenterie gehdrt.
2) Die bei den kranken Soldaten gefundenen Ruhrbacillen gehorten
uberwiegend dem Typus Y an; in einem Fall (Pillau) wurde bei einem
Kranken, aus dessen Stuhl in den ersten Krankheitstagen Y-Bacillen
geziichtet waren, nach Ablauf der klinischen Krankheitszeichen ein
Bacillus gefunden, der kulturell vollkommen dem Typus Flexner glich,
jedoch weder von Flexner-, noch von Shiga-Kruse-, Y-, Strong-,
A- und D-Serum agglutiniert wurde. Da ein gleichartiger Bacillus auch
von einem leichten Ruhrfall in einer Klinik in K6nigsberg geziichtet
wurde, diirfte es sich nicht um einen Nebenbefund handeln.
3) Die von Lentz vorgeschlagene Einteilung der Ruhrbacillen in
„giftige“ und „giftarme“ Dysenteriebacillen ist zwar zweckentsprechend,
wenn man aber mit Lentz nur 3 Vertreter der giftarmen Gruppe an-
nehraen wollte (Flexner, Y, Strong), so lassen sich verschiedene bei
Ruhrerkrankungen gefundene Bacillentypen, wozu auch die unter 2) er-
wahnten, mit Bac. Flexner zwar kulturell, aber nicht serodiagnostisch
ubereinstimmenden Bacillen zu rechnen sind, nicht unterbringen. Es
sind daher zur KlSrung der Ruhrbacillenfrage noch weitere umfassende
Untersuchungen notwendig.
Nachtrag bei der Korrektur.
Im Juni 1910 kamen auf dem Truppeniibungsplatz Arys in Ost-
preuBen bei einem dort iibenden Regiment eine Reihe leichter RuhrfSlle
vor, bei denen ebenfalls der Bac. Y gefunden wurde.
1) a. a. O. p. 440.
2) Dieses Centralbl. Abt. I. Ref. Bd. 45. p. 321.
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Sticker u. Lowenstein, Ueber Lymphosarkomatose, Lymphomatose etc. 267
Nachdruck verboten.
Ueber Lymphosarkomatose, Lymphomatose und Tuberkulose.
Ein experimenteller Beitrag.
[Aus der Kgl. chirurg. Universitatsklinik zu Berlin (Direktor: Geh. Med.-Rat
Prof. Dr. Aug. Bier).]
Von
Prof. Dr. Anton Sticker und Dr. Ernst Lowenstein,
Oberassistent. friiher Beelitz, jetzt Wien.
Mit 3 Tafeln.
In folgendem soil fiber die Ergebnisse einer experimentellen Arbeit
berichtet werden, welche wir gemeinschaftlich im verflossenen Winter
unternommen und deren Aufgabe war, die trotz ihrer morphologischen und
klinischen Aehnlichkeiten fitiologisch unzusammenhangenden Krankheits-
bilder, die Lymphosarkomatose, die Lymphomatose und die Tuberkulose
der Lymphdrfisen klar scheiden zu lassen.
Statt einer ausschweifenden Darstellung, welche sich auch mit einer
kritischen Wfirdigung aller jener Arbeiten bescbaftigen mtiCte, denen ein
gleiches Thema zugrunde liegt, von Sternbergs und Pappenheims
mfihevoller Analyse bis zu Ribberts synthetischer Arbeit, der unter
den Begriff „Lymphocytom u wieder so viel Getrenntes zusammenbrachte,
wollen wir versuchen, an Hand des nachfolgenden Schemas das von uns
Erreichte und Neue wiederzugeben.
1. Lymphosarkomatose.
(Sarcoma globocellulare)
2. Lymphomatose.
(Lymphoma malignum)
/
/
aleukamische
/ \
Pseudoleukiimie [Pseudoleukamie
Hodgkins Sternbergs]
\
\
\
leukamische
3. Lymphdrusentuberkulose.
(Tuberkuloma)
typische (Tb. typ. hum.) atypische (Tb. typ. bov.)
/ \ I
kleinzellige, grofizellige, Lymphdriisenerkrankung
verkasenae indurierende Sternbergs
Wir unterscheiden als eine echte Geschwulstkrankheit (Blastomatose)
die Lymphosarkomatose von der Lymphomatose.
Die Lymphosarkomatose pragt sich aus durch das Auftreten
von multiplen Tumoren, welche aus Rundzellen sich aufbauen, die in
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 4.
steter Karyokinese begriffen sind und nur rait deD groBen Rundzellen
der Keimzentren der Lymphfollikel verglichen werden konnen.
Die Lymphosarkomatose nimmt ihren allerersten Ursprung aller Be-
'Obachtung nach im lymphatischen Apparat, so insbesondere in irgend-
einer Lymphdrtise; bei ihrer weiteren Ausbreitung von diesem primaren,
solitaren Herde vermeidet sie jedoch die vorgeschriebenen Lyinphbahnen,
sie bricht in die Nachbarschaft aus und verbreitet sich spater nur auf
dem Blutwege.
Die Lymphomatose ist gleichfalls ausgeprfigt durch das Bild
zahlreicher Tuinoren, welche aus Rundzellen sich aufbauen. Diese Rund¬
zellen sind die bekannten Lymphocyten. .Die Lymphomatose schreitet
von Lymphdruse zu Lymphdruse weiter, die Tumoren stellen demnach
ihrem Wesen nach einfach hyperplastische Zustande der befallenen Lymph-
dr iisen dar, „lymphocytare Hyperplasieen 44 .
Die Lymphomatose kann zwei klinische Formen annehmen, eine
leukamische und eine aleukamische, je nachdem die in den Lymphdriisen
vermehrt auftretenden Lymphocyten im Blutbilde erscheinen oder nicht.
Zu den aleukamischen Formen rechnet man zwei Krankheitsbilder:
die Pseudoleukamie Hodgkins, auf die wir heute nicht naher eingehen
wollen und die Pseudoleukamie Sternbergs.
Die Pseudoleukamie Sternbergs wird mit Recht von Borst
eine „falsche Pseudoleukamie 14 genannt. Ihre Geschwulstknoten bestehen
gar nicht aus Lymphocyten, sondern aus gewucherten fixen Bindegewebs-
zellen, also eine retikuiare Hyperplasie, keine lymphocytare.
Sternberg selbst hat trotz des Fehlens von Tuberkel und Tuberkel-
bacillen an eine tuberkulose Natur dieser Driisenkrankheit gedacht, von
anderer Seite wurde sie direkt bestritten. Hier setzten unsere experi-
mentellen Untersuchungen ein, und indem wir das Ergebnis derselben
vorausnehmen, weisen wir auf die dritte Krankheitsgruppe der Tabelle
hin, wo wir die bekannten typischen Formen der Lymphdriisentuberkulose:
die kleinzellige oder lymphoide, in Verkasung iibergehende, und die groB-
zellige nicht verkasende, induzierende Form finden und daneben als eine
atypische Form die Sternbergsche Erkrankung der Lymphdriisen. Wir
haben durch biologische Versuche die tuberkulfise Natur der letzten nach-
gewiesen. Wir vermuten — der vollgflltige Beweis steht noch aus —
daB die atypische tuberkulose Lymphdrfisenerkrankung durch Bacillen
des Typus bovinus hervorgerufen wird.
Wir gehen in folgendem kurz auf die Schilderung unserer experi-
mentellen Versuche fiber.
Was die Lymphosarkomatose betrifft, so war deren experi-
mentelles Studium hinreichend gefordert durch die von einem von uns
(Sticker) seit Jahren bei Hunden, welche an der gleichnamigen und
gleichwertigen Krankheit leiden konnen, angestellten Versuche 1 ).
Auch die Lymphosarkomatose des Hundes nimmt wie die des
Menschen ihren allerersten Ursprung im lymphatischen Apparat, ins¬
besondere in den reichlich auf der Schleimhaut des Penis und des
1) Tranaplantablea Lymphosarkom des Hundes. Ein Beitrag zur Lehre der Krebs-
ubertragbarkeit. Zeitschr. f. Krebsforschung. 1904. Bd. 1. — Erfolgreiche Uebertragungen
bosartiger Geschwiilste bei Tieren. Med. Klmik. 1905. No. 24. —Transplantables Rund-
zellensarkom des Hundes. Berl. tierarztl. Wochenschr. 1905. No. 20. — Infektiose und
krebsige Geschwulste an den aufleren Geschlechtsorganen des Hundes. Arch. f. klin.
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Centralblatt f. Bakteriologie. Abt. I. Orig. Bd. 55.
Sticker u. Lowenstein, Jjymphosarkomatose. Taf. ].
Sarcomatosis peritonei beini Hunde.
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
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Tuberkulom
Centralblatt f. Bakteriologie. Abt. 1. Oritj. Bd. 55.
Sticker u. L&wensteln , Lymphosarkomatoae. Taf. II.
Milz
Tuberculosis oiucnti (Tb. typ. bov.) beirn Hunde
Verlag von Gustav Fischer in Jena.
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—
Centralblatt f. Bakteriologic. Abt. I. Orig. Bd. 55.
Sticker u. Liiwenstein, Lymphosarkomatose. Taf. III.
Tuberculosis peritonei (Tb. typ. hum.) beim Hunde.
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Verlag von Gustav Fischer in Jena.
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Netz Milz
Sticker u. Lowenstein, Ueber Lymphosarkomatose, Lymphomatose etc. 269
Scheidenvorhofes befindlichen Lymphfollikel Oder in den regionaren Lymph-
drilsen. Bei ihrer Ausbreitung vermeidet sie wie beim Menschen die
Lymphbahnen, bricht in die Nachbarschaft aus und verallgemeinert sich
spSter nur auf dem Blutwege.
Die in grofier Zahl vorgenommenen, erfolgreichen Uebertragungen,
das in einer Anzahl von Fallen beobachtete Phanomen der spontanen
Heilung und der sich daran anschlieBenden allgemeinen Immunitat, die
im pr&metastatischen Stadium stets vorgefundene Zonenimmunitat, die
Uebertragung per coitum, alle diese Phanomene haben die tiefen Kenner
der Geschwulstkrankheiten iiberrascht, aber nicht an der Diagnose
zweifeln lassen, eine Diagnose, die von Weigert und Arnold gestellt
und von namhaften Pathologen und Klinikern bestatigt wurde. Diesen
schlossen sich nach eigenen Untersuchungen die amerikanischen Forscher
Ewing und Beebe, Gaylord, Crile, der franzdsische Gelehrte
Borrel an.
Um differentialdiagnostisch wichtiges Material fiir die Lymphosarko-
matose des Hundes zu gewinnen, unternahmen wir das experimentelle
Studium der Tuberkulose des Hundes. War es doch bekannt, daB gerade
die durch die Tuberkelbacillen hervorgerufenen hyperplastischen Prozesse
leicht das Bild einer echten Blastomatose vort&uschten — so hatte
Virchow bei seiner ersten Bekanntschaft mit der Perlsucht des Rindes
diese auf Grund seiner histologischen Untersuchung fiir eine Sarkomatose
erklart, wahrend die Tierarzte auf Grund klinischer Erfahrungen die
Perlsucht als die Tuberkulose der serosen Haute des Rindes langst er-
kannt hatten. Das Umgekehrte geschah bei der von Sticker experi¬
mented erzeugten Sarcomatosis peritonei des Hundes. Einige hielten
dieselbe fiir eine disseminierte Tuberkulose. Wir bringen auf Tafel I
eine Abbildung, welche der oben an erster Stelle zitierten Arbeit
(Zeitschr. f. Krebsf. Bd. 1. 1904) entnommen wurde, und stellen die¬
selbe zum Vergleich mit den Bildern auf Tafel II und III.
Wir haben uns im Verlaufe unserer Versuche nicht auf die Tuberkel¬
bacillen allein beschrankt, sondern auch eine Reihe anderer s&urefester
Bakterien, so Pseudoperlsuchtbacillen, Timotheebacillen, Smegmabacillen
zur Injektion beim Hunde benutzt. Wir teilen hier kurz das Ergebnis
mit, daB von alien saurefesten Bakterien die Tuberkelbacillen mensch-
licher Herkunft sich beim Hunde am pathogensten erwiesen haben. Dies
trat am deutlichsten bei intraperitonealen Impfungen hervor, wie aus
den nachfolgenden Protokollen ersichtlich.
Versuch No. 1. Schwarzer Spitz, mannlich, buschiger Schwanz.
16. Dez. 1909 mit Perlsucht (Bongert) 2 Oesen einer 2 Monate alten Glyzerin-
agarkultur (Aufschwemmung in 5 ccm physiologischer Kochsalzlosung) intraperitoneal.
4. Jan. 1910 (19. Tag) gestorben an infektioser Pneumonie.
Obduktionsbefund: Im grofien Netz ein kastaniengrofier Knoten, welcher
deutlich abgerundet und eine rotlich-weifie, markige, festweiche Schnittflache aufweist.
Im iibrigen erweist sich das Peritoneum glatt una glanzend.
Chir. 1906. Bd. 78. — Transplan tables Rundzellensarkom des Hundes. (Zweite Mit-
teilung.) Zeitschr. f. Krebsforschung. 1906. Bd. 4. — Spontane und postoperative 1m-
plantationstumoren. Munchener mea. Wochenschr. 1906. No. 39. — Uebertragung von
Tumoren bei Hunden durch den Geschlechtsakt. Berl. tierarztl. Wochenschr. 1906.
No. 50. — Das Wesen und die Entstehung der Krebskrankheit auf Grund der Er-
f ebnisse der modernen Krebsforschung. Zeitschr. f. Veterinarkunde. 1907. Heft 10. —
leber Pathogenese und iiber den spezifischen Abbau der Krebsgeschwiilste. Deutsche
med. Wochenschr. 1907. No. 38. — Die Immunitat und die spontane Heilung der Krebs¬
krankheit nach den Ergebnissen der modernen experimentellen Eorschung. Zeitschr. f.
Krebsforschung. 1908. Bd. 7.
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270
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Mikroskopischer Befund: Die Struktur des Netzes noch deutlich; die
Geschwulstmasse besteht zum grofiten Teil aus fibroblastischem Gewebe, in welchem
die spindeligen Zellen vorherrschen und schmale, sich durchfiechtende Ziige bilden.
Die Zellen aurchgangig protoplastnareich, die Kerne grofi, die Chromatinsubstanz fein
verteilt. Einzelne Partieen nekrotisch; die Kerne pyknotisch; Lymphzellen und Leuko-
cyten wenig oder gar nicht vorhanden.
Versuch No. 2. Hellgrauer Spitz, m&nnlich, mit buschigem Schwanz.
16. Dez. 1909 mit Perlsucht (Wien) 2 Oesen einer 1 Monat alten Glyzerin-
agarkultur (Aufschwemmung in 5 ccm physiologischer Kochsalzlosung) intraperitoneal.
8. Jan. 1910 (23. Tag) durch Genickstich getotet.
Obduktionsbef und: Das grofie Netz an seinem freien Rande zu einem Drittel
aufgerollt und in eine derbe, mehrere Zentimeter lange, weifiliche Geschwulstmasse ver-
wandelt.
Mikroskopischer Befund: Keine wahrnehmbare Nekrose; Geschwulstmasse
besteht aus dichtgedrangten, grofien, protoplasmareichen, zum Teil rundlichen, zum Teil
spindelfQrmigen Zellen mit grofiem, rundem, chromatinarmem Kern (oft 2 vorhanden).
Versuch No. 3. Mannlicher, weifier Foxterrier mit regelmafiiger Maske.
16. Dez. 1909 mit Tb. (Typus humanus, Blasentuberkulose) 2 Oesen einer
2 Monate alten Glyzerinagarkultur (Aufschwemmung in 5 ccm physiologischer Kochsalz-
losung) intraperitoneal geimpft.
8. Jan. 1910 (23. Tag) durch Genickstich getotet.
Obduktionsbefund: Das ganze Bauchfell (viscerales und parietales Blatt)
besiit mit miliaren und submiliaren Knotchen, welche an einzelnen Stellen angehauft
erscheinen und perlsuchtartige Gewachse bilden. Das Netz erscheint aufgerollt und in
eine wurstformige, weifiliche, derbe Geschwulstmasse verwandelt. Die Leber von dicht¬
gedrangten miliaren Knotchen durchsetzt. Auch im Mittelfell finden sich, wenn auch
sparlicher, kleine Tuberkel. Die vordere mediastinale und sternale Lymphdruse, beide
bohnengrofi, auf der Schnittflaehe markig geschwolleu. In beiden Nieren vereinzelte
miliare Knotchen.
Mikroskopischer Befund: a) Netzknoten: Durchgangig bestehend aus
grofien, protoplasmareichen Zellen und grofiem, rundlichem, chromatinarmem Kern in
sehr feinfaserigem Netzwerk, so dafi Zellauslaufer, die sich gegenseitig verbinden, vor-
getauscht weraen. Ueberall nekrotische Partieen.
b) In den Lymphdriisenknoten ausgebreitete Nekrose, in den dazwischen
liegenden Partieen herrschen die grofien (epitheloiden!) Zellen vor, welche zum Teil
E dygonal, zum Teil rundlich erscheinen, und grofie Kerne, oft deren zwei, besitzen.
ie kleinen Lymphzellen (Lymphocyten) in einzelnen Ziigen an die Peripherie gedrangt.
Wir finden bei den mit Perlsuchtbacillen intraperitoneal geimpften
Hunden nur eine beschrankte tuberkulose Entziindung des grofien Netzes
(siehe Abbildung, Tafel II), alle ubrigen Organe intakt; bei den mit
Tuberkelbacillen menschlicher Herkunft geimpften das grofie Netz voll-
stiindig aufgerollt und in eine wurstformige, weiBliche, derbe Geschwulst-
masse verwandelt (siehe Abbildung, Tafel III). Das Mesenterium er¬
scheint besSt mit miliaren und submiliaren Knotchen, welche an einzelnen
Stellen angehauft und perlsuchtartige Knoten bilden. Die Leber von
dichtgedrangten Knotchen durchsetzt. Auch im Mittelfell vereinzelte
KnOtchen. Die mediastinalen und sternalen Lymphdriisen markig ge-
schwollen.
Dieser Unterschied in der Pathogenitfit beider Arten von Tuberkel¬
bacillen beim Hunde ist bis jetzt den meisten Experimentatoren ent-
gangen, was zum Teil daran liegt, daB selbst bei den ausgedehntesten
Versuchen, wie den vom Ivaiserlichen Gesundheitsamte 1 2 ), die
intraperitoneale Impfung ganz unterblieb.
Robert Koch*) beschreibt 3 intraperitoneale Infektionsversuche
beim Hunde, zu denen nur Reinkulturen menschlicher Miliartuberkulose
benutzt wurden. Alle 3 Hunde zeigten nacli 5 Wochen bei der Ob-
1) Tuberkulosearbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheitsamte. Heft 9. Berlin 1908.
2) Mitteil. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. 2. 1884.
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Sticker u. LSwenstein, Ueber Lymphosarkomatose, Lymphomatose etc. 271
duktion das Bild einer ausgebreiteten Miliartuberkulose. Dieser Befand
deckt sich mit dem unserer analogen F&lle.
Die englische Tuberkulosekommission 1 ) berichtet eben-
falls nur von 3 intraperitonealen Versuchen beim Hunde. Ein mit einer
Kultur, welche von einer prim&ren Mesenterialtuberkulose des Menschen
stammte, geimpfter Hund starb nach 48 Tagen an den Folgen einer
Tuberculosis universalis; ein zweiter in gleicher Weise geimpfter Hund
soli nur geringgradige Tuberkulose gezeigt baben.
Ein drifter Hund, welcher 1 mg einer Bacillenkultur boviner Herkunft
intraperitoneal erhielt, zeigte nach 5 Wochen nur wenige fibrose Tuberkel
in den Lungen, kleine verdachtige Herde in Leber und Nieren 2 ).
Was die subkutanen Impfungen betrifft, so konnten wir auch
bei diesen einen Unterschied zwischen Typus bovinus und Typus humauus
feststellen.
In alien Fallen trat eine vom 7. Tage ab zunehmende Infiltration
der Unterhaut auf, welche bald auf die Cutis iiberging und zu Geschwiirs-
fisteln fiihrte. Wahrend aber bei Bovinus eine glatte Heilung der Ge-
schwure schon vor dem 80. Tage erfolgte, und die am 137. Tage vor-
genommene Totung und Obduktion keinen besonderen Befund ergab,
wurden bei Humanus noch am 120. Tage sezernierende Geschwflre ge-
funden und bei der am 137. Tage vorgenommenen Totung und Obduktion
fand sich unter der scheinbar geheilten Geschwfirsstelle der Haut eine
pflaumengrofie AbsceBhohle, eine hieran anschliefiende Erkrankung der
regionaren LymphdrQse (Lymphoglandula pubis), der retroperitonealen
Lymphdrusen, des Milchbrustganges, der Lungen und der Nieren, kurzum
das Bild einer ausgebreiteten disseminierten Tuberkulose.
Bei den gleichzeitig kutan vorgenommenen Impfungen war nur bei
Bovinus eine deutliche Reaktion bemerkbar, und zwar am 18., 29. und
42. Tage durch das Auftreten von kleinen Bl&schen bezw. Papeln.
Versuch No. 21. Schwarzgelbe Haushiindin mit zwei gelben Augen-
flecken.
12. Nov. 1909. Rechts kutane, links subkutane Impfung mit einer aus 2 Oesen
einer 2 Monate alten Glyzerinagarkultur von Tb. (Typus bovinus, Berliner Schlacht-
hof Bongert) in 5 ccm physiologischer Kochsalzlosung bereiteten Aufschwemmung.
19. Nov. (7. Tag). Rechts breite weiOe Strichbildung; links kaffeebohnengroBer
Knoten.
24. Nov. (12. Tag). Links hasclnuB- und pflaumengroOer, derber Knoten, Haut
verschieblich.
27. Nov. (15. Tag). Vorderer Knoten exstirpiert und iiberimpft auf Hund No. 30.
30. Nov. (18. Tag). Rechts kleine Biaschen; links: Operationswunde eitert; zweiter
Knoten derb.
4. Dez. (22. Tag). Rechts Zahl der Biaschen zugenommen; links Operationswunde
geschlossen; 2 kleine Kastanien.
1) Report of the R. Comm, of human and animal tuberculosis. II. London 1907.
2) Unser experiraentelles Ergebnis entspricht auch der klinischen Beobachtung:
Die spontane Erkrankung der Hunde steht zumeist mit der Tuberkulose des
Menschen in ursachlichem Zusammenhang; am haufigsten pflegen sich Stubenhunde
durch Einatmung bacillenhaltiger Luft, seltener durch Auflecken von tuberkulosem
Sputum zu infizieren. Die von Petit tuberkulos befundenen Hunde stammten zum
S ofiten Teil aus von Arbeitern stark besuchten, unreinen 8chanklokalen und Kaffee-
usern.
Die Spontanerkrankung der Hunde ist an vielen Orten eine seltene Beobachtung.
Frohner fand unter 62 500 Berliner Hunden 27, d. i. 0,04 Proz. mit Tuberkulose
behaftet.
Johne und Eber in Dresden unter 400 Hunden 11, d. i. 2,7 Proz. Dagegen
sah Jensen in Kopenhagen im Laufe von 2 Jahren 28 Hunde, Petit und Basset
in Alfort wahrend 1 Jahres 32 Hunde mit Tuberkulose.
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272
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
8. Dez. (26. Tag). Blaschen fast verechwunden.
11. Dez. (29. Tag). Aus der Wundnaht serose Fliissigkeit, im Ausstrich keine Tb.
Erneute Extirpation des Granulationsgewebes und Ueberimpfung auf Hund No. 52.
Der mittlere Knoten zeigt eine markstiickgrofie gran ulierende Wunde mit scharfem
glatten Rande und klarer seroser Fliissigkeit bedeckt; hintere Knoten haselnuSgroS.
Rechts: Impfstriche samtlich wieder deutlich; stellenweise papelartig hervortretend.
16. Dez. (34. Tag). Klaffende Wunde; Ulcus klein und troeken.
24. Dez. (42. Tag). Wunde bis auf eine kleine Stelle verheilt; mittlerer Knoten
schwach verheilendes Geschwiir; hinterer Knoten bildet in der Mamma feste Geschwulst;
an der Innenflache des Schenkels schmerzhafte, flache Geschwulst.
Rechts: Erneute kleine Knotchenbildung.
6. Jan. 1910 (55. Tag). Links: Schwartig verheilte Narbe; mittlere Geschwulst
verschwunden, derbes kleines Knotchen in der Naehbarschaft; Mamma hiihnereigrofi,
fluktuierend; an der Schenkelflache starke Infiltration und glattwandiges Geschwiir.
Rechts: Stecknadelkopfgrofie, isolierte, derbe Knotchen.
13. Jan. (62. Tag). Vorne Null. Mammageschwulst dattelgrofi, innen glatte Ge-
schwursfliiche mit feuchter Absonderung; an der Schenkelflache geringe Schwellung mit
flachem Geschwiir.
Rechts: Minimale Knotchen.
31. Jan. (80. Tag). Mammageschwulst bohnengrofi.
16. Febr. (96. Tag). Mammaknoten sail bohnengrofi. Alle 3 Narben glatt und weich.
23. Febr. (103. Tag). Knoten fast Null.
8. Marz (116. Tag). Null.
29. Marz (137. Tag). Totung des ganz gesunden Hundes. Die Obduktion ergab
keinen besonderen Befund.
Versuch No. 29. Kurzhaariger Spitzbastard mit gelben Beinen.
12. Nov. 1909. Rechts kutane, links subkutane Impfung mit einer aus 2 Oesen
einer 2 Monate alten Glyzerinagarkultur von TuberkelDacillen (Typus humanus,
Blasentuberkulose).in 5 ccm physiologischer Kochsalzlosung bereiteten Aufschwernmung.
19. Nov. (7. Tag). Rechts Null; links kleine flache Knotchenbildung an 2 Stellen
der Bauchwand.
24. Nov. (12. Tag). Rechts weifie Strichbildung; links haselnufigrofier Knoten,
bohnengrofie Lymphoglandula pubis.
30. Nov. (18. Tag). Links kastaniengroSe Geschwulst, in der sie iiberziehenden
Haut 2 Blaschen.
4. Dez, (22. Tag). Links zweidaumenstarkes Infiltrat, Blaschen geplatzt; Druse hart.
8. Dez. (26. Tag). Infiltrat fast verschwunden, kleines Ulcus; Druse hart.
11. Dez. (29. Tag). Kleines Geschwiir nebst kleinem Knotchen. An hinterer Kontur
des Oberschenkels sonarf ausgestanztes, im Grunde feuchtes Geschwiir.
16. Dez. (34. Tag). Geringe Schwellung, Fistel stark nassend; hinteres Geschwiir
tiefer.
24. Dez. (42. Tag). Kleiner derber Knoten; hinteres Geschwiir in Heilung.
6. Jan. 1910 (55. Tag). DattelkerngroSe, derbe Geschwulst, Fisteln nassend; Driise
pflaumengroS, hart, runalich.
13. Jan. (62. Tag). Dattelkerngrofie Schwellung mit kleiner Geschwulstoffnung;
Driise niiifiig geschwollen; Geschwiir am Hinterschenkel fast abgeheilt.
31. Jan. (80. Tag). Keine Schwellung, aber noch nassend.
16. Febr. (96. Tag). Niissende Fistel.
23. Febr. (103. Tag). Nassende Fistel; Lymphoglandula pubis pflaumengroS.
8. Marz (116. Tag). Stat. idem.
22. Marz (130. Tag). Keine Fistel. Pflaumengrofie Geschwulst.
29. Marz (137. Tag). Totung de3 anscheinend gesunden Hundes.
Sektionsbefund: An der Impfstelle Haut und Unterhaut fest verwachsen. Vor
der Lymphoglandula pubis, welche von Bohnengrofie, eine pflaumengrofie Hohle, deren
Wand mit grauweifien Granulationen bedeckt und deren Inhalt seros-eitrig erscheint.
Die Lunge in ihrem ganzen Bereich von zahlreichen grauen, durchscheinenden Knotchen
durchsetzt. Die Lymphdriisen geschwollen, zum Teil mit schwarzlichem Zentrum und
grauweifier Peripherie. In beiden Nieren zahlreiche gries- bis hirsekorngrofie, grauweifie
Herde, welche nicht nur iiber die Oberflache leicht prominieren, sondern auch in der
Markschicht sich vorfinden und zum Teil linsengrofie deutliche kasige Herde bilden.
Die Lymphdriise an der Teilung8Btelle der Bauchaorta uber bohnengrofi. Markzone
braunrot, Peripherie grauweifi.
Passageimpfungen, welche mit Bovinus vorgenommen wurden, zeigten,
daB 15 Tage altes Grannlationsgewebe, subkutan verimpft, eine, wenn
auch spat einsetzende, heftige lokale Entzundung hervorrief, die gegen
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Sticker u. Lowenstein, Ueber Lymphosarkomatose, Lymphomatose etc. 273
den 117. Tag abgeklungen war. aber nach Totung des Hundes am
122. Tage sich ins Innere fortgesetzt zeigte, indem sich eine ausge-
breitete miliare Tuberkulose des Bauchfells, der Lungen, der Milz und
der Nieren vorfand. Es iihnelte dieses Bild beziiglich seiner Ausbreitung
dem nach intraperitonealer Verimpfung von Tuberkelbacillen des Typus
humanus entstandenen; der Zeitunterschied war jedoch ein bedeutender,
indem hier 122 Tage, dort nur 23 Tage seit der Impfung verfiossen
waren.
Ueberimpfung des 29 Tage alten, schon einmal exstirpierten Granu-
lationsgewebes war ohne Erfolg.
Impfungen mit Pseudoperlsuchtbacillen erzeugten schnelle
intensive Entzilndungeu der Unterhaut, die aber schon gegen den 30. Tag
abklangen.
Ti mo thee zeitigte unwesentliche, Sm egmabacillen keine Re-
aktionen.
Versuch N o. 30. 27. Nov. Ueberimpfung eines 15 Tage alten Geschwulstgewebes
von Versuchshund No. 21 in die Unterhaut.
30. Nov. (3. Tag). Kleine Wunde, kleines Knotchen.
4. Dez. (7. Tag). Status idem.
8. Dez. (11. Tag). Null.
16. Dez. (19. Tag). In der Mitte der beiden vorletzten Mammae entziindete kleine
Stelle. In der linken Kniefalte haselnufigroSer Knoten.
24. Dez. (27. Tag). Null.
6. Jan. (40. Tag). DoppelhuhnereigroSe Geschwulst, welche den Bereich der beiden
hinteren Mammae einnimmt, an mehreren Stellen die Haut durchlochert, glattrandige
Oeffnungen, aus welchen groCere Mengen seroser Fliissigkeit flieSen.
31. Jan. (65. Tag). Etwas kleiner, aber noch stark sezernierend.
16. Febr. (81. Tag). Status idem.
23. Febr. (88. Tag). Kleiner, noch sezernierend.
8. Marz (101. Tag). Nassend.
24. Marz (117. Tag). Null.
29. Marz (122. Tag). Totung des anscheinend gesunden Hundes.
Sektionsbefund: Das groSe Netz dicht besat mit zahlreichen Knotchen. In
der Milz etwa ein Dutzend hanfkorngrofier Blaschen, welche mit triiber Lymphe ge-
fullt waren. In beiden Nieren und in der Leber vereinzelte grauweiBe Herde von un-
regelmiifiiger Gestalt. Die retroperitonealen Lymphdriisen bilden ein walnufigrofies,
mit der Nachbarschaft durch entzundliches Gewene verwachsenes Paket. In Leiden
Lungen zahlreiche glasige Knotchen.
Versuch No. 52. 11. Dez. Ueberimpfung des 29 Tage alten, schon einmal am
15. Tage exstirpierten Granulationsgewebes von Versuchshund No. 21 mittelst Trokart
an zwei Stellen subkutan.
16. Dez. (5. Tag). Null.
6. Jan. (26. Tag). Derbes kleines Knotchen beiderseits.
31. Jan. (51. Tag). Null.
16. Febr. (67. Tag). Null.
Versuch No. 50. 20. Nov. 1909. Rechts kutane, links subkutane Impfung mit
einer aus zwei Oesen einer 2 Monate alten Glyzerinagarkultur von Pseudoperlsucht-
bacillen (Pseudoperlsucht Mo Her) in 5 ccm physiologischer Kochsalzlosung bereiteten
Aufschwemmung.
30. Nov. (10. Tag). Rechts Impfstriche undeutlich; links zweifingerbreites Infiltrat
am Penis entlang.
4. Nov. (14. Tag). Links Zerteilung in drei Knoten; am hintersten walnuflgrofle
Blaschenbildung in aer Haut.
8. Dez. (18. Tag). Blaschen eingetrocknet. Die drei Knoten fest.
16. Dez. (24. Tag). Vorderer Knoten ulzeriert, mittlerer kleiner, hinterer entleert
serose Fliissigkeit.
24. Dez. (32. Tag). Fast Null.
6. Jan. (45. Tag). Null.
31. Jan. (70. Tag). Links am Penis flacher Strang.
16. Febr. (86. Tag). Null.
Erite Abt. Orig. Bd. 55. Heft 4. 18
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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Versuch No. 32. 20. Nov. 1009. Rechts kutane, links subkutane Impfung mit
einer aus zwei Oesen einer 2 Monate alten Glyzerinagarkultur von Timotheebacillus in
5 ccm nhvsiologischer Kochsalzlosung bereiteten Aufschwemmung.
30. Nov. (10. Tag). Links kleine Knotchenbildung.
4. Dez. (14. Tag. Kleine Bohne.
8. Dez. (18. Tag). Kleine Bohne.
24. Dez. (34. Tag). Null.
31. Jan. (80. Tag). Getotet.
Sektion sbefund : o. B.
Versuch No. 40. 20. Nov. 1909. Rechts kutane, links subkutane Impfung mit
einer aus zwei Oesen einer 2 Monate alten Glyzerinagarkultur von Smegiuabacillus in
5 ccm physiologischer Kochsalzlosung bereiteten Aufschwemmung.
30. Nov. (20. Tag). Rechts deutliche Strichbildung; links Null.
4. Dez. (14. Tag). Null.
8. Dez. (18. Tag). Null.
24. Dez. (34. Tag), t am Darmverschlingung.
Die histologische Untersuchung der beiden Arten von Bauchfell-
tuberkulose des Hundes ebenso wie die der tuberkulosen Neoformation
in der Unterhaut zeigte nirgends das Vorhandensein von typischen klein-
zelligen Tuberkeln mit Riesenzellen, sondern nur Wucherungszonen der
sogenannten epitheloiden Zellen. Wir halten dieselben, auch auf Grund
unserer Studien der Tuberkulose beim Menschen, fur gewucherte fixe
Bindegewebszellen und schlieBen uns den Anschauungen Baumgartens
an, welche derselbe vor 25 Jahren in seiner klassischen Arbeit: Experi-
mentelle und pathologisch-anatomische Untersuchungen fiber Tuberkulose*)
fiberzeugend ausgesprochen. Die Lyraphocyten spielen bei der Tuber¬
kulose des Hundes nur eine untergeordnete Bedeutung. Entweder sind
sie ganz aus dem Bereiche der Neoplasie verschwunden, Oder sie bilden,
wie z. B. in den Lymphdrfisen, nur noch eine Art Stauwerk, uni den
trefflichen Ausdruck von Benda zu gebrauchen.
Nun vergegenwartige man sich, dad die Lymphosarkomatose des
Hundes in vollstfindiger Analogic mit der des Menschen eine endlos
fortgesetzte aus sich heraus sich vollziehende Wucherung von Rund-
zellen darstellt, welche ein reichliches GefaBnetz mit sich fiihren und
fibroblastische Wucherungen ganz verinissen lassen, dafi die tuberkulose
Neoformation beim Hunde eine Wucherung fixer Bindegewebszellen, eine
retikulare Hypoplasie darstellt, die Lymphocyten dabei vollstandig in
den Hintergrund treten und eine GefaBneubildung ganzlich ausbleibt,
so ist nicht einzusehen, daB jemand die Ansicht vertreten konnte, daB
die infektiosen Granulome, speziell das Tuberkulom, mit dem Lymplio-
sarkom irgendetwas Identisches haben, wo die absolute Gegensatzlich-
keit der Prozesse nicht einmal einen Vergleich zulaBt 1 2 ).
Als Endergebnisse unserer Infektionsversuche mit
tuberkulosem Virus stellen wir den Satz auf, daB die
Tuberkelbacillen menschlicher Herkunft sich weit patho-
gener bei Hunden erweisen als die Perlsuchtsbacillen,
daB dieser Unterschied am deutliclisten bei intraperi-
tonealer Impfung hervortritt, daB jedoch eine Virulenz-
steigerung boviner Herkunft sich schon nach einmaliger
Passage erreichen laBt.
1) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 9. 1885.
2) Bashford schrieb 1905: The processes which occur in artificial transmissions
(sc. des Lymphosarkoms) are identical with those by which tumour masses are formed
as a result of inoculation which the tubercle or glanders bacilles. Dieser Meinung
schlossen sich ohne weiteres Hertwig und Pol, Gierke u. a an.
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Sticker u. Lowenstein, Ueber Lymphosarkomatose, Lymphomatose etc. 275
Wir kommen zum zweiten Teile unserer experimentellen Unter-
suchungen. Indem wir die verschiedenen, differentialdiagnostisch beim
Menschen mit Lymphosarkomatose in Betracht kommenden Krankheitsbilder
studierten, insbesondere die leukamischen und aleukamischen Tumoren,
glaubten wir im Verlaufe unserer Untersuchungen neben dem Lympho-
sarkom, dem Lymphoma malignum und der Lymphdriisentuberkulose
eine vierte Form abtrennen zu miissen, welche das Bild der groB-
zelligen oder retikularen Hyperplasie bot und die wir mit der Stern-
bergschen Lymphdriisenkrankheit indentifizieren konnteu. Um beziig-
lich der Natur derselben weitere Aufklarung zu erhalten, griffen wir
zum Tierexperiment. Nun hatte schon Sternberg die Vermutung aus-
gesprochen, daB es sich bei dieser Erkrankung um eine Tuberkulose handle.
Das empfindlichste Reagens fur die Tuberkulose ist das Meerschweinchen,
und doch waren bisher alle Impfversuche bei demselben fehlgeschlagen 1 ).
Wir hatten nun bei unseren Versuchen beim Hunde gefunden, daB
das tuberkulose Gewebe, welches nach Verimpfen von bovinen Tuberkel-
bacillen entstand, bei Ueberimpfung weit pathogener wirkte als die zu-
erst benutzte Kultur, mit anderen Worten, daB eine Virulenz-
steigerung der Bacillen boviner Herkunft sich schon
nach einmaliger Passage erreichen lafit.
Indem wir in derselben Weise beim Meerschweinchen verfuhren,
d. h. das anscheinend tuberkel- und tuberkelbacillenfreie Granulations-
gewebe, welches nach Ueberimpfung der von Menschen stammenden
Lymphdrusen beim Meerschweinchen entstand, erneut auf Meerschweinchen
uberimpften, konnten wir mikroskopisch und kulturell Tuberkelbacillen
nachweisen. Schon Benda u. A. haben auf Grund der Beobachtung,
daB die verkasten Massen eines Tuberkels, obwohl farbbare Bakterien
zu fehlen scheinen. ihre Infektionskraft behalten, an eine andere Wesens-
form der Tuberkelbacillen gedacht, und neuerdings glaubt Much in den
nach ihm benanuten Granula eine solche Uebergangsform entdeckt zu
haben. Wir gehen auf diese Frage hier nicht naher ein. Es geniigt
zu wissen, daB wir durch das biologische Experiment der Passageiinpfuug
irastande sind, die groBzellige Hyperplasie der Lymphdriise,
die Sternbergsche Lymphdrusenerkrankung des Men¬
schen, als eine tuberkulose diagnostizieren zu konnen. Wenn
wir im Anfang hervorhoben, daB wir die Vermutung hegen, daB diese
atypische tuberkulose Lymphdrusenerkrankung des Menschen durch Ba¬
cillen des Typus bovinus hervorgerufen werde, so schlieBen wir dies
aus unseren Versuchen bei Hunden. Der vollgtiltige Beweis kann nur
durch ausgedehnte Versuchsreihen gefiihrt werden, als deren Endglied
eine Impfung beim Rinde notwendig erscheint. Nach miindlicher Riick-
sprache mit Professor Uhlenhuth vom Kaiserlichen Gesundheitsamte
erscheint eine Losung dieser wichtigen Frage in gemeinschaftlicher Arbeit
in absehbarer Zeit moglich. Wir behalten uns eine Mitteilung iiber
dieselbe vor.
1) Vgl. auch die ausfiihrliche Arbeit von Graetz, Beitr. z. Klinik d. Tuber¬
kulose. Bd. 15. 1910.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 4.
Nachdmck verboten.
Ueber die Ausscheidung von Bakterien durch den Ham
und die bakterizide Wirkung desselben.
[Aus dem Institut fiir Seuchenlehre der Kgl. Tierarztlichen Hochschule
zu Stuttgart (Vorstand: Prof. Dr. Reinhardt).]
Von Ernst Jahn,
Veterinar im Dragoner-Regiment Konigin Olga (1. Wurtt.) No. 25 zu Lndwigsburg.
Seit Einffihrung der Bakteriologie in die medizinische Wissenschaft
stellt die Untersuchung des Blutes auf Bakterien bei Infektionskrankheiten
des Menschen und der Tiere ein vielbearbeitetes Gebiet dar. Die auf-
fallenden Befunde vieler Forscher, daB die Bakterien oft nach einiger
Zeit vollig aus dem Blute verschwinden, bildeten naturgemaB die An-
regung zu weiteren Forschungen fiber den Verbleib derselben. Wfihrend
die einen den Grund hierffir in einer spezifischen Wirkung des Blutes
auf die eingedrungenen Erreger sehen, suchen andere eine Ablagerung
in gewissen Organen des Korpers nachzuweisen. Wieder andere geben
uns eine Losung der Frage durch den Nachweis der eingedrungenen
Organismen in den Se- und Exkreten des raenschlichen und tierischen
Kfirpers. Hier wurde von jeher der bakteriologischen Harnuntersuchung
das weitgehendste Interesse entgegengebracht. Dies ist auch sehr wohl
begreiflich. Aus verschiedenen Grtinden ist es von groBter Wichtigkeit,
die Frage der Durchlassigkeit der Nieren ffir Bakterien und desWieder-
auftretens derselben im Harne einwandsfrei entschieden zu wissen.
Einmal konnten wir versucht sein, ffir den Fall einer physiologischen
Ausscheidung in einer Beforderung derselben einen nicht zu unter-
schfitzenden therapeutischen Faktor zu erblicken. Weiterhin ist die
Moglichkeit nicht ausgeschlossen, die Untersuchungsbefunde allein oder
zusammen mit anderen als diagnostische Hilfsmittel verwerten zu konnen.
Endlich aber ist es vom sanitats- wie auch besonders vom veterinar-
polizeilichen Standpunkte aus von groBter Bedeutung, bei der Seuchen-
bekampfung einer Ausscheidung von virulenten Krankheitserregern
Rechnung zu tragen. Zwei Wege konnen zur Losung der Frage ein-
geschlagen werden:
1) Klinisch-bakteriologische Untersuchungen, unterstfitzt durch patho-
logisch-anatomische und -histologische Befunde.
2) Experimentelle Untersuchungen.
Literarische Uebersicht.
Die groBe Zahl der klinisch-bakteriologischen Untersuchungen fiber
Bakteriurie bei Infektionskrankheiten kfinnte uns zu der Annahme ver-
leiten, daB ein grfiBerer Teil der Forscher auf Grund derselben zu einem
sicheren und einheitlichen Resultat gelangt sei. In der Ueberzeugung,
daB eine eingehende Besprechung der einschlagigen Literatur, ganz ab-
gesehen von der Schwierigkeit oder gar Unmoglichkeit der Ausfflhrung,
weit fiber den Rahmen meiner Arbeit ginge, genfigt es mir, auf Grund
meiner Studien festzustellen, daB die Untersuchungsergebnisse die
weitesten Differenzen aufweisen. Die altere Literatur hat Thomas in
Neubauer und Vogel (33) ziemlich vollstandig zusammengestellt.
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Jahn, Ausscheidung von Bakterien durch den Harn etc.
277
Auch bei Kolle und Wassermann (21) sind urafangreiche Literatur-
angaben zu finden. Thomas faBt die Ansichten der alteren Forscher
dahin zusammeu, daB bei alien Infektionskrankheiten sich meist die
spezifischen Bakterien im Harn finden. Auch spater haben noch viele
Autoren positive Resultate zu verzeichnen, wahrend andererseits viele
Angaben von absolut negativen Befunden berichten. Ferner will ein
Teil der Forscher nur dann Bakterien im Harn gefunden haben, wenn
derselbe zugleich eiweiBhaltig war, wahrend wieder andere einen solchen
Zusammenhang von Bakterienfunden im Harn mit dem EiweiBgehalt
desselben ablehnen. Auch das Verhaltnis der positiven Ergebnisse zu
den untersuchten Fallen schwankt in erheblichen Grenzen.
Aus verschiedenen Grtinden, die ich spater naher erortern werde,
kann es verstandlich erscheinen, daB die klinisch-bakteriologischen Unter-
suchungen eine befriedigende und einheitliche Antwort nicht geben.
Deshalb wurde vielfach versucht, auf dem Wege des Experimentes der
Frage naherzutreten. Hier, wo es uns besser in der Hand liegt, die
Versuchsbedingungen zu geben und wo sie uns genau bekannt sind,
sollten wir von vornherein befriedigende Versuchsergebnisse erwarten
diirfen. Dieselben sollen im folgenden besprochen werden.
Wyssokowitsch (49) hat als erster in umfangreicher Arbeit das
Schicksal der ins Blut injizierten Mikroorganismen naher untersucht.
Seine Versuche zeigen, daB dieselben nach einiger Zeit aus dem Blute
verschwanden. In erster Linie denkt er hierbei an eine Ausscheidung
durch den Harn. Er injizierte Hunden und Kaninchen intravenos Auf-
schwemmungen einer Reinkultur von Schimmelpilzsporen, ferner von
Bakterien, die keine Erkrankung der Nieren bewirken, wie Bacillus
subtilis, Micrococcus aquatilis, Bacillus pneumoniae,
Bacterium typhi abdominalis, Spirillum cholerae asia-
ticae usw., endlich von Bakterien, die eine Lasion der Niere zur Folge
haben, wie Bacillus anthracis, Streptococcus pyogenes und
Staphylococcus aureus. Nach Entnahme des Harnes mittels
Katheters resp. post mortem aus der Blase legt er Kulturen davon an.
Er findet Bacillus anthracis friihestens nach 20 Stunden, Strepto¬
coccus nach 50 Stunden und Staphylococcus nach 6 8 / 4 Stunden
im Harn wieder. In alien diesen Fallen, die samtlich von getoteten
oder gestorbenen Tieren stammen, sind bei der Obduktion stets Blu-
tungen oder Infarkte in den Nieren nachweisbar. Er kommt zu dem
SchluB, daB die gesunde Niere weder ftir Sporen, noch filr irgend-
welche andere Bakterien durchl&ssig ist. Ein Uebergang von groBeren
Bacillenmengen in den Harn findet nur dann statt, wenn makroskopisch
wahrnehmbare Blutextravasate oder Herde in den Nieren vorhanden
sind.
Boccardi (5) bestatigt die Richtigkeit obiger Versuche. Seine
Untersuchungen mit Milzbrand berechtigen ihn zu der Folgerung, daB
die Glomeruli und die Kapillarwandungen in unversehrtem Zustaud
undurchgangig fiir Milzbrandbacillen sind und daB der Uebertritt in den
Harn nur durch pathologische Zustande, speziell durch Blutungen ver-
mittelt wird.
Pern ice und Scagliosi (37) impfen Htindinnen und weiBe Mause
teils subkutan, teils intravends. Staphylokokken finden sie bei Htindinnen
nach 4 1 /*, Milzbrand bei Meerschweinchen nach 6^, Micrococcus
prodigiosus nach 4 und Bacillus pyocyaneus nach 6 Stunden
im Harn, der durch Katheter resp. post mortem aus der Blase ent-
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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
noinmen wird. Die Nieren der Tiere, bei welchen Mikroorganismen ge-
funden werden, sind stets verandert.
Sherrington (44) fiihrt unter die Haut oder in die Blutbahn seiner
Versuchstiere Bacillus anthracis, Bacillus murisepticus.
Bacillus pyocyaneus, Pneumococcus. Bacillus mallei,
Bacillus tuberculosis, Vibrio cholerae asiaticae, Sta¬
phylococcus pyogenes aureus etc. ein und findet, daB im Blute
zuweilen Bacillen sind, w&hrend im Harn keine nachzuweisen waren.
Den Harn gewinnt er nach Totung des Versuchstieres aus der Blase.
Eine Ausscheidung der Bakterien durch die Nieren findet nach seiner
Ansicht nur in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit statt.
Cotton (11) macht an Kaninchen Versuche mit Bacillus an¬
thracis, Bacillus pneumoniae, Staphylococcus aureus etc.,
die er intravenos injiziert. In den meisten Fallen entnahm er nach dem
Tode Harn aus der Blase. Milzbrandbacillen fand er in 6 Fallen nur
lmal im Harn, und zwar nach 17 Stunden. Ebenso bekam er bei
Staphylokokken erst nach dieser Zeit positive Resultate. Er stimmt mit
den vorigen Autoren darin iiberein, daB eine Ausscheidung durch die
Nieren erst dann zustande kommt, wenn Veranderungen in denselben
eingetreten sind.
Giovanni Cagnetto (7) konnte in einer spateren Arbeit bei
50 Versuchen an 6 klinstlich mit Rotz infizierten Pferden nur 2mal durch
Impfung Bacillen im Harn nachweisen, und zwar einmal nach einem
starken Fieberanfall, einmal nach dem Tode. Der Harn wurde hierbei
in Gummibeuteln aufgefangen und blieb zwecks Sedimentierung 12 bis
15 Stunden stehen. Bei rotzkranken Katzen und Meerschweinchen hatte
er ofter positive Befunde.
V i n c e n z i (45) injizierte verschiedene pathogene und nichtpathogene
Bakterien in die Vena jugularis von Meerschweinchen und Kaninchen
und entnahm nach T5tung der Tiere in verschiedenen Intervallen
(2—3—4 Stunden) den Harn steril aus der Blase. Er bekam stets
absolut negative Resultate, ausgenommen bei seinem Colibacillus,
von dem er ein Durchdringungsvermogen durch die unverletzte Niere
annimmt.
Alle die bisher angefiihrten Arbeiten bestatigen also den Satz
Wyssokowitschs, daB die unverletzte Niere fflr Bakterien undurch-
lftssig ist und daB erst dann dieselben im Harn auftreten, wenn LSsionen
der Niere stattgefunden haben. Nur der letztgenannte Autor weicht
zum Teil von diesem Standpunkte ab, indem er eine DurchlSssigkeit der
gesunden Niere fur seinen Colibacillus feststellt. Er bildet damit
den Uebergang zu der Gruppe derjenigen Forscher, welche diesen Satz
im allgemeinen aufgestellt haben.
Grawitz (50) untersuchte bei Hunden und Kaninchen die Durch-
lSssigkeit der Nieren fiir Schimmelpilzsporen (Penicillium glaucum,
Aspergillus etc.) und konnte dieselben in den ersten 24 Stunden im
Harn vorfinden, ohne daB Veranderungen im Nierenparenchym nach-
weisbar waren.
Cohnheim (10) ist der Ansicht, daB der Organismus durch die
Nieren nicht nur geloste, sondern auch organisierte Gifte ausscheiden
kann. Er sieht darin eine wichtige Schutzvorrichtung des Ivorpers.
Schweizer (43) findet bei Hunden, Katzen und Kaninchen die
Nieren filr leblose kfirperliche Elemente, wie Baryumsulfat und Karmin,
durchl&ssig. Bei weiteren Versuchen mit einem aus Ozaenaeiter ge-
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JahD, Ausscheidung von Bakterien durch den Harn etc.
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ziichteten Stdbchen fiDdet er solche bereits nach 3 v i 2 Stunden, nach
Exstirpation der einen Niere (infolge Blutdrucksteigerung) schon nach
2 1 i 2 Stunden im Harn vor. Letzteren gewinnt er durch Einfuhren einer
Kanule in die Ureteren oder in die Blase. Er ist der Ansicht, daft
die Bacillen nicht sofort durch die Nieren gehen, sondern sich erst
muhsam durchschleichen miissen.
Biedl und Krauss (2, 3, 4) untersuchen die Frage eingehend in
mehreren Arbeiten. Sie experimentieren an Hunden und Kaninchen,
denen sie 3—5 ccm einer 2—6-tagigen Bouillonkultur von Staphylo¬
coccus pyogenes aureus, daneben auch von Bacterium coli
und Bacillus anthracis intravenos injizieren. Den Harn entnehmen
sie direkt und kontinuierlich durch Einfuhren von Kanulen in beide
Ureteren nach vorausgegangener Laparotomie unter Chloroformnarkose.
Die Staphylokokken erscheinen beim Hunde friihestens nach 12 Minuten,
meist nach 15—75 Minuten; analog waren die Ergebnisse mit Bac¬
terium coli und Bacillus anthracis. Zum Teil regen sie die Harn-
absonderung durch Infusion von Traubenzuckerlosung an. Der Harn
ist stets blut- und eiweififrei. Die Ausbildung grbberer anatomischer.
sowie feinerer mikroskopischer VerSnderungen halten sie in dieser. kurzen
Zeit ftir ausgeschlossen. Durch Diurese wird die Ausscheidung be¬
gun stigt.
v. Klecki (19) priift die Versuche von Biedl und Krauss mit
verschiedenen Variationen nach. In der Bet&ubung durch Chloroform
oder Curare sieht er eine Abweichung von den physiologischen Ver-
haltnissen. Er verwendet daher die Tracheotomie als bekanntes Be-
ruhigungsmittel beim Hunde. Den natiirlichen Verh<nissen bei einer
spontanen Infektion sucht er auch insofern n&herzukommen, als er
kleinere Mengen als Biedl und Krauss injiziert. Um nicht zusammen
mit den Bacillen auch Toxine, die schnell eine Schftdigung der Nieren
bewirken konnen, in die Blutbahn einzufflhren, beniitzt er Aufschwem-
mungen mit Kochsalzlosung. Den Harn entnimmt er direkt aus den
Ureteren durch Einfiihren von extra konstruierten Kanulen, die eine
Verunreinigung ausschlieften. So konnte er nach Injektion von 0,02 bis
0,15 ccm einer 1—3-tagigen Agaraufschwemmung von Bacillus pyo-
cyaneus und Staphylococcus pyogenes aureus bereits nach
3, 5, 8, 10 usw. Minuten mittels Kulturverfahrens die entsprechenden
Bacillen im Harn nachweisen. Er stimmt auf Grund seiner Versuche
der Behauptung von Biedl und Krauss vollstandig zu, daft die
normale Niere Bakterien durchlaftt, die schon wenige Minuten nach er-
folgter Blutinfektion mit dem Harn ausgeschieden werden konnen.
Opitz (35) macht 7 Versuche an Hunden in Morphium- und Chloro-
formnarkose. Den Harn entnimmt er mittels Metallkatheters direkt aus
den Ureteren. Auch er findet, daB oft schon nach kurzer Zeit — im
Minimum nach 3 Minuten — die in die Blutbahn gebrachten Bakterien,
wie Vibrio Finkler-Prior, Bacillus prodigiosus, Micro¬
coccus aquatilis usw., im Harn wiedererscheinen; er halt die Aus¬
scheidung jedoch nicht flir physiologisch. Opitz wandte zum Teil, wie
auch v. Klecki, Diuretica an. Eiweift oder Blut findet sich nicht im
Harn.
Cagnetto und Tessaro (8) stellen Experimente an Kaninchen
mit kleinen Mengen von Bacterium coli und Bacillus tetani-
genus an, denen sie durch vorhergehende Waschung auf einem Filter
das Kulturgift entziehen. Die Harnentnahme erfolgt wahrend des Lebens
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
1—2inal direkt aus der Blase durch Ausheben mittels einer Spritze.
Nur in 2 Fallen geschieht dies 5 resp. 15 Minuten, sonst dagegen erst
30, 45, 60, 75 Minuten nach der Infektion. Ein erkennbares Passieren
der Nieren in der ersten Zeit konnen sie nicht feststellen.
Wir sehen also, daB die Untersuchungsbefunde iiber die Durch-
lassigkeit der Nieren fiir Bakterien in weiten Grenzen schwanken. Was
die klinisch-bakteriologischen Untersuchungen anbelangt, so
mogen hier diese Verschiedenheiten immerhin noch einigermaBen er-
klarlich erscheinen. Einmal stutzt sich ein groBer Teil der Befunde
lediglich auf den mikroskopischen Nachweis der Bakterien. Derartige
Untersuchungen konnen uns nicht als einwandfrei gelten, da erfahrungs-
gem&B bei einer geringen Anzahl von Bakterien dieselben auf diese Weise
leicht der Beobachtung entgehen konnen. Andererseits kann auch bei
manchem positiven Befund eine Verwechselung vorgelegen haben, da
bei mikroskopischer Untersuchung allein eine genaue Identifizieruug von
Bakterien nicht immer moglich ist. Weiterhin kann es natiirlich nicht
gleichgiiltig sein, in welchem Stadium der Krankheit die Untersuchungen
erfolgten und ob es sich hierbei um leichtere oder um schwerere Falle
handelte. Schon diese wenigen Erwagungen mogen imstande sein, uns
so manche Verschiedenheit erklarlich zu machen.
Direkt uberraschen miissen jedoch die weitgehenden Differenzen der
diesbezuglichen experimentellen Untersuchungen. Hier teilen sich
die Forscher in zwei scharf getrennte Lager. W&hrend die einen — ich
bitte, dieselben im folgenden kurz als Autoren der „zweiten Gruppe“ be-
zeichnen zu diirfen — auf Grund ihrer Versuche eine Durchlassigkeit
der normalen Niere fiir Bakterien annehmen, lehnen die anderen —
Autoren der ersten Gruppe — dies rundweg ab und geben eine Durch¬
lassigkeit nur fur ladierte Nieren zu. Warum ich Cagnetto und
Tessaro in die zweite Gruppe nahm, trotzdem sie ein Passieren der
normalen Niere in Abrede stellen, werde ich spSter erklaren.
Unwillkiirlich muBte ich mich fragen, wie ist es moglich, daB z. B.
Wyssokowitsch friihestens nach 6 l / 2 Stunden Staphylokokken im Harn
findet, wahrend Biedl und Krauss dieselben bereits nach 12 Minuten,
v. Klecki schon nach 3 Minuten nachweisen konnen? Hier wurde unter
gleichen oder doch ahnlichen Bedingungen gearbeitet; denselben Ver-
suchstieren wurden die gleichen Bacillen in zum Teil ahnlichen Men gen
meist intravenos injiziert und der Nachweis derselben im Harn fast aus-
schliefilich mittels Kulturverfahrens geliefert. Die Verschiedenheit der
Versuchsanordnung liegt lediglich in der Art und Weise der Harn-
gewinnung. Hier wird derselbe aus den Ureteren oder aus der Blase
direkt und kontinuierlich abgefangen, dort wird der Harn intra vitam
spontan oder mittels Katheters, post mortem aus der Blase entnommen.
Man moge mil* erlauben, diese letztere Art der Harnentnahme im Ver-
gleich zur ersteren kurz als „indirekte“ zu bezeichnen. Oder mit anderen
Worten: Auf der einen Seite sind die ausgeschiedenen Mikroorganismen
langere Zeit, oft stundenlang mit dem Harn in Beriihrung, wiihrend auf
der anderen Seite sich diese Zeit auf ein Minimum beschrankt. In
dieser Abweichung der Versuchsanordnung, in diesem verschieden langen
Verweilen der Bakterien im Harn die Erklarung fiir die verschiedenen
Untersuchungsergebnisse zu suchen, ist demnach sehr naheliegend. So
manches konnten wir verstehen, wenn es gelange, eine wachstums-
hemmende oder -vernichtende Wirkung des Harnes auf Bakterien fest-
zustellen. Eine gewisse Berechtigung zu dieser Vermutung erblicke ich
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Jahn, Ausscheidung von Bakterien durch den Harn etc.
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darin, daB von fast alien Se- und Exkreten des Korpers solche Eigen-
schaften nachgewiesen sind. Es ist daher keineswegs ausgeschlossen,
daB auch dem menschlichen und tierischen Ham solche Eigenschaften
zukommen, die zu untersuchen ich mir im folgenden zur Aufgabe gemacht
habe.
Ist der Harn als NHhrboden zu betrackten?
Man konnte von vornherein auf den Gedanken kommen, daB eine
Wachstumshemmung resp. Abtfitung der Bakterien im Harn wohl statt-
finde, daB dies jedoch lediglich darauf beruhe, daB die Keime aus Mangel
an geeigneten NShrstoffen sich nicht weiter vermehren konnen und
schliefilich zugrunde gehen. Diese Annahme ist jedoch keineswegs stich-
haltig. Kolle und Wassermann (21) sprechen phosphorarmen, in
niichternem Zustande gelassenen Harn als ein direktes Ersatzmittel fur
Fleischwasser an und verwenden ihn sowohl an sich als flfissiges Nahr-
medium, wie auch zur Bereitung fester Nfihrboden. Weiterhin hat
Piorkowski (38) speziell zur Zfichtung von Typhusbacillen eine Harn-
gelatine angegeben. Heller (15), der auch schwach alkalisierten und
sterilisierten Ham nach Zusatz von 1 Proz. Pepton, 7s Proz. Kochsalz
und 5—10 Proz. Gelatine Oder 1—2 Proz. Agar-Agar als NShrboden
empfiehlt, stellt als hygienische Forderung eine sorgfkltige Desinfektion
des Haras bei Infektionskrankheiten auf, da der Harn ein guter Nfihr-
boden ffir fast alle Infektionserreger sei.
Ferner linden sich in der Literatur vielfach Angaben, die fiber ein
gutes Wachstum von Bakterien im Harn berichten. Ganz besonders gilt
dies ffir Typhusbacillen. So haben Neumann (31), Zeitz (zit. nach
Wassiljeff) u. a. bemerkt, daB Typhusstfibchen im frischen Ham recht
gut wachsen trotz saurer Reaktion desselben. Konjaj eff (22) halt eine
nachtrfigliche Vermehrung ffir wahrscheinlich. Karl in ski (17) stellt
Untersuchungen fiber das Wachstum der Typhusbacillen bei verschiedenen
Temperaturgraden (32°, 36°, 39°) an und findet eine Vermehrung im
eiweiBhaltigen Ham, die bei 39° grfiBer ist als bei 32°. Merker und
Goldschmidt (29) beobachten, daB die Typhusbacillen sich erfolgreicher
vermehren, wenn der Harn alkaiisch oder neutral ist. Auch Wassiljeff
(47) stellt fest, daB der Harn Typhoser vollstandig die Bedingungen
eines Nahrbodens erfflllt. Im Harn Gesunder erfolgt ebenfalls Wachs¬
tum. Ferner ist es eine oft bewiesene Tatsache, daB bei Typhusrekon-
valeszenten oft noch nach Monaten Bacillen im Harn nachzuweisen sind.
Wassiljeff fflhrt 2 Ffille aus der Literatur an, wo sogar nach 4 resp.
5 Jahren noch Bakterien im Harn gefunden wurden.
Wir konnen also hieraus den SchluB ziehen, daB der Ham unter
gewissen UmstSnden wohl ein Wachstum ffir bestimmte Bakterien zu-
laBt. Etwas modifiziert ist er sogar direkt als guter Nfihrboden ffir alle
Bakterien verwendbar. Die hierbei notigen Bedingungen (Phosphatarmut
etc.) sowie die Notwendigkeit vorheriger Modifizierung (Alkalisation,
Sterilisation etc.) zur Bereitung guter Nahrbfiden weisen jedoch bereits
darauf hin, daB ein Wachstum der Bakterien im Ham nicht unter alien
Umstfinden erfolgt.
Hat der Harn bakterfzide WIrkung?
Lehmann (23) wurde als erster darauf aufmerksam, dafi der Harn
bei Infektionskrankheiten relativ selten den Erreger beherberge, wfihrend
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Centraibl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
er doch in den Nieren so haufig nachgewiesen werde. Den Grund
hierfiir sucht er entweder in einer vorziiglichen Filterwirkung der Niere,
oder in einer bakterientotenden Wirkung des Hams. Nach einigen Vor-
versuchen seinerseits beschaftigt sich Richter (39) in seinein Institut
eingehender mit der Frage. Er fing spontan entleerten menschlicken
Harn in sterilen Kolbchen auf und impfte denselben mit Aufschwem-
mungen einer Agarkultur von Typhus-, Cholera- und Milzbrandbacillen.
Er gofi alsdann sofort nach der Impfung, nach 1 Stunde und nach
24 Stunden Agarplatten und zahlte die aufgegangenen Kolonieen. Er
findet eine zweifellose bakterizide Wirkung des Harns, und zwar speziell
auf Milzbrand- und Cholerabacillen, weniger auf Typhus, wo sogar zum
Teil Wachstum stattfand.
Makower (28) untersucht die Einwirkung des frischen, sauren,
menschlichen Harns auf Milzbrand- und Typhusbacillen. Um die natiir-
lichen Verhaltnisse in der Blase moglichst getreu nachzuahmen, sucht
er durch Bedecken der geimpften Harnproben mit einer 2—3 cm hohen
Oelschicht LuftabschluB herbeizufuhren. Er miBt diesem Faktor grofie
Bedeutung bei und findet fiir 24 Stunden alte Milzbrandbacillen eine
bedeutend starkere bakterienvernichtende Wirkung als Richter; das-
selbe ist bei Typhusbacillen der Fall, wenn auch nicht so stark und
rasch wie bei Milzbrand.
Die beiden eben zitierten Arbeiten zeigen uns also, daB dem sauren
Harn des Menschen unter gewissen Bedingungen eine deutliche bakterizide
Wirkung zukommt. Interessant war mir die Frage, ob auch der tierische
Harn solche Eigenschaften besitzt, ganz besonders aber, ob das Vor-
handensein einer solchen Wirkung nur dem sauren Carnivoren- und
Omnivorenharn, oder auch dem alkalischen Herbivorenharn zukommt.
Eigene Untersucliuiigen.
a) Versuchsanordnung.
Bekanntlich unterscheiden wir bei unseren Haustieren 3 Arten von
Urinen: 1) den sauren Carnivorenharn, 2) den alkalischen Herbivoren¬
harn und 3) den Omnivorenharn, der je nach Futterung teils sauer, teils
neutral oder alkalisch reagiert. Von jeder dieser 3 Gattungen w&hlte
ich mir einen Vertreter, und zwar der Reihe nach: Hunde-, Rinder-und
Schweineharn. Ich verwendete ausschlieBlich normalen, von gesunden
Tieren stammenden Harn. Vom sauren Carnivorenharn, der ja in seiner
Zusammensetzung dem des Menschen am meisten khnlich ist, kounte
ich mit ziemlicher Sicherheit eine hhnliche Wirkung voraussetzen, wie
sie Makower und Richter fur den menschlichen Harn festgestellt
hatten. Ob dies auch fur alkalische Harne zutriflft, muBten erst meine
Versuche ergeben.
Zu diesem Zwecke suchte ich von den oben genannten Tierarten
sterilen Harn zu gewinnen. Mich stiitzend auf die Behauptung von
L e u b e (24), daB der normale Harn in der Regel keimfrei ist, hoffte ich
durch Entnahme mittels sterilen Katheters nach vorheriger Desinfektion
der Genitalien solchen gewinnen zu konnen. Nicht immer gelang mir
das. Des ofteren bekam ich Verunreinigungen mit Kokken. Ob dieselben
aus den Harnwegen oder aus der Luft stammten, oder aber ob dies
daher riihrt, daB auch der normale Harn keimhaltig ist, kann ich uicht
genau entscheiden. Letzteres erscheint mir in mauchen Fallen nicht un-
wahrscheinlich im Hinblick auf die Forschungen von Ferranini (12) u. a.,
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Jahu, Auascheiduug von Bakterien (lurch den Harn etc.
283
der im Ham von Hunden normalerweise Mikroorganismen nachwies. Den
Hundeharn gewann ich stets mittels Katheters. Die Tiere hierzu wurden
mir bereitwilligst von der Hundeklinik der hiesigen Tierarztlichen Hoch-
schule zur Verfugung gestellt. Bei Rindern und Schweinen versuchte
ich aus naheliegenden Grunden eine andere Art der Harngewinnung.
Ich beschaffte mir gefullte Blasen von frisch geschlachteten, gesundeu
Tieren des hiesigen stadtischen Schlachthofes und entnahm daraus den
Harn mit Hilfe eines Troikarts, den ich vorher grundlich auskochte, nut
Spiritus abbrannte und mit rotgliihender Spitze durch die Blasenwand
stieB. Dadurch konnte ich mit ziemlicher Sicherheit Verunreinigungen
von auBen verhindern. In den meisten Fallen erhielt ich so auch vollig
sterilen Harn.
Ich fiillte alsdann in sterile Glaschen Proben von je 20 ccm und
behielt mir auBerdera eine genugende Menge eines jeden Harnes iibrig
zur Untersuchung auf spezifisches Gewicht, Reaktion, EiweiB und Zucker.
Die beiden letzteren Korper fand ich entweder gar nicht Oder nur in
Spuren. Ich glaube deshalb, besondere Angaben hieruber weglassen zu
diirfen, ebenso wie solche iiber das spezifische Gewicht, dem ich einen
besonderen EinfluB auf die bakterizide Wirkung des Harns nicht zu-
schreiben kann. Von jeder Probe goB ich soiort nach Entnahme eine
Agarplatte, urn den Harn auf seine Sterilitat zu priifen. Die einzelueu
Proben impfte ich nunmehr mit gewissen Mengen einer Bakterienkultur
und goB von dem geimpften Harn sofort, ferner nach 3, 6, 24 etc. Stunden
Agarplatten in der ublichen Weise.
Bei meinen umfangreichen Versuchen ware nun eine stete Sterilisation
von Glaspipetten (besonders bei Milzbrand) mit groBen Schwierigkeiten
verbunden gewesen. Ferner h&tte eine Tropfenabzahlung mit verschiedenen
Pipetten auch verschieden groBe Tropfen, also ungieiche Mengen der
uberimpften Bakterien ergeben. Von vornherein war es mir klar, daB
einwandsfreie Resultate nur dann zu erreichen waren, wenn stets mit
genau gleichen Mengen gearbeitet wurde. Ich bediente mich daher eines
ca. 20 cm langen Metallrohrchens mit einem Lumen von etwa 3 mm
Durchmesser, in das ein Draht von annahernd gleicher Starke paBte.
Zum Zwecke der Sterilisation brannte ich sowolil das Rohrchen, als
auch den Draht mit Alkohol ab, brachte alsdann den letzteren zur Rot-
glut und brannte durch Einfiihren desselben das nochmals in Alkohol
getauchte Rohrchen grundlich aus. Ich glaube bestimmt annehmen zu
konnen, daB ich dadurch in kurzester Zeit eine absolute Sterilisation
erreichte. Ferner holfe ich, die Forderung der Verwendung gleicher
Mengen zur Aussaat moglichst erfiillt zu haben, da es mir nach einiger
Uebung mit ziemlicher Sicherheit gelang, eine beliebige Anzahl von
Tropfen abzuzahlen. Da die Tropfen stets von einer und derselben Pipette
stammten, dhrften sie auch als gleich groB angesehen werden konnen.
Meist beniitzte ich zum GuB einer Agarplatte 3 Tropfen des geimpften
Harns. Ich brachte dieselben jedoch nicht, wie gewohnlich, erst in
fliissigen Agar, gab sie vielmehr direkt in die Platte und goB den auf
38° abgekuhlten fliissigen Agar dazu. Durch mehrmaliges Hin- und
Herschiitteln gelingt leicht eine gleichm&Bige Verteilung der Bakterien-
kolonieen auf der Agarplatte. Diese letztere Methode wird von Hesse
und Niedner (16) empfohlen. Ich stimme den beiden vollig zu, wenn
sie behaupten, daB beim AusgieBen des Agars aus dem Reagensglas
stets eine verschieden groBe Anzahl von Bakterien dort zuriickbleibt
und so fur die Zahlung verloren geht. Im Interesse der Genauigkeit
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
halte ich deshalb bei derartigen quantitativen Bestimraungen diese Methode
der Aussaat filr besser.
Die ZShlung der aufgegangenen Kolonieen erfolgte nach 24 Stunden,
eine Kontrollz&hlung nach 48 Stunden. Gezahlt wurden die Platten bei
kleiner Kolonieenzahl mit bloBem Auge resp. einer Lupe unter Zuhilfe-
nahme einer quadratierten Zahlplatte nach Wolfhtigel. Kolonieen bis
zu 500 z&hlte ich genau. Von da ab bestimrate ich die Kolonieenzahl
in mehreren Quadraten (10—15), zog den Durchschnitt und multiplizierte
mit der Anzahl der fiir eine Platte bestimmten Quadratzentimeter. Dicht
bewachsene Platten zShlte ich mittels der kleinen VergroBerung eines
Leitzschen Mikroskopes. Ich untersuchte jeweils 30 Gesichtsfelder,
nahm von ihnen die Durchschnittszahl (a) und fand dann nach Bestimmung
des Durchmessers eines Gesichtsfeldes (d), sowie des Durchmessers der
Platte (D) die Gesamtzahl der auf ihr befindlichen Kolonieen nach der
Formel:
D 2
X — a ’d 2 ‘
Bei meinen Versuchen verwendete ich: Bacillus anthracis.
Bacterium coli, Bacillus paratyphi B, sowie Staphylo¬
coccus pyogenes aureus und citreus, Streptococcus und
Rotlaufbacillus, und zwar stets frische 24-stfindige Bouillonkulturen oder
Aufschwemmungen von Agarkulturen. Der Rotlaufbacillus zeigte sich
zu meinen Versuchen nicht sehr geeignet, da er in auBerst kleinen
Kolonieen w&chst. Besondere Vorsicht war bei Bacillus anthracis
geboten, da ich darauf bedacht sein muBte, Kulturen ohne Sporen zu
verwenden. 24-stiindige Agarkulturen zeigten stets Sporen. Bei ebenso
alten Bouillonkulturen war dies zwar nicht der Fall, jedoch konnte ich
hier im Anfang die zahen, fadenartigen Massen nicht verteilen. Erst
nach einiger Zeit gelang mir dies, wenn ich bei Anlegen einer Bouillon-
kultur die einzufuhrende Bacillenmasse vorher aufs peinlichste verrieb.
Stets fand daher besonders bei Milzbrand vorher eine genaue mikro-
skopische TJntersuchung der Reinkulturen statt; auch bei den anderen
Bacillenarten geschah dies, wenn auch hier mehr in der Absicht, durch
annahernde Bestimmung der Bakterienzahl einen Anhaltspunkt fur die
zu iiberimpfende Menge zu bekommen.
b) Versuche iiber die bakterizide Wirkung des Urins
der Haustiere.
Meine ersten Versuche hatten den Zweck, die Wirkung der einzelnen
Urine im Vergleich zueinander und zu dem des Menschen festzustellen.
1. Versuch mit Bacillus anthracis.
Je 20 ccm Ham werden mit einer 5 mg-Oese einer Agaraufschwemmung geimpft.
Verunreinigung durch Kokken.
Aussaat
Mensch (sauer)
Hund
(sauer)
Schwein (alk.)
Bind (alk.)
Milzbr.
Cocc.
Milzbr.
Cocc.
Milzbr.
Cocc.
Milzbr.
Cocc.
sofort
1430
0
1240
20
1500
200
1950
0
Dach 3 Std.
500
20
980
26
710
200
1800
10
.. 6 „
200
20
90
35
204
150
520
26
» 24 „
46
29000
0
OO
0
320
0
560
>. 48 „
0
oo
0
OO
0
540
0
oc
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Jahn, Ausscheidung von Bakterien durch den Ham etc.
285
2. Versuch rnit Bacillus paratyphi B.
Je 20 ccm Harn mit einer 5 mg-Oese einer Bouillonkultur geimpft.
Aussaat
Mensch
(sauer)
Hund
(sauer)
Schwein
(alk.)
Kind
(alk.)
Bemerkungen
sofort
13 200
15 400
12 800
13 200
nach 3 Std.
9 600
8 200
9 400
9 8u0
» 6 „
8 560
5 900
12 900
21 600
„ 24 „
66
2 600
oc
oc
„ 2X24 Std.
0
360
oo
oo
„ 3V24 „
0
184
oc
oc
„ 4X24 „
0
0
oc
oo
3. Versuch mit Bacterium coli.
Je 20 ccm Harn mit einer 5 mg-Oese einer Bouillonkultur geimpft.
Aussaat
Mensch
(sauer)
Hund
(alkalisch)
Schwein
(alk.)
Kind
(alk.)
Bemerkungen
sofort
16 200
14 200
16400
12 400
nach 3 Std.
5 800
9 500
9 400
9100
„ 6 „
5 600
18 400
25 200
8800
„ 24 „
2800
OO
OO
OO
„ 2X24 Std.
0
OO
OO
oc
» 3X24 „
0
00
OO
00
„ 4X24 „
0
00
00
oc
Diese einleitenden Versuche zeigten rair also folgendes:
Bei Versuch 1 konnte ich eine deutliche wachstumshemmende Wir-
kung aller 4 Harnarten auf Milzbrandbacillen feststellen. Bereits nach
2X24 Stunden waren alle verschwunden. Mit Recht kann man mir
entgegenhalten, daB ein derartiger Versuch, bei dem jede Probe teils
sofort, teils sp&ter verunreinigt sich zeigte, als einwandsfrei nicht an-
gesehen werden kann. Ich gebe das zu und habe spBtere derartige
Versuche stets ausgeschaltet; hauptsfichlich deshalb ftihre ich ihn hier
in der Form an, weil er mir sofort zeigte, daB der Harn sich nicht
alien Bakterienarten gegeniiber gleich verhalt. Es war mir aufgefallen,
daB sich neben den typischen Milzbrandkolonieen auch noch andere auf
den Platten zeigten, die sich schon mit dem unbewatfneten Auge deutlich
von den ersteren unterschieden und in einem Ausstrichpraparat als
Kokken entpuppten. Woher sie stammen, vermag ich mit Sicherheit
nicht zu sagen. Vermutlich sind sie bei Hund und Schwein schon bei
der Harnentnahme, bei den beiden anderen spater aus der Luft dazu
gekommen. Eine gesonderte Zahlung konnte ich um so eher vornehmen,
als Verwechselungen bei einiger Aufmerksamkeit ausgeschlossen sind.
Interessant war es mir, hierbei festzustellen, daB wahrend der Abnahme
der Milzbrandkolonieen die Kokken im umgekehrten Verh<nis zunahmen.
Dieselben Harnproben, die also auf Milzbrandbacillen abtotend wirkten,
stellen fur die Kokken einen SuBerst giinstigen Nahrboden dar.
Die Versuche 2 und 3 kann ich wegen ihrer Gleichartigkeit zusammen
besprechen. Hier muBte mir auffallen, daB eine abtotende Wirkung nur
den sauren Harnen zukam. Diejenigen mit alkalischer Reaktion ge-
statteten, nachdem sie allerdings zu Anfang eine hemmende Wirkung
gezeigt hatten, sp&ter ein iippiges Wachstum. Der alkalisch reagierende
Hundeharn in Versuch 3 stammt von einem im Rekonvaleszensstadium
befindlichen Tier mit RSude. Da er nicht als normal bezeichnet werden
kann, gehort er eigentlich nicht in meine Versuchsreihe. Wenn ich ihn
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Central bl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 4.
hier anfflhre, so geschieht es hauptsSchlich deshalb, weil er die auf
Grund der beiden Versuche gewonnene Meinung noch verstarken half,
daB bei Paratyphus- und Coli-Bacillen das entscheidende Moment in
der Saurewirkung zu suchen sei, wahrend die alkalischen Harne ein
ausgiebiges Wachstum beider Bakterienarten gestatten. Die folgenden
Versuche unternahm ich, urn die Richtigkeit dieser Meinung zu erproben.
Urn den EinfluB der Saurewirkung des Hams festzustellen, bestimnite
ich von jetzt ab jedesmal die Aziditat desselben. Diese hangt ab von
den sauren Phosphaten. Warum ich zur Bestimmung derselben auf die
Freund-Lieblein sche Methode verzichtete, werde ich sp&ter naher
erortern. Ich bestimmte vielmehr die Aziditat durch einfache Titration.
Ich gab daher in ein Reagensglaschen 1 ccm des zu untersuchenden
Harns, verdiinnte ihn auf das 4—5-fache mit Wasser und setzte einige
Tropfen Phenolphthalein zu. Darauf gab ich so lange Vio Normal-
Natronlauge hinzu, bis erkennbare Rotfarbung eintrat. Jeweils wurden
3 Proben untersucht und der Durchschnitt gezogen, in manchen Fallen
auch die Richtigkeit durch Titration von 10 ccm Ham nachgepriift. Da
bereits die nachsten Versuche auch fur die alkalischen Harne eine un-
verkennbare Wirkung auf die untersuchten Bakterien ergaben, bestimmte
ich von jetzt ab in ahnlicher Weise die Alkaleszenz der einzelnen Harn-
proben. Zur Titration benutzte ich hierbei Vio Normal-Salzsaure, als
Indikator Phenolphthalein. Die Aziditat resp. Alkaleszenz drflcke ich
also im folgenden aus durch die Menge der zur Neutralisation von 1 ccm
Harn verbrauchten Vio Normal-NaOH resp. Vio Normal-HCl.
A. Versuche mit Bacillus anthracis.
1) Hund.
6
Aziditat
Menge der
iiberimpften
Kultur
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 Std.
Nach
2X24 Std.
Nach
3X24 Std.
Bemerkungen
4
0,2
57 mg-Oese
900
450
600
820
6200
0
EiweiG in
Spuren
5
0,3
18 „
580
325
27
0
0
—
6
0,45
18 „
6
0
0
0
—
—
7
0,6
1
57 „
36
2
0
0
—
2) Schwein.
6 .
fcl
Aziditat
Alkale¬
szenz
Menge
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 Std.
Nach
2X24 Std.
Bemerkungen
8
__
0,2
18 mg-Oese
6
6
0
0
_
9
0,6
18 „
645
420
106
0
0
10
1,0
—
57 „
800
160
26
0
—
11
1,1
—
57 „
820
428
6
20
0
3) Rind.
6
*
Alkale¬
szenz
Menge
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 Std.
Nach
2X24 Std.
Nach
3X24 Std.
Bemerkungen
12
0,1
18 mg-Oese
390
265
142
64
6
0
13
0,26
57
250
124
6
0
0
—
14
0,4
57 „
960
155
86
20
0
—
15
0,4
18 „
16
7
2
0
0
—
.-4s«
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Jahn, Ausscheidung von Bakterien durch den Harn etc.
287
B. Versuche mit Bacillus paratyphi B.
1) Hund.
i\
Aziditat |
Menge der
iiberimpften
Enltnr
Sofort
Nach Nach Nach
3 Std. 6 Std. |24 Std.
Nach
2X24 Std.
Nach
3X24 Std.
Bemerkungen
16
0,15
1 mg-Oese
960
2800 |20 000 |80 000 1
OC
(X
17
0,2
1 „
2400
980 I 5 400 oc
OC
—
18
! i,i
1 „
2250
620 35 0
0
—
2) Schwein.
d
*
Aziditat
Menge
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 Std.
Nach
2X24 Std.
Nach
3X24 Std.
Bemer¬
kungen
19
1 mg-Oese
5 000
6700
9 500
OO
OO
_
20
1
6400
5600
50000
OO
OO
—
21
1 „
5600
3200
1 500
1 500
22
0,8
1
3 600
360
12 000
120000
oc
—
23
1 „
16 000
8000
6 200
1500
—
3) Rind.
0 Alkale-
Z szenz
Menge
Sofort
|
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 Std.
I |
Nach Nach
2X24 Std. 3X24 Std.;
Bemerkungen
24! 0,06
1 mg-Oese
840
600
520
250
100 000
105000
2o! 0,2
1
7600
5900
4200
0
0
—
26 0,4
1 „
1950
1250
720
0
0
—
C. Versuche mit Bacterium coli.
1) Hund.
d
Azi-
Menge
Sofort
1
Nach
Nach
Nach
Nach
Nach
Nach
Berner-
as
ditat
3 Std.
6 Std.
24 Std.
2X24 Std.
3X24 Std.
4X24 Std.
kungen
27
0,15
1
mg-Oese
380
380
8400
400000
OC
OC
_
28
0,2
1
2 700
1420
5280
OO
OO
—
—
29
0,6
1
15 400
12800
9200
2 500
5400
3200
0
30
1,1
1
1>
2 950
1240
295
0
0
—
—
1
2) Schwein.
d 1
Z
Aziditat
Menge
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 StdJ
Nach
2X24 Std.
Nach
3X24 Std.
Bemer¬
kungen
31
0,08
1 mg-Oese
8900
10 200
120000
OC
"W 1
OO
32
0,5
1 „
9200
6 400
18 000
oc
00
—
33
0,8
1 „
1250
680
3 000
20000
250 000
OO
34
0,7
1
8600
2 900
1200
1200
1300
0
35
0.8
1
220
156
320
8000
6 200
0
36
1,2
1
6000
4 800
1900
1760
10
0
3) Rind.
d
1
Alkale-
szenz
Menge
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
1
Nach Nach
24 Std. 2X24 Std.
Nach
3X24 Std.
Bemerkungen
37
0,16
1 mg-Oese
160
110
170
0
0
_
38
02
1 ,,
7000
5600
4200
0
0
—
39
0,3
1 ,,
280
125
75
1200
0
0
40
0,4
1 »
2100
760
84
0
0
—
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288
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Nach obigen Versuchen kann es keinem Zweifel unterliegen, dafi
dem tierischen Ham, sowohl dem sauren, als auch dem alkalischen,
unter gewissen Bedingungen gegen die untersuchten Bakterienarten eine
keimtotende resp. wachstumshemmende Wirkung zukommt. Der be-
deutende EinfluB der Aziditdt resp. Alkaleszenz ist offensichtlich. Bei
den Versuchen rait dem Milzbrandbacillus ist mir kein einziger Ham
begegnet, der nicht nach langerer oder kurzerer Zeit die eingefiihrten
Bakterien abgetotet hatte. Ich befinde mich damit in Uebereinstimmung
mit Makower und Richter, welche besonders fiir hochpathogene
Bakterien wie Cholera und Milzbrand eine starke Empfindlichkeit dem
menschlichen sauren Harn gegeniiber festgestellt hatten. Makowers
Versuche halte ich jedoch nicht immer fiir einwandfrei. So impfte er
30 ccm Harn einmal mit 3 Tropfen, ein andermal mit 30 Tropfen einer
24-stundigen Bouillonkultur von Milzbrandbacillen, und fand bereits die
erste (sofort gegossen), ebenso alle folgenden Platten steril. In einem
anderen Versuche, wo er dieselbe Menge Urin mit 3 ccm einer Bouillon¬
kultur impfte, zeigte die erste Platte nur 2 Kolonieen, alle folgenden
waren steril. Solche Ergebnisse hatte ich auch des ofteren, besonders
bei Milzbrand. Fur selbstverstandlich halte ich es jedoch, derartige Ver¬
suche auszuschalten, denn daB in solch kurzer Zeit eine derartig be-
deutende Menge hochvirulenter Bacillen abgetdtet wird, ist ausgeschlossen.
Jedenfalls wird es sich hier um unbrauchbare Kulturen gehandelt haben.
Wenn er ferner von einer mit 5 ccm Kultur geimpften Urinportion von
30 ccm die erste Platte total bewachsen, nach 2 Stunden nur noch
10000 Kolonieen und nach 8 Stunden 45 Minuten bereits eine sterile
Platte fand, so miiBte ja menschlicher Harn unseren besten Desinfizien-
tien gegen den Milzbrandbacillus an die Seite gestellt werden. Das Vor-
handensein pilztotender Eigenschaften des sauren Harnes kann ich be-
statigen; eine derartig intensive Wirkung, wie sie Makower festgestellt
haben will, halte ich fiir iibertrieben, selbst bei Berflcksichtigung der
Tatsache, daB er seine Versuche unter LuftabschluB anstellt. Trotzdem
wollte ich es jedoch nicht unterlassen, die Einwirkung meiner Harne
unter LuftabschluB zu priifen. In einigen Versuchen wollte ich erfahren.
ob dadurch die pilztotende Wirkung so bedeutend erhoht wird. Ich
verfuhr in derselben Weise wie oben und bedeckte (nach Makower)
Einwirkung des Harnes auf Milzbrandbacillen unter LuftabschluB.
Ham
Azidi-
tat
Menge
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 Std.
Nach
2X24
Std.
j Nach
3X24
Std.
Hundeharn (ohne Oelbe-
02
57 mg
900
450
600
800
920
0
deckung
0
Hundeharn (mit Oelbe-
02
57 „
1160
460
400
350
0
deckung)
Schweinenarn (ohne Oel-
i,i
57 „
820
428
16
20
0
0
deckung
Schweinenarn (mit Oelbe-
bedeckung)
Kuhharn (ohne Oelbe-
i,i
57 „
780
330
14
36
0
0
_
57 „
960
155
86
20
0
0
deckung)
40
Kuhharn (mit Oelbe-
—
57 „
980
31
0
0
—
deckung)
126
Kuhharn (ohne Oelbe-
deckung)
Kuhharn (mit Oelbe-
—
5 „
52
6
0
0
—
_
5 „
117
26
2
0
0
—
deckung)
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J a h n, Ausacheidung von Bakterien durch den Ham etc.
289
die geimpften Urinportionen mit einer 2—3 cm hohen Schicht sterili-
sierten Olivenols (s. Tabelle p. 288).
Es zeigt sich deranach, daB die bakterizide Wirkung des Harues
unter LuftabschluB etwas erhoht wird. Sehr viele Experimente wareu
hierbei unbrauchbar, da ich, wie Makower, oftmals schon die erste
Platte steril fand. Dies glaube ich jedoch darauf zuruckfiihren zu
miissen, daB bei Bedeckung mit einer Oelschicht eine genaue Verteilung
der in dem Harn befindlichen Bakterien sich schlecht ermoglichen laBt,
da die Oeldecke ein Umriihren oder Umschiitteln verhindert. Die oben
naher besprochenen Befunde Makowers finden dadurch leicht eine
Erklarung.
Von zweifellosem EinfluB ist ferner die Hohe der Aziditat resp. .
Alkaleszenz; mit deren Steigerung geht eine erhohte bakterizide Wir¬
kung Hand in Hand. Die geringste Aziditat (0,2) weist der Harn in
Versuch No. 4 auf. Hier bemerken wir auch ein Fortleben der Bak¬
terien bis 48 Stunden und erst nach 3X24 Stunden erfolgt Abtotung
derselben. Aehnlich steht es mit dem Harn in Versuch 12, der die ge¬
ringste Alkaleszenz hat. Ich halte es nicht fur unwahrscheinlich, daB
innerhalb dieser Grenzen, dem Neutralpunkt zu, Urine existieren, die
ein Wachstum der Milzbrandbacillen zulassen.
Die Versuche mit Paratyphus und Coli ergeben ebenfalls eine deut-
liche Wirkung der untersuchten Urinarten auf diese Bakterien. Die-
selbe ist jedoch nicht so stark wie bei Milzbrand. Auch hier tritt der
EinfluB der Aziditat resp. Alkaleszenz zur Schau. Die Aziditatsgrenze,
die noch ein Wachstum zulaBt, ist jedoch hier bedeutend hoher als bei
Milzbrand. Wabrend dieser schon bei einer Aziditat von 0,2 vernichtet
wird, vermogen Paratyphus- und Co 1 i- Bacillen noch bis zu einer
Aziditat von 0,8 zu wachsen. Viel empfindlicher sind diese beiden
gegen alkalische Urine. > Nach meinen ersten Erfahrungen hatte ich
das nicht erwartet. Der einzige Harn, der noch ein Wachstum des
Bac. Paratyphi B. zulaBt, ist der in Versuch No. 24 mit einer Alka¬
leszenz von 0,06. Auch Bac. coli wird schon von einem Harn mit
0,16 Alkaleszenz (Versuch No. 37) abgetotet. Die Ergebnisse von Ver¬
such 2 und 3 mit alkalischen Urinproben sind also nur so zu erkiaren,
daB dieselben zufailig samtlich eine Alkaleszenz besaBen, die unter diesen
Grenzen stand.
Bemerkenswert ist auch, daB ein Harn in Versuch No. 33 mit
0,8 Aziditat ein Wachstum des C o 1 i - Bacillus zulaBt, wahrend ein
solcher mit 0,7 Aziditat (Versuch No. 34) die Keime, wenn auch erst
nach 3X24 Stunden abtotet. Aehnlich ist es auch bei Bac. Para¬
typhi B. Hier liegt die Vermutung sehr nahe, daB auBer den Korpern,
welche die Aziditat eines Harns bedingen, auch noch andere, in wach-
sender Menge vorkommende Stoffe mitwirken konnen. Ein genauer
Grenzwert der Aziditat und der Alkaleszenz, bis zu dem Wachstum er¬
folgt, laBt sich daher nicht festlegen. Derselbe schwankt vielmehr in
geringem MaBe.
Eine ahnliche bakterizide Wirkung des Harns habe ich in einigen,
wenn auch nicht so umfangreichen Versuchen, auch in Bezug auf Strepto-
kokken sowie Staphylococcus pyog. aureus und citreus nach-
gewiesen.
Im zweiten Teil meiner Arbeit machte ich mir nunmehr zur Auf-
gabe, das pilztotende Prinzip bei den einzelnen Harnarten zu ermitteln.
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 4. 19
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290
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Die fruheren Befunde liber den EinfiuB der Aziditat und der Alkaleszenz
muBten mich darauf hinweisen, Untersuchungen nach dieser Richtung
hin anzustellen.
c) Untersuchung des wirksamen Prinzips.
1) Die Bedeutung der Aziditat.
Die Reaktion des sauren Harnes wird in der Hauptsacke durch das
saure phosphorsaure Kalium = KH 2 P0 4 bedingt. Die meisten unserer
Sauren stellen gute Desinfizientien dar, so daB diese Annahrae auch fiir
die Phosphorsaure sehr naheliegend ist. Verschiedene Arbeiten iiber
Einwirkung der Phosphorsaure auf Bakterien bestatigen dies. So fand
Kitasato (18) bei Typhus- und Cholerabacillen nach Zusatz von
0,15 Proz. H 3 P0 4 zu neutraler Nahrgelatine noch Wachstum, bei 0,18
bis 0,224 Proz. wurde die Entwickelung gehemmt und bei 0,254—0,3 Proz.
blieb jedes Wachstum aus. Kohler (20) versetzte die Nahrboden mit
H s P 0 4 der Pharmakopoe, die 20 Proz. Saure enthalt. Bei niederem
H 3 P0 4 -Gehalt findet er eine Begiinstigung des Wachstums, das bis
0,7 Proz. stattfindet; bei 0,8 Proz. erfolgt leichte Hemmung, bei 0,9
bis 1 Proz. starke Hemmung, bei 1,05 Proz. liegt die Grenze der Ent-
tvicklung.
Makower fiihrt die Wirkung, die er fiir menschlichen Harn nach-
wies, auf den Gehalt desselben an Phosphorsaure zuriick. Eine be-
deutende Mitwirkung spricht er auBerdem dem LuftabschluB zu.
Ebenso halt Richter (39) die Saure fiir das hauptsachlich wirk-
same Prinzip im menschlichen Harn. Er berechnet die in 50 cent Harn
vorhandene, nicht an Basen gebundene H 3 P0 4 und stellt alsdann Lo-
sungen von KH 2 P0 4 her, in welchen die gleichen Mengen ungebundener
H,P0 4 enthalten sind. Er behauptet, daB diese Losungeu genau so
bakterientotend wirken, wie der entsprechend saure Harn.
Rostoski (41) sucht den Beweis fiir die Wirksamkeit der Phos¬
phorsaure im Harn dadurch zu erbringen, daB er die Aziditat derselben
durch mehrmaliges Verabreichen von Ac. camphoric, und Ac. boric, zu
steigern sucht. Unter Aziditat versteht er die zur Neutralisation von
10 ccm Harn verbrauchten Kubikzentimeter Normalnatronlauge. Wab-
rend Milzbrand schon bei einer Aziditat von 4,2 abgetotet wird, riickt
bei Bac. coli diese Grenze auf 8,7 (= 0,254 Proz. H 3 P0 4 ). Saurer
Harn wirkt gegen Milzbrand- und Cholerabacillen entschieden starker
als gegen Coli-Bacillen. Er erbliekt sogar in der Steigerung der Azi¬
ditat einen therapeutischen Faktor.
Paus (36) setzt den Nahrboden allerhand Sauren zu und unter-
sucht die Wirkung auf Typhus- und Coli-Bacillen. Beide wachsen bei
niederen Konzentrationen von H ;! P0 4 gut. Erst eine Aziditat von 7,3
(= 0,25 Proz. H 3 P0 4 ) vermag dem Wachstum der Typhusbacillen und
eine Aziditat von 7,8 (= 0,275 Proz. H 3 PO t ) dem der Coli-Bacillen
Einhalt zu tun (Aziditat wie bei Rostoski).
Die oben genannten Autoren stimmen also alle darin ubereiu, daB
die Phosphorsaure in niederen Konzentrationen ein gutes Wachstum der
Bakterien gestattet, daB jedoch von einem gewiSsen Punkt ab, der bei
alien so ziemlich derselbe ist, der Entwickelung Einhalt geboten wird.
Um nun die Wirkung der die Aziditat bedingenden Phosphorsaure im
tierischen Harn naher zu priifen, konnte ich auf 2 Wegen vorgehen.
Zum ersten konnte mir die Beweisfiihrung fiir die Wirksamkeit der
Phosphorsaure im sauren Harn dann gelingen, wenn ich sie daraus ent-
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Jahn, Ausscheidung von Batterien durch den Harn etc.
291
fernte. Einmal brauchte ich nur durch Alkalizusatz den sauren Harn
zu neutralisieren, urn an der verminderten oder aufgehobenen Wirkung
indirekt einen MaBstab fiir die Saurewirkung zu haben. Ich verzichtete
darauf; denn ich wollte keine kiinstlichen Verhaltnisse herstellen, zumal
bei Alkalizusatz wieder neue chemische Verbindungen im Harn ent-
stehen, die ihrerseits wieder eine Wirkung ausiiben und so die Resultate
unklar erscheinen lassen konnten. Weiterhin konnte ich die Saure-
wirkung auch durch Kochen des Harns ausschalten. Bekanntlich werden
hierbei die sauren Phosphate allmahlich in neutrale verwandelt. Ich
unternahm auch verschiedene derartige Versuche, indem ich den Harn
V 2 Stunde lang im Sterilisierapparat bei 100° kochen lieB. Eine vollige
Neutralisation ergab sich zwar hierbei nicht, jedoch eine bedeutende
Abnahme der Aziditat. Jedesmal konnte ich hierbei auch eine deutliche
Abnahme der bakteriziden Wirkung der einzelnen Urine feststellen.
Wenn ich auch diese Tatsache schon als Beweis fur die Saurewirkung
gelten lassen konnte, so muBte ich immerhin daran denken, daB durch
Erhitzen Veranderungen entstanden sein konnten, die unrichtige Resultate
bedingten.
Deshalb versuchte ich auf deni anderen noch moglichen Wege die
Beweisfiihrung fur die Saurewirkung vollstandig zu machen, indem ich
Losungen von KH 2 P0 4 in ahnlichen Konzentrationen, wie im Harn, her-
stellte und sie auf die verschiedenen Bakterien einwirken lieB. Auf
diesem Wege ging auch Richter (39) vor. Er bestimmte nach der
Freund-Liebleinschen Methode, wie sie in Neubauer und Voge 1 s
Harnanalyse (32) angegeben ist, die in einer bestimmten Menge Harn
enthaltene H 3 PO, und stellte nach den so gefundenen Werten 3 ahnlich
konzentrierte Losungen von KH 2 P0 4 her, die einem Phosphorsaure-
gehalt von 0,13 Proz., 0,195 Proz. und 0,262 Proz. entsprachen. Diese
w&sserigen Losungen impfte er alsdann mit Milzbrandbacillen und stellte
bei Losung 1 und 2 eine Wachstumshemmung, bei Losung 3 eine deut¬
liche bakterizide Wirkung fest. Ich halte seine Versuche jedoch nicht
fiir einwandfrei und vollbeweisend. Hier kann mit Recht der Einwurf
gemacht werden, daB die hemmende resp. abtotende Wirkung der Fliissig-
keit in erster Linie auf Mangel an Nahrstoffen zuriickzufiibren ist. Auf
die umstandliche Freund-Liebleinsche Methode do*’ quantitativen
PhosphorsSurebestimmung verzichtete ich vor allem deshalb, weil V61-
k e r (46) nachgewiesen hat, daB sie vollig unzuverlassige, fast stets
falsche Resultate ergibt. Er behauptet, daB eine vollige Trennung von
prirndrem und sekundarem Phosphat durch Chlorbaryumzusatz nicht mog-
lich sei, daB vielmehr unter den Bedingungen des Harns ein erheblicher
Teil von den primaren Phosphaten mitgefallt werde.
Ich stellte mir daher auf einfachste Weise Losungen von KH 2 P0 4
her, indem ich die nbtige Konzentration vorher etwa berechnete und
dann durch Titration die Aziditat priifte. Um den oben erwahnten
Einwurf auszuschalten, beniitzte ich nicht rein wasserige, sondern mit
neutraler Bouillon versetzte Losungen. Durch Zusatz von 2, 4, 6 usw. ccm
einer 1-proz. KH 2 P0 4 -Losung zu 18, 16, 14 etc. ccm neutraler Bouillon
erhielt ich 0,1-proz., 0,3-proz., 0,5-proz. usw. KH 2 P0 4 -Losungen. Die
nachtragliche Titration ergab dann ahnliche Aziditatsgrade, wie ich sie
bei meinen Urinen gefunden hatte. Wenn ich auch zugeben muB, daB
diese Methode nicht vollig exakt ist, so halte ich sie, ganz abgesehen
von ihrer Einfachheit, immerhin noch fiir genauer als die Freund-
Liebleinsche. Diese Bouillon-KH 2 P0 4 -Losungen impfte ich nun mit
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292
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Milzbrandbacillen und goB, wie oben, sofort, nach 3, 6 usw. Stunden
Platten. Die Ergebnisse mogen die folgenden Tabellen veranschaulicken.
1. Versuch mit Bac. anthracis.
No.
Losung
Azidi-
tat
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 Std.
Bemerkungen
Reine Bouillon
0
320
480
660
oo
starke Triibung
0,1-proz. Losung
0,1
425
460
890
oo
i» ii
0,3-proz. Losung
0,28
480
260
26
6
klar
0,5-proz. Losung
0,4
395
124
o
0
If
2. Versuch mit Bac. paratyphi B.
No.
Losung
Azidi-
tat
Sofort
Nach
3 Std.
Nach Nach
6 Std. 24 Std.
Bemerkungen
Reine Bouillon
0,1-proz. Losung
0,3-proz. Losung
0,5-proz. Losung
0,8-proz. Losung
0
0.1
0,28
0,4
0,7
12 800
11600
8400
12 200
10 500
15 400
14 200
6 200
7 650
6 400
280000
220000
14 500
4800
2150
OO
oo
oo
19 000
0
starke Triibung, Bodensatz
>1 If
91 11
leichte Triibung
klar
3
. Versuch mit Bac. coli.
No.
Losung
Azidi-
tat
Sofort
Nach
3 Std.
Nach
6 Std.
Nach
24 Std.
Bemerkungen
Reine Bouillon
0,1-proz. LSsung
0,3-proz. Losung
0,5-proz. Losunl
0,8-proz. Losung
X
1-4 C^^t>
ooooo
19 500
16 800
19 100
17 600
14 260
22 000
19 700
14 200
8 650
7 100
28000
1272
11500
680
OO
oo
oo
9800
6
triib, Bodensatz
11 1)
11 11
leicht getriibt
Auf Grund dieser Versuche kann ich daher best&tigen, daB die
Phosphorsaure in niederen Konzentrationen ein gutes Wachstum zulUBt,
wahrend von einem gewissen Punkt an die Entwicklung gehemmt wird.
Die Tatsache, daB ich mit meinen ahnlich konzentrierten KH 2 P0 4 —
Lbsungen ganz ahnliche Resultate erhielt, diirfte der beste Beweis sein,
daB die Phosphorsaure im sauren Harn als das hauptsachlich wirksame
Prinzip anzusehen ist. Wenn bei Einwirkung der KH 2 P0 4 = Losungen
die Wachstumsgrenze etwas hoher liegt — besonders bei Milzbrand —
so konnte uns dies auf die Vermutung bringen, daB an der bakteriziden
Wirkung des Harnes auch noch andere Korper im Harn beteiligt sein
konnen.
2) Die Bedeutung der Alkaleszenz.
Ganz analog den Verhaitnissen beim sauren Ham, mufite ich nach
meinen Versuchen auch beim alkalischen Herbivorenharn in der Alkale¬
szenz das bakterientbtende Prinzip suchen. Hier traten genau dieselben
Erscheinungen zutage: Bis zu einem gewissen Punkte konnten die
Bakterien sick entwickeln, von da ab fand Starke Wachstumshemmung
resp. Vernichtung statt. Die alkalische Reaktion des Herbivorenharns
wird nun durch das saure kohlensaure Calcium = CaH 2 (C0 3 )*—bedingt.
Da unsere Alkalien, besonders die Kalksalze, gute Desinfizientien dar-
stellen, so lag es fiir mich sehr nahe, die Beweisfflhrung fiir die Wirkung
der Alkaleszenz in khnlicher Weise wie oben fflr die Aziditat anzustellen.
Hier stellte sich mir insofern ein Hindemis entgegen, als es mir trotz
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Jahn, Ausscheidung von Bakterien durch den Ham etc.
293
eifriger Bemiihungen nicht moglich war, das saure kohlensaure Calcium
weder von hiesigen einschlagigen Geschaften noch von der Firma Merck -
Darmstadt zu erhalten. Ich mufite daher auf diesbeztigliche Literatur-
angaben zuriickgreifen.
Schon Gravitz hatte festgestellt, daB gewisse Pilze iippiger auf
saurem Substrat gedeihen und gegen Alkalien stark empfindlich sind.
Kisasato (18) fiihrt aus, daft schon bei einem Kalkzusatz von
0,0966 Proz. kein Wachstum der Typhusbacillen rnehr stattfindet.
L i b o r i u s (25) bezeichnet sogar bereits einen Kalkgehalt von
0,0074 Proz. als geniigend, uni Typhusbacillen in Bouillon abzutoten.
Fodor (13) erhoht durch tagliches Eingeben von Alkalien per os
die Alkaleszenz des Blutes und findet damit auch eine bedeutend hohere
bakterizide Wirkung derselben. Es sucht durch Alkalisation des Blutes
den Organismus zu immunisieren.
Ich hatte nuumehr die antibakterielle Wirkung anderer Kalksalze
priifen und einen RtickschluB auf das Verhalten des sauren kohlensauren
Calcium ziehen konnen, hielt jedoch die obigen Angaben fur vollig aus-
reichend, um seine bakterientotende Wirkung als feststehend zu be-
trachten. Wenn auch das von Liborius behauptete wachstumsver-
nichtende Verhalten der Kalksalze in derartig geringen Konzentrationen
(0,0074 Proz.) mir doch etwas zu weitgehend erscheint, so geniigt bereits
ein Prozentgehalt an Kalk, wie ihn Kitasato festgestellt hat, vollig,
um eine bakterizide Wirkung der alkalischen Harne von einer gewissen
Alkalescenz ab verstandlich zu machen. Als ziemlich beweiskrfiftig hier-
fflr mochte ich die Angaben Fodors ansehen, der mit gesteigerter Al¬
kaleszenz des Blutes auch eine stark erhohte bakterizide Wirkung der¬
selben findet.
Nachdem ich also bewiesen habe, daB fflr den sauren Harn die
Phosphorskure, fflr den alkalischen Harn mit ziemlicher Sicherheit die
Kalksalze als hauptsachlich wirksame Medien anzusprechbn sind, bleibt
mir noch zu untersuchen iibrig, ob aufter diesen noch andere im Harn
enthaltene Korper in Betracht kommen konnen. An verschiedenen Stellen
wiesen ja meine Untersuchungsbefunde darauf hin, daB dies, wenn auch
in geringem MaBe, der Fall sein durfte. Inwieweit dies zutrifft und
welche Korper dabei in Betracht kommen konnen, moge zum SchluB
noch kurz besprochen werden.
3) Untersuchung des Harns auf Agglutinine.
Ehe ich weiter nach wirksamen chemischen Korpern im Harn suchte,
interessierte mich die Frage, ob nicht spezifische Antikorper an der
bakteriziden Wirkung des Harns beteiligt sein konnten. DaB die bei den
Infektionskrankheiten im Blut sich bildenden Agglutinine — diese kamen
hier in erster Linie in Betracht — auch in den Harn ubertreten konnen,
ist vielfach bewiesen.
So fand van Oordt (34) im Harn Typhoser in 1 von 11 Fallen
schwache Agglutination. Nach Vidal und Si card (48) agglutiniert
der Harn TyphSser in einzelnen Fallen im Verhaltnis 1:10, wahrend
Gurbunoff (14) zu dem SchluB kommt, daB die Agglutinationsreaktion
im Harn Typhbser sich unbedingt vorfinde. Wassiljeff (47) fand unter
25 Fallen 4mal Agglutination bei Verdunnungen von 1:1 — 1:10, wahrend
die Reaktion 5mal zweifelhaft war.
Giovanni Cagnetto (7) fand, daB der Harn rotzkranker Pferde
einen energischeren vernichtenden EinfluB auf die Rotzbacillen austibt,
als der gesunder. Er fiihrt dies auf den Uebertritt spezifischer Anti-
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294
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
korper aus dera Blut in den Urin zuriick, in dera sie wenigstens zum
groBen Teil unverandert existiereu miissen.
Die Mdglichkeit des Auftretens von Agglutininen im Ham besteht
also. Wenn sich die raeisten positiven Resultate auf den Typhusharn des
Menschen beziehen, so mag dies in erster Linie daker riihren, daB bei
anderen Krankheiten des Menschen und der Haustiere wenig diesbezflg-
liche Forschungen vorhanden sind.
Da nun Rissling (40), Biirgi (6) und andere auch im normalen
Tierserum verschiedenen Bakterien gegeniiber, wie Staphylokokken,
Streptokokken, Bac. anthrac., Bac. coli und Bac. typhi abdom.
deutliche Agglutination von 1:40—50 nachwiesen, und zwar iiberein-
stimmend am starksten beim Rinderserum, so lag es fiir mich nahe, zu
erforschen, ob dieselben auch im normalen Harn nachzuweisen sind.
Wenn dies der Fall war, muBte ich sie um so mehr in den Bereich
meiner Betrachtungen ziehen, als Cagnetto dem Vorkommen von
Agglutininen im Harn rotzkranker Pferde einen bedeutenden EintiuB auf
die bakterizide Wirkung derselben zuschreibt. Endlich konnte ich auch
daran denken, die starke Wirkung der Rinderharne damit in Zusammen-
hang zu bringen, daB schon das normale Rinderserum und fiir den Fall
eines Uebertrittes auch der Harn eine erhebliche Menge wirksamer
Agglutinine enth<.
In meinem Untersuchungsmodus folge ich dem von Rissling. In
kleinen Rohrchen von ca. 1 / 2 cm Durchmesser stellte ich mir Ver-
diinnungen von 1:1, 1:5, 1:10, 1:20 usw. her und priifte die agglu-
tinierende Wirkung der Harne auf Milzbrand-, Paratyphus- und Coli-
Bacillen bei Brutschranktemperatur. Den Eintritt der Reaktion stellte
ich mit bloBem Auge, resp. einer Lupe fest. Die folgende Tabelle moge
die Resultate veranschaulichen, wobei die positiven Resultate mit -K die
entgegengesetzten mit — verzeichnet sind.
No.
Ham von
Bacillen
Verd.
1:1
Verd.
1:5
Verd.
1:10
Verd.
1:20
Bemerkungen
1
Hund
Bac. anthrac.
_
_
_
_
2
11
11 11
+
—
—
—
3
4
11
11
Bac. coli
11 11
+
I
1
z
5
It
Bac. paratyphi B.
—
—
—
—
6
11
11 11
—
—
—
—
7
Rind
Bac. anthrac.
+
—
—
—
8
11
11 11
Bac. coli
+
—
—
— ,
9
—
—
—
—
10
11
11 11
+
—
—
—
11
11
Bac. paratyphi B.
—
—
—
—
12
11
+
—
—
— 1
13
Schwein
Bac. anthrac.
—
—
—
—
Es sind demnach zwar im normalen Harn Agglutinine nachweisbar,
jedoch in SuBerst geringem Grade. Nur in 6 Fallen fand ich eine solclie
bei Verdunnungeu 1:1, darunter 4mal beim Riuderharn. Die Mitwirkung
der Agglutinine bei der bakteriziden Wirkung des normalen Harnes
diirfte dalier nicht allzu hoch zu veranschlagen sein. Ob sich dieses Ver-
haltnis bei infektionskranken Individuen nicht in einem Sinne ver&ndert,
wie schon Cagnetto angedeutet hat, diirfte einen Gegenstand besonderer
Untersuchungen bilden.
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Jahn, Ausscheidung von Bakterien durch den Ham etc.
295
4) Konnen noch audere Korper an der Wirkung b e -
teiligt sein?
Von sonstigen im Harn enthaltenen Korpern, die mit der bakteriziden
Wirkung derselben in Zusammenhang gebracht werden konnten, kame
noch in erster Linie der Harnstoff in Betracht. Levy, Blumenthal
und Marxer (26) benutzen eine 10-proz. Harnstoff losung zur Ab-
schwachung von Rotzbacillen und weisen in einer spateren Arbeit (27)
dieses Abschwachungsverraogen auch Tuberkelbacillen gegeniiber nach.
Der Harnstoff wirkt hierbei durch Ueberfiihrung von EiweiB in Alkalialbu-
minate. Da im tierischen Harne bis zu 10 Proz. Harnstoff vorkommt,
so wird man demselben eine leichte Mitwirkung nicht absprechen konnen.
Ferner konnte hier noch in Betracht kommen die Harn- und Kynuren-
saure beim Hund, sowie die Hippursaure beim Rind. Endlicli ware noch
an den Harnfarbstoff, als einen Abkommling des Blutfarbstoffs zu denken,
zumal verschiedene neuere Arbeiten dem letzteren eine nicht unerheb-
liche Mitwirkung an den bakteriziden Eigenschaften des Blutes zu-
schreiben. Die Bedeutung dieser Stoffe diirfte jedoch eine untergeordnete
sein im Vergleich zu der der Phosphorsaure beim sauren resp. der Kalk-
salze beim alkalischen Harn.
Meine Untersuchungsergebnisse fasse ich im folgenden kurz zu-
sammen:
1) Dem tierischen Harn kommt unter gewissen Umstandeu eine
bakterizide Wirkung auf bestimmte Bakterien zu.
2) Die Wirkung auf Milzbrand- ist starker, als auf Paratyphus- und
Coli-Bacillen.
3) Das wirksame Prinzip ist beim sauren Harn in den sauren Phos-
phaten, beim alkalischen in den Kalksalzen zu suchen. Nur ein kleiner
Teil der Wirkung kommt anderen im Harn enthaltenen Korpern zu.
Agglutinine sind im normalen Harn nicht in nennenswerter Menge vor-
handen.
4) Fur jeden Bacillus laBt sich eine Wachstumsgrenze finden, d. h.
ein Grad der Aziditat resp. Alkaleszenz, bis zu dem der Harn ein Wachs-
tum gestattet. Von da ab wird dasselbe gehindert.
5) Diese Wachstumsgrenze ist bei den einzelnen Bakterien ver-
schieden; fur Paratyphus- und C o 1 i - Bacillus ungefahr gleich, fiir Milz-
brandbacillen niedriger.
Nach diesen meinen Versuchen unternehme ich es, von den daraus
resultierenden Gesichtspunkten aus eine nochmalige Besprechung der
Durchlassigkeit der Nieren ftir Bakterien vorzunehmen. Wie gesagt,
m5gen bei den klinisch-bakteriologischen Untersuchungen ver¬
schiedene Umstande (ungeniigende Untersuchungsmethoden, Bearbeitung
verschieden schwerer Faile in verschiedenen Stadien) bei der Beurtei-
lung der Resultate stark zu beriicksichtigen sein. Wo diese Argumente
zur Erkiarung nicht geniigen, wiirde ich die Wirkung des Harnes dazu
heranziehen. Es ware nach meinen Untersuchungen leicht begreiflich,
daB in leichteren Fallen, wo nur wenig Bacillen in den Harn ubertreteu,
dieselben alsbald abgetotet werden und so der Beobachtung entgehen.
Ein nicht geringer Teil der negativen Befunde konnte uns so verstand-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
lich erscheinen, wahrend die positiven Ergebnisse meist auf schwerere
fortgeschrittenere Falle zurfickzuffihren sein werden, in denen infolge
von Lasionen der Niere ein so massenhafter Uebertritt von Bakterien
in den Harn stattfindet, daB derselbe nicht mebr alle abzutoten imstande
ist. Auch die Aziditat des Harnes kann hierbei eine bemerkenswerte Rolle
spielen. In den Fallen, in welchen woclien- und monatelang Bakteriurie
bei Typhusrekonvaleszenten beobachtet wurde, kann es sich dock nur
lira solche Ilarne handeln, die infolge ihrer geringeren Aziditat ein Fort-
leben der Bacillen zulassen. Das Recht, die bakterizide Wirkung des
Harnes bei all diesen Untersuchungsbefunden zur Erklfirung derselben
zu beniitzen, kann ich urn so mehr fiir mich in Anspruch nehraen. als
es sich hierbei stets um indirekt entnommene Urine handelt. Die-
selben hatten also wahrend ihres langeren oder kiirzeren Zusainmen-
seins mit den fibergetretenen Bakterien in der Harnblase genfigend Zeit,
auf dieselben wachstumshemmend oder zerstorend einzuwirken.
Diese Untersuchungen konnen uns also nur fiber das Vorkommen
von Bakterien im Harn infektionskranker Individuen AufschluB geben.
Die Frage der Durchlassigkeit der nornialen Nieren fur Bakterien konnen
nur die experimentellen Untersuchungen beantworten, zu deren
Besprechung ich nunmehr gelange.
Bereits frfiher erwahnte ich die Tatsache, daB die Forscher, die sich
teils ftir, teils gegen eine Durchlassigkeit der Nieren, solange dieselben
nicht merklich lfidiert sind, aussprechen, durch ein bedeutsames
Moment in der Versuchsanordnung sich unterscheiden. Die einen ent-
nehmen den Harn direkt, die andern indirekt. Von vornherein muB
ich allerdings zugeben, daB durch die direkte Harnentnahme, die eine
Laparotomie notig macht, ein zweites, wohl zu berficksichtigendes Moment
hinzukommt. Durch die bei der Operation erfolgende Reizung des Bauch-
fells erfolgt eine Reizung des Nervus splanchnicus, was wiederum eine
Anamie der Nieren zur Folge hat. Diese Tatsache benfitzt Makower,
um den Versuchen von Biedl und Krauss und Schweizer die Be-
weiskraft abzusprechen. Er stfitzt sich dabei auf die Untersuchungen
von Cavazzani (9). welcher durch Unterbinden einer Nierenarterie
bei Kaninchen eine starkere Durchlassigkeit der anamischen Niere nach-
gewiesen hat. Meiner Ansicht nach liegen jedoch die Verhfiltnisse hier
doch ganz anders. Cavazzani hat nfimlich die Unterbindung nach
einiger Zeit (V 2 —1 Std.) wieder gelost und dann erst die Bakterien in-
jiziert. In eine durch zeitliche Anfimie verletzte Niere lieB er also plotz-
lich wieder den vollen Blutstrom hineingehen. DaB hier ein Durcktritt
von Bakterien stattfinden muBte, ist ganz klar. Ferner ist zu bedenken,
daB es sich hier um eine to tale Anamie handelt, wahrend eine Reizung
des Nervus splanchnicus nur eine leichtere Anamie, eine Oligamie,
bedingt. Gerade die letztere Erwagung konnte uns sogar zu der An-
nahme verleiten, daB hier, wo weniger Blut, infolgedessen auch weniger
Bakterien in die Nieren kommen, von einer rascheren Ausscheidung
eigentlich kaum die Rede sein kann. Ich halte daher die Versuche von
Biedl und Krauss trotz einiger Abweichungen von den physiologischen
Verhfiltnissen ffir viel zu wichtig und beweiskraftig, um sie so ohne
weiteres beiseite zu stellen wie Makower. Dasselbe gilt von den Ar-
beiten von Schweizer, v. Klecki und Opitz. Ich muB allerdings
weiterhin zugeben, daB diejenigen Versuche von Biedl und Krauss
etc., in denen sie die Harnsekretion der anamischen Niere durch irgend-
welche Diuretica steigern, denjenigen von Cavazzani schon ahnlicher
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J a h n, Ausscheidung von Bakterien durch den Ham etc.
297
sind. Hier findet eine ziemlich starke Abweichung von den physio-
logischen Yerhaltnissen statt, und die auf diese Versuche sich beziehen-
den Zeiten von 3—12 Minnten erscheinen mir doch etwas zu kurz, um
als vollig einwandfrei angesehen werden zu konnen. Biedl und Krauss
haben jedoch auch ohne Anwendung von Diuretica schon nach 26, 40,
50 etc. Minuten positive Befunde gehabt. Diese Versuche scheinen mir
einwandfrei genug zu sein, um einen vollgiiltigen Beweis fiir den Durch-
tritt von Bakterien durch die Nieren zu liefern, solange noch keine
nennenswerte L&sion derselben erfolgt sein kann.
Das Argument der anamischen Niere geniigt also noch keineswegs
zur Erklarung jener bedeutenden Zeitunterschiede bei den Bakterien-
befunden im Harn. Hier muB vielmehr noch ein zweiter Faktor stark
mafigebend sein, und als solchen spreche ich, wie auch Makower ver-
sucht hat, die bakterizide Wirkung des Hams an. Es diirfte
nicht ohne weiteres statthaft sein, wenn letzterer die Verhaltnisse beim
menschlichen Harn ohne Prufung auf Hunde und Kaninchen iibertr>.
Ganz besonders vom alkalischen Kaninchenharn konnte er nicht von
vornherein eine pilztotende Wirkung annehmen. Da diese Eigenschaft
durch meine Versuche sowohl vom sauren, wie vom alkalischen Harn
bewiesen wird, also mit ziemlicher Sicherheit auch beim alkalischen Kanin-
■chenharn vorauszusetzen ist, und zwar ganz besonders den auch in den
Versuchen verwendeten Bakterien gegeni'iber, wie Bac. anthracis,
Staphylokokken und Streplokokken, so glaube ich berechtigt zu sein,
diesen Faktor hier verwerten zu diirfen.
Die auffallende Tatsache, daB alle Forscher bei indirekter Harn-
«ntnahme niemals vor 4—6 Stunden nach der Injektion Bakterien im
Harn vorfinden, erfahrt jetzt eine naheliegende Erklarung. Hier kommen
naturgemaB nur Harne zur Untersuchung, die eine geniigende Zeit mit
den iibergetretenen Bakterien in Beriihrung waren, um dem Urin die
voile Entfaltung seiner bakterientbtenden Eigenschaften zu ermoglichen.
Denn daB hier schon in kurzer Zeit (vielleicht V 2 — 1 Stunde) eine vollige
AbtStuug der aus den Nieren austretenden Bakterien stattfinden und das
Wiederauffinden derselben im Harn verhindert werden kann, nehme ich
nach meinen Versuchen um so eher an, als sich hier trotz gleichzeitigen
Einbringens von verhaltnismSBig groBen Mengen Bakterien doch in relativ
kurzer Zeit eine starke Wirkung geltend macht. Diese Experimente,
wo sich, wie Schweizer behauptet, die Bacillen so ganz allmahlich durch-
drangen miissen, bilden den giinstigen Angriffspunkt fiir die pilztotende
Wirkung des Harnes. Hier handelt es sich jedenfalls nur um kleinere Ba-
cillenmengen, ahnlich wie ich sie in meinen Versuchen 6, 7, 8 und 15 ver-
wendete. So werden z. B. in Versuch 6 (den Kubikzentimeter zu 15
Tropfen gerechnet) 6 X 5 X 20 = 600 Milzbrandbacillen von 20 ccm Harn
bereits nach 3 Stunden vollig abgetbtet. Nehmen wir ferner dazu, daB
die Bakterien bereits durch die W’irkung des Blutes abgeschwacht
sind, daB ferner beim Harn infektionskranker Individuen mit aller
Wahrscheinlichkeit spezifische AntikSrper in erhohtem MaBe
iibergetreten und dort wirksam sind, so wiirde dies vollauf zur Er¬
klarung der negativen Befunde geniigen, wenn die Bakterien einige Zeit
mit dem Harn in Beriihrung stehen. Wenn Vincenzi trotz indirekter
Harnentnahme fiir seinen Colibacillus ein Durchtreten durch die unver-
letzte Niere (nach 2—4 Stunden) feststellt, so mag dies darin seine Er¬
klarung linden, daB entweder zu dieser Zeit die Niere bereits ladiert
war, oder aber daB die Colibacillen gegen Harn weniger empfindlich
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298
CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate, fid. 55. Heft 4.
sind, als die hochpathogenen Bakterien wie Milzbrand und Cholera etc. r
mit denen er unter gleichen Bedingungen auch absolut negative Resul-
tate bekam.
Diese bakterizide Wirkung des Harnes findet so lange statt, als es
sich nur um die Bew<igung kleinerer Mengen handelt. Wenn jedoch
einige Zeit nach der Injektion die Nieren l&diert werden, so daB ein
massenhafter Austritt aus den Nieren stattfinden kann, so ist der Harn
nicht mehr imstande, die Keime alle abzutoten. Das sind dann die*
jenigen FBlle, in denen die Forscher sowohl bei direkter, wie bei
indirekter Harngewinnung positive Resultate verzeichnen. Darin stim-
men ja alle iiberein, daB die stark verletzte Niere fiir Bakterien durch-
lassig ist.
Anders liegen die Verh<nisse bei direkter und kontinuier-
licher Harnentnahme. Die positiven Untersucbungen von Gravitz
kann ich nicht als vollgiiltig ansehen, da sie sich lediglich auf mikro-
skopische Befunde beziehen. Dagegen zeigen die unter denselben Be¬
dingungen angestellten Versuche von Schweizer, Biedl und Krauss,
v. Klecki und Opitz eine beraerkenswerte Uebereinstimmung der
Ergebnisse. Sie behaupten iibereinstimmend, daB ein Durchtritt von
Bakterien auch durch die normale Niere stattfmde, und weisen dieselben
alsbald im Harn nach. Man wird mir zugeben mussen, daB es als vollig
geniigende Erkl&rung angesehen werden kann, wenn ich darauf hinweise,
daB die Bakterien infolge ihres kurzen Verweilens im Harn noch keine
derartige Schadigung erlitten haben, daB der Nachweis ihres Vorhanden-
seins mittels Kulturverfahrens miBlange. Sobald Biedl und Krauss
den Harn, wie die Forscher der anderen Gruppe, indirekt entnahmen,
fanden sie ein Durchtreten von Staphylokokken erst nach 5 Stunden,
ein Beweis fur die Richtigkeit obiger Behauptungen. Wenn ferner
Cagnetto und Tessaro trotz direkter Harngewinnung negative Resul¬
tate bekommen, so bildet dieser scheinbare Widerspruch nur einen er-
neuten Beweis fiir die Berechtigung meiner Behauptungen. Hier erfolgt
die Harnentnahme durch Ausziehen mit einer Spritze aus der Blase,
also wohl direkt; dies geschieht jedoch meist erst V 2 —l 1 /* Stunden nach
der Injektion. Der Effekt ist also derselbe wie bei der indirekten Harn¬
gewinnung. In dieser Zeit kann der Harn die iibergetretenen Bacillen
wohl vernichten, so daB auch hier seine bakterizide Wirkung die nega-
tiven Resultate vollig verstandlich macht.
In Anbetracht obiger Erwagungen spreche ich daher den Versuchen
derjenigen Forscher, welche auch die normale Niere fiir durchgangig
halten, die groBere Beweiskraft zu. Trotz einiger, nicht zu umgehender
Abweichungen von den physiologischen Verhaltnissen beweisen sie den
Uebertritt von Bakterien in den Harn bei unverletzter
Niere. Wenn uns dies bei der gewohnlichen Untersuchung des Harnes
nicht zum BewuBtsein gelangt, so ist hierfur die bakterizide Wirkung
des Hams verantwortlich zu machen. Eine gewisse Berechtigung fur
diesen SchluB finde ich auch in der Tatsache, daB sogar im eiweiBhaltigen
Harn, wo es sich also um eine Veriinderung der Nieren handelt, viel-
fach keine Bakterien nachgewiesen werden konnten. Wenn ferner Koch
(52) im blutigen Milzbrandharn nur wenige Bacillen, und Kannenberg
(51) im bluthaltigen Harn von Recurrenskranken die Spirillen nur ein-
mal nachweisen kann, so gibt es hierfiir nur die Erklarung, daB die
Keime wohl in den Harn iibertreten, hier aber alsbald abgetotet und
so der Beobachtung entzogen werden.
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Jahn, Ausscheidung von Bakterien durch den Ham etc.
299
Auch die pathologisch-histologischen Befunde sprechen vielfach fur
eine Durchl&ssigkeit der normalen Niere. Cohnheim findet so konstant
Milzbrandbacillen in der Bowraanschen Kapsel, daB fur ihn die M6g-
lichkeit des Uebergangs in den Harn auBer aller Frage steht. Wysso-
kowitsch und andere finden Bakterien nicht nur im Kapillarlumen,
sondern, wenn auch spfirlich, in den fixen Gewebszellen liegend, so daB
Baumgarten (1) hieraus auf eine Penetrationsf&higkeit derselben
schlieBt.
Als letzten und zwingendsten Beweis f(ir die Passierbarkeit der
normalen Niere sehe .ich endlich die Untersuchungsergebnisse verschie-
dener Forscher mit leblosen korperlichen Elementen an, da hier eine
Verletzung der Niere ausgeschlossen ist. Wenn Biedl und Krauss
Anilinblaukornchen, Schweizer Baryumsulfat und Karmin, endlich
Rtitimeyer (42), Wiener und Maas Fettkilgelchen schon kurze Zeit
nach der Infektion im Harn nachweisen konnen, so diirften wir mindestens
dasselbe Durchdringungsvermogen auch den verschiedenen Bacillen zu-
schreiben kdnnen.
Zum SchluB meiner Arbeit gestatte ich mir, dem Vorstand des In-
stitus fiir Seuchenlehre der Kgl. tierarztlichen Hochschule zu Stuttgart,
Herrn Professor Dr. Reinhardt, fiir die liebenswiirdige Ueberlassung
eines Arbeitsplatzes in seinem Institut sowie fiir die gewShrten Ratschlage
meinen gebiihrenden Dank auszusprechen, den ich auch den Herren
Assistenten Dr. Schmidt und Dr. Seibold fiir die manchmal zuteil
gewordene Hilfeleistung schulde.
Literaturverzeichnis.
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2) Biedl u. Krauss, Ueber die Ausscheidung der Mikroorganismen durch die Niere.
(Arch. f. exper. Pharmakol. u. Pathol. Bd. 37. 1896. p. 1 ff.)
3) -, Weitere Beitrage liber die Ausscheidung der Mikroorganismen durch driisige
Organe. (Centralbl. f. inn. Med. 1896. p. 737.) Zit. n. Opitz.
4) -, Ueber die Ausscheidung der Mikroorganismen durch driisige Organe. (Zeitschr.
f. Hyg. Bd. 26. p. 353.)
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Bd. 62. 1907. p. 239 ff.)
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durch die Nieren. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Origj. Bd. 41. 1906. p. 21 ff.)
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Bakterienausscheidung durch die Nieren. (Beitr. z. pathol. Anat. u. allg. Pathol.
Bd. 25. 1904. p. 536 ff.)
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f. allg. Pathol, u. pathol. Anat. Bd. 4. 1893. p. 403 ff.)
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korper. (Sitzungsber. d. math.-naturw. Kl. d. Kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien.
Bd. 105. Abt. III. 1895. p. 453.)
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Bakteriol. Abt. I. Refer. Bd. 35. 1904. p. 111.)
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und iiber Immunisation. (Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 7. 1890. p. 753 ff.)
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Journ. 1899. Nov.) [Russisch.] Zit. n. Wassiljeff.
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(Zeitschr. f. Hyg. Bd. 53. 1906. p. 259 ff.)
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300
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
17) Karlin ski, Untersuchungen iiber das Vorkommen der Typhusbacillen im Harn.
(Prager med. Wochenschr. 1890. No. 35 u. 36.)
18) Kitasato, Ueber das Verhalten der Typhus- und Cholerabacillen zu saure- und
alkalihaltigen NahrbOdeu. (Zeitsehr. f. Hyg. Bd. 3. p. 404 ff.)
19) v. Klecki, Ueber die Ausscheidung von Bakterien durch die Niere und die Be-
einflussung dieses Prozesses durch die Diurese. (Arch. f. exper. Pathol, u. Pharmakol.
Bd. 39. 1897. p. 173 ff.)
20) Kohler, Ueber das Verhalten der Typhusbacillen gegenfiber verschiedenen Agen-
tien, wie Sauren, Alkalien und Anilinfarbstoffen. (Zeitsehr. f. Hyg. Bd. 13. 1893.
p. 54 ff.)
21) nolle u. Wassermann, Handb. d. pathog. Mikroorganismen. Jena 1903.
22) Konjajeff, Ueber die bakterizide Schadigung der Nieren bei Abdominaltyphus.
[Dissert.] St. Petersburg 1888. Zit. n. Wassiljeff.
23) Lehmann, Ueber die pilztotende Wirkung des frischen Harnes des gesunden
Menschen. (Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 7. 1890. p. 457 ff.)
24) Leu be, Beitrage zur Frage vom Vorkommen der Bakterien im lebenden Organis-
mus, speziell im frisch gelassenen Ham der Gesunden. (Zeitsehr. f. klin. Med.
1880. p. 233.)
25) Liborius, Einige Untersuchungen iiber die desinfizierende Wirkung des Kalkes.
(Zeitsehr. f. Hyg. Bd. 2.)
26) Levy, Blumenthal u. Marxer, Abtotung und Abschwachung von Mikro¬
organismen durch chemisch indifferente Korper. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt I.
Ong. Bd. 42. 1906. p. 265 ff.)
27) -, Experimentelle Untersuchungen iiber Tuberkulose. (Centralbl. f. BakterioL
Abt. I. Orig. Bd. 46. 1908. p. 282 ff.)
28) Makower, Ueber die Durchlassigkeit der Nieren fur Bakterien und die bakterizide
Wirkung des Harns. [Dissert.] Wurzburg 1897.
29) Merker u. Goldschmidt, Ueber die diagnostische Verwertung der Typhus-
bacillen. (Centralbl. f. klin. Med. 1887. p. 393 ff.)
30) M u n k, I m m., Lehrb. d. Physiologie des Menschen u. der Saugetiere. 7. Aufl.
1905.
31) Neumann, Ueber die diagnostische Bedeutung der bakteriziden Urinuntersuchung
bei inneren Krankheiten. (Berlin, klin. Wochenschr. 1888. No. 7—9.)
32) Neubauer u. Vogel. Anleitung z. Analyse d. Harns. 8. Aufl.
33) -, Anleitung z. Analyse d. Harns. Abt II. Semiotischer Teil. (Bearbeitet von
Thomas.)
34) van Oordt, Zur Serodiagnostik des Typhus abdominalis. (Miinchen. med.
Wochenschr. 1897. p. 327.)
35) Opitz, Beitrag zur Durchgangigkeit von Darm und Nieren fur Bakterien. (Zeitsehr.
f. Hyg. Bd. 29. 1898. p. 505 ff.)
36) Pa us , Ueber das Wachstum von Typhus- und Colibacillen auf Nahrbdden, denen
verschiedene Sauren zugesetzt sind. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 45.
p. 81.)
37) Pernice u. Scagliosi, Ueber die Ausscheidung der Bakterien aus dem Organis-
rauB, (Deutsche med. Wochenschr. Bd. 34. 1892.)
38) Piorkowski, Berlin, med. Gesellsch. Sitzung vom 25. Jan. 1899.
39) Richter, Studien fiber die pilztotende Wirkung des frischen Harns. (Arch. f.
Hyg. Bd. 12. p. 61.)
40) Riesling, Beitrage zur Biologie normaler Tiersera. (Centrafbl. f. Bakteriol. Abt. I.
Orig. Bd. 44. 1902. Heft 4, 5, 6 u. 7.)
41) Rostoski, Ueber den Einflufl der Aziditat des Harns auf Cystitiserreger. (Deutsche
med. Wochenschr. 1898. No. 15.)
42) Rfitimeyer, Arch. f. exper. Pathol. Bd. 14. 1881. p. 393 ff.
43) Schweizer. Ueber das Durchgehen von Bacillen durch die Nieren. (Virchows
Arch. Bd. 110. 1887. p. 255 ff.)
44) Sherrington, Experiments on the escape of bacteria with the secretions. (Journ.
of Pathol, and Bacter. 1893; Ref.: Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 13. 1893.)
45) Vincenzi, Konnen die ins Blut eingeffihrten Bakterien durch gesunde und
unverletzte Nieren in den Harn eindringen? (Zeitsehr. f. Hyg. Bd. 62. 1909.
p. 415 ff.)
46) V81ker, Ueber das Verhaltnis der Acidimetrie des Hams nach Moritz zu dem
Verfahren von Freund-Lieblein. (Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 88. 1906.
p. 302.)
47) Wassiljeff, Zur Bakteriologie und Kryoskopie des Abdominaltyphus. (Zeitsehr.
f. Hyg. Bd. 55. 1906. p. 343 ff.)
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 301
48) Widal et Sicard, Annal. de l’lnstit. Pasteur. 1897. No. 5.)
49) Wyssokowitsch, Ueber die Schicksale der ins Blut injizierten Mikroorganiemen
im Korper der Warmbliiter. (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 1. 1886. p. 1 ff.)
50) Gravitz, Beitrage zur systematischen Botanik der pflanzlichen Parasiten mit
experimentellen Untersuchungen iiber die durch sie bedingten Krankheiten. (Vir¬
chows Arch. Bd. 70. p. 546.)
51) Kannenberg, Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 1. 1880. p. 506 ff. Zit. n. Makower.
52) Koch, Mitteil. a. d. Kais. Gesundheitsamt. Bd. 1. p. 63.)
Nachdruck verboten.
Ueber den Keimgehalt unter aseptischen Kautelen
gewonnener Milch und dessen Bedeutung fur die Praxis.
[Aus dem Institut fur Seuchenlehre der Kgl. Tierarztlichen Hochschule
zu Stuttgart. Vorstand Prof. Dr. Reinhardt.]
Von Ernst Seibold, approb. Tierarzt, Oehringen.
Mit der Einfiihrung bakteriologischer Milchuntersuchungen hat sich
auch die Notwendigkeit einer aseptischen Milchentnahme herausgestellt.
Am meisten Veranlassung hierzu geben die Euterentzfindungen. Es ist
eine ausgemachte Tatsache, daB alle Euterentzundungen mit Ausnahme
der traumatischen auf infektioser Ursache beruhen. L. Frank (10) hat
diese Tatsache zuerst experimentell erhartet. Nocard und Mollerau,
Kitt, Guillebeau und HeB (17) haben die Feststellung Franks
durch weitere experimentelle Untersuchungen fiber Mastitis voll und ganz
bestfitigt. Als Erreger der parenchymatfisen Euterentztindung sind ver-
schiedene Bakterien beschrieben worden. Je nach der Virulenz und der
Art dieser Erreger tritt nach deren Eindringen ins Euter eine mehr oder
minder heftige Entzfindung auf. In der Regel kommen als Mastitis-
erreger Bakterien aus der Coligruppe, Streptokokken oder Staphylo-
kokken in Betracht. W&hrend die Mastitiden, die durch Einzelinfektion
eines Staphylococcus entstanden sind, in kurzer Zeit in Resolution
fibergehen, nehmen die Euterentzundungen, die durch Streptokokken,
C o 1 i - Bakterien oder durch Mischinfektion hervorgerufen sind, haufig
ein ungfinstiges Ende, indem sie ihren Ausgang entweder in Atrophie
oder Nekrose des Drfisengewebes mit Verfidung des Viertels nehmen.
Mitunter ffihren auch die Euterentzfindungen, die durch Bakterien der
Coligruppe erzeugt sind, innerhalb weniger Tage durch deren Ein¬
dringen in die Blutbahn den Tod des Tieres herbei.
Durch die klinische Untersuchung allein ist eine Spezialdiagnose
dieser Infektionen in der Regel unmoglich. Man muB vielmehr zur Fest¬
stellung der Ursache der Euterentzfindung eine bakteriologische Unter¬
suchung des Eutersekrets vornehmen. Hierdurch ist es ermoglicht, die
Art des Erregers zu bestimmen und man ist imstande, eine richtige
Prognose zu stellen und eine geeignete Behandlung einzuleiten. In einer
kleinen Anzahl von Fallen kann man schon im Zentrifugenbodensatz
der Milch die betreffenden Erreger nachweisen. In der Mehrzahl der
Ffille gelingt dies jedoch nicht. Man ist dann gezwungen, von dem Se-
kret Plattenkulturen anzulegen, um die Art der Bakterien der Euter-
entzundung zu ermitteln. Will man aber hierbei vor Fehlschlfissen
bewahrt bleiben, so ist es notwendig, daB bei der Milchentnahme ein
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302
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 55. Heft 4.
Hereinfallen von Bakterien aus der AuBenwelt in die Milchprobe ver-
hindert wird.
Ganz besonderes Interesse beansprucht der Fund von Streptokokken,
weil bei dieser Art der Euterentziindung die Ansteckungsgefahr sehr
groB ist. Die Euterstreptomykose kann durch das Melken von einer
Kuh auf die andere iibertragen werden und wie eine richtige Enzootie
im Viehstall verlaufen. Durch die bakteriologische Untersuchung ist man
in der Lage, die bereits angesteckten Tiere ausfindig zu machen, noch
bevor sie klinisch feststellbare Krankheitserscheinungen aufweisen, und
man kann durch Separieren der kranken und angesteckten Tiere einer
Weiterverbreitung der Krankheit erfolgreich vorbeugen.
Einer Bestatigung oder Berichtigung der klinischen Diagnose durch
eine bakteriologische Untersuchung bediirfen vor allem die chronischen
Euterentziindungen. Hier kommen haupts&chlich die chronische Euter¬
streptomykose, die Eutertuberkulose und die Euterpyobacillose in Betracht.
Es ist oft schwierig, eine chronische Euterstreptomykose, namentlich
wenn die Euterlymphdrusen stark geschwollen sind, von der Euter¬
tuberkulose zu unterscheiden. Einen derartigen Fall habe ich vor un-
gef&hr einem Jahr beobachtet. Die Euterveranderungen entsprachen
genau denen, wie sie als fiir Tuberkulose charakteristisch angegeben
werden (steinhartes, schmerzloses Euter, sehr starke VergrQBerung der
Euterlymphdriisen). Im Ausstrich aus dem Driisensekret fanden sich
zahlreiche lange, verschlungene Streptokokkenketten.
Andererseits kann auch die Pyobacillose zu einer groBen und harten
schmerzlosen Euteranschwellung fuhren. Einen derartigen Fall habe ich
erst kiirzlich gesehen. Die klinischen Erscheinungen sprachen sowohl
fiir Eutertuberkulose als auch fur jede andere chronische Euterentzun¬
dung, zumal da die Euterlymphdriisen auch vergroBert waren, die Kuh
ziemlich abgemagert war und hustete und die subkutanen LymphdrQsen
geschwollen waren. Durch die bakterioskopische Untersuchung des
Driisensekrets konnte sofort die Diagnose richtig gestellt werden. Im
Ausstrich aus dem Driisensekret fanden sich zahlreiche Pyogenes-
bacillen. Die Diagnose wurde durch den Schlachtbefund best&tigt.
Nebst den Euterentziindungen sind es die Milchfehler, bei denen
der Tierarzt sehr h&ufig zu Rate gezogen wird. Unter diesen kommen
haupts&chlich das vorzeitige Gerinnen der Milch, die bittere und faulige
Milch in Betracht. Sie sind nicht selten auf Bakterien zuriickzufiihren,
die im Euter vorhanden sind und eine mehr oder weniger heftige Euter-
entziindung hervorrufen. In vielen F&llen zeigt sich bei der klinischen
Untersuchung das Euter noch anscheinend gesund. Erst durch die bak¬
teriologische Untersuchung der aseptisch gewonnenen Milch ist man
dann imstande, die Ursache des Milchfehlers und der Euterentziindung
festzustellen. Ueber einen derartigen Fall von fauliger Milch berichtet
Happrich (13). Auch eine bittere Milch wird bei einzelnen infektiosen
Euterentziindungen ausgeschieden. Das vorzeitige Gerinnen der Milch
dtirfte nicht selten auf eine chronische Streptokokkenmastitis zuriick¬
zufiihren sein.
Bei alien diesen Milchfehlern ist es daher angezeigt, die Milch der
betreffenden Kiihe bakteriologisch zu untersuchen, bevor andere Ursachen
wie Bakterien als Grund des Milchfehlers beschuldigt werden.
Auch bei anderen Milchfehlern, der roten und blauen Milch, ist es
fQr die Behandlung wichtig, zu wissen, ob die Erreger im Euter sich
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Seibold, Keimgehalt unter aaeptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 303
finden oder nur im Stallraum. DaB die betreffenden Bakterien im Euter
vorkommen konnen, hat Eichert (7) fiir den Bacillus der roten Milch
bewiesen. Ob bei der blauen Milch diese schon im Euter durch Pilze,
die von auBen eingedrungen sind, infiziert werden kann, ist noch nicht
mit Sicherheit erwiesen.
Aufier fiir die rein kurative Tatigkeit hat die Bakteriologie der Milch
fiir die Hygiene eine groBe Bedeutung. Namentlich fiir die kiinstliche
Sauglingsernahrung ist es ein dringendes Erfordernis, daB die Milch
keine gesundheitsschadliche Beschaffenheit besitzt. Diese gesundheits¬
schadliche Beschaffenheit wird einerseits dadurch bedingt, daB pathogene
Mikroorganismen durch das Euter zur Ausscheidung gelangen, anderer-
seits dadurch, daB w&hrend des Melkens eine Beimischung der Krank-
heitskeime von auBen stattfindet. Eine Ausscheidung der Krankheits-
erreger durch das Euter findet dann statt, wenn das Euter selbst erkrankt
ist oder wenn es sich urn Bakterien handelt, die in den Geweben Blut-
austritte verursachen, durch welche die Krankheitserreger mechanisch
in die freien Milchkan&le gebracht und der Milch beigemischt werden.
Eine derartige Milch von erkrankten Kiihen ist besonders fiir Kinder,
bei denen die Kuhmilch als Ersatz der Muttermilch verabreicht wird,
gefahrlich, zumal da in vielen Fallen eine gesundheitsschadliche Milch
sinnfallige Abweichungen von der Norm nicht aufweist. Auch laBt die
klinische Untersuchung des Euters oft insofern im Stich, als es erst im
vorgeschrittenen Stadium der Mastitis mdglich ist, die Erkrankung mit
ihrer Hilfe zu erkennen. Von solchen Euterentziindungen, deren Er-
reger die Gesundheit der Kinder schadigen konnen, sind hauptsachlich
die Eutertuberkulose und die Streptokokkenmastitis zu nennen. Gerade
diese beiden Krankheiten aber lassen sich in ihrem Anfangsstadium
klinisch nur sehr schwer erkennen; auch die sezernierte Milch zeigt im
Beginn keine sichtbare Veranderung in ihrer Beschaffenheit und ihrem
Aussehen trotz starker Beimischung von Tuberkelbacillen oder Strepto-
kokken. Es ist Sache der Milchhygiene, derartig erkrankte Kiihe mog-
lichst friihzeitig zu ermitteln und dann von der Kindermilchproduktion
auszuschlieBen. Um diesem Ziele nahe zu kommen, ist es unbedingt
notig, die Milch samtlicher Kiihe, die zur Kur- und Kindermilchproduktion
gehalten werden, in bestimmten Zeitraumen bakteriologisch zu unter-
suchen. Hierzu ist es erforderlich, die Milch aus dem Euter unter
aseptischen Kautelen zu entnehmen und jegliche Verunreinigung der
Milch mit Bakterien aus der AuBenwelt zu verhindern.
AuBer in milchhygienischer Beziehung spielen die Euterentziindungen
auch bei der Fleischbeschau eine grofie Rolle. Es ist ein nicht gar
seltenes Vorkommnis, daB Kiihe wegen Euterentziindungen notgeschlachtet
werden miissen. Hier ist es von auBerordentlicher Wichtigkeit, den Er-
reger der betreffenden Euterentziindung zu kennen, um das Fleisch hin-
sichtlich seiner GenuBtauglichkeit richtig zu beurteilen, da ja die Coli-
bacillose schon Krankheitsfalle von Fleischvergiftung verursacht haben
soil. Johne (16) berichtet liber eine Fleischvergiftung, die durch das
Fleisch einer wegen Euterentziindung notgeschlachteten Kuh verursacht
wurde, wobei der Bacillus enteritidis eine Rolle spielte.
Aus dem bisher Gesagten geht die Wichtigkeit der bakteriologischen
Milchuntersuchung zur Geniige hervor und die Veranlassungen zur Vor-
nahme solcher Untersuchungen werden um so haufiger gegeben sein, je
mehr die Forderungen einer modernen Milchhygiene befolgt werden.
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304
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Gleichzeitig habe ich aber auch darauf hingewiesen, daB bei der Milch-
gewinnung eine Vermeidung jeglicher bakteriellen Verunreinigung der
Milchproben von auBen dringend notwendig ist; sonst konnte die bak-
teriologische Untersuchung der Milch zu verhangnisvollen Fehlschliissen
fiihren.
Auf Veranlassung von Herrn Professor Dr. Reinhardt habe ich
deshalb Versuche dariiber angestellt, ob es gelingt, aus einem gesuuden
Euter sterile Milch zu erhalten und welche der bisher empfohlenen
Methoden der Milchentnahme am meisten Aussicht bietet, eine keim-
freie Milch zu gewinnen.
Llteratur.
Die bisherigen Untersuchungen, die den Zweck hatten, von gesunden
Tieren keimfreie Milch zu gewinnen, sind in der Hauptsache mit Riick-
sicht auf die Milchhygiene ausgefflhrt worden. Die Entnahme der Milch
erfolgte teils mit MelkrQhrchen, teils ohne solche. Vor der Entnahme
wurden die Kiihe teils in besondere staubfreie RSume, teils auBerhalb
der Stallungen ins Freie gebracht Das Euter wurde sorgfaltig mit Wasser
und Seife gewaschen, mit Alkohol desinfiziert [Kitt (18) Kolle (20)J
und die Milch in sterile Glaser aufgefangen, nachdem die ersten 3—4
Strahlen beiseite gemolken worden waren. Als weitere Desinfektions-
mittel sind bei den Versuchen schwache Sublimatlosungen [FauB (9),
K1 immer (19)J verwendet worden. Boekhoutund 011 d e V r i e s (4)
haben auBer der Sublimatlbsung zur Desinfektion noch Borwasser
und Formalinlbsung angewendet. Das Euter ist entweder mit steriler
Watte [Ostertag (26)] Oder mit Salizyl watte [Eichert (7)] oder mit
sterilen Tuchern getrocknet worden. v. Freudenreich (11) benutzte
zur Desinfektion des Euters Servatolseife (2 Proz. Quecksilberoxycyanid);
nach dem Abseifen lieB er die Seife nach kurzer Einwirkung mit
sterilem Wasser entfernen und das Euter mit sterilen Tflchern ab-
trocknen.
K1 i m m e r sowie Boekhout und Ott deVries lieBen das Euter
bei ihren Versuchen vor dem Melken noch mit Aether abreiben.
Backhaus (1) hat zur Gewinnung keimfreier Milch folgendes Ver-
fahren fiir die Praxis eingefflhrt. Nachdem das Euter durch Abreiben
von groberem Schmutz befreit worden ist und die ersten Ziige Milch
weggemolken worden sind, lafit er das Euter in einem wasserdichten
Beutel mit etwa 2 Liter Fliissigkeit einhiillen. Als Desinfektionsmittel
empfiehlt Backhaus Kupfersulfat, Bors&ure, Lysoform und Formalin-
prSparate. Nachdem die Losung einige Minuten eingewirkt hat, wird
das Desinfiziens durch einen am Grunde des Beutels befindlichen
Hahn abgelassen und der Beutel hierauf mit abgekochtem Wasser
von Korperwarme gefiillt, um die Desinfektionsflussigkeit zu ent¬
fernen.
Hempel (14) lieB den Tieren nach Reinigung des Euters sauber
gewaschene und sterilisierte Leintlicher nach Art einer Schiirze umbinden,
so daB nur das Euter frei blieb.
W&hrend nun von den einen nach erfolgter Desinfektion die Milch
mit der Hand in sterile Glaser gemolken wurde (Kolle, Klimmer,
FauB), benutzten andere (Boekhout und Ott de Vries) sterile
Melkrbhrchen.
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 305
Bei alien diesen Versuchen reinigte der Melker vorher seine Hande
mit Seife und Wasser und dem Desinfektionsmittel, das zur Desinfektion
des Euters verwendet wurde.
Was nun die Keirazahl dieser aseptisch gewonnenen Milch betrifft, so
werden hierfiir folgende Zahlen angegeben:
E. v. Freudenreich (11) stellte in der auf die oben angegebene
Weise gewonnenen Milch stets 200—300 Keime pro Kubikzentimeter fest.
Szasz (32) fand unter 13 steril entnoramenen Milchproben blofi 2
als ganz keimfrei; die iibrigen waren durchschnittlich pro Kubikzenti¬
meter mit 2667 Keimen infiziert.
Die nach Hem pel (14) gewonnene Milch entbielt nach Unter-
suchungen von Hesse 1600 Keime pro Kubikzentimeter.
Die Milch, die nach der Art von Backhaus (1) gewonnen wurde,
hatte in 3 Versuchen 350, 550 und 630 Keime pro Kubikzentimeter.
Auch Boekhout und Ott de Vries (4) gelang es bei ihren Ver¬
suchen trotz der peinlichsten Desinfektion nicht, sterile Milch aus dem
Euter zu erhalten.
Nach E. Marschall (24) soil die Keimzahl der aseptisch gewonne¬
nen Milch 295 im Mittel betragen.
Lux (23) fand bei einzelnen Kiihen im Anfang des Gemelkes im
Minimum 97 Keime, im Maximum 6789 pro Kubikzentimeter, am Ende
des Gemelkes im Minimum 0, im Maximum 5556 Keime.
Kolle (20) erhielt wBhrend einer 3 Monate dauernden Versuchsreihe
mit Kiihen der Bolleschen Meierei in Berlin, die auBerhalb des Stalles
in besonders staubfreiem Raum unter Beobachtung moglichster Asepsis
gemolken wurden,
im Minimum am 29. Marz 80 Keime pro Kubikzentimeter
im Maximum am 18. Mai 15000 „ „ „
nahezu 33 Proz. seiner Versuche ergaben unter 300 Keime pro Kubik¬
zentimeter, nahezu 50 Proz. seiner Versuche ergaben unter 500 Keime
pro Kubikzentimeter und nur 4,7 Proz. seiner Versuche ergaben iiber
700—800 Keime pro Kubikzentimeter. Die Milchproben wurden spatestens
V 2 bis 1 Stunde nach dem Melken verarbeitet Als Nahrboden kam
schwach alkalischer Agar zur Verwendung.
Willem und Minne (35) hatten bei ihren Versuchen ein weit
gunstigeres Resultat als Boekhout und OttdeVries, v. Freuden¬
reich, Lux, Backhaus, indem sie Milch mit Keimmengen von nur
1—5 pro Kubikzentimeter erzielten.
Klimmer (19), der seine Versuche an einer Eselin vornahm, kam
zu folgendem SchluB: Die unter aseptischen Kautelen gemolkene Eselin-
milch kann in gleicher Weise wie Ziegen- und Kuhmilch steril sein.
BloBes trockenes Abreiben des Euters geniigt jedoch zum Melken keim-
freier Milch nicht; das Euter und dessen Umgebung muBten zu diesem
Zweck entsprechend abgewaschen und desinfiziert werden.
Bergey (2) fand von 272 vom Euter nach dessen griindlicher Reini-
gung direkt in sterile Rohrchen gemolkenen Milchproben 87 = 32 Proz.
steril, in 118 Proben waren weniger als 500 Keime, in 28 Proben mehr
als 5000 Keime pro Kubikzentimeter.
Willem und M i e 1 e (36) wiederholten die Versuche von Willem
und Minne unter Beobachtung einer sehr sorgfaltigen Asepsis. Das
Melken vollzog sich in einem vom Kuhstall abgesonderten Raum, der,
so gut es sich durchfiihren lieB, aseptisch erhalten wurde. Die Platten-
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 4. 20
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306 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 4.
aussaat erfolgte Vs Stunde nach dem Melken; in jede Petri-Schale
wurde 1 ccm Milch gebracht. Zu den Versuchen diente gewShnliche
Gelatine.
Bei der ersten Versuchsreihe wurde der erste Strahl jedes Gemelkes
von jeder einzelnen Zitze gesondert in sterilen Reagenzgl&sern aufgefangen.
Die Anzahl der pro Kubikzentimeter Milch enthaltenen Kolonieen
schwankte in weiten Grenzen; im Minimum wurden 4, im Maximum 218
Keime gefunden.
Bei der zweiten Versuchsreihe, wo die ersten 2 Strahlen vorweg
entnommen und dann die zu untersuchende Milchprobe aufgefangen wurde,
schwankte die erhaltene Keimmenge zwischen 0 und 37 pro Kubik¬
zentimeter.
Die von Kuntze (21) auf aseptische Weise gewonneue Milch ent-
hielt im Minimum nur 36 Keime pro Kubikzentimeter. Das Melken
wurde in einem besonderen, vom Stall getrennten Raum ausgeftihrt.
Faufi (9) filhrte seine Versuche an 10 Ziegen aus und fand, daB
die von einer gesunden Ziege stammende und unter sterilen Kautelen ge-
wonnene Milch keimfrei war. Die Milchentnahme erfolgte ebenfalls in
einem besonderen Raume.
Nach Kitt (18) wird fast nie eine Kolonieentwickelung beobachtet,
wenn man die beziiglichen Kautelen (Reinigung der Zitzen mit Seife
und Alkohol) bei der Milchentnahme beachtet und von den so gewonnenen
Milchproben einige Tropfen auf Gelatine oder Agarplatten ausstreicht.
Nach Ernst (8) soli mittels sogenannter Melkrohrchen aus Metall
nach Reinigung der Zitze sterile Milch entnommen werden konnen.
Bongert (5) ist der Ansicht, daB trotz aller VorsichtsmaBregeln
bei Entnahme der Milch mehr oder weniger zahlreiche Keime in die
Milch gelangen. Die Aussicht, eine vollkommen sterile Milch zu gewin-
nen, sei sehr gering.
Ueberblickt man die Ergebnisse der von den verschiedenen Forschern
angestellten aseptischen Melkversuche. so muB auffallen, daB die Keim¬
menge der selbst unter den peinlichsten VorsichtsmaBregeln gewonnenen
Milch ziemlich bedeutenden Schwankungen unterworfen ist. Die Ursache
der groBen Schwankungen diirfte — was ich nach den bei meinen Milch-
entnahmen gemachten Erfahrungen annehmen muB — im wesentlichen
in der Nichtbeachtung des Umstandes zu suchen sein, daB sich unter den
Kiihen, von denen die Milch gewonnen wurde, Tiere befanden, die an
Streptokokkenmastitis litten. Andererseits diirften die noch verh<nism&fiig
hohen Zahlen darauf zuriickzuftihren sein, daB bei den vorgenommenen
Untersuchungen vielfach grSBere Mengen Milch gewonnen wurden. Hier-
durch nahm die Milchgewinnung eine verhaltnismaBig lange Zeit in An-
spruch und es war die Moglichkeit gegeben, daB Keime aus der AuBen-
welt in groBerer Anzahl in die Milch hineinfielen.
Fiir den Zweck einer bakteriologischen Milchuntersuchung genugt
es aber, einige Kubikzentimeter Milch steril zu entnehmen.
Die Keimzahlen von Willem und Minne, Willem und Miele
sowie von FauB haben fiir mich nur beschrBnkten Wert. Ihnen gelang
es zwar, sterile Milch zu gewinnen, sie nahmen aber ihre Versuche in
einem besonderen Raum vor, der vorher grflndlich gereinigt worden war.
Ein derartiger Raum steht einem in der Praxis aber nur in den wenig-
sten Fallen zur Verfiigung; man ist gezwungen, entweder im Stall selbst
oder in der Scheune oder im Freien die Milch zu entnehmen.
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Seibold, Keimgehalt unter aseptiechen Kautelen gewonnener Milch etc. 307
Es sind demnach in der Literatur zwar Untersuchungen fiber die
Keimzahl aseptisch gewonnener Milch verzeichnet, aber es fehlen noch
solche, die zeigen, welche von den bisher zur aseptischen Milchentnahme
angegebenen Methoden sich fiir die Praxis am meisten eignet und wie
groB die Keimzahl solcher Milch ist, die unter Verhfiltnissen, wie sie in
der Praxis gegeben sind, von gesunden Kiihen gewonnen worden ist.
Untersuchungstechnik.
Meine Versuche wurden folgendermaBen ausgefiihrt. Die Milchproben
wurden teils von Kiihen Stuttgarter Milchkuranstalten, teils von Kiihen,
die im Gebfirstall der hiesigen tierarztlichen Hochschule eingestellt waren,
gewonnen, und zwar erfolgte die Milchentnahme im Stall. Die Milch¬
proben wurden in der Regel zwischen 2 und 3 Uhr nachmittags ent-
nommen, weil zu dieser Zeit die Stalluft die wenigsten Staubpartikelchen
enthielt. Es ist nfimlich in den hiesigen Milchkuranstalten Brauch, tfig-
lich nur 2mal zu fiittern und zu melken und zwar morgens und abends,
so daB die angegebene Zeit fiir die Entnahme am giinstigsten war. Bei
der Entnahme wurde darauf geachtet, daB das Stallpersonal wfihrend
meiner Anwesenheit im Stall keine Handlungen vornahm, durch die Staub
aufgewirbelt werden konnte. Abgesehen von wenigen Ausnahmen ent-
sprachen die Stallungen den Anforderungen, die au die Stallungen einer
Milchkuranstalt gestellt werden miissen, in keiner Weise; sie waren feucht,
nicht besonders hell und wenig sauber. Auch die Haltung der Kiihe
inbezug auf Reinlichkeit usw. lieB oft viel zu wtinschen tibrig und hat
sich manchmal in nichts von den primitivsten kleinbfiuerlichen Vieh-
haltungen unterschieden. Die Milch wurde also unter solchen Verhalt¬
nissen gewonnen, mit denen man auf der Praxis zu rechnen hat. So
kam es auch. daB ich bei einer verhaitnismaBig groBen Zahl von Kiihen,
von denen die Milchproben entnommen wurden, nachtraglich durch die
bakteriologische Untersuchung das Vorhandensein einer chronischen Strep-
tokokkenmastitis feststellen konnte. Es waren deren 10 Faile unter den
von mir untersuchten Milchproben, obwohl zuvor die Kiihe, die mit einer
klinisch feststellbaren Euterentziindung behaftet waren, an und fiir sich
schon ausgeschieden waren.
Vor der Milchentnahme wurde namlich das Euter der Kiihe mittels
Inspektion und Palpation untersucht. Alle die Kiihe, die irgend eine,
wenn auch kleine, verhartete Partie im Euter aufwiesen oder geschwollene
Euterlymphdriisen hatten, wurden wegen Verdachts auf Euterentzundung
zu den Untersuchungen nicht verwendet. Diese klinische Untersuchung
konnte jedoch nicht als vollig einwandfrei gelten, da das Euter der Kiihe
nie ganz leer war. Es ist aber Erfahrungstatsache, daB im Anfangs-
stadium der chronischen Euterstreptomykose die Veranderungen erst
am vollstandig ausgemolkenen erschlafften Euter entdeckt werden konnen.
Es wurden daher auch weiterhin alle Milchproben ausgeschaltet, wo das
Zentrifugat bei der mikroskopischen Untersuchung einen reichlichen
Leukocytengehalt zeigte und auf den Agarplatten, die von diesen Milch¬
proben gegossen worden waren, lauter gleichartige, aus Streptokokken
bestehende Kolonieen in groBer Anzahl aufgegangen waren und die
Streptokokken die charakteristischen Merkmale pathogener Arten wahr-
nehmen lieBen. Ein derartiger Fall ist unter Fall 21 der Versuche
aufgefiihrt.
20 *
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308
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Das Verdienst, auf den Zusammenhang zwischen vermehrtem Leu-
kocytengehalt und Streptokokkenmastitis hingewiesen zu haben, gebiihrt
Bergey (2). Bestatigt wurde die Ansicht Bergeys von Tromms-
dorff (289) und anderen..
Zum Zentrifugieren wurden die Milchproben verwendet, die ohne
vorherige Reinigung des Euters entnommen waren. Es geschah dies
deshalb, weil ich zugleich durch meine Untersuchungen feststellen wollte,
ob sich in dem Zentrifugat dieser Milchproben Bakterien im allgemeinen
Oder speziell auch saurefeste Bakterien im Ausstrickpraparat nachweisen
lassen. Die Pr¶te wurden mit Karbolfuchsin und nach Ziehl-
Gabbet geffirbt. Das Zentrifugieren erfolgte in einer Wasserzentrifuge
mit 1500 Umdrehungen pro Minute. Es wurden jeweils 3—5 ccm Milch
wahrend 10 Minuten zentrifugiert.
Art der Probeentnahme.
Die Milchproben wurden auf folgende Arten entnommen.
1. Entnahme der Milch ohne weitere Vorsichtsmafiregeln.
Die ersten 3—4 Strahlen wurden in die Streu gemolken, da nach
den Untersuchungen von Schulz (29), Lux (23), D’heil(6) die ersten
Milchstrahlen infolge Bakterieneinwanderung von aufien fast immer Bak¬
terien enthalten sollen. Hierauf wurde ohne weitere Vorsichtsmafiregeln,
insbesondere ohne Waschung mit Seife Oder einem Desinfiziens die Milch
in einem sterilen Reagenzglas aufgefangen.
2. Entnahme der Milch nach Abseifen des Euters.
Sodann wurde das betreffende Euterviertel und dessen Umgebung
mit Wasser und Seife sauber abgewaschen und mit einem reinen Hand-
tuch abgetrocknet. In derselben Weise wurden die Hande des Melkers
gereinigt. Nach dieser Vorbereitung wurde wieder Milch in 2 sterile
Glaser gemolken.
3. Entnahme der Milch nach Abseifen und Desinfektion
des Euters mit 60-proz. Alkoliol.
Die dritte Art der Entnahme erfolgte nach Desinfektion des ab-
gewaschenen Euters mit 60-proz. Alkohol. Der Alkohol wurde mit reiner
Watte entfernt. Die Hande des Melkers wurden ebenfalls mit 60-proz.
Alkohol desinfiziert.
4. Entnahme der Milchproben mittels Melkrohrchens.
Zuletzt wurde die Milch nach nochmaliger Reinigung des Euters
mit Alkohol mittels eines ausgekochten MelkrShrchens aufgefangen in
sterile Glaser.
Bei alien diesen Reinigungs- und Desinfektionsverfahren wurde der
Zitzenmflndung ganz besondere Sorgfalt geschenkt.
Die Pfropfen wurden von den Reagensrohrchen erst entfernt, nach-
dem der Melker zum Melken bereit war. Die Reagensrohrchen selbst
wurden moglichst horizontal gehalten, um das Hereinfallen von Keimen
aus der Luft nach Moglichkeit zu verhiiten.
Die Milchproben wurden von mir selbst entnommen.
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 309
Der Schwanz des Tieres wurde wahrend der Milchentnahme durcb
eine besondere Person gehalten. In jedes Rohrchen wurde ca. 5 ccm
Milch geraolken.
Verarbeitung der Milchproben.
Die Verarbeitung der Milchproben erfolgte in den meisten Fallen
V 2 Stunde nach der Entnahme, in einigen Fallen auch sofort nach
dieser.
Drei Stunden nach der Entnahme wurde eine zweite Untersuchung
der Milch in derselben Weise wie vorher ausgefiihrt. Dies geschah, urn
sich den Verhaltnissen auf der Praxis moglichst anzupassen. Denn der
auf der Praxis tatige Tierarzt ist nicht immer in der Lage, derartige
Milchproben sofort nach der Entnahme untersuchen zu kbnnen, vielmehr
vergeht meist eine kiirzere oder langere Zeit, bis die Untersuchung vor-
genommen werden kann.
Im Institute wurden die Milchproben kraftig durcheinander ge-
schtittelt, um eine moglichst gleichmfiBige V^rteilung der Bakterien zu
erzielen. Von jeder Milchprobe wurden nun zwei Rohrchen, die ver-
flussigten schwach alkalischen Agar enthielten, mit 1 ccm Milch beschickt
und der Inhalt eines Rohrchens je in eine Petri-Schale ausgegossen.
Die Milchproben, die ohne besondere VorsichtsmaBregeln gewonnen
worden waren, wurden vorher mit sterilem Wasser im Verhaitnis 1:10
verdiinnt und die Platten aus dieser Verdiinnung gegossen.
Die Milchproben, die erst 3 Stunden nach der Entnahme unter-
sucht wurden, blieben wahrend dieser Zeit bei Zimmertemperatur stehen.
Vor der Verwendung wurden sie ebenfalls gut durchgeschiittelt.
Die Platten wurden 2 Tage lang im Brutschrank bei 37° C auf-
bewahrt. Die erste Zahlung der aufgegangenen Kolonieen erfolgte nach
24-stiindigem Stehen im Brutschrank, die zweite nach 48-stlindigem
Stehen. Die Kolonieen wurden mit dem Wolffhu gelschen Zahl-
apparat gezahlt.
Zur Feststellung der Art der Keime wurden von den verschiedensten
aufgegangenen Kolonieen Ausstriche angefertigt und mit den gewohn-
lichen Anilinfarbstoffen gefarbt. Wurden Kokkenkolonieen gefunden, so
wurde von diesen in eine Bouillon flbertragen, um nachzuweisen, ob es
sich um Staphylo- oder Streptokokken handelte.
Das Ergebnis meiner Untersuchungen ist im folgenden tabellarisch
zusammengestellt.
Eigene Untersuchungen.
Die in den folgenden Tabellen aufgefiihrten Ziffern 1 / ]0 , II, III, IV sollen be-
deuten:
7.0 = Entnahme aus der Milchprobe, die nach der auf p. 312 Ziffer 1 beschriebenen
Methode gewonnen wurde.
II = Entnahme aus der Milchprobe, die nach der auf p. 312 Ziffer 2 beschriebenen
Methode gewonnen wurde.
III = Entnahme aus der Milchprobe, die nach der auf p. 312 Ziffer 3 beschrie¬
benen Methode gewonnen wurde.
IV. = Entnahme aus der Milchprobe, die nach der auf p. 312 Ziffer 4 beschrie¬
benen Methode gewonnen wurde.
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310
Ceutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
I. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */, Stunde nach der Entnahme.
7,o
II
III
IV
Zahlung
Platte 1
„ II
0 Keime
0 ii
2 Keime
0 Keime
0 Keime
1 Keim
0 Keime
0 „
j nach 24 Stunden
„ I
,, II
1 Keim
0 Keime
16 Keime
13 „
3 Keime
9 „
1 Keim
3 Keime
J nach 48 Stunden
Die Anzahl der Keime belief sich somit im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf weniger als 10.
2) >t ii ii ii ii H 308 ,, 2 „ » ,, 14.
3) n ii it ii ii ii 308 „ 3 „ „ „ 6.
4) ii ii ii ii ii ii 308 ,| 4 „ „ „ 2.
Untersuchung der Milchproben 3 Stun den nach der Entnahme.
7,.
,11
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
1 Keim
0 Keime
11 Keime
3 „
0 Inline
1 Keim
0 Keime
0 „
| nach 24 Stunden
„ I
„ II
5 „
4 „
51 „
21 „
12 Keime
22 „
1 Keim
10 Keime
j nach 48 Stunden
Es belief sich somit die Anzahl der Keime im Durchschnitt pro Kubikzenti¬
meter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 45.
2) „ 308 „ 2 „ „ „ 36.
3) ii n ii ii ii ii 308 n 3 „ ii ii 17.
4) ii ii ii ii ii ii 308 ii 4 ,, ,, ,, 5.
Im Ausstrich aus dem Zentrifugenbodensatz waren Bakterien nicht nachweisbar,
desgleichen keine Leukocyten.
Die auf den Agarplatten aufgegangenen Kolonieen sind in der Hauptsache Staphylo-
kokkenkolonieen; daneben finden sich einige Kolonieen, die aus kurzen Stabchen
bestehen.
Versuch II.
Untersuchung der Milchproben */t Stunde nach der Entnahme.
7„
n
III
IV
Zahlung
Platte I
,, II
32 Keime
36 „
34 Keime
10 „
0 Keime
0 „
0 Keime
0 „
| nach 24 Stunden
„ 1
,, II
41 „
64 „
96 „
23 „
4 „
0 „
2 „
0 „
| nach 48 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 30S Ziffer 1 angegebenen Methode auf 5 25.
3) ii ii ii ii it ii 308 „ 2 ,, ,, „ 60.
3) ii ii ii n ii it 308 „ 3 ,, ,i ii 2.
’) ii ii ii ii n ii 308 ii 4 i, n I, 0 1.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
7,o |
II
Ill
IV
Zahlung
Platte I
II
121 Keime
120 „
16 Keime
14 „
0 Keime
0 „
1 Keim
0 Keime
| nach 24 Stunden
,, I
„ II
215 „
178 „
47 „
39
1 Keim
0 Keime
1 Keim
0 Keime
| nach 48 Stunden
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 311
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 1965.
2) it i) » »> i) it 308 „ 2 ,, „ „ 43.
®) » » i» ii ii ii 308 „ 3 „ „ ii 2.
4) ii ii ii ii ii ii 308 „ 4 „ „ „ 0 1.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz waren Bakterien nicht nach-
weisbar. Leukocyten sind vereinzelt sichtbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten sind teils Staphylokokkenkolonieen, teilw Stab-
chenkolonieen.
III. Versuch.
Untersuchungen der Milchproben ‘/« St unde nach der Entnahme.
v»
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
69 Keime
98 „
16 Keime
12 „
13 Keime
12 „
0 Keime
0 „
| nach 24 Stunden
„ I
„ II
120 „
149 „
430 „
381 „
52 „
35 „
0 „
0 „
j nach 48 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen
2) n it ii ii ii ii 308 „ 2 „
3) ii ii ii ii ii ii 308 „ 3 n
4) ii ii ii ii ii ii 308 , f 4 ii
sro Kubikzentimeter:
Methode auf 1345.
n ii 405.
,, 44.
„ „ 0.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
V, o II HI IV Zahlung
l /,» |
II
III
IV
I
21 Keime
1 Keim
0 Keime
0 Keime
II
27 „
2 Keime
0 „
0 „
I
111
62 „
14 „
0 „
II
105 „
47 „
17 „
0 „
| nach 24 Stunden
j nach 48 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 1080.
2) ii ii ii ii ii ii 308 if 2 ,, „ ,, 55.
3) ii ii ii ii ii H 308 ,i 3 ,, ,, ,, 15.
4) ii ii ii ii n H 308 ,i 4 ,, ,i ii 0.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind Bakterien nicht nach-
weisbar. Leukocyten werden vereinzelt beobachtet.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen zum grofiten Teil aus Staphylokokken;
daneben sind einige Kolonieen aus 8tabchen.
IV. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */» Stunde nach der Entnahme.
I II III I IV Zahlung
Platte I
II
4 Keime
12 „
52 Keime
66 „
4 Keime
4
0 Keime
0 „
j nach 24 Stunden
j nach 48 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 390.
2) ii ii n ii H ii 308 i, 2 i, ii ii 214.
3) n n ii ii ii ii 308 ii 3 H ii ii 31.
4) n n ii ii ii ii 308 „ 4 H ii ii 0.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
V, 0
II
III
IV
Zahlung
Platte I
,, II
4 Keime
4 „
52 Keime
51 „
5 Keime
6 „
1 Keim
0 Keime
| nach 24 Stunden
„ I
,, II
85 „
21 „
218 „
284 „
20 „
21 „
0 „
2 „
| nach 48 Stunden
Es bebef sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 530.
2) » »> ii n ii ii 308 „ 2 „ „ „ 2 51.
3) ii ii ii n it ii 308 „ 3 it ii ii 20.
4) n ii ii ii ii ii 308 ,, 4 .I tt ii 1.
In Auastrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz Bind Bakterien nicht nach-
weisbar. Leukocyten werden nicht beobachtet.
Die Kolonieen zeigen im Ausstrich teils Staphylokokken, toils kurze Stiibchen,
teils Bacillen (Stabchen mit Sporen).
V. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */j Stunde nach der Entnahme.
Mittels Melkrohrchens konnte in dem nachfolgenden Fall Milch nicht entnommen
werden, da die Kuh sich bei seinem Einfiihren sehr unruhig benahm._
7.o
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ 11
19 Keime
24 „
13 Keime
22 „
10 Keime
6 „
| nach 24 Stunden
„ I
II
104
124 „
54 „
69 „
33 „
47 „
J nach 48 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 1140.
“) ii ii ii ii n ii 308 „ 2 „ „ „ 62.
3) „ „ „ „ „ „ 308 „ 3 „ „ „ 40.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
Vjo
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
8 Keime
12 „
90 Keime
67 „
7 Keime
2 „
| nach 24 Stunden
„ I
„ II
26 „
13 „
125 „
123 „
26 „
2 „
| nach 48 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 195.
2) n ii n ii ii ii 308 „ 2 „ „ „ 124.
3) H ii ii n ,t ii 308 „ 3 ,, ii it 14.
In Auastrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind keine Bakterien nach-
weisbar. Leukocyten werden vereinzelt wahrgenommen.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen aus Staphylokokken, kurzen Coli-
ahnlichen Stabchen und Bacillen.
VI. Versuch.
Untersuchung der Milchproben sofort nach der Entnahme.
‘/to
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ H
5 Keime
0 „
0 Keime
1 Keim
1 Keim
2 Keime
0 Keime
0 „
| nach 24 Stunden
I
„ II
ooo
0 Keime
1 Keim
4 „
• 5 „
1 Keim
1
| nach 48 Stunden
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vGoc
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Centr&lbl. f. Bakt. etc. L Abt. Origiaale. Bd. 55. Heft 4.
VIII. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */> Stunde each der Entnahme.
7,.
II
III
IV
Z alllung
Platte I
„ II
0 Keime
0 „
1 Keim
b Keime
1 Keim
0 Keime
1 Keim
2 Keime
| nach 24 Stunden
„ I
1 Keim
20 „
2 „
8 „
} 48 „
„ II
0 Keime
14 „
2 „
9 „
1
2
3
4)
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Metnode auf weniger ale 10.
» ji » it ii ii 308 |, 2 ii „ n 17.
it ii n ii ii ii 308 n 3 „ ,, i, 2.
ii ii ii ii ii ii 308 ,, 4 „ „ ,, 8.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
7,o
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
1 Keim
1 „
3 Keime
2 „
0 Keime
0 „
0 Keime
0 „
J nach 24 Stunden
„ I
1 „
20 „
6 „
8 „
} ., 48 „
„ II
1 „
14 „
7 „
1 Keim
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 10.
ii ii ii ii ii n 308 n 2 n n n 17.
3) ii ii ii ii H ii 308 ,, 3 ,, i, n b.
4) ii it ii ii ii ii 308 ,, 4 ,, ,, ,, 4 5.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz werden Bakterien nicht be-
obachtet. Leukocyten sind vereinzelt nachweisbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen fast alle aus Btaphylokokken, ganz
wenige aus Kurzstabchen.
IX. Versuch.
Untersuchung der Milchproben V* Stunde nach der Entnahme.
Im vorliegenden Falle konnte ein Melkrohrchen nicht eingefiihrt werden, da die
Zitzenoffnung abnorm eng war.
7,o
11
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
„ I
„ II
8 Keime
5 „
12 „
8 „
0 Keime
2 „
6 „
6 „
0 Keime
o „
1 Keim
4 Keime
| nach 24 Stunden
} ,, 48 „
il
3)
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt
bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen
II II II *1 |l »l II " II
ii ii ii ii ii n 308 ii 3 i,
>ro Kubikzentimeter:
Uethode auf 100.
ii
ii
n
n
6 .
2-3.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
7,o
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ n
89 Keime
67 „
2 Keime
1 Keim
0 Keime
1 Keim
1 nach 24 Stunden
„ i
,, ii
101 „
84 „
6 Keime
6 „
4 Keime
3
} ,. 48 „
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 315
£s belief sich somit die Keimzahl im Durchschuitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 925.
2) ,, ji ii ii ii n 308 i, 2 ,, „ „ 6.
3) ii ii ii ii ii ii 308 ,, 3 „ „ ii 3 4.
In Ausstrichpraparaten aus deni Zentrifugenbodensatz sind Bakterieu nicht nach-
weisbar. Leukocyten sind nur vereinzelt sichtbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten beetehen aus Staphylokokken.
X. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */j Stunde nach der Entnahme.
Zahlung
Platte I
„ II
21 Keime
79 „
14 Keime
8 „
1 Keim
1 „
2 Keime
4 „
0 Keime
0 „
1 Keim
2 Keime
nach 24 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschuitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 885.
2) ii n ii ii ii n 308 ,, 2 ii ii ii 18.
3) n ii ii n H ii 308 „ 3 n ,, ii 3.
ii ii ii ii i> ii 308 i, 4 ,, ,, ,i 1 2.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
Zahlung
Platte I
„ II
Platte I
„ II
13 Keime
20 „
22 Keime
6 „
3 Keime
1 Keim
3 Keime
1 Keim
0 Keime
0 „
nach 24 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 305.
2) it n ii n ii ii 308 „ 2 „ ,, ,, 50.
3) ii ii ii ii n ii 308 ,i 3 ,, ii n 2.
i» ii ii ii ii ii 308 ii 4 „ ii ii 3.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind einige saurefeste
Bakterien nachweisDar. Sie sind dicker und plumper als Tuberkelbacillen; aufierdem
sind sie nicht so intensiv rot gefarbt wie die letzteren.
Leukocyten sind vereinzelt sichtbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen in der Hauptsache aus Staphylo¬
kokken, daneben sind einige Stabchenkolonieen vorhanden.
XI. Versuch.
Untersuchung der Milchproben so fort nach der Entnahme.
IV
Zahlung
Platte I
2 Keime
3 Keime
0 Keime
0 Keime
„ II
7 „
1 Keim
1 Keim
0 „
I
9 ,,
8 Keime
1 „
1 Keim
„ u
29 „
9 ,,
2 Keime
1 „
nach 24 Stunden
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt dto Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 190.
W
»
„ 308
„ 308
„ 308
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316 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Untersuchung der Milchproben 3 StUDden nach der Entnahme.
1/
ho
11
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
1 Keim
1 „
0 Keime
2 „
0 Keime
1 Keim
0 Keime
0 „
| nach 24 Stunden
„ I
1 ,,
5 „
0 Keime
1 Keim
} „ 48 „
„ II
1 „
3 „
2 „
0 Keime
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 10.
2) „
11 11
„ „ 308
ii 2 ,,
11
„ 4.
3) n ii
11 11
„ „ 308
11 ^ J)
11
„ 1.
4) „
»> 11
„ „ 308
?> 4 >1
t 11
„ 0-1.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind keine Bakterien und
keine Leukocyten nachweisbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen samtlich aus Staphylokokken.
i
XII. Versuch.
1
1
Untersuchung der Milchproben V*
St unde nach der Entnahme.
v I0
II
Ill
IV
—
Zahlung
Platte I
,, II
9 Keime
11 „
0 Keime
15 „
7 Keime
3 „
0 Keime
0 „
> nach 24 Stunden
1
„ I
33 „
18 „
25 „
0 „
} .. 48 „
jL
„ II
60 „
47 „
9 „
0 „
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter
1) bei EntDahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 465.
2) n it n ii ii ii 308 „ 2 ii ii ii 32.
3) n ii ii n n ii 308 „ 3 ii ii ii 17.
4) ii ii ii ii H n I 308 ii 4 ,, „ „ 0.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
v,«
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
„ I
„ II
3 Keime
8 „
26 „
39 „
33 Keime
21 „
97 „
75 „
14 Keime
25 „
23 „
85 „
0 Keime
0 „
0 „
1 Keim
> nach 24 Stunden
J
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 325.
2) n n ii ii ii it 308 „ 2 „ „ ii 86.
3) ii ii ,i ii ii ii 308 i| 3 ii I* ii 54,
4) ii ii ii ii ii ii i, 4 ,, ,, „ 0 1.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind weder Bakterien noch
Leukocyten nachweisbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen aus Staphylokokken und coliahnlichen
Stabchen.
XIII. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */ 2 St unde nach der Entnahme.
7,o
H
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
304 Keime
372 „
0 Keime
1 Keim
1 Keim
1 „
0 Keime
1 Keim
| nach 24 Stunden
„ I
549 „
20 Keime
3 Keime
3 Keime
} „ 48 „
„ II
732 „
3 „
5 „
5 „
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 317
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 6405.
2) >i ,, »i »> „ »> 308 „ 2 ,, „ ii 12.
3) ii ti it n n n 308 ,| 3 ii ii ii 4.
ii ii ii ii ii ii 308 ,, 4 „ ,, ,, 4.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
7,o | II | HI i IV | Zahlung
Platte I 138 Keime 0 Keime 5 Keime 0 Keime 1 , r,. ,
„ II 142 „ 0 „ 4 „ 0 „ / nach 24 btunden
i. I 542 „ 4 „ 18 „ 1 Keim 1 ^
„ II 435 „ 8 „ 30 „ 1 „ / ” W
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 4885.
2) ii ii ii ii ii ii 308 „ 2 „ ,, ,, 6.
3) ii ii ii H ii ii 308 „ 3 i, ii „ 2 4.
I) ii ii i* ii ii i* 308 |i 4 it ii ii 1.
In Ausstrichpraparaten aus dern Zentrifugenbodensatz sind Bakterien nicht nach-
weisbar, Leukocyten sind vereinzelt zu beobachten.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen aus Staphylokokken und aus Stabchen.
XIV. Versuch.
Untersuchung der Milchproben 7* Stunde nach der Entnahme.
7,o
II
111 I
IV
Platte I
„ II
2 Keime
2 „
0 Keime
1 Keim
0 Keime
0 „
0 Keime
1 Keim
„ I
II
7 „
10 „
1 „
2 Keime
1 Keim
1 „
1 „
2 Keime
Zahlung
| nach 24 Stunden
} „ 48
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 85.
2) ii ii ti ii ii ii 308 „ 2 I, ii n 1 —2.
3) ii ii ii ii ii ii 308 ii 3 n n ii 1.
I) ii ii ii ii ii n 308 ii 4 ,, ii ii 1 2.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
Platte I
II
46 Keime
38 „
1 Keim
1 „
2 Keime
3 „
0 Keime
0 „
1 Keim
1
Zahlung
| nach 24 Stunden
} „ 48
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 1050.
2) ii ii ii it n H 308 „ 2 „ „ H 2 — 3.
3) H ii ii ii ii ii 308 „ 3 ,, ,, i, 0.
I) ii ii ii ii ii ii 308 I, 4 i, n ii 1.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind weder Bakterien noch
Leukocyten sichtbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen aus Staphylokokken und einige aus
Stabchen.
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318
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
XV. Versuch.
Untersuchung der Milchproben *j A Stunden nach der Entnahme.
7,o
II
III
IV |
Ziiklung
Platte I
„ II
199 Keime
171 „
33 Keime
54 „
2 Keime
13 „
0 Keime
5 „
J nach 24 Stunden
,, I
266 „
41 „
4 „
10 „
| 1, 48 „
„ II
184
192 „
16 „
12 „
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt dto Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 2250.
2) » it „ n » ii 308 ,, 2 „ ii it 116.
3) ii n n n n n 308 ,, 3 ,, ,, i, 10.
4) ii ii ii ii ii ii 308 n 4 ,i i, ii 11.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
7,o
II
III
IV
Zahlung
Platte I
,, II
350 Keime
532 „
133 Keime
179 „
32 Keime
14 „
1 Keim
6 Keime
| nach 24 Stunden
„ I
744 „
CO
70 „
6 „
} ., 48
„ II
652 „
341 „
61 „
11 „
2 )
3
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
bei Entnahme nach der auf p.
308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 6980.
308 „ 2 „ „ „ 438.
308 „ 3 „ „ „ 65.
308 „ 4 „ „ „ 8.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind Bakterien nicht nach-
weisbar. Leukocyten sind vereinzelt sichtbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen aus Staphylokokken, Bacillen und
coliahnlichen Stabchen.
XVI. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */» Stunde nach der Entnahme.
V.o
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
244 Keime
145 „
1 Keim
3 Keime
1 Keim
2 Keime
0 Keime
1 Keim
| nach 24 Stunden
„ I
281 „
1 Keim
1 Keim
1 „
} „ 48 „
„ II
189 „
3 Keime
2 Keime
2 Keime
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 2350.
2) ii ii ii n ii n 308 ,, 2 ,, ,, ,, 2.
3) n ii ii ii i< H 308 „ 3 ,, „ ,, 1 2.
4) n n ii ii ii ii 308 i, 4 ,, ,, ,, 1 2.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
1/
'10
II
III
IV
Zahlung
Platte I
II
144 Keime
56 „
1 Keim
0 Keime
1 Keim
2 Keime
0 Keime
1 Keim
j nach 24 Stunden
,, I
284 „
2 „
3
1 „
} „ 48
„ II
GO „
2 „
4 „
7 Keime
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kauteleu gewonnener Milch etc. 319
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 1720.
2) i, u » ii n ii 308 i, 2 „ ii ii 2.
3) ii ii H ii ii ii 308 ,, 2 „ ii ,i 3 4.
ii ii ii ii ii ii 308 ii 4 n ii ii 4.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind keine Bakterien nach-
weisbar. Leukocyten sind vereinzelt sichtbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen hauptsachlich aus Staphylokokken^
einige aus Bacillen.
XVII. Versuch.
Untersuchung der Milchproben V 2 Stunde nach der Entnahme.
V.o
II
Ill
IV
Zahlung
Platte I
„ II
85 Keime
112 „
5 Keime
0 „
2 Keime
6 „
5 Keime
7 „
1 *
j nach 24 Stunden
„ I
211 „
9 „
2 „
8 „
00
„ 11
277 „
7
9 „
9 „
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 2440.
2) ii ii n ii ii ii 308 i, 2 „ „ „ 8.
3) n n ii ii ii ii 308 ,| 3 ii ii i. 5.
4) ii •» ii ii ii ii 308 ii 4 „ ii ii 8.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
7,o
II
111
IV
I
363 Keime
1 Keim
1 Keim
0 Keime
II
468 „
2 Keime
1 „
1 Keim
I
495 n
4 „
1 „
1 „
II
633 „
8 „
16 Keime
8 Keime
Zahlung
| nach 24 Stunden
} „ 48 „
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 5640.
2) ii ii n ii ii ii 308 ,, 2 ,, „ „ 6.
3) ii ii ii ii ii ii 308 ii 3 „ ,i „ 8.
4) n ii n ii n ii 308 4 ,i ii ii 4.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind Bakterien nicht nach-
weisbar. Leukocyten sind vereinzelt sichtbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen aus Staphylokokken und coliahnlichen
Stabchen.
XVIII. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */ 4 Stunde nach der Entnahme.
Zahlung
Platte I
„ II
0 Keime
2 „
0 Keime
1 Keim
2 Keime
3 „
0 Keime
1 Keim
0 Keime
0 „
0 „
1 Keim
| nach 24 Stunden
} „ 48 „
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 30.
2) ii n ii ii n H 308 ,, 2 it ii ii 2 — 3.
3) ii ii ii n ii ii 308 ,| 3 ii ii it L
4) ii ii ii ii ii ii 308 n 4 ,i i, ii 0 1.
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320 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
v,„
11
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
2 Keime
1 Keim
0 Keime
0 „
I
0 Keime
0 „
0 Keime
0 „
| nach 24 Stunden
„ I
2 Keime
1 Keim
0 „
1 Keim
0 „
} ,, 48 „
„ II
1 Keim
2 Keime
1 Keim
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 15.
2) » i) ii i) i) it 308 „ 2 „ ,, ■> 1 2.
3) i) ,i it » ii ii 308 „ 3 „ ,i i, 0 1.
4) ii ii ii ii it ii 308 ,i 4 „ „ n 0 1
In Ausstrichpruparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind Bakterien nicht nach-
weisbar; dagegen sind im Gesichtsfeld 10 —12 Leukocyten (mono- und poly-
nukleiire) sichtoar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen aus Staphylokokken.
XIX. Versuch.
Untersuchung der Milchproben l / f St unde nach der Entnahme.
V10
II
III IV
Zahlung
1
Platte I
,, II
„ I
„ II
Es belie
1) bei Entnal
9 Keime
9 „
17 „
22 i,
1 sich somit <
ime nach der
1 Keim
3 Keime
2 „
4 „
lie K e i m z a 1
auf p. 308 Z
0 Keime
0 „
5 Keime
9 „
til im Durchs
iffer 1 angege
0 Keime
0 „
1 Keim
2 Keime
ichnitt pro Ki
ibenen Methoi
j nach 24 Stunden
} „ 48 „
lbikzentimeter:
ie auf 195.
2
3J
4)
308
308
308
3
5
3.
7.
1 — 2 .
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
7 i.
II
III
IV
Zahlung
Platte I
„ II
2 Keime
4 „
0 Keime
1 Keim
0 Keime
1 Keim
0 Keime
0 „
| nach 24 Stunden
„ I
91 „
0 Keime
1 „
o „
} „ 48 „
„ II
55 „
5 „
2 Keime
0 „
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnit pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 730.
2) ii ii ii ii n n 308 „ 2 ,, ,, ii 2 3.
3) „ „ „ „ „ „ 308 „ 3 „ „ „ 1-2.
4) n ii ii ii ii ii 308 n 4 i, ii ii 0*
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind Bakterien nicht nach-
weisbar, dagegen konnen Leukocyten in derZahl von 8 —10 im Gesichtsfeld
geziihlt weraen.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen fast samtlich aus Staphylokokken,
einige aus Stabchen.
XX. Versuch.
Untersuchung der Milchproben sofort nach der Entnahme.
7,o
II
III
IV
Zahlung
Platte I
5 Keime
1 Keim
1 Keim
1 Keim
| nach 24 StundeD
„ II
6 „
2 Keime
0 Keime
0 Keime
„ I
8 „
2 „
8 „
1 Keim
} „ 48 „
,, II
20 „
8 „
5 „
1 „
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 321
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 140.
2) » tt >» tt i> tt 308 it ^ ft ti ft 5.
»> n » ti t> » 308 )t 3 „ „ ,, 6.
4) ii ii ii ii ii ii 308 „ 4 „ „ 1.
Untersuchung der Milchproben 3 Stun den nach der Entnahme.
Zahlung
Platte I
„ II
10 Keime
6 „
3 Keime
1 Keim
10 Keime
4 „
5 Keime
3 „
3 Keime
0 „
5 „
1 Keim
| nach 24 Stunden
} „ 48 „
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf 255.
ii ii ii ii ii ii 308 f i 2 tt it i, 7.
3) it ii ii ii ii ii 308 » 3 || ii ii 4.
4) ii H ii ii ii ii 308 „ 4 „ „ i, 3.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz sind Bakterien und Leuko-
cyten nicht nachweisbar.
Die Kolonieen auf den Agarplatten bestehen aus Staphylokokken.
Ich lasse jetzt noch als Beispiel einen Fall von chronischer
Streptokokkenmastitis folgen, wo weder durch Inspektion noch
durch Palpation des Euters und der Euterlymphdrflsen abnorme Ver-
haitnisse festgestellt werden konnten. Auch die Milch war anscheinend
normal.
XXI. Versuch.
Untersuchung der Milchproben */« Stunde nach der Entnahme.
Platte I
„ II
lea. 2800 Keime ca. 3900 Keime ca. 4000 Keime ca. 3500 Keime
nach
'24 Stunden
Nach 48 Stunden waren so viele Kolonieen auf den Agarplatten aufgegangen,
dafl es unmSglich war, die Keimzahl zu bestimmen.
Die Keimzahl belief sich somit im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf ca. 26500.
2) „ „ i, ii ii i« 308 ,i 2 „ ,, „ „ 3 950.
3) ii ii «i ii ii ii 308 ,, 3 ,, ii „ i, 4350.
4) ii ii ii ii n ii 308 ,, 4 „ „ „ „ 3 250.
Untersuchung der Milchproben 3 Stunden nach der Entnahme.
Platte I
„ II
ca. 4000 Keimelca. 5000 Keime ca. 5000 Keime'ca. 5000 Keime!
Zahlung
24 Stunden.
Nach 48 Stunden waren die aufgegangenen Kolonieen unzahlbar.
Es belief sich somit die Keimzahl im Durchschnitt pro Kubikzentimeter:
1) bei Entnahme nach der auf p. 308 Ziffer 1 angegebenen Methode auf ca. 35 000.
2) „ „ „ ,, „ „ 308 „ 2 „ ,. „ „ 5000.
3) ,, ,, ii ii ii ii 308 i, 3 ,i „ ii ii 5500.
4) ii ii ii ii n ii 308 ii 4 „ ,i ii ii 5000.
In Ausstrichpraparaten aus dem Zentrifugenbodensatz waren Bak¬
terien nicht nachweisbar.
Leukocyten waren in der Anzahl von 40—50 im Ge-
sichtsfeld zu beobachten. In der Hauptsache waren es polymorph-
kernige.
Erite Abt. Orig. Bd. (6.
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322
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Von den Kolonieen, die auf den Agarplatten aufgegangen waren,
erwiesen sich alle im Ausstrich untersuchten als Streptokokkenkolonieen.
Im Ausstrich aus Bouillonkultur beobachtete man lange gewundene
Streptokokkenketten, die die fur die pathogenen Streptokokken an-
gegebenen charakteristischen morpkologischen Eigenschaften zeigten.
Die Einzelkokken waren scheinbar aneinander gedriickt, scheiben-
formig und in der Quere angeordnet, wie dies auch von v. Lingels-
heim (22), Ernst (8) und Sven Wall (34) beschrieben worden ist.
Aehnliche Ergebnisse lieferten auch die weiteren 9 Kflhe, die als
mastitiskrank von den eigentlichen Proben ausgeschlossen werden muBten.
Zusamnienfassung and Ergebnisse der Untersachungen.
Aus meinen Versuchen geht hervor, daB es in der Praxis auBer-
ordentlich schwierig ist, eine vollkominen keimfreie Milch zu gewinnen.
Am meisten Aussicht, eine solch keimfreie Milch zu erhalten, bietet die
Entnahme der Milch mit einem sterilen Melkrohrchen. Auf diese Weise
ist es mir in den Fallen III, IV, XII und XIX gelungen, eine voll-
kommen keimfreie Milch zu erhalten. In den Fallen II, VI, XI und
XVIII hat sich die Keimzahl der mit dem Melkrohrchen entnommenen
Milchproben auf weniger als einen Keim pro Kubikzentimeter belaufen.
In all den iibrigen Fallen hat sie einen und mehr als einen Keim pro
Kubikzentimeter betragen. Die hochste Keimzahl ist im Fall XV ver-
zeichnet; hier sind 12 Keime pro Kubikzentimeter gezahlt worden. Es
hat somit die Keimzahl bei Entnahme der Milch mit einem sterilen
Melkrohrchen zwischen 0 und 12 geschwankt; im Durchschnitt hat sich
die Keimzahl ungefahr auf drei belaufen.
GrbBere Schwankungen in der Keimzahl der Milch zeigen sich bei
der Entnahme mit der Hand nach vorherigem Reinigen des Euters mit
Seifenwasser und der Desinfektion mit Alkohol. Die kleinsten Zahlen
linden sich im Fall XIV. Hier sind keine Keime bezw. ein Keim gezahlt
worden. Die hochste Zahl ist im Versuch XII mit 85 Keimen pro
Kubikzentimeter erreicht. Im Durchschnitt hat die Keimzahl 48 betragen.
Bei Entnahme der Milch nach blofier Reinigung des Euters mit
Seifenwasser schwankte die Keimzahl innerhalb sehr weiter Grenzen,
zwischen 0 und 434.
Der Forderung von Ernst (8), der zur Diagnose der Streptokokken-
mastitis die Garprobe absolut steril ermolkener Milchproben empfiehlt,
diirfte hiernach in der Praxis nur schwer entsprochen werden konnen.
Die auf den Agarplatten aufgegangenen Kolonieen sind vornehmlich
Staphylokokkenkolonieen gewesen, daneben sind C o 1 i- ahnliche Bakterien
und Bacillen aus der Subtilis- und Mesentericus-Gruppe ange-
troffen worden. Streptokokken wurden in keinem einzigen Fall bei ge-
sunden Ktihen gefunden. Ich kann somit der Ansicht von Bergey(3),
Trommsdorff (33) und Miller (25), nach der die Milch stets eine
gewisse Zahl von Streptokokken enthalten soli, nicht beistimmen. Viel-
mehr bin ich der Ansicht, daB streptokokkenhaltige Milch, wenn sie auf
aseptische Weise gewonnen wurde, immer von Kiihen stammt, die an
akuter oder chronischer Streptokokken mastitis leiden, oder die zwar die
Streptokokkenmastitis iiberstanden haben, aber noch Streptokokken mit
der Milch ausscheiden. Fand ich bei meinen Untersuchungen Strepto¬
kokken, so waren sie immer in groBerer Zahl auf den Agarplatten auf-
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Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 323
gegangen (siehe XXI. Versuch). Diese Streptokokken zeigten auch die
fiir die pathogenen Galaktokokken als charakteristisch angegebenen
morphologischen Merkmale. Sie zeigten entweder Staketenform oder es
waren deutliche Diplostreptokokken.
Aufier den bisher genannten Bakterien habe ich in einem Falle
(X. Versuch) im Ausstrichpraparat aus dem Zentrifugenbodensatz saure-
feste Bakterien nachweisen konnen, die sich jedoch leicht von Tuberkel-
bacillen unterscheiden lieBen. Sie waren dicker und plumper und weniger
intensiv rot gefarbt als Tuberkelbacillen. Diese saurefesten Bakterien
waren wohl nichts anderes als eine Verunreinigung von auBen.
Andere Bakterien als saurefeste konnten im Zentrifugenbodensatz
nicht beobachtet werden.
Weiterhin konnen meine Versuche die Ansicht von Riilim (27),
Hoy berg (15) und auderen bestatigen, wonach schon in der Milch von
gesunden Kiihen eine groBere Anzahl Leukocyten vorhanden sein kann.
So konnte ich in den Fallen VII, XVIII und XIX in Ausstrichpr¶ten
aus dem Zentrifugenbodensatz im Gesichtsfeld einer V 12 Oelimmersion
10—15 Leukocyten zahlen. Es miissen daher die Angaben von Stokes (31),
der im Zentrifugenbodensatz von 10 ccm Milch bei 5 Leukocyten im
Gesichtsfeld den Verdacht auf Eiter in der Milch annimmt, und von
Bergey (2), der bei Gegenwart von 10 Leukocyten von einem Eiter-
gehalt der Milch spricht, berichtigt werden. Die Angaben von Slak (30),
der im Zentrifugenbodensatz von 2 ccm Milch von 50 Zellen ab einen
Eitergehalt der Milch fiir gegeben halt, scheinen mit meinen Versuchen
iibereinzustimmen. So waren im XXI. Versuch, wo auch eine sehr groBe
Anzahl von Streptokokken durch das PlattenguBverfahren ermittelt
wurden, im Gesichtsfeld 40—50 Leukocyten sichtbar. Uebrigens bin ich
mit Ernst (8) der Ansicht, daB sich zur Diagnose der Streptokokken-
mastitis ftir die Leukocyten bestimmte Grenzwerte nicht aufstellen lassen,
von denen ab eine Kuh als verdacbtig oder krank zu erkiaren ist.
Trommsdorff (28) hat zum Nachweis von Streptokokkenmastitis
seine Leukocytenprobe empfohlen. Bei dem Umstand, daB der Leuko-
cytengehalt auch bei normalen gesunden Kiihen bedeutenden Schwan-
kungen unterworfen ist und von verschiedenen physiologischen ZustSnden
(Beginn und Ende der Laktation, Aenderung der Fiitterungsweise,
psychische Erregungen, Rindern, schlechtes Ausmelken u. dgl.) nicht
unwesentlich beeinfluBt wird, kann diese Probe an und fiir sich nicht
geniigen. Ausschlaggebend allein ist die bakteriologische Untersuchung
einer steril gewonnenen Milchprobe, und darin liegt die groBe Bedeutung
einer zuverlassigen, fiir die Praxis geeigneten einfachen Methode zur
sterilen Milchgewinnung. Ich glaube auf Grund meiner Untersuchungen
sagen zu diirfen, daB diese Forderung durch die Methode 4 und eventuell
auch 3 voll und ganz erfiillt wird. Dabei soli die Bedeutung der
Trommsdorffschen Leukocytenprobe fiir die praktische Milchkontrolle
keineswegs bestritten werden. Aber T&uschungen sind hier eben mog-
lich und deshalb konnen wir sie nur als orientierende Vorprobe gelten
lassen.
Aus dem bisher Gesagten geht hervor, daB zur Diagnose der Euter-
entziindung, sofern nur aus dem Zentrifugenbodensatz zur bakterio-
skopischen Untersuchung Ausstriche gemacht werden sollen und die
Pr¶te bald nach der Milchentnahme angefertigt werden, es geniigt,
die Zitzen nach Weggabe der ersten Strahlen Milch mit Seifenwasser zu
21 *
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324 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
reinigen und das Sekret in sterile Glaser aufzufangen. Ja es gentigt
sogar, wenn man ohne vorherige Reinigung der Zitzen das Sekret mit
einiger Sorgfalt in ein trocken sterilisiertes Rohrchen einmelkt, nachdem
man die ersten 2—3 Strahlen beiseite gemolken hat. Die Rbhrchen
miissen mbglichst horizontal in die Nahe der Zitze gehalten werden.
Ein bloBes Einfetten der Zitze, das von G u i 11 e b e a u (12) empfohlen
wird, ist ebenfalls ausreichend.
Diese Arten der Milchentnahme kommen jedoch nur dann in Be-
tracht, wenn es sich nicht um den Nachweis von Tuberkelbacillen handelt.
Soil der Zentrifugenbodensatz auf das Vorhandensein von Tuberkel¬
bacillen untersucht werden, so muB vor der Milchentnahme eine Reinigung
des Euters stattfinden. Die Forderung von Ostertag (26), das Euter
mit warmem Seifenwasser zu reinigen, dann mit 50-proz. Alkohol ab-
zureiben und mit steriler Watte abzutrocknen, hierauf die ersten 10 ccm
Milch in die Streu zu melken, diirfte vollauf geniigen, um eine Ver-
unreinigung der Milchprobe durch sfiurefeste Bakterien fernzuhalten.
Werden in Ausstrichpraparaten aus so gewonnener Milch Bakterien
angetroffen, so konnen sie ohne weiteres als Ursache der Euterentzundung
angesprochen werden.
In den meisten Fallen von Euterentzundung ist es jedoch nicht
moglich, im Zentrifugenbodensatz der Milch Bakterien nachzuweisen.
Dies beweisen unsere vielfachen Untersuchungen von Milch euterkranker
Tiere der ambulatorischen Klinik im Institute. Man ist daher gezwungen,
in derartigen Fallen aus dem Eutersekret Platten zu gieBen. Hier sollte
die Milch womoglich mit einem Melkrbhrchen entnommen werden, da
bei dieser Entnahme eine Verunreinigung der Milch mit Bakterien von
auBen so gut wie ausgeschlossen ist. Namentlich zur Feststellung einer
beginnenden Streptokokkenmastitis, wo die klinischen Erscheinungen
nicht ausgepragt sind, ist unbedingt zu verlangen, daB, sofern im Zentri¬
fugenbodensatz keine Kokken nachweisbar sind, das Kulturverfahren in
Anwendung kommt. Nur hierdurch kann die chronische Streptokokken¬
mastitis in ihrem Anfang mit Sicherheit erkannt werden.
Die Melkrohrchen kbnnen, wenn sie nur steril sind, ohne jegliche
Gefahr fiir die betreffende Kuh angewendet werden. Es empfiehlt sich,
die dunneren Melkrohrchen aus Metall zu bentitzen, da sich die dickeren
wegen der Enge der Zitzenoffnung oft nicht einffihren lassen, was im
V. und IX. Versuch der Fall war.
Ist es nicht moglich, das Eutersekret mit einem Melkrbhrchen zu
entnehmen, was im Laufe der parenchymatosen Euterentzundung wegen
der starken Beimengung von Eiterflocken haufig vorkommt, so muB eine
Reinigung des Euters mit Seifenwasser und einem Desinficiens vor-
genommen werden. Bei der Beurteilung des Plattenbefundes ist aber
stets daran zu denken, daB bei dieser Art der Entnahme eine grbBere
Zahl von Bakterien Von auBen in die gemolkene Milch hereingefallen
sein kann. Hier spielen, wie aus meinen Versuchen ersichtlich ist, die
Staphylokokken eine groBe Rolle, weniger haufig geschieht eine Ver¬
unreinigung durch C o 1 i - ahnliche Bakterien.
Aus meinen Untersuchungen lassen sich nun folgende SchluB-
s a t z e ableiten:
1) Eine absolut keimfreie Milch laBt sich in der Praxis nur unter
ganz besonders gtinstigen Verhaitnissen gewinnen.
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__ -Sr
Seibold, Keimgehalt unter aseptischen Kautelen gewonnener Milch etc. 325
2) Die Anwendung von sterilen Melkrohrchen nach vorheriger Rei-
uigung und Desinfektion des Euters bietet am meisten Aussicht, eine
keimfreie Milch zu erhalten.
3) Die Keirazahl der mittels Melkrohrchen gewonnenen Milch
schwankte bei meinen Versuchen zwischen 0 und 12.
Diese Methode ist somit far die Milchentnahme am empfehlens-
■wertesten.
4) Weniger giinstige Resultate gibt das Melken nach der Reinigung
und Desinfektion des Euters; hierbei schwankte die Keimzahl zwischen
O und 85.
Auch diese Methode kann fiir die Praxis noch gute Resultate
liefern.
5) Bei bloBer Reinigung des Euters rait Seifenwasser waren die
Grenzen der Keimzahlen 0 und 434.
Diese Art der Milchentnahme kann wegen der vorkommenden hohen
Zahlen, die leicht zu Fehlschltissen fiihren konnen, nicht empfohlen
werden.
6) FAr die bakterioskopische Untersuchung des Zentrifugenboden-
satzes auf die eine EuterentzUndung verursachende Bakterienart genOgt
die Entnahme der Milchproben nach sorgfaltiger Reinigung des Euters
mit Seifenwasser.
7) Zur Diagnose der chronischen Streptokokkenmastitis genugt die
bakterioskopische Untersuchung des Sekrets in vielen Fallen nicht. Es
muB vielmehr das PlattenguBverfahren angewendet werden. Die Leuko-
cytenprobe nach Trommsdorff ist aber eine wichtige Vorprobe zur
Ermittelung von Streptokokkenkuhen.
Die vorstehende Arbeit ist im Institut far Seuchenlehre der Kgl.
Tierarztlichen Hochschule in Stuttgart angefertigt worden. Dem Vor-
stand des Instituts, meinem hochverehrten Chef, Herrn Prof. Dr. Rein¬
hardt, danke ich far die Ueberweisung der Arbeit sowie far das
meinen Untersuchungen entgegengebrachte liebenswardige und fordernde
Interesse.
Literatror.
1) Backhaua, Aseptisches Melken. (Milch-Ztg. 1906. No. 15.)
2) Bergey, Source and nature of bacteria in milk. (Commonwealth of Pennsylvania.
1905.) Zit. nach 27.
3) -, Der Gehalt der Kuhmilch an Leukocyten und Streptokokken. (Ref. Miinchn.
med. Wochenschr. 1907. p. 2398.)
4) Boekhout u. Ott de Vries, Ueber Reifung der Edamer Kase. (Centralbl. f.
Bakteriol. Abt. II. 1901. p. 842.)
5) Bongert, BakteriologiBCne Diagnostik. 2. Aufl. 1908.
6) D’heil, Beitrag zur Frage des Bakteriengehalts der Milch und des Euters. [Inaug.-
Diss.] Giefien 1906.
7) Eichert, Durchfall bei einem Rind nach Verabreichung von roter Milch. (Zeitschr.
f. Fleisch- u. Milchhyg. 1908. p. 86.)
8) Ernst, Ueber Milchstreptokokken und Streptokokkenmastitis. (Monatsh. f. prakt.
Tierheilk. Bd. 20 u. 21.)
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326
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
9) Fauss, Ueber die Dauer der Ausscheidung von Bakterien bei Mastitis acuta
parenchymatosa und iiber den Einflufi des Melkens auf den Verlauf der paren-
chymatosen Euterentziindung. [Inaug.-Diss.] Bern 1909.
10) Frank, Handbuch der tierarztlichen Geburtshilfe. 1901.
11) v. Freudenreich, Milchsaurefermente und Kasereifung. (Centralbl. f. BakterioL
Abt 2. Bd. 8. p. 675.)
12) Guillebeau, zit. nach 18.
13) Happich, Mitteilungen aus der milchwirtschaftlichen Abteilung der bakterio-
logiscnen Station des Veterinarinstituts in Jurjew. (Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhvg.
1901. p. 2950
14) Hem pel, Ueber die Gewinnung einwandfreier Milch fur Siiuglinge, Kinder und
Kranke. (Miinchn. med. Wochenschr. 1906. p. 300.)
15) Hoy berg, Die mikroskopische Untersuchung der Milch als Glied der taglichen
Milchkontrolle. (Zeitschr. f. Fleisch- u. Milchhyg. Bd. 19. p. 277.)
16) Johne, Fleischvergiftung zu Cotta. (Handb. a. Fleischbeschau. 1904. p. 628 u.
636.) Zit. nach Ostertag.
17) Kitt, Euterentziindungen und deren Erreger. (Handb. d. pathog. Mikroorganismen
von Kolle-Wassermann. Bd. 3. 1903.)
18) -, Bakterienkunde. 3. Aufl. 1908.
19) Klimmer, Untersuchungen fiber den Keimgehalt der Milch etc. (Zeitschr. f.
Tiermed. Bd. 6. 1902. p. 189.)
20) Kolle, Milchhvgieniscne Untersuchungen. (Sonderabdr. a. d. Klin. Jahrb. Bd. 13.
1904.)
21) Kuntze, Gewinnung keimarmer Milch. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. II. Bd. 20.
p. 420.)
22) von Lingelsheim, Streptokokken. (Handb. d. pathog. Mikroorganismen von
Kolle-WasBermann. Ba. 3. p. 303 u. ff.)
23) Lux, Ueber den Gehalt frisch gemolkener Milch an Bakterien. (Centralbl. f.
Bakteriol. Abt. II. Bd. 11.)
24) Marshall, zit. nach Sommerfeld, Handb. d. Milchkunde. 1909.
25) Miller, The significance of leucocytes and streptococci in milk. (Centralbl. f.
Bakteriol. Abt. L Refer. Bd. 45. p. 146.)
26) Ostertag, Untersuchungen fiber die klinische und bakteriologische Feststellung
der Tuberkulose des Rindes. Berlin 1905.
27) Riihm, Die Milchleukocytenprobe nach Trommsdorff. (Zeitschr. f. Fleisch- u.
Milchhyg. 1909. p. 210.)
28) Rullniann u. Trommsdorff, Milchhygienische Untersuchungen. (Arch. f. Hyg.
Bd. 59. p. 224.)
29) Schulz, Ueber den Schmutzgehalt der Wurzburger Marktmilch und die Herkunft
der Milchbakterien. (Arch. f. Hyg. Bd. 14. p. 260.)
30) Slak, Journ. of infectious diseases. Suppl. No. 2. 1904. Zit. nach 8.
31) Stokes, The medical News. Julv 10. 1897. Annual report of the health depart¬
ment Baltimore 1898. Zit. nach 8.
32) Szasz, Ueber den Bakteriengehalt der Milch. (Refer, in Deutsch. Tierarztl.
Wochenschr. 1906. p. 462.)
33) Trommsdorff, zit. nach Kitt in Friedberger u. Frohners Lehrbuch der
klinischen Untersuchungsmethoden. 4. Aufl.
34) Sv. Wall, Die Euterentziindungen der Kuh. Stuttgart 1909.
35) Willem et Minne, La traite peut-elle fournir du lait aseptique? (Rev. gditer.
du lait. Ann. 4. No. 6.)
36) -et Miele, Essais de traite aseptique. (Rev. g6n6r. du lait. 1905. No. 6,
7 u. 8.)
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Schmidt, Bakterizide Wirkung einiger WaBBerstoffsuperoxydpraparate. 327
Naehdruck verboten.
Ueber die bakterizide Wirkung einiger Wasserstoff-
superoxydpraparate.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universitat Gbttingen.]
Von Stabsarzt Dr. Schmidt.
Auf Veranlassung des Direktors des Instituts, Herrn Geh.-Rat Prof.
Dr. v. Esmarch, habe ich einige Wasserstoffsuperoxydpraparate, und
zwar das Mercksche Perhydrol, das Pergenol der chemischen Werke
vorm. Dr. H. Byk, Berlin-Charlottenburg, und das von der chemischen
Fabrik Konigswarter & Ebell in Linden vor Hannover seit einigen
Monaten in den Handel gebrachte Auxilium medici auf ihre bakterizide
Wirkung untersucht. Gleichzeitig hoffte ich dabei, ein speziell fur
militfirarztliche Zwecke, zur Mitfuhrung im Felde, geeignetes Praparat
zu finden.
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts bekannt (Thdnard 1818), ist
das Wasserstoffsuperoxyd namentlich seit den sechziger Jahren von
vielen Autoren, Stohr, Uffelmann, Baldy, Gibser, v. Dittel,
Schiloff, Kronig, Traugott und anderen versucht und beschrieben
worden. Seine geringe Haltbarkeit in einer einigermaBen konzentrierten
Losung, welche ftir seine Brauchbarkeit als keimtbtendes Mittel erforderlich
ist, der Umstand, daB selbst eine 3-proz. Losung nur durch Zusatz von
Mineralsauren haltbar gemacht werden konnte, setzten seiner praktischen
Verwertbarkeit ein groBes Hindernis entgegen. Erst seitdem es Merck
gelungen war, ein absolut chemisch reines, saurefreies Wasserstoff¬
superoxyd 30-gewichtsprozentig herzustellen, und zwar, wie viele Ver-
suche erwiesen haben, gut haltbar, ist es mehr Gemeingut der Aerzte
geworden. Im Jahre 1909 wurde das namentlich von Prof. E. Meyer
warm empfohlene Pergenol, etwas sp&ter das Auxilium medici in den
Handel gebracht.
Die Versuche wurden so angeordnet, daB die Wirkung der ver-
schiedenen PrUparate unter moglichst gleichen Bedingungen in praktisch
verwertbaren Zeiten — 1, 3, 5 und 10 Minuten — auf mehrere patho-
gene Mikroorganismen erprobt wurde. Als Testobjekte dienten an Seiden¬
faden angetrocknete Diphtheriebacillen, Typhusbacillen, Streptococcus
pyogenes und Staphylococcus pyogenes aureus. Die FSden
wurden eine bestimmte Zeitlang der Einwirkung des zu untersuchenden
Praparates ausgesetzt und dann in Bouillonrohrchen gebracht, welche
5 Tage hintereinander beobachtet wurden. Seidenfaden mit Diphtherie¬
bacillen habe ich auch mehrfach zur Kontrolle nach Einwirkung des
Desinficiens auf Glyzerinagar gebracht. Von einem Abspiilen der Faden
vor dem Einbringen in Bouillon habe ich abgesehen, weil in der Bouillon
sehr schnell eine Zersetzung des noch anhaftenden H 2 0 2 eintritt. Seiden¬
faden habe ich deshalb gewahlt, weil eine Wirkung der Fltissigkeit auf
diese nicht so leicht ist, wie z. B. auf Granaten und weil die ersteren
infolgedessen mehr den Bedingungen entsprechen, unter welchen das
Mittel beim praktischen Gebrauche, z. B. bei Behandlung von Wunden,
beim Mundausspiilen seine Wirkung entfalten kann. Hon sell gibt an,
daB die Wirkung des Wasserstoffsuperoxyds auf an Granaten angetrock¬
nete Testobjekte starker war als auf die an Seidenfaden angetrockneten.
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328
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
„Es durften sich hier wohl die oben angegebenen Mangel der Seiden-
fadenmethode, die langsame und vielleicht Qberhaupt unvollstandige
Imbibition der Faden mit dem Desinficiens geltend gemacht haben.“
Ich halte diesen Mangel aus dem oben angegebenen Grunde fGr prak-
tische Versuche eher fur einen Vorteil. Die meisten Versuche wurden
zur Kontrolle zweimal ausgefuhrt, bei jedem Versuch wurde ein nicht
mit dem Wasserstoffsuperoxyd behandelter Seidenfaden zur Kontrolle in
BouillonrShrchen gebracht. In den Versuchstabellen bedeutet -)- Wachs-
tum, 0 kein Wachstum. Da die bakterizide Wirkung des Wasserstoff-
superoxyds, wie vielfache Erfahrungen lehren, bei hbherer Temperatur
grbfier ist, wurden die Versuche bei Zimmertemperatur und bei 35° C
angestellt. % bedeutet immer gewichtsprozentig.
Perhydrol 1% (Zimmertemperatur).
Eiuwirkung auf
Bact. typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
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Perhydrol 3°/ 0 (Zimmertemperatur).
Einwirkung auf
Bact.
typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
Minuten
1
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0
Perhydrol 5% (Zimmertemperatur).
Einwirkung auf
Bact.
typhi
Streptoc
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
Minuten
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Perhydrol 1% (35°).
Einwirkung auf
Bact.
typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
Minuten
1
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3
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Schmidt, Bakterizide Wirkung einiger Wasserstoffsuperoxydpraparale. 329
Die ersten Versuche betrafen das Perhydrol.
Das auf 35° erwSrmte 1-proz. Perhydrol wirkte demnach fast ebenso
stark wie die 5-proz. Losung bei Ziinmertemperatur, bei Anwendung
einer 3-proz. Losung, welche auf 35° erwirmt war, trat bei alien 4 Ver-
suchen in keinem Rohrchen Wachstura auf. Uni die Haltbarkeit des
Perhydrols an einem recht eklatanten Beispiel zu erproben, stellte ich
Versuche an mit dem Reste einer Flasche, welche ich vor uugefiihr
2 Jahren geoffnet und spater nur mit der beigegebenen Metallkapsel
bedeckt hatte, an. Es ergab sich, daB eine 3-proz. Losung Typhus-
bacillen und Streptokokken nach 3 Minuten abgetotet hatte, bei Staphylo-
kokken und Diphtheriebacillen trat nach 3 Minuten starkeres, nach
5 Minuten ganz geringes Wachstum auf.
Die Ergebnisse meiner Untersuchungen decken sich im allgemeinen
mit denen von Honsell, Huss mit dem chemisch reinen Wasserstoff-
superoxyd angestellten, Decius hebt bei seinen Versuchen hervor, daB
3- und 5-proz. Losungen auf Typhusbacillen innerhalb kiirzester Zeit
abtotend wirken, Diphtheriebacillen und Staphylokokken dagegen nicht
nennenswert beeinfluBt wiirden. Der letzteren Angabe kann ich, wenig-
stens was die 5-proz. Lbsung anbetrifft, nicht beipflichten. AuchTrau-
gott erwahnt schon 1893 bei Versuchen mit Wasserstoffsuperoxyd, daB
sich Streptokokken wenig widerstandsffihig, Staphylokokken dagegen sehr
resistent zeigten; Shnliches fand B. Schmidt bei seinen Versuchen mit
wasserigen Aufschwemmungen von Reinkulturen. Bassenge gibt an,
daB eine 33-proz. Losung des Perhydrol-Mundwassers — einer 3-proz.
Wasserstoffsuperoxydlosung — nach 10 Sekunden Einwirkung das Wachs¬
tum von Typhusbacillen verhinderte. Er bemerkt ausdriicklich, daB
Perhydrol-Mundwasser (wie Stomatol), welches die grbBte bakterien-
totende Wirkung auf Typhus- und Cholerabacillen zeigte, eine Shnliche
Wirkung auch auf andere pathogene Mikroorganismen ausiibte. ,,Allen
Mundw&ssern“ — sagt er weiter — „iiberlegen zeigte sich das Per¬
hydrol, welches in der je angewandten vorgeschriebenen Konzentration
eine reichliche Aussaat von Diphtherie, Paratyphus, Dysenterie, Vibrio
Metschnikoff stets in weniger als 1 Minute glatt vernichtete.“
Die zweite Versuchsreihe gait dem Pergenol, einem, wie oben er¬
wahnt, namentlich von Prof. E. Meyer empfohlenen sogenannten festen
Wasserstoffsuperoxyd. Dieses spater besonders von Zahnarzten vielfach
empfohlene Pergenol hat in der Aprilnummer der Srztlichen Vierteljahrs-
rundschau durch Beyer, Chemiker in Koln, eine etwas scharfe Ver-
urteilung erfahren. Auf die Zusammensetzung des in Tablettenform oder
als weiBes Pulver in den Handel kommenden Pergenols will ich hier
nicht naher eingehen und nur erwahnen, daB es als ein 12-proz. Wasser¬
stoffsuperoxyd und eine 22-proz. BorsSure anzusprechen ist. Verschlossen
scheint es gut haltbar zu sein, jedenfalls war in 4 Monaten keine Aende-
rung in der Beschaffenheit und Wirksamkeit festzustellen, im unver-
schlossenen Glase aufbewahrt zeigt es eine, auch von R. Meyer er-
w&hnte, stark hygroskopische Eigenschaft und bildet bald eine harte,
brockelige Masse. Nun zu den Ergebnissen meiner Versuche. Sie
wurden ebenso wie die Perhydrolversuche mit verschiedenen Konzentra-
tionen, mit verschieden langer Einwirkungsdauer und bei verschiedener
Temperatur angestellt. Auch hier zeigte sich die bereits beim Perhydrol
erwahnte bedeutend erhbhte Wirksamkeit bei hbherer Temperatur.
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Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Pergenol l°/ 0 (Zimmertemperatur).
Einwirkung auf
Bact.
typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
1
Kontrolle
Minuten
1
3
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I 4-
Pergenol 2,4°/ 0 (Zimmertemperatur).
(10 g Pergenol auf 50 g Wasser).
Einwirkung auf
Bact.
typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
Minuten
1
3
5
10
1
3
5
10
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Pergenol 1 °/ 0 (35°).
Einwirkung auf
Bact. typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
Minuten
1
3
5
10
1
3
5
10
1
3
5
10
1
3
5
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Pergenol 2,4°/ 0 (35°).
Einwirkung auf
Bact. typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
Minuten
1
3
5
10
1
3
5
10
1
3
5
10
1
3
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Nach 1 Tag
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0 1
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+
„ 2 Tagen
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Q
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0
0
0
o
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1 0
Um die Wirkung der Pergenol-Mundwassertabletten zu versuchen,
habe ich 2 Mundwassertabletten in 50 g Wasser gelost. Nach Angabe
der Fabrik enthalten die Tabletten 0,5 g Pergenol, die Lbsung enthielt
demnach etwa 0,25 Proz. Wasserstoffsuperoxyd und 0,5 Proz. Bors&ure.
Ich habe die vorgeschriebene Konzentration (1—2 Tabletten auf ein
kleines Glas Wasser) uberschritten und mit der auf 35° erwarmten
Lbsung Versuche angestellt. Die Beobachtung der Bouillonrbhrchen
(5 Tage) ergab, daB Typhusbacillen nach 3 Minuten abgetotet waren,
Streptokokken zeigten nach 5 Minuten, Staphylokokken nach 10 Minuten
kein Waclistum mehr, Diphtheriebacillen zeigten auch nach 10 Miuuten
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Schmidt, Bakterizide Wirkung einiger Wasserstoffsuperoxydpraparate. 331
Einwirkung keine Wachsturashemraung. Dieses Resultat war voraus-
zusehen, auch Perhydrol ais 0,25-proz. Wasserstoifsuperoxydlosung katte
auf Staphylokokken und Dipktheriebacilleu kaum emen EinduB. Dali
die Pergenol-Mundpastillen, welcke nur 0,1 g Pergenol enthalteu und
nach Art der Emser Pastillen im Muude zergehen sollen, eine bakterizide
Wirkung haben konnten, war hiernack von vornherein nicbt anzunehmen,
die Versuche mit einer sehr konzentrierten wiisserigen Losung ergaben
auch vollig negative Resultate. Meine Ergebnisse decken sich im all-
gemeinen mit den Untersuchungen von Jochmann, welcher die ver-
schiedensten Mittel gegen die Bacillenpersistenz Diphtheriekranker ver-
suchte und erklart: „Die beabsichtigte Verhiitung der Bacillenpersistenz
bei den Rekonvaleszenten konnte auch durch die Anwendung dieses
neuen Praparates (Pergenol) in den verschiedensten Konzentratiouen
nicht erreicht werden. u „Wir haben u , sagt er an anderer Stelle, „10 bis
15 Mundpastillen pro die gegeben, eine sichere keimtotende Wirkung
auf die Diphtheriebacillen konnte nicht festgestellt werden. Bei 12 Pa-
tienten schwanden sie innerhalb 4 Wochen, bei 8 Fallen waren bis in
die 5. Woche, bei einem Fall bis in die 7. Woche Bacillen vorhanden.
Mehrere ganz hartnkckige Dauerausscheider, die uoch in der 9. W r ocbe
Bacillen trugen, verloren sie nicht trotz intensivster Anwendung der
Pergenol-Mundpastillen. tt Als einen Nachteil mochte ich mit Beyer
den starken und fur den Organismus keineswegs gleichgiiltigen Borsaure-
gehalt (bei geniigender Konzentration der Losung 4—4,5 Proz.) be-
zeichnen, als einen nicht unwesentlichen Vorteil die stark desodorierende
Wirkung, welche beim Foetor ex ore unverkennbar ist. Immerkin glaube
ich, den Pergenol-Mundpastillen eine wenigstens ebenso groBe keim-
tbtende Wirkung wie den bekannten Formamintabletten zugestehen zu
durfen, welche bei nebenher angestellten Versuchen in verschieden
starken Konzentrationen bei 5 Minuten Einwirkung (Zimmertemperatur)
keinen Einflufi auf die pathogenen Mikroorganismen erkennen lieBen.
Die Bouillonrohrchen zeigten schon nach 24 Stunden alle starkes Wachs-
tum. Im iibrigen schlieBe ich mich der Ansicht von Croner an, daB
die Losungen des Pergenol wirken wie die entsprechenden Verdtinnungen
von reinem Wasserstoffsuperoxyd, daB die Bors&ure seine Wirkung
nennenswert steigere, glaube ich nicht annehmen zu durfen. (Eine
4-proz. BorsSurelbsung allein konnte nach Einwirkung von 5 Minuten
das Wachstum nicht hemmen.) Die keimtotende Wirkung des Pergenols
war nach 4-monatiger Aufbewahrung im geschlossenen Glase uuver-
andert, dagegen nach 20-tagiger Aufbewahrung im offenen Glase, in
welcher Zeit das Pulver zu einer harten Masse erstarrt war, fast vollig
aufgehoben.
Das dritte untersuchte PrSparat war das von der chemischen Fabrik
Konigswarter & Ebell in den Handel gebrachte Auxilium medici.
Es kommt in Originalflaschen von 250 g Inhalt zum Preise von 1,25 M
zum Verkauf und ist, da es nach Angabe der Fabrik ein etwa 3 gewichts-
prozentiges Wasserstoffsuperoxyd darstellt, nicht teuer zu nennen. Es
ist eine wasserhelle Flussigkeit, „frei von Salzsaure (Chlor), Schwefel-
saure, Baryumsalzen, von atzenden und giftigen Bestandteilen u und soli
sehr haltbar sein. Fiir den taglichen Gebrauch als Mundwasser wird
die Anwendung in einer Verdunnung von 1:2 Teilen Wasser empfohlen,
in Krankheitsfallen soli es unverdunnt angewandt werden. Es wirkt
angeblich desinfizierend, bakterientotend und zertort iiblen Geruch und
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332 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
Geschmack im Munde. Literatur iiber Auxilium medici existiert meines
Wissens noch nicht.
Ich habe das Praparat bei meinen Versuchen unverdiinnt und verdiinnt,
frisch und nach mehrwochigem Stehen in verschlossener und unverschlos-
sener Flasche, hell und dunkel aufbewahrt, angewendet. Hier die Resultate:
Auxilium medici unverdiinnt (Zimmertemperatur).
Einwirkung auf
Bact. typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
PTontmllp
Minuten
13 5 10
1
1 3 5 10
1
3 5 10
1 1 3 5 10
|
Nach 1 Tag
0 1 0 0 0
0 0 0 0
0
|
0 0 0
+ + 0 0 +
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0 1 0 0 0
0 0 0 0
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0 10 0 0
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0 1 0 1 0 0
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+ 00
+ + + 0
Auxilium medici unverdiinnt (16 Tage offen dunkel aufbewahrt.
Zimmertemperatur).
Einwirkung auf
. . 1
Bact. typhi Streptoc. Staphyloc.
Bac. diphth.
TCrmtrnlte
Minuten
1 3 5 10 1 3 5 10 1 3 5 10
1 3 5 10
Nach 1 Tag
1
0000 + 0100 + 000
+ + + 0
+
„ 2 Tagen
0000 + 000 + +00
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0000 + 0 I 00++00
+ + + +
i) 5 ,,
OjOOO+OjO 0+1+00
+ + + +
Nach 15 Minuten Einwirkung war auch bei Diphtheriebacillen nach
mehreren Tagen kein Wachstum mehr zu konstatieren.
Auxilium medici unverdiinnt (20 Tage verschlossen hell aufbewahrt
Zimmertemperatur).
Einwirkung auf
Bact. typhi Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
--
Kdntrnlle
Minuten
1 3 5 10 1 3 5 10
1 3 5
10
1 3 5 10
Nach 1 Tag
0000 0000
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0
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0
+ + + +
Auxilium medici unverdiinnt (20 Tage offen hell aufbewahrt.
Zimmertemperatur).
Einwirkung auf
Bact. typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Knntrolle
Minuten
1 1 3 5 10
1
3 5 10
13 5 10
1 ! 3 5 10
Nach 1 Tag
0 0 0 0
0
0 0 0
+ + 0 0
+ + + +
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» 2 Tagen
+ 000
+
0 0 0
+ + + 0
+ + + +
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+ + + +
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0 0 0
+ + + 0
+ + + 1 +
Nach diesen Versuchen erwies sich das Praparat als gut hallbar,
wenn auch bei Aufbewahrung im hellen Glase eine geringe Abnahme
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Schmidt, Bakterizide Wirkung einiger Wasseratoffauperoxydpraparate. 333
der Wirksamkeit unverkennbar war, dagegen hatte die Aufbewahrung
im unverschlossenen Glase in der angegebenen Zeit die bakterizide
Wirkung kaum beeintrdchtigt. Auch beim Auxiliuiu rnedici zeigte sich
eine erheblich st&rkere Wirkung auf Typhusbacillen und Streptokokken
als auf Staphylokokken und Diphtheriebacillen. Zur Kontrolle des ersten
Versuches machte der Assistent des Instituts, Dr. Schereschewsky,
mit einem Wattebausche einen Abstrich von einer dicht mit Strepto¬
kokken, Staphylokokken und Diphtheriebacillen bewachsenen Platte und
tauchte dann den Wattebausch 10 Minuten in das unverdunnte frische
Praparat. Der hierauf gemachte Plattenausstrich zeigte schon am andern
Tage ein starkes Wachstum der Staphylokokken und Diphtheriebacillen,
ein geringes Wachstum von Streptokokken. Der Versuch beweist wieder
die mehrfach festgestellte geringere Wirkung auf die beiden erstgenannten
Mikroorganismen, dafi diese entgegen dem Ergebnisse meines ersten Ver¬
suches auch nach 10 Minuten noch iippig wuchsen, und dad selbst
Streptokokken niclit vollig vernichtet waren, erklart sich wohl daraus,
dafi die Fliissigkeit nicht so gut in den Wattebausch eindringen konnte
wie in die Seidenfaden. Das auf 35° erwarmte unverdunnte Auxilium
medici und das mit 2 Teilen Wasser verdiinnte ergaben folgende Re-
sultate:
Auxilium medici unverdiinnt (35°).
Ein wirkung auf
Bact. tvphi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
Minuten
1 j
3
5 !
1
3
5 1
10
1
3
5
1
3
5
10
Nach 1 Tag
0
0
' 0 !
0
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Auxilium medici 1:2 (35 °).
Einwirkung auf
Bact.
typhi
Streptoc.
Staphyloc.
Bac. diphth.
Kontrolle
Minuten
1
! 3
1
5
10 1
1
! 3
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1
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1 5
1 5
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1
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Nach 1 Tag
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0
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0
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+
+
+
Die unter denselben Bedingungen und durch vielfache Kontrolle
nachgepriiften Untersuchungen ergaben also folgendes Resultat, welches
sich mit dem vieler anderer Untersucher im wesentlichen deckt. Die
Wirksamkeit des Wasserstoffsuperoxyds steigt betr&chtlich bei hoherer
Temperatur, es empfiehlt sich daher bei der Verwendung in der Wund-
behandlung und bei der Anwendung als Mundwasser eine Erwarmung
auf 35°. Die gleichgewichtsprozentige Losung des Perhydrols scheint
die des Pergenols und des Auxilium medici zu iibertreffen, denn schon
die 1-proz. Perhydrollosung totete bei 35° selbst Staphylokokken und
Diphtheriebacillen sicher in 3 Minuten ab. Die Haltbarkeit aller drei
Prdparate gentigt bei vorschriftsm&fiiger Aufbewahrung den Anforde-
rungen, welche man zu stellen berechtigt ist, ein Vorteil, welcher bei
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334
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
der praktischeu Verwendbarkeit der Wasserstoffsuperoxydpraparate die
groBte Rolle spielt, und welcher bisher nur von Merck in befriedigender
Weise erreicht war. Ruhmend rabchte ich bei alien drei Praparaten die
ausgezeichnete desodorierende Wirkung hervorheben, so sah ich z. B.
in einem Falle von Stomatitis ulcerosa den unertraglichen Foetor ex ore
bei Anwendung der Pergenol-Mundwassertabletten und des Auxilium
medici in kiirzester Zeit verschwinden. Was die erforderliche Kon-
zentration anbetrifft, so halte ich eine 1-proz. Lbsung fiir zu schwach
und eine mindestens 2,5—3-proz. fiir notwendig.
Ich bin weit entfernt, aus den Laboratoriumsversuchen in vitro einen
sicheren SchluB auf die praktische Verwendbarkeit der Mittel als keim-
tbtende zu ziehen, denn erstens erleidet der Wasserstoffsuperoxyd bei
der Beriihrung mit Wunden und in der Mundhohle eine viel schnellere
Zersetzung, als wenn nur ein Seidenfaden in ihn eingetaucht wird, dann
kommt bei der Verwendung als Mundwasser die auBerordentlich schwie-
rige und wohl unmogliche Desinfektion der Mundhbhle iiberhaupt in
Betracht. Immerhin mochte ich auch bei dieser Verwendung einer wenig-
stens 2,5—3-proz. Losung einen desinfizierenden Wert (Vernichtung von
Typhuskeimen) nicht absprechen, und wenn auch keine Abtotung aller
Keime zu erwarten ist, so ist doch sicher eine erhebliche Verminderung
zu erzielen. Was die Verwendung fiir speziell militararztliche Zwecke
anbetrifft, so ware eine Mitfiihrung in Pulver- oder Tablettenform der
Fliissigkeit vorzuziehen, hindernd diirfte jedoch bei Pergenol die relativ
groBe Menge, welche zu einer gentigeriden Konzentration verwendet
werden muB, im Wege stehen.
Literatur.
Bassenge, Deutsche med. Wochenschr. 1909. No. 33.
Beyer, C., Aerztl. Viertelj.-Rundsch. 1910. No. 2.
Croner, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 63. 1909.
Decius, Desinfektionsversuche mit chemisch reinem Wasserstoffsuperoxyd. [Dissert.]
Halle 1902.
Hons ell, Beitr. z. klin. Chirurg. Bd. 27. Heft 1.
Huss, Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1903. Nov., Dez.
.Toe h in an n, Klin. Jahrb. Bd. 22. 1910. Heft 4.
Meyer, E., Berlin, klin. Wochenschr. 1909. No. 23.
Meyer, R., Therap. d. Gegenwart. 1910. Heft 4.
Schmidt, B., Hyg. Rundsch. 1906. No. 10.
Traugott, Zeitschr. f. Hyg. Bd. 14. p. 427.
Nachdruck verboten.
Bemerkungen zu der Arbeit von Dennemark:
Die Gruber-Widalsche Reaktion bei kliniscb Gesunden
in der Umgebung Typhuskranker.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universit&t Graz.l
Von Dr. Paul Tli. Mttller,
ao. Professor der Hygiene an der Univereitiit Graz.
In seiner Arbeit „Die Gruber-Widalsche Reaktion bei kliniscb
Gesunden in der Umgebung Typhuskranker 11 hat Dennemark 1 ) darauf
1) Centralbl. f. Bakt. etc. Abt. I. Orig. Bd. 54. Heft 4.
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Muller, Bemerkungen zu der Arbeit von Dennemark etc.
335
aufmerksara gemacht, daB beziiglich des zeitlichen Eintrittes der Agglu¬
tination ein Unterschied zwischen den Erkrankten und Gesunden besteht.
„Im allgemeinen ist die Agglutination bei Erkrankten nach ziemlich
kurzer Zeit (ca. 2 Stunden Bruttemperatur) beendet Oder sie tritt iiber-
haupt nicht ein/ „Eine Nachagglutination kommt hier zwar zuweilen
ebenfalls vor, doch ist dies gewohnlich nur im Anfang der Erkrankung
der Fall, wenn der Titer des Serums noch nicht sehr hoch ist. u Bei
den Gesunden, in der Umgebung von Typhuskranken Lebenden dagegen
trat die Agglutination nur langsam ein, so daB Dennemark empfiehlt,
wenn es sich um Untersuchung Gesunder handelt, die Reaktion nicht
zu friih als abgeschlossen zu betrachten, sondern, falls nach 1-stiindigem
Aufenthalt bei Bruttemperatur kein positives Resultat zu verzeichnen ist,
erst nach Ablauf von 24 Stunden (bei Zimmertemperatur) ein definitives
Urteil abzugeben.
Wie sich Dennemark diese merkwiirdige Beobachtung erklfirt, ist
aus seiner Arbeit nicht zu entnehmen. Ich glaube nun, diesbeziiglich
einige Tatsachen beibringen zu konnen, die ein VerstAndnis derselben
ermoglichen.
Bei meinen schon durch mehrere Jahre hindurch fortgesetzten
Aviditatsstudien hatte ich wiederholt Gelegenheit, derartig langsam ein-
tretende Agglutinationsreaktionen zu beobachten. Es handelte sich zum
Teil dabei, wie bei Dennemark, um Serum von typhusverdachtigen
Personen im ersten Krankheitsstadium und mit niedrigem Serumtiter:
zum groBten Teil beziehen sich jedoch meine Erfahrungen auf das Serum
von mit Typhusbacillen immunisierten Kaninchen.
Bei diesen fand sich nun nicht selten nach der ersten Einspritzung
eine solche langsam verlaufende Reaktion, die jedoch bei den weiteren
Injektionen bald dem normalen Verhalten Platz machte. Ganz be-
sonders ausgepr> und auffallend war jedoch das Pha-
nomen bei solchen Seren, die mit Typhusbacillen vorher
absorbiert worden waren. Denn, wahrend das native, noch nicht
mit Bacillen in Beriihrung gekommene Serum die gewohnliche und be-
kannte prompte Reaktion zeigte, war dasselbe nach der Ab¬
sorption trotz hohen Titers nicht mehr imstande, so
rasch auf die Bakterien agglutinierend zu wirken, wie
vorher, und oft muBte viele Stunden gewartet werden, bis die Agglu¬
tination vollendet war.
Sowohl die nach der ersten Injektion im Serum ent-
haltenen als wie die nach dem Absorptionsvers u chin dem-
selben zurfickbleibenden Agglutinine zeichnen sich nun,
wie ich gezeigt habe, durch sehr geringe Aviditaten aus,
und es kann keinem Zweifel unterliegen, daB ihre trage
Reaktionsweise in innigem Zusammenhang mit ihrer
schwachen Affini tat zu dem Antigen stehen mufi.
Unter diesen Umstanden liegt es wohl nahe und ist es berechtigt,
anzunehmen, daB auch bei den Beobachtungen von Dennemark ahn-
liche Aviditatsdifferenzen zwischen dem Serum Gesunder und Typhus-
kranker als Ursache der verschiedenen Reaktionsweise vorgelegen haben,
und es fragt sich nur, woher es kommt, daB die Gesunden
weniger avide Agglutinine produzieren als die Kranken.
Zur Beantwortung dieser Frage mochte ich nun altere x ) und neuere
1) Zeitschr. f. Immunitatsforschung. Bd. 3.
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336
Ceutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 4.
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(erst zu publizierende) Erfahrungen von Rintelen heranziehen.
Rinteleu hat auf raeine Veraulassung die Aviditfitsverhaltnisse ira
Serum Typhuskranker untersucht und ist dabei zu dem interessanten
Ergebnis gelangt, daB bei schweren Typhusfallen im allge-
meinen hohe, bei kliuisch leichteu Fallen dagegen
niedrige Aviditaten beobachtet werden, wobei die Titer keine
wesentlichen Differenzen aufwiesen. So waren die Absorptionsquotienten
bei den Schwerkranken im Durchschnitt zu 0,8, bei den leicht Erkrankten
zu 0,35 befuuden worden.
Wenn also demnach die Schwere der Erkrankung von be-
stimmendem EinfluB auf die Aviditat der gelieferten Typhusagglutinine
ist, so ist einleuchtend, daB bei den klinisch scheinbar Ge-
sunden, die eine positive Widalsche Reaktion zeigen, die niedrig-
sten Aviditaten zu erwarten sein werden, denn zweifellos
wird man mit Dennemark annehmen diirfen, daB es sich bei ihnen
uni leichteste, durch keinerlei subjektive Symptorae sich verratende
Infektionen handelt. Sehr interessant und beweisend ist in dieser Be-
ziehung die Beobachtung des genannten Autors, daB gelegentlich einer
groBeren Typhusepidemie bei Leuten, die sich vollkommen gesund
ftihlten, bei denen jedoch die Korpertemperatur nur wenig fiber 37° C
stieg, fast stets positive Gruber -Widal sche Reaktion zu ver-
zeichnen war.
Damit hfitten wir aber eine lttckenlose Reihe her-
gestellt, die von den leichtesten, klinisch nicht nach-
weisbaren Typhusinfektionen mit niedrigsten Aviditaten
und tragster Reaktionsweise der Agglutinine bis zu den
schwersten Fallen mit hohen Aviditaten reicht, und hatten
damit ein Verstandnis ffir die sonst so auffallende Beobachtung Denne-
raarks gewonnen, wenn wir auch freilich derzeit noch nicht in der
Lage sind, anzugeben, in welcher Weise die Schwere der Erkrankung
auf die Aviditat der produzierten Antikorper einwirkt. Ein Versuch,
diesen Zusammeuhang aufzuklfiren, soil Ubrigens in einer demnachst
erscheinenden Mitteilung gemacht werden.
Die Herren Mitarbeiter werden hbflichst gebeten, bereits fertig-
gestellte Klischees — falls solche mit den Hanuskripten abgeliefert
werden — nicht der Redaktion, sondern direkt der Verlagshand-
lung Gustav Fischer in Jena einzusenden.
Inhalt.
Jahn, Ernst, Ueber die Ausscheidung
von Bakterien durch den Harn und
die bakterizide Wirkung desselben,
p. 276.
littsener , Beitrage zur Aetiologie der
Bacillenruhr, p. 257.
Milller, Fanl Th., Bemerkungen zu der
Arbeit von Dennemark: Die Gruber-
Widalsche Reaktion bei klinisch Ge-
sunden in der Umgebung Typhuskranker,
p. 334.
Schmidt, Ueber die bakterizide Wirkung
einiger Wasserstoffsuperoxydpriiparate,
p. 327.
Seibold, Ernst, Ueber den Keimgehai:
unter aseptischen Kautelen gewonnener
Milch und dessen Bedeutung fiir die
Praxis, p. 301.
Sticker, Anton u. Ldwenstein, Emit.
Ueber Lymphosarkomatose, Lyniplu'-
matose und Tuberkulose. Ein expen-
menteller Beitrag, p. 267.
Fromnunoiche Bachdruckorel (Hermuin Fohle) In Jem.
Goeigle
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Nach kurzem, schweren Krankenlager verschied am
22. Juli in Jena
Herr Verlagsbuchhandler
Dr. med. et phil. Gustav Fischer,
Geheimer Kommerzienrat.
Das Centralblatt verliert in dem Dahingeschiedenen
seinen warmsten FSrderer und Freund. Wir werden dem
Verstorbenen ein bleibendes dankbares Andenken bewahren.
Die Redaction
des Centralblattes ftLr Bakteriologie, Farasitenkunde
und Infektionskrankheiten.
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Centralbl. i. Bakt etc. I. AbL Originals. Bd. 55. Heft 5.
Ausgegeben am 17. August 1910.
Naclidruek verboten.
TJeber anaerobiotische Technik, einige Anaerobier und
beginnende Eiweissfaulnis.
[Aus dem hygienisch-bakteriologischen Institut der Universitat Erlangen.]
Von Prof. Dr. L. Heim.
Von den mancherlei Verfahren zur Zuchtung der Anaerobier haben
sich im Laufe der Jahre drei als die brauchbarsten erwiesen, die Ztichtung
in hoher Schicht, die Anwendung reduzierender Mittel und die Entfernung
des Sauerstoffes, wkhrend die Zuchtung unter LuftabschluB und der Ersatz
durch andere Gase (Wasserstoff) mehr und mehr in den Hintergrund
getreten sind. Insbesoudere das Buchnersche Pyrogallolverfahren hat
sich fur Kulturen in flflssigen und auf festen Nahrbdden bewahrt, nur
fiir die Plattenkultur nicht in vollem MaBe, haupts&chlich weil es an
einem geeigneten Abdichtungsmittel fiir die KulturgefSBe zu fehlen
schien. Lentz hat diesen Mangel durch Verwendung von Plastilin be-
seitigt, das schon vor etwa 15 Jahren von G. Hauser zur Abdichtung
formalinisierter Kulturschalen zu Demonstrationszwecken verwendet wurde
und auf Grund dessen in meinem Lehrbuch der Bakteriologie (3. Aufl.
p. 133) als ein Mittel zur Erzielung gasdichten Abschlusses aufgefiihrt ist.
Die MiBlichkeit des Auseinandernehmens der durch Plastilin ver-
kitteten Schalenpaare veranlaBte Lentz, die Deckschale durch eine
Glasplatte zu ersetzen. Zur Absorption des Sauerstoffes gab er einen
Bing aus gepreBtem FlieBpapier an von 0,6 cm Dicke und 8,7 cm Durch-
messer mit einer zentralen Ausbohrung von 4,5 cm Durchmesser. Dieser
Ring (D. R. P.) hindert die praktische Verwertung einigermaBen, denn er
verdeckt den groBeren Teil der KulturflSche und ist zu kostspielig, da
ein Stiick (mit 1 g Pyrogallol in spirituoser Losung getrSnkt 40 Pfg.)
nur einmal zu verwenden ist. Diesen MiBstanden habe ich durch folgende
Anordnung abgeholfen:
Man nimmt ein Kulturschalenpaar und bildet auf 2 Glasplatten, die
etwa 3 cm mehr im Durchmesser haben als eine Schale, je einen Kreis
aus Plastilin, der dem Umfang der Schale entspricht. Fiir ein gewohn-
liches Schalenpaar braucht man etwa 20 g Plastilin ausgerollt zu zwei
Stangen von 30 und 32 cm Lange. In jeden Kreis legt man an eine be-
liebige Stelle etwa 0,5—0,7 g entfetteter Watte, die man mit Wasser
befeuchtet und wieder gut und flach ausgedriickt hat. Ein solcher Bausch
vermag 4—6 ccm Fliissigkeit zu fassen. Nachdem jede Schale mit dem
Niihrboden beschickt ist, wird zunachst auf die Watte waBrige Pyrogallol-
losung geschiittet, dann die Schale geimpft mit der Kulturschicht nach
unten dariiber gehalten, Kalilauge auf die W T atte gegossen, die Schale
in den Plastilinkreis gedriickt und durch Verstreichen abgedichtet. Der
benetzte Wattebausch haftet geniigend am Glase, so daB die Schale, was
bei Gelatine erwiinscht sein kann, auch aufrecht mit der Deckplatte nach
oben aufbewahrt werden kann. Mit diesen Verfahren ist man in der
Lage, jederzeit die anaerobiotische Plattenkultur mit den im Laboratorium
vorhandenen Mitteln auf die einfachste und billigste Weise anzulegen.
Man kann Schalen jeder GroBe und auch solche nehmen, die niedriger
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 5. 22
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338
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
als 10 mm sind. Fiir groBe Schalen braucht man entsprechend mehr
Watte und alkalische Pyrogallollfisung.
Lentz laBt seine Zellulosefilze mit 1 g Pyrogallol tranken und beim
Gebrauch 15 ccm 1-proz. Kalilauge darauf fiieBen. Buchner schrieb
bei der ersten Angabe des Verfahrens (dieses Centralbl. Bd. 4. p. 149)
fiir seine Rohren 1 g Pyrogallol und 10 ccm Vio Kalilauge (1 Teil
Liquor kali caustici und 10 Teile Wasser) vor. Nach den Angaben in
Beil stein ist fiir die Absorption des Sauerstoffs am wirksamsten eine
Losung von je 0.25 g Pyrogallol in 10 ccm Kalilauge (spez. Gew. 1,050);
bei stfirkerer Konzentration der Kalilauge wird weniger Sauerstoff absor-
biert. Diese Kalilauge ist etwa 6,4-proz. und laBt sich aus offizineller
herstellen, wenn man auf 100 ccm vom spezifischen Gewicht 1,040 ungef&hr
175 ccm destilliertes Wasser gibt. Wie ich mich iiberzeugt habe, reicht
fur eine Buchnersche Rohre 0,25 g Pyro unter diesen Verhfiltnissen
aus, wer sicherer gehen will, nehme 0,5 g Pyro und 20 ccm jener Lauge.
In der Praxis hat man auch mit anderen Mengenverhaltnissen befriedigende
Ergebnisse erzielt, und das kommt fiir die Verwendung der kleinen
Wattebausche zu statten, die nicht soviel Fliissigkeit zu fassen vermogen.
Fiir die Kultur in der iiblichen Schale nehme ich nicht zu wenig Pyro,
0,5—1,0 g; diese Menge lost sich leicht in 1—l 1 /* ccm heiBem destillierten
Wasser. Von Kalilauge kann ebenfalls nach Belieben genommen werden,
z. B. 4—5 ccm vom spezifischen Gewicht 1,050 Oder eine starkere, die
offizinelle (ungefahr 15-proz.) mit gleichen Teilen Wasser verdiinnt, oder
eine starke, die doppelte, selbst die dreifach normale Lauge, kurz, man
ist nicht strong an die Mengen gebunden; so habe ich gleich zu An-
fang meiner diesbeziiglichen Untersuchungen 0,7 g Pyrogallol gelost in
1Y 2 —2 ccm Wasser genommen und dazu ebensoviel einer Kalilauge
gegossen, die sich bei der Titration als 8,5-proz. erwies. Anderseits
habe ich Tetanuskulturen noch mit 0,25 g Pyro in 1 ccm Wasser und
5 ccm Kalilauge von 1,056 spezifischem Gewicht bekommen, doch war
hier die Leistung bereits an der Grenze angelangt. Man wagt die fiir
die Kulturschalen bestimmte Menge Pyrogallol ab, gibt sie in ein Reagens-
glas und lost sie kurz vor dem Gebrauch in 1 ccm heiBem destillierten
Wasser fiir die Schale. In einem dritten Reagensglase steht die erforder-
liche Menge Kalilauge bereit. Die Pyrolosung vorher mit der Lauge zu
mischen und dann erst in die Schalen zu verteilen, ist unzweckm&Big,
weil dadurch die Wirksamkeit der Lfisung unnfitigerweise vorzeitig be-
eintrachtigt wird.
In jiingster Zeit hat Herr K. Wfircker unter meiner Leitung an-
gestellte Untersuchungen abgesclilossen, die sich in ihrem ersten Teile 1 )
ausfiihrlich mit der Technik der Anaerobiose beschaftigen. Er hat das
Glimmerplattenverfahren in der Weise ausgebildet, daB er die geimpfte
Agarschicht im Kulturschalchen mit dem Inhalte eines Agarrohrcbens
iiberschichtete und unter Vermeidung von Luftblasen auf den noch
flussigen Agar die Glimmerscheibe legte, deren Durchmesser hochstens
3 mm geringer war als der des Schalchens. Zur Abhaltung von Luft-
keimen wurde eine dritte Schicht Agar mit 5 Tropfen einer 5-proz.
Karbollosung dariiber gegossen. Die Verstreuung von Keimen fiber die
Nahrbodenschicht durch Kondenswasser, das bei gasbildenden Bakterien
ausgepreBt wird, wurde teilweise dadurch verhindert, daB der Agargehalt
1) Wiircker, Karl, Ueber Anaerobiose, zwei Faulniserreger und Bacillus botu-
linns. [Diss.) Erlangen 1910. (Sonderabdr. a. Sitzungsber. d. Physik.-med. SocielSt
Erlangen. Bd. 41. Mit 21 Photogr. auf 3 Tafeln.)
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Heim, Ueber anaerobiotieche Technik etc.
339
zu 3 Proz. genommen wurde. Bekanntlich gehen bei der Aussaat von
Anaerobiern viel weniger Keime an als bei den Aerobiern; die aus-
gekeiraten Kolonieen verhielten sich in gegossenen, bei gestrichenen
Platten und in hoher Schicht wie 1:8:12. Das Glimmerplattenverfahren
gelang aber nur mit Agar, nicht mit Gelatine.
Das Pyrogallolverfahren ist auBer an Einfachheit in dieser Beziehung
fiberlegen; denn mit ihm erzielte man auch auf Gelatineplatten An-
siedelungen.
Reduktionsmittel, wie Zucker, ameisensaures Natron und ahnliche
dem Nahrboden zuzusetzen, ist nicht erforderlich. Solche, die auch bei
Luftzutritt anaerobiotisches Wachstum fordern sollen, hat Wurcker
gepriift und strenge Anaerobier, wie Bac. tetani, Bac. putrificus,
bei Zusatz von Natriumsulfit und von Tierkohle mangelhaft, dagegen
mit Eisen, Steinkohle, Holzkohle und Koks mehr oder weniger leicht
gedeihen sehen.
Am besten hat sich bei seinen Untersuchungen eine Bouillon aus
frischer Rinderleber nach E. Pfuhl in hoher Sicht bewfihrt, wenn sie
nicht alter als 5—6 Tage war. Ihr Gehalt an reduzierender Substanz
lieB sie zur Bereitung von festen Nahrboden besser geeignet erscheinen,
als gewohnliches Fleischwasser fur die Ziichtung unter Luftzutritt und
unter SauerstoffausschluB, desgleichen zur Bereitung der Bouillon mit
Kartoffel- oder tierischen Organstiicken nach Th. Smith, Tarozzi
und Wrzosek. Durch diese Kombination hat Wurcker eine Kultur-
flussigkeit in Gestalt der Leber-Leberbouillon gewonnen, die linger
als andere fur die Ziichtung der Anaerobier brauchbar bleibt: Bouillon
aus Rinderleber, die zur Vermeidung von Triibungen l l / 2 Stunden und
vor der Verwendung noch 8 /* Stunde erhitzt werden soil, wird mit
Stiicken Pferdeleber versetzt, die zweckmaBigerweise vorher im Dampf
gekocht sind und zur Vermeidung des Beschmierens der Wande des
Reagensglases mittels eines entsprechend weiten Rohres eingeffihrt werden.
Rinderleber wird leicht schmierig und breiig und triibt dann, Pferdeleber
dagegen laBt bei einigermaBen vorsichtiger Einffihrung und Ueberschichtung
die Nahrfltissigkeit klar. Fur die gewohnlichen Zwecke gebe ich schon
der einfacheren Bereitung halber der iiblichen Bouillon mit Zusatz eines
Kartoffelstiickes den Vorzug; uberdies erfolgt, wenigstens beim Bac.
tetani und putrificus, die Sporenbildung in ihr rascher und besser
als in Bouillon mit Stiicken tierischer Organe oder in der Leber-Leber¬
bouillon.
Eine derartige Bouillon macht die Anwendung des Pyroverfahrens
zur Ziichtung in fltissigen N&hrmitteln entbehrlich. Deshalb besteht
raeines Erachtens zumeist kein Bediirfnis nach den von Lentz ange-
gebenen Stfiben aus gepreBtem FlieBpapier, die, wie die ringformigen
Plattenfilze, mit Pyrogallol getrankt im Handel zu haben sind, es sei
denn, daB man Massenkulturen in groBeren Mengen Bouillon, Serum-
bouillon oder Serum anlegen will, die in Buchner-Rfihren nicht Platz
finden. Aber auch fiir diesen Zweck gibt es bereits eine einfachere und
billigere Anordnung in Form der von Burri verbesserten Wri ghtschen
Methode. Nach Kiirsteiner wird in ein Reagensglas von etwa 25 ccm
Inhalt fiber die geimpfte Kulturflfissigkeit ein steriler trockener Stopfen
aus nicht hygroskopischer Watte, darflber hygroskopische Watte geschoben,
die mit 1 ccm 20-proz. Kalilauge getrankt wird und ein Gummistopfen
aufgesetzt (dieses Centralbl. Abt. II. Bd. 19. p. 24). In fihnlicher Weise
kann man auch groBere KulturgefSBe mit groBeren Mengen von Pyro-
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340
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
gallol und Kalilauge (allenfalls nach den eingangs erwahnten Gesichts-
punkten) sauerstofffrei raachen und den VerschluB anstatt rait Gummi-
stopfen mit Plastilin bewerkstelligen.
Was feruer die Untersuchungen von Wfircker fiber Bac. putri¬
ficus, botulinus und postumus betrifft, so fanden sich beini Bac.
putrificus Bienstock (AA m p; JG+) in der Literatur manche Un-
richtigkeiten und Liicken, von deren Richtigstellung hier hervorgehoben
sei: Die Sporen sind nicht trommelschlegelformig wie beim Tetanus-
bacillus, der sporentragende Bacillus putrificus hat vielmehrTennis-
schlager-, manchmal Clostridium -Form. Sporen in Leber-Leberbouillon
im siedenden Wasserbade geprtift, blieben 25—30, vereinzelt sogar 40 Min.
entwickelungsfahig, aber an Seidenffiden angetrocknet waren sie im Dampf
(Hamburger Apparat) in der Regel in 8—10 Minuten getotet, doch hielten
sie vielfach 12, mitunter auch 15 Minuten aus. Bezfiglich seiner Faulnis-
erregung ergab sich, daB EiweiB in Hiihnereiern nicht in jedem Falle
von ihm angegriffen wird, gekochtes EiweiB oder Fibrin in Bouillon
suspendiert unterlag der stinkenden Faulnis, wurde aber nicht bis auf
den letzten Rest aufgezehrt.
Dem Bac. putrificus vollkommen ahnlich erschienen zwei in
verschiedenen Jahren von Krai in Prag alsBac. botulinus bezogene
Kulturen; sie waren ebensowenig pathogen wie der Bac. putrificus,
und ein mit Bac. putrificus 8 Wochen hindurch behandeltesKaninchen
lieferte ein Serum, das diese vermeintlichen Botulinus-StSmme in
gleicher Hohe wie den Ausgangsstamm (1:1000) agglutinierte. Ein Ver-
gleich mit einem sicheren Botulinus-Stamm begegnete einigen Hinder-
nissen, da weder van Ermengem in Gent, noch das Pasteur sche
Institut in Paris, noch drei grOBere staatliche Institute Deutschlands uber
einen solchen verffigten, dagegen erhielten wir vom Institut fflr Infektions-
krankheiten in Berlin in dankenswerter Weise einen Stamm, der die Eigen-
schaften zeigte, wie sie van Ermengem beschrieben hat; er wurde
nicht vom Putrificu s-Serum agglutiniert. Ztichtungsversuche fiber
Pyrogallol in Buchnerschen Rohren waren nicht immer von Erfolg,
selbst nicht nach Einsaat in Leberbouillon. Als gtinstiges Substrat hat
sich die Leber-Leberbouillon bewahrt, in der der Bacillus zu groBen
Stabchen mit lebhafter Eigenbewegung heranwuchs.
SchlieBlich noch einige Worte fiber die beginnende Eiweififaulnis.
Wenn eiweiBhaltiges Material der stinkenden Ffiulnis anheimfallt, habe
ich bei meinen Untersuchungen fiber die Freimachung von Schutzstoffen
aus Geweben (Mfinchn. med. Wochenschr. 1909. p. 1) durch anaerobio-
tische Fermentation Stabchen vom Aussehen des Bac. putrificus nie
vermiBt. Die verarbeiteten Muskeln und Organe waren nicht frisch,
sondern mit Acetonfither oder Aceton entfettet und getrocknet, dann
gepulvert. Das aus nicht aseptisch gewonnenem Ausgangsmaterial her-
gestellte Pulver verfiel mit Wasser fibergossen der anaerobiotischen Ffiulnis
nach dem Prinzip der Tarozzi-Wrzosekschen Nahrmittel, selbst in
niedriger Schicht. Wenn man dagegen frische Fleischstficke in holier
Schicht in grofie Reagensglaser ffillt und Wasser zugibt, faulen ersicht-
lich nur die oberflachlichen Schichten, wfihrend die tiefer gelegenen
Wochen und Monate hindurch scheinbar frisches, ja noch schwach fleisch-
farbenes Aussehen behalten.
Wenn man die aus denaturiertem EiweiB entstandene Faulflfissigkeit
mikroskopiert, sieht man nach wenigen Tagen neben den erwfihnten
putrificusartigen Stabchen, die bald in Versporung tibergehen, ver-
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Blumenthal, Auftreten von Typhusbacillen in den Gallenwegen etc. 341
schiedenerlei Stecknadelformen, d. h. kiirzere und langere schlanke
Stabchen mit Kopfchensporen auftreten, die sich aber der Reinziichtung
unter aero- wie anaerobiotischen Bedingungen entziehen. Es erschien mir
wahrscheinlich, daB man Reinkulturen dieser borsten-, in der Versporung
stecknadelformigen Stabchen gewinnen konnte, wenn man ihnen ein vom
Bac. putrificus abgebautes Nahrmaterial geben wiirde, und daB sie
einmal reingeziichtet, moglicherweise auf gewohnlichen Nahrboden fort-
geziichtet werden konnten. Herr Wiircker hat diese Aufgabe in An-
grift' genommen, eine groBere Menge Leberbouillon mit Bac. putri¬
ficus geimpft, die 14 Tage alte Kultur im Dampf sterilisiert, zur
Entfernung der Bacillenleichen durch mein Asbestfilter geschickt und
mit dem Filtrat teils Nahragar, teils fliissige NShrmittel durch Mischung
der abgebauten mit frischer Bouillon bereitet. Durch das Glimmer-
plattenverfahren erhielt er aus der EiweiBfaulnis-Aussaat neben den
Putrificus-Stabchen die Stecknadelformen. Da sie beim Fortgange
der Faulnis immer erst nach der ersten Generation des Putrificus
auftreten, habe ich dem reichlich begeifielten Bacillus den Namen Bacillus
postumus gegeben. Es gelang nicht, EiweiB, das vom Bac. putrificus
noch nicht angegriffen war, wie Fibrin, HiihnereiweiB, Blutserum oder
Leberstiickchen mit ihm zu zersetzen, in der Kultur war niemals Garung
zu sehen. Jedenfalls greift der Bac. postumus erst die durch den
Bac. putrificus entstandenen Abbauprodukte an.
Nachdruck verboten.
Ueber das Auftreten von Typhusbacillen in den Gallen¬
wegen nach intravenoser Injection.
[Aus dem Bakteriologischen Laboratorium der Stadt Coin.
(Coiner Akademie fur praktische Medizin.)
(Direktor: Prof. Dr. Czaplewski).]
Von Dr. Ernst Blumenthal.
Es ist eine durch vielfache Untersuchungen bekannte Tatsache, daB
Typhusbacillen, die im Blute kreisen, ebenso wie viele andere Bacillen,
in die Galle iibertreten und dort nachgewiesen werden konnen 1 ) 2 ).
Da wir jetzt mit Sicherheit wissen, daB der Typhus zunachst eine
Ueberschwemmung des Blutes mit Typhusbacillen, eine Typh&mie, dar-
stellt und daB die Erkrankung der Darmschleimhaut ein sekundares
Stadium darstellt, so w&re es wohl denkbar, daB die Infektion des
Darmes durch die mit der Galle in den Darm gelangenden Bakterien
bewirkt wird 3 ).
Ware diese Annahme richtig, so konnte man vielleicht auch hoffen,
der lokalen Erkrankung dadurch vorzubeugen, daB man Mittel findet,
1) Koch, Joseph, Ueber Beziehungen der Staphylokokken und Streptokokkeu
zu den Gallenwegen. (Zeitschr. f. Hyg. Ba. 60. 1908. p. 335—374.) Daselbst ausfiihr-
liche Literaturangaben.
2) Chiarolanza, Raffaele, Experimentelle Untersuchungen iiber die Be¬
ziehungen der Typhusbacillen zu der Gallenblase und den Gallenwegen. (Zeitschr. f.
Hyg. Bd. 62. 1909. p. 11.)
3) Forster, J., Ueber die Beziehungen des Typhus und Paratyphus zu den
Gallenwegen. (Verhandl. d. Deutsch. Patholog. Gesellsch. XI. 1907.)
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342
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
die Bakterien bereits vorher unschadlich zu machen. Aber auch davon
abgesehen, wurde man der Typhusbekampfung einen grofien Dienst
leisten, wenn man die Typhusbacillen in der Galle vernichten konnte.
Es ist erwiesen, daB in einer nicht geringen Zahl der Falle die Er-
krankung auf BacillentrSger zuriickzufiihren ist, und daB diese in ihrer
Gallenblase einen oft auf Jahrzehnte hinaus nicht verloschenden Infek-
tionsherd mit sich herumtragen. Es gibt nun aber bisher trotz aller
dahingehenden Versuche noch kein Mittel, die einmal infizierten Gallen-
wege mit Sicherheit wieder von den Typhusbacillen zu befreien. Ehe
man jedoch an diese zwar schwierige, aber praktisch auBerst wichtige
Aufgabe herantritt, muB erst einmal der Mechanismus des Uebertrittes
der Bakterien in die Galle naher erforscht werden. Auch in theo-
retischer Hinsicht diirfte dies nicht ohne Interesse sein. Die Bacillen
konnen nun auf drei Wegen in die Galle gelangen, durch Ausscheidung
in der Leber, durch Durchwanderung der die Gallenwege umspinnenden
Kapillaren Oder durch Aszendieren vom Darm aus.
Jede der drei Moglichkeiten wtirde uns auf interessante Fragen der
pathologischen Physiologie fiihren.
Welches ist nun der Weg, den die Bakterien tats&chlich einschlagen?
Daruber, daB die Bacillen nicht aszendierend vom Darm aus in die
Gallenwege gelangen, sind sich jetzt alle Forscher, die sich die Frage
vorgelegt haben, einig. Dagegen besteht eine Meinungsverschiedenheit
in bezug auf die beiden anderen Moglichkeiten. Man sollte nun meinen,
daB die Frage sehr leicht im Experiment durch Unterbindung des
Ductus cysticus zu entscheiden ist. Werden nach intravenoser Injektion
bei unterbundenem Ductus cysticus Typhusbacillen in der Gallenblase
nachgewiesen, so miissen die Bacillen die Kapillaren der Gallenblase und
die Gallenblasenwand durchwandert haben. Bleibt der Inhalt der Gallen¬
blase nach der Unterbindung des Ductus cysticus jedoch frei von Typhus¬
bacillen, so ist damit bewiesen, daB der Ductus cysticus die Eingangs-
pforte fflr die Bacillen darstellt. Der Versuch ist denn auch von D o e r r
und in letzter Zeit von Chiarolanza ausgefuhrt worden, nur ist leider
das Resultat beider Untersuchungen ein ganz entgegengesetztes. Do err 1 )
unterband bei zahlreichen Kaninchen den Ductus cysticus. 3—5 Tage
nach der Operation injizierte er V»—1 Oese lebender Typhusbacillen
intravenos. 24 Stunden nach der injektion wurden sodann die Tiere
getotet, die Galle wurde steril entnommen und auf Bouillon und
Drigalski-Platten verimpft. Sie vvaren stets steril. Bei 3 Tieren, bei
denen der Ductus cysticus nicht unterbunden wurde, wurden Typhus¬
bacillen in der Galle nachgewiesen. Doerr kommt daher zu dein
Schlusse, daB die Bacillen in der Leber aus der Blutbahn ausgeschieden
werden. Das Intervall von 3—5 Tagen zwischen der Unterbindung und
der Injektion wurde eingeschoben, urn den Tieren Zeit zur Erholung
von der Operation zu gonnen und um den Uebertritt von Bacillen aus
eroffneten GefaBen zu verhuten.
Chiarolanza 2 ) macht gegen Do errs Versuchsanordnung zwei
Einwande. Erstens habe Doerr eine zu kleine Anzahl von Versuchen
gemacht. Auch ohne Unterbindung des Ductus cysticus bleibe die
Gallenblase in 26 Proz. der Falle steril. Es konne also ein Zufall sein,
1) Doerr, Robert, Experi men telle Untersuchungen fiber das Fortwuchern vod
Typhusbacillen in der Gallenblase. (Centralbl. f. Bakteriol. etc. Abt. I. Grig. Bd. 39.
p. 624.)
2) Chiarolanza, a. a. 0.
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Blumenthal, Auftreten ron Typhusbacillen in den Gallenwegen etc. 343
daB Do err bei den operierten Kaninchen keine Typhusbacillen gefunden
hat. Zweitens aber wtirden durch das lange Intervall zwischen Operation
und Injektion derartig veranderte Verhaltnisse gesetzt, daB man aus
diesen Versuchen fiir den normalen Hergang keine Schliisse ziehen
dtirfe. Chiarolanza injizierte daher die Bacillen unmittelbar im
AnschluB an die Unterbindung des Ductus cysticus. Man konnte wohl
Chiarolanza im zweiten Punkte recht geben, wenn nicht durch seine
Versuchsanordnung eine andere sehr bedeutende Fehlerquelle entstande.
Zwar sagt Chiarolanza, bei seiner Technik kfime kein Tropfen Blut
heraus, und selbst wenn dies der Fall wSre, wiirde es nie ins Innere
der Gallenblase gelangen. Ganz im Widerspruch dazu stehen aber seine
Versuchsprotokolle. Da heiBt es namlich: „Gallenblase voll von einer
blutigen Fliissigkeit“; „der Inhalt der Gallenblase ist eine dunkle
Fliissigkeit mit Spuren von Blut“; „in der Gallenblase eine rotliche
Fliissigkeit“; „Galle rotlich u 1 ). Es ist demnach sicher, wenigstens in
diesen Versuchen, Blut in die Galle flbergetreten. Es mussen also
GefSBe eroffnet gewesen sein und es ist ganz natflrlich, daB durch diese
eroffneten GefaBe Typhusbacillen in die Galle iibergetreten sind. Es ist
aber unmbglich, diese Versuche, wie es Chiarolanza tut, als Beweis
dafilr anzusehen, daB die Bacillen direkt durch die Kapillaren der Wand
der Gallenblase und der Gallengange in das Lumen der Gallenwege
vordringen.
Ich habe es daher unternommen, durch eigene Versuche die Frage
der Entscheidung nSherzubringen. Meine Technik war folgende: Als
Versuchstiere dienten Kaninchen. Unter aseptischen Kautelen wurde
in leichter Aethernarkose die Bauchhohle erdffnet, anfangs durch einen
dem Rippenbogen parallel gerichteten Schnitt, sp&ter durch einen Schnitt
in der Mittellinie, der sich mir vorteilhafter erwies. Der Ductus cysticus
wurde doppelt unterbunden und durchschnitten, darauf wurde die Wunde
vernaht. Nach einer Zeit, die bei den einzelnen Tieren aus den folgen-
den Tabellen ersichtlich ist, erhielt das Tier eine Aufschwemmung von
Typhusbacillen in physiologischer Kochsalzlosung in eine Ohrvene in-
jiziert. Im allgetneinen betrug die injizierte Dosis 1 Normalose einer
24-stiindigen Agarkultur des im Institute zur Agglutinationsprobe ver-
wandten Typhusstammes. Der Stamm wurde seinerzeit vom Hygienischen
Institut der Universitat Bonn dem Laboratorium iibermittelt. Nur aus-
nahmsweise, durch SuBere Umstiinde gezwungen, wurde eine altere Kultur
verwendet. In einigen wenigen Fallen, in denen die Kultur nicht reichlich
genug gewachsen war, habe ich eine Aufschwemmung der Kultur in-
jiziert. Die injizierte Menge betrug nach meiner Schatzung nicht viel
weniger als 1 Normalose. An dem auf die Injektion folgenden Tage
wurde in den meisten Fallen das Tier getotet, falls es nicht bereits ge-
storben war.
Das Tier wurde mit Aether narkotisiert, die Leber wurde heraus-
genommen, die Gallenblase wurde im Zusammenhang mit dem unmittel¬
bar benachbarten Lebergewebe abgetrennt, mit Alkohol befeuchtet und
kurze Zeit abgebrannt. Danach wurde die Galle mit Pasteurscher
Pipette entnommen und auf Lackmus-Milchzuckeragarplatten und in
Bouillon verimpft. Die Bacillen wurden durch ihr kulturelles Verhalten
auf Lackmus-Milchzuckeragarplatten und durch mikroskopische Aggluti¬
nation diagnostiziert. Das agglutinierende Serum, das den Titer 1:15000
1) a. a. 0. Tabelle III, Kaninchen 1, 2, 3; Tabelle IV, Kaninchen 5, 6.
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344
Centralbl. f. Bakt. etc. I Abt. Originale. Bd. 55. Heft 5.
hatte, stammte aus dem Institute fur Infektionskrankheiten zu Berlin.
Typhusbacillen wurden in der Verdiinnung 1:100 von deni Serum
momentan agglutiniert. Es hat sich nun gezeigt, daB manchmal in der
Bouillon noch Typhusbacillen wuchsen, selbst wenn die Platten steril
blieben. Dies Verhalten lieBe sich vielleicht auf bakterizide Fahigkeiten
der Galle beziehen, die durch die Verdiinnung mit Bouillon aufgehoben
worden sind. Aehnliche Beobachtungen wurden bereits von Ehret und
Stolz *) gemacht. Es wurde ferner Herzblut auf Bouillon und Lackmus-
Milchzuckeragarplatten sowie Ausstriche von der Leber auf Lackmus-
Milchzuckeragarplatten verimpft. Mikroskopische Praparate von der
Galle wurden stets angefertigt; die Gallenblase wurde sodann auf-
geschnitten und mit dem umgebenden Lebergewebe zusammen in
Paraffin eingebettet. Die Veriinderungen, die die Gallenblase und ihre
Umgebung (lurch die Operation erlitten hatten, waren verschieden, zu-
weilen waren so gut wie gar keine Verklebungen wahrzunehmen, zuweilen
jedoch war die Gallenblase in dicke fibrinose Belage eingebettet. In einigen
Fallen schien ein Teil der Leber nekrotisch geworden zu sein, die Nekrose
betraf jedoch nie die Wand der Gallenblase oder den Teil der Leber,
dem sie unmittelbar anlag. Leider gelang es mir fast niemals, eine
Blutung in die Gallenblase zu verhindern. Obgleich ich mir groBe Miihe
gab, war es nicht moglich, bei den zarten Verhiiltnissen, wie sie das
Kaninchen darbietet, den Ductus cysticus vollstandig von den begleiten-
den GefiiBen zu isolieren. Es werden bei der Unterbindung wohl stets
Venen mitgefaBt, so daB dadurch eine Stauung und im weiteren Verlaufe
eine Blutung ins Lumen der Gallenblase erfolgt. Auch die Unterbindung
des Ductus hepaticus, sowie eine Unterbindung, die, etwa in der Mitte
der Gallenblase angelegt, diese in 2 Teile teilte, liefi sich nicht ohne
Blutung ins Innere der Gallenblase bewerkstelligen. Da ich nicht in
der Lage war, an groBeren Versuchstieren, bei denen eine Isolierung
des Ductus cysticus wahrscheinlich leichter ware, zu operieren, so blieb
mir nichts anderes iibrig, als bei der Deutung meiner Befunde dieser
Blutung Rechnung zu tragen.
Ich lasse nunmehr meine Untersuchungsergebnisse in tabellarischer
Uebersicht folgen:
Tabelle 1.
Intravenose Injektion von Typhusbacillen ohne Unterbindung des
Ductus cysticus.
No.
Duturn der
Injektion
Zeitraum zwischen
Injektion und Tod
des Tieres
Art des Todes
Befund in der Gallenblase
1
13. 3. 09
38 Tage
getotet
Typhusbacillen mikroskopisch
2
13. 3. 09
47 „
tot aufgefunden
nachgewiesen
Typhusbac. (Lackmus-Milch-
zuckeragarplatte)
3
10. 5. 09
1 Tag
Typhusbac. (Lackmus-Milch-
23
4. 8. 09
10 Minuten
getotet
zuckeragarplatte)
Typhusbac. (Bouillon). Platte
steril
steril
32
3. 9. 09
7 „
33
3. 9. 09
07 , „
steril
34
11. 9. 09
7 „
»
Typhusbac. (Bouillon)
1) Ehret und Stolz, Experimentelle Beitriige zur Lehre von der Cholelithiasis.
(Mitteil. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chirurg. Bd. 6. 1900. Heft 3.)
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Blumenthal, Auftreten von Typhusbacillen in den Gallenwegen etc. 345
Tabelle 2.
Injektion sofort nach der Unterbindung des Ductus cysticus.
No.
Datum
Befund in der Gallenblase
Bemerkungen
8
21. 6. 09
Typhusbacillen (Bouillon)
Injektion von ’/* Normalose einer 24-stiin-
digen, aus der Gallenblase von Kan. 7
geziichteten Typhusbacillenkultur. Tier
nach 2X24 Stunden getotet
10
26. 6. 09
Typhusbacillen (Platte und
Bouillon)
Zur Injektion eine altere Kultur vervvendet.
Tier nach 3X‘24. Stunden getotet. Galle
flockig, gelblich-grun gefarbt
Aus den Tabellen ist folgendes zu ersehen: Bei 5 von 7 Tieren,
denen Typhusbacillen ohne vorherige Unterbindung des Ductus cysticus
intravenos injiziert wurden, konnte ich Typhusbacillen in der Gallenblase
nachweisen. Die beiden Tiere, bei denen die Galle steril blieb, wurden
bereits 5 Minuten nach der Injektion getdtet. Diese Versuche sollen
spiter noch ausfiihrlicher erbrtert werden. Bei 2 Tieren, bei denen die
Injektion unmittelbar an die Operation angeschlossen wurde, fanden sich
Typhusbacillen in der Gallenblase. Zu derselben Gruppe gehoren auch
die Tiere No. 24 und 21. Bei No. 24 wurde ein Teil der Gallenblase
abgebunden und die Injektion sofort danach vorgenommen. Bei No. 21
wurde die Unterbindung um den Ductus hepaticus gelegt, die Injektion
fand 5 Stunden nach der Operation statt. Der Bacillenbefund war bei
alien Tieren positiv. Ich habe bereits oben auseinandergesetzt, warum
diese Versuche nicht beweisend sind; ich habe sie nur ausgefuhrt, urn
zu sehen, ob ich bei gleicher Versuchsanordnung zu denselben Resultaten
wie Chiarolanza kommen wiirde. Dagegen war der Typhusbacillen-
befund in der Gallenblase, wenn ein Intervall von 1 Tage zwischen der
Unterbindung und der Operation lag, 4mal negativ, 2mal positiv; bei
einem Intervall von 2 Tagen 2mal negativ, 2mal positiv; bei einem
Intervall von 3 Tagen 5mal negativ und 2mal positiv. Es wurden also
im ganzen bei einem Intervall von 1—3 Tagen unter 17 Fallen 6mal
Typhusbacillen nachgewiesen, llmal dagegen nicht. Meine Versuchs-
resultate weichen demnach trotz ahnlicher Versuchsanordnung von den-
jenigen Do errs 1 ), der ein Intervall von 3—5 Tagen eintreten lieB, nicht
unerheblich ab. Trotzdem mochte ich mich der Ansicht Doerrs an-
schlieBen, daB die Bacillen in der Leber die Blutbahn verlassen und
mit der Galle in die Gallenblase eingeschwemrat werden.
Allerdings ist zuzugeben, daB ein eindeutiger Beweis durch meine
Versuche nicht erbracht ist. Dieser diirfte wohl iiberhaupt nicht am
Kaninchen, sondern hochstens an grofieren Versuchstieren moglich
sein. Ich mochte nun meine Ansicht in folgendem noch weiter be-
grflnden. Die positiven Befunde beiabgebundenem Ductus cysticus
lassen sich unschwer durch Blutungen, die in diesen Fallen etwas lMnger
angehalten haben, erklaren. Bei den Tieren mit negativem Befunde
aber mochte ich noch besonders die Aufmerksamkeit auf die Faile No. 17,
27 und 30 lenken. Hier wurden Typhusbacillen in der Leber nach¬
gewiesen, im Blute und im Gallenblaseninhalte jedoch nicht. Wenn die
Typhusbacillen sich in den Kapillaren der Leber angesammelt haben,
so liegt die Annahme nicht fern, daB sie von dort auf dem Wege der
Galle in die Gallenblase gelangt waren, wenn der Weg nicht durch die
1) a. a. 0.
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Blumenthal, Auftreten von Typhusbacillen in den Gallenwegen etc.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Unterbindung verschlossen gewesen ware. Hier an einen zufalligen
Fehlschlag glauben zu wollen, scheint mir nicht tunlich zu sein. Ich
sehe aber eine Stiitze fiir raeine Ansiclit auch noch in anderen Ver-
suchen, iiber die ich nunmehr berichten will.
Ich habe mir namlich die Frage vorgelegt, nach welcher Zeit die
intravenos injizierten Typhusbacillen in der Galle erscheinen. Ich laparo-
tomierte deshalb mehrere Kaninchen, eroffnete die Gallenblase im Fundus
mit dem Paquelinschen gluhenden Eisen und band ein Glasrohrchen
ein, das ich zur Wunde herausfiihrte. Bei den so vorbereiteten Tieren
war es dann moglich, beliebige Zeit nach der Injektion mit Hilfe einer
Pasteurschen Pipette Galle zu entnehraen. Leider verlieren diese
Versuche an Beweiskraft dadurch, daB selbst noch mehrere Tage nach
der Anlegung der Gallenfistel mikroskopisch Blut in der Galle nach-
weisbar war, sei es, daB trotz aller Vorsicht bei der Operation Blut
hineingeraten war, das langere Zeit dort verweilte, sei es, daB der Druck
des Rohrchens eine hamorrhagische Entzundung unterhielt. Jedenfalls
glaubte ich, da sich der Zeitpunkt der Blutung nicht feststellen lieB,
mich auf diese Versuche allein nicht verlassen zu diirfen, doch wurde
ich andererseits durch die Experimente an den Gallenfisteltieren darauf
liingewiesen, daB die Bacillen schon selir bald nach der Injektion in der
Galle nachweisbar sein konnten. Ich ging daher zu folgeudem Verfahren
iiber. Einem Kaninchen wurden Typhusbacillen intravenos injiziert.
Gleich danach wurde das Tier aufgebunden; 5 Minuten nach der In¬
jektion wurde in Aethernarkose die Bauchhohle eroffnet, wenige Minuten
spater war der Ductus cysticus mit Pdan seller Klemme gefaBt, so daB
keine Galle mehr in die Gallenblase hineingelangen konnte. Darauf
wurde die Leber herausgenommen und die Galle in der bei den vorher-
gehenden Versuchen beschriebenen Weise verimpft. Es ist mir so bei
einem Tiere (No. 23 meiner Protokolle) 10 Minuten nach der Injektion.
bei einem anderen (No. 34) schon 7 Minuten danach gelungen, Typhus¬
bacillen in der Gallenblase nachzuweisen. Diese Zahlen stimmen gut
mit anderen Angaben in der Literatur fiber den Uebertritt der Bakterien
in der Galle uberein x ) 2 3 * ) 8 ). Bei den Tieren No. 32 und 33 fiel der Ver-
such nach 7 bezuglich 6 1 /* Minuten negativ aus, vielleicht deshalb, weil
ich nicht, wie bei No. 34, die Gesamtmenge der Galle fiir das Kultur-
verfahren verwendete. Die beiden positiven Faile scheinen mir jedoch
zu geniigen, um zu zeigen, daB die Galle bereits wenige Minuten nach
der Injektion die Keime enthalt. Dieser schnelle Uebertritt der Keime
vom Blut aus in die Galle kann nun ganz wohl in der Leber stattfinden,
wo man sich eine Kommunikation zwischen BlutgefaBsystem und Gallen-
gefaBsystem vorstellen muB, wenn man auch noch keine genaue Kenntnis
von dieser Verbindung besitzt. Wollte man sich aber denken, daB die
Bacillen in der durch die Versuche festgestellten, kurzen Zeit, die un-
verletzte Wand der Blutkapillaren und das nicht ganz zarte Bindegewebe
der Wand der Galleng&nge und der Gallenblase durchwandern, so wurde
man eine Annahme machen, die in unseren bisherigen Kenntnissen der
Physiologie und Pathologie keine Stiitze findet. So scheinen mir also
1) Biedl u. Kraus, Weitere Beitriige uber die Ausscheidung der Mikroorganiswen
durch driisige Organe. (Centralbl. f. inn. Med. Bd. 17. 1896. p. 737.)
2) Futterer, Wie bald gelangen Bakterien, welche in die Portalvene eingedrungen
sind, in den groSen Kreislauf, und wann beginnt ihre Ausscheidung durch Leber und
Nieren? (Berl. klin. Wochenschr. 1899. p. 58.)
3) Pawlowsky, Zur Frage der Infektion und der Immunitat. (Zeitschr. f. Hvg.
Bd. 33. 1900. p. 261.)
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Klodnitzky u. Jordansky, Lebensdauer der Pestbacillen etc.
349
auch diese Versuche dafiir zu sprechen, daB die Bacillen auf dem Gallen-
wege in die Gallenblase gelangen.
Damit ist nun aber die Frage nach dem Mechanismus der Aus-
scheidung der Bacillen in der Leber noch in keiner Weise entschieden.
Entweder wird durch die in Masse in die Blutkapillaren geschleuderten
Bakterien, sozusagen das Filter undicht, die Kapillarwand zerreifit und
die Bacillen werden rein inechanisch in die Gallenkapillaren hineingespiilt;
oder die Ausscheidung ist eine Tatigkeit der Driisenzellen und die Leber
wiirde dann also auch lebendem Virus gegeniiber ihre Rolle als Ent-
giftungsorgan spielen. Ich mochte mich begniigen, darauf hinzuweisen,
daB hier ein Problem vorliegt, daB noch seiner Losung harrt.
Wenn ich nun zum SchluB auf die von mir eingangs erwahnten
Beziehungen zur menschlichen Pathologie des Typhus zurlickkomme, so
mochte ich folgenden SchluB aus meinen Untersuchungen ziehen.
Wenn die Bacillen in der Leber mit der Galle ausgeschieden werden,
so gibt es zwei Wege, auf denen man hoffen kann, ihnen beizukommen.
Erstens konnte man antiseptische Mittel anwenden, die ebenfalls in der
Leber ausgeschieden werden, so daB das ganze GallengefaB-
system von seinen ersten Anfangen an desinfiziert wird. Zweitens ware
zu versuchen, durch energische Immunisierung der Galle ein bakterizides
Vermogen zu verleihen. In beiden Richtungen liegen bereits Versuche
vor, in der ersten von Do err 1 ) mit Urotropin, in der zweiten an Tieren
von Forster und Ivayser 2 ). Wenn auch beide bisher keine befrie-
digenden Resultate erzielten, so laBt sich doch vielleicht hoflfen, daB es
noch einmal durch verbesserte Technik gelingen wird, die Typhusbacillen
in den Gallenwegen zu vernichten und damit der Typhusbekampfung
einen wichtigen Dienst zu leisten.
Nachdmck vcrboten.
Weitere Beobachtungen liber die Lebensdauer der Pest¬
bacillen im Organismus der Wanzen.
[Aus dem Bakteriologischen Laboratorium des Ministeriums des Innern
(Astrachan).J
Von N. Klodnitzky und V. Jordansky.
Bereits im Jahre 1907 berichteten wir (1) liber die Ver&nderungen
der Pestbakterien im Organismus der Wanzen.
Wir konnten damals feststellen, daB es 4—5 Tage nach der Infektion
zur kolossalen Vermehrung der Pestbacillen im Magen der Wanze zu
kommen pflegt und daB noch nach 35 Tagen die Bakterien in der infi-
zierten Wanze nachweisbar sind (bakteriologischer Nachweis und Tier-
versuch). Wenn die Pestbacillen auch im Blute der infizierten Maus noch
nicht nachgewiesen werden kbnnen, so ist dennoch das Blut der Maus
1) a. a. 0.
2) Forster u. Kayser, Ueber das Vorkommen von Typhusbacillen in der Galle
von Typhuskranken und Typhusbacillentragern. (Miinchn. med. Wochenschr. Bd. 52.
1905. p. 1473.)
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 5.
(direkt aus dera Herzen gewonnen) sehr virulent und totet eine Normalmaus
in sehr kleinen Dosen in kiirzester Zeit LaBt man eine Wanze das Blut
von solcher Maus saugen, so zeigt es sich, daB die virulente Eigenschaft des
Blutes auch im Wanzenorganismus wakrend mehrerer Tage erhalten bleibt.
Durcli weitere Beobachtungen konnen wir unsere damaligen Befunde
bestatigen und wesentlich erweitern. Obgleich die folgenden Versuche
nicht zahlreich sind, sind sie doch von einem gewissen Interesse, und
konnen als Wegweiser fur weitere Untersuchungen dienen. Deswegen
erlauben wir uns, diese Versuche mitzuteilen:
3. Juli 1907. Subkutane Infektion einer Maus mit 0,2 ccm einer
Laboratoriumspestkultur. Exitus nach 3 Tagen. 6 Stunden vor dera
Tode werden im Blute Pesthacillen nachgewiesen. 3 Stunden spater,
d. h. 3 Stunden vor dem Tode, werden 13 Wanzen zum Blutsaugen auf
die infizierte Maus gesetzt und danach bei Zimmertemperatur aufbewahrt.
Nach 83 Tagen (am 27. Sept.) sind von den 13 Wanzen noch zwei
am Leben, die zum Blutsaugen auf ein gesundes Meerschweinchen ge¬
setzt werden.
1. Wanze. 5 Tage spater (am 2. Okt.) wird aus einer der am
Leben gebliebenen Wanzen mit einer Pasteurschen Pipette Blut ent-
nommen, eine Kultur angelegt und Blutausstrichpraparate verfertigt. Die
Bluttrockenpraparate weisen eine groBe Menge kleiner, dicker Bakterien
auf, die zum Teil durch angefressene Enden und durch bipolare Farbung
gekennzeichnet sind. In der angelegten Kultur werden bereits nach
24 Stunden kleine Ketten (aus 3—4 Bakterien bestehende mit Polar-
f&rbung) nachgewiesen und nach weiterem Wachstum wird die typische
reine Pestkultur erhalten.
Mit 0,1—0,2 ccm dieser eint&gigen Kultur werden 2 Mause infiziert,
von denen die eine nach 48 Stunden, die zweite nach 51 Stunden ein-
geht. Bei der Sektion waren ein stark ausgebildetes Oedem des Unter-
hautzellgewebes, stark vergroBerte Milz und ausgeprSgte Bubonen vor-
handen. Bei mikroskopischer Untersuchung werden die Pestbacillen in
enormer Menge gefunden. Die angelegte Kultur erwies sich als eine
Reinkultur von Pestbacillen.
Durch Verreiben der Wanze 1 mit 1 ccm Bouillon wird eine Emulsion
hergestellt, und eine Oese davon in Bouillon aufgeschwemmt. Es wird
am 3. Tage erst ein Wachstum der Bakterien nachgewiesen. Anfangs
besteht die Kultur aus reinen Pestbacillen, zu denen erst spater sich
Kokken hinzugesellen.
Bei Prufung der Emulsion im Tierversuche erwies es sich, daB
bei subkutaner Verimpfung einer groBen Dosis == 0,25 ccm die Maus
am Leben blieb, wahrend eine viel kleinere Dose (nach Aufsaugen der
Emulsion aus dem Blocksch&lchen wird letzteres mit 1 ccm Bouillon
ausgewaschen und 0,3 ccm der Bouillonwaschflflssigkeit ins Peritoneum
der Maus eingespritzt) den Exitus einer Maus nach 60 Stunden hervor-
rief. Dasselbe pathologisch-anatomische Bild, das fur Pest charakteristisch
ist, war auch in diesem Falle vorhanden: Subkutanes Oedem, Milzver-
groBerung und mikroskopischer Nachweis von Pestbacillen, deren Natur
durch Anlegen einer Kultur sichergestellt werden konnte.
2. Wanze. Am 2. Okt. morgens noch lebend, am Abend desselben
Tages wird sie tot aufgefunden. Beim Anfertigen von Ausstrichpr&pa-
rateu werden nur wenige pestbacillenahnliche Bakterien gefunden.
Bei Aussaat einer kleinen Blutmenge aus der Wanze auf Bouillon
wSchst schon nach 24 Stunden eine reine Pestkultur.
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Klodnitzky u. Jordaneky, Lebensdauer der Pestbacillen etc.
351
Bei Impfung von Mausen mit 0,1—0,2 ccm dieser Bouillon subkutan
gehen sie nach 46 und 70 Stunden zugrunde unter dem ausgesprochenen
Bilde der Pest.
In gleicher Weise wie im vorigen Versuch, wird eine Emulsion mit
2 ccm Bouillon hergestellt. Die aufgegangene Kultur erwies sich als
eine Mischkultur (Kokken und Pestbacillen).
Eine Maus, die mit 0,3 ccm der Emulsion subkutan geimpft wurde,
verendete nach 75 Stunden. Die Sektion ergab: Nekrose an der Ein-
stichstelle, kolossales subkutanes Oedem, sehr groBe Milz und Bubonen.
Auf den Ausstrichpraparaten sehr viele Pestbakterien nachweisbar. Aus
dem Blute wird eine Bouillon-Pestkultur erhalten.
Ganz gleiche Resultate erzielten wir auch bei Versuchen, bei denen
die Pestbakterien 7, 11 und 15 Tage in der Wanze vorhanden waren.
Diese Ergebnisse sind ganz analog denen, die wir bereits im Jahre 1907
mitgeteilt haben.
In 2 Fallen erwiesen sich die Wanzen infektios noch am 19. und
31. Tage. Ein gesundes Meerschweinchen, auf das die betreffenden
(2 letzten) Wanzen gesetzt wurden, erkraukte und fiel am 6. Tage, doch
konnte man keine Bakterien auf den Ausstrichpraparaten und kulturell
nachweisen. Eine Untersuchung der Wanzen nach weiteren 5 Tagen er¬
gab dieselben Resultate, wie die vorigen Resultate (Bakteriennachweis
und positiver Tierversuch).
Sehr interessant sind auch die Versuchsergebnisse bei subkutaner
Infektion von Mausen mit 0,1 bezw. 0,2 ccm einer 10-tfigigen Bouillon-
kultur, die direkt aus der infizierten Wanze geziichtet wurde. Die Mause
verendeten 6 resp. 20 Stundfen post infectionem. Im ersten Falle
(Exitus nach 6 Stunden) sahen wir kleine Bubonen, im zweiten groBe
Bubonen auftreten.
Die Anlegung von Pestkulturen (post mortem) gelang aber weder
in dem einen noch in dem anderen Falle. Im Ubrigen war sowohl im
ersten als auch im zweiten Falle Milz- und LebervergroBerung bemerk-
bar. Ganz ahnliche Resultate erhielten wir auch bei der Obduktion eines
Kirgisen in Tasaral (kirgisische Steppen): Mause, die subkutan mit
Blut aus der Leiche geimpft wurden, gingen steril ein, wahrend bei In¬
fektion auf peritonealem Wege der bakteriologische Pestnachweis
geftihrt werden konnte. Versuche, die in dieser Richtung zur Erklfirung
des beobachteten Phauomens angestellt wurden, sind noch nicht zum
AbschluB gelangt.
Ftitterungsversuche, in denen wir 1—3 infizierte Wanzen Mausen,
Kaninchen und Meerschweinchen zu fressen gaben, ergaben kein ein-
deutiges Resultat. Die Tiere erkrankten zwar, verloren den Appetit,
doch erholten sie sich bald wieder und blieben spater gesund.
Die Frage der Virulenzerhfihung bei Passage der Pestbacillen durch
den Organismus der Insekten konnten wir in Anbetracht von gewissen
auBeren Umstanden nicht endgiiltig losen. Auf jeden Fall geht aber aus
den Versuchen hervor, daB die Infektion von ^ausen mit dem Inhalt von
infizierten Wanzen bezw. mit einer Reinkultur, die aus dem Magen-
inhalte der Wanzen geziichtet werden konnte, ein viel schwereres patho-
logisch-anatomisches Bild ergibt, als bei der Infektion mit einem von
unseren 4 Laboratoriumsstammen.
Unsere Befunde fiber die Lebensdauer der Pestbacillen im Organis¬
mus der Wanze stehen in einem gewissen Parallelismus zu den Ergeb-
nissen der Englischen Kommission. Die Untersuchungen der Englischen
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352
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Kommission beziehen sich auf die Feststellung der Lebensdauer der Pest-
bakterien im Organismus von Flohen. Nach den angeffihrten Befunden
zeigte es sich, dafi die Lebensdauer der Flohe als solche nur eine sehr
begrenzte ist (bis 4 Wochen) und daB bei Infektion der Fl5he mit Pest¬
bakterien letztere bis 15 Tage in ihnen nachweisbar sind. Unsere Ver-
suche, die eine Lebensdauer der Pestbakterien von 3 Monaten in Wanzen
sicherstellen, iibertreffen in dieser Beziehung die Ergebnisse der Unter-
suchungen von der Englischen Kommission und zeigen die eminente
Bedeutung gewisser Insekten (speziell Wanzen) fur die Frage der Epi-
demiologie der Bubonenpest. Auffallig ist es, daB bisher den Unter-
suchungen fiber die Lebensdauer der Pestbakterien in Wanzen so wenig
Beachtung und Wfirdigung gezollt wurde. Nutt all stellt 5 Tage,
Wiersbitzky 9 Tage als Maximum der Lebensdauer von Pestbakterien
im Wanzenorganisraus fest.
In Anbetracht unserer, wie uns scheint, eindeutigen Versuche er-
heischen die diesbezfiglichen, in der Literatur vermerkten Untersuchungen
jedenfalls eine Revision.
Literatur.
1) Jordansky, V. J. u. Klodnitzky, N. N., Wiestnik gygienv etc. 1907. Mai.
I Russischl; Annal. de l’Inst. Pasteur. 1908. p. 455 (ref. iu diesem Centralbl. Abt. I.
Bd. 45. Refer, p. 718).
2) Wiersbitzky, D. T., Inaug.-Diss. St. Petersburg 1904. [Russisch.]
3) Nutt all, G., Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 22. p. 87; Ref. Bd. 26. p. 263.
4) Bericht liber die Pestforschung in Indien. (Centralbl. f. Bakt. Abt I. Ref. Bd. 40)
p. 640-643.)
yaehdruck verbolen.
Recherches experimentales sur le streptocoque de
la gourme.
[Laboratoire de bact^riologie vdt^rinaire de l’arm4e Italienne, Rome.]
Par le Dr. Antonio Pricolo.
Caractfcres morphologiques.
Morphologie. Le streptocoque de la gourme forme des chaines
tantot longues, tantfit courtes. Signal6es d4j& comme constantes dans
le pus des abcbs gourmeux, dans les cultures en bouillon et en bouillon-
s4rum, les chaines longues ont 6t6 rencontrdes par moi aussi dans le
sang de cheval et de rat. Dans les exsudats pleuraux on trouve en
g6n6ral des coques et diplocoques et de courtes chaines, et lorsque les
coques sont trbs nombreux ils forment des mosalques et tapissent
compl&tement les champs du microscope.
Les singles 616ments pr^sentent une grosseur variable: trfes petits
dans les exsudats du chien sont aussi gros & simuler des 616ments de
staphylocoque dans les cultures sur gdlose.
Coloration. Ils se colorent avec toutes les couleurs d’aniline et
ils prennent aussi le Gram 1 ).
1) C’est il tort que Kolle et Hetsch affirment que le streptocoque de la gourme
ne prend pas le Gram. (Kolle u. Hetsch, Experimentelle Bakteriologie u. Infektione-
krankheiten.)
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Pricolo, Reeherches exp^rimentales sur Ie streptocoque de la gourme. 353
Capsule. On peut mettre en Evidence une capsule constante dans
le sang de la souris blanche: la capsule le plus souvent fait d6faut dans
le sang de la souris grise. La coloration d’aprks la m6thode Marino
fait ressortir une capsule en forme d’un halo clair entourd d’un cercle
rougeatre.
Caractkres des cultures.
Le bouillon simple ou glyc6rin6 reste limpide si le streptocoque
n’est que trks peu virulent; le meme bouillon se trouble si le strepto¬
coque est assez virulent. La presence de 1 % de glycose dans le bouillon
rend la culture plusieurs fois plus abondante.
Dans le s6rum sanguin liquide de cheval la culture est maigre.
Dans le bouillon additionn6 de s6rum liquide de cheval on obtient une
culture abondante ressemblant k des flocons de nuage blanc.
Le bouillon-s6rum glycos6 se trouble et les microbes forment aussi
un d6pot jaune-canarin au fond. La couleur jaune provient de la matikre
colorante qui se s6pare du s6rum de sang de cheval.
Sur la g61ose en surface il se forme une mince trainee grise trans-
parente. Si les colonies sont trks peu nombreuses elles sont larges,
rondes, souvent entour^es d’une aureole.
Sur pomme de terre la culture n’est pas visible, mais on peut
d6montrer la presence des streptocoques au microscope.
La gelatine n’est pas Iiqu6fi6e.
Le lait n’est jamais coaguld.
Dans les bouillons additionn6s de 1 % de mannite ou respectivement
de levulose, d’inuline, de lactose, de salicine, le streptocoque de la gourme
cultive sans d6velopper de gaz. lilgalement dans la gllose additional
de 1 % de mannite ou de lactose ou de salicine ou d’inuline les caractkres
de la culture restent les mgmes que ceux de la culture dans la g61ose
simple. On n’obtient aucun d^gagement gazeux.
Le streptocoque ne cultive pas dans le liquide filtr6 de ses cultures;
cette loi est constante. Mais j’ai aussi constat6 que le diplocoque de
Fraenkel, le bacille du rouget et le bacille de la pseudo-tuberculose
du cobaye eux aussi ne se developpent pas dans ce liquide. Cependant
ce moyen ne peut servir en g6n6ral au diagnostic diff6rentiel.
Le streptocoque de la gourme cultiv6 dans des plaques d’agar-sang
y produit le phSnomkne de l’h^molyse aussi bien que le streptocoque de
l’erysipkle, c’est-k-dire qu’il dissout l’h6moglobine de faqon que chacune
de ses colonies s’entoure d’un halo clair de l’6tendue de 2—4 mm, d’oh
l’hSmoglobine a complkteraent disparu. Pourtant le streptocoque de la
gourme appartient k la classe du Streptococcus longus seu ery-
sipelatos.
Virulence.
La virulence du streptocoque gourmeux est trks variable mSme pour
la souris, qu’on peut tuer quelquefois avec 0,5 c. c. de culture d’un
streptocoque tir6 directement du cheval, tandis que quelquefois il faut
jusqu’k 4c.c. de culture pour produire le meme effet. L’inoculation de
0,25 c. c. de pus gourmeux n’a occasion^ que des ph6nomfenes locaux
sans produire la mort.
Le cobaye r^siste k l’inoculation dans la cavit6 pleurique ou p6ri-
ton6ale de 5 k 10 c. c. de culture en bouillon. Il faut de 20 k 30 c. c.
de la dite culture pour tuer shrement le lapin. Si l’on tue le cobaye
24 heures aprks l’inoculation en cavit6 pleurique de 5 c. c. de culture
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 5. 23
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354
CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
de streptocoques en bouillon, tandis qu’il montre d’etre en pleine sante,
on ne rencontre aucune alteration au point de l’inoculation et pas m§me
de streptocoques dans la cavit£ thoracique.
Pour tuer le chien il faut des doses variables de 50 & 500 c. c. de
culture en bouillon inocul£e dans la cavit6 thoracique.
Le rat (Mus decuman us) est sensible a l’inoculation du strepto-
coque rendu virulent par des passages successifs chez le cobaye. La
quantity de culture n4cessaire & produire la mort est en g4n£ral aussi
grande que la dose moindre 16thale pour le cobaye, qui pour notre
echantillon varie de 0,10 k 0,05 c. c. L’inoculation est pratiqu^e dans
la cavit6 p6riton6ale.
Mon 6chantillon de streptocoque tue le cobaye en moins de 24 heures
lors d’inoculation dans la cavity pleurique. On trouve k l’autopsie du
liquide seul ou avec des flocons fibrineux. On peut trouver aussi des
foyers d’h6patisation du poumon.
Chez le lapin la mort arrive le plus souvent en 24—48 heures;
mais elle peut aussi etre tardive et arriver au septi&me ou au quinzi&me
jour apr^s l’inoculation. On rencontre k l’autopsie les memes alterations.
Chez la souris grise et la blanche on rencontre de grandes quantity
de streptocoque dans le sang: dans nos nombreux experiments nous
n’avons pas remarque de faits metastatiques. Chez la souris grise parfois
nous avons observe la necrose locale, mais alors la souris a survecu.
Nous avons obtenu la mort du chien avec des quantites de culture
en bouillon variables de 50 k 500 c. c. On observe une grande agitation,
l’animal montre de ressentir de vives douleurs et il y a de la diarrhee;
la mort survient en moins de 24 heures. Deux fois la mort est arrivee
respectivement 7 et 15 jours aprfcs l’inoculation. On trouve h l’autopsie
une pleur^sie h6morrhagique, sero-fibrineuse ou purulente.
R6ceptivitd des oiseaux.
Les oiseaux sont estim6s complement r6fractaires aux streptocoques*).
J’ai inocul6 trois moineaux avec 0,05 de culture en bouillon de mon
streptocoque et ils sont morts le lendemain en moins de 24 heures,
aprfcs avoir montr6 des symptomes de maladie, tandis que le t6moin a
surv6cu. Le sang des moineaux a fourni des cultures qui avaient pour
le rat la virulence de la culture originaire.
La poule s’est montrSe compl&tement r6fractaire.
Virulence du streptocoque apr&s des passages
dans plusieurs esp&ces.
Le streptocoque de la gourme, repris d’un chien de grosse taille
mort de pleur^sie 7 jours apr&s l’inoculation de 250 c. c. de culture de
streptocoque en bouillon glycos6, tua un cobaye de 700 g en 36 heures
k la dose de 0,10 c. c. de culture en bouillon-s6rum.
Le mthne streptocoque pass6 par le moineau conserve sa virulence
inaltGree pour le rat et le cobaye, comme le streptocoque tr&s virulent
pour le cobaye conserve inalt6r6e sa virulence pour ce dernier animal
aprfcs plusieurs passages chez la souris et chez le rat.
Le m£me streptocoque rendu virulent par des passages successifs
chez le cobaye, tue les lapins par inoculation thoracique d’une dose
de 0,5 c. c. dans un d£lai variable de 24 heures k 7 jours.
1) Kolle u. Hetsch, Die experimentelle Bakteriologie und die Infektionskrank-
heiten. Berlin u. Wien (Urban & Schwarzenberg) 1906.
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Pricolo, Recherches expdrimentales sur le streptocoque de la gourme. 355
On peut conclure qu’un streptocoque virulent pour une esp&ce,
conserve sa virulence pour cette espfece meme apr&s plusieurs passages
par d’autres especes plus ou moins susceptibles.
Ldsions d’anatomie pathologique chez le cobaye
et chez le lapin.
Inocul6 dans le tissu sous-cutane le streptocoque occasionne erysip&le
ou anasarque diffuse, ou l’une et l’autre en merae temps: inocul6 dans
la cavit6 abdominale, il cause une p^ritonite s6ro-fibrineuse; inocul6
dans la cavit6 thoracique, il provoque une pleur6sie s6ro-fibrineuse et
en raeme temps une p6ricardite de la mfime nature.
Quelquefois chez le lapin ainsi que chez le cobaye on trouve de
vrais foyers d’h^patisation pulmonaire.
Conservation de la virulence.
Des cultures en gelatine prises directement du sang du coeur des
animaux morts k la suite de l’inoculation de culture de streptocoque en
bouillon, maintenues k la glacifere pendant 1 mois, ont montrd de poss6der
inalter6e leur virulence primitive. Le meme r6sultat nous avons obtenu
avec des cultures en bouillon-s6rum conserves dans des tubes scelles
k la flamme. Ces cultures etaient encore virulentes apr&s trois mois de
s6jour k la glaci&re.
Agglutination des streptocoques.
Des 6preuves maintes fois r6pet6es m’autorisent & conclure: «Le
serum des chevaux inocul^s dans les veines avec des doses croissantes
de culture de streptocoque en bouillon ou des chevaux trails par l’in-
oculation sous-cutan6e d’exsudats streptococciques n’explique aucune
action agglutinante».
J’ai r6p6t6 les essais en employant plusieurs m6thodes et en me
servant de sdrums auxquels j’avais pu reconnaitre une sfire action
immunisante, mais j’ai toujours failli de mettre en Evidence une action
agglutinante quelconque. Les r6sultats ont 6t6 constants: le s6rum des
chevaux immunises pendant un temps trfes long ou pendant une pdriode
de quelques mois seulement n’explique aucune action agglutinante
appreciable au sujet du streptocoque homologue.
Propri6t6s h^molytiques du Streptococcus equi.
Le streptocoque de la gourme poss&de des propri6t6s h6molytiques.
Lorsque le streptocoque est cultivd dans des plaques d’agar-sang d’apr&s
la m6thode de Schottmiiller, chaque colonie s’entoure d’une zone
claire, d’oil l’h^moglobine a compl&tement disparu. CultivS dans du
bouillon-sang il change les caractfcres du liquide, qui d’opaque devient
transparent et de rouge-cerise qu’il 6tait, prend une coloration rouge-rubis.
La propri6t6 h6molytique revient aussi en petite partie au liquide
filtr6 des cultures.
Bact6riolysines des streptocoques.
Le s6rum des chevaux trails avec des cultures de streptocoque ne
possfede aucune propri6t6 bact^riolytique vers le meme streptocoque, qui
au contraire cultiv6 tr6s bien et forme des flocons abondants dans le
melange de s6rum-bouillon. Les r6sultats sont les memes, tant si Ton
emploie du s6rum frais une heure apr&s la saign^e que si l’on emploie
du s6rum extrait du caillot 24 heures apr&s la saign6e.
23*
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356
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Notre s6rum est produit moyennant l’inoculation intraveineuse aux
chevaux de cultures de streptocoques en bouillon & la dose de 100 k
500 c. c. et moyennant l’inoculation sous-cutande de 20 k 50 c. c. d’exsudat
thoracique de cobayes raorts & la suite de l’inoculation de 0,10 c. c. de
culture en bouillon dans la cavite pleurique.
En g4n4ral on a fait suivre une inoculation d’exsudat & une injection
intraveineuse ou vice versa.
Propri6t4s immunisantes du s6rum.
La dose 16thale moindre de culture en bouillon de mon streptocoque
pour le lapin est 0,05 c. c. La table suivante montre les details des
experiments. On injectait le serum dans la cavity p4riton4ale et l’on
inoculait la culture dans la cavit6 pleurique. On ne r4ussit pas toujours
k sauver l’animal de la mort; mais meme dans ce cas on assure la
survie d’un jour ou deux de l’aniinal traits avec le s4rum sur les
tSmoins.
Le titre immunisant de notre s4rum est 4gal celui du s4rum
normal, c’est-k-dire qu’il renferme une unit6 immunisante dans 1 c. c.
L’unit6 immunisante est la quantite du s4rum capable de sauver de la
mort 25 kg de lapin.
Experiments sur le pouvoir immunisant du serum.
Espfcce de
l’animal
Quantite de serum inocuiee
sous la peau
Date
Lapin No. 1
8. 2. 08
1,0 c.c.
„ „ 2
8. 2 . as
,, i) 3
11. 2. 08
0,50 „
„ ,, 4
11. 2. 08
16. 2. 08
0,75 „
„ „ 6
16. 2. 08
18. 2. 08
0,75 „
» i, 8
18. 2. 08
,, „ 9
26. 3 08
0,50 „
to
26. 3. 08
„ „ 11
3. 4. 08
0,50 „
„ d 12
3. 4. ce
„ >• 13
6. 4. 08
0,5 „
,, ,, 14
6. 4. OS
0,25 „
6. 4. 08
0,20 „
„ „ 16
6. 4. 08
„ „ 17
6. 4. 08
,y 77 18
8. 4. 08
0,5 „
„ 19
8. 4. 08
„ „ 20
25. 5. 08
1.5 „
„ „ 21
25. 5. 08
1,0 „
,, 22
25. 5. 08
1,5 .,
„ „ 23
25. 5. 08
1,0 „
„ 24
25. 5. 08
1,0 „
„ „ 25
25. 5. 08
... 26
25. 5. 08
Quantite de
culture inocuiee
dans la cavite
pleurique
Exitus
Date
0,5 c.c.
10 . 2 . 08
mort
0,25 „
9. 2. 08
77
0,25 „
29. 2. 08
survit
0,10 „
12. 2. 08
mort
0.25 „
29. 2. 08
survit
0,10 „
17. 2. 08
mort
0,50 „
29. 2. 08
survit
0,10 „
19. 2. 08
mort
0,25 „
10. 4. 08
survit
0,10 „
2. 4. 08
mort
0,25 „
20. 4. 08
survit
0,10 „
4. 4. 08
mort
0,25 „
20. 4. 08
survit
0,8 „
8. 4. 08
mort
0,5 .,
8. 4. 08
0,10 „
7. 4. OS
0,10 „
7. 4. 08
25. 4. 08
survit
0,10 „
9. 4. 08
mort
0,75 „
5. 6. 08
survit
0,75 „
5. 6. 08
0,85 „
5. 6. 08
0,85 „
5. 6. 08
0,9 „
5. 6. 08
0,10 „
26. 6. 08
mort
0,10 „
27 . 6 . ce
77
Des milliers d’observations pratiques semblent prouver que notre
s4rum est dou4 de propri4t6s th4rapeutiques et pr4ventives contre la
gourme.
J’ai recueilli 500 cas de gourme trait4s par le s4rum: il s’agit de
cas graves, car les cas b4nins gu6rissent sans besoin d’intervention
m4dicale. Nos cas se rapportent a des formes de gourme septic4miques
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Pricolo, Recherches expdrimentales sur le streptocoque de la gourme. 357
(anasarque, complications visc^rales) ou de pharyngite phlegmoneuse et
d’autres formes malignes de la maladie. Parmi les 500 cas recueilli 10
sont morts, ce qui reprdsente une mortalite inferieure a la mortality
generate.
Plusieurs praticiens ont remarque que sous Taction du serum la
maladie revet une marche plus rapide et plus regultere, d’autres aussi
nombreux ont remarque la disparition rapide des phenontenes catarrhaux.
On a trouve aussi que des jetages gourmeux opiniatres disparaissent
apr&s l’emploi de quelques doses de serum. Jusqu’ici presque tous les
cas d’anasarque trails par le serum ont gu6ri. Le serum semble done
exercer un effet heureux sur les catarrhes gourmeux, sur les cedfemes et
sur la marche de la maladie. Comme Ton pouvait pr^voir il n’a aucun
effet sur les abces dej&. formes.
Encore d’une propriete d’un serum de cheval prepare
avec des exsudats streptococciques.
On a avance que le phenontene ddcrit par moi 1 2 ) peut-§tre doit se
rapporter k l’anaphylaxie. Neamnoins il n’a rien k faire avec l’ana-
phylaxie, d’abord parce qu’il se prdsente d’emblee sans repetition des
inoculations et puis parce que je n’ai pas employe des cultures en
bouillon-serum dans des inoculations successives. Je rapporte d’autres
experiments a ce sujet. On inoculait dans la cavite pleurique 1 goutte
de sang virulent de cobaye dilue dans 1 c. c. d’eau physiologique: on
inoculait le serum dans la cavite abdominale.
Experiments sur les propriety aggressiniques du serum.
Animal
d’expdriment
Date
Quantity
de s4rum
inocul^e
Date
Quantity
de sang
virulent
inocul^e
Date
Exitus
Cobaye No. 244
28. 3. 10
1 C.C.
28. 3. 10
0,05 c.c.
29. 3. 10
mort en 15 heures
„ „ 245
28. 3. 10
1 ..
28. 3. 10
0,05 „
29. 3. 10
„ „ 18 ,.
„ „ 246
28. 3. 10
1
29. 3. 10
0,05 „
29. 3. 10
„ „ 20 „
„ „ 247
28. 3. 10
1 „
29. 3. 10
0,05 „
„ „ 24 „
„ „ 248
28. 3. 10
1 ,,
29. 3. 10
0,05 „
„ „ 249
28. 3. 10
1 „
29. 3. 10
0,05 „
M »» 15 } y
„ „ 250
28. 3. 10
1
29. 3. 10
0,05 .,
>, 20 „
28. 3. 10
0,05 „
30. 3. 10
„ „ 252
28. 3. 10
0,05 „
5. 4. 10
survit
„ „ 253
29. 3. 10
0,05 „
1. 4. 10
mort
„ „ 254
29. 3. 10
0,05 „
5. 4. 10
survit
» „ 255
29. 3. 10
0,05 „
30. 4. 10
mort en 24 heures *)
Lapin No. 100
24. 3. 10
2 „
25. 3. 10
0,05 „
26. 3. 10
mort
„ „ 101
24. 3. 10
2 „
25. 3. 10
0,05 „
26. 3. 10
„ „ 102
24. 3. 10
2 „
25. 3. 10
0,05 „
26. 3. 10
„ „ 103
24. 3. 10
9
25. 3. 10
0,05 „
26. 3. 10
„ „ 104
25. 3. 10
0,05 „
5. 4. 10
survit
„ „ 105
25. 3. 10
0,05 „
5. 4. 10
n
Recherches sur les exsudats.
Les exsudats pleuraux des cobayes morts 5. la suite d’injection d’une
dose 16thale de culture virulente de streptocoques dans la cavite thoracique
ont ete experiments en ce qui concerne leur virulence chez le cheval,
le cobaye et le lapin. Les experiments ont ete poursuivis pendant une
1) Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 48.
2) Ce cobaye etait atteint de pseudo-tuberculose.
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358 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
longue p^riode de temps et ils se ressemblent par la Constance de leurs
effets. Les exsudats expliquent une action beaucoup plus forte que les
cultures, meme si celles-ci sont inocul6es dans les veines.
Animal
d’exp^riment
Date
Inoculation sous-cutanee
de 50 c.c. de culture
en bouillon
Date
Inoculation sous-cutanee
de 20 c.c. d’exsudat
Cheval No. 5
15. 11. 06
et
10. 12. 06
Maximum de temperature
38,7°, pas de reaction
generate manifeste, peu
ae reaction locate
10. 1. 07
Maximum de temperature
39,6°, reaction generate
evidente, reaction locate
marquee, boiterie in¬
tense, l’animal marche
comme le cheval fourbu
pendant des semaines
Cheval No. 7
20. 11. 06
et
15. 12. 06
Maximum de temperature
38,5°, pas de reaction
generate manifeste, re¬
action locate faible
15. 1. 07
Maximum de temperature
39,5°, refus de raliment,
tristesse, immobilite du
cou, tumefaction locate
enorme
Animal
d'experiment
Date
Inoculation de
100 c.c. de culture
en bouillon dans
les veines
Date
Inoculation sous-cutanee de
30 c. c. d’exsudat
Cheval No. 5
4. 11. 07
et
4. 12. 07
Maximum de tem¬
perature 38°, pas
de reaction appre¬
ciable
5. 1. 08
La temperature reste pendant
2 jours consecutifs prfes de
39,5°, anorexie, tristesse, l’ani¬
mal reste couche longtemps et
accuse des vives douleurs, boi¬
terie intense
26. 5. 08
La temperature monte il 40° et
reste au-dessus de 39 0 pendant
une semaine, boiterie intense
et douleurs trbs vives; la marche
est celle du cheval fourbu,
maigrissement, ventre retrousse.
L’animal ne revient en santd
qu’aprfcs deux mois: la syno-
viale de {’articulation tarso-
metatarsique droite reste le
si^ge d’un epanchement s6reux
trbs manifeste
Nous avons ensuite inocul6 dans les veines jusqu’^t 500 c. c. de
culture en bouillon en provoquant des troubles imm6diats de la re¬
spiration qui ont rapidement disparu. Cependant une fois un cheval
est mort 2 jours aprls l’inoculation de 400 c. c. de culture en bouillon
dans la jugulaire avec des symptomes d’embolisme c6r6bral.
Dans les experiments avec des cobayes, des rats et des lapins les
inoculations Staient pratiqu£es dans la cavite thoracique: on portait le
liquide h injecter il 1 c. c. en y ajoutant de l’eau physiologique. Les
animaux moururent dans les 48 heures qui suivirent les injections: les
lapins seulement moururent quelquefois 7 et meme 15 jours apr&s l’in-
oculation.
L’exsudat de regie provoque la mort chez le lapin, le cobaye et le
rat a une dose 10 fois moindre que celle de la culture en bouillon. Sans
chercher h l'expliquer on pent 6tablir le fait suivant: «Le streptocoque
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Pricolo, Recherches exp^rimen tales sur le streptocoque de la gourme. 359
Animal
d’exp4riment
Date
Quantity
d’exsudat
Quantity
de culture
Exitus
Cobave No. 150
15. 5. 07
0,1 c.c.
mort
„ ,, 151
15. 5. 07
1,0 c.c.
,, 152
15. 5. 07
0,5 „
15. 5. 07
0,75 „
survit
„ „ 154
15. 5. 07
0,025 „
» „ 155
15. 5. 07
0,50 „
Lapin No. 40
20. 5. 07
0,25 „
mort
„ 41
20. 5. 07
2,5 „
„ „ 42
20. 5. 07
0,15 „
„ „ 43
20. 5. 07
2,0 „
survit
,, „ 44
20. 5. 07
0,10 „
Rat No. 80
25. 5. 07
25. 5. 07
25. 5. 07
0,05 „
0,8 „
0,5 „
mort
ft
survit
transport^ dans des milieux artificiels, mSme k la premiere gdn6ration,
montre une virulence notablement inf^rieure k celle du streptocoque
pris directement de l’exsudat liquide de 1’animal mort». Aussi le sang
de l’animal mort, qui cependant n’est pas trbs riche en microbes, est
bien plus virulent que la culture. Voici des experiments k ce sujet:
Experiments comparatifs de la virulence du sang et de la culture.
Animal
d’exp^riment
Date
Quantity
de sang
Quantity
de culture
en bouillon
Exitus
Cobaye No. 156
25. 5. 08
0,025 c.c.
mort
„ „ 157
25. 5. 08
0,4 c.c.
„ „ 158
25. 5. 08
0,015 „
ft
„ „ 159
25. 5. 08
0,10 „
survit
Lapin No. 44
20. 3. 10
0,05 „
mort
ft >y
20. 3. 10
0,25 „
survit
„ „ 46
20. 3. 10
0,04 „
mort
„ „ 47
20. 3. 10
0,3 „
survit
Recherches des toxines.
Nous avons recherche vainement des toxines dans le liquide filtre
des cultures en bouillon de streptocoque. La souris grise toiere sans
en ressentir aucun trouble 5 c. c. de ce liquide et le cobaye et le lapin
toierent sans troubles ni immediats ni eioign6s 20 k 25 c. c. du meme
liquide.
Conclusions.
1) Le streptocoque de la gourme possfcde les memes caract&res
morphologiques et culturels des streptocoques pyogenes et de I’erysipfele.
Dans les cultures en agar-sang et dans le bouillon-sang, il montre de
poss^der les propri6t6s h^molytiques du Streptococcus longus seu
erysipelatos.
2) II possbde une virulence certaine, mais inconstante quant a la
dose, au sujet de toutes les espbces de mammifbres que nous avons
inocul^es.
3) II provoque une septicdimie lethale sans lesions locales, ou bien:
a) une anasarque s’il est inoculd dans le tissu conjonctif sous-cutan6e;
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360
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
b) de la pleuresie et de la p^ricardite s^reuses ou s6ro-h6morrhagiques
ou s6ro-fibrineuses ou purulentes, et quelquefois de l’hepatisation pulmo-
naire, s’il est inject^ dans la cavit6 thoracique;
c) de la pSritonite s^reuse ou s6ro-h6morrhagique ou s&ro-fibrineuse
ou purulente, s'il est inject^ dans la cavit6 abdominale.
4) Le meme streptocoque qui determine une septic6mie mortelle en
moins de 24 heures sans lesions locales, inject^ k dose moindre mais
encore 16thale, occasionne des lesions locales trfcs manifestes, qui con¬
sistent dans la formation de membranes fibrineuses plus ou moins 6paisses
et abondantes.
5) Le Streptococcus equi virulent poss&de des propri6t6s h6mo-
lytiques; vieilli dans les cultures il n’est plus Mmolytique.
6) La virulence reste inalt6ree un mois au moins dans les cultures
en gelatine maintenues k la glacibre. Les cultures en bouillon-serum,
maintenues a la glacibre dans des tubes scellSs k la flamme, 6taient
encore virulentes aprfcs 3 mois. Les cultures de streptocoque en bouillon
glycos6 perdent en peu de jours leur virulence.
7) Le streptocoque virulent pour le cobaye est aussi virulent pour
le lapin, le rat, la souris et le cheval, moins pour le chien. II tue aussi
le moineau en 12—24 heures.
8) Le streptocoque virulent pour le cobaye passe k traversl’organisme
d’espbces peu susceptibles telles que chien et moineau sans rien perdre
de sa primitive virulence pour le cobaye, le lapin et le rat.
9) Le s6rum antistreptococcique ne poss&de aucune propri6t6 bact^rio-
lytique.
10) On ne r^ussit pas k dSmontrer la presence d’agglutinines sp6ci-
fiques dans le s6rum antistreptococcique. Le streptocoque peu virulent
forme des amas au fond ou des flocons adh6rant aux parois et laisse
le liquide clair: le meme streptocoque exalt6 dans sa virulence trouble
le bouillon de culture.
11) Le s6rum fabriquG dans notre laboratoire possbde le titre du
s6rum normal, c’est-k-dire qu’& la dose de 1 c. c. il sauve de la mort
25 kg de lapin.
12) Les exsudats et le sang d’animaux morts k la suite de l’inoculation
de culture de streptocoque sont doues d’une virulence plusieurs fois
sup^rieure 5, celle des cultures en bouillon du m@me streptocoque,
c’est-H-dire que le streptocoque en passant des animaux dans les milieux
artificiels perd notablement en virulence m§me dans la premiere gy¬
ration.
13) Le streptocoque passe de la mfere aux foetus de cobaye, de lapin
et de souris, ce qui continue l’observation de Nocard qui a trouvd des
lesions gourmeuses chez un foetus de jument.
14) Les liquides filtr^s des cultures de streptocoques sont inoffensifs
pour la souris grise, le lapin et le cobaye.
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Fielitz, Laboratoriumsinfektion mit dem Sporotrichum de Beurmanni. 361
Nachdmck verbotcn.
Ueber eine Laboratoriumsinfektion mit dem
Sporotrichum de Beurmanni 1 ).
[Aus der Kgl. Universitatspoliklinik fiir Haut- und Geschlechtskrankheiten
zu Berlin (Direktor: Geh. Medizinalrat Prof. Dr. E. Lesser).]
Von Oberarzt Dr. H. Fielitz, kommandiert zur Poliklinik.
Mit 1 Tafel und 2 Figuren.
Seit der Entdeckung der Sporotrichose durch B. R. Schenck und
ihrem eingehenden Studium durch de Beurmann ist wiederholt in
Amerika, besonders haufig aber und bis in die jiingste Zeit hinein in
Frankreich ilber Falle dieser Krankheit berichtet worden, wahrend die
wenigen Beobachtungen in anderen Landern bisher vereinzelt geblieben
sind. Auch dem ersten Fall von Sporotrichose in Deutschland, der
Ende vorigen Jahres in der Kgl. Universitatspoliklinik fiir Haut- und
Geschlechtskrankheiten zu Berlin beobachtet wurde 2 ), ist noch kein
zweiter gefolgt, obgleich schon mehrere die Sporotrichose betreffende
Arbeiten in der deutschen Literatur erschienen sind und dadurch auch
bei uns die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf diese so interessante
und praktisch wichtige Affektion gelenkt worden ist.
Es scheint demnach, daB die Seltenheit diesbeziiglicher Beobachtungen
nicht allein durch die auBerordentliche Schwierigkeit der klinischen Dia¬
gnose (Verwechselung mit Tuberkulose und Lues!), sondern vielmehr
durch die ungleichm&Bige Verbreitung dieser Krankheit bedingt ist. Und
so ist auch in unserer Poliklinik trotz ihres groBen Materials und unserer
speziell darauf gerichteten Aufmerksamkeit bis heute noch keine neue
Beobachtung gemacht worden.
Der Fall, fiber den ich in dieser Arbeit berichte, betrifft keine
genuine Sporotrichose, sondern eine Laboratoriumsinfektion, die ich mir
selbst wahrscheinlich bei Tierimpfungen oder bei der Sektion sporo-
trichosekranker Tiere oder aber endlich bei Sporoagglutinationsversuchen
zugezogen habe.
Das Stammmaterial, das bei diesen Versuchen verwandt wurde, riihrte
von dem oben erwahnten Falle her, und meine Infektion verlief wie dieser
in der selteneren Form der regionar beschrankten Sporotrichose, kam
allerdings nicht bis zu der gleichen vorgeschrittenen Entwickelung (fast
die ganze L&nge des Armes einnehmende Lymphangitis mit multipler
AbsceBbildung), weil sie bald nach ihrem Entstehen in ihrer Natur richtig
erkannt und zweckmSBig behandelt wurde.
Die einzige Hautverletzung, deren ich mir bewuBt bin und die sowohl
nach der Zeit ihrer Entstehung als nach ihrem Sitze als Eintrittspforte
fur das Virus in Frage kommen konnte, habe ich mir selbst am 23. Dez. 09
zum Zwecke einer Impfung bei experimentellen Arbeiten mit M o 11 u s c u m-
Material beigebracht: Vor der Impfung wurde die Haut an der Beuge-
seite des rechten Unterarmes etwa in seiner Mitte, in einer Gegend, in
deren Nahe sich sp&ter der sporotrichotische Inokulationsherd entwickelte,
1) Ueber diese Infektion habe ieh bereits am 4. Mai d. Js. in der Berliner medi-
zinischen Gesellschaft kurz berichtet.
2) Arndt, G., Beitrag zur Kenntnis der Sporotrichose der Haut, mit besonderer
Beriicksichtigung der Lymphangitis sporotrichosica. Experimented Sporotrichose.
(Dermatolog. Zeitschr. Bd. 17. Heft 1 u. 3.)
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362 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
mit Bimsstein gerieben, wodurch an der am stSrksten betroffenen Stelle
eine vesikulose Dermatitis entstand, die innerhalb von 2 Wochen unter
Puder und abschlieBenden Verb&nden spurlos zuriickging.
Sollte diese Hautverletzung mit der Infektion in ursachlichem Zu-
sammenhange stehen, so wiirde der ersten klinischen Erscheinung, die
Anfang Marz d. Js. auftrat, eine etwa 2-monatige Inkubationsdauer voraus-
gegangen sein.
Die Affektion machte sich zuerst durch ein kaum linsengroBes, rotes,
ziemlich derbes, nicht schmerzempfindliches, halbkugelig erhabenes Knot-
chen an der Beugeseite des rechten Unterarmes bemerkbar, das sich
innerhalb von 2 Wochen bis zum Umfang einer Bohne vergroBerte, im
Zentrum erweichte und sich mit einer festhaftenden braunlichen Kruste
bedeckte, nach deren Ablosung ein Geschwiir zutage kam. Mit der Er-
weichung des prim&ren Herdes stellte sich eine etwas schmerzhafte
Schwellung der rechten Ellenbogen- und Achselhohlendriise ein. AuBer-
dem bildeten sich zwischen dem Geschwiir und der geschwollenen Ellen-
bogendriise zwei unter der Haut gelegene, derbe, druckempfindliche
Strange.
Am 23. Marz 1910 wurde folgender Befund erhoben:
An der Beuge- und Radialseite des rechten Unterarmes ungefBhr in
seiner Mitte befindet sich ein etwa pfennigstiickgroBes, flaches, nicht
ganz regelmaBig rundlich begrenztes, von einem ca. 0,5 cm breiten,
blaulich - roten, leicht
wallartig aufgeworfenen,
ziemlich weichen, hier
und da etwas unter-
minierten Rande um-
gebenes Geschwiir, des-
sen Grund eine gelblich
gef&rbte, glatte, wenige
stecknadelkopfgroBe Oder
etwas groBere Granula-
tionen aufweisende, von
einer klaren, diinnen,
gelbbraunlichen Fliissig-
keit bedeckte, gegen Be-
riihrung sehr schmerz-
empfindliche Fl&che aus
morschem Gewebe dar-
stellt (Photogr. No. I).
Der Untergrund des
Geschwiirs ist von einem
derben, bis in die tieferen Schichten der Haut reichenden Infiltrat ein-
genommen, das ohne scharfe Grenze in die gesunde Umgebung iibergeht
und sich mit der Haut iiber der Unterlage frei verschieben laBt.
Oberhalb des rechten Condylus internus humeri ist unter der Haut
eine ziemlich derbe, etwa bohnengroBe Driise durchzufiihlen. In der
rechten Achselhohle befindet sich eine ungefahr haselnuBgroBe Driise
von der gleichen Konsistenz. Beide Drusen sind in geringem Grade
druckempfindlich.
Geschwollene Lymphdriisen sind auBerlich nicht sichtbar. Es macht
sich jedoch subjektiv beim Strecken des Armes ein vom Geschwur nach
der geschwollenen Ellenbogendriise hin ausstrahlender geringer Schmerz
Das Photogramm I zeigt das Inokulationsgeschwiir
am 5. Tage nach seiner Entstehung vor Beginn der
Jodkalibehandlung; in der Umgebung des Geschwiires
leichte Hautrotung und Schuppung ate Reste einer
Jodoformdermatitis.
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Fielitz, Laboratoriumsinfektion mit dem Sporotrichum de Beurmanni. 363
bemerkbar. Bei genauer Untersuchung fflhlt man in der Tiefe der Haut
zwei derbe Strange, von denen der eine das Geschwflr mit der Ellen-
bogendriise in gerader Linie, der andere in leichtem, mit der Konvexitat
nach der ulnaren Seite des Unterarmes gerichteten Bogen verbindet.
Beide Strange weisen zahlreiche, zum Teil perlschnurartig aneinander-
gereilite knotenformige, linsen- bis erbsengroBe Verdickungen auf,l von
denen einige die Haut eben sichtbar vorwolben.
Sowohl tiber den geschwollenen Driisen, wie iiber den entzflndeten
LymphgefiiBen ist die Haut frei verschieblich und nicht verfarbt.
Das Allgemeinbefinden ist in keiner Weise gestort.
Das klinische Bild bot nichts Charakteristisches dar und lieB ver-
schiedene Deutungen zu:
AuBer einer im AnschluB an eine banale Eiterkokkeninfektion ent-
standenen Geschwiirsbildung konnte hier vor allem ein Ulcus molle vor-
liegen, mit dem sich der akute Verlauf, die Form, Begrenzung des
Geschwiirs, die Beschaffenheit des Geschwiirsgrundes, vor allem aber das
gleichzeitige Bestehen einer schmerzhaften Schwellung der zugehorigen
Lymphdrflsen klinisch vollkommen in Einklang bringen lieB. Trotzdem
die Untersuchung des Eiters und abgekratzter Granulationen auf Strepto-
bacillen ein vollkommen negatives Resultat ergab, wurde das Geschwflr
mit Karbolsflure geatzt und mit Jodoform bestreut, ohne daB diese
Therapie irgendeinen wesentlichen EinfluB gehabt hatte; sie muBte zudem
wegen einer danach auftretenden vesikulosen Dermatitis sofort wieder
unterbrochen werden.
Ferner kam ein tuberkuloses, moglicherweise durch Inokulation ent-
standenes Geschwflr in Frage. Wiederholte Untersuchungen auf Tuberkel-
bacillen, die gerade in den akut verlaufenden Fallen von Inokulations-
tuberkulose der Haut in der Regel ja leicht nachzuweisen sind, fielen
jedoch negativ aus.
Der Sicherheit halber wurde das serose Sekret auch nach Syphilis-
spirochaten durchsucht, obgleich das Geschwflr gar keine Aehnlichkeit
mit einem Primaraffekt hatte und sekundare Oder tertiare luetische Ver-
Snderungen wegen Mangels einer vorausgegangenen luetischen Infektion
nicht vorliegen konnten.
Der chronische Hautrotz kann zwar Erscheinungen machen, wie sie
hier vorlagen, konnte aber von vornherein ausgeschlossen werden, weil
ich mit rotzbacillenhaltigem Material nicht in Berflhrung gekommen war.
Endlich wurde auch an eine Sporotricheninfektion gedacht:
Am 23. Mflrz werden auf Anregung von Herrn Oberarzt Dr. Toma-
sczewski seroses Sekret und vom Grunde und Rande abgekratztes
Gewebe auf 5 Sabouraudsche Maltoseagarrolirchen verimpft. 6 Tage
spflter geht in einem Rohrchen eine Kolonie von Sporotrichum
Beurmanni rein an, 8 Tage nach der Impfung wird auch in einem
zweiten Rohrchen neben mehreren Diplokokkenkolonieen eine Sporo-
trichenkolonie sichtbar. Die flbrigen Rohrchen bleiben steril.
Am 31. Marz werden wieder 9 Maltoseagarrohrchen mit dem serosen
Geschwflrssekret beschickt. Am 3. April beginnen in alien Rohrchen
Sporotrichenkolonieen rein zu wachsen.
Nach einer nochmals am 4. April vorgenommenen Impfung von
4 Rohrchen mit dem gleichen Material gehen schon am 6. April abends,
also 2 Tage spater, in alien Rohrchen zahlreiche Kolonieen des Sporo¬
trichum Beurmanni rein an.
DaB die Ivulturen anfangs so sparlich und langsam, spater dagegen
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364
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
iippig und immer schneller wuchsen, muB wohl darauf zuruckgefiihrt
werden, daB kurze Zeit vor der ersten Verimpfung des Sekrets das
Geschtviir mit Jodoformpulver bestreut und dadurch der Pilz voriiber-
gehend in seiner Entwickelung gehemmt worden war.
Als durch die erste Kultur die Diagnose einer Sporotrichose ge-
sichert schien, wurde das serose Geschwiirssekret wiederholt direkt unter
dern Mikroskop auf Pilzelemente untersucht. Zu diesem Zwecke wurden
Ausstrichpraparate angefertigt, in absolutem Alkohol fixiert und teils
nach der gewohnlichen Gram-Methode, teils nach ihrer von Much
angegebenen Modifikation gefarbt:
In alien diesen Praparaten finden sich neben Diplo- und Strepto-
kokken einzeln oder in kleineren Haufen zusammenstehende ovale oder
unregelmaBig rundlich oder eckig begrenzte dunkelviolette, diffus, kornig
oder nur am Rande gefarbte sporen&hnliche Korper (formes globuleuses?)
und auBerdem feine, stark lichtbrechende, leicht gebogene oder mehr
oder weniger stark geschwungene, hier und da ein oder mehrere kiirzere
Seitenaste aussendeude fadenformige Gebilde, die in ihrer Breite hinter
dem Umfang der sporenartigen Korper und auch der Kokken erheblich
zuriickbleiben.
Sie zeigen eine ungleichmaBige Farbung derart, daB dunkelviolett
gefarbte Partieen mit mattblauen, eben gerade noch sichtbaren in mehr
oder weniger gleichm&Bigen Abstanden abwechseln. Die gefarbten Par¬
tieen stellen Gebilde von verschiedener GroBe und mannigfacher Form
dar: Bald sind sie rundlich, bald oval, bald kegelformig oder mehr eckig
begrenzt.
Diese Faden erinnern entfernt an die Muchsche granulare Form
des Tuberkelbacillus, ohne jedocli mit dieser identisch zu sein; denn
wiederholte Untersuchungen der Ausstrichpraparate auf Tuberkelbacillen
bei Ziehl-Neelsenscher Farbung fielen negativ aus.
Dagegen stimmen die Faden morphologisch und tinktoriell mitjenen
Gebilden uberein, die G. Arndt seinerzeit zuerst im Gewebe, und zwar
im HodenabsceB und in nekrotischen Teilen von Hoden und Lymph-
driisen sporotrichosekranker Ratten fand und die er als Mycelfaden des
Sporotrichum Beurmanni auffaBt (siehe auch unter Tierversuche
Fig. 1 u. 2).
Ich mochte auf diesen Befund besonders hinweisen, weil es bisher
nicht mit Sicherheit gelungen ist, beim Menschen sowohl im Ausstrich
sporotrichotischen Materials als auch im Gewebe Elemente des Sporo¬
trichum Beurmanni nachzuweisen.
Zur weiteren Sicherung der Diagnose untersuchte ich endlich wieder¬
holt mein Blutserum sowohl auf seine Sporenagglutinations-, als auch
auf seine Komplementfixationsf&higkeit hin, wobei ich mich im allgemeinen
an die von F. Widal, P. Abrami, E. Joltrain, Et. Brissaud und
A. Weill gegebenen Vorschriften l ) hielt.
Die erste Untersuchung wurde am 4. April, also 4 Tage nach Beginn
der spezitischen Therapie, und zu einer Zeit, als die klinischen Erschei-
nungen noch voll entwickelt waren, vorgenommen.
Der Komplementbindungsversuch ergab keine verwertbaren Resultate,
da nicht allein der eigentliche Versuch, sondern auch 2 Kontrollversuche
ausgesprochene Komplementablenkung zeigten. Fiir die Kontrollversuche
wurden zwei von sicher nicht mykotisch kranken Menschen stammende
1) S^rodiagnostic mvcosique etc. (Annal. de l’Instit. Pasteur. Ann6e 24. 1910.
No. 1.)
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Fielitz, Laboratoriumsinfektion mit dem Sporotrichum de Beurmanni. 365
Seren verwandt, von denen das eine positive, das andere negative
Wasserraannsche Reaktion ergeben hatte.
Bei Ansetzung des Versuches wich ich insofern von dem Brauche
der franzosischen Autoren ab, als ich nicht die ganze, F&den und
Konidien enthaltende Kulturaufschwemmung, sondern ihr Filtrat benutzte,
um eine moglichst homogene Auflosung ohne krflmelige Beiinengungen
zu erhalten, und vielleicht ist in dieser Modifikation die Fehlerquelle zu
suchen, vorausgesetzt, daB die iibrigen bei dem Versuch verwandten
Komponenten nicht versagt haben.
Die an demselben Tage vorgenommene Priifung der Sporenaggluti-
nation ergab einen Titer von 1: 80. Die dabei benutzte Sporenauf-
schwemmung wurde aus einer 6 Wochen alten nicht abgetoteten Kultur
hergestellt und soweit verdiinnt, daB sie im mikroskopischen Gesichtsfeld
bei Okular 4, Objektiv 6 (E. Leitz) ungefahr 150 Sporen enthielt. Die
Agglutination wurde wahrend der ersten 2 Stunden nach Ansetzung des
Versuches unter dem Mikroskop verfolgt: Die agglutinierende Wirkung
des Serums zeigte sich in der Verdlinnung von 1 : 20 schon innerhalb
der ersten Viertelstunde, in der Verdlinnung von 1 : 40 am Ende der
ersten Stunde. Bis zum Ende der zweiten Stunde hatte sich auch in
der Verdlinnung von 1 : 80 deutliche Agglutination gebildet: Die Auf-
schwemmung enthielt neben isolierten Elementen zahlreiche kleinere und
groBere Haufen zusammengeklebter Sporen. Das Kontrollserum, das
von einem nicht mykotischen Patienten stammtg und keine Wasser-
m an nsche Reaktion zeigte, agglutiniertediegleiche Sporenaufschwemmung
innerhalb der ersten 2 Stunden nur in einer Verdiinnung von 1 : 20,
und zwar machte sich die Agglutination erst 5 Viertelstunden nach An¬
setzung des Versuches bemerkbar.
In der reinen, nicht mit Serum vermischten Sporenemulsion fand
sich keine Spur einer Agglutination.
Am 28. April wurden beide Versuche wiederholt; das Ulcus war zu
dieser Zeit schon seit 8 Tagen von epithelisierten Granulationen aus-
gefiillt, die Iibrigen klinischen Erscheinungen waren seit langerem spurlos
zuriickgegangen.
Der Komplementfixationsversuch, bei dem diesmal die ganze, Faden
und Sporen enthaltende Aufschwemmung einer 3 Wochen alten Kultur
benutzt wurde, ergab ausgesprochene Hemmung, die Kontrolle voll-
kommene Losung der Hammelblutkorpercheu. (Der Wassermannsche
Versuch, der an demselben Tage mit meinem Serum durch Herrn
C. Hoffmann angestellt wurde, fiel negativ aus.)
Dagegen agglutinierte das Serum in zwei daraufhin vorgenommeneu
Priifungen diesmal die Sporen nicht. Fiir die eine Prufung wurde die
Sporenaufschwemmung aus 8 Wochen alten, nicht abgetQteten Kulturen,
ftir die andere aus 6 Wochen alten, formalinisierten Kulturen hergestellt.
Am 1. Mai endlich wurden beide Versuche zum dritten Male an-
gesetzt, und jetzt trat weder Agglutination noch Komplementbindung ein.
Aus diesen Versuchen geht jedenfalls das eine hervor, daB das
Serum die Eigenschaft der Komplementablenkung noch zu einer Zeit
besaB, als es sich schon nicht mehr agglutinationsfahig erwies.
Behandlung und weiterer Verlauf.
Als die Diagnose Sporotrichose durch das Angehen der ersten
Kulturen gesichert schien, nahm ich innerlich am 1. Tage 3mal 0,2 g
Jodkali und wegen eines unmittelbar darauf einsetzenden heftigen Jod-
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366
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 5.
schnupfens vom nachsten Tage an 1 Vs Monate lang 2, sp&ter 3 g
Sajodin taglich. Das Geschwiir wurde nur steril verbunden. Unter
dieser Behandlung heilte die Affektion vollkommen aus. Schon in den
ersten Tagen gingen die Schwellung und Schmerzhaftigkeit der regio-
naren Lymphdriisen und LymphgefaBe zuriick. Nur einige der lymph-
angitischen Knoten blieben noch l&ngere Zeit — etwa 2 Wochen lang —
ftihlbar.
Das Geschwiir selbst heilte verhaltnismaBig langsam.
Das Photogramm No. II zeigt das Geschwiir 5 Tage nach Beginn
der Jodkalibehandlung: In das Geschwiir schiebt sich vom Rande her
eine Zunge von Granulationsgewebe vor. Neben diesem Zeichen be-
ginnender Heilung war jedoch am Tage der photographischen Aufnahme
Photogramm II zeigt das gleiche Geschwiir 5 Tage nach Beginn der Jodkali¬
behandlung, deren spezinechc Wirkung hier deutlich zum Ausdruck kommt: In das
Geschwiir schiebt sich vom Rande her eine Zunge aus Granulationsgewebe vor. Da-
neben erkennt man beim Vergleich mit dem ersten Bilde eine stiirkere Vertiefung des
Geschwiirsgrundes, die sich unmittelbar nach nur eintagigem Aussetzen des Joakalis
bemerkbar machte.
auch eine leichte Verschlimmerung zu konstatieren, die sich in starkerer
Aushohlung des Grundes und stkrkerer Auszackung des Randes auBerte
und unmittelbar nach nur eintagigem Aussetzen des Sajodins auf-
getreten war.
Am 22. April 1910 war das Geschwiir vollkommen von epitheli-
sierten Granulationen ausgefiillt. Auf Druck drang jedoch an mehreren
Stellen aus kleinsten, kaum wahrnehmbaren Oeffnungen tropfchenweise
weiBlich-gelber Eiter hervor, der zahlreiche grampositive einzelne, paarige,
in kleinen Ketten oder Haufen zusammenliegende Kokken, aber keine
an Pilzelemente erinnernde Gebilde enthielt. Auch durch seine Ver-
impfung auf Sabouraudsche Maltoseagarrohrchen wurden nur Kokken-,
aber keine Sporothrichenkolonieen gewonnen.
Anfang Mai war das Geschwiir vollkommen verheilt.
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Fielitz, Laboratoriumsinfektion mit dem iSporotrichum de Beurmanni. 367
Mit aus den eben beschriebenen Veranderungen gewon-
nenem Material angestellte Tierversuche (an zwei
mannlichen Ratten).
Ratte I. Am 8. April 1910 wurde eine schwarzweiGe Ratte mit
drei erbsen- bis bohnengroGen, 2 Wochen alten, in physiologischer Koch-
salzlosung aufgeschwemmten Sporothrichenkolonieen, die aus dem Ge-
schwtirssekret gewachsen waren, intraperitoneal geimpft.
Am 16. April wurde ihr wieder eine 2 Wochen alte Kultur intra¬
peritoneal injiziert.
Unmittelbar nach dieser Impfung starb die Ratte, und zwar, wie
sich bei der Sektion herausstellte, an intraabdomineller Verblutung.
Hochstwahrscheinlich war die Kultur in die Vena cava inferior oder in
einen ihrer Nebenaste eingespritzt worden; denn es fanden sich bei der
spater vorgenommenen histologischen Untersuchung der Lunge in fast
alien Arterien dieses Organs neben zahlreichen Gonidien verzweigte,
hier und da ein mehr oder weniger dichtes Mycelgeflecht bildende Pilz-
faden so reichlich und in einer so unzweideutigen Form, wie sie bisher
in Organen von Versuchstieren nicht nachgewiesen worden sind.
Obgleich die erste Impfung erst 8 Tage zuriicklag, ergab die Sektion
bereits ziemlich erhebliche Veranderungen:
Die Lymphdriisen des kleinen Netzes, des Ligamentum gastro-
colicum und gastro-lienale sind bis zu ErbsengroGe geschwollen, von
derber Beschaffenheit und glatter Oberflache. Im Ligamentum gastro-
colicum bildcn sie kleinere und groGere Konglomerate, die der groGen
Kurvatur des Magens in Gestalt derber, hockeriger Tumoren kappen-
formig aufsitzen. Auf dem Durchsclmitt zeigen sie meist eine grau-
rotliche, glatte, feuchte Schnittflache. Eine Lymphdriise ist im Zentrum
eiterig eingeschmolzen, eine zweite enthalt in ihrer Mitte eine steck-
nadelkopfgroGe, von gelben brockeligen Massen ausgefiillte Hohle.
Die iibrigen Organe, insbesondere die Hoden und Nebenhoden,
lassen makroskopisch keine Veranderungen erkennen.
Mit dem Gewebssaft samtlicher Organe, mit dem Herzen entnom-
menen Blute, mit dem Eiter und den brockeligen Massen der Lymph¬
driisen und mit dem Urin werden Sabouraudsche Maltoseagarrbhr-
chen geimpft. Am 20. April gehen in den m.it Herzblut, mit Gewebssaft
aus Lunge, Leber, Niere, Milz und Nebenhodenkopf beschickten Rohr-
chen zahlreiche Sporotrichenkolonieen an. Am 21. April beginnen auch
aus dem Eiter und den brockeligen Massen der Mesenterialdriisen Sporo-
trichenkulturen zu wachsen. Die iibrigen Rohrchen (Hoden, Neben-
hodenschwanz) bleiben steril. In dem Urinrohrchen entwickelt sich ein
Schimmelpilz.
Von dem den Driisenhohlen entstammenden Eiter und den nekro-
tischen Massen werden Ausstrichprfiparate angefertigt, in abs. Alkohol
fixiert und nach Gram gef&rbt.
In dem Eiter finden sich zahlreiche, scharf begrenzte runde, ovale,
spindelformige oder auch mehr eckige dunkelblaue Gebilde, von denen
einige kleine rundliche oder kegelformige knospenartige Anhange auf-
weisen, daneben vereinzelte, mehr oder weniger lange, feine oder etwas
dickere, hier und da verzweigte Faden, in denen gefarbte und ungefarbte
Partieen in meist regelmaGigen Abst&nden aufeinander folgen. Die ge-
farbten Partieen heben sich durch ihre dunkelblaue Farbe scharf von
den ungefarbten ab, sind von verschiedener GroGe und haben teils runde,
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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 5.
teils ovale, teils eckige Form. Die blassen Teile der F&den sind von
feinen, schwachblauen, nur eben sichtbaren Konturen begrenzt; bei
Kontrastfarbung mit Safranin nehmen sie einen mattroten Farbenton an.
Noch schoner und deutlicher ausgepr> und auch erheblich zahl-
reicher finden sich diese Gebilde in den Ausstrichen der brockeligen
Massen. Daneben sieht man zahlreiche, groBtenteils einzeln, hier und
da auch paarig zusammenstehende langliche, an den Enden leicht ab-
gerundete oder auch eckige, diffus dunkelviolett gefarbte Korper und
vereinzelt groBere runde, unregelmaBig kornig gefarbte Bildungen (s.
Abbildung 2). Da aus den brockeligen Massen und dem Eiter Sporo-
trichen in Reinkultur geziichtet wurden, so diirften wohl die beschrie-
benen Bildungen als Elemente des Sporotrichum Beurraanni, als
Mycelien und Sporen anzusprechen sein.
Teile von Lunge, Leber Milz, eine halbe Niere, ein Hoden und
mehrere entztindlich verSnderte peritoneale Lymphdrflsen werden in
steigendem Alkohol fixiert und gehartet, in Paraffin eingebettet und in
Serienschnitte zerlegt. Diese werden nach verschiedenen Methoden
(van Gieson, Pappenheim, Gram, elastische Faserf&rbung) gef&rbt.
Die Lunge ist von peribronchialen, mehr oder weniger umfang-
reichen, aus gewucherten Bindegewebszellen, einkernigen Rundzellen und
zahlreichen Plasmazellen vom Typus Marschalko gebildeten Infiltraten
durchsetzt.
Die Leber zeigt nur geringe kleinzellige Infiltration in der nach-
sten Umgebung der Pfortaderaste.
Die Hauptveranderungen finden sich in den Drusen. Von dem
eigentlichen Driisengewebe ist nichts mehr zu erkennen. An seine Stelle
ist eine diffuse Infiltration getreten, die sich aus einkernigen Rundzellen,
epithelioiden Zellen, zahlreichen unregelmaBig verstreuten Riesenzellen
und vereinzelten Plasmazellen zusammensetzt und zahlreiche kleinste
und grbBere AbsceBbildungen aufweist. Die epithelioiden Zellen bilden
an einigen Stellen tuberkelartige, zum Teil Riesenzellen enthaltende
Knoten, die von einer aus gewucherten Bindegewebszellen und Rund¬
zellen bestehenden Zone umgeben sind.
Die Abscesse, welche hier und da eine Kapsel aus konzentrisch
geschichtetem Bindegewebe besitzen, werden zum grbBten Teil aus wohl-
erhaltenen gelapptkernigen Leukocyten gebildet. Einige weisen jedoch
auch kleinere und groBere, mehr nach dem Zentrum zu gelegene nekro-
tische Partieen auf.
Eine dieser in einem groBeren AbsceB gelegenen nekrotischen
Partieen laBt bei der Gram-Farbung zahlreiche verstreute, unregel¬
maBig rundlich begrenzte, dunkelviolette Korper erkennen, die zum
groBten Teil von einem ziemlich breiten blassen Hof umgeben sind,
wahrend die mittlere unregelmaBig gefarbte Partie ein granuliertes Aus-
sehen besitzt.
Es handelt sich hier offenbar um die als Sporen zu deutendeu
„formes globuleuses“ der Franzosen.
In nachster Nahe dieser nekrotischen Stelle befindet sich eine zweite
weniger umfangreiche Nekrose, die die oben beschriebenen fadenformigen,
wohl Mycelien entsprechenden Gebilde in ziemlich reichlicher Menge
enthalt (s. Abbildung 1).
Ratte II. Am 8. April werden 0,2 g des klaren, serosen Ge-
schwiirssekrets einer weiBen halbjahrigen Ratte intraperitoneal injiziert.
Am 23. April werden der Ratte einige Tropfen Blut steril ent-
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Fielitz, Laboratoriumainfektion mit dem Sporotrichum de Beurmanni. 369
nommen und auf Maltoseagar tibertragen. In den geimpften Rohrchen
wachsen Hefepilze und Kokkenkolonieen, jedoch keine Sporotrichen.
Am 7. Mai 1910 wird die Ratte bei scheinbarem Wohlbefinden unter
leichter Alkoholbetaubung durch Eroffnung der Carotis entblutet.
Die Untersuchung des Serums auf Sporoagglutination sowohl, wie
auf Komplementfixation f&llt negativ aus.
Sektion: Im Mesenterium des Dickdarmes sitzen mehrere linsen-
bis bohnengroBe, m&Big derbe Driisen, die eine grau-rotliche, feuchte,
glatte Schnittflkche zeigen.
An den ubrigen Organen sind makroskopisch krankhafte VerSnde-
rungen nicht nachzuweisen.
Blut und Gewebssaft von Lunge, Leber, Niere, Milz, Hoden, Neben-
hoden und Mesenterialdriisen werden auf Maltoseagar (Sabouraud)
verimpft.
Am 12. Mai gehen in den mit Blut und Parenchymsaft des Neben-
hodens geimpften Rbhrchen Kolonieen des Sporotrichum Beur¬
manni rein an. Die iibrigen Rohrchen bleiben steril.
Histologische Veranderungen finden sich nur in der Lunge; sie ent-
sprechen vollkommen jenen, die sich in der Lunge von Ratte I fanden.
Die geschwollenen Mesenterialdriisen lassen normale Struktur er-
kennen; sie enthalten jedoch, wenn auch nur ganz vereinzelt, gram¬
positive parasitare Gebilde von verschiedener Form, namlich einmal
gerade Oder mehr oder weniger gebogene, an den Enden eckige oder
leicht abgerundete Faden, die intensiv dunkelviolett, und zwar entweder
unregelmaBig nach Art der schon mehrfach beschriebenen Faden (s.
Abbildung 4) oder aber diffus gefarbt sind und im letzteren Falle an
den Seiten seichte oder tiefere Einschniirungen aufweisen (s. Abbildung 3),
daneben paarig zusammenstehende eckig-ovale, ebenfalls intensiv gefarbte
Bildungen, die den in den brockeligen Lymphdrusenmassen von Ratte I
gefundenen gleichen (s. Abbildung 3), und endlich dicke, nach den Enden
zu sich verjiingende Stabchen mit blassen Polen und unregelmaBig, hell-
bis dunkelblau gefarbter Mitte, die an die formes myceliennes courtes
deBeurmanns und Gougerots erinnern, wo nicht vollig mit diesen
identisch sind (s. Abbildung 5).
Sollte es sich auch bei alien diesen Bildungen, wie man wohl an-
nehmen darf, um Elemente des Sporotrichum de Beurmanni
handeln, so wiirden sie eine weitere Illustration fur den Formenreichtum
dieses Pilzes im tierischen Gewebe darstellen.
BezQglich der Literatur verweise ich auf die oben angefiihrte Arbeit G. Arndts,
die im Anhang ein ausfiihrliches Verzeichnis der bisher iiber Sporotrichose erschienenen
Verdffentlichungen enthalt.
Erkl&rn.ng’ der Abbildnng’en.
Abbildung 1. Nekrotische Partie eines Mesenterialdrusenabseess&s von Ratte I.
Farbung nach Gram-Weigert, Vorfarbung mit Lithionkarmin. ZeiBS Ok. 4, Oel-
immersion. Von dem zum grofiten Teil aus zerfallenen Zellen zusammengesetzten roten
Grunde heben sich feine, mehr oder weniger gebogene, hier und da kurze Seitenaste
aussendende Faden ab, in deren Protoplasma dunkelviolett gefarbte, unregelmaBig
begrenzte Partieen mit blassen in mehr oder weniger regelmaBigen Abstanden ab-
wechseln.
Diese Gebilde sind bereits von G. Arndt im tierischen Gewebe nachgewiesen und
als Mycelfaden des Sporotrichum Beurmanni aufgefaBt worden.
Abbildung 2. Ausstrichpraparat von brockeligen, in der Hohle einer Mesenterial-
druse von Ratte I gefundenen Massen. Farbung nach Gram ohne Kontrastfarbung.
Zeiss Ok. 4, Oelimmersion.
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 5. 24
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370
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 5.
Das Gesichtsfeld enthalt in zahlreicher Menge die eben beschriebenen, unregel-
mafiig gefarbten Faden in verschiedener Dicke, daneben intensiv und diffus dunkel-
violett gefarbte, ganz unregelmafiig begrenzte, zum Teil paarig zusammenstehende Kdrper
und ganz vereinzelt groBere, runde, unregelmafiig kornig gefarbte Bildungen (Sporen ?).
Abbildung 3, 4 u. 5 sind Teile aus einer vergroBerten. aber noch normale Struktur
erkennen lassenden Mesenterialdruse von Ratte II. (Gram, Verfarbung mit Lithion-
karmin.) Sie zeigen grampositive Gebilde verschiedener Form, die wohl mit grofier
Wahrscheinlichkeit Elementen des Sporotrichum Beurmanni entsprechen. Ab¬
bildung 3 enthalt neben einem Paar der soeben beschriebenen unregelmauig begrenzten
Korper (s. Abbildung 2) einen diffus gefarbten, seichte Einschniirungen aufweisenden
Faden, Abbildung 4 ein ganz unregelmaBig gefarbtes faden form iges Gebilde und endlich
Abbildung 5 ein ungleichmaBig gefarbtes, nach den Enden zu sich verjungendes Stab-
chen, das an die forme courte mycdlienne de Beurraanns erinnert.
Naehdruck verboten.
flamatoparasitologische Notizen.
[Aus dem Kaiserlichen Institut fiir experimentelle Medizin
zu St. Petersburg (Abteilung A. A. Wladimiroff).]
Von W. L. Yakimoff, Nina Kohl-Yakimoff und D. W. Korssak.
Mit 1 Tafel.
I. Ein Trypanosoma der Feldmans im Gouvernement Ssaratow.
Von W. L. Yakimoff und Nina Kohl-Yakimoff.
Im Gegensatz zu der haufig auftretenden und drtlich weitverbreiteten
Trypanosoraeninfektion bei grauen Ratten ist die gleiche Infektion bei
Mausen SuBerst selten. In der Literatur finden sich diesbeziigliche Angaben
von Dutton und Todd 1 ), Thiroux 2 ), Kendal 3 ) und Pricolo 4 ).
AnlaBlich unserer im Ssaratowschen Gouvernement durchgefflhrten
hSmatologischen Studien untersuchten wir auch das Blut der Feldm&use.
Dabei fanden wir in einem Falle ein Trypanosoma, das durch sein
stabchenfbrmiges Centrosoma am geiBellosen Ende und einen hellen,
dasselbe umgebenden Hof gekennzeichnet war. Der langlich gestreckte
Kern ist in dem hinteren Teil des Trypanosomenleibes gelagert, und die
GeiBel ist fiuBerst kurz. Das geiBellose Ende erscheint gewissermaBen
gestutzt, und zwischen Centrosom und Kern ist eine hellere, rundliche
Stelle, die einer Vakuole khnelt, zu sehen.
Ohne die beobachtete Trypanosomenart als eine neue Form anzu-
sprechen, zumal eine genaue Messung derselben aus auBeren Griinden
unterbleiben muBte, mbchten wir die gemachte Beobachtung nicht un-
erwahnt lassen.
Beifolgende Zeichnung (Fig. 1) stellt eine getreue Wiedergabe dar.
II. Ein Trypanosoma der Feldmaus im ostasiatischen Ufergebiete.
Von W. L. Yakimoff und D. W. Korssak.
Im ostlichen Sibirien (in der Stadt Wladiwostock) werden in Er-
mangelung von weiBen Mausen die gewohnlichen Feldmause (Mus
agrarius) zu Laboratoriumsversuchen benutzt.
1) Dutton and Todd, Johnston & Thompson Yates Laborat. Report. Vol. 5.
1903. p. 56—57.
2) Thiroux, Compt. rend, de la Soc. biol. 1905. Stance Mai 27. p. 885 —887.
3) Kendal, A. J., Journ. of infect, diseases. 1906. April.
4) Pricolo, A., Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 42. 1906.
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CtnLrdblali t Bakteriologu Abt.l Orig.Bd $5. Fiditi, Sporotrichwn dcBairmwii
D. Jadassohn gez Verlag von Gustav Fischerin Jena. Uth-Anst v Johannes Arndt, Jen
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Yakimoff, Kohl-Yakimoff u. Korssak, Hamatoparasitologische Notizen. 371
Im Jahre 1908 fand der eine von uns (K.) im Blute solcher Mfiuse
(zweiraal) ein Trypanosoma, welches sowohl durch sein morpho-
logisches Verhalten als auch durch seine Made als eine neue Art der
MSusetrypanosomen aufzufassen ist.
Gekennzeichnet sind sie durch ihren fiuBerst schmalen Leib, der
nach hinten in ein verjfingtes, geiBelloses Ende iibergeht und nach vorn
in ein feines Geifielende ausl&uft. Das Centrosoma ist meist von stfib-
chenahnlicher Form oder ovaler Gestalt; in seltenen Fallen findet man
ein punktffirmiges Centrosom. Der Kern besitzt eine langliche Form,
und das Protoplasma des Trypanosoms ist vielfach granuliert. Die
MaBe, die durch sorgfaltige Messungen im Institut fiir experimentelle
Medizin gefunden wurden, sind in folgender Tabelle niedergelegt:
Vom hinteren geifiellosen Ende
1
2
3
4
5
6
7
8
bis zura Centrosom
1,52
3,80
3,80
3,04
3,80
3,04
3,04
1,90
Vom Centrosom bis zum Kern
6,08
7,22
6,08
6,08
6,08
7,60
6,08
6,08
Lange des Kernes
3,04
3,04
1,52
3,04
3,04
3,04
3,04
3,04
Vom Kern bis zum Geifielende
6,08
4,75
7,60
5,51
4,75
4,75
4,75
4,75
3,04
4,75
Lange der Geifiel
1,52
4,75
7,60
6,08
6,08
7,60
Gesamtlanra des Trypanosoms
Breite des Trypanosoms
18,24
26,41
21,66
24,51
26,79
23,18
21,28
23,37
2,66
1,90
1,52
1,52
1,90
1,52
1,52
1,52
Breite des Kernes
1,52
1,52
1,14
1,14
1,14
1,52
1,52
0,76
Aus der Tabelle folgt, daB die Maximal- und Minimalwerte fiir die
Lange 26,79 bezw. 18,24 //, fiir die Breite 2,66 bezw. 1,52 betragen.
In Anbetracht des charakteristischen morphologischen Verhaltens und
der festgestellten MaBe kann das gefundene Trypanosom mit keinem der
bereits bekannten Trypanosomen der Mause (Lewisi, Duttoni, Pri-
colo) identifiziert werden. Es dfirfte daher gerechtfertigt erscheinen,
dem Vorschlag von A. Wladimiroff und W. Yakimoff Folge zu
leisten und das Trypanosom Trypanosoma Eorssaki zu benennen.
III. Zur Frage fiber die Verbreltung des Trypanosoma Lewisi
In RnBland.
Von W. L. Yakimoff.
Durch Untersuchungen von Tartakowsky 1 ), Yakimoff 2 ),
Gross 3 ), Grtiner 4 ), Danilewsky 5 6 ), Schalaschnikoff®) ist es
sichergestellt, daB die Trypanosomen Lewisi sowohl in St. Petersburg
und in Moskau, als auch im Stiden von RuBland bei grauen Ratten vor-
zukommen pflegen. In Petersburg sind 41,3 Proz. samtlicher Ratten,
wie ich es bereits beschrieben habe, mit Trypanosoma Lewisi
infiziert, wahrend in Moskau nach Grfiner bei 25 Proz. derselben die
Trypanosomen nachzuweisen waren.
Bei weiteren Untersuchungen in dieser Richtung konnte ich mich
in jfingster Zeit davon fiberzeugen, daB auch im Ssaratowschen und
Kasanschen Gouvernement das Vorkommen der Trypanosoma Le¬
wisi bei grauen Ratten nicht zu den Seltenheiten gehort.
1) Tartakowsky, M., Archiv Weterinarnych Nauk. 1901. Heft 11.
2) Yakimoff, W., Zeitschr. f. lnfektionslrrankh. d. Haustiere. Bd. 2. 1907.
3) Zit. nach Laveran u. MesniL Paris 1904.
4) Grfiner, Weterinarnoie Obosrenie. 1906.
5) Danilewsky, Untersuchungen fiber vergleichende Parasitologie. Charkow
1888. [Russisch.]
6) Bchalaschnikoff, Archiv Weterinarnych Nauk. 1888.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
IT. Piroplasmose bei Feldmausen.
Von W. L. Yakimoff.
Bezugnehmend auf unsere Beobachtungen von Piroplasmose bei
Igeln 1 ) und Trypanosomiasis bei Feldmausen im Ssaratowschen Gou-
vernement kann noch nachgetragen werden, daB gelegentlich der Blut-
untersuchung bei 11 gefallenen Feldmausen wir in 3 Fallen das Vor-
handensein von Piroplasmen im Blute derselben feststellen konnten. Es
handelte sich dabei um kleine ringformige, intraglobular gelagerte Para-
siten mit hellblauem Protoplasma und rotem Karyosoma (bei Giemsa-
Farbung).
Die Piroplasmen waren stets nur ganz vereinzelt vorhanden, bei
einer mehr oder weniger stark ausgesprochenen Polychromatophilie der
Erythrocyten. Die polychromatophile Eigenschaft der roten Blutkorper-
chen war iibrigens auch mehrmals zu verzeichnen gewesen in Fallen, in
denen keine Piroplasmen nacbweisbar waren.
Was den Infektionsweg bei der Piroplasmose der Feldmause betrifft,
so glauben wir, daB, gleich wie bei der Igelpiroplasmose, auch hier
die Nymphe des Dermatocentor reticulatus als Uebertrager der
Krankheit in Betracht kommt. Zu solch einem Schlusse glauben wir
um so mehr berechtigt zu sein, als es uns in einem Falle gelang, die
Nymphe an der Feldmaus parasitierend vorzufinden. Ob die Piroplasmen
der Feldmause und der Igel identisch sind, mochten wir vorderhand
dahingestellt sein lassen.
Es sei nur noch erwahnt, daB unsere Untersuchungen auf Piro¬
plasmen bei der Zieselmaus stets ein negatives Resultat ergaben.
V. Piroplasmosis beim Rcnntier, beim chinesischen Yack
und beim Baren.
Von W. L. Yakimoff.
AniaBlich unserer hamatologischen Studien nahmen wir die uns
gebotene Gelegenheit wahr, im Fruhling 1908 bei den verschiedenen
Tieren des St. Petersburger zoologischen Gartens Blut zu morphologi-
schen Studien zu entnehmen. Die in der ublichen Weise angefertigten
Bluttrockenpraparate wurden mit der Giemsa-Losung gefarbt und einer
Untersuchung unterworfen.
Bei dieser Gelegenheit fanden wir bei den obengenannten Tieren
Gebilde im Blut, die sowohl durch ihr tinktorielles Verhalten, als auch
durch ihre Form und Lagerung als Piroplasmen angesprochen werden
dtirften.
Beim Renntier fanden wir auf drei Ausstrichpraparaten zwei ring¬
formige Piroplasmen, die durchaus den von Kerzelli beschriebenen
ahnelten.
Beim chinesischen Yack wurden desgleichen zwei Piroplasmen ge-
funden, von denen eines endoglobular gelagert war, das andere als freier
Parasit. Das letztere zeigte eine kugelformige Gestalt und zwei kleine,
nahe an der Peripherie gelagerte Karyosomen.
In den Ausstrichpraparaten vom Blute eines Baren war nur ein
einziger ringformiger Parasit nachweisbar.
Das Blut vom Renntier und vom Baren zeigte mehr oder weniger
ausgesprochene Erscheinungen von Polychromatophilie. Beim Baren
1) Yakimoff, W., Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 52. 1909.
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Centralblatt f. BakUriologie A bt. /. Orig. Bd.55. YakimfT, Hmatoparasitobgischc Notizen
Nina. Kohl -Yaklmoff ge2 Verligvon GustavFischerlnJena. iith Anst.v Johannes Arndt, Jena
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Negri, Beobachtungen iiber Sarkosporidien. III.
373
waren daneben noch Normoblasten vorhanden, wahrend im Blut vom
Yack keine pathologischen Veranderungen zu beobachten waren.
Der (Jrastand, daB die gefallenen Tiere aus dem Zoologischen Garten
in unserer Abteilung seziert werden und im Verlaufe des Jahres 1908
und der ersten Monate des Jahres 1909 keines von den obenerwahnten
Tieren zur Sektion kam, l&Bt vermuten, daB der Verlauf der Piroplas-
mose bei diesen Tieren ein gutartiger ist.
Die Untersuchungen auf Piroplasmose bei samtlichen anderen Tier-
arten, die uns zur Verfiigung standen, verlief resultatlos.
Erkl&rnng' der Tafel.
Fig. 1. Trypanosoma der Feldmaus im Gouvernement Ssaratow. (Leitz,
Imm. Y,,, Komp.-Okul. 18.)
Fig. 2—7. Trypanosoma Korssaki. (Leitz, Imm. Vi»> Komp.-Okul. 18.)
Fig. 8. Piroplasma des chinesischen Yack. (Zeiss, Apochr. 1,5, Komp.-
Okul. 18.)
• Naehdruck verboten.
Beobachtungen liber Sarkosporidien.
[Aus dem Laboratorium fiir allgemeine Pathologie und Histologie der
Kgl. Universit&t Pavia (Vorstand Prof. C. Golgi).J
III. Mitteilung.
Von Dr. A. Negri, Assistent und Privatdozent.
Mit 1 Tafel.
Bei meinen teilweise bereits veroffentlichten Beobachtungen iiber
Sarkosporidien habe ich mich auch gleichzeitig bemuht 1 ), manche die
Entwicklungsgeschichte dieser interessanten parasitSren Protozoen be-
treffende Eigentiimlichkeiten ins Licht zu stellen, ein Thema, woriiber
— wie einstimmig zugegeben wird — unsere Fachkenntnisse noch spar-
lich und unvollstfindig sind.
Die Moglichkeit, die Sarkosporidiose bei manchen Saugetieren ex-
perimentell durch Verfiitterung mit infizierten Muskeln hervorzurufen,
hat mir die Aufgabe erleichtert, und tatsachlich habe ich denn auch nur
Tiere benutzt, die im Laboratorium infiziert wurden.
Wahrend nun Smith 2 ) zu seinen Untersuchungen — den ersten,
die gezeigt haben, es lasse sich die Infektion auf dem Wege des Magen-
darmkanals hervorrufen — so wie die Forscher, die seine Versuche wieder-
holt haben, sich des Mus musculus L. bedient hatten, habe ich fiir
die meinigen Mus decumanus Pall. var. albinus verwendet, eine
Art n&mlich, bei der ich die Erfahrung gemacht habe. daB die kiinstlich
erzeugte Infektion ebenso konstant auftritt und nach denselben Gesetzen
veriauft, die der hervorragende amerikanische Forscher bei Mus mus¬
culus festgestellt hatte.
Das Meerschweinchen — bei dem, wie ich bereits gezeigt habe, die
experimentelle Sarkosporidiose ebenfalls moglich ist — habe ich aus
verschiedenen Griinden beiseite gelassen, vor allem aber deshalb, weil
1) Negri, Beobachtungen iiber Sarkosporidien. Erste Mitteilung. (Centralbl. f.
Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 47. 1908. Heft 1.) Zweite Mitteilung. (Ibid. Bd. 47. Heft 5.)
2) Smith, The production of Sarcosporidiosis in the mouse by feeding infected
muscular tissue. (The Journal of ex per. Med. 1901.)
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CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
bei diesem Tiere die Parasiten zuweilen in sehr geringer Anzahl vor-
handen sind, so dafi es viel Mfihe kostet, dieselben aufzufinden, und ferner
auch darum, weil wegen der winzigen Dimensionen, die das Protozoon
beim Meerschweinchen annimmt, dieses letztere wohl nicht das geeignetste
Material zu einem Studium der feineren Struktureigentfimlichkeiten lie-
fern kann.
Deshalb beziehen sich raeine Befunde auf Sarcocystis rauris,
so wie dieselbe bei den weiCen Ratten in Erscheinung tritt.
* *
*
In seiner interessanten Mitteilung macht Smith die Angabe, dafi
er die jiingsten Formen von Sarcocystis muris in den Muskelfasern
von Mfiusen 45 Tage nach deren Verffitterung mit infizierten Muskeln
angetroffen hat.
Der kleinste von ihm ira frischen Zustande wahrgenommene Parasit
war ein 152 y. langes, 20 /t breites, spindelformig gestaltetes, in eine
zarte Membran eingehiilltes Gebilde mit hyalinem, undifferenziertem In¬
halt —■ einige zerstreute lichtbrechende Granula ausgenommen.
In einer vorgeriickten Entwickelungsperiode, bei bedeutend Ifinger
gewordenen Parasiten, hat Smith im Innern derselben zahlreiche spindel-
bezw. eiffirmig gestaltete, gedr&ngt zusammenliegende Gebilde wahrge-
nommen, deren grofie Acbse nahezu parallel zu jener des Sporozoons ver-
lief; der L&ngsdurchmesser betrug ungeffihr 12 /u, der Querdurchmesser
4 |i<; jedes derselben war mit einem dicken, 1 /t grofien, lichtbrechenden,
mit Osmiumsfiure sich schwarz f&rbenden Granulum versehen.
Auf dieses Stadium folgt nun ein zweites, wo die spindel- bezw.
eiformigen Gebilde eine nierenfihnliche Gestalt annehmen, eine Aende-
rung, die im Zentralteile des Protozoons ihren Anfang nimmt.
Ungeffihr 70 Tage nach Einftihrung des infizierten Materials in den
Magen des Tieres beginnt die Bildung der Sporoblasten und Sporozoiten
vor sich zu gehen. Nach Smiths Angabe besteht der Parasit aus rund-
lich bezw. polyedrisch gestalteten Massen von feinkSrnigem Aussehen,
welche dicht nebeneinander liegen, 16 ii lang und 14 /t breit sind: Sporo¬
blasten, die sofort in die Sporozoiten zerfallen. Wie grofi die Zahl der
aus jedem einzelnen Sporoblasten entstandenen Sporozoiten ist, hat Verf.
— wie er angibt — nicht genau bestimmen konnen, es dfirften — fiigt
er hinzu — deren 8 sein. . . .
Um nun diese an frischem Material gemachten Wahrnehmungen
kontrollieren zu kfinnen, hat Smith auch noch Untersuchungen an Para¬
siten in Schnitten von in Zenkerscher Fltlssigkeit fixierten, nach ver-
schiedenen Methoden gef&rbten Muskeln angestellt.
In den jiingsten Stadien — in Fig. 2 seiner ersten Tafel ist ein ca.
50 —55 n langer, 51 Tage nach der Verffitterung vorgefundener Parasit
abgebildet — war die Kemteilung schon sehr weit vorgeschritten, so dafi
zahlreiche nuklefire Massen auch in der Figur wahrnehmbar sind.
Auf dieser Entwickelungsstufe hat Smith im Inneren der Sarco¬
cystis keine Differenzierung nach individualisierten Elementen, d. i.
nach Zellen zu Gesicht bekommen kfinnen. Er spricht von besondere
Merkmale aufweisenden Gebilden, jedes derselben bestehe aus einem
kompakten, 2 (.i im Durchmesser betragenden, in einem hellen 4—6 ju
einnehmenden Raum gelegenen, nuklefiren Klumpen mit ziemlich lappigen
Umrissen. In diesem Raum ist nach Angabe des Verf. noch ein zweites
rundliches, Vs groBes Kfirpercheu vorhanden, welches gleichfalls die
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Negri, Beobachtungen fiber Sarkosporidien. III.
375
nuklefiren Farben intensiv annimmt. Verf. glaubt sich ffir den Augen-
blick nicht in der Lage, dieses Granulum irgendwie deuten zu kfinnen.
AuBer diesen Einzelheiten, bemerkt Smith zum Schlusse, hat das
Studium der gef&rbten Schnitte keinen weiteren Beitrag zu den durch
Untersuchung im frischen Zustande gemachten Erfahrungen geliefert,
noch sonst einen AufschluB ermfiglicht fiber die vermutete Teilung der
spindelformigen Gebilde vor Eintritt ihrer Zunahme an Sporoblasten,
und auch nicht die Mfiglichkeit verschafft, die Art und Weise der Teilung
der Sporoblasten in Sporozoiten klarzustellen.
Es muB jedoch gerechterweise hinzugeftigt werden, daB Smith die
Erklfirung abgibt, es habe durchaus nicht in seiner Absicht gelegen, auf
das Studium der morphologischen Eigentiimlichkeiten der verschiedenen
Stadien des intramuskulfiren Zyklus des Sporozoons naher einzugehen und
daB er seine Beobachtungen nur zu dem Zwecke mitgeteilt habe, urn zur
Fortfilhrung der diesbezfiglichen Untersuchungen anzuregen, wobei er
darauf hinweist, wie sich zwischen der komplizierten, von ihm bei S a r c o -
cystis muris geahnten Entwickelung und der von anderen Autoren bei
anderen Sarkosporidien beschriebenen eine Aehnlichkeit bemerkbar macht
* *
*
Zu meinen Untersuchungen — die, 1907 eingeleitet, nunmehr zu
einer erheblichen Zahl angewachsen sind — habe ich weiBe Ratten be-
nutzt, die im Laboratorium geboren waren und gewfihnlich ein Alter von
4, 5 Monaten und auch dariiber erreicht hatten. Bei jedem Experiment
bin ich sorgf<ig darauf bedacht gewesen, Tiere von demselben Wurf
zu wfihlen, die in demselben Kfifig geboren, die gleiche GroBe besaBen
und stets unter den gleichen Verhfiltnissen gelebt hatten.
Die Verabreichung des infizierenden Materials ist stets eine reich-
liche und mehrraalige gewesen; zuweilen erfolgte dieselbe durch 3—4
Tage nacheinander, mitunter war sie eine 5—6-malige, und zwar zu ver¬
schiedenen Zeiten, jedoch stets innerhalb einer hochstens 10 Tage um-
fassenden Zeitperiode.
Als infizierendes Material wurden die Muskeln von Mus decuma-
n u s verwendet, welches Tier in dieser Gegend sehr hfiufig mit natiirlicher
Sarkosporidiose behaftet ist und mitunter einen an Parasiten sehr
reichen Befund liefert.
Die Muskeln wurden den Tieren stets ganz frisch, unmittelbar nach
dem Tode vorgelegt, ohne irgendwelche Zugabe anderer Nahrungsmittel;
vor jeder Fiitterung wurden samtliche Muskeln von wenigstens einem
Mus decumanus grob zerkleinert; es ist wohl unnfitig, hierbei zu
bemerken, daB dieselben stets sofort und mit groBer Gier verzehrt wurden.
Ich habe es fiir zweckentsprechend gehalten, mich nicht auf eine
einzige Fiitterung zu beschrfinken, um erstens einmal fiber das Zustande-
kommen der Infektion desto sicherer zu sein und zweitens in der Hoff-
nung — bei jenen Versuchen nfimlich, wo zwischen der ersten Fiitterung
und der letzten ein Zeitraum von 10 Tagen verstrichen war — Sarko¬
sporidien bei demselben Tiere zu verschiedenen Entwickelungszeiten
antreffen zu kfinnen, was das Studium erleichtert hfitte.
Die bei den einzelnen Versuchen benutzten Ratten wurden in ver¬
schiedenen Zeitabstanden nach der ersten Fiitterung — von 35 Tagen
ab — getotet.
Jedem einzelnen Tiere habe ich stets die Pectorales entnommen und
fast immer auch Muskeln anderweitiger Gegenden (M. psoas, des Ober-
schenkels, der Abdominalwand usw.); die Pectorales habe ich deshalb
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376
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
bevorzugt, weil dieselben — wie ich bereits in meiner zweiten Mitteilung
hervorgehoben — das Anfertigen groBfl&chiger Schnitte gestatten und
sich als vortrefflich zur Untersuchung geeignet erweisen.
Zur Fixierung der auf Korkplatten vermittelst Igelstacheln gespannt
gehaltenen Muskeln habe ich zuerst versuchsweise mehrere Flussigkeiten
(Alkohol, Flemming sche bezw. Zenker sche Losung, Sublimat-Alkohol,
Sublimat-Alkohol-Essigsaure) in Anwendung gebracht. Ich habe jedoch
bald die Ueberzeugung gewonnen, daB letztere — Sublimat-Alkohol-Essig¬
saure — das zur Fixierung und nachtraglichen Far bung der S. muris
das sich am besten bewfthrende Gemisch liefert, weshalb ich mich bei
meinen weiteren Untersuchungen fast ausschlieBlich desselben bedient habe.
Die hkufig mit dem Schwefelkohlenstoffverfahren in Paraffin ein-
gebetteten Muskeln habe ich in Serien von 5 //, l l j 2 //, 10 p geschnitten.
Zur Farbung habe ich verschiedene Methoden angewendet. Nachdem
ich aber festgestellt hatte, daB dieselben einer guten H&malaunf&rbung
gegenuber grQBtenteils keine besonderen Vorteile gewahren, vielmehr fifters
dieser letzteren nachstehen, habe ich fast immer mit Hamalaun gefarbt
und hierauf zuweilen eine zweite Farbung vorgenommen, entweder mit
Eosin, oder mit Orange, Oder auch mit Unnaschem Orange-Tannin.
Durch dieses Verfahren, das ich hier aus dem Grunde etwas ausfiihr-
lich erwkhnt habe, weil ich iiberzeugt bin, daB bei diesem Studium die
Technik ihre groBe Wichtigkeit hat, ist es mir inoglich gewesen, manches
nachzuweisen, das meinem Dafiirhalten nach einer Darlegung wert erscheint.
* *
*
In den Pectoralmuskeln einer 50 Tage nach der ersten Verftitterung
mit infizierten Muskeln getoteten weiBen Ratte habe ich die allerjiingste
bisher beschriebene Form von Sarcocystis muris angetroffen, d. i.
einen langgestreckten Parasiten (Fig. 1) mit abgerundeten Enden, dessen
Langsdurchmesser 25 n und dessen Querdurchmesser weniger als 5 /n
betrug; seine Langsachse verlief parallel zur groBen Achse der das Ge-
bilde beherbergenden Muskelfaser.
Was aber die Struktur anbelangt, so beschranke ich mich darauf, zu
erwahnen, daB, wenngleich die Farbung bei dieser und noch anderen vorge-
rflckteren Formen eine Erkenntnis der feineren Einzelheiten nicht gestattet
— was meiner Ansicht nach eher auf die zu dieser Zeit schwache Farb-
barkeit des Protozoons als auf technische Modalitaten zurdckzufuhren
ist — so laBt sich doch deutlich wahrnehmen, daB der Parasit mit einer
auBerst zarten Membran bekleidet ist, die seine Begrenzung bildet. In
seinem Inneren ist der Parasit bereits in eine Anzahl Klumpen oder
Zellen geteilt, die ich mit dem Namen Sporoblasten bezeichnen will 1 ).
Solche eiformig gestalteten Klumpen haben zarte Umrisse und zeigen
das Bestreben, sich zueinander und auch zur groBen Achse des Para¬
siten parallel anzuordnen. Bei kornigem, mit Hamalaun auBerst schwach
sich farbendem Inhalt gestatten diese Zellen, einen in der Mitte gelege-
nen hellen Raum zu gewahren, der in manchen derselben von einem
kleinen, etwas starker gefarbten Korperchen eingenommen wird.
Die gleiche Struktur, das gleiche in Fig. 1 mit hinreichender Deut-
lichkeit ersichtlich gemachte Gesamtaussehen, habe ich bei derselben
1) Ich bediene mich dieser Benennung, um ein auf dem Gebiete der Studien fiber
Sporozoen geliiufiges Wort zu gebrauchen; aus weiteren Untersuchungen wird sich er-
geben konnen, ob diese Zellen und die in anderen Protozoen beschriebenen tatsachlich
identifizierbar sind.
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Negri, Beobachtungen fiber Sarkosporidien. III.
377
Ratte noch in einera anderen, eine Maximall&nge von 27 ft aufweisenden
Parasiten angetroffen.
In Fig. 2 habe ich getrachtet, eine in ihrer Entwickelung etwas
fortgeschrittene, 35 ft lange und 6 l / 2 ft breite Form zu veranschaulichen,
die ich gleichfalls bei dem Tiere vorgefunden habe, bei dem ich die
friiheren Stadien beobachtet hatte.
Die Zahl der Sporoblasten ist in dieser letzteren Form eine groBere
geworden; gedrangt aneinander, longitudinal angeordnet und von der
Membran umhiillt, setzen die Sporoblasten den gesamten Korper des
Sporozoons zusammen. Die schwache Farbbarkeit, die sicherlich nicht
vollkommene Farbung, die innigen Beziehungen dieser Zellen zuein-
ander, ihre mehrfache Uebereinanderlagerung, erschweren die genaue
Schatzung ihrer Durchmesser, manche derselben scheint eine L&nge von
5 ft zu besitzen; jede einzelne zeigt in der Mitte eine Anhaufung von
Kornchen Oder ein Korperchen, das mit Hamalaun sich schwach ge-
farbt hat.
Bei Parasiten, welche eine Lange von 50 ft erreicht haben — und
solche habe ich nicht nur bei der in Rede stehenden Ratte, sondern
auch bei Ratten anderer Versuche, die 50 Tage nach der Verflitterung
getotet worden waren, angetroffen — beginnt die innere Struktur eine
etwas deutlichere zu werden, da sich diese Stadien leichter farben lassen.
Als Typus hiervon habe ich hier (Fig. 3) eine 52 ft lange und 8 ft
breite Form abgebildet. Der Parasit ist mit eiformigen Zellen dicht
erfUllt, deren Umrisse sich ziemlich genau bestimmen lassen, trotzdem
die einzelnen Elemente sehr innige Beziehungen zu einander eingehen
und sich mehrfach iiberlagern, was aber nur teilweise in der Figur er-
sichtlich gemacht ist. Jeder Sporoblast enthalt ein korniges Protoplasma;
in der Mitte der Zelle liegt eine von einem hellen Hof umgebene an-
sehnliche, intensiv und elektiv sich differenzierende Kernanh&ufung. Der
Kern erscheint bald aus einer Gruppe von mehr Oder weniger nahe
nebeneinander gelagerten chromatischen KSrnchen zusammengesetzt, bald
in der Form eines anscheinend homogen aussehenden, gewohnlich un-
regelmaBig konturierten Korperchens. Mit Hilfe einer intensiven kiinst-
lichen Beleuchtung und durch Anwendung von vortrefflichen Linsen-
systemen macht man jedoch sehr hkufig die Wahrnehmung, daB diese
anscheinend homogenen Kerne gleichfalls auseinander dicht gen&herten,
fast zu einer einheitlichen Masse verschraolzenen Kornchen bestehen.
Es ist mir bei diesen Parasiten nicht moglich gewesen, auffallige
Teilungsvorgange des Kernes wahrzunehmen; nicht selten habe ich jedoch
Kerne zu Gesicht bekommen, in denen die Kornchen in zwei etwas
lfinglich gestalteten, einander gegeniiberliegenden, nahezu miteinander
in Beriihrung stehenden Haufen angeordnet sind, Bilder, die an den auf
einer hoheren Entwickelungsstufe des Parasiten sichtbar werdenden Tei-
lungsvorgang der Sporoblasten erinnern und die ich nachstehend be-
schreiben will.
Eine Andeutung von Kernteilung ist mit groBerer Deutlichkeit in
Fig. 4 ersichtlich, wo ein ca. 60 ft langer Parasit abgebildet ist. Auch
in diesem letzteren finden sich nur rundliche bezw. eiformige, nahezu
gleich groBe Zellen mit aus groBen, mehr Oder weniger einander ge-
nkherten, zuweilen bis an die Peripherie des sie enthaltenden Elements
herantretenden, chromatischen Granula bestehenden Kernen. In der
mittleren Partie des Protozoons sind bei einem deutlich wahrnehmbare
Umrisse zeigenden Sporoblasten die Kerngranula in zwei einander parallel
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
verlaufenden Strangen angeordnet; jeder Strang ist wieder von einem
aus einer kornigen, die gleichen Merkmale wie das Protoplasraa der be-
nachbarten Zellen aufweisenden Substanz bestehenden Hof urageben.
Man gewinnt hierbei den Eindruck, als wenn im Inneren der Sporoblasten
durch Teilung zwei eiformig gestaltete, gleich grofie Zellen ira Entstehen
begriffen waren.
DaB ein solches Bild den Ausdruck eines tatsSchlich vor sich gehen-
den Teilungsvorganges und nicht etwa einen zuf&lligen Befund darstellt,
ist durch die Untersuchung der vorgeriickteren Stadien erwiesen. Es
ergibt sich namlich aus dieser Untersuchung, daB die Verinehrung der
Sporoblasten durch eine ihnen zukommende, nach konstanten Gesetzen
und Modalitaten sich SuBernden Vermehrungstatigkeit bedingt ist.
Ohne mich hier auf detaillierte Beschreibungen einzulassen, die mich
nur zu einer Wiederholung des bereits Gesagten fuhren wiirden, werde
ich mich lediglich auf einige die Figuren 5—9 betreffende Angaben
beschranken.
Fig. 5 veranschaulicht das auBerste Ende eines ca. 120 (x langen
Parasiten, den ich zusammen mit anderen bei einer 67 Tage nach der
ersten Verfiitterung mit infizierten Muskeln getoteten Ratte vorgefunden
habe. Die iibrigen Figuren stammen von einer anderen, nach 60 Tagen
getoteten Ratte, bei der die Sarcocystis in groBer Anzahl vorhanden
waren und ungefahr auf der gleichen Entwickelungsstufe standen. Fig. 6
macht das auBerste Ende eines dieser Protozoen ersichtlich; seine Lange
betrug ca. 200 /t; der Schnitt war vollstandig gelungen. Die Figuren
7, 8, 9 beziehen sich dagegen auf stark schr&g geschnittene parasitare
Formen, die gerade an der Stelle abgebildet wurden, wo die Kontinuitat
der Cyste unterbrochen geblieben ist.
Solche Parasiten — sowie noch sehr zahlreiche andere, ungefShr
in der gleichen Entwickelunsperiode befindliche Formen — enthalten
noch und ausschlieBlich Sporoblasten, die sich von denen, die ich in den
vorhergehenden Stadien beschrieben habe, durch keinerlei Merkmale
unterscheiden. Nur sind die Sporoblasten, anstatt so dicht gedrangt zu
erscheinen wie die Parasiten der Fig. 3 und 4, durch helle Raume von-
einander geschieden und gestatten daher eine genauere Bestimmuug
ihrer GroBe, Gestalt und Umrisse. Zu beachten ist jedoch hierbei, daB,
wiihrend die Figuren 1—4 Parasiten in toto darstellen, die iibrigen nur
Abschnitte des Protozoons veranschaulichen, in denen die zwischen den
einzelnen Gebilden liegenden Raume deutlicher wahrnehmbar sind, mo-
gen nun dieselben tatsachlich vorhanden, oder nur durch die zusammen-
schrumpfende Einwirkung der Reagentien hervorgebracht sein.
Solche rundlich bezw. eiformig gestaltete Sporoblasten mit kornigem
Protoplasma enthalten zum grofien Teil einen (einzigen) im Zentrum
eines hellen Hofes gelegenen Kern — manches chromatische Granulum
tindet sich mitunter noch hie und da zerstreut im Protoplasma — zum
Teil lassen sie die von mir in Fig. 4 veranschaulichte Anordnung des
Chromatins erkennen.
Es handelt sich urn Zellen, die bald inbezug auf Gestalt und GroBe
den umliegenden gleich, bald hingegen schwach vergroBert, etwas lang-
gestreckt sind, mit einem in zwei granulose, langlich geformte Klumpen
geteilten Kern, wie in den Abbildungen, auf die ich hier verweise.
In gewissen Fallen ist das Protoplasma am TeilungsprozeB noch
nicht beteiligt, in anderen (s. Fig. 5 und 9) ist dasselbe durch eine
ziemlich scharfe Demarkationslinie in zwei gleich groBe, symmetrische
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Negri, Beobachtungen iiber Sarkosporidien. III.
379
Halften geteilt, deren jede einen der nuklearen Klumpen einschlieBt.
In wieder anderen endlich gewahrt man zwei Sporoblasten mit aber-
mals in die Lange gezogenem Kern; dieselben hangen so innig und
mit solch eigentiimlicher Anordnung zusammen, daB man sie, auch im
Hinblick auf das Aufeinanderfolgen der verschiedenen Bilder, nicht an-
ders deuten kann, als wie das Resultat der Teilung einer dieser Mutter-
zellen in zwei Tochterzellen (Fig. 8).
Sporoblasten und sonst nichts als Sporoblasten mit den bisher be-
schriebenen Merkmalen, darunter auch nicht gar so selten in Teilung
begriffene, habe ich bei stetiger Anwendung des gleichen Verfahrens in
noch weiter entwickelten Parasiten bei in groBeren Zeitabstanden vom
Datum der Infektion (60—70 Tage nach derselben) getoteten Ratten
angetroffen. Ich habe vollstandige Schnitte von Sarkosporidien bekom-
men, wo letztere 300 /.i und noch weit dariiber lang waren. Ihre Unter-
suchung — haufig waren die PrBparate BuBerst feine — durfte wohl
dazu berechtigen, eine solche Behauptung aufzustellen.
Auch bei mehr als 600 // langen Cysten (etwa nach 70 Tagen) ist
das Innere des Protozoons nahezu ausschieBlich von diesen Zellen ein-
genommen; ich sage „nahezu ausschlieBlich“, da im zentralen Teil der
Cyste die Elemente in der Regel dicht angehauft liegen, so daB, wenn
auch einerseits sich wohl feststellen lBBt, daB keine groBeren Zellen vor-
handen sind, andererseits nicht auszuschlieBen ist, daB an irgendwelcher
Stelle bei manchem Sporoblasten feinere Differenzierungsvorgange (die
Entstehung von Sporozoiten namlich) sich abgespielt liaben. Und tat-
sachlich nimmt gegen den 70. Tag, analog den von Smith an Mus
musculus gemachten Wahrnehmungen, das Auftreten der Sporozoiten
seinen Anfang. Wie dieselben entstehen, ist, glaube ich, durch Fig. 10
ersichtlich gemacht, welche letztere ein Stiick des zentralen Teiles eines
Parasiten zur Anschauung bringt. Der Schnitt ist etwas schrag gefiihrt
worden, so daB an einem Ende das Protozoon unvollstandig ausgefallen
ist; das ubrige Stiick ist ganz sicher der groBte Teil der Parasitenleibes
und 450 // lang; die gauze Cyste durfte, nach der Priifung der Schnitt-
serien zu schlieBen, nicht iiber 650 /< betragen liaben.
Der ganze Parasitenleib besteht noch immer aus typischen Sporo¬
blasten; in seinem Zentralteile — und die Bilder sind hier deutlich,
weil sie auf diinnen Schnitten liegen — machen sich 4 paarweise mit-
einander vereinigte Sporozoiten bemerkbar; jedes Paar ist von Sporo¬
blasten umlagert. Die Figur zeigt die Gestalt, die Grofie, die Beziehungen,
in welche die sichelformig gestalteten Korperchen zueinander treten.
Wenn auch von einander unterschieden und gut individualisiert, er-
scheinen letztere in jedem Paare doch immer noch an einem Ende
miteinander zusammenhangend, oder doch wenigstens einander stark
genahert.
In Parasiten, die von Tieren herstammen, welche in immer groBeren
Zeitabstanden getotet wurden, zeigt sich die Zahl der im zentralen Teile
des Parasitenleibes sitzenden Sporozoiten bedeutend vermehrt; an den
Endpartien sind noch Sporoblasten iibrig geblieben, die man in Teilung
begriffen wahrnehmen kann.
Mit dem Fortschreiten ihrer Entwickelung nehmen die Sporozoiten an
Zahl immer mehr zu, wahrend die Zahl der Sporoblasten abnimmt. Bei
110—120Tage nach der erfolgten Infizierung getoteten Ratten sind die Sarko-
cysten schon mit freiem Auge sichtbar und zeigen sich in ihrer ganzen Aus-
dehnung mit Sichelkeimen erfullt; Sporoblasten habe ich in diesen Stadien
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nicht mit Sicherheit gewahren konnen, wenn sie iiberhaupt noch vorkommen,
miissen dieselben dock nur in sehr sparlicher Anzahl vorhanden sein.
* t-
*
Ich werde vorlaufig bei diesen Erfahrungen stehen bleiben. Ein
naheres Eingehen auf feinere Einzelheiten konnte zu nicht ganz richtigen
Schliissen fiihren. Zu bedenken ist hier, daB die im Inneren dieser
Protozoen sich abspielenden Vorg&nge in unzweifelhaft auBerst zarten
Elementen vor sich gehen, welche von der Einwirkung der Fixierfliissig-
keiten und des Verfahrens, dem man sie notwendigerweise unterziehen
muB, in empfindlichster Weise beeinfluBt werden. Selbst bei Anwendung
von Sublimat-Alkohol-Essigsaure, der Mischung namlich, die mir, wie be-
reits erwiihnt, die besten Resultate geliefert hat, ist man noch weit davon
entfernt, vollkommene Fixierungen zu erzielen, die eine verlaBliche Be-
schreibung des Protoplasmas und des Verhaltens des Kerns sowohl der
Sporoblasten als auch der Sporozoiten gestatten wtirden.
Es ist daher meines Erachtens nicht anders mbglich, als sich vor-
l&ufig auf die groberen, deutlich wahrnehmbaren Erscheinungen zu be-
schranken. Ich bin deshalb vorsatzlich auf das Verhalten des Chromatins
bei den Teilungsprozessen nicht eingegangen und habe auch noch andere
Fragen, wie z. B. die nach dem Ursprung des das bekannte Kammer-
system bildenden Gerustes unberucksichtigt gelassen 1 ).
Die von mir beschriebenen Befunde liefern den Nachweis, daB die
Sarcocystis muris zu Anfang jener Phase ihres Zyklus, die sich in
der gestreiften Muskelfaser abspielt, winzig klein ist im Vergleich zur
Lange, die sie spiiter erreicht.
Der von mir beschriebene, in Fig. 1 abgebildete, 25 /u lange Parasit
ist die kleinste und jtingste Form von Sarkosporidien, die bisher zur
Beobachtung gelangt ist. Ich habe bereits erwShnt, daB die allerjiingste,
von Smith bei der Maus beschriebene Form nicht weniger als 50 fi
lang war 2 ) und bereits eine betr&chtliche Zahl von Sporoblasten und
Kernen aufwies; ich glaube, diese Form findet sich wieder in der von
mir in Fig. 2 abgebildeten. Bertram hat gleichfalls junge Formen von
Sarcocystis tenella beschrieben 3 ), die kleinste davon war 47 // lang
und 6 n in der Quere, und auch bei ihr war die Teilung weiter vor-
geschritten (s. Fig. 22 der die Mitteilung Bertrams begleitenden
Tafel 39).
Bei den von mir beobachteten, sehr jungen Parasiten ist zwar die
1) Es Bei mir in dieser Hinsicht gestattet, auf Fig. 4 hinzuweisen. Die beiden
neugebildeten Zellen sind in einem Raume enthalten, der von einem hochst wahrschein-
lich dio Membran der Mutterzelle darstellenden Hautchen begrenzt ist. Fast imrner
zeigen die in Teilung begriffenen Sporoblasten ahnliche Bilder, doch sind dieselben
nicht so deutlich und bei den zum Abzeichnen der Figuren angewandten VergroBe¬
nin gen auch gar nicht sichtbar, so daS es mir nicht moglich gewesen ist, dieselben
abzubilden.
Derartige Bilder lassen die Vermutung, daB bei diesem Protozoon die Neubildung
der Elemente im Inneren der Zelle vor sich gehe, als wahrscheinlich erscheinen, doch
entstehen aus jeder Zelle immer nur zwei Tocnterzellen.
Es lieBe sich ferner daran denken, daB, analog dem, was beziiglich der Membran
des ganzen Parasiten stattfindet, in dessen Inneren eine ganze Reike von Teilungs¬
prozessen sich abwickelt, auch die Membranen der verschiedenen Generationen von Sporo-
Dlasten noch fortbestehen, und daB sie es sind, welche zu der Entstehung des Knmmer-
systems AnlaB geben.
2) Smith, 1. c.
3) Bertram, Beitrage zur Kenntnis der Sarkosporidien usw. (Zool. Jahrb.
Bd. 5. 1892.)
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Negri, Beobachtungen iiber Sarkosporidien. III.
381
Bildung von Zellen (Sporoblasten) wahrnehmbar, aber der TeilungsprozeB
hat erst begonnen.
Wenn wir nun diese Formen als Ausgangspunkt wahlen und die
von mir beschriebenen Vorkommnisse in Erwagung ziehen und dieselben
koordinieren, so wird es moglich, glaube ich, die intramuskulare Ent-
wickelung des Sporozoons in ihren Hauptziigen zu entwerfen.
Auf Grund so deutlicher Befunde erscheint meinem Dafurhalten
nach der SchluB wohl gestattet, daB diese Entwickelung von einem sehr
einfachen Mechanismus ins Werk gesetzt wird.
Der (in der Muskelfaser urspriinglich einzellige?).- Parasit zerfallt
sehr friih in Zellen (Sporoblasten), die sich lebhaft durch gleichmafiige
Zweiteilung vermehren.
Der Umstand, daB man in parasitaren Gebilden (wie die von Fig.
2 und 3) nur Sporoblasten antrifft, ferner die Erfahrung, daB in ander-
weitigen weiter vorgeschrittenen Formen, die eine viel bedeutendere GroBe
erreicht haben, nur noch Sporoblasten vorhanden sind, und noch dazu
von derselben Gestalt, Struktur und GroBe, diirfte wohl schon an und
fur sich hinreichen, die Annahme derartiger Vermehrungen zu recht-
fertigen. Die bei diesen Zellen von mir beschriebenen Erscheinungen
liefern den Beweis, daB die Vermehrung der Sporoblasten nicht nur als
eine zutreffende Annahme erscheinen muB, sondern daB dieselbe auch
an Bildern nachzuweisen ist, die — wie ich auch bereits getan habe —
nicht anders als wie Teilungsvorgange zu deuten sind, wenn es auch
aus rein technischen Griinden nicht moglich ist, sie in ihren Einzelheiten
zu verfolgen.
Die Vermehrung der Sporoblasten hat das Wachsen des Protozoons
bis zu einem gewissen Zeitpunkt zur Folge, bis zu jenem namlich, da
die Sporozoiten sich zu zeigen beginnen.
Welches nun aber der Entstehungsmechanismus dieser letzteren ist,
geht meiner Ansicht nach aus Fig. 10 hervor. Einem solchen Praparat
gegeniiber ist die einzig zulassige Erkl&rung wohl die, daB der Sporoblast
sich in 2 typische Sichelkeime geteilt hat, was mir so einleuchtend er¬
scheint, daB ich jede weitere Ausfiihrung fur iiberfliissig halte.
Die beiden durch Teilung eines Sporoblasten entstandenen Sporo¬
zoiten besitzen daher schon vom ersten Augenblicke ihres Auftretens an
ihre charakteristische definitive Gestalt.
Ist nun einmal durch Zweiteilung der Sporoblasten die Bildung von
Sporozoiten eingeleitet, so schreitet diese im Zentralteile der Sarco-
cystis rasch vorwarts; letztere w&chst weiter fort, da an ihren Enden
stets neue Sporoblasten zur Entstehung kommen. (Ich schlieBe jedoch
hierbei die Moglichkeit nicht aus, daB zu diesem fortw&hrenden Anwachsen
teilweise auch eine Vermehrung der Sporozoiten beitrage, ein Punkt,
auf den ich bald zuruckkommen werde.)
Die Sporulation der Sporoblasten geht aber rascher vor sich als
ihre Neubildung durch die an den beiden Enden gelegenen; dies hat zur
Folge, daB zu einer gewissen Zeit die Bildung der Sporozoiten beide
Enden des Parasiten erreicht hat, was man auch tatsachlich bei schon
mit freiem Auge sichtbaren Sporocysten zu sehen bekommt.
So sehr ich mich auch bemiiht habe, ist es mir, wie bereits oben
erwahnt, doch nicht moglich in diesen Stadien gewesen, mit Sicherheit
Elemente herauszufinden, welche an die von mir als Sporoblasten be-
zeichneten Zellen erinnert hatten. Ich will nun die Moglichkeit nicht
ausschlieBen, daB sich solche entweder an den Enden oder an andereu
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Stellen der Cyste auffinden lassen. GewiB muB aber ilire Zahl eine so
sparliche sein, daB selbst eine Proliferation und Urawandlung derselben
in Sporozoiten mir zu einer Erklarung des raschen, fortw&hrenden wei-
teren Wachstums des Protozoons — das bekanntlich eine Lange von
1—2 mm und noch dariiber erreichen kann — unzulanglich erscheint.
Zur Aufklarung dieser Erscheinung diirfte sich meines Erachtens
noch ein anderes Vorkommnis verwerten lassen, das ich schon seit lange-
rer Zeit ins Licht gestellt liabe, die den Sporozoiten zukommende Eigen-
schaft nkmlich, sich stets durch Zweiteilung im Inneren der Sporocyste
zu vermehren.
Wie ich bereits nachgewiesen, zeigt sich eine solche Vermehrung
der sichelformigen Korperchen nicht nur bei Sar cocyst is muris,
sondern auch bei Sarcocystis Bertrami des Pferdes. V. Betegh 1 )
hat dieselbe in den letzten Monaten bei Sarcocystis tenellabe-
schrieben; sie kommt an Schnitten in ihren am meisten typischen Phasen
zur Wahrnehmung, wenngleich die betreffenden Bilder bei weitem nicht
so scharf ausgefallen sind, als die durch die Romanowsky-Farbung
an Sporozoiten-AusstrichprSparaten erhaltenen.
Die Sporozoitenteilung sollte meiner Ansicht nach herangezogen wer-
den, urn zu erklaren, warum ein parasit&rer Schlauch, wo die Sporen-
bildung eine ganz oder nahezu vollstandige ist, an Lange noch weiter
zunimmt; vielleicht tragt sie auch, wie ich soeben erwahnt habe, zum
Anwachsen des Protozoons selbst in friiheren Stadien noch bei.
Es erscheint mir in dieser Richtung nicht unzweckmaBig, zwei wei-
tere Abbildungen (Fig. 11 und 12) hier beizufugen. Es handelt sich
um Parasiten, die bei zwei 68 bezw. 70 Tage nach Verfiitterung mit dem
infizierenden Material getoteten Ratten zur Wahrnehmung gelangt waren.
Beide Parasiten sind von einem schrag gefdhrten Schnitt getroffen
worden; der abgebildete Teil entspricht ungefahr der mittleren Partie
der Cyste, wo deren Kontinuitat unterbrochen ist. In beiden sind an
ihren Enden noch typische Sporoblasten, in der Mitte aber Sporozoiten
sichtbar, und zwar minder zahlreich in Fig. 11, zahlreicher hingegen in
Fig. 12. Im Hinblick auf diese Bilder, ganz besonders aber auf das lang-
liche Gebilde von Fig. 11, sei mir die Frage gestattet, ob es denn nicht
zulassig erscheint, wenn man auch hierbei die meiner ersten Mitteilung
beiliegenden Mikrophotographieen in Betracht zieht, an die Moglichkeit zu
denken, daB man es bei dieser Zelle und vielleicht auch noch bei mancher
anderen der nachstfolgenden Figur, mit einer Sporozoitenteilung zu tun hat.
* *
*
Es wird allgemein angenommen, daB die Entwickelung der Sarko-
sporidien in einer etwas komplizierten Weise vor sich geht.
„Schon in den jiingsten bislier gefundenen Schlkuchen sieht man
im Entoplasma zahireiche Kugeln von 4—5 n Durchmesser, welche
einkernig sind und deren Kerne verhaitnismBBig sehr groB sind. In
etwas klteren Schlauchen sind die Kugeln gewachsen; sie erreichen 4—7 ,«
Durchmesser, ohne die Zahl ihrer Kerne zunkchst vermehrt zu haben.
„Das Protoplasma dieser Kugeln ist fein granuliert, die Kerne haben
meist keine ganz regelmaBige Kontur. Ihrer weiteren Entwickelung nach
entsprechen diese Kugeln den Pansporoblasten der Cnidosporidien. . . .
„In einem gewissen mittleren Alter beginnen die Pansporoblasten
1) v. Betegh, Beitriige zum Entwickelungsgange der Sarkosporidien. (Centralbl’
f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 53. 1909.)
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CenhnlMcUt 1' ft akteriologieAbt. I. Or iff. ftd, 55.
Xegrt, Vetter Smkosporu/ien III
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383
der raittleren Region des Schlauches mehrkernig zu werden und sich da-
rait zur Sporenbildung vorzubereiten. . . .
„Die Sporenbildung geht, soweit sie bekannt ist, in folgender Weise
vor sich: Der Inhalt der Pansporoblasten teilt sich in zahlreiche fein
granulierte blasse Kiigeln, die Sporoblasten.
„Aus jedem derselben geht eine Spore hervor, indem sich eine Mem-
bran bildet, der Kern deutlicher wird und sich allmahlich die definitive
Form der Spore ausbildet. . .
Das ist nun die gegenwartige Auffassung der Sarkosporidienent-
wickelung. Dieselbe ist ausschlieBlich gestiitzt auf die SchluBfolgerungen
der vvichtigen Arbeit Bertrams iiber die Sarcocystis tenella,
sowie auf seine Abbildungen, die trotz ihrer etwas schematischen Art
von alien Autoren wiedergegeben sind. Unter diesen letzteren mag hier
Doflein genannt werden, dem ich aus dessen jiingster Auflage seines
Lehrbuches fiber die Protozoen die soeben angeffihrte Beschreibung ent-
nommen habe.
Auch Smith scheint geneigt zu sein, beim Parasiten der Maus die
gleiche Art und Weise der Entwickelung anzunehmen.
Aus meinen Beobachtungen und Erfahrungen geht nun hervor, daB
bei der Sarcocystis muris die Entwickelung viel einfacher vor sich
geht. Es ist mir niemals moglich gewesen, obwohl die Praparate der-
artige waren, daB wohl kein Zweifel darfiber bestehen konnte, Pansporo¬
blasten noch sonst irgendwelche Vorkomranisse zu gewahren, die es ge-
stattet hatten, dem genannten Schema beizustimmen. Vielmehr habe ich
ein konstantes regelraaBiges Wiedervorkommen jener Befunde angetroffen,
die den Inhalt meiner Beschreibung gebildet und, soviel ich glaube, einen
Einblick in jenen Zyklus gewahrt haben, der, wie bereits erwahnt, sowohl
bei der Vermehrung der Sporoblasten als auch bei der Entstehung der
Sporozoiten durch eine Reihe von Zweiteilungen zustande kommt.
Wenn auch meine SchluBfolgerungen sich vorlaufig nur auf Sarco¬
cystis muris beziehen, so will ich doch nicht unterlassen, noch darauf
hinzuweisen, daB eine technisch sorgfaltig betriebene Wieder-
aufnahme dieser Studien auch noch ffir andere, gegenwartig als verschieden
von der Sarcocystis muris geltende Arten von Sarkosporidien ge-
boten erscheinen dfirfte.
Erkl Strung der Abbildungen.
Die abgebildeten Parasiten stammen samtlich von den Pectoralmuskeln grofier
experimenteir infizierter weifier Ratten. — Fixierung mit Sublimat-Alkohol-Essigsaure.
Farbung mit Hamnlaun.
Die einzelnen Bilder wurden mit Hilfe der Camera lucida Mod. Ap&thy abge-
zeichnet. (Apochr. Obj. Zeiss, homog. Imm. 2 mm, Apert. IX40, Komp.-Ok. 6.)
Fig. 1. Sarcocystis muris, 25 p Lange, 50 Tage nach der 1. Verfiitterung.
a a 35 ,, ,, 50 „ ,, ,, 1. ,,
a a 52 ,, ,, 50 ,, „ ,, 1. „
m n 00 ,, ,, 50 ,, ,, ,, 1. ,,
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 5.
96
67
1 .
(Unyollstandige Schnitte. — Zugleich mit dieser parasitaren Form sind noch
andere weit ausgebildetere anzutreffen.)
Fig. 6, 7, 8, 9. Anteile von schriig bezw. quer durchschnittenen Parasiten in
50 Tage nach der ersten Verfiitterung mit infizierendem Material getoteten Ratten.
Fig. 10. Mittlere Partie eines Parasiten, dessen — nahezu vollstandiger — Liings-
durchschnitt im Schnitt 450 p. betragt, 70 Tage nach der Infektion.
Fig. 11. Zentralteil eines schrag durchschnittenen Parasiten, 70 Tage nach der
Infektion.
Fig. 12. Zentralteil eines schrag durchschnittenen Parasiten, 68 Tage nach der
Infektion.
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384
Ceutralbl. f. Bakt. I. etc. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Nachdruck verboUn.
Kami der im Pestserum enthaltene Ambozeptor durch
Behandeln des Serams mit Pestbaeillen aus dlesem ent-
femt werden?
Yon Dr. Franz X. Vay, Quarantane-Arzt, Suez.
Im Pariser Institut Pasteur wird ein Pestserum hergestellt, das sich
durch eineu groBen Gehalt an Ambozeptor auszeichnet und daher mehr
bakterizid wie antitoxisch ist. Ueber die Wirkungsweise des Ambozep-
tors gehen ja die Ansichten der einzelnen Autoren noch auseinander
und sind daher fiir den gleichen Korper noch verschiedene Namen (sub¬
stance sensibilisatrice, Zwischenkorper, fixateur) im Gebrauch. Nach
Ehrlich und Morgenroth verbindet sich in einem hamolytischen
Serum der Ambozeptor mit den roten Blutkorperchen. Aehnliche Ver-
h<nisse sind von Gruber und Durham fiir den in Anticholeraserum
enthaltenen Ambozeptor nachgewiesen.
Es wird von vielen angenommen, daB, wenn man Bakterien in ihr
cntsprechendes Immunserum bringt, der Ambozeptor sich mit diesen
verbindet, auf diese fixiert wird.
Ist es nun moglich, durch Einbringen einer gewissen Menge von
Bakterien in ein Immunserum den ganzen in demselben befindlichen
Ambozeptor an die Bakterien zu binden, so daB mit der Entfernung
derselben das Serum seines gesamten Ambozeptors beraubt wird?
Welches sind die Eigenschaften eines so behandelten Serums inbezug
auf seine immunisierende und heilende Wirkung?
Wahrend eines Aufenthaltes am Pariser Pasteur-Institut habe ich
mich der Aufgabe unterzogen, zu versuchen, das dort hergestellte Pest¬
serum durch Mischung mit Pestbaeillen seines Ambozeptors zu berauben;
des weiteren sollten dann die immunisierenden und heilenden Eigen¬
schaften eines so behandelten Serums geprfift werden 1 ).
Methode der Untersuchung. Eine geniigend groBe Anzahl
Agarkulturen von Pestbaeillen wurde in Rouxschen Flaschen angelegt;
die Bacillen wurden vorsichtig abgeschabt, auf dem Wasserbade bei 55°
wahrend einer halben Stunde erhitzt, dann bei Zimmertemperatur im
Vakuum fiber Schwefelsaure getrocknet.
Das Pestserum wurde in frischem Zustande, d. h. ohne Zusatz eines
Antiseptikums benutzt; es wurde nur durch Erhitzen auf 55° inaktiviert,
um das Alexin zu entfernen. Die getrockneten Bacillen wurden fein
pulverisiert, in bestimmten Gewichtsmengen dem Serum zugeffihrt und
darin eine gewisse Zeit belassen. Serum und Bacillen wurden dann
durch Zentrifugieren getrennt.
Um die An- bezw. Abwesenheit des Ambozeptors zu beweisen, wurde
die Methode von Bordet und Gen gou 2 ) angewandt, und zwar in ihrer
ursprfinglichen Form. In neuerer Zeit ist dieselbe, besonders seit den
Untersuchungen Wassermanns fiber die Syphilisreaktion, ver-
feinert und verbessert worden; da es sich bei meinen Untersuchungen
jedoch nur um ganz ausgesprochene Unterschiede handelte, glaubte ich
1) Ein Teil der Versuche wurde spater in Suez ausgefiihrt.
2) Ann. Instit. Pasteur. T. 15. 1901. p. 289.
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URBANA-CHAMPAIGN
Vay, Kann der im Pestserum enthaltene Ambozeptor entfernt werden? 385
von der modifizierten Anwendungsweise absehen und die urspriingliche
Methode anwenden zu konnen.
Das hamolytische System bestand nur aus Meerschweinchenserum,
gewonnen von Tieren, die durch mehrere Injektionen von Kaninchenblut
vorbehandelt waren; das Aktivserum war ebenfalls von Meerschweinchen
entnommen. Das Tier, welches das Aktivserum lieferte, wurde spatestens
am Abend vorher entblutet. Die Kaninchenblutkorperchen wurden mehr-
mals mit physiologischer Kochsalzlosung gewaschen, und zwar unmittel-
bar vor Beginn des Versuches.
I. Kann man den Ambozeptor entfernen durch Zufiigen von ge-
trockneten und erhitzten Pestbacillen zu Pestserum?
Die Pestbacillen wurden dem Serum zugefiigt und dann nach einem
gewissen Zeitraum, der von 2V 2 bis 65 Stunden variierte, durch Zentri-
fugieren wieder entfernt. Eine kleine Menge der resultierenden Fliissig-
keit wurde von neuem mit Pestbacillen und Aktivserum gemischt, 1—3
Stunden stehen gelassen und dann das hamolytische System (Antikanin-
chenblutkorperchenserum plus Kaninchenblutkorperchen) zugefiigt. Das
Ganze wurde 2 Stunden in den Briitofen gestellt und dann noch ca. 20
Stunden in den Eiskasten gebracht. Eintretende Hamolyse hatte nun
als Beweis angesehen werden miissen, daB das Alexin des zugefiigten
Aktivserums mangels eines geeigneten Ambozeptors sich nicht mit den
von neuem zugefiigten Pestbacillen verbinden konnte, daB also der Ambo¬
zeptor durch die Vorbehandlung entfernt worden war. (Ich nenne dies
positives Resultat.)
Ich gehe indessen nicht so weit, zu sagen, daB das Ausbleiben der
Hamolyse, ein negatives Resultat, ein absoluter Beweis ware dafiir, daB
der Ambozeptor nicht vollstandig aus dem Serum verschwunden, oder
nicht an die Bacillen gebunden ware. Die Hemmung der Hamolyse
hatte auch durch andere Umstande bedingt sein konnen. Ich werde
Versuch No. I.
etrocknete 1
Bacillen
5
X
CO
O
uaktives
erdeserum
u, bo
o c
-3 a
fc.53
5 £
Icnge der
tersuchtcn
lussigkeit
Aktives
Serum
etrocknete
Bacillen
c
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3 S
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~ N
.3 O
3.0
a q
aniuchen-
utkorper-
ehen
Resultat
O
M
3
O
a a
Q w
« §
g
ccm
ccm
ccm
ccm
g
ccm
Tropfen
0,05
1,2
2 St. 30 Min.
1,0
0,2
0,005
3 St.
0,2
2
negativ, keine
0,05
bei 37° C
Hamolvse
—
1,2
dgl.
1,0
0,2
0,005
3 „
0,2
2
nach 20 Minuten
kompl. Hamo-
# o
lyse
0,05
1,2
—
18 St. bei 37°
tL
3
1,0
0,2
0,005
3 „
0,2
2
keine Hamolyse
0,05
—
1,2
dgl.
1,0
0,2
0,005
3 „
0,2
2
nach 20 Minuten
—
3
kompl. Hamo-
65 St. bei 20°
N
lyse
0,04
3,0
—
1,0
0,2
0,005
1 „
0,2
2
keine Hamolyse
0,04
3,0
dgl.
1,0
0,2
0,005
1 „
0,2
2
nach 20 Minuten
kompl. Hamo¬
lyse
keine Hamolyse
—
1,0
—
—
—
_
0,005
1 „
0,2
2
—
—
1,0
—
—
—
—
0,005
1 ,,
0,2
2
dgl.
1,0
—
—
“
0,2
—
0,2
2
komplett nach
20 Alin, gelost
—
—
1,0
—
—
—
0,2
—
—
0,2
2
dgl.
Erste Abt. Orie. Bd. 65.
Hel
t n.
25
•
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jOogle
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386
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Origiuale. Bd. 55. Heft 5.
spater hierauf noch zu sprechen koramen und einstweilen nur kurz die
Resultate der Versuche mitteilen.
1) Einflufi der Temperatur.
Um diesen festzustellen, wurden zun&chst Versuche bei Zimmer-
uud Kdrpertemperatur, feruer bei niedriger Temperatur angestellt.
a) Einflufi von Zimmer- nnd Korpertemperatur.
Eine Hamolyse war demnach mit dem vorbehandelten Serum nicht
zu erzielen.
b) EinfluB von niedriger Temperatur.
Im folgenden Versuche waren die verwendeten Bacillen aus fiuBeren
Griinden in einer etwas anderen Weise gewonnen worden.
Aus ca. 2 Monate alten Bacillenkulturen von virulenten Pestbakterien
waren die Bacillen durch Zentrifugieren entfernt worden; sie wurden
dann mit destilliertem Wasser gewaschen und noch mit absolutem Al-
kohol und Aether behandelt. Die zuriickbleibenden Bacillenkorper wur¬
den iiber Calciumchlorid getrocknet; eine gewisse Menge derselben wurde
sodann in physiologischer Kochsalzlosung suspendiert in der Weise, daB
eine ziemlich dicke Emulsion resultierte. Diese Emulsion wurde mit
der doppelten Menge Pestserum gemischt und in eine Kaltemischung
gestellt. Nach 4—5 Stunden wurden die Bacillen durch Zentrifugieren
entfernt und die ubrigbleibende klare FlQssigkeit in einein mit Kalte¬
mischung gefiillten Becherglase bis zum nachsten Morgen in den Eis-
kasten gestellt. Zur Sicherheit wurde die Flfissigkeit dann nochmals
zentrifugiert, um die letzten Reste der Bacillenkorper zu entfernen.
(Serum SW in der Tabelle.)
Hierauf wurde wie sonst das Aktivserum zugefiigt, zusammen mit
einer neuen Menge der Bacillenemulsion und gegen das hamolytische
System gepruft. Die Bacillenemulsion, die hierzu verwendot wurde, war
frisch durch Aufschwemmen einer geringen Menge der aus den Bacillen¬
kulturen gewonnenen Bacillen in Kochsalzlosung bereitet worden (Emul¬
sion qfb in der Tabelle). Nur in einigen Fallen wurde eine Emulsion
verwendet, die schon ca. 8 Tage vorher zubereitet und im Eissclirank
aufgehoben worden war (Emulsion oab der Tabelle).
Aus auBeren Griinden war ich hier gezwungen, ein anderes hamo-
lytisches System zu verwenden, namlich Serum von Kaniuchen, die gegen
Ziegenblut sensibilisiert waren, zusammen mit gewaschenen Ziegenblut-
korperchen. Die sonstige Anordnung des Versuches war wie im ersten
Experiment.
Um eine vollstandige Hamolyse von 0,2 ccm einer 20-proz. Ziegen-
blutkorperchenemulsion zu erzielen, waren bei Gegen wart von 0,2 ccm
Aktivserums vom Meerschweinchen nur 0,1 ccm einer 10-proz. Verdiin-
nung des Kaninchenserums notig. Ich habe indessen trotzdem die dop-
pelte Menge, 0,2 ccm, verwendet.
Serum SK war in der Weise gewonnen, daB das Pestserum mit der
Bacillenemulsion nicht nur 4—5 Stunden, sondern 24 Stunden zusam¬
men belassen und auf Eis gehalten wurde, bevor durch Zentrifugieren
die Bacillen wieder entfernt wurden. Die Einwirkung der Bacillen auf
das Serum wurde so bedeutend verlfingert.
Als Kontrolle diente ein nicht vorbehandeltes Pestserum. Alle drei
Sera (SW, SK und nicht behandeltes Pestserum) wurden im dbrigen
in der gleichen Weise der Untersuchung unterzogen. Die Resultate
finden sich in der folgenden Tabelle.
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Vay, Kann der irn Pestserum enthaltene Ambozeptor entfernt werden? 387
Versuch No. II.
CO
a
c
s
02
ccm
CG
a
£
B
CO
ccm
„ Unbehan-
2 deltes Pest¬
serum
82
So a
x .£ P
o 53 *-
> 2: v ,
£ oc i
< 8
ccm
8 Kochsalz-
B losung
• c
C o
—• X
C3 P
« §
ccm
8 Ziegen-
3 ambozeptor
s Kaninchen-
g blutkorper-
chen
Resultat
0,2
—
—
0,2
—
0,2
(oab)
0^
0,2
negativ, nach 24 Stunden leichte
Hamolyse
0,2
—
—
0,2
—
0^
(qfb)
0,2
0^
dgl.
0,2
_
_
0,2
_
0,2
0,2
nach 15 Min. komplette Losung
—
0,2
—
0,2
—
0^
(qfb)
0,2
0^
negativ, nach 24 Stunden leichte
Hamolyse
—
0,2
—
0,2
—
0^
0 ^
nach 15 Min. komplett gelost
—
0,2
0,2
—
0,2
(oab)
0,2
0,2
negativ, nach 24 Stunden leichte
Hamolyse
—
—
0,2
0,2
—
0,2
(qfb)
0,2
0,2
dgl.
_
_
0,2
0.2
_
0,2
0,2
nach 15 Min. komplett gelost
0,2
0,2
0,2
(qfb)
0^
0,2
absolut negativ, nach 24 Stunden
die gesamten Blutkoiperchen
zusammengeballt auf dem
Grunde des Rohrchens
—
—
—
0,2
0,2
0,2
(qfb)
0,2
0,2
nach 15 Min. komplett gelost
—
—
0,2
—
0^
0,2
V
( 3,2 b)
(qfb)
0,2
0,2
absolut negativ
—
—
0,2
0,2
0,2
—
0,2
negativ, nach 24 Stunden leichte
Hamolyse
—
—
—
—
0,4
0,2
0,2
absolut negativ
—
—
_
0,2
0,4
0,2
0,2
nach 15 Min. komplett gelost
—
—
—
—
0,6
—
0,2
0^
absolut negativ
“
—
—
0,8
—
—
0,2
dgl.
NB. Der Ziegenambozeptor stammt vom Kaninchen. Die Ziegenblutkorperchen
wurden als 10-proz. Suspension in Kochsalzlosung verwendet.
Die drei Sera gaben offenbar das gleiche Resultat; nach 2 Stunden
fand sich noch keine Hamolyse; am nachsten Morgen war eine leichte
Rotung der Flussigkeit eingetreten, aber in alien 3 Rohrchen gleich-
maBig. Es ist daher nicht erwiesen. daB bei 0° C durch die Behand-
lung mit Pestbacillen der Ambozeptor aus dem Serum entfernt wurde.
Aus den Experimenten Nr. 1 und 2 geht hervor, daB die Tempera-
tur nicht viel EinfluB ausubt, bei gewohnlicher Temperatur sowohl wie
bei 37° oder 0° C wurde das gleiche Resultat erzielt, obwohl eine ver-
haitnismaBig groBe Menge von Bacillen verwendet worden war.
2) EinfluB der Zeitdauer der Einwirkung der Bacillen.
In Versuch 1 und 2 hatten die Bacillen 2 1 / i bis 6 Stunden auf das
Serum eingewirkt; die Dauer des Versuches wurde nun auf 5 Tage aus-
gedehnt; die Versuchsbedinguugen waren im ubrigen mit kleinen Ab-
weichungen die gleichen wie friiher.
Auch dieser Versuch gibt ein negatives Resultat, obwohl eine relativ
enorme Menge von Bacillen wdhrend einer sehr langen Zeit eingewirkt
hatte.
Es ist daraus zu schlieBen, daB die Dauer des Versuches von keiner
besonderen Wichtigkeit ist.
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388
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Versuch No. III.
Getrocknete
cr5 Bacillen
co £
O 3
C
O i
•£3
C ss
ccm
g Inak lives
S Pferdescrum
Dauer der
Einwirkung
S J-f
O
tJO cc
5 gh
ccm |
<■=< « §
III
—• Cfi
<, to
ccm
Getrocknete
’ Bacillen
Dauer der
Einwirkung
g Kaninchcn-
B ambozeptor
c
C s
.sS-§
c "
U3 -a
Tropfen
Resultat
0,4
2,4
—
5 Tage
bei 15 0
2
1,0
0,2
o
8
17 St. 30 Min.
0,2
2
keine Hamolyse
0,4
2,4
—
dgl.
1,0
0,2
0,005
30 Min.
0,2
2
dgL
Hamolyse
0,4
2,4
1,0
0,2
0,005
17 St. 30 Min.
0,2
2
0,4
—
2,4
N
1,0
0,2
0,2
0,005
30 Min.
0,2
2
dgl.
1,0
—
—
—
—
—
0,2
2
nach 10 Minuten
kompl. gelost
—
—
—
—
—
0,2
—
—
0,2
2
dgl.
—
1,0
—
—
—
0,2
—
—
0,2
2
dgl.
keine Hamolyse
—
1,0
—
—
—
0,005
30 Min.
0,2
2
—
1
1,0
—
—
— i
0,005
30 Min.
0,2
O
" i
dgl.
II. EiiifluJB eincr wiederholten Einwirkung dcr Bacilleu.
Das Pestserum enthait eine groBe Menge von Ambozeptor. Nun
sind die Pestbacillen vielleicht nur irastande, eine gewisse Menge des
Ambozeptors zu fixieren.
Ich versuchte daher, in das Serum eine moglichst groBe Menge von
Bacillen einzufiihren.
Es wurde zu deni Serum eine gewisse Menge Bacillen gefiigt; nach
einiger Zeit, wenn man annehmen konnte, daB dieselben sich mit dem
Ambozeptor beladen hatten, wurden sie durch Zentrifugieren entfernt
und frische Bacillen an ihrer Stelle eingefiihrt. Die ganze Prodezur
wurde mehrmals wiederholt.
Versuch No. IV.
Zu 5 ccm inaktivierten Pestserums wurden 0,01 g getrocknete Ba¬
cillen gefiigt, 24 Stunden stehen gelassen, dann wurde von neuem 0,01 g
Bacillen zugefiigt und das Ganze nach 24 Stunden zentrifugiert. Die
erhaltene Flussigkeit wurde wieder mit 0,01 g getrocknete Bacillen ge-
mischt, nach 24 Stunden zentrifugiert und so noch 3mal; alle 24 Stun¬
den wurden die Bacillen abzentrifugiert und durch frische ersetzt. Auf
diese Weise wurden 5 ccm Serum mit 0,06 g Pestbacillen behandelt im
Verlaufe von 6 Tagen.
Bei diesem Verfahren wird das Serum schlieBlich eine ziemlich dicke,
zahe, schleimige Flussigkeit; die Bacillen setzen sich nicht mehr zu
Boden; es ist dann schwer, sie von der Flussigkeit abzuzentrifugieren;
man muB zu diesem Behufe die Zentrifuge mit groBer Schnelligkeit
laufen lassen und wenigstens 1 Stunde zentrifugieren.
1,2 ccm der so erhaltenen Flussigkeit mit 0,2 ccm frischen Meer-
schweinchenserums und einer geringen Menge Bacillen 4 Stunden lang
zusammen stehen gelassen, gibt bei Zufiigen des hamolytischen Ambo¬
zeptors und der Kaninchenblutkorperchen keine Hamolyse. Wenn die
BlutkSrperchen und die frisch zugefugten Bacillen sich gesetzt haben,
erscheint die flberstehende Flussigkeit gelblich und auch nach 24 Stun¬
den ist keine Hamolyse eingetreten.
Ferner wurden zu 10 ccm inaktivierten Pestserums 0,2 g getrock¬
nete Bacillen zugefiigt, in Kontakt damit w&hrend 24 Stunden gelassen
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Vav, Kami der im Pestserum enthaltene Ambozeptor entfernt werden? 389
und dann zentrifugiert; die erhaltene Flussigkeit wurde wieder mit 0,1 g
Bacillen gemischt, nach 24 Stunden abzentrifugiert, dann in der gleichen
Weise noch 2mal je 0,1 g Bacillen zugefugt und nach je 24 Stunden
durch Zentrifugieren wieder entfernt.
Wie aus der folgenden Tabelle hervorgeht, trat keine Hamolyse ein,
obwohl zu 1,2 ccm der Fliissigkeit bis zu 2,5 ccm aktives Meerschwein-
serum zugefugt wurde.
Versuch No. IV.
©
.
c
Getrocknete
Bacillen
Pestserum
(inaktives)
2
^ hC
c
O 3
§ s
to _
:3 3
to ^ -1
8
O O)
.2 bo
auer der Ein-
wirkung
Menge der
untersuchten
Flussigkeit
Aktives Mcer
schweinchen-
serum
Getrocknete
Bacillen
auer der Ein-
wirkung
Kaninchen-
ambozeptor
Kaninchen-
blutkorperche
Resultat
g
fl
g
Q
ccm
ccm
g
a
ccm
Tropfen
0,01
5,0
24 St.
0,01
24 St.
1,2
02
0,005
1 St.
0,2
2
keine Hamo-
i-
o
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Q>
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0,01
24 „
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N
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0.01
24 „
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N
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042
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1 St.
02
2
dgL
0,2
10,0
24 St.
0,1
24 St.
0,2
24 „
M
w
1,2
0,2
0,002
4 St.
0,2
2
keine Hamo-
L
O
o
O
lyse
be
3
12
0,5
0,005
4 „
02
2
dgL
- c
1,2
1,0
0,01
4 .,
02
2
>»
w
C
l*
1,3
0,013
4 „
0^
q,2
2
0 )
N
1,2
2,0
2,5
0,02
4 „
2
1,2
0,025
4 „
02
2
If
Es gelang demnach nicht, durch die H&molyse nachzuweisen, daB
der Ambozeptor aus dem Serum entfernt war.
(Dessenungeachtet benutzte ich die Fliissigkeiten, die ich schlieBlich
bei diesem Versuche erhalten hatte, zu einigen Tierexperimenten. Sie
erscheinen als Serum A und B in der Darstellung der Tierexperimente,
die spater beschrieben werden sollen.)
III. Eann die sensibilisierende Substanz durch Zufiigcn von frisclien
Bacillen zu Pestserum aus diesem entfernt werden?
Es wurde ferner versucht, frische Bacillen zu verwenden, die von
2 Monate alten Bouillonkulturen gewonnen war. Die Kulturen wur-
den zentrifugiert, die abgesetzten Bacillen mehrere Male mit physiolo-
gischer Kochsalzlosung gewaschen und wiederholt zentrifugiert, um die
Reste der anh&ngenden Bouillon mit den Produkten der Lebenstatigkeit
und der Mazeration der Bacillen zu entfernen.
Die Bacillen wurden hierauf im Pestserum und zur Kontrolle auch
in physiologischer Kochsalzlosung suspendiert; beide Fliissigkeiten wur¬
den in gleicher Weise behandelt und untersucht. Desgleichen wurden
0,01 g wie friiher getrocknete Bacillen zum Vergleiche dem gleichen
Verfahren unterzogen.
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390
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
1) EinfluB der Zeitdauer.
Versuch No. V.
Da ich aus auBeren Griinden keine Tiere zur Verfiigung hatte, die
mit Kaninchenblut vorbehandelt waren, benutzte ich diesmal Ziegenserum,
das schon an und fur sich Kaninchenblutkorperchen auflost.
Menge
der
Bacillen
I S 5
l.£ £
o
II
ccm
Dauer der
Einwirkung
0 Menge der
g untersuchten
a Flussigkeit
2 5 c
u —
La e s
£
ccm
Menge
ere getrockneter
Bacillen
Dauer der
Einwirkung
g Kochsalz-
B losung
III
'■*3 *
'M -
a «
£»
S
ccm
a ^
! 8.
1*8
i-s^-9
[Tropfen
Resultat
1 Bouillon-
3 1
4 Std.
. JLi
1
0,2
0,005
1 Std.
0,3
1
positive Hamolyse
kultur frisch.
3
24 „
1
0,2
0,005
5
—
0,3
1
keine Hamolyse
Bacillen
3 1
14 Tg.
O P
N *«-
1
| 0,2
0,005
0 „
—
1,0
5
dgl.
0,01 g ge-
3
24 Std.
l-cl
1
0,2
0,005
5 Std.
_
0,3
1
keine Hamolyse
Bacillen
3 1
14 Tg.
a tc
o s
s: vt_
1
0,2
0,005
6 „
—
1,0
5
dgl.
—
-I
—
— 1
0,2
0,005
6 Std.
1,0
1,0
5
Hamolyse
Die
Wirksamkeit
der 1
xischen Bacillen i
st nicht
groBer als die der
getrockneten. Wenn die Bacillen mit dem Serum nur fur eine kurze
Zeit in Beriihrung waren, war Hamolyse eingetreten, bei langerer Dauer
der Einwirkung fehlte sie. Eine vollige Absorption des Ambozeptors
war also auch auf diese Weise nicht erzielt worden.
2) EinfluB niedriger Temperaturen.
Der vorhergehende Versuch war bei Laboratoriumstemperatur (25°
bis 30° C) gemacht worden; im folgenden Experiment wurde das Serum
in Eis gesetzt und wBhrend 20 Stunden darin gelassen.
Versuch No. VI.
Die Bacillen kamen von einer 2 Monate alten Bouillonkultur; sie
waren durch Zentrifugieren entfernt, dann mehrmals, wie frtiher, mit
physiologischer Kochsalzlosung gewaschen worden und wurden hierauf
sofort dem Serum zugesetzt.
Nachdem dies Ganze 20 Stunden im Eis gestanden hatte, hatten
sich die Bacillen gut aggulutiniert zu Boden gesetzt und wurden dann
abzentrifugiert.
Eine gewisse Menge der so gewonnenen Flussigkeit wurde von neuem
mit frischen Bacillen und aktivem Serum gemischt. Die nunmehr zu-
gefugten Bacillen waren in der Weise dargestellt worden, daB zu einer
76 Stunden alten Agarkultur 1 ccm physiologischer Kochsalzlosung zu-
gefugt wurde; die Bacillen wurden hierauf sorgfaltig abgeschabt, so daB
schlieBlich eine ziemlich dicke Emulsion entstand.
Die aus dem behandelten Serum resultierende Flussigkeit, die Bacillen
und das Alexin wurden 3 Stunden lang bei 37° C gehalten, urn genugend
aufeinander einwirken zu konnen, dann wurde der hamolytische Ambo-
zeptor und die roten Blutkorperchen zugefiigt.
Der Ziegenblutambozeptor war gewonnen von einem mit Ziegenblut
vorbehandelten Kaninchen; er wurde in 10-proz. Verdiinnung verwendet;
ebenso wurden die Ziegenblutkorperchen nach der tiblichen Vorbereitung
in 10-proz. Verdiinnung in Kochsalzlosung suspendiert.
Das erhaltene Resultat ist im iibrigen dem im vorigen Versuche analog.
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URBANA-CHAMPAI6N
Vay, Kann der im Pestserum enthalteue Ambozeptor entfernt werden? 39J
Menge
der
BacilJen
8 |
.C,
w O
-3 -2
a S
i
ccm
Dauer der
Einwirkung
Ih Q
t£ re an
C L* X
S SIS 1
ccm
■S'S s
X £ C
ccm
0 Emulsion
g frischer
° Bacillen
Dauer der
Einwirkung
1 1
3 cT
c N
cj O
O £ i
ccm
g Ziegenblut-
B korperchen
Resultate
1 Bouillon-
3
20 Std.
zentri-
0^
0^
0,2
3 Std.
0,2
0,2
negativ; nach
kultur frisch.
fugiertl
bei 37°
24 Std. leichte
Bacillen
Hamolyse
0,2
—
0,2
dgl.
0,2
0,2
keine Hamolyse
—
0,2
—
—
—
0,2
0,2
| 3 Std.
0,2
0,2
negativ; nach
bei 37°
24 Std. leichte
Hamolyse
_
0,2
—
—
—
0,2
dgl.
0,2
0,2
keine Hamolyse
_
—
—
—
0,2
0,2
dgl.
0,2
0,2
nach 15 Minuten
komplett gelost
—
—
—
—
—
02
—
—
0,2
0,2
dgl.
IV. EInflufi gleichzeitigen Zufiigens von aktivem Serum (Alexin).
Wie angenomraen wird, ist die Verbindung zwischen roten Blut¬
korperchen, die rait hamolytischem Ambozeptor sensibilisiert worden sind,
und dem Alexin eine sehr feste und wenn die Vereinigung eininal statt-
gefunden hat, ist es unmoglich, das Alexin wieder abzuspalten und zu-
riickzugewinnen. Auf der anderen Seite verlieren die sensibilisierten
roten Blutkorperchen ziemlich leicht eine gewisse Menge des Antikorpers
(Ambozeptors) durch Diffusion, wie Muir und Morgenroth nach-
gewiesen haben.
Wenn nun die fur die H&molyse erhaltenen Resultate auf die Bak-
teriolyse angewendet werden konnen, so muB man annehmen, daB viel-
leicht eine ahnliche Diffusion des Ambozeptors stattgefunden hatte.
Vielleicht war es moglich, eine derartige Diffusion zu verhindern und
eine festere Vereinigung zwischen den Bacillen* und dem Ambozeptor
hervorzubringen.
In den folgenden Versuchen wurde daher mit den Bacillen zugleich
eine gewisse Menge aktives Meerschweinchenserum dem inaktivierten
Pestserum zugefiigt.
Die Dauer der Einwirkung war im allgemeinen kurz, urn eine ex-
zessive Mazeration der Bacillen zu verhindern. Nachdem diese dann
abzentrifugiert waren, wurde die resultierende Fliissigkeit auf 55° l / 2
Stunde lang erhitzt, um die iiberschiissige Menge von Alexin, das vorher
zugefiigt war, zu zerstoren, soweit es nicht von den mit Ambozeptor
beladenen Bacillen absorbiert worden war.
Im dritten Teil des Versuches hatte ich dies unterlassen. Das Alexin
war nicht vollig von den sensibilisierten Bacillen absorbiert worden und
storte so das Versuchsresultat, als das hamolytische System zugefiigt wurde.
Es war namlich nicht moglich, die folgende Modalitiit auszuschlieBen.
Ein Teil des Ambozeptors und des Alexins waren von den zugefiig-
ten Bacillen absorbiert worden.
Nachdem dieselben abzentrifugiert worden waren, blieb in der resul-
tierenden Fliissigkeit eine gewisse Menge Ambozeptor und Alexin zuriick.
Zur Priifung auf Hamolyse wurde nun zusammen mit den sensi¬
bilisierten Blutkorperchen eine geringe Menge von Bacillen von neuem
zugesetzt. Diese absorbierten einen Teil, jedoch nicht die gesamte
Menge des in der Fliissigkeit anwesenden Alexins, infolgedessen ver-
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392
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ursachte eben dieser Teil des Alexins mit Hilfe des hamolytischen Ambo-
zeptors die Auflosung der roten Blutkorperchen.
Auf diese Weise ist das Auftreten der Hamolyse im dritten Teil
des Versuches zu erklaren.
Versuch No. VII.
1 g Inaktives
| B Pestserum
0 Aktives Meer-
§ schweinchen-
serum
_ Getrocknete
Bacillen
Dauer tier
Einwirkung
Ui O
ci- 3
1^3 JX
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§ s
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15-3
1.
ccm
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g Inaktives
3 Pferdeserum
Dauer der
Einwirkung
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l| a
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5
ccm
Kaninchen-
>§ blutkorper-
3* chen
3
Resultate
5
2,5
10,025
1 St. 30 Min.
bei 15°
zentrifugiert
u. 30 Min. auf
55 0 erhitzt
12
02
0,005
3 St.
0,2
2
keine Hamolyse
Serum C
5
2,5
0,05
18 St. bei
1 . «
12
02
0,005
—
| 3 St.
02
2
keine Hamolyse
15°
12
02
—
—
02
2
Hamolyse
1 s to
O s
12
—
—
—
0,2
2
leichte Hamolyse
N
nach 6 Stunden
5
2,5
0,05
1 St. bei 15°
1 -4-3
12
02
0,005
—
3 St.
02
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Hamolyse
* r* u
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1.2
02
0,03
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3 „
02
2
leichte Hamolyse
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<u
12
02
—
—
3 „
02
2
Hamolyse
1,2
—
0,03
—
3 „
02
2
keine Hamolyse
5
2,5
0,05
1 St. bei 15°
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fli cfi
12
02
0,005
3 St.
0,2
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keine Hamolyse
,2 1
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— 1 • t_,
c 0*5 io
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N 5
Serum D
12
—
—
—
—
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0,005
- 1
3 St.
0,2
2
keine Hamolyse
—
—
—
—
02
0,005
12
3 „
02
2
Hamolyse
—
—
—
—
—
02
—
12 !
3 „
02
2
dgl.
—
—
—
—
—
—
0,2
- 1
02
2
nach 15 Min. kom-
plett gelost
V. ScklufSfolgerungen.
Was fiir Schliisse sind aus den bis jetzt beschriebenen Versuchen
zu ziehen?
Wenn man Pestserum mit Pestbacillen behandelt und
diese letzteren dann abzentrifugiert, so tritt in der
restierenden Fliissigkeit eine Hemmung der Hamolyse
ein, wenn man aktives Serum und mit hamolytischem Am-
bozeptor beladene Blutkorperchen zugleich mit einer
neuen Menge von Pestbacillen zusetzt. Es ist daher auf
diese Weise nicht zu unterscheiden. ob der bakteriolyti-
scheAmbozeptor (substance sensibilisatrice) durch obiges
Verfahren aus dem Serum entfernt worden ist.
Es ist ja aller Wahrscheinlichkeit nach anzunehmen, daB zum wenig-
sten ein Teil desselben aus dem mit Bacillen behandelten Serum ver-
schwunden ist.
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Vay, K&nn der im Pestserum enthaltene Ambozeptor entfernt werden? 393
Aber ist es wirklich nur ein Teil? Oder ist er vollstSndig entfernt
worden und ist die Hemmung der Hamolyse auf andere Ursachen zuruck-
zufiihren ? Man mochte wohl geneigt sein, die letztere Annahme gerecht-
fertigt zu finden. Bevor ich jedoch uber einige weitere Experimente
zur AufklSrung der Sachlage referiere, mochte ich eine kleine Uebersicht
geben Uber Versuche, die an Tieren mit den durch obige Prozeduren
erhaltenen FlUssigkeiten angestellt wurden, um die immunisierende, bezw.
heilende Wirkung der „erschopften“ Sera zu studieren.
VI. Tierversuche mit Serfs, die mit getrockneten Pestbacillen
gemischt waren.
Die Wirksamkeit des Pestserums wird im Institut Pasteur in
Paris an weiBen MSusen geprtift.
VerdUnnungen von 1 : 4 und von 1 : 10 werden 16—17 Stunden
vor oder nach der Impfung mit Pestvirus subkutan injiziert, je nachdem
die heilende oder immunisierende FUhigkeit des Serums geprUft werden
soli. Zur Impfung selbst wird eine Oese virulenter Agarkultur von Pest¬
bacillen in 2—3 Tropfen Bouillon verteilt, hierin dann die Kantile einer
Pravaz-Spritze getaucht und diese dem Tier unter die Haut gefQhrt.
Es wurden 4 verschiedene Sera geprUft. Serum A. 5 ccm inaktives
Pestserum wurden mit 0,01 g getrockneter Bacillen gemischt, diese nach
48 Stunden abzentrifugiert und durch 0,01 g getrocknete Bacillen von
neuem ersetzt. Diese Prozedur wurde 4mal in Zwischenr&umen von
je 24 Stunden wiederholt. Das Serum wurde bei Zimmertemperatur
(15° C) gehalten. 5 ccm Pestserum wurden so mit 0,06 g getrockneter
Bacillen innerhalb von 6 Tagen behandelt, wobei die Bacillen 4mal ge-
wechselt wurden (s. p. 388).
Serum B. Zu 10 ccm inaktiven Pestserums wurden 0,2 g getrock¬
nete Bacillen geftlgt, nach 24 Stunden abzentrifugiert und von neuem
0,01 g solcher Bacillen zugesetzt, in gleicher Weise diese nochmals nach
24 Stunden durch 0,2 g Bacillen ersetzt. Das Serum wurde bei einer
Temperatur von ca. 15° C wahrend des Versuches gehalten.
10 ccm Pestserum wurden so mit 0,5 g getrockneter Pestbacillen
wahrend 3 Tagen behandelt, wobei die Mikroben 3mal gewechselt wurden
(s. p. 388).
Serum C. 5 ccm Pestserum wurden bei ca. 15° C mit 2,5 ccm
aktiven Meerschweinchenserums gemischt und 1 Std. 30 Min. mit 0,025 g
getrockneter Pestbacillen behandelt. Das Ganze wurde dann zentrifugiert,
die resultierende Flussigkeit auf 55 0 C 45 Min. lang erhitzt und hierauf
verwendet (s. p. 392, Vers. No. VII).
Serum D. 4 ccm Pestserum zusammen mit 2,5 ccm aktiven Meer¬
schweinchenserums wurden bei ca. 15° C 1 Stunde lang mit 0,05 g ge¬
trockneter Pestbacillen behandelt. Nach dem Abzentrifugieren wurde die
Fliissigkeit auf 55° C 45 Min. lang erhitzt und gebraucht (s. p. 392,
Vers. No. VII).
Um den Effekt der Sera an und fiir sich zu studieren, wurden 4
Tiere mit den 4 verschiedenen Seris eingespritzt. Dieselben wurden
hierdurch offensichtlich krank gemacht; sie verweigerten die Nahrung,
kauerten am Boden des Glases, in dem sie gehalten wurden, straubten
das Fell und reagierten wenig auf auBere Einfliisse; jedoch gewannen
sie nach 2—3 Tagen ihr normales Verhalten zur tick.
(Diese Tiere wurden dann nach 7 Tagen ebenfalls mit virulenten
Pestbacillen inokuliert; diejenigen, welche mit Serum A und Serum B
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394
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 5.
behandelt worden waren, gingen 7 Tage nachher zugrunde, das mit Se¬
rum C behandelte starb nach 56—72 Stunden und das mit Serum D
behandelte nach 5 Tagen.)
2 Kontrolltiere wurden mit Pestbacillen allein geimpft, diese gingen
zwischen 66—72 Stunden nach der Inokulation ein.
Die flbrigen Tiere erhielten, wie oben beschrieben, 16—17 Stunden
vor Oder nach der Inokulation mit Pestbacillen eine Injektion der ent-
sprechenden Serumverdiinnung, um je den immunisatorischen Oder heilen-
den EinfluB des Serums zu prtifen.
Die Impfung mit den Bacillen war gewbhnlich gefolgt von der Ent-
wickelung eines Bubos in der entsprechenden Leistenbeuge. Derselbe
erreichte manchmal eine enorme GroBe. Der Schwere der lokalen Sym-
ptome entsprach jedoch nicht stets der endgiiltige Ausgang, denn es folgte
auch hierauf manchmal Wiederherstellung, manchmal aber auch ein sehr
langsamer Verlauf der Krankheit.
Alle die eingegangenen Tiere wurden obduziert. In alien Fallen
wurden zahlreiche Pestbacillen gefunden.
Tiere, die pr&ventiv eingespritzt wurden.
Die Tiere, die des immunisatorischen Effektes wegen eingespritzt
wurden, gaben die besten Resultate.
Vereuch No. VIII.
Experimente zur Erkundung der immunisatorischen Wirkung.
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§ 1
C P
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Art der Herstellung
des Serums
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Tag u. Stunde
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Stunde des
Todes
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Bemerkungen
A.
5 ccm Pesteerum 6
12. VI.
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13. VI.
wahrend der
1 Tag
(siehe
Tage lang mit 0,6 g
6 h
Nacht vom
p 388
getrockneter Bacil-
p. m.
10 h
13. zum 14. VI.
u. 393)
len behandelt; die-
d g i.
0,1
a. m.
—
—
lebt noch
selben werden 4mal
am 6. VII.
gewechselt
dgl.
0,25
19. VI.
26. VI.
7 Tage
—
B.
10 ccm Pestserum
12. VI.
0,25
21. VL
8 Tage
—
(siehe
3 Tage lang mit
6 h
13. VI.
p. 388
0,5 g getrockneter
p. m.
9” h
u. 393)
Bacillen behandelt;
dgl.
0,1
a. m.
—
—
lebt noch
dieselben werden 3-
am 6. VII.
mal gewechselt
12. VI.
10 h
0,25
19. VI.
26. VL
7 Tage
—
a. m.
D.
5 ccm Pestserum +
6. VI.
0,2
) 7. VI.
} 10 h
—
—
lebt noch
(siehe
p. 392
2,5 aktives Meer-
schwei nchenserum
6 h
p. m.
dgL
am 6. VII.
u. 393)
+ 0,05 g getrock-
nete Peetnacillen
0,1
| a. id.
10. VI. mittags
3 Tage
—
7. VI.
0,25
| 14. VI.
} 10 h
wahrend der
27,-3
_
1 h bei 15° gehal-
10 h
Nacht vom
Tage
ten, dann zentri-
a. m.
16. zum 17. VI.
fugiert und 30' lang
auf 55° erhitzt
dgl.
0,1
1 a. m.
19. VI.
5 Tage
—
0
Unbehandeltes Pest-
12. VI.
0,25
) 13. VI.
} 9 !0 h
—
—
)
serum
6 h
p. m.
{ leben noch
( am 6. VII.
dgl.
0,1
| a. m.
—
—
)
—
—
_
_
7. VI.
wahrend der
66-72 h
|
10 h
a. m.
Nacht vom
9. zum 10. VI.
> Kontrolltiere
—
—
—
—
dgl.
10. VI. mittags
ca. 66 h
J
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J
Vay, Kann der im Pestserum enthaltene Ambozeptor entfernt werden? 395
Experimente zur Erkundung der heilenden Wirkung.
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L*
a
be
Bezeichnun
des Serum
Art der Herstellung
des Serums
Tag und
Stunde de:
Impfung
CD
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— ® c £
a"®! §
S o-u 3
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Tag und
Stunde des
Todes
Bemerkungen
N-d ►
C. 5 ccm Pestserum + 6 . VI. 0,05
(siehe 2,5 ccm aktiv. Meer- 6 h
p 392 schweinchenserum p. m.
u. 393) + °>°£ 5 SLe® 1 ™**; dgl. 0,1
7 net* Bacillen l“h 6
bei 15° gehalten,
dann zentrifugiert
und 30' lang auf 55°
erhitzt
0 Unbehandeltes Pest- 11 . VI. 0,25
serum 6 h
12. VI.
10 30 h
a. rn.
lebt noch
am 6 . VII.
22. VI. 11 Tage
12 VI M.VI.5hp.m. 3 Tage
10 h
a - m - 15.VI. 5 h p. m. 4 Tage
93 o V J- lO.VI.3hp.m. 4 Tage
lebt noch
am 6 . VII.
lebt noch
am 6 . VII.
25. VI. 14 Tage
Von 6 Tieren starb eines nach einem Tage, eines nach 3, eines nach
8 Tagen, die iibrigen blieben am Leben.
Die Sera C und D (die beinahe identisch sind) gaben die schlech-
testen Resultate. Die mit Serum D praventiv eingespritzten MSuse
starben nach 2 1 / 2 und 5 Tagen mit einer einzigen Ausnahme.
Gute Resultate wurden nur erzielt bei Tieren, die mit 0,1 ccm Serum
A und B 16—17 Stunden vor der Impfung mit Virus eingespritzt wor-
den waren.
Die 4 Tiere, welche erst 8 Tage nach der Injektion mit Serum ge-
impft wurden, starben alle im Verlaufe von 3—8 Tagen, wie schon erwahnt
wurde. (Serum C nach 56—72 Stunden und Serum D nach 5 Tagen.)
Tiere, die der heilenden Wirkung der Sera wegen
injiziert wurden.
Von 8 Tieren, die deswegen eingespritzt wurden, waren 25 und 31 Tage
sp&ter nur 2 am Leben, alle die iibrigen starben meist nach 4—5 Tagen.
Auch hier gaben Sera C und D die schlechtesten Resultate. Die
Tiere starben innerhalb 4—4 x / 2 Tagen mit einer Ausnahme.
Resultate der Tierexperimente im allgemeinen.
Von den Tieren, die mit Serum A und B eingespritzt wurden (groGe
Mengen von Bacillen, diese oft gewechselt, lange Dauer der Einwirkung)
iiberlebten die Impfung nur 3 von 10 im ganzen; die anderen starben,
jedoch nach einer etwas langen Dauer der Erkrankung (7—11 Tage, mit
einer Ausnahme).
Die Sera C und D (Mischung von inaktivem Pest- und aktivem
Normalserum) waren nicht in langer Berflbrung mit den Pestbacillen
gewesen (nkmlich nur 1—l x / 2 Stunden). Von 8 Tieren, die mit denselben
behandelt wurden, kamen nur 2 mit dem Leben davon. Auch diese 2
hatten Krankheitssymptome gezeigt, sie hatten eine Schwellung in den
Leistendriisen auf der Seite, wo sie am Hinterbeine mit den virulenten
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396
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Bacillen inokuliert worden waren und waren im ubrigen offensichtlich
mehrere Tage krank.
Vergleich mit reinem Pestserum.
Wenn man die erzielten Resultate mit denen vergleicht, die mit
gewohnlichem Pestserum erhalten wurden, so ist zu bemerken, daB es
schon als ein guter Erfolg gilt, wenn von 4 Tieren, die mit gewohnlichem
Pestserum behandelt waren, 3 flberleben. Manchmal tritt der Tod noch
nach 10 Tagen ein. Hingegen starben von 10 Tieren, die mit Serum
A und B behandelt waren, 7 statt 3—4, von den 8 Tieren, die mit C
und D behandelt waren, 6 anstatt 2.
Da die Injektionen und Impfungen mit Pestvirus stets genau in
der gleichen Weise ausgefuhrt wurden, so kann man wohl den SchluB
ziehen, daB durch die Behandlung mit den getrockneten Bacillen die
Wirksamkeit des Serums verringert wird.
VII. Grttndc flir die Hemmnng der HSmolyse.
Ich habe versucht, aufzuklaren, warum in dem mit Bacillen be-
handelten Serum in obigen Versuchen eine Hemmung der Hamolyse
eingetreten ist. Man hatte zunachst annehraen konnen, daB es nicht
moglich ist, aus dem Pestserum den Ambozeptor zu entfernen, da das
Serum einen ungewohnlich hohen Gehalt an diesem besitzt. Es lag nahe,
das Immunserum mit einem Normalserum zu vergleichen. Hierzu eignet
sich in gewisser Beziehung das Ziegenserum.
Inaktiviertes Ziegenserum mit Pestbacillen und frischem Serum zu-
sammengebracht, hemmt die Hamolyse, wenn man sensibilisierte Kanin-
chenblutkbrperchen zuftigt. Man konnte demnach vermuten, daB das
Ziegenserum an und fiir sich einen Ambozeptor gegen Pestbacillen ent-
hait. (Ziegen scheinen gegen eine Infektion mit Pestbacillen ziemlich
refraktfir zu sein.)
Im folgenden Experimente wurde nun versucht, die Menge norraalen
aktiven Serums zu ermitteln, die notig war, um mit dem Ziegen- bezw.
dem Pestserum, den Pestbacillen und dem hamolytischen Systeme zu-
sammen Hamolyse hervorzurufen. Zu diesem Behuf wurden 0,05 g ge-
trocknete Pestbacillen in 10 ccm physiologischer Kochsalzlbsung verteilt,
so daB eine gleichmaBige Emulsion resultierte, von dieser wurden dann
stets 0,5 ccm verwendet, die ubrigen Einzelheiten des Versuches ergeben
sich leicht aus der Tabelle. Aus auBeren Griinden war ich gezwungen,
als frisches Normalserum das vom Hammel zu verwenden, das unter
Umstanden schon an und fQr sich einen leichten losenden EinfluB auf
Kaninchenblutkorperchen besitzt. Aus dem Versuche geht hervor, daB
in dem RShrchen, welches 0,2 Ziegen- und 0,3 Hammelserum enthielt,
eine leichte Hamolyse eintrat, wahrend in dem mit 0,2 Pest- und 1,2
Hammelserum eine solche noch nicht eingetreten war.
Es lag daher nahe, zu versuchen, ob nicht der Ambozeptor aus
starkeren Verdflnnungen des Pestseruras leichter zu entfernen ware. Es
wurden zu diesem Zwecke solche Verdflnnungen von 1 : 10 und 1 : 100
mit physiologischer Kochsalzlosung hergestellt und je 20 ccm wahrend
1V 2 Stunden mit 0,1 g getrockneter Bacillen bei Zimmertemperatur ge-
mischt und ofters umgeschiittelt; hierauf wurde zentrifugiert und die
iiberstehende Flflssigkeit wie sonst geprttft. Wie aus der folgenden Ta¬
belle zu sehen ist, war nur in der Verdflnnung von 1 : 100 nach 6 Stunden
eine leichte Hamolyse eingetreten. Die roten Blutkorperchen hatten sich
wohlagglutiniert zu Boden gesetzt und in der ilberstehenden Flflssigkeit
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Vay, Katin der im Pestserum enthaltene Ambozeptor entfemt werden? 397
war eine leichte Rosafarbung eingetreten. In der Verdiinnung 1 : 10
war keine Hamolyse eingetreten.
Versuch No. IX.
® ■ c
^ §.2
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ccm
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5 § s
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« M3
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0,2
2
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2
schwache Hamolyse
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0,2
2
Hamolyse
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0,2
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4 „
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0,2
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2
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0,2
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4 Stunden
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2
keine Hamolyse
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0,2
—
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0,2
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Versuch No. X.
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len behan-
deltes
Serum
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deltes
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Dauer der
Einwirkung
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B Ambozeptor
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§ 3 «
Tropfen
Resultate
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1:100
1:10
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ccm
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0,12
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keine Hamolyse
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—
—
—
0,2
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1,0
—
—
—
0,3
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dgl.
1,0
—
—
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0,5
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0,2
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dgl.
_
1,0
—
—
0,12
0,5
3 Std.
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keine Hamolyse
—
1,0
—
—
0,2
0,5
3 „
0,2
2
dgl.
—
1,0
_
—
0,3
0,5
3 „
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—
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—
—
0,4
0,5
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0,2
2
| Losg. d. Blutkorperck.
—
—
1,0
—
0,12
0,5-
3 Std.
0,2
2
keine Hamolyse
—
—
1,0
—
0,2
0,5
3 „
0,2
2
dgl.
—
—
1,0
—
0,3
0,5
3 „
0,2
2
dgl.
—
—
1,0
—
0,4
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0,2
2
dgl.
—
—
—
1,0
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3 Std.
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2
keine Hamolyse
—
—
—
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—
—
—
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dgl.
—
—
—
—
0,12
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3 Std.
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2
Hamolyse
—
—
—
—
0,2
0,5
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dgl.
—
—
—
— ,
0,3
0,5
3 „
0,2
2
dgl.
_
—
—
—
0,4
0,5 |3 „
0,2
2
dgl.
Die Ursache fur die Hemmung der Hamolyse muB deinnach anders-
wo gesucht werden.
Die Bacillen werden ziemlich eingreifenden Prozeduren unterworfen,
so der Erhitzung auf 55° und der Eintrocknung; es ist deinnach mog-
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URBANA-CHAMPAIGN
398
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
lich, daB hierdurch Substanzen, die die Hamolyse hemmen, neu erzeugt
Oder wenigstens aus ihren Verbindungen gelost und durch die Mazeration
im Serum ausgezogen werden.
Ich habe deswegen einfache Bakterienextrakte untersucht, die aus den
getrockneten Bacillen vermittelst physiologischer Kochsalzlosung hergestellt
Versuch No. XI.
6 5 B
^ " £
o 5 =
Jfu'S
c o a i
® U 1
bC
g
g Kochsalz-
B losung
Dauer der
Mazeration
bC ac ao
S ebn
ccm
g Pestserum
B (inaktiviert)
g Inaktives
3 Serum
AktivesMeer-
2 schweinchen-
serum
Dauer der
Einwirkung
g Kaninchen-
3 ambozeptor
3 *■«
§ 8
in
3^ «
ctf
Tropfen
Resultat
Bemerkungen
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10
24 St. bei
0,2
1,2
_
0,2
5 St.
0,2
2
Hamolyse
Nurin denersten
25-30°
0,4
1,2
—
0,2
5 „
0,2
2
dgl.
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0,8
1,2
—
0,2
5 „
0,2
2
keine Hamo-
hat eine leichte
lyse
Hamolyse statt;
1,0
1,2
—
0,2
0,2
2
dgl.
diese wird nach
*Sq
1,2
1,2
—
0,2
5 „
0,2
2
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1,4
1,2
-
—
0,2
5 „
0,2
2
»>
u.
0,2
—
3
1,2
0,2
5 St.
0,2
2
Hamolyse
Schon n. 10 Min.
0 >
0,4
—
3
1,2
0,2
5 „
0,2
2
dgl.
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0,8
—
£
1,2
0,2
5 „
0,2
2
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1,0
—
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1,2
02
5 „
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12
—
3
1,2
0,2
5 „
0,2
2
1,4
—
5
1,2
0,2
5 „
0,2
2
»
0,01
10
48 St. bei
0,2
0,2
—
02
4 St.
0,2
2
Hamolyse
Die Hamolyse ist
25-30°
0,5
0,2
—
0,2
4 „
0,2
2
dgl.
schwach; sie
1,0
0,2
—
0,2
4 „
0,2
2
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tritt spat ein u.
1,5
0,2
—
0,2
4 „
02
2
ist erst nach
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0,2
—
0,2
4 „
0,2
2
keine Hamo-
3 St. deutlich;
’5b
lyse
das letzte Rohr-
3
V*-
chen ist deutlich
u*
negativ
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0,2
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0,2
4 St.
1 0,2
2
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£
0,2
0,2
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2
dgl.
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0,2
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2
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0,2
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02
2
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0,2
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10
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0,1
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0,2
2
Hamolyse
In den ersten
20-25°
0,2
0,2
-
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1 ,,
2
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02
0,4
—
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2
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2
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02
1,0
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2
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3
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1,5
-
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1 ,,
2
dieselbe deut-
C
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lich auch im
3. Rohrchen. die
iibrigen bleiben
negativ
0,01
10
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—
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02
2
Hamolyse
24°
3
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5
02
2
1 »
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
_URBANA-CHAMPAIGN
Vay, Kann der im Pestserum enthaltene Ambozeptor entfernt werden? 399
wurdeh. 0,01 g Bacillen wurden in 10 ccm Kochsalzlosung verteilt und
1—2 Tage bei gewohnlicher Temperatur stehen gelassen; das Ganze wurde
hierauf zentrifugiert und die iiberstehende Fliissigkeit als Antigen angewandt.
Es zeigt sich, daB aus den Bacillen eine Substanz in die Kochsalz¬
losung iibergeht, die die Hamolyse hemmt, also anscheinend vermittelst
des Ambozeptors das Komplement bindet. Wurden nur geringe Mengen
des Bacillenextraktes verwendet, so fand eine leichte Hamolyse statt,
die bereits nach 3 Stunden deutlich war.
Die Wirkung der Mazeration der Bacillen kann noch erhoht werden,
wenn man die Kochsalzlosung zusammen mit den Bakterien mehrmals
anf 55° erhitzt. 0,1 g getrocknete Bacillen wurde in 20 ccm Kochsalz¬
losung verteilt und das Ganze 45 Minuten lang auf 55° erhitzt, des-
gleichen nach 24, 48 und 96 Stunden jedesmal 30 Minuten lang. In
der Zwischenzeit wurde das Gemisch bei der Temperatur des Labora-
toriums (ca. 24°) gehalten.
Versuch No. XII.
400
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Versuch No. XIII.
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_
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0,005
3 b bei
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2
keine Hamo-
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37°
lyse
lang erhitzt;
dann ca. 2 ccm
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—
—
—
1,0
0,2
—
dgl.
0,2
2
dgl.
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sichtig zuge-
fiigt, bis kein
Niederschlag
mehr entstent
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0,5
20
48 h beigewohn-
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5
zentri-
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0,2
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0,2
2
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licher Tempe-
•r
Tropf.
fugiert
37°
lyse
ratur gehalten,
dann 5 ccm
s
7,5
dgl.
tf
1,0
0,2
—
dgl.
0,2
2
dgl.
Pestseruum
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zugefiigt
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20
lmal 35' lang
—
—
—
1,0
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3 h bei
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2
keine Hamo-
auf 55 0 erhitzt 1
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3
37°
lyse
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0,2
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dgl.
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§
fugiert
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0,2
—
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0,2
2
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45' lang auf 55°
20
1 Tro-
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1,0
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—
3 h bei
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1 2
keine Hamo-
erhitzt, des-
Q>
pfen
fugiert
37°
lvse
gleichen nach
24, 48 und 96
tb
3
5
2,5 + 5
ccm
1,0
—
—
dgl.
0,2
2
dgl.
Stunden je 30'
-2
aktives
auf 55°
0)
N
Serum
halt man immer noch eine Fliissigkeit, die imstande ist, die Hamolyse
zu hemmen.
Versuch No. XIV.
Menge der
Bouillon
bJj
3
3
|
N
■r
I
W
ccm
g Pestserum
Dauer der Ein-
wirkung
Menge der
g untereuchten
“ Fliissigkeit
Aktives Serum
Dauer der Ein-
wirkung
g Kaninchen-
B ambozeptor
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If
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txj _2
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Tropfen
Resultate
1 Bouillon-
kultur
frischer
Bacillen
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24“
zentri-
fugiert
1.0
0,2 +
0,2 in-
aktiv.
Pest¬
serum
5 h
0,2
2
Hamolyse
—
3
24‘
dgl
1,0
0,2
5 k
0,2
2
Keine Hamolyse
0,01 g
getrocknete
Bacillen
3
24 h
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fugiert
1,0
0,2
5"
0,2
2
Keine Hamolyse
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y - _ URBANA-CHAMPAIGN _
Vay, Kann der im Pestserurn enthaltene Ambozeptor entfernt werden? 401
Die mit physiologischer Kochsalzlosung hergestellten Bacillenextrakte
entfalten selbst in grofien Dosen keine toxische Wirkung, wenn man sie
Meerschweinchen subkutan oder intraperitoneal injiziert. Das gleiche ist
der Fall, wenn man die Extraktionsfltissigkeit mit etwas Pestserurn ver-
setzt, von dem entstehenden Niederschlage abzentrifugiert und die flber-
stehende Flflssigkeit einspritzt. Ich habe auch versucht, mit frischen
Bacillen zu arbeiten. Eine Bouillonkultur, die ca. 2 Monate alt war,
wurde zentrifugiert; die abgesetzten Bacillen dann 3mal in Kochsalz¬
losung gewaschen, um Reste der Kulturfliissigkeit und Stoffwechsel-
produkte zu entfernen; hierauf wurden sie in 3 ccm Kochsalzlosung
verteilt, einige Zeit stehen gelassen, abzentrifugiert und die resultierende
Flflssigkeit mit dem hamolytischen System versetzt. Aus den frischen
Bacillen ist das Antigen nicht so leicht zu extrahieren, wie aus den
abgetflteten und getrockneten, es trat in meinen Versuchen Hamo-
lyse ein.
VIII. Ist es mtfglich, den Ambozeptor durch ein Anti-Ambozeptor-
serum zn nentralisieren l
Da ich auf diesem Wege nicht zu meinem Ziele gelangt war, den
Ambozeptor aus dem Pestserurn zu entfernen, so versuchte ich schlieB-
lich, denselben durch ein Antiserum zu neutralisieren. Meerschweinchen
wurden zu wiederholten Malen mit Pestserurn intraperitoneal injiziert.
Haufig wurde das von den Tieren schlecht vertragen und traten anaphy-
laktische Erscheinungen auf. Erfolge erzielte ich, als ich nur 1 ccm
auf einmal einspritzte und die Injektionen in Zeitraumen von wenigen
Tagen mehrmals wiederholte. Wie aus den folgenden Experimenten
hervorgeht, erhielt ich in der Tat ein Serum, das den Ambozeptor
zu neutralisieren imstande war, wie aus folgendem Versuche hervor¬
geht.
Gleiche Teile Pest- und Antipestserum wurden, nachdem beide vor-
her durch Erhitzen inaktiviert waren, zusammengemischt, dann mit einer
geringen Menge Bacillenemulsion zusammengebracht, die durch Ver-
teilen von 0,1 g getrockneter Bacillen in 20 ccm Kochsalzlosung her-
gestellt war.
Es trat hierbei Hamolyse ein.
Versuch No. XV.
Menge der
Bacillenemul-
sion
a
a
o
3
93
03
Cn
Antiserum
Aktives Meer¬
schweinchen- |
serum
Dauer der
Emwirkung 1
Kaninchen-
ambozeptor
Kaninchen-
blutkorperchen
Resultate
ccm
ccm
ccm
ccm
ccm
Tropfen
0,5
0,2 !
0,2
0,2
3 h
! 0,2
2
Nach ca. 30 Minuten tritt Hamolyse ein
0.5 |
0,2 |
- 1
0,2 |
3- |
0,2 j
2 I
Keine Hamolyse
Leider konnte ich mit einem solchen Pest-Antipestserumgemische
nur ganz wenige Tierexperimente anstellen. Drei Meerschweinchen von
ungefahr 400 g Gewicht wurden in der Weise mit Pest inokuliert, dafi
eine Oese Kultur in 1 ccm Kochsalzlosung verteilt, hierein die Kanflle
einer Pravaz-Spritze getaucht, und so 3mal dem Tiere unter die Haut
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Ileft 5. 26
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402 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
eines Hinterbeines eingeffihrt wurde. 16 Stunden spater erhielt das
eine Tier 2 ccm, das andere 1 ccm eines Gemisches von inaktiviertem
Pest-Antipestserum, das dritte Tier diente als Kontrolle.
Zwei weiBe Mause wurden in analoger Weise behandelt.
Ein besonderer Heilwert oder sonstiger Effekt des Serumgeraisches
war nicht zu konstatieren.
IX. Zusammenfassung der Rcsultate.
Es war demnach nicht moglich, vermittelst der Bordetschen Me-
thode die Abwesenheit des Ambozeptors in einem Pestserum darzutun,
das mit Pestbacillen behandelt war. Es ist ja anzunehmen, daB min-
destens eine gewisse Menge des Ambozeptors an die Bacillen fixiert
worden ist. Jedoch geht aus den Versuchen hervor, daB durch Mazeration
der getrockneten Pestbacillen mit Kochsalzlosung namentlich bei gleich-
zeitigem Erhitzen aus denselben ein Antigen dargestellt werden kann,
das bei Zuhilfenahme von Pestserum Alexin bindet und so die Hamo-
lyse hemmt. Es ist daher moglich, daB auch durch die Mazeration mit
Pestserum dieses Antigen aus den Bacillenkorpern ausgezogen wird.
Beim Abzentrifugieren ist es in der iiberstehenden Fliissigkeit enthalten
und hemmt so, mit dem hamolytischen System zusammengebracht, die
Hfimolyse.
Die Wirksamkeit des Pestserums wird durch die Behandlung mit
den Pestbacillen, die spater durch Zentrifugieren wieder entfernt werden,
sowohl in bezug auf immunisierende wie heilende Eigenschaften, ab-
geschwacht.
yachdruek verboUn.
Die bakteriologische Typhusdiagnose.
[Aus dem Hygienischen Institut der Universitat Halle
(Direktor: Geheimrat Prof. Dr. C. Fraenkel).]
Von Dr. Hans Kathe, Assistenten am Institut.
In Bd. 52 des Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. 1909 teilte ich die
Ergebnisse umfangreicher vergleichender Untersuchungen fiber die
Leistungsffihigkeit alterer und neuer Typhusnfihrboden mit, die ich, unter-
stfitzt von Blasius, ausgeffihrt hatte. Ich vertrat dort unter anderem
auch den Standpunkt, daB der Typhusnachweis ftir diagnosti-
sche Zwecke sich immer mehr auf die Prflfung des Agglu-
tinationstiters des Krankenserums und auf die Zfichtung
der Bacillen aus dem Blute beschrfinke, wahrend ihr Nach-
weis in den Ausscheidungen nach dieser Richtung ganz
erheblich an Wert verloren habe. Zum Studiura der epidemio-
logischen Verhaltnisse, in sanitatspolizeilicher Hinsicht sei letzterer da-
gegen von ausschlaggebender Bedeutung. Mit dieser Wertbemessung
glaube ich, soweit mir die Literatur bekannt ist, die Auffassung aller
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose. 403
derer wiederzugeben, die sich praktisch mit dem Typhusnachweis be-
schaftigt haben.
Nun berichteten aber bald darauf Gaehtgens und Bruckner 1 )
in eiuer Arbeit, in der sie unsere Befunde einer eingehenden Kritik
unterzogen, ebenfalls iiber die Ergebnisse derartiger vergleichender
Untersuchungen und fiber ihre Erfahrungen hinsichtlich der Bedeutung
von Agglutination, Blutkultur und Bacillennachweis im Stuhl fur die
Typhusdiagnostik und glaubten den Nachweis erbringen zu konnen, „daB
die Faecesuntersuchung ilire Bedeutung fflr die Typhus-
diagnose neben der Agglutinationsprfifung und Blut¬
kultur nicht eingebfiBt habe. u
Diese unseren Beobachtungen nicht entsprechende Auffassung ver-
anlaBt mich, auf Untersuchungen zurfickzukommen und ihre Resultate
hier mitzuteilen, die ich an den Typhuskranken der hiesigen Koniglichen
medizinischen Universitatsklinik ausgeffihrt habe und die ganz eindeutig
daffir sprechen: Das beste Hilfsmittel zur Diagnose des Typhus, speziell
zur Frfihdiagnose, ist die Blutkultur; in etwas geringerem Grade die
Agglutination, w&hrend der Nachweis der Erreger in den Ausscheidungen
erst in den spfiteren Stadien der Erkrankung, in der Rekonvaleszenz
und in der Zeit nach derselben an Bedeutung gewinnt, wo er aber eben
weniger das klinisch-diagnostische Gebiet berflhrt, vielmehr als Grundlage
sanitatspolizeilicher MaBnahmen ein wertvolles Mittel zur Bekampfung
der Infektionskrankheit bildet.
Wenngleich nun diese Resultate nur eine Bestatigung der Beobach¬
tungen anderer Autoren bringen, so glaube ich doch um so eher sie mit-
teilen zu dflrfen, als ich gleichzeitig die von vornherein hochst auf-
fallenden Angaben Manicatides 2 ) nachprfifte, der in den Rachen-
und Tonsillenabstrichen Typhuskranker in 70 Proz. der
Falle die Typhusbacillen nachgewiesen haben wollte und
infolgedessen diese Methode als die einfachste und beste zur
Diagnose erapfahl. Meines Wissens ist diesera Verfahren, das, wenn
es wirklich das leistete, was sein Autor verspricht, hfichst bedeutsam
ware, keine weitere Beachtung geschenkt worden, wenigstens sind mir
Mitteilungen dartiber aus der Literatur nicht bekannt.
Ueber die Methodik, die ich bei den Untersuchungen befolgte, ware
nur folgendes zu erwahnen: Da sich aus der Konkurrenz der bereits
erw&hnten Verfahren dasjenige ergeben sollte, welches die meisten
Chancen ffir den sicheren Typhusnachweis besitzt, bemflhte ich mich,
die verschiedenen Untersuchungsobjekte bei ein und demselben Kranken
zur gleichen Zeit zu entnehmen. Beim Rachenabstrich und beim Blut
zur Agglutinationsprfifung wie zur Kultur liefi sich das ohne weiteres
durchffihren, nicht dagegen in jedem Falle aus begreiflichen Grfinden
bei Stuhl und Urin. Genaue Angaben darfiber enthfilt die beigeffigte
Uebersicht.
Die Abstriche, die ich in der tiblichen Weise mit sterilem Watte-
bausch von den Tonsillen und der hinteren Rachenwand entnahm, wurden
nach dem Lentz-Tietzschen Verfahren verarbeitet; auflerdem beimpfte
ich mit dem Materiale ein Gallerohrchen, dessen Inhalt nach 24-stfindiger
1) Gaehtgens u. Bruckner, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 53. 1910.
p. 559.
2) Manicatide, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Orig. Bd. 46. 1908. p. 221.
26*
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
405
Uebersicht.
Agglutinationstiter des
Krankenserums
Ausfall der Untersuchung
auf Typhusbacillen in
Bemerkungen
.
Rachen
Stuhl
Urin
•
24. 4. Tv 1:400 +
Paraty 1:200 +
29. 4. Ty 1:300 +
Paraty 1:100 +
24. 4. —
29. 4. -
24. 4. -
24. 4. -
Ergebnis der bakteriologischen Leichenunter-
suchung:
Herzblut: Ty —
Galle: „ +
Milz: „ +
Inhalt des Jejunums: „ —
„ „ lleums: „ —
Urin: „ —
29. 4. Ty 1: 600 +
Paraty 1: 400 +
4. 5. Ty 1:400 +
Paraty 1:100 +
29. 4. -
4. 5.-
30. 4.—
30. 4.-
■
29. 4. Ty 1:400 +
Paraty 1:200 +
29. 4. —
30. 4. —
30. 4. -
14. 5. Ty 1:1000 +
Paraty 1:200 +
14. 5. —
3. 5. Ty 1:50 —
Paraty 1:50 —
5. 5. Ty 1: 50 +
„ 1:100 ±
Paraty 1:50 —
Ty (eigener Stamm)
1:800 + !
5. 5.—
5. 5.—
5. 5. -
•
13. 5. Ty 1:200 +
Paraty 1:100 +
13. 8 . -
13. 8 . —
13. 8 . —
Ergebnis der bakteriologischen Leichenunter-
suchung:
Herzblut: Ty +
Galle: „ -
Milz : „ +
Leber: i „ —
Niere: „ —
Oberer Diinndarm: „ —
Unterer „ „ —
Dickdarm : „ —
13. 8 . Ty 1:100 +
Paraty 1:50 +
16. 8. —
16. 8 .—
16. 8 .—
3. 9. Ty 1:50 +
„ 1 : 100 +
Paraty 1:50 +
3. 9.—
3. 9.—
3. 9.—
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Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
No.
406 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Anamnestische und klinische Daten
Stadium der Er-j
krankung, in [
dem die Unter-
suchungen vor-
genommen
wurden
10
11
12
13
14
15
Hermann Chr.,
10 Jahre
Friederike H.,
39 Jahre
Minna H. (Toch-
ter von No. 9),
7 Jahre
Else H. (Toch
ter von No. 9),
6 Jahre
Ida H. (Toch
ter von No. 9),
9 Jahre
Karl P.,24 Jahre
An naT., 23 Jahre
Martha Sch.,
31 Jahre
Aufgenommen in die Klinik am 26. 8. 08. An-
S eblich seit 8 Tagen krank. Stuhl angehalten.
tatus bei der Aufnahme: Roseolen, geringe
Milzschwellung. Temp. 39° C, halt eich einige
Tage auf dieser Hohe, dann allmahlicher Ab-
fall. Seit 6. 9. fieberfrei. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 8. 9. 08. Seit
14 Tagen krank, Durchfalle. Status bei der
Aufnahme: Milztumor; keine Roseolen. Stuhl
angehalten. Temp. 38° C, auch noch am 9. 9.
Dann fieberfrei. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 8. 9. 08. Seit
14 Tagen angeblich krank. Status bei der Auf¬
nahme: Alle Organe normal. Temp. 37,4° C,
dann stets normal. Stuhl angehalten. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 8. 9. 08. An¬
geblich seit 14 Tagen krank. Status bei der
Aufnahme: Milzschwellung, keine Roseolen.
Stuhl angehalten. Temp. 39,3° C, sinkt in den
nachsten 2 Tagen staffelformig ab; vom 11. 9.
an normal. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 16. 9. 08. Seit
4 Tagen krank mit hohem Fieber. Status bei
der Aufnahme: Kein deutlicher Milztumor (wird
erst nach einigen Tagen palpabel); reichliche
Roseolen, Stuhl angehalten. Temp, gegen 39°C,
halt sich 3 Tage lang auf dieser H5he, dann
lytischer Abfalh Am 26. 9. entfiebert. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 16. 9. 08. Seit
8 Tagen unwohl, Kopfschmerzen. Status bei der
Aufnahme: Milztumor. Keine Roseolen, treten
erst am 24. 9. auf. Stuhl angehalten. Diazo —.
Lungen o. B. Temp. 39,5° C, steigt in den
nachsten Tagen auf 40° C und daruber; bis zum
1. 10. zwischen 37,5 und 39,5° C, dann Ent-
fieberung. Am 4. 10. fieberfrei. Niemals Durch-
falle. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 21. 9. 08. Vor
3 Tagen Partus (Kind gesund), seitdem Fieber.
Ihre Schwester typhuskrank, daher Typhus-
verdacht. Status bei der Aufnahme: Milz-
schwelluug, keine Roseolen. Bronchitis. Durch
falle. Temp. 39,5° C, halt sich bis zum 7. 10.
zwischen 39 u. 40° C, am 8. u. 9. 10. 38,5 bezw.
38° C; dann bis zum 14. 10. fieberfrei. Milz
bleibt aber palpabel. Am 15. 10. Rezidiv. Temp,
halt sich bis zum 25. 10. meist zwischen 39 u.
40° C. Roseolen, Bronchitis. Stuhl tgl. IV, spater
angehalten. Vom 28.10. an fieberfrei. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 23. 9. 08. Seit]
3 Wochen Kopfschmerzen, zuletzt Durchfalle.
Seit 8 Tagen bcttlagerig. Status bei der Auf¬
nahme: Milztumor, keine Roseolen. Lunge o. B.
Diazo +. Temp. 40° C, fallt vom 24.—28. 9.
lytisch ab. Vom 29. 9. an dauernd fieberfrei.
Heilung.
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YVahrscheinlich
1 . Woche
Wahrscheinlich
2. Woche
3. Woche?
Rekonvaleszenz
3. Woche
(Ende der
Entfieberung)
1. Woche
Bakterio-
logischer
Blutbefund
26. 8. Ty +
(Blutentnainne
durch die Poli-
klinik veranlaiu
3. 9. Tv —
10. 9. Tv —
10. 9. Tv —
10. 9. Tv -
17. 9. Tv +
Ende der
1. Woche
18. 9. Tv
1. Woche
3. Tag des
iaivs
21. 9. Ty -f
17. 10. Ty +
Etwa 3. Woche
Gegen Ende
der 3. Woche
19. 9. Ty +
(im Blutkuchen
a. d. Widal-Kap.,
d. v. beh. Atzk
eingesch. wurdei
23. 9. Ty —
im
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
407
Agglutinationstiter des
Krankenserums
Ausfall der Untersuchung
auf Typhusbacillen in
Bemerkungen
Rachen
Sluhl
Urin
26. 8. Ty 1:100 +
Paraty 1:100 +
3. 9. Ty 1:100 +
„ 1:200 ±
Paraty 1: 50 +
3. 9.-
Nicht zu
erhalten
Nicht zu
erhalten
10. 9. Ty 1:200 +
Paraty 1:200 +
10. 9. —
Nicht zu
erhalten
Nicht zu
erhalten
10. 9. Ty 1:100 +
Paraty 1:100 +
10. 9.-
Nicht zu
erhalten
Nicht zu
erhalten
10. 9. Tv 1:50 +
„ 1 :100 +
Paraty 1:50 —
10. 9. —
10. 9. —
10. 9. —
17.9. Ty 1:400 +
„ 1:800 +
Paraty 1:200 +
„ 1: 400 +
17. 9.—
Nicht zu
erhalten
Nicht zu
erhalten
18. 9. Ty 1:50 —
Paraty 1:50 —
19. 10. Tv 1:200 +
„ 1 : 400 +
Paraty 1:100 +
„ 1:200 +
18. 9. -
Nicht zu
erhalten
19. 9. -
21. 9. Ty 1:100 +
Paraty 1:50 +
17. 10. Ty 1:800 +
1:1600 +
Paratv 1:100 +
„ 1:200 +
21. 9.—
17. 10. +
—
+
2. 9. Im Lochialsekret Ty +
19. 9. Ty 1 :100 +
Paraty 1 : 50 +
23. 9. Ty 1:800 +
Paraty 1:50 +
» 1 UQO +
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23. 9. -
gle
—
—
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
408
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Patient Anamnestische und kliniache Daten
16 Helene H., , Aufgenommen in die Klinik am 30. 9. 08. Seit
40 Jahre 8 Tagen Fieber und Durchfalle. Status bei der
Aufnahme: Milztumor, Roseolen. Temp. 38,6 °C.
Stuhl angehalten. Bronchitis. Temp, bis zum
6 . 10. gegen 39° C, am 8. und 9.10. 40° C und
etwas dariiber. Am 9. 10. plotzlicher Exitus
nach dem Bade infolge Lungenembolie.
17 Elisabeth Sch., Aufgenommen in die Klinik am 3. 10. 08. Ana-
41 Jahre mnestisch nichts zu eruieren. Status bei der
Aufnahme: Schwere Benommenheit. Kein Milz¬
tumor. Keine Roseolen. Pneumonische Herde.
Taglich 1—2 Stiihle, dfinnflfissig. Leukocyten
8600 (am 9. 10. 5800). Temp. 40° C. 7. 10.
Palpabler Milztumor. 9. 10. Diazo -f. (Keine
Roseolen.) Temp, halt sich meist zwischen 39
und 40,5° C. Am 12. 10. Exitus infolge Herz-
schwache.
18 Grete F., Aufgenommen in die Klinik am 29. 9. 08. An-
17 Jahre geblich seit 3 Tagen krank, Fieber. Status bei
der Aufnahme: Keine Milzschwellung, keine
Roseolen. Stuhl normal. Eiterige Bronchitis.
Temp. 39° C. 6. 10. Milz palpabel, Diazo +.
9. 10. Roseolen. Temp, halt sich bis zum 15. 10.
meist zwischen 38 und 40° C. Vom 16.—23. 10.
steile Kurven; vom 24. 10. an dauemd fieber-
frei. Heilung.
19 Friedrich Sch. Aufgenommen in die Klinik am 15. 10. 08. Seit
(Ehemann von dem 11. 10. Fieber, Kopfschmerzen. StatUB bei
No. 15),34 Jahre der Aufnahme: Keine Roseolen, kein Milztumor.
Durchfalle. Temp. 39,5° C. 17. 10. Roseolen,
Bronchitis, Milz nur wenig vergroBert. 5. 11.
Darmblutungen. 10. 11. Pneumonie. 12. 11.
Pleuritis purulenta links (Punktion). 20. 11.
Pleuritis serosa links. 30. 11. Ulcus corneae,
Pleuritis foetida links. Temp, bis zum 6. 11.
meist zwischen 38 und 39° C, nach kurzem
Abfall infolge der Blutung dauemd zwischen
37 und 39° C bis zum Exitus am 4. 12.
20 Gustav B., In die Klinik aufgenommen am 17. 10. 08. Am
36 Jahre 11. 10. erkrankt. Status bei der Aufnahme:
Roseolen, kein Milztumor. Diazo —. Durch¬
falle. Bronchitis. Temp. 39° C, halt sich bis
zum 27. 10. zwischen 38,5 und 39,8° C, dann
Abfall. 31. 10. Pneumonische Herde. Vom
3. 11. an fieberfrei. Heilung.
21 Johannes B. In die Klinik aufgenommen am 17. 10. 08. Seit
(Sohn v.No.20), 8 Tagen nicht wohl, seit 2 Tagen bettlagerig.
8 Jahre Status bei der Aufnahme: Keine Roseolen, kein
Milztumor. Stuhlgang IV tgl. Temp. 39,6° C,
steigt in den nachsten Tagen fiber 40° C, dann
unter teilweise betriichtlicnen Remissionen bis
zum 1. 11. zwischen 36 und 39,5° C, 2 Tage
Entfieberung. Vom 4. 11. an fieberfrei. Am
21. 10. Milz palpabel, am 27. 10. Roseolen.
Heilung.
Stadium der Er-
krankung, in
dem die Unter-
suchungen vor-
genommen
wurden
Bakterio-
logischer
Blutbefund
2. Woche
2. 10. Ty +
Wahrscheinlich
6 . 10. Ty +
2. Woche
2. Woche
6 . 10. Ty -f
Ende der
17. 10. Tv +
1. Woche
Ende der
#
18. 10. Ty -f
1. Woche
An fang der
23. 10. Tv -f
2. Woche
Original fr
jm
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UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAI6N
Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
409
Agglutinationstiter des
Krankenserums
Ausfall der Untersuchung
auf Typhusbacillen in
Rachen I Stuhl
Urin
Bemerkungen
2. 10. Ty 1:400 +
Paraty 1:50 +
„ 1:100 +
2. 10. — Nicht ein-
geschickt
Nicht ein-
geschickt
6 . 10. Ty 1:400 +
„ 1:800 +
Paraty 1:100 +
„ 1:200 +
6. 10. -I
6 . JO. Ty 1:400 +
„ 1:800 +
Paraty 1:400 +
„ 1:800 +
6 . 10 . —
17. 10. Ty 1:800 +
Paraty 1: 50 +
„ 1:100 +
17. 10.—
18. 10. Ty 1:1600 +
Paraty il: 400 +
18. 10 .-
9. 11. +
12. 11. Agglutination des durch scharfes
Zentrifugieren leukocytenfrei gemachten
Pleuraeiters:
Ty 1:1600 +, Paraty 1:100 +
20. 11. Agglutination des serosen Pleura-
exsudates:
Ty 1:800 +, Paraty 1:100 +
4. 12. Leichenorgane: Ty —.
Agglutinationsresultate:
Blut: Ty 1:800 +
„ 1:1600 +
Paraty 1:50 +
Pleuraeiter: Ty 1:50 +
Paratv 1:50 —
Galle: Ty 1:400 +
Paraty 1:50 —
9. 11. +
23. 10. Ty 1:800,+
Paraty 1:800 +
23. 10.-
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Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
410
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Anamnestische und klinische Daten
Stadium der Er-
krankung, in
dein die Unter-
suchungen vor-
genommen
wurden
22 i Gustav B. (Sohn
von No. 20),
7 Jahre
23 Otto Be.,
| 29 Jahre
241 Frau B. (Ehe-
frau von No. 20),
36 Jahre
Aufgenommen in die Klinik am 19. 10. 08. Seit
etwa 5 Tagen krank. Status bei der Auf-
nahme: Benommenheit, Milztumor, keine Rose-
olen. Stuhl angehalten. Bronchitis, gerotete
Tonsillen. Leukocyten 4000. Diazo -f. Temp
40,2° C, steigt noch an den beiden nachsten
Tagen iiber 40° C, dann bis zum 15. 11. Temp
zwischen 36,5 und 39,5 0 C, zuletzt staffelformig
abfallend. Vom 16. 11. an fieberfrei (Roseolen
nie beobachtet). Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 21.10. 08. Seit
10. 10. krank. Status bei der Aufnahme:
Roseolen, Milztumor. Tonsillen gerotet, ge-
schwollen. Lungen o. B. Durchfaile. Diazo +.
Temp. 39,5° C, fallt im Laufe der nachsten
Tage lytisch ab; vom 28.10. fieberfrei. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 23. 10. 08. An-
gemich seit 8 Tagen Kopfschmerzen uud Durch¬
faile, seit 1 Tag bettlagerig. Status bei der
Aufnahme: Kein Fieber, keine Roseolen. Milz
etwas vergroSert. Alles normal, auch der Stuhl,
Temp, etwas unregelmaBig, schwankt zwischen
36,2 und 37,3° C. Heilung.
2. Woche
Ende der
2. Woche
Rekonvaleszenz
nach ambulan-
tem Typhus
Bakterio-
logischer
Blutbefund
23. 10. Ty +
23. 10. Ty -+-
24. 10. Ty —
25 Frieda B. (Toch-
ter von No. 20),
12 Jahre
26 Paul M., 30 Jahre
27 Frau An.,
30 Jahre
In die Klinik aufgenommen am 23. 10. 08. Seit
8 Tagen krank, Kopfschmerzen, Durchfaile.
Status bei der Aufnahme: Roseolen, Milz etwas
vergroBert. Stuhl, Lungen normal. Leuko¬
cyten 6200. Diazo —. Temp. 38,8° C, steigt
in den nachsten Tagen bis gegen 40° C, vom
27.—30. 10. zwischen 39 und 39,5° C, dann
allmahl. Abfall. Vom 6.10.an fieberfrei. Heilung.
In die Klinik aufgenommen am 24. 10. 08. An-
geblich seit 3 Wochen krank, Schwindel, Kopf-
schmerz, Durchfaile. Status bei der Aufnahme:
Benommenheit, Milztumor, Roseolen. Diazo —.
Bronchitis. Leukocyten 8800. Stuhlgang etwas
angehalten. Temp, gegen 39° C, bis 28. 10.
zwischen 39 und 40° C; dann Entfieberung.
Vom 31. 10. an fieberfrei, bis auf eine kurze
geringe Temp.-Steigerung Mitte Nov. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 9. 9. 08. Angeb-
lich seit 3 Wochen krank. Status bei der Auf¬
nahme: Schwere Benommenheit. Bronchitis.
Roseolen. Milz nicht palpabel. Zahlreiche
Durchfaile. Diazo —. Temp. 39,6° C, steigt
in den nachsten 3 Tagen auf 40° C und dar-
iiber. Am 14. 9. Exit us infolge Herzschwache.
Obduktionsbefund: Pneumonie, Bronchitis dif-
hisa. Geringe Milz- und Leberschwellung.
Meist in Heilung begriffene Geschwiire im
Ileum. Peritonitis serofibrinosa. Lungeninfarkt.
2. Woche
24. 10. Ty +
3. Woche 26. 10. Ty -f
Ende der
3. Woche
10. 9. Ty +
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Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
- J
Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
411
Agglutinationatiter des
Krankenserums
Auafall der Untersuchungen
auf Typhusbacillen in
Rachen Stuhl
Urin
Bemerkungen
30. 10. Ty 1:800 +
Paraty 1:800 +
23. 10. Ty
24.
1:400 +
„ 1:800 +
Paraty 1: 400 +
„ 1:800 +
11. Ty 1:800 +
Paraty 1 :800 +
24.
10. Ty 1:800 +
Paraty 1:800 +
26.
10. Ty 1: 400 +
Paraty 1: 200 +
„ 1:400 +
23. 10.—
23. 10.—
24. 10.—
3. 11. +
5. 11. +
+
24. 10.—
+
31. 10. +
2 . 11 . +
12 . 11 . +
+
Das jiingste Kind der Frau, Willy B.,
l’/ 4 Jnhre alt, noch an der Brust, zeigt
niemals Krankheitserscheinungen. In
aeinen Excreten Ty —.
Agglutination:
28. 10. Ty 1:100 +
Paraty 1:100 +
29. 11. Ty 0:200 +
Paraty 1:50 —
Im Milchaerum der Mutter keine Aercrlu-
tinine 66
26. 10.
10 .
9. Ty
Paraty
1:200 +
1:200 +
+
5. 11. +
10 . 11 . +
10. 9.—
Nicht ein-
geachickt
Nicht ein-
geschickt
Ergebnis der bakteriologiachen Leichenunter-
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Herzblut
Ty +
Ileum
Ty-
Milz
»
+
Ind.Tiefeeinea
Galle
II
+
geachwellten
Leber
i)
+
Plaques
11 “1"
Rachen
11
Dickaarm
Speiserohre
11
—
Mesenterial-
Bronchial-
druse
11 *t*
achleim
11
—
Urin
Pneumonie
11
—
Peritoneal-
Lungeninfarkt
11
+
exsudat
11 +
Jejunum
11
_
Original from
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
412
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
28
Frau K.,44 Jahre
Stadium der Er-
krankung, in
dem die Unter-
suchungen vor-
genommen
wurden
2. Woche
30, Martha B. (Toch-
ter von No. 20),
4 Jahre
31
32
3. Woche
Ende der
3. Woche
Rezidiv
3. Woche
Aufgenommen in die Klinik am 29. 10. 08. An-
geblich seit 14 Tagen krank. Status bei der
Aufnahme: Leichte Benommenheit. Roseolen,
Milztumor. Diazo —. Stuhlgang etwas ange-
halten. Temp, gegen 39° C, halt sich bis zum
19. 11. gleichmaBig zwischen 38 und 39° C,
dann steile Kurven. Am 31. 10. Diazo —.
Vom 28. 11. an fieberfrei bis auf ein Fieber-
stadium (bis 39° C) vom 7.—13. 1.09, offenbar
infolge akuter Arthritis. Heilung.
29jAlbin Sch., Aufgenommen in die Klinik am 27. 10. 08. An
23 Jahre geblich seit 8 Tagen krank. Status bei der Auf-
nahme: Roseolen, Milzvergrofierung. Diazo —.
Durchfiille. Bronchitis. Temp. 39,5° C, Leuko-
cyten 3200. Temp, halt sich bis zum 11. 11.
meist zwischen 39 und 40° C, dann lytischer
Abfall; am 16. 11. fieberfrei. Am 22. 11. er-
neuter Anstieg bis zum 9.12. zwischen 39 und
40° C, kein Milztumor, keine Roseolen. Durch-
falle. Vom 10.—15. 12. steile Kurven; dann
fieberfrei bis zum 29. 12. Darauf nochmals
Fieberperiode bis zum 9.1.09. (Hbchste Temp
39,4° C.) Auch in dieser Periode keine Rose¬
olen, kein Milztumor, Stuhl normal. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 23.10. 08. Vor
3 Tagen mit Fieber erkrankt. Status bei der
Aufnahme: Roseolen, Diazo +. Milz nicht
vergrofiert. Temp. 38,7 0 C, steigt in den niich
sten Tagen uber 40° C. Am 29. 10. schwerer
Kollaps, dann unregelmafiige Temp, meist
zwischen 37 und 39° C. Vom 17. 11. an fieber¬
frei. Milz nie palpabel, aber perkutorisch ver¬
grofiert. Heilung.
Else W. (pflegte Aufgenommen in die Klinik am 11. 11. 08. Seit
Typhuskranke), 4 Tagen krank. Status bei der Aufnahme:
25 Jahre Rotung des Gaumens, Lungen o. B. Keine
Roseolen, kein Milztumor. Diazo +. Benom¬
menheit; keine Durchfalle. Temp. 39° C, am
12. 11. uber 40° C. Leukocyten 5200. In der]
Nacht vom 12. zum 13. 11. vergiftet sich Pa-
tientin in der Benommenheit mit Sublimat.
Exitus am 20. 11.
OttoPr.,22 JahrejAufgenommen in die Klinik am 9. 12. 08. Seit Wahrscheinlich
12. 11. krank mit Fieber und Durchfallen. Sta- 3. Woche
tus bei der Aufnahme: Roseolen, Milztumor,
Benommenheit. Leukocyten 7800. Diazo —.1
Stuhl etwas angehalten. Temp. 38,2° C, halt
sich in den nachsten Tagen zwischen 38 und
39° C. Am 15. 12. Parotitis beiderseits, Bur-i
sitis acromialis rechts. Zum operativen Ein-
griff in die chirurgische Klinik verlegt.
PaulM., 17Jahre!Am 29. 1. 09 in die Klinik aufgenommen. An-
geblich seit 5 Wochen krank. Status bei der
Aufnahme: Milz etwas vergrofiert, keine Rose¬
olen. Benommenheit, Delirien. Keine Durch¬
falle. Temp. 39,9 0 C, halt sich in den nachsten
Tagen zwischen 39 und 40° C, vom 3. 2. an
statfelformiger Abfall, vom 8. 2. an fieberfrei.
33
Bakterio-
logischer
Blutbefund
1. 11. Ty
7. 11. Tv —
12. 11. Ty —
13. 1. 09 Tv. +
1. Woche
7. 11. Ty-
(Es konnten nur
ein panr Tropf-
chenBlut aus Qff
Fingerbeere g«-
wonnen werden
12. 11. Ty +
4. Woche
10. 12. Ty
4. 2. Ty +
om
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Original 1
UNIVERSITY OF ILLINOIS AT
URBANA-CHAMPAIGN
Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
413
zlutinationstiter des
Krankenserums
Ausfall der Untersuchungen
auf Typhusbacillen in
Rachen Stuhl Urin
Bemerk ungen
1 . 11. Ty 1:200+ 1. 11.-
Paraty 1:50 +
3. 12. — 1.—10.12.
12 . 12. + nahezu
15. 12. + Rein-
18. 12. + kulturvon
23. 12. + Ty +
112 . 12 . -
! 15. 12. —
7.
11. Ty
1
400 +
7.
11 .—
1
800 +
Paraty
1
100 +
1
200 +
12 .
11. Ty
1
800 +
12 .
11 .—
1
1600 +
Paraty
1
100 +
1
200 +
3.
1. Ty
1
400 +
3.
1 .—
Paraty
1
100 +
- 7. 11. +
7. 11. Ty 1:200+ Nicht zu 2. 11. + Konnte
Paraty 1:50+ erhalten 5. 11. + nicht ge-
12 . 11. + trennt
aufge-
fangen
werden
12. 11. Ty 1:400+ 12.11.
Paraty 1:50 —
. Nicht ein- Nicht ein-
geschickt geschickt
10. 12. Ty 1:3200 + 10. 12. — +
Paraty 1:400 +
4. 2. Ty 1:50+ 4.2.—
Paraty 1:50 —
Nicht zu Nicht zu
erhalten erhalten
12 . 2 . + +
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414
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Anamnestische und klinische Daten
Stadium der Er-
krankung, in
dem die Unter-
suchungen vor-
genommen
wurden
Bakterio-
logischer
Blutbefund
34
Wilhelm M.,
20 Jahre
35
Otto K., 38 Jahre
36
Martha K.,
11 Jahre
37
Emma K.
(Schwester von
No. 36), 13 Jahre
38
LuiBe B. (Polin)
Aufgenommen am 21. 1. 09. Erkrankte Anfang
Januar mit Erbrechen, Kopfschmerzen, Durch-
fallen. In letzter Zeit fiihlte er sich angeblich
kraftiger. Am 21. 1. wegen Typhusverdacht
zwangsweise der Klinik zugefiihrt. Status bei
der Aufnahme: Geringe Milzvergrfifierung, brei-
iger Stuhl, sonst kein anormaler Befund.
Temp. 37,7° C. In den nachsten Tagen sub-
febrile Temp., am 27. 1. iibersteigt die Temp.
38° C und erreicht am 28. 1. 40° C. 25. 1.
Roseolen. 26. 1. Milz palpabel. 29. 1. starkej
Darmblutung, 30. 1. eoenso. Benommenheit.
Temp, bis zum 9. 2. meist zwischen 38 und
39° C, dann allmahlicher Abfall. Vom 14. 2.
an fieberfrei. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 15. 2. 09. Seit
14 Tagen krank, seit 8 Tagen Durchfalle. Status
bei der Aufnahme: Roseolen; Milz etwas ver-
f roflert. Bronchitis. Diazo +. Temp. 40° C,
alt sich bis zum 24. 2. meist zwischen 38 und
39° O, dann allmahlicher Abfall. Vom 1. 3.
an fieberfrei. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 5. 3. 09. Seit
3 Wochen nicht wohl, seit 8 Tagen schwer]
krank, stark benommen. Status bei der Auf¬
nahme: Sopor, Roseolen, Diazo. +. Milztumor.
Bronchitis. Stuhl lmal taglich. Temp. 40° C,
halt sich bis zum Tode meist zwischen 39 und
40° C. Am 11.3. Exitus infolge Herzschwache.
Obduktionsbefund: Markige Schwellung der
Solitarfollikel mit beginnender Geschwiirsbil-
dung bei einzelnen (unteres Ileum). Milztumor.
Pneumonie.
Aufgenommen in die Klinik am 5. 3. 09. Seit]
8 Tagen nicht wohl. Status bei der Aufnahme:
Roseolen, Diazo +, Milztumor, oberflachliches
Ulcus der r. Tonsille. Stuhl angehalten. Leuko-
cyten 9000 (13.3. = 1660; 17. 3. = 2800 ; 24. 3.
= 3100; 29. 4. = 9000). Temp. 39,7° C, er¬
reicht am 7. 3. 40 0 C, halt sich bis zum 10. 3.
mit geringen Remissionen auf dieser Hohe.
Vom 11.—25. 3. unregelmiiBige Temp., meist]
zwischen 38 und 40° 0, dann lytischer Abfall.
Vom 30. 3. bis 18. 4. fieberfrei. Vom 19. 4.
bis zum 3. 5. nochmals unregelmafiige Temp.
(Furunkulose 1), meist nur bis 38,5“ C. Vom
4. 5. andauernd fieberfrei. Heilung.
Aufgenommen in die Klinik am 28. 6. 09. Keine]
Anamnese moglich. Status bei der Aufnahme:
Somnolenz. Leichter Ikterus. Lobarpneumonie.
Keine Roseolen. Diazo —. Temp. 39,3° C.
29. 6. Pleuritis serosa (Pneumokokken). Vom
1 . 7. bis 5. 7. Temp, zwischen 38 und 37 0 C,
vom 6. 7. an dauemd fieberfrei bis auf 26. bis
28. 7.: Temp. 39 0 C infolge Abfiihrmittel. Milz
nie palpabel, nie Roseolen.
Wahrscheinlich
auf der Hohe
eines Rezidivs
4. 2. Ty +
3. Woche
19. 2. Tv +
Ende der
2. Woche
9. 3. Ty +
Anfang der
3. Woche
Rekonvaleszenz]
20. 3. Ty +
26. 4. „ -
Gegen Ende der
Fieberperiode,
wahrscneinlich
gegen Ende der
4. Woche
2. 7. Ty +
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
415
Agglutinationstiter des
Krankenserums
Ausfall der Untersuchungen
auf Typhusbacillen in
Bemerkungen
Rachen
Stuhl
Urin
4. 2. Ty 1:200 +
1:400 ±
Paraty 1:100 +
1:200 +
4. 2.—
—
16. 2. +
19. 2. Ty 1:400 +
Paraty 1:200 +
19. 2. _
+
—
9. 3. Ty 1:50 —
Paraty 1 :50 —
9. 3.—
—
Ergebnis der bakteriologischen Leichenunter-
suchung:
Herzblut Ty +
Milz „ +
Leber „ +
Galle „ +
Ileum „ +
20. 3. Ty 1:50 ±
26. 4. „ 1:800 +
Paraty 1:100 +
1:200 ±
20. 3.—
26. 4. -
Nicht
erhalten
Nicht
erhalten
+
2. 7. Ty 1:200 +
1:400 +
Paraty 1:200 +
2. 7.-
—
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416
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
6
Patient
Anamnestische und klinischc Daten
Stadium der Er¬
krankung, in
dem die Unter¬
suchungen vor¬
genommen
wurden
Bakterio-
logischer
Blutbefund
39
Friedrich T.,
24 Jahre
Aufgenommen in die Klinik am 19. 7. 09. Seit
dem 6. 7. nicht wohl, seit 3 Tagen Fieber. Sta¬
tus bei der Aufnahme: Milz nicht palpabel,
Diazo —. Keine Roseolen. Leukocyten = 7300.
Temp. 39,6° C. 21. 7. ftoseolen, Milz palpabel.
23. 7. Diazo +. Temp, bis zum 24. 7. zwischen
39 und 40° C und etwas dariiber, dann lytischer
Abfall; vom 30. 7. an fieberfrei. Am 8. 8. er-
neuter Temperaturanstieg unter starken Schmer-
zen der Milz- und Gallenblasengegend. Keine
JRoseolen. Am 13. 8. fieberfrei. Am 15., 18.,
26., 28.8. nochmals kurz dauernde Temperatur-
steigerungen bis 40° C und dariiber (Pneu-
monie!). Seitdem fieberfrei. Heilung.
2. Woche
Rezidiv
22. 7. Ty —
24. 7. „ +
12. 8. „ +
40
Willy Gr.,
15 Jahre
Aufgenommen in die Klinik am 4. 8. 09. Seit
3 1 /. Wochen nicht wohl, seit 14 Tagen Durch-
falle. Status bei der Aufnahme: Kaehen ge-
rotet. Bronchitis. Keine Boseolen, Diazo —.
Milzschwellung. Stuhlgang angehalten. Leuko¬
cyten = 2550. Temp. 39,9 0 C, bis zum 6. 8.
39° C und dariiber, dann ganz allmahlich ab-
fallend, vom 18. 8. an nur noch subfebrile
Temp. Vom 21. 8. an fieberfrei. ltoseolen und
Diazo dauernd —. Heilung.
Anfang der
3. Woche
4. a Ty +
Bebriltung auf Drigalski-Agar ausgestrichen wurde. Die Kranken-
seren titrierte ich — anfangs raeist makroskopisch, sp&ter ausschlieBlich
mikroskopisch — mit einera Typhus- und einem Paratyphus B-Stamme
aus. Zur Blutkultur dienten die gewohnlichen, von Kayser angegebenen
GallerOhrchen; in der Regel beschickte ich 3 mit je 1—2 ccm Blut. Die
Weiterverarbeitung geschah in der tiblichen Weise. Beim Nachweise
der Typhusbacillen in den Ausscheidungen gelangten teilweise nur das
Len tz-Tietzsche Verfahren, meistjedoch auch gleichzeitig verschiedene
der anderen elektiven NShrbdden, der Endo- und Kindborg-Agar,
der Brillantgriinpikrinsaure- und der Padlewski sche N&hrboden zur
Verwendung. Infolgedessen wurde in der Regel relativ viel Material
verarbeitet, wodurch sich wiederum die Chancen fflr den Nachweis der
Bacillen von vornherein recht giinstig gestalteten.
Da es naturgemaB von besonderer Wichtigkeit ist, zu wissen, in welchem
Stadium der Erkrankung die Untersuchungen vorgenommen wurden,
habe ich bei jedem Falle die wichtigsten auf Anamnese und Krankheits-
verlauf beziiglichen Tatsachen, die ich teils meinen eigenen, gleich am
Krankenbette gemachten Aufzeichnungen, teils den mir in freundlichster
Weise von der Klinik zur Verfiigung gestellten Journalen entnahm, notiert.
Ich glaube so einen einigermaBen sicheren Anhalt fflr den Zeitpunkt
der Materialentnahme im Verlaufe der Erkrankung geben zu kflnnen,
jedenfalls einen viel sichereren, als wenn es sich um Patienten handelte,
die nicht unter sorgfflltiger klinischer Kontrolle gestanden. DaB ich
trotzdem verschiedentlich nur mit mehr Oder weniger groBer Wahrschein-
lichkeit einen SchluB hinsichtlich des Krankheitsstadiums zurzeit der
Untersuchung gezogen habe, ist wohl ohne weiteres begreiflich.
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
417
Aggiutinationstiter des
Krankenserums
Ausfall der Untersuchungen
auf Tvphusbacillen in
Rachen Stuhl Unn
Bemerkungen
22. 7. Tv 1:200 +
Paraty 1:200 +
22. 7.—
—
—
24. 7. Tv 1:200 +
Paraty 1:200 +
24. 7.—
5. 8. +
7. 8. +
—
12. 8. Ty 1 : 200 +
„ 1:400±
Paraty 1 : 100 +
1:200 +
12. 8. —
Nicht ein-
geschickt
Nicht ein-
geschickt
4. 8. Ty 1 : 800 +
Paraty 1 : 200 +
4. 8.—
+
+
1
Kam es auch vor allem darauf an, unter den Methoden, die jedes-
mal bei der ersten Untersuchung der Patienten in Anwendung gelangten,
diejenige festzustellen, welche sich fur die Diagnostik des Typhus ab-
dominalis am besten eignete, so habe ich doch auch, besonders bei den
spateren Beobachtungen, die Untersuchung im weiteren Fortgange der
Erkrankung gelegentlich wiederholt, urn so noch bessere Anhaltspunkte
fUr die Leistungsf&higkeit der einzelnen Verfahren in den verschiedenen
Stadien der Infektion zu gewinnen. Auch die Ergebnisse der bakterio-
logischen Leichenuntersuchung, soweit diese vorgenommen werden konnte,
habe ich der Vollstiindigkeit halber mit erwahnt. Doch will ich, um
mieh nur auf die hier vorliegende Frage zu beschr&nken, auf sie ebenso
wenig naher eingehen, wie auf andere in der Uebersicht kurz erwahnte,
nicht ganz uninteressante, an den Kranken gemachte Beobachtungen.
Um die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungsmethoden iiber-
sichtlicher zu gestalten, habe ich sie unter Berticksichtigung des Stadiums
der Erkrankung, in dem sie angewandt wurden, in 2 Tabellen zusammen-
gefaBt, deren erste lediglich die erstmalige Untersuchung jedes einzelnen
Falles beriicksichtigt, ohne auf die spateren Bezug zu nehmen, die nicht
selten bei dieser oder jener Methode ein positives Resultat ergaben, wo
es anfangs negativ war, und umgekehrt. Die Zahlen dieser ersten
Tabelle werden demnach vor allem Anhaltspunkte fiir die Bewertung
der einzelnen Methoden in diagnostischer Hinsicht liefern. Die zweite,
welche auch die im weiteren Verlaufe der Erkrankung ausgefuhrten
Untersuchungen umfafit, beriicksichtigt mehr die Verteilung der positiven
bezw. negativen Befunde in den einzelnen Krankheitswochen.
Ente Abt. Orig. Bd. 55. Heft 5. 27
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418
Centralbl. f. Bakt.. etc 1. Abt. Originale. Bd. 5b. Heft 5.
Tabelle I.
Erstmalige Untersuchungen.
a.
Zahl der positiven bezw. negativen Befunde
Tv-B. im
Gruber-
Ty-B. in
den Aus¬
schei¬
dungen
iiberhaupt
a.
b.
Ty-B. in
den Ab-
strichen
wahrend
Blute
Widal 1 )
in den
Faeces
im
Urin
von
Pharynx u.
Ton'sillen
+
—
+
1 —
i +
| —
+
—
+
— 1
+
—
1. Woche
s
0
7
1
0
6
0
5
0
6
0
8
2. „
12
2
12
12
2
10
2
10
0
11
0
14
3. „
7
6
12
1(?)
6
4
6
4
1
8
0
12
4. „
2
0
2
0
0
1
0
1
0
1
0
2
Rekonvaleszenz
0
! 2
2
0
1
0
1
0
0
1
0
2
Rezidiv
1
0
1
0
0
1
0
1
0
1
0
1
1) VVir bezeichnen einen Widal bereits dann als positiv, wenn das Serum in der
Verdiinnung 1:50 eine deutliche Agglutination bewirkt. 1st das Ergebnis 1:50±, so
bezeichnen wir es als fraglich (?).
b.
Es ergab ein positives Resultat
wahrend
Blut-
kultur
Gruber-
Widal
Untersuchung
der Aus- .
ss=r 1 Faece -
des
Urins
Untersuchung
von Pharynx
und Tonsillen
1 . Woche
100 %
88%
0 %
0 %
0 %
0 %
2. „
86 „
8(5
17 „
17 „
0 „
0
3. „
54 „
92 „
60 „
60 „
11
0
4 . „
100 „
100 „
0
0 „
0 „
0 „
Rekonvaleszenz
0 „
100 „
100 „
100 „
0 „
0
Rezidiv
100 „
100 „
0 „
0 „
0
o „
Die Zahl der Faile, auf welche sich diese Statistik aufbaut, ist, wie
ohne weiteres zugegeben werden muB, relativ klein. Ihre Resultate sind
infolgedessen, wie die jeder derartigen Statistik, nur mit Vorsicht zu
verwerten und nicht ohne weiteres zu verallgemeinern. Das lehrt ein
Blick auf die Tabellen, die die Prozentzahlen der positiven Befunde
wiedergeben. Eine Ausbeute von 0 Proz. bei Untersuchung der Exkrete
auf Typhusbacillen in der 4. Woche (Tabelle la) wiirde alien Erfahrungen
widersprechen, ebenso wie der in 100 Proz. der Faile gegltickte Nach-
weis der Bacillen im Blute wShrend dieses Stadiums. Die geringe Zahl
der betreffenden Kranken deutet aber ohne weiteres darauf hin, daB der
Zufall die Hauptrolle gespielt hat. Ebenso sind die 100 Proz. bezw.
0 Proz. der Stuhl- bezw. Urinuntersuchungen in der Rekonvaleszenz, die
0 Proz. positiver Befunde im Urin in der 4. und 5. Woche (Tabelle II b)
zu bewerten. Andererseits ist bei dem unverhaltnism&Big hSufig ge-
lungenen Nachweise der Bacillen in den Ausscheidungen der Rekon-
valeszenten (Tabelle II a) in Betracht zu ziehen, daB sich hierunter
wiederholte positive Befunde bei ein und derselben Person finden. Aber
selbst unter Beriicksichtigung dieser besonderen Verhaltnisse lassen sich
doch ganz allgemein aus diesen Zahlen folgende Schltisse ziehen, die
mit den Beobachtungen der meisten Untersucher im vollen Einklauge
stehen: Die sicherste Methode des Typhusnachweises im
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
419
Tabelle II.
Samtliche, bei den 40 Typhusfallen ausgefiihrte Untersuchungen.
a.
Zahl der positiven bezw. negativen Befunde
Tv-B. im
Gruber-
Ty-B. in
den Aus¬
schei¬
dungen
uberhaupt
a.
b.
Ty-B. in
den Ab-
strichen
wahrend
Blute
Widal
in den
Faeces
im
Urin
von
Pharynx u.
Tousillen
+ 1
—
1 + 1
—
+ |
—
+ |
—
+
1
+ 1
—
1. Woche
9
0
8
1
0
6
0
5
0
8
2.
15
2
15
2
3
11
3
11
0
lb
3.
8
8
15
1(?)
10
4
10
4
0
14
4. u.5. „
3
0
3
0
1
2
1
1
0
2
Rekonvaleszenz
0
3
3
0
25
3
11
2
0
3
Rezidiv
4
0
4
0
0
1
0
2
1
1
3
b.
Es ergab ein positives Resultat
wahrend
Blut¬
kultur
Gruber-
Widal
Unterf
der Aus¬
scheidungen
uberhaupt
mchung
der
Faeces
des
Urins
Untersuchung
von Pharynx
und Tousillen
1. Woche
100%
89%
0%
0%
o%
0%
2. „
88 „
88 „
21 „
21 „
0 „
0 „
3.
50 „
94 „
71 „
71 „
10 „
0
4. u.5. „
100 „
100 „
33 „
50 „
0 „
o „
Rekonvaleszenz
0 „
100 „
89 „
85 „
S3 „
0 „
Rezidiv
100 „
100 „
0 „
0 „
0 „
25 „
Anfangsstadium der Erkrankung ist die Blutkultur, die
aber selbst noch spSterhin, wenn aucli in abnehmender
Zahl der F&lle, ein positives Ergebnis liefert. Den ura-
gekehrten Verlauf nimmt die Kurve der positiven Resul-
tate der Agglutination, nur d a B letztere nach unseren
Beobachtungen schon in der ersten Woe he meist bestelit.
Ein ahnliches Verhalten erweist sich fur die Kurve der
Typhusbacillenbefunde in den Ausscheidungen, w enig-
stens in den Faeces, allein sie erreicht niemals eine
solehe Hohe, wie die der beiden erstgenannten Methoden,
und auBerdem fa 111 ihr Hohepunkt in eine Zeit, wo dein
Nachweise meist keine eigentliche diagnostische Bedeu-
tung mehr zukommt. Die Rachenuntersuchung endlich
hat nahezu v611 ig versagt.
Stehen diese Ergebnisse nun auch — wie bereits erwahnt — im
wesentlichen mit den allgemeinen Erfahrungen im Einklange, so muB
um so mehr der schroffe Gegensatz zwischeu den Beobachtungen Mani-
catides und unseren eigenen hinsichtlich des Auftretens der Typhus-
bacillen im Rachen und der Moglichkeit ihres Nachweises in dem da-
selbst entnommenen Materiale in die Augen springen, und bei einer
kurzen Besprechung der verschiedenen verwandten Methoden, ihrer
theoretischen Grundlage und ihrer Bewertung ftir die Praxis sei diese
letztere, die bisher in der Literatur noch nicht diskutiert wurde, an
erster Stelle behaudelt. 27*
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
421
Nachweise zugangig werden, die, fur welche mir die groBte Wahrschein-
lichkeit zu sprechen scheint, beruht darauf, daB gelegentlich diese
Erreger mit deni Sekret aus den tieferen Luftwegen nach
oben gelangen, besonders bei bestekender Pneumonie.
Wenn auch der Bacillus Eberth wohl nur ausnahmsweise primar eine
Lungenentzfindung verursacht, — obwohl auch dies gelegentlich vor-
kommen soil — so tritt er doch gar nicht selten als Begleiter von
Pneuraonieerregern in dem dann regelmaBig hfimorrhagisch gefarbten
Sputum auf. Zahlreiche Mitteilungen, so die von v. Stfihlern 1 ),
Dieudonn6 2 ), Glaser 3 ), v. Dr i gal ski 4 ), Iversen 5 6 ), Kurpju-
weit 6 ) u. a. m. beweisen das. Selbst bei einfacher Bronchitis im Ver-
laufe des Typhus wurden sie im Sputum nachgewiesen (Jehle) 7 ).
Wenn nun auch das Auftreten des Typhusbacillus im Rachen be-
griindet erscheint und in seltenen Fallen beobachtet wird, so muB gleich-
wohl Manicatides Angabe, der Nachweis sei ihm unter 51 Fallen
36mal, also in 70 Proz., gelungen, einigermaBen Zweifel erwecken. Bei
den zahllosen systematischen Typhusuntersuchungen ware dann doch
wohl haufiger fiber derartige positive Befunde berichtet worden. Auch
mir gelang es nur einmal, Typhusbacillen im Rachen nachzuweisen, und
zwar bei einem Patienten im Beginne des Rezidivs. Er litt an Bron¬
chitis; andererseits ist aber bei einer groBeren Anzahl von Kranken der
gleiche klinische Befund bezw. sogar Pneumonie beobachtet, ohne daB
Bacillen gefunden werden konnten. Ob Manicatide besonders zahl¬
reiche Patienten mit schwerer Pneumonie untersuchte und sich so seine
ungewohnlich gtinstigen Befunde erklfiren, ob seine Identifizierung frag-
liclier reingezfichteter Stfimme nicht den modernen bakteriologischen
Anforderungen entsprach, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls muB
ich auf Grund meiner Untersuchungen den Nachweis der
Typhusbacillen im Rachen als ein durchaus ungeeignetes
diagnostisches Verfahren bezeichnen.
Haben die durch Neufeld 8 ), vor allem aber durch Castellani 9 )
und Schottmflller 10 ) vervollkommneten Methoden der bakteriologischen
Blutuntersuchung eine neue Auffassung der Pathogenese des Typhus
abdominalis angebahnt in dem Sinne, daB primar eine Bakterifimie
auftritt, bedingt durch Einschwemmung der Bacillen aus infizierten
Lymphdrfisen des Intestinaltraktus, und erst sekundar, metasta-
tisch, die ftir so besonders charakteristisch angesehene Erkrankung
der Darmschleimhaut erfolgt, so wies andererseits diese
Erkenntnis der Diagnostik neue Wege. Da die Agglutinine
erst ein Reaktionsprodukt des Organismus auf die Invasion der Typhus-
erreger darstellen, da auBerdem die letzteren gerade im Beginne der
Erkrankung im allgemeinen in den Ausscheidungen so spfirlich sind, daB
sie sich dem Nachweise vielfach entziehen, die Bacillen im Blute hin-
gegen nur selten vermiBt werden, so ist die Blutkultur logischer-
weise die sicherste Methode zur Prtifung auf Typhus.
1) v. Stiihlern, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. 1. Bd. 27. 1900. p. 352.
2) Dieudonn6, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Bd. 30. 1901. p. 481.
3) Glaser, Deutsche med. Wochenschr. 1902. p. 772.
5) 1 v ^rsen! Zeitschr a 'f °Hyg. Bd. 49. 1905. p. 94.
6) Kurpjuweit, Arb. a. d. Kais. Gesundh.-Amt. Bd. 25. 1907. p. 233.
7) Jehle, Wien. klin. Wochenschr. 1902. No. 9.
8) Neufeld, Zeitschr. f. Hvg. Bd. 30. 1899.
9) Castellani, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 36. 1900.
10) Schottmiiller, Munch, med. Wochenschr. 1902. No. 28 u. 38.
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422
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 5.
Aber auch noch in der 2. und der 3. Woche finden sich die Erreger,
wie die Statistiken von Kayser 1 ), Schottraiiller 2 ) u. a., wie auch
unsere eigene zeigen, in einem so groBen Prozentsatze im Blute, — um so
eher, je schwerer die Erkrankung — daB auch dann noch die Blut-
kultur ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel darstellt.
Die Frage nach der zweckmaBigsten Methode der Blutkultur beim
Typhus darf wohl im allgemeinen als dahin entschieden betrachtet werden,
daB die Galle das giinstigste Nahrmedium ist. Die Methoden
Castellanis und Schottmiillers eignen sich nur fiir klinische
Laboratorien, auBerdem leisten sie, wie auch mich vergleichende Unter-
suchungen gelehrt haben, nicht ganz so viel, wie die Gallekultur. Ueber
den Wert der Peptonglyzeringalle Con rad is und der Anreicherung
durch konzentrierte Gallensalze nach Meyerstein besitze ich keine
eigenen Erfahrungen. Jedenfalls sind die Resultate, die ich mit der
gewohnlichen Gallekultur nach Kayser erzielte, ganz vor-
ziiglich und werden durch die gunstigsten Ergebnisse,
die mit anderen Methoden von anderer Seite erzielt
wurden, nicht (ibertroffen. Selbst die von Bohne 3 4 ) mitgeteilten
Zahlen positiver Befunde bei Anwendung der Methode M e y e r s t e i n s, die
sich ihm der Schottmiillers undConradis nicht unerheblich iiber-
legen erwies, stimmen im groBen und ganzen mit den meinigen iiberein.
Rindergalle diirfte sich iiberall leicht beschaffen lassen. litre Zu-
bereitung fiir die Kultur ist die denkbar einfachste, sie wird daher wohl
gerade bei Verwendung in einem groBen Betriebe stets ihren Platz zu
behaupten wissen. Ich zweifle nicht daran, dafi ihre Verwendung fiir
die Diagnostik des Typhus und ganz besonders fiir die Friihdiagnose
noch erheblich an Ausdehnung gewinnen wird. Den Bedenken Gil de¬
ni eis ter s 1 ), es sei ein Mangel der Galle, daB sie recht betrachtlich in
ihrer chemischen Zusammensetzung schwanke, und daB diese Tatsache
nicht ohne EinlluB auf die Blutgallekultur sei, kann ich auf Grund ans-
gedehnter Erfahrungen, die sich nicht nur auf die hier mitgeteilten Unter-
suchungen erstrecken, nicht teilen. Eher erscheint mir sein Einwand
berechtigt, daB langer aufbewahrte Rindergalle EinbuBe an Brauchbar-
keit erleidet. Der von ihm vor einigen Jahren mitgeteilte Fall 5 ), wo in
einem Slteren, von der Firma Merck bezogenen Gallerohrchen keine
Bacillen wuchsen, wohl aber in gleichzeitig verwandter frischer Galle,
scheint dafiir zu sprechen. Nun, der in der Praxis tatige Arzt ist ja
heute, wo ein immer dichter werdendes Netz von Untersuchungs&mtern
das Land fiberzieht, auch nicht mehr auf derartige PrSparate chemischer
Fabriken angewiesen. So wurde fiir das unserem Institute angegliederte
Untersuchungsamt die Einrichtung getroffen, daB die Aerzte, die eine
entsprechende Mitteilung erhalten haben, jederzeit frische Gallerohrchen
unentgeltlich beziehen kSnnen, die sie mit deni Blut des verdachtigen
Kranken beschicken und uns dann wieder einsenden. Die Diagnose l&Bt
sich relativ schnell stellen, da in der Regel bereits nach 14—16 Stunden
im Brutschrank eine geniigende Anreicherung erfolgt ist und anderer-
seits 10—12 Stunden nach Ausstrich der Galle auf festen Nahrboden,
besonders bei Verwendung des Padlewski-Agars 6 ), gegebenenfalls
1) Kayser, a. a. O.
2) ScBottmuller, a. a. O.
3) Bohne, Zeitsehr. f. Hyg. Bd. 61. 1908. p. 213.
4) Gildemeister, Arb. a. d. Kais. Gesundh.-Amt. Bd. 33. p. 619.
5) Gildemeister, Hyg. Rundschau. 1907. p. 379.
6) Kathe u. Blasius, a. a. O.
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
423
geniigend groBe Kolonieen gewachsen sind. Die Bedenken, die einer
Blutentnahme zu Kulturzwecken bisher entgegenstanden, werden immer
mehr schwinden. Es geniigen ja vielfach geringe Mengen, wenige Tropfen
bis 1 ccm, die aus dera Ohrl&ppchen oder der Fingerbeere entnommen
werden konnen. Aber auch die Venenpunktion wird ein alltSglicher Eingriff
werden. Dafiir sprechen uns die mehr als 2500 Blntproben, die in den
letzten V/ 2 Jahren uns zur Ausftihrung der Wassermannschen Reaktion
eingeschickt sind, und zwar nicht zum geringsten Teile von den Aerzten
aus der allgemeinen Praxis. Ich darf mich an dieser Stelle auch auf
Curschmann 1 ) berufen, der ausdriicklich betont hat, jeder Praktiker
konne den kleinen Eingriff einer Venenpunktion vornehmen. 1st die
Anlegung einer Blutgallekultur am Krankenbett nicht zu ermoglichen,
so sollte man sie doch in keinem Falle in Gestalt der von
Fornet 2 ) angegebenen Methode der Bebriitung des Blut-
kuchens aus den Widal-Kapillaren in Galle unterlassen.
Die von Venema 3 ) aus unserem Institute zuerst mitgeteilten wenig
gtinstigen Ergebnisse haben sich weiterhin nicht best&tigen lassen. In
nicht seltenen Fallen hat uns die Methode, wie auch Fornet selbst,
Baumann und Rimpau 4 ), Sachs-Miike 5 ), G. Mayer 6 ) u. a. wert-
volle Dienste geleistet, besonders dann, wenn der Widal und der Nach-
weis von Bacillen in den Ausscheidungen noch versagte.
In jflngster Zeit ist nun eine Methode der Blutkultur von Gilde-
meister 7 ) angegeben, die vor allem durch ihre Einfachheit etwas
Bestechendes hat: Die Kulturfliissigkeit besteht in gewohnlichem bezw.
destilliertem Wasser, d. h. das Kulturmedium in strengem Sinne bildet
das Nahrmaterial, das in Gestalt des geronnenen oder noch fltissigen
Blutes eingefiihrt wird. Die bisherigen Resultate erscheinen recht gunsig,
nur ist die Zahl der untersuchten Falle fiir ein abschlieBendes Urteil
noch zu gering. Der Verwendung des Wassers zur Blutkultur am
Krankenbett in der vorhin angedeuteten Weise scheint mir die Tatsache
nicht allzugiinstig zu sein, daB das quantitative Verhaltnis von Blut zu
Wasser nicht allzusehr von einem gewissen Optimum abweichen darf,
vor allem, um nicht das als N&hrsubstrat dienende Blut zu sehr zu ver-
dunnen. Bei der Gallekultur geniigt 1 Tropfen Blut, falls er nur einen
Bacillus enthSlt, auf eine beliebige Menge Galle.
Was nun die Ergebnisse der. von mir angelegten Blutkulturen selbst
angeht, so zeigen sie, wie bereits erwahnt, einmal, daB im Anfangs-
stadium des Typhus — abgesehen vielleicht von ganz leichten
Fallen — regelmaBig Bacillen im Blute kreisen, wahrend pro¬
portional der Dauer der Erkrankung die positiven Befunde seltener
werden. Immerhin betragen sie noch in der 3. Woche 50 Proz. Anderer-
seits ist unverkennbar, wie die Schwere der Erkrankung von
groBem EinfluB auf die Ueberschwemmung der Blutbahn mit Bacillen
ist und ebenso auch das Alter des Kranken, letzteres allerdings
wohl nur indirekt insofern, als eben jugendliche Individuen erfahrungs-
gemfiB leichter Typhus durchmachen, als erwachsene Personen. Hier-
durch erklart sich das scheinbar paradoxe Verhalten, daB die drei Blut-
1) Curschmann, Munch, med. Wochenschr. 1904.
2) Fornet, Munch, med. Wochenschr. 1906. No. 22.
3) Venema, Hyg. Rundschau. 1907. p. 1399.
4) Baumann u. Rimpau, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 47. p. 141.
5) Sachs-Muke, Klin. Jahrb. Bd. 21. p. 243.
6) Mayer, G., a. a. 0.
7) Gildemeister, a. a. 0
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424
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
kulturen aus der 4. bezw. 5 Woche positiv ausfielen (No. 3, 33 und 40).
In alien 3 Fallen handelte es sich um einen schweren Verlauf der In-
fektion. Ein schwerer Fall aus der 3. Woche (No. 30) ergab ein nega¬
tives Resultat der Blutkultur. Es handelte sich um ein 4-jahriges Kind,
dem nur wenige TrOpfchen Blut aus der Fingerbeere entnommen werden
konnteu. Ebenso fiel die Blutkultur zweimal negativ in der 2. Woche
aus. Das eine Mai betraf es einen Kranken (No. 8) mit einem leicht
verlaufenden Typhus, bei dem anderen um einen mittelschweren. Die
2 Tage spater erneut vorgenommene Blutkultur fiel hier positiv aus, ein
Beweis dafiir, dad wir es beim Typhus nicht mit einer Sepsis,
mit einer Entwickelung der Bakterien in der Blutbahn zu
tun haben, — hochstens in ganz foudroyant verlaufenden
Fallen — sondern mit einer mehr oder weniger intermit-
tierend erfolgenden Einschwemmung aus Depots.
Wie eine Reihe anderer Untersucher fand auch ich im Rezidiv
regelmSBig die Bacillen im Blute, ein Verhalten, das einmal
von Bedeutung ist fur die Auffassung eines derartigen Wiederaufflammens
des fieberhaften Prozesses. Es handelt sich jedesmal um eine neue Ein¬
schwemmung der Bacillen in den Kreislauf, sei es von einem Herde aus,
der im ersten Anfalle sich entwickelte und nun noch bestand, sei es
vielleicht auch infolge einer Reinfektion im engeren Sinne. Die Tatsache
des regel maBigen Auftretens der Bacillen im Blute wSh-
rend des Rezidivs hat aber, wie ohne weiteres verstSndlich, auch
eine groBe praktisch-diagnostische Bedeutung.
Ich meine, aus alien den angefiihrten Tatsachen geht der tiber-
wiegende diagnostische Wert des Bacillennachweises im Blute Typhus-
kranker ohne weiteres hervor, vor allem im Beginn der Affektion.
Schon vor 7 Jahren erkannte das einer der besten Kenner des Typhus,
Curschmann 1 ), an: „Die Untersuchung des kreisenden
Blutes ist die einfachste und zuverlassigste Methode zur
Friihdiagnose des Typhus“. Daran &ndern auch die iiberaus
seltenen Befunde von Typhusbacillen im Blute sicherlich nicht Typhus-
kranker (cf. Busse, Miinch. med. Wochenschr. 1908. p. 1113) durchaus
nichts. Gaehtgens und Bruckner verschlieBen sich dem ja auch
keineswegs, ja, sie erwahnen ausdrticklich, daB nach den Untersuchungen
von Kayser 2 ) und von Gaehtgens 3 ) selbst in der ersten Woche
die Blutkultur, in der zweiten Woche dagegen der Gruber-
Widalschen Reaktion die grdBere Bedeutung ftir die Dia¬
gnose zukomme. Daraus ergibt sich doch eben, daB, selbst wenn
die Faecesuntersuchung auch in den ersten Stadien des Typhus
so gilnstige, bisher wohl noch von keinem anderen Beobachter konsta-
tierte Resultate gibt, wie sie Gaehtgens und Briickner verzeichneu,
sie doch an diagnostischem Wert hinter der Blutkultur
und der Agglutinationspriifung, die immer noch erheb-
lich bessere Ergebnisse liefern, nicht unwesentlich zu-
riicksteht, was aber die beiden StraBburger Autoren glauben wider-
legen zu konnen.
Die Resultate, die die Blutkultur bei Gaehtgens und Brtickner
lieferte sind, absolut genommen, schlecht. Positiv fielen sie aus in der
1. Woche in 47 Proz. der Falle,
2 .
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46
>> »
1) Curschmann, a. a. 0.
2) Kayser, Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 42. 1906. p. 185.
3) Gaehtgens, Arb. a. d. Kais. Gesundh.-Amt. Bd. 26. 1907. p. 226.
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
425
Nun geben sie jedoch an, daB die Blutkultur durch Verimpfung
nicht nur des durch Venenpunktion gewonnenen Blutes, sondern uberaus
haufig auch nur des iibrig gebliebenen Blutkuchens in Galle geschah.
Sie verzeichnen die Resultate absichtlich ungetrennt, um den tatshchlichen
Verhaltnissen gerecht zu werden. Ich meine, es ware zur Entscheidung
der vorliegenden Frage doch zweckmaBiger gewesen, eine getrennte
Uebersicht zu geben. DaB der Versuch einer Reinziichtung der Typhus-
bacillen aus dem Blutkuchen keine erstklassige diagnostische Methode
ist, wissen wir, obwohl sie gelegentlich von groBer Bedeutung sein kann.
Ganz anders die Verarbeitung des durch Venenpunktion entnommenen
Blutes. Hier die Methodik zu vereinfachen, sie der allgemeinen Praxis
zugangig zu machen und so die Typhusdiagnostik und dadurch die
Typhusbekampfung zu fordern, darum handelt es sich.
Eine beraerkenswerte Uebereinstiramung ergeben die
gflnstigen Resultate der Gruber -Widalschen Reaktion
bei Gaehtgens-Briickner und bei mir, nur daB die ersteren in
noch grofierem Prozentsatz der FSlle gerade des Anfangsstadiums einen
positiven Ausfall erhielten. Sie glauben eine ErklSrung hierfur in der
Mbglichkeit zu finden, daB der Krankheitsbeginn hin und wieder, obwohl
mit groBer Sorgfalt bestimmt, doch noch weiter hatte vordatiert werden
ratissen, so daB ein Teil der Befunde der ersten Woche tatskchlich schon
der zweiten zuzuzahlen ware. Auch ich muB mir naturlich diese Mog-
lichkeit vorhalten, obwohl es sich ja bei mir um klinisch ganz genau
verfolgte Faile handelt. Auch ist die Zahl meiner Gruber-Widal-
schen Reaktionen aus dem Anfangsstadium relativ klein und schon des-
halb sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu beurteilen. Iramerhin erscheint
mir die erwahnte Uebereinstlmmung bemerkenswert und geeignet zu
sein, dem MiBtrauen entgegenzutreten, welchem die Reaktion in den
Kreisen der Praktiker immer noch begegnet, besonders in dem Sinne,
sie lasse gerade in den ersten Wochen des Typhus, wo auf sie vom
diagnostischen Standpunkt erhbhter Wert zu legen sei, im Stiche. Bereits
vor 3 Jahren konnte ubrigens Gaehtgens 1 ) die groBe diagnostische
Bedeutung der Agglutinationsprobe nachweisen. Nach der in seiner
Arbeit aufgestellten Statistik, die sich auf das reiche Material der StraB-
burger Anstalt bezieht, fiel der Widal positiv aus in der
1. Woche in 75 Proz. der Falle
Trotz alledem muB ohne weiteres zugegeben werden, daB die Agglu¬
tinationsprobe nicht ganz den gleichen diagnostischen
Wert wie die Blutkultur besitzt, zumal im Friihstadium.
Das geht ja schon aus einem Vergleiche der positiven Ergebnisse der
einen und der anderen Methode hervor. AuBerdem wird die diagnostische
Bedeutung der Reaktion gegenuber dem Nachweis der Bacillen im Blute
ja dadurch beeintrachtigt, daB erstere positiv ausfallen kann bei Er-
krankungen, die nicht durch den Typhusbacillus verursacht sind, sei es,
daB es sich um einen ihm nahestehenden Erreger handelt, der eine
Gruppenagglutination veranlaBt, sei es, daB der Patient friiher Typhus
durchgemacht hat, eventuell zurzeit noch Bacillen beherbergt. Dagegen
ist der Nachweis von Typhusbacillen im Blute nicht
Typhoser bisher so selten erbracht, daB diese Moglich-
keit, praktisch genommen, keine Bedeutung hat.
1) Gaehtgens, Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte. Bd. 26. 1907.
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426
CentralbL t Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
Die Ergebnisse der'Agglutinationsprtifung meiner Falle im speziellen
zu erortern, eriibrigt sich, da sie nur bekannte Tatsachen bestfitigen.
Erwfihnenswert wfire, daB der positive Ausfall verzogert war haupt-
sfichlich bei den schwer verlaufenden Fallen, also denen, die in der
Regel den Nachweis der Bacillen im Blute am ehesten gestatten. Hinzu-
filgen mochte ich hier nur noch, daB G. Mayer 1 ) gerade bei den
schweren Fallen auch ein sehr verspatetes Auftreten der Bacillen in den
Ausscheidungen — erst nach 6—8 Wochen — beobachtete. Nur um
so groBere Bedeutung hat die Blutkultur. Von einigem Inter-
esse dfirfte auch noch Fall No. 4 sein, bei dem der Widal Anfang der
2. Woche negativ ausfiel, 2 Tage spater war er 1:50+, wahrend der bei
der ersten Blutentnahme gewonnene Eigenstamra des Kranken noch durch
das Serum in einer Verdfinnung 1:800 agglutiniert wurde. Eine un-
gewohnlich stark ausgesprochene individuelle Spezifitat.
Ehe ich nun zum Schlusse noch kurz die Ergebnisse der Unter-
suchung der Ausscheidungen, speziell der Faeces, ihre Bedeutung ffir
die Typhusdiagnostik bespreche, mfichte ich an dieser Stelle wenigstens
mit einigen Worten auf die Kritik zurfickkommen, die Gaehtgens
und Briickner an unserer friiheren Arbeit geflbt haben.
Die beiden StraBburger Autoren meinen, unsere bei den Faeces-
untersuchungen erhobenen positiven Befunde seien verhaitnismaBig gering.
Sie glauben das wohl hauptsachlich im Hinblick auf ihre eigenen Erfolge,
die allerdings als ganz vorziiglich bezeichnet werden mfissen. Ob hier
nicht die Verschiedenheit des Materials eine gewisse Rolle spielt, lokale
Differenzen usw., lasse ich dahingestellt. Vollig von der Hand weisen
mochte ich den EinfluB derartiger Momente nicht, ohne sie natfirlich
greifbar machen zu kfinnen. Aber sehen wir uns nun einmal die von
Gaehtgens und Briickner auf ihren Gehalt an Typhusbacillen in
den Faeces untersuchten Personen etwas genauer an. Von den 100 In-
dividuen waren allein 22 Dauerausscheider, von denen kein
einziger die Bacillen im Stuhl vermissen lieB. Weiterhin
zfihlen zu dieser Statistik 6 Paratyphuskranke, von denen nur
einer die spezifischen Erreger nicht in den Faeces ent*
hielt. Wie stark durch diese Zahlen die Statistik im giinstigen Sinne
beeinfluBt wird, liegt ohne weiteres auf der Hand. Bei den von uns
untersuchten Fallen handelte es sich dagegen fast ausschlieB-
lich um Typhuskranke in fieberhaftem Stadium, nicht
zum geringsten Teile um solche aus den ersten Wochen.
Beriicksichtigen wir nun von den 100 Personen, iiber die Gaehtgens
und Briickner berichten, nur die, die als typhuskrank bezeichnet
werden, so ergibt sich, daB immer noch bei 60 Proz. die Bacillen im
Stuhl nachgewiesen wurden, gewiB ein recht gilnstiges Ergebnis. Immer-
hin waren demgegeniiber die unsrigen doch nicht gar so schlecht, denn
bei 48 Proz. der Untersuchten fanden sich Bacillen im Stuhl. Zum
Vergleich mochte ich nur zwei entsprechende Mitteilungen aus der letzten
Zeit anffihren. Bohne 2 ) hatte einen positiven Bacillenbefund im Stuhl
bei 54 Proz. der Falle, wahrend G. Mayer in dem bereits erwahnten
interessanten Berichte fiber seine fast 5-jfihrige Tfitigkeit bei der Be-
kfimpfung des Typhus in der Rheinpfalz mitteilt, daB er bei Kranken
in 30 — 35 Proz. der Falle die Erreger aus den Faeces
zfichten konnte.
1) Mayer, G., a. a. 0.
2) Bonne, a. a. O.
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Kathe, Die bakteriologische Typhusdiagnose.
427
Die relativ geringe Eignung des Bacillennachweises iin Stuhl fflr die
Typhusdiagnose ergibt sich ohne weiteres aus den modernen Erkennt-
nissen iiber die Pathogenese des Typhus abdominalis. Entgegen frflheren
Anschauungen wissen wir jetzt, daB eine irgendwie wesentliche Ver-
mehrung der Typhusbacillen im Darmkanal nicht statthat, vielleicht nur
gelegentlich im Inkubationsstadium. Die Bacillen gelangen in die Faeces
auch nicht oder doch nur zum ganz geringen Teile aus den ulzerier-
ten Plaques und Follikeln. Die systematischen Leichenuntersuchungen
y. Dri gal skis 1 ) — ich kann, wenn auch nur auf Grund eines kleinen
Sektionsmaterials, seine Beobachtungen bestatigen — haben gezeigt, daB
die Darmschleimhaut, je naher der Eingangsstelle des Gallenganges ins
Duodenum, um so haufiger und reichlicher die Bacillen aufweist. Im
Rectum bis hinauf zum Coecum fanden sie sich sparlich oder gar nicht,
im Zwolffingerdarm meist in Reinkultur. Die Untersuchungen von
Forster und Kayser 2 ) haben dieses merkwiirdige Verhalten zu er-
klaren vermocht: Die Typhusbacillen gelangen mit dem Blutstrom in
die Gallengange bezw. Gallenblase, vermehren sich hier und werden
sekundar dem Darminhalt beigemischt. Diese Einschwemmung in
den Intestinaltrakt erfolgt nicht kontinuierlich — sonst
kame wohl die Stuhluntersuchung viel eher fiir diagnostische Zwecke
in Frage —, sondern intermittierend, schubweise. Offenbar
gehen die Bacillen bei der Passage des Darmrohres zum mehr oder
minder grofien Teile zugrunde; so allein erkiart sich die Abnahme pro¬
portional der Entfernung vom Duodenum. Andererseits wird durch den
Umweg, den die Bacillen durch die Blutbahn und iiber die Gallenwege in
den Darm machen, verstandlich, warum im allgemeinen die positiven Be-
funde in den Faeces mit dem Fortschreiten der Erkrankung haufiger werden.
Mit anderen Worten, handelt es sich nicht darum, festzustellen, ob
eine Person uberhaupt Typhusbacillen ausscheidet oder nicht, sondern
gilt es, so schnell als moglich auf Grund einer Untersuchung die Dia¬
gnose „Abdominaltyphus u zu stellen, so eignet sich hierfiir gerade im
Anfangsstadium die Faecesuntersuchung erheblich weniger als Blutkultur
und Agglutination, weil wegen des schubweisen Auftretens der Erreger
im Stuhl die Moglichkeit, zufallig im Intervall zu untersuchen und nichts
zu finden, nicht gering ist. Werden in den einzelnen Stadien die Stuhl-
untersuchungen wiederholt, so steigen prozentualiter die positiven Be-
funde, wie das auch aus meinen Aufzeichnungen, besonders aus einem
Vergleiche der Tab. Ia und II a, hervorgeht.
Was die Zahl meiner positiven Bacillenbefunde im Stuhl in den
verschiedenen Abschnitten der Krankheit betrifft, so stellt sich hier die
erste Woche mit 0 Proz. (allerdings nur 5 Untersuchungen im ganzen!)
besonders ungiinstig dar, wahrend Gaehtgens und Brtickner57 Proz.,
Brion und Kayser 3 ) 32 Proz. erhielten. Aber auch Bohne 4 ) fand
wahrend der ersten Woche keine Bacillen im Stuhl. Das Ansteigen der
positiven Befunde im weiteren Verlaufe des Typhus auf 17 bezw. 21 Proz.
in der zweiten Woche und 60 bezw. 71 Proz. in der dritten (meine
eigenen Beobachtungen) entspricht der allgemeinen Erfahrung. Uebrigens
mdchte ich an dieser Stelle nochmals auf die von Gaehtgens gemein-
schaftlich mit Levy 5 ) publizierte Arbeit verweisen. Es sind dort gleich-
1) v. Drigalski, a. a. O.
2) Forster und Kayser, a. a. 0.
3) Brion und Kayser, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 85. 1906.
4) Bohne, a. a. O.
5j Levy und Gaehtgens, a. a. O.
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428
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
zeitig die Resultate in vivo ausgefiihrter bakteriologischer Untersuchungen
angegeben. Es handelt sich allerdings nur um 6 Falle; immerhin ist
es ganz interessant, wie diese Ergebnisse hinsichtlich einer Beurteilung
der Faecesuntersuchung als eines diagnostischen Hilfsmittels meine An-
schauungen zu unterstiitzen geeignet sind.
(Nach Levy und Gaehtgens.)
Zahl der positiven bezw. negativen Befunde
wahrend
Ty-B. ii
+
m Blute
Gruber-Widal
+ 1 ~
Ty-B.
Fat
+
in den
*es
Ty-B. im Urin
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1
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0 2
0 2
0 ! 2
ad des Rezidivs
nachzuweisen,
weiterhin ein Moment, das nicht gerade ftir die Verwertbarkeit der
Methode bei derartigen besonderen Fallen, die hin und wieder erst in
diesem Stadium in arztliche Behandlung gelangen, spricht. Blutkultur-
und Agglutinationsprobe lieBen mich im Rezidiv nie im Stich.
Andererseits weist der betr&chtliche Prozentsatz positiver
Bacillenbefunde im Stuhl w&hrend der Rekonvaleszenz
auf die zweifellos groBe Bedeutung hin, die die Methode
besit zt, namlich fiir sanit&tspolizeiliche Zwecke.
In ahnlicher Weise, wenn auch nicht als gleich wichtig, ist der
Nachweis der Bacillen im Urin zu bewerten, wie aus meinen eigenen
Beobachtungen und wohl denen samtlicher anderer Untersucher hervor-
geht. Die in der Regel erst in den sp&teren Stadien des Typhus ab-
dominalis eintretende Bakteriurie, ihr noch erheblich wechselvollerer Ver-
lauf lassen keinen Zweifel darUber aufkommen, „daB dem Nachweis der
Typhusbacillen im Ham eine besondere diagnostische Bedeutung nicht
zukommt“ J ).
Zusammenfassung.
1) Die bakteriologische Typhusdiagnostik hat sich vorwiegend auf
zwei Verfahren zu beschranken, auf die Blutkultur und die Agglutinations-
priifung des Krankenserums.
2) Die Blutkultur, die auch der allgemeinen Praxis dadurch zuganglich
gemacht werden kann, daB die Untersuchungsamter frische Gallerohrchen
vorratig halten und sie nach Bedarf an die Aerzte abgeben, ist die ein-
fachste und zuveriassigste Methode zur Friihdiagnose des Typhus.
3) Die Agglutinationspriifung liefert in der Mehrzahl der Falle bereits
in der ersten Woche der Erkrankung ein positives Ergebnis. Fflr die
spateren Stadien stellt sie das sicherste diagnostische Hilfsmittel dar.
4) Der Nachweis der Erreger in den Ausscheidungen hat gegentiber der
beiden zuerst genannten Verfahren erheblich an diagnostischem Werte einge-
bttBt. Seine Bedeutung liegt hauptsachlich auf sanitatspolizeilichem Gebiete.
5) Der Nachweis der Typhusbacillen im Rachen kommt praktisch-
diagnostisch nicht in Betracht.
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1) Kutscher, Hamlb. von Kolle-Wassermann. Erg.-Bd. 1.
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Lindner, Zur Farbung der Prowazekschen Einschliisse.
429
Nachdruck verboten.
Zur Farbung der Prowazekschen Einschliisse.
[Aus der II. Augenklinik (Vorstand: Hofrat Prof. E. Fuchs).]
Von Dr. K. Lindner.
Hit 1 Tafel und 1 Textfigur.
Die Trachomforschung ist seit den Entdeckungen von Halber-
stadter und S. v. Prowazek in ein neues/erfolgreiches Stadium ge-
treten; infolge der ietzten Arbeiten (1) hat sie sogar die Grenzen der Augen-
heilkunde uberschritten und greift bereits in das Fach der Urologen fiber.
Die Beschfiftigung auf diesem Gebiete ist jedoch ffir den Neuling
keineswegs leicht. Erstens bedarf es langerer Erfahrung, urn Einschlfisse
richtig diagnostizieren zu kfinnen — mit den frtiheren Ffirbemethoden
war sogar ein sicheres Urteil oft nicht mfiglich — zweitens sind die
Einschlfisse beim Trachom der ambulanten Patienten nur selten in
grfiBerer Zahl anzutreffen, ja in iilteren Fallen konnen sie haufig trotz
groBer Sorgfalt nicht gefunden werden. Noch schwieriger gestalten sich
die dahin gehenden Untersuchungen des Urogenitaltraktes, wo die Selten-
heit dieser Gebilde noch mehr aufffillt. Positive Befunde sind hier nur
mit besonderen Ffirbemethoden zu erwarten.
Anderwarts (2) habe ich bereits kurz einefastelektive Farbemodifikation
der Prowazekschen Einschlfisse bekannt gegeben, wodurch es jetzt
moglich ist, Deckglasabstriche bei schwacher VergrfiBerung (50-fach) in
kurzer Zeit exakt am Kreuztisch nach diesen Gebilden zu durchmustern.
Ferner lassen sich bei dieser Farbung mit eventueller Nachfarbung echte
Einschlfisse immer von Truggebilden unterscheiden.
Zum Verstandnis der nun folgenden ausffihrlicheren Farbeangaben
will ich einiges fiber die allgemein ffirberischen Eigenschaften der P r o -
wazekschen Einschlfisse vorausschicken.
Zu Beginn der Entwickelung findet man im EinschluB bloB die mit
Giemsa blau farbbaren Initialkfirper (3), also das, was Halberstadter
und v. Prowazek in ihrer ersten Arbeit ffir Plastin hielten, spfiter
treten dann erst die roten Kfirnchen (Elementarkorper) auf. Letztere
sind azurophilmetachromatisch, von ihnen soli im folgenden abgesehen
werden. Zur Erreichung einer Elektivffirbung sind sie ungeeignet.
Der blaue Teil des Einschlusses, die Initialkorper, verhalten sich
farberisch wie stark basophile, plasmatische Gebilde: In neutralen Farb-
gemischen, aus sauren und basischen Anilinfarben bestehend, treten sie
mit dem basischen Farbstoff geffirbt hervor (Methylenblau-Eosin, Methylen-
blau-S. Fuchsin). Mit Methylgrfin-Pyronin tritt intensiv rote Ffirbung der
Initialkorper auf. Hamatoxylin ergibt nur eine zarte Anfarbung der-
selben. Gegenfiber Fuchsin farben sie sich weniger intensiv wie Bakterien.
Ffirberisch stehen sie demnach den Bakterien am nachsten, sind
jedoch durchschnittlich weniger basophil als diese. Von Mastzellgranulis
differieren sie durch das Fehlen der Metachromasie.
Die starke Basophilitfit der Initialkorper des Pro wazekschen Ein¬
schlusses gestattet nun eine vorzfigliche, fast elektive Farbung desselben,
die rair ffir alle einschlagigen Untersuchungen unentbehrlich wurde,
jedoch in gleicher Weise ffir bakteriologische Arbeiten brauchbar scheint.
Wird ein einschluBhaltiges Abstrichpraparat mit neutralem Gemisch
von Methylenblau-Eosin tingiert, so nimmt bekanntlich jeder Zellteil aus
dem neutralen Farbgemisch den ihm adaquaten Farbstoff auf. Die Reihe
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 5.
von starkster Basophilie bis zu starkster Oxyphilie sei z. B.: Bakterien,
Einschliisse, Mastzellgranula, Lymphocytenkerne, polynukleare, mono-
nukleare Leukocytenkerne, Epithelzellkerne — Protoplasma der neutro-
philen polynuklearen — der mononuklearen Blutzellen, der Epithelzellen,
rote Blutkorperchen, eosinophile Granula. Die erste Gruppe wird sich
blau, die zweite einschlieBlich des Protoplasmas der neutrophilen poly¬
nuklearen Leukocyten rot farben, mit nach links und rechts zunehmender
Intensitat. Wird nun die Farbung so verschoben, daB der saure Farb-
stoff uberwiegt, so werden sich nun auch zart basophile Gebilde, z. B.
Epithelkerne, rot farben, desgleichen werden aber auch starker basophile
Zellteile jetzt weniger blau sein. Bei weiterem Ueberwiegen des Eosins
zeigen schliefilich nur mehr Bakterien, Einschliisse und Mastzellgranula
Blauf&rbung, alles iibrige wird rot.
Eine Verstarkung des sauren Farbstoffs (Eosin) kann nun auf dreierlei
Weise erzielt werden.
1) Durch protrahierte F&rbung mit einem Methylenblau-Eosingemisch.
Als solches hat auch die Giemsa-Losung vor Eintritt der Azureosin-
reaktion zu gelten.
2) Durch einen direkten FarbiiberschuB des sauren Farbstoffes: Neu-
trales Methylenblau-Eosin -(- Eosin.
3) Durch entsprechendes Ansauern der an basischem Farbstoff iiber-
wiegenden Losung.
Succedanfarbungen (erst Methylenblau, dann Eosin) eignen sich fur
Ausstriche nicht.
Modus I ist wegen der langen FSrbedauer und groBen Empfindlichkeit
gegen Verunreinigungen fiir die Praxis unbrauchbar, gibt jedoch sehr
schone und vollig niederschlagsfreie Praparate. Meine ersten Unter-
suchungen basieren auf dieser FBrbungsart (4).
Modus II hat den Nachteil, daB wegen der Ausfallung von Methylen¬
blau-Eosin die wirksame Losung eine sehr schwache wird. Die schonste
mid sicherste Kontrastfarbung laBt sich nach Modus III erzielen, und
zwar erwies sich als vorzuglichstes Methylenblau-Eosingemisch die kauf-
liche Giemsa-Losung. Bei genugend starker Ansduerung wird namlich
die Azureosinreaktion vdllig gehindert und Methylenazur rangiert neben
Methylenblau als basischer Anilinfarbstoff, und verstarkt so infolge seiner
erheblichen Farbekraft die Intensitat der Blaufarbung. Nach langen Ver-
suchen bin ich bei 2 Farbkonzentrationen angelangt. Die erste A gibt
stets vorziigliche Resultate, dauert jedoch eine Stunde. Die zweite B bean-
sprucht bloB 10 Minuten, ist jedoch an Giite der ersten nicht gleichwertig,
immerhin alien anderen bisher publizierten Farbungsarten vorzuziehen.
Die luftgetrockneten Deckglasabstriche werden in Alkohol absol. fixiert
(5—10 Minuten genflgt) dann auf folgender Losung schwimmen gelassen:
A. 10 ccm Aqua dest.
5 gtt. Giemsa
1 gtt. 1-proz. Essigsaure.
1 Stunde. Abtrocknen und EinschlieBen in Cedernol. Die dabei auf-
tretenden geringen Farbniederschiage storen nicht. Rasches Abspiilen mit
Alkohol absol. vor dem EinschlieBen reinigt die Praparate jedoch vbllig.
Sollte man auf das Ansauern vergessen haben, so sind die Praparate noch
1 Stunde lang in derselben, nunmehr angesauerten Losung zu belassen.
B. 10 gtt. Giemsa
10 gtt. Vj-proz. Eseigsaure.
10 Minuten. Abspiilen Aqua dest. eventuell mit Alkohol absol.,
trocknen, einschlieBen. Mehrfache Ueberfarbung (fQr A bis 20 Stunden)
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Lindner, Zur Farbung tier Prowazekschen Einschliisse.
431
hat bloB die Folge, daB die Eosinfarbung intensiver wird (s. Modus I),
stort den iibrigen Farbeeffekt jedoch nicht. Flemming (5), dem meine
Farbung nur der Idee nach bekannt war, f&rbt zuerst 5 Stunden mit
Giemsa und differenziert hierauf mit Alkohol absol. und 1-proz. Essig-
saure. Bei dieser Methode bleiben jedoch die Epithelkerne gefarbt und
zart blaue Einschliisse verlieren meist ihre Farbe.
Farbeeffekte: Bakterien, Einschliisse und Mastzellgranula dunkelblau,
Kerne der Lympho- und Leukocyten blau bis biaulich, Epithelzellkerne
eine Spur weniger rosa wie ihr Protoplasma.
Da nur die Initialkorper sich stark basophil verhalten, hSngt natur-
gemaB die Farbeintensitfit des Einschlusses davon ab, ob noch viele
Initialkorper (kleine und mittelgroBe Einschliisse) oder nur mehr wenige
(groBe Einschliisse) vorhanden sind. Bei ganz groBen, wo die Initial¬
korper vereinzelt vorkommen oder fehlen und nur mehr Elementarkorper
sichtbar sind, ist die Farbung eine zart blau punktierte, da die Elementar¬
korper noch von einer feinen blauen Hiille eingehiillt bleiben.
Man sollte nun glauben, daB in letzterem Falle so zart blau gefarbte
Gebilde nicht leicht aufgefunden werden. Demgegeniiber kann ich jedoch
aus langer Erfahrung versichern, daB das geiibte Auge beim Voriiber-
eilen des Pr¶tes auch durch das zarteste Blau innerhalb der groBen,
rosagefarbten Epithelzellplaques gefesselt wird.
Bei dieser Farbung ist bereits die Diagnose der
Einschliisse leicht und sicher zu stellen. Sie treten
sehr rein und scharf hervor als tief blau grobgranu-
lierte bis zart blau fein punktierte Gebilde.
Dem praktischen Arzt wird spBterhin diese Kon-
trastf&rbung zur Trachomdiagnose meist genugen. Erst
wenn die Untersuchung auf Einschliisse negativ ausf&llt,
miiBte er die PrBparate mit Giemsa nachf&rben und auf
die von mir beschriebenen freien Initialkorper suchen. i Einschlufi (300fach)
Fur den wissenschaftlich Arbeitenden ist es jedoch Zettnow-Filter.
unbedingt notig, dieselben Praparate noch der gewohn-
lichen Giemsa-Farbung zu unterwerfen. Um nun dieselben Einschliisse
oder irgendwelche Stellen des Pr¶tes (z. B. auf Gram zu unter-
suchende Bakterien) nach nochmaliger Farbung wieder aufzufinden,
empfiehlt sich folgendes Verfahren:
Das rechteckige Deckglaschen wird vor dem Durchsuchen mit Paraffin
an 3 Seiten eingeschlossen. Das Deckglaschen iiberragendes Paraffin
muB mit einem Messer abgeschabt werden. Darauf wird das Pr¶t
durchsucht und jene Stellen, die man bei Giemsa-Farbung (eventuell
Gram-Farbung) nochmals zu sehen wiinscht, mit Hilfe der beiden Nonien
des groBen Kreuztisches notiert. Kleine Skizzen sind sehr zu empfehlen.
Nun wird das PrBparat aus seiner Paraffinumrahmung herausgezogen,
und zur Markierung weiter die rechte untere Ecke abgebrochen. Darauf
Entfernen des Cedernols: Xylol, Alkohol absol. durch ca. 10 Sekunden,
da geringe Reste von Xylol die Farbung verderben, trocknen. Hierauf
Giemsa-Farbung. Schwimmen lassen auf
a) 5 gtt. Giemsa
10 ccm Aqua (lest.
ca. 1V 2 Stunden, darauf Abspiilen mit Aceton oder Alkohol absol.
oder P) 2 gtt. Giemsa
15 ccm Aqua dest.
1—2 Tage, darauf Trocknen und direkt einschlieBen. Sollte hier
die metachromatische Farbung ausgeblieben sein (infolge von Unreinlich-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 5.
keit, Saure, Alkali), so muB mit der ersten Farbung gef&rbt werden.
Je konzentrierter die Farblosung, desto weniger storen Verunreinigungen.
Stark verdiinnte Losungen (zuerst von Bertarelli angegeben) liefern
jedoch die bei weitem schonsten Praparate.
Schnitte 1 ) werden in vollig gleicher Weise gefarbt wie Abstriche,
benotigen jedoch lfingere Ffirbezeit. Farbung A 12—48 Stunden, darauf
wassern mit Aqua dest. (V 2 —1 Stunde, der sauren Farbung wegen, die
Praparate halten dann sehr lange), Alkohol absol., Xylol, Cedernol. Wird
kein groBes Gewicht auf Haltbarkeit gelegt, so ist wassern unnotig. Es
empfiehlt sich dann aber bloB die Kontrastfarbung B zu beniitzen, die der
bei Schnitten langdauernden A-Farbung fast gleichkommt. Die Farbung
geschieht in einer flachen Glasdelle, Schnitt nach abwarts. Bei Schnitten
ist es haufig von Vorteil, eine geringere Ansauerung zu verwenden.
Zur metachromatischen Schnittfarbung benutzt man am besten
Giemsas jungst publizierte Methode (Dtsche med. Wochenschr. 1910.
No. 12), bei Ueberfarbung nach der Modifikation von Halberstadter
und v. Prowazek (6). Diinne Schnitte unter 4 11 geben jedoch auch
mit Farbung (i (2 gtt Giemsa auf 15 ccm Aqua dest. 1—2 Tage, eine
Ueberfarbung kann bei dieser Verdiinnung nicht eintreten) mindestens
ebenso gute Resultate, doch muB die Entwasserung mit Aceton, Aceton-
Xylol, Xylol erfolgen, da Alkohol die Metachromasie meist vernichtet.
Da Bakterien sich noch starker basophil verhalten wie durchschnitt-
lich die Initialkorper, gelten fur sie die angeftihrten Kontrastfarbungen
in gleicher Weise. Besonders brauchbar diirften sie sich fiir den Schnitt
erweisen, wo es bisher an einer guten Universalfarbemethode mangelte.
Celloidinschnitte lassen sich nur nach Farbung A tingieren.
Es gelang mir so in einigen Fallen gramnegative Bakterien nach-
zuweisen, wo andere Methoden versagten.
Literatur.
1) Lindner, Zur Aetiologie der gonokokkenfreien Urethritis. (Wien. klin. Wochen-
schrift. 1910. No. 8.)
2) -, Ueber den jetzigen Stand der Trachomforschung. (Wien. klin. Wochenschr.
1909. No. 50.)
3) -, Die freie Initialform der Prowazekschen Einschlusse. (Wien. klin. Wochen-
schrift. 1909. No. 49); erscheint ausffihrlich im Arch. f. Ophthalmol, (im Druck'.
4) -, Centralbl. f. Bakt. Abt. I. Ref. Bd. 44. 1909. p. 107. Diskussion.
5) Flemming, Arch. f. Augenheilk. Bd. 64. p. 65.
6) Halberstadter u. v. Prowazek, Ueber die Bedeutung der Chlamydozoen bei
Trachom und Blennorrhoe. (Berl. klin. Wochenschr. 1910. No. 15.)
1) Fixierung nur in Sublimat oder Formol zu empfehlen.
Inhalt
Bluznenthal, Ernst, Ueber das Auftreten
von Typhusbacillen in den Gallenwegen
nach intravenoser Injektion, p. 341.
Fielitz , H. , Ueber eine Laboratoriums-
infektion mit dem Sporotrichum de
Beurmanni, p. 361.
Heim, L., Ueber anaerobiotische Technik,
einige Anaerobier und beginnende EiweiO-
faulnis, p. 337.
Bathe, Hans, Die bakteriologische Typhus-
diagnose, p. 402.
Xlodnitzky, N. u. Jordansky, V., Weitere
Beobachtungen iiber die Lebonsdauer der
Pestbacillen im Organismus der Wanzen,
p. 349.
Lindner, X., Zur Farbung der Prowa¬
zekschen Einschlusse, p. 429.
Negri, A., Beobachtungen fiber Sarko-
sporidien. III., p. 373.
Pricolo, Antonio, Recherches exp^rimen-
tales sur le streptocoque de la gourrne,
p. 352.
Vay, Prana X., Kann der im Pestserum
enthaltene Ambozeptor durch Behandeln
des Serums mit Pestbacillen aus diesem
entfernt werden, p. 384.
Yakimoff, W. L., Xohl-Yakimo£F, Nina
u. Eorssak , D. W. , Hamatoparasito-
logische Notizen, p. 370.
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Frommannsche Uuchdrackerei (Ilermrmn Pohle) in Jena.
CcntralblaU f. Baktenologu Abt. 1 Orig Bd 55.
Lindner, Prowazebsche Einschliissc.
Sikora gez
Verlag von Gustav Fischer in Jena
Lith.Anst v Johannes Arndt, Jena
Fig. 1
Fig. 2.
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Centralbl. f. BakL etc. I. AbL Originate. Bd. 55. Heft 6.
Ausgegeben am 6. September 1910.
Hachdruck verboten.
Le Streptobacterium foetidum.
Nouvel agent pathog&ic pour Thoinme.
Note prdliminaire.
Par L. Jacqul et F. Masay, Bruxelles.
Nous avons pu isoler en ces derniers temps une bact^rie qui nous
a paru jouer un role assez important en pathologie humaine.
Nous l’avons trouv6e successivement:
a) Dans quatre 6chantillons de crachats provenant de diffdrents
malades atteints de grippe ou de tuberculose au debut.
b) A l’etat pur dans un abc£s p6ri-ut6rin.
c) Associde au bacille tuberculeux et au bacille pyocyanique dans une
, ' 1 An
Naehtrag
zu dem Artikel Lindner, Zur FSrbung der Prowazekschen
schlusse (dieses Centralbl. Bd. 55. Heft 5. p.429).
Ein-
Tafelerkl&ru.ng 1 .
Fr ‘ u £"FK (,on der v ‘ sin * ““
Ig. II. bchnitt von Ulcus molle (Ducreyscher Bacillus).
forme de grumeaux compacts.
Bouillon glycosd. DSgagement abondant de gaz.
Sur tous les milieux, le d6veloppement se fait ddj4 4 la temperature
ordinaire. Les cultures d£gagent une odeur tr£s fdtide.
Aspect morphologique. Petit cocco-bacille, prdsentant une
coloration polaire nette. Dans les cultures en bouillon forme des
chainettes parfois trfes longues.
Action pathog&ne sur les animaux.
Les animaux de laboratoire: rats, cobayes, lapins, sont tr£s sensibles
4 Paction de notre bact6rie. Un dixi&me de culture de 24 heures sur
tube de g&ose suffit pour tuer un cobaye par septic£mie en quelques heures.
Erne Abt. Orig. Bd. 66. Heft 6. 28
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Nachtrag
zu dem Artikel Lindner, Zur Ftlrbung der Prowazekschen Ein
schliisse (dieses Centralbl. Bd. 55. Heft 5. p. 429).
TafelerU&rung 1 .
Fig. I. Strichpriiparat von der Conjunctiva des Pavians (von der Vagina einer
Frau geimpft, deren Kind an EinschluBblennorrhoe erkrankte).
Fig. II. Bchnitt von Ulcus molle (Ducreyseller Bacillus).
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Centralbl. f. Bald. etc. I. AbL Originate. Bd. 55. Heft 8.
Ausgegeben am 6. September 1910.
tiachdruck verboten.
Le Streptobacterium foetidum.
Nouvel agent patkog&nc pour Thomme.
Note pr61iminaire.
Par L. Jacqu6 et F. Masay, Bruxelles.
Nous avons pu isoler en ces derniers temps une bact^rie qui nous
a paru jouer un role assez important en pathologie humaine.
Nous l’avons trouv6e successivement:
a) Dans quatre 6chantillons de crachats provenant de diff6rents
malades atteints de grippe ou de tuberculose au d6but.
b) A l’6tat pur dans un abc&s p6ri-ut6rin.
c) Associde au bacille tuberculeux et au bacille pyocyanique dans une
pleur^sie purulente.
d) A l’autopsie, dans un cas de m6ningite tuberculeuse (dans ce
cas, le liquide c^phalo-rachidien mis en culture n’a pas 6t6 recueilli
avec toutes les garanties desirables).
e) Enfin, le Dr. Terlinek vient de la retrouver en culture pure
dans une conjonctivite pseudo-membraneuse survenue aprfcs operation
de cataracte.
Voici, en quelques mots, les caractfcres du nouveau microbe.
Caractfcres de culture.
G61ose. L’aspect est caract£ristique. Vingt quatre heures apr&s
ensemencement sur un point quelconque de la plaque, on trouve une
culture qui recouvre enticement toute la surface. Quand la culture
devient visible, l’envahissement de la surface libre est d6jk complet.
II est tr&s facile d’isoler le microbe. Une parcelle de mati&re suspecte
4tant ensemencGe dans l’eau de condensation d’un tube de gdlose, la
bact6rie envahit la surface libre beaucoup plus rapidement que les autres
microorganismes; il suffit done de la recueillir dans la partie sup^rieure
de tube pour l’avoir k l’6tat pur.
Gelatine. Envahissement et liquefaction rapides.
Serum coagul6. Liquefaction rapide.
Gdlose sang. M§me aspect que sur geiose. Hemolyse rapide.
Bouillon. Trouble apparaissant au bout de trois heures et
s’accentuant trfcs vite. Les bacilles tombent dans le fond du vase sous
forme de grumeaux compacts.
Bouillon glycose. Degagement abondant de gaz.
Sur tous les milieux, le dCeloppement se fait dejA k la temperature
ordinaire. Les cultures degagent une odeur tr&s fetide.
Aspect morphologique. Petit cocco-bacille, prdsentant une
coloration polaire nette. Dans les cultures en bouillon forme des
chainettes parfois tr£s longues.
Action pathogfcne sur les animaux.
Les animaux de laboratoire: rats, cobayes, lapins, sont trbs sensibles
k Taction de notre bacterie. Un dixi&me de culture de 24 heures sur
tube de g61ose suffit pour tuer un cobaye par septicemie en quelques heures.
Erste Abt. Orig. Bd. 55. Heft 6. 28
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434
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Nous avons aussi observe une forme chronique qui emporte l’animaf
par pneumonie, pleuresie et p6ricardite, sans septicemie.
Toxine. Une culture en bouillon, morte et filtr^e, tue le lapin &
la dose de 1 / 2 c. c. en injection intra-veineuse; 4 dose beaucoup plus faible
en injection intra-c6r6brale.
Antitoxine. On peut vacciner les animaux de faqon k leur faire
produire une antitoxine tr6s active.
Nous publierons ult6rieurement en detail les caract&res du „Strepto-
bacterium foetidum“ et l’etude des reactions qu’il determine dans
l’organisme.
Xachdruck verboten.
Experimented Beitrage
zur Milzbrandinfektion des Gefliigels durcli Fiitterung.
Von Otto Hofhcrr,
Assistenztierarzt am Institut fiir Seuchenlehre der Konigl. Tierarztlichen Hochschule,
Stuttgart.
I. Elnleitung.
Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung eingehenden experi-
mentellen Untersuchungen, die der Verfasser im Friihjahr und Sommer
vorigen Jahres im Institut fur Seuchenlehre der Konigl. Tierarztlichen
Hochschule Stuttgart angestellt hat. Die Veranlassung zu diesen Unter¬
suchungen war folgende.
Im Februar 1909 wurden dem Institut vom O.-A.-Tierarzt Kienzle,
Marbach, zwei verendete Enten mit der Bitte um Ermittelung der Todes-
ursache iibermittelt. Dem Einsender hatten Landwirte seines Bezirks
ofters Gefltigel, meist Enten, uberbracht, deren Todesursache nicht mit
Sicherheit festzustellen war. Die von O.-A.-Tierarzt Kienzle angestellten
Erhebungen ergaben, daB die Todesfalle bei Enten dann auftraten,
wenn dieselben den Schlamm der Murr, die das Abwasser der Gerbereien
der Umgegend mit sich fiihrt, verzehrt hatten, und zwar waren solche
Todesfalle verhaltnismaBig haufig in die Erscheinung getreten, nachdeiu (he
Tiere den feineren Schmutz von dem oberllachlich geschmolzenen Eise der
Murr und Nebengewasser bei Tauwetter aufgenommen hatten. Einzelne
Gefliigelbesitzer wollten auch bemerkt haben, daB das Weiden auf Wiesen,
deren Gras sich spater bei Rindern infektios erwies, zu Erkrankungen
und teilweise solchen mit letalem Ausgang fiihrte.
Diese Tatsache brachten O.-A.-Tierarzt Kienzle zu der Ueber-
zeugung, daB es sich bei derartigen Erkrankungen um Milzbrandinfektion
handeln miisse, jedoch ergaben seine Sektions- und mikroskopischen
Befunde keine bestimmten Anhaltspunkte fur eine solche Annahme. Auch
durch die im hiesigen Institute vorgenommene Sektion konnte nur eine
Darmentziindung bei leichter Schwellung des Parenchyms festgestellt
werden. Ebensowenig lieB sich Milzbrand oder sonst eine Gefliigelseuche
durch das Kultur- und Impfverfahren nachweisen.
Der Bezirk Marbach ist Milzbranddistrikt, der pro Jahr ungefahr 10
bis 20 Milzbrandf&lle unter Rindern aufweist. Die Moglichkeit, daB bei
den genannten Fallen doch Milzbrandinfektion vorlag, d. h. die Todes¬
ursache im Zusammenhang mit Milzbrand stand, war also nicht ganz von
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Futterung.
435
der Hand zu weisen, und so nahm ich Veranlassung, unter der freund-
lichen Leitung des Herrn Prof. Dr. Reinhardt, Priifungen und Ver-
suche dariiber anzustellen, ob und unter welchen Bedingungen Fiitterungs-
milzbrand beim Geflugel (Huhn, Ente, Taube) kiinstlich zu erzeugen
ist, und inwieweit und unter welchen Umstanden spontan, d. h. vom Darm
aus, Milzbrandinfektion beim Geflugel vorkommen kann.
II. Litcratur.
Die bis jetzt vorhandenen Arbeiten iiber Futterungsmilzbrand bei
Getiiigel sind ziemlich sparlich, und die Ansichten der einzelnen Autoren
iiber die Mbglichkeit der Infektion mit Milzbrand vom Darm des Ge-
fliigels aus und iiber das Auftreten von spontanem Milzbrand bei Geflugel
iiberhaupt gehen sehr auseinander.
Lassen wir die Ansichten und Resultate der verschiedenen Forscher
folgen, wobei auch die Ergebnisse der verschiedenen Impfmethoden mit
Milzbrand beim Geflugel, soweit sie mir fiir die Beurteilung der Empf&ng-
lichkeit bezw. Immunitat des Gefliigels gegen Milzbrand im allgemeinen
wichtig erscheinen, kurz beriihrt seien.
In seiner Arbeit „Der Milzbrand des Tieres und des Menschen“,
im Jahre 1850 erschienen, fiihrt Heusinger aus, daB nicht nur alle
Saugetiere, sondern auch die Vogel, gleichviel ob zahm oder wild, durch
Milzbrand infiziert werden, wenn sie Gelegenheit zur Ansteckung haben.
Nach Heusinger zeigen die G&nse die groBte Anlage fiir Milzbrand
unter dem Hausgefliigel. Eine primiire Entwickelung des Milzbrandes
sei deshalb bei dieser Vogelgattung am ehesten zu erwarten.
Bei Enten sei der eigentiimlich schwankende Gang, verursacht
durch Brandblasen an den Schwimmh&uten, auffallend. Matt und zitternd
sitzen die Tiere mit halbgeschlossenen, katarrhalisch affizierten Augen
am Boden, hSngen ilire Fliigel paralytisch herab, strauben das Gefieder
und leiden an stinkendem Durchfall. Der Schnabel verfarbt sich dunkel-
blau und der Tod tritt unter Konvulsionen ein.
H&ufig koramt der Milzbrand bei Hiihnern vor. Im Jahre 1732
soil der Milzbrand epizootisch unter den Hiihnern in Deutschland und
im Jahre 1835 in Bohmen aufgetreten sein. Als typische Symptome
der milzbrandkranken Hiihner fiihrt er eine Beschreibung von Chabert
und Laubender, die ich wortlich hier wiedergeben will, an.
Chabert: „Die Krankheit trat ein mit Traurigkeit, Mangel an
FreBlust und Ausfallen der Federn auf dem Riicken; um diese Zeit
zeigte sich der Karbunkel am Kopfe; dieser schwoll allgemein an, und
zwar auf einer Seite starker als auf der anderen. Das Auge der affizierten
Seite war triib, vorgetrieben, bedeckt von der verdickten Bindehaut, die
eine schwarzrote Farbe hatte, wie das untere Augenlid, welches gewohn-
lich brandig war; aus dem inneren Augenwinkel floB eine serose, zer-
setzte, auBerordentlich scharfe Fliissigkeit, welche auf die Teile, iiber
welche sie floB, atzend wirkte. Der Teil des Gaumens, welcher dem
kranken Auge entsprach, war erhaben, schwarz und brandig und die
iibrigen Teile des Maules waren sehr entziindet. Der Kamm, der
Schnabel und die FiiBe waren im Anfange blaBrot, am Ende wurden sie
schwarz und brandig. Die Federn der Fliigel waren locker, fielen ent-
weder von selbst aus, oder konnten durch leichtes Ziehen entfernt werden.
Der Tod wurde angekiindigt durch einen klagenden Schrei, den man mit
heftigem Rocheln vergleichen konnte.“
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436
Centrnlbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Laubender beschreibt den Milzbrand der Hiihner:
„Sie werden traurig, versagen das Futter, die Federu sind gestraubt,
die Kamme mehr kalt, entfarbt, ebenso die FiiCe, zuletzt werden die
Kamme blau, schwarz, am Kopfe oder am Leibe fahren brandige Ge-
schwiilste auf, unter Konvulsionen fallen sie endlich um und sterben.“
Ueber den Milzbrand der Tan ben ist sich Heusinger nickt im
klaren. Er fiihrt kurz an, daB die Tauben mekrmals unter den infizierten
Tieren in Milzbrandepizootieen genannt werden.
Nach Spinola ist die Haufigkeit des Auftretens des Milzbrandes
beim Geflugel nicht gering. Doch glaubt er, daB man gerade dieser
Infektionskrankheit mit Unrecht andere Infektionskrankheiten, speziell
der G&nse und Hiihner, zurechne. Seiner Ansickt nach erkranken in
den Gehoften zuerst die Enten, die Karbunkel bekommen und infolge-
dessen als erstes wahrnehmbares Zeichen der lahmende Gang auftritt
oder das Unvermogen, sich im Stehen zu erhalten. Bei Hiihnern treten
solche Karbunkel an den Kehllappen und Augen, besonders an dem
Kamme auf.
Spinola schildert den Milzbrand der Hiihner:
„Bei dem Huhn tritt der Milzbrand verschieden auf. Auch hier
sehen wir nicht selten bis daliin gesund scheinende Tiere plotzlich oder
nach einige Minuten lang vorhergegangenem Zittern und Aufpustern der
Federn umfallen oder von ihrem Sitze herabfallen und unter Zuckungen,
krampfhaftem Verdrehen der Augen und des Halses, wobei ein blutiger
Schaum aus den Oeffnungen des Schnabels hervortritt, auch wohl ein
blutiger br&unlicher Kot hervorgeprefit wird, enden.
In anderen Fallen zeigen die Tiere zunachst eine auffallende Mattig-
keit, sitzen kauernd mit halbgeschlossenen Augen, gestraubten Federn,
von denen sich einzelne losen, ausfallen. Kamm und Backenlappen er-
kalten und entfarben sich, nehmen eine bleiche blauliche, livide, spater
schwarze Farbe an. Aus der Schnabeloffnung tritt ein wasseriger Schleim,
die Tritte fiihlen sich eisig an und die Tiere sterben unter Zuckungen
in 3—24 Stunden, wahrend welcher Zeit in manchen Fallen noch die
Karbunkelbildung am Kamm und Backenlappen hervortritt und zum
brandigen Absterben derselben fiihrt.“
Bild bei Enten: „Mit auffallender Schwache und Traurigkeit,
Senken der Flugel, Kriimmen des Ruckens, SchmerzauBerung bei der
Bewegung, Lahmen, Anschwellung der zunachst biaulich geroteten, spater
sich entfarbenden Schwimmhaute, in welchen wohl noch einzelne knotige
Erhabenheiten wahrzunehmen sind, die eine eiweiBartige Masse von gelb-
rotlicher, braunlicher Farbe enthalten, w r enn sie aufgeschnitten werden.
Unter Zutritt eines stinkenden, schwarzen, blutigen Durchfalls und dem
Eintritt von Zuckungen am Halse, Paralyse des Hinterleibes, wobei die
zitternden Flugel immer mehr herabhangen und die Federn sich lockern
und teils ausfallen, werden die erkalteten FiiBe und Schnabel blauschwarz,
aus den Nasenoffnungen derselben quillt eine gelbe, braunliche oder
blutige Flussigkeit, und die Tiere sterben innerhalb 6—24 Stunden.“
Aus dem Angefuhrten ist ersichtlich, daB Spinola einige Verlaufs-
formen unterscheidet, einen apoplektischen Verlauf und einen Verlauf der
Krankheit von einigen Stunden mit todlichem Ausgang. Eine weitere
Form des Verlaufs sieht er in einer vorubergehenden Erkrankung von
hochstens 7 Tagen mit Genesung oder mit einer Hinterlassung einer
Nachkrankheit, wie Verdauungsstorungen, geschwiirige Veranderungen
des Darmes, welche oft genug eine vollige Genesung verzogern oder
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Geflugels durch Fiitterung.
437
ganz verhindern. Bei Huhnern kommt hauptsachlich die erste rasch ver-
laufende Form in Betracht.
Seine Sektionsbefunde sind denen der S&ugetiere analog. Das
Charakteristikum ist auch hier die schwarze teerartige Beschaffenheit des
Blutes. Namentlich auffallend ist die dunkel gefarbte Brust- und Bauch-
muskulatur und blutig-sulzige Durchtrankung des Unterhautzellgewebes,
die die Federn lockern und selbst ausfallen lassen. Blutaustritte in die
Organe fehlen nie.
Oemler. Zunachst mochte ich noch kurz die Resultate der Impf-
versuche von Oemler bei Hiihnern, Enten und Tauben streifen.
Er fand, daB 35 Proz. der Versuchshtihner, 36 Proz. der Enten und
38 Proz. der Tauben durch subkutane Inokulation mit Milzbrandmaterial
der Infektion erlagen. Den Tauben schrieb er die groBte Anlage fur die
Empf&nglichkeit fur Milzbrand zu, fand aber, dafi groBe individuelle Ver-
schiedenheiten in der Disposition bestehen.
Auch die Enten waren leicht zu infizieren, w&hrend die Hiihner sich
am wenigsten von den 3 Gattungen durch Empfanglichkeit auszeichneten.
Auf Grund dieser Ergebnisse stellte Oemler fest, daB, entgegen ver-
schiedenen Experimentatoren, Impfmilzbrand bei Vogeln moglich ist, und
daB die kleinen Vogel im allgemeinen eine groBere Empfanglichkeit be-
sitzen als groBere (Huhner, Enten, Tauben, Ganse) und die Raubvogel
sich vollig immun zeigen.
Bevor ich zu den Fiitterungsversuchen von Oemler ubergehe,
mochte ich noch die Beobachtungen fruiterer Experimentatoren, soweit
sie mir aus der Literatur (Oemler, Heusinger, Spinola) bekannt
geworden sind, zusaminenstellen.
Thalwitzer beobachtete, daB eine Henne mit ihren Jungen beim
Genusse von unverdauten Futterstoffen aus dem Miste einer an Milzbrand
eingegangenen Kuh erkrankte, die Jungen daran starben und die Henne
nach eintfigigem Krankeln wieder genas.
Weidroth berichtet, daB Enten und zahme Raben nach Aufnahme
von infiziertem Futter verendeten.
G r e v e: Ihm krepierte eine Ente, der er einen Teeloffel voll blutiger
Jauche aus der Bauchhohle einer Milzbrandkuh gab, schon nach 3 Stunden
an Milzbrand. Er fand, daB der Tod im allgemeinen selir rasch, oft
apoplektisch erfolgte, und daB beim Zustandekommen von Karbunkeln
der Sitz derselben am Halse zu suchen war.
Bei Huhnern nahmen die Karbunkel gewohnlich den Kamm und die
Kehllappen ein, welche zuerst blaurot erschienen, sich kalt anfiihlten,
dann schwarz wurden und zuletzt abfielen.
Renault fuhrte 20 Jahre hindurch Fiitterungsversuche mit milz-
brandigen Stoffen an Gefliigel aus, es gelang ihm jedoch nie, Huhner zu
infizieren.
Bran ell fiitterte erfolglos zahlreiche Huhner mit Kadaverteilen von
an Milzbrand verendeten Tieren.
Davaine verzeichnet ebenso lauter negative Resultate bei seinen
mehrwochentlichen Fiitterungen mit Milzbrandmilzen und -Lebern an
Enten und Hiihnern.
Die Fiitterungsversuche von Oemler selbst erstreckten sich auf
8 Enten, 28 Hiihner und 22 Tauben.
Den Enten wurde Fleisch von Milzbrandtieren vorgesetzt und es
verendeten 3 nach 2 Tagen an Milzbrand. Das klinische Bild war folgen-
des: „Die Enten kauerten am folgenden Tage mit fast geschlossenen
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Augen, mit stark gestraubtem Gefieder im Stalle und auBerten nicht den
geringsten Widerstand beim Ergreifen. Nachdera dann noch der Kopf
angeschwollen, kuhl und cyanotisch geworden war, erfolgte der Tod in
26 Stunden nach der Fiitterung des schadlichen Fleisches. u
Die Hiihner verschiedeneu Alters erhielten mehrere Tage bis einige
Wochen teils Futter benetzt mit frischem Milzbrandblut, teils Lebern,
Milzen und Fleisch und JBlut von an Milzbrand gestorbenen Tieren. Bei
keinem der 28 Tiere trat nur eine Storung im Allgemeinbefiuden, viel
weniger eine Erkrankung, noch ein Verenden ein. Durch subkutane
Impfung gelang es Oemler, spater 8 dieser Tiere mit Milzbrand zu
infizieren.
Die 22 Tauben wurden mehrere Male mit Futter, das mit frischem
Milzbrandblut benetzt war, ohne alien Erfolg gefuttert. 11 starben spater
an einer subkutanen Impfung mit Milzbrand.
Die Euten erlagen also am ehesten der Infektion mit Milzbrand vom
Darme aus.
Ueber die Moglichkeit der Infektion vom Digestionstraktus aus im
allgemeinen kommt er auf Grund seiner zahlreichen Versuche und Beob-
achtungen zu folgenden Schliissen: Die Moglichkeit einer Infektion ist
gegeben, wenn erstens Ivontinuitatstrennungen der Schleimhaut bestehen,
groBe Quantitaten von Milzbrandmaterial gegeben werden, Oder wenn
letztere in reichlichen Mengen mit Wasser verdiinnt verabreicht werden,
bei bestehenden Storungen im Darmkanal sowie chronischen Katarrhen.
Betreffs der Disposition des Getiiigels fur Milzbrand erklart Oemler,
dafi dieselben beim Gefliigel in Anbetracht der groBen Gelegenheit zur
Infektion und auch bei ktinstlicher Fiitterung und Verimpfung von Milz-
brandstolfen auBerst gering ist, und daB ohne Zweifel groBe individuelle
Verschiedenheiten in der Disposition bestehen. Das spontane Vorkoramen
des Milzbrandes beim Gefliigel bezweifelt er.
Oemler empfiehlt, dieMitteilungen iiber den spontanen Milzbrand und
das seuchenartige Auftreten dieser Infektion beim Gefliigel auBerst vor-
sichtig aufzunehmen. Die mitgeteilten Seuchenerkrankungen des letzten
Jahrhunderts, insbesondere die der Giinse und Hiihner, seien falsch-
licherweise meist dem Milzbrand zugerechnet worden.
Die Fiitterungsversuche von Feser verliefen alle resultatlos. In
der ersten Versuchsreihe beniitzte er 2 Tauben und 4 Hiihner, die er
mit Milzbrandmaterial auf Brot und Getreide, mit Herzblut und Milzen
erfolglos fiitterte. Der Ivot war frei von Bacillen und Sporen, also
muBten sie verdaut sein.
2. Versuchsreihe. 7 Enten, 2 GSnse, 12 Hiihner und 1 Pfau er¬
hielten wochenlang Milzbrandblut und Milzen als Nahrung. Weder ein
voriibergehendes Krankeln, noch eine Storung im Allgemeinbefinden kam
zu Beobachtung.
Feser zielit daraus den SchluB, daB eine Infektion durch Ver-
fiitterung von Milzbrandmaterial an Tauben, Hiihner, Enten und G&nse
nicht mSglich ist. Er glaubt jedoch, daB ein seuchenhaftes Erkranken
dann moglich ist, wenn die Tiere eine Zeitlang auschlieBlicb vegetabilische
Nahrung aufnehmen, und sich zufallig in dieser Zeit infizieren. Dies
sucht er durch seine Versuche mit Ratten und Ilunden mit verscliiedener
Kost darzutun.
Die Immunitat des Hundes ftihrt er deshalb nicht auf die liohe Eigeu-
warme zuriick, sondern auf die Ernahrungsweise, d. h. auf die gemischte
Kost von Kornern und Fleisch. Aus demselben Grunde schreibt er den
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Hof her r, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fiitterung.
439
Raubvogeln eine absolute Immunitat zu, wahrend die kleineren Vogel
sich wegen ihrer Nahrung leichter infizieren lassen.
Jager sucht die Ursache nicht in der Fleischkost an und ftir sich,
sondern in der wasserentziehenden Wirkung der vegetabilischen Nahrung.
Nach Ziirn kommt der Milzbrand beira Geflugel nicht originar vor,
sondern nur, wenn solche viel Fleisch und Blut von an Milzbrand ver-
endeten Tieren verzeliren.
Der Milzbrand charakterisiert sich durch rasches Eintreten und
raschen Verlauf. Ziirn unterscheidet 2 Verlaufsformen:
1) Der Tod erfolgt nach einigen Stunden apoplektisch. Die Tiere
fallen von ihren Sitzstangen herunter und verenden unter krainpfhaften
Konvulsionen.
2) Der Tod tritt nach mehr als 24 Stunden, nachdem die Tiere eine
Mattigkeit, Hinfalligkeit, Veriinderungen an den Augen, Kehllappen und
Ivamm gezeigt haben, unter Konvulsionen ein.
Schneideraiihl schlieBt sich im allgemeinen den Ausfuhrungen
von Ziirn an.
Czaplewski berichtet, daB ihm kein Fall von spontanera Milzbrand
bei Tauben bekannt sei, und daB das Vorkommen nach den bisherigen
Erfahrungen sehr wenig wahrscheinlich sei. Die Berichte iiber das
seuchenhafte Auftreten des Geflugelmilzbrandes halt er fiir Verwechse-
lungen mit Septicaemia haemorrhagica.
Koch, Gaffky und Loeffler bestreiten die Moglichkeit einer
Milzbrandinfektion vom Darme der Hiihner und Tauben aus. Sie be-
haupten, daB selbst enorme Mengen von Sporen ohne Erfolg verfiittert
werden konnen.
Nach Frdhner erkrankt das Hausgeflugel bei allgemein herrschenden
Milzbrandepizootieen und nach dem Genusse von Fleisch von Milzbraud-
kadavern. Der Verlauf der Krankheit ist entweder apoplektisch oder
erfolgt mehr allmahlich nach einigen Stunden. Verwechselungen kommen
gern mit Hiihnercholera, Hiihnerdiphtherie, Gehirnapoplexie und malignem
Oedem vor.
Auch die Resultate und SchluBfolgerungen aus den Fiitterungs-
versuchen der Autoren Perroncito, Canalis und Morpurgo,
Koch und Oppermann bei anderen Tieren (Schafe, Ratten und
Miiuse) halte ich fiir erwahnens- und beachtenswert.
So gelangt Perroncito durch seine Versuche mit Uebertragung
von Milzbrand vom Digestionsapparat aus zu folgenden Ergebnissen.
Die Infektion mit Bacillen erfolgt vom Darme aus viel schwieriger
als mit Sporen. Dieselben miissen in reichlicher Menge aufgenommen
werden, um eine Infektion hervorzurufen. Sie findet statt, wenn es den
Bacillen gelingt, den Magen unversehrt zu passieren und sich im Darme
Epitheldefekte finden, hervorgerufen durch stacheliges Futter oder
Parasiten.
Koch bestreitet, daB die stachelige Beschaffenheit des Futters die
naturliche Infektion bedingt, und daB reine Bacillenfiitterung eine Infektion
ermoglichen kann. Nur mit Sporen lassen sich Tiere vom Darme aus
infizieren, und zwar um so schneller, je groBer die aufgenommene Menge
ist. Die Ver&nderungen im Darme sind folgende: Der Magen weist ent-
ziindliche Flecken auf. Besonders entziindlich ver&ndert erscheint der
Dunndarm, speziell das Duodenum, in welchem blauschwarze brandige
Flecken und Platten, Blutungen und Ekchymosen anzutreffen sind. Der
Dickdarm ist weniger betroffen. Netz und Gekrfise entziindet und gut
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
injiziert. Milz vergroBert und erweicht. Heftige Blutergiisse ins Darm-
lumen fehlen nie.
„Zu diesen heftigen Lokalisationen an der Infektionsstelle scheint
es hauptsachlich bei den nicht im hochsten Grade liir Milzbrand empfang-
lichen Tierspecies zu kommen.“
Die Hauptbedeutung fiir das Zustandekoramen des Fiitterungsmilz-
brandes scbreibt Oppermann der Moglichkeit der Aufnahine von
groBen Mengen von Sporenmaterial zu und nicht „dem Vorhandensein
von pradisponierenden Momenten im Digestionsapparat, die dem Sporen-
material den Eintritt in die Saftebahn eroffnen*. Die Verfiitterung von
Rauhfutter, Disteln, Glaspulver, Knochensplitter und Eiswasser ist ohne
EinfluB auf die Milzbrandinfektion, dagegen das Hungernlassen.
Canalis und Morpurgo untersuchten die Wirkung der Hunger-
kur vor und nach der Gabe von Milzbrandmaterial und kamen zu ver-
schiedenen Resultaten bei den einzelnen Tierspecies.
Ueber das MaB der Empfanglichkeit des Gefiflgels gegen Impfmilz-
brand sind sich die Autoren darin einig, daB dasselbe ein sehr be-
schranktes ist, und daB sich alteres Geflugel, besonders Hiihnergeflflgel,
refraktar verhait.
Nach Czaplewski lassen sich Tauben, und von diesen wieder die
jungen am leichtesten infizieren; altere verhalten sich gewohnlich refraktar.
Aber auch den Tauben schreibt er einen ziemlich. hohen Grad von rela-
tiver Immunitat zu. Nach Czaplewski verenden 18,2 Proz. der ge-
impften Tauben, nach Oemler und Salvioli 31,5 Proz. Viel weniger
empfanglich als die Tauben erwiesen sich Hiihner, Enten und Ganse.
Als begiinstigende Momente fiir die Infektion durch Impfung, d. h.
Momente, die die natiirliche Resistenz herabsetzen, werden von den
einzelnen Forschern die verschiedensten Einflusse angefiihrt.
So begiinstigt nach Canalis und Morpurgo der Hungerzustand
der Tiere vor und nach der Impfung, sowie die Exstirpation des Pankreas
die Infektion.
Bei Tauben fanden sie die Hungerkur besonders wirksam, wenn die-
selbe gleichzeitig mit der Inokulation begann, oder wenn der Hunger¬
zustand mehr als 6 Tage vor der Impfung dauerte. Im Gegensatz dazu
starb die Mehrzahl der geimpften Hiihner, wenn die Tiere 3—7 Tage
vor der Impfung hungerten.
Die Empfanglichkeit wird ferner gesteigert durch chemische Stoffe,
Antipyrin, Alkohol, Chloralhydrat (Wagner, DieudonnS), Durch-
schneidung des Riickenmarks (Sawtschenko), durch vegetabilische
Nahrung (Feser, Jager), Krankheit, pathologische Veranderungen all-
gemeiner Art, wie Blutentziehung, Wassereinspritzungen, kiinstlicher
Diabetes. Ebenso wirken Erkaitung, Entfiederung und Ermiidung (Dieu-
d o n n 6).
Besonders starke Resistenzverminderung erfahrt das Getiiigel durch
gewaltsame Eingriflfe in seine Lebensbedingungen durch Herabsetzung der
Korpertemperatur durch kalte Bader (Pasteur, Joubert, Metschni-
koff, Wagner und Dieudonn6).
Diese von Pasteur im Jahre 1878 zuerst aufgestellte Behauptung
und Beobachtung gab AnlaB zu lebhaften Diskussionen. Metschnikoff,
Wagner u. a. verteidigen die Ergebnisse, wahrend Colin und Feser
auf Grund ihrer negativen Erfolge diese bestreiten. Wagner folgert
aus seinen Versuchen mit Badern von 25°: „La refrigeration dans 1’eau
froid constitue pour les poules un agent nocif de premier ordre, si Ton
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Futterung.
441
considfcre l’imraunitd considerable contre le charbon ordinaire/ Die
negativen Ergebnisse von Colin und Feser fiihrte er auf die Versuchs-
anordnung zuriick.
Zu besonders lebhaften AeuBerungen gab die Behauptung Pasteurs
AnlaB, daB das Gefliigel vermoge seiner hohen Korpertemperatur ein
wichtiges, wertvolles Schutzmittel gegen Milzbrandinfektion besitzt.
Gegen diese Tlieorie traten Kitt, Koch, Czaplewski und Hess
energisch auf. Kitt und Koch erwahnen als Beweis fur die Unrichtig-
keit der Annahme, daB die Immunitat der Vogel auf der hohen Eigen-
warme der Vogel beruht, daB es ohne weiteres moglich war, die Vogel
mit Milzbrand zu infizieren, und daB die Wachstumsfahigkeit der Milz-
brandbacillen bei 42—43° nicht aufgehoben wurde.
Czaplewski fiihrt die erwahnte Resistenzverminderung nicht auf
die Herabsetzung der Korpertemperatur zuriick, sondern auf die „lokale
Lahmung der GefaBinnervation mit dadurch bedingter Vasodilatation und
konsekutiver Verlangsamung des Blutstroms“, was die Ansiedelung der
Bakterien enorm begiinstigt. Auch die Versuche von De Paoli und
Roger mit Durchschneidung des Sjmpathicus sprechen fur diese An¬
nahme.
Feser und Jager sehen die Ursache der Immunitat des Gefliigels
nicht in der hohen Korpertemperatur, sondern in der gemischten Ivost
von Fleisch und vegetabilischer Nahrung.
Hess und Wagner erkiaren die Verminderung des Widerstands
gegen Milzbrand nicht durch die Warmeentziehung an und fur sich,
sondern durch die Verminderung der Energie der Leukocyten durch die
niedere Temperatur. „La poule pdrit, parce que l’hypothermie diminue
la mobilite et les fonctions phagocytaires des leucocytes (Wagner). Der-
selbe stutzt sich auf die Befunde von Schultze, der feststellt, daB die
Bewegungsenergie der Leukocyten bei 45—46° eine bedeutend groBere
ist, als bei niederer Temperatur.
Trapeznikoff, der den Hiihnern eine „immunitd naturelle tr&s
marqued, qu’on peut pourtant faire disparaitre par divers procedes:
refrigeration et inanition* zuschreibt, fand in seinen Praparaten aus der
Impfstelle bei aiteren Tauben Bacillen in Leukocyten eingeschlossen.
Metschnikoff schreibt in seiner Arbeit: „I1 est difficile de trouver
un exemple plus caract^ristique d’une lutte entre microbe et cellules/
Auf gegensatzlichem Standpunkt stehen Czaplewski, Lubarsch
und Fahrenholtz. Sie behaupten, daB die Phagocytose mit dem Unter-
gange der Bacillen nicht das geringste zu tun hat.
Thiltges, der als Versuchstiere Hiihner und Tauben beniitzte,
kommt zu dem Ergebnis, daB die Immunitat des Huhnes gegen Milz¬
brand, zum groBen Teil wenigstens, auf der Eigentilmlichkeit seines Serums
beruht und das Huhn darin ein machtiges Schutzmittel besitzt, welches
der Taube fehlt oder bedeutend schwacher ist. Die phagocytare Wirkung
der Leukocyten spielt beim Huhn keine Rolle. Dagegen schiitzt sich die
Taube durch ihre Phagocyten, wahrend das Serum wenig bakterizid
wirkt. Diesem Umstande zufolge ist auch die Widerstandsfahigkeit der
Taube geringer.
Thiltges erkiart sich die gegensatzlichen Befunde aus der Ver-
schiedenartigkeit der Impftiere und der Versuchsanordnung.
Nutt all und Sawtschenko sehen in den weiBen Blutkbrperchen
und dem Serum das Schutzmittel gegen Milzbrand beim Huhn und der
Taube.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Buchner, der am Hunde und Kaninchen experimentierte, schreibt
dem Serum die bakterientotende Wirkung zu, und zwar den darin ge-
losten chemischen Bestandteilen. Die Phagocyten spielen seiner Ansicht
nach keine bedeutende Rolle im Kampfe gegen die Infektion.
III. Kritische Behandlung der Literatur und Schltisse.
Aus oben angefiihrter Literatur ist zu erkennen, wie verschieden
die Angaben der einzelnen Autoren friiherer Zeit liber das natiirliche
Vorkommen des Milzbrandes beim Gefliigel jener Zeit und ganz besonders
im Gegensatz zu dem heutigen Stand der Wissenschaft in bezug auf
spontanen Milzbrand bei Gefliigel sind. Die oben beschriebenen FSlle,
die nach Ansicht friiherer Forscher unter dem Bilde des Milzbrandes
verlaufen sind, legen den Gedanken nahe, daB es sich dabei nicht urn
Milzbrand gehandelt hat, sondern um andere Gefliigelseuchen, z. B.
Cholera und Diphtherie etc.
So kann das gegebene klinische Bild, das Heusinger von semen
Enten, die seiner Ansicht nach an Milzbrand eingegangen sind, anfiihrt,
als Gefliigelcholera und jenes von Chabert fiber Milzbrandhfihner un-
gezwungen als Htihnerdiphtherie gedeutet werden. Besonders wenn man
noch die Angabe berficksichtigt, daB diese Krankheiten unter dem Gefliigel
haufig und epizootisch auftraten.
Diese offenbaren Verwechslungen und Widersprtiche lassen sich
leicht aus dem Umstande erklfiren, daB die Aetiologie des Milzbrandes
in bakteriologischer Hinsicht noch nicht soweit erforscht und die Aetiologie
der Gefliigelseuchen im allgemeinen noch nicht so bekannt war.
Bei dieser Sachlage ist es jedenfalls berechtigt, anzunehmen, daB, da
der Nachweis von Milzbrandbacillen fehlt, friiher hfiufig Verwechslungen
vorkamen, d. h. daB andere Gefliigelseuchen unberechtigt dem Milzbrand
des Gefliigels zugerechnet wurden.
Aus diesem Grunde empfehle ich, die Berichte friiherer Forscher
vorsichtig aufzunehmen. Jedenfalls stimmen die Autoren neuerer Zeit
dartiber fiberein, daB der spontane Milzbrand bei Gefliigel sehr selten
und wahrscheinlich nur vereinzelt auftritt.
Was die Ergebnisse der kfinstlichen Uebertragungsversuche anlangt,
so gehen diese weit auseinander. Es scheint mir deshalb unangebracht,
weitere in der Literatur niedergelegte Versuche, insbesondere bezflglich
Uebertragung von Milzbrand auf Gefliigel, durch den Digestionsapparat
anzuffihren.
IV. Eigene Untersuchungen.
a) Versuohsteohnik und Versuchsobgekte.
Ausgehend von der Tatsache, daB die vollstfindigeNahrungsentziehung,
die Unterernfihrung, die Krankheiten und alles, was den Organismus zn
schwfichen imstande ist, eine Infektion begfinstigt, stellte ich meine
Ffltterungsversuche an unter Berficksichtigung folgender Faktoren:
Hungern vor und nach der Fiitterung von Milzbrandmaterial, Ffitterung
von Glaspulver, von Kalk, von vegetabilischer Nahrung (Brot), Entzug
von Wasser, Entfiederung, Abkfihlung durch kalte Bfider, Krankheit und
Jugend. Diese Faktoren werden von einzelnen Experimentatoren als
prfidisponierende Momente ffir die Infektion bei Impfung mit Milzbrand¬
material angefuhrt.
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Hof her r, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fiitterung. 443
Als Versuchstiere kommen bei meinen Versuchen in Betracht
20 Hiihner, 4 Enten und 5 Tauben, gekreuzte Rassen von dem gewohn-
lichen Hausgefiflgel, wie sie das hiesige Institut zu Versuchszwecken
heranzieht.
Mich stfltzend auf die Resultate der ausfiihrlichen Versuche von
Oemler fiber die Erraittelung der Uebertragbarkeit von Milzbrand von
einer Tiergattung auf die andere, verwendete ich als Ausgangskultur
eine Agarstrichkultur, angelegt aus der Milz eines an Milzbrand ver-
endeten Rindes. Oemler stellte nfimlich fest, daB der Milzbrand des
Rindes auf Hfihner, Enten und Tauben iibertragbar war. Ueber das
Alter der Kulturen sei erwahnt, daB die verwendeten Agarstrichkulturen
nie filter als 10 Tage und alle sehr reich an Sporenmaterial waren. Das
Wachstum war sehr iippig. Von der Virulenz des Milzbrandmaterials
iiberzeugte ich mich von Zeit zu Zeit durch Verimpfung auf Mause und
von der Reinheit der Kultur durch das Mikroskop und durch geimpfte
Agarplatten.
Der Belag der verwendeten Agarstrichkulturen wurde mit einer
starken Platinnadel auf der Agarstrichflache zusammengestrichen und
gesammelt und zwischen 2 Brotstiickchen gestrichen und mit einer
Pinzette auf den Zungengrund gebracht, uni ein sofortiges Abschlucken
des Materials zu bewirken. Von Versuch 8 ab strich ich den gesammelten
Belag in eine kleine Gelatinekapsel, die geschickter einzugeben war und
weniger Milzbrandstoff beim Sammeln verloren gehen lieB und sehr gut
abgeschluckt wurde. Einige Male bestrich ich die Gelatinekapseln mit
Keratinlosung, um eine schnelle Erweichung im Kropfe zu verhindern,
was jedoch ohne EinfluB war. Die Kapseln fand ich bei der Sektion
immer zerstort im Kropfe vor.
Die Zahl der verffltterten Kulturen sowie die vorgenommenen patho-
logisch-anatomischen und bakteriologischen Untersuchungen bei den ver-
endeten Tieren sind bei den einzelnen Versuchen angefflhrt. Temperatur-
kurven wurden nicht gefiihrt, da eine genaue Temperaturabnahme beim
Gefliigel mit Schwierigkeiten verbunden ist.
b) Versuehsergebnisse.
Versuche mit Hfihnern.
In dieser Reihe verwendete ich Hiihner, die unter den verschiedensten
Bedingungen mit Milzbrandmaterial gefiittert wurden.
Versuchsreihe I.
V ersuch 1.
Als erstes Versuchsobjekt beniitzte ich einen schon einige Wochen
krfinkelnden Hahn. Alle Krankheitssymptome dieses 6 Monate alten
rebhuhnfarbenen Hahnes wiesen das Bild eines stark geschwfichten Tieres
auf. Am Morgen (10. Mfirz 1909), als der Hahn das vorgesetzte Futter
wieder gut aufnahm, erhielt er noch gleichzeitig 3 Oesen voll Milzbrand¬
material von einer Agarstrichkultur zwischen Brotteilchen eingegeben.
Schon einige Stunden nach der Gabe von diesem Milzbrandstoff trat
eine Verschlechterung im Allgemeinbefinden ein. Der Hahn hockte sehr
hinffillig und schwach mit gestrfiubtem Gefieder, fest geschlossenen Augen
in seinem Kfifig. Die anfimisch kalten Kehllappen und der Kamm hingen
schlaff zur Seite. Am 11. Mfirz morgens wurde der Hahn tot im Kfifig
vorgefunden.
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444 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Sektionsbefund.
Starke Anamie der extremitalen Teile des Korpers, besonders des
Kammes und der Kehllappen. Diinnbreiiger, ubelriechender Kot um die
Kloake. Kein AusfluB aus den natiirlichen Korperbffnungen (Nase und
Schnabeloffnung), Muskulatur dunkelfarben und getrubt. Im Herzbeutel
befand sich im Gegensatz zur Brust- und Bauchhohle eine blutig-serose
Flussigkeit. Strotzende Fiillung der GefaBe der zu dem Zwolffingerdarm
gehorigen Gekrospartie. Leichte Schwellung der Milz und der Leber.
Starke Anamie samtlicher Darmpartieen auBer dem blutig-rot gef&rbten
Duodenum, dessen Schleimhaut sulzig geschwollen und Blutungen groBerer
Ausdehnung aufwies. Der Inhalt des Darmes war stark vermischt mit
dunklem teerartigen Blute. Starke Fiillung der Venen. Die Schleimhaut
des Digestionsapparates bis zum Muskelmagen intakt.
Was den mikroskopischen Befund anlangt, so konnte durch ihn
Milzbrand festgestellt werden. In alien Deckglasausstrichen wurden
Bacillen gefunden, und zwar in den Ausstrichen aus der Herzbeutel-
fliissigkeit und dem Darme wenige, dagegen sehr zahlreich in denen aus
Milz, Leber, Lunge, Niere, Muskulatur. Die Formen der Bacillen waren
sehr mannigfaltig. In den Organen Milz, Leber, Lunge, Niere, Muskulatur
trat die typische Form des Bacillus, gerade, einzeln oder in Ketten
angeordnete Stabchen, auf. Degenerationsformen fanden sich in den
Praparaten aus dem Darmkanal, z. B. gekriimmte, vielfach miteinander
verliochtene, mit undeutlichen Kapseln versehene Formen, die sehr schlecht
gefkrbt waren. Dann wieder undeutlich gefarbte Kapseln, deren Inhalt
ausgefallen war.
Verendet sind die aus Milz, Leber, Duodenum und Kloake geimpften
Mause. Auf den angelegten Platten gingen verhaltnismaBig wenig, aber
charakteristische Milzbrandkolonieen auf.
Versuohsreihe II.
Ausgehend von den interessanten Resultaten der Impfversuche an
Hiiknern von Canal is und Morpurgo stellte ich die folgenden Ver-
suche an. Canalis und Morpurgo gelang es namlich, Huhner fiir
Milzbrand empfanglich zu machen, wenn der Impfung eine Hungerkur
von 3—7 Tagen vorausging, wahrend die Huhner immun blieben, wenn
das Hungern erst mit der Einverleibung des Milzbrandgiftes begann.
Versuch 2.
Einem gut gendhrten, weiBen, 5 Monate alten Huhn, das vom 17. bis
23. Miirz gehungert hatte, wurde vom 23.-26. M&rz je eine Kultur
zwischen Brot verabreicht. Die ersten Storungen im Befinden zeigte das
Tier gegen Abend (23. Marz). Es straubte die Federn, hielt die Augen
halb geschlossen und kauerte in einer Ecke des Kafigs. Weitere Er-
scheinungen konnten auch am folgenden Tage nicht beobachtet werden.
In der Nacht vom 26.—27. Marz verendete das Huhn.
Sektionsbefund.
AustluB von grungelbem, diinnbreiigem, ubelriechendem Kote aus der
Kloake. Anamie der Kopflappen. Vermehrte Mengen serbser Flussigkeit
im Herzbeutel. Leichte Schwellung der Milz und Leber. Wesentliche
pathologische Veranderungen im Duodenum. AeuBerlich stark gerotet,
die Schleimhaut geschwollen und hamorrhagisch infiltriert. Blutergilsse
ins Darmlumeu. Kot des Dickdarmes wasserig. Fibrinartiger Belag auf
der Schleimhaut des Dickdarmes.
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Hof her r, Milzbrandinfektion des Geflugels durch Fiitterung.
445
Samtliche UDtersuchungen auf Milzbrand in bakteriologisch-mikro-
skopischer wie auch kultureller Hinsicht, im speziellen aus dem Darme,
fielen negativ aus.
Die Mause, geimpft aus Milz, Leber, Blut und verschiedenen Darm-
abschnitten, blieben bis auf eine Maus, geimpft aus dem Dickdarm, die
an Septikamie einging, gesund.
Versuch 3.
Ein vom 17.—23. Marz hungerndes, gut genahrtes und sehr lebhaftes
V 2 -jahriges braunes Huhn wurde gleichzeitig in derselben Weise wie
Huhn 2 ernahrt. Eine todliche Wirkung des Milzbrandgiftes blieb indes
aus. Nur unbedeutende StSrungen im Allgemeinbefinden konnten in den
zwei ersten Tagen beobachtet werden, die aber in den folgenden Tagen
verschwanden. Wahrend 14-tagiger Futterungszeit und auch auf eine
kr&ftige subkutane Injektion mit Milzbrand blieb das Huhn munter. Nach
einer Beobachtung von 14 Tagen nach der Impfung wurde das Huhn
gesund und munter freigegeben.
Versuchsreihe III.
Versuch 4.
Ein munteres, 6 Monate altes, kraftiges Huhn hungerte nach der
1. Fiitterung mit einer Milzbrandkultur, die am 22. Marz in Brot gegeben
wurde. Erst nach der 7. Fiitterung mit taglich einer Milzbrandkultur
zeigten sich die ersten Symptome von Krankheit. Apathisch gegen auBere
Einfliisse, mit halbgeschlossenen Augen hockte das Tier miide und traurig,
den Kopf in dem gestrSubten Gefieder versteckend, in einer Ecke des
Kafigs. Ohne jeglichen Widerstand lieB es sich ergreifen und bewegte
sich sofort mit taumelndem Gange nach der Ecke des Kafigs, wenn es
vorn am KSfig niedergesetzt wurde.
Am 30. MBrz morgens beobachtete ich, wie das Huhn heftig zu zittern
begann, nach wenigen Minuten umfiel und unter Krampfbewegungen
verendete.
Sektionsbefund.
Blutiger, schleimiger AusfluB aus der Schnab'eloffnung. Leichte Auf-
treibung des Abdomens. Triibung des Parenchyms. Leichte Schwellung
der Leber und Erweichung der Milz. Starke Injektion der GekrosgefaBe
und der GefaBe des serosen Ueberzuges des Diinndarmes. Schwellung
und blutige Infiltration der Duodenalschleimhaut. Blutextravasate ins
Diinndarmlumen. Inhalt des Dickdarmes gelbgrlinlich und diinnbreiig.
Belag von fibrinartiger Masse auf der Schleimhaut. Reichlich Gase in
samtlichen Darmabschnitten.
In den Deckglasausstrichen aus den verschiedenen Organen konnten
keine Milzbrandbacillen nachgewiesen werden. Ebenso resultatlos fielen
die Impf- und Kulturversuche aus.
Versuch 5.
Ein 6 Monate alter, gut entwickelter Hahn erhielt vom Tage der
1. Fiitterung mit Milzbrand kein Futter mehr. Schon nach der 3. Fiitterung
von je einer Milzbrandagarkultur, zwischen Brotteilchen gegeben, erkrankte
der Hahn. Traurigen Blickes mit herabhangenden Fliigeln, unter denen
der Hahn seineu Kopf zu verstecken suchte, saB derselbe hinfallig und
leicht ergreifbar auf dem Boden des Kafigs. Beim Versuche, das Tier
hinzustellen, pflegte es sofort in schwankendem Gange die finstere Ecke
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 6.
des Kafigs aufzusuchen, urn dort alsbald die oben geschilderte Stellung
wieder einzunehmen. Am 4. Tage nach der 1. Fattening verfarbte sich
der Kamm blaurot und schwoll schmerzhaft an. Diese Veranderung klang
bald wieder ab und der Kamm wurde anamisch und weniger schmerzhaft.
Am 5. Tage schieu der Hahn lebhaft. Wider Erwarten lag der Hahn
am folgenden Tage tot im Kafig.
Sektionsbefund.
Kamm und Ivehllappen blaB und miBfarben. Braunroter Belag von
eingetrocknetem Sekret auf dem Schnabel. Kein Durchfall. Heftige
Blutungen in der Duodenalschleimhaut und in das Lumen des Diinn-
darmes. Starke Injektion der zugehorigen Gekrdspartie. Fibrinartiger
Belag auf der Dickdarmschleimhaut. Der Kot in dem hinteren Darm-
abschnitt von festweicher Konsistenz. Milz und Leber nicht geschwollen
und nicht erweicht.
Die Untersuchungen auf Milzbrandbacillen waren resultatlos. Auch
die Impfversuche und das Kulturverfahren hatten dasselbe negative
Ergebnis. Eine geimpfte Maus mit Dickdarmmaterial ging an Septik-
hmie ein.
Versuchsreihe IV.
In der weiteren Versuchsreihe wollte ich erproben, ob der Brotkost,
d. h. der ausschliefilich vegetabilischen Nahrung, die Bedeutung in
Beziehung auf Empfanglichkeit fiir Milzbrand bei Hiihnern zukommt,
wie sie Feser bei seinen Versuchen bei Ratten festgestellt. hat und
diese Resultate auch fur Gefliigel gelten lafit. Er glaubt namlich, dafi
ein seuchenhaftes Auftreten von Milzbrand beim Gefliigel dann moglich
sei, wenn die Tiere eine Zeitlang ausschliefilich vegetabilische Nahrung
aufnehmen und sich w&hrend dieser Zeit zufallig mit Milzbrandstoffen
infizieren (s. Literatur).
Versuch 6.
Ein 6 Monate alter, gut entwickelter Hahn wurde vor der 1. Fiitterung
mit Milzbrand 14 Tage lang mit Brot versorgt. Wahrend der folgenden
Tage wurde mit dieser Ernahrungsweise fortgefahren und taglich noch
der Belag einer Agarstrichkultur von Milzbrand in Brot gegeben. Ohne
irgendwelche Storungen im Allgemeinbefinden gezeigt zu haben, ver-
endete der Hahn in der Nacht vom 3.—4. April nach der 3. Fiitterung.
Sektion sbefund.
AusfluB einer griinlichen Fliissigkeit aus dem Schnabel und Nasen-
offnung. Unterhaut und Muskulatur sehr blutreich. Gelbe, klare, serose
Fliissigkeit im Herzbeutel. Keine entziindliche Schwellung der Milz, Leber
und Nieren. MaBige Fiillung des Kropfes und des Duodenums mit Brot.
Ausgedehnte Blutungen in der sulzig durchtrhnkten, gelockerten Duodenal¬
schleimhaut, sowie Blutergftsse ins Diinndarmlumen. Injektion der Gekros-
gefaBe. Dickdarm schien wenig entziindlich ergriffen. Ein grungelblicher
kSsiger Belag auf der Schleimhaut.
Die mikroskopischen Untersuchungen wie auch das kulturelle und
Impfverfahren hatten ein negatives Resultat in Beziehung auf den Nachweis
von Milzbrandbacillen.
Versuch 7.
Ein ca. Vj-jMiriger, mittelmafiig gut genahrter, brauner Hahn, der
ebenfalls 14 Tage vor Beginn der taglichen Verfiitterung von einer
Milzbrandagarstrichkultur zwischen Brotstiickchen nur Brot als Nahrung
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigela durch Futterung.
447
bekara, magerte sehr stark ab. Im Gegensatze zu dem vorhergekenden
Falle waren hier 8 Fiitterungen notig, um den Tod des Tieres herbei-
zuftihren. Der Hahn krankelte die beiden letzten Tage und starb sehr
rasch unter krampfhaften Zuckungen.
Sektionsbefund.
Durchfall w&sserig, stinkend. Schwellung und Triibung des Leber-
parenchyms. Sitz einer heftigen hamorrhagischen Diinndarmentzundung
ca. 15—20 cm vom Pylorus entfernt. Anfangsteil des Dtinndarmes leicht
diffus gerdtet. Die Schleimhaut des starker ergriffenen Diinndarm-
abschnittes war vollstandig blutig, sulzig durchtrankt, zum Teil abgeldst.
Uebertritt von groBen Mengen Blutes in betreffendes Darmlumen. Schleim¬
haut des Mastdarmes bedeckt von einer kasig-gelbweiBen Masse.
Der Nachweis von Milzbrandbakterien gelang in den untersuchten
Organen (Milz, Leber, Nieren, Darm) auBer in dem Kropfe nicht. Von
den geimpften MBusen starben die, die mit Material aus dem Dtinndarm
geimpft waren, an Septikamie, eine Maus dagegen, geimpft mit Kropf-
inhalt, an Milzbrand. (Die letzte Gabe von Milzbrandmaterial war einige
Stunden vorher erfolgt.)
Versuchsreihe V.
Da Oemler und Perroncito die Ansicht vertraten, daB eine
Infektion vom Darmkanal aus um so leichter erfolge, wenn im Digestions-
traktus Verletzungen und Epithelabschurfungen der Darmschleimhaut
vorhanden sind, hervorgerufen durch stacheliges Futter oder Parasiten
oder sonstige Mittel, die Kontinuitatstrennungen der Schleimhaut er-
mdglichen, gab ich neben Milzbrandmaterial in Gelatinekapseln Glas-
pulver in die Nahrung.
Versuch 8.
Ein ca. 7 Monate alter, rebhuhnfarbener Hahn in gutem Nahrzustande
erhielt 2 Tage lang die Nahrung mit Glaspulver vermischt vorgesetzt,
welches gut aufgenommen wurde. Vom 3. Tage ab gab.ich noch taglich
den Belag einer Milzbrandkultur in einer kleinen Gelatinekapsel ein.
Nach der 6. Gabe von Milzbrand fing das Tier an miide und traurig,
mit hangenden Fliigeln und fast geschlossenen Augen in der Ecke des
KSfigs zu hocken. Die Federn strBubten sich. Der Kamm und die Kehl-
lappen verloren ihre rote Farbe; der Schnabel nahm eine schmutzig
blaurote Farbe an. 5 Stunden nach der 7. Gabe von Milzbrand trat
der Tod ein, nachdem der Hahn noch mit einer heftigen Atemnot zu
kampfen gehabt hatte.
Sektionsbefund.
Tier abgemagert. Federn leicht ausziehbar. Anamie des Kammes und
der Kehllappen. Blutige Durchtrankung zweier umschriebener Stellen des
Unterhautbindegewebes. AeuBerliche diffuse Rotung des Dtinndarmes und
starke Injektion der zugehdrigen GekrSsgefaBe. Schwellung der sulzig-
blutig durchtrankten Schleimhaut des Zwolffingerdarmes. Blutaustritte
ins Diinndarmlumen. Dickdarm nur leicht entztindet; Inhalt desselben
diinnfliissig und mit einer fibrinartigen kasigen Masse vermengt.
In den Ausstrichen aus den Organen, insbesondere dem Darme und
dem sulzigen Gewebe der Unterhaut konnten keine Milzbrandbacillen
entdeckt werden. Ebenso resultatlos verliefen die Impf- und Kultur-
versuche. Eine aus dem Inhalt des Duodenuras geimpfte Maus ging
nach einigen Tagen an Septikamie ein.
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448
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Versuch 9.
Einem ca. 7 Monate alten, braunen, kraftigen Huhn wurde ebenfalls
wie im Versuch 8 vor der 1. Milzbrandfutterung in der gewShnlichen
Nahrung Glaspulver verfiittert. Obwohl diese Henne 10 Tage hindurch
unter denselben ErnShrungs- und Versuchsbedingungen wie Hahn No. 8
stand, widerstand das Tier jeglicher Erkrankung. Vom 10. Tage ab ver-
doppelte ich die Gabe an Milzbrandinaterial und trotzdem kam nicht
einmal eine Storung im Allgemeinbefinden der Henne zustande. Die
Fiitterung mit doppelter Menge von Milzbrand setzte ich 5 Tage lang
fort.
8 Tage nach der letzten Fattening mit Milzbrand injizierte ich der
Henne subkutan eine starke Dosis Milzbrandemulsion, welche Dosis die
Henne ohne jegliche, auch nur vorubergehende Erkrankung vertrug.
Nach 14-tagiger weiterer Beobachtung des Huhnes erfolgte die Freigabe.
Versuchsreilie VI.
Behring und Oppermann fuhren in ihren Arbeiten uber Milz-
brandinfektion bei Kalkverfutterung an, daB der Kalkgehalt der Nahrung
die Sporenbildung befordere, und daB die Gaben von Kalk mit der
Nahrung prSdisponierend fur das Eindringen des Milzbranderregers in
die Schleimhaut des Darmes wirken. Oppermann laBt es dahingestellt,
ob die direkte Einwirkung des Kalkes auf die Schleimhaut (DiarrhSe)
oder die Neutralisation des Magensaftes die Ursache bildet.
Versuch 10.
Ein 7 2 -jahriger, schwarzer, gut genShrter Hahn erhielt mit der
Nahrung Kalk verabreicht. Gleichzeitig erhielt er tSglich die Belage
zweier uppig gewachsener Milzbrandkulturen in einer Gelatinekapsel ein-
gegeben. Der Hahn blieb wahrend 4 Tagen sehr munter und lebhaft.
Das vorgesetzte Futter, das mit Kalk bestreut war, wurde immer gern
aufgenommen. Am Morgen des 5. Tages lag der Hahn unerwarteterweise
verendet im KSfig.
Sektionsbefund.
Kamm miBfarbig, blaugrau verfarbt. WSsseriger Durchfall. GrOnlich-
gelber SchnabelausfluB. Hinterleib aufgetrieben. Duodenitis haemorrhagica.
BlutergOsse in den Zwolffingerdarm. Coecum prall von Gasen aufgetrieben.
Schleimhaut des Dickdarmes katarrhaliscli entzttndet. Starke Injektion
der GekrosgefaBe. Leberschwellung. Milz nicht pathologisch verSndert.
Diagnose Milzbrand konnte durch das Mikroskop, Kultur- und Impf-
versuche nicht gestellt werden.
Versuch 11.
Ein ca. 8 Monate altes, braunes Huhn in gutem Nahrzustande Qber-
stand eine 10-tagige FQtterung von je 2 Belagen von Milzbrandkulturen
bei starken Gaben von Kalk. Es kamen weder die Symptome einer
Allgemeinerkrankung noch die eines Darmkatarrhs zur Beobachtung.
Die Freigabe erfolgte nach einer erfolglosen subkutanen Injektion
mit einer Milzbrandsuspension 10 Tage nach derselben.
Versuchsreihe VII.
Im Jahre 1878 zeigte Pasteur, daB HOhner an Impfmilzbrand ein-
gehen, wenn man ihre Kbrpertemperatur durch Eintauchen des hinteren
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Hofherr, Miizbrandinfektion des Geflugela durch Fiitterung.
449
Drittels des Korpers in kaltes Wasser (25° C) herabsetzt. Colin be-
stritt die Behauptung Pasteurs, daB die natiirliche Immunit&t der
Hiihner infolge der Abkiihlung verloren ginge und behauptete, daB die
Unbeweglichkeit in vertikaler Stellung und die damit verbundene Inanition
Schuld daran trage. Er gelangte auch bei der Nachprufung der Versuche
Pasteurs zu negativen Resultaten. Wagner, der die Versuche
Pasteurs rait denselben positiven Erfolgen wie letzterer wiederholte,
ffihrte die negativen Resultate bei den Versuchen von Colin und auch
von Feser nur auf die Versuchsanordnung zuriick. So schreibt er:
„Dans le cas, si l’abaissement de la temperature se fait brusquement
soit parceque la temperature de l’eau est trbs basse, ou que les parties
immergees presentent une surface de refrigeration considerable 14 .
Ich versuchte nun, den EinfluB der Bader bei Versuchsanordnung
nach Pasteur und Feser auf die Hiihner bei der Infektion von Milz-
brand vom Darme aus zu erproben. Beide Versuchstiere gingen an
hamorrhagischer Darmentziindung ein.
Versuch 12.
Versuch nach Pasteur. Ein 4 Monate altes, kraftiges, braunes
Huhn band ich auf ein Brettchen fest, das ich aufrecht in ein GefaB
mit Wasser von 25° C stellte. Das Brettchen tauchte ich soweit ein,
bis das hintere Drittel des Korpers des Huhnes sich unter Wasser befand,
dessen Temperatur auf 25° C erhalten wurde. Zu gleicher Zeit mit dem
Eintauchen verfiitterte ich dem Huhn den Belag von 2 Milzbrandkulturen.
Am folgenden Tage nahm ich das Huhn zur Fiitterung heraus. Mit der
Nahrung, die ziemlich schlecht aufgenommen wurde, gab ich zum zweiten-
male 2 Kulturen Milzbrand ein. Abends 6 Uhr (6. April) verendete das Tier.
Sektionsbefund.
Starke Anamie der Haut, Kamm und Kehllappen blaB und kalt.
Leichte Schwellung der Nieren und der Leber. Gesteigerte Injektion
des Gekroses und des Darmiiberzuges. Blutige Imbibition der Duodenal-
schleimhaut. Inhalt des Duodenums blutig. Leberschwellung.
Milzbrandbakterien konnten nicht nachgewiesen werden.
Versuch 13.
Versuchsanordnung nach Feser. Ein schwarzes, ca. 4 Monate altes,
kraftiges Huhn befestigte ich auf einem Gitter und tauchte dasselbe mit
dem Huhn soweit unter, daB beinahe % des KSrpers unter Wasser waren,
das 10—12° C hatte. Kurz vor dem Eintauchen gab ich dem Huhn
den Belag zweier Milzbrandkulturen in einer Gelatinekapsel ein. Schon
nach */* Stunden nahm ich das Huhn aus dem Wasser, da es schien,
als ob es verenden wollte, und legte es in einen Stall mit reichlich
Stroh. Am darauffolgenden Tage war das Tier tot.
Sektionsbefund.
Schwellung und diffuse Rotung der Duodenalschleimhaut. Strich-
formige Blutungen in derselben. Sonst keine pathologischen Verande-
rungen der Organe. Injektion des Dunndarmgekroses.
Der mikroskopische Befund sowie Kultur- und Impfversuche in Be-
ziehung auf Milzbrand war negativ.
Versuchsreihe VHI.
Zwei ca. 5 Monate alte Hahnchen von Tieren, die dem Institute
zur Untersuchung und Ermittelung der Ursache der Federlosigkeit zu-
Erste Abt. Orig. Bd. 55. Heft 6, 29
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450
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
gesandt worden waren, beniitzte ich auch zu meinen Versuchen mit
Rflcksicht auf die Behauptung von Dieudonn6, daB die Widerstauds-
fahigkeit bei Geflugel gegen Milzbrand durch kiinstliche Entfiederung
herabgesetzt wurde.
Versuch 14.
Um eine Milzbrandinfektion zu erzielen, gab ich taglich die Milzbrand-
belage von 2 Agarstrichkulturen in einer Gelatinekapsel ein. 4 Tage
blieb das ziemlich schwackliche braune Hahnchen munter. Am 6. Tage
war die Futteraufnahme unterdriickt und das Tierchen kauerte hinfallig
am Boden. Nach der 7. Fattening verendete das Tier sehr rasch.
Sektionsbefund.
Bei starker Abmagerung bestand eine heftige hamorrhagische Dunn-
darmentzundung. Schwellung und blutige Durchtrankung der Duodenal-
schleimhaut. Injektion der zugehorigen Gekrospartie. Blutarmut des
Dickdarmes. Leberschwellung; sonst keine pathologischen Veranderungen
der sonstigen Organe.
In den Ausstrichen aus den Organen konnten keine Anthraxbacillen
ermittelt werden. Impfversuche und Kulturverfahren verliefen resultatlos.
Versuch 15.
Obwohl bei diesem kr&ftigeren Hahnchen die Milzbrandfutterung
10 Tage von taglich je 2 Milzbrandkulturen vorgenommen wurde, zeigten
sich keine Krankheitserscheinungen. Die beiden ersten Tage auBerte es
nur eine verminderte Munterkeit. Der Hahn magerte wohl wahrend der
Versuchszeit stark ab, nahm aber nach Sistierung der Milzbrandgaben
rasch an Gewicht zu.
Die Freigabe erfolgte 10 Tage nach einer erfolglosen subkutanen
Milzbrandinjektion.
Versuchsreihe IX.
Um die Wirkung grSBerer Quantitaten von Milzbrandstoffen auf
Huhner zu ermitteln, fiitterte ich denselben taglich den Belag von 3 Agar¬
strichkulturen von Milzbrand in einer keratinisierten Gelatinekapsel, und
zwar kamen zwei gut entwickelte schwarze Hahne im Alter von ca. 1 Jahr
und ein gleichaltriges weiBes Huhn zur Verwenduug.
Versuch 16.
Der eine Hahn erhielt das oben angegebene Quantum von Milzbrand-
material neben gewohnlichen Ernahrungsbedingungen. Storungen in der
Futteraufnahme und im Allgemeinbefinden konnten nur wahrend der
ersten 3 Tage bemerkt werden. 7 weitere Ffitterungen mit derselben
Quantitat von Milzbrand ertrug der Hahn ohne jegliche Erscheinungen
der Krankheit.
14 Tage nach einer erfolglosen Injektion (subkutan) mit einer Milz-
brandsuspension wurde der Hahn, zwar abgemagert, aber sonst munter,
freigegeben.
Versuch 17.
Der zweite Hahn erhielt gleichzeitig mit dem Futter und deni
Milzbrandmaterial noch fein gepulvertes Glas. Der Hahn blieb wahrend
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fiitterung.
451
der ganzen Zeit der Gaben von Milzbrand von oben angegebener Quantitat
(3 Kulturen), die tSglich 14 Tage hindurch gegeben wurden, standig
rannter.
Versuch 18.
Das Huhn, das vor Beginn des Versuches 10 Tage hungerte und
dadurch stark an Gewicht verloren hatte, krankelte wahrend der beiden
ersten Fiitterungstage. Neben den Symptomen der Mattigkeit konnten
auch Storungen in der Futteraufnahme beobachtet werden. Jedoch in
den nachsten Fiitterungstagen erholte sich das Huhn wieder und ertrug
ohne jegliche sichtbaren Folgen 14 Ftitterungen von Milzbrand.
Alle 3 Tiere wurden 10 Tage nach einer erfolglosen Injektion von
Milzbrandsuspension gesund freigegeben.
Versuchsreilie X.
Auch die Behauptung verschiedener Autoren, daB das Gefliigel in
der Jugend eine groBere Anlage fur Milzbrand bei subkutaner Injektion
von Milzbrandsuspensionen zeigt, priifte ich daraufhin nach, ob diese
Disposition auch bei der Infektion vom Digestionstraktus aus besteht.
Versuch 19.
Ein ca. 3 Wochen altes, gut entwickeltes Hahnchen wurde tSglich
init dem Belag von 2 Milzbrandagarstrichkulturen bei sonst gewohnlicher
ErnShrungsweise gefiittert. Schon 1 Stunde nach der 1. Fiitterung ver-
endete das Tierchen aus unbekannten Griinden.
Milzbrandbacillen konnten keine in den Organen, Milz, Leber, Niere,
Darm und Herzblut gefunden werden, dagegen im Kropfe. Maus, ge-
impft aus Kropf, gestorben an Milzbrand.
Versuch 20.
Ein gleichaltriges, gleichstarkes Hahnchen stand unter denselben
Ernahrungs- und Versuchsbedingungen wie Hahn 19. Der Hahn erlag
der zweiten Fiitterung mit Milzbrand, ohne daB er vorher Zeichen einer
Krankheit gezeigt hatte.
Sektionsbefund.
Totenstarre gut ausgebildet. Kamm blaB und anamisch. Kein Durch-
fall und keine Ausfliisse aus den natiirlichen KSrperoffnungen. Unterhaut-
bindegewebe blutreich, Muskulatur dunkelfarben und triibe. Starke In¬
jektion der GekrosgefaBe. Schwellung und blutige Imbibition der Duodenal-
schleimhaut. Blutungen ins Darmlumen. Tumor der Milz und der Leber.
Die Dickdarmschlingen sind blaB. Gef&Be des Herzens stark injiziert,
mit dunklem teerartigen Blute. Vermehrte Menge von heller, serfiser
Fliissigkeit im Herzbeutel.
In sSmtlichen Organen konnten typische Milzbrandstabchen fest-
gestellt werden. In den Ausstricbpraparaten aus Darminhalt konnten
im Zerfall begriffene, schlecht gefarbte Bacillen beobachtet werden.
Samtliche Mause, geimpft aus Milz, Leber, Darm, Muskulatur, gingen
innerhalb 16—26 Stunden an Milzbrand ein. Auf geimpften Platten
gingen typische Milzbrandkolonieen auf.
Die folgende Tabelle faBt die Resultate der Fiitterungsversuche mit
Milzbrandmaterial an Hiihnern zusammen.
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452
Centxalbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Tabelle I.
Fall
Gefiittert wurden
Tod er-
folgte
Todes-
Impftiere
Tage
Kulturen
am
Tage
ursache
gestorben
an
1
Kranker Hahn
1
3 Oesen
Milz-
brand in
Brot
1
Milz-
brand
alle ge-
impften
Mause
Milzbrand
2
Huhn hungert 6 Tage
vor der Milzbrand-
fiittening
3
1 Kultur
taglich
4
Enteritis
haemor-
rhagica
1 Maus aus
Darm
Septikamie
3
Huhn hungert 6 Tage
vor der Milzbrand-
fiitterung
14
dgl.
4
Huhn hungert nach
der Milzbrandfiitte-
rung
7
M
8
Enteritis
haemor-
rhagica
5
Huhn hungert nach
der Milzbrandfiitte-
rung
5
ff
6
dgl.
1 Maus aus
Darm
Septikamie
t
6
Hahn 14 Tage vor der
Milzbrandfutterung
mit Brot gefiittert
3
»
4
»)
7
Hahn 14 Tage vor der
Milzbrandfutterung
mit Brot gefiittert
8
11
8
11
2 MAuse aus
Darm
1 Maus aus
Kropf
1 Maus aus
Darm
Septikamie
Milzbrand
8
Hahn mit Glaspulver
gefiittert
7
1 Kultur
taglich in
Gelatine-
kapseln
7
»»
Septikamie
9
Huhn mit Glaspulver
gefiittert
10
5
1 Kultur
taglich
2 Kul¬
turen
taglich
—
—
—
10
Hahn mit Kalk ge¬
fiittert
4
2 Kul¬
turen
taglich
5
Enteritis
haemor-
rhagica
1 Maus aus
Darm
Septikamie
11
Huhn mit Kalk ge¬
fiittert
10
dgl.
—
—
—
12
Huhn, Temperatur
durch kalte Bader
herabgesetzt
2
!>
2
Enteritis
haemor-
rhagica
—
13
Huhn, Temperatur
durch kalte Biider
herabgesetzt
1
11
2
dgl.
“
14
Hahn entfiedert
7
It
7
91
—
—
15
Hahn entfiedert
10
11
—
—
—
—
16
Hahn mit groCerer
Quantitat Milzbrand
gefiittert
10
3 Kul¬
turen
taglich
—
—
—
—
17
Hahn wie 16 + Glas¬
pulver
14
dgl.
—
—
—
—
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fiitterung.
453
Fall
Gefiittert wurden
Tod er¬
folgte
Todes-
Impftiere
Tage
1 Kulturen
am
Tage
ursache
gestorben
an
18
H u h n wie 16 und
hungert 10 Tage ven¬
der Milzbrandfutte-
14
3 Kul¬
turen
taglich
—
—
—
—
rung
19
Hahn, 2 Monate alt
1
2 Kul¬
turen
taglich
1 Stde
?
Maus aus
Kropf
Milzbrand
20
Hahn, 2 Monate alt
2
dgL
2
Milz¬
brand
alle ge-
impften
Mause
11
Hiervon 13 gestorben. Mi
zbrandbacillennachweis bei 2 bezw. 4.
fanden sich Milzbrandbacillea nur im Kropfe (a. Fall 7 und 19).
In 2 Fallen
Man ersieht aus dieser Tabelle, daB die Hiihner unter gewohnlichen
Umstanden nur auBerordentlich schwer einer wirklichen Milzbrandinfektion
erliegen. Selbst bei Gaben groBerer Quantitaten und durch Faktoren,
die den Organismus stark schwachen, bei Bedingungen, die eine Infektion
im allgemeinen sehr begiinstigen, z. B. Hungerkur, Wasserentzug, kalte
Bader, Verfiitterung von Glaspulver, Kalk, vegetabilischer Nahrung etc.,
gelang es nicht, eine Milzbrandinfektion mit Bacillennachweis hervor-
zurufen. Milzbrandbakterien konnten nur bei dem Versuche mit dem
kranken Hahn (Fall 1), trotz der kleinen Gaben von Milzbrandmaterial,
und dem Versuche mit dem jungen Hahnchen (Fall 20) bei Fiitterung
von groBen Mengen Milzbrandmaterial in alien Organen nachgewiesen
werden.
Ich glaube auf Grund dieser Versuche annehmen zu diirfen, daB
Milzbrand spontan bei Hiihnern vorkommen kann, daB er aber insbesondere
bei gesunden, kr&ftigen, aiteren Tieren eine auBerste Seltenheit sein
wird. Die Berichte von seuchenhaften Erkrankungen an Milzbrand bei
Hiihnern halte ich deshalb fiir Verwechselungen mit anderen Geflligel-
seuchen.
Diejenigen Tiere, die an einer hamorrhagischen Darmentziindung
eingingen, und bei denen der Nachweis von Milzbrandbakterien nicht
gelang, sind meiner Ansicht nach auch infolge des Milzbrandgiftes ver-
endet. Eine Erkl&rung hierfiir suche ich im AnschluB an meine Ver¬
suche zu geben.
Versuche mit Enten.
Versuch 21.
Eine junge, s /i Jahre alte, muntere Ente erhielt, nachdem ihr vom
15.—20. April die Nahrung entzogen worden war, taglich den Belag einer
Agarstrichkultur in einer Gelatinekapsel (20. April). Schon am 21. April
zeigte sich in der Kehlgangsgegend eine Anschwellung, die sich taglich
vergrbBerte. Sie war weich, wenig schmerzhaft und vermehrt warm.
Nach 3 Tagen griff die Anschwellung bis zu den Augen hinauf und
nahm eine weichere Konsistenz an. Rechterseits hatte sich die Schwellung
starker entwickelt wie links. Am 5. Tage ging die Schwellung zuriick,
wurde kiihler und weniger schmerzhaft. Der Tod erfolgte am 6. Tage
nach der Infektion, nachdem das Tier traurig, matt und hinfallig ge-
worden war.
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454
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Sektionsbefund.
Serdser stinkender Durchfall. Blutig - sulzige Durchtrankung des
Unterhautzellgewebes der Kehlgangsgegend. Heftige entziindliche Ver-
anderung der Zwolffingerdarmschleimhaut, Schwellung und blutige Im¬
bibition derselben. Inhalt des Dtinndarmes stark blutig. Lebertumor.
Dickdarm katarrhalisch ergriffen. Keine Milzschwellung.
Die Impf- und Kulturversuche mit Material aus dem sulzigen Gewebe
der Kehlgangsgegend, Milz und Darm verliefen negativ. Auch durch
das Mikroskop konnten keine Milzbrandbacillen nachgewiesen werden.
Versuch 22.
Bei einer gut entwickelten, kraftigen, 1-jahrigen Ente, welche vom
23. April bis 6. Mai taglich eine Agarstrichkultur Milzbrand in einer Gelatine-
kapsel bei gewohnlichen Ernahrungsbedingungen eingegeben erhielt, kamen
keinerlei Stbrungen im Befinden zur Beobachtung. Hierauf suchte ich
die Resistenz gegen Milzbrand durch eine 6-tagige Hungerkur abzu-
schwachen. Das tagliche Quantum der Milzbrandgaben verdoppelte ich.
Das Resultat dieser 5 weiteren Versuche war ebenso negativ wie das
der ersteu Versuche und das Ergebuis einer subkutanen Injektion einer
starken Milzbrandsuspension.
14 Tage nach der letzten Gabe gab ich das ziemlich abgemagerte
Tier frei. Schon nach wenigen Tagen nahm die Ente an Gewicht zu.
Versuch 23.
Ein gut genahrtes, 2 Monate altes Entchen erhielt taglich den Belag
zweier Milzbrandkulturen in einer Gelatinekapsel verfflttert. Vom Tage
der ersten Ffitterung ab wurde die Ente in den Hungerzustand versetzt.
Schon in der zweiten Nacht nach Beginn des Versuches verendete das
Tier, ohne daB sich im Verlaufe der Versuchszeit Symptome einer
Krankheit gezeigt hatten. Die Ente lag ausgestreckt und mit ge-
schlossenen Augen in einer Ecke des Kafigs.
Sektionsbefund.
Blutiger AusfluB aus den natttrlichen Kdrperoffnungen. Anamie der
Schwimmhaute mit punktformigen Blutungen. Blaue Verfarbung des
Schnabels. Starke Cyanose der Haut. Aufgetriebener Hinterleib. Blut-
austritte in das Unterhautzellgewebe. Muskulatur getrubt, dunkelbraun-
rot. Blutig-saftige Durchtrankung der Kehlgangsgegend. AeuBerlich
diffus geroteter Zwolffingerdarm; Schleimhaut desselben vollig blutig
imbibiert und heftig gequollen. GroBere Mengen Blut im Lumen des
Diinndarmes. Dickdarm wenig pathologisch verandert; nur vereinzelte
kleine Blutungen in der Darmschleimhaut. Starke Injektion der Diinn-
darmgekrbspartie. Leichter Milz- und Lebertumor. Hyperamie der
Nieren.
Durch die Ausstrichpraparate sowie durch Kultur- und Impfversuche
waren Milzbrandbacillen nachzuweisen. Der Bacillenreichtum in den
einzelnen Organen, Milz, Leber, Muskulatur und im Blute war ein sehr
groBer. EinschluB von Bacillen in Leukocyten fand ich nicht.
Versuch 24.
Eine 2 Monate alte Ente in gutem Ernahrungszustande erhielt einige
Tage hindurch den Belag zweier Agarstrichkulturen in einer Gelatine¬
kapsel eingegeben. Die Ernahrungsweise blieb auch wahrend der Ver-
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Hof her r, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fattening.
455
suchszeit dieselbe wie zuvor. Stfirungen im Allgemeinbefinden des Tieres
kamen nach der 2. Fiitterung zur Beobachtung.
Die Ente saB mit fast geschlossenen Augen, die stark mit Sekret
beschmiert waren, mit gestrEubten Federn auf dem Boden. Sie lieB die
Fliigel herabh&ngen und litt an stinkendem Durchfall. Die Ente ver-
suchte hin und wieder sich zu erheben, was ihr jedoch nicht gelang.
Bei der Palpation der Herzgegend machte sich ein heftiger, pochender
Herzschlag bemerkbar. Am 3. Tage trat der Tod ein.
Sektionsbefund.
Durch die Sektion konnte auch eine Infektionskrankheit festgestellt
werden, jedoch waren die VerSnderungen der inneren Organe weit er-
heblicher, wie sie bislang bei den an Milzbrand verendeten Tieren be-
obachtet wurden.
Die pathologischen VerhSltnisse im Darm waren wohl dieselben:
Gequollene, sulzig-blutig durchtrSnkte Diinndarmschleimhaut mit starken
Blutergflssen ins Lumen, jedoch war ein starker Milz- und Lebertumor
mit Blutungen unter den serSsen Ueberziigen vorhanden. Vermehrtes
Herzbeutelwasser und pralle Fiillung der Gef&Be des Herzens. Dickdarm
katarrhalisch entztindet.
Bemerkenswert war in diesem Falle der mikroskopische Befund.
Wie auch schon Czaplewski bei seinen subkutanen Impfversuchen
mit Milzbrand bei Tauben F&lle hatte, bei denen er im mikroskopischen
Bilde anstatt Milzbrandbakterien massenhaft htihnercholeraartige Bakterien
fand, so hatte auch ich in diesem Falle bei Ftitterung von Milzbrand-
material bei der Ente dasselbe Resultat.
Es gelang mir nicht nur, diese Art von Bakterien in alien Organen
der Ente mikroskopisch festzustellen, sondern ich konnte auch ein iippiges
Wachstum durch das Plattenverfahren und die hohe Virulenz dieser
Bakterien bei Verimpfung auf Mfiuse beobachten. M&use starben in
Tabelle II.
Ente hungerte 5 Tage
vor der Milzbranu-
fiitterung
Ente hungerte 6 Tage
nach der Milzbrand-
fiitterung
Ente hungert von der
l.Milzbrandfutterung
ab, 2 Monate alt
Ente, 2 Monate alt
Gefiittert wurden
Tage
Kulturen
Tod er-
folgte
am
Tage
Todes-
ursache
1 Kultur
taglich
1 Kultur
taglich
2 Kul¬
turen
taglich
2 Kul¬
turen
taglich
dgl.
6
Enteritis
haemor-
rhagica
alle ge-
impften
Mfiuse
dgl.
Impftiere
gestorben
an
Milzbrand
Infektion mit
hiihner-
cholera-
artigen Bak
terien
Milzbrand
An derselben
Infektion wie
die Ente
(hiihner-
cholera-
artige Bak¬
terien)
3 Todesffille, davon in l Falle Milzbrandbacillen nachgewiesen.
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456 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
15—20 Stunden. In alien Organen fand sich wiederum diese Art von
Bakterien.
Die Ursache dieser Infektionskrankheit, d. h. das Auftreten dieser
Bakterien bei Fiitterung von Milzbrandmaterial ist mir nicht bekannt.
Die verwendeten Agarstrickkulturen waren wie alle anderen auf ihre
Reinheit untersucht worden. Cholera herrschte auch nicht unter dem
Institutsgefliigel. Es lieBe sich der Befund von Cholerabakterien vielleicht
so deuten: Wie ja bekannt, sind nicht selten schon in gesunden Schweinen
Schweinerotlaufbacillen, ja selbst echte Rotlaufbacillen und Cholera¬
bakterien in Hiihnerdiphtheriebelagen nachgewiesen worden (Hauser).
So konnten auch hier vielleicht bei dieser Ente saprophytisch und avirulent
diese Cholerabakterien im Korper vorhanden gewesen und durch die
Milzbrandinfektion raobil, d. h. pathogen geworden sein.
Die Resultate derVersuche mit Enten sind in Tabelle II zusammen-
gestellt.
Aus dieser Tabelle ist ersichtlich, daB auch die Enten nur schwer
einer Milzbrandinfektion erliegen, daB es aber unter giinstigen Bedingungen
besonders bei jungen Tieren moglich ist, vom Darra aus eine Milzbrand¬
infektion zu erzielen.
Versuche mitTauben.
Versuch 25.
Ein 2 Monate altes, kraftiges T&ubchen fiitterte ich taglich mit dem
Belag einer Milzbrandkultur in einer Gelatinekapsel. 14 Stunden nach
der 4. Fiitterung starb das Tierchen. Der Tod muB sehr rasch ein-
getreten sein, da sich kurz vor dem Tode keine Anzeichen von Krank-
heit gezeigt liatten.
Sektionsbefund.
Keine Auftreibung und keine Ausfliisse aus den natiirlichen Korper-
offnungen. Starke Cyanose der Haut. Injektion der GefaBe der Unter-
haut und blutig - sulzige Durchtriinkung des Zellgewebes derselben.
Muskulatur mattglanzend und dunkelfarben. Blut teerartig. Gering-
gradige Schwellung und Erweichung der Milz. Fleckige Verf&rbung der
geschwollenen Leber. Hyper&mie der Lunge und der Nieren. GefaBe
des Gekroses und des serosen Ueberzuges des Diinndarmes stark in-
jiziert. Schleimhaut desselben geschwollen und vollst&ndig von Blutungen
durchsetzt und Inhalt groBtenteils Blut. Der Mastdarm enthielt eine
geballte, gelbgriine, iibelriechende Masse.
In s&mtlichen Organen konnten mikroskopisch Milzbrandbakterien
festgestellt werden. Geimpfte Mause gingen an Milzbrand ein.
Canal is und Morpurgo fanden im Gegensatz zu den Befunden
ihrer Impfversuche bei Hilhnern (s. d.), daB die Infektion bei Tauben
konstant erfolgte, wenn die Hungerkur gleichzeitig mit der Inokulation
begann, daB dagegen die Tauben, die nur 6 Tage vor der Impfung
hungerten, nicht an Milzbrand eingingen, wahrend wiederum diejenigen,
die langer als 6 Tage gehungert hatten, der Infektion erlagen.
Versuch 26.
Eine ca. 2 Jahre alte Taube in gutem Nahrzustande wurde taglich
mit dem Belag zweier Agarstrichmilzbrandkulturen gefiittert, nachdem
sie vorher 6 Tage gehungert hatte. Bei der 1. FOtterung am 5. Mai
morgens, von welcher Zeit ab die Taube auch wieder normal ern&hrt
wurde, war sie sehr lebhaft und blieb es auch bis einen Tag vor dem
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fiitterung.
457
Tode, der in der Nacht vom 16. zum 17. Mai erfolgte. Krankheits-
erscheinungen zeigten sich also nach der 10. Fiitterung und bestanden
in Mattigkeit, Hinfalligkeit und Paralyse der Flfigel. Das Tier sail mit
fast geschlossenen Augen am Boden.
Sektionsbefund.
Totenstarre gut ausgebildet. Augenlider geschwollen und blutig im-
bibiert. Kupfergriine eingetrocknete Masse befand sich auf dem Schnabel
und in der Umgebung der Kloake. Blutreichtum des Unterhautbinde-
gewebes. Muskulatur dunkelfarben und triibe. Blut teerartig. Leichter
Tumor der Milz und Leber; Konsistenz derselben weich. Herz prall
mit Blut gefiillt. Endteil des Diinndarmes stark entziindet; Schleimhaut
desselben blutig-sulzig infiltriert und zum Teil abgelbst, Inhalt stark
blutig. Der Inhalt der dahinterliegenden Darmabschnitte wurde nach
hinten gelb-sulzig, gallertig und zuletzt griingelb und dicker und haftete
ziemlich fest an der gequollenen Schleimhaut des Mastdarmes.
Diagnose Milzbrand wurde gestellt auf Grund der mikroskopischen
Untersuchungen und der Impfresultate.
Versuch 27.
Eine ca. 2 Jahre alte, graue Taube hungerte vom Tage der 1. Fiitte-
rung mit taglich 2 Kulturen. Nach dem 4. Tage zeigten sich die ersten
Anzeichen von Krankheit. Die Taube schloB die geschwollenen Augen,
lieB die Flflgel herabhSngen und kauerte miide in einer Ecke des Kafigs.
In der Nacht vom 20. zum 21. Mai trat der Tod ein.
Sektionsbefund.
Ausflull eines schleimig-blasigen Sekretes aus dem blassen Schnabel.
Injektion der Gef&Be des Unterhautbindegewebes und blutige Infiltration
umschriebener Stellen am Halse und Kehlgangsgegend. Ganzer Diinn-
darm auBerlich diffus gerotet; Gekrose entziindet. Schleimhaut voll-
standig von Blut durchsetzt. Blutaustritte ins Lumen. Dickdarm nicht
ergriffen. AuBer einem Lebertumor keine Ver&nderungen der groBen
Parenchyme.
SSmtliche Ausstriche aus den Organen, Milz, Leber, Lunge, Muskulatur,
Unterhaut enthielten reichlich Milzbrandbacillen, im Darm nur wenig.
Geimpfte MSuse starben an Milzbrand.
Versuch 28.
Um die Wirkung des Wasserentzuges auf die Empf&nglichkeit zu
erproben, lieB ich eine ca. 2 Jahre alte weiBe Taube vom 4.—11. Mai
diirsten. Taglich wurde die Taube w&hrend dieser Zeit mit je 2 Kulturen
Milzbrand in einer Gelatinekapsel gefiittert. Eine Aenderung im All-
gemeinbefinden trat erst kurz vor dem Tode ein. Bei der Vornahme
der 14. Fiitterung fiihlte ich bei der Taube ein sehr heftiges Zittem
und pochenden Herzschlag. Bald stellte sich noch das Unvermogen, sich
im Stehen und Sitzen zu erhalten, ein. Nach 1 / i Stunde war die Taube
unter krampfhaften Zuckungen verendet.
Sektionsbefund.
Abmagerung. Cyanose der Haut. Blutreichtum der Unterhaut.
Matte, getriibte, dunkelfarbene Muskulatur. Vermehrtes Herzbeutel-
wasser. Starke Fiillung der Kbrpervenen. Hyper&mie der Lungen und
Nieren. Tumor der Leber, jedoch nicht der erweichten Milz. Entztindung
des Gekrbses des Diinndarmes, der diffus gerotet war. Schleimhaut des-
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458
Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
selben stark pathologisch verandert; sulzig-blutig infiltriert, zum Teil
abgelost. GroBe Mengen Blutes im Diinndarmlumen. Inhalt des katar-
rhalisch entzurideten Dickdarmes von fast weicher Ivonsisteuz und
dunkler Farbe.
Auf Grund der mikroskopischen und kulturellen wie auch Inipf-
versuche wurde die Diagnose Milzbrand gestellt.
Versuch 29.
Bei einer 3 Jahre alten kraftigen Taube suchte ich zu erproben. ob
ein Schwachezustand die Infektion begiinstigt. Betreffende Taube zeigte
namlich regelmaBig nach dem Eierlegen Starke Mattigkeit. In einem
solchen Zustaud benutzte ich die Taube zum Versuche. Taglich fiitterte
ich 2 Belage von Agarstrichkulturen mit Milzbrand. Trotz diesen Fiitte-
rungen zeigte die Taube nur geringe Krankheitserscheinungen. Es
gelang erst nach der 12. Fiitterung mit Milzbrand, den Tod des Tieres
herbeizufuhren, nachdem ich nocli eine kiinstliche Schwachung durch eine
Hungerkur und einer Zugabe von einer weiteren Milzbrandkultur taglich
herbeigefiihrt hatte. Bis kurz vor dem Tode ging die Taube lebhaft ira
Kafig umher. Der Tod erfolgte plotzlich.
Sektionsbefund.
Abmagerung und kein AusfluB aus dem Schnabel und der Kloake.
Unterhautbindegewebe stark sulzig infiltriert. Kein Milztumor, jedoch
Lebertumor und Blutungen unter der serosen Kapsel der Leber. In-
jektion der GefiiBe des Herzen und der des Diinndarmgekrbses. Hamor-
rhagische Infiltration der Dunndarmschleimhaut. Blutextravasate im
Diinndarmlumen. Anamie des Mastdarmes; sein Inhalt dickfliissig.
In s£mtlichen Ausstrichpr¶ten aus den einzelnen Organen fanden
sich reichlich Milzbrandst&bchen in jedem Gesichtsfelde. Die ViruleDZ
dieser geimpften Mausen gegeniiber war groB. Auf Agarplatten gingeu
typische Milzbrandkolonieen auf.
Folgende Tabelle gibt in Kiirze die Resultate der Versuche mit
Tauben.
Tabelle III.
Fall
Oefiittert wurde
Tod er-
folgte am
Tage
Tod 08-
ursache
Impftiere
1
Tage i
Kulturen |
j gestorben
an
1
Taube, 2 Monate alt
4
1 tagl.
4
Milzbrand
alle
geimpften
Mause
Milzbrand
2
Taube hungert 6 Tage
vor der Fiitterung mit
Milzbrand, 2 Jahre alt
10
2 „
11
n
dgl.
II
3
Taube hungert nach
der Milzbrandfiitterung,
2 Jahre alt
4
2 .,
5
>»
V
II
4
Taube diirstet 7 Tage
nach der Fiitterung,
2 Jahre alt
14
2 „
14
II
If
5
Taube krankelt vor der
Fiitterung, 3 Jahre alt
12 18
'|4
2 „ 1
3 „ \
12
»»
».
II
Alle 5 Tauben starben an Milzbrand.
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fiitterung.
459
Die Ergebnisse dieser Tabelle liefern den Beweis fiir die Behauptung,
daB unter dem Geflugel die Tauben die groBte Anlage und Empfang-
lichkeit fiir Milzbraud besitzen. Am leichtesten lieBen sich auch hier
wieder die jungeren Tiere infizieren. Von groBerem EinfluB als das
Diirsten auf die Infektion vom Darine aus war das Hungern, und zwar
war die Hungerkur nach der ersten Fiitterung (s. Canalis und Mor-
purgo) mit Milzbrand bei den Tauben von groBerer Bedeutung, als
die Ilungerperiode von 6 Tagen vor der Milzbrandfiitterung.
V. SchluBsStze.
Wie wenig das Geflugel, besonders die Hiihner und Enten, fiir Milz¬
brand empfanglich sind, ist aus obigen Versuchen zu entnehnien. Es
gelang mir in 29 Fallen (20 Hiihnern, 4 Enten, 5 Tauben) uur bei 7 Tieren
(2 Hiihnern, 1 Ente und 5 Tauben) durch Fiitterung mit Impfmaterial
Milzbrand zu erzeugen. In all diesen Fallen konnten in alien Organen
typische Milzbrandbacillen nachgewiesen werden. Es gingen also 10 Proz.
der geimpften Hiihner, 25 Proz. der Enten und 100 Proz. der Tauben,
im Durchschnitt 24,13 Proz. aller geimpften Tiere an Milzbrand ein *).
Ferner verendeten nocli eine Reihe von Tieren an eiuer Enteritis
haemorrhagica, bei denen aber bakteriologisch Milzbrand nicht nachzu-
weisen war, deren Sektionsbefunde aber denen der an Milzbrand ein-
gegangeuen Tiere sehr ahnelten. Der Prozentsatz dieser Tiere ist bei
Hiihnern 50 Proz., bei Enten 25 Proz. Weitere 30 Proz. der Hiihner
und 25 Proz. der Enten iiberstanden die Milzbrandfiitterung.
Wie laBt sich nun der hohe Prozentsatz der Tiere, die an hamor-
rhagischer Diinndarmentziindung ohne Milzbrandbacillennachweis ver¬
endeten, erklarenV
Es ist bemerkenswert, daB die klinischen Bilder und die Sektions¬
befunde (schwere hamorrhagische Diinudarmentziindung neben geringeren
pathologischen Veranderungen der anderen Organe) bei all diesen Tieren
ziemlich dieselben waren und den pathologisch-anatomischen Befunden
der Tiere, bei denen Milzbrand durch das Mikroskop und Impf- und
Kulturversuche festgestellt wurden, und dem klinischen Verlauf der Krank-
heit sehr gleichen.
Diese Beobachtungen legen mir den Gedanken nahe, daB der Tod
dieser Tiere auch infolge der Milzbrandfiitterung eintrat.
Anfanglich glaubte ich, daB die Ursache des haufigen Eintreteus
dieser Diinndarmentziindung in meiner Versuchsanordnung liege, d. h. sie
riihre schlieBlich von der laugen Hungerkur Oder von dem Umstande
her, daB die Tiere nach l&ngerer Hungerperiode vermehrt Nahrung auf-
nahmen und dadurch eine entziindliche Reizung des Darmes hervorgerufen
wurde. Jedoch der Umstand, daB auch bei solchen Tieren, die nicht
hungerten und kein Glaspulver erhalten hatten, bei denen die Entzundung
nicht auf diese Faktoren zuriickgefiihrt werden konnte, d. h. auch bei
solchen Tieren, die nur vegetabiliscbe Nahrung und Milzbrand, und bei
solchen, die nur Milzbrand neben gewohnlicher Ernahrungsweise erhielten,
die gleich starken hamorrhagischen Darmentziindungen beobachtet wurden,
lieB darauf schlieBen, daB die vermutlichen Griinde nicht allein die Ur¬
sache dieser todlich wirkenden Darmentziindung waren.
Urn vollst&ndige GewiBheit iiber die Folgen der Hungerkur zu er-
langen, stellte ich folgende Versuchd an:
1) Fall 7 und 19 sind nicht eingerechnet (s. eigene Versuche. p. 446 und 451).
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460
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
1) Ein gut genahrtes Va'j^hriges Huhn versetzte ich 8 Tage lang in
Hungerzustand. Hierauf chloroformierte ich das Tier zu Tode und
nahm die Sektion vor. AuBer einer leichten diffusen Rotung des ganzen
Darmes, deren Intensitat jedoch nicht in Vergleich mit den Befunden
bei dem vereudeten Versuchstiere zu ziehen war, konnte ich nichts an
der Schleimhaut des Digestionsapparates und an den anderen Organen
finden.
2) Ein stark entwickelter V-^jjtfmger Hahn hungerte 10 Tage und
erhielt darauf geniigend Nahrung vorgesetzt. Der Hahn nahm dieselbe
gierig auf, es kommen keine Storungen im Allgemeinbefinden vor, viel
weniger trat der Tod bei dem Tiere ein.
Daraus ist ersichtlich, daB diese hamorrhagischen Diinndarmentzun-
dungen, die den Darmentzundungen der an Milzbrandinfektion einge-
gangenen Tiere stark ahnlich waren, nicht auf die Versuchsanordnung
zuriickzufiihren sind, sondern doch in ursachlichem Zusammenhang mit
der Milzbrandfiitterung gestanden haben. Hiermit waren auch die
Sektionsbefunde des O.-A.-Tierarztes Kienzle, Marbach, bei dem aus
seinem Oberamt eingesandten Gefliigel und die Ansicht der Landwirte,
daB es sich bei diesen verendeten Tieren urn Milzbrand handelte, in
Einklang zu bringen. Bekanntlich (s. Einleitung) konnte Kienzle bei
diesen Tieren bakteriologisch Milzbrand nicht nachweisen, sondern nur
eine hamorrhagische Diinndarmentzundung bei leichter Schwellung der
Parenchyme finden.
Ob diese todlich wirkende Diinndarmentzundung der Tiere ohne Milz-
brandbacillennachweis nun durch Reizung des Darmes durch das Milz-
brandgift (Toxine?) und der Tod durch Intoxikation eintritt, bleibt noch
Sache genauerer Untersuchungen und Beobachtungen.
Als lokalen Darmmilzbrand fasse ich diese Enteritis haeinorrhagica
nicht auf, da in weitaus den meisten Fallen der Nachweis von Milzbrand-
bakterien weder durch mikroskopische Untersuchungen noch auch durch
Impfversuche gelang und zur Diagnose Milzbrand mindestens der Nach¬
weis von Bacillen oder Sporen an der Irapfstelle, hier Darm, notig ist.
Czaplewski fordert ihn in dem Oedem der Impfstelle oder einer
„aquivalenten Wucherung im MuskeU. Frank und Lubarsch stellten
n&mlich fest, daB der Uebergang der Bacillen ins Blut relativ spat erfolgt
und bei Tauben selbst ausbleiben kann.
Eher lieBe sich diese Erscheinung vielleicht so erklaren. Je nach
Menge und Virulenz des Milzbrandstoffes gestaltet sich die entstehende
Diinndarmentziindung und die pathologischen Veranderungen der Darm-
schleimhaut, und je nach dem Grade der Empfanglichkeit und dem
korperlichen Zustande, in dem sich das betreffende Tier gerade befindet,
richtet sich die Widerstandsfahigkeit.
In den Fallen, bei denen das Tier verendet, ohne sich mit Milzbrand
infiziert zu haben, besaB das Blut wohl bakterizide Wirkung, d. h. die
Fahigkeit, samtliche Bacillen zu vernichten, nicht aber die Fahigkeit,
dem toxischen EinfluB der nun aus den Bakterienleibern freiwerdenden
Gifte (Endotoxine) zu widerstehen. Der Tod kbnnte also indirekt infolge
der Milzbrandfiitterung durch Intoxikation der Zerfallsprodukte (Endo¬
toxine), der Bakterienleiber und der gebildeten Gifte der Bacillen (echte
Toxine) eingetreten sein.
Es ist ja auch nachgewiesen, daB die Injektionen von toten Bakterien-
kulturen den Organismus schwer schadigen und den Tod nach kflrzerer
oder laugerer Zeit durch eine chronische Intoxikation herbeifUhren kflnnen.
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fiitterung.
461
Nach Arloing, gibt Cz a pie w ski an, ist es moglich, mit keimfreien
Filtraten von Bouillonkultur des Bacillus anthracis junge Lannner
zu tbten.
In den Fallen schwerer Erkrankung nun, wo dem Blute des Korpers
die ihm in gesundem Zustande innewohnende bakterizide Wirkung fehlt
und auch bei jungen Tieren, die nach Ansicht der Forscher (Trapezni-
koff und Wagner) auch nicht die voile Energie, gegen Bakterien an-
zukampfen, wie der erwachsene Korper besitzen, und bei solchen Tieren,
die fur eine Infektionskrankheit empfanglicher sind, kampft der Korper
wohl gegen die Infektion durch gesteigerten BlutzufluB an, ist aber ver-
moge dieser Umstande nicht imstande. das Eindringen der Bacillen zu
verhindern. Die Sporen wachsen zu Bacillen aus, vermehren sich und
dringen durch die entzundete Dunndarinschleimhaut in den Korper ein,
d. h. der lokale Milzbrand geht in eine allgemeine Milzbrandinfektion,
Bakteriamie, iiber.
Es sprechen hierfiir die Falle der an nachgewiesenem Milzbrand
eingegangenen Tiere, wie der kranke Hahn (Versuch 1), das junge Hahn-
chen (Versuch 20), die junge Ente (Versuch 23) sowie die Falle der
empfanglichen Tauben (Versuch 25, 26, 27, 28 und 29).
Ueber die Sektionsbefunde dieser letzteren Tiere ist im allgeraeinen
zu berichten, daB die pathologischen Veranderungen durch den Milzbrand
in dem Unterhautbindegewebe, dem Diinndarmgekrose und im speziellen
in der Dunndarmschleimhaut die auffalligsten und heftigsten waren. Die
anderen Korperparenchyme waren immer nur leicht betroffen. Es fehlte
gewohnlich eine st&rkere Schwellung und VergroBerung der Milz; es
zeigten sich nur eine dunklere Farbung und Erweichung derselben,
walirend die Leber ofters fleckig verfflrbt und deren Rander abgerundet
waren.
Auch Oemler, Spinola, Heusinger, Koch u. a. berichten,
daB bei den naturlichen und kiinstlichenMilzbrandf&llen vom Darm aus beim
Gefliigel und anderen Tieren die hauptsachlichsten Veranderungen den
Diinndarm betrafen. Besonders Koch wies auf die schweren entzund-
lichen Veranderungen und Blutergiisse ins Darmlumen bei der Infektion
vom Darm aus bei seinen Versuchstieren hin. Mit den Befunden von
Koch, daB diese Lokalisationen der Veranderungen an der Impfstelle
besonders stark bei den weniger empfanglicheren Tieren sind, stimmen
auch meine Beobachtungen bei dem wenig disponierten Gefliigel iiberein.
Und zwar fand ich, daB je groBer die Dauer der Einwirkung des Milz-
brandgiftes auf die Darmschleimhaut war, d. h. je ofters Milzbrand ge-
fiittert wurde, desto starker die Darmentziindung ihrem Grad und Aus-
dehnung nach war und desto groBer auch die Blutextravasate. Auch
schien mir der Sitz der heftigsten Entztindung um so weiter hinten im
Darmabschnitt zu sein, je spiiter der Tod erfolgte.
Fur die auBerordentlich groBe Geschwindigkeit und Intensitat der
Wirksamkeit, mit welcher das Huhn die Milzbrandbacillen zu toten ver-
mag (Hess und Thiltges), sprechen auch meine Befunde. Bei Huhn
(Versuch 7), dessen Kropfinhalt, auf Mause iibertragen, noch Milzbrand
bei diesen erzeugte, konnten weder Milzbrandbacillen, noch Milzbrand-
sporen in den Ausstrichpraparaten aus dem Darm gefunden werden, und
es verliefen auch die Impf- und Kulturversuche mit Material aus dem
Darm erfolglos. Auch die anderen Befunde bei den Tieren, die an
hamorrhagischer Dimndarmentziindung verendeten, bestatigen diese Be-
obachtung.
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Hofherr, Milzbrandinfektion des Gefliigels durch Fiitterung.
463
III. Tauben, Enten untl Hiihner sind vom Darme aus mit Milzbrand
zu infizieren, und zwar Tauben leichter als Enten und Hiihner.
IV. Zur kiinstlichen Infektion vom Darme aus sind grofie Mengen
Milzbrandsporen notig.
V. Begiinstigende Momente fur die Infektion sind:
a) Inanition, b) Krankheit, c) Jugend.
SchlufJ.
Zum Schlusse sei es mir gestattet, an dieser Stelle Herrn Prof.
Dr. Reinhardt fur sein stets wohlwollendes Interesse, das er an dieser,
auf seine freundliche Anregung hin entstandenen Arbeit nahm, meinen
verbindlichsten Dank auszusprechen.
Literatur.
1) Bongert, Bakteriologische Diagnostik der Tierseuchen fur Tierarzte und Studierende
der Tierheilkunde.
2) Bollinger u. Kitt, Zur Aetiologie des Milzbrandes. (Sitzungsber. d. Gesellsch.
f. Morphol. u. Physiol, i. Miinchen. 1885.)
3) Bran ell, s. Oemler. Bd. 5. p. 202.
4) Buchner (Ref.), Ueber die bnkterientotende Wirkung des zellenfreien Blutserums.
iCentralbl. f. Bakteriol. Bd. 6.)
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6) Chabert, s. Heusinger. p. 681.
7) Colin (Ref.), Camistatter Jahresber. Jahrg. 13. p. 602.
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13) Friedberger u. Frohner, tSpezielle Pathologie und Therapie der Haustiere.
6. Aufl.
14) Greve, s. Heusinger. p. 681.
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Bd. 1.)
21) -, Ueber Milzbrandimpfung, Entgegnung auf den von Pasteur in Genf ge-
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22) Koch, Gaffky, Loeffler, Ex peri men telle Studien liber Infektion durch Fiitte¬
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23) Laubender, s. Heusinger. p. 682.
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25) -, Ueber die bakterienfeindliche Eigenschaft des Blutes. (Centralbl. f. Bakteriol.
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P* 65.)
27) Nuttall, Arch. f. path. Anat. u. Physiol, u. f. klin. Med. Bd. 5. p. 378.
28) Oemler, Experimentelle Beitrage zur Milzbrandfrage. (Arch. f. wissenschaftl. u.
prakt. Tierheilk. Bd. 2—5. 1879.)
29) Oppermann, Experimentelle Beitrage zur Aetiologie der natiirlichen Milzbrand-
falle. [Inaug.-Diss.] GieBen 1905.
30) Pasteur, Annal. de 1’Inst. Pasteur. T. 1. 1890. p. 570.
31) Perroncito, Sur la transmission du charbon par les voies dig^rantes. (Jahresber.
Ellenberger u. Schiitz. 1885.)
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464 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
32) Petruschky (Ref.), Der Verlauf der Phagocy ten-Kontro verse. (Centralbl. f. Bakt.
Bd. 9.)
33) Renault, s. Oemler. Bd. 5. p. 202.
34) Sacchi (Ref.), Centralbl. f. Bakteriol. Bd. 11. 1892. p. 678.
35) Sawtschenko, Zur Frage iiber die Immunitat gegen Milzbrand. (Centralbl. f.
Bakteriol. Bd. 9. p. 73, 493 u. 528.)
36) Schneidemiihl, Spezielle Pathologie und Therapie der Haustiere. 1907.
37) S pi no la, Handbuch fiir spezielle Pathologie una Therapie. 1863.
38) Tnalwitzer, s. Oemler. Bd. 5. p. 181.
39) Thiltges, Immunitat der Hiihner und der Tauben gegen Milzbrand. (Zeitschr.
f. Hyg. Bd. 28. 1898.)
40) Trapeznikof f, Du sort des spores des microbes dans l’organisme animal. (Annal.
de I’lnst. Pasteur. T. 2. 1891.)
41) Wagner, Le charbon des poules. (Annal. de 1’Inst. Pasteur. T. 1. 1S90. p. 570.)
42) Weidroth, s. Oemler. Ba. 30. p. 203.
43) Ziirn, Krankheiten des Hausgeflugels. Leipzig 1882.
Nachdruck verbolen.
Einfluss der Misch- und Sekundarinfektion auf den Rotlauf-
bacillus und die Rotlaufimmunitat
[Aus dem bakteriologischen und Serum-Institut zu Landsberg a. d. W.
(Vorstand: Dr. Schreiber).]
Von Dr. Hans Falk.
Die Frage der Misch- und Sekundarinfektion besitzt nicht nur ein
wissenschaftliches, sondern auch ein praktisches Interesse. Durch die
ungeahnten Erfolge einer mit den vollkommensten technischen und
wissenschaftlichen Mitteln arbeitenden bakteriologischen Forschung haben
sich unsere Kenntnisse iiber die Aetiologie der Infektionskrankheiten
iramer mehr erweitert, wir sind heute in der Lage, jede Infektionskrank-
heit auf einen spezifischen Infektionserreger zuriickfiihren zu konnen.
Die Spezifitat der Infektionskeirae ist heute wissenschaftliches Dogma,
trotz mancher Erscheinungen, die dem zu widersprechen scheinen. Ich
erinnere an die Tatsache, daB Menschen jahrelang in iliren Darmentlee-
rungeu Typhuskeime ausscheiden konnen, im wahrsten Sinne des Wortes
Typhustrager sind, ohne selbst an Typhus zu erkranken. Nach den
Untersuchungen von Olt (1), Jensen (2) und Pitt (3) ist das Vor-
kommen von Rotlaufbacillen im gesunden Darme des Schweines ein
normaler Befund, und trotzdem ist desselben Gegenwart nicht a priori
gleichbedeutend mit dem Ausbruche der Krankheit. Es sind gewisse
Hilfsmomente, die fiir das Auftreten von Krankheitserscheinungen pra-
disponierend wirken: wie z. B. Unterernahrung, Erkaitung, natiirliche
Disposition, Inzucht etc. Ein weiteres und sehr wesentliches Moment
miissen wir aber in dem Einflusse anderer Bakterienarten suchen, die,
vielleicht selbst nicht pathogen, dem prirndren Krankheitserreger Ge-
legenheit zur rapiden Vermehrung bieten. Der Begriff der Pathogenitat
ist nur ein relativer, indem an sich nicht virulente Mikroben unter ge-
wissen Verhaitnissen pathogen wirken konnen. Kitt (4) auBert sich
daruber folgendermaBen: „Man ist sonach berechtigt, anzunehmen, daB
die in Mund und Rachenhohle so gewbhnlich vorhandenen Sputum-
bakterien (Bacillus suisepticus, der Verf.) bei gesunden Tieren im
Magen zugrunde gehen oder bei intakter Magen- und Darmschleimhaut
gleich anderen Darmbakterien (Coli-Gruppe, Oedembacillen, Totanus-
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Falk, Einflufl der Misch- und Sekundarinfektion auf den Rotlaufbacillus etc. 465
sporen) nicht aggressiv werden konnen, daB dagegen Darmiasionen Ein-
gangspforten fiir diese eventuellen Septikamieerreger darstellen, geradezu
Brutstatten derselbeu sind. a Jensen (5) ist der Ansicht, „daB die normal
im Darm befindlichen C oli-Bacillen unter gewissen Umstanden virulente
Eigenschaften erwerben oder daB sich unter dem Gewimmel unschad-
licher C oli-Bacillen eine geringe Anzahl einer oder mehrerer patho-
gener Coli-Forinen findet, die unter gewohnlichen Verhaltnissen von
den Massen der nicht virulenten zuruckgedr&ngt werden, die unter be-
sonderen Verhaltnissen Bedingungen fiir ihre Entwickelung antreffen,
daB sie die Oberhand gewinnen konnen und dadurch eine Enteritis
erregen a .
Daraus geht hervor, daB zwischen den einzelnen Bakterienspezifitaten
Wechselbeziehungen vorhanden sind oder entstehen konnen, die wir eben
als Mischinfektion bezeichnen. Poels (6) weist auf die haufige Kom-
plikation der Kalberenteritis mit Nabelinfektion durch Streptokokken
oder Coli hin, so daB es oft geradezu unmoglich erscheint, zu ent-
scheiden, ob ein einfacher Fall von Darminfektion oder eine solche ver-
bunden mit sekundarer Nabelinfektion vorliegt. Man findet bei Kalbern,
die an Ruhr erkrankten und davon genesen oder langsam dahinkranken,
haufig Gelenksentziindungen oder nekrotisierende Prozesse in der Lunge
auftreten, die man analog den Verhaltnissen in der Menschenpathologie
hauptsachlich einer sekundaren Streptokokkeninfektion zuschreiben muB.
Selten nur ist das Bild der primaren oder eigentlichen Infektionskrank-
heit rein zu finden, und nur zu oft erschwert das Hinzutreten von
Sekundarinfektionen die Differentialdiagnose. Ich erinnere nur an die
sogenannte Pseudocolibacillose des Kalbes, die durch einen der Para-
typhusgruppe zugehorenden Bacillus verursacht wird, die aber haufig
das Bild einer Sekundarinfektion mit Streptokokken bietet. Schmitt (7)
hatte Gelegenheit, an Bakterien aus der Paratyphusgruppe und einem
der Fleischvergiftungsgruppe nahestehenden Infektionserreger nachzu-
weisen, daB dieselben in der Lage sind, von der Schleimhaut der oberen
und mittleren Luftwege, von der Haut, nicht aber von dem Verdauungs-
schlauche in den Organismus einzudringen, und er schliefit, daB diese
nicht nur bei Ruhr, sondern auch bei der septischen Pneumonie der
Kaiber eine bedeutende Rolle spielen. Nach B a B - Gorlitz (8) findet man
in der Lunge von Schweinen, die an Pneumonie eingegangen sind, oft-
mals die verschiedensten Bakterienarten, wie Nekrosebacillen, Coli und
Streptokokken. Man darf diese Mikroben nicht immer als harmlose
Begleitbakterien oder als postmortale Eindringlinge ansehen, sondern
muB ihnen eine pathogene Wirkung zusprechen in dem Sinne, daB sie
einen EinfluB auf die Schwere des Krankheitsverlaufes ausiiben. Den
Typus einer Mischinfektion in unserer Tierpathologie erblicken wir in
dem kombinierten Auftreten von Schweineseuche und Schweinepest.
Diese Erscheinung ist so haufig, daB man von einer septikatnischen Form
der Schweinepest sprach und das Auftreten reiner Schweineseuche be-
zweifelte.
Erst die bahnbrechenden Arbeiten von Uhlenhuth, Hiibner,
Xylander (9), Hutyra (10) und Ostertag (11) haben auf diesem
Gebiete Klarung geschafft. Es ist sonach erwiesen, daB das ultravisible
Virus der Schweinepest die bekannten Lungenveranderungen der Schweine¬
seuche auslosen kann, ohne daB man in solchen Fallen unbedingt eine
Mischinfektion mit Schweineseuche in Betracht ziehen miifite. Aber
durch diese Feststellung ist die Moglichkeit eines gleichzeitigen Auf-
Erste Abt. Orig, Bd. 55. Heft 6. 30
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
tretens beider Krankheiten nicht ausgeschlossen, und es gibt tats&chlich
Best&nde, in denen keine der beiden Seuchen allein aufzutreten pflegt.
Dafi bei beiden Infektionskrankheiten auch andere Darmbakterien, wie
der Bac. enteritidis Gartner, der Glassersche (12) typhusahnliche
Bacillus und manche Coli-Stamme, eine ernste Bedeutung erlangen
konnen, ist erwiesen, und gerade die Untersuchungen der letzten Zeit r
die sich an die Feststellung der ultravisiblen Natur des Sclnveinepest-
virus anschlossen, haben bewiesen, daB es selir schwierig ist, den mikro-
skopischen Befund in solchen Fallen richtig zu deuten.
Ebenso haufig ist das gleichzeitige Auftreten von Rotlauf und
Schweinepest beobachtet worden. Preisz (13) erwahnt, daB gerade
die durch den Bac. suipestifer bewirkten Darmulcerationen ein Ein-
dringen des Rotlaufbacillus erleichtern, zumal letzterer ein gewohulicher
Saprophyt im gesunden Darme des Schweines ist. Bei der Neigung der
erw&hnten Infektionskrankheiten des Schweines, heute mehr chronischen
Verlauf zu nehmen, ist gerade bei einer aktiven Immunisierung gegen
Rotlauf mit lebenden Rotlaufbacillen die Gefahr sehr naheliegend, ein
Akutwerden der primar vorhandenen chronischen Seuche zu verursachen
oder aber der Organismus des Inipftieres ist durch die schleichende
Krankheit bereits derart geschwacht, daB die Moglichkeit eines Auftretens
von Impfrotlauf sehr naheliegend ist.
Darauf sind wold haupts&chlich viele ImpfmiBerfolge zuriickzufiihren.
Rieckmann (14) begriindet alle MiBerfolge damit, daB er allgemeine
Verseuchung mit Pest und Schweineseuche vermutet. In seiner Be-
griindung fiihrt er folgendes an: „Beim Zustandekommen der sogenannten
Mischinfektion nach Simultanimpfungen ist in der Regel Pest oder Seuche
das Primare. Die Rotlaufimpfkrankheit kommt sekundar im bereits
primfir chronisch an Seuche oder Pest erkrankten Organismus hinzu und
veranlaBt nun ein Aufflammen, ein Akutwerden der chronischen Er-
krankung oder die Rotlaufbacillen gewinnen in dem geschwSchten Orga¬
nismus die Oberhand. Besonders letzterenfalls liegen oft nur die gering-
sten pathologisch-anatomischen Veranderungen der chronischen Prim&r-
krankheit vor. Die Richtigkeit wird damit bewiesen, daB bei Ausbruch
von vermeintlichem Rotlauf infolge der Simultanimpfung nicht das Rot-
laufserum einen Heileffekt ausiibt, sondern das Schweineseucheserum.“
Wenn auch in Milz und Leber eines an Impfrotlauf gefallenen Schweines
Rotlaufbacillen gefunden werden, so ist mit der Konstatierung dieses
Befundes keineswegs das Nichtvorhandensein einer Mischinfektion er¬
wiesen. Aus diesen Erwagungen heraus ist die Stellungnahme Miess-
ners(15) nicht zu rechtfertigen, wenn er geringgradigen Befunden und
Residuen chronischer Seuche oder Pest wenig Bedeutung beilegt. Wenn
auch in vielen oder den meisten Fallen ein Akutwerden der Primar-
krankheit nicht zu beobachten ist, so ist man doch berechtigt, eine
SchwSchung des Organismus anzunehmen und die Moglichkeit eines Auf¬
tretens von Impfrotlauf sehr naheliegend. Die tierarztliche Erklarung,
daB der Bestand zur Zeit der Impfung seuchefrei gewesen, ist doch sehr
subjektiver Natur. Diese Erw&gungen erkl&ren viele auftretende MiB¬
erfolge viel ungezwungener als die Annahme, daB Kulturen oder Serum
minderwertig und mangelhaft sind.
Die Institute haben doch alle Veranlassung, nur einwandfreies
Material hinauszugeben, denn die Entsch&digungspflicht ist hierfilr die
beste und standigste Kontrolle. Auf das N&herliegende vergiBt man so
gerne, und gerade die lokalen Entziindungserscheinungen an der Impf-
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Falk, EmfluB der Misch- und Sekundarinfektion auf den Rotlaufbacillus etc. 467
stelle und deren Unigebung sollten die Aufmerksamkeit darauf lenken,
peinliche Anti- und Asepsis zu beachten. DaB derartige Reaktionen den
immunisatorischen Vorgang irn Organismus nicht giinstig beeinflussen,
daB zum mindesten ein normaler Impfschutz wesentlich verkurzt wird,
ist kaum zu bezweifeln. Und dock, wo bleibt in der Praxis die Asepsis?
Gerade wenn man aus der Praxis kommt, empfindet man die peinliche
Genauigkeit, die in den Instituten bei alien immunisierungstechnischen
Arbeiten beobachtet wird, fast befremdend.
GewiB, es ist schwer, bei Massenimpfungen auch nur grobste Rein-
lichkeit zu beachten, aber die Tatsache, daB durch die infolge und mit der
Impfung zugleich entstehenden Mischinfektionen eine aktive Immunitat
erschwert wird, sollte auch bei Impfungen unter den ungiinstigsten Ver-
haltnissen nie aus dem Auge gelassen werden. Schreiber hat auf der
diesjahrigen Naturforscherversammlung darauf hingewiesen, welche Rolle
bei Rotlaufimpfungen den so h&ufig beobachteten Misch- und Sekunddr-
infektionen durch Pydmie- und Septikamieerregern zukommt.
Historischer Riickblick.
Vor den Zeiten Kochscher Forschung hielt man das Zusammen-
wirken verschiedener Bakterien notwendig, um das Bild einer spezifischen
Infektionskrankheit zu erhalten (Symbiose). Erst mit dem besseren Ver-
standnis iiber das Wesen der Infektionskrankheiten entwickelte sich die
Anschauung iiber die Spezifitat der einzelnen Infektionserreger. Wir
kennen keinen einzigen, der nicht allein befahigt ware, die spezifische
Krankheit hervorzurufen. Selbst beim Tetanus, der zum Auslosen der
bekannten Krankheitserscheinungen gewisser Hilfsmomente bedarf, liegt
dies in seinen biologischen Wachstumsverhaitnissen, nur unter Sauerstoff-
abschluB zu gedeihen, begriindet. Diese Hilfsmomente kann eine ein-
fache Fraktur, ein Oedem ebensogut bieten als die Anwesenheit anderer
Bakterienarten (Wassermann). Wenn auch sonach ein Mitwirken
anderer Bakterienarten nicht unbedingtes Erfordernis ist, so kommen
doch gewisse Bakterienassoziationen vor, denn in Kulturversuchen aus
kranken Tieren finden wir haufig Begleitbakterien. Es kann sich der
primaren Infektion eine sekundare anschlieBen, ja es kann vorkommen,
daB der primare Infektionserreger lokalisiert bleibt, wahrend der sekun¬
dare sich im Organismus verbreitet. So diirfen wir z. B. bei Scharlach,
Maseru, Muskelrheumatismus aus dem Vorhandensein von Streptokokken
keineswegs schlieBen, in diesen den eigentlichen und primaren Infektions-
keim gefunden zu haben. Ueber die Wirkung verschiedener Bakterien¬
arten aufeinander liegen zahlreiche Untersuchungen vor (18). Die Ver-
suchsanordnung geschah derart, daB man gewisse Bakterien auf dem-
selben Nahrboden wachsen lieB oder den EinfluB der durch ein Bakterium
auf einem Nahrsubstrate geschaffenen Veranderungen auf eine andere
Bakterienart prufte. Bei gleichzeitigem Einimpfen zweier Bakterien-
spezifitaten in ein Nahrsubstrat wird naturgemaB diejenige Kultur iiber-
wuchern, die in dem Nahrboden die ihr zusagenden Existenzbedingungen
(Reaktion, Konzentration, Temperatur, Sauerstoffzutritt etc.) findet.
Fernerhin kann ein gewisser Antagonismus auftreten. So beobachtet
man bei Kulturversuchen aus Typhusstiihlen, daB der Typhusbacillus
ganz und gar zuruckgedrangt wird. Ebenso wird der Pestbacillus durch
Streptokokken vollstandig uberwuchert, selbst dann, wenn er im Aus-
saatmaterial in 100-facher Menge vorhanden war (zitiert nach Kolle-
Wassermann). Staphylococcus aureus hemmt den Pyocya-
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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 55. Heft (j.
neus (Cornil und Babes), Typhus ist Antagonist gegen Milzbrand.
Garr6 unterscheidet zwischeu einseitigem und wechselseitigem Ant-
agonismus. Es existiert nicht bloG ein Antagonisinus des Wachstums,
sondern auch der Funktion, d. h., es entwickeln sich zwar die ver-
schiedenen Bakterienarten ungestort nebeneinander, aber gewisse Stoff-
wechselprodukte bleiben aus, sei es, daB ihre Bildung iiberhaupt aus-
bleibt, sei es, daG sie von den Begleitbakterien sofort verzehrt und
verbraucht werden. So z. B. hemmt der Eiterbacillus die Farbstoffbildung
des Pyocyaneus (Schiinmelbusch und Muhsam, Krause und
Kolle-Wassermann). Hier muG auch die giinstige Einwirkung der
Bierhefe auf die Eiterkokken erwahnt werden. Alle Ursachen all dieser
Hemmungserscheinungen finden ihre Erklarung mit der Annahme, daG
entweder eine Aenderung der Reaktion aufzutreten pflegt, die durch
Neutralisation wieder beseitigt werden kann, Oder aber, daG gewisse
fliichtige oder labile Stoffwechselprodukte auftreten, die durch Kochen
wieder entfernt werden konnen (Bitter). Andererseits treten auch ge¬
wisse fermentartige Korper auf, die die Begleitbakterien aufzulosen im-
stande sind (Pyocyanase nach Emmerich und Loew). Seltener sind
die Faile gegenseitiger Begiinstigung. Buchner fand, daG Cholera-
bacillen am besten auf sterilisierten Nahrboden wachsen, die schon
einmal zu Cholerakulturzwecken benutzt worden waren. Carnot konnte
konstatieren, daG Tuberkulin das Wachstum des Tuberkelbacillus giinstig
beeintluGt. In diesen Fallen sind es also gewisse Stoffwechselprodukte,
die wachstumfordernd wirken. Aber auch gewisse Bakterienassoziationen,
gemeinhin Mischinfektionen, konnen sich gegenseitig im Wachstum oder
in der Virulenz giinstig beeindussen. Diese Mischinfektionen konnen
dadurch zustande kommen, daG entweder von vornherein mehrere In-
fektionskeime vorhanden sind, wie dies beim Tetanusinfektionsmaterial
die Regel ist, oder aber es konnen an der Eingangspforte andere Mikroben
haften, wie z. B. Streptokokken. Baumgarten bezweifelt iiberhaupt
das Vorkommen einer reinen Diphtheritis ohne Hinzukommen einer
sekundaren Streptokokkeninfektion. Fiir das so haufig beobachtete Zu-
standekommen von sogenannten Sekundarinfektionen kommt vor allem
in Betracht, daG durch die lokalen Wirkungen des primaren Infektions-
erregers Eintrittspforten fiir Bakterienarten geschaffen werden, fiir deren
Eindringen die gesunde Haut oder Mucosa ein Hindernis ist. So ist es
leicht erklSrlich, daG wir bei infektiosen Leiden, welche mit ulcerativen
Vorgangen im Organismus einhergehen, wie Tuberkulose (Koch), Typhus
(Wasserinann), Dysenterie (Kruse und Pasquale) ein Eindringen
von anderen Bakterien an den der Epithelschicht beraubten Stellen be-
obachten. Daneben kommt in Betracht, daG im Verlaufe der Primfir-
krankheit die natiirlichen Schutzkriifte verbraucht sind, der Gesamt-
organismus geschwacht ist, so daG der Korper dem zweiten Eindringling
keinen nennenswerten Widerstand bieten kann. Brieger und Ehrlich
(nach Kolle-Wassermann) berichten von einem Falle, wonach sie
bei einem Typhuskranken nach Injektion einer mit Oedembacillen zufMlig
verunreinigten Moschuslosung malignes Oedem sich entwickeln sahen,
obwohl unter natiirlichen Verhiiltnissen der Mensch gegen Oedem selir
resistent ist. Alle sich an Masern, Scharlach, Typhus anschlieGenden
Pneumonieen, alle posttyphbsen und postdiphtheritischen Nachkrankheiten
kbnnen wir auf Sekundarinfektionen, hauptskchlich durch Streptokokken,
zuriickfiihren. Roger fand, daG bei prim&rem Erysipel der Pneumo¬
coccus, ein gewohnlicher Mundhbhlenbewohner, bef&higt ist, einzn-
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Falk, EinfluB der Misch- und Sekundarinfektion auf den Rotlaufbacillus etc. 469
dringen und den Organismus anzugreifen. Allerdings ist der Nachweis
einer vorhandenen Misch- und Sekundarinfektion noch nicht geliefert,
wenn wir in den Se- und Exkreten bakterielle Beimengungen erblicken.
Denn es konnen gewohnliche Saprophyten mechanisch den Sekreten auf
ihrein Wege nach auBen beigemengt worden sein. Menge unterscheidet
diesen Fall als Sekretsymbiose (nach Kolle-Wassermann) im Gegen-
satz zu einer wirklichen Gewebssymbiose. Wenn wir z. B. im Lungen-
auswurf eines Phthysikers Streptokokken oder andere Bakterienspezi-
fitaten finden, so ist damit nicht zugleich die Tatsache konstatiert, daB
diese Bakterienarten auch wirklich im kranken Gewebe vorhanden sind.
Schroder und Meunes (nach Kolle-Wassermann) legen in diesen
Fallen Wert auf das tierpathogene Verhalten dieser Sekundarbefunde,
wiihrend demgegeniiber Baumgarten betont, daB eine Virulenz im
Mauseorganismus keinen RiickschluB auf ein analoges Verhalten im
Organismus des Menschen ohne weiteres gestatte. Ueber den EinfluB
von Misch- und Sekundarinfektionen liegen zahlreiche Untersuchungen
vor. Einzelne Autoren glaubten, in dem Auftreten von sekundaren
Bakterien einen giinstigen EinfluB auf den prim&ren Krankheitserreger
erblicken zu diirfen.
Emmerich infizierte Kaninchen zuerst mit Erysipelstreptokokken,
darauf mit Milzbrandkulturen, die Tiere blieben am Leben. Emmerich
und Mattei schlossen daraus auf einen immunisierenden EinfluB der
Erysipelstreptokokken gegen alle Infektionskrankheiten, ja sogar gegen
gewisse maligne Tumoren. Diese und ahnliche Versuche fielen in eine
Zeit, in der unsere Kenntnisse iiber das Wesen der Infektionskrankheiten
und die dabei auftretenden Schutzstoffe ziemlich diirftige waren. Erst
Issaeff (nach Kolle-Wassermann) konnte fur diese scheinbaren
Heil- und Schutzimpfungserfolge eine andere und befriedigende Erklarung
bieten. Er wies nach, daB bei Tieren, welche an sich schon eine ge¬
wisse Resistenz gegen gewisse Infektionserreger besitzen, wie z. B. das
Kaninchen gegen Milzbrand, diese natiirliche Resistenz bedeutend erhoht
werden kann durch Injektion der neutralsten Dinge, wie Bouillon, Ham,
normales Serum. Meerschweinchen ertragen z. B. ein bedeutendes Viel-
fache von Cholerabacillen, wenn ihnen Serum oder Bouillon zugleich ein-
gespritzt wird. Fodor konnte Milzbrand bei Kaninchen durch Soda-
injektion heilen, wenn er jedoch vollvirulente Kulturen benutzte, starben
die Tiere trotzdem. So wurde die Anschauung iiber den giinstigen Ein¬
fluB gewisser Bakterienarten auf den primaren Krankheitserreger bald
verlassen, erst in der neueren Zeit begannen verschiedene Autoren auf
diesem Gebiete wieder zu forschen, wenn auch in einer anderen Richtung.
Sie begannen die Schutz- und Heilwirkung gewisser Bakterienstoffwechsel-
produkte auf andere Bakteriengruppen n&her zu studieren. Besonders
waren es Emmerich und Loew, die auf diesem Felde bedeutende
wissenschaftliche Erfolge errangen. Sie fanden, daB gewisse Bakterien
gewisse Fermente zu bilden imstande sind, welche andere Bakterien auf-
zulosen vermQgen, oder zu agglutinieren.
Besonders ist es der Bac. pyocyaneus, der ein sehr wirksames
proteolytisches Enzym bildet, das unter dem Namen „Pyocyanase u in
der Menschenpathologie schon einige Jahre mit Erfolg verwendet wird.
Bei Diphtheritis und Angina scheint dasselbe nach verschiedenen Mit-
teilungen aus der medizinischen Literatur als lokales Desinfiziens Her-
vorragendes zu leisten. So hat z. B. Emmerich und Schlippe (19)
innerhalb der letzten Jahre viele Falle von Diphtherie mit Pyocyanase
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 6.
mit Erfolg behandelt. Schmidt (20, 21) hat aus der veterinarmedizini-
schen Praxis seine Erfolge an Tieren veroffentlicht und in seinem Ge-
samtresultat spricht er diesem Praparat eine bedeutende Heilkraft bei
manchen Tierkrankheiten zu. Nach Emmerich haben wir zwischen
konformen und heteroformen Nukleasen zu unterscheiden. Erstere sind
Fermente, welche die eigenen Bakterien auflosen, eine Erscheinung, die
das allntahliche Aufhoren des Wachstums einer Bakterienart in einem
Nahrbodeit erkl&rt. Heteroforme Enzyme bilden auch Diphtherie,
Schweinerotlauf (nach Wassermann). Trotz alledem steht fest, daB
wir keine Infektionskrankheit kennen, welche durch eine andere Bakterien-
association gunstig beeinfluBt wird, vielmehr sind uns zahlreiche Krank-
heiten bekannt, welche beim Auftreten von Misch- und Sekundarinfek-
tionen einen schwereren und rapideren Verlauf zu nehmen pflegen, z. B.
Diphtherie, Tuberkulose etc. Babes und Cornil (Wassermann)
nehmen folgende Einteilung der Bakterienarten an, die bei Mischinfektionen
aufzutreten pflegen:
1) Assoziationen glcicher Varietaten, z. B. Staphylococcus aureus und albus.
2 ) Assoziationen von verschiedenen Varietaten (Tetanus und Eitcrerreger).
3) Assoziationen von gleichartig pathogenen Arten (Streptokokken und Diplo-
kokken).
4) Assoziationen zwischen pathogenen und an sich nicht pathogenen Arten (gewisse
Streptokokken und Pyocyaneus).
5) Assoziationen * verschiedener Infektionserreger (Pneuraokokken und Influenza-
bacillen).
6) Assoziationen mit Parasiten, die keine Bakterien sind (bakterielle Dysenterie
mit Amobendysenterie).
7) Assoziationen zwischen verschiedenen Protozoen (Febris tropica und tertiana).
Wassermann nimmt folgende Einteilung vor:
1) Bakterienassoziationen, bei denen die verschiedenen Arten lokalisiert bleiben.
2) Assoziationen, bei welchen die primaren und sekundaren Spezifitaten sich gleich-
maBig im Organismus verbreiten (metastatische Mischinfektion bei Typhus mit Strepto¬
kokken. Diese Falle neigen zu schwerem Verlauf.
3) Assoziationen, bei denen die primare Art lokalisiert bleibt, die sekundiire Bak-
terionart sich weiter verbreitet.
Typisch kommt das bei manchen Fallen von Maseru, Scharlach zur
Beobachtung, in denen die urspriingliche Affektion ausheilen oder zum
Stillstand gelangen kann, wahrend der sekundare Infektionskeim sich
rasch verbreitet, so daB das Krankheitsbild sich wesentlich verandert,
die Krankheit zur septischen wird. In den Metastasen finden wir dann
den sekundaren Infektionskeim in Reinkultur, nicht den primaren. Aehn-
lich bleiben auch in manchen komplizierten Fallen von Pneumonie die
Pneumokokken im Lungengewebe haften, wahrend wir in Pleuritisexsudat
nur Streptokokken finden. Petruschky konnte im Blute von Phthi-
sikern Streptokokken, aber keine Tuberkelbacillen nachweisen.
Aus all diesen Darlegungen kbnnen wir den allgemeinen SchluB
zielien, daB, abgesehen von den selteneren Fallen von wirklichem Antagonis-
mus, die verschiedensten Bakterienspezifitaten sich in ihrer Wirkung be-
einflussen kfinnen, indent sie die Virulenz des primaren Infektionserregers
erhohen oder aber, indent sie, an sich nicht pathogen, pathogene Eigeu-
schaften erlangen und wir durch Summation zweier W’irkungen ein
anderes Bild des primaren Krankheitsverlaufes zu sehen bekomnten. Es
kbnnen Bakterien aggressiv wirken, gegen die der gesunde Organismus
unempfindlich ist, soweit man iiberhaupt von einer absoluten Resistenz
sprechen kann. So sind z. B. fflr Meerschweinchen die Erreger der Ge-
flQgelcholera wenig pathogen, es gelingt nur mit relativ hohen Dosen,
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Falk, Einflufi der Misch- und Sekundarinfiiktion auf den RotlaufbacilluB etc. 471
dasselbe zu toten. Impft man aber mit Bauchhohlenexsudat eines durch
Injektion von Gefliigelcholerakulturen verendeten Meerschweinchens ein
zweites, davon ein drittes und so fort, so steigt die Virulenz fiir Meer-
schweinchen derart, daB 1 ccm Bauchhohlenexsudat bereits zu toten
vermag. Dabei steigert sich keineswegs die Virulenz fur das Huhn,
welches ein Tausendfaches der fiir das Meerschweinchen todlichen Dosis
ertrigt (21). Aehnliches ist durch Tierpassagen am Tollwutvirus fest-
gestellt. Ein Kaninchen, welches mit StraBenwutvirus geimpft worden
ist, stirbt nach etwa 3 Wochen. Impft man nun das im Zentralorgan
befindliche Virus fixe von Kaninchen zu Kaninchen weiter, so sterben
die Kaninchen unter immer kiirzerer Inkubationsdauer, bis schlieBlich
der Ausbruch der Impfkrankheit schon nach 6—7 Tagen erfolgt. Hoher
laBt sich die Virulenz allerdings nicht treiben. Dieses fiir Kaninchen
hochvirulente Virus hat nun eigentiimlicherweise an seinem menschen-
pathogenen Vermogen wesentliche EinbuBe erlitten (Loeffler). Diese
Tatsache hat zu den heutigen glSnzenden Erfolgen der Tollwutimpfung
gefiihrt. Auf ahnlicher Grundlage will Loeffler seine Immunisierungs-
versuche gegen Maul- und Klauenseuche basieren. Er fand, daB sich
das Virus dieser Seuche in Ferkeln von 6—8 Wochen durch Hunderte
von Generationen weiterziichten lieB, die Tiere erkrankten nachher ebenso
stark, als wenn sie mit frischer Lymphe von der Kuh infiziert waren.
Die Tiere ertragen immer groBere Mengen dieses Virus, wahrend seine
Virulenz fiir das Rind geschwacht wurde. Es gelang ihm damit eine
gewisse Grundimmunitat zu erlangen und durch Kombination mit passiver
Serumimmunisierung glaubt Loeffler, ein brauchbares Verfahren aus-
zuarbeiten. Wir haben also die interessante Tatsache vor uns, daB die
Eigenschaft der Bakterien, pathogen zu wirken, sehr variabel ist, nicht
bloB in bezug auf die Tierart, sondern auch hinsichtlich der todlichen
Dosis manchen Schwenkungen unterworfen ist. Erstere Beobachtung
fiihrle dazu, daB man gewisse Bakterien als Standortvarietaten bezeichnete.
So gelang es Eber, Tuberkelbacillen aus der Lunge eines Phthisikers
so umzuwandeln, daB sie fur Rinder pathogen wurden und so den Nach-
weis der engen Verwandtschaft der Tuberkelbacillen des Typus humanus
und bovinus zu liefern. Man konnte hierin den experimentellen Nach-
weis erblicken, daB es moglich ist, den Typus humanus in den des
Typus bovinus umzuziichten. Loeffler erblickt in dem Kuhpockenvirus
das Virus der Variola humana, welches gelegentlich auf ein hochempfang-
liches Rind iibertragen wurde und dort durch Anpassung allmahlich die
Fahigkeit verloren hat, im Menschenkorper eine generalisierte Pocken-
erkrankung zu erzeugen. Wir haben es mit Anpassungserscheinungen
zu tun, welche sich von den vorhin erwahnten Laboratoriumsversuchen
nur dadurch unterscheiden, daB man hier durch weitgehende Tierpassagen
die Bakterienart fur einen fremden Organismus umzustimmen sucht,
was in ersteren Natur und Zufall selbst besorgt haben. Aber nicht
allein durch Weiterziichten in fremden Tierspecies laBt sich die Virulenz
fiir die hochempfangliche Tierart beeinflussen, sondern auch durch manche
andere Hilfsmittel. Durch chemische Zusatzfliissigkeit laBt sich die
Virulenz bedeutend abschwachen. So benutzte Behring zur Her-
stellung eines abgeschwachten Impfstoffes Zusatze von Jodtrichlorid und
benutzte als ersten schwachsten Impfstoff Tetanuskulturen, welche den
bedeutendsten Zusatz an Jodtrichlorid enthielten (0,25 JC1 8 ) (24). Warme
schwacht die Virulenz, so daB man durch Einwirkenlassen verschiedener
Hitzegrade beliebig abgeschwachte Kulturen erhalten kann (Rauschbrand-
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472
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
impfung) (25). Insolation bewirkt Mitigation, ebenso ungehinderter Luft-
zutritt. Pasteur (nach Loeffler) konnte durch Umztichten von Ge-
flfigelcholerakulturen von Bouillon in Bouillon in monatlichen Zwischen-
raumen eine Abnahrae der Virulenz beobachten derart, daB bei intra-
muskularer Einimpfung Hiihner nur lokale, zur AbstoBung eines Teiles
des Muskels ffihrende Entzfindung aufwiesen, aber nicht starben. Stick-
do rn (26) konnte durch tSgliches Umzuchten von Rotlaufkulturen von
Bouillon auf Agar und uingekehrt eine allmahliche Virulenzabnahine
bis zur vollstfindigen Avirulenz fur Miiuse nachweisen.
Eigentliche Literatur iiber mein Titelthema konnte ich nicht finden.
Nur Stickdorn bringt in seinen Beitragen zur Biologie des Rotlauf-
bacillus Untersuchungen, wie vorhin erwahnt wurde, fiber kfinstliche
VirulenzabschwSchungen des Rotlaufbacillus. Des weiteren prfifte er
den EinfluB von Rotlauf-Coli-Mischkulturen auf mit Rotlaufserum passiv
immunisierte Mause und konnte konstatieren, daB Mfiuse, passiv immu-
nisiert, eine Rotlaufinfektion eher ertragen als eine Rotlauf-C o 1 i-Infektion.
Meine Versuche sollten den Zweck verfolgen, diese Versuche Stick-
dorns weiter auszubauen, den EinfluB der verschiedensten Bakterien-
arten auf den Rotlaufbacillus sowohl im Reagensglas als im Tierversuch
festzustellen. Ferner wollte ich den EinfluB der Misch- und Sekundar-
infektionen auf den Verlauf der Rotlaufimmunitat nfiher studieren und
schlieBlich an Kaninchen prfifen, ob einzelne Bakterienarten imstande
sind, eine aktive Immunisierung an diesen Tieren bezw. die Gewinnung
vollwertigen Rotlaufserums ungfinstig zu beeinflussen.
Zu meinen Versuchen benutzte ich nachfolgende Bakterienarten,
fiber deren Artkennzeichen, Wachstumserscheinungen ich kurz berichten
mochte:
1) Rotlaufstamm 36. Die Bezeichnung ist den hier geffihrten An-
staltsprotokollen entnommen. Dieser Stamm diente wahrend der dies-
jahrigen Impfsaison als Stammkultur zur Impfung der Versandtkulturen.
In Gelatinestichkulturen entwickelte sich die Erscheinung der typischen
Glfiserbfirstenform, das von Lorenz (27) beobachtete kugelige Wachs-
tum von besonders virulenten Stammen zeigte er nicht. Auf Agar
wachsen feine, durchscheinende, Tautropfchen nicht un&hnliche Kulturen;
Bouillon wird wolkig getrfibt, spater bildet sich Bodenbelag, der sich
beim Schfitteln zopfahnlich emporwirbelt.
2) Schweineseuche 18 (Anstaltsbezeichnung). Denselben ztichteten
wir aus den Organen eines an Schweineseuche eingegangenen Schweines
durch Herstellung einer Organverreibung und Weiterimpfung auf graue
Mause. Er trubt die Bouillon gleichmaBig, dieselbe bleibt aber immer
verhfiltnismaBig durchscheinend. Auf Agar wachst er in Form kleiner,
blaulicher, feuchter Kolonieen. Gelatinekultur zeigt feinkornigen Stich-
kanal.
3) Staphylokokkenstamm. Die Bouillon wird vollstfindig getrfibt,
unter Bildung eines groben, zopfahnlichen Bodenbelages. Gelatinestich-
kultur anfangs wenig charakteristisch, nach wenigen Tagen begiunt die
Gelatine von oben sackformig zu verflfissigen (kollolytisches Ferment).
Auf Schragagar wachst er in Form grauweiBer Kulturen oder eines
schleimigen Belages, alte Kulturen nehmen einen mehr weiBlichen Farben-
ton an.
4) Streptokokkenstamm. Derselbe wurde aus Eiter gezfichtet. Er
gehort dem Typus des Strept. brevis an und unterscheidet sich des-
halb auch von dem gewohnlich zu langeren Ketten auswachsenden
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Falk, EinfluB der Misch- und Sekundarinfektion auf den Rotlaufbacillus etc. 473
Drusestreptococcus durch sein Wachstum in gewohnlicher Nahr-
bouillon. Der Drusestreptococcus triibt dieselbe aufangs diffus,
bildet einen kornigen Bodensatz, wahrend sich die dariibersteheude
Fliissigkeit allmahlich klart. Mein Versuchsstamm bildet keinen oder
kaum raerklichen Bodensatz, die Bouillon bleibt gleichmaBig triibe. Ge-
latinestichkultur wenig charakteristisch, auf Agar bildet sich bald ein
hauchartiger Belag, bald ein feinkorniger Rasen, der aus feiusten, grau-
weiBen Kolonieen besteht.
5) Bacillus suipestifer. Denselben konnte ich aus einem
Schweine ziichten, das bei dem Sektionsbefunde eine fibrose Pericarditis
und hamorrhagische Nephritis aufwies. Auf Schragagar wachsen inner-
halb 24 Stunden weiBlich-graue, rundliche, glatt berandete Kolonieen,
Bouillon triibt sich difi'us, ein Oberfiachenhautchen tritt nicht auf, jedoch
entsteht am Glase manchmal ein weiBlicher Ring. In Gelatine bildet
sich um die Einstichoffnung ein konzentrischer weiBer Ring, Stichkanal
ist nicht charakteristisch, ziemlich feinkornig. Milch gerinnt nicht.
6) Paratyphusstamm. Denselben ziichteten wir aus der Lunge eines
Kalbes. Nach Mitteilungen von Schmitt (7) und Ledschler (28) ist
die Paratyphusgruppe B als Krankheitserreger in Kalbern haufig zu be-
obachten, noch haufiger in eigenartigen Organnekrosen von Leber und
Milz zu linden. Im mikroskopischen Bild finden sich zahlreiche, kurze,
plumpe Stabchen mit abgerundeten Enden, selten sieht man sie zu Haufen
beieinander. Er ist gramnegativ. In Agarausstrichen wachsen isolierte
oder zusammenflieBende, glattrandige, grauweiBe, leicht durchscheinende
Kolonieen, die nur leicht sich uber die Oberflache hervorwolben. Die
Konsistenz ist schleimig. Gelatine wird nicht verfiiissigt, die Stich-
offnung ist nur wenig verbreitert, der Stichkanal nicht typisch. Bouillon
triibt sich diffus unter Bildung eines Bodensatzes, nach einigen Wochen
bildet sich ein feines Oberfiachenhautchen. Milch gerinnt nicht, spater
wird sie molkeahnlich. Auf Indolreaktion, Wachstum in Traubeuzucker-
und Milchzuckerpeptonlosung, Loefflersche Typhuslosung und andere
Gruppenreagentien priifte ich meinen Versuchsstamm nicht, da mir sein
Artcharakter gesichert schien.
7) Einen Coli-Stamm. Aus dem Darme eines notgeschlachteten
Schweines entnahm ich in der Gegend der Ileocoekalklappe mit steriler
Oese etwas Darmschleim. verdunnte diesen in Bouillonrohrchen, und
benutzte letztere zum GieBen von Platten. Daraus war es ein leichtes,
eine Reinkultur von Coli zu erhalten. Gelatinestichkultur zeigt einen
mehr grobkornigen Stichkanal; auf Agar wachsen gelbliche, manchmal
perlmutterglanzende, unregelmaBig gelappte Kulturen, die nach langerer
Zeit einen braunlichen Farbenton annehmen. Milch wird noch nach
2mal 24 Stunden im Briitofen geronnen, in Bouillon tritt eine fiockige,
diffuse Trubung auf. Von den iibrigen Darmparasiten bakteriellen Ur-
sprungs, die im gesunden Darme des Schweines immer zu finden sind (29),
glaubte ich absehen zu diirfen, da sie im Rahmen meiner engeren Arbeit
nicht in Betracht kamen. Streptokokken und Staphylokokken benutzte
ich deshalb, weil sie als Erreger lokaler Eiterungen gerade in der Impf-
technik eine gewisse Rolle spielen.
I. Teil. Rcagcnsglasyersuclie.
Zu Beginn meiner Untersuchungen impfte ich 6 Bouillonrohrchen
mit je 1 Oese meiner Rotlaufstammkultur (R 36) und eines meiner Ver-
suchsstamme, so daB ich also folgende Versuchsreihe besaB: Rotlauf -f
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474
Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Coli, Rotlauf-f Schweineseuche, Rotlauf -f Paratyphus, Rotlauf+Sui-
pestifer, Rotlauf -f- Streptokokken, Rotlauf + Staphylokokkeu. In einer
Parallelreihe stellte ich mir von meinen Stammen Einzelkulturen her,
also Rotlauf, Coli, Suipestifer, Paratyphus usw. Ich lieB nun alle
Rohrchen 2 Tage im Brutofen wachsen und stellte dann an grauen
Mausen folgenden Versuch an: Zunkchst impfte ich je 2 M8.use mit
0,01 einer raeiner Mischkulturen, in denen also Rotlauf mit einer
anderen Bakterienart zusammen 2 Tage gewachsen war. Zu gleicher
Zeit impfte ich graue Mause, indein ich ihnen 0,01 Rotlaufkultur und
gleich darauf 0,01 einer meiner getrennt angelegten Kulturen der Parallel¬
reihe in gleicher Art, also subkutan und intraperitoneal, injizierte.
R 36 + Coli (Mischkultur)
Dosis 0,01
R 36 0,01 1
Coli 0,01 / getrennt
R 36 + S 18 (Mischkultur)
Dosis 0,01
R 36 0,011 ,
S 18 0,01 / getrennt
R 36 + P (Mischkultur)
Dosis 0,01
R 36 0,011 ,
P 0 01 (gctrennnt
R 36 + Parat. (Mischkultur)
Dosis 0,1
R 36
Parat
R 36 + Strept. (Mischkultur)
Dosis 0,01
R 36 0,011 .
Strept. 0,01 ) getrennt
R 36 + Staph. (Mischkultur)
Dosis 0,01
R 36 0,011 „ . , .
Strept. 0,01 / getrennt
0,01 } getrennt
Tabelle I.
2 crane Mause I intraperitoneal fid
2 graue Mause | 8ubkutan t ^
, , f intraperitoneal + 2'L
dgL \ subkutan f 3 l / 4
{ intraperitoneal f 1
subkutan f l l / t
f intraperitoneal t 2
” ( subkutan f 2
f intraperitoneal f l 1 /,
” \ subkutan t Id
/ intraperitoneal f 2“/ 4
” ( subkutan f 2 1 /,
J intraperitoneal f 2 1 /,
” \ subkutan -f 2*^
| intraperitoneal + 3 1 /,
” ( subkutan f 3'/,
/ intraperitoneal + 2 1 /,
” | subkutan f 2 1 /,
/ intraperitoneal + 2
” ( subkutan f 2 1 / t
I intraperitoneal f 2'/,
” \ subkutan f 2*/ 4
f intraperitoneal f VI,
” l subkutan f 2
Das Resultat ist uberraschend: Augenscheinlich tritt bei gemein-
samem Wachstum von Rotlauf und Coli, Rotlauf und Schweineseuche,
Rotlauf und Suipestifer, Rotlauf und Paratyphus eine Virulenzerhohung
ein, die sich dadurch kundgibt, daGi Mause, welche 0,01 einer dieser
Mischkulturen eingeimpft erhalten, bedeutend friiher sterben als Kontroll-
mause, welche diese Kulturen getrennt und nacheinander erhalten; wenn
auch in derselben Menge. Nur bei Streptokokken und Staphylokokken
scheint das Gegenteil der Fall zu sein, indem hier die Mause, die hier
Mischkultur erhalten, spiiter eingingen als die mit Rotlauf und Strepto-
kokkeu oder Staphylokokken getrennt geimpften. Es scheint in diesem
Falle durch das gemeinsame Wachstum in gleichem Nahrsubstrate eine
gewisse Hemmung in Wachstum und Virulenz aufzutreten. Spiiter aller-
dings klarte sich dieses eigentiimliche und von der vorhin nachgewiesenen
Regel abweichende Verhalten in sehr einfacher Weise auf. Man muB
bei der Verwertung von Versuchsresultaten zu bindenden Schliissen sehr
vorsichtig sein, denn immer und immer wieder konnte ich konstatieren,
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Falk, EinfluB der Misch- und Sekundarinfektion auf den Rotlaufbacillus etc. 475
Tabelle II.
I. Prufung
II. Prufung
III. Prufung
1
26. August
21. Oktober
12. November
R 36 + Coli (Mischk.)
2 graue Mause
intraperitoneal 1
V,
37,
Dosis 0,01
subkutan I 1 ,/*
IV.
17,
R 36 + Staph. (Mischk.)
Dosiss 0,01
dgl.
intraperitoneal 2 1 /,
27,
37,
subkutan 2 3 / 4
2
27,
R 36 + Parat. (Mischk.)
intraperitoneal 2 1 / 1
37,
27,
Dosis 0,01
subkutan 2'/,
3
3-37,
R 36 P. (Mischk.)
intraperitoneal 1
274
i 1 /.
Dosis 0,01
subkutan l 1 /,
1/
2
3-37,
R 36 + S 18 (Mischk.)
intraperitoneal 1
7,
!7,
2-27,
Dosis 0,01
subkutan 1 */,
27,
R 36 + S 18 (von Bouil-
it
intraperitoneal 1
37,
—
Ion auf Bouillon)
Dosis 0,01
subkutan l 1 /.
37,
R 36 + S 18 (Agar auf
tt
intraperitoneal 1
37,
—
Agar)
Dosis 0,01
subkutan l 1 /.
37,
R 36 + Str. (Mischk.)
it
intraperitoneal 2 1 /,
lebt
Ausfall
Dosis 0,01
subkutan 2 1 /,
27,
37,
R 36 + Str. (Bouillon
a
intraperitoneal 2 1 /,
27,
4d
auf Bouillon)
Dosis 0,01
subkutan 2 1 /,
lebt
lebt
R 36 + Str. (Agar auf
tt
intraperitoneal 2 1 /,
it
it
Agar)
Dosis 0,01
subkutan 2 1 /,
it
It
daB graue Mause ein zu unsicheres Versuchsmaterial sind, daB man inner-
halb derselben Versuchsreihe teilweise widersprechende Resultate zu er-
halten gefaBt sein mufi. Trotzdem ist dieses Ergebnis keineswegs fiber -
raschend, wie ich mich im weiteren Verlaufe meiner Untersuchungen
uberzeugte. Die weitere Frage war nun die, ob sich diese Virulenz
durch kaufiges Umstechen von Bouillon auf Agar ver&ndern laBt, ob, wie
Stickdorn bei Rotlauf nachgewiesen hat, eine rasche Abnahme herbei-
gefiihrt wird. Nach 25maligem Generationswechsel prfifte ich zum zweiten-
male meine Mischkulturen. Das Resultat ist bei alien Stammen mit Aus-
nahme des Rotlauf-Streptokokkenstammes dasselbe, eine Virulenzabnahme
war innerhalb dieser Zeit nicht zu konstatieren. Nach weiterem lOmaligen
Turnus prtifte ich wieder, hier scheint nun allerdings die Virulenz zu
schwanken und eine kleine Virulenzabnahme ist wohl vorhanden. Urn
nun den EinfluB des Nahrbodenwechsels zu prufen, legte ich bei Rotlauf
-}- Schweineseuche Stamm 18 2 Parallelreihen an, indem ich eine Ivultur
nur auf Bouillon umziichtete und eine taglich auf Agar. Schon bei der
erstmaligen Prufung stellte sich eine rapide Abnahme der Virulenz ein;
wir haben also die Tatsache vor Augen, daB bei Nahrbodenwechsel die
Virulenz von Mischkulturen sich lange Zeit auf der gleichen Hohe mit
kleinen Schwankungen innerhalb enger Grenzen erhSlt, daB es durch tGg-
liches Umzuchten auf dem gleichen Nahrboden sehr leicht gelingt, eine
bedeutende Virulenzabnahme zu erhalten. Dasselbe Verfahren wandte ich
bei R -f- Strept.-Mischkultur an, indem ich ebenfalls eine Kultur nur auf
Bouillon und eine auf Agar umziichtete. Die Mause der Parallelreihe
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476
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Origiuale. Bd. 55. Heft 6.
starben nach der ersten Priifung nicht mehr, nach der zweiten Priifung
starb eine. Ich hatte aus Griinden, die ich nachher anfiihreu will, der
taglicli umgeziichteteu Kultur wieder frisch Rotlauf eingeirapft. Es war
mir namlich schon bei raeinen wiederholten mikroskopischen Priifungen
meiner Kulturen auf Reinheit aufgefallen, daB ich in Rotlauf-Strepto-
kokkeumischkulturen keine Rotlaufbacillen nachweisen konnte, Oder uur
in Mengen, die immer mehr abnahmen. Als nun mein erstes Priifungs-
resultat damit endete, daB eine Maus am Leben blieb, glaubte ich, einen
technischen Fehler begangen zu liaben und ich impfte den Kulturen eine
Oese meines R 36 ein.
Trotzdein war das Resultat bei meiner 3. Priifung das gleiche, die
Virulenz nahm ab und verschwand ganz. Aus Bouillonausstrichen konnte
ich keine Rotlaufbacillen finden. Es herrscht demnach zwischen Rotlauf
und Streptokokken ein Antagouismus des Wachstums und scheinbar aucli
der Funktion, indem aus den Mischkulturen die Rotlaufstabchen allinah-
licli verschwinden. DaB sich Rotlauf und Streptokokken durch 2-tagiges
Wachstum in demselben Glase in ihrer Wirkung hemmen und beein-
flussen, schlieBe ich daraus, daB Mause, welche Rotlauf und Strepto¬
kokken getrennt injiziert erhalten, friiher sterben, als mit Rotlauf-Strepto-
kokkenmischkulturen geimpfte. Auf diesen Antagonismus werde ich in
meinen Kaninchenversuchen wieder zuriickgreifen, da er bei meinen
dortigen Versuchen eine bedeutende Rolle spielt.
Derselbe Antagonismus, aber in umgekehrter Richtung, besteht
zwischen Rotlauf und Streptokokken, indem in gemeinsamen Kulturen
Rotlaufstabchen sich weiter entwickeln, wahrend die Staphylokokken immer
sparlicher werden, ein klagliches Dasein fristen und langsam verschwinden.
Die Rotlaufvirulenz dieser Mischkulturen bleibt bestehen. Eine weitere
interessante Feststellung konnte ich im Verlaufe dieser Versuche machen.
Natiirlich kam es, um meinen Versuchen die notige Beweiskraft zu ver-
leihen, darauf an, in all den eingegangenen Mausen, die mit Rotlauf-
mischkulturen geimpft worden waren, in den Organen den Rotlaufbacillus
nachzuweisen. Dabei stellte sich heraus, daB, wenn Mause selir fruli
starben, z. B. nach 1 Tage, es mir nie moglich war, Rotlauf in mikro¬
skopischen Ausstrichpr¶ten, noch auf Agarausstrichen nachzuweisen,
wahrend es z. B. bei Mausen, die mit Rotlauf-Coli geimpft waren und
nach l 1 ^ Tagen oder noch spater starben, leicht war, Rotlauf nachzuweisen.
Ich glaube hierin die experimentelle Bestatigung fur eine schon langst
bekannte Tatsache zu finden. Es kam vor, daB wir Organe eines ein¬
gegangenen Schweines zur Untersuchung erhielten, welches nach ana-
mnestischen Vorbericht und Obduktionsbefund sicher an Rotlauf ein-
gegangen war, aber trotzdem gelang es uns nicht, durch mikroskopische
Untersuchung Rotlaufbacillen nachzuweisen.
Meinen Rotlaufstamm zuchtete ich abwechselnd von Bouillon auf
Agar um. Er behielt seine urspriingliche Virulenz hartnackig bei, so
daB ich nach 30maligem Generationswechsel ihn nur noch auf Bouillon
umziichtete, um schnellere Virulenzabnahme zu erreichen.
20. Juli
4. Aug.
21. Aug.
14. Sept.
2. Okt.
21. Okt.
3. Nov.
2
Tabelle III.
graue Mause | subkutan + 2 l / t + 2*/ 4
dgl.
t I 1 /, t 2*/,
t 2 f 2 V,
yy
yt
yy
t i l / 5 t i 8 /„
t3 13
r 2 f 2 V,
+ 4 lebt*
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Falk, EinfluB der Misch- und Sekundarinfektion auf den Rotlaufbacillue etc. 477
Auffallend sind die auftretenden Riickschlage in der Virulenz, zu
einer Zeit, wo die vorhergegangene Priifung bereits eine merkliche
Virulenzabnahme ergeben hatte. Ob individuelle Disposition der Mause
als hinreichender Erklarungsgrund kierfiir gelten kann, ist fraglich. Nach-
dem mein Stamm so geschwacht war, daB eine Maus wenigstens am
Leben blieb, wollte ich priifen, ob eine Mischinfektion geeignet ist, einen
avirulenten Stamm oder geschwiichten Rotlaufstamm wieder virulenter
zu machen. Ich beniitzte hierzu meinen Coli-Stamm und meinen ab-
geschwachten Rotlaufstamm, und stellte mir eine Mischkultur her. Von
Streptokokken und Staphylokokken glaubte ich auf Grund festgestellten
Antagonismus absehen zu durfen. Zu meinen Versuchen beniitzte ich
weiBe Mause, da sie nach Stickdorn gegen Coli unempfindlich sind.
Ich impfte also 2 weiBe Mause mit 0,01 meiner 2-tagigen Rotlauf-Coli-
Mischkultur und 2 mit Rotlaufkultur allein. Die letzteren starben nach
2 3 | 4 Tagen, die Mause, die Rotlauf-J- Coli erhielten, lebten vielleicht
6 Stunden Linger. Coli ist also in diesem Falle im Gegensatze zu hoch-
virulenten Rotlaufstammen nicht in der Lage, einen abgeschwachten Rot¬
laufstamm wieder virulenter zu machen.
II. Tell. Versuche an MHusen.
Im AnschluB und zur Erweiterung von Stickdorns Versuchen suchte
ich den EinfluB von Misch- und Sekundarinfektionen auf die Rotlauf-
immunisierung an grauen Mausen festzustellen. Ich lehnte mich bei meinen
Versuchen ganz dem im hiesigen Institut gebr&uchlichen Prufungsmodus
an, indem ich den Mausen die Serumdosis in den ublichen Mengen von
0,0066, 0,01 und 0,015 injizierte und nach 1 Stunde, urn dem Organismus
geniigend Zeit zu Iassen, den Immunkorper des Serums zu aktivieren,
erst die Kultur 0,01. Sowohl Serum als Kultur gab ich subkutan. Zu-
nachst muB ich vorausschicken, daB Impfversuche mit Mischkulturen nur
einen bedingten Wert besitzen, da man mit einheitlicher Dosis arbeiten
muB und z. B. 0,01 Schweineseuchekultur innerhalb 24 Stunden totet.
Nur durch Versuche, die den Vorgang der Sekundarinfektion nachahmen,
laBt sich feststellen, ob und inwieweit eine nachfolgende Infektion die
kiinstliche Immunisation mit Rotlauf beeintluBt. Man ist eben hier in
der angenehmen Lage, die Dosis der Sekundarkultur nach Belieben
wahlen zu konnen. Nachdem gerade die Frage der Misch- und Sekundar¬
infektionen fur die Praxis von schwerwiegender Bedeutung ist, so kam
es mir vor allem darauf an, zu priifen, ob eine eben noch todliche oder
untertodliche Dosis einer anderen Bakterienart den Vorgang der Immuni¬
sation ungunstig beeinflufit. Es war nun meine erste Aufgabe, den
Grad der Virulenz meiner Versuchsstamme fur Mause naher zu be-
stimmen. Mein Staphylococcus war in der Dosis Vioo fur Mause
nie pathogen, weiBe Mause verhielten sich gegen dieselbe Dosis meines
Coli-Stammes absolut resistent, graue Mause waren gegen diese Dosis
Coli nicht immer unempfindlich, sie verhielten sich schwankend, ebenso
gegen Streptokokken.
Trotzdem glaubte ich, fur alle diese Stamme die Dosis 0,01 bei-
behalten zu durfen. Bac. suipestifer totete noch in Verdunnung
1:1 Million innerhalb 7—9 Tagen, ebenso Paratyphus, der in dieser
Verdunnung nicht mehr sicher totete. Ueber 1:1000000 hinauszu-
gehen, also die untertodliche Dosis, fiir alle Falle festzustellen, schien
mir wegen der Unsicherheit der Versuchstiere und der bei so hohen
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Dos is |
Schweineseuche
Bac.
suipestifer
Paratyphus
1:100
2 graue
Dlkuse
1 subk. f 1 */ a
lip- + IV 4 I
2 graue
Mause
1 subk. f 2 V,
l ip- t 2
2 graue
DISuse
/ subk. t 37.
tip- +27,
1 :1000
dgl.
1 subk. t
l ip- t l*/ 4
dgl.
/ subk. t 5
l ip- t 4 1 /,!
dgl.
f subk. f 6
l ip- + 5
1 :10000
11
( subk. f 2 1 '
l ip- t l 1 /.
11
/ subk. f 27 ,
lip. f 7
II
/ subk. f 0
1 ip- + <
1: 100000
H
f subk. f l”/ 4
l ip- t 2V,
11
/ subk. f 7
l ip- t 8
II
/ subk. f 9
lip- +7
1:1 000 000
11
/subk. f 27 .
1 ip- t 2*/,
11
/ subk. t 77,
l ip. f 8
II
( subk. lebt
l ip. t 7
Verdiinnungen unvermeidlichen Fehlerquellen nicht ratsam. Ich beniitzte
also von beiden Stammen Vjoooooo zu nieinen Versuchen.
Schweineseuche totete in dieser Verdiinnung innerhalb 2 V 2 Tagen,
so dafi ich davon absehen muBte, wenigstens fiir Versuche mit Sekundiir-
infektion. Bei diesen Priifungen gab ich Serum in der gleichen Menge
Tabelle IV.
Serum 39
2
graue
Mause
0,0066
K. R. T. 2
2
11
II
0,01
Dosis 0,01 subk.
9
6 j> n
2 Kontrollen:
0,005
Serum 39
2
graue
Mause
lebt lebt
K. R. 36
2
11
11
+ 7, „
lebt „
Dosis 0,01 subk.
2
11
11
2 Kontrollen: + l 3 / 4 , + 2 1 / i
Serum 39
2
graue
Miiuse
57,> lebt
(R 36 + Staph.) Mischkultur
2
n
II
+ 47,, + 77,
+ 77„ + 87,
Dosis 0,01 subk.
2
11
II
Serum 39
2
11
11
+ 87„ + 7
R 36: Dosis 0,01
2
11
11
18, lebt
Staph. 0,01 nach 1 Stde subk.
9
11
11
+ 47„ „
Serum 39 •
2
n
II
t 8 */,, lebt
(R 36 + Strept.) Mischkultur
Dosis 0,01 subk.
2
11
11
t leben
2
11
11
+
Serum 39
2
11
II
1 9, lebt
R 36 0,01 subk.
2
11
II
+ 9, „
Strept. 0,01 nach 1 Stde subk.
2
11
II
+ 5, »
Serum 39
2
ii
11
18, lebt
(R 36 + P) Mischkultur
2
n
11
leben
Dosis 0,01 subk.
2
11
11
t 77„ lebt
Serum 39
2
11
II
+ 2 V,, lebt
R 36 0,01 subk.
2
11
II
leben
P- Vjoooooo nach 1 Stde subk.
2
11
11
+ 5, lebt
Serum 39
2
n
11
+ 77 „ + 77,
+ 47„ t 87,
(R 36 + Parat.) Mischkultur
2
11
11
Dosis 0,01 subk.
2
11
11
+ 8,' +87,
Serum 39
2
11
f|
f 77,, lebt
t leben
R 36 0,01 subk.
2
11
II
Parat. 7ioooooo nach 1 Stde subk.
2
11
11
+ 57„ + 77,
und Art wie oben angegeben wurde, nach 1 Stunde ebenfalls Rotlauf-
kultur und nach Verlauf einer weiteren Stunde von Coli, Streptokokken
und Staphylokokken l /ioo> von Paratyphus und Bac. suipestifer V1000000
subkutan. Nebenher lieli ich einen Ivontrollversuch mit Rotlaufserum
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Falk, EinfluS der Misch- und Sekundarinfektion auf deh Rotlaufbacillus etc. 479
Tabelle V.
R 36 2 graue Mause 0,0066 t3, gesund
Dosis 0,01 2 „ „ 0,01 167,, „
Serum 36 2 „ „ 0,015 leben
2 Kontrollen: + 2‘/ a , t 3
Serum 36
(R 36 + Strept.) Mischkultur
Dosis 0,01 subk.
Serum 36
R 36 0,01 subk.
Strept. 0,01 ip. nach 1 Stde
Serum 36
(R 36 + Parat.) Mischkultur
Dosis 0,01 subk.
Serum 36
R 36 0,01 subk.
Parat. */ioooooo 00,1 nach 1 Stde subk.
Serum 36
(R 36 + S 18) Mischkultur
Dosis 0,01
Serum 36
R 36 0,01 subk.
Serum 36
(R 36 + Coli) Mischkultur
Dosis 0,01 subk.
Serum 36
R 36 Dosis 0,01 subk.
Coli 0,01 subk.
Serum 36
R 36 0,01 subk.
Coli 0,01 ip. nach 1 Stde subk.
2 graue Mause + l 8 /,, lebt
2 „ „ leben
2 „ „ t 8, lebt
2 „ „ f 67„ t 10
2 „ „ t 4 1 /„ t 7 1 /,
2 „ „ t 67,, lebt
2 „ „ t 67,, t 7
2 „ „ f 1 % f 57,
2 „ „ + 47„ t 57,
2 „ „ t 37,. t 67,
2 „ „ + 5‘/„ f 8
2 „ „ t 67,, t 6*/,
2 „ „ t 27„ t 3
2 „ „ t 37 4 , t 87,
2 „ „ t 5, f 77,
2 weiBe Mause 0,0066 f 5, + 5 1 /,
2 „ „ 0,01 leben
2 „ „ 0,015
2 Kontrollen: f 2, + 27,
2 weifie Miiuse + 7, + 9
2
2
2
2
2
2
2
2
krank, + 97,
t 67„ lebt '
t 77„ t 8
t 8, f 6‘/,
leben
t 2*/,» f 47,
t 5V„ t 77,
t 67,, lebt
und Rotlaufkultur allein folgen. Ich glaubte in der Wahl meines Serums
besonders gliicklich gewesen zu sein, als bei der SchluBpriifung diese
Serienreihe sich in der Dosis 0,015 als sicher schiitzend bewies, walirend
Kpm.-Serum 9
Serumdosis 0,0066, 0,01 und 0,015
Kultur 7 r
a. St. nach 6 Stdn subk.
Tabelle VI.
2 graue Mause 0,0066 + 2, lebt
2 „ „ 0,01 f 27,, „
2 „ „ 0,015 f 27,. f 47,
2 Kontrollen: f */ v f 1
1 graue Maus 0,0066 + l 1 /.
3 graue Miiuse 0,01 + 2 1 /,, f 27,, lebt
| 2 , f t-
0,015 t 6'/,, lebt
0,01
0,015
Kpm.-Serum 9
Miiuse, die aus einer Rotlaufprufung ent-
lassen waren
Kultur und Serum wie oben
Rotlaufserum 95
Serum wie gewohnlich
Kultur R 36 subk.
Rotlaufserum 95
Miiuse, welche aus einer Kalberpneumonie-
priifung entlassen waren
Sonst wie vorher
sie in den niedrigeren Dosen gegen R. F 2, den neuerdings zu Priifungeu
dienenden Stamm, versagte. Mein Versuch init diesem Serum und
meinem Rotlaufversuclisstamm R 36 fallt ganz entgegengesetzt aus:
Gegen meinen Stamm schiitzt das Serum aucli in der minimalsten Dosis.
leben
t 27,, t 8
leben
t 57,, lebt
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480
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Wie die haufig gemachte Beobachtung, daB PriifungsmSuse nach 7 Tagen
noch an Rotlauf starben, zu erklaren ist, ist noch unsicher. Der Er-
klarungsversuch, daB ira Impfstichkanal Rotlaufbacillen zuriickbleiben,
die sich dann spSter vermehren, scheint mir sehr gezwungen [Marx (30)].
Aus diesen beiden Serumpriifungen ist das eine ersichtlich, daB in der
Virulenz der einzelnen Rotlaufstamme bedeutende Unterschiede bestehen.
Ich glaube auch annehmen zu diirfen, daB mein Rotlaufversuchsstamm
sich zu sehr zum Laboratoriumsstamin entwickelt, daB er seine Originalitat
eingebiiBt hat. Es ist ein Haupterfordernis, die Rotlaufstamme in den
Serumlaboratorien moglichst originar zu erhalten. Betrachten wirTabellelV
(Schweineseucheversuch, Tabelle V), so sehen wir, daB bei Rotlauf-, Sta-
phylokokken-, Pest- und Paratyphusmischinfektion alle Mause sterben,
daB das Serum versagt. Eine Regelm&Bigkeit in dem Sinne, daB Mause
mit der niedrigsten Serumdosis am haufigsten sterben, konnte ich nicht
feststellen. An sich ist, wie schon bemerkt, der Rotlaufmischinfektions-
versuch nicht beweiskraftig, wenn man bedenkt, daB l / l00 der Sekundar-
kultur von Paratyphus und Suipestifer innerhalb der kiirzesten Zeit
allein zu toten imstande ist. Ueberlegt man aber, daB Vioo Schweineseuche
innerhalb 48 Stunden graue Mause totet, so ist es direkt auffallend, wenn
Mause, die Rotlaufserum und Rotlauf-Schweineseuchemischkultur erhalten,
erst nach 5 Tagen sterben. Joest (31) hat hierfiir die Erkldrung ge-
geben, indem er nachwies, daB normales Serum die Resistenz bedeutend
erhoht, daB also in unserem Falle das Rotlaufserum die Widerstands-
fdhigkeit gegen den zweiten Infektionserreger starkt.
Auch bei Versuchen mit Sekundarinfektion vermag das hochwertige
Serum im allgemeinen nicht zu schiitzen, obwohl doch gerade hier mit
minimalen Quantitaten (Paratyphus Vioooooo) gearbeitet wurde. Wenig
befriedigt hat der Versuch mit Suipestifer und Streptococcus.
In Tabelle V habe ich nun einen analogen Versuch niedergelegt.
Bei einem Vergleiche beider Tabellen tritt die Erscheinung zutage,
daB bei all diesen Versuchen das Rotlaufserum eine bedeutende Rolle
spielt, daB ein hochwertiges Serum eine gleichzeitige Misch- oder nach-
folgende Sekundarinfektion leichter zu paralysieren vermag als ein mittel-
wertiges. Die Frage ist nun die, wie lange eine unter dem EinfluB einer
gleichzeitig bestehenden Mischinfektion zustande gekommene Immunitat
anhalt, besonders wenn man sich vergegenwartigt, daB man fur Zwecke
der praktischen Rotlaufimmunisierung kein zu hochwertiges Serum ver-
wenden darf, um den Impfschutz moglichst lang anhaltend zu gestalten.
Mittelwertiges Serum bei gleichzeitig stattfindender Misch- oder Sekundar¬
infektion schiitzt gegen Rotlaufinfektion gar nicht, etwas besser hoch¬
wertiges Serum. Die Konsequenz, die sich hieraus ergibt, ist die, daB
man nur reines Serum- und Kulturmaterial verwenden darf; daB man
auf peinliche Anti- und Asepsis achten muB. DaB lokale Entziindungen
im Bereiche der Impfstellen nicht harmloser Natur sind, daB sie vielmehr
eine aktive Immunitat illusorisch machen oder wenigstens in ihrer Dauer
ungiinstig beeinflussen, kann man aus meinen Versuchen mit Staphylo-
kokken, Streptokokken und Coli folgern. DaB man auch nur gesunde
Schweine impft, also keine offensichtlich oder latent kranken Tiere, ist
kaum notwendig zu erwahnen. Meine Versuche mit Coli machte ich
mit weiBen Mausen, da dieselben nach Stickdorn gegen Coli un-
empfindlich sind. Meine Resultate weichen von denen Stickdorns
insofern ab, als er konstatieren konnte, daB die mit Rotlauf und Coli
geimpften Mause friiher starben als die mit Rotlauf geimpften Mause.
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Falk, EinfluB der Misch- und Sekundarinfektion auf den Rotlaufbacillus etc. 481
Stick dor ns anfangliche Versuche waren auch weniger befriedigend, er
fiihrte die Ursache auf einen entwickelungshemmenden EintiuB des
Karbolglyzerins ini Serum zuriick. Er gab deshalb die Coli-Kultur
intraperitoneal. Ich schlug in einem Parallelversuche das gleiche Ver-
fahren ein und in der Tat konnte ich auch jetzt ein ahnliches Resultat
verzeichnen, es starben die Mause, die die Coli-Kultur intraperitoneal
erhielten, friiher als die, welche Coli subkutan erhalten hatten, ebenso
friiher als die mit Rotlauf allein geimpften Mause. Ich fiihre diesen
festgestellten Unterschied auf die Art der Applikation zuriick, weniger
auf einen hemmenden EinfluB der Konservierungsflussigkeit.
Interessant sind meine Versuchsergebnisse bei Streptokokken-, Misch-
und Sekundarinfektion, indem bei letzterer das Rotlaufserum weniger
schiitzt als bei Mischinfektion. Ich glaube, zur Erklarung dieser Er-
scheinung auf den von mir festgestellten Antagonismus zwischen Rotlauf
und Streptokokken hinweisen zu diirfen, wie er sich bei geineinsaniem
Wachstum kundgibt und bei Mischinfektionsversuchen verwandte ich ja
tatsachlich Bouillonkulturen, die Rotlauf und Streptokokken gemeinsam
enthielten. Aus alledem darf wohl gefolgert werden, daB bestehende
Mischinfektion eine Rotlaufimmunisierungunmoglich macht oder wenigstens
beeintrachtigt. Wie lange in letzterem Falle eine solche anhalt, konnte
natiirlich nur durch Untersuchungen an Schweinen festgestellt werden;
wie iiberhaupt diese Mauseversuche nur einen relativen AnalogieschluB
auf das Verhalten im Schweineorganismus gestatten, denn immer und
immer wieder muBte ich mich iiberzeugen, daB Mause ein zu unsicheres
Versuchsobjekt sind, daB die Resultate innerhalb derselben Versuchs-
reihe zu sehr schwanken. Aber trotzdem sind die Schlflsse, die ich be-
ziiglich der Forderungen fiir die Praxis gezogen, konsequent und meine
Versuche konnen nur als experimented Bestatigungen im kleinen gelten,
was die praktische Erfahrung als schon l&ngst bestehend erkannt hat.
In einer weiteren Versuchsreihe priifte ich, wie sich Mause, die aus einer
Rotlaufprflfung als gesund entlassen worden waren, einer Infektion mit
SeptikSmieerregern gegeniiber verhalten, wenn sie vorher mit polyvalentem
Schweineseucbeserum passiv immunisiert waren. Ich gab also entlassenen
Rotlaufmausen polyvalentes Seucheserum in denselben Dosen wie bei
Rotlaufpriifungen, nach 6 Stunden aber erst Vioooooo aller unserer Seuche-
stiimme. Nebenbei lieB ich einen Versuch an frischen Mausen gehen.
Umgekehrt verfuhr ich mit Mausen, die aus einer Priifung mit Schweine-
seucheserum entlassen worden waren, und priifte sie jetzt auf Rotlauf
mit Serum 95 und Kultur 36. In der gleichen Weise lieB ich einen
Kontrollversuch mit frischen Mausen folgen. Das Resultat (Tabelle VI)
ist schwer zu deuten, es scheint jedoch, daB Mause, welche friiher eine
Rotlauf- oder Seuchepriifung iiberstanden haben, bei einer nach kurzer
Zeit nachfolgenden passiven Immunisierung mit Seuche- oder Rotlauf¬
serum einer Infektion mit Schweineseucheerregern oder Rotlauf besser
zu widerstehen scheinen als frische Kontrolltiere. Ob durch die Serum-
injektion der ersten Priifung die natiirliche Resistenz erhoht wurde oder
ob eine erhohte Opsoninwirkung im Verlaufe der ersten Priifung ein-
getreten ist, wage ich nicht zu entscheiden. So viel geht jedoch aus
diesen letzten Versuchen hervor, daB eine kombinierte Impfung gegen
Rotlauf und Schweineseuche eine Immunitat bezw. deren Zustandekommen
nicht nachteilig beeinfluBt.
Erstc Abt. Orig. Bd. 55. Heft 6. 31
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482
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 6.
III. Kaniiiclienvcrsuckc.
Als Objekt der Serumgewinnung dient aus rein praktischeu Griinden
das Pferd. Durch steigende Mengen vollvirulenter Rotlaufkulturen sucht
man dasselbe in seiner Immunitat gegen Rotlaui allmahlich holier zu
treiben, wovon man sich durch Entnahme von Blutproben und Prfifungen
an Mausen iiberzeugt. Nachdem die Kurve der Serumswertigkeit den
gewfiuschten Punkt erreicht hat, entzieht man dem Pferde Blut durch
AderlaB, welches nach einem bestimmten Modus behandelt und mit einem
Phenolprfiparat konserviert wird. Durch Mischen verschiedenwertiger
Serienreihen gewinnt man ein Serum, welches den in der Praxis lierr-
schenden Bedfirfnissen. besonders nach einheitlichem Serumtiter an-
gepaBt ist. Bei der Immunisierung der Pferde hat man mit bedeutenden
individuellen Schwankungen zu rechnen, indem manche Pferde schon
innerhalb der kiirzesten Zeit eine hochgradige Immunitat verraten, andere
hinwieder erst nach langer Immunisierungsperiode diesen Zweck erreichen
lassen. Haufig lfiBt sich auch beobachten, daB Pferde die anfanglichen
Injektionen ohne nennenswerte Reaktion ertragen und am Encle der
Immunisierungsperiode eine gewisse Ueberimmunitat verraten, und in
kfirzester Zeit an Herzkollaps zugrunde gehen. Besonders haufig ist das
bei Pferden der Fall, die gegen Kalberruhr immunisiert werden. Man
hat aber bei immunisierungstechnischen Arbeiten nicht nur mit indivi¬
duellen Schwankungen zu rechnen, sondern es spielen hierein andere
wesentliche Momente. Schreiber (32) auBert sich fiber seine Erfahrungen
auf diesem Gebiete: „Wie das gleichzeitige Vorhandensein mehrerer
Mikroorganismenarten bei Mischinfektion und das hintereinanderfolgende
Eiudringen bei Sekundarinfektion nicht ohne Bedeutung ist, indem ent-
weder die eine Art auf die andere durch Antagonismus entwickelungs-
hemmend wirkt Oder im Gegenteil einen schwereren Verlauf der be-
treffenden Infektionskrankheit bedingen, so habe ich auch in der immu¬
nisierungstechnischen Arbeit gefunden, daB sich manche Infektionskrank-
heiten in der Antikorperbildung beeintiussen. Z. B. geben Rinder, welche
mit Tuberkulose behaftet sind, nach Injektionen von Rotlaufbacillen ein
bedeutend hochwertigeres Serum als tuberkulosefreie und umgekehrt sind
Schweine, welche an Tuberkulose leiden, nicht zur besonderen Schutzstoff-
bildung gegen Schweineseuche zu bringen. Pferde, welche sich wfihrend
der Immunisierungsperiode gegen Rotlauf eine Streptokokkeninfektion
zuziehen, geben absolut kein Serum.“
In ahnlicher Weise suchte ich nun an Kaninchen festzustellen, ob
gewisse Bakterienarten die Schutzstoffbildung des Kaninchenorganismus
gegen Rotlauf hemmend zu beeintiussen imstande sind. Stickdorn
fand in seinen Versuchen, daB Kaninchen ein besseres Serum gegen
Rotlauf zu liefern vermogen als Pferde. Ich hielt mich deswegen in
meiner Versuchsanordnung genau an das von Stickdorn verwandte
Verfahren, weil mir so alle Testversuche erspart blieben. Das erste
Kaninchen (Tabelle VII —IX) immunisierte ich gegen Rotlauf, indem ich
ihm 0,01 und 0,1 Kultur eines Rotlaufstamraes subkutan in 8-tagigen
Zwischenraumen injizierte, dann zur intraperitonealen Applikation Qber-
ging und ihm 0,4 und 0,5 innerhalb derselben Zeit injizierte. Kanin¬
chen II, III und IV behandelte ich ebenso, doch gab ich Kaninchen II
neben jeder Rotlaufinjektion die gleiche Dosis Streptokokken, Kaninchen III
die analoge Dosis Coli und Kaninchen IV so viel Mengen Staphylo-
kokken als Rotlauf; Injektion wie bei Rotlauf und nacheinander. Durch
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Falk, Einflufi der Misch- und Sekundarinfektion auf den Kotlaufbacillus etc. 483
jedesmalige Feststellung des Lebendgewichtes iiberzeugte ich mich von
dem Gesundheitszustande der Versuchstiere. Zunfichst war es mir nicht
moglich, die Versuche zu gleicher Zeit abzuschliefien, da ich anfangs
Verluste hatte. Bei Kaninchen III fallt eine bedeutende Gewichtsabnalmie
auf, welche aber auf Konto einer interkurrierenden Krankheit zu setzen
ist. Das Tier war entfiohen und wurde mit einer subkutanen Ober-
sclienkelfraktur aufgefunden. Es erholte sich rasch wieder. 8 Tage nach
der letzten Impfung lieB ich die Tiere entbluten, lieB das Serum ini
Brutofen und im Keller absetzen und konservierte dasselbe mit 0,4 Proz.
Diaphtherin, eiuem neuerdings mit Vorliebe verwendeten chemischen
Praparate. Nach weiteren 8 Tagen stellte ich eine Art orientierender
Vorpriifung an, indem ich Kaninchenseruin I an grauen Mausen priifte,
Tabelle VII.
Kaninchen I.
Datum
Kultur und Dosis
R 36
Art der
Impfung
Gewicht
21. Sept.
0,01
subkutan
850 g
27. „
0,1
„
920 „
5. Okt.
0,1
intraperitoneal
1040 „
14. „
0,5
11
1250 „
Entblutet 22. Okt. Gewicht 1510 g.
Tabelle VIII.
Kaninchen II.
Datum
Kultur und Dosis
R 36 + Strept.
Art der
Impfung
Gewicht
27. Sept.
0,01 R + 0,01 Strept.
subkutan
900 g
5. Okt.
0,1 R + 0,1 Strept.
14. „
0,1 R 4 - 0,1 Strept.
intraperitoneal
820 g
22 . „
0,5 R + 0,5 Strept.
11
1250 „
Entblutet 28. Okt. Gewicht 1400 g.
Tabelle IX.
Kaninchen III.
Datum
Kultur und Dosis
R 36 + Coli
Art der
Impfung
Gewicht
14. Okt.
0,01 R + 0,01 Coli
subkutan
1450 g
22 . „
0,1 R + 0,1 Coli
1650 4
28. „
0,1 R + 0,1 Coli
intraperitoneal
1800 „
4. Nov.
0,5 R 4- 0,5 Coli
11
1900 „
Entblutet 11. Nov. Gewicht 2020 g.
Tabelle X.
Kaninchen IV.
Datum
Kultur und Dosis
R 36 + Staph.
Art der
Impfung
Gewicht
14. Okt
0,01 R + 0,01 Staph.
subkutan
1750 g
22 . „
0,1 R + 0,1 Staph.
1500 „
28. „
0,1 R + 0,1 Staph.
intraperitoneal
1650 „
4. Nov.
0,5 R 4 - 0,5 Staph.
11
1650 „
Entblutet 11. Nov. Gewicht 1820 g.
31*
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484 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Tabelle XI.
Serum
Kultur
Dosis
Serumdosis und Resultat
Kaninchen I
R 36
0,1 subkutan
2 graue Mause 0,0066 leben
2 „ „ 0,01 f 2‘/„ lebt
2 „ „ 0,015 leben
2 Kontrollen f 2>/,, f 27,
Kaninchen I
F 2
0,1 subkutan
2 graue Mause 0,0066 f 1 */-, f 4 l 7
2 „ „ 0,01 f 3 1 /,, lebt
2 „ „ 0,015 t 37„ t 4 7,
2 Kontrollen f 1 */ s , f 2
Tabelle XII.
Serum
Kultur und Dosis
Tier
Serumdosis und
Resultat
Kaninchen I
R 36
0,01 subkutan
2 graue Mause
dgl.
2 Kontrollen
f 3*/,, lebt
leben
t V*> lebt
f 2, f 2
Tabelle XIII.
Serum
Kultur und Dosis
Tier
Serumdosis und
Resultat
Kaninchen II
R 36 2 graue Mause
0,01 subkutan dgl.
2 Kontrollen
Tabelle XIV.
t 4*/,, t 5
t 6 1 /,, t 5
+ 6, lebt
+ 2, f 2
Serum
Kultur und Dosis
Tier
Serumdosis und
Resultat
Kaninchen III
R 36 2 graue Mause
0,01 subkutan dgl.
2 Kontrollen
Tabelle XV.
t V*. t 2‘/t
+ 2 1 /,, t 3«/,
t 37',, t 37,
t 2, f 2
Serum
Kultur und Dosis
Tier
Serumdosis und
Resultat
Kaninchen IV
R 36
0,01 subkutan
2 graue Mause
dgl.
2 Kontrollen
t 37„ t 37,
+ V»> + 4
t 2*/ 4 . + 67,
t 2, +2
einmal mit dem zur Immunisierung beniitzten Stamme R 36 und dann
mit F 2, einem sehr virulenten und originalen Rotlaufstamm. Tabelle XI
laBt das Resultat ersehen. Gegen den zu seiner Herstellung gebraucbten
Stamm schiitzte das Serum auch in den kleinsten Mengenverhaltnissen,
wahrend dasselbe gegen den zweiten Rotlaufstamm absolut versagt.
Stickdorn geht in der Einleitung seiner Arbeit von der Beobachtung
aus, daB zuweilen Sera, welche den zu ilirer Gewinnung verwandten
St&mmen gegentiber hOchst wirksam sind. oft versagen gegen Stamme,
die frisch aus Organen rotlaufverendeter Schweine gezuchtet werden,
daB diese Sera aber schiitzen, wenn diese Stamme langere Zeit im
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Falk, EinfluB der Misch- und Sekundarinfektiou auf den Rotlaufbacillus etc. 485
Laboratorium umgezuchtet werden. Mein Versuch beweist dies eklatant
und die praktische Konsequenz ist ebenso ersichtlich, daB Eotlaufserum
und Rotlaufkultur aufeinander gestimmt sein iniissen, falls eine dauernde
aktive Immunitat erzielt werden soil.
Nach diesen Vorpriifungen wiederholte ich diesen Versuch in der
gleiclien Weise mit alien 4 Kanincheuseris, beniitzte aber als Kultur nun
den urspriinglichen Rotlaufstamm R 36. Serum I schiitzt wieder sicher,
wahrend das Serum von Kaninchen II und III nicht den geringsten
Scliutz zu bieten vermag. Die Tiere sterben in der kiirzesten Zeit.
Einen geringen, aber kaum nennenswerten Schutz bietet Serum II, in¬
dent eine Maus am Leben bleibt und die anderen erst nach einem
gewissen Zeitraum sterben. Immerhin stimmt mein Befund mit der
eingangs von Schreiber erwahnten Tatsache tiberein, daB eine Strepto-
kokkeninfektion des Pferdes die Antikorperbildung gegen Rotlauf un-
moglich mache. Ich verweise nur auf meine Reagensglasversuche, wo
ich einen Antagonismus zwischen Streptokokken und den Rotlaufbacillen
nachweisen konnte. Wenn man beriicksichtigt, welche Rolle die Strepto¬
kokken und besonders die Staphylokokken als lokale Eitererreger spielen
und welche allgemeine pathogene Eigenschaft den C o 1 i - Arten zukommt,
so ist es leicht, sich hieraus die SchluBfolgerung zu konstruieren. Lokale
Eiterungen, Nekrosen mit mehr oder weniger gestortem Allgemeinbefinden
konnen den Erfolg einer aktiven Immunisierung in Frage stellen, das
Entstehen von Impfrotlauf verursachen. Wenn auch der Organismus
diese Schadigungen uberwindet, so bleibt doch die Frage ungelost, wie
lange halt in diesem Falle ein kiinstlicher Impfschutz an? Die Losung
dieser Frage bleibt weiteren Versuchen an Schweinen selbst iiberlassen.
Ergebnisse.
1) Der Rotlaufbacillus erfahrt durch haufiges Umstechen von Bouillon
auf Agar und umgekehrt eine allmahliche Virulenzabnahme, die anfangs
langsam, spSter aber besonders durch Umziichten auf demselben
Nahrboden rapid erfolgt. Festgestellt wurden auftretende Riickschlage
in der Virulenz. Ob durch gemeinsames Wachstum von Coli in Bouillon
ein abgeschwachter Rotlaufstamm wieder virulenter wird, konnte nicht
festgestellt werden.
2) Durch Zusammenziichten von Rotlauf und Coli, Rotlauf und
Paratyphus, Rotlauf und Suipestifer, Rotlauf und Schweineseuche in
Bouillon ist eine Virulenzerhbhung zu erzielen, die sich dadurch auBert,
daB Mause, welche solche zusammengeziichtete Kulturen erhalten, fruher
sterben als Kontrolltiere, welche Rotlauf und eine der genannten Bakterien-
arten getreunt, aber in gleicher Menge injiziert bekommen. Bei Rotlauf-
Streptokokken- und Rotlauf-Staphylokokkeninischkulturen ist das nicht
oder nur wenig der Fall.
3) Durch tagliches Umziichten von solchen Mischkulturen mit Nahr-
bodenwechsel gelingt es nicht, innerhalb einer langeren Zeit eine Virulenz¬
abnahme zu verzeichnen, wahrend bei Vermeidung von Nahrbodenwechsel,
also durch Umstechen auf den gleichen Nahrboden, Agar oder Bouillon,
diese Virulenzabnahme in kiirzester Zeit erfolgt.
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486
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
4) Zwischen Rotlauf und Streptokokken einerseits, Rotlauf und
Staphylokokken andererseits besteht ein Antagonismus des Wachstums,
indem bei dauerndem Umzilchten von Rotlauf-Streptokokkenkulturen die
Rotlaufbacillen aus der Bouillon verschwinden, wahrend bei Rotlauf-
Staphylokokkenkulturen dies umgekehrt bei Staphylokokken der Fall ist.
Erstere verlieren allmahlich, auch bei Nahrbodenwechsel, in kurzer Zeit
ihre Virulenz fur Mause, in letzteren bleibt die Rotlaufvirulenz bestehen.
5) Mause, die mit Rotlaufserum passiv immunisiert sind, ertragen
eine Rotlaufinfektion leichter als eine Misch- oder Sekundarinfektion von
Rotlauf mit Coli, Streptokokken, Staphylokokken, Bac. suipestifer,
Paratyphus und Schweineseuchebakterien. Hochwertiges Serum schiitzt
in letzterem Falle besser als mittelwertiges.
6) Kaninchen, welche mit steigenden Mengen virulenter Rotlauf-
kulturen gegen Rotlauf immunisiert werden, geben ein hochwertiges
Serum.
Injiziert man aber Kontrollkaninchen neben Rotlaufbacillen immer
die gleichen Mengen Coli, Staphylokokken oder Streptokokken, so ver-
mag das Serum gegen den zur Gewinnung benutzten Rotlaufstamm
absolut nicht zu schiitzen.
Zum Schlusse spreche ich meinem Chef, Dr. Schreiber, fur die
Ueberlassung des Themas und fur das freundliche Interesse, das er
meiner Arbeit entgegenbrachte, meinen herzlichsten Dank aus.
Literatur.
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24) Eber, Miinchen. med. Wochenschr. Ref. in Berlin, tierarztl. Wochenschr. 1909.
No. 47.
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URBANA-CHAMPAI6N
Ganslmayer, Negrische Korperchen in den Speicheldriisen bei Wut. 487
25) Jess, Kompendium der Bakteriologie und Blutserumtherapie. 2. Aufl.
26) Balavoine, Schweizer Arch. f. Tierheilk. Bd. 51. 1909. Heft 3.
27) Stickdorn [Inaug.-Dissert.] Giefien 1909.
28) Lorenz, Bencht auf d. internat. Kongr. in Baden-Baden. 1899.
29) Ledschbor, Zeitschr. f. Infektionskrankh. d. Haustiere. Bd. 6. 1909. Heft 5.
30) Heinick, Arch. f. wissenschaftl. u. prakt. Tierheilk. 1903. p. 489.
31) Marx, Deutsch. tierarztl. Wochenschr. 1901. No. 6.
32) Joest, zitiert nach Prettner, Tierarztl. Centralbl. 1906. No. 22.
33) Schreiber, Bericht auf d. 79. Versammlung deutsch. Naturf. in Dresden.
Naehdruck verbotcn.
Ueber das Vorkommen der Negrischen Korperchen
in den Speicheldriisen bei Wut.
[Aus dem patholog.-anatomischen Institute der k. u. k. Tierarztlichen
Hochschule in Wien (Vorstand: Prof. Dr. Rudolf Hartl).]
Von Hans (ranslmayer.
Da mir an der hiesigen Station fiir diagnostische Tierimpfungen ein
reichliches Material von wutkranken Tieren zur Verfiigung stand, so
entschlofi ich mich, an einer groBeren Anzahl eingesendeter Hundekopfe
Untersuchungen iiber das Vorkommen der Negrischen Korperchen in
den Speicheldriisen, woriiber in der einschlagigen Literatur noch wenig
Angabeu vorliegen, vorzunehmen.
Ich ging bei meinen Untersuchungen so vor, daB ich den ein-
gesendeten Kopfen, die durch die histologische Untersuchung des
Amraonshornes als von wutkranken Tieren stammend erkannt worden
waren, die Glandula submaxillaris (mit der sich wegen ihrer GroBe
leichter arbeiten lieB) zur histologischen Untersuchung entnahm. Bevor
ich jedoch diese Driisen genauer histologisch verarbeitete, verimpfte ich
einen steril entnommenen Teil derselben an 2 Meerschweinchen und
1 Kaninchen subdural, urn mich zu versichern, daB das histologisch zu
verarbeitende Material auch wirklich virulent sei; naturlich nahm ich zu
meinen Untersuchungen nur frische, d. h. ziemlich gut erhaltene Driisen.
Ich will zuerst die Tabelle iiber meine Tierversuche folgen lassen,
um dann kurz die wichtigsten Angaben aus der Literatur iiber Virulenz
des Speichels und der Speicheldriisen anzuschlieBen und uber die Ergeb-
nisse meiner subduralen Impfungen mit der Glandula submaxillaris zu
berichten und will zum Schlusse nach Angabe der wichtigsten Daten
aus der Literatur iiber das Vorkommen der Negrischen Korperchen
in den Speicheldriisen meine Untersuchungsergebnisse anfiihren, denen
ich noch kurz die histologischen Veranderungen in diesen Driisen an-
schlieBen werde.
In der folgenden Tabelle ist auch die gleichzeitig mit der Gehirn-
emulsion dieser histologisch sicher positiven Tiere vorgenommene sub-
durale Kontrollimpfung (an einem Meerschweinchen) verzeichnet.
Ueber die Virulenz des Speichels und der Speicheldriisen ist in der
einschlagigen Literatur sehr viel berichtet worden; die Mehrzahl der
Autoren scheint heute die Virulenz des Speichels der an StraBenwut
erkrankten Tiere als fast immer vorhanden anzunehmen; so schreibt
Casper, daB „die schon seit langer Zeit angenommene Infektiositfit
des Speichels durch experimentelle Untersuchungen endgiiltig bestatigt
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488
CentralbL f. Bakt. etc. Abt. I. Originate. Bd. 55. Heft 6.
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M, M, K
mit zerrieb.
Submaxillar,
geimpft nm
Ergebnis
der Impfung mit
Gehirnemulsion
Ergebnis
der Impfung mit
zerriebener Sub-
maxillaris
1 M
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*) Die mit der
Submaxillar,
geimpft. Tiere
gohen ein an
Wut in
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T.
5. 12.
5. 12.
M f 21. 12. Wut
M f 18. 12. Wut
16 Tagen
13 Tagen
1908
1908
M + 22. 12. Wut
K + 20. 12. gel.
2
P.
9. 12.
9. 12.
M f 10. 1. Wut
M f 25. 12. Wut
M f 28. 12. Wut
K f 28. 12. gel.
32 „
15 »
3
N.
11. 12.
11. 12.
M f 28. 12. Wut
M f 22. 12. Wut
1" ,,
11 „
, M f 24. 12. Wut
| K t 28. 12. gel.
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4
P.
11. 12.
11. 12.
M f 30. 12. Wut
M i
r 23. 12. Wut
19
12 „
M i
• 24. 12. Wut
K t
13. 12. Coccid.
5
W.
15. 12.
15. 12.
M f 29. 12. Wut
M f 31. 12. Wut
14 „
16 „
M lebt am 15. 3. 09
K f 1. 1. gel.
6
H.
15. 12.
15. 12.
M f 2. 1. Wut
M -
I- 26. 12. Wut
18 „
11
m i
|- 29. 12. Wut
K i
r 1. 1. gel.
7
K.
23. 12.
24. 12.
M entblutet 8. 1.
M f 8. 1. Wut
15 „
zeigte starke Auf-
M + 9. 1. Wut
regun gserschei-
K t 30. 12.
nungen (Wut)
Darmkatarrh
8
M.
25. 12.
25. 12.
M f 20. 1. Wut
M f 26. 3. —
M lebt am 25. 3.
26 „
K t 22. 3. Abscefi
am
linken Auge
9
N. P.
11. 1.
11. 1.
M f 4. 2. Wut
M f 27. 1. Wut
24 „
16 „
1909 j
1909
M f 27. 1. Wut
K f 2. 2. gel.
10
K.
12. 1.
12. 1.
M f 26. 1. Wut
M f 23. 1. Oedcm
14 „
16 „
an
der Impfstelle
M f 29. 1. Wut
K f 28. 1. gel.
11
TSch.
13. 1.
15. 1.
M f 28. 1. Wut
M f 10. 3. —
M lebt am 15. 4.
15 „
K i
•25. 1. AbsceB
i.cl
1.1. Achselhohle
12
L.
14. 1.
15. 1.
M f 2. 2. Wut
M f 25. 1. Wut
M f 1- 2. Wut
K f 2. 2. gel.
19 „
10 Tagen
13
L.
14. 1.
15. 1.
M f 13. 2. Wut
M i
j- 26. 1. Wut
30 „
11 >.
M 1
{ 27. 1. Wut
K t 28. 1. gel.
14
Tr.
14. 1.
15. 1.
M f 1. 2. Wut
M t 26. 1. Wut
M + 30. 1. Wut
K + 30. 1. gel.
18 „
11 „
15
K.Sp
15. 1.
15. 1.
M f 4. 2. Wut
M + 26. 1. Wut
M + 26. 1. Wut
K + 30. 1. gel.
20 „
11 „
*) Immer das erste Tier, welches an Wat eingeht.
Anmerkung: gel. — gelahmt, M = Meerschweinchen. K = Kaninchen.
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. Ganslmayer, Negrische Korperchen in den Speicheldriisen bei Wut. 489
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M, M, K
mit zerrieb.
Submaxillar,
geimpft am
Ergebnis
der Impfung mit
Gehirnemulsion
Ergebnis
der Impfung mit
zerriebener Sub-
maxillaris
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Die mit der
Submaxillar.
geimpft.Tiere
geben ein an
Wut in
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K.Kr.
15. 1.
15. 1.
M f 7. 2. Wut
M lebt am 15. 4.
23 Tagen
12 Tagen
M lebt am 15. 4.
K f 27. 1. gel.
17
R.
17. 1.
18. 1.
M f 4. 3. Wut
M f 28. 2. Wut
M + 29. 1. Invag.
K f 9. 2. gel.
47 „
22 „
18
C.
22. 1.
22. 1.
M f 4. 2. Wut
M t 7. 2. Wut
M f 18. 2. Wut
K t 4. 2. gel.
13 „
13 „
19
T.
27. 1.
28. 1.
M f 14. 2. Wut
M ■
14. 2. Wut
18 „
17 „
M ■
• 10. 3. Wut
K -
■ 26. 2. gel.
20
P.
2. 2.
4. 2.
M f 19. 2. Wut
M ■
■ 9. 2. Wut
17 „
5 „
M ■
• 10. 2. Wut
K ■
22. 2. gel.
21
T.
3. 2.
4. 2.
M f 7.2. Darmentz.
1 M f 23. 2. Wut
M f 25. 2. Wut
K t 9. 2. gel.
5 „
22
P.
4. 2.
4. 2.
M f 13. 2. Wut
M f 18.2. Darmentz.
9 Tagen
15 „
M f 19. 2. Wut
K f 20. 2. gel.
23
T.
4. 2.
4. 2.
M f 25. 2. Wut
M f 25. 2. Wut
M lebt am 4. 5.
21 „
21 „
K f 2. 3. gel.
24
K.
5. 2.
7. 2.
M f 23. 2. Wut
M f 16. 2. Wut
M f 23. 2. Wut
K f 20. 2. gel.
18 „
9 „
25
P.
5. 2.
7. 2.
M f 25. 2. Wut
M -i
18. 2. Wut
20 „
11 „
M -
• 24. 2. Wut
K i
■ 23. 2. gel.
26
H.
7. 2.
8. 2.
M t 24. 2. Wut
M f 26. 2. Wut
M f 17. 2. erdruckt
K f 24. 2. gel.
17 „
16 „
27
Tr.
10. 2.
10. 2.
M f 29. 4. —
M + 21. 2. Wut
M f 22. 2. Wut
11 „
K -f 14. 2. Sepsis
28
F.
10. 2.
10. 2.
M f 2. 3. Wut
M f 12. 3. Wut
M f 28. 3. Wut
20 „
20 „
K t 2. 3. gel.
29
G.
11. 2.
11. 2.
M f 2. 3. Wut
M f 24. 2. Wut
M f 25. 2. Wut
K f 5. 3. gel.
19 „
13 „
30
L.
12. 2.
13. 2.
M f 1. 3. Wut
M
h 26. 2. Wut
17 „
13 „
M •
r 28. 2. Wut
K
- 4. 3. gel.
31
P.
15. 2.
16. 2.
M f 25. 2. Wut
M f 5. 3. Pneum.
M f 28. 4. —
K lebt am 16. 5.
10 „
32
K.
15. 2.
16. 2.
M f 23. 2. Wut
M
• 3. 3. Wut
8 „
15 Tagen
M •
9. 3. Wut
K
- 9. 3. gel.
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490 CentralbL f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Fortl. No.
Hundekopf
aus
M mit Ge-
hirnemulsion
geimpft am
M, M, K
mit zerrieb.
Submaxillar,
geimpft am
Ergebnis
der Impfung mit
Gehirnemulsion
Ergebnis
der Impfung mit
zerriebener Sub-
maxillaris
Das mit Ge¬
hirnemulsion
geimpfte Tier
geht ein an
Wut in
Die mit der
Submaxillar,
geimpft. Tiere
gehen ein an
Wut in
33
T.
17. 2.
17. 2.
M t 7. 3. Wut
M f 7. 3. Wut
M t 30. 3. Wut
K -f 20. 2. Sepsis
18 Tagen
18 Tagen
34
K.
17. 2.
17. 2.
M f 8. 3. Wut
M t 5- 3. Wut
M t 6. 3. Wut
K f 8. 3. gel.
19 „
16 „
35
P.
19. 2.
19. 2.
M f 9. 3. Wut
M f 3. 3. Wut
M f 4. 3. Wut
K f 2. 3. gel.
18 „
11 „
36
D.
19. 2.
19. 2.
M t 6. 3. Wut
M f 8. 3. Wut
M f 10. 3. Wut
K j 9. 3. gel.
15 „
17 „
37
L.
20. 2.
20. 2.
M f 8. 3. Wut
M f 27. 2. Wut
M f 5. 3. Wut
K f 5. 3. gel.
16 „
7 „
38
L.
22. 2.
22. 2.
M f 13. 3. Wut
M t 10. 3. Wut
M + 13. 3. Wut
K t 10. 3. gel.
19 „
16 „
39
L.
22. 2.
22. 2.
M f 20. 3. —
M f 5. 3. Wut
M lebt am 22. 5.
K lebt am 22. 5.
11 ,,
40
N.
23. 2.
24. 2.
M f 6. 3. Wut
M f 8. 3. Wut
M f 15. 3. Wut
K f 16. 3. gel.
11 „
12 „
wurde 14 (Zinke, Gruner, Magendie, Breschet, Berndt, Rey,
Renault) und fahrt weiter fort, daB auch der Speichel der Pflanzen-
fresser, dessen Infektiositat bis gegen die Mitte vorigen Jahrhunderts
bezweifelt wurde, immer das Wutvirus enthalte.
Andererseits wieder meint Frosch, daB die Virulenz des Speichels
schwanken kann; abgesehen von den Fallen, wo durch den HundebiB
infolge Schutzes der Kleider, Behaarung etc. keine Erkrankung auftritt,
glaubt er auch noch an eine gelegentliche Avirulenz des Speichels.
Sicher ist jedenfalls, daB der Speichel sehr haufig hochvirulent ist
(wahrscheinlich immer virulent ist) und schon zu einer Zeit infektios
sein kann, wo man von Krankheitserscheinungen noch gar nichts bemerkt;
die diesbezOglichen Untersuchungen sind ja bekannt und sind von Roux
und Nocard, Rabiaux und Pampukis (Beobachtung bei einem
Falle) ausgeffihrt worden; der Speichel ist nach diesen Forschern 2 bis
3 Tage, ja sogar noch fruher vor Ausbruch der ersten Krankheits¬
erscheinungen als virulent nachgewiesen worden. Rem linger wieder
konnte mit dem von Kaninchen, Hunden und Schafen durch Pilocarpin
gewonnenen Speichel keine Wut erzeugen, auch nicht durch Injektion
groBerer Dosen.
Die Virulenz des Speichels der an StraBenwut erkrankten Menschen
scheint zu schwanken; so konnten nach Casper die Forscher Ma¬
gendie und Breschet im Jahre 1813 den Speichel eines an Wut
gestorbenen Menschen wirksam auf 2 Hunde iibertragen. Bertarelli
hatte (beim Menschen) ebenfalls in einem Falle durch Verimpfung des
Speichels an 6 Kaninchen viermal Wut erzeugen kfinnen.
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Ganslmayer, Negrische Korperchen in den Speieheldriisen bei VVut. 491
Rem linger filtrierte und verdfinnte den Speichel eines Menschen;
es konnte ihm aber nicht gelingen, Wut zu erzeugen.
Auch die Speieheldriisen (bei StraBenwut) sind Trager des Virus;
Casper sagt von ihnen, daB sie auch virulent gefunden wiirden, und
daB bezfiglich der Tiere dies schon von Her twig und Gal tier, be-
ziiglich des Menschen aber besonders durch Bardach in zahlreichen
Fallen ermittelt wurde. Her twig war der erste, der erkannte, daB
auch das Gewebe der Speieheldriisen virulent ist.
Auch die Speieheldriisen der init StraBenwut infizierten Tiere sind
auf ihre Virulenz gepriift worden. Bertarelli fand z. B., daB ein
groBer Teil der Speieheldriisen tollwiitender Kaninchen virulent ist;
weiter fand er bei 5 mit StraBenvirus infizierten Kaninchen dreimal
weder die Driise noch die Nerven virulent, zweimal die Driise und die
Nerven virulent. Nicolle und Chaltiel konnten zweimal durch die
Speieheldriisen dreier mit StraBenvirus geimpfter Ratten Wut erzeugen.
Bertarelli und Volpino zerrieben die Glandula submaxillaris,
filtrierten sie durch Chamber land-Filter; sie hatten immer negative
Resultate. Bei 5 mit Virus fixe geimpften Kaninchen fand Bertarelli
viermal die Speicheldrtise und ihre Nerven nicht virulent, einmal die
Druse nicht, aber ihre Nerven virulent. Ebenso konnten Nicolle und
Chaltiel bei 9 Versuchen mit 3 Speieheldriisen (von Kaninchen, die
mit Virus fixe geimpft worden waren) nur zweimal Lyssa erzeugen.
Ich konnte in meinen 40 Fallen 37mal sicher Wut erzeugen; die
geimpften Meerschweinchen zeigten alle in einer gewissen Zeit deutliche
Aufregung und gingen gewohnlich unter Lfihmungserscheinungen zu-
grunde; die geimpften Kaninchen zeigten das gewohnliche Krankheits-
bild. Von den 3 negativen Fallen ging einmal (Fall No. 8) ein M nach
3 Monaten ein, ein zweites M musterte ich nach 3 Monaten lebend aus,
und das K ging an den Folgen eines Abscesses in der Gegend des
linken Auges in 30 Tagen ein. Im 2. Falle (No. 11) lebte ein M fiber
3 Monate, das andere fand ich nach ca. 2 Monaten tot im Kafig, ohne
klinisch etwas bemerkt zu haben, was auf Lyssa hatte schlieBen lassen
konnen; auch die Sektion ergab keine makroskopisch erkennbare Todes-
ursache. Das K starb am 10. Tage infolge eines Abscesses in der linken
Achselhohle. Im 3. Falle (No. 31) fiel das eine M an einer Pneumonie
am 17. Tage, das andere starb am 28. April; auch hier konnte klinisch
nichts bemerkt werden; auch die Sektion konnte die Todesursache nicht
aufklfiren. Das K wurde gesund nach 3 Monaten ausgemustert.
Die Versuchstiere sind also in diesen 3 Fallen teils interkurrenten
Krankheiten zum Opfer gefallen, teils lebend ausgemustert worden und
teils eingegangen, ohne daB mit Bestimmtheit gesagt werden konnte, was
die Todesursache war.
In mehreren Fallen (No. 5, 16, 23, 39) lebten Tiere fiber 3 Monate,
deren Kameraden bestimmt an Wut eingegangen waren; solche Falle,
in denen die Versuchstiere die Beobachtungsdauer fiberleben, trotzdem
daB ihre Kameraden an Lyssa eingegangen waren, findet man auch in
annahernd dem gleichen Prozentsatz bei den Impftieren, die mit der
Gehirnemulsion sicher wtitend gewesener Tiere geimpft worden waren;
Ursachen dieser unangenehmen Zwischenffille konnen abgeben die ver-
schiedene Resistenz der Tiere und vielleicht auch manchmal hindernde
Umstfinde, die sich bei der Impfung ergeben.
Interkurrenten Krankheiten fielen zum Opfer ein K an Coccidiosis
(No. 4), ein K an Darmkatarrh (No. 7), ein K an einem AbsceB in der
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492
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Gegend des linken Auges (No. 8), ein M an einem Oedem an der Impf-
stelle (No. 10), ein K an einem AbsceB in der linken Achselhbhle (No. 11),
ein M an einer Darminvagination (No. 17), ein M an einer Darmentzun-
dung (No. 22), ein M (Fall No. 26) wurde erdriickt, zwei K an Sepsis
(No. 27, 33), ein M an Pneumonie (No. 31).
Aehnlich verhalten sich die Verhaltnisse bei den mit der Gehirn-
emulsion (von Tieren, und zwar in alien 40 Fallen, wo zuerst histo-
logisch die Diagnose Wut sichergestellt war) geimpften Meerschweinchen;
von diesen Impftieren gingen auch einige an interkurrenten Krankheiten
zugrunde (No. 21 ging an einer Darmentzundung ein, No. 27 und 39
verendeten, ohne daB die Todesursache festszutellen war).
Aus der in den beiden letzten Spalten der Tabelle in Tagen aus-
gerechneten Lebensdauer nach der Impfung ist zu entnehmen, daB die
Virulenz der Speickeldriisen eine ganz bedeutende ist, wenngleich auf
das Ergebnis dieser Zusammenstellung kein besonderer Wert gelegt
werden kann, weil mit Gehirnemulsion nur immer ein Meerschweinchen,
mit Submaxillarisemulsion aber je 3 Tiere geimpft wurden und keine
genau qualitativ bestimmten Mengen zur Verwendung kamen.
Ich kann als Ergebnis meiner Tierversuche die Tatsache berichten.
daB ich in 40 Fallen bei Verimpfung von Submaxillarisemulsion 37mal
mit Bestimmtheit Wut erzeugen konnte.
Ich komme nun zum eigentlichen Teil meiner Arbeit, namlich der
histologischen Untersuchung der Speicheldriisen; es liegen in der Literatur
auch da einige Angaben vor, die sich zum Teil widersprechen.
Die Forscher Bertarelli, Lentz, Lina Luzzani, Frosch
und nach ihm Williams, Lowden, Volpino, Zaccaria berichten
alle, daB die Negrischen Korperchen in den Speicheldriisen niclit zu
finden sind; diesen gegeniiber steht Elisa Stefanescu, die in der
Parotis eines wutkranken Hundes die Negrischen Korperchen nach-
gewiesen haben will. Es ist entschieden von groBer Bedeutung, ob in
den Speicheldriisen die Negrischen Korperchen vorkommen oder nicht;
denn auBer dem Zentralnervensystem sind die Speicheldriisen und der
Speichel die virulentesten Teile des wiitenden Tieres, und von den Geg-
nern der parasitaren Theorie der Negrischen Kbrperchen ist als einer
der ersten Punkte gegen diese Theorie immer die hohe Virulenz des
Speichels und der Speicheldriisen und die Unauffindbarkeit der Negri¬
schen Korperchen in denselben ins Feld gefuhrt worden.
Allerdings konnte man diesem Einwurf in erster Linie die geringe
Zahl der vorliegenden Untersuchungen der Driisen auf die KOrperchen
vorhalten.
Ich habe von 40 Tieren 40 Submaxillarisdrusen und 20 Parotis-
driisen untersucht; von jeder Driise machte ich 6 Praparate mit 2 bis
3 Paraffinschnitten; diese Praparate farbte ich mit Hamalaun-Eosin (3)
und in ahnlicher Weise, wie sie Pfeiler zur Farbung der Negrischen
Korperchen angegeben hat (3). Ich konnte in alien Praparaten sowohl
der Gland, submaxillaris als auch der Gland, parotis (die ich allerdings
auf ihre Virulenz vorher nicht geprilft habe) Negrische Korperchen in
der Form, wie sie im Ammonshorn vorkommen, nicht nachweisen.
Dagegen fand ich in den meisten Fallen, speziell in den Submaxil-
larisdrtisen, weniger in der Parotis, jene kleinzellige Infiltration im inter-
stitiellen Gewebe der Drfisen, die schon El sen berg bei 12 Fallen,
Nepven in einem Falle und Kosjokow beschrieben haben, eine In¬
filtration, die sich gewShnlich hauptsachlich urn die Ausfuhrungsgange
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Ganslmayer, Negrische Korperchen in den Speicheldriisen bei Wut. 493
mittleren und kleineren Kalibers und um kleinere, speziell venose Ge-
faBe lokalisiert und sich charakterisiert durch Ansammlung von Rund-
zellen bald in groBerer, bald in kleinerer Menge.
SchluBsatze.
1) Ich konnte von 40 Fallen (Verimpfung von Submaxillarisemulsion
an 2 Meerschweinchen und 1 Kaninchen) 37mal mit Bestimmtheit Wut
erzeugen.
2) In diesen Submaxillarisdriisen konnte ich nach den angewandten
Farbemethoden Negrische Korperchen in der Form, wie sie im Ammons-
horn nachgewiesen werden, nicht auffinden; ebenso nicht in 20 Parotis-
driisen, die ich allerdings auf ihre Virulenz vorher nicht gepriift habe,
die aber von Tieren stammten, von denen gleichzeitig die Gland, sub-
maxillares Verwendung gefunden hatten.
Literatur.
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diagnostischer Wert und ihre Bedeutung. (Centralbl. f. Bakteriol. Abt. I. Orig. Bd. 37.
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494
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Nachdruck verboten.
Ueber die morphologischen und kulturellen Eigenschaffcen
des Parasiten der infantilen Milzanamie
(Leishmania infantum).
[Aus der Konigl. Universitatskinderklinik zu Palermo
(Direktor: Prof. R. J e m in a).]
Experimentelle Untersuchungen.
Von Dr. G. Di Cristina und Dr. S. Cannata.
Nicolle in Tunis ist es gelungen, den in einigen Fallen von
infantiler Milzanamie angetroffenen Parasiten zu kultivieren. Dieser
Parasit wurde wegen der Aehnlichkeit seiner morphologischen Eigen-
schaften mit dem von Leishman beim indischen Kala-Azar gefundenen
von Nicolle Leishmania infantum genannt.
Als Kulturboden verwendete er den Agar von Novy-Neal und
eine Modifikation desselben, und erzielte so die Entwickelung des Parasiten
im Kondensationswasser.
Bei unseren Untersuchungen haben wir den von Nicolle modifi-
zierten Novyschen Agar und einen anderen Nahrboden, bestehend aus
Agar, Kochsalz und Wasser in dem von Nicolle benutzten Verhaltnis
mit Zusatz von Hundeblut verwendet. Ebenso haben wir auch andere
Kulturboden verwendet: Einfachen Agar, Glyzerinagar, mit Hundemilz-
bouillon hergestellten Agar, Ascitesagar, Nicolle schen Agar mit Zusatz
von Ascitesfliissigkeit und Kaninchenserum, einfache Bouillon, Hunde-
milzbouillon, Glyzerinbouillon, Ascitesbouillon, Bouillon von Cohendy,
Laktosebouillon, durch Zusatz von Natriumcitrat unkoagulierbar gemachtes
Kaninchenblut.
Auder den aeroben Kulturen haben wir die anaeroben Kulturen
versucht.
In samtliche Medien haben wir fein zerkleinerte Milz- oder Leber-
stiickchen ausgesat, die von infizierten Hunden oder von einem in unserer
Klinik gestorbenen Kinde stammten.
Wir bemerken sofort, dad wir bei den aeroben Kulturen die Ent¬
wickelung des Parasiten im Nicolleschen Agar und in dem mit Zusatz
von Hundeblut erhalten haben. Keine Entwickelung in den iibrigen
Medien.
Anaerob haben wir sparliche Entwickelung nur im Kaninchenblut
mit Zusatz von Natriumcitrat beobachtet.
In dieser Mitteilung berichten wir iiber die erzielten Resultate, wo-
bei wir uns vorbehalten, mit einer anderen Veroffentlichung auf die
Deutung der gefundenen verschiedenen kulturellen Formen zuriickzu-
kommen. Wir sehen davon ab, die parasitaren Formen zu beschreiben,
welche in den Geweben aufgefunden werden, denn sie sind den bereits
von Pianese, Nicolle, Gabbi, Jemma, Feletti beschriebenen
vollkommen ahnlich.
Im Agar von Novy-Nicolle haben wir nach 8—10 Tagen Ent¬
wickelung von ganz kleinen Kolonieen beobachtet, welche sich sukzessiv
allmahlich vergrbdern, bis sie die Grode eines Stecknadelkopfes oder
hochstens einer kleinen Linse erreichen. Die Kolonie ist iiber die Ober-
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Di Cristina u. Cannata, Paras it der infantilen Milzanamie.
495
flache des Agars erhaben, hat recht scharfe Konturen, konvexe glanzende
Oberflache, ovale oder kreisrunde Form.
Im Agar mit Zusatz von Hundeblut entwickeln sich die Kolonieen
etwas grofier, aber kiimmerlicher.
Bei sukzessiven Verpflanzungen ist die Entwickelung der Kolonieen
nach 3 Tagen evident.
Die Entwickelung unserer Kulturen hat sich auf die Bildung von
kleinen Kolonieen auf der OberflSche des Agars beschrankt; sie wurde
nicht wie von Nicolle im Kondensationswasser erhalten. Es ist uns
gelungen, eine Verpflanzung desselben Stammes biszur dritten Generation
zu erhalten, weiter gelang es uns nicht, denselben Keim am Leben zu
erhalten.
Nach 12 Tagen wurden in den aus den entwickelten Kolonieen her-
gestellten, mit Romanowsky gefarbten Paparaten einmal zahlreiche
l&ngliche, zusammengehSufte oder freie, geiBellose Korperchen mit einen
zentralen oder polaren Kern und einem exzentrischen Mikrosom beob-
achtet; ein anderes Mai bekam man Entwickelung von ovalen, birn-
formigen, gegeiBelten Formen.
Nach 30 Tagen werden degenerative Formen und Formen in voller
Entwickelung beobachtet. Die Typen der normalen Formen sind ver-
schiedene und im allgemeinen gegeiBelt, die GeiBel kann auch doppelt
sein. In einigen ist ein st&bchenformiges, senkrecht zur Langsachse des
Parasiten oder an einem Pol angeordnetes Mikrosom zu bemerken. In
einigen Formen scheint die GeiBel in direkter Fortsetzung mit dem
Mikrosom zu sein. Manchmal ist die GeiBel auf sich selbst umgebogen
und erweckt den Anschein, als ob sie ein Ganzes mit dem Parasiten bilde.
Neben diesen Formen werden andere zusammengehaufte, mit ge-
quollenem, durchsichtigen, leicht biaulich gefarbten Protoplasma beob¬
achtet. Die Parasiten, welche an diesen Anhaufungen teil haben, zeigen
keine deutlichen Geifieln und haben Kern und Mikrosom zentral oder
exzentrisch; das Ganze macht den Eindruck einer Wabe.
Die freien Formen kSnnen das Aussehen von birnformigen, gegeiBelten
Korperchen oder von sehr dflnnen, langlichen Korperchen annehmen.
Nicht selten werden andere Formen in Spaltung angetroffen, d. h.
man hat eine Bifurkation des der GeiBel entgegengesetzten Poles. Wir
haben auch den von Leishman beschriebenen analoge Formen an¬
getroffen, namlich ein mit dem Parasitenleib an den beiden Polen ver-
kniipftes Protoplasmaleistchen tragende Parasiten, doch haben wir den
Kern nicht gefunden, den Leishman in diesem Leistchen beschreibt.
Involutive Formen kbnnten jene an Vakuolen sehr reiche oder stark
gequollene sein, deren Chromatin sich im Zerfall befindet, so daB Formen
auftreten, welche von basophiler korniger Entartung befallen scheinen.
Die basophilen Kdrner sind an den beiden Polen des Parasiten verdichtet
oder aber nur auf einer Seite desselben angeordnet. Haufig werden
Vakuolen und Chromatinkorperchen in dem Parasiten selbst beobachtet.
In den Praparaten von verschieden alten Kulturen ist es leicht zu
konstatieren, daB einige Parasiten 2 Geifieln enthalten. Bei sehr sorg-
faitiger Untersuchung jedoch wird man uberrascht durch die Tatsache,
daB nicht nur neben doppelt gegeiBelten Parasiten andere Parasiten auf-
gefunden werden, bei denen die DoppelgeiBel abhangt von dem Anlegen
der einem anderen Parasiten angehbrenden GeiBel, sondern daB es auch
leicht ist, Parasiten anzutreffen, die durch die Geifieln ineinander ver-
wickelt sind, oder Parasiten mit abgebrochener GeiBel. Es kommt daher
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Centralbl. f. Bakt etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 6.
tier Zweifel auf, dafi die DoppelgeiBel bei einer groBen Anzahl von
Exemplaren auf die Preparation zuriickzufuhren sein diirfte und durchaus
nicht eine morphologische Charakteristik oder eine initielle Spaltung des
Parasiten darstellt.
Ebensowenig Bedeutung hat es auch, daB raanchmal die Doppel-
geiBel bei Formen mit doppeltem Kern angetroffen wird, da die Spaltung
nicht so unregelmaBig und launenhaft sein diirfte, daB sie einraal in der
GeiBel und ein anders Mai in deni Leib des Parasiten beginnt.
Bei Herstellung von Praparaten mit Parasiten enthaltenden Organ-
stiickchen ist es nach einem Aufenthalt von 10—12 Tagen bei einer
Temperatur von ca. 22° leicht, kleine Kolonieen in voller Entwickelung
anzutreffen.
Im allgemeinen ist das Zentrum dieser Kolonie dargestellt durch
eine Endothel- oder Leberzelle, je nach den Fallen, und diese urasteht
eine ziemlich groBe Anzahl von kugeligen Korperchen mit einem zentralen
Kern und GeiBel, welche an dem entgegengesetzten Ende frei ist oder
auf den Leib umgebogen. Bilder von direkter oder indirekter Spaltung
werden nicht aufgefunden. Andere Male fehlt das durch eine Zelle ge-
bildete Zentrum und man bekommt alsdann eine vollstandig adh&rente
Anhaufung von Korperchen, die derartig ist, daB sie den Eindruck einer
Rosette macht.
Die Spaltung kann erfolgen durch direkte Teilung des Kernes und
Blepharoblasten, auf die stets die Teilung des Parasitenleibes folgt. Wahr-
scheinlich ist es, daB diese Teilung entweder am cilienfreien Ende oder
direkt im Leib des Cystoplasma beginnt, so daB es leicht ist, eine direkte
Teilungsform nachzuweisen, in der der gespaltene Teil im Leib losgelost
ist und dagegen an den Enden verwachsen bleibt, und Formen, in denen
die Spaltung an dem cilienfreien Ende einsetzt.
Der Blepharoblast kann verschiedene Form haben; er kann von
linearem Aussehen sein und ist alsdann senkrecht zur Langsachse des
Parasiten angeordnet, oder aber er kann rundlich oder doppelt sein, und
in diesem Fall ist auch der Kern doppelt. Die Lage ist fast stets polar
(auf der Seite des gegeiBelten Poles). Bei den gegeiBelten Formen reicht
die GeiBel bis an den Blepharoblast. Nicht selten sind die Falle, in
denen der Blepharoblast bis an den Kern heranriickt, und in diesen
Fallen geht die GeiBel bis an den Blephorablast.
In verschiedenen alten Kulturen werden nicht selten groBe, rundliche
Formen mit zahlreichen, verschieden groBen Chromatingranula und Kern
angetroffen; bei diesen Formen fehlt die GeiBel.
Das Gesamtbild, das wir so summarisch beschrieben haben, fiihrt
uns zur Annahme, daB auch bei dem in Rede stehenden Parasiten als
Vermehrungsmittel ein ProzeB der Anisogaraie mit Bildung von Cysto-
gameten im Spiele ist, welche schliefilich die Cilie verlieren. Siimtlicke
zahlreiche Chromatinkorperchen enthaltende Formen stellen wahrschein-
lich Reifungsstadien der Gameten mit AusstoBung von Kernsubstanz dar.
Die l&nglichen Formen schwellen wahrscheinlich nach und nach an und
nehmen die kugelige Gestalt an, da sie alsdann bereit zur Kopulation sind.
Ob unsere Deutung der Wahrheit nahekoinmt oder ob die chroma-
tische Granula enthaltenden Kdrperchen vielmehr chromatische Degene-
rationsformen sind, konneu wir bis jetzt nicht unbedingt entscheiden.
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Selenew, Zur Biologie rueines Infusoriunis etc.
497
Nachdruck verboten.
Zur Biologie meines Infusoriums; seine Anwesenheit im
Prostatasekret.
Von Prof. I. F. Selenew, Charkow.
Mit 1 Tafel.
Das Infusorium, welches ich ursprflnglich nur in den Produkten
verschiedener syphilitischer Geschwiire, hauptsSchlich des kutaneu Typus,
fand, begegnete mir in der letzten Zeit auch in den Produkten der
Schleimhautsekretion, und zwar in der Harnrohre. Wie wir bald aus
der Beschreibung des klinischen und mikroskopischen Bildes ersehen
werden, laBt das Verhalten des Infusoriums den iibrigen Formelementen
gegenuber das Vorkoinmen desselben auch im Prostatasekret vermuten.
Bei der Untersuchung von zahlreichen mit Prostataerkrankungen be-
hafteten Patienten fand ich bei drei Patienten mit torpider Gonorrhoe
Infusorien im Prostatasaft, trotzdem ich denselben unter Befolgung der
zugangigen Methoden der Reinigung der Harnrohre, d. h. nach Aus-
spiilung der Harnblase und der Harnrohre mittels 500 ccm 4-proz. Bor-
sSurelosung gewonnen habe. Der nach dieser Reinigungsmanipulation
ausgepreBte Prostatasaft enthielt Infusorien zusammen mit Gonokokken,
anderen Kokken und einer geschwSnzten Bakterie, die ich in einigen
Fallen von Pyodermatitis in groBer QuantitSt angetroffen, infolgedessen
zu den „pyogenen“ Bakterien gezahlt und deren Beschreibung ich in
der mir zugangigen Literatur nicht gefunden habe (cf. die Beschreibung
des Falles im Journ. russe d. maladies cutan6es et v6n6r. 1910. No. 4.
p. 173). Es sprechen somit 1) die Gewinnung von Prostatasaft nach
vorangehender Reinigung der Harnrohrenschleimhaut, 2) die gonor-
rhoische Prostatitis, 3) das Vorhandensein von Infusorien in groBer
Anzahl und in den verschiedenen Entwickelungsphasen im Schleimgehalt
der Prostata, 4) das Eindringen der pyogenen Bakterie und der Gono¬
kokken in das Gewebe des Infusoriums, 5) das intime Verhalten des
Infusoriums zu den morphologischen Elementen der Druse, 6) das Fehleu
der Infusorien der pyogenen Bakterie und der Gonokokken im Harn-
rohrensekret und im zentrifugierten Harn dafiir, daB die Infusorien in
die Prostata eindringen kbnnen.
In alien 3 Fallen, die ich im Nachstehenden zitiere, besteht nur
Verdacht auf Syphilis, und zwar in Anbetracht der bedeutenden ingui-
nalen und allgemeinen Adenopathie, wenn auch das Blut, welches in
2 Fallen nach Wasserinann untersucht wurde, ein negatives Resultat
ergab.
Der 1. Fall betrifft einen 32-jahrigen Patienten, Untersuchungsrichter
von Beruf, der an einem alten Tripper laboriert. den er schon wahrend
seiner Studentenjahre acquiriert hatte, und der hierauf zweimal akut als
neue Affektion aufgetreten war. 10 Jahre lang blieb der Patient oline
jegliche Behandlung. Die Untersuchung des Hams ergab: Farbe orange-
gelb, leichte Trlibung, Niederschlag maBig vergroBert, locker (in der
ersten Fraktion groBer). Der filtrierte Ham zeigt keine Spur von
Trtibung. Spezifisches Gewicht des morgendlichen Hams 1029; Reaktion
maBig sauer. EiweiB, Albumosen und Zucker nicht vorhanden. Andere
reduzierende Substanzen in bedeutend vergroBerter QuantitSt. Patho-
Erste Abt. Orig. Bd. 65. Heft 6. 32
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Centralbl. f. Bakt. etc. 1. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 6.
logische Pigmente nicht vorhanden. Die physikalische Probe von Hay
auf etwaige Beimischungen von Galle zura Harn ergab ein schwach
positives Resultat. Indikan und andere Derivate der aromatischen Reihe
waren in maBig vergroBerter Quantitat vorhanden. Diazoreaktion schwach
ausgesprochen. Acetonurie nicht vorhanden. Der Harn enthielt Erd-
phosphate und Harnsaure in reichlicher Quantitat. Im abzentrifugierten
Harnniederschlag ergab die mikroskopische Untersuchung folgendes:
Leukocyten in der dritten Fraktion in nicht vergroBerter Quantitat
(2—3 Exemplare im Gesichtsfeld), rote Blutkorperchen, Nierenepithel
und Zylinder nicht nachweisbar. Desquamation des Plasmaepithels nicht
vergroBert. Die Schleimquantitat ist maBig vergroBert. Von den nicht
organisierten Niederschlagen findet man Oxalat - Calcium - Kristalle in
maBiger Quantitat. Bakteriurie nicht vorhanden. Neissersche Gono-
kokken nicht nachweisbar. In der ersten Harnfraktion sieht man aus
der Harnrohre stammende Flocken, die Leukocyten in bedeutender
Quantitat enthalten. Nach Massage der Prostata zeigte sich aus der
Harnrohre Sekret. Das Sekret ist quantitativ reichlich, hat triibes Aus-
sehen und weiBliche, opaleszierende Farbe. Die mikroskopische Unter¬
suchung des Sekrets ergab: Prostataepithel und Prostatakbrperchen in
geringer Quantitat. Ab und zu Erythrocyten. Spermatozoide nicht vor¬
handen. Neissersche Gonokokken in sehr geringer Quantitat nach¬
weisbar. — Prostata vergroBert, namentlich links, und empfindlich.
Diese Untersuchung wurde im November 1909 vorgenommen. Seit
jener Zeit lieB sich der Patient in seiner Provinzstadt wegen der Pro¬
statitis mittels Massage und Ausspiilungen behandeln. Ende Januar 1910
ergab die zweite Hamuntersuchung folgende Resultate: Farbe des Hams
orangegelb, maBige Triibung. Niederschlag maBig vergroBert, locker
(in der dritten Fraktion gering). Der filtrierte Harn weist keine Spur
von Triibung mehr auf. Spezifisches Gewicht 1023. Reaktion schwach
sauer. EiweiB, Albumosen nicht vorhanden. Quantitat der iibrigen
reduzierenden Substanzen nicht vergroBert. Pathologische Pigmente
nicht vergroBert. Die physikalische Probe von Hay auf Beimischung
von Galle negativ. Diazoreaktion schwach ausgesprochen. Acetonurie
nicht vorhanden. Im Harn reichliche Quantitaten von Erdphosphaten.
Im abzentrifugierten Harnniederschlag ergab die mikroskopische Unter¬
suchung folgendes: Anzahl der Leukocyten in der dritten Fraktion nicht
vergroBert (1—2 im Gesichtsfeld), in der ersten nicht vergroBert (6—8 im
Gesichtsfeld). Rote Blutkorperchen, Nierenepithel und Zylinder nicht
vorhanden. Desquamation des Plasmaepithels nicht vergroBert. Schleim-
menge etwas vergrbBert. Bakteriurie nicht vorhanden. Neissersche
Gonokokken nicht nachweisbar. In der ersten Fraktion Urethralflocken
und Faden, die Leukocyten in maBiger Anzahl enthalten; Proliferation
des Epithels stark ausgesprochen. In der ersten Fraktion fand man
Harnrohrenepithel, und zwar solches aus dem vorderen und hinteren
Teile der Harnrohre in groBer Quantitat.
Die nach Ausspulung der Harnblase und der Harnrohre vorgenom-
mene Untersuchung des Prostatasaftes ergab Leukocyten in vergrbBerter,
Erythrocyten in ziemlich groBer Quantitat, Prostataepithel in den ver-
schiedenen Entwickelungsstadien (bis zum glykogenen Stadium ein-
schlieBlich), Spermatozoide (vollstaudig erhaltene, Kbpfchen, Schwanze
und degenerierte Exemplare), Prostatakorperchen, kristalloide Zellen,
Neissersche Gonokokken, verschiedene Ivokken und Stabchen und ein
Infusorium, welches ich in den syphilitischen ulcerosen Produkten
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Selenew, Zur Biologie meines Infusoriums etc.
499
des primaren kondylomatfisen und gummfisen Stadiums entdeckt und
beschrieben habe (Journ. russe d. maladies cutanfies et vfinfir. Mai 1908
und Annal. d. maladies vfin6r.). Das Infusor war in grofier Quantitat
vorhanden, und zwar in Form von verschiedenen Individuen von grfifieren
oder geringeren Dimensionen. AuBerdem enthielt das Praparat Gebilde,
welche fiber die Biologie des Infusors, fiber seine Entwickelung, Auf-
klarung zu geben vermochte. Davon wird aber noch im Nachstehenden
die Rede sein, und zwar auf Grund sfimtlicher drei Falle, deren Unter-
suchungsresultate auf der beigegebenen Tafel dargestellt sind.
Der 2. Patient, D., 32 Jahre alt, Techniker, laboriert gleichfalls an
einem alten Tripper, der zweimal exacerbierte (Superinfektion). Die
2. Infektion hat vor ca. 3 Monaten stattgefunden. Er wurde mit
Aetzungen etc. sofort behandelt, ohne jedoch daB sich ein Resultat be-
merkbar machte.
Untersuchung des Harns: Farbe desselben orangegelb. Erste und
zweite Fraktion des morgendlichen Harns ungeffihr in gleicher Weise
mfiBig trtibe. Niederschlag maBig vergrfifiert, locker. Auf dem Boden
des GeffiBes lagert sich Harngries ab. Im filtrierten Harn keine Spur
von Trfibung. Die mikroskopische Untersuchung des Harns ergab:
1) Leukocytenmenge etwas vergrfifiert; sie liegen einzeln und gruppen-
weise (6—8 im Gesichtsfeld); 2) ab und zu Erythrocyten, die relativ gut
erhalten sind; 3) geringe Urethralflocken, die Leukocyten in rafiBiger
Quantitat enthalten; Epithelproliferation schwficher ausgesprochen;
4) Desquamation des Blasenepithels nicht vergroBert; 5) Nierenepithel
und Zylinder nicht vorhanden; 6) Schleimquantitfit maBig vergrfifiert;
7) Oxalat-Calcium-Kristalle in bedeutender Quantitat. Reaktion maBig
sauer. Spezifisches Gewicht 1025. EiweiB in geringen Spufren (Albu¬
minuria renalis vera). Zucker nicht vorhanden. Reduktionsvermfigen
maBig. Pathologische Pigmente nicht vorhanden. Indikanmenge be-
deutend vergroBert. Der Harn enthait Erdphosphate und Oxalsfiure in
reichlicher Quantitat.
Die mikroskopische Untersuchung des etwas gelblich nuancierten
Prostatasaftes ergab vergrfiBerte Leukocytenmengen (einzeln und gruppen-
weise), Prostataepithel, Spermatozoide in bedeutender Quantitat (rote
und himmelblaue Kfipfchen), Neissersche Gonokokken, kristalloide
Zellen, spinnenffirmige „pyogene“ Bakterien, die ich in Hautpyoderma-
tiden gefunden habe, und eine grofie Quantitat von Infusorien, die
Bakterien enthalten, und die in den verschiedenen Entwickelungs- und
Degenerationsstadien begriffen sind. Samtliche morphologischen Ele-
mente, Bakterien und Infusorien sind in eine dicke Schicht zahen, homo-
genen Schleimes eingeschlossen, die sich bei der Farbung nach Marino,
Romanowski, Giemsa u. a. violett ffirben.
Der 3. Fall betrifft einen 46-jahrigen Kaufmann mit dunkler Anam-
nese, der im November 1909 eine frische Gonorrhfie acquirierte und sich
an mich im Februar 1910 (Journalnummer 8068) gewandt hatte. Die
Untersuchung ergab chronische Funiculitis und Orchoepididymitis auf
beiden Seiten. Prostatitis und Unvermfigen, den Harn langer als eine
halbe Stunde zu halten. Beide Prostatalappen vergrfifiert und bei der
Palpation etwas empfindlich. Impotenz. In der Anamnese Onanie.
Verdacht auf Syphilis (hochgradige allgemeine Adenopathie und Chloro-
Anamie).
Untersuchung des Blutes: Hamoglobin 70 Proz. Erythrocyten
5021500 in 1 cbmm Blut. Leukocyten 8176, polynukleare Formen
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500 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 6.
66,2 Proz., Uebergangsformen 12,4 Proz., mononukle&re Formen 21,4 Proz.
Anzahl der eosinophilen Zellen vergroBert. Verhaltnis der weiBen Blut-
korperchen zu den roten 1: 612.
Untersuchung des Harns: Farbe orangegelb, mBBige Triibung, Nieder-
schlag maBig vergroBert, locker. Harnfiltrat ohne Spuren von Trtibung.
Spezifisches Gewicht des morgendlichen Harns 1014, spezifisches Gewicht
der 24-stiindigen Harnmenge 1017. Reaktion maBig sauer. EiweiB,
Zucker, pathologische Pigmente, Acetonurie nicht vorhanden. Andere
reduzierende Substanzen nicht vermehrt. Die physikalische Probe von
Hay auf Beimischung von Galle fiel negativ aus. Quantitat des Indikans
und der ubrigen Derivate der aromatischen Reihe maBig vergroBert.
Diazoreaktion maBig ausgesprochen. Ham nicht besonders reich an
Salzen. Im abzentrifugierten Harnniederschlag ergab die mikroskopische
Untersuchung: 1) Leukocyten in schwach vergroBerter Quantitat, einzeln
(2—5 im Gesichtsfeld), 2) rote Blutkorperchen, Nierenepithel, Zylinder.
Desquamation des Blasenepithels nicht nachweisbar. Schleimquantitat
maBig vergroBert. Im morgendlichen Harn Oxalat-Calcium-Kristalle in
maBiger Quantitat. Bakteriurie nicht vorhanden. Neissersche Gono-
kokken nicht nachweisbar. Die Untersuchung des nach Ausspiilung der
Harnblase und Harnrohre gewonnenen Prostatasaftes ergab: Der Saft
selbst erscheint in Form einer etwas triiben, opaleszierenden, milchigen
Fliissigkeit mit einem Stich ins Gelbliche. Unter dem Mikroskop sieht
man Leukocyten in vergroBerter Quantitat (einzelne Exemplare und An-
haufungen), Erythrocyten, Prostataepithel in verschiedenen Stadien der
Degeneration (Fett- und Glykogendegeneration), prostatische kornige
Zylinder, Prostatakorperchen in maBiger Quantitat, Neissersche Gono-
kokken, verschiedene Kokken, Infusorien, von denen viele sich im Zu-
stande des Zerfalls befinden und einen mit Gonokokken und Kokken
durchsetzten Korper haben. Prostata maBig vergroBert und bei der
Palpation empfindlich. Das Auspressen des Prostatasaftes ist schmerzhaft.
Indem ich nunmehr zu der Tafel iibergehe,.die vom Maler Piont-
kowski nach der Natur hergestellt worden ist, bemerke ich vor allem,
daB die auBere Form der Infusorien im groBen und ganzen vollkommen
der Beschreibung entspricht, die ich im Aufsatz iiber „Infusorien in
syphilitischen Geschwiiren“ gegeben habe. Wir konnen aber in An-
betracht der reichlichen Entwickeluug der Infusorien und der Symbiose
derselben mit verschiedenen anderen Mikroorganismen einige biologische
Eigenschaften das Infusor, seine Beziehung zu den Bakterien, Aufnahme
der letzteren durch dasselbe, seine phagocytare T&tigkeit, sowie die de-
generativen Veranderungen des Kdrpers, Vermehrungsart etc. wahr-
nehmen, was fiir die Aufkiarung der Frage der Vitalitat dieses neuen
Parasiten des menschlichen Organismus von zweifellosem Interesse ist.
Wir wollen mit der Form des Parasiten beginnen.
Wenn auch die Form des Parasiten im groBen und ganzen eine
gleichmaBige ist, so nehmen doch manche Exemplare wahrscheinlich in
Abhangigkeit von der Lage des mikroskopischen Gesichtsfeldes, sowie
auch vom Entwickelungsstadium, vom Stadium der Degeneration eine
runde und langlich ovale (Tafel, Fig. b), gleichsam der Langsachse nach
langgezogene Form an. Bei deraselben Individuum tritt am Ende deut-
lich eine an die Mundspalte erinnerude Spaltung in Erscheinung. Das
Ektosark und das Endosark differenzieren sich nicht selten bei den
meisten Individuen, wenn man auch natfirlich ein mehr geschichtetes
und stellenweise homogenisiertes Ektoplasma und mehr vakuolisiertes
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Selenew, Zur Biologie meines Infusoriums etc.
501
korniges und kernhaltiges Endoplasma bei manchen (Tafel, Fig. a, c)
wahrnehmen kann. Die Aenderung der Grenzen zwischea dem Ekto-
und Endoplasma, die Veranderung der Struktur, die Homogenisation
(Tafel, Fig. u), die Kornung (Tafel, Fig. h), die allgemeine Vakuolisation
(Tafel, Fig. i) etc., die in dem Infusor zu sehen sind, bringe ich mit
der phagocyt&ren TStigkeit derselben und mit deren partiellen oder all-
gemeinen Degeneration in Zusannnenhang; diese Degeneration ist das
Resultat des phagocytaren Kampfes, fur den die Infusorien a, g, h, i
ein gutes Beispiel abgeben. Im Endoplasma, in der erweiterten Halfte
des Kfirpers des Infusors befindet sich der groBe, runde Hauptkern
(Makronucleus), der sich gewohnlich mehr dunkelblau farbt (bei rot-
blauer Doppelfarbung) und in seinem homogenen Stroma einige kleinere
(4—6 und dartiber) Kernchen trfigt. Die Anzahl und die Quantitat
dieser Kernchen ist verschieden; sie konuen in sehr groBer Quantitat
bis 20 vorhanden sein (Tafel, Fig. c), wie dies mir in einigen Exem-
plaren zu zahlen gelungen ist. Die Kornchen liegen entweder zentral
oder bisweilen peripher, gleichsam ein Zahnrad bildend. Der Haupt¬
kern kann homogenisiert (Tafel, Fig. a, m) oder bis zur vollstSndigen
Vakuolisation degeneriert sein (Tafel, Fig. e). Die sich blaB f&rbenden
Kernchen gehen gleichfalls dem vollstandigen Untergang entgegen, indem
sie zunachst eine groBe Vakuole fiillen, die sich fiberhaupt nicht farbt.
Bei manchen kleineren Individuen (Tafel, Fig. b, 1, m) besteht der ver-
anderte Hauptkern aus zwei gleichsam miteinander konfluierten Kernen,
von denen der eine blasser ist als der andere, und diese Gebilde nahern
sich der Peripherie des Individuums. Ob es nicht ein Hinweis auf
Teilung und Vermehrung des Individuums ist? Etwas hoher befindet
sich im Endoplasma ein anderer Kern (Mikronucleus), der von geringerer
Dimension und gleichfalls rund ist, gewbhnlich ein dunkleres Kernchen
im Zentrum enthalt (Tafel, Fig. a, c, f). Dieser kleinere Kern kann
gleichfalls homogenisiert sein oder eine groBere Quantitat Kernchen
enthalten oder auch im Zerfall begriffen sein. SchlieBlich kfinnen im
Endoplasma noch einige Vakuolen enthalten sein, die leer oder mit
Kornchen bezw. verschiedenem Inhalt bis zu Bakterien gefiillt sein konnen.
Bei der Infusorie farben sich diese Vakuolen rosa oder rot, und in einer
dieser Vakuolen, die obendrein erweitert ist, ist die spinnenformige
Bakterie enthalten, die ich bei Pyodermitiden entdeckt habe, die sich
rot farbt, und die ich auch aus dem Prostatasekret gewonnen habe. In
der Infusorie sieht man eine ganze Kolonie dieser Bakterien, die bereits
verfindert ist und die F&higkeit eingebiiBt hat, sich rot zu farben.
In der ersten Arbeit fiber diese Infusorien habe ich auf die Aehn-
lichkeit der Mundspalten (Cytostom) mit dem kanalformigen Raum im
Plasma hingewiesen. Auch hier kann man bei manchen Exemplaren
Andeutungen davon sehen (Tafel, Fig. a, b, c, g, h). Es ist aber
zweifellos, daB es, selbst wenn man in diesen Figuren Hinweise auf
Cytostom und Kanal erblickt, nichtsdestoweniger keinem Zweifel unter-
liegt, daB die Vakuolen verschiedene Korper in sich aufnehmen. Bei
dem Infusor d sehen wir bei v einige stabchenformige Korper, die von
seiner Peripherie abgehen und an Flimmern erinnern, welche auf der
fibrigen Oberflfiche zu entdecken mir nicht gelungen ist. Das Infusor e
ist schwach gefarbt, in seinen Bestandteilen deformiert. Es ist aber doch
ein Hinweis auf den Makronucleus vorhanden, wfihrend die Infusorien h, u
von Kerngebilden keine Spuren mehr enthalten. Das Infusor h ist von
sich noch farbenden Gonokokken und Diplokokken umgeben und stellen-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
weise selbst durchsetzt; sein Korper ist verandert und stellt eine homo-
genisierte Masse mit zahlreichen ungefarbten Kokkenkorpern oder viel-
leicht schon kleineren Vakuolen dar. Das Infusor u ist im Gegenteil
stark dunkelblau gefarbt, und sein Plasma stellt trabekul&re Gebilde dar,
zwischen denen Vakuolen und schwach gefarbte Stellen zu sehen sind.
SchlieBlich sieht man auf dem Prdparat zahlreiche kleine Gebilde (Tafel,
Fig. j) mit einer Struktur, die vom Typus des ausgewachsenen Infusors
abweicht, jedoch seine ovale Form behalten hat Es ist moglich, daB es
sich um junge, noch nicht vollstandig entwickelte Individuen handelt.
Die Spirochate i stellt schon nur den Schatten ihres Endoplasmas dar.
welches grob vakuolisiert ist, sich kaum himmelblau farbt und an Stelle
des Hauptkerns eine homogene dunkelviolette Masse (Kern- oder Kokken-
einlagerung) hat.
Was die Vermehrung der Infusorie betrifft, so scheint der Ver-
mehrung derselben durch Teilung der Masse eine Vermehrung des Haupt¬
kerns voranzugehen, wie man das besonders deutlich auf einer Tafel in
meinem vorigen Aufsatz sehen kann, wo man im Korper eines auf-
gequellten dicken Infusors einige (4—6) Hauptkerne, die sich der Peri¬
pherie (g) des Endoplasmas im breiteren Teile nahern, und einige ovale
Gebilde mit kleinen Korncheu erblicken kann, die sich dunkel himmel¬
blau f&rben und an veranderten Hauptkern erinnern. AuBer diesen
Vermehrungsarten, die auf den der Arbeit iiber „Infusorien bei syphi-
litischen Geschwuren 14 beigefiigten Tafeln deutlich zu sehen sind, be-
gegnen wir auf dieser Tafel (u) einem Gebilde, welches aus kornigem,
himmelblauem Plasma mit runden Vakuolen besteht. Von diesen Vakuolen
enthalt nur eine ihren Bestandteil, namlich ein rundes Korperchen aus
homogener Masse von himmelblauer Farbe, die in ihrem Zentrum ein
dunkelblaues rundes Kernchen enthalt (Tafel, Fig. w). Dieses Gebihle
erinnert durch seine Form und Struktur natiirlich am meisten an Schizo-
gonie. Vielleicht ist dem in Rede stehenden Infusor auch diese Ver-
mehrungsart zugangig. Direkte Teilung des Kernes und Bildung einer
Art von Schizogonie haben bekanntlich Casagrandi und Barbagallo
ziemlich ausfiihrlich bei Amoben beschrieben.
Die Entwickelungsgeschichte des Infusors ist noch sehr mangelhaft
erforscht und, man kann sagen, als Menschenparasit iiberhaupt noch
nicht erforscht. Aus meiner Mitteilung geht hervor, daB das Gebiet der
parasitaren Existenz des Infusors, die ich urspriinglich auf der offeneu
Haut entdeckt habe, sich erweitert. Das Infusor kann nicht nur auf
der Haut, sondern auch auf der Schleimhaut des Urogenitalapparates,
vielleicht auch im DrOsengewebe der Prostata liegen, wofiir die intimen
Beziehungen des Infusors zu den Bakterien und den morphologischeu
Elementen der letzteren sprechen. In Anbetracht des Umstandes, daB
ich diesem Infusor bei der Untersuchung des Prostatasaftes anderer
Patienten, die auf Syphilis nicht verdachtig waren, nicht begegnete, bleibt
die Frage seiner Beziehung zur Syphilis offen.
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Centralblati f. Bakteriologk Abt.I. Orig Bd.55.
Selenew, ZnrBiologic manes Jnfusoriums.
Selenew
Veria,g von Gustav Fischer in Jena.
Lith. Anst v Joha nne s Arndt , Jena
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Preisz, Zur Frage der Schutzwirkung der Kapseln beim Milzbrandbacillus. 503
Nachdruek verboten.
Zur Frage der Schutzwirkung der Kapseln beim
Milzbrandbacillus.
[Aus dem bakteriologischen Institut der Universitat Budapest.]
Von Prof. Hugo Preisz.
Im 51. Band dieser Zeitschrift erschien unter dem Titel „Beitrage
zur Kenntnis des Milzbrandes“ eine Arbeit von F. Fischoeder, worin
der Verf. sich wiederholt auf meine ebenda irn 49. Bande veroffentlichte
Arbeit beruft und unter anderen die von mir festgestellte Tatsache zu
widerlegen scheint, dafi der bekapselte Milzbrandbacillus gewissen Ein-
fliissen gegeniiber widerstandsfahiger ist, als der unbekapselte.
Ich wollte anfangs auf die Fehlerquellen dieser Arbeit nicht hin-
weisen, in der Meinung, die Frage werde von anderer Seite aufgeklart.
Nachdem ich jedoch die Erfahrung machte, dafi in der deutschen Literatur
zufolge dieser Arbeit von Fischoeder die Schutzwirkung der Kapsel
des Milzbrandbacillus nicht anerkannt wird und meine diesbezuglichen
Versuche als aitere keinen Glauben mehr finden, so sehe ich mich ver-
anlaBt, darzulegen, dafi die von mir behauptete Schutzwirkung der Kap¬
seln durch Fischoeder nicht zum mindesteu widerlegt wurde und
durch die befolgte Versuchsanordnung gar nicht widerlegt werden
konnte.
Ich will hier nur auf die wichtigeren Angaben des Autors eingehen:
Auf p. 365 bringt Fischoeder seine Versuche iiber „Wirkung
des Serums auf kapsellose, sporenfreie Milzbrandstab-
chen“, und da heiBt es: „Zu diesen Versuchen habe ich 12—14-sttindige,
bei 37° C aus Sporen ausgekeimte Schragagar- oder Bouillonkulturen
verwendet, weil ich durch meine bereits angegebenen Versuche fest-
gestellt habe, dafi in derartigeu Kulturen nur wenig Stabchen im Zerfall
begriffen sind und die Anzahl der Sporen, wenn sie iiberhaupt vorhanden
sind, nur sehr gering ist.“
Fischoeder ftihrt uns somit Versuche vor, die mit
sporenfreien Milzbrandbacillen gemacht sein wollten,
wobei aber nach seinem eigenen Gestandnisse doch
sporenhaltiges Material benutzt wurde.
Das war nun ein arger Fehler, der alle seine muh-
samen Versuche saint den daraus gezogenen Schliissen
entwerten mull.
Verf. war der Meinung, daB man zu solchen Versuchen sporenlose
Kulturen gar nicht ziichten konne, denn er sagt auf p. 341: „Sporenfreie
Kulturen kann man also durch Einsaat von Stabchen Iiberhaupt nicht
erzeugen".
Dies ist aber gar nicht richtig; man kann von normalen, virulenten
Milzbrandstammen unschwer ganzlich sporenlose Kulturen erhalten, wenn
man sie z. B. auf Agar bei maBiger Zimmertemperatur zQchtet. Solche
Kulturen sind in den ersten 12—24 Stunden, bei taglich fortgesetzter
Uebertragung auf frischen Agar aber oft noch viel langer, ganzlich
sporenfrei. Selbstverstandlich muB man auch bei solchen Kulturen durch
eine sorgfaitige raikroskopische Untersuchung ein Vorhandensein von
Sporen ausschlieBen.
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504
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Ich betonte in meiner genannten Arbeit, stets darauf geachtet zu
haben, mit sporenlosera Material zu arbeiten; auch Fischoeder h&tte
dies befolgen miissen, wenn es ihm darum zu tun war, meine Versuchs-
ergebnisse zu kontrollieren.
Fischoeder ging offenbar von seiner Erfahrung aus, daB die
Sporen in den verschiedenen Medien ohuehin friiher oder spiiter in das
Keiraungsstadium geraten und damit auch ihre Sporennatur und Resistenz
einbiifien. Nun ist aber diese Zeitdauer durchaus nicht so gering, dad
sie bei den in Rede stehenden Experimenten ganzlich auBer acht gelassen
werden konnte.
Der Verf. schreibt (p. 340) von in Bouillon versetzten Sporen, „daB
sich nach 1 Stunde nur noch ganz vereinzelte Sporen vorfinden, die
hoheu Hitzegraden widerstehen“ — und daB „von 1000000 Sporen nach
5 Stunden nur 500 bezw. 600 Sporen hitzefest waren“. Ferner heiBt es
(p. 341): „Ira Kaninchenserum vollzieht sich die Sporenkeimung im wesent-
lichen ahnlich, wie in Bouillon, aber vielleicht etwas weniger stiirmisch."
DaB Versuche mit solchem, noch nach Stunden resi-
stente Sporen enthaltenden Material nicht mit meinen an
sporenfreien Bacillen angestellten Experimenten gleich-
gestellt werden konnen, braucht nicht weiter erortert zu
werden.
Fischoeder arbeitete aber auch mit bekapselten Bacillen. teils
aus Kulturen in verschiedenen Seris, teils aus Milzbrandtieren stammend.
Wie stand es hier mit der Sporenfrage?
Der Verf. schreibt (p. 372): „Kapselstabchen habe ich mir zu diesen
Versuchen durch Einsaat von Sporen in aktives oder inaktiviertes Serum
verschiedener Tiere hergestellt und meist 14—15-stiindige Kulturen ver-
wendet, weil in Kulturen von diesem Alter in der Regel die meisten
Stabchen gut ausgebildete und noch wenig zerfallende Kapseln besitzen
und andererseits noch keine Sporen aufweisen . . . .“
Die Richtigkeit dieser Behauptung in betreff der Sporenlosigkeit
solcher Serumkulturen ist aber durch nichts erwiesen und muB vollen
Rechtes angezweifelt werden.
Nach des Autors Behauptung kann man bei Bouillonkulturen „bei
der Mehrzahl der Sporen die Keimung nach 3—5 Stunden als beendet
betrachten“ (p. 340), „im Kaninchenserum vollzieht sich die Sporen¬
keimung .... ahnlich wie in Bouillon 4 * (p. 341), „im Pferdeserum ver-
lauft die Sporenkeimung durchschnittlich langsamer als im Kaninchen¬
serum, die Neubildung der Sporen dagegen etwas schneller. Noch lang¬
samer als im Pferdeserum keimen die Sporen im Meerschweinchenserum,
im Rinderserum und Hammelserum aus, etwas schneller dagegen im
Htihnerserum und Hundeserum und besonders schnell im Ziegen- und
Schweineserum. Die Neubildung von Sporen im Serum der letztgenannten
Tiere geht aber bedeutend schneller vor sich, als im Serum des Kanin-
chens und des Pferdes. Schon 24 Stunden nach der Einsaat findet man
meist eine betrachtliche Anzahl neugebildeter Sporen 14 (p. 342). Vom
Kaninchenserum aber wird behauptet: „24 Stunden nach der Einsaat
findet man nur vereinzelte Sporen" (p. 341).
Soil da tatsachlich zwischen der Auskeimung der in
die verschiedenen Sera gebrachten Sporen und dem Er-
scheinen der jungen Sporen, also etwa 14 —15 Stunden
nach der Einsaat, eine sporenfreie Kultur entstanden
sein, wie es Verfasser meint?
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Preisz, Zur Frage der Schutzwirkung der Kapseln beim Milzbrandbacillus. 505
Ganz gewiB nicht, d. h. vielleicht einmal zufailig und
ganz ausnahmsweise.
Fischoeder hatte sonach, als er dieWirkung verscliie-
dener Sera auf Kapselstabchen prufte, aberraals mit
sporenhaltigem Milzbrandmaterial gearbeitet, so wie bei
seinen Versuchen mit kapsellosen Bacillen. Seine beiden
Versuchsreihen beweisen also gar nichts fiir die Resi-
stenzverschiedenheit kapselloser und bekapselter Ba¬
cillen, da Sporen bedeutend widerstandsf&higer sind als
Kapselbacillen ohne Sporen.
Der Umstand, daB der Sporengehalt der von Fischoeder ver-
wandten Kapselbacillen aus Seris ein ganz verschiedener gewesen sein
muB oder in einzelnen Fallen zuf&llig vielleicht auch fehlte, vereitelt
jeglichen Vergleich der Einzelversuche.
Es muB eigentlich iiberraschen, daB Fischoeder beim Anblick der
Zusammenstellung No. 10 (p. 373) seines Irrtumes nicht gewahr wurde,
da doch deren erste auf Serumbacillen beziigliche H&lfte (lauf. No. 1—17)
einen wesentlich anderen Charakter aufweist als die zweite, auf Tier-
bacillen, also sporenfreie Bacillen, beziigliche H&lfte (lauf. No. 18—23).
Diese zweite Halfte zeigt, wie ein Versuch mit sporenlosen Bacillen in
Kaninchenserum verlSuft; es erfolgte n&mlich schon innerhalb der ersten
Stunde totale Abtotung fast in jedem Falle, w&hrend bei den Serum¬
bacillen, je nach deren Gehalt an Sporen, wohl vielleicht auch je nach
Beschaffenheit der Kapseln, die Resultate sehr verschieden ausfielen.
Fischoeder faBt aber diesen Unterschied anders auf und meint: „Die
im lebenden Tiere gebildeten Kapselstfibchen gingen im Kaninchenserum
noch schneller und massenhafter zugrunde, als aus Serum stammende
Kapselstabchen.“
Seinem sporenhaltigen Material hat es ferner Fisch¬
oeder zuzuschreiben, daB er „eine vollige Abtotung der
Milzbrandstabchen durch Pferdeserum — im Gegensatz
zu Preisz — niemals beobachtet“ hat (s. p. 369). Eigentlich
aber steht diese seine Behauptung mit seinen Versuchsergebnissen im
Widerspruch; denn in Zusammenstellung No. 12 unter lauf. No. 7 ist
ein Versuch, wo Pferdeserum Bacillen aus MSuseblut, also sporenfreie
Bacillen, innerhalb 5 Stunden gSnzlich abtotete. Gleich danach steht
ein Versuch, wo demgegenuber ein 15 Stunden nach der Impfung mit
Sporen aus der Impftasche genommenes, also noch sporenhaltiges Material
im selben Pferdeserum eine kaum nennenswerte Bakterizidie erfuhr. Ganz
dasselbe wiederholt sich in Zusammenstellung No. 16 unter lauf. No. 1,
wo eben nur die aus dem Herzblut stammenden Bacillen sporenfrei
gewesen und deshalb ganz andere Abtotungsverhaltnisse aufwiesen, als
die auf Agar oder in verschiedenen Seris geziichteten und daher sporen¬
haltigen Bacillen. Und Fischoeder blieb es verborgen, daB hier
Vorhandensein oder Fehlen von Sporen die ausschlaggebende Rolle
spielt.
Nun habe ich auch einige Bemerkungen zu machen zu den Aus-
fiihrungen des Verf.s iiber die Milzbrandkapsel.
Fischoeder sieht in der Kapselbildung „eine Art Hautkrankheit
des Milzbrandst&bchens“ (p. 358). Da nun aber das Vermogen der
Kapselbildung jedem normalen, virulenten Milzbrandstamm innewohnt
und auch zur Geltung kommt, sobald das Medium dazu geeignet ist
(z. B. in Blutseris, in empf&nglichen Tieren), so ist die Auffassung der
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Kapselbildung als ein Ivrankheitszustand wenig zutreffend, zumal durch
diesen Vorgang der Bacillus an Widerstandsfahigkeit gewinnt.
Auch meint Verf., „die Stabchen sind bestrebt, diesen Krankheits-
zustand zu fiberwinden“ (p. 358), und zwar folgert er dies aus der Be-
obachtung, daB die in einera Serum gewachsenen Kapselstabchen nach
einiger Zeit die Kapseln ,,abwerfen“, und dann „die meisten von ihnen
der Bildung neuer Kapseln widerstehen“; dasselbe soli geschehen mit
ihren Nachkommen, und endlich finden sich im Serum nur .kapsellose
Stabchen (p. 358).
Meines Wissens ist diese Deutung der Erscheinungen nicht zutreffend.
Die zur Bildung der Kapseln notige rege Vitalitat der Milzbrandstfibchen
dauert nur kurze Zeit (etwa 1—3 Tage); in einem der Kapselbildung
giinstigen Serum bilden die ersten (altesten) Generationen Kapseln,
schwinden aber diese durch Auflosung (nicht „Abwerfen“) mehr oder
minder vollstandig, so bilden sie sich nicht wieder nach; die letzten
(jiingsten) Generationen aber betinden sich unter bereits veranderten
Verhfiltnissen, da doch das Serum durch die ersten Generationen (Aus-
niitzung, Stoffwechselprodukte, Kapselstoff) bereits modifiziert wurde und
fdr die Kapselbildung weniger gunstig geworden sein kann. Wenigstens
finde ich in Fischoeders Arbeit keine Beweise dafur, daB es sich bei
der genannten Erscheinung um einen gesteigerten Widerstand der Bacillen
gegen die Aufquellung ihrer Hfille handeln wurde (p. 358). Dagegen
weisen meine Versuche ganz bestimmt darauf hin, daB sich in ahnlichen
Fallen nicht das Kapselbildungsvermfigen der Milzbrandbacilleu, sondern
die auBeren Bedingungen der Kapselbildung derart verandern, daB mindere
oder gar keine Kapseln mehr gebildet werden. Denn ich habe nach-
gewiesen (1. c.), daB im Pferdeserum, das mit Milzbrandbacillen vor-
behandelt wurde, oder in einer Maus, die vorher mit Milzbrand infiziert
wurde, ein und dieselbe Milzbrandkultur bedeutend schw&chere Kapseln
bildet, als in inaktiviertem frischen Serum oder in einer frischen Maus.
Die zahlreichen und mfihsamen Versuche, die Fisch-
oeder in seinen Tabellen zusammenstellt, beweisen, kurz
gefaBt, nicht mehr, als daB sporenhaltige Milzbrand¬
bacillen, seien sie bekapselt oder nicht, in anthrako-
ziden Seris sich einander ahnlich verhalten und wider-
standsfahiger sind, als bekapselte sporenfreie Stabchen,
die vom tierischen Korper stammen.
Wie steht es nun mit den weiteren Widerlegungsbeweisen, die
Fischoeder gegen die Schutzwirkung der Kapseln ins Feld ffihrt?
Auf p. 398 schreibt Fischoeder: „Einen Unterschied in dem Ver¬
halten der kapsellosen und der bekapselten Stabchen in der Bauchhohle
des Kaninchens habe ich nicht feststellen kfinnen.“ — Hierzu mSclite
ich nur bemerken, daB Fischoeder auch hier stets mit sporenhaltigem
Material arbeitete, und daB die von ihm befolgte Methode (Einspritzung
in die Bauchhohle, zeitweise Entnahme und Untersuchung des Saftes),
sowie die geringe Zahl seiner Untersuchungen keinen richtigen Einblick
in die Verhaitnisse gewahren konnten.
Ferner sagt Fischoeder: „Auf die Dauer der Zeit zwischen der
Einspritzung und dem Tode des Kaninchens ist es ohne EintluB, ob
bekapselte oder unbekapselte Stabchen oder Sporen in die Bauchhohle
eingespritzt werden“ (p. 399).
Hiermit verrat Fischoeder eine ganz falsche Anschauung fiber
die Bedeutung der Milzbrandkapseln. Fischoeder gibt doch selbst
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Preisz, Zur Frage der Schutzwirkung der Kapseln beim Milzbrandbacillus. 507
an, daB Bacillen aus Bouillon in der Bauchhohle des Kaninchens nach
35 Minuten (p. 396), in der Unterhaut aber bereits innerhalb 1 / 2 Stunde
Kapseln bilden (p. 402). Wenn also kapsellos eingefiihrte Bacillen die
urspriinglich bekapselten schon innerhalb 1 / 2 Stunde, oder nehmen wir
an in einigen Stunden einholen, d. h. bekapselt werden konnen, so ist
es ein ganz unbegriindetes Verlangen, daB Kapselstabchen die Versuchs-
tiere nachweislich rascher toten sollen als kapsellose, da doch nach
Fischoeder selbst „geringe Schwankungen in der Kankheitsdauer bei
Verwendung derselben Kulturen auch auftreten“ (p. 398).
Der Unterschied zwischen bekapselten und unbekapselten Stabchen
mufi also in der ersten oder in den allerersten Stunden und mit sporen-
losem Material studiert werden. DaB unter solchen Bedingungen beiderlei
Stabchen im Tierkorper von ganz gleichem Verhalten waren, ist durch
Fischoeders Versuche nicht erwiesen.
Das Lebenbleiben eines mit bekapselten Stabchen geimpften Kanin¬
chens (p. 403) laBt sich recht verschieden deuten (s. meine Arbeit 1. c.),
besitzt aber gegen die Schutzwirkung der Kapsel gar keine Beweiskraft.
Die Gewebssafte der empfSnglichen Tiere besitzen keine genugend
starke Abtotungskraft, um samtliche eingefiihrte Keime abzutoten oder
in ihrer Lebenskraft soweit zu schwachen, daB sie keine Kapseln zu
bilden vermochten. Deshalb bleibt es bei empfanglichen Tieren von
wenig Bedeutung, ob nackte oder ob bekapselte Milzbrandstabchen in
den Korper gelangen.
Ganz anders bei unempfanglichen Tieren. Hier werden eingefiihrte
unbekapselte Kulturstabchen bedeutend energischer und rascher abgetotet
und auch die langer lebenden derart beeinduBt, daB Kapseln nur mehr
oder minder sparlich oder gar nicht erzeugt werden.
Folglich sind es solche resistente Versuchstiere, bei denen die
Schutzwirkung der Kapsel gut zur Geltung kommen kann.
Ich hatte nachgewiesen (1. c.), daB Kapselbacillen aus der Unterhaut
der Maus in der Unterhaut des Huhnes 4 Tage, in der Unterhaut der
Taube 2 Tage lhnger lebend blieben, als unbekapselte Bacillen desselben
Stammes vom Agar.
Nun hat Fischoeder von diesen Versuchsergebnissen folgende
Meinung: „Aus diesen Versuchen gelit aber, wie Preisz annimmt, nicht
unbedingt hervor, daB die bekapselten Stabchen deswegen linger am
Leben geblieben sind, weil ihnen die Kapsel einen Schutz gewahrt hat.
Wenn die Schutzwirkung der Kapsel fiir die Stabchen tats&chlich so
groB ware, dann hatten doch die Tiere, denen Kapselstabchen einverleibt
wurden, an Milzbrand zugrunde gehen miissen.“
Ich glaube, Fischoeder wird mir nicht Unrecht geben, wenn ich
behaupte, daB er mit dieser Beweisftihrung der Logik einen Zwang an-
getan hat. Wenn er bei seinen Versuchen mit Serum in vitro aus dem
langeren oder kurzeren Lebenbleiben seiner Bacillen mit Recht auf eine
groBere oder mindere Resistenz derselben schloB, warum weigert er sich,
anzuerkennen, daB die in der Taube und im Huhn die kapsellosen Stab¬
chen um 2—4 Tage uberlebenden Kapselstabchen widerstandsfahiger sind,
und warum fordert er den Tod der Versuchstiere dazu?
Ueberall dort den Tod zu erwarten, wo Kapselbacillen eingeftihrt
wurden oder sich auch ausbilden konnten, heifit die Infektion einseitig
auffassen. Wo sich Kapseln bilden, kann der Milzbrandtod eintreten,
er muB aber nicht erfolgen; wo aber keine Kapseln gebildet werden,
gibt es keinen Milzbrandtod.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Meine Versuche, die zeigten, daB mil Milzbrandserura passiv immuni-
sierte Mause durch Kapselbacillen aus der Unterhaut einer normalen
Maus getotet wurden. w&hrend sie den nackten Kulturbacillen desselben
Stammes vollkommen Widerstand leisteten, sind von Fischoeder
ganzlich unbeachtet geblieben, obgleich sie einen sehr schwerwiegenden
Beweis fiir die groBere Widerstandskraft der Kapselbacillen darstellen.
Auch jene meine Versuche, die beweisen, daB in gewissen Losungeu
(Karbol-, Essigsaure) Kapselbacillen bedeutend linger leben als nackte
Milzbrandbacillen desselben Stammes, werden von Fischoeder ganz
kurz abgetan. Er machte nimlich diesbeziiglich mit 0,1 und 0,01-proz.
Sublimatlosung einige Versuche und kommt zu folgendem Schlusse:
„Demnach konnte ich kaum einen Unterschied in der Widerstandsfahig-
keit der gekapselten und ungekapselten Stabchen gegen Sublimat fest-
stellen“ (p. 382).
Ob bekapselte Bacillen auch in einer Sublimatlosung resistenter sind
als kapsellose, dartiber konnte ich mich nicht iuBern; denn aus der
groBeren Resistenz in Karbol- oder Essigsiure folgt nicht auch eine
solche in Sublimat. Zweifellos ist nur, daB auch die diesbeziiglichen
Versuche Fischoeders jeglicher Beweiskraft entbehren, denn er hat
offenbar auch hier nicht mit sporenfreiem Material gearbeitet und nach
der Einsaat nur einmal, und zwar erst nach 10 Minuten seine Proben
entnommen.
Beilaufig mochte ich hier erwahnen, daB ich die groBere Widerstands-
fahigkeit von bekapselteu Bacillen (aus der Maus stammend) in Karbol-
siurelosungen auch seither wiederholt bekraftigen konnte,
Es ist selbstverstandlich, daB man bei solchen Versuchen nicht
energisch abtotende, sondern gehorig schwache Losungen beniitzeu muB,
urn Unterschiede wahrzunehmen. Bei stark anthrakoziden Seris ist es
eben oft die — wie man es nicht unzutreffend bezeichnete — „blitz-
artige“ abtotende Wirkung, die den Resistenzunterschied der beiden
Bakterienzustinde verdeckt. Ebenso unerlaBlich ist es, bei solchen Ver¬
suchen peinlichst die Gegenwart von Sporen auszuschlieBen.
Ich behauptete niemals, wie man nach Fischoeders Erorterungen
(p. 382) meinen konnte, daB Kapselbakterien von Kaninchenserum iiber-
haupt nicht abgetotet wurden, sondern nur, daB sie gegen dasselbe
resistenter sind.
Fischoeder beanstandet, daB ich bei meinen Versuchen mit
Kaninchenserum die Kapselbacillen samt dem Seidenfaden (aus der
Maus) ins Serum brachte, obgleich ich bei einem Versuche auch die
kapsellosen Bacillen mit einem Seidenfaden einlegte. Er halt mir die
Beobachtung von v. Behring entgegen, wonach Seidenfaden bei lingerer
Beriihrung die milzbrandfeindlichen Wirkungen abschwichen oder auch
vernichten (p. 382).
Mir ist diese Beobachtung von v. Behring nicht bekannt; wie
wenig aber Seidenfaden milzbrandfeindliche Wirkungen abzuschwichen
oder gar zu vernichten vermogen, das beweisen meine bereits veroffent-
lichten Versuche (1. c.). Ich wies nimlich nach, daB, wenn man in der
Unterhaut einer mit Milzbrandserum immunisierten Maus 24 Stunden
lang ein Stiickchen Seidenfaden liegen liBt, den Faden dann heraus-
nimmt, mit virulenten Bacillen einer Agarkultur trinkt und nachher
unter die Haut einer frischen Maus bringt, diese Maus am Leben bleibt.
Der Seidenfaden vermochte also nicht einmal die in ihm selbst befind-
liche minimale Menge milzbrandfeindlicher Stoffe unwirksam zu macken.
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Preisz, Zur Frage der Schulzwirkung der Kapseln beim Milzbrandbacillus. 509
Die anthrakozide Kraft vom Kaninchen- und Pferdeserum ist nicht
immer gleich stark, zuweilen jedoch so bedeutend, daB zwischen be¬
kapselten und kapsellosen Bacillen kein auffalliger Unterschied zu er-
kennen ist. Jedenfalls aber darf dieser Unterschied nur in den ersten
Minuten nach der Einsaat gesucht werden.
Es moge folgende Tabelle einen meiner neueren Versuche mit
frischem Pferdeserum darstellen.
Abtotungs versuche mit frischem Pferdeserum.
Die Bacillen wurden in Bouillon aufgeschwemmt, je 0,1 ccm zu 2,0 ccm frischen
Pferdeserums gegeben; zeitweise wurden ]e 0,05 ccm ties Serums zu Agarplatten ge-
gossen. Vor jeder Entnahme wurde das Semm mittels einer Platinspirale griindlich
vermengt. Die Proben wurden in einem 36° C Wasserbad gehalten.
Zeit der Unter-
suchung nach
der Einsaat
Sporenfreie
Bacillen aus einer
Agarkultur
Sporenfreie Bacillen
mit Kapseln (14 Std.
in der Unterhaut der
Maus verweilt)
Sporen aus einer abge-
schwachten Kultur. (Die
vegetativen Formen wurden
durch Erhitzen auf 80°
abgetotet)
2 Minuten
900
80000
16000
23
o
50000
19000
35 „
3
40000
19 000
47
0
12 000
17000
DO
1
10000
6 000
75 „
0
6 500
5 000
90
0
7000
1600
130 „
0
220
730
5 Stunden
0
3000
300
3 Tage
0
23000
280
So augenfallige Unterschiede zwischen kapsellosen und bekapselten
Bacillen, wie bei diesem Experiment, sind bei Pferdeserumversuchen
nicht die Regel; ich wollte nur zeigen, daB sich auch solche Befunde
ergeben kbnnen. In der Regel habe ich beobachtet, daB die bekapselten
Bacillen in den ersten Minuten weniger stflrmisch vernichtet werden als
die kapsellosen, daB sie aber endlich auch vollig abgetotet werden, und
zwar zumeist spater als die kapsellosen.
Man konnte einwenden, daB bei diesem Versuche die kapsellosen
Bacillen viel weniger zahlreich gewesen sind als die Kapselbacillen, und
daB sonach die Ueberzahl der letzteren die keimtotende Kraft des Serums
erschopft hatte. Dieser Einwand aber ist nicht stichhaltig. Ich habe
wiederholt beobachtet, daB kapsellose Milzbrandbacillen in den ersten
1—2 Minuten durch frisches Pferdeserum massenhaft abgetotet werden.
So fand ich bei einer der in Rede stehenden ganz ahnlichen Versuchs-
anordnung von 14000 kapsellosen Stabchen nach 1 Minute 60Q0, nach
3 Minuten nur mehr 1100 lebende, w&hrend von 20000 bekapselten nach
1 Minute 22000 (Zfihlungsfehler!), nach 3 Minuten aber noch 14500 am
Leben waren. Bei einem anderen ahnlichen Versuche sank die Anzahl
von 13000 kapsellosen Keimen im Pferdeserum innerhalb der ersten
Minute auf 300, die der Kapselstabchen aber von 21000 nur auf 17 000.
Ferner darf man auch nicht auBer acht lassen, daB man aus der
Anzahl der in den Agarplatten aufgegangenen Kolonieen nicht ohne
weiteres auf die Anzahl der Bacillenmenge schlieBen darf, sondern daB
es da einer Korrektion bedarf. In der Aufschwemmung meiner kapsel¬
losen Bacillen, die in das Serum gebracht wurden, bestanden die Bacillen-
verb&nde durchschnittlich aus 8—10 Einzelstabchen, in der Aufschwem¬
mung der Kapselbacillen dagegen durchschnittlich nur aus 2 Bacillen.
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510 Oentralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Das heiBt mit anderen Worten, daB ini Serum 4—5mal mehr kapsellose
Bacillen waren im Vergleiche zu den bekapselten, namlich aus der An-
zahl der Kolonieen zu urteilen.
Stellt man nun in der obigen Tabelle den Zahlenwert der 900 kapsel-
losen Keime nach diesen beiden Tatsachen richtig, so ist es klar, daB
derselbe nicht bedeutend geringer gewesen sein kann als die 80000 der
bekapselten.
Da aber 80000 Milzbrandkeime fur 2 ccm Pferdeserum nach meinen
Erfahrungen noch keine Ueberzahl darstellen, trotzdem aber bei obigem
Versuche die bekapselten Keime nicht nur nicht ausstarben, sondern sich
in der 5. Stunde und spater noch vermehrten, so kann ich nicht umhin,
anzunehmen, daB die keimtotende Kraft des Serums durch den Kapsel-
stoff der eingesaten Bacillen und der Bacillenemulsion*) so weit abge-
schwacht wurde, daB keine vollige Abtotung, sondern im Gegenteil eine
Vermehrung der Kapselbacillen erfolgen konnte. Diese Vermehrung war
am 3. Tage auch mikroskopisch nachweisbar in Form von langen wirren
Ffiden, wie sie nicht aus der Maus stammen konnten. Dagegen war im
Serumsporengemisch am 3. Tage eine solche Vermehrung nicht nach¬
weisbar, und ich mochte deshalb nicht zweifeln, daB die im Bodensatz
gefundenen Sporen ein Rest der eingesfiten waren.
Ich glaube, durch ineine Ausffihrungen klargelegt zu haben, daB es
Fischoeder in keinem Punkte gelungen ist, meine Beweise, die ich
fur die Schutzwirkung der Kapsel beim Milzbrandbacillus erbrachte, zu
schwachen oder zu widerlegen.
SchlieBlich mochte ich noch bemerken, daB Fischoeder auch fiber
andere Ergebnisse meiner frfiheren Arbeit von den meinigen abweichende
Ansichten auBert, zum Teil ohne eigene Forschungen gemacht zu haben
(z. B. fiber die Bedeutung des Anthrakomucins). Ich will aber auf diese
nicht weiter eingehen, sondern nur erklaren, daB ich in seiner Arbeit
jegliche Angaben vermisse, die meine Versuchsergebnisse zu erganzen
Oder zu einer richtigeren Deutung derselben zu ffihren geeignet waren.
Budapest, am 9. Juni 1910.
Nachdruck verboten.
Die Magensaft-Anaphylaxie 1 2 ).
Anwendung derselben zur Diagnose des Magenkrcbses.
[Aus der Medizinischen Klinik der Universitat Genua.
(Vorstand: Prof. Ed. Maragliano).]
Von Prof. Dr. Spiro Livierato.
Als Magensaft-Anaphylaxie bezeichne ich das Eintreten von
anaphylaktischen Erscheinungen bei passend vorbereiteten Tieren, zurtick-
ffihrbar auf menschlichen Magensaft.
Diese besondere und neue Modalitfit der Anaphylaxie, welche ich
zuerst deutlich nachgewiesen habe, ist ganz ahnlich und vollstfindig
1) Es wurden namlich einige kleine Milzbrandseidenfadchen aus der Unterhaut der
Maus in 0,3 ccm Bouillon aufgeschwemmt und von dieser Fliissigkeit 0,1 ccm mit
2,0 Pferdeserum vermengt.
2) Ins Deutsche floertragen von Dr. med. K. Ru hi-Turin.
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Livierato, Zur Magensaft-Anaphylaxie.
511
vergleichbar mit der bekannten Serum-Anaphylaxie (Richet), von
welcher sie sich uur dadurch unterscheidet, daB in raeinem Falle nicht
das Blutserum, sondern der Magensaft als Erreger der anaphylaktischen
Erscheinungen fungiert.
Die Untersuchungen, iiber die ich im folgenden berichten werde,
sind die ersten, die iiber den Magensaft in Beziehung zu den durch
denselben herbeigefuhrten anaphylaktischen Erscheinungen angestellt
worden sind, und sind zu gleicher Zeit die ersten, mit welchen die
Verwertung der Hervorrufung und des Auftretens der Erscheinungen
der Magensaft-Anaphylaxie zur Diagnose des Magencarcinoms beim
Menschen bezweckt hat.
Die Untersuchungen iiber die Anaphylaxie unter dem Standpunkte
ihrer klinischen Verwertung, d. h. ihrer Anwendung zur Diagnose der
Neoplasieeu, sind in der Tat sehr sparlich, und die Autoren, welche sich
auf diesem Gebiete beschaftigt haben, haben ihre Aufmerksamkeit auf die
Anwendung der Anaphylaxie zur Diagnose der bosartigen Geschwiilste
iiberhaupt gelenkt und bei ihren Untersuchungen zu der biologischen
Reaktion das Blutserum der Krebskranken benutzt.
Die ersten, welche die Frage unter diesem Standpunkte studierten,
waren H. Pfeiffer und J. Finsterer. Von der nachgewiesenen Tat-
sache, daB, wenn man einem Meerschweinchen minimale Mengen eines
von seiner Art verschiedenen EiweiBes in das Peritoneum einimpft, und
nach 14 Tagen eine solche Einimpfuug wiederholt, das Tier die Er¬
scheinungen des anaphylaktischen Shocks aufweist, und von der weiteren
Tatsache ausgehend, das die Anaphylaxie passiv durch das Serum eines
anderen anaphylaktisierten Tieres iibertragen werden kann, wenn man
dem ersten Tiere 48 Stunden nach der ersten Seruminjektion eine Ein-
spritzung desselben Albumins macht, welches dazu gedient hat, urn das
Meerschweinchen zu sensibilisieren, das das Serum geliefert hat, haben
sich diese Autoren die Frage gestellt, ob ein Krebskranker nicht gegen
die eigene Geschwulst anaphylaktisiert und mit einem Tiere verglichen
werden kann, welchem ein verschiedenes EiweiB eingespritzt worden ist,
und haben Untersuchungen in dieser Richtung ausgefuhrt, aus welchen
sich folgendes ergeben hat:
1) Wenn man Meerschweinchen 4 ccm Blutserum einer Brustkrebs-
kranken und 2 Tage sp&ter 4 ccm des aus dieser Geschwulst aus-
gepreBten Saftes in*das Peritoneum einspritzt, weisen die Tiere allgemeine
anaphylaktische Erscheinungen mit charakteristischem Sinken der Tem-
peratur auf.
2) Meerschweinchen, welche mit 4 ccm des Serums anderer mastdarm-
oder zungenkrebskranker Individuen behandelt wurden, zeigten nach der
weiteren Einspritzung von 4 ccm Maramaepitheliomsaft die anaphylaktische
Reaktion, woraus hervorgeht, daB das Serum nicht von dem-
selben Individuum herzustammen braucht, welches den
Krebssaft geliefert hat.
3) Die Kontrollmeerschweinchen, welchen Serum Nichtkrebskranker
eingeimpft wurde, zeigten infolge der Inokulation von Carcinomsaft keine
anaphylaktische Reaktion.
4) Der Krebssaft erwies sich ffir unbehandelte Tiere unschadlich.
Weinberg und Mello, welche die Versuche von Pfeiffer und
Finsterer wiederholt haben, geben an, sie hatten bei praventiv mit
Serum Krebskranker behandelten Meerschweinchen zuweilen eine wirk-
liche Hypothermie — eine Erscheinung, welche Pfeiffer zuerst nach-
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
gewiesen hat — beobachtet, sie hatten aber dieselbe Erscheinung bei
mit Serum gesunder Menschen behandelten Tieren beobachtet.
Ranzi konnte bei durch Tumorenextrakte vorbereiteten Tieren so-
wohl mit Tumorenextrakten, wie mit dem Blutserum Tumorenkranker
und ebenso mit Extrakten aus normalen Organen und mit dem Blut¬
serum normaler Menschen charakteristische anaphylaktische Erscheinungen
herbeifiihren, und betrachtet die Anaphylaxie nicht als eine spezifische
Zellenreaktion gegen die Geschwulst, sondern als eine allgemeine Reaktion
gegen das Gewebe, welches zur Vorbereitung des Tieres gedient hat.
Donati hat die passive Anaphylaxie als Mittel zur Diagnose der
bosartigen Geschwiilste im allgemeinen angewendet. Aus seinen Unter-
suchungen geht hervor, daB bei Meerschweinchen, welchen Mamma-
carcinomsaft in das Peritoneum injiziert wurde, ein anaphylaktisches
Sinken der Korpertemperatur nur dann eintrat, wenn die Meerschweinchen
48 Stunden vor der anaphylaktischen Probe durch intraperitoneale Ein-
spritzung von Blutserum von Kranken mit bSsartigen Tumoren vor-
bereitet wurden, wahrend bei den Meerschweinchen, welchen das Serum
Nichtkrebskranker eingeimpft worden war oder welche nicht behandelt
worden waren, die anaphylaktische Erniedrigung der Korpertemperatur
ausblieb.
Kelling konnte durch seine Versuche die Angaben Pfeiffers
bestatigen, d. h. nachweisen, daB die anaphylaktischen Stoffe, welche im
Blutserum der Krebskranken vorhanden sind, auf die Meerschweinchen
iibertragbar sind und sich bei denselben durch eine Korpertemperatur-
erniedrigung kundgeben; daB diese Reaktion nicht allein flir das Carcinom
charakteristisch ist, sondern auch mit Gewebe von Tumoren syphilitischer
oder tuberkuloser Natur eintritt; daB bei der Krebskrankheit die Er¬
scheinung des Temperaturabfalles auch mit neoplastischen Zellen, ebenso
wie mit anderen embryonalen Zellen, so z. B. mit Zellen von mensch-
lichen, Hiihner- oder Schweineembryonen, nachgewiesen werden kann;
daB die anaphylaktische Reaktion beim Carcinom hochstwahrscheinlich
eine Reaktion gegen den Zellstoff und nicht gegen einen eventuellen
Parasiten darstellt.
* *
*
Ich habe bei gegenwartigen Untersuchungen erforscht, wie sich der
Magensaft Magencarcinomkranker in bezug auf die Erscheinung der
Anaphylaxie verh<, und zwar einerseits weil mir der Magensaft aus
theoretischen Betrachtungen besser als das Blutserum zu derartigen
Untersuchungen im speziellen Falle des Magenkrebses — nicht des
Krebses im allgemeinen — geeignet schien, andererseits um unter diesem
Standpunkte meine frllheren Untersuchungen fiber die Diagnose des
Magencarcinoms fortzusetzen.
Bevor ich zur Beschreibung meiner Resultate schreite, will ich die
Einzelheiten der von mir angewandten Technik angeben.
1. Herstellung der einzelnen MagensSfte.
Hierbei ging ich folgendermaBen vor:
Nachdem ich die betreffenden Patienten von Mitternacht an bei
Ieerem Magen gehalten hatte, verabreichte ich denselben am nachsten
Morgen das Ewaldsche Probefriihstiick, welches ich nach “/< Stunden
wieder ausheberte.
Bei der Gewinnung des Magensaftes befolgte ich alle mbglichen
MaBregeln der Asepsis (Sterilisierung der Sonde, des Glases usw.).
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Livierato, Zur Magensaft-Anaphylaxie.
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Das gewonnene Material wurde 2mal unter Druck durch steriles
Filtrierpapier filtriert, und danach durch Zusatz einiger Tropfen einer
gesattigten Sodalosung neutralisiert und leicht alkalisiert.
Der Mageusaft stammte einerseits von Magenkrebskranken,
bei denen die Diagnose durch die Anamnese, die klinische Untersuchung
und die chemische Untersuchung des Magensaftes sichergestellt war, und
andererseits von hinsichtlich der Funktion des Magendarmapparates ganz-
lich normalen Individuen und ferner von einera Patienten
her, welcher, nachdem ein Zweifel dariiber bestanden hatte, ob es sich
bei ihm um ein Magenulcus oder urn Magenkrebs handelte, infolge einer
heftigen Magenblutung verendete, wonach die Sektion ein Magengeschwiir
ergab.
2. Herstammung und Herstellung des Krebssaftes.
Das Material, mit welchem ich meine Tiere vorbereitete, stammte
von einem groBen typischen Mammacarcinom her, dessen Diagnose durch
die histologische Untersuchung sichergestellt wurde, und welches mir in
freundlichster Weise von Herrn Prof. Onorato aus der chirurgischen
Universitatsklinik sofort nach der operativen Herausnahme tiberliefert
wurde.
Aus dieser Geschwulst stellte ich in der Weise ein w&sseriges Ex-
trakt in steriler physiologischer Kochsalzlosung her, daB ich Stflcke davon
zuerst mit einer sterilen Schere zerschnitt und dann in einem Morser
zusammen mit sterilen Glasscherben fein zerrieb. Dieses Extrakt wurde
durch sterile Kerzen filtriert und auf verschiedene 5 ccm haltige Glfischen
verteilt, welche zugeschmolzen und im Eisschranke aufbewahrt wurden.
3. Allgemeine Technik der subduralen Injektion
der Magensfifte.
Bevor ich zur Beschreibung der von mir beobachteten toxischen
Erscheinungen einerseits und anaphylaktischen Erscheinungen andererseits
flbergehe, will ich fiber die bei der subduralen Injektion der Magensfifte
angewendete Technik kurz berichten.
Nachdem ich das Tier in einem geeigneten Apparat fixiert, die Haare
der Schfidelkonvexitat abrasiert und die entsprechende Hautzone des-
infiziert hatte, legte ich vermittelst einer kurzen, seitwfirts der Pfeilnaht
geffihrten Inzision in die weichen Teile und in das Periost den Schadel
bloB, machte in denselben vermittelst eines gewohnlichen Perforators ein
kleines rundes Loch, so groB, daB die dtinne Kanfile einer 1 ccm-Spritze
eingefflhrt werden konnte.
Die Operation, welche sehr einfach ist, erfordert nur etwas Uebung
in bezug auf den Druck, mit welchem man den Perforator einbohrt, eine
Erfahrung, welche man tibrigens durch einige Versuche erwirbt. Ich ging
derart vor, daB ich, als ich eine gewisse Tiefe erreicht hatte, den Per¬
forator beiseite legte und die Operation vermittelst der Kanfile der
Spritze vollendete und mit dieser die Hirnhaut durchstach.
Nun schreite ich ohne weiteres zur Darstellung meiner Beobachtungen,
sowie sie aus den Versuchsprotokollen hervorgehen.
Erste Abt. Orig. Bd. 56.
Heft 6.
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
I. Tell.
4. Wirkung des subdural eingeimpften Magensaftes
normaler Individuen auf gesunde Meerschweinchen.
a) Subdurale Injektion von 0,2 ccra Magensaft einer norinalen Person
bei 2 Meerschweinchen mittlerer GroBe: Keine beachtenswerte
Erscheinung.
b) Subdurale Injektion von 0,5 ccm Magensaft einer uormalen Person
bei 2 Meerschweinchen mittlerer GroBe: Keine beachtenswerte
Erscheinung.
c) Subdurale Injektion von 1 ccm Magensaft einer normalen Person
bei 2 Meerschweinchen normaler GroBe: Die Tiere weisen Erscheinungen
geringgradiger allgemeiner Depression auf, behalten aber das Gleich-
gewicht und die normale Haltung bei und erholen sich in kurzer Zeit
vollstandig.
Hieraus gelit hervor, daB der Magensaft normaler Menschen, auf sub-
duralem Wege eingeimpft, selbst in der Menge von 1 ccm keine
besondere Wirkung auf die unbehandelten Tiere ausiibte.
5. Wirkung des subdural eingeimpften Magensaftes
magenkrebskranker Menschen auf gesunde
Meerschweinchen.
a) Subdurale Injektion von 1 ccm Magensaft eines Magenkrebskrauken
bei 2 Meerschweinchen mittlerer GroBe: Die Tiere zeigen sofort nach der
Einspritzung eine allgemeine Parese, auf welche nach 5 Minuten allge-
meines Zittern folgt; die Tiere gehen uicht, auch wenn sie dazu getrieben
werden; man beobachtet unwillkiirlichen Kotabsatz. Tod 5 Stunden nach
der Injektion.
b) Subdurale Injektion von 0,2 ccm Magensaft eines Magenkrebs-
kranken bei 2 Meerschweinchen mittlerer GroBe: Sofort danach voll-
stkndige Parese, dann allgemeine Zuckungen, Kotabgang und Tod etwa
9 Stunden nach der Injektion.
c) Subdurale Injektion von 0,5 ccm Magensaft eines Magenkrebs-
kranken bei 2 Meerschweinchen mittlerer GroBe: Man beobachtet ahnliche
Erscheinungen wie bei den vorigen Tieren, nur in viel geringerem Grade;
die Tiere sterben am nachsten Tage, etwa 26 Stunden nach tier Injektion.
Aus diesen Beobachtungen geht deutlich hervor, daB der Magen¬
saft von Magenkrebskranken, subdural eingeimpft, eine
ausgesprochene toxische Wirkung entfaltet.
Aus diesen Beobachtungen erhellt ferner die Notwendigkeit, bevor
icli zu den Untersuchungen iiber die vom Magensaft bei vorbereiteten
Tieren hervorgerufenen anaphylaktischen Erscheinungen schritt, die
minimale fur gesunde Tiere unsch&dliche Dosis der einzelnen
Magenskfte genau zu bestimmen.
Nach mehreren Versucheu konnte ich feststellen, daB diese Dosis
0,05 ccm (0,5 ccra einer Verdiinnung des Magensaftes eines Magen-
carcinomkranken in physiologischer Kochsalzlosung im Verhaltnis 1 :10)
entspricht, wie aus folgendem Versuche hervorgeht:
d) Subdurale Injektion von 0,05 ccm (0,5) einer Verdflnnung von
1 Teil Magensaft eines Magenkrebskranken in 10 Teilen physiologischer
Kochsalzlosung bei 4 Meerschweinchen mittlerer GroBe: Die Tiere zeigen
keine beach ten swerten Erscheinungen; sie verhalten sich nach der Operation
wie gesunde Tiere, sind munter und leben weiter.
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Livierato, Zur Magensaft-Anaphvlaxie.
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Nachdein somit die miniraale unschadliche Dosis vom Magensaft eines
Magenkrebskranken bestimmt war, handelte es sich nun darum — und
dies bildet den wesentlichen Teil der Versuche — festzustellen, einerseits,
ob diese fur unbehandelte Tiere unschadliche Minimaldosis einen, und
zwar welchen EiniiuB auf in geeigneter Weise vorbereitete Tiere
ausubte, und andererseits, ob dieselbe Dosis von Magensaft nornialer
Menschen auf andere in gleicher Weise vorbereitete Tiere eine ahnliche
Wirkung entfaltet.
6. Modalitat der Vorbereitung der Tiere.
Mit dem Mammacarciuomextrakt, dessen Herstammung und Her-
stellungsweise ich bereits angegeben babe, habe ich die Tiere folgender-
maBen vorbereitet:
Erste Meerschweinchengruppe: Langsam vorberei-
tende Behandlung mit Krebsextrakt.
Diese Tiere bekainen drei subkutane Injektionen von je 4 ccm des
Extraktes in Zwischenraumen von 5 Tagen; die anaphylaktische Probe
mit den einzelnen Magens&ften wurde in der iiblichen Weise bei dieser
Gruppe von Tieren 10 Tage nach der letzten Einspritzung von Carcinom¬
extrakt ausgefiihrt.
Die zweite Gruppe von Meerschweinchen erfuhr eine vor-
bereitende Behandlung, welche ich als 1 angsam reakutisierte
bezeichnen werde.
Diesen Tieren wurde eine subkutane Injektion von 4 ccm des Car-
cinomextraktes und 10 Tage spater eine weitere von 5 ccm desselben
Extraktes gemacht, und 24 Stunden nach dieser mit den verschiedenen
Magensaften anaphylaktisch gepriift.
Ich nenne diese Behandlungsweise reakutisierte Vorbereitung, weil
die anfangs langsame Vorbereitung durch eine 24 Stunden vor der ana-
phylaktischen Probe gemachten zweiten Einspritzung reakutisiert wurde.
Dritte Gruppe: Rasche vorbereitende Behandlung.
Die Tiere aus dieser Gruppe bekamen eine einzige subkutane Ein¬
spritzung von 5 ccm Carcinomextrakt, und wurden 24 Stunden nach
derselben auf Anaphylaxie gepriift.
Vierte Gruppe: Mittlere vorbereitende Behandlung.
Diese Tiere bekamen eine einzige subkutane Einspritzung von 5 ccm
des Extraktes und 5 Tage spater wurde die anaphylaktische Probe an-
gestellt.
Es sei vortibergehend erwahnt, daB ich bei der Mehrzahl der Tiere
infolge der Behandlung mit Carcinomextrakt einen gewissen Grad von
Abmagerung und eine Gewichtsabnahme beobachtet habe.
II. Teil.
7. Wirkung des subdural eingespritzten Magensaftes
Magenkrebskranker auf vorbereitete Meerschweinchen.
a) 1. Gruppe: Langsame Vorbereitung (4 Tiere).
Subdurale Einspritzung von 0,05 cm (0,05—0,5 ccm einer Verdiinnung
in physiologischer Kochsalzlosung im Verhaltnis 1:10) von Magensaft
eines Magencarcinomkranken.
Sofort nach der Einspritzung zeigten die einzelnen Tiere deutliche
und schwere Erscheinungen der Anaphylaxie, bestehend in schwerer Ilin-
ffilligkeit und lahmungsartigem allgemeinem Zustand; das Tier liegt
regungslos auf einer Seite, kann nicht die normale Haltung annehmen;
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 55. Heft 6.
Tachipnoe, Dyspnoe, Kotabsatz; der lahmungsartige Zustand hat ver-
schiedene Dauer; die Tiere weisen ferner eine Erniedrigung der Korper-
temperatur (durchschnittlich 1,4° C) auf, welche, wie gesagt, nach
H. Pfeiffer ein deutliches Symptom der Anaphyllaxie darstellt. Auf
diesen Zustand, welcher bald 5—6, bald 15—30 Minuten dauert, folgt
mehr oder minder allgemeines und intensives Zittern, Oder es treten echte
tonisch-klonische Konvulsionen ein, welche entweder besonders in den
GliedmaCen lokalisiert oder allgemein sind.
Alle diese Erscheinungen dauern 1 / 2 bis mehrere Stunden: dann er-
holen sich die Tiere vollkommen, so dafi sie sich am nachsten Tage
gewohnlich in ganz normalem Zustand befinden.
Nur ein geringer Bruchteil der Tiere — 4 in der Gesamtzahl der
Versuchstiere — starb 8—10 Stunden oder mehrere Tage nach der sub-
duralen Injektion.
b) 2. Gruppe: Langsame reakutisierte Vorbereitung
(4 Tiere).
Subdurale Einspitzung von 0,05 ccm von Magensaft eines Magen-
krebskranken.
Man beobachtete sehr deutliche Erscheinungen einer schweren Ana-
phylaxie, ganz ahnlich denen der 1. Gruppe. Thermische Reaktion positiv:
Herabsinken der Temperatur im Durchschnitt um 1,0° C.
c) 3. Gruppe: Rasche Vorbereitung (4 Tiere).
Subdurale Einspritzung von 0,05 ccm von Magensaft eines Magen-
krebskranken.
Man beobachtet sehr deutliche Erscheinungen einer schweren Ana-
phylaxie, ahnlich denjenigen der 1. und 2. Gruppe, nur erholen sich die
Tiere viel rascher. Durchschnittliche Temperaturabnahme: 0,8° C.
d) 4. Gruppe: Mittlere Vorbereitung (3 Tiere).
Subdurale Einspritzung von 0,05 ccm des Magensaftes eines Magen-
carcinomkranken.
Man beobachtet keine anaphylaktischen Erscheinungen.
8. Wirkung des subdural eingespritzten Magensaftes
normaler Menschen auf vorbereitete Meerschweinchen.
a) 1. Gruppe: Langsame Vorbereitung (4 Tiere).
Subdurale Einspritzung von 0,05 ccm des Magensaftes normaler
Menschen (0,5 ccm einer 10-proz. Verdtinnung in physiologischer Koch-
salzlosung).
Es wurden keine anaphylaktischen Erscheinungen beobachtet. Die
Tiere verhielten sich nach der Operation ganz normal. Durchschnittlicher
Temperaturabfall: 0,9° C.
b) 2. Gruppe: Langsame reakutisierte Vorbereitung
(4 Tiere).
Subdurale Einspritzung von 0,05 ccm des Magensaftes einer normalen
Person.
Man beobachtet keine anaphylaktischen Erscheinungen. Durchschnitt¬
liche Temperaturabnahme: 1,1° C.
c) 3. Gruppe: Rasche Vorbereitung (4 Tiere).
Subdurale Einspritzung von 0,05 ccm des Magensaftes einer normalen
Person: Keine anaphylaktische Erscheinung.
d) 4. Gruppe: Mittlere Vorbereitung (3 Tiere).
Subdurale Einspritzung von 0,05 ccm des Magensaftes eines normalen
Menschen: Keine anaphylaktische Erscheinung.
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Livierato, Zur Magensaft-Anaphylaxie.
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Wie aus dieser Darstellung deutlich hervorgeht, rief die Dosis von
0,05 ccm des Magensaftes normaler Menschen, subdural eingeimpft, bei
keinem der in den verschiedenen Weisen durch Krebsextrakt vorbereiteten
Meerschweinchen anaphylaktische Erscheinungen hervor.
Ebenso konnte ich bei anderen in gleicher Weise vor¬
bereiteten Tieren durch subdurale Einfiihrung viel
grdBerer Dosen (0,1—0,2 und selbst 0,5 ccra) des Magen¬
saftes normaler Menschen keine anaphylaktische Er¬
scheinungen her bei fullren, irn Gegensatz zu dem Magensaft
Magencarcinomkranker, welcher, wie wir sahen, selbst in der Dosis von
0,05 ccm eingespritzt, schon ausgesprochene Symptome der Anaphylaxie
hervorruft.
9. Wirkung des subdural eingespritzten Magensaftes eines
Magenulcuskranken auf vorbereitete Meerschweinchen.
Alle die Versuche mit dem Magensafte dieses Patienten, bei welchem
die Diagnose, wie ich oben erwfthnt habe, durch die Sektion sichergestellt
wurde, fielen negativ aus, d. h. der Magensaft verhielt sich in bezug auf
Anaphylaxie in derselben Weise, wie der Magensaft normaler Menschen.
Durch Krebssaft vorbereitete Meerschweinchen zeigten infolge der
subduralen Einspritzung von 0,5 ccm des Blutserums von Patienten mit
Infektiouskrankheiten, verschiedener Art (Typhus, Pneumonie) keine ana¬
phylaktische Erscheinungen.
>k *
*
Aus den Resultaten der bisher beschriebenen Versuchen kann man
folgende Schlufifolgerungen ziehen:
1) DaB der Magensaft normaler Menschen, auf subduralem Wege ein¬
geimpft, selbst in der Dosis von 1 ccm auf gesunde Meerschweinchen
keine Giftwirkung austibt.
2) DaB hingegen der Magensaft von Magencarcinomkranken, subdural
eingespritzt, selbst in der Dosis von 0,1 ccm auf gesunde Meerschwein¬
chen eine SuBerst starke toxische Wirkung, selbst bis zur Herbeifiihrung
des Todes, ausubt.
3) DaB die minimale fiir gesunde Meerschweinchen auf subduralem
Wege unschadliche Dosis von Magensaft Magencarcinomkranker 0,05 ccm
entspricht.
4) DaB die subdurale Einspritzung der minimalen Dosis (0,05 ccm)
von Magensaft Magenkrebskranker bei in geeigneter Weise mit w&sserigem
Mammacarcinomextrakt vorbereiteten Meerschweinchen das sofortige
Auftreten ausgesprochener Symptome der typischen Anaphylaxie bewirkt.
5) DaB die subdurale Einspritzung derselben Dosis (0,05 ccm) von
Magensaft normaler oder an Ulcus pepticum ventriculi leidender Menschen
bei in derselben Weise mit wasserigem Carcinomextrakt vorbereiteten
Meerschweinchen keine anaphylaktische Erscheinungen hervorruft.
6) DaB auch viel hohere Dosen (bis 0,5 ccm) von Magensaft normaler
Menschen unter denselben Umst&nden keine anaphylaktischen Symptome
herbeifiihrt.
7) DaB das Herabsinken der Temperatur (H. Pfeiffer) zwar eine
bei der Anaphylaxie haufige Erscheinung darstellt, aber, wenigtens soviel
aus meinen Beobachtungen hervorgeht, nicht als ein charakteristisches
und konstantes Symptom der Anaphylaxie, vergleichbar mit den iibrigen
Erscheinungen der ausgesprochenen Anaphylaxie, betrachtet werden kann.
* *
*
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518 Centrnlbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Wenn wir nun diese Ergebnisse unseren heutigen Anschauungen
und Kenntnissen gemaB deuten wollen, so miissen wir die durch den
Magensaft der Magencarcinomkranken hervorgerufene anaphylaktische
Reaktion als fur das Magencarcinom streng spezifisch betrachten; als
solche hat, wie sich wenigstens bei den bisher ausgefiihrten Versuchen
und in den bisher untersuchten Fallen erwiesen, da sie durch Magensaft
gesunder oder an Magenulcus leidenden Menschen nicht bewirkt wurde.
Diese Deutung wird durch die verschiedenen technischen und zeit-
lichen Modalitaten der Untersuchungen und der Reaktion, durch die
Deutlichkeit der anaphylaktischen Erscheinungen, die Konstanz und das
Miteinanderfibereinstimmen der Resultate und die groBe Zahl der aus-
gefiihrten Kontrollversuche bestatigt.
Nun liegt die Frage nahe: Warum ist bei den angestellten Versuchen
die anaphylaktische Reaktion eingetreten? Welches war ihr Mechanismns?
Diese Frage werde ich erschopfend beantworten, wenn ich die Resul¬
tate weiterer Versuche — mit einigen bin ich bereits beschaftigt, andere
werde ich spfiter anstellen — erhalten haben werde, welche ich zwecks
besserer Kenntnis und Erklarung der Erscheinung vorgenommen habe und
ferner zwecks Untersuchung der anaphylaktischen Reaktion in bezugauf:
1) Den Magensaft von Personen, welche ein Carcinom in einem anderen
Organ haben;
2) den Magensaft normaler Menschen nach Beriihrung desselben mit
Krebsgewebe;
3) der Magensaft Magencarcinomkranker, wenn derselbe auf mit dem-
selben Magensaft oder mit demjenigen eines gleichen Kranken vorbereitete
Tiere einwirkt.
Wahrend ich die Vollendung dieser Untersuchungen abwarte, darf
ich vielleicbt die Hypothese darstellen, welche mir die geeignetste er-
scheint, urn die anaphylaktischen Erscheinungen zu erklaren, welche ich
erhalten habe, und welche, wie wir sahen, bis jetzt streng spezifisch fur
das Magencarcinom waren.
Ich glaube, daB die durch den Magensaft der Magenkrebskranken
hervorgerufene Reaktion auf die Produkte der biochemischen Sekretion
der Geschwulst und auf die Zerfallprodukte der Geschwulst selbst im
Magen zuriickzufiihren ist, indent der Magensaft, dank diesen Produkten,
selbst in minimaler Dosis, das Eintreten von anaphylaktischen Erschei¬
nungen bei den Tieren zu bewirken vermochte, welche durch ein analoges
Gewebe oder eine analoge Substanz organischer Abstammung (Mamma-
carcinom) sensibel gemacht waren. Diese Annahme steht im volligen
Einklang mit unseren heutigen Kenntnissen fiber den anaphylak¬
tischen Zu stand, welcher mit der Entwickelung im Organismus
besonderer Korper oder Eigeuschaften zusammenzuhfingen scheint, welche,
wie aus meinen Untersuchungen deutlich hervorgeht, auch im Magensaft
unter besonderen Bedingungen vorhanden sind, da die Einfuhrung des¬
selben das sofortige Eintreten des anaphylaktischen Zustandes bewirkt.
Wie es nun auch mit der Frage sei, liefern uns die erwahnten Be-
obachtungen Anhaltspunkte von unbestreitbarer Wichtigkeit, und zwar so-
wohl in biologischer — allgemeine Biologie der Tumoren — wie in
klinischer Hinsicht, indem diese Resultate und diese Verfahren vielleicht
eine praktische Anwendung als Mittel zur diagnostischen Differenzierung
der Magenleiden im allgemeinen und des Magencarcinoms im speziellen
finden konnen, eine Anwendung, welche die Moglichkeit, deutliche
anaphylaktische Erscheinungen bei Tieren zu erhalten, welche nur
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J a f f<5, Ueber trypanozidc Eigenschaften der Organe und ihrer Extrakte. 519
24 Stunden vor der Probe vorbereitet wurden, einen ganz besonderen
Wert verleiht.
Diese Resultate zielen nach der Losung der Frage nach der genaueu
Diagnose des Magencarcinoms, und wenn meine weiteren Untersuchungen
die Resultate der bereits ausgefiihrten bestatigen werden, und diejenigen
anderer Autoren ebenfalls die raeinigen bestatigen werden, wird man
dieses Ziel als erreieht betrachten konnen.
Welches aber auch der Ausgang dieser neuen Untersuchungen sein
wird, werden dieselben keineswegs das allgemeine Interesse vermindern,
welche die bereits erhaltenen und hier beschriebenen Resultate in bio-
logischer Hinsicht besitzen.
Literatur.
Pfeiffer, H. u. Finsterer, J., Wien. klin. Wochenschr. 1909. No. 28.
Weinberg e Mello, Revue de M4d6cine. 1910. No. 2.
Pfeiffer, H., Wien. klin. Wochenschr. 1909. No. 1.
-, Wien. klin. Wochenschr. 1909. No. 36.
Ranzi, Zeitschr. f. Imrauuitatsforschung. Bd. 4. 1909.
Donati, Policlinico Soz. Prat. 1909. No. 44.
Kelling, Wien. klin. Wochenschr. 1909. No. 12.
Livierato, Spiro, Berl. klin. Wochenschr. 1909. No. 17.
-, Gazzetta degli Osped. e delle Clin. 1910. No. 52.
Naehdruck verboten.
Ueber trypanozide Eigenschaften der Organe und ihrer
Extrakte.
[Aus dem Koniglichen Institut fflr Infektionskrankheiten zu Berlin
(Direktor: Geh. Ober-Med.-Rat Prof. Dr. Gaffky. Abteilungsleiter:
Prof. Dr. Schilling.)]
Von Dr. J. Jaff6, Assistent am Institut.
Die folgenden Mitteilungen stellen eine Fortfiihrung der in Bd.XIII des
Arch. f. Schiflfs- u.Tropenhyg. von Schilling u. Schilling u. Jaffd ver-
offentlichten Beobachtungen fiber die Erscheinungen aktiver und passiver
Immunitat bei Trypanosomenkrankheiten dar, wie sie im Anschlusse an
therapeutische Versuche mit Arsenophenylglycin beobachtet werden konnten.
Die vorliegenden Versuche kntipfen an die dort raitgeteilte Tatsache
an, daB im Serum der mit Nagana infizierten und spater mit Arseno¬
phenylglycin geheilten Tiere Stoffe auftraten, die intraperitoneal mit
Nagana infizierte M&use vor der Infektion schiitzen konnten, wenn das
Serum zu gleicher Zeit subkutan eingespritzt wurde. Bei der weiteren
Priifung dieser ImmunstofTe interessierte uns zun&chst die Frage nach
dem Ort ihrer Entstehung. Als erste hatten Pfeiffer und Marx bei
der Cholera, spater Wassermann beim Typhus, in neuerer Zeit Heim
ffir Pneumokokken und andere mehr nachgewiesen, daB die Organe
immunisierter Tiere reich an spezifischen Schutzstoflfen sind. Als Bildungs-
statten dieser Schutzstoffe bezeichneten die ersten drei Autoren in erster
Linie die blutbildenden Organe: Knochenmark, Milz, Lymphdriisen, ferner
die Thymusdrtise und die Lunge. Als Aufspeicherungsort von Schutz-
stoffen gegen Pneumokokken konnte diesen Organen noch das Muskel-
gewebe von Heim angegliedert werden.
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520
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Wenn schon bei den oben genannten Bakterieninfektionen die blut-
bildenden Organe Pradilektionsstellen fur die Bildung von Immunstoffen
darstellten, so lag die Verrautung nahe, daB noch mehr bei einer so
ausgesprochenen Blutkrankheit, wie sie die Trypanosomiasen darstellen,
in ihnen der Ort fur die sich abspielenden Immunitatsreaktionen zu
suchen sei. Wir wahlten deshalb zunachst die Milz fur unsere Unter-
suchungen und gingen in der Weise vor, daB wir Ratten mit Nagana infi-
zierten, auf der Hohe der Infektion mit der keilenden Dosis Arsenophenyl-
glycin behandelten, die Tiere 24 Stunden nach der Arseninjektion toteten.
und die Milz exstirpierten. Das exstirpierte Organ wurde mit einer
geringen Menge Trypanosomen geimpft in der Weise, daB mit Hilfe einer
Spritze lebende Trypanosomen in das Innere des Organs injiziert wurden.
Das Organ wurde dann einer gesunden Ratte in toto unter die Haut
geschoben und nach Vernahung der Hautwunde nach Moglichkeit durch
die Haut hindurch zerdriickt. Um eine trypanozide Wirkung des nor-
malen Organs an sich, resp. die Wirkung des im Korper der behandelten
Ratte aufgespeicherten Arsens auszuschalten, wurde mit der Milz einer
normalen und einer normalen mit Arsenophenylglycin behandelten Ratte
in gleicher Weise verfahren. Die beiden Kontrollratten erkrankten 5 Tage
nach der Impfung und gingen am 7. bezw. 9. Tage ein, die mit der
Immunmilz -)- Trypanosomen geimpfte Ratte blieb gesund. Eine Wieder-
holung dieses Versuches wurde in der Weise vorgenommen, daB das
Milzgewebe im Schalchen fein verrieben, mit Trypanosomen vermischt und
dann das Gemisch den Ratten intraperitoneal injiziert wurde, s. Tab. I.
Tabelle I.
Milz von Immunratte I *) Ratte bleibt gesund
„ „ „ II „ nach 12 Tagen + a ) nach 13 Tagen t
„ „ normaler Ratte „ „ 5 „ + „ 9 „ f
„ „ „ mit Arsenophenylglycin
behandelter Ratte „ „ 5 „ + „ 9 „ f
In einem Falle war also die Infektion vollkommen verhindert, in dem
zweiten um 7 Tage im Vergleich zu den Kontrollen hiuausgeschoben worden.
Auch in anderen Rattenorganen lieB sich eine gewisse trypanozide
Wirkung nachweisen, wenn das infizierte Tier mit Arsenophylglycin be-
handelt worden war. Der Versuch tvurde in der Weise angestellt, daB
eine dem Gewicht der Milz entsprechende Menge der Organe zerrieben.
mit Trypanosomen vermischt und intraperitoneal injiziert wurde.
Tabelle II.
Leber
von
Immunratte I
Ratte nach
7 Tagen
+
nach 10 Tagen f
Niere
it
11
I
11
11
16
11
+
11
IB „ t
Leber
ii
11
II
11
11
7
11
+
11
10 „ t
Niere
ii
11
II
11
11
14
11
+
11
17 „ t
Leber
ii
11
III
11
11
9
11
+
11
11 „ t
Niere
ii
11
III
11
11
6
11
+
11
9 „ t
Leber
von
normaler Ratte
11
11
3
11
"1“
11
6 „ t
Niere
ii
1 •
11
11
11
3
11
+
11
6 „ +
Die trypanozide Wirkung der zur Untersuchung herangezogenen
Lebern und Nieren war, wie aus Tabelle II hervorgeht, zwar deutlich
erkennbar, aber doch schwkcher als die der Milz, ein Verhalten, das eine
Uebereinstimmung mit den oben erwShnten Versuchen tiber Bakterien-
immunit&t ergab.
1) Immunratte = mit Nagana infizierte durch Arsonophylglycin geheilte Ratte.
2) + bedeutet, daB Trypanosomen im Blute auftraten.
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Jaffe, Ueber trypanozide Eigenschaften der Organe und ihrer Extrakie. 521
Wir dachten nun aus versucbstechnischen Grlinden daran, die Organe
zu trocknen und unsere weiteren Versuche mit getrockneten Organen
anzustellen. Die frisch entnommenen Organe wurden zu diesem Zwecke
zerkleinert und sofort in den Trockenapparat gebracht, wo sich der
TrockenprozeB unter dem trockenen Luftstrora bei einer Temperatur bis
zu 45° in wenigen Stunden vollzog. Die getrockneten Organe wurden
im Morser moglichst fein zu einem Pulver verrieben, das Pulver mit
physiologischer Kochsalzlosung im VerhBltnis 1:15 aufgeschwemmt, die
Mischung einige Minuten lang geschiittelt. Die liber den zu Boden
sinkenden grOberen Partikeln stehende triibe Fllissigkeit wurde dann
zum Versuche benutzt, und zwar so, dafi im Blocksch&lchen zu 1 ccm
der Fllissigkeit soviel Trypanosomen aus MBuseschwanzblut hinzugesetzt
wurden, daB das mikroskopische Gesichtsfeld 1—3 Trypanosomen ent-
hielt. Diese Aufschwemmung wurde nach kurzem Verweilen bei Zimmer-
temperatur Ratten intraperitoneal injiziert.
Die hierbei erhaltenen Resultate waren folgende:
Tabelle III.
a) Organe einer mit Arsenophenylglycin geheilten Nagana-Ratte.
Milz . . . Ratte bleibt gesund
Niere • ■ • „ ,, »
Leber * . * ,, „
b) Organe einer normalen mit Arsenophenylglycin behandelten Ratte.
Milz . . . Ratte bleibt gesund
Niere « . • „ ,, ,,
Leber . . . „ ,, »
c) Organe einer normalen Ratte.
Milz . . . Ratte bleibt gesund
Niere . . . „ „ „
Leber . . . ,, ,,
Die getrockneten Organe hatten also, gleichgiiltig ob von Immun-
oder normalem Tiere, in alien Fallen die Trypanosomen abgetotet und
eine Infektion verhindert. So wenig willkommen dieses Resultat im
Hinblick auf den eigentlichen Zweck der Versuche erschien, so war es
doch an sich so liberraschend und einer Erkl&rung zunachst schwer zu-
g&nglich, dafi wir uns entschlossen, seinen Ursachen nachzugehen. Eine
Wiederholung des Versuchs (Tabelle III) ergab den gleichen Ausfall.
Ebenso verlief ein Versuch mit Kaninchenorganen, die wir nunmehr der
groBeren Ausgiebigkeit des Materials wegen in den Bereich unserer Unter-
suchungen zogen. Die Aufschwemmung der getrockneten Organe wurde
mit Bouillon, in der die Trypanosomen langer beweglich bleiben als in
physiologischer Kochsalzlosung, hergestellt in derselben Weise wie in
Versuch III. Es wurden zun&chst die Vorg&nge in vitro beobachtet
und nach 45 Min. die Aufschwemmungen MBusen intraperitoneal injiziert.
Tabelle IV.
Verdiinnung
der Auf¬
schwemmung
Nach 15 Min.
Nach 45 Min.
Leber von Kaninchen A = infiziertea nicht behandeltes Kaninchen.
Trypanosomen
Die geimpfte Maus
1:100
abgeetorben
bleibt gesund
1 :200
schwach beweglich
abgestorben
1:300
»» »
kaum beweglich
>* l>
1:400
leidlich „
schwach beweglich
1:500
gut
leidlich „
nach 4 Tagen infiziert
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522
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Verdiinnung
der Auf- Nach 15 Min. Nach 45 Min.
schwemmung __
Leber von Kaninchen B = infiziertes Kaninchen mit Arsenophenylglycin geheilt
Trypanosomen Die geimpfte Maun
1:100 kaum beweglich | abgestorben j bleibt gesund
1:200 schwach beweglich kaum beweglich , „ „
1:300 leidlich „ schwach beweglich | „ „
1:400 | „ „ leidlich „ j am 2. Tag infiziert
Leber von Kaninchen C = normales Kaninchen.
1 :100 kaum beweglich | kaum beweglich bleibt gesund
1:200 schwach beweglich „ „ nach 13 Tagen infiziert
1:300 leidlich „ schwach „ „ 13 „ „
1400 tj leidlich ,, lf 3 ,, „
Es ergibt sich aus diesem Versuch eine sehr hohe Giftigkeit der
Trockenorgane ftir Trypanosomen, zumal, wenn man beriicksichtigt, daB
nur die feinsten Partikelchen des Trockenpulvers in die Verdiinnungs-
fliissigkeit iibergegangen waren, wahrend die in den groberen Bestand-
teilen eingeschlossenen, vorlaufig noch unbekannten trypanoziden Stoffe
ilire Wirkung nicht entfalten konnten. Der Grad dieser Giftigkeit hatte,
wie auch aus zahlreichen spateren Kontrollversuchen hervorging, nichts
zu tun mit den im KQrper noch vorhandenen Arsenmengen oder mit
den durch die Heilung der infizierten Tiere etwa erzeugten Iminun-
stoffen. Niere und Milz von Kaninchen zeigten in getrocknetem Zustande
dieselben Erscheinungen mehr oder weniger hoher Trypanozidie, wahrend
getrocknetes Serum, getrocknetes Blut sowie getrocknetes Muskelgewebe
sich als vollkommen wirkungslos erwiesen. Dieselben Resultate gaben
getrocknete Meerschweinchenorgane.
Versuche, die in vitro beobachtete bezw. im Peritoneum sich ab-
spielende Trypanosomengiftigkeit der Trockenorgane der Therapie nutzbar
zu inachen, verliefen ergebnislos.
Wie war diese durch das Trockneu hervorgerufene trypanozide
Wirkung zu erklaren? Handelt es sich um Stoffe, die in der normalen
Zelle bereits vorhanden, aber umhiillt von anderen Substanzen an der
Entfaltung ihrer Wirksamkeit gehindert wurden und erst aus der
durch das Trocknen und nachtragliche Pulverisieren zertriimmerten Zelle
herausgetreten waren? Oder fanden beim Trocknen autolytische Vor-
gange und dabei eine Umwandlung uugiftiger Substanzen in giftige
statt? Wir versuchten eine moglichst vollst&ndige Zellzertrummerung
durch sorgfaltiges Zerreiben der frischen Kaninchenleber mit Sand und
Durchpressen durch die Bakterienpresse zu bewirken, doch blieben in
dem so erhaltenen Brei die Trypanosomen stundenlang gut beweglich
und infektiOs. Ein mit Kochsalzlosung im VerhSltnis 1 : 3 aus diesem
Leberbrei hergestellter, nach 3—4 Stunden SchGtteln gepriifter Extrakt
zeigte sich ebenso wirkungslos. Derselbe Extrakt entwickelte aber,
nachdem wir ihn 24 Stunden im Zimmer aufgehoben batten, eine hohe
Giftigkeit, er totete in der Verdiinnung 1:4 Trypanosomen ab und ver-
langerte noch in der Verdiinnung 1:6 die Inkubationsdauer um 10 Tage
gegenuber den Kontrolltieren. Dieses Ergebnis unterstiitzte die schon
vorher angestellte theoretische Erwagung, dafi die beim Trocknen sich
abspielenden Vorg&nge im Zusammenhang mit der Autolyse des Organes
stehen milBten. Tatsachlich entwickelte in weiteren in Tabelle V und VI
dargestellten Versuchen die Substanz von Kaninchenlebern, die der
aseptischen Autolyse unterworfen worden waren, eine hohe Giftigkeit
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Jaff6, Ueber trypanozide Eigenschaften der Organe und ihrer Extrakte. 523
fur Trypanosomen. Die der Autolyse in toto unterworfene Leber lieB
sich ralihelos zu einem feinen Brei verreiben, der in der zur Verdunnung
benutzten Bouillon gleichmaBig aufgeschwemmt werden konnte.
Tabelle V.
24-stundiges Autolysat von normaier Kanincbenleber VII.
Ver¬
dun- Nach 10 Minuten Nach 30 Minuten
nung , |
1 Nach 45 Minuten
L
•
Geimpfte Maus
Trypanosomen
1: 300 leidlich beweglich schwach beweglich
1:400 „ „ ,
1:500 gut „ 1 gut „
abgestorben
*»
leidlich beweglich
bleibt gesund
»f >>
nach 3 Tagen infiziert
Tabelle VI.
48-stiindiges Autolysat derselben Leber.
Verdunnung
des
Autolysate
1
Nach 20 Minuten
Nach 45 Minuten
Geimpfte Maus
|
1:500
Trypanosomen
abgestorben 1 —
bleibt gesund
1:600
—
1:700
kaum beweglich
abgestorben
leidlich beweglich
v yy
1 :800
leidlich beweglich
nach 2 Tagen infiziert
Die Tabellen V und VI zeigen, daB auch d
ie Dauer der Autolyse
EinfluB auf die Bildung der trypanoziden Substanz besitzt. Das 48-stiin-
dige Autolysat ist fast doppelt so wirksam wie das 24-stiindige.
Erhitzung auf 60° C von 1 / 2 ' st *m ( Bger Dauer vermochte die Wirk-
samkeit der Autolysate nicht zu beeinflussen, es ergaben sich nach der
Erhitzung genau dieselben Zahlenverhaltnisse wie vorher.
Mit dieser Eigenschaft der Thermostabilitat war ein weiteres Charak-
teristikum der fraglichen toxischen Substanz gewonnen. Die grofite
Aussicht, einen weiteren Einblick in ihre Zusammensetzung zu ge-
winnen, bot das Verfahren der analytischen Chemie des stufenweisen
Abbaues der Korper. Wir wandten zun&chst die Alkoholextraktion an,
und unterwarfen neben 2 Autolysatproben, einer 24- und einer 48-
stiindigen, auch ein Stuck derselben normalen Kaninchenleber frisch
nach (ler Eutnahme nach sorgfaltigem Zerreiben unter Zusatz von Sand
der Extraktion mit absolutem Alkohol. Die Extrakte wurden im Ver-
h<nis 1 Teil Organ zu 2 Teilen Alkohol angesetzt, 24 Stunden bei
Zimmertemperatur belassen, sedimentiert und das Zentrifugenklar im
trocknen Luftstrom bei einer Temperatur bis zu 45° C eingetrocknet.
Der Trockenrilckstand stellte bei samtlichen Proben eine gelbliche fettige
Masse von ranzigem Geruche dar, die sich in der zur Verdunnung be¬
nutzten Bouillon nicht auflosen, sondern nur emulsionieren lieB.
Die Verdiinnung wurde so hergestellt, daB der aus einem Extrakt
aus 5 g frischer Leber gewonnene Trockenriickstand in 2 ccm Bouillon
emulsioniert wurde. Dieses Zahlenverhfiltnis wurde bei alien spateren
Versuchen beibehalten. Die Emulsionen wurden nun in absteigenden
Mengen in Blockschalchen verteilt, und zwar in der Weise mit Bouillon
verdiinnt, daB jedes Schalchen 0,5 ccm Fliissigkeit enthielt. Diesen Ver-
diinnungen wurde dann so viel Mauseblut zugesetzt, daB das mikro-
skopische Gesichtsfeld 1—3 Trypanosomen enthielt, wozu bei gut infi-
zierten Mausen ein Tropfen Schwanzblut gentigte. Wir begniigten uns
fiir die ferneren Untersuchungen mit der Beobachtung in vitro.
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524
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt Originate. Bd. 55. Heft 6.
Die Versuchsergebnisse mit den auf diese Weise quantitativ gleich-
mafiig hergestellten Emulsionen waren folgende:
Tabelle VII.
A. Alkoholischer Extrakt aus frischer Leber VII.
0,5 ccm der unverdiinnten Emulsion nach 45 Minuten ohne Wirkung.
B. Alkoholischer Extrakt aus 24-stiindigem Autolysat von Leber VII.
0,5 ccm
0,25 „
0,125 „
0,06 „
0,03 „
0,015 „
Nach 10 Minuten
abgestorben
1)
»
11
kaum beweglich
Nach 30 Minuten
abgestorben
C. Alkoholischer Extrakt aus 48-stiindigem Autolysat von Leber VII.
0,5 ccm
abgestorben
—
0,25 „
yy
—
0,125 „
yy
—
0,06 „
»
—
0,03 „
yy
—
0,015 „
yy
—
0,0075 „
kaum beweglich
abgestorben
Mittels der Alkoholextraktion war es also gelungen, den wirksamen
Stoff aus den Leberautolysaten zu extrahieren. Der alkokolische Extrakt
aus frischer Leber hatte ebenso wie vorher die zerkleinerte frische Leber
selbst sich als nicht toxisch erwiesen.
Ein Teil derselben Leber war getrocknet worden. Diese Trocken-
substanz wurde unter moglichst gleichen quantitativen Verh<nissen mit
Alkohol extrahiert, der Alkoholextrakt in der oben beschriebenen Weise
weiterbehandelt. 1 g Trockensubstanz der Leber entsprach durchschnitt-
lich 4 g der frischen Leber. Die zum Extrakt benutzte Alkokolmenge
wurde auf frische Lebersubstanz berechnet, so daB zu 1 g Trocken¬
substanz 8 ccm absoluter Alkohol hinzugesetzt wurden. Die Emulsion
wurde wieder so hergestellt, daB 2 ccm Bouillon den Trockenrtickstand
eines Extraktes aus 5 g frischer Leber enthielten. Die absteigenden
Verdunnungen der Emulsion wurden wieder auf 0,5 ccm aufgefullt, und
dann die Trypanosomen hinzugesetzt.
Tabelle VIII.
Extrakt aus getrockneter Kaninchenleber VII.
Nach 10 Minuten
Nach 45 Minuten
0,5 ccm abgestorben
0,25 „
0,125 „ kaum beweglich
abgestorben
0,06 „ schwach beweglich
yy
0,03 „ abgeschwacht
kaum beweglich
0,015 „ gut
gut beweglich
Also auch hier hatten wir das toxische Prinzip durch Alkohol Ibsen
kbnnen, und somit eine gewisse Uebereinstimmung der bei der Autolyse
und beim Trocknen der Organe erhaltenen Reaktionsprodukte erhalten.
Genau wie oben bei den Autolysaten selbst konnten bei ihren Extrakten
und dem Extrakt aus getrockneter Leber die Eigenschaft der Hitze-
best&ndigkeit (Erhitzung V* Stunde lang auf 60° C) festgestellt werden.
Versuche, durch Injektion dieser Substanzen den Krankheitsverlauf
bei Nagana infizierten Mfiusen zu beeinflussen, schlugen fehl.
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Jaff 6 , Ueber trypanozide Eigenschaften der Organe und ihrer Extrakte. 525
Fassen wir die bisherigen Versuchsergebnisse zusammen, so war es
uns gelungen, aus der autolysierten und aus der getrocjcneten nor-
raalen Kaninchenleber eine alkohollosliche, thermostabile Substanz zu
erhalten, die ebenso wie autolysierte und getrocknete normale Kaninchen¬
leber selbst imstande war, in hohen Verdiinnungen Trypanosomen im
Reagensglas abzutoten. Diese Substanz bedurfte, um aktiv zu werden,
nicht des Zusatzes eines Komplements. Um bakteriolytische Substanzen
im Sinne der Serumbakteriolysine konnte es sich daher nicht handeln.
Wohl aber muflte eine groBe Aehnlichkeit mit den zuerst von M o r ge n-
roth und Korschun (Berl. klin. Wochensch. 1902. No. 32) in ihrer
Sonderstellung und Verschiedenheit von den Serumhamolysinen richtig
erkannten Organhkmolysinen ins Auge fallen. Die Frage der Organ-
hamolysine ist in neuester Zeit in eingehenden Untersuchungeu von
Friedemann „Ueber die hSmotoxischen Stoffe der Organe“ (Arch. f.
Hyg. 1909) bearbeitet worden. Friedemann hatte aus den der Auto-
lyse unterworfenen Organen: Pankreas, Leber, Niere, mittels der
Alkoholextraktion Substanzen gewinnen konnen, die eine starke hamo-
lytische Wirkung gegeniiber den Blutkorperchen der eigenen Art ent-
falteten. Er war auf Grund biologischer und chemischer Untersuchungen
zu dem Schlusse gekommen, daB die von ihm untersuchten Substanzen
mit dem Toxolecithiden zu identifizieren seien, die bei der Autolyse
durch die Wirkung eines lipolytischen Ferments aus dem in fast alien
Organen vorhandenen Lecithin entstiinden. Unsere Substanz hatte mit
diesen Lecithiden vorl&ufig nur eine Eigenschaft, n&mlich die Alkohol-
loslichkeit gemeinsam. Leicht nachzupriifen waren von den als Cha-
rakteristika der Toxolecithide von Friedemann angefiihrten Eigen-
schaften einmal ihre h&molytische Wirkung auf die Blutkorperchen der
eigenen Art und ferner die Fkllbarkeit der fraglichen Substanz aus dem
Alkoholextrakt durch Aether. Zum hamolytischen Versuch wurden ab-
steigende Mengen der zum Versuch Tabelle VII benutzten Emulsionen
in Reagensglaser verteilt, zu 0,5 ccm mit Kochsalzlosung aufgefiillt und
zu diesen Verdiinnungen je 0,5 ccm einer 5-proz. Kaninchenblutauf-
schwemmung hinzugesetzt. Die Vorgange wurden bei 37° beobachtet.
Tabelle IX (vgl. Tabelle VII).
Hamolytischer Versuch.
Nach 10 Minuten [ Nach 1 Stunde
Extrakt A aus frischer Leber VII.
0,5 ccm 0 | 0
Extrakt B aus 24-stiindigem Autolysat von Leber VII
0,25 ccm komplette Losung —
:: I .
0,03 „
0,015 „ 0 komplett
0,0075 „ 0 fast komplett
0,0038 „ 0 0
Extrakt C aus 48-stimdigem Autolysat von Leber VII.
0,25 ccm komplett
0,125 „ „
0,0b „ „
0,03 „ „
0,015 „ fast komplett komplett
0,0075 „ (f ' „
0,0038 „ 0 fast komplett
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526
Ceutralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Die Extrakte A, B und C aus Leber VII wurden ferner der Aether¬
failung rait -einem UeberschuB von Aether unterworfen. [Es entstand
dabei bei A eine leichte, bei B und C eine starke wolki'ge Triibung, die
sich als Emulsion feinster Tropfcken erwies. Diese ballten sich bei der
Sedimentierung zu einem gelblichen durchsichtigen Tropfen zusammen,
dem derselbe eigenartige ranzige Geruch anhaftete, wie dem Trockenriick-
stand der Alkoholextrakte. Dieser Tropfen loste sich leicht in der zur
Verdiinnung benutzten Kochsalzlbsung resp. Bouillon. Es wurde auch
hier wieder das bei den friiheren Extrakten angewandte quantitative Ver-
haltnis beibehalten, so daB der durch Aetherfailung aus einem 5 g
frischer Leber entsprechenden Alkoholextrakt gewonnene Niederschlag in
2 ccm Bouillon aufgelost wurde. Die Versuchsanordnung war dieselbe
wie in Tabelle VII und IX. Die bei der Aetherfailung aus den in
Tabelle VII und IX naher bezeichneten alkoholischen Organextrakten A,
B, C gewonnenen Produkte seien als a, ft, y bezeichnet.
Tabelle X.
Trypanozider Versuch mit a, j3, f.
a) Frische Leber
0,5 ccm der unverdiinnten Losung wirkungslos.
Nach 10 Minuten
Nach 30 Minuten
Nach 45 Minuten
P) 24-8tiindiges Autolysat.
Trypan osornen
0,5 ccm abgestorben — —
0,25 „ abgeschwacht schwach beweglich kaum beweglich
0,125 „ gut beweglich gut beweglich gut beweglich
0,5
0,25
0,125
0,06
0,03
ccm abgestorben
„ abgeschwacht
„ gut beweglich
» V
v v n
f) 48-stiindiges Autolysat.
abgestorben
V
gut beweglich
V V
schwach beweglich
gut beweglich
Hamolytischer Versuch mit a, (3, f.
Nach 10 Minuten | Nach 1 Stunde
a) Frische Leber.
0,5 ccm 0 | 0
j3) 24-stiindiges Autolysat
0,25 ccm komplett | —
0,125 * -
0,06 „ f&st komplett 1 komplett
0,03 „ 0 I 0
Y) 48-Stiindiges Autolysat
0,25 ccm komplett
0,125 „
0,06 „ „
0,03 „ fast komplett komplett
0,015 „ 0
0,0075 „ 0 | geringe Ldsung
Aehnliche Verhaltnisse ergaben sich fiir die hamolytische Wirkung
des Alkoholextraktes aus der getrokneten Leber VII (vgl. Tabelle VIII)
und fiir die trypanozide und hamolytische Wirkung der aus diesem Extrakt
durch Aether gefallten Produkte.
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Poppe, Ein einfacher Schiittelapparat.
527
Es war uns also gelungen, einmal die starke hamolytische Wirkung
der trypanoziden Alkoholextrakte nachzuweisen, ferner das wirksame
Prinzip aus all unseren Extrakten wenigstens zum grofiten Teil, eben-
so wie in den Friedemannschen Versuchen durch Aether fallen zu
konnen und an diesen F&llungsprodukten dieselbe trypanozide und hamo¬
lytische Wirkung zu beobachten.
Aus Friedemanns und unseren Versuchen geht hervor, daB
durch das Trocknen oder durch autolytische Vorgange in normalen
tierischen Organen Stoffe entstehen, welche nicht bloB auf rote Blut-
korperchen, sondern auch auf Trypanosomen zerstorend wirken. Diese
Wirkung, die sie in vitro als auch bei gemeinsamer Einbringung im
Tierkorper entfalten, laBt sich fur therapeutische Zwecke nicht aus-
nfitzen. Sie sind nach Friedemann als Lecithide (Toxolecithide)
anzusprechen.
Die Annahme, daB diese trypanoziden Substanzen mit der Wirkung
der Arsenikalien auf die Trypanosomen in Zusammenhang stehen, hat sich
nicht bestatigt Hinweisen mochte ich noch auf die Versuche von
Levaditi und Yamanouchi (Ann. de l’lnst. Pasteur. T. 23), die aus
der Vermengung von Organemulsionen mit Atoxyl, und auf die Versuche
von Yamanouchi allein (Compt. rend, de la Soc. de Biol. 1910. p. 120),
der durch Einwirkung des Atoxyls auf rote Blutkorperchen eine alkohol-
losliche, thermostabile, trypanozide Substanz erhalten hat. Es fehlen in
dieser letzten Veroffentlichung alle Angaben liber die Technik der Ver¬
suche, so daB wir hier nur die Vermutung aussprechen wollen, es konnten
bei seinen Versuchen auch die von uns gefundenen Substanzen mit im
Spiele gewesen sein. Jedenfalls werden in Zukunft bei alien ahnlichen
Versuchen, bei denen die Mitwirkung toter Organe eine Rolle spielt, die
von uns gefundenen, durch Autolyse entstehenden trypanoziden Sub¬
stanzen berficksichtigt werden mfissen.
Nachdruck vcrboten.
Ein einfacher Schiittelapparat.
Von Dr. Kurt Poppe,
wissenschaftlichem Hilfsarbeiter im Kaiserl. Gesundheitsamte.
Mit 1 Figur.
Zur Herstellung von Bakterienemulsionen, Schtittelextrakten usw.
hat sich folgender Schiittelapparat als brauchbar erwiesen. Der Zweck
der Neukonstruktion war, einen sicher arbeitenden und mit einfacher
Antriebsvorrichtung versehenen Apparat herzustellen. Infolgedessen
wurde von der Verwendung der elektrischen Kraft als Antrieb abgesehen
und eine mit einem geringen Wasserverbrauch arbeitende Turbine als
Motor gewahlt.
Der Schiittelapparat (siehe Abbildung) stellt ein urn die Achsen a
und a‘ drehbares Winkelhebelsystem b dar, auf dem ein auswechselbares,
durch 2 Fliigelschrauben zu befestigendes Gestell c zur Aufnahme von
4 Kolbchen montiert ist. Durch die verstellbare Platte d, die es ermog-
licht, daB Kolbchen von verschiedener Gr5Be (100—150 ccm) eingespannt
werden konnen, werden die senkrecht stehenden Kolbchen festgehalten.
Der Antrieb erfolgt durch eine kleine Wasserturbine, die mit dem
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528 Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 6.
Schiittelapparat durch Exzenterflbertragung verbunden ist. Die in hori-
zontaler Richtung erfolgende Schuttelbewegung, deren Stromrichtung
infolge jeweiliger Un-
terbrechung am toten
Punkt fortwahrend
wechselt, hat zur
Folge, daB eine mog-
lichst gleichmaBige
Aufschwemmung er-
zielt wird. Anstatt des
Gestelles c kann auch
ein Rahmen zur Auf-
nahme von horizontal
gelagerten Reagens-
glasern eingespannt
werden. Diese Vor-
richtung, die das aus-
giebigste Schutteln
zulaBt, empfiehlt sich
vor allem zur Her-
stellung gleichmaBiger
Aufsch wemmungen
von Kolloiden (Lecithin usw.) oder von Bakterien, die vorher abgetotet
worden sind. Ein Vorteil des beschriebenen einfachen Schiittelapparates
besteht auch darin, daB man ihn in jeden groBeren Brutschrank hinein-
stellen und auf diese Weise Extraktionen bei bestimmten Temperaturen
vornehmen kann. In diesem Falle braucht man nur den Wasserzu- und
-abfluBschlauch durch die an den meisten Brutschr&nken angebrachten
seitlichen Durchliiftungsbffnungen hindurchzuftihren.
Der vorstehend beschriebene Apparat, der sich auch bei langerem
Gebrauche gut bewahrt hat, wird von der Firma Paul Altmann in
Berlin NW. 6 hergestellt (Preis 45 Mark).
Die Redaktion des „ GentralbkUts fur Bakteriologie und ParasitcnJcunde “ richtet
an die Eerren Mitarbeiter die ergebene Bitte, etwaige Wiinsehe um Lieferung von
besonderen Abdriicken ihrer Aufsdtxe enticeder bei der Einsendung der Abnandlungen
an die Redaktion auf das Manuskript sehreiben *u wollen oder sptUestens naek
Empfang der ersten Korrekturabviige direkt an den Verleger, Herm Gustav Fischer
in Jena, gelangen vu lassen.
Paul Altmann Berlin n
Inhalt.
Di Cristina, O. u. Cannata, S., Ueber die
morphologischen und kulturellen Eigen-
schaften des Parasiten der infantden
Milzaniimie (Leishmania infantum),
p. 494.
Falk, Hans, EinfluB der Misch- und
Sekundarinfcktion auf den Rotlaufbacil-
lus und die Rotlaufimmunitat, p. 464.
Ganslmayer, Hans, Ueber das Vorkom-
men der Negrischen Korperchen in den
Speicheldrusen bei Wut, p. 487.
Hofherr, Otto, Experimentelle Beitrage
zur Milzbrandinfektion des Gefliigels
durch Futterung, p. 434.
Jacqn6, L. et Masay, F., Le Strepto-
bacterium foetidum, p. 433.
Ja£f4, J., Ueber trypanozide Eigenschaften
der Organe und ilirer Extrakte, p. 519.
Livierato, Spiro, Die Magensaft-Anaphv-
laxie, p. 510.
Poppe, Kurt, Ein einfacher Schiiltelappa-
rat, p. 527.
Freisz, Hugo, Zur Frage der Schutz-
wirkung der Kapseln beim Milzbrand-
bacillus, p. 503.
Selenew, I. F., Zur Biologie meines In-
fusoriums; seine Anwesenheit iui Pro-
statasekret, p. 497.
Frommauasche liachdrackorei (Hermana Pohle) In Jena.
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Centralbl. f. Bald etc. I. Abt Originale. U. 55. Heft 1.
Inhaltsverzeichnis.
I. Yerzelchnis der in Band 55 enthaltenen Arbclten.
Aokl, K., Der Paratyphusbacillus (Typus B)
als Eiterungserreeer. 208
Babes, V., Ueber aie Wirkung der Karbol-
saure auf das WutviruB. 27
— und Mironescu, T., Ueber eine bisher
nicht beschriebene Mykose dee Menschen
mit Bildung von schwarzen Kornem. 108
Basenau, F., Ueber die Abtotung von
Tuberkelbacillen durch Erhitzung. Er-
widerung auf die Mitteilung von Prof.
Dr. Forster. 74
de Bclovodski, 0. s. Galli-Valerio, B.
Blumenthal, Ernst, Ueber das Auftreten
von Typhu8bacillen in den Gallenwegen
nach intravenoser Injektion. 341
Cannata, 8. s. Di Cristina, G.
Crendiropoulo. M., Un nouveau proc&ld
pour la culture et la separation des
microbes anaCrobies. 247
— et Panayotatou, A., Sur un nouveau
milieu pour le diagnostic du choldra. 248
Di Cristina, G. und Cannata, 8 .. Ueber
die morphologischen und kulturellen
Eigenschaften des Parasiten der infantilen
Milzanamie (Leishmania infantum). Ex-
perimentelle Untersuchungen. 494
DamperoiT, N. J., Komplementbindungs-
versuche mit Antipestserum. Vorlaufige
Mitteilung. 188
Falk, Hans, EinfluB der Misch- und Se-
kundarinfektion auf den Rotlaufbacillus
und die Rotlaufimmunitat. 464
Felber s. Strnbell.
Fielitz, H., Ueber eine Laboratoriums-
infektion mit dem Sporotrichum de Beur-
manni. 361
Forster, Beitrag zur Frage der Abtotung
von Tuberkelbacillen durch Erhitzung.
78
FranQa, Carlos, Du danger de 1’emploi
des moelles plus virulentes dans le
traitement de la rage. 154
Galli-Yalerio, B. et de Bclovodski, 0.,
Recherches sur la presence de sang dans
Pappareil digestif ae quelques parasites.
218
Ganslmayer, Hans, Ueber das Vorkommen
der Negrischen Korperchen in den Spei-
cheldriisen bei Wut. 487
Gasse, RudolL Ein Beitrag zur Kenntnis
der lokalen Reaktion des Tierkdrpers bei
Einwanderung von Echinokokken und
Finnen. 30
Gay, F. P. and Southard, E. E., The
significance of bacteria cultivated from
the human cadaver: A study of 100 cases
of mental disease, with blood and cere¬
brospinal fluid cultures and clinical and
histological correlations. 117
Ghedini, G. und Zamorani, Versuche iiber
die durch helminthische Produkte hervor-
gerufene Anaphylaxie. I. Anaphylaxie
durch Echinococcusgifte. 49
Graetz, Fr., Experimentelle Untersuchun¬
gen zurSerodiagnostik der Echinokokken-
mfektion. 234
neim, L., Ueber anaerobiotische Technik,
cinige Anaerobier und beginnende EiweiB-
fiiulnis. 337
Hoefer, P. A., Ueber ein unbekanntes Proto-
zoon im menschlicheu Blute bei einem
Falle von Aniimie. 19
Hoessli, nans, Das Verhalten der Strepto-
kokken gegeniiber Plasma und Serum
und ihre Umziichtung. 135
Hofherr, Otto, Experimentelle Beitrage zur
Milzbrandinfektion des Gefliigels durch
Fiitterung. 434
nuggenberg, E., Untersuchungen iiber
Phagocy tose der Streptokokken. (Opsonine
und Bakteriotropine.) 53
JacqnC, L. et Masay, F., Le Streptobac-
terium foetidum. Nouvel agent patho-
S 'ne pour l’homme. Note preliminaire. 433
§, J., Ueber trypanozide Eigenschaften
der Organe und ihrer Extrakte. 519
Jahn, Ernst, Ueber die Ausscheidung von
Bakterien durch den Ham und die bak-
terizide Wirkung desselben. 276
Jordansky, V. s. Klodnitzky, N.
Kaspar, F. und Kern, W., Beitrage zur
Kenntnis der an aero ben Bakterien des
Menschen. IX. Weitere Beitrage zur
Aetiologie der pyamischen Prozesse. 97
Kathe, Hans, Die bakteriologische Typhus-
diagnose. 402
Kayser, Heinrich, Vergleichende Unter¬
suchungen mit neueren Methoden des
Tuberkelbacillen nachweises. 91
Kern, W. s. Kaspar, F.
Klodnitzky, N. und Jordansky, V., Wei¬
tere Beobachtungen iiber die Lebensdauer
der Pestbacillen im Organismus der
Wanzen. 349
KKhlisch, Ueber die angebliche Aenderung
der Agglutinabilitat der Choleravibrionen
durch Aufenthalt im Wasser. 156
Kohl-YakimofT, Nina s. YakimofT, ff. L.
Komma, Franz, Ueber den Nachweis der
Paratyphusbakterien in Wurstwaren und
seine Verwertbarkeit fiir die Nahrungs-
mittelkontrolle. 1
Erttc Abt. Orig. Bd. 65.
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Heft 7.
34
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580
Centralbl. f. Bakt. etc. I. AbL Originale. Bd. 55. Heft 7.
Konew, D., Prazipitationsreaktion als dia-
gnostische Methode beim Rotze. Vor-
laufige Mitteilung. 251
Korssak, D. W. 8. YakimofT, W. L.
Leon, N., Un nouveau cas de Diplogono-
porus Brauni. 23
Levy, M., Ueber die Fiirbung der Tubcrkel-
bacillen nach Gasis. 253
Lindner, K., Zur Fiirbung der Prowazek-
echen Einschlfisse. 429
v. Linstow, Pseudalius ovatus n. sp. 133
Livierato, Spiro, Die Magensaft-Anaphy-
laxie. Anwendung derselben zur Dia¬
gnose des Magenkrebses. 510
Ldsener, Beitrage zur Aetiologie der Ba-
cillenruhr. 257
Liiwenstein, Ernst s. Sticker, Anton.
Masay, F. s. Jacquc, L.
Mironescu, T. s. Babes, V.
Miiller, Ed., Ueber Wechselbeziehungen in
der Agglutination zwischen Bacterium
coli und typhi. 174
Miiller, Paiil Th., Bemerkungen zu der
Arbeit von Dennemark: Die Gruber-
Widalsche Reaktion bei klinisch Gesun-
den in der Umgcbung Typhuskranker.
334
Negri, A., Beobachtungen fiber Sarko-
sporidien. III. Mitteilung. 373
Panayotatou, A. a. Crendiropoulo, M.
Poppe, Kart, Ein einfacher Schfittel-
apparat. 527
Prcdtjetschensky, W., Zur Frage fiber den
Flecktyphuserreger. 212
Preisz, Hugo, Zur Frage der Schutzwirkung
der Kapseln beim Milzbrandbacillus. 503
Pricolo, Antonio, Recherches exptfrimen tales
sur le streptocoque de la gourme. 352
Riilii, K., Quecksilber und Akne. Beitrag
zur Aetiologie der Acne vulgaris. Vor-
laufige Mitteilung. 223
Sanglorgi, Giuseppe, Ueber einen eigen-
artigen, bei einigen Mikrobien durch die
Tusche dargestellten Baubefund. 94
Saul, E., Erwiderung an Herrn Prof,
v. Hansemann. [Betr. Aetiologie und
Biologie der Tumoren.] 18
—, Untersuchungen fiber Beziehungen der
Acari zur Geschwulstatiologie. 15
Sclunidt, Ueber die bakterizide Wirkung
einiger VVasserstoffsuperoxydpraparate.
327
Seibold, Ernst, Ueber den Keimgehalt
unter aseptischen Kautelen gewonnener
Milch und dessen Bedeutung ffir die
Praxis. 301
Selenew, J. F., Zur Biologie meines In-
fusoriums; seine Anwesenheit im Pro-
statasekret. 497
Sievert, Fritz, Ueber Formalin-Bakterien-
aufschwemmungen. 81
Solieri, Sante, Ueber die Tetanusprophylaxe
mittels der praventiven Injektion von
antitoxischem Serum. 141
Southard, E. E. s. Gay, F. P.
Sticker, Antou und Lowensteln, Ernst,
Ueber Lymphosarkomatose, Lympho-
matose und Tuberkulose. Ein experi-
menteller Beitrag. 267
Strubell und Felber, Nachtrag zu der
Arbeit: „ Ueber den tuberkulo-opsonischen
Index beim Menschen und beim Rind. 4
72
Vay, Franz X., Studien fiber die Struktur-
verhaltnisse von Bakterien mit Hilfe von
farbehaltigen Nahrboden. 193
—, Kann der im Pestserum enthaltene
Ambozeptor durch Rehandeln des Serums
mit Pestbacillen aus diesem entfernt
werden ? 384
YakimofT, W. L., Kohl-Yakimoff, Nina
und Korssak, D. W., Hamatoparasito-
logische Notizen. 370
Zamorani s. Ghedinl, G.
II. Sachverzelclinis.
Abszefi, Biologie. 108
Acari und Geschwfilste. 15
Agglutination s. a. Agglutinine.
— des Bac. typhi. 174. 334. 418
-(Widal) bei klinisch Gesunden.
334
— des Bact. coli. 174
— mittels Formalin - Bakterienaufschwem-
mungen. 81
— durch Harn. 295
— des Streptococcus der Druse. 355
— der Streptokokken. 61
— des Vibrio cholerae, Wirkung des
Wassers 17C
Agglutinine s. a. Agglutination.
—, Aviditat bei Typhus abdominalis. 335
und Bokteriotropine, IdentitaL 62
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Agglutinine und Opsonine, IdentitaL 62
Aggressine des Streptococcus der Druse.
357
Akne vulgaris, Aetiologie. 223
-, Benandlung mit Quecksilber. 223
Alkalifestigkeit des Bac. tuberculosis. 253
Ambozeptor im Pestserum, Entfernung
durch Behandlung des Serums mit Pest-
bacillen. 384
Anaemia splenica infantum, durch Leish-
mania infantum verursacht. 494
Anamie, Milz- s. Anaemia splenica infan¬
tum.
—, Protozoen, Rolle bei derselben. 19
Anaeroben s. Bakterien, anaerobe.
Anaphylaxie s. Ueberempfindlichkeit.
Antagonismus bei Bakterien. 476
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Register.
531
Antiformin zum Tuberkelbacillennachweise.
91
Antipestserum, Komplementbindung. 188
Apparat, Schiittel-. 527
Appendicitis, durch Anaeroben verursacht.
97
Arsenophenylglyzin, Behandlung der Try¬
panosomiasis. 520
Auge, Trachom. 429
Auxilium medici, Wirkung auf Bakterien.
332
Aviditat der Agglutinine bei Typhus ab-
dominalis. 335
Bacillus anthracis, Agglutination durch
Harn. 294
-, Kapsel, Schutzwirkung derselben.
503
-, tierischer, Widerstandsfiihigkeil. 503
-, Wirkung des Harnes. 284
-, — von Serum. 503
— botulinus, Untersuchungen. 340
— Bouab, Morphologie. 195
— coli s. a. Bacterium coli.
-, Morphologie. 195
-aerogenes, Vorkommen in Blut und
Cerebrospinalfliissigkeit. 121
-communis und Nervenveranderungen.
130
-. Vorkommen in der Cerebro-
spinalfliissigkeit. 122
— diphtheriae, Wirkung von Auxilium
medici. 332
-, — von Pergenol. 330
-, — von Perhydrol. 328
— mucosus capsulatus, Vorkommen in
Blut und Cerebrospinalfliissigkeit. 121
— paratyphi, Agglutination durch Harn.
294
-, Eiterung, Ursache derselben. 208
-, Fleischvergiftung, Ursache derselben.
1
-, Morphologie. 195
-, Osteomyelitis, Ursache derselben.
209
-, Vorkommen in Fleisch.
1
-, — in Wurst.
1
-, Wirkung des Harnes.
285
— pestis s. a. Pest.
-, Lebensdauer in Wanzen.
349
-, Morphologie.
195
— postumus n. sp., Faulnis, Rolle bei der-
selben.
341
-, Morphologie.
341
— proteus, Vorkommen in der
Cerebro-
spinalfliissigkeit.
121
— putrificus, Faulniserreger.
340
-, Kultur.
339
-, Sporen. 340
— pyocyaneus, Vorkommen in der Oerebro-
spinalflussigkeit. 121
—, Rotlauf- und Staphvlokokken, Anta-
gonismus. 476
—, — und Streptokokken, Antagonismus.
476
-, Virulenz in Mischkulturen. 464
- , — bei Sekundarinfektionen. 464
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Bacillus, Rotlauf-, Virulenz bei Umziich-
tung. 476
—, Smegma-, Differentialdiaguose vom Bac.
tuberculosis. 253
— subtilis, Vorkommen in Wurst. 6
— tetani s. a. Tetanus.
— —, Kultur. 339
— tuberculosis s. a. Tuberkulose.
-, Alkalifestigkeit. 253
-, Anreicherung durch Antiformin. 91
-, Differentialdiagnose. 253
-, — von Smegmabacillen. 253
-, Farbung. 91. 253
-, — differentialdiagnostische. 253
-menschlichcr Herkunft, Unterschied
gegen Rindertuberkelbacillen. 270
— —, Nachweis. 91
-derRinder, Unterschied gegen Tuber-
kelbacillen menschlichcr Herkunft. 270
-, Totung durch Erhitzung in der
Milch. 74. 78
-, Wirkung von Erhitzung. 74. 78
-, — der Temperatur. 74. 78
— typhi s. a. Typhus ahdominalis.
-, Agglutination. 174. 334. 418
-, — (Widal) bei klinisch Gesunden.
334
-, Anreicherung. 402
-, _ durch Galle. 422
-, Ausscheidung in der Galle. 341
-und Bact. coli, Wechselbeziehungen
der Agglutination. 174
-, Blutkultur. 422
— — in den Gallenwegen nachintravenoser
Injektion. 341
-, Morphologie. 195
-, Vorkommen in den Faeces. 411
— —, — Vorkommen im Harne. 407
-, Wirkung von Auxilium medici. 332
-, — von Pergenol. 330
-, — von Perhydrol. 328
-, — von Plasma. 138
— —, — von Serum. 138
Bacterium coli s. a. Bacillus coli.
-, Agglutination 174
— —, — durch Harn. 294
-und Bac. typhi, Wechselbeziehungen
der Agglutination. 174
-, Vorkommen in Wurst. 6
-, Wirkung des Harnes. 285
— tenue, Vorkommen im Blute. 122
Bar, Piroplasmose. 372
Bakterien, Agglutination. 81
— anaerobe, Anreicherung. 247
—, —, Appendicitis, Ursache derselben. 97
—, Isolierung. 247
—, Kullur. 247. 337
—, des Menschen. 97
—, pyamische Prozesse, Ursache der¬
selben. 97
Antagonismus. 476
Ausscheidung durch den Harn. 295
Bau. 94. 193
Durchgangigkeit der Nieren fur die-
selben. 295
—, Farbung. 91. 198. 253
34*
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532
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originale. Bd. 55. Heft 7.
Bakterien, Fiiulnis, Ursache derselben. 340
—, fusiforme, Ursache von Eiterungen. 102
— und Geisteskrankheiten. 117
Granula. 196
Kern. 200
Kornchen. 196
Kultur. 247. 337
Morphologie. 94. 193
Tuschevcrfahren. 94
Vorkommen im Blute. 117. 404
— in der Cerebrospinalflussigkeit. 117
— in den Faeces. 411
— im Fleische. 6
— im Harne. 407
— in der Milch. 301
— in Wurst. 6
Wachstum im Harne. 281
Wirkung von Auxilium medici. 332
— des Harnes. 281
— von Pergenol. 330
— von PerEydrol. 328
— von Serum. 138. 503
— der Temperatur. 74. 78
— von Wasserstoffsuperoxydpraparaten.
327
Bakteriotropine und Agglutinine, Identitat.
62
Bakterizidie durch Harn. 281
— durch Serum. 138. 503
— durch Wasserstoffsuperoxydpraparate.
327
Bauchfell s. Peritoneum.
Benzidin-Papier zum Blutnachweise. 218
Blut-Alkali-Agar als Elektivniihrboden fur
Choleravibnonen. 248
Blut, Anamie s. Anamie.
—, Bakterien in demselben. 117. 404
—, Nachweis im Verdauungskanal von
Parasiten. 218
—Parasiten. 19. 370
—, Protozoen in demselben. 19
Bothriocephalus latus, Vorkommen. 23
Cerebrospinalfliissigkeit, Bakterien in der¬
selben. 117
Cholera, Agglutination des V. cholerae.
156
—, Diagnose, bakteriologische. 156. 248
Cladothrix, menschenpathogene. 114
Cysticercus-Kapsel, Bau. 43
Darm, Appendicitis. 97
—, Milzbrand. 443
Delphinus tursio, Wirt von Pseudalius
ovatus. 133
Dermatocentor reticulatus, Uebertragung
der Piroplasmose. 372
Diphtheric s. Bacillus diphtheriae.
Diplogonoporus brauni, Beschreibung, Vor¬
kommen. 23
Druse-Streptococcus, Agglutination. 355
-, Aggressine. 357
-, hamolytische Wirkung. 355
-, kulturelle und morphologische Eigen -
schaften. 352
-, Lysine. 355
-, Pathogenitat. 353
-, Toxin. 359
Dysenteric s. Ruhr.
—, Psendo- s. Pseudodysenterie.
Echinococcus-Cystenfliissigkeit, Komple-
mentbindung. 238
-, Prazipitation. 237
-, Toxizitat. 234
-, Ueberempfindlichkeit gegeniiber der¬
selben. 49. 236
—Kapsel, Bau. 37
—, lokale Reaktion dee Tierkorpers (Ge-
websreaktionl. 30
—, Serumdiagnose. 234
Einschliisse Prowazeks, Farbung. 429
Eiterung, Aetiologie. 108. 208
—, durch Bac. paratyphi B verureacht. 208
—, durch fusiforme Bakterien verursacht.
102
Eiweifi-Faulnis, durch Bac. postumus ver¬
ursacht. 341
-, durch Bac. putrificus verursacht.
340
Elektivniihrboden fiir Vibrio cholerae. 248
Enten, Milzbrand-Immunitat. 459
—, Milzbrand-Infektion durch Futterung.
453
Erhitzung, Totung des Bac. tuberculosis.
74. 78
Faeces, Bac. typhi, Vorkommen. 411
—, Vibrio cholerae, Nachweis. 248
Farbung des Bac. tuberculosis. 91. 253
— der Bakterien. 91. 198. 253
— der Einschliisse Prowazeks (Trachom).
429
— der Trachomkorperchen. 429
Faulnis, EiweiS-, durch Bac. postumus
verursacht. 341
—, —, durch Bac. putrificus verursacht.
340
Finnen-Kapsel, Bau. 43
—, lokale Reaktion des Tierkorpers (Ge-
websreaktion). 30
Flecktyphus s. Typhus exanthematicus.
Fleisch, Bac. paratyphi in demselben. 1
—, Bakterien in demselben. 6
—Beschau, bakteriologische. 1
—Vergiftung, Bac. paratyphi als Ursache.
Formalin-Bakterienaufschwemmungen. 81
Galle zum Nachweise des Bac. typhi. 422
Gallenwege, Bac. typhi in denselben nach
intravenoser Injektion. 341
Gefliigel, Milzbrand-Immunitat. 459
—, Milzbrand-Infektion durch Futterung.
434
Geisteskrankheiten, Bakterienbefunde. 117
Geschwiilste. 267
—, Aetiologie. 15. 268
—, —, Rolle der Milben. 15
—, experimentelle. 267
Hamochromogen - Kristalle zum Blutnach¬
weise. 219
Hamolyse durch Leber. 525
— durch Streptococcus der Druse. 355
— durch Streptokokken. 139. 355
Ham, Agglutination des Bac. anthracis. 294
—, — des Bac. paratyphi. 294
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Register.
533
Ham, Agglutination des Bact. coli. 294
—, Bac. typhi, Vorkommen. 407
—, Bakterienausscheidungdurch denselben.
295
—, bakterizide Wirkung. 281
— als Nahrboden. 281
—, Wirkung auf Bakterien. 281
Haut, Akne vulgaris. 223
— Sporotrichose (Sporotrichum beurmanni).
361
Hiihner, Milzbrand-Immunitiit. 459
—, Milzbrand-lnfektion durch Fiitterung.
443
Hund, Lymphosarkomatose. 268
—, Sarkom. 268
—, Tuberkulose. 269
Hydatiden-Fliissigkeit, Komplementbin-
dung. 238
-, Prazipitation. 237
-, Toxizitat. 234
-, Ueberempfindlichkeit gegenuber der-
selben. 49. 236
immunisierung. 88
— gegen Druse. 356
— gegen Pest. 189. 393
— gegen Rotlauf, EinfluS der Misch- und
Bekundarinfektion. 477
— gegen Tetanus. 141
— gegen Trypanosomiasis. 519
— gegen Wut. 27. 154
Index, opsonischer, bei Tuberkulose. 72
—, —, bei Tuberkulose der Kinder. 72
—, tuberkulo-opsonischer beim Menschen
und Rinde. 72
Infusorium im Prostatasekret, Biologie. 497
—, Syphilis, Rolle bei derselben. 497
Kase-Milbe, Morphologie. 18
Kaninchen, Wutinfektion. 488
Kapsel, Bildung bei Bac. anthracis 503
Karbolsaure, Wirkung auf VVutvirus. 27
Kern der Bakterien. 200
Knochen, Osteomyelitis. 209
Korner, schwarze, bei einer Mykose. 108
Kdrperchen, Negrische, in den Speichel-
driisen bei Wut. 487
—, Trachom- s. Trachomkorperchen.
Kokken, Vorkommen in Wurst. 6
Komplementbindung zur Differentialdia-
gnose des Vibrio cholerae. 159
— mit Echinococcus-Cystenfliissigkeit. 238
— mit Pestimmunserum. 188
— bei Sporotrichose. 365
Konservicrung von Seris. 89
Krebs, Magen-, Diagnose mittels Magen-
saft-Anaphylaxie. 510
Leber, hamolytische Wirkung. 525
—, trypanozide Wirkung. 520
Leishmania infantum, Anaemia splenica in¬
fantum, Ursache derselben. 494
-, kulturelle und morphologische
Eigenschaften. 494
Leucm, Giftigkeit. 235
Leukozyten in der Milch. 310
Lymphdriisen, Lymphomatose. 268
—, Sarkomatose. 268
—, Tuberkulose. 267
Lymphomatose, Lymphosarkomatose und
Tuberkulose. 267
Lymphosarkomatose, Lymphomatose und
Tuherkulose. 267
Lysine des Streptococcus der Druse. 355
Mause, Pestinfektion. 349
—, Piroplasmose. 372
—, Trypanosoma korssaki n. sp. in den¬
selben. 370
—, Trypanosomiasis. 370
MagenKrebs, Diagnose mittels Magensaft-
Anaphylaxie. 510
Magensaft-Ueberempfindlichkeit. 510
Mallease zur Rotzdiagnose. 252
Mastitis, Streptokokken-, Milchuntersu-
chung bei derselben. 321
Meerschweinchen, Wutinfektion. 488
Micrococcus concentricus, Vorkommen in
der Cerebrospinalfliissigkeit. 122
Milben, Geschwiilste, Rolle in der Aetio-
logie. 15
—, Rase-, Morphologie. 18
Milch, aseptisch gewonnene,Keimgehalt. 301
—, Bakterien in derselben. 301
—, Bakteriengehalt aseptisch gewonnener.
301
—, Leukocyten in derselben. 310
—, Totung des Bac. tuberculosis in der¬
selben durch Erhitzung. 74. 78
Milz, trypanozide Wirkung. 520
Milzanamie, infantile s. Anaemia splenica
infantum.
Milz brand des Darmes. 443
— der Enten, Infektion durch Fiitterung.
453
— des Gefliigels, Infektion durch Fiitterung.
434
— der Hiihner, Iufektion durch Fiitterung.
443
-Immunitat des Gefliigels. 459
— der Tauben, Infektion durch Fiitterung.
456
Mischinfektion, EinfluS auf die Rotlauf-
immunisierung. 477
Mitagglutination. 185
Mus s. a. Mause, Ratten.
— decumanus, Infektion mit Barcocystis
muris. 373
Mykose mit schwarzen Korncrn. 108
Nahrboden, farbehaltige, fur Struktur-
studien. 193
Nahrungsmittel-Kontrolle. 1
Negrische Korperchen s. Korperchen,
Negrische.
Nervenkrankheiteh und Bakterien. 117
Netz, Tuberkulose. 269
Nieren, Durchgangigkeit fiir Bakterien. 295
—, trypanozide Wirkung. 520
Opsonine. 53
— und Agglutinine, Identitat. 62
—, Index bei Tuberkulose. 72
—,-der Kinder. 72
—, Streptokokken-. 53
Osteomyelitis, durch Bac. paratyphi B ver-
ursacht. 209
Parasiten, Blut-. 370
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534
Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 7.
Pergenol, Wirkung anf Bakterien. 330
Pernydrol, Wirkung auf Bakterien. 328
Peritoneum, Tuberkulose. 269
Pest s. a. Bacillus pestis.
—, Immunisierung. 189. 393
— -Immunserum-Ambozeptor, Entfernung
durch Behandlung des Serums mit Pest-
bacillen. 384
-, Komplementbindung. 188
— der Mause. 349
Pferde, Druse. 352
Phagozytose der Streptokokken. 53
Piroplasmose des Baren. 372
— der Mause. 372
-, Uebertragung durch Dermatocentor
reticulatus. 372
— der Renntiere. 372
— des Yacks. 372
Plasma, Wirkung auf Bac. typhi. 138
—, — auf Pneumokokken. 138
—, — auf Streptokokken. 138
Pneumococcus, Umziichtung. 140
—, Vorkommen im Blute. 121
—, Wirkung von Plasma. 138
—, — von Serum. 138
Prazipitation der Echinococcus-Fliissigkeit.
237
Prazipitation zur Rotzdiagnose. 251
Prostata-Sekret, Infusorium in demselben.
497
Protozoen im Blute bei Anaraie. 19
Pseudalius ovatus n. sp., Beschreibung,
Vorkommen. 133
Pseudodysenterie. 257
Pyamie, durch Anaeroben verursacht. 97
Quecksilber, Behandlung der Akne. 223
Ratten, Sarkosporidiose. 373
—, Trypanosomiasis. 520
—, Renutier, Piroplasmose. 372
Rinder, Mastitis. 321
—, tuberkulo-opsonischer Index. 72
—, Tuberkulose, tuberkulo-opsonischer
index. 72
liotlauf-Bacillus s. Bacillus, Rotlauf-.
—, Immunisierung, Einflufi der Misch- und
Sekundarinfektion. 477
Rotz, Diagnose mittels Mallease. 252
—, — mittels Prazipitation. 251
Ruhr, Aetiologie der in OstpreuSen vor-
kommenden. 257
—, baktericlle, Aetiologie. 257
—, Vorkommen in OstpeuSen. 257
Ruflland, Trypanosomiasis. 371
Sarcocystis muris, Entwickelung. 376
-, Infektion von Ratten. 373
-, Morphologie. 376
— •—, Sporoblasten. 376
Sarkom des Hundes. 268
— dor Lymphdriisen. 268
Sarkomatose, Lympho-. 268
Sarkosjjoridien, Beobachtungen. 373
Sarkosporidiose der Ratten. 373
Schuttelapparat. 527
Serum, bakterizide Wirkung. 138. 503
— -Behandlung s. Serumbenandlung.
— -Diagnose s. Serumdiagnose.
Serum, Konservierung. 89
—, Pest-, Entfernung des Ambozeptors
durch Behandlung des Serums mit Pest-
bacillen. 384
—, —, Komplementbindung. 188
Wirkung auf Bac. anthracis. 503
-typhi. 138
— auf Pneumokokken. 138
— uuf Streptokokken. 138
Serumbehandlung der Druse. 356
— der Pest. 189. 393
— des Rotlaufe6. 477
— des Tetanus. 141
Serumdiagnose. 81
— der Ecninococcus-Infektion. 234
— des Rotzes. 251
— des Typhus abdominalis. 334
Speichel bei Wut, Virulenz. 487
Speicheldriisen, Negrische Korperchen in
derselben bei Wut. 487
Sporotrichose der Haut, durch Sporotrichum
beurmanni verursacht. 361
—, Komplementbindung. 365
Sporotricnum beurmanni, Hautinfektion.
361
Staphylococcus s. a. Staphylokokken.
— pyogenes albus, Vorkommen in Blut-
und Uerebrospinalfliissigkeit. 122
— — aureus, Wirkung von Auxilium
medici. 332
-, — des Harnes. 289
-, — von Pergenol. 330
-, — von Pernydrol. 328
-cereus, Vorkommen in Blut und
Cerebrospinalfliissigkeit. 122
-citreus, Vorkommen in der Cere¬
brospinalflussigkeit. 122
-, Wirkung des Harnes. 289
Staphylokokken s. a. Staphylococcus.
— und Rotlaufbacillen, Actagonismus. 476
—, Vorkommen in der Milch. 310
Streptobacterium foetidum n. sp., kultu-
relle und morphologische Eigenschaftcn.
-, Pathogenitat fur Menschen. 433
Streptococcus s. a. Streptokokken.
—, Druse-, Agglutination. 355
—, —, Aggressine. 357
—, —, hamolytische Wirkung. 355
—, —, kulturelle und morphologische
Eigenschaften. 352
—, —, Lysine. 355
—, —, Pathogenitat 353
—, —, Toxin. 359
— equi s. Streptococcus, Druse-.
— lanceolatus s. Pneumococcus.
— mitior, Umziichtung. 139
— mucosus, Umziichtung. 140
— pyogenes, Wirkung von Auxilium
medici. 332
-, — von Pergenol. 330
-, — von Pernydrol. 328
Streptokokken s. a. Streptococcus.
—, Agglutination. 61
—, hamolytische Wirkung. 139. 355
—, Kultur. 135
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Register.
535
Streptokokken-Mastitis, Milchuntersuchung
bei derselben. 321
—, Opsonine. 53
—, Pnagozytose. 53
— und Plasma, Verhalten. 135
— und Rotlaufbacillen, Antagonismus. 476
—, Umzuchtung. 135
—, Vorkommen in Blut und Cerebrospinal -
fliissigkeit 121
—, - in der Milch. 322
—, Wirkung von Ham. 289
—, — von Plasma. 138
—, — von Serum. 138
Syphilis, Infusorium, Rolle bei derselben.
497
Tarsonemus canis, Morphologie. 18
— equi, Morphologie. 18
— hominis, Morphologie. 18
— muris, Morphologie. 18
Tauben, Milzbrandinfektion durch Fiitte-
rung. 456
Temperatur, Wirkung auf Bac. tuberculosis.
74. 78
Tetanus e. a. Bacillus tetani.
—, Immunisierung. 141
—, Prophylaxe mittels antitoxischen Se¬
rums. 141
Toxin der Echinococcus-Cystenflussigkeit.
234
— des Streptococcus der Druse. 359
Trachom, Einschlusse Prowazeks, Farbung
derselben. 429
—Kbrperchen, Farbung. 429
Trypanosoma brucei, Wirkung von Organen
(Leber, Milz, Niere). 519
— korssaki n. sp. bei Mausen. 370
-, Morphologie. 371
— lewisi, Verbreitung in RuBland. 371
Trypanosomen, Wirkung der Leber. 520
—, — der Milz 520
—, — der Nieren. 520
Trypanosomiasis. 370
—, Behandlung mit Arsenophenylglyzin.
520
—, Immunisierung. 519
— der Mause. 370
— der Ratten. 520
—, trypanozide Wirkung von Organen. 519
Tuberkulose s. a. Bacillus tuberculosis.
— des Hundes. 269
Tuberkulose, Lymphdriisen-. 267
— und Lymphomatose. 267
— und Lymphosarkomatose. 267
— des Netzes. 269
—, opsonischer Index. 72
— des Peritoneums. 269
—, Rinder-, opsonischer Index. 72
Tuscheverfahren, Verwendbarkeit. 94
Tyrosin, Giftigkeit. 235
Typhus abdominalis s. a. Bacillus typhi.
-, Agglutination (Widal) bei klinisch
Gesunden. 334
-, Aviditat der Agglutinine. 335
-, Diagnose mittels Agglutination. 334.
418
-, Diagnose, bakteriologische. 402
— exanthematicus, Erreger. 212
Ueberempfindlichkeit gegenuber Echino-
coccustliissigkeit. 49. 236
— durch helminthische Produkte. 49
— gegenuber Hydatidenfliissigkeit. 49, 236
— durch Magensaft. 510
Vibrio cholerae, Agglutinabilitatsanderuu-
gen durch Wasser. 156
-, Anreicherung. 248
-, — durch Blutalkaliagar. 249
-, Differentialdiagnose. 156
-, Komplementbindung zur Differen¬
tialdiagnose. 159
-, Nachweis in den Faeces. 248
-, Nahrboden, Elektiv-. 248
-, Veranderungeu im Wasser. 156
Wanzen, Pestbacillen, Lebensdauer in den-
selben. 349
Wasser, Vibrio cholerae, Veranderung und
Vorkommen in demselben. 156
Wasserstoffsuperoxyd - Praparate, bakteri-
zide Wirkung. 327
Wurst, Bac. paratyphi in derselben. 1
—, Bakterien in derselben. 6
Wut, Gefahrlichkeit der Pasteurschen Be¬
handlung. 154
—, Immunisierung. 27. 154
—, Kanincheninfektion. 488
—, Meerschweincheninfektion. 488
—, Negrische Korperchen in den Speichel-
driisen. 487
—, Speichelvirulenz. 487
—-ViruB, Wirkung von Karbolsaure. 27
Yack, Piroplasmose. 372
III. Verzelchnis der Abbildnngen.
AbszeB mit schwarzen Kornern [Mykosel. Bacillus prodigiosus, Bau. (Taf., Fig. 2.) 96
(Taf. I—III.) 116 — typhi, Bau. (Taf., Fig. 1; Taf., Fig. 9.)
Apparat, Schiittel-. 528 96. 208
Bacillus coli, Bau. (Taf., Fig. 10.) 208 Bakterien, anaerobe. (Taf. I, II.) 106
-ahnlicher, Bau. (Taf., Fig. 7.) 208 —, fusiforme. (Taf. I, II.) 106
— paratyphi B, Bau. (Taf., Fig. 1—3, Blut, Hamochromogenkristalle. 219
6, 8, 11.) 208 Blutflecke auf verrostetem Eisen. 219
— pestis, Bau. (Taf., Fig. 4, 5.) 208 Cysticercus-Kapsel, Bau. (Taf., Fig. 4.) 49
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Centralbl. f. Bakt. etc. I. Abt. Originate. Bd. 55. Heft 7.
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Diplogonoporus brauni, Anatomie. 24. 25
Echinococcus, Gewebsreaktion auf den-
selben. (Taf., Fig. 1—3.) 49
—Kapseln, Bau. (Taf., Fig. 1—3.) 49
Ei der Kasemiibe. (Taf. Ill, Fig. 9.) 18
Finnen, Gewebsreaktion auf dieselben.
(Taf., Fig. 4.) 49
—Kapseln, Bau. (Taf., Fig. 4.) 49
Hamochromogenkristalle. 219
Haut, Sporotrichose. 362. 366
Infusorium im Prostatasekret, Bau. (Taf.)
502
Kase-Milbe, Ei. (Taf. Ill, Fig. 9.) 18
-, Morphologie. (Taf. I, Fig. 1.) 18
Karzinom, Mause-, Extravasat. (Taf. Ill,
Fig. 10.) 18
Korner, schwarze, bei einer Mykose. (Taf. I
—III.) 116
Mause-Karzinom, Extravasat. (Taf. Ill,
Fig. 10.) 18
Milbe, Kase-, Ei. (Taf. Ill, Fig. 9.) 18
—, —, Morphologie. (Taf. I, Fig. 1.) 18
Mykose mit schwarztn Kornern. (Taf. I
—III.) 116
Netz, Tuberkulose. (Taf. II.) 268
Peritoneum, Sarkomatosis. (Taf. I.) 268
—, Tuberkulose. (Taf. III.) 268
Piroplasma des Yack, Morphologie. (Taf.,
Fig. 8.) 373
Protozoon bei Anamie. (Taf.) • 23
Pseudalius ovatus n. sp., Anatomie. 134
Rost, Eisen-. 219
Sarcocystis muris. (Taf.) 383
Sarkomatosis peritonei. (Taf. I.) 268
Schiittel-Apparat. 528
Sporotrichose der Haut. 362. 366
Sporotrichum beurmanni. (Taf.) 370
Tarsonemus canis, Morphologie. (Taf. II,
Fig. 6.) 18
— equi, Morphologie. (Taf. Ill, Fig. 7, 8.)
18
— hominis, Morphologie. (Taf. I, Fig. 2,
Taf. II, Fig. 3.) 18
— muris, Morphologie. (Taf. II, Fig. 4
u. 5.) 18
Trachom, EinschluS, Prowazekscher. (Taf.)
431. 432
Trypanosoma der Feldmaus, Morphologie.
sp., Morphologie.
(Taf., Fig. 1.)
— korssaki n.
Fig. 2—7.)
Tuberkulose des Netzes. (Taf. II.)
— des Peritoneum. (Taf. III.)
73
(Taf.,
373
268
268
Typhus exanthematicus, Erreger. (Taf.) 214
Frnmmannachc liuchdtuckorel (Hermann Pohle) In Jena — 3778
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