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Full text of "Christian Friedrich Daniel Schubart in seinem Leben und seinen Werken"

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H37 





ml litjulittrt 



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feinem SeBeit itnb feinen ^ttltn 



»Ott 



0lw|lait llaxiff- 



Sit füri1)ten i|t ba« ;$]:^i)n£, baa 3Ffictrsf Iid)r, 

Ä>t« «ine Jlamtn«, btB fö fftt:tliüf nüi^f, 

;9ö Iau0« JlK auf bBiiwm J^Tixtt brsnnf , 

^Sti lang ^n bir oon sinsr Jaxfcel Isml^tef, 

3B>iK ^olb ! mtt mag, rotr ftann |Ib ba enfb^^rBn ? 

Hnb fri^f ^t nngrtffütrtt xxm ^ii} fßx^ 

W\t Kl«nb ftann |Ib ntarfr«tt ! 

(Sott^e im ^ei]Jo, 



•>*<« 



^ t u 1 1 g ö r t. 

a5ru(f unb SJerlag öou SB. So^I^atntner. 

1885. 



1^0rhr0rt 



SDJctncr l^iftorifd)'frit{fd^en ausgäbe t)on ©d^ubarts ©ebid^tcn 
(1821—24 bcr 3icclamfc^en Uniüerfalbibliot^cf) folgt ^icr bic crftc 
öottftänbigc unb fritifd^c Strbett über ©d^ubartj^ Scben, S^avafter 
unb SBcrfe. 

@rft burd^ bic öon ©trau§ unb Slnbcrcn, namcntlid^ fiappcn* 
bcrg üctöffentlid^ten ©riefe üou unb an ©d^ubart ift eine öott* 
ftänbigc Strbeit biefer ?lrt möglid^ getüorben. SBaö ®trau§, 
befonbcrS bei ber ©d^ilberung beS Äufentl^alt^ in Geislingen, 
nid^t getl^an \)ai, ift l^ier gefd^e^en; ©d^ubarts fiebeniBbefd^reibung 
mit bcr 5i>T^tfe^ung üon feinem ©o^ne unb bie ©riefe pnb in 
einanbcr üerflöfet. Äufeerbem ift nid^ts S8ebeutenbe§, maS bie am 
@d^Iu| t)on mir angeführte ©d^ubartlitteratur entl^ält, öon mir 
fibergangen tt)orben. 

^6) tüottte juerft nur fritifd^e ©tubien über ©d^ubart fd^rei* 
ben unb barin nad^tüeifen, tüie unfritifd^ unb jum 2:eil ungered^t 
bidl^er über i^n geurteilt tt)orben ift. Unter ber ^anb erweiterte 
fid^ ber ^lan ju einer üottftänbigen SebenSbefd^reibung. SBenn 
in biefer bie urfprünglid^ öor^errfd^enbe fritifd^e ©etrad^tung ju* 
weilen nod) l^erüorftid^t, fo wirbbod^ ber Sefer bemerfen, ha^ 
bie Sritif baju bient, ein ©efamtbilb ©d^ubartiB mit beftimmten 
(Snbergebniffen §u liefern. 



H37 



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lliristo IrifMil IttnM lilinW 



7 ^ ^ 7 



tn 



feinem SeBen nnb feinen Getuen 



Don 



0iu|lait l|auff* 



J^D langB |lß auf b«inBin 'J^txtt brtnnf , 

;5ö lang JVb blr »on Bitwr Jaxfal lemi^tef, 

MxTt ^olb! JOBt mag, WKr kann ^t ba enJbB^rBn? 

Hnb fri^f J\k ungBl^ütet um llt^ F^r, 

Wxt tltntt ftann |Ib ntarfmt ! 

OBntüjB im Cajfo. 



•>***- 



$ t u 1 1 g ö r t 
5E)ru(f unb aSerlag öou 933. So^I^ammer. 

1885. 



2 Einleitung* 

gefc^riebene SBerf: „ßt)r. 3^r. 35. ®d)ubart^ Seben in feinen 
©riefen, ©efammelt, bearbeitet nnb herausgegeben öon !t). 3^r. 
©trauls. Sxüd Sbe. SBerlin 1849", ift nid^tS tüeniger, aU eine 
flaffifc^e, abfc^Iießenbe Scfirift. 2)a§ SBud) beftic^t burd) leidite 
nnb gefäffige 2)arftenung, ift aber in tüid)tigen ?ßunften ganj 
nngrünblid^. 9?amentlic^ fommt ber ^ritifer ©d^ubart burd)au§ 
nid|t äu feinem 9?ed)t. — !Da§ befte ÜDenfmal eines ©d^riftfteHerS 
ift eine regelred^te StuSgabe feiner SBerfe. Stber gerabe ba fe^lts. 
aSon feinen ©ebid^ten ift bie erfte ]^iftorifd^*fritifd)e SluSgabe bie 
öon mir üeranftaltete unb 1884 als S:^eil ber 3?eclamfd)en llni=^ 
öerfalbiblioti^ef erfd^ienene; bie jtüci früheren ?(uSgaben, bie fj^anf^^ 
furter (1825 unb 1829) nnb bie ©d^eible'fd^e (1839) mUtn na^ 
ber ?(ngabe beS 2:itels fämtlid^e ©ebid^te geben, laffen aber 
mand^e ber gelungenften meg ; in ber ©d^eible'fd^en SluSgabe fud)t 
man fogar baS taplieb vergebens. Stußerbem laffen Slnorbnnng 
unb S^ejt beiber SluSgaben fe^r öiel ju wilufdien übrig, ©d^ubart^ 
©elbftbiograp^ie mit ber 3^ortfe^ung öon feinem ©o^ne Submig 
mad^t baS erfte nnb jmeite SBänbdfjen ber ©d^eiblc'fd^en SluSgabe 
aus unb ift leiber nid^t als befonbereS Sud) ju i^aben. Qn ber 
SBibliot^ef ber beutfd^en 9iationalIitteratur beS 18. unb 19. ^a^x^ 
l^unberS, bie bei ^. S9[. SBrodfl^auS in Seipjig erfd^eint, finbet man 
Flamen öon aJiännern, bie bem genialen ©dfjubart nid^t baS fflSaffer 
reichen, SBIumauer, ^Ut\), äßufäuS ; t)on ©d^ubart ift nid^ts auf ^ 
genommen unb mirb mol^l aud^ nie etwas aufgenommen tt)erben. 
Sl^er barf man fid) ber Hoffnung l^ingeben, baß unter ben litterari* 
fd)en 35enfmälern beS 18. ^at)t^vinhtxi§ , hk bei ^enninger in 
^eilbronn erfdfjeinen, ©d^ubarts SBiograp^ie unb StuSjüge aus ber 
beutfd^en E^ronit bie gebill^renbe ©teile einnehmen werben, äßeiner 
]^iftortfd^*fritifd^en 3(uSgabe t)on ©d)ubartS ®ebid^ten f)abt iä) eine 
S3iograpl)ie beS üDid^terS öorangeftettt, bereu Slnbeutungen unb 
furje SBefpred^ung mel^rerer ?ßunfte in ©d)ubarts Seben id) in 
ber nun folgenben ©rörterung weiter auszuführen gebcnfe. 



I. Dberfontl^eim unb 2lalen. 



I. 

1739— 1753, 

®^on Über bie Qext t)on ®d)ubart§ ®eburt lauten 
bie eingaben Derfdjiebcn. ^aä) Sönig unb ääerner ^a\)n in iljren 
Shtetaturgefc!^td|ten, fott)ie nad^ ber {)iftorifd^=fritij'd^en ©d^iüerauS* 
gäbe (1, 879) ift Sdfjubart am 22. 5Wot)ember 1743 geboren. 
3)te?e jalfd^e Eingabe, bie fid^ l^äufig finbet, ftammt t)on ber Sleufee* 
rung ©d^ubart^ in einem 83rief an feinen ©ruber, ben ®tabt* 
fc^reibcT in Stalen, öom 5. Dftober 1783: „SBruber, fo fatt l^at 
fein lOOjäl^riger ®reiö gelebt, ate id^ 40]äl)riger ©lenber." Mein 
— 40 ift ^xer einerunbe Sdf)l; in ber trüben Stimmung, in ber 
bicfer SBrief gefd)rieben ift, fe|t ©d^ubart feinem Älter ein paar 
^aljre gu. ©d^ubart felbft nennt in feiner ©elbftbiograp^ie ben 
26. ajlörj 1739. «bfc^Iiefeenb bemerft ^reffel in feinem S8üd)Icin: 
„©(^ubart in Ulm", ba§ nad^ bem ©eburtjJregifter öon Dber* 
font^cim ©d^ubart ben 24. awärj 1739 5Wad^mittagg 3 Ui^r geboren 
tDurbe. ©dfiubart üertoed^felte üielleidfit ®eburtjJtag unb J^auftag. 
Auf bief e^ . Se^tere ift nun wenig ®mxä)t gu legen. "äU fein 
aiufnome wirb oft, g. SB. t)on 2Beber in feiner ffl3eltgefd)id|te XII, 
954 unb XIII, 639 5)aniel genannt; ba§ er aber Eljriftian ge:= 
rufen würbe, fie^t man au§ feiner öon i^m felbft oerfafeten SebenS^^ 
befd^reibung I, 15 unb 257, femer auö feiner Unterfd)rift in 
©riefen an feinen SBniber (©traufe I, 329 unb 331) unb an feine 
ÜRutter (©trau§ II, 95). SBaö feine ©tamme^Jange^örig* 
feit betrifft, fo l^at ©d&ubort fid^ überall gu ben ©c^waben 
gercd^net. 3)amit ^ngt gufammen, ba§ @d)ubart in gwei ®ebid^* 
tcn, im ©d&wabenlieb (©, 143) unb im beutfd^en ^roüingialwert 
(S. 145), bie ©c^waben alö fräftige, biebere unb gang befonberi^ 
§crjtge Seute gepriefen unb in bem ©ebid^t „ha^ ©dfiwaben* 
mäb^en" (©. 450) ben S:öd|tern biefeö SanbeiB wegen iljrer ©in^ 
fQlt unb |)erglid^feit ben SSorgug oor ben ©ad^fenmäbd)en gegeben 
iat. ©dtiled^t ftimmt bamit fretlid^ baö ®ebidf|t „an bie ©d&waben" 



4 I. Slden, 

(@. 143), tüorhi er feine Sanb^Ieute tuegeu i^rer SBeidjIid^feit, 
9)iauierirt^eit, t^rer gefetlfi^aftlid^en 3lbgef(i^Ioffenl)ett unb Wlanh 
faul()eit tabelt. J)aö ®ebi^t ift öom Öal)r 1775, tüo ©d^ubart fid^ 
in Ulm anfl)ielt. Die SBeobad^tnng be§ fteifen, grat)itätifd):=reid)g== 
ftäbtifdien SBefen^, ba^ i^m in Ulm neben großer Ungejwnngen- 
I)eit unb Sebenbigfeit beö gefettigen 23erfe^rö ^ie unb ba begegnete, 
f(f)eint it)n baju üeranla^t ju Ijaben. ^n ber beutfd^en S^ronif 
1774, ®. 339, nennt (Bä)nhatt Sd^tüaben fein SSatertanb, nimmt 
fid) beffetben gegen ba§ 3(n§tanb lebhaft an unb betradjtet e§ 
fogar aU eine trcfftid)e trieg^fd^ute. @r fprid^t l^ier t)on biefem 
Sanb in einem S^onc, mit e§ nur einem eingc^eifd)ten SBürttem^ 
berger möglid) ift. ?(botf 9Bo^tmitt in feinem trcfflid^en Sluffa^: 
„Beiträge jnr Senntni^ S^r. ^v. 5). @d)nbart^" (iui 6. SBanb 
üon ©d^norr^ t)on Sarotöfelb Strd^it) für Sitteraturgefd^id^te, 1877) 
erfennt at§ 9)tomente für Sc^ubartS fd)tt)äbifd^e Sfiationalitöt an 
ben bialeftifdien ?(nflang feiner ©prad^e, baö Io!aI:=patriotifd^e 
©lement, in bem er fid^ fo gern ben^egte, fein Stufmac^fen in bem 
ed|t fc^wäbifd^en 3laten, äute|t feinen beinahe leben^tänglid^en 3luf= 
entl)att in biefem Sanbe, über bcffen ®renjen er nur öorüber^ 
ge^enb l)inau^fam. ?tt§ SBeif^iele für ben bialeftifdien 3lnflang 
feiner ®^)rad^e nennen mx mehrere Sieber im SJottetone, mie ha^ 
f^tüäbifd^e »auernlieb (®. 443) unb SifelS Srauttieb (®. 444) ; 
ben @(^tt)abenreim „ergrimmte" unb „JJrembe" in bem ©ebid^t: 
„©er ©d^neiber auf Steifen" (©. 341) unb bie Änmerfung jur 
„^rofc^friti!" (©. 363): „3Rit ©unft, \i)x au^tüärtigen ©prad^^ 
tüarbeinö, tüenn 'n e^rlid^er ©d^wab audf) feine ^Proöinjialiömen 
(^ier @ofd| = 3)?aul) an 9)Zann ju bringen fud)t." 9(c^nlid^ 
erjä^tt Sart :$^utiu^ SBeber, ber SJerfaffer be§ ©emofrit, ate er 
tu jungen ^af)un nad) ®enf reifte, um ^rinjencräie^er ju merben, 
i)aht er auf ber 35urd^reife burd^ Subtüigöburg ben ©id^ter ©d^ubart 
fennen gelernt unb biefem tion feinem 25or^aben gefagt, morauf 
@d)ubart \\)m mit fd^n)äbifd)er ©erbl^eit erwiberte: Slber pren 
©ic, baju finb ©ie nod^ t) erfindet jung (ögl. §:, @. tetter^ 
beutfd)en Stntibarbaruö ©. 20). 35effenungead^tet modele 3öoI)t== 
tt)itt unfern ©d^ubart el^er ju ben 3^ran!en red^nen unb fü^rt bafür 
fotgenbe ®rünbe an: 1) J)a§ Sanb, t)on bem alte ©diubart ftam= 



I. 2lalcn. 



imn, ift bic Saufig. 2) !Die Stabt feiner 3?orja{)rcn ift ^iürn^^ 

berg; fein iPatcr ift 1711 in 3tItborf geboren; beffen 23ater ftammt 

efienfaKö t)on 3lItborf. 3) 3KütterIid^erfeit§ ftammt er wn ®ulj- 

bad^ am Sod^er, im fränfifdjen ^eife, beffen Seoölferung fdimäbifd^ 

unb fränfifd) tt)ar. 4) ©ein lebl^afte^, unrn^igeg, jur münblid)en 

SDJitteiInng brängenbeö, überfprubelnbeö SJBefen ift ei^er fränfifc^ 

afe fd^mäbifd^. 2Bag nnn ben legten ^un!t betrifft, fo gibt e§ 

genug ©d^n?aben üon unrul^igem, lebhaftem STemperament. SSon 

ben fieben fd^mäbifd^en I)id)tern, bie ^ermann 5^fci)er in feinem 

$rad)ttt)erf: fieben (Sd)tt)aben (1879) fc^ilbert, maren ®d|iöer, 

§auff, Qü^xoab Iebl)aften Jemperament^ , ju münblid)er Unter^ 

(jaltung geneigt, Sil^elm ^auff fogar ein SJieifter in ber Sunft 

münblic^er (ärjä^Iung; Sernerg gaftfreunblid^e ^wt^ulid^f eit , unb 

l)erägett)innenbe ^reunblid)!eit ift befannt; Urlaub unb äWörifc 

njaren et)er in fid^ gefe^rt, fd^meigfam unb öerf d^loff en ; njar aber 

einmal baö @i^ gebro^en, fo fto§ ber ©trom ii)Xtx 9lebe jum 

iBertt)uiibern reid^Iic^. J)arum ^at.^, ^ifd^er in bem genannten 

Serf ©d^ubart mit Siedet ju ben fd^iDäbifc^en J)id^tern gered^net 

unb it)m feine ®teQe unmittelbar nad^ ©dritter angemiefen. aSBir 

fönncu aber nod^ einen älteren J)ic^ter unb ^^ilologen nennen, 

ben ©d^ubart mit 9ted^t ben Sruber feinet ®eifteö nennt, einen 

^JoHblutfd^n^aben, eö ift ber unrul^ige, ftürmifdfje, migige 5Wifobe* 

mu§ 5rifd)lin (ügl. ba§ fd^öne ®ebid|t: grifdfjlin 9leclam ©. 76). 

Sd^ubartö |)ang ju ©ftremen, feine tl^eofopl^ifd^e Slber, ber ftarfe 

3ufag t)on aWeland^olie ju feinem freilid^ übermiegenb fanguini^' 

jd)en Sentperament laffen il^n el|cr alg ©d^ujaben, benn ate 

^raufen erfd^einen. (Saug befonberö aber ift feine gutmütige 3lrg== 

lüfigfeit, fein optimiftifd)e§ 3^^^^^^ i^ ^^^ aWenfd^en, feine namen^ 

lofe Unüorfidfitigfeit bo^ gerabe ®egent^eil beö Überlegenben, fd^lau 

beredfinenben, tiorfid^tig ermägenben fränfifd)en SBefenö. — 3Benn 

nun weiter 2öo^ltt)ill bie Slbftammung ber ©d^ubarte an^ ber 

iJaufig betont, fo ge^t er ^ier offenbar ju meit jurüdE unb fül^rt 

ein ÜWomcnt an, bag meber für bie f d^tt)äbif d^e , nod^ für bie 

fränfifd^e Slationalität ©d^ubarts entfd^eibet. Uebrigen^ begegnet 

un§ merfwürbigerweife im Seben eines ®eiftejSt)ertoanbten ©d^u= 

bartö, be§ t)on i^m in einem ©pigramm unb ber Slnmerhmg baju 



6 1. Stalcn. 

(3?cdam ©. 215) gcfdjtlbertcn ©d^Icfier^ ©untrer, ein ©djubart, 
nad^ 9}ertl)oIb Stgmann in bcr Slu^gabe üon @üntt|crg ©ebid^ten 
hti SRccIam ©. 18 ein abentenerlidiet , fangninifd^cr Slametab, 
g^rennb eineö gnten SErnnfö nnb frö^Iid^er ©efeltfd^aft; et tooUU 
feinen Uniöerfität^freunb ®üntl^er bewegen, fid^ in Sauban, ©d^u^ 
bart§ ®ebutt§* nnb ©o^nort, alö ^trjt nieberjnlaff en , aber bet 
?ßlan mijsglüdEte. Ob nnfereö ©d^nbatt^ äÄntter eine ©d^wäbin 
ober eine fjränfin war, wiffen wir nid^t; jebenfate, wenn wir 
and^ SBo^IwiH jo üiel jngeben, ba§ ©d^nbart fein rein fd^wäbi== 
fd^eö, fonbern fel)r öiel fränfifd^eg SBlnt in ben Äbern ^atte, fo 
entfd)eibet bod^ bei ber ^'rage nad^ ber 9?ationaIität nid^t allein 
bie Slbfnnft ber SItern, fonbern and^, nnb oft nod^ me^r, ©ebnrt^* 
ort nnb Slnfent^It; fonft fönnte ©d^ottlanb ben ^^ilofop^en 
Sant für fid^ anfpred)en nnb 9?a:poIeon ber @rfte wäre lebiglid^ 
ein Sorfe. 

©d^nbart fant fd^on aU ©ängling, ein i^a^r nad^ feiner 
@ebnrt, nad^ Slalen, wo^in fein 3?ater afe ^räjeptor nnb 9Knfif^ 
bireftor bernfen wnrbe. ©d^on nad^ öier ;3fa^ren (1744) öer* 
tanfd^te er biefe ©teile mit bem Diafonat. ^nbeffen ift baö ^an^^ 
in bem ©d^nbart anfwnd^g, nid^t ba§ jefeigc, nid^t einmal ba^ 
frühere S)iafonatl^an§. 35a§ ©d^nbart^anö fte^t t)ielmel)r in einer 
©adEgaffe, in ber S'iä^e ber ©tabtfird^e. @§ biente längere 3^it 
ber SRebaftion be§ Slalener 9(mt§blatt§ unb wirb gegenwärtig öon 
einem e^rfamen ©trumpfweber (Elanjs) bewol)nt. — Gegenwärtig 
wirb eine nad^ ©d^nbart benannte ©trajse, beim je^igen Diafonat- 
i)au^ üon ber .^anptftrafee ablenfenb, angelegt. 

^n biefer ©tabt, bie er in feiner ©eIbftbiograpl)ie mit großer 
SJorliebe fd^ilbert, verlebte ©d)nbart feine i^fngenbäeit big jnm 
Abgang anf frembe ©d^nlen 1753. |)änfig fe^rte er inö elter:= 
Ud^e ^an§ jurüdE, befonberö anf längere 3^* nad^ feinem Abgang 
öon ber ^odifd^nle, nnb gewife blieb biefe ©tabt nid^t ol^ne @in^ 
ftn§ anf feine SntwidEInng. @r, ber anögejeid^nete SÄnfifer, rütimt 
anöbrüdEIid^ an 3talen§ ©inwol^nern öorjüglid^eS ©efd^idE nnb Snft 
jnr äJhifif, er fpridjt gern oon il^rer fnod^enfeften Sörperftärfe, 
i^rer ©infalt nnb Sren^erjigfeit , i^rer bonnernben 9Jinnbart. 
fiegtere ift ben äd^ten Stalenern hx§ auf biefen 2^ag geblieben. 



I. )liaiau 7 

Seinen ©inn für btc aOiufif, für bte ©d^ön^eit ber Siatur, fein 
üftbeutfd^ bicbereig ffiefcn unb feinen e^rltc^en Sieberton leitet er 
t)on feinem ?lufentl^alt in äalen ab. Slalen aber füllte fid^ nid^t 
weniger burd^ ben 9iul^m feinet ©dinbart qtz^xt unb ücrwenbete 
fi(^ aud^ — freilid^ erfoIgloiS — für il^n nad^ feiner fc^änblid^en 
©nferferiuig. 5eftlidt)c 2(ufna^me mürbe bem I)id^ter unb ^a* 
trioten bei einem SBefud^e 1787 ju Jeil unb er wünfd^t feinem 
?[alen „mir fo unauj^f^jred^Iid^ tl)euer: üDeutfd^^eit, reblid^er ©inn, 
f(^tt)äbifd|e ^erglid)feit, rebfelige ßaune, unfd^ulbigcr ©c^erj feien 
immer mie bi^^er bein Eigentum!" (am ®d)lu§ ber @rääl)lung: 
Simon t)on Slalen. ©d^eible 6, 99.) 

<Scin 3Sater ftarb im ^al)r 1774, feine 9)iutter begrüßte i^n 
als TSjätirige ®reifin bei feinem SBefud^ in Stalen 1787. ^n bem 
@ebidt)t „S)anf für bic ^arfe" ^at er bag Silb feinet SJateriS 
gegeidtinet; er fd^ilbert it|n aU einen fernl^aften, el^renf eften , jo* 
T)ialcn unb jur SBol^It^ätigfeit geneigten ajiann. ©einer aWutter 
rfi^mt er ©infalt unb ajiütterüd^feit nadt); bei bem ©ebid^t „ajiutter* 
^erj" i)at fie iljm offenbar Oörgefd^wcbt. g^reilid^ ruft fein ©o^n 
Subtoig am ©d^Iu§ feiner ©d)rift „©dt)ubart§ £t)arafter" anö: 
,,©d)abe, ba§ ©d)ubart feine beffere Srjie^ung ju Seil warb!" 
€benfo fd^reibt feine ®attin i^rem ©oI)n Subwig im Äuguft 1790 
nad^ einer langen Slage über il)reg ®atten june^menbe Unt^ätig* 
feit, 33erge§Iid)feit, ßaunenf^aftigfeit, feinen ^ang ju gelbfreffen* 
ben 2?ergnügungen, oft baju mit Seuten, bie il^m nid|t aufteilen: 
„Sommt bij^weilen ein Söube, ber gut ®Iäfer ausleeren fann, fo 
ift ber fein aJiann. Da« SReiftc fommt leiber öon feiner @rjie* 
^ung ^er unb oom Äfd^berg . . ." ^n liefern feine ©rjie^ung 
t)erfet)rt mar unb meldie 3^eI)Ier babei begangen fein bürften, gel)t 
auig ©dtiubarts ©d^riften nid)t ^eroor. $üian mödt)te gern an 
feinen Äufcntl^alt in 5WörbIingen unb Slürnberg benfen ; aHein ba^ 
SBort „©rjiel^ung" erinnert bod^ immerl^in an bie ©inroirfung ber 
Altern auf il^rc tinber in fittlid^ * refigiöfer ^infid^t. 3)ie mit* 
geteilten ©teilen machen ben ©inbrudf, ©d^ubarts üerfe^rte ©r* 
jie^ung l^abc in ber g^amifie ate feftfte^enbe JEljatfad^e gegolten. 
Jljomaj^ ©arl^le gibt im Stn^ng ju feinem Seben ©^ißeriS eine 
furje 35iograpI)ie ©d^ubarts unb fagt ©. 18: „35on Stnfang biiS 



8 I. 2(alen. 

äu @nbe toarcu tf)m bic Umftänbc entgegen ; feine ©rjie^nng war 
üerfc^lt, feine itotd^ nnb jiellofen aSJanbernngcn er^ö^ten nod^ 
bie Übeln 3^oIgen bcrfelben." 2)en S3ett)ei§ für bicfe Sel^an^jtnng 
bleibt ear(t)Ie fd^nlbig. tar( Kaffan, Se^rer ber üßittelfd^nle jn 
Sünebnrg, fagt in feinem SBerf : „Seffing, ®oetl^e nnb ©d)ubart 
©tnbien im Si^te ber ^äbagogif; Seipgig 1880" ®. 62, oI)ne 
feine Qnellen angngeben: „^m Übrigen l^ielt fid^ El)riftian nur 
^alb äur 3^friebenl^eit beiS forgfamen 3?ater^, bem baS überwies 
genb finnlid^e SEemperament be^ ©ol^neö, gepaart mit einer ge^ 
tt)iffen ®(eid^giltigfeit für fein tujsere^ nnb einer guten Portion 
S)erbl)eit, wie fie ben Seroo^nern feiner |)eimat eigentümlid) ift, 
fdjon je^t ©orgen bereitete. Seiber vergiftete bie unöorfid^ti^e 
^anblung^weife feine« erften Sel)rerS, 9iieber i\x Slalen, bie Seele 
be« wißbegierigen begabten Snaben, ber bei ber Ueberfefenng öon 
Döib nnb ©neton tiefer in bie tloafe ber fogenannten flaffifdien. 
Seit ^ineinf d^aute , aU er gefottt." Qn feiner ©elbftbiograp^ie 
fagt ©d^ubart, äuöfd^weifungen ber SBöItuft l^aben biefen ^rä= 
jeptor SRieber an ben Settelftab gebrad^t. !Die @rjiel)ung in ber 
©d^ule mu§ fd)Ied^t befteDt gewefen feifi. ©einen SSater fdjilbert 
©d^ubart ate ejemplarifdien SDlann nnb ödsten i^Jefu^jünger. 
Sürjer ift bie ©d^ilberung feiner üßutter. „Sinfalt nnb ÜKütter- 
lid^feit", baö ift bod) eine gar gu furge Sl^arafteriftif. „So^n'' 
i^r, ®ott, bie 2:^ränen, bie fie über mid^, i^ren Siebling (id^ 
üerbient' e« nie, i^r Siebling gn fein) ju S^anfenben I)ingoJ5." ©ie 
bet)orängte i^n alfo öor feinen ©efd^wiftern, nnb ba« war, wie 
©dfjubart felbft anbeutet, nid^t gut. ©daließen wir au^ Späterem 
auf S^rü^ereö, fo erää^lt ©d^ubart, nad) feiner ülüdHc^r oon @r^ 
langen fei ba§ 9)litleiben feiner 3Kutter über feine blaffe Ijagere 
©eftalt — benn feine ®efunbt|eit ^abt hnxä) Slnöfc^weifungen 
fe^r gelitten — ber Seftrafung feine« 33ater« unb feinen SBeängfti= 
gungen jui)orgefommen. 3ßöglid^, ba§ ©d^ubart in feiner 
©elbftbiograpl^ie , bie er fd^rieb ober üielmel^r biftirte, afe feine 
3)iutter nodfi am Seben war, au« jarter SRüdEfidit auf fie nid^t 
frei mit ber ©prad^e l^erauSging. 3SJir woHen bamit nid^t einen 
©tein auf ba« Slnbenfen biefer j^xaxx werfen; aber eine 2?er* 
mutung wirb erlaubt fein. 3^bem ift e« eine befannte ©rfa^mng. 



I. 5lalen. 9 

bü§ bcn ülteftcu unb ben jüugftcu Sinberu ftd) bie Siebe ber 
gltcru gauä bc^onberS jumenbet. 9?un war aber imfer E^riftian 
ber erfte ©of)u; ügl. bie Stelle tu bem fd^on ertüäl^nten JBrief 
Dom 8. 5Wot)eTnbcr 1787: „Sine 73iä^ri9e Üßutter, beinahe öor 
ßntgüdcn jiifammenfinfenb, ifiren fc^on f)iitgefd^ä^ten, taufenbmaf 
beweinten erften So^n lieber in ben 9(rmen jn ^aben. ,D 
Heber Sl^riftian, ba§ id^ bid) nnr lieber fel)e! — D nnn will 
id) gerne fterben!'" fagte bie e^rroiirbige SUte in einem 2^one, 

brin ba^ etnf ältigfte , jartefte üßntter^erj wiebcr^aHte. 

Alle n)einten, ba§ id^ fo t)iel anögeftanben ^atte. 9D?eine SD^ntter 
fdjlidf) um mid) ^erum nnb füjgte, ma§ fie öon mir er()afd)en 
fonnte." 

@tn jüngerer SBruber @d)nbart^, ßonrab, würbe nadfj^er 
®tabtfd)reiber in Äalen; ein anbrer, i^o^ann :J]^afob, nnfered 
®d)nbartö beftcr Iroft in geiftiger 3?ereinfamnng , t)on wo^ltl^ä* 
tigern ®influ§ anf i^n in ^inftdit auf ©itte unb Qnä)i, mar fein 
Jlad^folger in feiner ^auiSfe^rerfteHe ju SönigiSbronn, fpäter, al^ 
®d)ubgirt in ©ei^Iingen angeftellt mar, ^rotiifor ber fateinifd^en 
mtb bcutfd^en Sd^ute in ^Äalen unb bejammerte, mie Sd^ubart 
felbft erjäl^It, ben SBegäug feinet ©rubere nad^ Snbmigöburg, t)on 
bem t^m lauter Unheil a^nte. ^n Sfaten mürbe er (Strauß I, 
136) öon ^rägeptor 9?ieber, feinem SJorgefe^ten, gebrüdt. „35ein 
©d|ulmartt)rertum," fd^reibt i^m ©d^ubart, „ge^t mir ju ^erjen. 
Der ^räjeptor SRieber i)at einen S^rafter, mt 9lbramele(^ im 
Slopftod. 'ÄCe El^riftenmenfdien mi)gen fic^ t)or i^m I)üten." !Der 
®tabtfd()reiber (ebte nod) 1787, al§ @dt)ubart nad) feiner ®efangen^ 
fc^aft feine 23aterftabt befud)te. I)ag aber fein SBruber ^dob, 
ber if)m auc^ bem Sllter nad^ näfjer ftunb al§ Konrab, frü^ ftarb, 
tüar gemife ein UnglüdE für Sd^nbart. ?iod^ 1769 ermal)nte er 
feinen älteren SBruber, beffen ©d^mäd^en er mo^I fannte, jur SJor- 
jtd^t, ^f{id()ttreue , ^Religion unb Sf)riftentum. 3?on feinen jmei 
©dimeftcrn heiratete ij^uliane ben 9fteftor ^ödf) in ©jglingen, 
fpiiter Slrd^ibiafonmS in ?iörbfingen, bie anbere, Qafobine, ben 
Diafonnö, fpäteren ©tabtpfarrer ^üt)er in Stalen. 

^n feiner erften Sinbl)eit galt ©d^ubart für bumm unb 
f^läfrig; in feinem fiebenten ^([i)v fonnte er meber lefen, nod) 



10 I. 2(alcn. 

fc^reibcu ; aber plö^Itd^ fpvang btc 9iinbc unb in furjer 3^it ^attc 
er alte feine a)litfd)ü(er übcrl^olt. „©onberlid^," ergä^It er felbft, 
„äußerte fid^ in mir ein fo glüdlid^eg mnfifalifd^eö @enie, bag 
iä) einer ber größten 9D?nfifer geworben wäre, wenn id^ biefem 
5Watur^ange attein gefolgt l^ätte." 9i. ^rn| in feinem 2(nffa^ 
über ©d^ubart, ber fid^ in feinem SBnd^: „SÄenfd^en unb Söüd^er," 
Seipgig 1862, ©. 167—266 finbet. wirb wo^I red^t ^aben, roznn 
er bie S0iufif afe bie Üßad^t betradjtet, u)e(d)e bie SRinbe öon 
Sd^ubartjg ®eift fprengte. ©d^ubartö 3Sater mar „biö an§ @nbe 
feinet Sebenig 33eret|rer unb S^örberer ber lonfunft, unb fein |)auö 
mar — fonberlid^ in feinen jüngeren ^al^ren — ein beftänbiger 
Äongertfaal, barin ®l)oräle, 3Jiotetten, Sllaüierfonatcn unb 35olf^* 
lieber miebertönten." 35ie SBelt oon ©efü^fen unb ©mpfinbun* 
gen, bie in bem träumerifd^en Snaben fd^lummerte, mürbe burd) 
bie fubjeftiofte unb ber t^rifd^en ^oefie oermanbtefte Sunft gemedEt ; 
balb übertraf ber Snabe feinen 3?ater unb fe^te im neunten unb 
je^nten ^a^re ©alanterie* unb Sird^enftüd^e auf, otjue in allen 
biefen ©tüden me^r aU eine pditige Slnmeifung genoffen ju 
^aben. S:ein SBunber, ba§ er ber ßiebling feiner ©Item, nament^^ 
lid^ feiner SKutter mürbe. @r, ber feine SBrüber in ber SRufif 
unterrid^tete , galt für ein SBunberfinb, ein ®enie, eine fünftige 
SBerü^mt^eit. ©eine SBIutöoermanbten brangen in ben 3?ater, 
feinen ©ot)n ganj ber 2:onfunft gu mibmen unb in biefer Slbfid^t 
nad^ Stuttgart ober Berlin ju fd^idEen, mo bamalö bie a)lufif 
i^ren |)od^punft erreid^t ^atte. 2ßa^rfd)einlid^ maren eö nic^t, 
mie man nad) ©d^ubart^ Darftettung glauben fönnte, bie g^ort^^ 
fd^ritte feinet ©o^mS im Sateinifd^en, ©ried^if d)en unb anbereu 
SIementarfenntniffen, xoa^ ben ©iafonuiS beftimmte, i^n ben ©tu* 
bien, b. ^. ben Kaffifd^en ©tubien ju mibmen. EI)riftian ^atte 
oier ©efd^mifter, ba§ SScrmögen ber ©Itern mar unbebeutenb unb 
bag ßeben in ben genannten ©tobten ebenfo teuer, aU üer* 
fü^rerifd^. — „!Die l^äu^fid^e SKufif," bemerft ^rufe, „mar ba* 
malö mefentlid^ geiftlid^ unb beutfc^; fie bilbete einen leil ber 
^äuölid^en 3tnbad)t. ©ettertjg geiftlid^e ßieber vereinigten Sunft* 
genufe unb Slü^rung. — 3)ie meltlid^e SDlufif mar ®igcntl)um ber 
|)öfe; bie Opern, bie ©ängerinnen zc, ftammten mciften^ auö ber 



I. 2talem 11 

^rcmbc. Sie frcmben 2)luftfer tüareu Weber burc^ gefettige, nod^ 
burd) ^amiUenrüdfid^ten gefeffelt unb mad^ten baö aBol)IIebcn ju 
i^rem SBeruf; fie waren bte privilegierten ißagabunben beö bama^ 
ligen ÜDeutfd)Ianb§. Sieg 3?orbilb fd^mebte ©d^ubart t)or; biefe 
3auberbilber ber 3ufunft umgaufelten bie ^l)antafie beö Sßunber* 
finbci^! ©anj anberö geftaltete fid^ baö ©dtjidEfal beö SDknneö." 
SBBic fpäter in ber ^oefie, fo war Sd^ubart and^ in ber 2)?nfif, 
unb jwar, bem 3?orbilbe feinet 3?ater!^ getreu, fd^on aU tnabe 
ber geiftüd)en unb weltlid)en 3ttd)tung ju gleid^er Qdt ergeben, 
©er gel^niä^rige Änabe fe^t ebenjo wö^I ©alanterie^, alö Sirdien- 
ftüdEc. Darin liegt eine gewiff e iMelf eitigf eit ; aber gugleid^ bro^te 
bie ®efa]^r, bie geiftigen Äräfte o^ne feften ©in^eitöpunft aui^ju* 
bilben unb baö ©djwelgen in atten mögtid)en ©efü^Ien unb (gm- 
pfinbungen in ber Äunft unb im Seben aU ^öd^fte^ Qxd ju Der- 
folgen. 3)er §ang ju Sjtremen jeigt fidfi fdt)on im ©efü^li^leben 
be§ Snaben. S3alb ergäl)It er feinen ®efpielen brottige SOWrd^en 
}u i^rer Seluftigung unb empfinbet bie ©d^ön^eiten ber 9iatur 
biö jur auögelaffenften Söegetfterung ; bann befud^t er wieber I)eim== 
lid^ bie ®räber feiner toten greunbe unb SBefannten, um bem 
fdjwülen, bumpfen ®efül)Ie feinet |)erjen^ unter fd^warjen Äreujen, 
Sotenfränjen unb morfd^en ©ebeinen ßuft ju madjen. „©o wec^* 
feiten in meiner ©eele bie Starben ber dlaä)t unb beö 2:age^, bie 
SBüber ber ©d^wermut unb ber 5^*eubc beftänbig, unb ba^er 
Iä§t fid^ pfijd^ologifd^ erflären, wie iä) uad)f|er balb Xoten- 
gefänge, balb Srinf^ unb J^eubenlieber mad^en fonnte." ?ltter* 
bingö ; aber bie SCrinf * unb g^reubenlieber floffen unmittelbar au^ 
überüottem ^er^en; gu ben 2^otengef äugen trieb i^n aufeer bem 
inneren ©efü^l, ha§ nid^t geleugnet werben fott, in ®eiölingen 
fein Slmt unb bie bamit ücrbunbcne @innat|me. Üeiber l)ielt mit 
biefem ©efü^l* unb Smpfinbung^leben bie ÄuSbilbung be^ ßba- 
rafterö nid^t gleid)en ©d^ritt. ®§ war biefe pft)d)ologifd^ unmög- 
►lid^. ©er immerfort oon feinen ©efü^len be^errfd^t wirb, ift 
nid^t ^err über feine @ntfd)Iüffe unb |)anblttngen; bie ruhige 
Ueberlegung, bie i^n öon Slnfang an leiten follte, ftettt fid^ in 
ber aftegel erft ein, wenn ber ©c^abcn gefd^elien unb bie unbc- 
fonnene Itiat ooffbrad^t ift. Da bemäd^tigt fid) beö cinfeitigcn 



12 I. Fialen, 

®cfii^I§menfd^eu peinlid^e 9teue. I)te§ jetgt fid^ in ©djubart^ 
gauäem 2cbtn, unb mit 9ied)t nennt i^n ba^er ©tranfe ben ^eU 
ben beg ntoralifd^en Sa^enjamnter^. — ;3^ un^etlöoKem Sunbe, 
ja in urfäd^Itd^em ^ufamnten^ang mit biefem ^anQ ju einem au^^ 
fd^ttjeifenben ©efü^I^Ieben ftanb bei ®d)nbart feine mnfifalifd)e 
Segabnng. ©d^nbart ift fid) barüber felbft ganj Rat gemefen. 
(£r jagt in feiner Selbftbiograp^ie (@. 49) : „!Die 2Jinfif ift ber 
bnrd^ ©eis^eit georbneten ©eele Sabnng; fie t\)tdt Smpfinbnngen, 
bie nnter bem @rnft ber ®efd^äfte entfd^Iummern — nnb bod^ 
tonrbe fie fiir mid^ eine ©irene, bie mid^ bnrd) i^ren Qaubtx^ 
gefang oft in öerfd^Iingenbe ©trubel lödEte." ©d^nbartg ©eele 
toax aber eben in ben fo n)id)tigen ^ngenbjal^ren ni^t bnrd) 3Bei^= 
^eit georbnet. Dtine 3^eifel mnrbe er fd^on aU Snabe burd) ju 
reic^lid^eg Sob t)ern)ö^nt nnb fo entwid^elte fid^ in i^m bie ©nd|t 
3n glänjen, ?(nffel^en jn erregen, S^urore anf alkn Gebieten ju 
mad^en, mit einem SSort bie 3SirtuofeneiteIfeit, ber fanle g^led 
feinet ßl^arafter^, ha^ Unglüdt feines SebenS. 

^rül^ fanb er ©efd^mad an ber Seftüre nnb üerfd^tang fon^ 
berlid^ bie altbentf(^en SRomane nnb SRittergefdiid^ten. I)iefe 
tonnten freilid^ Weber feinen ©efd^mad nodf) feinen ®eift nnb 
ß^arafter bilben. S^id^t umfonft miinfd^t Ooet^e ben vereinigten 
©taaten 5Worbamerifa§ : 

^S3enufet bie ©egentüart mit (iJIücf, 

Unb tücnn nun eure ^inber biegten, 

S3etDa]^re fie ein gut ®efdf)tc! 

S3or Sftittcrs, diäuhtr- unb ©efpenftergefcfeid^ten." 

Sutl^erS berber 2:on sog i^n, mt es fd^eint, me^r an, als 
ber Qn^alt beffen, was er t)on i^m laS ; er gefte^t felbft, baß er 
mit feinem unb feiner 3D?itbürger Ion fo innig f^mpat^ifierte. 

9llS tnabe öon 12 ;j5a^ren lernte er bnxä) einen prenßifd^en 
aSerbeoffiäier, einen g^rennb feines 3SaterS, S^amenS t)on üßalti^, 
bie fünf erften ©efänge beS SReffiaS fennen; er las bem Knaben 
bk rül^renbe ©pifobe üon ©amma, ;j5oeI nnb Senoni (9D?effiaS II, 
100—236) t)or. 3Son biefcm ?(ugenbfidE manbelte i^n bie größte 
S^rfurd^t an, wenn man ben S^amen Sfopftod nur nannte. S)cn 
aWeffiaS lernte er faft answenbig unb weinte, gitterte, fd^auerte 



I. Ölalcn. 13 

Dor ^reubeu, wenn er ©teilen barauö beffamirtc. Die SBegetfte* 
rung für ^lo^)ftO(i ^at ©d^ubart burd) fein Sebcii begleitet ; menu 
ober ^rufe in bem genannten Änftafe öon ©d^nbartö Älopftodo^ 
manie rebet, fo jeigt er nnr, ba§ er ©dinbartö ©d^riftcn nid^t 
genau gelefen l^at. ^ru| jagt, er I)abe bamit jugleid) bie ©enti- 
mctttalität^ Überfd^wenglid^feit, ®eniefud|t empfangen, wie fic, 
auö Slopftorfg Anfängen fid^ ableitenb, enb(id) in ber (grfd^ci* 
nung ber (Stürmer unb oranger ejplobierte. 9ltterbing§ ift nad| 
©d^iüerö befannter S^arafteriftif in ber 3tb()anblung über naiöe 
unb fentimentale I)id^tung bie 3Keffiabe t)orjug§n)eifc in mufi== 
!aIifd) = ^3oetifd^er SRüd^fid^t eine ^errlid^e' ©d^öpfung; l^ingegcn 
in plaftifd) = poetif^er Iä§t fie 35icle§ ju wünfd^en übrig, ©ie 
!am bat)cr, wie g. So. eben in jener „rü^renben" Spifobe, bem 
|)ang beö Snaben jur Oefü^löfc^roelgerei entgegen; aber e§ waren 
bod) cble @efül)le, religiöfe ©mpfinbungen, bie in il)m erregt wnr^ 
bcn unb biefe bilbeten gegen feinen |)ang jur ©innlid^feit, ber 
fid^ frü^ in il^m geregt Iiaben mu§, ein ^cilfameö ©egengewidjt. 
I)ie ©efü^Ie, bie Slopftod erregt, muffen, wie ©Ritter fortfäl)rt, 
burd^ bie Hebung ber 3)enHraft erregt werben, aHe ftrömen aui^ 
überirbifc^en CueCen. „Seufd), überirbifc^, unförperlic^, ^eilig, 
tme feine ^Religion, ift feine bidt)tcrifd^e ÜJiufe, unb man mu§ mit 
58ewunberung geftel^en, ba§ er, wiewol^I juweüen in biefen |)öt)en 
öcrirret, bod^ niemate bai)on ^erabgefunfen ift. ^6) befenne ba^ 
l)cr unüer^olen, ba§ mir für bcn Sopf beöjenigen etwaiS bange 
ift, ber wirflid) unb o^ne Sfffeftation biefen 3)id^ter ju feinem 
Siebüngöbud^e mad)en fann, ju einem SBud^e nämlid), bei bem 
man ju jcber ßage fid^ ftimmen, gu bem man auö jeber S3agc 
prüdKel^ren fann; au^, badete id^, ^ätte man in ©eutfd^Ianb 
Stüd^te genug t)on feiner gefäl^rlid^en ^errfd^aft gefe^en." ©dritter 
mag babei an feinen ßanbiSmann ©d^ubart gcbadt)t l^aben, beffen 
Vorliebe für bie JKeffiabe bcfannt ift. „5Wur in gewtffcn ejaftierten 
Stimmungen be^ @emüt§ fann er gcfudt)t unb empfunben wer= 
bcn; begwegen ift er aud^ ber 9lbgott ber i^ugenb, obgleid) bei 
meitem nid^t i^re glüdEKdifte SBal^I. 35ie Qugcnb, bie immer über 
baö ßcben l^inanöftrebt, bie alle g^orm flieget unb jebe ©renje ju 
eng finbct, ergel^t fid^ mit ßiebe unb Suft in bcn enblofen aiänmen, 



14 I. ^akn. 

bic \\)x öon biejcm 'Dtdjtcr aufgct^an roerben. SBenn bann bct 
ij^üngltng üßann tt)irb nnb au§ bem SRetc^ ber l^been in bic 
®renjen ber ©tfal^rung jnrüiJfe^rt, fö verliert fid) 9SieIe§, fcl^r 
SSielcg t)on jener entl^ufiaftifd)cn Siebe, aber nid^t^ öon ber Äd^* 
tnng, bie man einer fo einjigcn ffirfd^einnng, einem fo an§er* 
orbentlidien ®enin§, einem fo fc^r t)erebelten ®efül^l, bie ber 
ÜDentfd^e befonberö einem fo ^ol^en 3?erbienftc f(ä^nlbig ift." $^nft 
biefen ®ang ^ai ©d^ubart bnrd^gcmad^t. S)a^ gewö^nlid^e ®c* 
rebe üon ©d^nbart^ lebenj^Iänglid^er Slopftodomanie , Slopftod* 
fd^ttjärmerei, Slopftodanbetnng ift bnrdianiS f^lfc^^ ^ic ^^^ fpäter 
feigen werben, ^opftodt war nid|t ©dinbartö böfer ®cninj8; bie 
SinbrüdEe, bic er üon i^m bcfam, waren frcilidt) nid^t feiten über^ 
fd^wenglidi nnb fentimcntal, aber immer rein nnb ebd. ©teilen 
wir nng t)or, wa^ freitid^ wegen ber K^ronologie nnmöglic^ ift, 
er l)ätte alö tnabc ®oet^e§ SBert^cr gcicfcn — biefeg ©er! ^öttc 
für i^n gefä^rlid^ werben, il^n anf SIbwege Perioden, bie ffim^ 
pfänglidifeit für 50iäbd^enreij, bic fo tief in i^m lag, wedten ober 
näljrcn fönnen; aber SJlopftodE^ Üßnfe nimmermel^r. 

Dbgleid^ ©d^nbart nic^t^ baüon fagt, fo ift eö bod) fe^r 
wa^rfd^einlidt) , ba§ befagter |)crr öon aWalti^ in bem jungen 
©dt)ubart jngtcid^ bie Segeiftcrung für fjriebrid^ ben ®ro§cn 
wedEte; war er bod^ ©erbeoffijier nnb l^atte bod^ g^ricbridi fdion 
bie äwei erften fd^Iefifd^en Stiege fiegreid^ beftanben. Äud^ biefer 
:J^ugenbeinbru(i begleitete it|n bnrd) fein ganjeö Seben; bie JBc- 
geifterung für ^yriebrid^ war auf bie SntwidEIung feinet ©c^id!^ 
falö t)ou entfd)eibenbem ©nfluß. Slopftodt war für ©d^ubart 
äcitlebenö bai§ :J^beaI eine§ !Did^terö, nnb g^ricbridf) ba§ $^beal 
eineö ^errfd^er^. Sei ©d^ubart grenjen bie SSorjüge immer ^art 
an bie ^el^Ier ; ja man ift oft oerfuc^t, ba^ SBort : Unfere g^c^Ier 
finb unfre 2:ugenben (b. I). notwenbige Sebingungen unfrer Sugen:* 
ben) auf il^n anjuwenben. ^m Slngcnblid fing er f^ener, für 
aUe ©inbrüdfc war er empfänglid^; ini^befonbere ^örte er fein 
ganjcö Seben l)inburd| nie auf, frembe ®rö§e ju bewunbem. 
35iefe Sewunberung war längere Qtii glül^enbcr ©ntl^ufiaSmuS, 
ber il^n bie g^Iedfen ber bcwunberten Srfd^einung überfel)cn liefe. 
@rft nadi unb nad) fteCte fid^ hti \i)m bie ^itif ein, fein natür* 



I. Sldcn. 15 

lid^cx ©d^ar^fittti erwadite unb er tüujgte nun, wie e^ bem äd^ten 
Stititcr gcbüt)rt, 2xä)t nnb ©d^atten in ber ©diilberung geredet 
}u t)crtl)cUen. C)I)ne btc nrfprüngltdic majslofe, unfrttifd)e S3e- 
gcijtcning njftre bie nad^^etigc fritifdie Haltung ntd)t mögfid^ gc* 
töc^cn. — @t felbft fagt: „Dtcfc gutartige ?(d)tung für grojge 
5Känner betitelt iö) in meinem geben bei." ÜDer Äuj^brud ift 
aber, namentlid^ in ©d^ubart^ 3Ser^ä(tni§ ju Slopftodf unb gricbrid^ 
bcm ®ro§en, ju fc^road^. SBegeifterung , SBewunberung ^ätte er 
jagen fotten. 

903{r I)aben unö bei @d)ubartig Sinbf)eit§ia^ren länger auf* 
gelialten. ©el^cn wir bod) in bem tnaben fd^on ben SRann t)or* 
gebilbet; jeigt fidt) bod^ bei i^m bic SBal^r^eit bei§ ®oet^efd^en 
©a^cS: „Syiiemanb glaube, bie erften ©inbrüdfe ber ^ugenb öer* 
winben ju f önnen. " ® c^ubart felbft ^at feine Sinbl^eit üon bief em 
®cfidf|t^^3unft auj^ betrad^tet. SÖSir fönnen nur bebauern, bajs er 
un§ über feine Srjiel^ung nnb feinen Umgang in bicfer ^cit nid)t 
me^r mitgeteilt l^at. %&a& einen ^auptpunft, bie religiöfe ffint* 
»idlung bei^ S!naben betrifft, fo nennt ®dt)ubart neben ben tag* 
Iid)en rcligiöfen Srmal^nungen feine« SSater«, ber ein eifriger 
$^efu«iänger mar, ben Unterrid^t be« bamaligen ©tabtpfarrer« 
fiod^, einej^ d^riftlid) gefinnten SDianne«, bem eö aud^ gelang, il^m 
bie erften Smpfinbungen für bie SReligion einjuflöjsen, bie nad^^er 
niemafe gauj erlofdtien. SIo<)ftod§ SDleffiag fonnte biefe ©mpfin* 
bungen nur öerftärfen. Um fo auffattenber ift, bajs ©dl^ubart auf 
einem ®ebiet, mo ba^ Seifpief unb bie Seigre ber SRutter fo ein* 
flufereid^ finb, feiner ^Kutter mit feinem ©orte gebenft. ©ein 
S^riftcntum toar ein ©l^riftentum beö ®efü^Iö; bie Steinigung 
unb Kräftigung be§ aBittenö, be« S^rafterö fam babei ju furj. 
©0 bertd^tet er aud^ t)on feiner Konfirmation: ,,^ä) glaubte in 
|)immel ju blidfen, ate id^ ia^ erftemal jum ^eiligen Äbenbma^I 
ging ; aber — ad^ ! mid^ padit bie SBelt unb ®ott liejg ben SSor* 
^ang fallen." SBann il^n bie SBelt padfte, toann ber SSorl^ang 
pel, ob gleich nad^ bem Äbenbmal^l, ober ob ber fpätere ©anbei 
gemeint ift, lägt fid) nid|t fagen. „Unbefeftigt im ®uten, un* 
wiffenb wie 2\6)itüti)x^ SRe^, nur bie SBut bei^ ligeriS, nid^t feine 
täufdf)enbe bunte ^fledfen fennenb, wU Dürft nad^ ®enn|, t)on 



18 11. MthüHtn. 

fanntcft ftteng lutl^crifd^ gcfinnten ©ogmattferö unb tüittcnbcrgi^^ 
f^cn UttiüerfitätSVrofcffori^ Seon^arb ^uttcr (1563—1616) Com- 
peudium locorum theologicorum ex Scriptura sacra et libro 
concordiae coUectum. S)cr (ut^ertfd)C Scl^tbcgriff tüirb l^tcr in 
fated^ctifc^cr Scl^wctfc, b. 1^. fo, bafe bct für brci Älteri^Haffctt 
beftimmtc ©toff in fragen unb Antworten jerlcgt wirb nnb bie 
für bie SJorgcrüdtcrcn bcftimmten fragen mit ©tcmd^en untcr^ 
fd)icben flnb, unter möglid^fter ?feft^ltung ber SBorte ber Äug^* 
burger Äonfeffion unb ber Sönforbicnformel in möglic^ft ^jräcifer 
J^affung unb ol^ne weitere Äuöfül^rung, in einfad^er, jebod^ nid|t 
ftreng ftiftematifd^er Drbnung vorgetragen — ggnj fo, wie es ad 
ediscendum (wie ber S3efel^( beö fäd^fifd)en Surfürften ©l^riftian II. 
lautet, ber eö ate neues offigieCeS Sel^rbud^ in ben fäc^fifd^cn: 
Sel^ranftalten anftatt ber feit bem fttn^tofatoiniftifd^en Streit öer^ 
bäd^tig geworbenen loci 2KeIandt)tl^onS einführte), ju treuer Ueber^^ 
liefemng unb gebäd^tnis^ unb üerftanbeSmä|iger ©inprägung ber 
ft)mboIif(^ feftgefe^ten Sel^rfä^e geeignet war. ®ro§ unb lange- 
bauernb war beS S3udf)S Anfeilen unb ©ebraud^, wie bk öielem 
burc^S ganje 17. unb 18. ^alirl^unbert l^inburdt) ftd^ folgenben 
3tuSgaben, bie Überfe^ungen in neuere ©pradtien, befonberS aber 
bie üielen erflürenben unb erweiternben ^Bearbeitungen beweifen^ 
bie baSfelbe gefunben ^t. (3SgI. ben 8trtifel „^utter" in ^er^ 
jogS tl^eofog. SRealenc^ttopäbie.) ©d^ubart fagt: „3(Kid^ nnb 
meine 3Kitfd|üIer wanbelte @fe( an, fo oft wir eine tote WxU 
wort auf eine lebenbige fjrage aus ^utterS Äontpenbium geben. 
mujsten." ^m Äerfer fal^ er nid^t ein, bajs |)utterS ftarre Drttjo* 
bojie ben jugenblid^en (Seift nid^t anfpredt)en fonnte unb bie jwi* 
fd^en S^l^eologie unb Humanismus üermitteinbe SRid^tung bes^ 
wahren praeceptor Germaniae SKeland^tl^onS, ©d^ubartS an unb- 
für fid) nid^t unbered^tigter @igentümlid|feit el^er entgegengefom«^ 
men wäre, i^m bie ße^ren beS K^riftentumS in einem älter,, 
wo naturgemäß bie Sritif erwad^t, in einer aujie^enberen fform 
gezeigt ^ätte *). SBer ben SReligionSunterrid^t gab, ob Sl^ilo ober 



*) $utter toax ein f old^cr fjetnb 3WeIand^t^onS unb ber ntilbcrcn nteland^- 
tl^onfd^en 9lid^tung in ber ^^eologie, bag er einmal bei einer afabemifd^ea 



IL 9{5TbIingen. 19 

ein anbetet Seiltet, fagt ®d)ubatt md)t. ^ätte abet ©d^ubatt 
einen ftätlercn 3^9 8^^ Sl^ttftentum Qtifaht, fo l^ätten fiä) btc 
®nbtü(fe, bie et t)on bcn ^etjenSgebeten bcö ©upettntcnbenten 
3Kaict, bet im SBaifenl^aug ju ^atte etjogen unb ein tüütbiget 
©d^fllct ©penetg xoax, nic^t fo leidet tütebct öetloten. S^tefe @^t* 
furd|t t)ot ®ott tül^mt et au6) feinem Dleltot Jil^ilo nad^; abet 
„bie (üteßcit l^atte il^n einmal in il^tem bunten QxdtV, et n)utbe 
burd^S £ob öettüöl^nt unb in bet SJittuofeneiteHeit, bie toix oben 
i(!^on afe bett faulen glecf feine« SBefen« etfannten, beftätft, — 
6in SSotmutf, ben et Jil^ilo mad^te, ift unöetbient. „SWebft ben 
flafjtfd^cn ©ditiftftelletn mad^te mid^ S:^ilo aud^ mit ben Did^tetn 
meine« SSatetlanbe« befannt. Diefe« etjeugte in mit eine SWei* 
gung ju bet beutfd^en Did^tfunft, bk, meil fie ju ftül^ enoad^te, 
mit in mel^t afe einem JBettad^t fd^äblid^ gewotben ift. Qfc^ 
to unb fd^tieb jwat fd^on mein Satein jiemlidt) fettig unb begann 
Bcteit« au« bem ©olbbac^e bet ©tied^en ju fd^ö<)fen; abet tt>at 
bod^ bei toeitcm nod^ nid^t etftatft genug, um ol^ne ©efal^t bei 
bcn ?tblcitungen be« gtied^ifd^en Ouell« »eilen ju bütfen." Mein 
t)ot^et fd^on, in Fialen, ^atte ©d^ubatt altbeutfd^e JRomane unb 
äKttetgefd^id^ten öetfd^lungen unb bie Did^tet, mit benen il^n Sl^ilo 
belannt mad^te, »aten Slopftodf, JBobmet, fallet, unb bet bamafe 
auffttebenbe SBielanb, feine eigenen fiieblinge ; tt>ie biefe bem jungen 
©d^ubatt im 16. unb 17. fieben«j|a]^t fd^äblid^ gemotben fein 
foHcn, ift nid^t abpfeifen. Unmittelbat nad^ jenet tabelnben ?leu|e* 
tung übet il^ilo geftel^t et felbft, ba| unfte Originale fid^ mit 
bem ®eift bet griec^ifd^en unb tömifdljen ©c^riftftettet öetbinben 
laffen. — ©d^ubatt wat übetl^au^Jt ein ftäl;teife« ©enie, nidfjt 
Mofe afe ÜKuftfet, fonbetn aud^ afe Did)tet. Qfm Qfa^t 1755 
bid^tete et eine <)tofaifd^«^<)oetifd^e SWänie auf ba« fiiffabonet ffitb=^ 
beben. „Söian l^at e« nad)]^et in ®ä)toahaö) gebtud^t unb unet^ 
ad^tet bet gteulic^en ©teljen^joefie boc^ fjunlen eine« äd^ten Dic^tet^^ 
talcnt« brin bemetfen motten." Diefe SWänie ift öetloten. „SBeffet 



Deputation, al9 f!d^ ein D))))onent il^nt gegenilber auf äüeland^t^on berief' 
ba9 über feinem Raupte ^dngenbe S3ilb beS 9tefonnator9 bon ber SBanb 
Ti6, auf ben SBoben toarf unb mit tJfüfsen trat. 



20 H- Slörbltnflcm 

gelangen mir ^olUlkhtx, rooöon ic^ fd^on bamaU einige t)tX' 
fertigte, bie nod^ ^entigeig SCageö (1778) ba« @(ü(f l^aben, auf 
mand^er ©d^neiberl^erberge gefungen ju werben, j. S5.: „$Jn 
©d^ttjaben »ar ein S3aurenmäbd)en 2C." „äfe einjl ein ©d^neiber 
toanbem foHt' ac." Qfeneö Sieb ift t)erloren; biefeiJ flnbet fid^ in 
meiner Sluögabe @. 351, 

$ym :3al^r 1756 fd^idfte il|n fein SSater naci^ Sßümberg, wo 
er bie ©c^nle jum l^eiligen @eift befnd^te. ®r !am in berfelbcn 
SBoc^e an, wo ber fiebenjia^rige Stieg au^hxaä). S)ie ®inbrüde 
biefer 3^it prägten fid) tief in feine ©eele. Site ber :preu|ifd|e 
©eneral üßaier 1757 mit einem fliegenben ^otp» S^mberg nedte, 
lag ©d^ubart beftänbig an feinem 35ad^Iaben unb fal^ bem fjlug 
ber preu^ifd^en ^ufaren t)or bem S^l^ore ju. !©ie Sieber, bie er 
bamafe bem alten jjri^ unb feinen ©d^aren fang, n)urben überall 
befannt, gefungen, jum Seil gebrudft, finb aber t)erIoren. (Sx 
felbft n)urbe jum fiöl^ne bafür t)on einem faljburgifd^en ©olbaten, 
beffen Sanbi^Ieute l^ier in Sefa^ung lagen, mit ber SDhi^Iete nie^ 
bergeftofeen unb wäre ol^ne 3^cif^^ jerftampft worben, »enn nid^t 
einer öon ben berül^mten SÄümberger gauftfd^lägem , unter bem 
5Äamen ber SHufeigen befannt, il^m fd^leunigft ju ^ilfe gefommen 
wäre. — SSon SlopftodEg 3Äeffiaj^ fam bamafe gerabe ber jwcite 
SCeil l^erau^; ©d^ubart erflärte il^n feinen Srübern „unb bie 
©efü^tootten mürben ebenfo monnetrunfene Anbeter biefe« gött* 
lid^en @ebid()teig, mie id^." 

©d^ubartj^ mufifalifd^eö JCalent fanb I)ier einen günftigen 
SBoben; er erhielt fogar eine ©teile afe grül^meffer unb Drganift. 
®em mangelhaften ©d^ulunterrid^t l^alf er burc^ ^rit)atflei§ nad^. 
®ie Äunftfd^ä^e ber ©tabt wedEten feinen em^jfönglid^en ©inn; 
oft fa§ er mit einem feiner „SBufenbrüber" auf bem ©rabmalc 
3)ärerg ober auf bem Srbbegräbniffc feiner eigenen 35orfal^ren. 

„ÜJian jiel^t, bemerft ©d^ubart, ba§ mir bie SSorfe^ung auf 
me^r afe einer ©eite jnrief: bleib' in SWürnberg! — JJreunb- 
fd^aft, Siebe, SSorf daläge jur fünftigen SSerf orgung, ©efunbl^eit, 
SBeifatt — attej^ ^ätte mid^ beftimmen foHen, mid^ aujufiebeln in 
ber ©tabt meiner SSäter unb aCen naiven unb fernen SDonquijco^ 
terien burd^ ba§ ebene, geröufd^lofe ?ßrit)atleben einei^ iReid^j^bürgeriS 



IL 9lürnberö. 21 

öotgubeugcn." ©ang fd^ön; wenn nnr ®d)nbart nid|t ©d)nbatt, 
biefer „@turm!o^)f" unb abentenerlid^c S^araftcr gcwcfcn wäre. 

„mt fc^toer ift'g in ber SBelt, fid) ©önner gu emcrfen! 

3tDingt mtd& ein trauriges ©efc^idf, 
2Bte @atan8 S3tlb frummWIeid^enb 6taub 3U ledfen? 

@raufamer SBeg §u meinem ®Iücf !" 

fingt er fünf ^a^xt nad^ feinem Abgang t)on Mrnberg (©. 38 
bei üteclam). ^tcr in SWümberg gewann er fid^, wie er felbft 
bezeugt, burdt) bie ©ic^tfnnft ®önner nnb greunbe. Qu feiner 
3cit fdfjien bie Did^tfnnft in Slürnberg „il^re Seier an ^anS ®ad^* 
)ens @rab anfgel^ängt jn I)aben"; f^jäter fonnte fid^, wie un^ eine 
Snmerlung belel^rt, SWürnberg eine§ ©mitö, ©d^nnterö, ©attlerö, 
Sönigg, ^erefö, nnb einer ©eiblin, biefer gefühlvollen 35id&terin, 
türmen, ^erete Satiren l^at ©d^nbart nad) bent öoöftänbigen 
^etjeid^nis wa ©d^nbartö ©d^riften, wie fie einjeln l^eranjggefom^ 
Wien (mitgeteilt t)on Pfarrer S33et)ermann) , anj^ bem fiatei^ 
nifd^en überfe^t («n«ba^ 1770). ©a^ SBerf ift öcrgeffen; ebenfo 
We ^Warnen nnb SBerfe ber übrigen ©id^ter nebft ber gefül^Iöotten 
Seiblin. Uebrigenö lebte mit ©d^nbart jn gleid^er Qdt in SWürn* 
b«9 ein anberer !Did6ter, beffen 5Wame l^an^jtfäd^Iidt) bnrd) ©oetl^e, 
i^er il^n wol^lwollenb rcjenfierte, anf bie Slad^welt gefornmenfaft, 
S- t. ®rübel, 1736, alfo nnr 3 Qal^re öor ©d^nbart, in 5Würn* 
berg geboren, 1809 bafelbft geftorben. Db ©d^ubart oon biefem 
%famen glafd^ner nnb ©id^ter etwa« wn§te, ftel^t bal^in; feine 
SBerle erfd^ienen 7 ^ai)x^ nad^ ©dinbarts SEobe (1798—1802). 

©d^nbart fam mit mand^er nenen @rf enntniö bereid^ert, aber 
öud^ mit finnlid^crem nnb tjom ®ift]^and)e ber Snft befledfterem 
^erjen nad^ Äalen. Qn 5Wümberg waren in i^m, wie er felbft 
fttgt, bie @m<)finbnngen ber 2kht erwadt)t; nnter aßen SReijen 
toar il^m Söiäbd^enreij ber nnwiberftel^Iid^fte. SBie weit er fid^ 
öcrirrt l^at, wiffen wir nid)t. SWad^ ber obigen ©teile fd^eint er 
ber ©ottnft gefröl^nt jn l^aben; \>ox^tx aber fagt er, feine Siebe 
fei unfd^nlbig nnb nnr ber nnfelige fjnnfe gewefen, ber nad^l^er 
jur flamme anfloberte. 

©ein SSater fd^i(fte il^n nad^ feiner SlüdEfe^r jn bem ge* 
fd)i4ten ?ßfarrer ©^ülen, ber bamafö in Santerbnrg war. ^n 



22 11- 3ti ßauterburg bei Pfarrer ©d^ülciu 

toelc^cr ©tgcnfd^aft unb ju tt)cld)cm 3^^^ ^^ i^ btcfem aJianne 
ging, tüirb nid^t gcfagt. ©c^ülen ober ©d^ültn, tute ^al^I, ©d^u^ 
bartö ßanb^mann, in feinen „5)enftt)ürbigfcitcn au^ meinem 2tbcn 
unb auö meiner 3rit" ben 5Wamen fd^reibt, toax ein in ben Statur* 
toiffenfdiaften, namentUd^ in ber ©temfunbe fe^r bemanberter^ 
aud) fd^tiftfteKerifc^ tl^ätiger Oeiftlid^er. ^n ber Sl^eologie war 
er bamate fd^on unb fpäter nod^ üiel melir ber m^ftifd^*<)ictifti* 
fd^en Siid^tung ergeben, weswegen er t)on bem eingeferferten unb 
jum üßtiftiäi^mug befel^rten ©d^ubart ebenfo fel^r gelobt, ate öoti 
bem rationaliftifd^en ^a^, ber lange nad^ ©d^ubartö äufentl^alt 
bei i^m SSifar n)ar, getabelt njirb. 2)a§ aber ber aJi^fticiömuö 
fid) gar nid^t feiten mit einer freieren ©enfart berührt, jeigt aud^ 
©d^ütin. ©0 fel)r er nad^ ?ßal^l über bie 9?eologie fd^impfte 
unb in feinen 3lnfid|ten o^ne ^lan unb Slarl^eit toax, fo na^m 
er bod^ für fid^ felbft in mehreren bogmatifd^en fünften baö 
SRed^t ber freien Prüfung in änfprud^. @r verwarf ba§ nor* 
matit)e anfeilen ber f^mbolifd^en Sudler für ben (Glauben unb 
bie Sel)re; er na^m im SBiberf^jrud^ mit benfelbcn eine ©uborbi* 
nation unter ben brei ^erfonen in ber einen ©ottl^cit an, ^ielt 
bie ße^re t)om taufenbjä^rigen SReic^ für fd^riftmäfeig, l)offtc eine 
^Rettung für bie 35erbammten in ber |)öKe, badete jmifdien bem 
Sob unb ber 8tuferfte^ung be^ 9Jienfd^eu fid^ fein geiftigeö ©efcn 
in einem fdjlafä^nlid^en 3#<i^i^c- St^nlid^e änfid^ten finben mx 
fpäter hti ©djubart, unb eö ift gar nid^t unn)a^rfd)einli(^ , ba§ 
biefer ©d^ütin üon nid^t unbebeutenbem (ginflug auf feine religiös- 
t^eolögifd^e ©ntwid^lung gewefen ift. aWöglid), baj5 ©d^ubartö 
SJater feinen ©ol)n ju biefem ernften aHann fd^idEte, um il^n nad^ 
ben itod luftigen ^a^ren in 5Würnberg auf ein tt)ürbige§ unb 
ernfteg ©tubium ber 2:^eologie üorjubereiten. 

^aUtxn unb ?)üung, feine ßieblinge, lag ©d^ülen mit tiefem 
©efü^l, unb bur^ feine tjortrefflid^e 9lrt üorjulefen unb mit Jon 
unb aJiiene bie ©ebanfen feinet Slutor^ au^jubrüdEen , vdu%V er 
ben fälteften SKeufd^en ju padEen unb felbft auö tiefein ^unfen 
}u lodEen. S)urd^ biefelbe Sunft, namentlid^ wenn e§ feinem Sieb^^ 
ling SlopftodE galt, erregte ©diubart bie ^ewunberung alter Qn^ 
Prer, unb offenbar ift er bei ^d^ülin in bie ©d^ule gegangen. 



II. Erlangen« 23 

Site tiefen ajlcnfcj^cnf cnner geigte er fic^ namentlid^ baburd^ , ba§ 
er bie ^crrfc^aft bcr (Stnbilbungdfraft in bcr ©ecle ©d^ubartj^ 
crtamite. ffir wcidfagte i^m, wie ©c^ubart aui^brüdlid^ berid^tet, 
üu3 btefcr IBcmcrfiing manä)t^, ha& ^ernad^ in ber golgc oon 
Sd^ubartjJ 2thta bud^ftäbltd^ eintraf. „Aber ber ©türm ber 
?eibenfc^aftcn übertäubte bie fanfte Stimme bcr ©ei^^eit." 

Sci^ubart bürftcte nac^ bem tofenbcn UnberfitätiJicbett, unb 
feine ©Itcrn gaben c8 ju, obgleid^ fein wilber S^araftcr unb t^re 
ringefci^ränftctt Umftänbc fie t)ätten abgalten fotten, feinen SBorfag 
3u begünftigctt. „®Ieid^ uon Anfang, bei ber SBa^I bcr Unitjcrfität, 
fagt ©traufe, l^attc fein guter ©tern gewaltet — ^atte ©c^ubart 
ftatt befonnener Überlegung ben Sn^aü unb bie SJBittfür walten 
loffen. ®t foDtc nac^ ^ena, blieb aber unterwegiJ in ©riangcu 
Rängen. aBarum mußten aud^ gerabe bamatö (^erbft 1758) bie 
Stürme \>t§ begonnenen fiebenjä^rigcn Äriegi^ baö SBeitcrrcifen 
gcfätirlid^ unb warum eine fo luftige ©tubentengefettf d^aft , axi^ 
ötter ;^crren Säubern in ba« frieblic^c ©riangen jufammcngcbia* 
fcn, bag JBIeibcn aujicljcnb machen? @ine luftige Som))anie war 
für ben iungcn, wie f))ätcr für ben alten ©c^ubart unwiberfte^* 
Uc^; hängenbleiben, SJlitmac^en jeitleben« feine fd^wac^e ©eite." 
6g fragt fid^ nur, ob ©d^ubart in ^^na folibcr gelebt ^ätte, aU 
in (Sriangcn. 3^^«^iäi8 Stenommift t)om Qfa^r 1744 mac^t bad 
Gegenteil wa^rfc^einlid^. @in 'Dichter, ber mit ©dt)ubart feljr 
^iele St^nlid^fcit ^at, lebte wenige ^a^rc f))äter in ^alle unb 
©öttingen ebenfo aui^fd^weifcnb; wir meinen ©d^ubart« 3^^^* 
genoffen Äuguft ^Bürger. 3lttcrbingiS aber t)ätte fid^ in Qfcna fein 
Sc^idtfal anberö cntwidteln fönnen. 'Den oon ^tna SRcIcgierten 
^ötte oicKcid^t bcr ÄricgiSfturm erfaßt, i^n an beg oon i^m be- 
Wunberten ^reußenfönig« ^a^ne gcfeffclt unb i^m ben Stu^m 
eincjj friegerifd^en 3lbcntcurer« ocrfdtiafft. SBicQeic^t wäre er f))äter 
^on 3fena auiJ ju Seffing, Älo))ftod, ^erber, ©exilier unb (Soet^e 
in ein nä^creiS 3Sert)äItni« getreten. ;3fmmer jog t^ it)n nac^ 
5?orben, balb nad^ ^reufecn, balb nac^ 9fiu§Ianb unb ©d^webeu. 
^ätte ©d^ubart fein fieben in SWorbbcutfd^Ianb jugcbrad^t, fo Ijätte 
er feinen SEßeg afö Sitcrator unb Qfournalift nid^t allein wanbeln 
muffen, f)Mt einen bebeutenbern 9lamen, einen größeren 8BirfungiJ=' 



24 n. ©rlangcn, 

frei« unb ein ru^igcrciS, glüdlid^ere^ Scbcn jum Sol^n für bic 
größere Sßü^c unb «nftrcngung gcl^abt, bic er fid^ in bicfem gaff 
^ättc auflegen muffen. @r felbft erjä^It, cS fei il^m beinahe ebenfo 
ergangen, wie mandtiem ^jüngüng, ben ©Bulben ober ein ©uell 
aui^ erlangen jagten, unb ber, ba er fid^ nid^t unterftanb, feinen 
eitern unter bie ?tugen ju treten, unter bic ©ölbaten ging ober 
Äomöbiant ober SSagabunb würbe. 3Son $Jena au« ^tte ©d^ubart 
ben aWldweg nad^ ?(alen nid^t fo leidet gefunben, wie üon er* 
langen aui^; er wäre unauf^altfam in S^orbbeutfd^Ianb ]^crum== 
getrieben worben. — 3lnfangS war ©d^ubart natürlid^ öott guter 
^orfäftc; er ftubierte, wie er bel^auptet, bie ^l^ilofop^ie unb l^er* 
nad^ bie SEI^coIogie in atten i^ren Seilen ; allein ber trodhtc Xon, 
in beut man Sl^cologic leierte, fd^redEte il^n; barum würbe er aud^ 
gegen bie aieligion ober öielmel^r gegen ben fd^ulmä^igcn 3Sor* 
trag bci^ S^riftentumi^ gleichgültig. 3Bie lange biefe« fleißige 
©tubieren gebauert ^at, wiffen wir nic^t. ,,;3d^ ftubierte, rumorte, 
ritt, taujtc, liebte unb fd^Iug mic^ ^erum." 5Da er aber nur 
tumultuarifdt) ftubierte unb nur baö ergriff, toa§ er ol^nc öicle 
SJiül^c ^afc^en fonnte, fo eu'cid^te er ben Qtoed feine« afabemi* 
fd^en ©tubium« beinahe gar nid^t. Dl^nc Drbnung, ol^ne ^lug* 
^eit, ol^ne ^leiß, ol^ne ©:parfam!eit lebte er in ben Sag l^inein 
unb würbe julc^t oon feinen ©laubigem in« Sarjer geworfen, 
in bem er t)ier SBod^cn lag. er vertrieb fid^ bic ßeit mit Sla* 
t)ierf^ielen unb mit ber iBerfertigung öon aöerl^anb ®ebid)ten, 
meiften« Srinf* unb Siebe«liebern, bereu er fid) wegen il^re« un* 
bef^rciblidicn Seid^tfinn« nad^l^cr fd^ämte. SWc^rere würben in 
@ebid)tfammlungen ol^ne feinen ober unter einem fremben 9?amem 
gebrudtt. ©eine ©laubiger ließen il^m nic^t einmal ein Jöett; 
aber ein SBürger au« erlangen, ber für einen |)errn^uter galt 
unb ein fcl^r ftiüe« Seben fül^rtc, fd^idftc il^m ein 58ett unb üer* 
fprad^ i^m feinen SBeiftanb. SWad^ feiner entlaffung au« bcm 
S'arjcr ^og er ju feinem SBo^ltl^äter unb banfte i^m l^crglid^. 
er läd^elte unb f agte : „^err ©djubart, ©ie finb franf unb bicfer 
SDlann fönnte ©ic furieren!" — er wie« auf ©teinl^of er« *) 

*) 5n ©^riftoplö ©teinl^ofer, S)efan in SBeinSberg, Bettgenoffe unb 
©dualer SBengelS mit Hinneigung ju ^errenl&ut. ^06) gehören feine ©d&riften 



II. ©rlangcn. 25 

Urebigtcn, bic o^cu t>or \\)m lagen, ©d^ubavt brüdte t^m banh 
kx bic^atib utib ging, t)on feinem ©cnfjcr begleitet: „®ott mirb 
fid) 5^tct erbarmen." — ,M^ii fte^t ber ü)?ann in feiner SBürbe 
oor mit, bie it)Tn bic ^römmigf eit gab ; nnb erft jefet (im Werfer) 
cmpfinV \i), xoxt toiditig beS ©Triften ©egen fei, ba ein ©tral)l 
jciicS ^eiligen Sid^teS, ha^ feiner ©eele leud^tete, aud) mid^ traf." 
- e^ Toar bic crfte SKal^nung, ein e^rift jn werben nnb bnrd^^ 
K^riftentum jcinc Süftc nnb Seibenfd^aften gn befiegen. Jöalb nad> 
feiner ßntla^utig auö bem karger ronrbe er, wal^rfd^einlii^ infolge 
feiner ?lu3f<3^tt)eifungen , 'oon einer tötlid^en Sranf^eit befaCen. 
Jie SJorfäfec iinb ©elübbe, bie fie in il)m ermedte, tt»aren nad^ 
feiner ®enefung balb üergeffen. ©eine ©Item, bie bie Saft ber 
Ausgaben nid^t mel^r bestreiten fonnten, riefen i^n nad^ |)aufe 
jurü(f. ^m ^erbft 1758 Ijatte er bie Uniüerfität belogen; am 
9. guni 1760 fdireibt er (Strang I, 12) t)on «alen aug an 
feinen ©(ä^ttjager, totreftor ^Mi) in SBertl^eim; ber Aufenthalt 
in ©rlangen mirb alfo etma IV« ^al^re gebauert ^aben. 35on 
einer Prüfung, bie er beim 3lbgang ju beftel^en gel;abt l^ätte, ift 
nirgenbö bie 8iebe; man f^eint e§ bamalö mit biefem ^un!t 
nid^t fo genau genommen ju l^aben. 

5Bie er, ber mit einem braufenben ©tubentenfo^)fe, einer ©eele 
t)oU wiffenfdiaftlid^er krümmer nnb einem beinahe ganj üermüfteten 
t^erjcn nacj^ ^aufe jurüdfam, üon feinen ©Itern em^)fangen würbe, 
^aben »ir fd^on gefeiten. !J)ie SDhitter tonnte ben erjümten SJater 
ju bef (i^tt)id^tigen , nnb biefer toax jnfrieben, bag ber ©o^n pxQ^ 
bigen fonnte, giemlid^ fertig Satein f:prad) nnb füljn nnb öermegen 
über bie SBeüoIutionen in ber SBelttoei^l^eit ju rSfonnieren muftte. 
Etli^e neue ©onaten, bie er mit Äuöbrud nnb ^ertigfeit auf bem 
Slaöier fpielte, getoannen i^m tt)ieber feine t)oIle (äunft. 

SBie in feinem ganjen Seben gereidjte i^m aud^ in ©riangeu 
feine mufi!alifd)e ^Begabung, gnmal in bem fo feltenen SBunb mit 
ber Anlage gur ^oefie, jum SJerberben. SDiit i^rer ^ilfe t)er* 

(feüg gJrcbtgtcn, teil» ©rflärungen einzelner apoftolifcfier löriefe) ^u ben 
WieWeftcn ®rbauung8bäcl)ern in SBürttemberg unb l^aben felbft nocfe in ber 
»rubcrgcmeinbe i^re ßefcr. S5gL Körner, ürc^Iic^c (Sefc^tdite SBürttembctg», 
2. 2luP. @. 477, 



26 n. ©riangcm 

fdfjeudjtc er im Satjcr, wo man il^m unbegretflid^erwcifc ein Älaüier 
Iie§, bie Siegnngen feinet ®etpiffeng nnb gewann eine SDienge t)on 
luftigen fjreunben. ©inmal reifte er nad^ ©a^reutl^ ju einem 
greunbe feinet SSaterö, SE^oma«, unb ^örte ba — in feinem £thtn 
baö erftc ÜRal — ein fel^r gebilbete^ Drc^efter unb einige welfrfie 
©änger unb ©ängerinncn, bie it)n gen ^immel riffen. „5Da§ 
erfte SDtal"; in ßubroigöBurg unb ^pixizx nod) öfter riffen fic i^n 
gen ^immel unb ftürjten i^n in ben Stbgmnb. „^affe unb ®raun 
waren bamalö bie S^ongeber am batireut^'fd^en ^ofe, bie, wie 
befannt, bcutfd^e ®rünblid)feit mit welfd^em ©efange trefflid) ju 
t)erbinbcn wußten. Qfc^ jog mitten bur^ einen |)aufen preu§i== 
fdfier trieger, ol^ne wn i^nen angefodjten ju werben, weil id^ fic 
burd) meine preufeifd^e Söegeifterung für mid^ einnal^m, aud^ ba^ 
malö fd^on ©leimig SriegöUeber in SDiufif fe|te unb fie i^nen 
tjorfang." 

S^e wir weiter ge^en, mad^e idt) auf ©d^ubart^ ©rjäl^Iung 
,,9JiarE ber ©tra^Ibuc. Sine ®eniegefd^id^te" aufmerffam (Sc^eible 
6, 109 ff.). — (£in 3lug^burger S3ürger, 9?amen^ aSunibalb ^opfer, 
feiner ^rofeffion ein ^Bierbrauer , l^at ^wei ©öl^ne : i^afob unb 
Wtaxic. 5)er jüngere ©ruber, SJiarj, war ein ^Jeuerfopf unb über^ 
flog ben weniger begabten ^atoh in ^rjem gar weit. SDiar^ 
t^at wir!Iidt)e ©eniepge; er fd)ien nid^tS ju lernen unb wußte 
bod^ mel^r, al§ aQe feine ÜRitfdjüIer. 35er öerblenbete SSater fa^ 
aber ben ©dfialf nidE|t, ber in feinem ©o^ne ftedEte. Unftäterei, 
Unorbnung, Sügengeift, äBiberftreben gegen an^altenbe, ftet^ wie^ 
berfel^renbe, oft tjerbrießUdie ©efd^äfte; 3Serf d^wenbung , fedEer 
9iäfonniergeift unb frü^jeitiger |)ang jur SBottuft jeigten fid^ fo 
beutlic^ an äjiarjen, ba^ feine fromme 3Jiutter oft feufjte: Äd^ 
©Ott, tva^ wirb auö meinem SWarj werben? ^n unferm SDiarj 
ftedEt ein ®enie — ein SBort, bai eben bamate auö ben Söüd^ern 

Ser ©c^öngeifter in bie SBierfdienfen fam. 35ie beiben Söuben 

TOud^f en ^eran ; ^atob, t)on feinem SBater mit bem 9?amen bummer 
^atd belegt, unb aJiarj*) mit bem fd^wäbifd^en (g^renworte ber 

*) aWarj, aWärs (aWarfu«), ein in anbeten ©egenben fel^r fcitener, in 
Slalcn häufiger SBomame; fiel^e ©efc^id^te unb S3efc^reibung ber el^emaKgcn 
freien SWeid^Sftabt 5lalen t>on ^ermann S3auer ©♦ 109^ 



II. ©rlangen« 27 

Stra^uc*) rcgaücrt; jener fottte auf ber SBirtfc^aft bleiben, unb 
biefcr — ftubieten, obgleid^ ber SBater nid^t in ben beften \)&u^' 
Ii(|en Umftänben tuar. 

5)amate ^pxaä) ganj ?(u9«burg »du nid^tö, ate wn 9leu* 
maict« Sontroöer^prebigten unb ©ilKbalb |)opferi8 ©tral^Ibuben. 
3)05 Sierl^aug war immer brangtjoll, um ben ©unbertnaben ju 
fc§cn, ber fo fd^öne faftige 3SoI!iJlieber ober wie fie ber ?ßöbel 
nannte, ©d^clmenlieber fang, baö Slaüier unb bie Siti)tx fpielte, 
latcinifci^ unb fraujöfifd^ ^pxaä), taufenb ©c^wänfe ju erjäl^Ien 
unb felbft bie ®äfte mit feinem äJhitwiHen fo mifeig ju neden 
töu^te. 

ÜJiarj wirb auf bie Uniüerfität Srlangen gefd^itft, um Zf)to^ 
logie ju ftubieren. — galten wir l^ier inne. ^ier l^aben wir 
Mi) meiner Slnfid^t ©a^rl^eit unb !3Di^tung au« ©d^ubart« Seben. 
3)ie ffia^r^eit ift ©d^ubartö — ba« ift ÜÄarj' — ©enialität 
neben ber Anlage ju großen gel^Iern ; ber SBunberfnabe im SBier* 
^auS öor ben ®äften mag au« 9lörblinger unb Mrnberger @r* 
innerungen jufammengefefet fein; ber SBruber $Jafob, ber fo fromm, 
fo ehrbar unb befd^eiben war unb lernte, waö er fonnte, erinnert 
unwiHfürlid^ an ©c^ubart« weniger begabten, aber red^tfdtiaffenen 
SSruber Qfafob, ber freiließ jäuger war, afö ber 35id)ter. ©enn 
Sllarjc, ber ©tratilbue, in biefer ©rjäl^Iung ber jüngere ©ot)n ift, 
fo foH biefer 3^9 nur aRarjen« größere ^Begabung begeid^nen: 
ber jüngere ^atte ja ben älteren balb überholt. 35er ©tral^Ibue 
tüirb alfo — gerabe wie ©c^ubart — nad^ Sriangen gefd^idEt, 
um Jl^eologie ju ftubieren. „^kt, lefen wir weiter, tranf er 
glcic^ in ben erften S^agen mit ber l^alben Uniüerfität ©ruber* 
fi^aft (äd^t fd^ubartifd^ ; t)gl. ben ©d^Iu§ tjom !SDen!maI in ©in* 
goIfd'^aUe) , burd^rannte bie ^örfäle (in ber ©elbftbiograp^ie : 
i^ burd^ftreifte bie ^örfäle), fanb ben SJortrag ber Se^rer nad^ 
feinem ©inn — pebantifd^ unb trod en (©d^ubart üon fid^ felbft : 
ber trodEene SEon, in bem man Ideologie leierte, fd^redte mid^), 
t)erlie§ alfo biefe ©taubHaufen, wie er pe fel^r genialifd^ nannte. 



♦) „@tra^I, ©tra^l — gut Söergröfeerung gebraucht: ©tral^Imenfc^, (Strahls 
!erl, Stra^Inafe" <S(^mib, f(^w&b. SBörterbu* 512. 



28 n. Erlangen. 

imb — ftubicrte für fid^, b. \). er lag 9tomane, Äomöbicn, ob- 
fcöne ©d^riften; machte SJerfc, ^ßa^quitten auf bie t)crbicnftt)ottftcn 
Seigrer, fd)Iug fid) l^erum, foff fid^ me^rmalcn jum ^apft unb 
mad^te Sd^ulbcn; l^iclt fid^ ju ben niebrigften SDienfd^en (wie* 
ber ein &6)t fdjubartfc^er Sh) unb würbe in furjem ein STbfd^eu 
aHer JRed^tfd^affenen — ein wanbelnbei^ Sla^. 5)er SBatcr fd^idhe 
il^nt @elb um ®elb; aber ber äBalfifd^ ücrfd)lang ÄUeö. aKan 
feftte il^n großer 3luöfd|tt)eifungen wegen in§ tarier, ^ier finbet 
il^n fein SJater unb erfd^ridt beim Slnblid beg t)on ben ©puren 
ber fd^änblid^ften ßieberlid^feit gejcid^neten ©tral^Ibubcn. @r bc== 
iaf)lt feinet ©ol^ne^ ©d^ulben unb feiert mit il^m nad^ StugSburg 
jurttdt. 2)er t)eradt|tete unb jurüdtgcfc^te ^atoh l^atte tugenbl^aft 
gelebt unb burdt) fyiei§ unb ®:parfam!eit fi(^ ein bebeutcnbeö 3Scr^ 
mögen erworben ; er war in 3^^^ ® aftwirt geworben unb lebte 
in einer glüdlid^cn 6^e. ®er totfranfe SSatcr läßt il^n l)oIen^ 
giebt i^m feinen ©egcn unb ftirbt. SBalb barauf begegnet bcm 
miticibigen ^jafob auf einem ©pajiergang eine ^Jammergeftalt, in 
ber er nac^ einem QmtQt^pxäc!^ feinen genialen SBruber Ttatjc 
erfennt. 2)iefer l^atte inbeffen bie SBelt in üerfdtjiebenen ©eftalten 
burd^ftreift, war ^ufar, ©d^auf^jicler , SBod^enf ddriftftcller , to^)ift 
bei ücrfd^iebenen ©clel^rten, ^aviSld)xtx, g^ourier, ^ani^wurft bei 
einem ^^l^^arjte, Sanbftreid^er gcwcfen 2c. ;3afob nimmt fid^ 
ÜÄarjeni^ brüberlid^ an, aber e^ war ju fpät. awit ber büßenben 
Stngft beg ©ünbcrjS lebte er nod^ wenige 3Wonate. (Bän Seben 
ging an il^m vorüber mit atten ©reuein ber niebrigen Suft. @r 
fal^ gä^nenbe ®efpenfter mit ©d^langengei§eln bewaffnet, bie 
bleid^e SDiutter in ber 9Äitte unb ben blaffen SSatcr (ügl. ba^ 
©ebi^t: ©elbftanflage ®. 43 bei 9teclam). @r hinterläßt ber 
SJelt bie Sc^re, baß ©eifte^gaben ot)ne Drbnung, g^Ieiß, 3Wd|tuna 
unb ©cbraud^ jum allgemeinen ©eften öor ffirb' unb ^immel 
nid^ti^ gelten unb baß aud^ Ijier baS Heine, woljloerwenbcte ©d^crf^ 
lein öor @ott mel^r öermöge, afe glänjcnbe, teifö vergrabene, 
tcite ücrfd^leubertc ©eifte^pfunbc (t)gl. wicber bie ©elbftan!lagie 
unb : Slngft über felbft üerfd^ulbeteö Seiben ©. 282 bei Keclam)- 
35ag SEIiema ber ixoü unglei^en SBrüber l^at ©dtiubart aud^ fonft 
nod) bel^anbelt. ^n unfrer ©rjäl^lung ift ber geniale Sruber 



II. Erlangen. 29 

(Sci^ubart fclbft) juglcid^ ber lübcrli^c ©ruber, eine ^eft -bcr 
menfd^Iid^en ® efeöfd^aft ; ber tugenbl^afte unb fromme SBruber tft 
bieiS nid^t bloß jum ©d^cin, fonbern in ©irflid^feit unb tüirb ber 
Jroft feiner ffiltem unb ber fRetter feinet genialen, aber ux-- 
rotteten SBruberiJ. ÄnberjJ finb bie 9iotten verteilt unb bie ®l^a= 
tofterjüge gejeidinet in ber fid^ enger an bai3 ©leid^nis t)om öer^ 
lornen ©ol^n anfd^Iießenben ©rjäl^Iung : jur ©efd^id^te beö menfd^^ 
lid^en ^crjenö (1775). SBo bie (grjäl^Iung öom ©tra^Ibuben 
aWarf guerft erfd^ien unb wann ©d^ubart fie gefd^rieben l^at, finbe 
id) leibcr nirgenbs angegeben, ©inen ©inf cntl^ält t)ietteid^t ber 
8eifa| : eine ®eniegef d^id^te. ©ie Subwig ©d^ubart er jäl^lt, ging 
er in Ulm, fobalb er fid^ im ©d^oße feiner gamilie tixoa^ gefam^ 
melt l^atte, ftarf bamit um, einen Sioman ju fd^reiben. (&& follte 
bie ®efdt)id^te eine« ®enie« fein unb eine trefflid^e SSorrebe 
baju marb gleid^ im erften geuer niebergcworfen. ?[ud^ ber $Ian 
unb einige Sopitel lagen fertig : aber eö fel^Ite tt)ieber unb lieber 
an ©tctigfeit jur Slu«fül^rung. SSgl. aud^ ©traufe I, 313, m 
S^ubart am 13. Februar 1775 an feinen SBruber Sionrab, ©tabt^ 
fd^reiber in Äalen, fd^reibt, er mad^e gegenwärtig einen 9ioman. 
Ob nun jener JRoman ju ber ©eniegefd^ic^te öon bem ©tral^l* 
buben SKarjc jufammengefd^rumpft ift ober nid^t, bleibt ungewiß. 
@o tjieX aber ift liöd^ft wa^rfd^einlid^ , ba§ ©d^ubart in bem 
9toman: „®efd^id^te cinei^ @cnie§" ben 9toman feine« eigenen 
Seben« gefd^rieben ptte unb ba§ bie ©eniegefd^id^te öom ©tral^l* 
buben ebenfalls ©d^ubart« geben, namentlid^ in feiner Qfugenb, 
unb gatij befonber« bie in (Srlangen jugebrad^te 3^^*» ä^<^^ ^^i 
tocitem nid)t in allen, aber boc^ in mel^reren fel^r wid^tigen QiliQtn 
toiebergicbt, bie wir oben genannt iiahm. — Sinem @enie, t)ol= 
lenb« einem mufifalifd^en @enie, meinte ©d^ufiart lange 3^it, fei 
Älled erlaubt. SBar bod^ auc^ fein ^orfal^r, ber große tlaöier* 
f))ieler ©d^ubart, ber in ?ßari« lebte unb bort an vergifteten @rb* 
f^wdmmen ftarb, „leiber" ein ffiüftling. Diefe« „leiber" ftammt 
nid^t au« ber ©rlanger 3^it, fonbern t)om §ol^ena«perg. 

Über ben fd^äblid^en ©influß ber SJhifif auf ©d^ubart« (Sifa^ 
rafter unb ®eifte«entwid!lung l^aben wir un« frül^er geäußert. (Sr 
erwarb fid^ in ber Xl^at ein ^erbienft baburdi, baß er bie ©tabt* 



80 n. $(alen unb ^dnigSbronn. 

Tttufi! in Äalen bilbetc, bie gttjar auj^ lauter ^atibwcrfslcutcn 
beftanb, aber bod^, burd^ guten SJortrag unb ffertigfeit im Sefen, 
oft bie Sewunberung bcr ^Jrcmben würbe, ^m Übrigen bcHagte 
©d^ubart fpäter mit JRed^t, ba§ er aud^ bie« Talent nid^t gcl^örig 
benu^t, fonbern t^ üiclmel^r unter allen am meiften mipraud^t 
\)ab^. „^i) tf)at l^ierinnen ju üiel unb gu »enig. Qu öiel, toeil 
id^ bie 833iff enf d^aften üemadtiläffigte ; ju Ujenig, »eil id^ bie Siöu^ 
fünft nid^t genug — nid^t in allen il^ren S:iefen ftubierte." 

@benfo fel^Ite t& feinen ^rebigten an g^leife, Salbung unb 
emftem Sibelftubium. Äud^ l^ier regte fid^ bie SSirtuofeneiteHcit. 
Dft prebigte er aud bem Stegreife, einmal l^iclt er eine ganje 
^rebigt in SSerfen. 

@ine Qtit lang »ar ©d^ubart ^auÄlel^rer bei einem reid^en 
Öfonomen in ftönig^bronn, SWamen« SBIejinger. (gr fällte aber 
feine ©teilte fd^led^t aui^; benn er fal^ ein, ba§ unter ollen (£r^ 
jiel^em berjienige ber fd^Iimmftc ift, ber felbft feine ©rjiel^ung 
genö§. Um fo mel^r glänjte er ate angenel^mer ©efellfd^after, 
namentlid^ im Umgang mit Dffijieren ; Saltl^afar ^aug lodEte il^ti 
nad^ ©tö^ingen, ujo er Pfarrer ujar; üon ^faxxer Söaumann in 
Sartl^olomäi lernte er im ©inne Sutl^er^ öolfi^tümlid^ prebigen. 
Salb überlief er feinem S5ruber ;$Jafob bie ©tette in Äönig^bronn, 
um in Slalen unb ben angrenjenben 2)örfern ben ©eiftlid^en im 
^rebigen beijufte^en. 3lud^ feinen ehemaligen ©ofratej^ ©d^ülin 
befud^te er ujieber. ©ine ^rcbigt, bie er öor il^m in Sauterburg 
l^ielt, nannte ©d^ülin ein ©emälbe öoH l^o^cr SadEfarben, aber 
ö^ne (Seift unb Sraft. ©djubart toax, wie er felbft bei ber ©d)it 
berung feine« «ufcntl^alt« in ®ei«Iingen fagt, ate Äanbibat JRatio* 
naiift j er l^ielt ;3efum für einen SKittler mie ÜÄof e« unb für einen 
frommen Seigrer, ben er übrigeni^ weit über alle ®efe^geber unb 
3Beife J^inau^fe^te. 

3Son «alen reifte ©d^ubart nad) ©felingen gu SReftor SSMf), 
ber fein ©d^wager geworben war, einem tüd^tigen ©d^ulmann 
t)on bewäl^rtem ©l^arafter unb äd^ter Humanität, aber in ^infid^t 
auf geiftige Begabung unb ©inn für wiffenfd^aftlid^e unb üftl^e* 
tifdtie Sritif weit hinter ©d^ubart jurüdtftel^enb. ®leid^ ber erfte 
SBrief in ber ©trau^ifd^en Sammlung ift an Sä'idf), ber bamal« 



II. 9letfen nad^ ©Utoangen unb burd^d ßim^urgtfd^e, 31 

nod^ in Slßcrtl^cim Eöitrcftor unb mit ®6)uhaxt» ©d^wcfter erft 
Derlobt ttjar, gcrid^tet, trägt bag 5Datum üom 9. ^funi 1760 
unb ift no(i^ ^öd^ft ceremoniett gcl^alten, bod^ fo, ba§ bci^ ©rief* 
l'tcttcri^ ttjarmc ©ntpfinbung burcj^ bic f onöcntioneüc g^ormcl ilbcraß 
burd^jubringcn ftrcbt 

„^oci^iool^lcl^noürbiger unb $od^gcIct)rtcr ^crr! 
SScrcl^rungi^wflrbigcr ^crr Söruber!" 
lautet bic Änrebc unb 

®ucr ^od^tüol^lel^rwürben 

meine« ^öd^guöerel^renbcn Söruber« 

aufrid^tig ergcbenfter 2)iener unb järtlid^er öruber 

ßl^riftian gricbrid^ 2)aniel ©d^ubart 
S.S. Theol. Cand." 
bcr ©d^lu§. 

Die änrcbc in ben fpätcren ©riefen ift einfad^er gen)orben, 
aber ba« ftcifc ®ic meidet bcm traulid^en S)u erft fpät. ^n einem 
»rief t)om 10. ^uni 1767 tüirb md^ öon ©d^ubart nod^ gefiegt, 
in bem näd^ften wm 22. 9lot)ember 1767 gebujt. 

^aum n)ar ©d^ubart )Don Solingen nac^ %alen jurttdtgetel^rt, 
ate er, um feine miltterlid^e JBIuti^üerwanbtfd^aft fennen ju lernen, 
ba« StnH)urgifd^e burd^ftreifte. ffir bereid^erte baburd^ feine ^tn^ 
jd^enfcnntni« unb befam fd^on l^ier, wie f))äter auf feinen )okh 
faci^en äBanberungen, bie ©infid^t, ba§ eö attentl^alben eblc, 
fromme, aud^ gefd^idEte JWenfd^en gicbt, wenn man nur ein Äuge 
l)at, fie auffud^en unb ein ^erj, fie fül^Ien ju fönnen. — ^m 
Februar 1763 finben mir ©dtjubart in ©Dmangen hti bem g^ürft* 
propft, ber aud^ protcftantifd^e ?ßfarrftellen, wie bie in Aalen, ju 
vergeben l^atte. ^f)m übergiebt ber Äanbibat bcr S^l^eologie ein 
®ebid^t, betitelt: „ÜDcr gute i^üx\t} eine Dbe auf Antonius 
igguatiu«, ^obft ju ffittmangen.'* S)ic längft öergeffene unb im 
Sttd^l^anbel vergriffene Dbe wirb gnäbig angenommen unb trägt 
bem SSerfaffer ba« SSerfpred^en ein, ba§ man feiner gebenfen 
werbe, unb ate „t)ortreffiid^cn ©orfd^madE" baüon — 4 tarolinö. 
@d)ubart licjs fid^ öon biefem Honorar ein Sleib mad^en. ©trau§ 
bemerft bagu: „^üx ben Anfang war bo« fd^on red^t (ba§ nämlidi) 
bie Dbe bem frierenben ^octen ein warme« tleib eintrug) ; aber 



32 II. Slufcnl^alt in ©tttoanflcn. 

t)a§ ©d^ubart über biefe Stellung, ®ro§c — unb fclbft Steine — 
gegen ©rwartung eineiJ 'Douceuri^ anjufingen, jcitlebeni^ fid^ m6)t 
«r^obcn ^at, ba^ er unfähig war, bie ^öl^ere ©tcttung einju^ 
galten, weld^e ber t)on i^m angebetete SIo^)ftod burd) fein eigene^ 
^eifpiet ber 3)id^tung unb ben 3)id^tern angen)iefen l^atte — barin 
fe^en tüir, neben ber Ungunft ber Umftänbe, bod^ jugleid^ einen 
<SrunbmangeI feinet S^arafter^. §ätte ©d^ubart fo t)iel ©tolj 
befeffen, al^ er ®itelfeit befaß: ao^and^ei^ in feinem ßeben njürbe 
fid^ anberg unb beffer geftaltct l^aben." fiefetereiS jugegeben, erlauben 
tt)ir \m^ bod^ ju (Sunften ©d^ubartiS anjufül^ren, baß er nad^ ber 
©d^ilberung feinet ©o^n^g (VI) im ^erfe^r mit ^öl^eren oft 
Sieben unb Urteile ücrnel^men ließ, fo !edE, fo fdiarf unb fd^nei- 
benb, baß aQe 3lnn)efenben tjerftummten unb einanber anfallen; 
baß er (IV) auf bem Slöperg oft afe ßol^n für feine SSorfteffungen 
beträd^tüd^e ©efd^enf e erhielt, um bie er nid^t gebeten tiatte ; baß 
«r ferner, wie »ir eben bafelbft lefen, ®efd^en!e an 3Bein, ^Jrttd^tcn 
unb ®elb jum großen Sleil unter feine SKitgefangenen ober unter 
bie wad^t^abenben geftungöfolbaten auiSteilte. ©trauß felbft ^at 
€g unterlaff en, 93eif))iele anjuf ü^ren ; mir faßt im Slugenblirf aud^ 
feinet bei. ^n ©ei^Iingen ^atte er bie ßeid^en l^inauSjufingcn, 
nnb ba mag feine SJhife in mandtiem ©ebid^t üon ber ju crmar* 
tenben SBelol^nung beeinflußt worben fein; aber jum eigentlid^en 
SBettelpoeten t)at fic^ ®ä)uhaxt nie erniebrigt. 

S33ai8 aber bie parallele mit SIopftodE betrifft, fo mar bicfer 
€benfall[g öon SBerlangen nad^ 9iul)m unb 3lu«jeid^nung befeelt, 
nur litt er nid^t in bemfelben ©rabe, mie ©d^ubart, an „^eiß* 
junger nad^ ©elebrität" unb ^atte in feinem ©efen tttoa» ©toljeg, 
©elbftbemußtei^ , baig unferem ©d^ubart abging. SIopftodE in 
©efettfd^aft tjon ^anbmerf^burfd^en, äBeingärtnern, armen S)orf= 
fd^ulmeiftern — bie ^ufammenftettung fd^on wirft fomifd^. Qn 
geredeter ?(ui^gleid^ung ber beiberfeitigen SSorjilge gelang ©d^ubart 
ber tjolf^tümlid^e, naitje 2:on öortrefflid^, öon bem Silopfto^ weit 
entfernt blieb. Übrigem^ ©efc^enfe l^at aud^ SlopftodE angcnom* 
men, wie männiglic^ befannt ift, unb al& intereffante ^araHele 
p ©d^ubartö erfungener Äleibung fül^re id^ aui^ ©trauß Auf fafe : 
Älo:pftod!iS ;3^9^^^9^f^^*^ ^^f ^^^ ^^9^^ i" feinen 35orlefungen 



IL SBctm gürftbiWof. 33 

über Äeft^ctif bcmetft: „tlo^jftodi^ 35erlcger in ^aUe beja^Itc i^m 
für bcn Sogen ber SWeffiabc 1 ober 2 S^aler, glanb' id^; bar* 
über l^tncmS aber Iie§ er i^m eine äBefte nnb ^ofe mad^en, filierte 
i|n, fo au^ftafflert , in ©efeCfd^aften nml^er unb ließ i§n in ber 
JBefte nnb '^ofe feigen, nm bemerfbar gn mad^cn, ba§ er fie il^m 
angefc^afft l^abc." ©tran§ bemerft bajn: „35ic ©cwä^r für biefe 
«nefbotc muffen wir ^tQtln iiberlaffen." Qf^^^^^f^^ß^ f^^^^ ^i^ 
barau«, ba§ man bcm ©änger beig SDicffiaö fo etwa« jntrante. 
- Kin ^auptfel^Ier beg ®tran§fd^en SBerfiJ ift, ba§ ©d^nbart 
barin bel^arrlid^ ate SJercl^rer ober „Anbeter" SIopftodE« erfd^eint; 
jo aud^ in ber ©inleitung jnm erften äbfd^nitt — nnb bodt) bnrfte 
Strauß nur gleid^ in bicfem Äbfd^nitt ben neunten SBrief anfel^en^ 
um gu bemerfen, rt)ie fritifd^ ber 24iäl^rige ©d^ubart fid^ ju Älo^)* 
jlod öerl^ält: „^6) bin üolßommen mit meinen tritifern (ben öer* 
Imer Sunftrid^tern) einig, baß SIopftodE ber größte ®eift unferer 
3cit ift, aber baß feine geiftlid^en fiieber faum mittelmäßig finb," 
jd^teibt er feinem ©d^toager SÖädi), ber mtt bem Urteil ber SBer* 
Ruer über SIoipftodE unjufrieben xoax. „üDamit ®ie wiffen, meß 
®lauben^ id^ bin, fäl^rt er fort — fo mtffen ©ie: „^6) glaube, 
i^ttß SBielanb ein großer SDiann ift, aber bamit laffe id^ mir nic^t 
Sftte^ aufbringen, ioad er gefd^rieben l^at." 

Äu^er feinem ©d^rt)ager fnüpft ©d^ubart mit SJaltl^afar ^aug, 
bem afe 5ß|avrer in 9?ieberfto|ingen, juerft fc^riftlid^, l^emad^ 
^Jcrfönlid^ eine literarifd^e SBefanntfd^aft an. „^^^9 if* i^l* ^^i« 
ifreunb, fd^reibt er feinem ©d^mager ; id^ bin fünf Sage bei il^m 
9eft>cfen unb l^abe an il^m einen SOiann üon tiefer ©nfid^t gefun* 
ben. @in lieber Sßann, öoH ^öflid^feit. ffir l^at mir oiel @^re 
«^tüicfen, unb id^ mar fo glüdEIid^, feinen SBeifaQ gu erl^alten." 
!öiefc Sefanntfd^aft foHte für ©d(|ubart folgenreid^, ja t)erl^äng* 
ni«t)oII merben. 



^auff, e^ubart in feinem Seben unb feinen SSßevlen. 



34 IIL (Seidltnaen. 

III. 

1763—1769. 

9lid^t afö ©ciftlid^cr foHte ©d^ubart fein Scben jubringcn, 
ffir melbcte fid), um feinen 6Item üom Sörote ju fommcn, bei 
ben SSätern ber fRepublt! Ulm um bie ©teile eine« $räjc:ptorg 
unb Drganiften in bem jum Ulmifd^en ®cbiete gel^örenben ®täbt* 
d^cn ©eislingen. (So erfd^ien, fagt ?ßreffel in feinem ©d^tiftd^en : 
„©d^ubart in Ulm öor ben SBoIfen))erü(fen ber 5RcpubIif Ulm 
ein Jüngling t)on 24 ;3fa]^ren, etwaig über mittlere ©tatur, fel^r 
blafe unb fd^mäd^tig, aber breit öon ©d^ultem unb Söruft mit 
einem auffalllenb großen S:opf, lirfd^roten Sippen unb Ijeöen^ 
f euerwerfenben 3lugen, ber ©o^n bed 'Diaf onu« in Äalen ; etftanb 
bie Prüfung unb erl^ielt ha^ patent. JBalb nadt) bem Antritt 
biefer ©teUe fd^Io§ er eine überftürjte ^eirat. SBic t» bamit 
jugegangen, erjäl^It bie öon ?ßreffel mitgeteilte ^Jamilientrabition 
alfo: „@« tt)ar glad^i^marft in ®münb. !J)ie SBei^ro^toirtin 
Slögöwer öon ®ei«lingen befud^te il^n mit i^rer ©d^wefter Helene 
JBü^ler. Auf bem Janjboben fpieltcn 3Äufi!er üon ?(alen auf; 
unb ba« fröl^lid^e SÄäbd^en fagte ju einem: „®rü§ct mir audfi 
euern Sanbömann, unfern neuen ?ßräjeptor ©d^ubart," unb ppfte 
a^nungi^lo« ttjeiter* (Stlid^e 3ßit tuar feitbem t)erftrid^en ; ba traf 
ber neue ^räjeptor in ®ei«lingen ein unb fein erfter ®ang tt)ar 
ju bem Dberjoller JBÜl^ler. @r blieb ben ganjen SWad^mittag, 
ben ganjen Äbenb unb ate eg SWad^t würbe, tüar er nod^ ba. 
©d^lag 12 Ul^r rid^tete er fid^ auf unb fprad^ im Stone einei^ 
©el^er«: „^err DbergoCer, id^ befomme l^eute nod^ eine ^au. 
®ie ift eg, bie mir ben ®ru§ aui^ ®münb gefd^idEt i)at, ij^re 
Helene." — „©o benfen ©ie l^in, ^err ©d^ubart? ^d) bin ein 
9Rann ol^ne 3?ermögen." Am näd^ften aRorgen ^olte fid^ ©d^u^ 
bart bie 3lnttt)ort; fie lautete: ;3fa." 

SBie gauj anberi^ tt)äre ©djubart« ©d^idEfal auögcfatten, 
wenn er nod^ eine Qtit lang in Aalen geblieben wäre unb ein 
SWäbd^en gel^eiratet l^ätte, baS i^n aufS järtlid^fte liebte unb ba«- 



III. ©etSlingen« 35 

\fyit (gltcm, bie jcl^r tt)oI|I^abcnb waren, ntd^t auiJ il^rcn Stugcn 
lafleti toollten. Sic ttjurbc nac^l^cr „burd) eine fonbcrbarc 
©djirfung" bie ®attin üon ©d^ubartö jüngerem SBruber ©onrab, 
bem ©tabtfd^reiber öon «alcn. «m 13. «pril 1775 f einreibt 
©^ubart üon Ulm an feinen Sörubcr, ber bamafe ©räu* 
tigam war: „833erb ganj gen)t§ auf ÜDeine ^o^jeit fommen unb 
©einem trauten SBSeib einen berben Sd^maj auf'n alten gled 
geben. §ab fie el^mafe järtlid^ geliebt; I|ab il^r ^erj ju ffim« 
^)ftnbungcn ber Siebe geftimmt unb nun — fpielt ber jüngere 
©ruber auf bem fflügel. ®önne iCir'i^ l^erjUd^! ©mpfa^e all 
ben ©egcn, ber mein war; ben mir aber ®ef^id unb eigne 
@(|ulb raubte." — (Sefd^idE unb eigne ©d^ulb! g^rembe unb 
eigne @d^ulb? fjrembc, weil Äatljarina'g (gltem fie burd^auÄ in 
il^rer Stft^c l^aben wollten? ®ie war be« ©tabtfcj^reiber« jweite 
@attin, fd^eint feine Sinber geboren gu l^aben unb ftarb für je 
3eit t)or ©d^ubartiJ SSerl^aftung in il^rem SÖIütenalter (öergl. 
©trauß II 827, ©d^ubarfcg Seben X). 

ein gewiffer fataliftifd^er 2^q, ber ©laube an SEräume, 
Segnungen, SSorbebeutungen , ©^irffali^winfe mad^t fid^ in ©d^u* 
bartd gangem Seben bemerflid^. $on 9^atur neigte er fi6) t)iel 
mel^r gum Aberglauben aU gum Unglauben. (Sin gufüQig l^in^ 
geworfene« äBort eine« l^eitem JKäbd^enö beftimmt bei einem ber 
»ic^tigften ©d^ritte im fieben feine SBal^l. 

^tnn aber ©trau§ in feiner iSDarfteUung bei^ ®ei«Iinger 
fiebeniS ftd^ fo auiSbrüdft, ba^ man unwiOfürlid^ glaubt, ©d^ubart 
^obe unüberlegt („^aftig") gei^anbelt unb fei, ol^neüorl^er ftd^ genauer 
erfunbigt unb feinen Sater gefragt gu l^aben, ©d^ulmeifter geworben, f 
»Deifi ab. aSol^lwitt in ©d^norr« üon (Sarotefelb «rd^iö für Sitten 
taturgefdiid^te 1877, VI. »anb in bem «uffafe: „Beiträge gur 
Senntni« (E^r. fjr. D. ©ii^ubart«" ba« (Segenteil nad^. ®t war 
auf ben SBunfd^ feined SSatcri^ ©d^ullel^rer geworben, ^n einem 
SBrief an S)ia!onuj^ Sbelen in @eidlingen bittet er biefen gu fagen, 
06 biefe ©teile mit. feinen f^äl^igfeiten unb mit bem einmal er^ 
griffenen ©tubium öcrl^ältniÄmäfeig fei, — femer ob er afe ein 
e^rlid^er SKann beftei^en fönne unb wegen feinei» ferneren ©lüdi», 
bad er niemalen in ©d^ulmeiftergrengen eingufd^ränfen gebettfe. 



36 ni. ©ctglittgciu 

nid^t ®cfa^r laufe. ,,^i) rocrbe meinen ©Itern btefcö 3^^9^i^ 
vorlegen, bamit fie l^crnad^ urteilen fönnen, ob id6 bie ©ad^c 
weiter betreiben foC." 

®o war benn ©d^ubart (Seemann unb ©d^ulmeifter jugleid^. 
(Den Sitel ^räjeptor ^atte er, weil er ein ©tubierter war.) Slbet 
glüdlid^ unb jufrieben war er nid^t. ©eine ©attin, bie er in 
mehreren iJiebem, befonberö in bem ©ebid^t „ber glüdEIid^e (Sf)t^ 
mann" üerl^errlid^t l^at, brad^tc wenig 35ermögcn, aber ein ^txj 
öoQ Siebe unb Streue, bie in bcn jd^werftcn ©d^idffalöprobcn 
©taub l^ielt, einen ))ra!tifd^en, nüd^temcn SSerftanb, fogar eine 
gewiffe ©nn^fänglid^fcit für l^öl^ere SSilbung mit. „^n ber ®al* 
lerie bentfd^er Did^tcrgattinnen, fagt ©traufe mit Siedet, gebül^rt 
il^r ein S]^renpla|." Allein ©d^ubart war unb blieb eine „pxsy^ 
blematifdtie 5Äatur". (5r fonnte fein ©eib burd^ il^re SBerl^eira:^ 
tang nid^t gliidtlid^ mad^en. „®^ war, urteilt er felbft, bie SSct- 
binbung bz& ©turmi^ mit ber (Btitlz, ber feurigen Stl^orl^eit mit 
ber abgefül^Iten 3?emunft, ber Änard^ie mit ber Drbnung. Shtr 
nad^ unb nad^ lernte fie bie Äunft, ftd^ an il^n ju gewöl^nen; 
üon ^aufe aus war fie, wie ilire (gftem, eine ftillc, bürgerlid^ 
red^tf^affene, profaifd^ gcorbnete Statur, bie il^tei^ 3Äanne« geiftige 
©trebfamfeit, feine geniale ©igentilmlid^feit, feine litterarifd^eu 
SBcfd^äftigungen nur afe ©jjeffe betrad^tete, benen fie miJglid^ft 
tjorbauen ju muffen glaubte. ?tls Seigrer l^atte ©d^ubart 120 hi§ 
150 ©d^filer täglid^ neun ©tunben lang ju untcrrid^ten, aU 
tantor bie Drgel ju fpielen unb bie fieid^en l|inaugjufingen. 
@ine fd^were Aufgabe, bei ber eö an ?[erger unb SSerbrul^ nid^ 
fel^Ite. ©ein ©infommen ftanb in feinem SSerl^ältnig ju feinem 
mül^eöoöen ?tmt unb er mufete nod^ baju einen 2;i^eil bem alte«, 
bienftuntüd^tigen ©d^ulmeiftcr geben 3fn einem SSriefe an ben 
ftonfulenten ^ädf^el in Ulm mit bem Datum: 24. Dejbr. 1764, 
l^i'lt er fid^ einen 9Äenfd^en, ber eine fj^rau l^at, bie juglc^ 
feine 3Bagb ift; ber unter Keberlidien Arbeiten leud^t; ber üor 
bem ©arge einer alten ©pitalfrau mit ad^t geflidEten aßäntehi 
wie unfinnig ein 2iotenlieb fd^reien mujs; ber unter 120 SCar* 
tarn, mit ber Änute in ber §anb, 12 ©tunben bc« Zagß um^ 
l^erwonbeln mu§; ber enblid^ an be« ^errn 3iul^ctag mit neun 



III. ©ciglingcn* 37 

Jurien, bic anftatt brcnncnber gacfeln fjiebelbögen tragen, gemar* 
tert wirb ; bcr bie l^ciligen S^riftfeiertagc mit jtüeiunböieräig ©fein 
unb einem 9ÄauItier, ha^ auf lateinifd^ Santor Reifet, öon ^au« 
3u ^avi§ betteln ge^en ntuß; ber enblid^, um ben Seldf) bei^ 
eienbg unb ber 9iiebrig!eit big au] bie ^efe au-g juf auf en , feinen 
greunb um jid^ ^at, bem er feineu ;3fammer flagen fann. ^.^n 
Slümberg l^at ju meiner Qüi tin SWann einen Äffen abgeriditet^ 
njeld^cr fid) mit gratjitätifdfier SWiene unter einen |)aufen Sagen 
fegte unb fobalb er ben 2:aft gab, fo fingen bie Sagen erbarm* 
Itc^ barnad) ju fd^reien an. ©ine öööige prop^etifdie ©atire auf 
vxi^ ; benn ber Slffe, ber ben 2^a!t gibt, bin id), unb meine S3u* 
ben finb bie Sagen, weld^e fdireien. 5)er Unterfd^ieb ift nur ber, 
ba§ fid^ ber 5IRann in SWümberg mel^r bamit öerbiente, aU ic^." 
3tt)ar xoenn er bamate nod^ feinen greunb l^atte, fo befam er 
balb einen fold^en in ber ^erfon beg |)ang Sari ;JJmmanueI ^a* 
triciug ®(^neiber, auf feinen ®emälben getüö^nlid^ nur Sari 
©d^neiber l^ei^enb. @r war ber ©ol^n be^ $Jot)ann Seonfiarb 
©d^neiber, |)ofmalerg ju 3lnöbad), beffen Strbeiten unter bie öor* 
jfiglid^ftcn Sunftwerfe, befonber« feit ber 3^it, wo er um feinei^ 
leid^tfinnigen fieben« unb feiner ©djulben Witten unter 3luffidt)t 
gefteUt war, gejault würben. !J)a§ gauj eigentümlid^ aufgefaßte 
Silb beö ecce homo in ber ©eiölinger ©tabtfirdje ift feine Ar* 
beit. ©r lebte 1741—46 in ©ei^lingen mit feiner fjrau Sliar* 
lotte ei^riftiane J)on SWettel^orft; unter traurigen Umftänben ftarb 
er 1762 ju ®dE)Wabad^. ©einem ©ol^n, ©d)ubart§ greunbe, 
toar alfo Sieberlid^feit unb Talent gleidE)erma§en angeboren unb 
anersogen. (gr entlief feinen (gltern, warb fatl^olifd^ unb ;jjefuiten* 
jögling in ?ßappenl|eim, feierte, ba feine 50hitter nod^ lebte, nad^ 
Feiglingen jurüdE. SSon ©eiölingen gieng er f:päter nad^ Ulm, 
öon ba unter bie faiferlid^en ©olbaten, warb loggefauft, in 
äuggburg fel^r unterftügt — unb ftarb ober üerwefte öielmel^r 
bafelbft 1773 an ben folgen feiner Stugfd^weifungen nod^ hti 
lebenbem Seibc, mit ©eUertö SDioral in ber ^anb, mit ben SBor* 
ten, bie er tjor fid^ Ijinfeufäte: „©o fottf id^ gelebt Ijabenl" 
(SSergl. SSc^ermann, S^ad^ri^ten tjon ©elel^rten 2C., Ulm 1798 
®. 474, unb t)on bemfelben „neue l^iftorifd^e Söiograpl|ien, Ulm 



38 m. ©etdüngen. 

1829 ®. 489.) B6)uhaxt rtt^mt t^m nad^, ba§ er feinem ttr* 
teile über bie SBerfe ber ^nft nad^l^alf unb x\)m einige pra!* 
tifd^e Äntoeifungen gab. „@r toax 2:onfünftIer, lag bie ÜDid^tcr 
mit (Stttpfinbung, fi^rieb unb fprad^ gut in mel^r afe einer 
©prad^e, erl^afd^te in feinen ©emälben bie SWatur oft 'auf ber 
SEI^at, ttjar fonberlid^ jum |)ogartl)fd^en ©tt)le geneigt, tjerfäumte 
aber bie QdäjtirmQ; fein Kolorit ttjar anfangs glütjenb, ftanb 
aber in ttjeniger Qtii ah." SDWt ©d^ubart l^atte er im ®uten 
unb ©Öfen mel^rfad^e Serü^rungj^punfte: bie mufüalifd^e SBegab* 
ung, bie SBegeifterung für bie !Did|t!unft, inSbefonbere für Älop^« 
ftodtg SÄcffiaiS, o^ne ttjeld^e er fi^wcrlid^ bie jttjölf Stpoftel na^ 
bem britten ®efange ht^ SÄeffia^S in eine !Dorf!ird^e gemalt Iiätte, 
SÄitleib unb S9arml^erjig!eit gegen bie 5Wotleibenben, Selefen^eit, 
SBig, gcfeUigeS 2:alent unb ttnterl^altungögabe, leiber aud^ |)ang 
jum Seid^tfinn, jur Unorbnung unb jur Jrunfen^eit. @r Ijätte, 
vermöge feinet trefflid^en ®enieS, ein großer Äünftler werben 
!önnen, wenn er fid^ nid^t burd^ bie auSgelaffenfte ßieberlid^feit 
felbft gemorbet l^ätte. !Da§ bem ©d^ulmeifter , i^^genberjiel^er 
unb ftubierten 2:t|eologen bie g^reunbfd^aft miftbeutet würbe, öer* 
fte^t fid^; „allein wenn id| Äopf fanb, fo fa^ iä) über bie ©it* 
ten weg." Slußerbem rü^mt ©d^ubart nod| ben ©tabtarjt 
Dr. aiau als einen SKann t)on l^eHem ?luge, freiem UmblidE im 
®ebiete ber SBal^rl^eit unb einen ber trefflid^ften ?(erjte, öon bem 
er in ber 5Waturlel^re unb pl^t)fifd^en äJienfd^enfenntniS öiel ge* 
lernt ^abe. 

SWan foHte meinen, als S^eolog ^abe er bie ©efeUfdiaft 
ber DrtSgeiftlid^en gefud^t; allein biefe waren feine 33orgefe^ten 
unb er füllte fid^ als i^ren ©flaöen. 9?id^t feiten würbe er bei 
il^nen öerflagt, wenn er feinen SScrbru§ an ben ©d^ülern aus* 
lie§ ober gar einmal, ftatt in bie ©^ule ju ge^en, wie fein ©oI|n 
erjäl^lt, jum Sl^ore l^inauS wanberte, um fid^ mel)rere Jage lang 
als Slnadioret in 3^elb unb 335alb l^erumjutreiben. ^n einem 
SBriefe an feinen ©d^wager ^bdf) öom 26. 3Kärj 1766 tlagt er, 
ba§ er ber ©!lat)e öon jWeien t^rannifd^en Pfaffen unb einer 
gangen ©d^ar t)on |)o^enprieftern unb ©diriftgelel^rten fei. ^n 
ftarf fatirifd^er ©timmung fd^reibt er ein :3fa^r fpätcr an ben^» 



III. ©ctgangcu. 39 

felbcn (®trau§ I, 144): „eine ewige langweilige 9Äonotonie liegt 
auf un^ unb mad|t, ba§ ein SWarr ben anbern angähnt. Unfer 
^err ^aftor jtedt Sonnen unb lieji iJJntelKgenjblätter ; ber |)err 
|)elfer (fd^wäbifdi = ©iafonug) fte^t auf feinem l^öljemen Slb* 
fa^, bro^t ber gottlofen böfen 335elt mit feinem QtXQZ^nQtxUin 
ben Untergang, Hegt beg ?ßeter Siabud Sc^erl)iftorie unb jeugt 
fleißig ^nber. 2)et weltlidie ©tanb rupft Parteien, fpielt, 
fd^mau^t, findet über bie Pfaffen unb ift mit bem ^riöilegio ju* 
frieben, ungeftraft fte^len ju bürfen. Unfer |)err ©oltor reitet 
einen fd^önen @rauf(^immel, befäuft fid| fleißig unb öerf treibt 
JRejepte. 35er Sttrger ift bumm, l^o^mütig, arm, ein ©Hat), 
trägt filbeme ©dinallen unb fri§t |)aberbrei. Unfere Ämagonen 
bet|errf(^en bie SDiänner, betjölfem i^ren SÄift^aufen mit ©umm* 
löpfen, läftern unb Iiaben filberbefdilagene SJibeln." Slagen, 
klagen, nid^tg alß Slagen in aßen Sriefen! „©ie ^aben einen 
©enior, ber menfd^Iid^ benft, jum ©d^olardien, unb id^ mu§ mid^ 
unter ba0 ^o6) jweier SBaafepf äffen fdimiegen, bie ber 5Weib in 
aßen i^ren ^anblungen befeelt." 335enn aber biefe SWänner ben 
^räjeptor ju fid^ luben unb i^m einen SSermeig gaben, fo tl^aten 
fie nur, mag i^reg Slmt^ mar unb öerbienten ®d^ubarti3 ©d^impf* 
reben nxä)t „©ie laffen fid^ öon ben ©Item itirer ©dualer feine 
®renjen t)orf d^reiben , unb iä) hin ber ©Hat) eineö jeben SBür* 
gerg, ber mir einen grinbigen SBuben ant)ertraut, — ja, id^ tjer* 
fidlere ©te mit ftiHer SBe^mut meinet |)erjen0, ba§ id| öon tjer* 
fd^iebenen SSätern bereite mit ©plagen bebro^t morben bin. D, — 
lieber ©d^roager, meine |)anb jittert, inbem id^ biefei3 fd^reibe." 
5)od^ jur Äu^fülirung biefer ©ro^ngen ift eg nid|t gefommen. 
äöie ^^ in feinem |)aui3mefen au^fal) unb mie er mit feinem 
Seibe unb feinen ©d^miegereltem ftanb, fie^t man aug bem SBrief 
t)om 7. ©eptbr. 1767 an fdbdf): ,,^6) §abe feinen greunb, fei* 
neu 9lat, feinen Umgang, feine greube, unb bin bagegen mit 
Äufkuerern, mit Sift, |)a§ unb Verfolgung umgeben. S)cr ®eift 
ber SSertraulid^feit ift aus meinem ^aufe gewi^en unb id^ mujs, 
toiber meine Steigung, falfdi fein, ^tm^ offene SBefen, bad mid^ 
in gelingen begeifterte, ift ^ier {ebermann unbefannt, bagegen ift 
ein gemiffe« plumpe^ fieimtüdtifdieg 335efen bie g^rie unferer @e- 



4U ni. (SciSlingen. 

feltfetiaften. 9Äetn fficib, bte nad^ ©einer ?tbreife fe^r franf gc* 
tüorben, aber jefet beffer ift, ^auöt mit i^reu ©Item, bie, fo lang 
td| in ber ®^ule bin, in mein |)auö ftürmen, ttjiber midi ton^ 
f))irieren, meine SBrtefe erbredien, SBüd^er, tjon weld^en fie üer* 
muten, ba§ fie nod^ nid|t bejal^It finb, wieber fortfd^irfen, meine 
S5ud^I)änbIer unb 33ud^binber ttjarnen, . mir feinen treuger ju fre* 
bitieren, meine fauer öerbiente ©eiber felbften einnehmen unb ba^ 
mit fd^alten unb walten tt)ie fie mögen. ^^ barf mic^ nid)t 
rühren, xonl x6) feine |)ilfe i)abt, — benn im ^immel unb auf 
(grben fd^eint 2(He^ üor mid^ tjerfd^Ioffen ju fein. — ?(rm, t)er* 
a($tet, tjerlaffcn, unbettjeint fterben, bag ift fjart ! — ©id| felbften 
3Sortt)ürfe mad^en muffen ift nod^ härter." ®id^ felbft auäufla* 
gen, bte Cluelte feinet Unglüdfö im eigenen ;3^^^^ i^ fudicn 
unb ben nun einmal übernommenen S3eruf aud; tjon feiner £id^t== 
feite ju betraditen, lernte er erft fpäter, afe arge SSerirrnngen 
im befolge t)on fdf|tt)eren ©d^idfatefd^Iägen i^n jur fflefinnnng 
brad^ten. 33orerft bleibt er noä) ?(nfläger be^ @df|idfafe unb 
geiftreid^, aber fataliftif^ ift bie SWenja^ri^betrad^tung in einem 
S5rief an feinen ®d|tt)ager t)om 4. :$5enner 1769: „Ueberl^aupt,. 
SBruber, ^ab i^ biefe^ ^af)x fe^r fcterlid^ angefangen. 5)le un== 
glüdlid^e ®eburt meiner g^rau unb baö befc^werlic^e |)erumfingcn,. 
biefe niebrige Settelei ^at meinen ®eift unb Körper fo mitge* 
nommen, ba§ id^ mit ©d^auber unb ©ntfe^en in bie ^i^^^^f^^ 
^inauöfe^e. ^ä) ftel)e auf einer fd)redlid^en |)ö^e unb fd^aue in 
ein unenblid^ tiefet ®rab hinunter. SBa^ Dor S3egebenl)eiten^ 
t)or Hoffnungen, üor ©d^idfale, t)or Sümmerniffe unb Z^xämn 
märten auf mid^ ! 9^id^t ein fc^ttjarjeö SBIut, fonbern bie genauefte 
Semerfung auf bie üDireftion meinet bi^l^erigen SebenS red^tfer* 
tiget meine traurigen 2(l;nbungen. 5Die SJorfic^t ©otteö beobad^tet 
in ber ätegierung jebe^ einjelnen ÜKenfdien einen befonbem ^lan, 
ben fie niemals abänbert. SBer jum @Iüd geboren ift, wirb e^ 
balb merfen. ;3ebe Gegebenheit feinet gebend befommt, mie \)on 
einer unfiditbaren |)anb, eine glüdlid^e 3lid^tung, unb fein geiler 
fd^eint bem ©otjue be^ ©lüdeö f^aben ju fönnen; er läuft feinen 
blumid^ten SBeg mutig fort; über i^m ftral^let ber |)immel unb 
bie 5Watur fdieint nur \>ox (für) i^n ju läd^len, weil baß ^erj 



III. ©dSItnöcm 41 

Dc§ @lfi(flic^€u bcu einbrüdcu bcr greubc imb be§ Sd^öiicir be* 
jtänbig offen ift. — |)tngcgcn ber @o^n be« Unglüdf« fie^t glei^, 
»oju er beftimmt ift. Xaufenb fatale ^wfäHe nehmen iftn tote 
ein Strubel in bic ÜRitte imb reiben il^n in ben äbgrunb. ©d^toad)* 
Wen fmb an xf)m getiler, iJe^Ier Safter, Safter — felbft bemeinte 
Jaftcr — Quellen dnt^ unttjieberbringlid^en Unglüdfö. aWan gebe 
i^m ®aben bcr ?Watur; aber fein feinblid^e« ©d^idfal n)irb i^n 
)o fituieren , ha§ er fie nid)t braud^en fann. Sr f)aht ein eble^^ 
|)cr}; aber er wirb arm fein unb nid^t« tl^im fönnen, ate über 
]\i) unb feine SBrüber meinen. — SJerjeil^ mir, I. S5ödt|, biefen 
traurigen Son ber Setrad^tung. ÄKein er entftnnb ganj natüt:= 
Ii4 ba id^ eben t)on mir fprad^. SBir merben eg einmal in ber 
ßtüigfeit einfe^en, 

bort, tDo mir baS im 2\d)i erfennen, 
»ag tüir auf (Srbeii bunfel fa^n, 

bQ§ eine gewiffe ^räbeftination in ber allgemeinen unb inbit)i»= 
buellen iÄegierung ®otteg ftattfinbe. ®ott ge^t jmar im ©unfein; 
aber ttjenn wir fd^ärfer auf bie 5BermidEIung unfere<8 SebeniS, auf 
jcbe ©pifobe be^felben, auf bie Stuflöfung iebeö einjelnen ^noten^ 
?((^tung geben mürben, fo fönnten mir ®ott mandjmal im ©unflen 
fd^retten fc^en. 3Benn man jur 5Wad^tjeit feine äugen lang unb fteif 
auf @in Cbjeft rid^tet, fo erfennt man t^ enblid^. Unter folc^e S9e* 
obad^tcr fud^e idt| mid^ aud^ ju mifd^en. ^ä) fe^e jurüdf auf bie 
3Sege, bie i^ bi^ in^ 30. ^ai)x geführt morben unb id^ bemerfe 
uid^t ®ine glüdtlidie Senfung, nid^t @in öorteilljafteg ©reigniö, 
fonbern nic^ti3 aliS i^^rgänge, in bie mid^ mein SSer^ängniiS tjer* 
ftridEte. Qfeber geiler mar öor mid^ tjon fdtiredlid^en 3^olgen unb 
einige gute (Sigenfd^aften famen niemals auf bie 9te^nung. 3^ar 
finb bie Äu^fid^ten eines Unglfidtlid^en a parte ante angenehmer, 
ate a parte post; aber id^ bin gemol^nt, einen ©pieler wx einen 
Starren ju l^alten, ber 30 ©tunben unglüdflid^ fpielt unb in ber 
31. «lies ju geminnen ^offt." Sr fielet in feinem ©dimager 
einen foldfjen ©ol^n beS ®IüdfS, über beffen ^wfnnft er, nad^ ber 
SSetgangenl^eit ju fäjlie^en, tJoHfommen beruhigt ift. 

ffiaS foDen mir baju fagen? 3lIIerbingS mar ©d^ubart 



42 IIL ©eigltngcn. 

n^cnigcr, ate tjiclc Slnbcrc, öom ©lüde bcgünjtigt; aber, wie fd^on 
ber Sufent^alt in SWümberg benjeift, überfielet er bie öerfd^iebeneu 
glttdlid^en 3^ügungen in feinem bii^l^erigen ßeben, er »ergibt, bafe 
bie ©dinjäd^e feines 335iIIenS, feine leidste SBeftimmbarfeit nnb 
SSerfü^rbarfeit in nnl^eiltjollem SBnnbe mit ber atterbingS über* 
wiegcnb nngünftigen Anlage nnb (Sntwidlnng feines änderen ©c^id* 
fafe ftanb. ©innlidifeit nnb ßinbilbnngsfraft überwogen bei 
i^m 23erftanb nnb 335iIIen ; l^inter nnüberlegten (Sntfd^lüff en l^infte 
bie SRene jn fpät einiger. ÜDiefer SWangel an öerftänbiger Über* 
legnng jeigt fid^, wie ber mitgeteilte älnSjng ans einem SBriefe 
bemeift, als g^ataliSmnS, ^räbeftinationSglanbe, bei bem bie fitt* 
lid^e g^rei^eit jn !nrj fommt. (£r ge^rte geitlebenS jn ben probier 
matifdien SWatnren, bie feiner ßage gewad^fen finb, in ber fie fid^ 
befinben, nnb benen feine genng tfint. ©arans entfte^t ber nn* 
gelieure SBiberftreit, ber baS Seben ol^ne ©ennfe tjerjel^rt. — „@S 
ift tranrig anjnfefien, fagt ®oetl)e, bem tuir ben befonberS bnrd^ 
©piell^agen befannten obigen ÄnSbrnd tjerbanfen, weiter, tok ein 
anfterorbentlid^er 9Renf^ fid^ gar oft mit fid^ felbft, feinen Um^ 
ftänben, feiner Stii ^ernmwürgt, ofine anf einen grünen 3^^i9 
gn fommen. JranrigeS SBeifpiel SB ärger." ©oet^e fjätte an^ 
©(^nbart nennen fönnen. 

^n mel^reren wid^tigen ^nnften l^at ©d^nbart fpäter in ber 
Sinfamfeit beS SierferS feinen Änfent^alt in Geislingen anbers 
aufgefafrt. @r fd^ilbert l)ier jnerft bie romantifd^e ßage beS 
©täbtd^enS, bie 33erge, ^Jelfen, ben ^eibentnrm, ernft nnb feier* 
lid^ an ber Sergfpi^e ftel^enb, wie er nod^ nac^ feiner 33efreinng 
im ^ai)x 1787 bei einem Sefnd^ bafelbft anfs nene alle ifteije 
ber romaneSfen ®egenb einfog (@tran§ II, 355). (Sr finbet bei 
genauerer Unterfud&ung unter ben @inwof|nern, bie aUerbingS ein 
t)erbrie§li^ fteifeS Änfe^en l^aben, eine ®mppe bieberer, rebfeligcr 
SWenf^en tjon altfd^wäbifd^em ^i^f^^nitte. (Sr lobt ben |Jlei§ nnb 
erfinberifd^en ®eift ber ßeute, ber freilid^ ^äufig auf 0einigfeiten 
gerid^tet fei. ©en i^m unmittelbar tjorgefe^ten ulmifc^en Ober* 
t)ogt t)on SBalbinger nennt er einen 3Äann tjon ßebenSart, reid^er 
©rfa^rung, frönen Senntniffen nnb bem ebelften ^erjen; feine 
reid^ auSgeftattete SBibliotfief ftanb ©d^ubart immer ju ®ebot; 



m. ®ei«angen. 43 

beSglctd^cn toie aud^ feine Su^ferfammlung ©c^ubartö Äunft* 

ftnn förbertc. "äUtn feinen SBünfd^en lam SBalbinger frennblic^ 

entgegen. An feinen ©d^illem, nnter benen fid^ meistere fel^r 

fähige Söpfe befanben, erlebte er mand^e g^^enbe. (Sr trieb bie 

Srbbefd^reibung, ®ef(^ici^te, SWatnrle^re, natttrlid^ nur in ben erften 

Anfängen, nebft ber gried^ifd^en unb lateinifd^en ©prad^e, fonbcr* 

Kc^ SailxQxapi)u, »orin er, wenn er »oHte, $0ieifter, SRed^tfd^reib* 

fünft, worin er geitlebend fd^wad^ unb nnfic^er blieb, in weld^er 

^infid^t er fic^ mit ®oetI|e Ijätte tröften fönnen. ^m SBrieffteHen 

»erben wir il^n weiter unten jn bewunbern ©elegen^eit finben. 

6t t)ielt ficine SRebnerübungen, ®efpräd^e in bramatifd^er ^otm, 

ging mit einigen feiner älteften ©d^ttler öfter in« gelb tjinau«, 

ja^ i^ren gtjmnaftifd^en Übungen ju unb gewann gar balb i^r 

ttnb itirer ®ltem ^^t^'^wen. ©d^ubauk rttl^mt fid^ be« fd^önften 

Erfolg« feine« ttnterrid^t«. 5Diet|rere fetner befferen ©exilier !amen 

anf bie obcrfte Slaffe be« ttlmifd^en ®^mnafium«, anbere würben 

ju anberen bürgerlid^en ®efd^äften beftimmt unb belohnten i^n 

burd^ i^ren üDanf für feinen @ifer. Qfn ber aÄufi! wirlte er 

töcniger, aU auf ben früheren ©teilen; biefe war für feine @nt* 

toidlung fein ©d^aben, benn um fo mel^r tjatte er Qüi, bie SüdEen 

feiner SBilbung auÄjufüHen, :;Jmmerl^in gelang e« il^m, einige 

Segabte ©d^üler fieranjubilben, bie bafelbft bie SDhifi! fortpflanzten. 

Sieben feinem befd^werlidien Amte übte er fid^ im ?ßrebigen fo* 

tt)o^l in ®ei«lingen, al« auf ben benad^barten Dörfern. SBefon* 

bcts mu§te er in Andren, einem ©orf bei @ei«lingen, jwei ^af)xt 

beinahe bcftänbig bie ©teile be« franfen Pfarrer« t)erfel^en. Auf 

ben ®ottc«ädEern l^atte er bei Seilten ber Sinber unb ©rwad^fenen 

öfter« gu parentiercn unb t^at bie« mit bem aUgemeinften unb 

löuteften SBeifaU. üDurd^ bie (Srjeugniffe feiner 3Äufe, bie wir 

6oIb näljcr bctrad^ten werben, gewann er fic^ teil« Ulmif^e, teil« 

au«tt)ärtigc g^eunbe, mit benen er wn biefer Qdt an beinal) einen 

ttttunterbrod^enen SBriefwec^fcl unterljielt. SBefud^e feiner ffiltem, 

®«f^n)ifter, feine« trauten Sß'6df), einiger ]^offnung«öollen Ulmi* 

f%n Qffinglinge, fonberlid^ !leine ©pagiergänge nad^ Ältenftabt 

J^ bem ^umoriftifd^en Ämtmann ftiberlen, ben ©diubart hd bem 

Scfuc^ im Qfa^r 1787 no^ unter ben Sebenben traf unb ber im 



44 in. (SJctSlingen, 

74. ^di)x fctneö SeBena feinen l^eUen SBt^ unb feine rebfelige 
Sänne beibehalten l^atte, ba§ Um^erflettern anf ben Sergen, tüo 
er bie 9fKefenträmmer ber altbentfd^en 8Ktter, ber ©eißelfteine^ 
SQBöHwartl^e, §od)berge anffnd^te, mad^ten ilint bie leeren ©tun^ 
ben in ©ei^lingen gn el^fifd^en Slngenbliden. — S)ann ba§ ®lnd^ 
eine liebenbe, genügfame, t)raftifd^ öerftänbige, religiöfe ®attin ju 
befi^en, bie i^n jnm SSater blii^enber Sinber mad^te. fj^el^lte e^ 
il^r an Ijöl^erer fflilbnng, fo lernte er in ber ©emal^lin be§ ©rafen 
t)on ©egenfelb, einer SBaroneffin öon Siiebefel, eine 5)amc öon 
öielem ©efd^mad, an^gejeitigtem Urteil nnb einer ©eifte^l^o^eit 
tennen, tjon ber er nod^ fein lebenbe^ Seifpiel fa^. — 2öie öer^ 
einigen fid^ mit biefer 35arfteIInng bie Silagen ber ^Briefe über bie 
bnmmen nnb fflamfd^en ©inttjol^ner, ben äJiangel an ^Jreunben 
nnb paffenbem Umgang un|) bie Xantainöarbeit feinet ©d^nlnnter- 
rid^tg? SBie bie ©d^ilbemng, bie er in feinem „i^jion" in 
ben f,Qavibtxtkn" tjom ©d^nlmeifter^bernf überl^anpt nnb htm 
feinigen in^befonbere entwirft? ^n ben Briefen flagt er über 
bie ^eimtüde feiner g^einbe, feiner Slnfpaffer nnb ?(nflanrer. Sin 
f old^en fonnte e^ nid|t fehlen ; benn ©d^nbart ttjar in feinen 2ln§e* 
rnngen nnb in feinem gangen gefeHigen fflene^men nntjorfiditig 
nnb gab fid^ mand^e SBlö^en, bie man einem ^riüatmanne, aber 
nidCit einem ©d^nlmeifter nnb 2:^coIogen nad^fel^en !onnte. ^n 
feiner Sebenigbefd^reibnng fagt er in größtem Sßiberfpmd^ mit ben 
©riefen : „S5ei allen meinen g^el^lern l^atte id^ bod^ in ©eiölingen 
ungemein tjiet Q^reunbe. 3Kan fd^ä^te meine ®aben, man belolinte 
fie nad| ben Gräften ber ;3nn)o^ner, man entfd^nlbigte mid^ im SEone 
be§ altbentfdjen ©ntmeinen^: ^ö ift eben 'n junger SWann! Sa§t 
^n ge^en! ^§ wirb i^m fd^on !ommen." ®anj in biefem Son 
ift ba^ Slbgang^jeugniö ©d^nbart^ gel^alten. @a ift ein ttjefcnt* 
lid^er SWangel beg @trau§'fd^en ©erf^, baß ba^ Seben ©d^u^* 
barta ju ©ei^Iingen in ber Überfid^t biefeö Slbfd^nittg I, 39—53 
tjiel gn fel^r nad^ ben ©riefen gejeid^net unb bie ©elbftbiograpl^ie 
t)iel ju wenig jur SSergleidiung beigejogen ift. @o fagt ©trauß : 
„9Äit ber ® efelligf eit afe SEroft in ©d^ubart^ bamaliger Sage 
fal^ e§ befonber^ übel au§. ©eine Slagen in biefer |)infid^t finb 
l^erb, aber fdCjwerlid^ übertrieben." ©a^ fie bebeutenb übertrieben 



III. ©etSüngen. 45 

finb, jetgt bic 3SergIeid|uitg mit bet ©elbftbiograp^ie. S^hir fo 
öiel ijt toal^r, baJ5 ©d|ubart einen t^tn geifttg ebenbürtigen ®e^ 
fcfffd^after nid^t fanb, an^er in bet ^crfon beö lieberlid^en SDia* 
te Sd^ttctbcr. 

3fn bctt ^Briefen Kagt ©d^ubart faft bloS ba^ ©d^idfal an; 
bte Sd^ttlb feiner Übeln Sage in fic^ felber jn fnd^en, fäHt il^nt 
foiun ein. ©päter im ©efängnis geftel^t er : ^.^ii) betete wenig, 
oft gar ntd^t, »nrbe nnml^ig, mi§t)ergnägt mit meinem ©d^icffale 
(bieg geigen eben bic ©riefe), ftolj anf mein Slolent, an^fc^ttjei* 
fcnb in meinen @rgö|Iid^!eiten, öftere nad^Iäffig in meinem Amte, 
ein ©Rottet ber ©eiftlid^Ieit, ein geheimer Raffer bcS obrigf eit= 
Kd^cn ?lnfc]^eng (öergl. über bie jttjei legten ^nnfte lieber bk 
Sricfe), ein Süftling, ber bie 3Ääbd^en ^r SInmen anfal^, bie 
jebcr ©(i^metterling beftattem barf, ein fül^ner Jöenrt^eiler ber 
wid^tigften Dinge nnb ^erfonen — mit einem SBort: ein Safter* 
Softer, ber ni<§t einmal bie Ännft t)erftanb, ba^ ßeben red^t jn 
gebraud^en; benn ba id^ ber offenl^erjigfte fierl öon ber SBcIt war, 
fo ^anbclte iä) immer öiel jn frei, afe ba§ id| nid^t attenti^alben 
^ötte anrennen foUen. ^ier gerät nnn ©dinbart freiließ in bag 
atibere ©jtrem nnb malt fid^ jn fd^warj. ©o öerraorfen, fo tief 
gefunfen, fo „laftcrl^aft", wie er fid| l^icr fd^ilbert, war er nid|t. 
6^ regte fid^ in il^m ber Iritifd^e irieb; fein fd^arfer SSerftanb 
jcigte iS)m ha^ S\otVftO)a^t nnb SBebenflid^e bei aUerbing« wid^^^ 
tigen Dingen nnb ?ßerfonen. Dieä gilt namentlidi öon feiner 
bamaligen ©tettnng jnr Sfteligion. Qfn ber ©elbftbiograptjie fprid^t 
et öon ber 3^^^fclfud^, ber fyreigeifterei nnb ber aieligiongfpöt^ 
teei feiner ©eislinger ^eriobe; anbrerfeit^ will er al^ ^rebiger 
^^t of)m Segen gewirft l^oben nnb bei ben öielen ^arenta* 
tioncn (Sttbanfnngen) anf bem ftird^l^of innerlid^ bewegt gewefen 
fein, ^ier muffen wir nnn wieber bie ©elbftbiograpl^ie bnrd^ 
bie ©riefe fontrolieren. ,,®in Softem be« ttnglanben« l^atte id^ 
rte — - berai id^ Iiatte in nid^t« ein Softem, aber bie SCrümmer 
iannte td^ bod^ atte, an« benen ber Ungknbe feinen ^alaft er* 
*^" — f<^0t et tn feiner ©elbftbiograpl^ie. Da« SBal^re ift, 
i^ttfe er bi« gn feiner (Kttfcrfcmng öon SIopftodE nnb Dctinger 
rittcrfcit« unb ©cmlet, ©palbing, fetter, öafebow anbrerfeit« 



46 in. (SeiiSlingen. 

l^ttt iinb l^cr gctootfcn toutbc. Stuf bem Ä^pctg lernte er bie 
freiere Irttifd^e 3Hd^tung in SBaufd^ unb Sogen ate Unglauben 
öerbammen unb bie biblifd&^l^eofopiiifd^e 9Kd^tung einejg ^oi)Tt unb 
Detinger afe bie allein rid^tige unb c^riftlii^e betrauten. Qfn ben 
SBriefen tabelt er (@trau§ I, 178) ben 8leIigion^fpott unb bie 
SEratjeftie ber SBibel in |)erefe ©atiren. @r wünfd^t fid^, ba et 
t)on 3wcif^t^ Ö^ptogt wirb (Strauß I, 66), ben ®Iauben eine^ 
einfältigen Säuerleini?, ber betet, arbeitet, mit »enigem jufricben 
ift unb mit ©elaffen^eit bie ©tunbe erwartet, in welcher if)n 
®ott t)on feinem ^flug abforbert; er bebauert, bajj man bie 
Jiieologie eines ©emier, Srnefti, Steuer ttjo^l jum ÜDenfen, ober 
nid^t jur SSorbereitung auf bie Swigleit, nid|t jum feiigen ©ter*» 
ben brandneu fönne (©trau§ I, 108); er flagt, bie feine ©elt, 
SBafebott), Seiler, ©palbing unb unjäl^lige anbere giel^en wibcr 
bie alte Drtliobojie ju §elbe, jiel^cn wie fd^laue Sunbfd^after unfere 
© emlerS unb (gmefti auf il^re ©eite unb ftetf en mit il^rem ©eifte 
aHeS an, was fi<j^ mit il^nen gemein mad^e; er felbft arbeite in 
einem ©türme t)on Q'^d^zln, bie il^m angft unb bange mad^en, 
weil er nid^t bie Sraft S^rifti befi^e, bie SWeereSwogen ju ftiöen 
(©traufe I, 142). 

ätber ber ©türm legt fid^ unb mad^t rul^iger tteberlegung, 
nüd^temer Sritif ^la^. @r preift bie eble Sül^nl^eit, felbft ju 
beulen unb nid^t immer ben ©oftor Sutl^cr unb baS Sonforbien»^ 
bud^ für fid| benfen ju laffen (©trau§ I, 146) j er l^ält feinem 
©d^wager, ber fid^ über ©emier ärgert, öor, biefer fei unfd^ulbig 
baran, ba§ bie SSäter ber ^xä)t, bie Concilia unb oft bie ©d^rift 
felber einigen ©tüden beS lutl^erifd^en ©laubenSf^ftemS wiber«^ 
fpredien; ßutl^er Iiabe baS alte gotl^ifdie ©ebäube beS Äberglau* 
benS niebergeriffen unb baburd^ feien feine Gräfte attjufel^r et«* 
fdiöpft worben, ate ba§ er ein neues ©ebäube ber Sfteligion in 
feiner fimpeln SKajeftät auf ben Shiinen beS Aberglaubens ju 
errid^ten öermod^t tjätte; man braud&e nid^t über ^eterobojie ju 
fc^reien, wenn ein ©palbing, Seiler, ©emier, Jöafebow ü^re Srftfte 
vereinigen, bem ©ebäube ber ^Religion feine urfprünglid^e SSSilrbe 
unb ffiinfalt ju erteileti; bie ttnooUfommenl^eiten unb ff eitler, bie 
fidti in jeber Sfteligion finben, ituQtti wiber bie ©c^wä^en beS 



III. ©ciSlingcn. 47 

menfd^It<ä^en ©eijieö, nid^t toibcr bte ^Religion fclbft (©trau§ 
I, 174). 

S3ö(B^ xoax ßutl^erancr unb cntfd^icbcncr ®cgnet ©emier«, 
©d^ttbart nimmt fid^ ©emlcrö überall an; er gibt ju, ba§ er 
\ä)m mand^en ©prud^ ani3 ber SBibcl l^erauöeEegejirt l^abe, ber 
in ben üomcl^mftcn ©ogmattfen ein ?ßf eiler njar, auf weld^em 
8a))itel unb ?ßaragrapl|en nitjten, gibt aber bem ©d^wager ju 
bebenfen, ob ©emier in ÄUem fo gar Unredit l^abe, ob feine 
^ermeneutifd^en ®ninbfä|e nid^t ben älteren tjorjujiel^en feien 
(@trauj5 I, 178). ffiegen fold^er ©ebanfen braud^te ©d^ubart 
fid^ nid^t fpäter bed Unglauben« unb ber ®ottIofig!eit ju befdfjul* 
bigen. 35er Kampf jwifd^en ber Drtl^obojie unb ber freien friti* 
fd^en 9Hd^tung bauert bi« auf biefe ©tunbe fort unb auf beiben 
Seiten ftelien el^renmerte unb tüd^tige SlÄänner. 

^t weniger ©d^ubart in ©eißlingen mit ber SIRufi! ju fd^af* 
fen l^atte, umfomelir gleife unb ^eit fonnte er auf feine wiffen* 
fd^aftlid^c Äu«bilbung tjertoenben. ^n feinem ßeben l^at er nie 
fleißiger ftubiert afe in ®ei«Iingen. @r fleug nun an, bie SBBif* 
fcnfd^aften f^ftemmäßig gu ftubieren unb la« be«wegen ba« ®ute 
ber alten unb jüngertt SBcIt. 5Wid^t blo§ bie |)auptbid^ter ber 
©ricd^en unb SRftmer, ber ©eutfd^en unb ©nglänber, fonbern aud^ 
$rofaiIer, Sunftrid^ter , SRebner; fo l^at er ben Ouintilian gtoei* 
mal burd^gelcfen (@trau§ I, 126). ^a er erl^ebt fid^ gu ?ßIato 
unb Äriftotele«, gu Äant unb ®art)e, er ftubiert SCacitu«, J^ucti* 
bibc«, Xenopl^on, ^ume unb 9iobertfon; er erl^ält fid^ in ber 
J^eologie auf bem Saufenben unb ttjenige alte unb neue Sanjel* 
rcben bleiben t)on il|m ungelefen. S)abei Reifen i^m feine rafd^e 
Äuffaffungggabe unb fein eifemc« ®cbädf)tni« ; t)on Äu^jügen unb 
Äbfd^riftcn mollte er fein 2tbtn lang nid^t« ttjiffen. ©o fud^te 
er bie allerbing« bebeutenben fittdfen feine« SBiffeu« au«jufüllen. 
ÜKan fönnte nun freilid^ mit ©trau^ föficn, {e^t I)aben fid^ bie 
Unterlaffungöffinben feiner ^fugeubjal^re in il^ren folgen an il^m 
geräd^t; fd^merjlid^ l^abe er biefe SSerfäumniffe empfunben; aber 
fie grttnblid^ eingubringen, bagu l^abe e« i^m an ®ebulb unb 
©elbftbcl^errfd^ung gefel)lt u. f. to. Aber einem Original, wie 
©d^ubart, mu§ man mand^e« jugut galten, ma« bei anbem ein 



48 m. Feiglingen. 

großer ^t\)Ux märe. ©trau§ ^t meinet ©rad^tcn^ an ©(^u* 
Bart ben 3Äa§ftab feiner eigenen, gerablinig tjorwftrts fd^reiten* 
ben, burdiau^ regelred^ten ©ntwidlung angelegt; er war jeitleben^ 
ein aWnfter beö t?Iet§e^ nnb be§ mettjobifd^en ©tnbinmö nnb foH 
njö^renb feiner ©tubienjeit nid^t eine einjtge SSorlefnng öerfänmt 
^ben. ^Hein bie 5Watnren finb öerf^ieben. ©d^nbart tt)ar t)om 
24. bi^ jnm 30. Seben^jal^r in ©eiölingen. ^n biefer Qtit ift 
ber ajienfd^ nid^t fertig; ba Iä§t fid^ nod^ t)iel SSerfänmtc^ l^er^ 
einl)olen; and^ fd^reibt ©dinbart mit gntem ®runb an feinen 
©0i|n, ber bamalg ftnbierte: Qa tjiel bqrfft bn nid^t lefen; fonft 
gute §«ad|t, Originalität! (©traufe II, 85). »effer, muffen mir 
in feinem ©inne fagen, beffer ein mangelhafte« SBiffen mit SBal^* 
rung bei^ fritifd^en ©inn« unb be« felbftönbigen Urteite, afe ein 
mit ben öerfd^iebenften, tl^örid^ten unb gefd^eiten (SinfäHen unb 
^^))ot^efen öieler :3a]^r]^unberte, oft über einen einzigen ®egen=^ 
ftanb, üoUgepropfter ®eift, wobei man üor lauter frembcn ?(n* 
filmten — namentlich über tl^eologifdtie fJ^'agen — leine * eigene 
fefte Slnfid^t faßt. !Bie redete SWitte ju finben ift fd^toer. §»i^t 
ba« mar ber ^l^ler, ba§ ©diubart „meber auf ber ©d^ule nod^ 
auf ber Uniöerfität etwa« ©rünblid^e« unb ^lif^i^tti^^^ängenbe« 
gelernt ^atte", fonbern ba§ er auf ber in ®ei«lingen gelegten 
fidleren unb tü($tigen ©rnnblage nid^t fortbaute, ba§ er ber 
©irenenftimme feiner ärgften tJeinbin^ ber SDtufi!, folgte unb üon 
®ei«lingen nad^ ßubwig«burg jog, wo er ba«, wa« er in ®ei«^ 
lingen jur 5Webenfad^e gemad^t ^atte, eben bie SDiufil, jur ^anpt^ 
fadie mad^en mu§te. 

SBie cinfeitig ©trau§' Urteil über ©c^ubart ift, jeigt fid^ 
aud^ bei biefem Äbfd^nitt. „©ein gcfd^iditlid^e« SBiffen war — 
beim antritt feine« Sel^ramt« — oberfläd^lid^ unb lüdEenl^af t. " 
SBa« man bod^ «de« für änforberungen an ben armen ©diubart 
fteUt ! t^nx ben ©d^ulunterrid^t in ber ® ef d^id^te wufete er genug. 
3Kan erinnere fid^ ahtx, welche ©eftänbniffe ber angel)enbe 5ßro* 
feffor ber ©efd^id^te an ber Uniöerfität :3fena, ©diubart« Sanb«- 
mann unb ^eitgenoffe ©dritter, über feine Scnntni« ber ®ef^id^te 
mad^t. SBatirfd^einlid^ öermoc^te er'« aud^ im ßateinifd^en unb 
©ried^ifd^en mit ©dritter unb ©oet^e aufgunelimen. „Steuere 



m. Geislingen« 49 

®pxa6)tn xoaxtn ifjm fremb uttb fclbft fein !X)cutfd^, ba^ er fo 
gewaltig ju f (^reiben ücrftanb, fd^rieb er bod^ jeitlebeng weber 
ftiliftifd^, nodi mcl weniger ortl^ogr(H)t|ifd| lorrelt." ©o f einreibt 
Strauß unb merlt nid|t, ba§ er, inbem er ben üDid^ter tabelt, 
fi(^ felbft tnlorreft au^brüdt („toeber — nod| t)iel toeniger" ift 
unbeutfc^, üergl. Sellerö beutfdieu Slntibarbaru« ®. 130, 131; 
fi^nlid^e S«ac^täffigleiten ebenba ®, 124, 174). „Sc^merjtici^ 
cm|)fanb er biefe SSerf äumniff e : aber fie grilnblid^ eittjubringen, 
baju fel)lte e^ i^m an ®ebnlb unb ©elbfttjerleugnung. SSon tjorn 
anjufangen unb nur langfam, ©diritt tjor ©diritt weiter ju ge^en, 
ba^ war il^m bei fid| felber wie bei feinen ©^ülern ju lang=^ 
»eilig." ©d^ubart gibt felbft ju, ber Sefetrieb t|abe ftd^ feiner 
©cele fo bemäditigt, ba§ er alles ol^ne SBat|l unb Drbnung öer* 
fd^lang, waS ii)m in bie §änbe fiel. ÄnbrerfeitS fagt er, er 
labe angefangen, bie SBiffenfc^aften ft)ftemmä§ig gu ftubieren. 
S5on ben fd^öncn ©rfolgen, bie ©diubart burd^ feinen ttnterrid^t 
«Qielte, fd^weigt ©traufe gauj. „5Wamentlid^ feinen ©efd^madf, 
fein äftl^etifd^eS Urteil jU läutern, war ein fo unorbentli($eS, ober* 
pd^lid^eS (?) ©tubiunt nid^t im ©tanbe." §ier mufe bie 5Watur 
ba« Söieifte t^un, unb in biefer |)infid^t fonnte fi^ ©diubart 
tti^t beHagen. ,,©o bewunbert er bie großartige ©nfad^^eit 
$)omerS unb läßt it)n jwar nid^t — wie fein ©d^wager wollte — 
mit einem ©ijinger öergleidien, aber 3Äiiton unb Slopftodf ftellt 
er i^m unbebenflid^ jur ©eite; er erfennt in ©§a!efpeare ein 
Driginalgenie, aber jwifd^en feiner Urfraft unb ber nad^gemad^ten 
eine« ßenj, Slinger u. bgl. lernte er jeitlebenjS nid|t unterf^ei* 
ben." SBei ^lopftod müßte man ©trauß fragen, ob er glaube, 
©c^ubart ^abe j ei t lebend il)n bem §omer gleid^ gewertet, wo* 
öon fic^ baS Gegenteil nad^weifen läßt; ia^ jweite Urteil über 
bie ©teUung, bie nad^ ©diubarts ©d^ä^ung ©§a!efpeare ju ßenj, 
Slinger ac. einnel^men foH, wäre ju beweifen ; jU ben |)eroen ber 
$oefie ^at er fie nie gejätjlt. ^6) wiH burd)aug nid^t äße friti* 
i^en Urteile ©d^ubarts in ©d^u^ netimen; aber finben wir nid^t 
bei berütimten ©diriftftellern feltfame fritifc^e Änfiditen? |)at 
ni^t SB^ron ben ^ope für einen größeren !Bid|ter gehalten, ate 
ben ;£)omer? Übrigen^ lag bamalö, ate ©diubart in ©cidlingen 

(auff, G<l§ubQTt in feinem Selben unb feinen SS^erfen. 4 



50 UI. O^eiSlingetu 

war, bie äftlictifd^c Sritil bei bcn ©cutfd^cn nod^ in ben ffiinbcln. — 
^ut SäutCTung feine« ©cfd^mad« I|at gewi^ beigetragen, ba§ er 
ben Quintilian jweimal lag. SBar bie« tjietteid^t audi !DiIet* 
tantij^ntu«? 

@inen erwünfd^ten ^Beitrag jur Senntnii^ ©d^nbart«, namcnt* 
lic^ wälirenb feine« Äufentl^alt« in ®ei«lingen, giebt ber fd^wä:^ 
bifd^e Did^ter unb ©dfjillerrebner ^. ®. 3^ifd^er in ber befon* 
beren ^Beilage jnm württembergifd^en ©taat^angeiger 1882, 1& 
unb 17, an« bem id| t|ier ba« 335id^tigere mitteile: „Äuf«^ 
Sebenbigfte erinnere id^ mid^, wie id^ öon meiner |)eimat ©ttlsen 
au« al« Änabe in ber Dberamt«ftabt für meine SÄutter in einem 
SädEerliau« eine Äu«ffil|rung ju beforgen l^atte unb bort an ber 
SBanb einen treffUdien Su))ferfti^ fal^ mit ber Unterf d^rift : 
©tjriftian t^mbxi^ ©aniel ©diubart, ^erjogl. SBttrtemb. ^of^ 
bid^ter, gemalt tjon Qf. Delen^ainj, geftod^en öon ®. SRorace,^ 
|)er5ogI. 2Bürtemb. $of!upferfted|er, gebmdft in ber Älabemie }u 
Stuttgart öon ©t. ©d^weijer. 2)ie alte JBädEerin fal^ mid^ in 
meiner Ueberrafdiung t)or bem JBilbe ftetien unb e« l|ätte fid^ auf 
ba« greife grauenbilb ba« SBort anwenben laffen, weld^e« ©octl^e 
in feinem ®pilog ju ©dritter« ©lodEe über ben ©id^ter berfelbcn 
au«fprid^t: „@« glüte feine ffiange rot unb rötete," fo leud^tete 
ba« Stngefid^t ber aWatrone, al« fie mir fagte, ba§ ©c^ubart^ 
ben fie nod^ im Seben gefannt, einft liier gewol^nt l^abe. 

(£« war I|erjIlo))fenbe greube, al« id^ öor bem SBilbe bc« 
SDianne« ftanb, ber au« ben (grjäl)lungen meine« SBater«, wie 
t)on ber Slaöierfd^ule ^er au« Siebem, bie nac^ SEejt unb 3Jlelo«= 
bie öon x\)m ftammten, al« ein fo bebeutenber SDiann in meiner 
(grinnerung lebte. SBi« in bie |)ütten war im ganjen Ulmer* 
lanbe ©diubart« SWame gebrungen; man wufete üon feiner ®e* 
fangennal^me, feinen ßeiben auf |)o]^ena«perg; feine gürftengruft,^ 
fein Saplieb lebten im SÄunbe be« 3Sol!«. Qahtm war felbft 
ein religiöf er SWimbu« um i^n gebreitet burd^ feine Sird^enlieber : 
„Urquell aller ©eligfeiten'*, ,,5all auf bie ©emeinbe nieber'V 
„Der Sirennung Saft liegt fd^wer auf mir." 

SWeben biefer Slrt tjon Popularität aber ging nod^ eine an* 
bere ^er, wel^e ©diubart feinem ungemein gefeHigen 2^alent^ 



III. ©eiiSlingen. 51 

feinem SBtfe, fetner fc^Iagfertigen ;3nt))rot)ifation öerbanfte. An 
baö ©aft^auiS jnt ©onne in ©ei^lingen fnitpft fi^ eine ateil^e 
t)on Hncf boten, bie tjiel^cr geliören, tt)ie er j. SB. bie ^änbe anf 
bem aftüdcn, Slatjier jn fielen üerftanb, wie er bie SBette ein* 
ging, wer in ber ©efettfd^aft ol^ne jeglidieg Schreibmaterial, mit 
einem etnjtgen ©trid^ feinen 5Wamen fd^reiben fönne. 5WatürIici^ 
gewann er bie SBette, inbem er ben ö^ifl^fi^Ö^^ ^^ feinem ®d^ul^ 
fd^toäxjtc unb fobann mit bemfelben über bie Oberlippe fntir, fo 
ba§ ein ©c^nbart entftanb. Änd^ bie berbften SBifee, felbft 
gewaltige^ 2^rinlen waren nic^t im ©tanbe, it|n bei^ Siefpeltö nnb 
fogar ber SSerel^rung beim ^nblüum jn berauben. SWan Iie§ 
eö fxi) ni6)t nur gefaHen, fonbem man rütimte fogar, toit in 
bem au^erorbentlid^en SWann bi^terifd^e (Genialität, SReligiofttät, 
^atriotii^mui^ auf ber einen, unb wilbe^ ßed^en, ©d^mftnfe berb* 
jter ©orte, fogar ßoderlieit anberer 8rt auf ber anbern ©eite 
fo nal|, fo unvermittelt neben einanber lagen. üDenn bamafe 
»ar bie SWeinung nod| ftärler tjorl^anben, afe l^eutjutag, ba§ 
bem @enie Wit^ erlaubt fei, menn ejg nur mit genialer Art 
gefd^c^e. 

3u biefcr SDiad^t feiner ©eltung !am freilid^ nod^ ein anbe* 
berer, fe^r mefentlid^er ^unft. ©d^ubart ttjar ein Sel^rtalent t)on 
]^ert)orragenber SBebeutung. ©ein rafdCier unb fc^arfer SBlidf in 
bie SSer^ältniffc bt^ ®anjcn unb be^ ©injelnen, feine SBürger* 
freunblid^feit, feine ®abe, 2^alente ju ernennen unb ju mccEen, 
©d^iefi^eiten unb fittlid^e ©ebredien fd|on bei ber $Jugenb ju 
d^araftcrifieren, fein padenber Äu^brud, ben Dingen bie redeten 
Sttamen }u geben, aDeg wirfte jufammen, feine ©d^üler im ^n^ 
nerftcn ju faffen, ju bewegen, ju erl^eben, unb burd^ fie aud^ 
auf bie Familie, auf bie SBttrgerfd^aft jurttdfjuwirfen. — S5or 
23 :3a^ren l^atte id^ 13 vergilbte ©d^ull^efte vor mir liegen. 
©ic waren bamate im SBefi^e ber 335itwe eine« aKajord in Ulm 
unb waten burd^ Vermittlung mir auf einige ^eit jur (Sin* 
ftd^tnoi^me ttberlaffen. Die |)efte waren gefd^rieben von ber 
fianb eine« $Jofef ffifd^er in ©ei^lingen ju jener 3eit, in weld^er 
bort ©d^ubart fein ^rftseptorat verwaltete, wie man bie erfte 
ftnabenfd^ttllcl^rerftette benannte, ©ie entliielten lauter 2)iftate 



52 IIL (SeiMtngen. 

t)on ©^ubart an feine ©drillet, üon ttjeld^en eben jener Qfofef 
gtfd^er einer ber banfbarften war. @r tjermac^tc fie bnrd) ein 
©diretben t)om ^al^r 1812 einem grennb. üDie ©iftatc, abwed^* 
felnb profaifd^er nnb poetifd^er 5Watnr, fmb mit wenigen Än^* 
nal^men improtjifierte ©rfinbnngen ber ©d^nbartifd^en SWnfe, unb 
finb geeignet genng, ein JBilb bei^ fpmbelnben, wi^igen, fd^arfen, 
jngleid^ berben nnb innigen ^oetennatnrete in geben. 5)enn eg 
liegt ^ier ©erbeö nnb Qattt^, Übermütige^ nnb grommeig, 
SBeltlidied nnb |)immlifd^ej3 fo neben nnb bnrd^einanber, wie e§ 
eben gälirenbe, l^alb bämmerige, l)alb Ii($te Qtittn nnb ^erfön* 
lid^feiten bejeid^net nnb wie t§ bei ©dritter, ßaöater ober ben 
jnngen köpfen bejg ®öttinger 2)id|terbnnbejg im Anfang and^ nic^t 
anberiS andfal^. 

aber and^ nad| einer anbeni ©eite t|in erfdieinen bie ©d^nl* 
biltate ftarf überjengenb. Qfn ber Siegel wirb ate ber ©iditer, 
ber nad| langer 'Dürre nnb ^Jabtjeit ber bentfd^en ^oefie wieber 
frifd^eiS fieben, gln^, Älang nnb ÜÄelobie in fie brad^te, ®ottfr. 
Sing. SBürger genannt. ®ewi§, er t|at ha^ getlian. ?lber neben 
it)m ift, wenn and^ nid|t in fo tJoHem 9»a§e, ber nm nenn ;3a^r 
ältere ©dinbart jn nennen. SD3er lennt nid^t fein I|üpf enbej^ Sieb : 
„©0 lierjig, wie mein' Sifel?" nnb gleid^ baranf ßifefe ebenfo 
fingbar Pffigeö SBrantlieb? ober ba^ ganj öolfetümli^ gewor* 
bene „^rotjiforlieb"? 335ie er felbft in ber rafdieften :3fmprot)ifation 
pffig nnb melobifd^ war, and^ batjon foUen bie ©iltate ä^i^Ö^i^ 
geben. Unb jwar war er bieg rec^t in fd^wäbifdier nnb wenn 
man nod^ genauer bejei($nen wiH, in ulmifd^er ?lrt. ®ei^* 
lingen l^at ja fo ganj ben 2:on unb ©d^lag ber Ulmer ©itte unb 
©prad^e, unb in i^n l^at ©d^ubart aud^ in feiner ©d^ule fid^ 
tJoHfommen ^ineinjubenfen gewußt. SDKd^ felbft we^t aug ben 
©d^ul^eften fo fe^r ber t)on Sinb auf gewöhnte l)eimatlidt|e ®eift 
an, ba§ id^ fie fd^nurren unb jammern, walfen unb rabtreten 
l|Bre bie ©eiiSlinger ©redigier unb SWagelf (^miebe , ® erber unb 
g^ärber, ba§ id| fie fd^reien ^öre bie |)äjen unb ©ölen um ben 
„Öbent^urm" ober ben g^uerwäd^ter öon ber ©tabtfird^e. 

(£<g erfd^eint billig, ba§ wir ben I)i(^ter in bem, worin feine 
^auptfä^ig!eit lag, in rafd^em |)inwurfe öon ©ebi^ten, juerft 



III. ©eidlingen* 53 

rcbcn laffcn. @r l^at feinen ©(i^älern faft auf aöe ©onn* unb 
geiertage beö Qal^rg fiteber in bie gebet biftiert. I)iefe Sieber 
würben öon il^m bei ber ortl^ogra^l^ifd^en Äorreftur gum Seil fo 
grfinblid^ atn JWanb tüieber umgefd^affen, bafe fie am e^eften einer 
neuen ^Jmproöifation gleid^en. ÜDie SJerfe finb faft o^ne «ui^* 
na^me in ber neuern gaffu^S ^cff^i^ ^I^ tn ber altern, öießeid^t 
barum, mcit ©d^ubart bei ber ÜDurd^fid^t el^er Qext jur Über* 
legung fanb, aU beim Diftieren. (Bä)mxli6) l^at er aßen ober 
oud^ nur ntel)reren ©dualem fo abgeänbert; ber befagte ^ofef 
Jifd^er tt)ar ol^ne 3^^^!^^ f^i^ © d^ulf af totum , unb nad& feinem 
^eft .toaren bie anberen ju berid^tigen. Aber aud^ bei il^m 
gefd^al^ bie ©d^ubartifd^e Snberung geujife mit aßer Stafd^l^eit, 
»ic ber Umftanb bettjeifen tt)irb, ba§ bie Äorreftur wtebcr forri* 
giert toorben ift. 3Bai^ mir inbeffen tjiel wid^tiger erfd^eint, ift 
ber Umftanb, ba§ fd^on in biefen biftierten Siebem ooflfommen 
bag öorl^anben ift, wai^ man öielfad^ an bem S)id^ter erft nad^ 
feinen ficiben auf ^ol^enaiS^jerg fo neu finben woßte, feine 
eiiriftlic^feit. 

3)a§ nad^ feiner ©efangenfd^aft ^olitifd^e unb fojiale D^j^jo* 
fition jurüdftraten, ttjar wo^I bei bem franf gett)orbenen, förper* 
Kd^ unb geiftig gebrod^enen SKann erflärlid^ genug, unb ba§ bei^* 
l)alb ber religiöfen ©eite me^r JWaum blieb, war felbftöerftänb* 
lid^. Aber ba tt)ar fie, biefe SRid^tung in feinem SBefen, Don 
Anfang an. SReligion, El^riftentum , unb in biefem ju aßermeift 
bie (grlöfungi^frage, waren il^m entfd^iebene ÜDinge. 6r grübelte 
nic^t barüber, wie bai^ feine Qtit, bei ben ?ßoeten wenigften^, 
überhaupt faft nid^t tl^at. Da^ biefe religiöfe Überjeugung«* 
ru^e*) umgeben unb fogar umbrängt war tjon Dingen weltlid^* 



*) SHcfc Sluffaffuttg gift^er» totrb hux^ ®(^ubart8 »riefe unb ©elbft« 
biogrQ)>]^ie , fotote burd^ unfre obige ^arfteUung toiberlegt Ungl&ubig toar 
@4ubart aßerbtngS nie, aber ein 3toeifler, b« ^« in bie flRxtit gtotfc^en 
©louben unb Unglauben gefteUt toar er bis gur ©efangenfc^aft; baS einemal 
latte bie Ort^obosie, ein anberSmal bie berneinenbe ßritil bie Dber^anb* 
^e Stimmungen toed^felten unb bon ber Stimmung tourbe aud^ bad Urteil 
beeinflngt Gegrübelt l^at er atterbingS über bie 2tfyct bed (Sl^riftentumS ; 
bcmon geugen toieber bie IBriefe unb bie Selbftgeftönbmffe namentlid^ aus 



54 III- «etMtngen. 

ftcr 2(rt, baburd^ tft fie nid^t altcricrt worbctt, tDcmgftctii^ poetifd^ 
!ctncött)egig , wie auä) im ©d^o§c bei^ ^aittbunbe« bic ®ä)tolix^ 
tticrci für beutfd^c Xugcnb, Äufo^jfcrung, Scufd^l^cit u. f. ». fcl^r 
fricbltd^ neben ber ^rajig ungcjügcller Slui^fd^tDetfung l^au^te.*) 
®ie fiteberbiftate in ben ^eften finb faft burd^tDcg bel^aftet 
mit jenem JBänfelfängerton, tt)ie bie Qf^^oöifation eö überl^au^Jt 
ju fein <)flegt, unb man würbe in il^nen ben ©änger ber dürften* 
gruft unb fo öieler ftraftpoefien nid^t erfcnnen. @in *3)iftat 
mad^t aber eine ganj entfd^iebene Äuönal^me unb erinnert ung 
lebl^aft an jenen ?ßaffiong* unb ©olgatl^afd^njung, ben wir öon 
ftlo^jftod l^er fo wol^I fennen. ®i^ bel^anbelt ij^efu SBeinen über 
^erufalem (fie^e Üieclam ©. 270): 

SBen fcl^' ic^ bort auf beineg Ölbergg $ö^en, 
Serufalem, mit naffcn Slugen fielen? 

2Bic gartlid^ tocint ber ayicnfd^enfrcunb, 
SBctI feine Sttußcn beinen Sammer feigen! 

S)er ftolge Xtmptl fielet in ©tut unb fjlammen, 
3)ag SGBunbertoerf ber ®rbe fällt pfammen, 

Unb in ber @Iut gifd&t Sßriefterblut, 
S)er ^riefter, bic öon ßebt« ßenben ftammen* 

®te marmornen Sßaläfte ftürgcn nieber, 
Unb (auteg 2ld& fdiafft in ben SBoIfen toieber, 

S)ie üWutter ffe^t, ber SBater fielet 
Slm @<)ic6 bcS Mbmvc^ feiner ^inber ©lieber* 



ber 3ett ber ©efangenfd&aft* 2)a6 bie geit/ in ber (Sd)ubart tel^rte unb 
loirfte, bie 3eit bcg a^lationaligmuS unb ber 2(ufflärun0 nid^t gegtoeifelt, 
nid^t gegrübelt l^abe, ift eine ganj neue ^ntbecfung ; aud^ bie meiften $oeten 
mußten burd^ biefeS rote ülieer l^inburd^. SBon einer religiöfen Übergeugungg^ 
rul^e fonn bei bem bon forttoä^renber Unrul^e umgetriebenen @d§ubart feine 
9lebe feim @ein (S^öriftentum toar eben mel^r ein @efübt8* als ein ©ergen»* 
d^riftentum* 

*) SBicber eine gang neue ©ntbedfung. SBiSl^er glaubte man, bie atter= 
meiften üJHtgUeber be8 $ainbunbe8 ^aben i^ren ülieifter Älojjftorf aud& in 
feinem tugenbl^aften, unantaftbaren ßeben8loanbet nad^geal^mt» ©ürger, ben 
?5ifd&er n)aW<ä&einIid& bei biefer Sleufeenrng im SUige l^atte, toar ein entfernte» 
9JHtgIieb biefeS S3unbed« 



III. ©eidlingen. 55 

wSld)'', fcufgt bcr $crr unb feine ^^ranen flteBcn, 
,rSQ^tIIft bu betn l^arteS ^erj \>ox mir üerfd^Iiegen? 

Serufalem! Scrufaleml 
^d& foa id^ bid^ im (Staube fe^en muffen!" 

^d^ ^nber, fel^t auf ®alemS fd^toatgen steinen 
S)cn (Seift ber S^lad^e fürd&tcrlidft erf(^eincn; 

^d^, glDinget nid^t baS ^ngefid^t 
^eS ©öttlid^en, aud^ über eud^ p iDeinen! 

$^n fold^erlct ^oefic f^jrid^t fid^ getüt^ fein feufjerifd^ einfei* 
tigcÄ ©cfül^fed^riftcntum miiB, aber and^ Srttd^ti^, tt)ag entfernt 
«inet Sritif gegen ben ererbten ortJ^obojen ©laubcn äl^nlid^ fäl^e. 
®onft würben wir e« fritjol finben muffen, wenn ber !X)i(ä^ter 
na^ einer begeifterten religiöfcn ©rregung im näd^ften Stugcnblid 
in Än^brüden berber nnb ruftifofer 33BeItIid^feit fid^ ergel^t, wie 
wir gleidi nad^l^er ein SBcif^jiel finben werben. Denn bann würbe 
bic Annahme 9flanm gewinnen, ber fromme ?tuffd^wung fei nid^tiS 
anbereö gewcfcn aU eine tjorbeigel^enbe ?tnbequemnng an baö 
^ergebrad^te SBef enntniiB ; bie barauf folgenbe berbe ©jpeftoration 
aber fei baö einjige eigentlid^e ©lement, in bem bcr SWann fid^ 
xoof)l fü^Ic unb in baiB er fid^ jn ftürjen fel^ne, nad^bem er in 
€tner Sphäre fid^ bewegt, weld^e nid^t feine ^eimatlid^e fei. !X)iefc 
^nna^me bei ©d^ubart wäre Ungered^tigfeit. ®r war religiöiS, 
loenn er f o fprad^ ; er w a r weltlid^ unb f ogar jügelloö, wenn er 
cg fagte; er war beibed nebeneinanber. *) 

*) Stfd^er überfielet, baß ^d^ubart bcn ererbten ortl^obojcn (Stauben 

früher in ©eislingen unb fpätcr fd^arf tritificrt l^at; tion einer Slnbeaucmung 

an ba^ l^ergebrad^te ä3efenntniiS fann aKerbingiS bei il^m !eine 9flebe fein. 

3ttbeffen ;,ba8 SGBeinen 3efu über Serufalem" unb bie gleid^ barauf bon 

gfifd^er angeführte J)oetifd§e Bearbeitung (Umfd^reibung) be» 90. Sßfalmg ftnb 

nod^ feine »ürgfd^aft für (Sd^ubartg S^led^tgläubigfeit; biefe Jjoetifd^cn (^= 

güffe wenigstens fönnten aud^ einem rationaliftifd^en ober j^albrationaliftifd^en 

S)iiter entftrömcn. @d&ubart toar ein SSirtuofe be« ©cfül^I», be8 bibtifd^ 

ort^obü^en unb beiS t)on ber ^ufflörung angefrünfelten ©efül^IiS. (S^mbolifd^ 

ort^obot öjar er nie. „@r toar retigiö», toenn er fo fprad^/' afferbingg. 

Jtter er war aud^ ein Äritifer unb 3toeifler, toenn er feine S^eifel aug* 

fivad^« 2tiitext9 bor feinen ©d^ülern gu t^un, bagu toar er ju fel^r ^obagog. 

— 99 ßi^^^ ^"^ fromme ^toeifter; ©d&Ieiermad^er toar ein fold^er^ — SBenn 

uoffejfb^ ©crmonn gtfci&er, in feine« »atcrS fjufeftojjfen tretenb, fagt: ^S)er 



66 in. «eisringen 

ffiie tl^ttt neben fold^en ©r^ebungcn aföbalb tDteber SIDtäg* 
lxä)t^ in ben ©tnn ^pranq, ba§ beweist er fogleid^ naä) biefen 
SSerfen, benn ate unmittelbare SWad^fd^rift bci^ frommen Siebet 
(einer poetifd^en Umfd^reibung beö 90. ^falmö) biftiert er: 
„Diefei^, geliebtefter SBruber, ift ber geiftlid^e ^falm, ben id^ bir 
ju fd^idfen tjerf^jrod^en l^abe. ^ä) mad^e mand^mal felbft SJerfc^ 
aber fold^e, bafe bte Rennen baran frepieren möd^ten. Sebe wol^I^ 
geliebtefter SBmber, grüfee mir beinen ©d^Iitten nnb fomme balb 
ju beinem greunbe SW. SW." 

ffiie eiB ©d^ubart tjon ber ©eele lief, wenn er feinen @d^ü* 
lern Su^erungen über weltlid^e grenben in ben 3Ännb legte,, 
wie er baneben i^nen in JBufeprebigten bie Söpfe tt)ufd^, barüber 
entl^alten bte ^efte eine reid^e SBeif^jielfammlung. ^n einem ©if * 
tat t)om 24. Quii 1768, bem SJorabenb ber ©eii^Iinger Sird^* 
weil^, Iä§t ber fie^rer feine 3ögKttge in ben auiSgelaffenften 
^n^erungen ber greube ftd^ ergeben, fo ba§ eö ber Äuögelaffen^ 
l^eit faft ju t)iel toerben will. SWad^ bem geft aber lefen wir 
(t)om 5. auguft 1768) folgenbe @<)iftel ate ÜDiftat: 

3Wein lieber fjreunb, xä) fifee l^icr 
Sntt ©d^toeig auf meinen äBangen, 
a5et meinen SBüd^ern W xä) f)\tx, 
2)te ^rd^toei^ ift öerganflen^ 

Slun barf td^ letber nimmerntel^r 
9lur taugen, jaud^gen, f))rtngen, 
^n ntu6 ber muntern Knaben $eer 
®tn anbreg ßiebletn ftngcm 

dbin l^etgt eS: Mrfd^Iein, lerne brab, 
@onft totrft bu auf ber ©rben 
3u beiner unb ber Altern ©traf 
@tn fauler (^el toerben« 

2Ber immer fjetertage fjat 
Unb fammelt feine ©arben, 
S)cr mu6 im Sllter, toenn c8 fjjat, 
6id^ gar gu Xobe barben* 



fraftDoHe äßann tourbe auf bem $o^ena8))erg %u einem toimntemben ^end^Ier, 
ber jebergeit d^riftlid^ geflnnte (1) %u einem fried^enben fjrömmler", fo ift bieg, 
mie fid^ ^pattt geigen toirb, gang \>ttftf)li. 



IIL «eidltngen. 57 

^um flnb bte SSüd^er mir !ein So^, 
S3ei i^nen toiK id^ ft^en, 
Seb too^I unb benfe lange no(6 
9ln beinen treuen f^rt^en* 

®(!^ubart war uncrfd^ö^jjWd^ in ffial^mc^mung bcffen, »a« 

^eine ©^iUex fanftcr ober ftärfer auftoeden unb f^ütteln foDte. 

I)cntt in bcn üerfd^iebenftcn aMd^tungen, au§er bcr religiöfen in 

<)oUti^^cr, Qt^d)xä)Ü\ä)tT, bürgcrlt^er, beruflid^er, ^at er fie burd^ 

lifttate, in bcnen er fte faft immer felbft rebcn Ift§t, untcrwiefen, 

fte ftttü^ imb tntcIleftueD ju bcfefttgen Qt^nä)t, imb ba^ mit 

einer Rraft unb Scdl^eit bcr ©^rad^c, voxt man fie l^eute fd^toer* 

ü^ in einer ©d^ule antoenben bürfte. ©nige groben werben 

bte« fattfam betDeifcn: 

® ei «ringen, ben 28. ^mi 1768. 
fiiebfter Äamerab! 
!Du ^aft mtd^ neultd^ g^ftagt, ma« id^ jn n)erben n)ünfd^e, 
unb td^ mctfe ntd^t, tt)a« id^ !Dir barauf anttt)orten foD. ®n 
ganjcr Serl möd^te id^ enblid^ tDO^I werben, aber wie ift ba« 
toot)l anjufangcn? Qu einem Kaufmann brandet man ®elb, ein 
SBirt mu§ ein SBirt^l^au« unb ein üKüßer eine SKü^Ie l^aben. 
Aber bie« ÄDc« fel^It mir. JCud^mad^er, fioberer unb ^cngmad^er 
gibt e« genug j SBei^gerber unb SRotgerber ftinfen wie bie ^eft, 
©d^uftcr unb ©d^neiber muffen öer^ungem, SWaurer, 3^^^^^!^^^* 
unb ©d^miebc muffen fid^ bei trodenem Srot ju Rrü^^jeln arbet«' 
tcn. ©tubiercn mag td^ gar nid^t, benn ju einem Pfaffen bin 
id^ ju weltlidf}. 2Ber wirb aud^ aöeweil beten? Qu einem ^[u* 
riften bin td^ ju el^rltd^, benn SBitwen* unb SBaifenpd^ brüdfen 
gar ju ^art. Qa einem IDoftor bin id^ ju efell^aft. ©er JCeu* 
fete wirb aud^ immer ba« Uringla« tjor Äugen ^aben woDen? 
(Kn ©d^ulmetftcr? D bc^t'« ®ott! Sieber bei SBaffer unb »rot 
in« Qad)tf)a\i^, aU fein Scbtag mcnfd^Iid^e ©äu pten. ^n 
Stieg ging td^ wo^I, wenn SBratwürft ©äbcl unb Scberfnöpf 
Sugeln wären. — ^ä), fo rate mir bod^, lieber ©ruber, wa« 
id^ werben foK. SBei^t Du fein ^anbwerf, wo man nid^t öiel 
axbtittn unb gut effen, öiel trinfen unb lang fd^Iafen barf? ®n 
$>anbwcrf, wo man wod^cntlid^ peben blaue üKontag f)at, ift bod^ 



58 UI. @eil»IingeTU 

ba^ bcfte. Sebc tDOl^I, id^ tjcrblctbe ÜDetn tDal^rer ^reunb ^an§ 
S^agbieb. 

©obann t)om glctd^cn 2^ag abcnbö 6 Ul^r bic ÄttttDort 
barauf : 

^od^gccl^rtcfter ^crr SBrubcr JCagbieb! 

ÜDu btft mir ein gcfd^eiter tauj. ©olcä^c SWarrctt gab' eö 
nod) mti)x. §aft S)u feine ©eele? 33Betfet 5)n nid^t, ba§ bcr 
SDficnf d^ jur Arbeit gef d^aff en ift ? Qfd^ glaube, man l^at ÜDid^ au§ 
einem SBoIfiBmagen verfertigt unb ÜDir einen Dd^fenfo^jf oben 
brauf gefegt. ÜDanfe ®ott, ba§ üDu ein bifed^en ®elb l^aft unb 

jtel^, ba^ üDu nod^ einen ©elbfd^ baju friegft. ®ann 

leg bie §anb in B6)o% fcx% fauf , f^jiel, ge^ f^jajieren unb jiel^e 
!5)ir einen 3ianjen tt)ie ein üKaftod^ö. I)ann fal^r jum SCeufel 
unb erfpar ben ©ngeln bie aWü^e, ein fold^e^ 9fKnbt)ie^ in %hxa^ 
^amö ©d^ofe ju tragen. — ^6) tt)ill arbeiten unb feiig fterben, 
benn i^ l^ei^e ©l^riftian SBeiölid^. 

^n biefelbe Kategorie gel^ört foIgenbeiS ©iftat über Syieujal^rS* 
TOünfd^e. 

Feiglingen, ben 5. ^Jänner 1769. 

beliebter greunb! Die geiertage ftnb geenbigt, ba§ neue 
$^al^r ift angetreten unb id^ ttjünfd^e Dir allen ©egen. ÜÄel^r 
mag id) Dir nid^t tt)ünfd^en, benn id^ lad^e über bie (gitelfeit 
aöer SBünfd^e. ©elten gel^t ein langer SBunfd^ t)on ^erjen. 
Qfafob ©aufgurgel, beffen ©ottl^eit eine SBouteitte ift, njünfd^t 
feinem alten geijigen SSater ein langet Seben. 3Rag'g il^m tüol^I 
ernft fein? §an§ SWel^Ifadf lebt mit feinem SIRitmeifter in beftän- 
bigem SBrotneib unb tt)ünfd^t il^m bod^ eine gefegnete Sial^rung. 
$^ft baö nid)t artig? — D il^r guten SSettern, fagt bod^ eure 
©ad) beutfd^ l^erau^! SDtein $)err ©aufgurgel, fagen ©ie bod^ 
jU :5^rem §crm Sßapa: „©tirb, ?Hter, unb mad^ ben Dufaten 
Suft!" Unb i^r, üKeifter SWe^IfadE, f^jred^t bodt) ju eurem mt^ 
meifter: „§unb, fre^jier' wx bem SBadfofen!" ^I^r ÜRenfd^en, 
rebet bod) tt)ie i^r benft, bann n)erbet i^r überö Qfal^r ftatt eurem 
Profit bie toa^xtn Sünfd^e l^ören: „§oI bid^ ber STeufel, Siad^^ 
bar!" „SBrid^ itn |)ate, §err ©eöatter!" — „Sßarfd^, alte« mi>p, 
\ä) töiU ein junget ^dh.'' — „Sieber SBruber, fei bod^ fo gut 



ni. ©eidltngetu 59 

tttib toetbc bicfcjS Qal^r ein l^itmnlif^cr SCambour, bcnn id^ möd^tc 
ftctn bcn 3Satcr attein erben." 

(Sd ift iebod^, ate ob itad^ fold^en ®en)tttem ber (Sntlabung 
bct aJlann ba« SBebürfniiS gefül^lt l^ätte, ft^ unb Jemen ©d^ülern 
bic erf(i^ütterten SÄeröen toieber mit fänftlid^eren aWitteln ixC^ 
@Iet^gettji(^t gn fe|en unb bie ©d^ärfe beiB ©fftgjB mit Del ju 
linbem, benn neben ben berbfäuftigften Äuölaffungen tritt oft tt)ie 
ein Sonnenregen eine ?lnf^rad^e öon faft elegifd^em ©dimelj auf, 
ttie in bem folgenben ÜDiftat, bei toeld^em freilid^ eingelne ffietter^ 
p§e aud^ brein fal^ren: 

®ei«Ungen, 12. QfuU 1768. 

©eliebte ©d^üler! "Btnn i^r je^t auf baiB gelb l^inauiSge^t 
unb bafelbften bie fd^önen g^üd^te befel^t, fo foßt i^r nid^t bumm, 
tt)ie ber (Sfel öor bem SomfadE, fte^en bleiben, fonbem aüer^anb 
JBetrad^tungen aufteilen, wie e^ neulid^ ber junge Samuel gemad^t 
l^at. ÜDiefer fniete üor einem ?tdfer nieber unb banfte ®ott öor ben 
fd^önen ©egen, todä)tn er uni^ geiget; er hat aud^ gugleid^, ba^ 
uns ®ott bod^ biefe« ^ai)x mit SBetterfd^lag öerfd^onen möd^te. 
D ©öl^ne, benfet an ba« Qfa^r 1763, wo ber ^agel bie grüd^te 
unb bie SBftume tjerfd^lug unb fonftigen fd^redfli(|en ©d^aben aw 
gerid^tet ^at. SBie arm, wie elenb würben wir fein, wenn gu 
bief en nal^rlofen Reiten uod^ ein bef onbereiS ®erid^t ®otteS f äme ! 
(Sin tugenbl^after Änabe mu§ nid^t ^aftig wie ber ^unb feine 
©df|üffel öoK ©u^j^e auiSf d^lürf en , o^ne gu bebenfen, Wolter eiS 
fommt, fonbem er mu§ ®ott ate bem ®eber aller guten ®aben 
banfen unb glauben: je mel)r man banft, je me^r man erlangt, 
©od^ id^ will nid^t fo gar fromm mit eud^ reben, ba§ il^r nid^t 
über bem ©d^reiben galant unb einfd^laft. — 

!Dag ift bod^ gewife el^rlid^e, liebeniSwürbige SyiaitJetät gu 
fogen : ^^d^ will nid^t gar fo fromm mit eud^ reben, bafe i^r nid^t 
gä^nt unb einfd^laft. Siegt l^ier nid^t ba« ©eftänbniiS, bafe ber 
Seigrer gefpürt ^at, fein gag fange an, etwas feid^t gu laufen? 
©enn baS tl^at es offenbar, als öorl^er öom S)anfe gegen ®ott 
bie Webe gewefen war, unb auf einmal ber ßwedfmä^igfeitSgebanfe 
beS ,,aÄcl^röerlangenS" bagwifd^enf^rang. 

Slnmutig unb aus beS um SebenSformen nid^t eben be!üm« 



60 III. (Geislingen. 

mertcn ©d^ubartö SOhinbe faft rül^renb Hingt c« an^, totnn er 
feinen ©d)älem eine Anleitung jum SBrieffd^reiben biftiert unb 
augfül^rt, tt)ie fd^ön t^ fei, wenn aud^ ber ^mibwerli^mann fid^ 
gebilbet unb rid^tig auiSjubtüdfen tt)iffe, tok man bcbenfen foK: 
„tt)er bin id^ unb wer ift ber, an ben id^ fd^reibe?" 35a§ an 
einen JBurgenteifter in Ämfterbam ein anberer SBrief ju ridtitcn 
fei, ate an ben tjon SBo^jfingen, unb ba§ ein ÜDoftor auf Uniüer^ 
fitäten mel^r SRef^jeft forbem fönne, aU ein SC^eriaföfrämer auf 
bem Sanb; ba§ ber S:on beg SBrief6 fid^ rid^ten ntüffe nad^ ber 
SDiaterie, bie er bel^anbelt unb nid^t wie ber t)on jenem ©d^ul* 
meifter an eine l^odtifd^wangcre grau: „Siebe gtau! Der ÜDonner 
l^at Suren SWann unb @uren einzigen ©ol^n unter einem @id^*= 
bäum tjerfd^Iagen. ^6) fann mein ©eel nid^t« batjor. SCrinft 
ein ©lag Branntwein unb tröftct ©ud^ fo gut Qf^r fönnt." 

©tatt beg nun bei gif^icr folgenben Söriefg einei^ ®etg* 
lingcr Staugcnid^t« an feinen 3^rcunb in ©aniSlofen laffe id^ lieber 
auö ab. SBo^IwiKg «uffa^: „Beiträge jur Äenntnig e^r. gr. 
®. ©d^ubartö" (in ©d^nornS tjon garotefelb «rd)it) für Sittera* 
turgefd^id&te VI, 3) einen anbern einrüden, ^m ^af)x 1764 war 
in Söniggberg bic befanntc äb^anblung Sant^ über bie ©efül^Ie 
beg ©d^önen unb ßrliabcnen erfd^icncn, in weld^er ftdt) bic burd^ 
SReid^tum ber JBeobad^tungen unb ©dtiarffinn gleid^ auögejeid^* 
nete ÜDarfteöung ber tjier STem^jeramente finbet. ^m ^af)x 1768 
nun biftiert ©d^ubart feinen ©d^ülem der Briefe, bie er öier 
Derfd^iebcnen jungen Scuten in ben SÖhinb legt, bereu jeber ctni^ 
ber tjier S:em<)eramentc vertritt. ?tte ?ßrobe ftel^e ^ier ber erfte 
Brief, ber eineö „fanguinifd^cn ^aben" : „SKein lieber, luftiger, 
runbcr Better! SBai^ mad^ft ÜDu, mein ©d^a|? ©^jringft ®u nod^ 
wie ein ^irfd^ unb ^ü^jfeft wie ein junger BocE? 33Bai3 madf|t 
ÜDein ©d^Iitten? 35ag ift bod^ ^euer ein üortrefflid^e^ ©dfiKtten* 
Wetter. ®ö gel^t einen Berg l^inunter, bafe fein 3lblcr uns nad^«^ 
fliegen fönnte. SWid^t« ift luftiger, ate wenn unfere ©d^Iitten 
juweilen über einen ^ügel l^inüberl^af^jeln. ^a, ^a, l^a, ^a — 
id^ mufe nod^ lad^en. ©efteru ift ber ^cter Sangbein über ben 
©d^Iitten l^eruntergeflogen ate wie ein Suftf^jringer. — @g ift 
l^alt eine greub, jung unb frol^ ju fein, ^ul^e, Bruber, wann 



III. Geislingen» 61 

nur uttfcr alter ®raubart ttid^t wäre, 2)u fcnnft it|n fd^on, unb 
unfern ^räjeptor, ben ewigen ^w^t^auiSmeifter fann id^ aud^ 
nid^t leiben. ®a fott man immer lernen, immer fein Söpfd^en 
l^cnfen, immer Srief fd^reiben unb bte närrifd^e ©^jortograp^ie 
ober ÜDortogra^^ie treiben. — ©el^orfamer Diener, ^err ^rä* 
jcptor! ©ollen ®te mid^ ju einer SWa^teule mad^en? @i, mein 
fd^öner ^err, fmb ©ie bod| fo gut unb gudEen ®ie jum genfter 
^inau«, wann id^ ^eute mit meinem ©d^Ittten oor ^f)xtx 0iafe 
üorbeifted^en werbe — ^o^jfa, liebet SBrüberletn, luftig muffen 
55uben fein. 2Bag lernen! unfre ©d^ul ift ja fo finfter wie eine 
ffiad^tftub — wir werben bennod^, wag wir werben foUen — 
man mufe unferem ^räjeptor etwa« blafen. — Aber jefet fal^r' 
id^ @d)litten. Somm ^er bu lieber ©tad^el. — |)olla SBruber 
Sßid^el, ©toffel, aWartin, §einrid^, ^an« unb wer i^r äße feib, 
ja^rt mit! fted^t gu! Qfi^l^c SBruber 5ti| , boö 35ing gel^t wie ber 
©li|! — ©utenad^t, Heiner 6*^fennig*|)äfelein. ^6) bin öoöer 
^reuben. — ^anöwurftburg ben 1. ?lpril. — S)ein luftiger greunb 
ajiartin ^opfafa." 2)en S5rief beiJ d^olertfd^en Snaben fd^reibt 
aus ^ufarenburg ben 26. ^fenner 1767 §ani^ SColüopf, ben be« 
meland)olifd^en 3Kitternad^t ben 28. ^f^^^^i^ l''^67 g^anj ©in* 
fiebler, ben bei3 ^j^legmatifd^en t5<iulberg ben 3. g^ebruar 1767 
tjranj ©d^lafl^aub, — ®ie erfte Raffung ber Srjäl^lung: Qnx 
®efd^id)te beS menfd^lid^en ^ergenö, burd^ weld^e f^jäter nad^ 
i^rem ffirfd^einen in SBaltl^afar §augg ©d^wäbifd^em ÜRagajin 
1775 ©d^iKer ju feinem S)rama: bte ^Räuber angeregt würbe, 
giebt unö Söo^lwiß in einem ben ©d^ülern ju (Setzlingen am 
10. 5»ot). 1768 biftierten »riefe. ICarüber f^jäter. 

SBir feieren ju g^ifd^erS SSortrag jurüdE. „SBeil gegen JJaul* 
l^eit, Unflat nnb SJoj^l^eit burd^ ben @influ§ ber ©d^ule fo f^wer 
aufjufommen war, fo l^at ber fatirifd^e ^äbagoge in einem Dif* 
tat einen ©d^äfer in ber SWä^e beö ®eifelfteini8 eine eifernc tifte 
entbeden laffen, worin bie wunberfamften Heilmittel fid^ tjorfan* 
ben, j. SB. 

100 gefd^nittene JJebern, bie aUe« öon felbft fd^ön nnb ort^o* 
gropl^ifdö fd^reiben. 

@ine JBriße, burd^ weld^e ber bummfte aJienfd^ alleg lefen fann. 



62 III. Geislingen. 

©n ^utoerifietter üKenfd^enöcrftanb, ben man tote ©d^nupf^ 
tabaf ins ^im l^inaufjie^en fann. 

(Stlid^e ®Iäfer ®ebäd^tniötro<)fcn, woniit fi^ biejcnigcn, bie 
i^rcn Sated^iiJntuS , tl^te Sieber unb ©ptüd^c nid^t au^wenbtg 
lernen tt)oIlcn, morgeniS unb abenbiS unt bie ©d^Iäfe fd^ntieren ntüf jcti. 

S)rei 35u|enb gelbteuf el, weld^c bie böfcn äBuben bei ben 
Dl^ren fd^ütteln, wenn fie in ®ärten unb g^elbcm gottlofe ©treidle 
anfteQen. 

®n §obeI, tt)ontit man bie groben g^Icgel l^obelt. 

®n 3<^^berf<)iegel, toorin man aKe Sagbiebe, g^reffer, studier. 
Unflätige, Duntntfö^fe crfennen fann. 

%i^ ber engen bürgerlid^en unb ^jcrfönlid^en ©p^äre filierte 
ber untfid^tige unb toeitfd^auenbc fie^rer ben SSM feiner ©dualer 
unb burd^ fie aud^ i^rer ©Item ^inauj^ atif baS tt)eite gelb ber 
allgemeinen SJölfer* unb SBcltintereffen. Qfn einer Qtii, too an 
bie täglid^ tt)ad^fenbe glut ber Leitungen nod^ gar nid^t ju benfen 
toar, ift CS gerabe ©d^ubart gett)efen, ber im ©d^wabenlanbe auf^ 
merffamer afe @iner bie S«ad^rid^ten über bie SBeltereigniffc fam^ 
melte unb ber ben ?ßlan fa^te unb jur SBal^rl^eit mad^te, eine 
©eutfd^e Äronif l^erauSjugeben. ©d^on ;3fa^re lang, el^e er 
biefe ^erauSjugeben anfing, bifticrte er in bemfelben ©eifte, in 
bem fie rebigiert toarb, feinen ©d^ülern bie Sßad^rid^en oou SBcIt^ 
ereigniffen in bie gebcr: bie bamaligen SBebrängniffe in ^olcn, 
bie geinbfeligfeiten ber S:ürfen gegen Defterreid^, ben toboerad^»» 
tenben greil^eitSmut ber Sorfifaner unb il^re SBebrol^ung burd^ 
bie granjofen. ©e^r oft unb fc^r nad^brüdflid^ rül^mt er feinen 
©d^ülcrn in ben ÜDiftaten ben forfifanifd^cn Patrioten ^aoli, 
„ben großen üKann, wie er i^n nennt, ber bie geinbe ber grei* 
^eit mit bem !©onner ju jerfd^mcttem brol^c." Slud^ über geit* 
genöffifd^e tunft* unb fiitteraturereigniffe ^at er gegen feine ©d^üler 
nid^t gefd^miegen; fd^on bamate war er, toie f^jäter in ber Sl^ronif, 
ber unerfd^rodfene grei^eitSmann, ber greunb beutfd^cn SSürger* 
tumS, beutfd^er ©itte, beutfd^er Sunft, ber ®egner ber ©d^minfe 
in gragen beS ©efd^madfs wie ber ©efinnung, gel^amifd^t an 
©cbanfen, bewaffnet mit ÜDonner* unb Seulenf dalägen beS tref^ 
fenben SBortS unb glammen beS jünbenben geuerS. 



III. ©eti^Iingen. 63 

®o iDar unb badete, fo lebte itnb wirftc @cf)ubart, fo fpraci^ 
©d^ubart, bcr Seigrer, feine Qfwgenb an. — Db er päbagogifd^ öet^ 
jähren ift? üDte verfeinerte unb überfeinerte @rjiel^ung üon ^eute 
würbe maffen^aft an feiner Sel^rmanier auöjufe^en finben. ?tber 
ber Seif äff, ber nad^ Äraft, nad^ nngefd^minfter ©al^r^eit fud^t 
unb urteilt, ift 8Ctt)i§ auf feiner Seite. ®i^ tjerftel^t fid^ t)on 
felbft, ba§ wir gerabe nur bei einer SWatur tt)ie (Sr eine fold^e 
SIrt juläffig unb gered^tfertigt finben. S33o ©ebanfe unb ©inflei* 
bung fo SBli| unb ©d^Iag jugleid^ finb toxt bei il^m, fann man 
!auni eine anbere SRed^enfd^aft ber ?tbfid^t forbem, afe bie SBal^r* 
^eit beö IDrangei^, ber eben wirlen wollte, wie er mufete, unb ber 
feine anberen afe feine eigenen SBcge fannte. S^agen wir aber 
nad^ ber SBirfung, bie er ausübte, fo fönnten wir fd^on, ol^ne 
ba§ wir über feine ©rfolge aud^ fonft beleljrt wären, auö ber 
Sttatur feinet Unterrid^tö fd^Iie^en, ba§ er bie ^J^ugenb mäd^tig 
anregen, begeiftem unb erfd^ttttem mu§te. Um ftatt einer SKenge 
trabitioneffer 3^^^9^iff^ ^i^ gefdiriebeneiB S)oifument ju liefern, foö 
ein SBrief folgen, ber nad^ ©d^ubarti^ (Srlöfung auig ber SJefte 
t)on bem mel^rcrwäl^nten ^ofe^l^ ^ifd^er an i^n gefd^rieben würbe 
ba, Änla§ cinei^ SBefud^ö, ben ber freigeworbene IDid^ter öon 
Stuttgart aui^ in ©eiiSlingen mad^te. !t)er SBrief lag mir im 
Original oor unb lautet: 

©eii^Iingen, am 22. Dftober 1787. 
Unt)erge|Itd^er, teurer Seigrer! 

(S^ ift mir fd^on üielc ;3fal^re l^er bie ®elegenl^eit oerfagt 
gcwcfen, Weber mit Offnen ^jerfönlid^ ju f^jred^cn, nod^ an ®ie 
gu fd^rciben. Unb ba nun je^t ber für mid^ fo glüdflid^e QtxU 
pnntt ha ift, foId^eS ju t^un, fo erfü^ne id^ mid^, ©ie mit gegen* 
wärtigem S5rief ju bel&ftigen. ®t entl^ält jwar weiter nid^tö afe 
teife einen nod^maligen 35anf gegen @ie ju än^^xn, ben id^ 
Qf^ncn für ^f)xt mir erwiefene Siebe fd^ulbig bin, teife aud^ 
meinen Äbfd^ieb öon Qflinen ju nehmen, weil id^ feine Hoffnung 
^abe, ©ie lange l^ier in ©eiölingen genießen jU fönnen. — ÜDod^ 
fflfft mit ber l^eutige 3lbfd^ieb lange nid^t me^r fo fd^wer, weil 
td^i wci§, ba§ ©ie je^t glüdflid^ finb unb nid^t me^r wie tjor^er 
3f^rc 2:age etngefd^Ioffen im Serfer tjerfeuf jen muffen. ^6) f)aht 



64 III. ©eidlingen« 

längft tt)egen Qfl^rcn o^nclängft öerftoffcncn Sirangfatöia^ren 
mand^c S^räne im ©ttUen um ©ie üerwcint, unb id^ bcjant- 
merte mid^ fclbft ate einen SScrworfcnen, weil 2^l^ränen unb 
©eufjer um ^\)xt grei^cit tjom §immel gegen mid^ unerl^ört ju 
bleiben fd^ienen. ?tber wie glüdlid^ würbe nid^t ber geftrige 
3lbettb, ba id^ meinen mir ewig teuren ©d^ulle^rer wieberum 
umarmen unb ^i)mn bie §anb brücfen fanni (biefer ZaQ ift einer 
ber glüdflid^ften meinei^ SebeniS.) @ie, lieber |)err ?ßrofejfor! 
I^aben in mir ben @runb jur SCugenb unb ©ottei^furd^t gelegt 
unb mid^ auf ben 9Beg ju meinem ewigen ®lMt gefül^rt; ic^ 
l^abe Qf^re SBefel^Ie befolgt unb weid^e nid^t baüon ab, unb l^abe 
bie fro^e Hoffnung im |)erjen auf bie fünftige ®wigfeit. — Sflun, 
aUe Siebe, allein ®ute, ba^ ©ie an mir getl^an l^aben, lol^ne 
^^ntn ber ^immel! SJiel^r bin id^ nid^t öermögenb, afe Qf^nen 
©otteg Sol^n anjuwünfd^en, unb id^ wei§, bafe ein geredeter 
S33unfd^ nid^t leer jurüdEfäßt. — ^ä) ^abe ©ie jwar im ^er^en 
fd^on oft glüdflid^ gewünfd^t, id^ t^ue e^ aud^ f)t\xtt — ja, id^ 
werbe ©ie nod^ an meinem ®rabe fegnen, unb aud^ ba foQ e« 
nid^t ba§ Sefetemal fein, ^ä) werbe, wenn un^ bie ©wigfeit 
einmal wieber Dereinigt, ^f)ntn nod^ öor ®ott unb feinem ©ol^ne 
banfen, unb mein SBefenntnti^ ablegen, voa^ ©d^ubart an mir 
getl^an. — 

5Wun leben ©ie famt ^i)xtx lieben unb teuren gamilie ge* 
funb unb glücflid^! — S)enfen ©ie juweilen auc^ no^ an einen 
geringen greunb gifd^er! — 35enfen ©ie aber nid^t in bem J8e* 
trad^t an mid^, bafe id^ ©ie in meinem iugenblid^en Äeid^tfinn fo 
oft beleibigt. ©onbern benfen ©ie etiuann fo an mid^, ba| id^ 
©ie wie mein Äeben geliebt unb biö an mein Sebeni^enbe lieben 
werbe, ^ä) bleibe inbeffen mit warmer Siebe ^f)t ewig oer^jflid^» 
teter ;JJofep^ d^](i)tt. — 

Unb nun, oere^rte SSerfammlung, f daliegt ^, ®. ^ifd^er^ 
^öd^ft anjiel^enber Vortrag, bünft eö mid^, ein aWann, ber fold^e 
^rüd^te gefät ^at unb reifen fal^, l^at aud^ ein 9led^t auf unfere 
banfbare ©rinnerung unb id^ bin entf d^ulbigt , ba§ i^ fo lange 
^\)xt Slufmerffamfeit in Slnfprud^ genommen für einen ®eift, ber 
oiel geirrt, aber nod^ me^r geftrebt unb gelitten, ber ben freien 



III. @ei§angcm 65 

Mt\\\(i)tn geliebt, ber htn freien SBürger gebadet imb gett)oKt, 
afe nui* erft SBeuige ju fo lautem S8eteuntniS ber g^retl^eit fid^ 
ju erl^eben tpagteu, ber nid^t Seffing^ fd^arf fonbernben ®eift, 
mä), bei aK ber großen SJeriDanbtfd^aft feiner Ucberf(^tt3engltd)!eit 
mit i^m, ni^t Älo^jftodfö geläuterterc Äunft nnb bemustere ßiele 
iefaß, ntd^t ©d^iffer^ ^ol^eit unb ;3fbeenma(^t, nod^ ©oetl^eS njuu* 
berbarc @d^öJ)futtgiSgabe; ber aber gleid^mol^I einer ber frafttjoff* 
ftcn unb bcbcutenbften SSor* unb Slebengfinger ber ©roßten gcwe* 
fctt ift." 

©oroeit gifd^er. Strauß I, 52 erjäl^It, er l^abe ein ^amu 

ffri^>t in bcn Rauben: „®efpräd^ wn ben ÜJHtteln reid) ju n)er* 

t)cn, am 9)?id^acIiiS«®Eamen 1768 in ber ®ei^linger ©d^ul geljal^ 

ten" — ncmlid^ t)on einem !t)u|enb ^laben, bereu jeber unter 

einem entfpred^enben ^araftemamen — j. SB. ©ernreid^, üDudf- 

maug u. bgl. — eine befonbere Änfidfi^t über ben fraglidfien ®e* 

^enftanb üorjutragen l^atte; alfo cineiB jener ©efpräd^e in brama* 

tifd^er fjorm, jener f leinen JRebnerfibungen, t)on benen ®d)ubart 

fclbft crjä^It. ®ine Ijöd^ft t)erbicnftrtd^e unb originelle ©infil^- 

tung ©d^ubartiB, bie bis in bte neuefte Qtii gar ju menig SWad^^ 

afimung gefunben l^at. @iS giebt öiele ©d^ulen, in benen man 

t)or lauter ©d^reiben ganj baS ®pxtd)tn tjerlernt. Söefanntlid^ 

fte^t ber 3)cutfd^e, namentCid^ ber (Bä)toabt, in ber mönblid^cn 

Selierrfd^ung feiner ®j)rad^e weit hinter anberen Syiationen jurüd!. 

Die« mag jum 2:eil an ber @d^n)ierig!eit ber @j)rad^e liegen, 

ium Steil ift aber gettjiß aud^ bie geringe ©orgfalt baran fd^ulb, 

mit ber in Dcutfd^lanb ba« ©pred^en in ber ©efettfd^aft im Wi^ 

gemeinen unb in ber ©d^nle im SBefonberen gel^anb^abt tt)irb. 

€rft in ber neueften ^^it ift man barauf bebad^t, biefem üKangel 

<ibiu]^elfcn. ©o beftimmt baS neue SRegulatit) für bie ^ö^eren 

®d^ulen in ©Ifaß^Sotl^ringen , bie Pflege ber beutfd^en ©prad^c 

foHe fid^ nid^t fowol^l auf« ©d^reiben, aU tjielmel^r auf d ©predien 

bejie^enj bie Seigrer f ollen auf allen 0affenftufen unb bei atten 

Unterrid^töfäd^ern barauf ad^ten, baß ber ©d^üler münblid^ unb 

fd^riftlid^ bie beutfd^e ®pxa6)t forreft gebraud^e. ^m ©timnaftum 

«tib in ber Wcalfd^ule foDcn neben ben Äuffft|en genau öorjuberei- 

tcnbe Uebungen ber ©d^üler im münblid^en ©ortrag ctnl^ergeljen. 

^auff, Si^uBart in feinem 8el6en unb feinen äOrrTen. 5 



€6 in. (»tmmtxi. 

©d^ubatt l^at bicfe Änorbnung fd^on im tjorigcn Qföi^tl^unbcrt 
in ber älteren Änabenfd^ule bcS ©täbtd^en^ ©ciöHngen getroffen. 
Sie er felbft ein 3Keifter ber SBerebfamteit unb nie nm ben red^^ 
ten ängbrnd verlegen toax, ber fid^ i^m tjielmel^r im Stngenblidt 
barbot, fo woHte er and^ feine ©d^filer gu SBürgern bilbcn, bie 
fid^ überaß, im gemeinen Seben nnb bei öffentlid^em Änftreten,. 
rid^tig, geläufig unb gebilbet augjubrüdEen tjermodjten. !J)er befte 
Sdtmti^, bafe er ein geborner ^öbagog tt)ar. ©eine ©tubieit 
famen feinem Unterrid^t ju ftatten. @trau§' Urteil: „er ttJoKtc 
— bei feinem ©tubieren — genießen'' ift gu l^art; er tooDte ler^ 
nen, fid^ fortbilben nnb fd^eute babei aud^ ©d^toierigfeiten nid^t. 
©ie fd^on begonnene litterarifd^c 2:i^ätigfcit fefete er in ©et^lingem 
fort unb mad^te feinen ^'i^^men nad^ unb nad^ befannt. Qvitr:^ 
bid^tete er l^ier feine Dbe auf ben 2:ob tJtangii^fui^ beö ©rften,. 
römifd^en Satfer^, Ulm 1765 (SReclam ®. 146), fd^wülftig, bom- 
baftifd^, bod^ nid)t o^ne eingelne ©d^ön^eiten, eine gute SJorübung; 
für bie Sobgebid^te, in benen er fpäter g^riebrid^ ben @ro§en,. 
Sari unb g^aujii^fa befang. 6r erhielt bafür bai^ ÜDipIom eine^ 
gefrönten S)id^ter§ (ögl ben JBrief t)om 6. ^mi 1766 an ^aug), 
3uglei^ würbe er SWitglieb ber beutfd^en ©cfeUfd^aft in Ältborf. 
„©0 tjergülbet man mir, bemerlt er baju, toie bem Dd^fen in 
ber tJabel, bie |)örner, bafe id^ ben 3[bgang bei8 gutter« nid^t 
merfen foB." — ©arauf folgte: Obe auf ben Sob bei^ ^erm 
^of* unb ategierungigratig ?tbt in SBüdEeburg. An feinen ^errn 
äJater in Ulm 1 766. 'Dief e Dbe f e^It in ben getoöl^nlid^en «ui^^ 
gaben ber ®ebid^te, fd^eint überl&aupt im äBud^l^anbel vergriffen 
gu fein. Sfnf ben Sibliotl^efen in ©tuttgart, 2:übingen unb Ulm 
liabe id^ öergeblid^ barnad^ geforfd^t. 

5Wad^ «b. SBoIilTOiD a. a. O. enthält fie einige ©tropfen, 
in benen bie (£nttt)i(ilung unb SJerbienfte 3lbt§ in fräftigen unb 
d^arafteriftifd^en 3ügen ^ertjorgel^oben n)erben; bicfe muffen für 
bie ©efpreijtlieit unb ®el)altIofigfcit bei^ Uebrigen entfd^äbigen. 
^erber fü^rt fie, ol)ne ©d^ubartg SWamen gu nennen, an (äBerfe 
gur ^^ilofo^j^ie unb ®efd^id^te XV. 12): „aber öon tt)eld)em 
Sontraft, fagt er ^ier in feinem Stuffa^ über Zi)oma^ «bt — 
Dom ^a^r 1768, mirb mein Äuge beftürmt, wenn id^ auf einmal 



III. &t\mmtn. 67 

rinc ^äfica («nm.: ®. Dbc auf "Hbt^ Zo\> an feinen Siattx, 
Ulm 1767) gewal^r werbe, bte in bem fieid^enjuge mitl^inft! ^a 
leibet! Da fielet ftc! bud^ftabierct bem SSater be« SSerftotbenen bte 
SBortc: 3)cin — einjiger — ©ol^n ift tot! in ben brci ^etj* 
brcd^cnben ©tropl^en öoQ mürgcnber üDonner t)or; in brei anbe* 
ten beftürmen SBIi| unb 5^uer unb ©e^enl nnb 35onner unb 
®eräuf(^ unb flammen unfer D^r, hx^ wir barauf bie fieben«* 
umftänbe be« Xoten, ©tü(f tjor ©tücf in ©tropfen verteilt, in 
einer rofcnben <Sptaä)t \)oU poetifci^cn Unfinn« altweiberifd^ l^er* 
gejäl^Iet fc^en. Unter unö wirb biefen fd^reicnben JCI^erfitcjB feine 
gute %b{t(i^t entf d^ulbigen ; ober unter ben ©ried^en würbe il^n 
bie ©träfe bercr treffen, bie bie Joten gefd^mä^et." STOöglic^, 
bafe bicfc SRcjenfion ben ©id^ter bewog, ba« ®tbx6)i tjon ber 
©ammlung feiner ^ocfieen aui^jufd)licj5en. 3)ie äBabefur an 
ben Ulmer ©tabtammann ^Mtl, ©eöattcr feinei^ ©ol^n« Subwig, 
Ulm 1766 ift unbebeutenb, im JBud^^nbel »ergriffen, auf ber 
Ulmer ©tabtbibliotl^ef in einem ffifemplar erl^alten. 3^wbe* 
reien öon (L ff. ®. ©d^ubart, Ulm 1766. ©d^ubart fagt 
barüber: „Die ^^ubereicn, eine unglüdflid^e Stad^a^mung Dt)ib«, 
fittb ein fd^warjei? Denfmal eine^ üerborbenen, mit feinem S^*' 
ftanbe irB^ufriebencn ^erjeni^. Da^cr finb fic tjoßer Ausfälle auf 
Seutc, bie beffer waren, ate id^, unb üoK Söhirren über meine 
©ituation, bie bod^ SSorbercitung auf eine beffere war." 3[el^n* 
lid^ fagt ©trau§ I, 45i „Qfn ben ^^wbereien üerfud^te er fid^ 
in Düibg unb SBielanbi^, in ben Oben in ?ßinbars unb ftlop« 
^üd» Salinen; aber Weber bie Qkxlx6)Uii unb ber SBil ber 
(Sinen, nod) bie gebanlenreid^e ^aft ber %nbem war il^m gege^ 
bin," Damit finb bie 3^^1>w:eien ju l^art beurteilt. SKel^rere, 
wie bie „SRad^e einer SWo^ee" unb „bie entjauberte (Siferfud^t, an 
ben jungen SWcbon" finb aöerbingiS in ?ßlan unb SluÄfül^rung fd^wad^, 
gequält unb erjwungen. „Der ^ö^t^^^^öii^" ift beffer; aber in ber 
Ausmalung ber SJerwanblung ftodtt bie ?ß^antafic unb ©d^ubart 
bleibt weit l^inter D'oM ©d^ilbenmg in ben 3Wetamorp]^ofen gu* 
riid. ^n ber „SKad^t bei^ ^lutug" ift bie ©d^ilberung öon ber 
äf^ad^t bt^ @elbei^ belebt unb angiel^enb, aber Anfang unb (£nbe 
fmb fd)wad^. ^utuÄ will einmal eine ^robe üon feiner ©ewalt 



68 in. @eii»ttngen. 

auf bie aWciifd^cn mad^cn — al^ ob bicfc ?ßrobe nidjt längft 
gcmad^t ttjärc unb immer aufö neue mit bcmfclben ©rfolgc gc^ 
mad^t tüürbe! — unb öemanbelt einen (gfel be« ©ilen, ber einen 
ganjen aRarftatt ^on ©fein l^at, in einen 9ßenfd^en. 35er in 
einen SWenfd^en üermanbelte @fel i)ai burd^ feine g^eigebigfeit 
überall &IM unb erfteigt burd^ ^lutu^ ^^^'^^^^^f^ ^" hirjer 
3eit alle ©tnfen bei^ menfd^Iid^en ?(nfel^enig. Unter feiner glüdf^ 
lid^en ^Regierung tt)immelte e^ balb im ganjen fianb üon menfd^== 
lidien @f ein ; bie lugenb entflog, baö Safter trinmpl|ierte, Dumm* 
fö^jfe fa§en am SRuber. Offenbar, fottte man meineit, njerbe 
©ingang — fo l^eißt ber menfd^Iid^e @fel — tjon ^lutui^ baburd) 
beloljut, ba^ er auf @rben fo lang ate möglid^ bleibe unb Ijerrfd^e. 
Aber nein: „^lutuiJ, nad^bem er fein ©ötteranfel^en auf ber SBelt 
genug geprüft, fül^rt ben umgefd^affenen ©ingang mieber im 
©türm gur §ölle ^inab, ^lutu« tod^ nun — nun! —, bafe er 
ber ©Ott ber SBelt ift, ©ileng ©fei trabt ftolj in feinen faft ijer- 
fannten (!) ©tafl jurüd! {toa^ ift bort, fragt man untt?ittWrIid^, 
fein Sooö?) unb bie SWufe ^t bem ©id^ter im SSertrauen gefagt, 
ba^ ÜJitjfiig, ©ingangö ©attin, nad^ il^m ^^illinge geboren, bie 
fcitbem ©ingang« großen Sftamen auf bie SWad^melt fortgepftanjt 
l^aben. — SBie gefud^t! ttjie gefünftelt! SWad^ ber Änbeutung in 
ber ©elbftbiograpl^ie l^atte ©d^ubart in ben ^öubereien beftimmte 
^erfonen im ©inn. ^n ©eiölingen fommt ber 9?ame ©ingang 
nid^t öor, aber ber fjall ift möglid^, bafe ©ingang ber ©pi|name 
eine« gegen ©d^ubart feinblid^ gtfinnten ®ei«Iinger JSürger« tvax, 
wie benn je^t nod^ faft jeber Söürger biefer ©tabt feinen ^zbtn-^ 
namen f)ahtn fott. — i^n „Spencer" ift befonber« bie ©d()ilbe^ 
rung ber 35erflärung unb l^immlifd^en Srl^ö^ung be« auf ®rben 
verhungerten 35id^ter« gelungen. — ^ier, niie in „^jion" unb 
im „3^wberl^ain" l^at er ftd^ felbft, feine SBemül^ung um bie S5e* 
lei^rung unb SJereblung feiner fianb^leute gefd^ilbert. SBer felbft 
ä^ulid^e (Srfaljrung^n tt)ie ©d^ubart gcmad^t l^at, wirb bariu me( 
SBal^rl^eit finben unb oft an bie ©prüd^e erinnert werben: ®er 
tjiel leieren mu§, ber mu§ t)iel leiben; ^f erbearbeit, 3^i<^f»^tt^i^; 
ober um in ber ©prad^e ©dritter« ju reben: 9W(^t bem ©bleu 
gehört bie @rbc; er ift ein fjrembling, er wanbert au« unb fud^et 



IIL (ä^eidlingen. 69 

ein miücrgmujlid) ^aM, I)cr „^feuboflcift", bcr au^er anbeten 
Stfiden in ber ®d)cib(e'fd^en nnb in ber @auer'fd)en Slnögabe 
(«u^roal^l) Don Sc^nbartig SBcrfen fel)It, ift „eine Satire anf bie 
natiiraKftif^en 9?ad)ül)mer bcr malerifd^en ^ocfie" nnb fd^ttjerlid^ 
fiOcrtriebeu, tt)cnn man bebcnft, n>ie Scffing im 5. fiitteratnrbricf 
über ben „fienj" bc3 ^errn üon ^altl^en nrteilt, „eine ©amm- 
luug öon Bügen nnb SBilbern, bie 2:^omfon nnb Äletft nnb felbft 

^acfiariä üerfc^mft^ct i^abcn. Qu öiel, jn t)iel Qngre* 

bicttjien für @in 33omitit)." eingeleitet ttjerben bie ^>^anbereien 

burc^ ein ergreifenbeg ®ebid^t, in bem bcr Diditer feine tranrige 

Sage, feine Slrmnt, feine ®cfd^äftdlaft, feine öerfel)lte gefcHfd^aft* 

Kd^e Stellung beflagt, bie il^n jnr ©atire nnb jnr (£Iegie ftim- 

men. ®en)ibmct ift bie f leine ©amminng bem „großen ^tiubercr 

Saramuffal auf bem SBcrgc ?{tla^", nnter bem ©d)nbart feinen 

fianbämann Sßiclanb in ^ibcrad) ücrftel^t; wie er felbft am 

25. Ottober 1766 (©tran§ I, 114) fd^reibt: „35on meinen ^an* 

bcreien i)ab' \ä) nid^t^ jn fagen, ate ba§ bie ©ebifation, nnter 

bem SBilbe bc^ Saramnffafö, ber ein ®efd^ö<3f beö ^errn äßic^ 

lanbs im Don ©tjlüio (6. SBnd^, 1. Kapitel) ift, ben ^errn 

Sßielanb f eiber angcl|t." @o üiel t)on ben ^^^^l^ereien, biefen 

.rJ^i^tungen in profaifd)*metrifd)er 3D?ifd)form nac^ ?trt öon ©erften^ 

bcrgö Sänbelcicn nnb SBiclanbg einfd)lägigen aJerfnd^en." (Sancr.) 

aWit SBielanb toar ®i)\ihaxt fd^on früher befannt gcmorben. 

8m 20. :3nni 1764 fd^reibt er jnerft an il|n; er ben^nnbert in 

i^m ben SBcltmann, ben ®elc^rten, ben fd^önen ®cift, ben red^t* 

fdiaffenctt 2Rann, ber nirgcnb^ öortrepd^cr ift, ate wenn er 

Ritten öerborbcncn ^citgenoffen Stngenb nnb SRcligion prebigt, in 

bellen ©djnbart bie »al^rc OncHe bc§ ©d^öfien finbet. ©r mad^t 

jvd) in (äcbanfen eine Sanbfarte über ©d^ttiaben nnb fiel)t bie 

©cgenbcn be^ fd)önen ®efd)madd ttjüfte, üerwilbert nnb nnange* 

baut; er finbet, ba§ bie wenigen Soloniften fidf) nad^ nnb nad^ 

auö biefen ©egenbeu verlieren nnb einem ©ielanb nnb etttjan 

nod) einem ©emmingen bie ®^re überlaffen, ben finfenben 9lnl)m 

bcr ©d^maben alö «tlante jn tragen; er fnd^t jnle^t feinen t|öd^* 

ftcn iJlnl^m barin, ©ielanb nnb nod) einige gro^c ®eifter lefen 

ttnb bewunbem jn fönnen. 



70 in. ©eisangcn. 

erft nad^ jmci i^a^rcn in einem Srief t)om 18. ^uni 1766 
antwortet ilim SBielanb. SRad^ einer weitlänfigen nnb nid^t^^^ 
fagenbcn Söitte nm ffintfd^nlbignng begrübt er ©d^nbart auf @runb 
feiner Dbe „auf ba^ ©ebäd^tnis be^ guten ÄaiferS fjranj" afe 
fjrcunb unb lieben Snibcr in «potto, beffen ©eniui^ 3Bictanb mit 
einer «rt t)on ®^rfurd^t anfielt. Unbegreiflid^, mt 33Bielanb au^ 
biefer fteifen, ungelenfen Dbe bie ®rö§e, ©tärfc, ja bie ©c^ön^ 
l^cit üon @d)ubartö ®enie fennen gelernt l^aben xoiti, fo ba§ er 
feine 9hil|e ju l^aben befennt, bi§ er il^n perfönlid^ fennen 
lerne. 5Der ©d^lu§ lautet: „©aö mad^t ^f)xt 3Äufe? I)a^ ift 
aud) ein großer ?(rtif el, wirb fie nod^ mel^r pinbartfieren ? quem 
Deum ant heroa — baS sumite materiam etc. mu^ i^^nen 
feine ©ebanfen mad^en. ©ie finb jum 5Did^ter geboren 
(göUj gett)i§ !) unb alfo (!) mirb :jjl^nen eine ?leneibe fo roo^l 
gelingen ate ein ^irtenlieb unb ein fomifd^ei^ ©ebid^t fo gut atö 
ber ätl^erifd^e fjlug be§ 3Sogete $JoöiS" — (ein pd^ft übereilter 

©d^lufe!). 

©d^on jeljn STage fpäter fd^reibt il^m ©d^ubart. 35iefer 
Srief gel^t freilid) au^ einem gauj anbem Jon, al^ ber erfte, 
mit bem er nur ben ?luöbmd^ ber SBewnnberung , ja SSere^rung 
unb ber innigften Danfbarfeit gemein ^at. ©d^ubart ^at jegt 
eine äl^nlid^e SBanblung burd^gemad^t , wie fein ^roteftor, öon 
bem er je^t ben ©^löio, bie fomifd^en ©rjä^lungen unb ben Äga- 
tl^on gelefen l^at. „?tber ^\)x Stgatl^on! — jittem ©ie ni^t? 
alte lutl^erifd^en Söifd^öfe, Pfarrer unb ^rd^enbiener fmb wiber 
i^n aufgebrad)t. Söalb werben unfere Drt^obojeu fd^warjbraun 
im ©efid^t, oon atten Sanjeln auf ben armen jungen ÜÄenfd^en 
lo^bonnern, unb feinet ©d^öpfer unter bie ©pinojiftcn, ©ojinia* 
ner, aOSeigelianer, Quietiften unb SBiebertäufer ^inabftofeen unb 
il^n in ber ^öHe, in ber tjerftud^ten ©efettfd^aft ^omeri^, ^lato§, 
©ofrate^, Qf^reg tl^eurcn Sudan« unb anberer abfd^eulid^en te|er 
— ewig o^ne ©rlöfung — fd^mad^ten laffcn" u. f. w. i^m 
Übrigen beurteilt ©dl^uBart feine eigenen poetifd^en Seiftungen, 
wie feinen poetifd^en Scruf äberl^au:pt, ftrengcr, mifetrauif^er, 
ate fein Sobrcbner SBielanb. @r wei§, wie fd^wer eig ift, mit 
^inbar ju wetteifern, wie gewagt für i^n in feinem [profaifc^en 



IIL ©ci^angcn. 71 

%eni\, nur pinbarificrcn ju tooKeu. „^d) werbe freitid^ nod^ 
maw(!^en mißlungenen SJerf ud| mad^en muffen, h'x^ i^ felbcr weiß, 
in wcld^em ^clbc bcr 1)i(i^tfunft ic^ mit bem mel^rcften 35orteile 
•arbeiten fann" fd^reibt er bem 9Jlanne, ber üor jwei Q^a^ren i^m 
bcn cntfd^icbenften SBcruf ju jebem ^ai) ber Dii^tfunft jugetraut 
^atte. Ob ©d^ubart fpäter nodj an SBielanb gefc^rieben ^at 
Dbcr SJielanb an \\)n, miffen mx nid^t ü)?it 933iclanbö Abgang 
nad^ ©rfurt fd^cint ber JSricfwcd^fel jwifdien Seiben ein @nbe 
genommen jn l^aben. 

;5Jmmer^in mag man eö mit ^rufe a. .a. D. beflagen, ba§ 
*€d^ubart bei feinem erften Sln^ftng in bie litterarifdfie Sett auf 
feinen fefteren Saraftcr ftiefe unb fidf) feinem männlid)eren, fraft- 
t)otteren ©eifte anfd^Ioß. Uebrigcng xoax ©d^ubart, wie fid} fpftter 
jcigen wirb, gegen 3Bie(anbi3 ©d^wäd^en unb ÜWängel feineöweg^ 
blinb; er ^at fid^ il^m nod^ üiel weniger unbebingt I^ingegeben, 
<ite feinem ^lopftod^ ; aud^ ift eS übertrieben, wenn ^rn^ f agt, Sie* 
tanbs erfter ©rief l^abe il^m ben Äopf üen'üdt. — ^\x ®ei)§tingen 
«ntftanben no6) bie STobeögefänge, Ulm 1767. @ine, wie ber 
Sitcl befagt, geringere, jum Söeften be§ gemeinen 9)?anne!^ t)eran:» 
flaltete «umgäbe erfd^ien Ulm 1767 unb würbe in «ugi^burg 1800 
tüieber^olt. ^m ^a\)xt 1770 würben fie unter bem Jitel „ber 
€^rift am SRanbe beö ©rabei^" gebrudt, unb im ^oi)x 1778 
<rf(^iencn in ?tuggburg „3:obei§gefänge üon M. K^r. ^x. S). ^d)xu 
fcart; mit bem wo^lgetroffenen SöilbniS beS SSerfaffer^". ©^ ift, 
bemerft i^örbenö, bie alte ?tu§gabe mit einem neuen 2:itel. Der 
Verleger wollte uon ©d^ubartö (Situation (inbem er bamate auf 
bem |)ol^enadperg gefangen faß) SSorteil jie^en. S)ai§ SöilbniS 
ift au^ ber beutfdfien S^ronif liineingelegt. — 5&tan fielet, weld^e 
toeite SJerbreitung biefe fiieber fanben, bie ©d^ubart teite jum 
3n)edEe feiner ?(bbanfungen auf bem ©otteöad^er , teilig aui^ ®auf 
gegen ®ott nad^ einer fd^weren Ärauf^eit bid^tete, öon ber i^n 
ber ©tabtarjt 9lau gel^eilt l^atte. ©d^ubart fd^rieb fie, wie er 
felbft fagt, mit feiner gewö^nlid^en leibigen ©ilf ertigf cit ; er t)er* 
mifet an i^ncn jwei ^aupteigenfd^aften — ©infalt unb ©albung, 
bie i^ncn ßuc^ bie forgfältigfte ?tui^befferung nid)t ^fttte geben 
fönnen. ®icfe§ Urteil trifft auf bie meiften, wenn aud^ nid^t auf 



/ 



72 11^ ©ciälingem 

alle Sieber biefet Sammlung gu. ®d)ubart ift in feineu fpätercit 
Sieberu einfädlet unb natürlid^er genjcfen. §ier ^atte er mä)t^ 
tt)ic bei ben Stbbanfuugeu, tt)ä^renb bc§ Did^teuj^ ein grögercö^ 
il^n beobad&teubei^ ^ublifum tior feinem geiftigen S(uge; er mar 
mit fic^, mit ®ott, mit feinen Sieben allein. 

Unter ben ^^^^'f'c^^i^^i befinbet fid), mt oben angegeben 
tt)urbc, ein jiemlid^ unbebeutenbei^ ®ebid^t: „bie entjaubcrtc @ifer^ 
fud)t" an SOiebon. Dicfer ÜWebon ift nad^ ^rcffete „Sd^ubart in» 
Ulm" ber ©oljn beg Dberbilrgermeifter^ 3Botbad^, in beffen ^aufe 
je^t npdt) Briefe üon ®d|nbart aufbettja^rt tt)erben. ©d^ubart 
ftanb mit bcm jungen SÖiann in freunbfd^aftlid^em SSer^ältni^ unb 
man fiet|t au^ ben ^Briefen, mic ©d^ubart beftrebt n^ar, il)n in 
ber Sitteratur auf ben redeten SBeg ju weifen. ®o äußert er 
einmal, Älopftod fd^reite über bie SBelt mie ein Soloß; ßeffingö^ 
SOtinna tion S3arnl|elm nennt er ein unöerbefferlid)e^ Süieifterftüd ;^ 
bei ^oraj, erinnert er, bürfe man nid|t ju ängftlid^ auf ben 
^iftorifd)en ^lan felien, ftatt auf ben poetifd^en. ®o n^irtte er 
aud^ außer ber @d)ule erjie^enb, belelirenb, aufflärenb. 

^nbeffeu fo fe^r ©d^ubart^ päbagogifc^e SSegabung aujuer- 
fennen ift, fo ^atte er bod) gtoei (Sigenfd^aften, bie bem ©d^ul^ 
galten fd^nurftrad^ jutt)iber waren. ®r fonnte fid^ an feine 
beftimmte Qtxt binben unb litt, mie Seffing, an einer unüberwinb- 
lid^en 3tmt^fd^eu; ba§ etoige ©inerlei be§ ©d^ulunterrid^t^ fobann 
toar if)m juwiber, er wollte Slbwed^^lung, 9?eucö. ^. ®. ^if^«^* 
^at in ber oben mitgeteilten ©üjje ©d^ubart^ 3lufentt|alt in ®ei^* 
Hngen unb bie Stimmung ber Sürgerfd^aft über i^n einfeitig^ 
b. \). JU rofig ausgemalt. @r I)atte üiele greunbe unb ^zmwu 
berer, aber aud^ g^einbe unb Stuf paff er wie jeber geniale Wilamx. 
©d^on 1767 wollte er t)on ©ei^lingen fort; er melbete fid^, aber 
o^ne Srfolg, um bie Se^rfteHe an ber britten klaffe be^ ®t)m^ 
nafium^ in Ulm. ©eine Steigung jum ©pott unb ^umor fpielte 
it)m im Slnfang be^ ^a^x^ 1769 einen böfen ©treid^. (£r l^atte 
einigen feiner ©d^ulfnaben auf iljren Sunfd^ für ilire au^wärti* 
gen in ber Seljre ftelienben fjreunbe einen luftigen ^Jeujaliri^wunfe^ 
t)erfertigt, worin freilidt), wie ©dfiubart in feinem SJerantwortung«* 
fd^reibeu an ben Dberöogt in ©ei^lingen (©trauß 1, 193) fic^ 



'V 

V 



IIL @ct8linöcn, 73 

ausbrüdt, bic 933ortc uid^t auf bcr ©olbtvage abgcttjogen waren, 
ffiibcr St^ubartig au«brü(!Iid^c§ SScrbot tviirbe bicfcr SSunfd^ 
fopirt, fam na6) Ulm unb routbe bort t)ou einigen ©tubentcn 
gewaltig üeränbert. :3;n ©ei^liugen fetbft war ber SBunfd) t»er* 
geffen; „nur bie Ferren ®eiftlid^en, fäl^rt ©d^ubart fort, meldte 
nicmate einiger finb, alg wann fie auf mid^ logbonnern, ^«ben 
forgfälttg einige burd^ fd^Iimme Äbfd^reiber tierftümmelte Sopien 
in i^rem ^u(te üerwalirt, bi^ id^ enblid^ gefteru unvermutet wx 
i§r geiftHdfic^ S^ribunal geforbert unb mir mit allen furd^tbarcn 
?feierli<^!eiten bie Slnfrage be^ ^od^Iöbl. |)üttenamt^ üorgelefen 
»urbe: ob id^ ber SJerfaffer oftgebadfiten SBunfd^eö fei? — ^d^, 
bcr id^ meine unüberlegte elenbe ^ocfie längft felbft öergeffen 
^attt fagte in ber erften SJerlegcn^eit: Stein! — ■ bi^ id^ enblid^, 
burd^ bie ©timme beS ®ewiffen§ auf geforbert, bie Sal)r^eit 
befannte." ©d^ubart bittet nun, burd^ ein ^od)geneigte^ ©mpfe^* 
luugi^fd^reiben ben fd^limmen S^olgen t»or jubeugen , bie nac^ \>t\i 
Sro^ungen be^ Ministeril auf nid^tg anbereö alg auf bie gäuj* 
lid^ 3^^ftö^^9 feinet gegenwärtigen unb äufünftigen ®Iü(fe^ 
abjwedc; bie üerbäc^tigen S(ui8brüdEe beö Sunfd^eS feien ja nid^t 
im pofitiöen, fonbem im negativen SJerftanbe ju netimen, er fei 
fic^ babei feiner unlautern Äbfid^t bewußt gewefen, blo^ ein 
Pruritus nadj burlej^fen unb fomifd^en ©infällen ^abt baö ganje 
unglüdffeligc poetifd^e ©efd^öpf l^ervorgebrad^t. lieber ben weitem 
reu SJcrlanf ber @efdf|id^te ift nid^tö befannt. 

®elegentlid) mag ^ier erwälint werben, ba§ ©d^ubart cine^ 
feiner beifecnbften unb am meiften in bie Deffentlidfifeit gebrunge* 
neu 3Bi|worte in ©eiöUngcn preis gab. @r war einft im 33?irtö^ 
^au^ jur ©onne in Oefeüfd^aft einiger ©eiftlid^en, bie fid) über 
ben STcjt beS näd^ften ©omitagS, ben Hauptmann üon taper* 
naum, unterhielten. (£iner von il^nen forberte ©d^ubart auf, 
über ben grauen SWartiöf ol^n , wie er fid^ auöbrüdte, etwas aus 
bcm ©tcgreif jum beften ju geben, ©(^nbart befann fid} nid^t 
lange : 



74 III. (Set^ringen. 

^u Hauptmann t>on ^apernaum, 
6c^lag biefe Pfaffen la^m unb !rumm, 
Unb fd^Iägft bu tl^nen b' flippen ein, 
@o foffft bu Dberftlcutimnt fein. 

!Ba§ biefcr aBt|, fo fcl^r er beladet tourbc, böfcö SBlut mad^tc, 
üctftcl^t fid^ öon felbft. 

©djubart badete nun crnftlid^ an eine Drti^tjeränbcrung. 
®ne ®elegcttl^eit jeigte fid^ balb. (Sr befud^te ncbft feiner ^xan 
feinen ©d^wager in gelingen unb reiiSte in feiner ®cfettfd)aft 
nad^ ßubnjigöburg, um bie neue Oper „fjetonte" am ®eburt^^ 
tage beö ^erjog« auffül^ren ju feigen. 5Wod^ nie ^atte er eine 
Dper gefe^en, nie ein trefflid^eö Drd^efter gel^ört; ^ier fa^ er, 
wie .er fid^ augbrüdft, ben Sriumpl^ ber Did^tfunft, SWalerei, Ion* 
fünft unb 3Kimif öor fid^. @r feierte mit bem feften ©ntfd^Iuffe 
juriid!, fid^ in biefe il^m neue 333elt t)ott taufenbfad^er SBonne ju 
begeben. 5Der ©dfiulftaub fing an, feiner ©efnnbl^eit ju fc^aben; 
er fal^ immer bla§, befam oft heftige ®d^tt)inbel unb warf Slut 
aus. ;$$nbeffen f)attt er fd^on feit längerer ^^it t)on bem g^ür* 
ften t)on ©ttwangen, ber, wie wir wiffen, aud^ proteftantifdfie 
Pfarreien ju »ergeben l^atte, wieberl^olte SJerftd^erungen wegen 
feiner SSerforgung erhalten. 5Dafe er ©eiöKngen nad^ fed^« lan^^ 
gen ;55al^ren öerlaffen wottte, fonnte man il^m nid^t »erübeln; 
aber bajj er baj^ ©täbtd^en mit Subwigöburg Dertaufc^en wollte, 
war l^öd^ft bebenflid^ unb gcfd^al^, wie er felbft gefte^t, au^ ßiebe 
jur 3Seränberlid^feit unb jum freien ®enufe beö ßebeniS. ©ein 
SSSunfd^ follte in ©rfüttung gelten. üRan fud^te in Subwig^burg 
einen Drganiften unb ÜWufif bireftor , unb burd^ bie Söemül^ungen 
feinet fjreunbeig ^aug, ber 1766 ate ^rofeffor nad^ Stuttgart 
benifen worben war, erl^ielt er biefe ©tette. @« ging babei 
„nid^t ol^ne Reißen Äam^f" ju. Dberpräje))tor Qf^i^^, ©d^tHerä 
ßel^rer, l^attc fid^ um Bereinigung biefer ©tette mit ber feinigen 
gemelbet unb warb in biefem ©efud^e t)on ©^ejial (= $)efan) 
3illing unterftü|t, wäl^renb ber SRagiftrat unb ber Dberamtmann 
Äemer, 3Sater t)on :3iwftinuö, für ^Berufung eine^ eigenen üDirel* 
tor^ unb Drganiften fid^ au^fprad^en unb le^terer namentlich 
©c^ubart aU ^öd^ft tüd^tig em^fa^t. ^itting fdjeint l^auptfäd^lic^ 



V 



im ®ci«rtngcn. 75 

im 3Rafcl bcr 2:runfltcbc gegen if)n geltenb gemad^t ju l^aben. 
€* erfolgte bal^er (Strauß I, 202) eine ^ergoglidje ©eifung an 
ia§ gemeinfc^aftUd^c Dbcramt unb bcn SWagiftrat ju ßubwigd* 
bürg unter bem 29. ü»ai 1769, fid^ nid^t allein ber Umftänbe 
unb bei8 ficbenswanbete bei^ ^x&itpiox ©djubarti^ ju @ei«Itngen 
genauer unb äuöerläffiger ju erlunbigen, ttieilen öetlauten motten, 
ate ob berfelbe bem 2:runf attjufel^r ergeben wäre ; fonbem aud^ 
3u trad^ten, ob nid^t ju btefem 3)ienft tüdjtige Sanbeöfinber auö* 
ftnbig JU mad^en feien. ^aS baburd^ veranlagte ^^^9^^^ ^^^ 
Ulmer SWagiftratS d. d. 23. ^nnx lautete, bafe ber bisherige 
^rägeptor unb 3)treftor Musices ju ©ei^lingen, ffi^r. x^x. Dan. 
@(^ubart, ber bortigen ©d^ule mit vielem Slulen vorgeftanben, 
bie Äird^enmufif nad^ SBunfc^ üerfel^en, auf ber Orgel fottjol ate 
bcr SSioltn unb SSofalmufif eine öorjüglid^e ©tärfe befi|e, bie 
Mängeln jum öftern cum applaosu betreten, aud^ annebens in 
bcr litterarifd^en SBelt fid^ befannt gcmad^t, unb an feinem Sebenö* 
»anbei, ba er bie feiner Qf^genb gugefd^riebene menfd^lid^e ^cl^ler 
auf gefc^el^ene (Srmal^nungen gebeffert, nid)t^ fonberlid^ed auSgu- 
fe|en fei. Am 14. September 1769 fonnte ©d^ubart feinem 
©c^n^ager fd^reiben, er ^abe bie SSofation erl^alten unb angenom= 
mcn. Diefelbe war am 1. September üom ^erjog in§ Steine 
gebrad^t; ©d^ubart war gum Drganiften unb 3Äufifbireftor in 
2ubwigj8burg ernannt worben mit ber Auflage, jftl^rlid^e 100 fl. 
oon feiner SSefolbung feinem rubebonirten SJorgänger ffinölin ad 
dies vitae gu ilberlaffen; t^ blieben i^m ungefäl^r 700 fl. mit 
Än^fi^t auf 5Webent)erbienft. 

3)aS le^temal prebigte er in bem 3)orfe Sart^olomäi mit 
folc^er iRfil^rung unb Sel^mut, aU wenn er gewußt l^ätte, bag 
er öon nun an bie ftangel nid^t mel^r betreten fottte. „2:i^örid^ter 
Jaufc^ tjon mir! SBaö ift ber JRul^m be« erften SEonffinftler^ 
gegen ben ©egen, ben ein guter ^rebiger, ein SJoltelel^rer gu 
fdften üermag." ©d^ubart glaubte ba§ einemal, er fei eigentlid^ 
gum SRufifer, bag anberemal, er fei gum ^rebiger beftimmt gewe* 
fen. SRod^ am 19. ^funi 1789 fd^rcibt er (®trau§ II, 390) an 
feinen ®ol^n: „^^eilid^ l^ab id^ gro§e Einlagen gum SJolfölcl^rer, 
unb wenn id^ ^rebiger geblieben wäre, fo l^ätt' id^ eine ©efte 



76 in. (SJci^linflcm 

errid)teu fönucu, wenn c^ mein §crj jugelaffiu Ijättc. ®S ttjar 
bcr toßftc ©trcid^ meinet Scbcn^, ba§ iä) bicfeu ©tanb t)crlic§. 
:J^(^ tourbe axiä) wn fclbtgcm Stugcnblicfe an üom ©^trffale öer^ 
folgt; war unftät unb pd^tig, wie bcr erftc blutige Wann; 
mu§te mit 9Jotl^ uub 3D?angeI ringen, unb erft nad^ einer elft^ 
Iialbjä^rigcn ©träfe für meine leid^tfertige Defertion ge^t c^ mir 
mo^I, ttjofür id^ ben lieben ®ott uuaufl^örlid^ prcife." "äU ob 
©d^ubart nid^t fd|on in Feiglingen „oom ®d)tdtfal verfolgt" n)or=^ 
ben märe, mit 5Wot unb Üßangel gerungen unb fid} fortn)ä]^rettb 
fortgefel^nt l^ätte ! ©d^ubart mürbe nid^t fomol öom ©d^idffal, aU 
t)on feinem unftftten Sliaraftcr verfolgt; er flagt immer über 
geinbe unb mar, o^ne t§ ju motten, fein eigener ärgfter ^einb. 
3um geiftlid^en ©taub taugte er, mie er nun einmal mar, ganj 
unb gar nid)t. ©d^ubart mit feinem braufcnben Ungeftüm, feiner 
überaus ftarfen ©innlid^feit, feinem unöorfid^tigen Söenel^men in 
®ef ellfd^aften , feiner unüberminblid^en ämt^fdfieu unb, mag btc 
|)auptfad)e ift, mit einem jur ^itif unb jum 3^rffcl ^nt 3)ogma^ 
bag er ju tierfünbigen fjatte, geneigten ^erjen, ©d^ubart im geift*^ 
li^en ©taub ! (£r, ber überaß fid) mit ber ®eiftlid)feit, balb mit 
ber eüangclifd^en , balb mit ber fatl^oUfd^en übermarf, felber in 
biefem ©taub ! J)a ^tte er gemi§ tin ä^nlid^eg ©d^idfal ge^abt^ 
mie jener tro^ feinet 5Wameng unglüdflid)e ®arnifongpfarrer auf 
bem "Jteperg, an ben er in ben obengenannten |)infi(^tcn, mie in 
ben ^orjügen beg mufifalifd^en unb gefettigen Salentg, bcg fpru* 
bclnben Sifeeg uub ©eiftreid^tumg lebl^aft erinnert. Stufig im 
gemo^nten ©eleife beg geiftlid^en ©tanbcg fid^ ju bemegen, märe 
für i^n eine fd^mere Aufgabe gemefen. ©leid^ benft er ba^er 
baran, er I)ätte eine ©efte errid^ten fönnen. SBie märe eg i^m 
ba gegangen? 35erbru§ über 3Serbru§, Slnfto§ über 2(nfto§ nad^ 
allen ©eiten, befonberg audfi nad^ bcr ©eite ber Dbcrfirdficn^ 
bewürbe I)in. ©d^ubartg pietiftifd^-tlieofopliifdicr 3^itgenoffe, ber 
Pfarrer »t^a^n, molttc eine tl)eo(ogifd^e ©d^rift erfd^einen laffcn 
unb befam 1784 bag $IKanuffri<)t t)om Sonfiftorinm jurüdE. (gr 
mürbe abfd^Iägig befd^ieben; man l^abe il^m fd^on tjor brci ^a\)^ 
reu geäu&ert, ba§ eg nid^t rätlid^ fei, bcrgleid^en scripta brudfen 
JU laffen, inbem baburd) 3Äand)c irre unb in ber Se^re, bie fic 



IlL ®ei§rtngcn. 77 

t)on ^ngcnb aufgefaßt, jumal bnxä) bergleid^cu nid^t genug 
geprüfte — man^mal bcm rid^tig crtlärten SBovt ©otteö wibcr* 
ipxzi)tnbt unb alfo SWtfeöcrftanb iinb ^f^nmgcn anrid^tcnbe SSor* 
ftcttmig^rtcn ungenjt§ gcmad^t TOÜrbcn; man tvoUe fid^ öielmcl^r 
ju il^m tjcrfc^cn, ba§ er fid^ ba§ Scl^ramt in feiner ®cntetnbe 
allein angelegen fein laffen nnb trad^ten fotte, bei fettiger ©egen 
unb ffirbaunng jn fKften. „^err ©^ejial, lantet ber ®ä)l\x% 
f^rieben mir aud^ nnb Bejengten, baß e8 i^m fe^r leib fei, ttjeil 
tg xffxn mol^Igef alle , nnb er nid^tö wiber bie libros symbolicos 
barin finbe." SBiber bie libros symbolicos war afferbing^ §a^n§ 
Siebling^lc^re, bie Seljre wm tanfenbiäl^rigen 9leid^ ©^rifti, bie 
fd^on in ber ÄngSbnrger Äonfeffion t^erbammt njirb. 9Rer!tt)är== 
big, ba§ bie0 ber ©pejial nidfit nterfte ober nid^t merfen n^oHte. 
©crabe biefc Seiire toax and^ ©d^ubarts felfenfefte Überjengnng; 
Tii^t§ war il^m ntel^r jnttjiber, als bie ftimbolifd^e fiel^re t)on ber 
etüigen 35erbamntni§. 

3um ^rebiger ^a^it ©d^nbart ganj unb gar nid^t; aber 
atterbingS jnm SSolfSlcl^rer in einem anbern ©inn nnb t)on einem 
anbcm Ort au^, aU öon ber Äanjel — ©d^nbarts SBeggang 
t)on ®ei«ttngen ttjar t)on feinen gnten SJorjeid^en begleitet; ein 
alter 9iftnter wäre geblieben, ©d^on in ber Steujalirgnad^t auf 
1769 l^atte er einen l^öd^ft Bebentenben STraum, biird^ ben i^n, 
mt ©(^uBart mit JRed^t urteilt, @ott öon feinem SJorl^aBen jurüdf* 
f<|Tcc!en woCte. ^n biefer Slad^t fal^ er nemlid^ im S^ranm 
^cuer in ber ©afriftei ju ®ei«lingen anflobern, er wollte eg 
Iftf^en nnb bie fjlamme fengte il^n. — ©rfd^rodfen flo^ er in§ 
Selb, eine SBüfte öffnete fid^ il^m; er oermilberte barin, t)on 
©d^enfalen umtauät, nml^enlt, nmjifd^t; 5Wad^t nnb ginfterniö flofe 
immer bi<fcr nnb fd^redtlid^er auf feinen ^fab hinunter; — ein 
8li|, ber ^lö|lid^ bie ganje fd^eu^lid^e ®egenb erleud^tete, mieS 
it)m nun bie gäl^nenbe grftulid^e Äluft, an ber er fd^winbelte. @r 
f(i^rie, eine ftarfe |^anb griff nad^ i^m unb ftettte iljn auf einen 
Setg, ber ganj mit Äfd^e Bebeift war. ®r watete burd^ bie ?tfd^e 
in einen S^urm, wo ein ganjes ^eer t)on Scannern in fd^war^» 
Jen Shitten il^n l^ol^nnedtenb Bewilltfommte. @in Keiner freunb^ 
It^er 50lann war il^m l^ier nod^ allein jnm Xrofte — er Vertrieb 



I 



78 UL (^etSUngen« 

bic Äuttcn, na^bcm fie il^n lange mit ben großen Stägeln i^rcr 
^änbc hx^ auf ben lob gejnjtdt l^attcn, unb fül^rtc i^n auf eine 
gro^c SOSiefc, mo er nad^ langen Qualen 9hil^c fanb. !I)cr 3Ser^ 
faf^i: üon ©d|ubatt§ Seben am ®c^IuJ5 ber fjranffurtcr Äuögabe^ 
^rofeffmr SBebcr, meint itoax, in btefcm Siraum fönnc ein Unbe=^ 
fangcner nur bk SBal^ngebttbe einer er^i|ten ^tiantafie erfennen ; 
n>er fo ol^ne ©tcttgfett unb Shil^e fi<ä^ raftlog in ben ®enäffen 
ber ©inne abtobe, bann »icbcr in ben 5^rf^i^<ä^ii^9«tt finfterer 
äöcetif fid| abtöte, bei bem fomme SBad^en unb SEräumen au^ 
feiner natfirlid^en ©teile. «Hein l^icr ifl ©d^ubart^ Sebcngtoeife 
iarritiert ; ein f o auöf d^hjeif enbe« Seben crlottl&ttn ii^m fd^on feine 
befci^ränften SSerl^ältniffe nid^t. ©enn SBcber vsmttx bemcrft, 
biefer 2^raumglaube ©d^ubart^ gel^öre jur gtiarafted^ feiner 
franfliaft überfpannten ?(nfid^ten, fo ift barauf gu antworten, ha% 
bie Sräume unb Stauungen unmittelbar t)or ber Sataftro))^e wie* 
ber tamen unb fein ^txh beibemale ebenfalls öon büfterer ?(l^nung. 
geplagt n)urbe. ?[fe ber Did^ter in Slaubeuren in feinet 85e* 
gleiterig ^^mmer trat, nal^m er ein 85ud) oom ©efimfe — es mar 
©ebalbuig 5Wotl^anf er ; ba fielen i^m ganj bief elben ^faffenpl^^fio^ 
gnomieen in S^obomiedKs ^^^^^^^fl ^^^ neuem mibrigen ffiinbrudE 
ins ©efid^t — eS maren biefelben ^l^^fiognomieen, bie il^m in 
©eislingen unb Ulm im Jraum erfd^ienen maren. 3Bal^rlid^, 
l^ier ift mel^r ate ^i^faH. 3)ie Deutung beS SraumS ift einfad^. 
©er fleine freunblid^e Mann tonnte nur auf ben fo eben crmäl^n^ 
ten ^^farrer ^ät)n gelten, bcffen SDKIbe unb SiebenSttJürbigfeit 
bei attem ©ruft feines Ijciligen ?(mteS ©d^ubart mieberl^olt rül^mt. 
2Kag man biefe S^röume ju ben öorbebeutenben ober marnenben 
red^nen — ©d^ubart red^net fie ju ben le|teren — tt)egbis<)utiercn 
laffen fie fid^ nid)t; jubem teilt er biefen ©lauben mit fielen, 
fogar flaffifdien !I)id)tern, Slaturforfd^ern, ^l^ilofopl^en. Me 
foldie (grjäl^lungen, wie fie fid^ j. SB. unter ben Stlten bei Cicero 
finben, unbefel^eu in bie grofee 9lum^)elfammer beS Aberglaubens- 
ju merfen, ift unfritifd^. 3lud^ berjenige, ber biefe 2:räume natür* 
lid^ ju erflären fud^t, mu§ jugeben, baj5 bas Saläre baran jeben* 
f aös bie Überjeugung mar , bie ©d^ubart fein ganjeS Seben l^in^ 
burd^ begleitete unb il^n im tiefften Unglürf micber aufrid^tcte, 



IIL ©eiMinaen« 79 

bafe ®otte^ SSorfc^uttg üfecr i^m wa^c, feine ©^rittc leite, feine 
©d^idfde regiere unb ba§ in ber mcnfd^Ii(§ctt Seele, mt ®d^u* 
bart feft übcrjeugt war, ganj mcrfwürbigc , unö nur jum leil 
befannte Sräfte f(i§Iummcrn. 

^crjog Äarl nal^m, mie oben ju lefen ttiar, anfto^ an ®d^u* 
bartg — 2:runfliebe. ©o gro&c äö^nlic^feit ©d^ubart in man^ 
d^en ^nften mit bem ^crjog l^atte, in biefem ^unft, too ©d^u* 
bart nici^t frei öon ©d^ulb ttjar, ftanb Sari unantaftbar ba, nid^t 
ate l^ätte er burd^ ben ®eift ba« gleifd^ übcrwunben, fonbern 
»cU er öon 9?atur feine 5Weigung jum Srunf l^atte. ?[ber bie 
Steigung jum S^runf l^ing bei ©d^ubart mit anberen fjcl^lcrn ju* 
fammen, namentlid) mit feiner oft unbegreiflid^en Unöorfid^tigfeit 
im aicben unb ^anbeln. 

©traufe fagt I, 51: „i^^imer unerträglid^er mar inbeffen 
für ©d^ubart feine ©ei^linger (Sfiftenj geworben. leite ttiar eiJ 
eigne ©c^ulb, teite frember Untjerftanb , teife Ungunft ber SSer* 
l^ältniffe: — aber l^aöen liefe fid^ feine ©tettung nid^t länger." 
®anj anberg urteilt ©d^ubart in feiner ©elbftbiogra<)l^ie , njenn 
er fagt: „®i3 ttiäre mir unb ben 3Äeinigen juträglid^er gewcfen, 
wenn i^ mein meiterei^ ®Iüdt in ©ci^Iingen abgewartet l^ätte, 
ate bafe id^ mid^ auf einen (Stibohtn l^inniagen n^oKte, auf bem 
ein SWenfd^, mie id^, notmenbig ^afe unb JBein bred^en mufete." 
I)iefer SKeinung maren aud^ feine Slutj^freunbe , bie il^n bcffer 
fannten. ©ein JBruber i^afob befudjte il^n, nal^m meinenb t)on 
il^m Äbfd^ieb unb fagte: „SBruber, 3)id^ l^ab' id^ üerloren!" — 
bafe id^ nid^t Stbbabonnad 0age nieinen muffe: 

„"Äbbiel, mein Söruber, ift mir auf ewig geftorben." 

©ein feud^enber Zon unb fein blaffei^ ©efidjt war ber 3(uS* 
brucf unb bie ganje tiefe ©entung bicfer äBel^flage. — 

3n ijolgc eines SBortwed^fete gab ©d^ubart feinem 333eib ein 
^aar Dl^rfeigen; ba brang fein ©d^tt)icgert)ater in fcin^au«, nal^m 
33Jcib unb ftinber mit pd^ fort, üerflagte ©d^ubart unb mar aud^ 
gegen bie SSorftettungen bcS Dberüogt«, fid) ju öcrfö^nen, taub. 
I)ie 32adt)t üor feiner Stbreife fam jcbod^ feine ®attin über fein Söett, 
fiel mit lautem ©d^Iud^gen auf i^n ^in unb fonnte t)or ©d^merj 
nid^t rcben ; ben anbern 2:ag fam fie in feine aSJol^nung, fiel t)or 



80 IIL ©ciSüngcn. 

\\)m auf bie Sntce nicber unb bat il^n mit aufgcl^obencn ^än=^ 
bcn: „£) 3Äann, xä) bitt' 35td), mcrb' ein ©^rift!" ®ie jtpeitc 
3Äa^nung bicfer ?(rt. 9lic lonnte ©c^ubart biefc^ rül^rcnbc JBilb 
ganj tiergeffen. — SBer tuolltc bic ^xan bc^toegen tabctn? ©ic 
fagte nid^t: Söleibc in ©ci^Iingen! fonbcrn: ^crbe ein Sl^rift; 
fie mar ber fcftcn Ucbcrjeugung, bafe il)rcm SÄann, mcnn er ein 
S^rift geworben wäre, b. l), wenn er tjermod^t l^ätte, burd^ bie 
SRad^t ber d^riftlid^en 9ieIigion feine Süfte unb ßeibenfd^aften jn 
befiegen unb jur innern Drbnung unb Harmonie burd^jubriugen, 
ber Slufentl^alt in ßubttjig^burg nid^tiS fd^aben fonnte. ^ber aud^, 
ate ®dE|ubart auf feinem SSorfa^, nad^ Subnjig^burg ju jie^eu, 
be^arrtc, erflärte fte il^m, fie ttjoffe i^n nie öerlaffen. ©d^ubart 
fd^rieb barauf ein öerföl^nlid^eg SBiffet an feinen ©d^miegeröater, 
in bem er nid^t^ verlangte, ate fein SBeib unb feine Sinber 
(©trau§ I, 226). Senn nun ©d^ubatt ungead^tet biefer Sitte 
®ei^littgen ol^ne SBeib unb ^nber öerlaffen mu^te, fo miffen toix, 
\üo roir bie ©d^ulb ju fud^en l^aben. 

Unter taufenb Sl^ränen, burd^ bie lange Sieil^e feiner lieben 
©d^üler l^inburd^, öon Dielen befd^enft unb aßen gefegnet, mit 
fd^ttjerem ©erjen, ftill in fid^ felbft öerfunfen reifte er üon ®ei§* 
lingen ah unb fam im |)erbft 1769 (ntd^t 1768, wie bie ©clbft- 
biograpl^ie au§ SSerfel^en angibt) in Subwig^burg an. ©eine 
3^au fd^rieb il^m balb unb bat il^n, fie uub il^re Sinber abju=* 
Idolen, ©d^ubart erfd^ien in ©ei^lingen, föl^nte fid^ mit feinem 
©dfiwiegerDater au^, befam auf§ neue ein anfe^nlid^e^ ®cfdf|cnf 
Don bem g^ürftbifd^of ju ^Cwangen unb jog mit SBeib unb ^in* 
bem, einem @oI)n unb einer S^od^ter, naä) fiubwigi^burg — au^ 
' auf biefer Steife in büftre Stl^nungen üerfenit, obgleid^ er ben 
„befannten" (je^t gang unb gar »ergeffenen, nid^t einmal öon 
$Jörben§ genannten) JRomanfd^reibcr Sorn unb einen ungemein 
wi^igen JJrembling jU ©efäl^rten l^atte. 

©d^ubart ift in @eii8lingen ntd^t öergeffen. 3)ie§ beweist 
ber Umftanb, ba§ l^unbert ;$Jal^re nad^ ©d^ubart^ Äufentl^alt ba^ 
felbft an bem ©d^ul^au^ pnäd^ft ber Sir^e eine metallene ®e* 
benftafel angebrad^t ift, meldte ein fraftüoffeö Sielief bilb mit ber 
Umfdirift trägt: „©d^ubart lehrte üon 1763—1769 a. b. ©^ule." 



IV. ßubtotaSburg. 61 

^n einer 9?ad^fd^rift fagt @d^ubai% ©etalingcn, frül^cr ein 
burd^ feine Mnftlet im Söeinbred^feln tt)eit berül^mtcr Ort, üer* 
fbife immer uiel^r in tranrige, bumpfc Armut; t)icle ffiinJooi^ner 
t)erlaffen ben Ort gang unb ftebeln fid^ in ^olen ober Ungarn 
OH. S)iefe ©d^ilberung gilt natärlid^ t»on ber ©egentnart nid^t 
mt|r. !Die ®tabt fi^t 3654 Sinniol^ner, liegt an ber (Sifenbal^n 
unb ftcl^t fefter unb einiger, afe irgenb eine Stabt, ju Saifcr unb 
Äei^. @s ift, afe ab beö <)reu§enfreunblid^en ©d^nbarts ®eift 
nad^trfte. 



IV. 
$u)mt9i$bnr9« 

»om ©crbft 1769 bis Wtai 1773. 

Sßiemanb war mit @d^ubart§ SJegjug nad^ Snbtt)ig«burg 
utpfriebener , afe ber alte f&ü\)ltx. 9tad^ ben oben genannten 
@)ett>altdnta§regeln fd^rieb er an @d^nbartd ©d^toager 93ödl^ einen 
SSrief, in bem er fid^ l^öd)ft ungünftig über feinen ©d^toiegerfol^n, 
namentKdt> and^ in SBetreff feiner ÄmtSfül^rung, äußerte; unb afe 
©d^ttbart in ßubioig^burg anfam unb feinen ^freunb unb ®ön* 
net ^oug befud^te, erful^r er, ba§ aud^ bicfcn, wie ol^ne Zweifel 
nod^ anbete Söewoi^ner fiubmigdburgd, fein ©d^wiegerüater burd^ 
t)OTaudgefd^idEte Slagbriefe gegen ben neuen Drganiften einjunel^*' 
men öerfud^t l^atte, ein SJerfal^ren, baö Strauß mit ifted^t ebcnfo 
unt)eranttt)ortIid), mie mwernünftig nennt. 

^n ber Sebenöbefd^reibung fagt ©d^ubart, er l^abe balb 
Sragen, fd^wargen 8fiod unb ÜWantel abgelegt unb mit bem bor* 
bitten "Stoä, Xreffen^ut unb 5Degen ben ffieltgeift aud^ äu^erlid^ 
<ingejogen, fowie er il^n innerlid) fc^on lange befeffen l^abc unb 
balb l^abe er mit ben SSirtuofen be§ ^ofi^, melfdien unb beut* 
fd^ctt, fid^ befannt jii mad^en gefud^t. ©d^ubart l^at fid^ ^ier 
töicber ju fd^tnarj gemalt unb wirb öon feinen SJriefen bei 
®traufe wiberlegt. 9lur nad^ unb nad^ öottjog fid^ bei i^m ber 

^ a u f f , €d§ul&QTt in feinem SeBen unb feinen äßerlen. 6 



82 IV. ßubtoigSburg. 

Ucbergang jur offcnhmbigen Sicbcrlid^feit. Der 83rief, ber t)on 
btcfcm un^cüöotten Umfc^wung Harcö 3^w9"i^ gi^bt, ift t)om 
6. fjcbmar 1771 unb an feinen ©diroager gcrid^tet. @in ftarles 
^a\)x tjortier, ben 17. i^anuar 1770, fd^reibt er unter bem @in* 
brucf bcö Jobcö feinet braöen JBruberd ^alob, er motte fi^ be* 
ftreben, ber 2^ugenb feinet SBruber^ nac^ juf olgcn ; feine bi^l^erigc 
Änffül^rung fei tabelloö; nur breicr Dinge fei er fid^ bemüht, 
bie man l|ier ju Sanbe für ©taatöf etiler l^alte, einmal f)dbc er 
in ber ^oft eine pfeife Jabaf geraud^t, ein anbermal ^abe er 
in einem Soujert mit einem fJernglaS l^erumgefe^en unb brittend 
lege man il|m jur Saft, ba§ er mit ju üielem geuer in ®efett* 
fd^aften rebe unb fid^ erfred^e, ju urteilen. @r ift für Älop* 
ftodf begeiftert, l^ält il)n für einen ber größten, er^abenftcn, 
frömmften, göttli^ften 3)ienfd)en, bie je gelebt ^aben, giebt einem 
neugebornen ©ol^n ^lopftodEi^ SSomamcn, er ftubiert tlo^ftotf unb 
giebt eine ©ammlung feiner fleincn poetifd^en unb profaifd^en 
äBerfe lierau^, er liegt aWid^aelig überfe^te^ 31. Z. unb ©ettertiS 
aWoral, er l^at bie beften 3Sorfä|e unb fprid^t bie ebelften @runb* 
fä^e aujg, ber unvermutete Xob be^ fleinen Slopftotf ftimmt feine 
^©eelc jum ©ruft unb ju rul^igem ©ottöertrauen. äBelc^er Unter* 
fd^ieb jmifd^cn bem SBricf öom 8. Dejember 1770, in bem er 
feinem ©dimager biefen lobeöfatt melbct, unb bem fd^on genann* 
ten SBrief an SBödl) vorn 6. gebruar 1771! ^ier nennt er fid^ 
einen SDiann, ber unter bem Sörm ber großen SSJelt manbelt, in 
ben gewö^nlidfien Suftbarfeiten bc§ §ofei8 erfoffen, einen ^of* 
mann, ftolj, n)inbid)t, unmiffenb, öorne^m, oljne ®elb, in famt* 
neu ^ofen, bie nod^ nid^t beja^lt finb. @r too^nt in einem 
neuen Sogig, geipgt, meit, mobifc^, ^ctt, mt eg fid^ für einen 
^ofmann gehört, ©eine ©tubierftube ^at fid^ in ein ^u|gimmer 
Dermanbclt, fein ^ult in eine Toilette; feine SBü^cr l)at er einem 
lontraften ©d^ulmeifter gefc^enft unb ftatt beg Stobafg laut er 
£at)enbel. 

„^^ freue mid^ t)on |)erjen über bag Privilegium, bumm 
unb vornehm ju fein unb lad)e über eudfi Autoren mit ber papier* 
neu Unfterblidifeit." («uc^ mdf) fc^riftftetterte unb gab bamafe 
ein Diel gclefeneö SBoc^enblatt ^eraug.) „@ott verjei^ mir'g, ba§ 



IV. ßubtoig^burg. 83 

iä) ein 5Warr u)ar unb bcn SWcffiag auigwcnbig lernte, ^ä) tarnt 
nun ettoog 3[taliänifc^ unb granjöfifd) ftottcrn u. f. w." ^ier 
bcfc^äftigt uni^ ^auptfäd^Iic^ baö Urteil über Slo^jftod. So fte^t 
in ©d^ubarts Sebcn unb ©d^riften üercinjelt ba unb jcugt öon 
ber fittlid^^^rcligiöfcn ®efunlcnl^cit bcffcn, ber fo über fid) felbft 
fd^reiben lonntc. JBei bcm Äopitel öon ©d^ubarts Mcligiofität 
fommt aud^ fein SSer^ältni« ju Slo^jftod in SBetrad^t ^fft c« 
pft)d^ologifd^ wal^rfd^einßd^ , fann man fragen, bafe ber lebend* 
Iänglid)c SBewunbcrcr Slo^jftodg, ber SSere^rer S)antei8 unb aWil* 
ton« iemafö nid^t nur mit bem pral^Ienben ÜKunbe, fonbern aud^ 
in ber SCicfe bcS |)erjen« ein entfd^iebener iJreigeift war? Sei 
©(Ritter wenigften« l^ängt feine äbfel^r öon Slopftod mit feiner 
Äbfel^r öom pofitiöen ©l^riftentum jufammen. 3^^ ®Iä(f ftel^t 
aud^ biefe öereinjelte renommiftifd^e ?leufeerung in einem urfprüng* 
Ii(^ nid^t für bie Öffentlic^Ieit beftimmten ^riDatbriefe, jeugt aber 
aud^ fo immer nod^ öon bem bamaligen fittlid^en SSerfaH ©d^ubarti^. 
©d^ubart l^atte in biefem SBrief feinen ©d^wager jum bet)or* 
fie^enben @eburtdtag bt^ |)eriogS nad^ SubmigiSburg gu fid^ ein« 
gclaben. ^m näd^ften S5rief melbet er, bafe bie ®eburtigtagö* 
frcuben nic^ti^ jurüdtgelaffen l^aben, ate getäufd^te Stugen, betro* 
gcne Dl^ren, öerberbte SRügen unb leere SJeutel. ffieiter lefen 
roir ^ier: „3Rein ©d^idtfal bei |)of ift nod^ nid^t entfd^ieben. ^ä) 
roünfd^te meinem dürften nid^t unter ben klugen, fonbern meit 
öon i^m bienen ju fönnen. ÜJHr fallen immer bie ©onnerfeile 
ein in ber |)anb ÖfupiterS." ©d^ubart, ber aud^ in SubmigiSburg 
mit feinem SBeruf nid^t jufrieben mar, l^atte fid^ fd^on im |)erbft 
1770 bem |)erjoge ju öerfd^iebenen anberen Stmtem, wie ju 
einer SCübinger ^rofeffur ber fd^önen S33iffenfd^aften ober ju einem 
Sibliot^efar, angetragen, «m 13. «uguft 1771 ^atte er (©traufe I, 
261) eine äubienj bei bem aömüd^tigen ®rafen aWontmartin. 
(gr f (Gilberte biefem feine Situation fo bitter, bafe fie ba« SDWt* 
leiben einer jeben eblen ©eele ö^rbiene, mu^te fid^ SSorfc^lüge ju 
öerft^iebenen ©efd^äften, fogar jur SSerwenbung „in Krai^* ober 
0efanbtf^aft«fa(^en" machen laffen, wosu ©d^ubart am aöer* 
wenigften taugte unb würbe mit leeren SSerfpred^ungcn entlaffen. 
Wenige Sage nac^ biefem an feine grau gerichteten JBricf fd^rcibt 



84 IV. ßub^igSburg. 

er feinem ©d^wager fBödf), feine än^erlid^e ©iiaation l^abe eine jc^r 
gute 2(n§enfeite, in ben glänjenbften ®€feHfd^aftcn fei et miUtem^ 
men, aber eö fe^le ii)m ^^c bet ©eele unb fötpetlid^ @cfnnbl|cit. 

SSJir l^aben einen öan ®6^nbatt an feine gfran geri(i^etCK 
^ti^f ertüä^nt, worin er fein &^\px&^ mit üRontmartin berici^tet 

©d^ttbartö ®atttn mar alfö bamal^, im Äuguft 1771, ojtf 
S3efu^ in ©dsßngen; fie würbe (@trau§ I, 264) in ^älbe ju^^ 
rilderwoartet unb foßte auf bct ^eimteife ein paar $:age bei 
SBBd^ in eilingen bleiben. S(m 7. S>cjembcr Vd%t bie @4^* 
bartin bnrd^ il^ren (Satten SBötf^ grüben unb gegen ffinbe btefeö 
9Ronat5 ift fie einc§ SDtorgfeni^ in Äbn^efenl^it i^rc^ SB?anne3 Der* 
fc^ifDunben. 'Slaä) ber ©elbftbiogra^jl^ie würbe fie üon i^rem ®ater 
abgef)0ft. Qfm 2»ärj 1772 feilte ffe (©traut I, 84) ju intern 
aRanne nact> ßubwigdbnrg jnrM; ffinbe Äpril ifU fie (Straug I, 
289) in Submigöbtttg, aber im SCmgnft bcffelben i^al^rc^ ift hk 
©d^ubartin noieber bei i^ren fiätem in ®ei^Iingen. ;3faIobina, 
©diubart^ bamate nod| lebige ©d^wcfter, reiiWe nad^ ©eii^lingen, 
um i^re ©d^gerin jur Äfidfel^r no^ fiubtmgdbutg ju bewe- 
gen, traf biefe aber fel^r franf. @d war ia& ©erüdit üon ber 
übtln §au^l^altung unb nomcntlid^ wn ber l^öd^ft uerbäd^tigen 
©emeinfd^aft il^rei^ 39ianne§ mit feiner üRagb bal^in gebrungen. 
35tefe, Sßameuj^ Söarbara ©treio^erin t)on Äalen, ein wol^Igebil* 
bete§, manierüd^cg SWäbd^en wn 21 Qfal^ren^ l^atte öorl^er bei 
©d^ubartö ©d^wager gebicnt, war aber, aU bicfer t)on (Solingen 
na^ Siörblingen beförbert würbe, ju bem öon feiner @attin öer* 
laffenen ©d^ubart gejogen. ^f^f^l^^^ würbe nun wn ber gangen 
Sü^Ierifd^en 3^reunbfc^aft gebeten, nad^ fiub wig^burg ju reifen 
unb eine 9*eformation beiB üerwilberten brüberKd)en ^aui^wefeng 
üorjune^men. — liefen jwriten ober, wenn wir bcn Sefud^ im 
?tuguft 1771, über beffen 3lnla§ unb üDauer wir nid^t^ ©enauereö 
wiffen, baju nelimen, biefen britten Äufentl^alt ber i^rem Sßonn ent* 
ftol^enen g^rau M i^ren ©Itern erful^r man erft au§ bm aWitteilungcn 
öon ©trauJB in bem ?tuffa^: „öarbara ©treid^erin öon ?CaIen. 
@in Seben^bilb au§ ber ©türm* unb ©rang^jeriobe unferer Sit* 
teratur." (0eine @d)riften. 9leue ^olge. 1866, ©. 464 ff.) — 
|)ier üerlaffen uns bie anberen OueHeu unb wir finb wieber auf 



IV. ßubtotg^burö* 85 

bk ©eIbftbtogr(H)§ic Derimcfeu. „SKcine S?orgefe^ten , lefen mir 
ba, waren meiner mübe unb ergri^en bie näd^fte ©elegenl^eit, 
mid^ toegjnfd^affen. @in üerbäd^üger Umgang mit einem äßäb^ 
d^ gab i^nen balb Wüa% mid^ t)or (S^erid^t ju forbem unb in^ 
8efängni§ ju tnetfen." 5Rod^ in ber örieffammlnng (l, 224) 
^atte @trau^ bie €aci^e fo bargefteOl, Sd^att f)abt fid^ and^ 
barin ber i&offitte fonformiercn »oHen, ba§ er eine Art üon 
SWätceffe annahm, obnjol^I feine öarbara ©trcid^erin feine l^of* 
fähige ?ßerfon, fonbem eine [implt Äalener Sonbi^männin t)on 
i^ ttjar. • @rft and weiteren SBriefen tww ®d)ubart unb feinen 
nid^ften %tigel^prigen, bie er in bie ^nbe bdam, erful^r @tran§ 
ben naiveren ©oc^üerl^alt. @d^n&art §ielt fid^ alfD nid^t, n>ie 
längere 3^it geglaubt nmrbe, neben feiner red^tmöBiS^^ ®attin 
eine SKtoeffe, fonbem befagte SBarbara ©treic^erin, bie ©d^u* 
bart^ @attin wal^rfd^inlid^ bei fdM!^ fennen gelernt unb bie 
feinen guten ßinbnid auf fic — aber einen um fo öorteill^aftcren 
auf il^reu 3Kann — gemad^t ^atte, war ol^ne Sto^^^^^ ^^f ©d^u- 
bartg ©inlabung iniS ^an^ beig Drganiften gefommen. 

„SWein einjiger lieber ©ol^n, fä^rt ©d^ubart fort, war eben 
bamal« tötlid^ franf. ÜWein SSßeib — benn fie war wieber öon 
®ei5lingen jurüdtgcfommen unb betete ftiöfeufjenb jU ®ott um 
meine SBefel^rung — fd^mad^tete an feinem ^titt, ate id^ wie ber 
gemeinfte 9Jtiffetäter in Sturm unb jnmr in eben ba« ©efängni« 
geworfen würbe, in bem uor^er ein SWörber lag, ben ic^ erft 
öor wenig Xagen l^inrid^ten unb feinen So))f auf ben ^fa^l 
fte<fen fal^." — SDiefe ©orte laffen fid^ nur fo auslegen, baJ3 er 
nad^ ber SBüdBel^r feine^^ SBeibig t)or ©eri^t geforbert unb gefangen 
genommen würbe. Q^^^^i^^ ^^tte alfo in ©d^ubartj^ ^aufe 
nid^tS au^erid^tet, unb nun l^atte o^ne 3^^^!^^ ^i^ Siferfud^it 
feine ©attin t)on Geislingen nad^ SubwigSburg getrieben. 3Bie 
lange bie ©treid^erin nod^ im ^aufe war, wijfen wir nid^t; wal^r^* 
fd^einlid^ mufete fie ber erjümten ®attin balb genug weid^en. 
S(ber baS Sirgemis war einmal gegeben unb muJBte beftraft wer^^ 
ben. (©traufe a. a. O. überfielt bie in ber ©eIbftbiogra))^ie 
entl^altene Eingabe öon ber üHidtfel^r ber ©d^ubartin nad^ Sub*= 
wigsburg, woburc^ bie ®efd^id^tc ber ©tretd)erin erft einen, frei* 



86 IV. ßubtotgSburö. 

lid^ ntd^t erbaulid)cn, ©d^lufe erhält.) STIö ©d^ubart au§ feinem 

fd^auerlid^en ©efängni«, in weld^eö i^nt feine mnfifdifd^en ^reunbe 

mit SebeniJgefal^r an einer Stange SBein nnb ©peife gereid^t 

l^atten, befreit war, fo öcrjiel^ il^m fein SBeib, fd)Io§ il^n in bie 

Xrme unb flehte, fünftig üorfid^tiger unb tugcnbl^after ju tuan* 

beln. Statürlid^ nene SJerfpred^nngen nnb 8Sorfä|e ©d^nbart«; 

aber lieber neue 9lüc!faIIe. @r mad^te um biefe 3^^* ^^^f ®^^* 

anlaffung eine^ anbern ein fatirifd^eö Sieb auf einen tt)id)tigen 

^ofmann. SBorin biefe ©atire beftanb, Iä§t fid^ nur vermuten. 

^n ber beutfd^en ©l^ronif 1776, ©. 30 lefen wir bie rül^renbe 

©rjä^lung: ©n mutiger ©d^ü| gieng neulid^ auf ben Änftanb. 

SBann ber 3JHnotaunig, ber ÜDrad^ ju SBabel ober bie er^man* 

t^ifd^e ©au fäme, fo ift fie be§ Sobeö, badete ber mutige ©d)ü|. 

@ine SJad^e grunjf unb raufd^t' im ®efträud^, ber @d^ü|e jit* 

tert, jielt, lä|t bie Splinte falten, flettert auf einen Saum unb fcufgt 

l^erab : 

^d^ ©Ott, ad) ®ott, auf btefem S3aum 

©r^alt mein armcg ßcbcn! 

@r würbe glüdEUd^ t)on feiner I^obe^angft befreit unb fagte 
ftotternb jum Qfäger: 

S3Ia6 bin tc^ nocft im Slngcftc^t; 
S5oc6 foirt' td^ tntd^ bc6 Mämcn? 
3ä) Qüh ber @au ha9 £eben ntd^t, 
SBarum follt' id^'g t^r nehmen? 

§ier l^aben mir nad^ meiner ?(nfid)t ba^ fatirifd^e Sieb auf 
einen einflufereid^en |)ofmann. (3Beiter au^gefponnen ift biefer 
angeblid^e SSorfaH bei SBrad^öogel, ©d^ubart unb feine QtitQt' 
noffen 3, 141.) — Singer biefer ©atire mad)te ©d)ubart eine 
^arobie auf bie Sitanei. 3tud^ l^ier weist un§ bie Sl^ronif ju* 
red^t. 3tuf ber üor^erge^enben Seite berfelbcn lefen wir au§er 
allem 3i^f^^^^^t)ang : 

S^or ^büofaten, bie unS itoidtn, 
SBor fegten, bie am ^örjjer fltcfen, 
Sßor SBongen, bie mit SJrac^enbltdfen 
!ßro^3ftcttf^ un« gum Teufel fc^tcfen — 
»cftüf uns, lieber $erre ®ott! 



IV. ßubtoiöSburg. 87 

SBct biefcr SBouje war, löfet fid^ bcnfcn. SSon Ulm auig, 
m er ftd^ fidler glaubte, fd^ofe ©d^ubart in feiner S^ronif feine 
Spott* unb SBi^pfeile auf ©pejial 3iöi^9 ^^ Subtt)i9«burg ab. 
!öicfer 3Jiann max wäl^renb ©d^ubart« 3tufentl^alt in Subwig«^ 
bürg fein näd^fter SSorgef efeter ; benn ©d^uBart roax fein Drga* 
nift. 3iöi^9 ^c^^K tt)ie früher bemerft, fid) gegen feine ^Berufung 
fo lang er fonnte gefträubt unb, wie t^ fd^cint, namcntlid^ ben 
3Kafcl ber STrunfliebe geltenb gemad^t. ©eine Äl^nung l^atte il^n 
ttid^t getänfd^t. SJland^e Svif)&xtx famen ntel^r bcffen Drgclfpiele, 
ofe 3iöi^9^ ©trafprebigten ju lieb in bie ^rd^e; ja mand^e 
famen erft jU ben SWad^fpielen, weld^c t)on ben geiftlid^en atlmäl^^ 
lid^ in anwerft wcltlid^e 3Relobieen auszulaufen pflegten. 3Re^* 
rere Änefboten über 3iöi^9 fittben fid^ in $$uftinu§ Semerö 
„Silberbud^ auö meiner Snabenjeit". 3tne laufen, wie ©traufe 
mit 9?ed)t bemerft, auf baS ^inaus, wa« ©d^ubart treffenb bie 
beleibigenbe ®raöität beö gciftlid^en .^errn nennt. 3Son feiner 
gciftlid^en ÄmtSmürbe ^atte er einen fo l^ol^en 83egriff, ba§ fein 
eigener 93ruber, ber burd^ ein feltfameig ©))iel ber äJerl^ältniffe 
fein SlKeßner war, i^m ben ^rd)enrodE nidt)t ol^ne tiefe äJerbeu- 
gmig umhängen burfte. 3Son Sernerö ©d^ilberung befommt man 
ben ©inbrudf, er fei ein geift* unb l^erjlofer gebaut unb öertrodE* 
ncter gormenmenfd^ gewefen. yiaä) ^oüenS ©elbftbiograpl^ie 
S. 20 war er ein geborner SubwigSburger , ber ©o^n eines 
SätferS, juerft Pfarrer in 3^^#ci^^ ^^^^ ©pejial (3)efan) in 
Sauffen, jule^t in SubwigSburg, wo er 1799 im Älter öon 76 
9[a^rcn ftarb. ÜDie meiften feiner Sanjeltjorträge waren ©traf* 
Wigten, j. 95. über baS SCanjen an Sird^wei^en, ©rfd^einen auf 
SDlagfcraben, Xl^eaterbefud^. ©o uerlor er bie ®unft beS ^ubli* 
hm niä)t nur itberl^aupt, fonbern brad^te aud^ üiele einzelne 
$erjonen gegen fid^ auf. ©einem Drganiften ©d^ubart verbot 
etba§ Drgclfpiel nad) ber Äird^e öon ?lmtswcgen; aber ©d^u* 
batt feierte fid^ nid&t baran. SBcfonberö bie Dffijicre waren QxU 
ütignid^t l^olb; in ben äft^etifd^en ©orlefungen , bie ©d^ubart 
ffl^ Offijiere ^ielt, mad^te er t)iele «nfpielungen auf S^^^H ^^^ 
fteÄte \i)n ^icr, wie in tafualgebid^ten , nid^t nur al« gebauten, 
fonbern aud^ als fd)cin^cilig ^in. tiefem SRanne nun ftanb 



88 IV. i^ubkot^Sbutg« 

Sii^ubart ald Untergebener gegenüber, ©d^ubart mit feinem ftn^ 
bentifd^en 4)eöauf, feinem |)a| geg^cn aKe Ämti^graöüat, attc fin* 
nige Sdtb&ä)Üi^hxt , aUed gnrü<{l^alten , jebe falte äRiene, jleben 
c^o^blid, njie er felbft fein bomaligcd SSBefen fri^tlbert f^b^ 
lid^e 3iif<^^iii^^B^ tonnten ha nx^t ani§b(ei&en; ober bte beid^t« 
t)ätetlid^en <Srmal^nnn$en , bie omtlid^tn äBarmtngen, felbft bie 
(gjfommunifation t)crfc^ften ifiren Sioed. 9la6) bcr glnd^t ferner 
ffrau im S)«jcmber 1771 begab er fid^ (©traa| I, 273) ju ^- 
ling nm fid^ religiöfen 3uft)md^ nstb ^nmeifnng jn Idolen, nad^ 
ber er fid^ ftreng ju Ratten gelobte. Sßie lang biefe SSorfä^ 
unb SSerfpred^ungien befolgt mürben^ miffen toxv, !Z)en toeiterett 
93er(anf bec Dinge bi& jn Sd^ubattd (Sinferfetnng l^aben mir 
f<i[)on berid^tet. 

©d^ubart felbft fagt, eg fei i^m nod^ je^t — auf bem §o= 
l^enaiJperg — ein unbegreiftid^eB SBätfel, wie man megen biefer 
Sitanei fo gegen i^n rumoren tonnte. „Wlarx fprad^ tjon 3^ngen* 
auiBfdineiben — SJerbrennen — (gauj biefelben Drohungen, bte 
fpäter öon fatl^olifd^er Seite gegen ben ®l^roniffd)reiber au^ge^ 
fto^en tourben) unb bod^ toar e^ nur — ein leiditeg S33i|fpiet, 
gauj md)t fo böfe gemeint, wie mau eiS bolmetfd^te." @in paar 
©eiten öorl^er fd^ilbert fid^ ©d^ubart a(g einen SDienfd^en, bem 
SReligioniSfpöttereien ganj jur tSetoo^n^eit würben. SBorin biefe 
©pöttereien beftanben, wiffen wir nid^t; tnbeffen liegt ber ®e* 
banfe na^e, ba§ ©d^ubart feine retigiöfe 3?erfommenl^cit in jener 
3eit übertrieben l^abe. 

Der „Sonjc" ijerbanb jid^ mm mit bem tugenbl^aften ^r* 
gog Karl unb biefer gab bem leid^tftnnigen Did^ter am 21. SKai 
1773 in einem ^la^ an baS gemeinfd^aftlid^e Oberamt £ubwigig^ 
bürg ben £a«{pa| aud feinen £anben. ©c^b gegeben mttrk 
il^m ein mit ber Barbara ©treid^erin oon Solen begangener <SI|«« 
brnd), fobann dat jn «nfang bi«fe« ^aifx^ (1773) in ba« ^* 
bittum verbreitete Soarteqae, enblid^ nenerlid^e SBerge^ungen im 
^nfammenl^ang mit feiner twn jti^r begeitgten fd^Ied^en Vuffü^« 
ntng. Über bie Scsurteqae ift nid^t^ 9tä^erei^ betonnt; bad ad 
Qtteriiun mit ber ©treid^erin leugnete ©d^nbort, »ei^wegen er 



IV, ßubtoig&burg. 89 

ate tantum non couvictus (bcd &)tbx\id)^ bcinal^c ubertoicfcn) 
imt mit ber triftigen ^bulterienftrafe ju belegen toäre; bod^ 
»urbc il^m bic^c gefd^enlt unb iJ^m um bcö in bem Publico in 
fo maufS^erlei SBetra^t gcftifkten ärgeniiffe« ttnöcn ba^ consilium 
abeundi gegeben, bem er ,,^iencld^ften0" nad^jutommen §abe, 
Sti^iibart folgte biefem SJcfel^l auf ber ©teffe unb (türmte, ol^we 
tmn SBeib unb Sinb %bfd^ieb ju nehmen, mit einem Sl^aler ist 
ber Za^ö^, au^ fiubmigi^burg ^inaud. ^in ^ab ging nad^ 
@eiMingen in i^rei^ SSateriS ^au« unb fa«b bafelbfl ein fiojaret^, 
ittbcm il^re SBiutter unb ©ruber tötlid^ franf lagen, pflegte fie, 
mürbe felbft t>on gleid^er ^anfl^eit ergriffen unb mu^te nid^t, 
toe^in ba^ Sd^idfal i^ren äRonn üerfd^Iogen ^atte. ^a& na^ 
@<^u6attd 8[uiSn)eifung aud ben ^erjoglid^en Sanben bad ©d^id« 
^al ber S3arbara ©trciiä^erin war, ^abe id^ nirgcnbi^ erfal^ren 
Kunen; in Äalen ift S^ubart« SRagb tjerfd^Hen. — ÜWandK« 
bleibt unoufge^eOt. Ueber ©d^ubartd perfönlid^ed äJer^ältuiS 
jum ^erjog, über etmaige Sufmartungen bei \ifm, uamentlid^ 
über ©d^ttbart^ Sejie^ungen ju JJranjitffa t)on |)ol^enl^eim , ber 
bamaligen @(eliebten, nad^^erigen @tmaf)lxn bed |)erjogjS erfal^ren 
toir nid^ti^. Sari Saffau fagt in feinem @d^riftd^en: rf^cffing, 
^oett^e unb ©d^ubart, ©tubien im £id^te ber ^bagogU; Seip^ 
gig 1880" @. 73: „S^i ber grau t)on Seutrum (f^aujigfa) 
befleibcte ©d^ubart bag Stmt eine« «ffompagnenr« unb STOufif' 
lettord, erlaubte fid^ aber, wie man fagt, Unjiemlid^fciten, bie 
be« ^erjOQ« ©iferfuc^t fotten rege gemad^t iKibeu." — „5Bie man 
fagt," b. ^. tok bec älomanfd^reiber Srad^öogcl in feinem 9lo* 
man: „©d^ubart unb feine 3^itgenoffen 1864" o^ne jeben gefd^id^* 
Udien 9(n^alt«pun!t, aber mit ber SHiene be« nad^ bemä^rten, 
bon i^m felbft angeführten Quellen fd^reibenben, l^öd^ft fd^rffin* 
ttigen ^iftorifer« p^antafiert. D^nc gmeifet ^t ©d^ubart in 
jener 3eit grangiöfa in SubmigiJburg ober auf ber ©olitube ge* 
je^en; ^ er fie gefetjtn, fo ^at er aud^ über fie gefprod^en, 
aber wa§ — toiffen mir nid^t. Da« ©cbid^t ,,an ©uibol'' 
(8iedam ©. 411) fte^t im erften Qa^rgang ber beutfd^en (Sfyco^ 
ntf (1774, @. 319) imb fd)eint fi^ auf fiubmig«burger (giu* 
brürfc ju grünben ; bic {|ier geprief ene ©d^önl^eit f ann nur ^au* 



90 IV. ßubtotgsburg, 

iiSta fein. ®cnaucrc^ über ©d^ubarts S^crl^ältm« ju J^atijtöfa 
bei ben Urfad^en feiner S5etl^aftnng. Qu bebauem ift no^mentlid^, 
ba§ tpir t)on ber ,,Scarteqae" nid^tiS toiffen. 

Unter feinen SKnfiffd^illerinnen nennt Sd^ubart bie ®emal^* 
lin beg ®enerals öon SBimpfen; fobann bie ©d^wefter beg ®e* 
ncrals, frül^ere SKätreffe beS ^erjogiJ, bem fie il^r SBmber nm 
22000 fl. — fo i)oä) tarierte er i^re ;$^nn9franfd^aft — öerfanft 
l^atte, nad^^erige ®ema^Iin bt^ |)errn tjon ÄönigöedE ; enblid^ bie 
gtan öon 2:ürfl^eim, SKontmartinö 2:od^ter, über bie fid^ ®d^u* 
bart in einem SBrief an ^ang (©trau§ I, 247) ganj begeiftert 
ändert. Qfl^rer gebenft ®(|nbart ate einer ©ante, bie il^m unb 
ben ©einigen and^ int UnglüdE l^olb geblieben. „©oHte fie, fragt 
©trau§, jugleid^ jene tjornel^me SnbtpigSbnrger Sla\)ierfd^ülerin 
fein, t)on njeld^er Snbttjig ©d^nbart erjä^It, ba§ fie feinem 35ater 
wal^re Siebe eingeflößt l^abe unb t)on i^m burd^ ®ebid)te mit 
ÜWufifbegleitung üerl^errlid^t worben fei?'* ©oöte fie, möd^te id^ 
^tnjufe|en, nid^t jene Sötte fein, ber er ju il^rem SBiegenfeft ein 
in feiner ?(rt einzige« ®ebid^t tpibmet, beffen erfter j:eU „S)efla* 
mation", ber jroeite „®efang" betitelt ift? üDie Se^rfeite unb baö 
(Snbe ber ©mpfinbfamfeit ift pufig bie SBefriebigung ber ©inn^ 
lid^feit. ©0 erjäl^ltfein ©ol|n: ,,5)ie grofeen unb jum Seil fd^ö^ 
neu Damen, benen er im Slaöter Unterrid^t gab, f^jannen mit* 
unter gel^eimc SiebeiJöerftänbniffe mit il^m an. UnglüdEIid^erweifc 
ließ er fid^ mit etlid^en öon i^nen ju tief ein, unb ^atte jmeimal 
bie gauje Sraft feiner Sonftitution tjon nöten, um fid^ baö ga* 
knte Änbenfen uom ^alfe ju fd)affen, momit fie i^n beel^rtcn. 
S)ieg erjäl^lte er mir furj öor meiner ?lbreife nad^ ©erlin felbft 
— mit fd^neibenben Stui^brttdEen , um mid^ tjor biefer Äli))pe ju 
warnen." 5)ieß wirb berfetbe ^aU fein, ben ©d()ubart in feiner 
©elbftbiograpl^ie mit ben ©orten anbeutet: „©d^änblidt)e ^anf* 
l^eiten, bie id^ mir — unb — falle üDedEe ber ^a6)i unb öerbirg 
meine ®reuel unb meine ©d^anbeü — " üDie ?lpopoj)efe l^at 
©trauß (I, 220) glüdElid) au«gefiiat: „^wei berfelben ^intertte* 
ßen il^m ein Änbenfen, ba« er jwar nid^t biö an fein feiig @nbe 
fj)ürte, aber unglttdElid)ertt)eife einer ^erfon mitteilte, bie am 
el^eften ^ätte bamit öerfd^ont bleiben foHen," b. f). feiner ®attin, 



IV. 2ubtoig8burg* 91 

»ic benn ©diubart bcutlid^ genug fortfährt: „SSltin SBcib öcr* 
fanf in büftrc ©d^wermut" 2C. *) ©er nun jene fd^öncn nnb 
großen 35 amen voaxtn, tpiffen mx nid^t; öicttetd^t war ÜKont* 
mattin§ 2:od^ter eine t)on tl^ncn, benn in Subroigöbnrg, bcm 
bamaligctt „beutfd^cn Sam))fafu«", toax bamate affcö möglid^. 
^tt ©d^ubart« ®efängniö tobte red^tig eine Sftafenbc, ImU raffelte 
ein J)ieb mit feinen Letten, unb unter il^nt fangen, beulten, f(ud^* 
tcn unb tt)einten bie eingefangenen §uren. ÜJiontntartinig Siod^ter 
geborte frül^er ju bem 9?egiment ber blauen ©d^ul^e. ?lber aud^ 
öon ben cingefangencn ÜDirnen ^atte ber |)crjog, ber bamate in 
bcn Jfeffeln ^ranjii^faö f d^mad^tete , öieöeid^t me^r alö eine auf 
bem ®ett)iffen. Sonnte man i^n bod^, wie 83erangerS Sönig 
?)t)etot, in mel^r ate einem ®inn ben ßanbeööater nennen; benn, 
nric ber SSerf affer ber „®e^eimniffe eines mel^r ate fünfjigjöl^rt* 
gen mürttcmbergifd^en ©taatömann«. 3^^ Seftcn feiner fianbö* 
leate al8 ein SScrmäd^tniig nad^ feinem j:obe l^erauögegeben. 1799" 
($ralat ^. ®. ^a^I) erjä^It: ftie§ bem ^erjog unter ben Jöd^* 
kxn beS Sanbeg ein ü)Mbd^en auf, baö i^m gefiel, fo rourbe eö 
df)nt SBeitereö in SRequifition gefegt, ©elten gelang eS ber Un* 
fd^ulb unb SCugenb, il^m ju entfßel^en. (®inmal bod^ übergab ein 
pbfd^eg fianbmäbd^en baö ^Bittet, baiJ i^r ber ^erjog mit ber 
Äntoeifung gegeben {jatte, baffelbc am folgenben 2^ag ^benbö ber 
©d^ilbwad^e beim ©d^Ioffe tjor jujeigen , toorauf i^r baö Offnere 
be§ ©d^IoffeS gejeigt werben werbe, einem alten, üertrodEneten 
SDWltterlein unter ber 35orf ))iegelung , gegen baö 3?orjeigen beffel* 
bcn am bctreffenben Ort werbe il^r ein reid^Iid^eö Älmofen ju 
Jeil werben S)aö aJHltterlein ging in bie ^aUt. ÜDaö SBeitere, 
bie ©nttäufd^ung be« ßanbegöater« fann man fid) mit einiger 
^^antafic auiJmalen,) @r errötete nid^t, laut ju erflären, ba§ 
er bie ©priJbigfeit beö erwählten Dpfer« an beffen ganjer g^a* 
milie räd^en werbe. SWad^te il^m eint ber ®efd^wäd^ten bie ?tn* 
jeigc, ba§ fic fd^wanger fei, fo erhielt fie semel pro semper 50 f(. 
unb warb bamit famt i^rem Sinbe bem ©d^idEfal überlaffen." — 



♦) ^gL bie ©clbftanflaQe (@trauB I, 271): ^^cinc ©atttn tft bon a)tr 



92 IV. ßubtötggburfl, 

^tt ber Jljat eine ftarfc SlaJ^rung für eine bem ^cffimi^n^ ju* 
fltebenbe Seltanf^annng. — 

©d^ubart unb ^erjog Siccrl glid^en fid^ in me^t ate einem 
^«nfte. 5Wod^ anf ^ol^ena^^jerg fagt ©d^ubart jnr ffirflärung, ja 
jiit einer gewiffen öntfd^ulbigung feincig S^enöwanbefe in Submigs* 
bnrg: „üDaiS ®enie ift juft ant meinen jnr Steberlid^feit geneigt" 
^rjog tarl fobann I)aäe, tt>ie jener ©toat^mann bemerft, bte 
nfrertriebenften SBtgriffe üon ben SRed^ten ei^eiS Qrürftcn; er glanbtc, 
8ÖIe^ fei nnt feinetttritten ba nnb er bürfe öont öfirger jcbeig 
0^)fer forbem. 

„Das @eni« ift juft am meiflen jnr £iebcrlid^!cit geneigt," 
fagt ©d^nbart nnb l^at babei l^au^Jtfäd^Iid^ ba§ innfttalifd^e &tsde 
im Singe. SBie fd^on ber ©ad^fcnf))iegel beraerft: „Spitlltatt 
fittb red^tloig; ba« mad^t, fic finb lieberlid^ nnb mad^en lieber* 
lid^," fo waren nod^ jn ©d^nbart« ^eit „fittige, fromme nnb 
gotteSfürd^tige SConfünftler eine au§erorbentIid^e ©eltenl^ett nnb 
bie meiften Sirtuofen Ratten nid^t einen ©dt^en öon Religion." 
©d^nbart fagt, nid^t bie 2:onfnnft, fonbern ber SConfiinftler l^obe 
bie leibige SBemertung (beö ©ad^fenfipiegcfe) gemad^ Allein, 
ioaS ©d^nbart nnb alle wie er organifierten Slatnren betrifft, f« 
Weibt eg babei, ba§ gerabe für il^n bie Sffhtfif bie gefäl^tftd^e 
geinbtn war, bie fid^ mit ben böfen Dämonen in feiner eignen 
SBrnft nnr gar ju leidet öerbanb. „3Änfit, fagt ©njlaö ftü^ne 
in feinen bentfd^en S^arafteren 2, lOö, SWnfi! ift bk ibealfte, 
wal för<)erlofefte, aber and& bie finnlid^fte atter Sänfte, tt^eil fie 
bie Denffraft einlnKt nnb gefangen nimmt, ©ie fd^wingt ftd^ 
über bie midlid^e SBelt weg, ftatt fie geftalten p Reifen; fie öer^ 
jid^tet fogar anf bie ernften, fittlid^n ©mnbpf eiler bßS £c6enö, 
ftelien biefe nid^t feft anf anberem ©oben; fie njirb bann leidet 
jnr |)etäre. «in SJolf, ba« nnr Dlnfä treibt nnb ftä^fft im ®e* 
Wet ber ©eifter, ift ein fel|t anfgelöiSte«. ^^xt :JJKnfiimen i)al* 
ten nid^t ®tax\b gegen ben @rn{t ber SBeltgefd^d^te. "an cJkn 
bentfd^en ^öfen beronfd^te man fid^ bamal« in SDbifif, wäl^renb 
wn JJranfreid^ ber Drfan ber Sleüolntion l^eranfjog." Damit 
t>ergleidt)e man, wie ©d^nbart bie SBirfnng ber 3ßnfif auf fein 
eigene« SBefen fd^ilbert. „®ebanfen gliebmei« anpreisen unb fie 



IV. 2ubn)tg86urg. 93 

fo lange jtt »erfolgen, hi^ bte ©eclc am testen SfKnge ^i^t, war 
mir jn läftig, gn müfyfam. ©ad td^ ntd^t wie ber J8It^ ergrri* 
fen nnb burdibringen fonnte, ba« ließ id^ Itcgen. ^ woHtc nnr 

empfinbcn , Sleftar fangen unb in woffüfltgcn tpxltpü- 

fd^cH ©ntjüAmgcn |tnf d^mad^ten. " ^nfantnten^ängenbcd Dcnfen, 
cmfte ttjiffenfd^aftltd^e SBefd^äftigung tpar bnrd^ ©d^bartö SJatnr* 
anläge nid^t auggefd^Ioffen, fie tt)urbe aber bnrd^ feinen unfcligen 
|)ang jur ntufifalifd^en SSirtnofität — nnb ber SSirtnofe ift \a 
eben ber $Diann ber genialen ©ngebnng, ber angenblidElid^en 
Saune — nieberge^alten. — (£r {jatte in Subwigdburg Umgang 
mit Sünftlern atter 3lrt, aWalern, »ilb^auem, SUiafd^iniften, ©ärt^- 
nem, SBaumeiftern, Xänjcrn. ffienn er feinen öielfeitigcn ®e* 
fd^äften, jn bcnen er namentlld^ aud^ bad t)on i^m mit Siedet 
öertoorfene l^anbtperfj^mäJBige ©elegen^eitöbid^ten red^net, in ge» 
poriger Drbnung obgelegen wäre, fo l^ätte, meint er, Subtoig«* 
bürg ein fel^r gefegneter Slufcntl^alt für il^n werben fönnen. ^a, 
wenn er eben nid^t ©d^ubart gewefen wäre unb ©inn für Drb^^ 
nung gel^abt l^ätte. Snx Orbnung gei^ört namcntlid^ ©parfam* 
fett utib weife ^wui^l^oltung; ober baö waren 3:ugcnben, bic er 
taunt bem %amen nad^ tannte, weswegen er tro^ feined bur<i^ 
9)dben)s»erbienft unb allerlei ^efd^ente reid^Iid^en Sinlommend aud^ 
in gubwtgjgburg oft in ®elbt)erlcgcn^eit war. 

Sd^ubart leugnet feine ©d^ulb Weber in feiner Sebenöbefd^rei^ 
bimg, nod^ in feinen SSricfen. ©ein ©ewiffen wad^te, ba e« nur 
httaabt war, öon Qtxt ju Stxt auf. SUiitten in ber S^iad^t gieng 
er eütmal im bidftcn Dunlel in einer ÄHec unb fd^rie : „äüd^ter, 
bonnre wid^ nieber ober erbarme bid^ meiner!" ^n einer fold^en 
quttlöotten ©tunbe fi^rieb er einmal bag SBefcnntni« nieber, ba^ 
^crnad^ ^aug, ber fid^ öom fiubwigSburger SSerbcrben rein erl^ielt, 
in einem feincc ajüd^cr fanb, gu fid^ ftedEte, unb aU ©d^ubart 
gefangen würbe, oKent^Iben betannt mad^te. @d finbet fid^ bei 
Strang I, 271. S95ir lieben l^ier baraud bic einjige ©tcHc l^er» 
t>n : „ÜDu breitcft SleKgionafä^e and — bic bu nld^t glaubft" — 
®c»ei«, bafe er nid^t fowo^I ijreigeift war, al« bcn 3^rcigeift 
fpiefte. 3fn Subwigöburg gab c« bamafe „eine fd^öne Slnjol^I 
eifriger Sl^rtften", unter bcnen ©d^ubart befonber^^ bcn SBaifen* 



94 V. Ärcug» unb Ducrgügc. 

Pfarrer SJefl^ l^crDorl^ebt. äitd^ mit bem SDi^ftifer Detitiger traf 
er einmal jufammcn unb befam einen tiefen Sinbrud öon i^m. 
üDann famen aber xoicber bie tt)elfd^en ©änger unb ©ängerinnen; 
©ein unb S33eiber waren bie ©c^Ka unb ffii^ar^bbii^, bie i^n 
TOed^felttjeife in il^ren ©trubeln wirbelten, unb er fanf öon ©tufe 
ju ©tufe tiefer. 

„^cibntfc^e äBoUuft möchten toir §abcn unb d^riftlid^cn ^rieben; 
3Äer £ebcn mit 2^ob nie ficö öcreintgcn lafet" 

£ubtt)tg t)on S3aQern. 



V. 

^xtny unH ^ntx}nst. 

max 1773 bt8 mm 1774. 

äöar bie Quelle ber 33riefe fd^on im üor^ergel^enben Äfa* 
fdinitt t)om 22. ?tpril 1772 bi^ ju ©diubartig «bgang auö Sub- 
migiSburg im aWai 1773 öerfiegt, fo fliegt fie in biefer ^eriobe 
t)on ©d^ubartg fieben gar nid|t. SBir flnb bal^er allein auf feine 
©elbftbiogra))t)ie öerwiefen unb wollen unö fo furj ate möglid^ 
faffen. SSJir fcnnen ja ©diubartö Kl^arafter unb SCem^jerament 
l^inlänglid^ ; eg gel)t aud) jefet feine wefentlid^e SSeränbenmg mit 
il^m t)or. 

3Bir finben ben auSgeroiefenen ©diubart in ^eilbronn wieber, 
weld^e ©tabt, ate bamate reid^i^frei, il^n fci^ü|en fonnte. Sei 
feinem SCalente ju unterhalten, bei ber ®aftfreil^eit unb Sebenj8*= 
fröt|Iid|feit ber SWenfd^en in bem lad^enb gelegenen blü^enben Orte 
würbe er überall freunblid^ aufgenommen, ©as ^an& be§ SJürger^ 
meifterg S3äad^g bilbete ben 5Diittelpunft ber bortigen ©efeöigfeit; 
an Sefanntfci^aften, an (grwerb burd^ feine ®aben l^attc er balb 
fo öiel, um fid^ in ^eilbronn gefallen ju fönnen. S)ie preujsi* 
fd^en ffierbeoffijiere, bejaubert burd^ feine SSerel^rung il^re« Äönig« 
unb SSotte«, liefen i^n an allen il^ren ffirgö^ungen teilnehmen; 
ber ÜSerle^r mit SDiufifem unb SDIalern öerftel^t fid^ öon felbft- 



V. ^rcug* unb Querfuge» 95 

DcTinod^ tonnte Ujn ^cilbronn, baö if)m weit me^r Deutfd^l^eit 

ju t)abcn fd^ien, al« SubtPtgöbiirg, unb bag er jlcbcm, ber ®oIb 

^t unb gioangloiS unb gut unb fd^ön in !Deutfd^Ianb leben möd^te^ 

ate S3ot)nort anrät, auf bie Sauer nid^t l^alten. ©ein SJerpIt» 

niÄ Toar otjne JJeftigfeit unb bie ©orge um feine JJamilie quälte 

ii)n ; er bad|te ba^er über %n&baä) nad^ JBerlin ju gelten unb in 

^ßxeu^en fein |)eil ju öerfud^en. ®erabe ba aber erl^ielt er burd^ 

einen ^erm Don ®ritfd^ ben Antrag, ate ?ßrofeffor an eine {Ritter* 

cÄabemie ju gelten, weld^e biefer ju ©aarbrüden grünben woKte. 

©ogleid^ ging er nad^ aRannl^eim, wo ®ritfd^ fid^ aufl^ielt. 

©c^ubart fa^ balb ein, bafe ber ^lan in bie Suft gebaut fei; 

berfelbe (8Bormi^ 1773) erging fid^ in einem furd^tbar feid^ten ®e* 

mäf^ über aöe möglid^en üDii^jipIinen nad^ einer gauj neuen 

„SKet^otologie", aber fe^r bebenfltd^en Ortl^ogra))l^ie. 3fm ^af)xt 

1774 bxannU ®ritfd^ mit ^interlaffung bebeutenber ©d^ulben 

burd^, ein trauriger „JBafetottj" für ben fünftigen Abel. — 

^n $Diannl^eim fal^ ©d^ubart ben il^m fd^on öon früher l^er 

bcfannten Sagner (®ebid^te bei SRecIam ©. 85) wieber unb würbe 

))on biefem ju bem aud ©diiOer^ ®efd^id^te befannten S3ud^l^änbler 

@^wan geführt, einem ^auptförberer bcg beutfd^en ®efd^madtd 

unb ber beutfd^en ©prad^e unb Sitteratur bei ben ^fälgern, bie 

man wegen i^rer SSorliebe für« g^ranjöfifd^e „ebenfo leidet für eine 

Solonie öon ffranjofen, ate öon beutfd^en ^roöiujialen l^alten 

!önnte". Die SSorliebe für ben SDieffiaS war in ©(^ubart wieber 

erwad)t; faft mit feinem legten ®eIbt)orrate faufte er fid^ eine 

^aßifc^e Aufgabe beg SWeffia«, öon bem eben ber Ie|te JBanb 

erft^icnen war, fu^r auf bem Ml^ein, legte ein JBrett über ben 

Sai^n, Älopftodt« SWeffiaS t)or fid|. ÜDod^ — laffen wir i^n felber 

jpred^en. „^ä) la^ tbtn ben fed^jel^nten ®efang unb lag mit ber 

öolten ©eele auf ber ©teße, wie bie gerid^teten ©eelen auf 

labor riefen: 

— „Supiter, ®ott bc2 Bonner» I ©rbarme bic^ unferl 
»rarna! 2:ienl Jlttöatcrl Mx fehlten, fünbigten, irrten! 
3euiS ^onion, ©ötterbe^enfci^er, erbarme btc^ unferl" 

älafc^ ftanb id^ auf in ber JBegeifterung unb — Srett unb SWeffia« 
flogen in ben {R^einftrom. Sie angebonnert ftanb id^ ba unb fa^ 



96 V. ^reuj- unb Querfuge, 

bleid^ unb ftarraugtg meiner lieben SOtcffiabe nad^, bie mie eine 
gefd^offene @nbc fluberte unb untetfanf." Die ©teöe jtnbet fid^ 
im aWeffia^ XVI, 69—71. Unter bie ,,gBir", bie ba« göttliche 
Erbarmen anrufen, red)nete (Sd^ubart o^ne Qtoti^el, wie mir an» 
feinem JBefenntniö über jene 5ßad^t in einer Subtt)ig«burger ?[öee 
miffen, fein eigene^ ^ä). — 

^lö^lid^ entfd){og er fid^, nad^ |)eibelberg ju gelten unb bort 
unler ben ©tubenten mit SBieberl^oIung i^rer Sorlefungen unb 
Unterrid^t in ber SfRufif feinen Unterl^It ju fud^en. g^ünf Sreuger 
in ber iafd^e, bie er untertt)eg« einem lal^men preufeifd^en Ärieget 
juttjarf, madige er fid^ auf bie |)eerftra§e. Slal^e bei einem ßaub*^ 
^aufe be^ Saronö wn SafteH überfiel il^n ein Siegen; er trat 
unter unb laufd^te auf ben glügel, ber im untern ^^^i^ner ge*» 
fpielt würbe. (8in freunblid^er junger 9Rann trat ju il^m: ,,@ie 
finb öom Siegen burd^näJBt, motten Sie fid^ nid^t ^ercinbegeben?" 

©d^ubart trat in^ ^i^^^^ ^^^ t^^^ ^^^^ i^^9^ Saronin am 
^lügel, unb i^ren ßel^rmetfter, ben erften Slaöijembaliften be§ 
Surfürften Äarl S^^eobor, hinter il^r. Ate erftere t)om ^lügcl 
aufftanb, fe|te ftd^ ©d^ubart unb fing an ju ^jl^antafieren. Slöe« 
laufd^te, fiüfterte SBeifatt, unb ate er fd^Io§, ftanb ber ^err be« 
^aufe^ l^inter i^m unb läd^elte il^m ein fel^r ^eiterejS SBratjo ju. 
^t» anbern S^ag^ ful^r er mit ben mer ©d^mei^füd^fcn beö SJaronS 
in ^eibelberg ein unb fticg bei bem S^egcrid^tSrat t)on ^Oitn^ 
i)axbt ah, an ben er em^jfol^Ien war. (Sr mürbe tjon bicfem 
^reunbe ber üDid^tfunft liebreid^ aufgenommen, in bie beften @e* 
feüfd^aften gefül^rt unb befletterte mit i^m bie ^eibelberger Söerge. 
„9Ber üon ber ©d^Io^ruine aui^ nid^t einen g^Iud^ nad^ fjranlreid^ 
^inüberfd^Ieubert — benn ^ranjofen l^aben ha» ©d^lofe üermüftet 
— ber fann unmöglid^ ein bieberer ©eutfd^er fein." 

a5ie Uniüerfitöt mar bamate unbebeutenb. Der SJud^l^anbel 
lag barnieber; felbft ©ettertg ©d^riften maren verboten. SHd^t« 
ging bamate, ate maö bie jefuitifd^e Quarantäne paffiert l^atte. 
Der ^eimKd)e ^aJ3 ber brei gebulbeten „Sleligionen" (!) gegen 
einanber l^emmte bie SSerbreitung ber 3Bal^r^eit. Slur an einem 
^rofeffor SBunb fanb er einen fürg ©d^öne geöffneten 9Wann 
unb la» mit i\)m ein paar Oben auig SIo^)ftodE. — 



V. Äreugs unb Ducraügc* 97 

35te ©tubicrcnben l^ätten, wie ©d^ubart bcmcrft, i^n mit 
^rcubcn aufgenommen; aber bei einem ÜDoftoxfdimauö fpielte er 
öor einigen pfäljifdöcn ®ro§en; fie gaben i^m 93eifatt nnb »er* 
fprad^en il^m, mit bem Surfürften tt)egen feiner jn fpred^en. 

®r ging mit @m))fel^lnngen an ben ®rafen t)on 5WeffeIrobe 

nad^ ÜÄannl^cim jnrttd nnb toaxb tjon biefem fo auiSgejeid^net auf* 

genommen, bajs i^m berfelbe fein |)auiJ nnb feine 2:afel anbot 

unb il^tt feinem ©ol^ne afe einen mufifalifd^en unb wiffenfd^aft» 

lid^en ©efeüfd^after beigab. S3ei feinem 83efd^ü^er traf ©d^ubart 

eben fo oft ®elel^rte unb Sünftler, ©änger nnb ©ängerinnen, ©d)au* 

fpieler unb ©d^anfplelerinnen, SCänjer unb Sänjerinnen an aU 

Seute öon ©tanb. @r orbnete bem ©rafen feine Äu^ferftid)e unb 

|)oljfd^mtte, mufijierte unb laö il^m öor, befd^aute mit i^m bie 

©emälbefammlung, ba« Slaturalienfabinett unb bie SBibliot^el beS 

Surfürften, bei bcren Eintritt ha» marmorne Sruftbilb SSoItaire« 

figurierte, „afe wäre er ber ®ott, ber über alte ffiei^l^eit ju präfi* 

bieren öcrbiente". . ©ein gröj^te^^ SScrgnügen fanb er im ?tntifen* 

faale, mo er alle« bargeftettt fa^, toa» er in SDSinfelmann, Seffing 

unb ^c^ne fo oft mit ©ntjüdfen auffd^lug. 5)od^ bel^agte feinem 

lebenbigen ©inne me^r, al« biefe ftummen Srümmer, bie reid)e 

äWonnigf altigf eit menfd^lid^er Sl^arattere, bie er in 3Äannl^eim ftubieren 

fonnte. ©ein fräftige« SDieifterfpiel auf ber ^errlid^en Drgel ber 

reformierten ©emeinbe erbaute alle §örer. @r war balb bei 

Sacd^analien, balb in 3Reffen ju finben. SBei ben ÄHgemeintafeln, 

bie gu aWannl^eim in ben üoruel^mften ®aftl^öfen gel^alten tourben, 

fanb er fel^r ergö^enbe ®ru))pen t)on njunberbar abfted^enben 

E^arafteren unb würbe ba mit mand^en, oft fonberbaren, aud^ 

nid^t feiten eblen 3Äenfd^en befannt. Änd^ in SÄannl^eim, wie in 

Sönig^bronn, in Subwig^burg, in ^eilbronn öerfel^rte ©d^ubart 

befonberig gern mit Dffijieren; er rü^mt il^nen nad^, fie feien 

meiftenig im Zon ber ®efelligfeit, ber Reitern g^reube unb afabe^« 

mifdtien ^ibelität geftimmt. Seute uon feftem, beutfd^em ©inne, 

taftifdien Sienntniffen unb einer wal^r^aft eblcn ®efinnung fanben 

fid^ feltener. 

Unter fo günftigen 3Sorbebeutungen würbe er jum Surfürften 
nad^ ©d)We|ingen befd^ieben. Sr ful^r mit bem jungen ®rafen 

^auff, Gd^uBari in feinem SeBen unb feinen SBerTen. 7 



98 V. Ärcugs unb Ouergügc* 

t)on S'ieffelrobe l^inau^, traf ben dürften in ber getüötinlid^en Um^ 
gebung feiner SSertranten im fogenannten SBabl^aufe unb tiatte ba^ 
©lud, burd^ feine SDhifif ttjie burd^ feine Unterl^altung über ^nft 
unb Sitteratur x^m gu gefallen unb öftere tt)ieber begehrt gu tüerben. 
^nä) in ©d^ttje^ingen »erfei^rte er mit SIMufifüirtuofen unb biefe 
liefen il^n 3lnteil an il^ren Sunftübungen unb ©rgö^ungen nel^men. 
?(nber ®<3i§e be§ t)ortreffIid^en <3fäIjifd^enDrd^efter§ ftanb Sannabid^ 
unb biefer tüar ®d^ubart§ erfter ^reunb. ^m ÜDenfmal in 9Bin^ 
golfs |)aKe l^at it|n ©d^ubart öeri^errlid^t. (2?gl. Steclam ©. 83.) 
J)abei fiel ber fd^Ied^te 3wf*^^i^ ^^^ i^^i ^^^ 9^^ t)ertt)eltlid^ten 
unb öerweid^Iid^ten Sird^enmufif unferem ©d^ubart fd^tüer auf^- 
|)erj unb bie Slüte ber D^jern n)ar fein @rfa| bafür. 

üDie ^reuben ber Jonfunft tüaren inbeffen bei njeitem nid^t 
fä^ig, feine gange ©eele auögufüüen. @§ ttjanbelte i^n melmel^r 
oft ein (Sfel an, baß er fid^ in bie ©infamfeit barg, „geiftreid^e"*) 
©d^riftcn Ia§ ober mit Seuten, bie benfen fonnten, fid^ unterrebetc. 
^aä) unferen obigen S3emerfungen über ben (Jfiarafter ber S^onfunft 
ift bieg ein rül^mlid)e5 3^i^9^i^ föi^ ©d^ubart. 3lußerbem lag er 
SOtännem unb SBeibern bie beften beutfd^en ©d^riftfteller t)or unb 
fanb ungemein öielen (Singang. Unter biefen ftanb natürlid^ 
SIo^jftodE in öorberfter Sieil^e. @r tüar big bal^in bei ben faum 
mit ettüag !Deutfd^l^eit tingierten ^ßfälgern ttjenig befannt unb t)iele 
mußten eg ©d^ubart blog auf fein 23ort glauben, baß SIo:pftodf 
unfer größteg J)id^tergenie fei. hingegen i^atte SBielanbg ®eniug 
überaü (gintritt, „©eine auglänbifdfie Sßiene, ttjoßüftigen ®emälbe, 
freie 9D?oraI, S!enntnig beg üerberbten ^ergeng, bem er auf eine 
fo fuße ?lrt gu fdimeid^eln tüußte, matten i^n leidet gum fiieb* 
linge eineg SSolfeg, bag ebenfo gefinnt tüar." @ang biefelbe S5e* 
obad^tung, bie ©d^ubart f(^on in Subroiggburg gemad^t ^tte. 
^n beiben ©täbten gab eg nur ttjenige, bie 9D?iIton, ©l^afef^peare,. 
^^oung, Dffiau unb beutfdie üDid^ter lafen, weld^e mefir Sraft, 
9Jert)en, Deutfd^l^eit gu l^aben fdfiienen, alg SBielanb. Sie Der* 
fdjieben finb aber biefe gwei Urteile über SSJielanb öon bem Sob,. 
bag ©d^ubart in feinem gtüeiten 83rief biefem 5)id|ter f^jenbet, alg 



*) „geiftrelc^" ^icr offenbar = geiftlic^, religtög; ögf* (Srimmg 2Börterbu(^. 



V. Iheugs unb Ouergüge« 99 

er fdfon in feine jtüeite ^etiobc getreten tüar ! -- „Der turfürft, 
erjä^It ©d^ubart, la« fel^r gerne beutfd^, xmb fprad^, ate id^ ba8 
aroeitemal Dor il^m fpielte, mit vieler Std^tnng öont ®eift ber 
Deutfc^en. Sd^ttjan l^atte JBefel^l, il^m bie neueften bentfdien 
©d^riften au« aKen 2:eilen ber fiitteratnr jUjufenben. ^6) ttjagte 
e^, bcm Surfürften ju fagen : „Unfere ©d^riftfteüer ftnb gro§ ge* 
worbcn^ ol^ne Äugufte unb fiubtDige ju ^ßroteftoren ju l^aben. 
Sic liefen fid^ öon ben ®ro§en gebulbig SRoßfö^jfe unb SBarbaren 
nennen (üon Saifer Äarl bem V. bi« auf ^ricbrid^ ben ©ujigen, 
unb nod| gicbt e« ^Jürften, bie t)oK t)om Äu8lanb«n)al^ne if)r eigenej^ 
Kftlid)e§ Sanbgut öerfennen). ®ie arbeiteten inbeffen SBerfe au«, 
bie öon ben Äuölfinbem nad^gea^ntt, überfe^t, bemunbert unb be* 
neibet würben. iD'Älenibert ^at red^t, ber ben SBeifatt ber dürften 
nid^t immer für ba« einzige SBeet l^ält, au« bem bie SBIume be« 
iäenics ^erüorfeimt" — „@r unb b^aiembert t|at red^t," fagte ber 
Surfärft läd^clnb, „aber ^nft unb ffiiffenfd^aft fottte bod^ niemal« 
betteln gelten." — „@ie gel^t audt) feiten betteln," ertüiberte id^ 
bemütigft, „ha» ^ublifum l^at bi«l^er nod^ immer einen guten 
Sd^riftfteKer, ber gemeiniglid^ fel^r genügfam ift, fatt gemad^t." — 
Da« &t^px&ä) ^at auffaßenbe t^nlid^feit mit ©d^iüer« ®ebid^t: 
„X)ie beutfd^e ÜÄufe" öom Qfa^re 1800. !Die ®eIbftbiogra))^ie 
erf(j^icn 1791 unb 1792; im ^df)X 1798 erfd^ien baju „©d^ubart« 
fil^araftcr" öon feinem ©ol^ne. SBa« liegt naiver, al« ber ®e* 
banle, ba§ ©dritter ben ©ebanfen feine« fianb«mann« pottx^ö) be* 
arbeitet l^at? JBei biefer Stnnal^me, bie jebod^ uid^t unumgänglid^ 
nottocnbig ift, Iö«t fid^ aud^ bie @d|tt)ierigfeit, baß ©d^iöer« 
SBhifc aöerbing« am ©tral^l ber prftengunft — ber ®unft Sari 
Äuguft« t)on SBeimar — il^re SBIume entfaltete. 

Dem aWaler Sobelt ^atte ®d|ubart „bie erfte SBefanntfd^aft 
mit aWaler aJHllIer ju banfen, bie ^emad^ in »arme SBruber* 
freunbfd^aft aufflammte." Statt Äobelt foKte e« Reißen: SobeK. 
SBann unb wie aber biefe« SBefanntmerben ftattfanb, gel^t au« ber 
SeIbftbiograt)l^ie nid^t l^erüor. 3fm ^fa^r 1775 trat ©d^ubart 
juaRüKer in ein 83er^Itni« großer gegenfeitiger «d^tung. ©d^ubart« 
beutfd^e e^ronif bcfprid^t unb bringt aÄüüerfd^e ®ebid^te. Die 
SJrubcrfreunbfd^aft fteigerte fid^ jur Dujfreunbfd^aft. Qfn einem 



" 4 



100 V. ^rcu§s unb Ducrgüge, 

SBrief wn Ulm avi§ {wm 27. 9?ot). 1776) trug ©djubart, ber, 

tük befonber^ ber ®d^Iu§ beg üDcnIntate auö SBingoIf^ |)alle 

geigt, fein g^reunb be§ falten, ftetfen Du tüar, feinem fjreunbe 

baö 35u an. „Sieber 9D?üßer, jdireibt ©d^ubart, ba l^aft 35u 

meinen erften brüberlid^en Su§ ! — ^a, J)u, !Du ttjoßen n)ir ein^ 

anber nennen, in Briefen unb münblid^, auf (grben unb im |)immel. 

©ingefd^enft alfo! id^ trinfe mein 83ier unb J)u ©einen Sl^cin* 

ttjein ! getrunlen unterm 9lunbgefang : 

2luf 3)u unb 3)u unb immer 3)u!l! 
Unb ^affcluja)^! 5(mcn! u« f. »♦ 

^ür ©d^ubart^ SBefen ift bie S'ieigung jur S)ujbruberfd^aft ^öd^ft 
bejeidfinenb. Stilen 9D?enfd^en !am er mit arglofem Vertrauen enU 
gegen unb fd^Iofe il^nen rädEl^aIt§Io§ fein $^nnere§ auf; an bcn 
näd^ften SBeften tüarf er fid^ meg, jebem SinbrudE gab er fid^ I)in, 
unb ^atte bie^ oft genug bitter ju bereuen. 

Heber ©d^ubart^ SSer^ältni^ ju aWaler SDWltter ügL SBem^arb 
©euffert, aKaler aWfitter ®. 25. 

3(ber, tüie in Subtüig^burg, l^atte ©d^ubart aud| in SDiann* 
l^eim unb ©d^tüe^ingen ©tunben tyoU fd^mcrjKd^er ©etüiffenSbiffc 
unb finfterer SSerjtüeiftung. „ÜKeine ©eele fud)te unb fanb nid^t. 
S'iod^ benfe id^ baran, tüie id^ mid^ einftmals au§ ©d^tüe^ingen 
xx% ben l^o^en 9fil^einftrom fud)te, an feinen Ufern, untüeit ©pcier, 
ftaunenb ftanb unb nad^ langer ^ßaufe gen ^immel fd^rie: „!Du, 
broben in 'Deiner ^öt|e! SBSeltfd^ö^jfer, erbarme Did^ meiner, 
id^ barbe im Ucberflu^ ! iä) trinfe biefen ©trom auö unb bürfte ! 
D, nid)t§, nid^t^ ift für mid^ gefd^affen ! Die ©d^önl^eiten Deiner 
Statur nid^t, bie fjreuben Deiner lieben 50ienfd^en nid^t, benn mid^ 
?lrmen f|at tüütenbe ßeibenfd^aft jum ©flauen gemad^t! — @r* 
barme Did^ meiner! — Dod^ ber tt)irb fid^ Deiner erbarmen, 
beffeuDuf^Jotteft!" SDWt biefem niebcrfd^mettemben ®ebanfen rannte 
i(^ nad^ |)önfe unb fud^te ßärm unb SJeld^gla^, um mein wim* 
mernbeS ©etüiffen ju betäuben unb ju erfäufen." ®anj tüie in 
jener SlKee bei Subtüigöburg unb leiber aud^ mit bemfelbcn 
?(u^gang. 

Sin einer bauerl^aften 35crf orgung fel^Ite ei8 il^m immer nod^. 
Der Surfürft l^atte bat)on gef:pro(^en, i^n in feine Dicnfte ju 



V. Shrcug» unb Ducrjüge^ 101 

nci^meu, aber ein luiüorfiditigei^ Urteil über bie SOiannl^eimer 

Äfabcmie, baö Sd^ofefinb beö dürften, biefem üon Übeltüoüenben 

eiligft unb in vergrößertem 9D?afeftabe jugetragen, jog x\)m bcffen 

llngnabe ju. SBorin biefeg fede Urteil beftanb, tpijfen tt)ir nidit. 

Am ©d)lu^ be^ 3tbfd)nittg über aßannf)eim f^prid^t ©d^ubart uon 

bcr Unterbtücfung ber bortigen ^roteftanten buri^ bie S!atf)oIi!en 

unb üon ber ^faffentüirtfdiaft jener Qzxt ,,^d) madjte genjaltige 

poctifd^e %tn^fätte anf biefe fd)tt)arjen ®efellen, bie aber fold^er 

^)a^)ierncu Solide nid|t ad^teten nnb mid^ bagegen mit bitterem 

®rinime tjerf olgten. " O^ne 3^cif ^I f)iw9 ^i^ Ungnabe beö 3^ärften 

mit bcm ?ßfaffenregiment jnfammen. ^n ÜJiannl^eim fo ttjenig 

n)ie in ©ei^Iingen, Snbmig^burg, nad^l^er in Slug^burg unb Ulm 

fonntc fid^ ©d^ubart mit bem geiftlid^en ®tanb fteßen. — Slb* 

gefeiten bat)on tt)ar ®d|ubart^ ©djidEfal in ber :pfäljifd|en Siefibenj 

ein 3SorfpieI feine« f^jäteren ©tnrjeö. Äurfürft Sari S^l^eobor 

Toar ebenfo fittenlo« nnb üerfd^ttjenberifd), ebenfo eigenmäd^tig unb 

jelbfttjerrlid^, wie ^erjog Sari öon SEBürttemberg. @<3öttifd^e 

Semerfungen über bie aHannl^eimer 3lfabemie unb bie \)o^t Sarlö* 

fd)ule brad^ten ©d^ubart jtüeimal, al« fein ®efd|idE eine günftigere 

Sßenbung ju nefimen fcfjien, um feine Stellung in ber ®egentt)art 

unb in ber 3i^^w#- 

üDen üon neuem am Sianbe ber ^ersmeiflung ®tel)enben, ber 
atte feine :pabe auf feinem ßeibe trug unb nid|t einen Sreujer 
@elb l^atte, nal^m ein junger ®raf ©d^mettau, ein freier, fü^ner 
ÜKann, ©ol)n eineiJ bänifd^en ®enerate, ber nod^ in feinem Älter 
l^ebräifd^ gelernt l)atte, um gegen bie SBibel fdireiben ju fönnen, 
in Dbbad^ nnb Soft auf. !Diefen SD^ann, ber, nad^ einer furjen 
Saufbal^n aU furfäd^fifd^er ©efanbter in SMabrib, mit bem ffilja* 
rafter eine« Oefieimrate« in ^jfäljifd^en üDienften mel^r priöatifierte, 
ate ©efd^äften oblag, jog @d)ubart« berber SWaturfinn, fein 
beutfd)er ©fcr, fein $a§ gegen ®ejiertl)eit unb SSerbilbung anj 
er felbft galt für einen ©onberling, grübelte über ^l^ilofo))l^ie 
unb ateligion unb litt an einem £eben«überbruffe, bei bem nur 
bie ©timpat^ie eine« äl)nlid| geftimmten ®emüte« ilju erfreuen 
mod^te. ©d^ubart la« il^m bie $ermann«fcf|lad^t unb ®ö§ uon 
Serli^tngeu öor unb toeibete fidt) an ben ÄnfnjaHungen t)on @nt* 



102 V. Ärcugs unb Oucr§ügc» 

Juden, bie unterm Sefen an bem ftarffül^lenbcn ©rafen auSbrad^en. 
allein bauerl^aften ^rieben öermod^te roeber ©octl^e, nod^ Slopftod 
bem gemütsfranfen ®rafen ju üerfd^affcn. !Dcr ®runb lag tiefer; 
er neigte fid^ jum ?ßeffimi§muö unb ©fe:ptiji§mu^ unb f^jrad^ nid^t 
feiten t)om ©elbftmorb. ©d^ubart, ber felbft in mand^er büftem 
©tunbe an ber Unfterblid^Ieit ber ©cele jttjeifelte, öermicö il^n 
auf bie SSergeltung in einer anbern SBelt. „@ben biei8 l^ält mid^ 
nod| immer jurüdf," fagte ber ®raf, „benn follte ®ott ©eelen 
fd^affen, um fie einige ÄugenblidEe in bunten färben öor fid^ 
fd^weben unb bann am ®rabe jerpla^en ju laffen?" — ,,9lod^ 
mel^r — follt'^ möglid^ fein," fe|te ©d^ubart l^iuju, „ba§ ©eelen, 
tt)ie bie ^f)nQt, tmq fud^en unb niemals finben foHten? ;3fi^ftinfte 
il^re ©ättigung finben, unb ®eifter mit aß il^rem ©trcben nad^ 
SSoltfommenl^eit üerfdimad^ten unb am Orabe mit ber öcgetierenben 
^flanje auf ewig l^inttjclfen follten?" „©ie l^aben red^t," rief er 

au«, „0 aSa^rl^eit, SBa^r^eit, tüo t^roneft J)u?" 

Unterbeffen mar ber JBaron Don fiei|bcn, furbaijerifd^cr ®c* 
fanbter am pföljifdjen |)of, auf il^n aufmerffam geworben. Qfn 
bem 3Saterlanbe biefeS 3)i))lomaten l^atte ber ©turj beö ;3f^f^^*^*^^ 
orbenS eine mol^ltl^ätige Umwäljung beö ©rjicI^ungSmefen« l^eröor^ 
gebradjt. |)ettbenfenbe unb wol^lgefinnte SKänner badtjten btm 
erftarrten §oxmdxt)t^tn , in weld^eiJ jener Drben alle SBiffenö* 
jWeige für ben ©d^ulunterrid^t eingefdinürt l^atte, ein @nbe ju 
mad^en, bie ®cifter für bie ßcl^re frei jU geben unb fud^ten für 
bie äuöfül^rung ii^rer äbfid^ten braud^barc fieutc. Sine Scbing* 
ung, unter meld^er allein i^m nüfelid) werben ju fönnen ber neue 
3Käcenaö unfcrm ©d^ubart tjerl^ie^, war bie abfd^wörung feiner 
Sird^e. ©d^ubart erflärte fid^ bereit unb ®raf ©dimettau bittigte 
ben ©d^ritt wenigftenS afe SScrjWciftungSmittcl. Der ^^üd^tling 
nal)m in ©d^we^ingcn übcratt Slbfd^ieb unb würbe t)on bem ^r* 
fürften bcfd^cnft. UnwiÖfürlid^ fommt man l^ier auf ben @e* 
bauten, ba§ ein Surft, ber einen Abenteurer befd^cnft, nod^ ju 
erweid^en gewefen wäre, unb wenn ©d^ubart fid^ auf« Sitten ge* 
legt l^ätte, ben genialen SD^ann nid^t al^ne weiteres l^ätte jiel^en 
laffen. Aber „ber ©eniuö — wie ©d^ubart hti ber ©rjö^lung 
bes gegen il^n angefponnenen 9iänfef))iefö bemerft — ber unfid^tbar 



V. ^cu8» unb Oucrjüöc 103 

mein Seben xmb au^ meine ©d|icffale im Sturme lenfte, Iie§ e§ 
nid^t ju." aig ©d^ubart fein ®efd|cnf einladen unb feiner ^rau 
jufc^idte n^roo gte^ fo fragte il^n fein ®raf : „SBem fd^idcn Sie bie« 
®elb?"^— |„5IKciTicr armen ^rau unb ^nbern." — „®ut, legen 
©ie aud^ biefc Ijiinbert ®ulben bei. — J)od^ id| fefie fd^on, Sic 
fonnen md)t padcn." Unb Ijiermit fe^te er fid^, padtt baö wm 
Surfürften erhaltene ®elb unb feine beigelegten l)unbert ®ulbcn 
jufammen, legte ben ^adt auf ben SEifd^ unb fagte: „©dtireiben ®ie 
sirer fjamilie, fie foß für mid^ beten !" (5)er ®raf wanbte fid^ fpä* 
tcr auf einige 3^^^ ^^^ ^axx^ unb priüatifierte jule^t in 3Bormi^.) 
9lod) am legten 2:ag feinet Äufentfialt^ in ©d^nje^ingen 
räd^te fid^ bet übermäßige ®enu6 beö 3tl|eintt)einö an feiner ®e* 
funbl^cit; er befam einen ©djIaganfaH, üon beffen bebenflidifter 
SJirfung il^n nur bie aufo:pfembe Sorgfalt beö ®rafen rettete. 
Sranf fii^r er am anberen Jag mit it|m nad| SMann^eim unb 
na^m t)oii i^m unb aßen feinen SBefannten Äbfd|ieb. 

?lud) ^^öter ftanb ®d|ubart nod| mit SWann^eim im 3Serfef)r. 
^a§ er, biefer f^arf unb fein beobad^tenbe So^jf, bamate ber 
bcbeutenbfte ^itifer ©übbeutfdjlanbg, tt)ie i(;n 33. ©euffert in 
feiner „SSorgefd^i^te be« SWationatttjeater^g in ÜJiannlieim" (littera* 
tifd^c ©eilage ber Sarlörul^er B^i^^^^Ö 1879, 27) nennt, ben fialb* 
franjöfierten ^fäljern ©efdimadf an ber ernfteren beutfd^en üDid^* 
tung beibrad^te, fottte nid^t o^ne fegenöreid^e folgen bleiben. Äarl 
S^eobor, ber bei aßen 3^el^Iern ber beutfd^en Did^tung nid|t fo 
fremb gegenttberftanb, wie Sari @ugen t)on SBürttemberg, bilbete 
1775 fogar eine ®efeßfd^aft mit bem Jitel „©eutf^e ®efeßfd^aft", 
bie fid^ bie üieinigung ber ®pxa(t)t unb beö ©efd^madE^ in aßen 
©täuben be8 SSaterlanbe^g unmittelbar unb fdileunig ju verbreiten 
iur Aufgabe fe|te. ^f^r Organ waren fpäter bie ©d^riften ber 
beutfc^cn ®efeßfd^aft. — 1775 grünbete ©d|tt)an ein „gelelirte« 
Sfnteßigeujfontor". Slu« ber beutfd^en ®efeßfd^aft ftammen bie 
,,r]^einifd^en ^Beiträge jur ®elel^rfamfeit", eine auf ©d^ubart« 
Anregung unb unter fieffing^ ^^ft'^wd^ gegrünbete aWonatöfd^rift, 
bie jum 89eif))iel juerft ben ®ebanlen einer Oueßenfammlung 
beutfd^er ®efd^id^tf(^reiber anregte unb ju gleid^er ä^it ^it ^Did^«» 
tung unb Söhmif fid^ fritifd) unb ))robuftiü befd^äftigte. 



104 V. Sh:cu§* unb Ducrgügc» 

©nbltd^ fdirttt man jur ©trtd^tung einer beutfdien SBü^ne. 
„50iannl|eim, erjäl^It ©d^ubart in feiner ©elbftbiograpl^ie, war 
bamate wü wn mand^erlei ©d^anfpielem. üDie bentfd^en Somö=- 
bianten, ein ^^^^9 '^^^ SJiarfdiant (tjielmel^r : SWard^anb — aug 
©trapurg), nnterf)ielten bag ^ublifum mit Überfefenngen unb 
SWadial^mungen bcr franjöfifd^en D^peretten — bem füt)Iften ®e* 
jeug, bag jemafö SD^enfd^enl^irn erfanb, einer ^eft ber ©itten unb 
be§ ®efd|ma(fi8. ©eitbem aber in 3Kannf)eim eine SWationalbütine 
errid)tet ift, l^at fid) ber ©efdimad aufeerorbentlid^ fd^ncll öer^ 
bejfert. iWad) Hamburg tt)irb fd)tt)erlid^ eine ©tabt fein, bie fa 
ridjtig fü^lt unb urteilt, bie bie großen ©tücfe eine^ ©f)afefpeare, 
®oett|e, fieffing, Seifemi^, ©dritter mit biefer STeilnefimung öor^ 
ftetten fiet|t, tüie 3Kannl^eim. 355ie fd^neß fann fid^ ber 3)eutfd)e 
lieben, wenn il^m bie Umftänbe nur in etmaig günftig ftnb!" SfKit 
rül^renber SBcfd^eibenl^eit t)ergi§t ©djubart l^ier unb in ber ©d^il^ 
benmg feineö Äufentl^alt^ in Ulm, feinen eigenen Anteil an ber 
©rünbung bcr 5WationaIbül^ne l^ertjorjutieben. ^n ber beutfd)cn 
©tironif fämpfte er gegen ben g^ranjö^Iing SKard^anb unb regte 
in gerabem ©egenfa^ ju il^m juerft ben ©ebanfen einei^ 9?ationaI^ 
ti^eaterig in SWannl^eim an. ^n einem SBrief an SIetn in äfiann* 
l^eim öom 25. Stuguft 1775 legte ber feurig patriotifd^e ÜKann 
feinem fjreunb bie ®rrid^tuug eine^ fold^en nadfibrüdEIid^ anö ^^tj; 
freili(^ glaubte er, fie beibe ttjerben barüber fterben. Unb bod^ 
ttjar bcr ®rfoIg näljer, aU er erttjartete. 0eing Anregung fül^rte 
ju bem SSerfud^e, fid) in aßannl^eim eine beutfd^e S^ationalbül^ne 
JU erjielien. 3)lan fotte bie f^iguranten unb jungen Seute, bie 
fid^ bem Jl^eater unb Dr^efter ttJtbmen wollen, nur aufmuntern, 
riet er, unb ben lalcntöoßen gute ?luöfi(^ten mad)en; unter ^n^ 
fütirung eineö gefd^idften ÜKanne^ folte man bie beften ©diauf Spieler 
©eutfd^Ianbj^ tjereinigen unb neben biefen bie ^fäljer nadf) unb 
nadt) jur ©d^aubüljne l^eranbilben. ^m Sloüember 1775 bertd)tet 
bie beutfdie ffil^rouil üon ber ®cneigtt|eit be^ ^rfürften, fid| be* 
ftänbig eine beutfdie ©d^aubül^ne jn untertialten, unb üon ben 
SSorbereitungcn, bie ju biefcm Qtotd getroffen feien, ^^nbeffen 
rüdte ber ^lan nur langfam feiner SJcrwirflidtjung näljer, für 
ben fanguinifd^en ©djubart otine 3^cif^I ^i^I ä" langfam. @rft 



V. ^eugs unb Duergügc. 105 

nad) bcm Äbjug ^arl Z\)eohox^ nad^ 3)iün(^eu rourbc öon bem 
[Jrcil^crm tjoii 3)albcrg eine neue Iruppe für SWannfieint geroorbcn 
unb im ^crbft 1779, aU berjenige, ber ben ^auptanfto§ ju bem 
ganjen Unternel^nien gegeben l^atte, im ©efängniiS fci^mad)tete, 
mürbe ba§ iWationaltl^eater in ÜJiannl^eim eröffnet. 

Setjrcn tüir nai) biefer ?lbfd)tt)eifung ju ©d^ubart jurüdE unb 

verfolgen n)ir feine Steife nad^ SDiünd^en. Unfer ®tl S3Iag üon 

Dbcrfontt)eim fi^t unter bem ffi^arafter eine^ Äontjertiten im 9ieife* 

magen an ber Seite beg ©aroniS öon Serben unb lernt itju als 

einen religiöfen, bei alter ?lnl)ängltd^feit an feine SJeligion ben 

^otcftanten wegen il^rer größeren Stufflärung jugettianen, fein 

SJaterlanb innig liebenben, bie beutfd^e ©prad^e rein unb nad^- 

brürfUc^ fc^reibenben unb „otine alle ^Iffeftion" *) beffer, al^ fonft 

ein S3at)er, fpred^enbeu 2)Jann fd^äfeen. ÜDer SBaron „fd)ien ba^ 

3Ra§ cineö roeifen unb tugenbl^aften ©taat^manneö big auf wenige 

Stridf)e ju l)abcn". @d|abe, bafe ®d[)ubart biefe wenigen ©trid^e 

nid)t gejcidinet f)at. SWirgenbg mel^r aljg tjier jeigt fid^ bie SSBal^r* 

^eit ber JBemerfung, bie fein ©ol)n gemadjt l^at, ba§ ©d^ubart 

in feinen ®t)arafterjeid^nungen ju fetjr ing |)eKe unb ;3bealifd)e 

malte, fid^ jw fei^r im atigemeinen ^ielt unb jU wenig aufö einjelne 

einging, rooburd) üiel t)on ber t^nlid^feit verloren ging unb eine 

gewiffe ©införmigleit unter ben Sf)arafteren entftanb. ICiei^ jeigt 

glcic^ bie folgenbe Sl)arafteriftif beö SWinifterö t>on ©ro^fd^Iag, 

ben ©d^ubart mit feinem S3efd|ü|er in Slfd^affenburg befud^te. 

„ijjawotil ift ei^ eine 3Bottuft, einen großen Sßann jU fe^en/' ruft 

*) „D^nc äffe Slffeftton'' — bamit meint ©d&ubart »o^I: o^ne bie ein* 
fettige S^orltebe für feine a)^unbart, o^ne bad @eIbftbetDu6te unb @tngebtlbete, 
baS fr^ro^ifie unb ^ro^ige'', tooburd^ fid^ nad^ (5(ö$tngeriS ©rammatt! bo^ 
Sa^rtfc^e öon anbcren S^unbarten fo fc^r unterfc^cibet, al8 woffe ber JBa^cr 
bie ganse SBett pm Äampf ^eraugforbcrn. Ober foffte Slffeftion = Slffcf» 
tation (©egiertl&eit) fein? »eil ©c^ubart fortfährt: ^cr ärgerte pc^ über bie 
©tümmelungen ber ©annoöeraner , Reffen unb Sßfälger unb öerteibigte ben 
»offen 2:on feiner ßanbe8fpra(!)e'' ? ©ebenft man, bafe ©d&ubart feine ßebeng* 
gefc^ic^te einem äJlitgefangenen burdd ein £oc^ in ber SS^anb biftierte unb 
ba6 nac^l^er Don feiner 8eite großer gfleig auf bie S^c^tigfteffung ht^ Xtj^tt^ 
Derioanbt tourbe, fo »irb man unfern 3^cifel über bie richtige ßeSart be* 
ret^tigt flnbem 



106 V. ftreu§- unb Ducrgügc» 

er mit einem SCnflang an @otti)t^ ®ö§ bei ber ©riunerung an 
ben „in ber ®Iorte beö ®eniuö funfeinben" nnb „jum ®efe^* 
geber gebornen" ®eift an^, ber leiber üon ber unbanfbaren 9^ad^* 
ttjelt üergefjen ift. Über !J)armftabt ging eö nad^ SBürjburg unb 
I)ier fanb ber angel^enbe Sontjertit bei bem ^ürftbifdiof, 
trafen tjon ©injl^eim, eine fd^meid^eltiafte 9tufnat|me. J)od^ 
mad|te it|n fd|on bort ein SBefud^ bei einem ju jener Qdt be* 
tütimten SWeubelel^rten, |)ertt)ig, in feinem fd^nettgefa^ten 3Sorfa| 
irre. ÜDiejcr tüar menig befannt, unb bie njenigen, bie il^n faunten, 
f^jradien falt unb mit üeräd^tlidien ©eitenbliden üon it|m. „JRene* 
gaten," bemerft ©d^ubart bei biefer ©elegenl^eit mit 9{ed|t, ,,tt)erben 
bd Slürfen unb (Jtiriften gmar tüiltig aufgenommen, aber meiften^ 
balb üeradjtet." ^n SJiünd^en mad|te ©d^ubart bei bem geleierten 
unb redt)tf^affeuen Äonüertiten Dfterttjalb biefelbe ©rfal^rung; er 
l^ielt fi(^ mcift in ber SSerborgenl^eit feinet ©tubierjimmerö auf 
unb fütirte ein fetir bumpfeö, trübfeligeö 2tbtn, SSJir feigen auö 
fold^en Sleu^erungen, ba§ ein ^auptbetueggrunb ju ©d^ubart^ ge* 
:plantem Sieligion^roedfifel in feinem „^cißl^unger nad^ Eelcbrität" 
lag, htn fein ©ol^n nadt)brüdEIidt) l^erDorl^ebt. (Sr mollte nid^t 
aüein üon feiner SWot befreit werben, fonbern burd^ feinen ©d^ritt 
Sluffel^en erregen, berütimt werben, feine ©iteifcit befriebigen. — 
©ein ^Jnnereö jeugte ^inlänglidi über il^n felbft, aU er in SU* 
mangen einen Sag jubringen burfte unb feine nur brei ©tunben 
entfernten ©Item in SCalen nid^t ju befud^ten wagte, ©ie t|ielten 
il^n fd^on lange für einen ungeratenen ©ol^n, waren über feinen 
Slufentl^alt^ort im Unflaren unb l^ätten it|n, wenn er il^ncu fein 
SSorl^aben, fatl^olifd^ ju werben, erjätilt t|ätte, il^rem ftreng luttie* 
rifd^en Stiarafter gemä§ jur ^ötte üerbammt. ^n SWörblingcn 
fpeifte er ju aßittag unb lonnte feinen ©d^wagcr JBödE^, feine 
©d^wefter :3^K<^^^ ^i^t befud^en. ©eine ©ewiffen^biffe üerftärf* 
ten fidi^, afe in ?(ffingen bei ?lug§burg, einem ®ute be^ ^errn 
t)on Serben, jwei JBriefe feiner ®attin il^m ba^ auiSgeftanbene 
(SIenb malten unb mit bem Danfe für bie üon ©d^we^ingcn db^ 
gegangene Unterftüfeung bie järtlidiften (Sefinnungen ber ©el)nfud|t 
unb ÄnJ^änglid^feit avi^^ptaä)tn, — ^nbt^ warb im Df tober 1773 
bie Steife nad) SKünd^en öoöenbet. 5)er g^^ei^^rr üon Serben 



V. ^cugs unb Qucraüge. 107 

Tüicö ©d^ubart eine ©ofinung bei feinem etiemaligen Selretär 
Ääfer an, unb balb würbe er in ben beften Käufern eingefütirt, 
n>o er 511 feinem ßrftaunen bei ben erften J)amen be« ^ofei^ Se* 
lanntfd^aft mit italienifd^en, franjöfifd^en nnb englifd^en ©d^rift* 
ftcDcm unb meiften^g ein treffenbe« Urteil über il^re „Seferei" fanb. 
3)eutf(6 laf en fie bamal<8 nod^ wenig ; bod^ gab es einige, bie nid^t 
nur bcutfd^ lafen, fonbern audt) bie ©prad^e rein nnb beffer, ald 
i^re ®emal^le auSfprad^en unb gut fi^rieben. Über^au))t bemerfte 
©d^ubart beim ba^rifd^en SSoIfe mel^r, afe bei irgenb einem anbem, 
neben bumpfem Aberglauben beö ^öbefö unb religiöfer @Ieid^* 
gültigfeit ber ®ro§en eine allgemeine, l^eifel^ungrige fie^rbegierbe. 
SBie nal^c lag l^ier ber ®ebanfe, baS SSoIf, baS befonberS fürs 
Sßiebrig^^fomif^e empfänglidt) fd^ien, burd^ 3SorIefungen unb SSor* 
träge für ®oetl|e unb ftlopftodE ju gett)i»nen; aber ©d^ubartS 
®emütÄftimmung unb Sewußtfein t)on feiner fittli^en ©efunfen* 
l^eit liefen i^n nid^t baran beuten. 

©d^ubart burfte nad^mal« wx bem Surfürften SDiafimilian 
Qofef III. erfdieinen unb wx xl)m fpielen. Der gürft war felbft 
aßeiftcr auf ber ®ambe unb fefete aßeffen. SDWt bem Jrierfd^en 
Sopettmeifter ©aleö, bem bamals in aJiünd^en bie ©e|ung einer 
neuen Oper aufgetragen war, errid^tete ©d^ubart eine vertraute 
greunbfd^aft. 3Äit ben übrigen ©liebern beS Drd^efterS, baS nur 
nid^t ben ^ufammenflang unb bie ©nl^eit beS pfäljifd^en ^atte, 
fonnte bie 85efanntfd)aft aümäfilig aud^ nid^t feilten. An ber ein* 
fad^cn Anmut, weldie bie ÜRufif beS baiirifd^en SWationalüebelS, 
tro^ ber !Dürftigfeit il^reS 2:eEteS an fid^ trägt, erquidfte fid^ fein 
©inn für 9SoIfSgefül^I unb SSoIf Sgefang ; er merfte fid^ üieleS aus 
biefer ©attung unb mu§te es nad^mals ^unbert^ unb taufenbmal 
in ®cfettfd^aften fingen unb fpielen. 

Unterbeffen brad^te ber JBaron tjon Serben ©d^ubart ju bem 
©e^eimrat r>on £ori, weld^er fid^ ber Umformung beS baiirifd^en 
(Sr}ie^ungSwefenS mit befonberS feurigem Patriotismus unterjog. 
J)er würbige unb geletirte SKann räumte bem ^rembling 'ein 
3immcr in feinem ^aufe ein, gewäl^rte i^m ben ®ebraud^ feiner 
fd^önen SibKotl^ef unb bebiente fid^ feines 9tateS bei ben neu }u 
treffenben päbagogifd^en Änorbnungen. ©d^ubart teilte mit, was 



108 V. ^euä* unb Oucraüge. 

er öom ©rjiel^ungi^iüefen ber ^roteftanten tt)u§te; mit eigenen, 
au^ ber S^iefc ber ®ad^e gefd^öpften ?£nfid|ten ü)m an bie f)anb 
ju gefien, »erftanb er tüeniger, unb in ben tampf ber ^arteten 
fid^ ju mifd^en, baju l^atte er feine fiuft. ßori, ber tiauptfäd^Itd^ 
bag SBebürfnig JBa^ern^ inig Stuge fa^te, mand^eö üermarf, roaö 
nid^t für fein SSaterlanb ju paffen fd^ten, unb fonberlid^ auf eine 
genjiffe (Sinfad^l^eit beg Srjiel^ungöroefenö brang, bie SBütger für 
biefe unb jene SBelt bilben foHte, unterlag gegen bie SSorfdf)läge 
beö gelehrten tanonilu^ 83raun, beffen ©^ftent aus bem ®uten 
ber ^roteftanten unb Satl^oUfen jufammengefe^t tüar unb nur ju 
wenig Sigeneö für bie JBebürfniffe feiner Station l^atte. ®d)ubart 
war auf ©eiten SoriS, tjon beffen ©ele^rfamleit, Patriotismus, 
Uneigennü^igfeit, Sebürfnislofigfeit, männlid^em @rnft im Sid^t* 
fd^ein ber g^reunblid^Ici* er ein l^öd^ft aujiel^enbeS ©emälbe entwirft. 
Unter ber 9fiegicrung tart 2tl)eoborS würbe biefcr au§erf|aft 
Söa^ernS wenig befannte 9D?ann, ber bod^ mit |)erber unb Rätter 
SBriefe wedjfelte, abgefegt unb ftarb als Verbannter in 5>ieuburg. 
5)er unrul^ige, t)on einem fortwätirenben ^ang jur fflbwed^S^^ 
lung uml^ ergetriebene 9D?ann war halb ia, balb bort, lernte allerlei 
3Dlenfd)en tennen, war in ber Sttabemie unb auf ber SBibliotl^et 
ju fe^en, trieb fid| in ©efanbtfd^afts^ufern unb 5Bierfd|enfen 
l)erum, würbe ben iJJupiterS unb ©ilenS, ben i^^noS unb il;ren 
©tubenmäbd^en, SJirtuofen unb ©d^nurrantcn, gefegten SBeifen unb 
luftigen Sanbftreid^ern befannt, befonberS ben Sat^olijiSmuS lernte 
er nac^ feinen fiid^t* unb ©d^attenfcitcn fennen. ?lber nod^ me^r 
als in fiubwigsburg unb 3Kannl^eim war er in ÜKünd^en ju 3^it^" 
eine Öeute ber büfterften 3Serjweif(ung. „Via crucis est via 
salutis!'' rief H)m ein ^ranjisfatter jU, ben er tjor einem Stujifij 
betenb getroffen l^atte. „SreujeSweg! badete er; ber meinige ift 
ber atlerbetrübtefte. ^ä) trage Steffeln beS ßafterS unb l^abe 
überbieS nod^ ^lud^ ju erwarten." — „Die ®emälbe," erjäl;lt er 
weiter, „fd^ienen mir j^ gäl^nen, bie SBilbfäulen ju wad^eln, bie 
Jonfünftier ju l^eulen — id^ rife midt) aus ber ©tabt, fa^ ba^ 
tröpfelnbe ®d|wert auf bem 9tabenftein liegen unb ben judfenben 
aOttffet^äter unter i^m; fuc^te ©rotten, ^ö^len, ®räberj — bie 
9iaben fd|ienen auf midi ^erabjufrädijen, bie SBeifen fi^ über 



V. ^cug» unb Querfuge. 109 

mit ju frcif cn ; ©turnt tpar mir lieber, aU ©title, unb bie ÜJiitter* 

ua^t augcncl)incr, al« ber fd^önfte, glanjreid^fte ©intertag. — 

ieu^ti^^e ®cbanfcn fd^ipärjtcn meine Seele: morbe, ba§ man 

bi^ tüiebct morbet! (Srfäufe bi(^ in biefem ©trome! — ^tbcr 

tDa§ tt)irb au« beinern SSJeib unb beinen Sinbeni tüerben? — 

Diejer einjigc ©ebanfc l^ielt mid6 t)on ©ettjaltt^at jurüd." 

9^i^t« toottte il^m in SMünd^en gelingen — fein Sieb, fein 
SKenuett, nici|t einmal einen SBrief, üerfid^crt er, l^abc er ju 
Staube gebrad^t — unb bod^ lefcn wir gwci SBlätter üorl^er, ba§ 
er um bicfc ^^it einen frcilid^ fel^r »einmütigen SBricf an feine 
5Jrau gefd^ricbcn l^abe. Stußerbem gab er einige Seftionen auf 
bem fjlügel, einige Anleitungen jur Sitteraturgefd^id^te, forrigierte 
Äuffä^c, bie bafelbft gemad)t tüurben; babei ttjoüen tt)ir bie Unter* 
rcbungen mit fiori nid^t üergeffen. ®§ fd^eint, ©d^ubart l^at fid^ 
aud^ l^ier ju fd^warj gemalt. 

$Jnjtt)ifd^en brangcn feine ®önner immer ftärfer in il^n, ben 
öerfprod^enen ©d^ritt ju tl^un unb fatl^olifd^ ju tüerben; namcnt* 
lid^ follte hit^ bie Sebingung für bie ©rlaubnis fein, eine ge* 
leierte 3^it^^9 i^ fd^reibcn. Stßcin gegen biefe Zumutung tüe^rte 
fid^ fein proteftantifd^c« S3ett)u§tfein, baö nun gerabe in feiner 
ganzen ©tärfe ertüad^tc. „^ä) fal^, ba§ eine JReligion, wie bie 
fat^olifd^e, bie fid^ bei alt il^rem ®uten fo weit üom Quell ab* 
geirrt t|at, entroeber jum Aberglauben ober Unglauben leite unb 
bag ^erj nie ganj befeftige," um mag eg freilid^ ©d|ubart am 
meiften ju tl^un fein mufete. „^mn iä) aufia fianb ging, fo fal^ 
i(^ in jlebem l^ol^ten Saume, in jeber SBlenbe eine^g ^aufei^ ein 
flittergolbene« SBilb irgenb eines ^eiligen, unb bie betrogene @in* 
fatt bat)or fnieen — in ffiftlbern, 9Wfd^euJmit eingenagelten fünf 
Sunben — unter bem 2?olfe überl^aupt einen fo erniebrigenben 
?lberglauben, ba§ ,id^ oft in ben QtxUn beS bidfften |)eibentum$ 
ju leben glaubte" — ganj bagfelbe Urteil, ba§ ®oet^e 14 i^al^re 
nad^^er über ben Satl^olijiSmu« in SRom felbft gefällt l^at. ^axih 
in ^anb mit bem Aberglauben ging, mic immer, ber Ungl aube ; 
in einem |)aufe mürben oft in bem einen ©tod^merf ^ater So'd^em« 
fiegenbcn, im anberen ©belmannö ober SSoltaireö ©d^riften flaffifd^ 
öerel^tt. 3)ie miffenfd^afttii^e Siljeologie lag im 3lrgen, bie SBibTl 



110 V. Ärcug* unb Querfuge« 

tvax wenig gefannt, bie Stbauung^büd^cr n)aren fraftlo^, bct Zon 
im ^rebigen meift fotnifd}. 

3luö feinen Zweifeln nnb Kämpfen über ben peinltd^cn ©d^ritt, 
jn bem man i^n brängen wollte, befreite ben Ungtüdlid^en bie§* 
mal ber Dienft eine§ ^einbe^ in ©tnttgart, bcr, öon einem ange* 
fel^enen Wlann in 3Künd^en jnm SBel^nfe öon ©d^ubart« Änftel^ 
Inng über beffen Slnffül^rnng im SÖütttembcrgifd^en befragt, il^n 
nod| fdjlimmer abmalte, ate er fein mod^te, nnb i^m nid^t einmal 
baS wenige ®ntc ließ, ba8 nod^ fjeinbc an i^m bemerft l^aben 
wollten. „®t fe|te fonberlid^ i^inju," fagt ©d^nbart, „ba§ id^ feinen 
Ijeiligen (Seift glaubte nnb öorjüglid^ beswegen ba» SBürttember* 
gifd^e l^abe räumen muffen." SBer biefer 3Kann war, wußte 
©d^ubart; er tjerfd^weigt aber feinen 5Wamen auö guten ©rünben; 
benn „ber 3Äann lebt nod^ in großen Sl^ren; id^ l^offe, er foff 
fid^ jefet fdjämen, jemals fo fd^led^t unb bösartig öon mir ge* 
urteilt ju l^aben." !Die S3efd^ulbigung, baß ©d^ubart feinen l^ci^ 
ligen ©eift glaube, bejiel^t fid^ tjielteidit auf bie ^arobie ber 2u 
tanei. Der ®ebanfe liegt nal^e, baß ber ©tuttgarter Sorref^jonbent 
bem geiftlid^en ©taube angel^örte. — ^ort mit U)ml fließ eö nun 
atlentl)alben in 3Künd|en. ?(n§ ©d^am nal^m er nidt)t einmal öon 
£ori 3lbfd^ieb. 2?om Äurfürften unb einigen feiner ®önner unb 
fjreunbe würbe er nod) anfe^nlid^ befd^enft. SBol^in, Serl? fragte 
er fid^, aU er jum 2:t|ore ^inauöfu^r. ©todfl^olm, ^eteröburg, 
2öien f ^webten il^m Dor; er entfd^ieb fid^ für ©todEl^olm, wo er 
am ^o]t be§ SönigS fein @lüdf äu madien fjoffte. — JBleiben 
wir ^icr einen StugenblidE ftel)en unb betrad^ten un« ©d^ubart^ 
3Sort)aben, fatl^olifd^ ju werben, genauer. So ift leidet, l^icr ben 
©tab über il^n ju bred^en unb ben ^ßlan mit ©trauß aU l^eillofe 
©pefulation, grud^t ber fjeigl^eit, gaull^eit unb beö üoKftänbigen 
fittlidien SBanferottö jU bejeidinen. SBir l^aben nod^ auf anbere 
unreine Striebfebern — JRenommifterei unb unrul^ige SJerönbc*^ 
rungöfud^t — l^ingewiefen. ©d^ubart fclbft geftel^t, baß fein Äuf^« 
entlialt in SDWind^en, bie Qdt feiner „©onnenferne", ber größten 
Unfät|igfeit jum ®uten war. @ö ift nod^ leidster, mit Ä. ^ru^ 
in ©d^ubart« fpäterem Sam^jf gegen ben Äatl^olijidmu« eine grelle 
^Jnfonfequeuj ju finben unb il^m sujurufen: „Du l^aft ja felbft — 



V. ^rcugs imb Qucr§üöc. 111 

n)ic lange l^cr ift e§ tüol)!? — fat^olifd^ tüerben tüoffen." allein 
Toir muffen nn^ ^ier ©d^ubartg gegen ©d^nbart annel^men nnb 
bie aiKomente f)tx)ooxf)thtn , bie ©d^ubarts ©l^arafter in einem 
milberen fii(ä^te geigen, ©d^on tjon finbtt)ig§bnrg a\x^ tiatte er 
einem ä^nlidien ®erüd^te entfd^ieben roiberfprod^en. „SBegen ÜJiann* 
^eim, f treibt er am 10. Dftober 1770 feinem ©(^tt)ager SSMi), 
fannft 35n rul^ig fd^Iafen. ^ä) gittere ttjegen meiner fjrcnnbe üor 
jebcm ©d^ritte, ber i^nen Unrn^e mad^en fönnte. @§ ift ©d^anbe, 
fein &IM mit ber SReligion erfanfen motten. DaS tüei^ id^ nnb 
nad| biefen ®rnnbfä|en merb' id^ aud^ l^anbeln." ^n ÜKannl^eim 
lernte er ben Äatl^oIijiSmn^ bei einer ^jaritätifd^en SBetJöIferung 
nod) nid^t in ber abfd^redfenben ©rfd^einnng fennen, mie er i^m 
nad^^er in bem ftodEfatl^oIifd^en SDiünd^en gegenübertrat; er l^atte 
alfo ol^nc 3^^if^^ ^^^^ S^nj Kare^g Setün^tfein öon ber ©eben* 
tung nnb ben folgen feinet ©(^ritte^. 83aron öon Serben bradfite 
feinen 35orfd^lag, ©d^nbart foHe feine ^Religion twedifeln, mit ber 
großen 9iet)oIution in ^wfötnmenl^ang, bie btn ©tnrj be^ ;3fefntten* 
orbcnö im ©rgiel^ungStüefen feine« SSaterlanbeg t)eranlafj'en mürbe ; 
Sori mar bef annt aU aufgef lärter ;3fefnitenf einb ; feine ÜRitarbeiter, 
bie fd^on bei ber ©rrid^tung ber Slfabemie fd^mere Säm^jfe mit 
ben ^J^efniten beftanben Ratten, ftanben atte anf ber ©eite be^ 
JJortfdirittö, nnb ©d^nbart iioffte, mit itinen baS Unterriditi^mefen 
im ©inne ber ?[nfflärung nnb be« g^ortfdirittö, im ©inne Sie* 
menö XIV. reformieren ju l^elfen. ÜDiefem ©inn ift ©d^nbart and^ 
nad^l^er, aU er bie bentfdie Stironif fd^rieb, tren geblieben; er 
f)at geitlcben« bie ^^efniten be!äm))ft. 3Benn man bie ©ad^e be* 
trad)tet, fo mn§ man mo^I überlegen, ob ©(^nbart einer d^arafter* 
lofen, miberfprnd^ööoffcn |)anblung§meife ju befd^nlbigen ift, nnb 
ob man il^n mit ^rn| o|ne weitere« ben 9fiomantifern anreil^en 
barf, bie befanntlid^, mic bie meiften Äontjertiten, t)on ber Sieber* 
Iid)!eit jur ^Bigotterie übergingen. Sei einem ®efül^l«* nnb ^l^an* 
tafiemenfd^en, mie ©d^nbart, ift e« boppelt ^od^ angnfd^Iagen, ba§ 
er fid) bem öon biefer ©eite l^er fein proteftantifd^e« Semnfetfein 
beftürmenben Äatl^oIiji«mn« nid^t gefangen gab, fonbern il^m 
männltd^en ffiiberftanb entgegenfe^te. — 

STOandier gefeierte ©d^riftftetter ift jeitleben« :proteftantifd^ 



112 V. ^cug* unb Querfuge, 

geblieben, aber feine ©d^riften finb üon antiproteftantifd^en, fatl^oli^^ 
fierenben Sfnfd^anungen burd^jogen. SBei ©d^ubart ift nid^tö üon 
biefer ärt jn finben; er ift burd^ unb burd^ proteftantifd^. 3iie 
^t er nad) ber SBcife ber 9fiomantifcr mit bem SDWttclaltcr gc« 
liebäugelt; faum bie ©rjäl^Iung „Der ^ilgcr" (granf furter ?[u§* 
gäbe ber ©ebid^te 1829, II, 305), bie, ttjie bie Slnmerfung be* 
l^auptet, nad^ ben „^ilgerfd^aften jum l^eiligcn ®rabe. Söln 1583" 
gebidjtet ift, entl^ält einzelne entfernte Slnflänge biefer Slrt. Auf 
einen ^unft mad^e id^ nodf) befonberiS aufmcrffam. Sonücrtiten 
unb fatl^olifierenbe üDid^ter übertiaupt finb in ber Siegel inbrün*^ 
ftige SSerel^rer ber i^^ngfrau 50iaria. ©d^ubart ftel^t, t)on biefer 
©eite betrad^tet, unanfechtbar ba. Äud^ in ber genannten @r« 
jäl^Iung ift SKaria nur „aller SSJeibcr ©tolj unb ^one, bie ^oä)^ 
gebenebeite, bie ben l^imuilifdien Snaben erjog". ^ödiftenö ba§ 
poctifdt)e ©eufjerlein: „®tbtt um $Jofefi8 ®enefung" (Sleclam 
©. 159) t3om ^oi)x 1790, alfo au« ©d^ubartö le^ter 3^it, !ann man, 
tDenn man tüiH, l^ierfier jiel^en. ©d^ubart tüar, wie mx fpftter feigen 
werben, überi^aupt ein entf^iebener ©egncr ber 2Beiber]^errfd)aft — 
auf Srben unb — ebenfo im ^immel. „Ol^ne ©amengunft, erjöl^It 
er felbft, mar bamaliS in SDiünd^en gar nid|t fortjufommen. ;^n 
i^ren Rauben lagen bie greife, bie bem SSerbienft aufgeteilt 
mürben." ©d^ubart mottte aber nid^t, mie fo tjiele Sontjcrtitcn, 
burd^ SEBeiber fein ©Ittdt mad^en. „©d^ubart l^afet SSJeiberuntcr* 
tialt," fd^reibt er Dom |)ol)ena§berg ben 11. 3Kai 1784 an feine 
©attin. (£r miü it|r ®elb fdjidfen, um fie für bie Aufgaben, bie 
fie für il^n gehabt f|at, ju entfd^äbigcn. Slud^ in ÜKünd^cn mar 
il|m SBeiberunterl)alt, SSerforgung burc^ SBciber jumiber. 

SSBie überaß in ©d^ubartö ßeben, fo aud^ l^ier grenjen bie 
©Etreme aneinanber. !Der tieffte fittUd^e Sanferott gicbt i^m, 
mie mandiem Kaufmann in ät|nli(^er ßage, ©elegenl^eit, fid| aufj8 
neue emporjufd^mingen. Ob er bei längerem 3lufent^alt in SDiünd^en 
jule^t bo(^ nod^ unterlegen märe, meld)e SBenbung fein ©d^idtfal 
überl^aupt ol^ne jenen SSrief au^ Stuttgart genommen l^ätte, mcr 
vermag eg ju f agen ? ®enug, auf bie 3cit ber ©onncnf erne folgt 
jefet bie 3^it ber ©onnennätie. 



VI. S(ufidbura unb ^(nt. 118 



VI. 

2Rars 1774 bt8 27. Sanuar 1777. 

Unter planen aücr Art ful^r ©^ubart mit bem ^ßofttoagcn 
Otts SDKittd^ctt ; ein bidcr fjranjiäfancr fa§ neben il^m nnb polterte 
iti faljburgtfd^em üDialeft über bie bat)rtfd)en ©^ulreformen, beren 
ttxl^ebcr er gerabejn Sutl^eraner nannte. üDarüber fing ®(|nbart 
Breuer unb betoieö bem Söiönd^e feine 2il|orl^eit nnb öerfel^rte 
öigotterie anf lateinifd^ nad^ allen rl^etorifd^en fjignren. Etiam 
haereiicas! etiam haereticusl f^nanbte ber @egner nnb rfidtte 
im ^ßofttpagen fo grimmig l^in nnb l^er, ba§ ©d^nbart an^ftieg 
unb ü^m ^urief : „^n Ql^rer 9teIigion gel^öre id^ nid^t, ^err ^aftor! 
aber ju einer, öon totl6)tx ©ie nnb Qflire^gleid^en nod^ öieleiB jn 
lernen l^aben." S)er Pfaffe mad^te il^ eine gro^e g^anft nad^ 
nnb bonnerte ein gräglid^ei^ Slnatl^ema l^inter il^m brein. — SBol)in? 
feufäte ber nnn abttmaU g^Iüd^tige in bnmpfer JBetänbung öor 
fxä) l^in. SSorerft gingiS nad^ ÄngiSbnrg; l^ier trat er bei einem 
Siern)irte am 2ßül)lenberglein ab, ber ein weitläufiger SSerttjanbter 
öott il^m war. @r fd^rieb fogleid) an feine ®attin nad^ ©eii^lingen 
imb tl^at il^r feinen @ntf^In§ fnnb — nad^ ©todl)olm ju gelten, 
wo ®nftat) ber SDritte, nad^ beenbigter glüdtlidfier ?(uflöfung ber 
feine ^errfd^eranfprüd^e beengenben «riftofratie, fein SSoIf jufrieben 
unb blül^enb ju mad^en mit @mft bemül^t war. 

©ein aBirt^l^auiS war bie Verberge ber SBeberjunft, bie feit 
ben Reiten ber ^^gger ba<S jal)Ireid^fte unb angefel^enfte |)anbwerf 
in Äugi^burg war. @r ttieilte fid^ il)nen unb anberen SBürger^Ieuten 
mit, bie abenbg bal^in jum 93iere lamen, unb mad^te balb baiB 
größte «uffe^en unter ilinen. ©eine SBeJanntfd^aft breitete fid^ 
au«, man fuc^te ü)n in «ngiSburg feftjulialten; SBudti^änbler ©tage 
fam unb wünfd^te einen gangbaren Slrtifel für feinen ??erlag t)on 
il^m; bie einfame ©attin bat it)n in einem wel^mütigen ^Briefe, 
fie nid^t ganj ju Derlaffen, nid^t fo in bit SBeite ^inau^juirren, 
fonbcm in ber SWä^e ju bleiben : unb er blieb. @r bad)te juerft, 

^ a u f f , 6$ttl6att in feinem SeBen unb feinen SBerfen. 8 



114 VI. Augsburg. 

einen SRoman gu f^reiben (n)a]^rfd^e{nltd^ eine ®eniegefd)id^te, bcn 
Montan feineiS biiSl^erigen fiebeniS); aber bag toax, obgleid^ er ben 
aioman faft fd^on auiSgeboren im Äopf l^emmtrug, ju langweilig 
für il^n unb für ben SSerleger. ©ein S^uergeift, bcr nnr in 
momentanen ÄniBbrüd^en fid^ entlub, geriet anf bic ^Jbee, an 
ber ©teile eineiS ©d^mäbifd^en Qfonrnafe, ba« jenem ©efd^äft«* 
manne gefd^eitert tt)ar, tim SDentfd^e ©l^ronif ju fd^reiben. Über 
bie ©ntftel^ung, bie SEenbenj unb bie erften ©d^i(!fale biefe^» 
Slatteä, ba« t)om Qfa^r 1774 U^ 1777, unb bann nad^ jel^n^ 
jäliriger Unterbred^ung öon 1787 bii8 1791 öon i^m l^eraud* 
gegeben würbe unb ©d^nbartiS fiieblingSarbeit toax, laffen wir 
il^n felbft reben: „Qfd^ fing an mit aüer fd^ulbigen ffil^rfurd^t 
öor bem ^ublifum — benn i^ glaube ni^t, baj5 ein ©d^rift* 
fteller jemate el^rfurd^ti^öoHere Segriffe öon feinem ^ublifum ge* 
Iiabt l^at, ate id^ öon bem meinigen — bie erften Slätter ju 
fdireiben. SÄeine ?tbfid)t war erft auf «ugiSburg unb Sägern, 
bann auf alle öon mir bereitsten ®egenben, unb enblid^ auf ganj 
!SDeutfd^Ianb gerid^tet. S)er SBeifaff war weit größer, afe id^ 
unter ben Umftänben, in benen id^ fd^rieb, erwarten fonnte. S)er 
SSerlag ftieg üon |)unbert ju |)unberten, ungead^tet id^ felbft mit 
meiner Sl^ronil am wenigften jufrieben war. Qfd^ fd^rieb fie — 
ober üielmel^r btftierte fie im SBirtiSl^aufe, beim Sierfrug unb einer 
pfeife SEabaf, mit feinen ©ubfibien, ate meiner ©rfal^rung unb 
bem biiSd^en äßi| öerfe^en, womit mid^ ÜRutter SWatur befd^enft 
^atte. SBenn id) me^r SDhife gehabt ^ätte ober mid^ nid^t fo 
gerne in ^^^treuungen öerloren l^ätte, fo wäre id^ traun! fein 
übler ^citung^fd^reiber geworben. Qd^ ^atte geuer, wu^te wie 
bie SWenfdien ju greifen waren, wu^te meine SWutterfprad^e j« 
fdireiben, beffer afe man eiS in bafigen ©egenben gewol^nt war^ 
unb liatte nid)t feiten Slnwanblungen üon brittifd^er ober liffoö'fd^er 
fiaune. Aber ber 9JiangeI an Sluglieit, ber fid^ in meinem ganjeu 
fieben, fo wie in meinen ©d^riften äußerte, bie ungewöl^nlid^e 
greil^eit, bie id^ mir in einem Sanbe öoü ängftlid^en 3^^^9^ 
anmaßen wollte, fonnten meiner Sl^ronif feine lange !SDauer öer* 
fpred^en. %VLä) brad^te meine ©ituation unb |)eräen«ftellung fo 
auffaüenbe Ungleid^^eiten in bieiS Statt, bafe bie «usldnber 



VI. StuflJBurg* 115 

glaubten, x6) l^ätte jutDctIcn einen fel^r bürftigen ^anblanger. 
|)cute fd^icn mein fBlatt ein ®Iutftront, baiS näi^ftemal ein ©d^nce* 
i^ügel ju fein. 3lber i^ felbft n)ar fo. SDie ©d^rift ift bei^ 
Äntotö 85ilb im Steinen — fein treueiS ^orträt im polierten 
©tal^Ifno^jfe. S33enn ÄUiSfd^ttjeifungen ober l^eimlid^er ®ram meine 
S'ieröcn abgefpannt l^atten, fo fanfen bie ®ebanfen mattl^erjig 
unb fraftio«, wie 5ßfcile öom ungefpannten Sogen ju meinen 
JJüfeen nieber. 

D töie todS)x iff§, ba| ein ©d^riftfteüer ol^ne SEugenb unb 
Drbnung, ttjenn er au^ bie fd^önften Stnlagen I;at, faum etttjaö 
mel^r gctüinnen fann, atö ben erniebrigenben ©eufjer beg mit^ 
leibigen ^ublifumiB: ©^abe für ben SWann! 

Sein ®ett)erB fonnte für einen ÜRenfd^en, wie id^ war, ju 
einer Qdt, too bie ?ßriefter* unb g^ürftengemalt gegen jebej? fJreil^eitiS* 
gefül^I anbrauiSte, unb in einer ©tabt, bie unter aüen beutfd^en 
©täbten einen fo feurigen Sopf, mie ber meinige war, am wenigsten 
bulben fonnte, gefftl^rlid^er fein, aU baiS ®ewerb eineö 3^i^^9^*' 
fd^reiber«. 3Jor fjürften, aud^ wenn fie SBöfewid^ter finb, ben 
^ud^^fd^iwanj ftreid^en, fül^Ie ®alatäge, Qagben, Söhifterungen, 
icbe<^ gnäbige Äo^)fniden unb matte 3^^^^^ ^^^ ÜRenfd^engefül)te 
mit einer S)o^)peIjunge auiBtrompeten , jebem ^of^unbe einen 
Sfidling mad^en, ben 5ßarteigeift be^jenigcn ÖrteiS, wo man 
fd^reibt, nie beleibigen, ben Saffeel^äufem wa« jum fiad^en unb 
bcm ^öbel ma§ ju räfonnieren geben; — auf ber einen ©eite bie 
Parteien bei^ 5ßamaffui^ genau fennen unb ba eutweber im trägen 
®Ieid^gewid^t bleiben ober mutig mitfämpfen; — baiS waren 
®efc|e, bie für mid^ ju l^od^ unb runb waren unb für bie i($ 
Weber ®ebulb nod^ 0ugl^eit l^atte. ^ä) ftie| bal^er taufenbmal 
gegen fie an. üDal^er l^at aud^ bie Sl^rouif mir unb bem 3Ser* 
leger unermeparen SSerbru§ unb [enblid^ mir felber baiS ^rte 
©efängniö jugejogen, in bem id^ fo mand^eg ^a^x reid^e ©elegen*» 
f)dt l^atte, meine JEl^orl^eiten ju beweinen. 

35ic erften JBIätter würben in Slugi^burg gebrudt; ba id^ aber 
am ©d^Iuffe meiner ?(njeige fagte : „Unb nun werfe id^ mit jenem 
I)eutfd^en, aU er Sonbon »erlief, meinen ^ut in bie ^St)t unb 
fprcd^c: „D (Snglanb, öon beiner Saune unb fjreil^eit nur biefen 



116 VI. ^btgSburg« 

|)ut öoll!" fo ftanb ber bamalige, nun fcfigc SBürgcrmeijtcr t>on 
Ättl^n im ©cnat auf unb perortcrtc: „(5« f)ai fxö) ein SJagoBunb 
l^ereingef ^li^cn , ber begcl^rt für fein l^eillofc« S5Iatt einen ^ut 
t>oü englifd^er grci^cit: — SWid^t eine SWu^f^ale öoD fott et l^aben." 
Unb l^iemit n)urbe ber 35md in Augsburg nnterfagt unb ba^ 
S3Iatt bei SOBagner in Ulm gebrucft. 

3fnjtt)ifd^en eröffnete mir meine Sl^ronif ben Eintritt attcnt* 
lialben unb i^ n)urbe Balb fo befannt, baj5 ^nber auf ber ©traj^e 
mid^ ju nennen wußten. ?Cber eben biefe totitt SBefanntfd^aft mar 
ein l^unbertaugige« fiauem auf alle meine ®änge, SEritte, aBorte, 
©eberben, äßerle. Unb ba x6) fel^r unüorfid^tig war, fo gab id^ 
meinen Saurem unjäl^Iige JBIö^en, mid^ ju fto^en ober ju fangen." 

?luf eine eingel^enbe ^tif ber Sl^ronif um8 eingulaffen, ift 
^ier nod^ ni^t ber ^Ia|. SBir fönnen eS un^ aber nid^t üer^ 
fagen, au^ bem ©traujs'fd^en SOBerf (T, 297) bie bctreffenbe ©teile 
l^ier einjureil^en, bie einen toat)nn ©lanjpunft biefer im Äffge* 
meinen betrad^tet unjulänglid^en unb unöoUftänbigen SBiograpl^ie 
aniSmad^t. „SRit ber beutfd^en Sl^ronif, fagt ©trau§, ttjaren über 
©d^ubartö gangem fernere^ Seben bie äBürfel geworfen. Unb fie 
waren nid^t ungünftig gefallen, menn anber« bie ®al^I eine glüdt* 
lid^e l^ei^en barf, weld^e, neben bem, ba§ fie auf einen an fid^ 
ebeln nnb gemeinnü|igen JBenif fäüt, nod^ überbieg ben SEalenten 
unb Steigungen be« SOBäl^Ienben gemä§ ift. — 

SDa§ ber SBeruf be^ ;3ournaIiften ben Steigungen ©d^ubarti^ 
entf^)rad^, f)ai er felbft burd^ ben ®ifer bewiefen, mit weld^em er 
an bemfelben feftl^ielt, fo lange er nod^ in g^eil^eit war; bie 
®ile, mit ber er il^n wieber l^eröorfu^te, fo balb er feiner Sanbe 
lebig würbe; bie SSorliebe, mit ber er je länger je mel^r an 
feiner Sl^ronif wie an einem ©d^oPnbe §ing unb fie nod^ fter* 
benb feinem ©ol^n aU feine befte |)interlaffenfd^aft öermad^te. 
©djubart liatte j[e|t SBeibe§ fattfam öerfud^t: in einem ?(mt unb 
beruf log ju leben, unb beibei^ ^tte il^m in bie Sänge nid^t be* 
l^agt. SWid^t bloö fein läftigeö ©d^ulamt in ®ei<Slingen, fonbem 
audf) ba^ weit bequemere an ber Subwigöburger Orgel, war il^m 
balb jur Saft geworben, ^ebe^g ®efd)äft, baiS ©in^altung be* 
ftimmter ©tunben öon il^m forberte unb il^n unter SJorgefefetc 



VL 8Iug8Burg. 117 

jtcttte, tt)ar glcid^ fcl^r gegen feinen Xmh mä) Unabl^ängigfeit^ 
Töie gegen feinen ^ang jur Qfnbolenj : eine unüBewinblid^c ÄmW* 
fd^eu i&i)lt fiubwig ©d^ubart unter ben ©runbjügen im Sliarafter 
feine« SSatet« auf. ^oä) aud^ ba§ abenteuembe Seben Dom 
©lüde bei^ Äugenblidt« l^atte er fatt, feit er bie ©rniebrigungen 
unb ©cfal^ren fenncn gelernt l^atte, bie eä mit fid^ fül^rt. "ämU 
loi^ unb frei, babei bo(| nid^t ate Abenteurer, fonbem mit fidlerem 
ÄttSfommen leben gu fönnen — biefeg Problem n^ar hnx^ bie 
ei^ronif gelöjSt: wäl^renb fie il^n jwei Vormittage in ber SBod^e 
befd^äftigte, warf fie il^m bei bem ungemeinen Seif all, ben fie 
fanb, eine öon Qfal^r ju ^df)x fteigenbe Slente ab. 

Slud^ für ©d^ubart« SEalent n)ar ber ®eban!e ber Sl^rontf 
ber glüdEIid^fte ^i^nb, ben er mad^en fonnte. SBaiS fein ®ol)n 
t)on 3^^f^ßtterung feiner Q^it unb graft burd^ biefelbe fagt, n)o* 
burd^ er fid^ an ber SluiSarbeitung eine« großen SunfttoerfeiS Der* 
^ittbert l^abe, tt^iü nid^ts bebeuten. Qnx Äu^fül^rung eineiJ 
gröfeeren SBerfä, baiS Qdt, SBel^arrlidifeit, ÜberblidE, roalirl^aft 
fünftlerifd^e« ©d^affen erforberte, l^atte ©d)ubart feine fjäl^igfeit. 
©eine SJhife ttjar bie ©timmung be« StugenblidE«; ba« SBirfen 
feines XaUnt^ ein l^aftige« SBIifeen, fein rul^igei^ Sendeten; ein 
Sieb in ber ^oefie, ein ;3oumaIartifeI, ein Äuffafe in ber 5ßrofa 
fein I)öd^fteg möglid^e« ^robuft. — (Sbenfo fel^r nemlid^, wie 
t)oetifd^, mar ©d^ubart« SEalent ein rl^etorifd^eiB. ©d^ubart 
ber ©ol^n l^at gang red^t — unb brandete fid^ l^ieju nid^t auf 
eine äu|erli^e älinlidifeit mit !SDanton ju berufen — ba§ fein 
SSater jum Siebner in ber VoIfiSöerfammlung geboren gewefen fei. 
Alte @rforbemiffe eine« f old^en : gefunber SJerftanb, frifd^er SDhitter* 
toi|, überreid^e ©inbilbungSf raft , feurige SBegeifterung, fd^nettc 
Sefonnenl^eit, ftrömenber SBortreid^tum, üoIfMmlid^e !SDeutIid^* 
feit, babei eine gewaltige unb bod^ biegfame ©timme, lebl^afte 
unb auiSbrndtSöotte ®eberbe — freilid^ l^ören mujste man il^n, 
um bie üolle ©ewalt feiner Siebe nid^t nur, fonbem biefer gangen 
t)ulfanifd^en Statur gu empfinben. Aber wo fonnte man i^n 
reben l)ören? SBeim 35Jein an ben SEafeln feiner ®önnerj weit 
beffer aber unb unbefangener am äBirtötifd^, wo bie ®äfte, wenn 
er bie ©d^leu^en feine« SWunbe« öffnete, ba« ©pred^en, Atmen, 



118 VI. Sluggburg- 

ja felbft baiB SErinfen öerga^en, um bann, wenn er geenbet l^atte, 
mit einem um fo lauteren ©türm be^ SBeifatt^ unb ber SSetonn^ 

berung l^eröorjubred^en. g^reilid^ SJerebf amf eit , n^eltUd^e 

Serebfamfeit war bamafe in ©eutfd^Ianb münblid^ im ®runbe 
gar nid^t aujubringen. SDafür fd^uf jid^ nun ©d^ubart in feiner 
Sl^ronil einen @rfa|: wöd^entlid^ jweimal — fo oft erfd^ien fein 
SBIatt — trat er öor einem größeren unb bebeutenberen ^ublifum 
aU ba^jenige, toää)t^ er aüabenblid) in münblid^er JRebe gu 
liaranguiren ^)flegte, fd^riftlidf) auf, erjäl^Ite waiS er üon ben lau* 
fenben SBeltl^änbeln, öon ©dE)Iad^ten unb ©iegen, öon ben SEl^aten 
ber S^ürften, ben ^uftänben ber Sauber unb SSöIIer in ©rfal^rung 
gebradE)t l^atte, berid^tete über bk neueften (Srfd^einungen in ^nft 
unb SBiffenfd^aft, ftod^t bann unb wann eine Slnelbote für^ |)er} 
ober für bai^ 3^^^^f^ö ein, lobte unb fdE)aIt, bewunberte unb 
fpottete, unb ri§ fo, wälirenb er fid^ felbft marm fprad^, aud^ bie 
Sefer mit fid^ fort. üDenn aud^ bag ift bejeid^nenb für ©d^ubart, 
ba§ er feine ß^ronil nid^t fdE)rieb, fonbem fpradf), b. f). biftierte, 
unb jtoar am liebften auf btm ©d^aupla|e feiner münblid^en 
SSoIföreben, im SBirtiSl^aufe, beim 8}ierfrug unb einer 5ßfeife 
2:abaf, o^ne anbre |)ilfgmittel ate fein ©ebäd^tnig unb feinen 
aOiutterwtl — mie er felbft in feiner SebeniSbefd^reibung un^ 
erjäl)It. üDaljer bie burd^auö rebnerifd^e unb fubjeftiöe Haltung ber 
Sl^ronif; bal;er ftel^t überaß in ii)x ber leibl^aftige ©d^ubart öor 
ung, unb eg fnüpft fid^ jwifdE)en 23erfaffer unb Sefer ein enge^ 
perfönIidE)eg SSerl^ältni^, wie wir e^ l^eutgutage bei Leitungen gar 
nid^t mel)r gewol^nt finb. 

©bei unb gemeinnüfeig aber war bie SOBirIfamfeit, bie fid^ 
©dE)ubart l^iemit gewäl^It l^atte, fowol an fid), aU in^befonbere 
in 93etradE)t ber QtiU unb Drtööerl^ältniffe. Die SEenbeuj feiner 
Slironif ift burdjweg bie el^renwertefte : in ßeben unb Sunft wirb 
gute ©itte, beutfd^e SDlannl^aftigfeit, SSaterlanb^Iiebe empfol^Ien; 
gegen ©ntartung, 23erweidE)Iid|uug, Stu^Iänberei geeifert; ?ßf äffen 
unb Ij^efuiten, üDümmlinge unb !J)ummmadE)er an ben oranger 
gefteßt, nid^t minber jebod^ 2Soltaire'fd|e g^iöolität unb feid^te 
?fufflärerei befämpft, unb auf gereinigte^, aber untjerwäfferte^, tin^ 
fad^eg, aber fräftige^ ßtirifteutum gebrungen, !Defpoti^mu§ unb 



VI. SÄUßJburg* 119 

fincd^töjinn^ fotüeit c« bie ^rc^öerl^ältniffe erlaubten, gejüd^tigt, 

bogegen ®to§]^eit unb gret^eit, wo fie fxä) ftnbet — in ©nglanb, 

in 3torbamerifa — mit Siebe unb SBewunberung l^erüorgel^oben. 

3n nod^ toeit l^etterem Sidjte jebod^ erfd^eint uni^ ba« SJerbienft 

bicfes J^oumafe, wenn wir Ort unb Qzit bebenfen, in weld^en 

t& ins Seben trat. 6tanb fd^on baiS ^)roteftantifd^e ©d^waben, 

tm geiftige, namentlid^ litterarifd^e SRegfamfeit betrifft, bantate 

|inter ©ad^fen unb ^reuj^en gurüdE, wie wir ©^ubart in feinen 

Sricfcn wieberl^olt l^aben Hagen l^ören : fo war öottcnbiS SBatjem 

unb bag fatl^olifd^e ©d^waben in jenen $$al^ren ein wal^reS Sanb 

©ebulon unb §yia^)l^tali, beffen SJoIf im ÜDunfel uub ©d^atten bei^ 

Jobeg fa§, unb bem jeber fleinfte Sidjtftral^I eine unfd^ä|bare 

JBo^It^at toar. 3Bie traurig t^, in golge be« öemadiläffigten 

Soßguntetrid^tS unb ber öerbummenben ?ßfaffenwirtfd^aft, in jenen 

©cgenben mit ber Sultur befteüt war, lann man am beften au« 

ben ©a^ncrifd^en ®efd^id^ten abnehmen, weldie eben in biefe 

3a^re fielen, unb auiS il^rer jal^Ireid^en ßitteratur, t)on weldier 

vm ©d^uBartä E^ronif unb bie SÖIg. SDeutfdie Sibliot^ef wenig«' 

ftens nod) SEitel unb SluiBjüge erl^alten l^aben. ©ie Barbarei ber 

SSorfteHungen, bie 3Serwal^rIofung ber ©^)rad^e, bie ^öbelliaftig* 

feit ber StuSbrüdCe in ben meiften biefer ©fartefen überfteigt aöe 

Scgriffc. |)ier war, au§er bem Qf^l^alt, fd^on ba^g formelle ein 

Scrbienft, mit einer ^citfi^rift aufjutreten, bie in gutem üDeutfd^, 

in gebilbeter ©prad^e gefd^rieben war — ein SSerbienft, weld^eg 

on ©d^ubartjg Stironif, tro| mandE)er SluSwüd^fe, felbft bie J8er* 

liner Äriftard^en anerfannten. Qu ber Sl^t, wenn ©d^ubart 

oxiä) nid^t ate ein Praeceptor Germaniae glänjt — unter ben 

Praeceptoribus Sueviae l^at er fid^ burd^ feine ffil^roni! eine el^ren^ 

öoHe ©teile erworben." — 

g^ürwal^r ein wo^Ibegriinbete« Urteil! ©ie abfd^ä|igen 
ätugerungen öon ©erüinuS, 9?. ^ru| unb anberen woüen wir, 
um ben 3wf^wmenl^ang ber ©rjäl^lung nii^t aüjufel^r ju unter* 
bred^en, fpäter bringen. !Dem norbbeutfd&en ^ru| ift insbefonbere 
ber Umftanb wiberlid^, ba§ ©d^ubart bie ©l^ronif in ber SBirt«* 
ftube btftierte; er ftnbet in il)m nur ben ?|Sl)rafenmad)er für bie 
))oIitifierenbe SBierbanf feiner Qtit unb meint, ©dE)ubart ^abe 



120 VI. fCugSburg. 

ctgcntlid^ ttut für bcn großen Raufen gcfd^ricbcn. Sl^ttlid^ föimtc 
man öon Sutl^er fagen, er l^abc fctncn f leinen Sated^t^muS im 
örunb nur für ben großen Raufen üerfajjt. SJon oben l^erab, 
uon unten l^erauf ju arbeiten — erfannte er gar frül^ ate beS 
^iä)tn^ — unb, bürfen tt)ir l^injufe|en — fpäter aud^ afe be§ 
^ubligiften ^ftid^t. @r ^t getl^an, toa^ er fonnte. g^ür ben 
S^l^ectifd^ ttjar ©d^ubart nid^t gefd^affen unb er ^ätte ba eine 
traurige SloHe gefpielt, n)iett)o]^I er fid^, tt)enn eiS not tl^at, aud^ 
in l^öi^eren Reifen ju bewegen öermod^te. g^reilid^ liegt in bem 
todtern Seben auf JBierbänfen unb SBeinftuben ein 3^^^^^^ ^^ 
benjlenigen, ben er einmal gepadEt l^at, feiten lieber loj^läjjt; aud^ 
©d^ubart öermod^te fid^ il^m nid|t mel^r ju entjiel^en. SlÜein aud^ 
Seffing gefiel fid^, tt)ie ©oetl^e fagt, ju Qciitn in einem jerftreuten 
ffielt* unb SSSirtgl^auj^Ieben ; ©d^ubart l^at fobann jebenfattö bem 
fübbeutfd^en SOBirt^l^au^befu^ unb SBirt^l^augöerfel^r burd^ bie 
SKad^t feines ©eifte^g unb ben ^^i^I^ci^ f^^^^ 9i^be einen l^öl^eren 
©d^wung unb ein ibealereiB ®e^)räge öerliel^en. SBaS ift poetifd^er, 
eine ^^i^i^^fl^^^^^^ 8^^ ^aufe ftumm unb ftiH jufammenfe|en 
ober fie in ©egenttjart tlnberer, im 35range beS ÄugenblidtS, nad^ 
ben ©ingebungen bei^ ®eifte§ in bie Öffentlid^f eit auSgel^en laffen? 
SBenn er babei f8ac^u§ unb ©ambrinu« @abe ate „fanfte golter 
bei^ ®eifteg" (§or. Db. III, 21) benu|te, fo ift baä, fofem er 
babei baS rid^tige S0ia§ nid^t überfd^ritt, feine ©ad^e. 

„Unüorfid^tig" war ©d^ubart freili(^, unüorfid^tig in feinem 
fieben, unöorfid^tig in feinen tulerungen. SBie fein SebenSiüanbel 
in Augsburg befd)affen war, barüber lägt er fid^ in feiner fiebenS* 
befd^reibung nid^t genauer aus, unb bie epiftolifd^e Quelle, bie 
feit ber SJerbannung aus bem |)erjogtum ganj öerfiegt war, fliegt 
fo fdfjwad^, ba| wir öon bem ganjen Qal^r, baS ©d^ubart in 
Augsburg »erlebte, nur einen SBrief l^aben, an feinen ©d^woger 
SS&df) t)om 17. ©eptember 1774, aus weld^em iä) ben ©d^Iu§ 
anfül^re: „^^ lebe l^ier — größtenteils in pl^ilofopl^ifd^er ©tille — 
fd^reibe, lefe, Kaviere, fel^' Äunftwerfe, effe wenig, trinfe mel^r; 
i)dbt einen einzigen SlodE unb brei |)embber; jweifte, weine, lad^e, 
lebe oft gerne, ftamt)fe aber öfters ben SJoben, ba§ er fi^ nid^t 
mir jum ©rd&e öffnet — bort, bort möd^t' id^ fd^lafen, wo mein 



VI. mtg&fmxQ. 121 

SJatcr liegt." üDicfc ©cltcnl^ett feiner »riefe erflärt ©trau§ mit 
Siedet jum Seil au^ bem ®runb, ba§ ©d^ubart j[e|t tüeniger ate 
je ju Hagen l^atte — unb, bürfen u)ir tt)ol)I J^injuffigen, aud^ 
baraug, ba| anbete Scute weniger begrünbete Slagen über il^n 
vorbringen fonntcn, ate frül^er. Um jebod^ auf feine Untjorfi^tig* 
feit jurüdjufommen, fo l^at ber, ber mit bem ©trom fd&wimmt, 
fid^ mit feinen tlnftd^ten ntd^t über bie ÜJlenge erl^ebt ober ni^t fo 
kd ift, fie augjufpred^en, Ietd|t öorftd^tig ju fein, ßi^em ÜRann, 
»ie ©(^ubart, ber berften ober pd^ mitteilen mujste, nnb, felbft 
arglog, aud^ bei anbem nid^tj^ Ärgeö vermutete, toax eine foldie 
SSorfid^t unmöglid). üDaj^ JEugenben unb fjeljler einanber oft jum 
SSerwed^feln ä^nlid^ feigen unb t§ in ötelen fjäüen fdE)ttjer ift, bie 
©renslinie ju jiel^en, jeigt ©dE)ubart ganj auffattenb. ©ein Un* 
glüdf war, ba§ er mit ©d^wärmerg ©ruft, o^ne ben nie ettoa^ 
@roJ5e3 au^gefül^rt wirb, nid^t be^ SBeltmanng SBlidf öerbanb. 

3Son feinem Sanbömann ©dE)iHer war eö offenbar fel^r öor^» 
jld^tig, ba| er im 5ßrogramm ju ben ^oren, ba» gewiß ©d^ubart^ 
Seif all nid)t gefunben l^ätte, bie ®egenftänbe ber^olitif unbSReligion 
öon ber SBefpre^ung au§fd)Io|, unb ©dritter lebte in bem auf« 
geflärten 2:i^üringen, wäl^renb ©dE)ubart in bem unaufgeflärten 
©djwaben, umlauert öon Slufpaffem unb ?(ngebem, feine Sl^ronif 
erfd^einen ließ. !SDie ©träfe blieb bei ©dritter nid^t au^ ; bie |)oren 
ftarben nad^ ein paar ^fci^^en an Sfla6)la^ ber 5ßatur, bie Sl^roniE 
wu^g unb gebiel^, fo lange fid^ ©d^ubart il^r wibmen burfte. 

gür biejenigen, weld^e meine l^iftorifd^*!ritifdE)e Stu^gabe öon 
©d^ubartö ©ebid^ten nid^t l^aben, fül^re id^ au« berfelben ba« 
©ebid^t an SI|rono§ an, mit bem er am 31. ÜRai 1774 feine 
3eitung (eigentlid) aJKttelbing jwifdien 3^ihi^ ^^^ S^i^^^W 
eröffnete. 

SSßie fd^neH, o (S^^ronod, roHet bein SBagen, 
^on ftünnenben SBinben getragen, 

^md) bein toetteS ©ebietl 
(&9 raffeln unb bonnern bie Sfläber 
Xmä) ben tueid^enben ^et^er, 

3)a6 bie ^^e glü^t. 



122 VL StugSburg* 

Qoä^ ftcl&ft bu mit l&errf^cnbcm fbMt, 
^aS ©anbglaS in ber $anb; 
®itt ©turmtoinb treibt bcin ©ctoonb 
Unb bein ^auptbaar tuie SBoIIen gurütfe« 
Äönigrcid&c fallen, toenn bein 3eptcr toinft, 
Unb bog fjelfcnbaug beS Xt^xamtn finft. 
Unter beinern SBagen toinfen SBiegen, 
2Bo mit morgenrötlid^en S^gen 
künftige (Sefd^Icd^tcr liegen* 

2lber aud) ber ©erg be8 Xobeg ragt 

^06) tmipox — too mit öcrtoilberter ©ebarbe 

Sluf loggefd^onfeltcr (§rbe 

S)ie SßertDcfung — a(3&! an 9Jicnf(3&en!no(3&en nogt. 

Oft erfauft ber 91o^tocIt bcffcrc ©cf^Iedftter 

S)cr Seiten aufgcfd^toollncr fjlufe — 

Unb es l^eulen beine S^öd^ter, 

©rauer ^rd^ipelaguS. 

©orten an ber gelfentoanb 
SRingt ein ®rei8 lie toelfc $anb 
Sluf bem naiven ®rabe« 
3flö(3&elnb fenfgt er onf: S^ f)aht, 
(Sl^ronoS, beinen SBert berfonnt —- 
Unb ber golbnen ©tunbe ®aht 
Std^I entfefelid^ angetoanbt» 

Unb ein Tlab^en, auiSgetoeint unb l^ager, 
SBälgt um ailittemod^t fid^ auf il^rem ßager, 
Sammernb, ba6 ein S3öfelDid&t fie betrog 
Unb ibr ©(3&u^gcift, Unfd^ulb, il^r entflog* 
2)er SBeife, ber in fdHer S^ad^t, 
S5om aJionb befd^eint, am (Sitter toad^t 

$ört, (5brono8, beinen SBagen rotten — . 

S)ann gdl^It er jeben SlugenblidC 

Unb !ebrt mit feuerbottem SSIidC 

3ur 2^ugenb unb gur Sß^id^t gurüdC* 
Unb bu — bu lifpelft ibm ben biminetüotten, 
S)en großen 2^roft ins Df)xi 
$eil bem, ber feinen 2^ag öerlor* 

SDaju bie SBemerfung: „SOiit biejen ©mpfinbungcn fünbigc 
td^ meinen ßefern unter bem befd^eibenen Sattel einer ffil^ronif ein 



VI. SlugSBurg. 123 

neue« SBod^enblatt an, tüdd^CiS naä) bcr Zeitfolge bie n)id)ttgft€n 
})oIitifd^ctt wnb litterarifdicn SBcgcbenl^eiteti cntlialten fott." 

Qiti grcücm Äbftic^ gegen feine ^fttbolenj in ÜRünd^en ent* 
»idtelte ©d^ubart ju Slug^burg eine ungemeine 2:i)ätigfeit unb 
fül^Ue, je mel^r er fid) ber Drbnung unb allgemeinen SBraud^bar* 
feit näl^cxte, wieber ein ?(naIogon öon Slul^e feinet ^ergen^. ®r 
gab Sektionen auf bem gortepiano, fpielte auf Drgeln, Q^Iügeln 
unb Älat)ieren aüentl^alben mit SBeifaH, l^ielt SSorlefungen über 
bie fd^öncn SBiffeufd^aften unb fünfte, l^atte geleierte unb Mnftler^ 
öerfammlungen in feinem ^aufe, erl^ielt fid^ in ber ßitteratur auf 
bem fiaufenben, bilbete feinen ^nftfinn immer mel^r au§, gab 
unb nal^m S8efud)e, fd^rieb SSorreben, ©inleitungen ju anbern SBerlen, 
©elegenl^eitiB* unb anbere ®ebid)te, öon benen bie beutfd^e ßl^ronif 
eine äietnlid^c anjal)! entl)ielt. (SSgl. SRecIam ©. 185, 187, 188, 
190, 195, 196, 197, 198, 199, 214, 343, 387, 399, 400, 411, 
413, 446, 452, 478, 486, 487.) Unter biefen ®ebid)ten ift ba« 
SWärd^en (SRecIam ®. 343) befonberiS ju ermäl^nen, n)eil e<S balb 
nad^ bem ^gang beiB ÜDid^teriB auf änftiften ber Pfaffen auf 
offenem Söiarfte verbrannt ttjurbe. 

SDie S0iufif trat ju feinem eigenen SBeften in ben ^itttergrunb 
feiner SBeftrebungen unb fein ^auptt»erbienft unb feine ^aupt* 
befd^äftigung beftanb in ber beutfdien ßl^ronif unb in ben Sefe* 
ftimben, bie er in ?ßriDat§äufem unb öffentlid^en ©älen anfteüte 
unb tüoburd^ er eine merflid^e Umn^äljung im ®efd)made öer* 
anlaste. @r lag juerft bie neueften ©tüdCe t)on ®oetl)e, Senj, 
Scifewil unb bie ®ebid)te aui^ ben ÜJiüfenalmanad^en mit einge*= 
Ureutcn ©rflärungen öor. 35a er großen 93eifaH ertjielt, fo trat 
er ate SlopftodCg JRliapfobe auf uub ber ©rfolg ttjar über feine 
ffirttjartung gro|. SDiit jebem neuen ©efange öermel^rten fid^ feine 
3ul)örer; ber SWeffiag ttjurbe reigenb aufgefauft; man fa§ in 
feierlid^er ©titte um feinen Sefeftul^I l)er; man fd^auerte, weinte, 
ftaunte. SJatl^oIifen unb ßutlieraner, @ble unb Uneble, ÜJiänner 
unb SBöeiber f^tt)ärmten für SlopftodC; man mieberl^olte ben ab* 
gelefenen ®efang ju ^aufe, fragte ©^ubart über fd^tüere ©teilen 
unb füllte n{d)t feiten hk Kraft öon SIopftodEs ©eniuS. Unb 
nun giebt ©d)ubart eine Sliarafteriftil ber ÜJieffiabe, bie jum 



124 VI. STugSburg» 

SSeftcn gel^ört, wag über bicfen ©egcnftanb gcfd^ricben »orbcn tft 
5ßad^ ©ttau§ fotttc man glauben, er fei jeitleben^ ein IritiKofer, 
bitnber SBetounberer, ja ?(nbeter tlopftodEö gemefen. ÜDa^ bem 
nid^t fo tft, l^aben toix fd^on a\i§ einigen 5ßroben gefeiten, ©d^ubart 
ift fic^ in feinem Urteil über Slopftod nid^t gleid^ geblieben. ®n* 
mal, in ber 3Sorrebe ju SlopftodEö fleinen ©d^riften, jenem SBerf, 
bag auiB ber Subttjig^bnrger Qtit ftammt (bei ©d^eible 6, 36 ff.), 
ftettt er il^n no(^ über |)omer, ©l^afefpeare, 35 ante unb SDWlton; 
in 3Wünd|en finbet er, ba§ mir nod) feinen üDid^ter ^aben, ber bic 
Station fo attgen^altig gepadCt l)ätte, ttjie |)omer bie ®ried^cn 
(©d^eible 1, 189); biefelbe SBemerfung mad^t er in bem geiftreid^cn 
Sluffa|: „Sritifd^e ©fala ber öorjüglid^ften beutfd^en 35id^ter" 
(©d^eible 6, 132 ff.), ber 1790 in ^offeltö 3(rd)iü für ältere, 
öorjüglid^ beutfdE)e (äefd^id^te, IL SSänbdien, erfd^ien. „^ätte fid^ 
ßntl^er ganj auf hk ÜDid^tung gelegt, fo Ratten mir fd^on längft 
unfern |)omer," ^ei^t eg ia, @r nennt aber aud^ fel^r beftimmt 
bie poetifdE)en 3Wängel glopftodt^, unb menn ©trau§ in ber erften 
SJeilage ju bem trepd^en S(uffa| über SlopftodCs ^fugenbgefd^id^te 
(gleine ©d^riften; 5Weue fjolge ©. 217) bemerft, ber tern jeber 
tüdE)tigen ^Beurteilung ber 3Jieffiabe t)on Berber unb ©dritter bi§ 
auf @ert)inug unb SJifd^er fei neben bem JCabel beö tramSjenbenten 
©egenftanbö unb feiner bogmatifd^en SBel^anblung ber ©a| ge*= 
wefen, ba| baö ®ebid^t ftatt beö epifd^en ötelmel^r einen Itirifd^en 
e^arafter trage, fo ^tte er in biefer ©efettfd^aft neben ^erber 
red^t mol^l aud) ©d^ubart nennen bürfen, ber in htm genannten 
2tuffa| bebauert, ba| fid^ SlopftodEö ®enie öon ber 35ogmatif, oft 
felbft t)on ben ängftlid^en Siegeln ber ®rammatif feffeln liefe, 
inbem er fid) oft unter gried)ifd|e unb lateinifd^e formen, bic 
unfrer ©prad^e fo fremb feien, gefd^miegt l^abe. Sluö 8lnla§ 
feiner 3Sorlefungen in ÄugiSburg bemerft er l^öd^ft treffenb: „©o 
fd^ön bie ®efänge unb Sieben ber ßngel unb ber geftorbenen 
^eiligen ftnb, fo erwartet ber ^ul^örer bod^ el^er eine malerifd^e 
©dE)ilberung ber ^inauöfül^rung bt§ SÄeffiag jum SEobe, unb bie 
®efänge glitfd^en beinafie wirfungöloj^ am fiergen ab. 35ie aJief jiabe 
ift eine ^t)ramibe, unten breit unb fid)tbar, in ber aJHttc üon 
®ett)ölf umfloffen, unb oben, wo fie fid^ jufpi^t, nur nod^ burdj 



VL STuggButg. 125 

ein fünftIid^C)8 ©cl^rol^r fid^tbar." SBenn irgenb jemanb, fo war 
©ci^ubart, ber afe Slopftod^ njanbember 8il^a:pfobe bic a33tr== 
fungctt bcr SWcffiabc, tüte er fclbft jagt, au« einer 28 jäl^rigen @r* 
fol^ng an fid^ unb anbem fannte, bere^tigt, ein Urteil über baö 
SBcrf ju fällen. 35a§ aber Älo^ftodt hzi aüen feinen g^e^Iem 
in ©d^ubartö ?(ugen ber erfte bentfdie !Did^ter ttjar, n^er wollte 
il^m bieg öerübeln ? 35Jnrgelte bod^ biefe Ucberjeugnng in Qngenb«^ 
einbrüden nnb ftral^Ite bod), fo lange ©d^nbart lebte, ®oetl^eS 
unb <Sd)xUtx§ üDoppelgeftim nod^ lange nid^t in öottem ©lanje. 
Uebrigeng l^atte in ©tunben genaueren fritifd^en SWad^benfeniS 
SIo:pftodE bei ©d^ubart gefäl^rlid^e 5Webenbul^Ier. ^n ber genannt 
tcn ©fala fteüt er ö erfd^iebene beutfd^e ÜDiditer nad^ ben ®efid^t§^ 
»)unftett be)8 ®eniuö, ber Urteifefd^ärfe, ber Sitteraturfenntni^, ber 
SConfüIIe ober SSerfififation, ber ©prad^e, ber Popularität, bcr 
Saune, beiS äßi|eg unb ber ®ebäd^tnigfraft jufamnten unb wirft 
für jeben bei jeber einjelnen ?tbteilung eine beftimmte Qa^l au«. 
gäi^It man nun, waiS ©d^ubart unterlaffen l^at, bie einzelnen 
3al^Ien gufamnten, fo belontmt SIopftodE, ber obenanftel^t, bie ®e* 
fammtja^I 153, SOBielanb 161, Seffing 155, ©oct^e 153, ©c^iüer 
147, SBürger 152, fjri| ©tolberg 140. ^6) bin weit entfernt, 
bie aWd^tigfeit biefer ©fala p be^upten, aber lefeniSwert ift ber 
auffal in l^ol^eni ®rabe. ÜDad Urteil über Bürger unb gri^ 
©tolberg ift freilid) einfeitig unb il^re ^ufammenftellung mit Seffing, 
©dritter unb ®oet^e ift auffattenb, begreift fid(i aber leidet burd^ 
bie ©rwägung, ba| ©d^ubart feinem ®eift unb SJBefen nad^ ein 
Sruber jener Scanner, ein öerfprengteg ®Iieb bt^ |)ainbunbej^ 
tüar unb fo unbewußt in i^nen fid^ felbft tajiert ^at. — 

©d^ubart tabelt in bem gebadeten «uffa|, ba| tlopftodEi^ 
SBerfe au« ben genannten ®rünben nid^t populär werben fönnen. 
SBa« gefd^el^en fonnte, um SIopftodE populär ju mad^en, ha^ ^at 
Sdiubart getl^an. SBie er ben üDid^ter beflamierte, fd^ilbert fein 
©ol^n: „®« war, aU l|ätte man ben SWeffia« nie gelefen, wenn 
man il^n beflamieren l^örte. 5ßid|tg blieb unbeutlid^, aüe S)unft 
bciS S)i(^terjS üerfd^wanb j unb man fal^ nur bic gigantifd^en Silber 
feiner ©inbilbung^fraft leben, fid^ näl^er unb nül^er bewegen, 
^anbeln, unb l^örte fie SBorte cinciS l|öl^ern ßcben« reben. SDaiS 



126 VL SlugSburg- 

gro^c ®rauent)otte unb ®räpd^e gelang ü)m, töte in feinen 
eigenen ©ebid^ten, fo aud^ in ber üDeflamation am beftcn, nnb 
ttjenn er in feiner ed^ten Stimmung eine Siebe Stbrameled^g ober 
einen Äuffd^rei ÄbBabonnaS um SJemid^tung l^erfagte, fo fal^ man 
überall ®ntfe|en in ben ©efid^tern ber |)örer." ®r toax ein gc* 
borner Siebner unb ün geborner üDeflamator unb SJorlefer. SBic 
l^ätte er ein guter üDeflamator fein fönnen, menn er ein geringer 
Äritifer gen^efen n)äre? 35a^ |)aupterforberniiB für einen ^tifcr 
ift aber, ba§ er feinen ©diriftftetter üerftel)t unb in feinen ®eift 
eingebrungen ift. „©eine ?lrt ju beflamieren/' fäl^rt fein ©ol^n 
fort, „mar nid^t Sunft, fonbern lautere, n)arme, burd^ Übung öcr* 
ftärfte 5ßatur. @in ttjo^lgebauter Körper, leidfite, ungejmungenc 
SJemegung, eine ftarfe, üon 3!i^9^w^ ^^ i^^^^ ®efang au^gebilbetc 
©timme, au§erorbentIid^e§ ©ebäd^tniö, tiefet ©tubium unb (Sin^ 
bringen in ben ®eift feinet üDid^ter^, üerbunben mit bem jarteften 
©efül^l unb feinem eigenen fjeuer, ttjaren bie SWittel, tooburd^ 
feine üDeflamation fo ^inreigenb würbe. @r ging eine S^^^^^ft 
bamit um, biefe ^unft, toeld^e ben ®ried^en fo geläufig mar,, 
ttjieber l^erguftetten, fann barauf , SWoten für fie ju erfinben 
unb gab in ben älteren ;3^^^9ätigen ber S^ronif einige ?ßroben 
baöon." ^n feiner fieben^befi^reibung (1, 241) giebt ©d^ubart 
tlnmeifung, wie ber ©dE)Iu| beö 16. ®efange§ ber 3Jieffiabe ju 
beflamieren fein bürfte. ^ier äußert er felbft: „®äbe eö Sloten 
für bie üDeflamation, fo ttJoHte id^ mid^ nod^ beutlid^er über biefeö 
SEl^ema au^brüdfen. Aber e§ giebt leiber leine, unb e§ märe bod^ 
möglid^, fie ju finben." @r ift aud) auf biefem ©ebiete feiner 
3eit öoraujggeeilt unb ber SJorgänger j. S5. eine^ ^atte^fe ge^ 
morben, ber als üDeflamator äl^nlid^e ©rfolge erhielt unb in feiner 
„^nft beS Vortrags" äl^nlid^e ©ebanfcn auSgefprod^en l^at, mic 
©d^ubart, natürlid) ol^ne biefen mit einer ©ilbe ju ermäl^nen. — 
©d^ubart, ber geborene üDid^ter, Mebner, üDeflamator, SJhtfifer 
unb ^ritifer ad^tete audf) hd anbem SJienfd^en, um einen üRa|^ 
ftab für il^re ^Beurteilung ju befommen, t)or allem auf ©timme, 
SluSfprad^e, SSortrag. Site er in ber @infam!eit feinet SerferiJ 
SJienfd^en l^örte, ol^ne fie ju feigen, mar bieg fein erfter, liebfter 
3eitt)ertreib, unb eS ift il^m bei mand^en gelungen, „©o mie fid^ 



VI. Slußgburg* 127 

\>a& Älter, fagt et, na^ feinen öerfd^icbenen ©tufen in ber ©tinimc 
be3 STOenf^en abbilbet, fo giebt ber SJienfd^ anä) nx6)t feiten ben 
Jon feiner inneren gä^iöfeiten unb ^erjenöftimmungen an. Älar* 
^eit nnb ÜDumpfl^eit, JEicfe unb |)öl^e, üDide unb SDünne, l^eller unb 
finfterer 2:on, ©d^neHigfeit unb SErägl^eit, ©inHang unb Xonttjed^fel, 
l^ol^er flingenber üDiiSfant unb tiefer tragifd^er S5a§, mit einem 
©ort: ber ganje Umfang beg SEone^S Dom erften faum l^örbaren 
Saut an hx^ jum ©daläge beö l^allenben 35onnerS l^at feine Be*« 
jiimmte 35eutung, unb ber SUlann toixb nod^ fommen, ber mit bem 
Dl^re faft ebenfo fidler, aU Saöater unb nod^ fd^ärfere ^i^tjfiog«» 
nomen mit bem Äuge über ben Sliarafter be^ SIÄenfd^en ju ur* 
teilen fä^ig ift." — 

©d^ubart l^atte in SlugiSburg öiele würbige SWänner ju gteunben. 
3Kerten)8, ber SReftor bed ©tjmnafiumg unb fjreunb beö ^^ilologen 
SRei^Ie, für ben er bie l^anbfdiriftlid^en ©d^äfee ber Äug^burger 
SJibliotl^ef öerglid^, ber trefflid^e Orgelbauer unb 2:on!ünftIer ©tein, 
ber gro§e ÜRed^anifer JBranber, ber ^atrijier ^aul üon ©tetten, 
ber burd^ ©d)rift unb SBort eifrig für ben fj^lor feiner SJaterftabt 
»irfte, wibmeten il^m il^re SEeilnal^me aui^ bem ®runbe ber ©eele. 
©eine öielfeitig nüfelid^en SBemül^ungen fid^erten il^m ein reid^Iid^e^ 
«uSfommen, unb er l^atte ben SCroft, feine gamilie wieber nad^* 
brüdtlid^ unterftüfeen ju fönnen. — Aber aud^ in SlugiBburg txxoit& 
fxä) ©d^ubart afe problematifd^e Statur; aud^ l^ier foöte er feine 
bleibenbe ©tfttte ftnben. Qfn Slngj^burg l^atten bie fiutl^eraner in 
gciftiger unb fittlid^er, bie Satl^olifen in ^)oIitifd)er ©infid^t ben 
SSorrang, fo ba§ ©d^ubart propl^egeien ju bürfen glaubte: „Qfm 
ncunjel^nten Qfal^rl^unbert ift öielleid^t ganj ÄugiSburg fatl^olifd)." 
$ater SWerj, 35omprebiger in Augsburg, unb anbere tl^aten baö 
möglid^fte, um burd^ Sontroöeröprebigten, bie öon ^offen, Qoitti 
unb Säfterungen wimmelten, ben ^6bd gegen bie Sutl^eraner auf* 
jul^e|en. Unb nun Iie§ fid^'i^ ©d^ubart gleid^ anfangt beigel^en, ben 
gefallenen Qfefuiterorben anjugreifen, ber nic^ti^ weniger afe tot war. 
Der ÄU)8fprud^, ba§ ber Qfefuiterorben ber SBal^rl^eit mel^r gefd^abet 
ate genügt l^abe, unb fein öftere^ Sob ^lemeniS XIV. bewirkten, ba§ 
er im SWoöember 1774 üor bie beiben Sürgermeifter gelaben würbe; 
ipie eö fd^eint, gab er öor il^nen eine befriebigenbe SrHärung. 



128 ^- SlttgSBurg. 

aScnigc SBod^cu barauf begann feine gelobe mit ©amtier. 
3m Qol^rgang 1774, ben 12. ÜDejembcr fd^rieb er über ®a%nex: 
,,!Oer Pfarrer ©afener ju Slöfterle fä^rt fort, ben bummen ©d^tüa* 
benpöbel ju blenben. ©r l^eilt $ö(!er, tropfe, ©pilepfieen — nid^ 
burd^ Ärjtteien, fonbem bloS burd^ Stuflegen feiner ]^ol^eprieftcr«= 
lid^eu ^anb. ^rjlid^ l^at er ein l^errlid^e^ ^ud^ l^eraudgegeben^ 
tt)ie man bem 2:eufel wiberfte^en foH, wenn er in SÜienfd^en unb 
Käufern rumort. Unb ba giebt'S nod^ taufenb SDienfd^en um mid^ 
l^er, bie an biefe SWarr^eit glauben. — ^eiliger ©ofrate^, erbarme 
S)id^ meiner! SBann l^ören wir bod^ einmal auf, ©d^wabenftretd^ 
JU mad^en!" 35ie ©d^ärfe fold^er ärtifel war gu jener Qdt auf* 
fallenb unb ungel^euer genug, um eine furd^tbare Partei gegen 
ben Url^eber in unb außer Äugi^burg in bie SBaffen jU rufen. 
3)ie SÜiad^inationen ber ®egner, befonber^ bei^ obengenannten 
einfbtßreid^en ^ateriS SOterj, ben nad^ ©anganeQiS 2:obe bie ^rie 
felbft jum polemifd^en Slopffed^ter für il^r ©^ftem erforen l^tte, 
befd^rönften fid^ nid^t auf bie bitterften ausfälle in Straftaten unb 
^eitfd^riften; felbft bie perfönlid^e ©id^erl^eit ©d^ubartj^ warb 
emftlid^ gefä^rbet. SBol^Imeinenbe greunbe mußten i^n bei^ 9^ad^ti3 
begleiten, um i^n öor ben Anfällen ber ;3cf^itenfd^üler ju fd^ü^en, 
bie il^m an allen ©den auflauerten, ffir l^atte bamafe feinen 
©ol^n Subwig ate neunjäl^rigen Sinaben ju jid^ berufen, um il^n 
bajS SlugÄburger ®^mnafium befud^en ju laffen. Diefer fd^Iief 
mit i^m in einem Sette. !Die geinbe aber trieben il^re 335ut fo 
weit, baß fie SWad^tö gauftfteine burd^ bie genfter warfen, fo baß 
SSater unb ©ol^n genötigt würben, unter ber Settlabe ju über* 
nad^tcn, um ni^t tot geworfen ju werben, ©a inbeß felbft öer* 
ftänbige Sat^olifen bem 3Serfaffer ber K^roni! i^ren »eifaü nicftt 
öerfagten, fo füllte er fid^ aufgemuntert, nur befto eifriger fort* 
jufal^ren unb bem SKärttirerlofe ju trogen. Qegt brad^ ba^ Un* 
gewitter über i^n lo^. ©d^ubart faß eineiS Stbenb^ unter einem 
Sreife trauter unb bewährter greunbe. ffiin frember ©beimann 
befud^te il^n. ©r '\p\atc einige ^ß^antafien auf feinem ©teinfd^en 
Slaöier; SSertrauIid^feit unb ^eitere greunbfd^aft leud^tcte auf 
allen ©efid^tem. ^löfelid^ warb bag |)aug mit ©olbaten umftettt. 
©in Slbgeorbneter bei^ regierenben SürgermeifteriS lat^olifd^erfeit« 



VI. ^ugdBurg. 129 

(bcr SWagifttat tt)at toit btc ©tabt ^)arttättf(i^), trat in« 3itnmer 
irnb fünbtgte ©d^ubart ?trreft an. QnQltx^ mi)m man alte feine 
fd^riftKd^en ©ac^en l^inwcg, öcrfiegelte feine $abc unb wollte 
fogor ben «nioefenben bie Safd^en au^Sfud^en. üDer grembe fertigte 
eine fo unüerfd^ämte ^^nintung nad^ ®ebül^r ab, bie ©efellfd^aft 
jerftrcute fid^ nnb ©d^ubart blieb unter ben in« 3^^^^^ poftierten 
©olbaten allein; anbere bcwad^ten bie treppen unb bie $aui^= 
tl^fire; ber alte Auf Wärter ©d^ubart« warb pmliä^ eingegogen; 
in ber ©tabt verbreiteten fid^ bie abenteuerlid^ften ©erüd^te über 
bie Untl^aten, bie man beut Sl^roniften gur Saft legte. 

QfnbeiS ^tte bie ^)roteftantifd^e 5ßartei fid^ beö SJer^afteten 
t^ätig angenommen unb man gab il^m beg onbem SÜiorgeni^ feine 
fjreil^eit micber; jebod^ warb er burd^ eine fjlut öon 5ßöbel jum 
latl^olifd^en SBürgermeifter öon alldem gefäl)rt unb i^m bebeutet, 
bo§ er fogleid^ bie ©tabt ju öcriaffen l^abe. „Unb mein SSer* 
brcd^en, Qfl^r ®naben?" — „SSSir ^anbeln nid^t ol^ne Urfad^e, 
unb ba& mag ^^mn genug fein." 

Übrigem^ l^atte ber aWagiftrat in Äugi^burg eine fd^wicrige 
Stellung. 5Die genannten ©jjeffe bcr ^Jefuiteujöglinge mifebiffigte 
er cntf d^ieben ; anbrerf eitiS betrad^tete er ©d^ubart afö einen ©törer 
btö fottfeffionellen griebeng in einer ©tabt, wo bie SöuIIe über bie 
Jbifi^cöung beig örben^ erft am 10. aWai 1776 »erfünbet würbe. 
%vi^ war ©d^ubart im |)erbft 1774 ber fernere Stufentl^alt in ?tugj8* 
bürg öon btm SWagiftrat, ber fid^ nad^ il^m erlunbigt l^atte, nur 
unter ber JBebingung, ba§ er biiS @nbe beiS ^al^reö feine ©d^ulben 
ja^Ie unb bann wieber weiter gel^e, geftattet worben. ©d^ubart 
»oHte nämlid^ bamate bie SBo^nung bej8 SWotar^ ®. 333. 3apf 
bcjiel^en. Sl^renöolter afö au« aDWlnd^en war biegmal ©d^ubartg 
Kbjug öon ?tuggburg : unjäl^Iige greunbe unb ©d^üler waren bei 
feiner SlüdBel^r öom Söürgermeifter im |)aufe öerfammelt unb ht^ 
gleiteten il^n mit tl^ränenben äugen jum Xl^ore l^inauS, bamit er 
auf bem näd^ften ÜDorfe ben ^ßoftwagen abwarte. 35ag weite 
®efllbe lag öoü tiefen ©d^neeg (eg war im Qfanuar 1775), aber 
ber ©fer feiner ^Begleiter ging fo weit, bafe einer feiner ©dritter 
fogar ein Opfer begfelben würbe: er war i^m mit einer Stnjal^I 
glafd^en SBurgunber nad^gefal^ren, ber Sagen warb bei bem 

^auf f, Gd^ubaTt in feinem SeBen unb feinen SBeifen. 9 



130 VI. aug^burg« 

fd^Ud^ten äßege untgemorfen unb ber junge fiSlann bxaä) ben 
Ann. — 

SHj^ er mttcttotQß in ©finjburg in bie ©aftftubc eine« ©trts«' 
f)au\t^ trat, fanb er eine ©d^ar loo^fteleibtcr Pfaffen beim ©ier*^ 
fmg um einen ZV\^ ^crumfi^enb. &n& feiner legten SBIätter 
lag öor il^nen. SBilb brüüten fie untereinanber in i^rer raul^en 
3Jiunbart: „Qfe^t l^anb mer (l^aben tt)ir) ben ®algen!erl, ben 
©d^ubart! SBerben 'm tool^I b'^ung rauSfd^neiba unb ba Ääja 
(ben Se^cr) lebenbig öerbrenna. lOann fd^reib, $unb!" SKan 
!ann benfen, wie eiS ©d^ubart ju 50hite war, beffen ^l^^fiognomie 
bei fo öielen öon il^m umlaufenben ^ßorträten nid^t öerfannt loerben 
fonnte. (gr fammelte fid^ jebod^ balb, mifd^te fid^ unter bie Sär^ 
menben unb fd^impfte jel^nmal ärger ate fie auf fid^ felbft, fo ba§ 
fie feinen JRebeflufe balb mit Sobfprüd^en überl^äuften. 5Die SRad^t 
l^inburd^ l^atte er feinen treuen ^ubel*) jum ffiäd^ter, ben er auf 
feine SJruft legte. SDWt bem grauenben SWorgen jog er feine 
©traße weiter. (Sin preufeifd^er Dffijier, ber fd^on im ^ßoftwagen 
il^m SDiut jugefprod^en l^atte, gab il^m einen anbern SJiamen unb 
fo fam er fidler auf« Ulmifd^e ®ebiet. ©ein Begleiter tranf in 
Ulm, wo ©d^ubart bereites öon einigen guten greunben erwartet 
würbe, eine gl^f^^ Surgunber mit il^m. Köpfte i^m mit folba»» 
tifd^er JDerbl^eit auf bie ©d^ulter unb fagte beim äbfd^ieb : „$erre, 
finb ©ie man gut ^reu^ifd^, fo wirb ;j5]^nen fein 2:eufel wa^ t|un!" 

^m Slnfang beö Qfal^re^ 1775 ftnben wir ©d^ubart in Ulm. 
35er ©tabtammann $äft)el, ber Zan^patt feiner ^nber, ^atte 
gleid^ für feine Unterlunft mit tl^ätiger Ztilnai)mt geforgt. ^n^ 
be§ war ber erfte Aufenthalt am neuen Qn^vid)t§oxtt eine beftän^ 
bige ^Totenfeier, ©d^ubart^ SSater war geftorben, nod^ ba jener 
in ?tug§burg war. 5DaiS ©d^id^fal feinet ©o^neö, befonber« ba 
er geraume Qtit mä)t wußte, wo biefen fein Unftern l^erumtreibe, 
Iiatte fein |)erj getroffen. @r faßte neue |)offnung, ate er einige 



*) 3)em Xtcrfrcunb toirb bieg ntd^t glcid^gtltig fein* ®Ieid^c8 pa^t §u 
(Slcid^enu 3)cr ^ubcl ift bie feurtgftc, ongtncffftc unb gclc^rigfte ©unbc- 
raffe; guglctci^ toirb er aber öon anberen ©unbcn, in bencn ber 9'icib er- 
tüad^t, am meiften öerfolgt. Übcrl^aupt toar (Sd^ubart ein toarmer S^icr-, 
befonbcrg §unbefreunb unb bringt gern Slncfbotcn bon ©unben in ber S^ronif* 



VI. Ulm. 181 

Stattet bcr Kl^rontf ctl^tclt unb gab fid^ alle SBiül^e, i^r Sefer 
in feiner ©egenb ju öerfd^affen. Sin offener ©d^abe am fjufe, 
ber pläi^liö) öertrocfnete, erinnerte il^n an feinen Zob. ©ein Ie|* 
tcS SOSort »ar: „Kd^ $err ^t% öerlafe meinen Sl^riftian nid^t; 
tannft bu il^n ni^t im ©nten gett)innen, fo gewinne il^n bnrd^ 
ffilenb!" Äurj nad^ einanber ftarben fobann ber SJater bt^ ©tabt* 
ammann« ^äfl^el nnb biefer, ©d^nbartiS loadCerer SBefd^ü^er, felbft. 
ffiinen 2:roft gewftl^rte il^m nnter fold^en ©dalägen bie SBieber* 
ueteinigung mit feiner Familie. „^^ fn^r nad^ ©ei^Iingen/* 
erjäl^It er, „nm nad^ jmei Qfal^ren meine ©attin tt)ieber jn feigen. 
^i) trat in^ meland^olifd^e Qirmmt, mo fie fränfelnb am M]^«» 
pulte fa| unb SBünfd^e für meine SBol^Ifa^rt träumte. @ie ful^r 
auf, afe fie mid^ fal^, ftredEte bie öerlangenben Arme nad^ mir 
aug unb ücrftummte, bleid^ mie eine Seid^e." „5Da l^aft bu bei* 
ncn ^erumfd^toärmer!" fagte id^ nnb warf mid^ in ben ©effel. 
„D 'S ift gut, bafe bu nur ba bift!" erwiberte fie im järtKd^ften 
ton ber fiiebe. ©ie weinte unb id^ fa§ wie ein ©toci, gegen 
I)onner unb Wegen abgel^ärtet. — „SQBittft bn mit mir? fag'i8, 
ic^ bin nun in Ulm. !Oer ©türm l^at mid^ aud^ aus ?tugSburg 
gejagt. aaSaS id^ l^abe, ift bein!" — „O \a, id^ will mit bir, 
unb nur ber Sob folt uns jum jweitenmal fd^eiben." ©ie filierte 
meine ^nber l^erein. „Slun bürft il^r nimmer mit eures SSaterS 
Porträt r eben; ba ift er f eiber." — „O 5ßapa, ^ßapa!" gitterten 
mir bie Stimmen ber Unfd^ulb entgegen." — 

©0 feierte er, mit SSorfä^en beS fJriebenS unb ber SSerföl^n* 
Kc^teit, aud^ mit feinem ©d^miegerüater öerföl^nt, nad) Ulm ju* 
tiW unb mit ®rneuerung beS l^äuSlid^en 3^ftciubeS fd^ien aud^ 
rin milber er ®eift unter fein Dad^ eingebogen ju fein, ©eine 
®attin war anfangs IränfUd^: nad^ §erftetlung ber puSlid^en 
3ttftiebenl)eit erholte fie fid^ merflid^, als fie fid^ eine eigene 
So^nung mieteten unb bei ber genauen SBirtfc^aft ber grau 
jiemlid^ woljl fortfamen. ©d^ubart ^atte monatlid^ breifeig ®ul* 
bcu für feine ®I)roni!, bie feine 2^^ätigfeit wöd^entlid^ nur jwei* 
öial in änfprud^ nat|m; jebod^ war für anberweitigen SSerbienft 
meuigcr ©elcgenl^eit als in SlugSburg. ^m Ulmifd^en ^nteüi* 
gcujblatt 1775 unb 76 flnben fid^ mehrere Sluffäße unb ©ebid^te 



-*^^--4 



132 VI. mnu 

Don il^tn; tncl^rcrc bcr leiteten finb in meine l^iftorifd^*fritifd^e 
Ausgabe aufgenommen (SRecIam @. 243, 401, 413). 

33Sie glücflid^ ©d^ubart in bet SSSal^I Ulmi^ ju feinem «ufent* 
^Itöort war, fd^ilbert ©trauj3 in folgenben SBorten. „Ulm, feine 
Slefibenjftabt tote SubwigjSburg, baiS i^n Uo^ öerfül^rte, ol^ne il^m 
geiftigc ober ftttlid^e 5Äal^rung ju bieten; aber aud^ feine Älein== 
ftabt tt)ie ®eij8lingen, baö il^n beengte unb ^jre^tej feine paniSL- 
tifd^e ®ia\)i tt)ie ?lugi8burg, \\)o jiebeS freie SBSort gegen 5ßf äffen* 
unb ^efuitentt)efen ®efa]^r brad^te: fonbem eine Steid^öftabt, mit 
ben, obtool^I berettiS fd^tt)inbenben, SReften altbeutfd^er Äraft unb 
^teifinnS, tote feine |)etmat 3lalen, nur ungleid^ größer unb be* 
beutenber, alle SebeujJfreife weiter; eine eöangelifd^e ©tabt enblid^, 
il^m mitl^in ber ©runblage feine« religiöfen SBemufetf ein« , feinet 
geiftigen ©tanbpunfte« nad^ gleid^artig. JDaju nun burd^ bie 
©l^ronif, neben ber nod^ anbere Arbeiten in ^rofa unb ^ocfie 
l^ergingen (bie trcfflid^en ©ebid^te: ber Söauer in ber @mte, ber 
?trme, auf bie SKeffiabe, fjrofd^fritif u. a. finb au« biefer Qtit)^ 
oi)m 3lmt«iod^ eine gefid^erte ffijifteuj; ba« angenel^me ©effil^I 
ber Unabl^ängtgfeit unb wad^fenbe« Anfeilen, nid^t nur in ber 
Ktterarifd^en S33ett, fonbem in allen Greifen be« ^ßublifum«; jal^I^^ 
reid^e Söefud^e burd^retfenber Slotabttitäten, gleid^gefinnte fjreunbe 
am Orte felbft unb erneuerte« l^äu«Iid^e« &IM im ^^^f^wi^^W" 
leben mit feiner 5^au, bie nun ebenfo gelernt l^atte, il^m etwa« 
mel^r al« in ®ei«Iingen nad^jufe^en, mie er fid^ l^infort nie mel^r 
fo weit wie in ßubwig«burg fortreiten liefe." 

®ine pbfd^e ?lnefbote, bie ©traufe l^ier im 9lu«juge giebt, 
lautet in ber OueHe (Denfwilrbigfeiten au« meinem Scben unb 
au« meiner 3^it öon ©ottfrieb t)on ^al^I, f. württ. ^ßrälaten, 
STübingen 1840) alfo: „Sine mäd^tige ©rregung empfing biefer 
ÜDrang (ber 33rang, bie öon ©eüert, Seffmg unb |)atter t>tt' 
nommenen 2:öne wieber erflingen ju laffen) burd^ ba« Seifpiel, 
ba« mir mein ßanb«mann (^al^I war in äalen geboren), ber 
Siid^ter ©d^ubart, gab, ber bamal« burd^ fein glänjenbc« Sunft* 
talent unb burd^ bie (Genialität, bie Staft unb ba« geuer feiner 
poetifd^en ©rjeugniffe eine« weitverbreiteten 9hil^me« genofe unb 
beffen 9lame nid^t anber«, al« mit patriotifd^em ©tolje in meiner 



VI* Ulm* 138 

Satcrftabt genannt lourbc. SDian ctjä^Itc fid^ eine aWengc Kncf* 
boten üon bem SJhitwitten feineiS QfugenblebeniS ; man fonnte 
feine ungcbmdten ©ebtd^te aui^ btefer ßett aniSwenbig; man 
»ieber^olte lange ©teilen ani^ bcn ^ßrcbigten, burd^ bie er afe 
tanbibat bie ®emeinbe erbaut l^atte. ^6) war ettt)a neun ^Jal^re 
alt, ate xä) il^m, ba er bei ber ^o6)idt feine« SBruber«, b^& bor^^ 
tigen ©tabtfe^reiberö, loieber nad^ ?talen fam, ate ein ^abe 
öon guter |)offnung öorgeftcüt würbe. @r legte feine §anb auf 
meinen So^f unb fprad^ mit feiner ©tentorftimme : „®ottfrteb! 
werbe ein ganger Serl unb mad^e beiner SSaterftabt @l^re, wie — 
fc|te er mit feiner belannten ©itelfeit l^inju — wie id^!" !Dicfe 
SBorte toirften auf mid^, afe l^ätte fie ein ^eiliger gefprod^en; 
ber ©inbruci berfelben würbe aud^ nid^t gefd^wäd^t, afe ber ÜDid^ter 
unmittelbar barauf bag Seffing'fd^e ®ebid^t: „©eftern %über! 
fönnt xf)f§ glauben?" unter Süiufifbegleitung fang unb gräpd^e 
®rimaffen baju fd^nitt." — 

©^ubart felbft fagt, nie fei er auf feiner ffianberfd^aft i\u 
fricbencr unb rul^iger gewefen afe in Ulm. SBir bürfen mit 
Strauß aud^ fagen: nie beffer. @iS fragt fid^, bemerft ©trau& 
mit Siedet, ob er nid^t f^jäter, afe er öiel l^öl^er ju ftel^en meinte, 
icitenweife fd^led^ter, geringer gewefen tft. @r felbft geftel^t in 
jciner ßebeniSbef^reibung unb in feinen Briefen au^ biefer Qzxt, 
ba§ er bei JBacd^analien, bie öon ÜDurd^reifenben il^m ju S^ren 
angeftettt würben, feine ®efunb]^eit jerftört unb fid^ unfäl^ig ge* 
mad^t l^abe, feine S^roni! mit immer gleid^er Saune unb ©eifteö* 
gegenwart ju fd^reiben unb ba§ er öergeblid^ fid^ vorgenommen 
^abe, ba& ^oä) böfer ©ewol^nl^eiten abjufd^ütteln. Qu biefen 
böfen ©ewol^nl^eiten gel^örte atterbingö in erfter Sinie bie 2^run!* 
liebe. S)od^ fd^cint biefer 5ßun!t öon feinen fjeinben übertrieben 
ttJorben ju fein. 33Senigftenj8 fagt D. a. ©d^ulte^ in feiner 
^xoxdt öon Ulm: „@r arbeitete öiel unb tranf babei aud^ Diel, 
bodE) nid^t unmäßig. @r fonnte etwaiS ertragen." — „@r war 
Stammgaft, l^eißt eiS weiter, in einem ber erften ©aftl^öfe, im 
Saumftarf. $ier, aber aud^ in anberen SBirt^l^äufem ^ftegte er 
feine »»üDeutfd^c ©l^ronif" trinlenb unb m& einer meerfd^aumenen 
pfeife bam^fenb ju biltieren. ©ie erfd^ien jweimal in ber SBod^e 



134 VI. mtn. 

in Otiar), je einen l^albcn Sogen ftarf. SBeld^ ein ©egcnftücf 
gegen unfre ie^igen SBIätter!" Dbige tn^emng tnl^t anf gntcm 
®mnbe; benn bev ©to^öater beS ß^roniftcn, ©d^iffnteifter $^0- 
l^annei^ ®ä)\iltt§, Slatöl^en; nnb württembergifd^er ©tabtrat, 
geboren 1759, geftorben 1831, war bamafö im Qfttnglingj^alter. 
®anj anberS lantet freilid^, tt)ag in SBognerS ©efd^id^te, ber 
l^ol^en Sartefd^nle 1, 327 jn lefen ift. «IiS n&miiä) SBagner 1817 
für 45 ft. einen l^alben Simer S^ifd^toein feiner fjran Äoftgängerin, 
®6)uiaxt& S33ittt)e, eintl^at, öerfid^erte bicfe mit Saiden, bamit 
toäre il^r 3Rann in 14 2^agen fertig gett)orben. !Dieg mad^t anf 
ben SCag 5»/7 Süia^ = 22 (S(i)o\>ptn (11 Siter) SBein. Db ba 
bie gute fjrau nid^t anfgefd^nitten nnb einjelne StuSnal^men jur 
Siegel erl^oben l^at? — 

©eine fjran, bie fid^ Änfangi^ erlieft l^atte, tourbe, wie er 
in ^Briefen an feinen ©ruber ©tabtfd^reiber Ilagt, fd^on wenige 
aWonate nad^ feiner Überfieblung immer fränllid^er. „©ie ift 
nid^t lebenbig unb nid^t tot. @§ ift fo ein f)inbrüten, ©cufjen, 
klagen, S33einen, ba| eS ein Jammer ift, einen 3^^9^tt ^^^^i 
abgeben ju muffen." 5Äimmt man fold^e ©teilen unb bie Slage, 
er l^abe nur einen einzigen ©tamml^alter unb mit feiner fel^r 
franfen fjrau fei nid^tg mel^r ju mad^en (an feinen SBtfubcr — 
13. ;JJuIi 1775) mit einer anberen SörieffteHe , wo er fid^ feiner 
annod^ regen SJianneSfraft rttl^mt (in bem S5rief an feinen SBrubcr 
öom 13. april 1775), jufammen, fo liegt aüerbingiS bie 9Ser* 
mutung nal^e, ba§ er fid^, wie fid^ Strauß beftimmt au^brfidt, 
für ha^ Seben mit einer fränfeinben fjrau hd frifd^eren Sicijen 
fd^ablog gel^alten Ijabe. 

SSBie er fonft in Ulm lebte, fie^t man an^ bem ©rief an 
ben ©tabtfd^reiber öom 13. fjebruar 1775: „SReine Kl^ronif werb' 
id^ no(^ lange (wenn'§ bieiS bi^d^en Dbem erlaubt) fortfe^en. 
©d^on werben 1600 ©jcennjlare öerfd^Ioffen. !Da6 Ulmer i^ntel* 
ligenjblatt mad^ id^ aud^ — unb g^aftnad^töfd^ilbe — unb Än^ 
merfungen ju einem t^eologifd^en ©ud^e — unb einen 9ioman — 
unb übe mid^ l^igig im Silaöier — unb felie auf bie Donau 
l^inaug — fel^ ba ein SBöIfd^en au^ meiner pfeife in bie ßuft 
Jreifen — unb lad^e unb weine — mad^e Suftf^jrünge öor ^reuben 



VI. Ultn. 135 

unb flatnpfc wx Unmut bcn JBobcn. SBcId^c ^arlcfinabc." 5Da 
feigen mx xf)n ganj in bcr SReil^c bcr ©tfirmct unb üDrängcr, 
gonj im ©inne beö il^m toal^Iöerioanbtcn, aber öiel niebriger 
ftcl^cnbcn Sena, bcr btc SScrfc gcbtd^tet l^at: 

Sieben, l^affen, fürd^ten, gittern, 
hoffen, sagen bt8 tn8 Wlaxt, 
Sann ba8 ßeben ung öerbittem, 
Slber o^ne fie toaf g duarl" 

Unter ©d&ubartiS fjrcunben ift ber Srftc SDWIIcr, üon beut er 

in b^m ©ebicjit: Dcnimal in 2BingoIf« §alle (SRecIam ®. 80) 

rfi^mt: 

„2118 be8 $crgen8 ©türme jtd^ legten, 

$ob aWiUer mtd^ au8 bem fd^manfenben Äol&ne 

Unb umarmte mtd^ träufetnb am Ufer»'' 

@r ift baj? befanntc SÜHtglieb bt^ ®öttinger |)ainbuttbeg, 
SJerfaffcr bei^ ©igtt)art unb öicier Sieber, geboren in Ulm 1750, 
ftubiertc in ©öttingen Stl^eologie, feierte 1775 nad^ Ulm jurüc!, 
Toar ju ®ä)uhaxt^ Qtit ßel^rer am Ulmer ©^mnafium, ftarb 1814 
afe S)efan unb geiftlid^er SRat in Ulm. S8ei feiner Sl^arafteriftif 
in ber SebcnSbefd^reibung unb in ben ©riefen jeigt fid^ ©d^ubartö 
Steigung, anbere ju loei^ ju malen, auffallenb. S33ie er feinen 
tJreunb fd^ilbert, l^at er öiele ^üge mit ©d^ubart gemein, befonberiS 
bai^ biebermännifd^e, beutfd^tümlid^e, offenl^erjige SBefen. ®inigeö 
l^at ÜJHlIer öor ©d^ubart öorau^; bie öerfd^iebenartigften ©igen* 
fd^aften finb in il^m vereinigt, aber feiner gemifd^t, fd^attiert, öer* 
flößt, ©d^ubart felbft geftel^t, ba§ aWiller il^n öon mand^en auö* 
fd^toeifenben ©efellfd^aften jurüdtgejogen, i^m bie Urteile über 
SKand^ejg in ber Sl^ronif erleid^tert unb il^n oft jur 2:ugenb 
crmal^ttt l^abe. „©d^ubart, in l^aft feine ®runbfä|e, fagte SÄiller 
oft ju il^m, unb lannft beine ©fiftenj faum füllten, fie mag frol) 
ober traurig fein! SBerbe ein ei)rift, fo ift bir'ö tt)o^I. ^ä) tann 
auf mand^e ©inttjenbungen gegen ba^ Sl^riftentum nid^t antworten, 
aber id^ fül^Ie eö bod^ tief, ba§ ;JJefu§ mein |)err ift." üDie 
britte ober, menn tt)ir ben g^ranji^Ianer in SJülnd^en baju red^nen, 
bie öiertc SDial^nung biefer ärt. ©eine ftarfe ©innlid^feit gu 



186 ] VI. Ulöu 

bänbigen, öcrfud^te ©d^ubart öergcblid^. @r tröftctc fid^ bamit^ 
einem ®cnie muffe man tttoad nad^fel^en, unb 3^it P^ cigcttt^ 
lid^en ©effetung fei e« aud^ nod^ fpäter. — SKiöer |atte affcr^ 
btngiS bamafe, ate ©d^ubart in Ulm war, feine bcfte ^tit unb 
ftanb in ber Sölüte feiner firaft unb feinet SBirfenS. 33aj5 aber 
aud^ er eine JBeute »ed^felnber ©efül^Ie loar, ba| and^ bei il^m^ 
tt)ie bei anberen $ainbünblem, SBürger^ Slage über ftd^ 
felbft jutraf: „©efül^Ie fommen nnb gelten, wie ÜDiebe in ber 
Slad^t," fe^en wir an^ ©d^ubartiS SBorten: „@r (aRitter) ift fä^ig 
für feinen fjreunb ju bluten unb feinen SWebenbul^Ier ju ermorben.** 
©el^ört biefer ^^g aud^ ju ben ®runbfä|en beiS S^riftentum^ ? 
aBie fd^wad^ SDWtlerg fittlid^e ®runbfä|e waren, fielet man au^ 
bem Äuffag @rid^ ©d^mibtö: „2fu§ bem Siebe^Ieben be§ ©igtpart^ 
!J)id^ter^" (in SRobenbergiS beutfd^er 3hinbfd^au 1881, ©, 450 ff.). 
9lad^ biefer ©d^ilberung war er ein rationaliftifd^er Zi)toloQ, ate 
SBeltetrift unb Siebl^aber ein gleid^ oberfläd^Iid^er ©efeti, l^aftig 
jufal^renb unb bod^ wieber gaubemb, wenn t^ eine furje eieren* 
fefte 3Jiannei^rebc galt, beö ©ängelbanbe^ bebttrftig, fritillo«, ein 
unreifer ©ntpftnbungi^Hetnfrämer. Äfö er fpäter ©eiftlid^er murbe^ 
übtt er nad^ feinem eigenen ©eftönbniiS feinen JBeruf ol^ne ^reube ; 
er Ilagte über fein bunlleg, leeret Seben unb über feinen SWangel 
an greunben in Ulm. Qfm SWörj 1805 ftarb feine ®attitt, im 
©ommer heiratete er feine SWagb unb fd^on im 35ejember bci^ 
genannten ^al^reö erlebte er SSaterfreube. — 

SB. @. SBeber fagt in feinem Seben ©d^ubartS: „S)ie in 
vieler |)infld^t eintreffenbe ©lei^l^eit il^reS äftl^etifd^en Salenti^ 
vereinigte fie jU l^erjlid^er ißerbrüberung. SRitterj^ aufgebunfene 
SBeid^l^eit Iä§t fid^ in ©d^ubart^ 5Darfteöung nid^t feiten nad^*» 
weifen; fie entftanb bei Icfeterem öomämlid^ aud ber wenigen 
©pannfraft feines Sl^arafter^S. SRiller bagegen war aUerbingS 
ein aWann öon cl^renfeftcm unb unbcfd^oltenem ©anbei: feine 
Spanier war bie gfrud^t eines allgufül^Ifamen ©emuteS, bem @e* 
ntalität unb baS Sorreftitr abgieng, baS im grünblid^en ©tubium 
ber alten liegt." S)amit wiberlegt SBeber feine am Anfang beS 
betreffenben 3lbfd^nitteS aufgefteHte Sel^auptung, ba§ SÄiHer einen 
guten @influ| auf ©d^ubart gel&abt l^abe. ®S giebt feinen t^ränen* 



VL Ulm. 137 

reu, wcinerlid^ctcn unb wcibtfci^cTCtt ©d^rtft* 
^ v !)attc ctgcntltd^ aud^ feine Kttetartfd^e (Snt* 

blieb er ^ainbünblcr, ein ©tfltmer unb 

c,. virt \)t er nie geioorben, unb nie \fat er fid^ 

.. > SBercf)run9 ber toafyctn ©d^önl^eit unb ^xtu 

••iiu. ■'. ^a^ bei ©^ubart bie Il^ränen, bie er in 

^^^ebidjtc öerl^errlid^t f)at (SRecIam @. 255), eine 

.ku, jeigt ein ©lief in feine ©ebid^te, wie in feine 

• üning. ^aft fein ®ebtc^t, wo nid^t t)om 3Beinen bie 

unb nid)t immer fo genial, loie am @d^Itt§ be« 

A-reilid) finb, wie ®oetl^e nad^ älteren KuSfprfid^en 

icubc 5Dtänner gut; aber bie grage ift, ob ber, ber 

uürflid) ein 9Äann ift. ÜÄiller unb ©d^ubart waren gut«= 

"\ aber nid^t gut, wenn man baS Sffiort ftreng nimmt. 33Sai5 

V ) einem ©d^ubart mit ber einen ^anb gab, nal^m er mit 

aiibern jurüdt; bie aufgebunfene SBeid^l^eit, bie man mand^mal 

^i 3c^ubart bemerft, erinnert an SDWIIer unb namentlich an ben 

.. Iljränen f^wimmenben SRoman: „©iegwatt, eine Slofter* 

.:o)d)id^te." — 

Unter ben fjremben, bie ©d^ubart in Ulm auffud^ten ober 
üon i^m aufgefud^t würben, nennt bie ©elbftbiograpl^ie ben 
äft^etifer ©uljer, ben ^eigeift Söal^rbt, beffen fid^ ©d)ubart, fo 
gut er fattn, annimmt, bie beiben ®rafen ©tolberg, Silinger unb 
®oetl^e. ^ier ftedtt nun eine ©d^wierigfeit. ©d^ubart fd^reibt 
an feinen Sruber am 13. :3fiiK 1^75: „®oet^e ift mit ben jwei 
bid^terifd^en trafen üon ©tolberg bei Saöatem, ber e« mir oorige 
ffiod^e felbft fd^rieb unb mir ein ©jentplar feiner ?ß^^fiognomif 
üerel^rtc." am 17. SJioöember 1775 fobann lefen wir in einem 
©rief an feinen SJrnber: „ÜDie üortrefflid^en ®rafen t)on ©toi* 
berg waren aud^ l^ier; war immer bei il^nen — o baiS jinb bir 
iSeute — S^iarr, greinen möd^t^ id^, wenn id^ nur an fie benf. — 
©oetl^e war aud^ l^ier — ein ®enie, gro§ unb fd^redflid^ wie '« 
{Rief engebirg; Slinger war bei il^m, unfer ©l^afefpear. 5Die Serte 
^aben mid^ alle liebgewonnen." S5ei ben ©rafen ©tolberg Der* 
loeift @trau§ in ber Slnmerfung auf bie beutfd^e ffi^ronif 1775, 
S. 731 unb auf ©d^ubart^ 2tUn II, ©. 108 (oielmel^r ©. 282 



138 VI. Ulm. 

in ber ©d^ciBIcfd^en «ui^gabc öoti 1839). Qfti bicfcr ©tettc nennt 
©d^ubart unter ben eblen ÜJienfd^en, bie er in Ulm fennen lernte, 
„bie beiben l^errlid^cn ®rafen ©tolberg, tt)ot)on ber jüngere fon* 
berltd^ — ein l^eilige«, an bie SJerHämng grenjenbe« fjeuer im 
«ngepd^t trägt!" (ß» ift ber f^äter fatl^olifd^ geworbene fjrie* 
bri(i^ Seopolb gemeint.) Qjn ber beutfd^en Sl^ronif |ei§t c^: 
„gürjlid^ l^atten toir bie (Sf)xt, bie jttjei jungen ®rafen ©l^riftian 
unb griebri^ öon ©tolberg, biefe eblen, l^errlid^en beutfd^eti 
5Kftnner nebft bem ^errn JBaron öon ^augtoi^ l^ier gu feigen, 
©ie famen au« ber ©d^meij, bem SJaterldnb be« fjreien unb 
@ro§en unb reiften nad^ 5Dänemart" 

©onberbar fd^eint e« nun, bafe ©d^ubart in bem ©rief an 
feinen JBruber gegen bie rid^tige Zeitfolge juerft bie SBefanntfd^aft 
mit ben ®rafen unb bann bie mit ©oetl^e unb ftlinger ermäl^nt. 
gm nimer ^nteffigenablatt 1775, 46. ©tüdC öom 16. SWoöember 
werben ju aöem Überfluß afe angefommene fjrembe genannt: 
$err ®raf ©l^riftian unb griebrid^ Seopolb, SRetd^j^grafen ju ©tol^ 
Berg unb ^err SBaron öon |)augtt)i^ — logierten im SBaumftarf. 
©oetl^e« ?tufentl^alt in Ulm l^ingegen fiele in ben Qfuli beS ge* 
badeten ^al^rei^. SÄod^ auffaffenber ift e«, ba§ ©d^ubart in ber 
beutfd^en Sl^ronif, für meldte ®oet]^e« 3lufentl^alt in Ulm ein 
l^errRd^er ©toff gewefen wäre, in feiner Sebenöbefd^reibung unb 
enbüd^ in bem ©riefe an ben Sarförul^er ©etretär ®rie§bac^, 
in htm er bod^ ben S3efud^ beö ®rafen ©tolberg erwäl^nt (fiel^e 
«rd^iö f. ßit.*®efd^. 1881), üon ®oet^e« ©efud^ in Ulm fein SBort 
üerlauten lä^t. ©oetl^eö ©iograpl^en Sewe«, ©d^äfer unb ®öbde 
fd^weigen. ?tud^ in Älinger« SSSerfen (XII, 267) unb in ©d^ultes 
ei^ronif öon Ulm, fomie im Ulmer ;3^telligen5blatt unter ber 
SRubrif „Slngefommene grembe" ftel^t ntd^t^S baöon ju lefen. S)er 
genauefte Äenner t)on ®oetl^e§ äußerem 2titn, |)einrid^ 5Dün^er, 
fd^wanft. ^n feinem SBerf : ,,3^rauenbilber auiS ©oetl^eS Qfugenb* 
jeit" ©. 313 bemerlt er, man braud^e nid^t jn ber ftarfen An* 
nal^me ju greifen, ©d^ubart Ijabe fid^ biefeö Söefud^iS öon ©oetl^e 
nur au8 ©itelfeit gerül^mt, o^ne einen fold^en wirllid^ empfangen 
JU l^aben. 3fn feinem SBerf „©oetl^eS Seben" 1880, ©. 147, 
fagt !©ün§er, ®oetI|e l^abe mit jünger ben SBeg über Ulm ein- 



VI. Ulm* 139 

gcf^Iagcn, tt)o fic bcn 5Dtd^tet ©d^ubart bcfud^tcn. Qfn bcr 

jwcitcn Auflage fd^weigt er öon biefem JBefud^ in Ulm. Äud^ in 

bctt Briefen öom ?Ii8perg ift bei bcr ©rtoäl^nung ber SSerwenbung 

®üttf)t^ für ben ®efangenen mit feinem SBorte öon bem frül^eren 

3ufammentreffen mit il^m bie Siebe, angenommen, ba| ©oetl^e 

nniJKii^ in Ulm mar, fo l^at il^n gemi§ nid^t ©d^ubart, fonbern 

ha& aJKlnfter unb «nberei^ nad^ Ulm gejogen, öon ba aus loäre 

©octl^e nad^ ber erften Sluflage beö ßebenö ©oetl^e^S öon 35ün^er 

über Stuttgart burd^ ben ©d^marjioalb nad^ Strasburg gereift; 

in ber jmeiten Sluftage lä^t 5Dün|er aud^ ben Sefud^ in Stuttgart 

toeg. 9ßa^ fobann bie SBrfiber ©tolberg betrifft, fo galt i^r 

8efud^ gemi§ ebenfofel^r ober nod^ mel^r il^rem SBunbei^bruber 

ÜÄiÄer, ate htm il^nen ^erfönli^ ganj unbefannten ©d^ubart. 

©oet^e« ©efud^ bei ©d^ubart gel^ört alfo ju ben ämeifell^aften 

^nlten im Seben biefer 5Did^ter. ©el^r leidet möglid^, ba§ 

©d^ubart l^ier geftunlert ^t. ^m ®runb ift bie 5^age nid^t 

fe^r mid^tig, tt)etl tt)tr ja bod^ nid^ts (Genaueres über biefen SBefud^ 

»ijfen. 31^9^9^^^^ ^^^f ^^1 ©oetl^e bei ©d^ubart toar, fo ift 

bamit burd^aui^ nid^t gefagt, ba§ ©d^ubart öon ®oet^e auf»^ 

gefud^t mürbe, ber umgef eierte ^aö märe öiel mal^rfd^einlid^er. 

Son längerer 35auer fönnte ®ötl^ej8 Äufentl^alt nid^t gemefen fein, 

totxl bk grembenlifte im Qfntetligengblatt öon il^m fd^meigt. — 

S)aö genannte Sölatt, öon bem fd^on oben bie Siebe mar, 

l^ie§ urf :prünglid^ : „Ulmifd^e möd^entlid^e änjeigen mit etneö l^od^* 

ebeln unb l^od^meifen SRagiftratö l^od^günftiger ©enel^mtgung" 

unb mürbe öon ©d^ubart in ein SÖIatt, gauj na^ 3lrt unfrer 

jcligen DberamtiSblätter, umgemanbelt. SJitd^t immer l^at ©d^U:= 

bart feinen SWamen unterjei^net, miemol^I man feine Strt überall 

crfennt. Oft ift in bem @jem^}Iar ber Ulmer ©tabtbibliotl^ef fein 

Slame mit 2:inte am ©d^Iu§ eine« Slrtilefö ju lefen; fo in ben 

«uffä^en öom 9. unb 16. gebruar 1775 „öon ber ©efeüigf eit" 

unb Dom ,,jeremoniöfen SBefen", mo er feine lieben Ulmer öor 

bem läd^erlid^ graöitätifd^en 2:on in ©efeUfd^aften marnt unb be» 

mcrft: „Siur Keine ©eelen Heben an fleinen ©egenftänben. Qfft 

bie ängftlid^e ?tnl^änglid^feit an 3^^^9 ^^^^ 3^^^^«^^^^ ^^^^^ 

anbcreS, afe ©tubium beS kleinen?" ffiine anbere Schimmer ent* 



140 VI. Ulm. 

l^ält ein fd^öncS ßtcbcöücb: „Der toeffe SSciId^enftrau§"; am 
®ci^Iu§ fielet mit 5linte: ©d^ubatt. ©anj fd^ubartifd^, obtootfl 
o^m feine Unterfd^rift^ ift im 18. ©tüdC, bie Söamung öor bcm 
SBeiBerregiment. „Unfere Stirnen, lefen wir ^ier, liefen fid^ ntd^t 
öon SBeibem bel^errfd^en, barum loaren fte ta^jferer^ fefter, furd^t^ 
lofer, mannl^after, gefunber ate wir." ^n feiner fieben^bcfd^reibung 
Hagt ©d^ubart, ba§ baiS ftolje repnblilanifd^c ©efül^I in bcn 
meiften Ulmem erlofd^en fei: fie fried^en nnb fd^mcid^eln, befted^cn 
bis fie Stmter l^aben, bann nagen fie an il^ren Änod^en nnb laffen 
bie ©mnböefte il^rer öffentlid^en fjreil^eit gnfammenfrad^en, wie 
fie wollen. äO^nlid) warnt er in bem mit 2:inte : ©d^nbart nnter* 
jeid^neten ?tnffa§: „25om ©efnnbl^eittrinfen" öor bem jeremo* 
niöfen SBefen nnb fagt: „SSSir trinfen einanber ©efnnbl^eiten ju, 
bie o^ne SBirfnng öon ber 3^^9^ abglitfd^en nnb nnfere @aft* 
mal^Ie jn einem äwangt)oIIen 3^^^^onienfaaI mad^en." ©old^cn 
©inbrüden fd^eint baS ©ebid^t: „9ln bie ©d^waben" (9ieclam 
©. 143) fein 35afeih jn öerbanfen. 

3wei biogra^l^ifd^e Serfe nel^mcn wir l^ier jnfammen. !Da^ 
SBerf über ©lemenS XIV, baS leiber nid^tiS ©angei^, fonbem eine 
Kompilation mit einer ©inleitung öon ©d^nbart geworben ift; 
fobann: ^a& geben QfdCftattS, eineö ba^rifd^en ©elel^rten nnb 
©taatömannS (geb. 1702 jn SJodEen^aufen, einem 3Äainjifd^en 
Dorfe bei ©pftein, 1731 Seigrer ber Üled^te an ber Uniüerfitat 
in SBttrjbnrg, fpäter nad^ aWünd^en afe Seigrer nnb ffirjiel^cr bei^ 
nad^maligen Änrfürften JDlajimilian ^^ofepl^ berufen, öon feinem 
©d^üler in ben Sleid^iSfreil^errnftanb erl^oben nnb jum ©el^eimen 
9lat ernannt, 1746 33ire!tor nnb ße^rer bei8 JRe^tiS an ber 
Uniüerfität :3f^golftabt, ju beren erneuter Slüte er wefentlid^ bci^ 
trug, um bie batjrifd^e Äfabemie ber SBiffenfd^aften öerbicnt^. 
fjreunb ber SSoIfeaufflärung nnb SSoIfSerjie^nng unb in biefer 
^infid^t mit Sori, Dfterwalb unb anberen SKännem biefer Art öer^ 
gleid^bar, in ben alten Slaffifem wol^Ibewanbert, in ber Religion, 
obfd^on bem SWamen nad^ Satl^olif, freijtnnig nnb weitl^erjig^ 
ftirbt afe ^riöatmann ju Älofter SBalbf äffen 1776. 

35ie ©d^rift öerbient baS Sob, ba§ ©d^ubarts ©ol^n ii^r 
fpenbet; befonberS ift bie ©prad^e natürlid^ nnb gefunb, bie ®t^ 



VI. Ulm* 141 

jäl^Ittttg bünbig unb tntcreffant. Aber aui) bicfcr El^araltcr ift 
2tt toet^ gejetd^ttet; bad ©anje mel^r eine Jßobrebe, ate eine 
Stogropl^ie. Später I|at ©d^ubart biej^ eingefel^en, er fagt: „ffiin 
^clb f onntc mid^ toenig intereffieren, ber ha^ fd^rccHid^e ©prid^wort 
im SOtunbe iu filieren pflegte : „Da mihi decem thaleros, pulvis 
et umbra snmus". Dl^ne ba& ©rfud^en öon fjreunben beiS 33cr* 
jtorbenen, bie il^m and^ ba^ nötige ÜJiatcrial öerfd^afften, l^ätte 
er fid^ nie an bai8 SBerl gcmad^t. — 

Unter bcn Änffä|en, bie ©c^ubart »äl^renb feine« änfentl^alts 

jtt Ulm in 3^i^^riften einrüdten lit^, ift bie ffirjäl^Inng: Qnx 

Oefd^id^te bt^ menfd^Kd^en |)erjettS, 1775, l^eröorju^eben. 5Die 

erfte f^ffung ber Srjäl^Iung giebt uns Slbotf SBotiltoid in bem 

auffa|: Beiträge gnr Scnntnii^ Sl^r. fjr. 33. ©d^ubart« in 

©d^orr t)on Sarotefelbi^ ?trd^iö für Sitteraturgefd^id^te VI, 3. 

©d^ubart biltierte feinen ©d^ülern ju ®eiiSlingen am 10. SRo* 

t)ember 1768 einen SBrief folgenben Qn^ato. SWd^t tt)eit öon 

©raitel^eiin roo^nte ein öornel^mer unb ungemein reid^er ?tnS* 

pad^ifd^er ^Beamter, mit Slamen |)err öon SButtroi|. ÜDiefer l^atte 

pei ©öl^ne, woöon ber ältefte SBiC^elm, ber jüngfte aber SouiiS 

^it% aSBill^elm ift ge^orfam, gal^m, ^auöl^älterifd^, erfpart ftd^ 

auf ber Uniöerfttät 1000 fl. auiS feinen SBed^feln, Soui« ift leidet- 

fmnig, t)erfd^tt)enberifd^, mutmiHig, auf ber Uniöerfität ergiebt er 

jid^ bem ©piel unb iruni unb l^at ba« UnglüdC, einen öornel^men 

©tubcnten ju erfted^en. Der SSater enterbte il^n unb SouiS würbe 

ein ^reufee. @r l^ftlt fid^ im fiebeniäl^rigen Kriege tapfer, wirb 

ober bei ^eiberg fd^ioer öcrwunbet unb fd^reibt aui^ bem Sa* 

jaretl^ einen bemeglid^en SBrief an feine @Item, aber ©ill^clm 

malte feinen äSruber fo l)äglid^ ab, bag man il^m nid^t einmal 

anttt)ortcte. 9lad^ htm Krieg mirb ba& ^Regiment, in bem Soui« 

bicnte, abgebanft, er gel^t nun unter bem SRamen ^an^ ju einem 

Säuern ate Kncd^t in ÜDienft. 3lte er einft im ffialbe $oIj mad^t, 

^ört er ein ®eräufd^, fd^Ieid^t mit feinem ^oljbeil l^erju unb 

finbet feinen SJater umgeben Don öier aKörbem, bie i^n aus ber 

Äutfd^e reiben unb il^m ^h^n ben Dold^ an bie SBruft fefeen; er 

ftürjt fid^ auf fie, erlegt il^rer brei unb binbet ben vierten an 

einem JBaume feft. $anS trägt ben öerwunbeten $errn in bie 



142 VI. Ulm. 

ftutfd^c unb fü^rt i^n, ba bcr tutfd^cr crfc^offen tft, na^ bcnt 
©d^Ioffc. 5Dci^ anbcm Sagci^ rnrb bcr nod^ Icbenbc aÄörber 
t}txf)M; eiJ crgtcbt ftd^, ba| bcr Url^cbcr ber SJcrfd^ttJÖrung ber 
©ol^tt asil^clm ift. 35cn ©atcr bringt biefc entbcdhing jur ®cr«- 
jwciftung; er tt)ünfd^t fii), bcr braöc ^ani^ möd^c fein ©ol^n 
fein. 35cr SBnnfd^ erfüllt ftd^, ba |)ang fid^ afe ben ^o|n Soui^ 
äu crfcnnen giebt. Souig bittet mit ben järtlid^ften S33ortcn für 
ben Söruber SBill^elni nnb bringt es bal^in, ba% xi)n ber SSatcr 
nnter fcl^r erträglid^en Umftänben in ein Sviä)ti)aa^ f^i*/ unb 
bcr gnte 2t>m^ foll nid^t aufpren, feinem gottlofen SJmber ^eim* 
lid^ t)iel ®nteS jn tljnn. ©eitbem i)at fxd^ ber alte $crr t)on 
SButttt)i§ jnr SRnl^e gefegt nnb feinem ©ol^nc bic SSertt)aItnng bcr 
®üter überlaffen nnb nod^ überall rebet man t)on bem gnäbigen 
|)erm nnter bem SWamen beiS weifen, gütigen nnb red^tfd^affencn 
|)anfen." 

„S)a6 SFlcnfd^cn fd^tocr gu fcnncn finb, 
3ft ol^ne attcn 3tt>ctfel; 
@itt nad^ bem Slnfel^n fromme» ^nb 
3ft oft bcr ärgftc icufeL 

SBir feigen an htm Süngling oft 
^nx ^f)kx unb nur TlmQtl; 
2luf einmal fel^^n totr unöer^offt: 
®r ift ein toafirer @ngeL" 

^n jweiter 5^ff"^9 erfd^ien bic ©rjäl^Iung fo, mie wir fie 
bei ©d^eiblc (VI, 82) finben, in »altliafar |)angiS ©d^mäbif^em 
äÄagajin 1795, 1. ©tüdE — unb in biefer g^affung ift bie @r^ 
jäl^Iung am befannteften geworben, l^at am meiften Änffel^en er* 
regt unb ©d^iüern ben ©toff ju feinen Üläubern gegeben, ©d^ubart 
fagt l^ier jur ©inleitung: „|)ier ift ein ©efd^id^td^en, baS fidj^ 
mitten unter uns jugetragen i^at, unb id^ gebe es einem ®cnte 
preis, eine Slomöbie ober einen 9loman barauS ju mad^en, wenn 
er nur nid^t aus ^ctgi^afttgfeit bie ©jene in ©panien unb ©ried^en* 
lanb, fonbern auf beutfd^em ©runb unb SBoben eröffnet. 

ÜDer SSater ber beiben ©öl)ne ift ^ier ein S5 (ba^^^ 

rifd^er?) ©belmann. J)ie ©öl^nc l^eißen SBil^elm unb Sari, 
©dritter I|at ben SWamen Sari für feinen |)aupt]^elben beibel^alten; 



VI. Ulnu 143 

ber S^atctftcr bcibcr Sari tft bcrfclbc. JSctbc SBrübcr fommcn 

auf« ©Qmnaftutn nad^ SB (utttoillffirUd^ bctift man an 

SSat)xtnt^). gjcr leid^tfitmtgc Äarl ift genötigt, bic «f abernte 

[ml(S)t?) gu öcriaffcn unb jicl^t in ben fiebenjäl|tigen ftrieg. 

Später werben feine reuevollen JSriefe an feinen SSater ton bem 

tüdifd^cn SSStfl^elni nnterbrüdt unb bleiben unbeanttoortet. ©ieber 

ein 3^9, ben ©dritter benu^t f)at t^^eilid^ ift nun ber ^aupt* 

unterfd^icb gwifc^en beiben SJid^tern ber, ba^ ©(Ritter« Äarl in 

ber a5crjtt)etflung ein SRäuber wirb, wä^renb ©d^ubart^ Sari bei 

einem JBauern in ben üDienft tritt unb fleißig arbeitet. Qfm 

Übrigen ift faft fein Unterfi^ieb jroifi^en ber urfprünglid^en unb 

ber fpäteren t?ajfung öon ®d^ubart§ ©rjä^Iung; nur ba« ift nod^ 

ju bcmcrfen, bai in ber fpäteren fjaffung ber fd^ein^eilige ©ol^n 

ni(]^t ing Qvi(I^Ü)au& gefd^idt »irb, fonbem ton Sari einen l^in* 

längli^en Unterhalt erhält unb in einer anfel^nlid^en ©tabt 

too^ttt, Xüo er mit feinem |)ofmeifter ba§ ^aupt einer unter bem 

Slamcn ber ^^^oten befannten ©efte bilbet. Qf^merl^in beftel|t 

itDif(!^en ©dritter unb ©c^ubart bie t^nlid^feit, ba| bei beiben 

ber ^ater ton bem für fd^Iei^t gel^altenen unb üerfto^enen ©ol^ne 

au§ ber SebeniSgefa^r befreit »irb, in bie er burcä^ ben Überfall 

feines anbem ©ol^ne«, bem er ju lang lebte, geraten »ar. — 

^ie brittc fjaffung finbet ftd^ im Ulmifd^en $JnteIIigcnabIatt 1775, 

10.— 16. ©ttt(f, breiter in ber anläge, aber unöollenbet. Sari 

(Sd^ubartö Silb) ift ein Sraftgenie, «ufflärer, Sitterator, »irb, 

^on feinem SSater ücrfto^cn, preu^ifd^cr ©olbat, errettet einen 

Sbclmann im ©rjgebirgc üon öftreid^ifi^er 8lciterei, fnüpft ein 

Siebegter^ältniS mit beffen S^od^tcr Seonore an, jiel^t mieber ing 

Selb ; bamit brid^t bie (£r jä^Iung ab. Sarte frömmeinber Srubcr 

^ei^t l^ier SOBil^elm. S0Ht biefer ©efd^id^te !ann id^ nic^t um^in, 

ben ;jjn]^alt ber „SRomauje": xS'^n^ ^^^ SJatermörberig (SRecIam 

®. 3721) in SJerbinbung }u bringen. 8lud^ l^ier ift oon einem 

Sbclmann auS Sa^erlanb bie Siebe, ber }ule|t, wie eS tteit unb 

breit befannt, ju SWünd^en auf bem 8labe ftarb — jur ©träfe 

bafür, ba| er feinen SJater, wie ^ranj üJioor, in einen 2^urm 

fperrte. ^n ber SC^at !önnte man, wenn man im ©ebid^t unb 

int 3luffa| bie nötigen ^nberungen anbröd^te, je|t ftric^e, bann 



144 VI. Ulm- 

^ittjttfe^te, au& beiben Srjeugniffen ht§ ©d^ubart'fd^en @etfteS 
ct»aö jufammenjttfc|cn, bag fo jtcmlid^ bem Qf^l^alt bcr 9iäuber 
gleid^ fönte, ©d^ubart t^erftc^ert befttmmt, bie @efc^td^te l^obe 
fid^ bei utiö jugetragen. SSon (Erlangen au« fonnte er, angenom^ 
mcn ba| biefer SSerftd^etung ju trauen ift, biefc ©ef^td^tc tüol^I 
erfal^ren. 5tud^ reifte er^ wie er in feiner £eben«befd^rcibung aus* 
brüdlid^ erjäl^It, einmal t)on (SQn^angen nad^ Sa^reutl^ ju einem 
mufifalifd^cn 3^reunbe feine« SJater«, Sl^oma«. 

ÜÄerfroürbig aber bleibt, ba| ©c^iöer nirgenb« ©d^ubart« 
(Srjäl^lung afe Quelle feine« Srauerfpiefe genannt l^at. ©rft au« 
bem SBerf: „Siograpl^ie be« Dr. g^riebric^ SBill^elm öon ^oüen, 
f. ba^rifc^en Dbermebijinalrat«, SWitglieb« mel^rerer geleierten 
©efettfd^aften unb (S^renbürger« üon SÄürnberg, üon i^m felbft 
gefd^rieben unb »enige S^age t)or feinem Sobe nod^ beenbigt, 
]eerau«gegeben öon einem feiner g^reunbe unb SJerel^rer, 9Wim* 
bcrg 1840", erful^r man bcn »a^ren ©ad^üer^alt. ^ier Iie«t 
man ©. 55: ,,Qvi ben JRäubem bot ©c^itter ben (Stoff eine im 
fd^ttjäbifd^en SWagajin befinblid^e (griäl^Iung ; e^e er bie Slf abemie 
t)erlie|, l^attc er ba« ©tüdE grögtenteil« öottenbet. S)a§ er biefen 
©toff wäl^Ite, »ar eigentlich id^ bie Urfad^e. ^6) §atte il^n auf bie 
(Srjä^Iung al« ein ju einem 3)rama trefflid^ geeignete« ©ujet 
aufmerffam gcmad^t. 3Äeine $Jbec toar barjufteöen, wie ba^ 
©d^idEfal jur (grreic^ung guter Qxotdt aud^ auf ben fd^Iimmften 
SBegen fül^re, ©dritter aber mad^te bie SRäuber jum |)au^jtgegen* 
ftanb ober, um mid^ feiner eigenen ©orte ju bebienen, jur ?ßaroIe 
be« ©tüdE«, wa« il^m befönntlid^ üon öielen ©eiten fel^r übel 
genommen n^urbe unb n^a« il^m felbft aud^ in ber $oIge £db 
getrau ju ^aben fd^eint." — 

SBarum aber, muffen »ir nod^mal« fragen, fd^toeigt ©dritter 
t)on feiner Quelle? SBarum üerweift er feine fiefer auf bie ®e* 
fd^id^te be« 8läubcr« SRoque im S)on Quijote? «n ^oüen« ®Iaub* 
mürbigfeit ift nid^t ju jweifeln. SBir begreifen nun auc^, worauf 
?ßalle«lc aufmerffam mad^t, »arum ©dritter ben SÄamcn be« fd^ctn* 
^eiligen ©o^ne« au« SBil^elm, toie ^oöcn mit bem SSornamen 
i^ie^, in ben Slamen granj umgetoanbelt ^at. 

©d^ubart« ^auptbefd^äftigung aber toar feine Sl^ronif. ®i« 



VI. UIuu 145 

janb immer größeren öeifaH unb tocitcrc SScrbreitung; eiJ famen 

StüÄe naö) Sonbon, ^ari«, Ämftcrbam unb ^ßctctj^burg. ®te 

bereitete i^m aber axiä) t)iel SSerbrußj bcnn er toax, »ie er [lä) 

felbft nennt, ein feuriger, offener, l^erau^pla^enber X^ox, ber bie 

geber ebenfo wenig, ate bie QnuQt ju regieren wußte. SJerfd^ie« 

bene $öfe glaubten barin beleibigt ju fein unb »erlangten ©iber* 

ruf. ©0 nol^m er fic^ aud^ beg Ulmer Sitteraten Äffprung an, 

bcr bag Unterrid^tiSwefen feiner SSaterftabt reformieren motttc, 

unb mad^tc ftd^ baburd^ 3^einbe in Ulm felbft. Äffprung« 3Sor* 

f(^I5ge würben einfad^ jurücfgewiefen unb er lebte ^infort afe 

Verbannter außerl^alb Ulmi^. äuc^ bei ©d^ubart blieben SBar» 

mingen ber Ulmifd^en Dbrigfeit nid^t aui^ unb ben S)rudt ber 

6enfur erful^r er aud^ in biefer aie^)ublif. — 3)od^ bie meiften 

(Jeinbe mad^te er fic^ burd^ feine fortgefe^ten angriffe auf bie 

Sefuiten unb 5ßfaffen. * 2Bie e« bamate in ber näd^ften SÄä^e 

ber proteftanttfd^en Dafe Ulm auSfa^, jeigt eine ®efd^i(^te, bie 

©d^ubart felbft erjä^It unb bie ein SSorfpiel f einei^ eigenen © d^idE* 

fate toar. ©d^ubart^ SBiograp^, 5D. SB. ®. SBeber (im «n^ang 

iu ber fyranifurter Äuögabe üon ©c^ubartjg ©cbid^ten 1829) 

bemerft: „SBir erjä^Ien auf Streu unb ©lauben nac^ ©d^ubart, 

ber bie ©ac^e afe notorifd^ anfül^rt. SBünfc^enöwert wäre eine 

aftenmäßige iCarftettung berfelben." @ine fold^e flnbet fid^ nad^ 

«©(^ubart in Ulmj öon Dr. g^riebric^ ^reffet; Ulm 1861" in 

®e^ermann§ SÄad^ric^ten ton ©elc^rten auiS Ulm; außerbem war 

ber ©roßtjater be« El^roniften ©d^ultei^ afe 18iä^riger Qfä^sK^S 

'fttgenjeuge ber — ^inrid^tung be§ glcii^ ju nennenben UnglüdE*^ 

l^en unb l^at feinem ®nfel öfter« ben Hergang erjfll^It. Qfofef 

SKdel war in Derenftein, einem 3)örfd^en imweit Ulm, am 12. ÜÄai 

1750 geboren. SBegen feiner guten Anlagen würbe er jum ©tu* 

Wum beftimmt. (gr fam in ba« SBenebiftinerflofter in SÖäiblingen 

unb üon ba nad^ Augsburg ju ben $Jefuiten. aber bie S^eolo* 

gic würbe il^m ^ier juwiber unb er ging nad^ iDittingen, um bie 

3led^tdwiffenfd^aft ju ftubieren. (§Äad^ ©d^ubart ptte Stidtel in 

Sflbingen ftubiert. SCttbingen unb ©iHingen flingen äl^nlid^; 

^t^rfd^einlic^ aber ift 3)ittingen bag richtige — weil in S)ittin*= 

9^tt um jene 3cit ^^^ ®ßift ber Äuffläning ^errfd^te.) ffir tl^at 

« a n f f , e^nBatt in feinem SeBen unb feinen SBetlen. 10 



146 VL nirtu 

bicfc^ mit @ifer, äugletd^ tourbe er aber auä) mit ben ©d^riften 
mopftodö, äBielanbg, Scffingg unb — SSoItairc^ belanttt. einige 
3eit ftubierte er mä) in greiburg. äfe er mä) ^aufe jurüd* 
fam, ^ielt fid^ gerabe ber SBunbertl^äter ^ater ®a§ner in ©öf^ 
lingen auf; eine a)ienge Seute ftrömte ba^in, la^me, frü^pel^fte, 
epileptifd^e. 5Wi(JeI lieg feiner @ntrüftung über biefen Unfug 
freien Sauf unb erregte burd^ feine fede ©prad^e großen 3lnfto§. 
3(fe er in ber 3^oIge mit ©c^ubart befannt icurbe unb offen für 
i^n ^artei na^m, fam er in ben ©erud^ eine^ Sejjer^. 9(m 
26. 3H)riI 1776 ging er mit einem Ulmifd^en ©tubiofu^, S^amen^ 
Sonolb, in^ Älofterbräul^aug in SBiblingen; l^ier ttjurbe er auf 
SBefel^I be^ ^lofteroberamtmann^ üon Söferle feftgenommen unb 
in§ ©efängnig geführt. 23ergeblid) hat 9?i(JeI um einen SSertei^^ 
biger, üergeblid^, ba% man ba^ ©utad^ten eiuer Uniüerfität ein* 
I)oIen möd^te; er tt)urbe gum Slobe verurteilt. SSor bem ^mt^=^ 
Ijau^ in SBiblingen ttjurbe il^m eine ®$rift beriefen, tDornad^ er 
afe ©otte^Iäfterer, ber fi6) gegen bte göttltd^e ÜKajeftät, bie ^tu 
lige 3Kutter ©otteg, ben l^eiligen ;j5ofef unb befonberö gegen bte 
l^eilige 3Äagbalena üerfünbtgt I)abe, bie SCobe^ftrafe üerbiene. 
hierauf ttjurbe er auf einer Stupide an ber ;5IIer ent^au^tet unb 
bann verbrannt, ttjoju öevmenbet ttjurben 8 Älafter |)oIj, 200 
93üfd)el Jfteifig, 160 93unb ©tro^, 200 ^ped^fränje. ©ie S(fd)e 
tt)urbe in bie QUtx getüorfen. ©old^eö gefd^al^ im ;3^^^ ^^^ 
^tiU 1776, am erften ;55uni, SÜJorgen^ 8 Ul^r. — SBeld^ eine 
Z^atl Unb bo6) burfte bie beutfd^e K^ronif eg nid^t ttjagen, fie 
aud^ nur mit einem 2Bort gu berühren. J)er Släd^fte, ber braten 
mu§, ^ie§ e^, ift ber ©d^ubart. — 3Äit biefer J)arfteIIung ftimmt 
bie erjä^Iung ©d^ubart^ in aöem SBefentlid^en überein. 5Wur 
ttjar Elidel nad^ ©d^ubart in ©öflingen, eine l^albe ©tunbe üon 
Ulm, geboren, ftubierte in SCübingen, unb ba er üon SCübingen 
äurüdEgefommen toar, ging er öftere nad^ Ulm, um bie S8efannt== 
fd^aft ber bortigen ©tubenten ju fud^en. ©d^ubart l^ebt nod^ 
au^brüdEIid^ ^eröor, ba| er ein geborner ^atl)oIi! tt)ar unb in 
einem lat^olifd^en äBirtSl^aufe einige üoltairifd^e äKajimcn ^er* 
auöplauberte. S(ud^ ©d^ubart gel^örte ju benen, bie SWidel be* 
fuc^ten. „®r ^pia6) fel^r fertig Satein unb toai überl^aupt ein 



VI. Ulm- 147 

aufgctt)cc!ter S!opf. (£r verlangte ein S3ud^ üon mir, unb id^ gab 
xf)m einen neuen, fel^r unfd^ulbigen Sionian. 3Son ber 3fieItgion 

aber fprad^ id^ nid^t eine ©ilbe mit i^m. ®r tt)ar faum 

tot, aU man allenthalben au^ftreute, id^ njäre bie Urfad^e feineö 
SJerberben^, tt)eil man nju^te, ba§ id^ mit i^m geft)rod^en Ijatte, 
unb tt)cil man ben ertt)äl^nten Sioman, ben [eine J^nquijitoren t)kU 
leidet für ben ®d^em^amt)l^orafd^ geljalten ^aben, bei il^m fanb. 

®od^ ©ottlob! üon biefer ©ünbe bin idt) rein. ÜDiefer 

3ufatt lerlerte mid^ gleid^fam in Ulm ein, njeil man mir ein 
glei(^e§ ©d^idEfal broljte." 9Kan gab öffentlid^e ^aöquiöe gegen 
i^n l^eranö, fd^idEte il^m anonk)me SBriefe, verbreitete in ben Qü^ 
tungen falfd^e ©erüd^te gegen il^n. @r lie§ fid^ aber baburd^ in 
feiner ©d^reibart nid^t bel^ntfamer mad^en, griff in feiner ©l^roni! 
ben rollen ^ater ÜÄerj in 2(ug§burg, ber in ber 93efd)imt)fung 
ber eüangelifd^en Sird^e unb SCI^eoIogie feinet ©leid^en fud^te, 
unerfd^roden an unb fe|te ben Ärieg gegen bie ;3efuiten fort. 
Sd^ubart ladete freilid^ über bie gegen i^n erfd^ienenen ©treit^ 
fc^riften unb Ia§ fie feinen g^reunben in Ulm felbft t)or; bod^ 
30g er e§ t)or, öon nun an ju fd^roeigen unb eine fatirifd^e ©üjäe, 
bie er l^erau^geben njoftte, im ^ulte ju beljalten, tt)orauf aud^ 

feine ©egner il^m SRul^e liefen. 

5)urdt) biefe S!ämt)fe tt)urbe il^m fein ganger 3tufentl)alt in 
Ulm tjerbittert; fd^on frül^er, im 3Kai 1775, l^ielt er e^ für not= 
tuenbig, auf einer f leinen SReife nad^ (Sömangen unb Slalen fid^ 
einen fremben 9tamen ju geben; beffenungead^tet mürbe er au§' 
gcfunbfd^aftet unb man I)ätte il^n übel bel^anbelt, menn nid)t ber 
fromme unb bulbfame 3^ürft Slnton ;3gnaä benjenigen mit feiner 
Ungnabe bebrol^t l^ätte, ber il^m ein Seib anfügen ttJÜrbe. — 
Die von ©d^ubart gegebene ©dtjilberung be^ ®a§nerfd^en Un* 
fugg ^at einen bop))eIten SBert; fie ift ein tt)id^tiger S3eitrag jur 
9ieIigion§* unb ^Iturgefd^idjte jener Qcit unb geigt ben SScrfaffer 
als „treuen ^auöl^alter beö l^eimifd^en SBortfd^a|eg" (f^riebrid^ 
^reffel) unb, jum Steil tt)enigftenS, afe aWeifter bes beutfd^en 
Stife. „S)ie @tra§e üon äalen nad^ @IItt)angen, erjä^It ©d^u* 
bart, wimmelte eben bamafe t)on elenben ^ilgrimen, totlä)t bei 
®aj5ncm |)ilfe fud^ten. üDaS taufenbfältige ®[enb öon ge^n. 



148 VL Ulm. 

jtoanjig, brci^tg STOcilcn in bic Sänge unb SBrcttc, fluten in bic- 
fcr ®cgcnb jufammengcbrängt ju fein. Alle |)erbcrgett, ©tätte, 
©d^afl^äufer, 3äune unb ^cden lagen üott tjon SBIinben, Sauben, 
Säumen, Srü^jpeln, üon (gpilepfic, ©d^Iagpffen, @i6)t unb anbe* 
ten 3^fättctt jämnierlid^ jugcrid^teten ^enfd^en. S38ai8 SrebS, 
(Kter, @rinb unb fträfee (gdel^a^e«, ?tbf d^euHc^e« , entfc|Ii(i^c3 
l^at, — felbft tt)ai8 bie ©eele brü(ft unb entmannt — @d^tt)et*= 
mut, ffial^nfinn, SCoC^eit, ftitte SBut, JRaferei, teuflifd^e «nfed^- 
tungen — »ar l^ier in äalen unb auf bem SBege nad^ (£IItt)angen 
an Ärüden, an ©tecfen, auf @feln, ^f erben, Sarren, in 2^rag* 
tiid^em, auf SReffen unb S3a^ren, in einer fdircdtlid^en ©ntp^je 
jufammengebrängt ju fc^en. D, backte id^, ®a^ner, »enn bu 
att biefem Qfantmer ab^ilfft, att bie^ Slenb im SWamen Qfefu weg- 
fprii^ft, fo miß iä) auf ben ^ieen ju bir hielten unb bir mci* 
neu Unglauben mit gefaltenen Rauben abbitten. Aber leiber! 
famen biefe (£Ienben nod^ elenbcr jurüd; benn ba fie auf ber 
8?eife nii^t feiten aH i^re |)abe öerje^rt Ratten, fo mußten fie 
nun betteln unb jum Zdl auf ber ©trage ju ®runbe ge^en. — 
SDWt einem ©ort: id^ Jtoeifte, ob S)eutfd^Ianb \tmaU einen trau=^ 
rigeren, |)erj unb SJerftanb befd^intpfenberen unb ben SÄamcn 
ßl^riftui^ entel^renberen ?(ufjug bargeftellt l^abe, ate ber ift, ben 
®agner üerurfad^te. ©elbft bie Äat^olifen fingen frü^jeitig an, 
fid^ biefeg Unfugs ju fc^ämen unb feinen folgen burd^ öffentlid^c, 
münblid^e unb fd^riftlid^e ?[l^nbungen ju fteuem, bi^ enblid^ ber 
JSefel^l beg toeifen ÄaiferiS Q^ofef bem ganjen tragi^^Iomifd^en ©d^au* 
fpiel ein (£nbe mad^te." (©d^ubart erjä^It bieig nad^ bem Söerid^t 
über bie |)inrid^tung Sßidtefe. $Jnbeffen fann bie ^ier ermäl^nte 
aicife nad^ Äalen nur bie SReife jur ^od^jeit feinei^ Söruberi^ im 
SKai 1775 gemefen fein; benn eine jmeite JReife nad^ Äalen, üon 
ber ©d^ubart nad^^er berid^tet, faßt in bie le^te ^^it feinei^ Auf* 
ent^altiS in Ulm unb fann ^ier nid^t gemeint fein. Slidtel tt)urbe 
am 1. 3funi 1776 l^ingerid^tet unb ber ®a§nerfd^e Unfug warb 
öon 3fofef II. im Qfal^r 1775 verboten, f^olglid^ ^at fid^ ©d^u* 
bart l^ier eine SJerwed^Slung ber 3^*^^ erlaubt. S^ronologifd^ 
betrad^tet ift biei^ freilid^ ein f^e^Ier; im ®runb aber ift bie 
üDumml^eit eine 3Rad&t, gegen »eld^e felbft ®ötter, fogar Kl^ronoö, 



VI. Ulm* 149 

ucrgcbltdj fämpfett. 5Da« 19. ^Ja^rl^unbcrt ftc^t bem 18. in btc* 
fem fünfte gaitj glctd^; ffitttoangen unb STOarpingen — nur bie 
5Ramcn ätibcm fid^. 5Dcr ©pititii^muiS tt)ar bamate tioc^ nid^t 
crfunbcn. — 

SWtd^tö ift leidster, ate ©d^ubart aufj8 SÄeuc ber Unüorfid^« 
tigfett attjullageti. ©^er ^attc er Urfad^c ftd& ju Beilagen, ba^ 
er in Ulm bic Seiter allein trat. 2Bo blieben benn bie prote* 
ftantifcä^en ©eiftlid^cn? tt)o ber aufgeflärte ©timnafialle^rer ÜÄil* 
ler? aSorftd^t ift ^änfig nur ein befd^önigenber SÄame für t?eig^cit. 
9Äit fd^üd^temen f^reunben aber ift ber SBa^rl^eit tt)enig gebient. 
— Das ^dt)x 1777 tarn ^eran: gleid^ am erften 2:age beffelbcn 
erhielt er üon einem grcunbe au« Siarferu^e bie Sfiad^rid^t, ba| 
ber ÄcH)eI[meifter ©ciotti geftorben fei unb man il^n nad^brüdtlid^ 
untcrftü^cn trotte, tt)enn er fid^ um biefe ©teHe ben^erbe. Qn 
gletd^cT ^eit erl^ielt er eine ©inlabung nad^ 3Äann^eim an bie 
bortige Dper. SBa« il^n l^inberte, fogleid^ aufjubred^en, toax — 
ber 5IKangeI an SReifegelb! Site ob fic^ biefe ®d^tt)icrigleit nid^t 
^dttc befeitigen laffen! SBeim Sid^t betrad^tet, lag bie ©d^ulb an 
feiner träumerifd^en $JnboIenj, bie bei bem au« lauter ©jctremen 
jufammengefe^ten SKann l^art an abenteuerlid^e Unternel^mung«* 
luft grenjte. Äud^ in Mmberg, ber ©tabt feiner SSäter, arbei* 
tete ein üJiann üon Änfe^en unb ©ele^rfamleit an feiner bauer*^ 
^aftcn SSerf orgung. ffi« fottte anber« fommen! 8ieIigion«jtt)eifeI, 
trübe Äl^nungen unb fd^tt)erc SCräume beängftigten unfern ©d^u* 
bart. @r toar auffattenb emft unb ftanb meift fd^on um 10 Ul^r 
öom SBirtötifd^ auf. „©a« ift üDir?" fragte il^n fein JJreunb Sa* 
pott. „3^d^ fe^e toieber im SCraum bie fd^toarjen Sutten," anttoor* 
tete er; „fic martern mid^ mit il^ren Slägeln, unb xotm id^ fie 
um bcn Sob bitte, fo antworten fie: xoxx töten nid^t plö^Iid^; 
»ir martern unfre fjeinbc langfam ju tot." Sapott »ottte il^m 
ben Xraum »eglad^en, aber ©c^ubart blieb babci 

!Dcn 22. Qfanuar 1777 fam ber Slofteramtmann ©d^ott üon 
Slaubeuren ju ©d^ubart unb lub i^n 3um 9JHttag«effen in ben 
Saumftarf. ®r ^atte eben SUiufif unb »ottte abenb« ein Sonjert 
geben, ©d^ubart no^m inbe« feine Sinlabung an. %te er mit 
i^m Einging, fagte ©d^ott ganj furd^tfam: „©ic fönntcn mir einen 



150 VI. SJer^aftung* 

fc^r großen ©efattcn cmetfcn !" „Unb tooxm befielet bcr?" — „3Äctn 

<Sä)toaQcx, 85 t öon (£ g, ift bei mir unb tDüttfd^t ®ie gu 

fcnncn." — „35cr fcnnt mi6) ja fd^on üon Stuttgart ^er, uttb 
baju tnug id^ morgen meine E^ronil fd^reiben. — S)od^ id^ ge^e 
mit ;3^nen; mein El^ronifblatt foH bennod^ fertig »erben." ©ein 
legtet Slatt tt)ar baS fiebente ®tnd be^ 1777er Qfa^reö unb feine 
le^te öffentlid^e Arbeit baö angefügte Memento für Sunftrid^ter. 
©0 mufete ©d^oll ben ÜDid^ter an feiner fd^tt)ad^en ©eite, gxit= 
mutiger ßitelfeit, }u padtn. — 

ÜDod^ laffen wir biefen felbft reben. üJian fann nid^t leidet 
etwa^ SRü^renbereig lefen. 

„©0 willig unb fo o^ne aUe 33orfid^t eilte id^ in bie mir ge^ 
legte ©d^Iinge. ^n Ulm l^ätte mid^ gett)i§ 5Wiemanb gegriffen; 
benn id^ I)atte ba üiele unb fel^r roid^tige f^reunbe, bie mid) l^erj- 
M) liebten. 35ie bafigen ))reu§ifd^en SBerboffljier^ waren mir 
anwerft jugetlian unb l^ätten bem ben §ate gebrod^en, ber mid) 
angetaftet l^ätte. S(ber eine ^öl^ere §anb lenfte ba^ gange ®e* 
wirre, unb id^ mu^te folgen. ^6) \ptx§it mit meinem Stobe^== 
enget unb bradtjte ben 5lag jiemlidt) üergnügt ju. 5yiadt| bem 
Bongert l^olte mid^ mein Sßeib ab unb ging fo ftumm, fo fd^wer= 
tragenb neben mir nad^ |)anfe, *) ba§ id^ fie über ü)xt ©(^Wer- 
mut jur 9tebe fe|te. „^6) mei§ nid^t, wie mir ift," fagte fie, 
unb Iie§ eine Sl^räne faöen. — ^ä) fd^Iief ba§ le^temal in i^ren 
Slrmen — fo fanft unb ru^ig, afe id^ lange 3ßtt nid^t gefd^Iafcn 
l^atte. 3)enn immer l^abe id) bemerft, ba| id^ üor einem mir 
begegnenben Unglüde fe^r fanft rul^te. ©o ftär!t ber treue SSater 
im |)immel feine ®efd^öt)fe, bamit fie aud^ U)x Seiben tragen 
fönnen. 

J)er Slag brad^ an; id^ ftunb auf, Ileibete mid^ an. 5Dteine 
Sinber fd^wiegen um mid^ l^erum, meine &aitin bangte. J)er 
©d^Ittten flingelte t)or bem |)aufe, ber mid^ in SBaumftarf fül)ren 
füllte. — „Seb wo^I, ©eib!" ©ie bot mir iit |)anb, warb 

*) ©d^ubart lool&ntc anfönglid^ in ber £ronc, btc bamalg guglctd^ Tlt]tmn 
toar, toä^rcnb bie „obere <Stubc" baS ©efefffd^aftSl^aug ber Sßatrigter Mlbete ; 
fpätcr — etlid^c anbcrc SBobuungen ftnb tüemger crtoctgbar — in ber @ngel= 
apütbefe, §tt)et Xxtpptn ^od^. 



VI. SJerl^aftung* 151 

blcid^cr, alle 5Dhi§Icln il^te§ «ttgefid^« jittertcn. „Siann bcnn 
bicfct fjrcmbe ntd)t ju S)tr fommen?" Unb bai8 njar baö Ie|te 
3Bort aug bem SDiunbe meiner Sieben. Qf^ ^i^*^ ^ic ©tiege ^in* 
untcT, beftieg ben @(i(Iitten. SDiein ©ol^n fdjric an^ bem 3^enfter 
mir^nad^: „^a^)a, fommen ©ie balb!" ^oä) IIot)fte mein §er} 
auf unb 2:^räncn riefelten tt)iber SBiKen bie Saden l^erab. ^ä) 
l^ielt midi nur Slugenblide im SSaumftar! auf — unb ber ftiegenbe 
©(^litten ri§ mid^ au^ Ulm — tt)eg üon allen meinen Sieben, 

meinem trauten SBeibe, meinen Slinbern, meinen 3^reunben. 

tBa flog id) nun an ber Seite meinet f^ü^rer^ über befd^neite 
©efilbe ^innjeg. ^ä) l^atte SKü^e, 2:i^ränen abgu^alten. „ߧ 
TOtrb 35ir bod^ fein Unglüd begegnen?" 5Dag toax aöe^, maö id^ 
badete, maiS mir tt)ie ein gepgelter fjener^)feil in ber ©eele brannte, 
{©d^ubart, bemerft fein ©ol^n SubttJig, tvax ein ftarfer SKann, 
ber ämtmann ein leberneö, au^getrocftieteiS SDiännlein; toa^ xoäxz 
leidster gemefen, aU ben S3ubcn aufiS ^flafter ju fe^en unb bem 
UlmifdEien tutfd^er SRed^tiS um gu f ommanbieren ? „SBarum tl)aten 
©ie e^ nid^t?" fonnte man i^n ^p&itx fragen. — „^ä) fdjämte 
m\6)/' mar bie Slntmort, „unb l^ielt meine 9(]^nungen für l^l)^)odt)on^ 
brifd^e ©ritten.") — Qrod auf ©ebirgen ftel^enbe jerftörte ©d^Iöffer, 
bid^t bei Slaubeuren, wedtten meine ^l^antafie, unb id) fdtimeifte 
eben in ben l^eroifd^en Qeittn beö alten ÜDeutfdjlaubjS ^erum, al^ 
ber ©d^Iitten I)ielt unb xä) t)on meinem S3egleiter in fein ^iwtmer 
gefül^rt würbe. J)er erfte Eintritt inö 3^^^^^^ njeiffagte fd)on 
nid^t^ ®ute^ ; ba ttjar uiemanb, ber mid^ bett^ittfommte, mar atte§ 
fo ftitte tt)ie in einem Seid^en^aufe. ©elbft mein g^ü^rer öerlie|3 
mid^, unb id^ mar nun bei einem ÜÄäbd^en attein, bie traurig an 
ber Sunfel fa^, unb mir, fo oft bie ©^)inbcl auf bem SBoben !reij8te, 
mit ftittem SJfitleib in ik 9(ugen fal^. ^ä) Mdf)m ein 95ud^ t)om 
®efimfe — eö war ©ebalbu^ 9?otl^an!er; ba fielen mir SI)obo:= 
wiedEi^ ^faffen^)1^5fiognomteen mit neuem wibrigen ©inbrud inö 
(Sefid^t. — Unb nun öffnete fiä) plöi^liä) bie Stjür. 3)er 3)taj;or 
öon 2?arenbü^Ier trat an ber ©t)i|e beg ®rafen t)on ©t)oned, \>c§> 
JBIaubeurifd^en Dberamtmann^ unb meines — g^ü^rers l^erein unb 
tünbigte mir auf S3efeI)I feinet burd^Iaud^ttgften |)er3og<§ Slrreft 
an. ^ä) ^ielt e<g für ©dierj, weil id) ben |)errn öon ^arenbü^Icr 



152 VI. »erl^aftung* 

nod^ t)on Subnjtgi^butg f)tt fel^r genau fanntc. ?tber feine be^ 
troffcne SDiiene unb einige Beftimmtere Äni^brücfc beriefen mir 
balb ben motten @mft feine« «uftragi^. „^ä) l^offe, ber ^erjog 
werbe mid^ nid^t nngcprt öerbammen, nod^ weniger mi6) im Serfer 
üerfaulen laffen." 35ag fagte id^ mit einer 3^affung, bie für ginen 
fo pd^tigen SWenfd^en, mie id^ war, nid^t ftärler unb mäd^tiger 
fein fonnte. 35er ÜÄajor jeigte üiel unüerftetttes SWitleiben im 
äntlife. ©d^ott aber ging mit feinem SBeib im ^i^^ier ^crum 
unb wimmerte: „SDWr iffs leib! ®ott wei§, mir ift'^Ieib!" Ob 
fein aJiitleib unüerfteHt war, mag ®ott entfd^eiben — ber ©eclen* 
blidfer. 35a« erwähnte aWäbdien fu^r üon ber Sunlel auf unb 
barg il^r grämenbe« ©cfid^t in bie ©d^ürje. ®raf ©ponedt blieb 
falt; ate Dberforftmeifter war il^m ein gang nid^t« SWeue«. — 
®e« SWitleib« ganjen motten Sroft ^pxa^ ba« ©efid^t be« Slau* 
beurifd^en Dbcramtmann« ®eorgi (nid^t Ötinger, wie ©d^ubart 
irrig angicbt). @r brüdfte mir brüberlidE) ik §anb, fprad^ mir 
aJiut ju unb gab mir feine ^anbfdju^e mit auf bie aieife, mit 
einem 93Iidte, ber öon werbenben ^ä^ren fd^immertc . . . @r ift 
nun eingegangen in feine 9fiu^e, unb biefer 3fio«marinftengeI buftet 
auf feinem ®rabe. — üJian erlaubte mir, an mein SBeib ju 
fd^reiben, aber meine ^anb war geläl^mt. ^ä) a| 'uid^t« ju 
3DWttag unb ftieg, wie ein SDiiffet^ter wm gaffenben ^öbel um^ 
flutet, in ben 8leifewagen. ©er SRajor fa| bei mir unb war 
nod^ ftummer alö id). „D mein SBeib unb meine ftinber!" nur 
bie« badEite i6), feufjte id), ftammelte id^. „®ie finb am SBettel* 
ftab," fagte id^ jum üKajor, „id^ f)dbt i^nen faum für ein paar 
SCage JSebürfniffe l^interlaffen. SBa« werben fie fagen, wenn bie 
SÄad^rid^t auf fie l^inbonnert: S)ein üJiann, @uer SJater ift ge* 
fangen?" S)er SDiajor tröftete mid^ unb üerfprac^ mir, meine 
fjamilie bem |)erjoge auf« nad^brüdflid^fte ju empfehlen. Sr l^at 
nad^l^er SBort gel^alten, unb id^ wei|, ba§ e« i^m ®ott lol^ncn wirb. 
35ie gauje 3fieife raud^tc id^ faft beftänbig Slabaf, eine ®e« 
wol^nl^eit, mit ber id^ oft mand^en Summer ju üerbam^pfen fud^te. 
Unfer 5Wad^tIagcr nal^men wir in Sird^^eim, wo id^ im ^immer 
üon lebernen ^l^iliftem bewad^t würbe, bie fid^ l^eimlid^ einanber 
in« D^r raunten: „SJa« ift ber ©d^ubartl ber SKalefiäferl! SWan 



VI. »erljaftitng* 153 

roitb i^m 'ninal bcn ®rinb ^ctuttterf cgcn. " S)a§ l^örte xä) unb 
fd^Kcf laum SDWnutcn. "Man f<$t(ftc öon ba auiJ eine Staffctc 
an bcn ^crjog, um fciuc »eiteren SBefel^Ie ju ewartcn. @r tt)ar 
anfang^s entfd^Iojfen, mx6) auf bie geftung ^ol^entoiel ju fe^en; 
aber ©Ott lenfte fein ^erj anbcriS, unb glcid^ mit bcm grauenben 
5Worgcn he& 24. $JanuariS mürbe mir angejeigt, ba§ id^ auf bem 
?te^)crg in fel^r enge SJerma^rung genommen tt)erben fottte. ^6) 
toar toerftorft unb fül^Ite nichts mel^r. !Ben ajKttag f^)eifte id^ in 
Sannftatt mit einigem Appetit unb gitterte j»ei feilen an SKittern 
in Ulm aufi^ 5ßapier. „SWimm 3)id^ meinei^ SBeibeiS unb meiner 
Sittber an! i6) fann eiJ nid^t mel^r, benn id^ bin gefangen." !Ba« 
mar aKe«, »aiS ic^ fd^rieb; ber SSrief fam aber nid^t an feine 

SBe^^örbe. 

©d^auer fu^r burd^ mein ®ebein, aU fid^ ber äi^perg t)or 
mir au« feinem blauen ©(^leier entl^üttte. ,,SBa« tt)irb hx6) bort 
extoarten?" fo badete iä), ate ber SBagen bereit« öor ber 3^eftung 
ftitte ^ielt. 3)er ^erjog tt)ar felbft jugegen unb bejeid^nete ben 

Äerfer, in bem man mid^ üerwa^ren fottte. ©er Somman* 

baut 9Heger, ein burd^ feine rafd^e Sl^ätigfeit, füge unb bittre 
©d^idffale, gute unb böfe Oerüd^te in S)eutfdE)Ianb fe^r be!annter 
9iame, fam fogleid^ ju mir; id^ empfal^I mid^ feinem SDHtleib; 
mein fjül^rer na^m äbfc^ieb, unb id^ lourbe in ben S:urm gefül^rt, 
bid^t am ^^mmer öorbei, öon bem ber ^erjog unb feine ®ema^* 
lin l^erunterfd^auten. ^ä) empfahl bem Sommanbanten mein 
SBeib unb meine ^nber auf« bringenbfte jur fjürfprad^e bei bem 
dürften; er gieng, fam in menigen äugenblidten toieber unb 
braute mir bie fröl^lid^e Sunbe : „bag ber ^erjog meinem SBeibe 
ein Qfa^rge^alt öon 200 ©ulben au«gema(^t, unb meine ^nber 
in bie Äfabemie ju Stuttgart aufgenommen l^ätte." ^a, toelc^ 
ein JBcrg toar ba wxx mir gemäljt! Unb um mie öiel geftärfter 
lonnte id^ nun bie jüd^tigenben Seiben tragen, bie über mid^ öer* 
l^ängt toaren! — 

3fe^t raffelte bie ^&x l^inter mir ju, unb id^ toar attein — 
in einem grauen, büftem ^felfenlod^e allein. Qfd^ ftanb unb 
ftarrte üor ffintfe^en, toic einer, ben bie bonnembe SBoge öer* 
fd^fong unb beffen ©eele nun im fd^aurlgen Sd^eol ertoad^t. — 



154 VI. »erl^aftung* 

|)ier in bicfcr ©d^auctgrottc, in biefem Qfammergellüfte fottte id) 
377 2:age öeräd^jen ! 3)ie SDianbarinö fagen: „e^ giebt nur eine 
^öUt — bag ©efängniig." ®iefe ^ööe fd^Iug nun i^re 3flüget 
über mir jufammcn, ptttc mxä) ein in i^re ^ä)xtdli6)t SWad^t unb 
geißelte mid) mit i^ren f^Iammen." 

SDiadjen tt)ir ^ier §alt unb fragen nai^ bem ®runb ber 
SSer^aftung. |)ier ift e^ fd^wer, ettt)a^ S3eftimmte^ ju fagen, tDctl 
©(^ubart nie jur Unterfud^ung gejogen, nie üor ein ©erid^t ge== 
fteöt tDurbe, nie offigiell üerna^m, toa^ ben |)eräog gegen xf)n 
erbittert l^atte. 3^ragen tt)ir, wie ber ^erjog ben Sßerfjeugen 
feiner J)e§t)otie gegenüber feine |)anblungi8n)eife ju redEitfertigen 
gefud^t ^be, fo fommt I)ier ber l^erjoglid^e @rla§ an ben SIofter== 
Dberamtmann ©d^oK ju S3laubeuren in SBetrac^t. 3)er ^erjog 
beruft fid^ I)ier juerft auf bie allgemein belannte frühere fdjled^te 
unb örgerlid)e 3luffü^rung ®ä)nbax% fottjie auf feine fel^r böfe 
unb fogar gotte^Iäfterlid^e ©d^reibart, in 3^oIge bereu er auf un= 
tertl^ftnigften Eintrag be^ i^erjogl. (Se^eimen dlaH)§ unb CoDsistorii 
feinet 3lmt§ entfe^t unb öon Submigöburg tDeggejagt tt)orben. 

„5)iefer fid^ nunmel)r ju Ulm aufl^altenbe SDiann, fäl^rt ber 
|)eräog fort, fäl^rt befannterma^en in feinem ®eleife fort unb ^at 
eö bereite in ber Unüerfi^ämtl^eit fo tt)eit gebrad^t, ba^ faft fein 
gefrönte^ ^anpt unb fein g^ürft auf bem ©rbboben ift, fo md)t 
öon i^m in feinen l)erau§gegebenen ©d^riften auf ba^ g^reöent^ 
lid^fte angetaftet morben, tDeld^e^ ©e. |)erjogIid)e ÜDurd^Iaud^t 
fd^on feit geraumer Qdt auf ben Sntf(^Iu| gebrad^t, beffen l^ab- 
f)aft JU werben, um burd^ fidlere SSerioal^rung feiner ^erfon bie 
menfi^üd^e ©efeöfd^aft üon biefem unmürbigen unb anftedEenben 
©liebe gu reinigen. 

©id^ biefermegen an itn SJiagiftrat ju Ulm ju wenben, l^al== 
ttn |)öd^ftbiefelbe für ju weitläufig unb bürfte üieHeid^t ben t)or^ 
gefegten (SnbjWcdE gänjlid^ üerf eitlen mad^en; wol^ingegen fold^er 
am beften baburd^ ju erreid^en wäre, wenn ©d^ubart xmter einem 
fd^einbaren ober feinen ©itten unb Seibenfd^aften ant)affenben 
3?orwanbe auf unftreitig ^erjogl. SBürttembergifd^en ®runb unb 
S3oben gelodt unb bafelBft fofort gefänglid^ niebergeworfen tucr- 
ben fönnte." 



VI. »cr^aftuitg. 155 

hierauf folgt bie äufjä^Iung unb SBetottmäd^tigung * ber ju 
bicfcm t?cing nötigen SBeamten, bie fid^ über bie fd)i(fli(^ften ÜÄit* 
tel münblid^ ju beratfd^Iagen unb foli^e fobann |)öd^ftbeto gnä* 
bigftem SSBittcn gemft| auöjufü^ren ^aben. 

50Ht ®rnta^nungcn jur SSorfid^t, Älug^eit unb ju unöerbrüd^* 
lid^em ©tillfd^tDeigen fd)Iie§t ber üom 18. Qfenner 1777 au« 
Stuttgart batierte @rla§. 

aDflcrftPÜtbig ift in biefcm @rla§ bie S3c^au))tung, ©^ubart 
lönne nur auf unftreitig tDürttembergifd^em ®runb unb SBoben 
nicbcrgctoorfcn werben, ©d^ubart war Weber ein gebomer, nod^ 
ein gett)orbcner wärttembergifd^er Untertl)an unb feit feiner S5er* 
Bannung auö SubwigiSburg ^atte ^erjog Sari feine red^tlid^e ®e* 
roalt über i^n. 

^ören wir ©d^nbart felbft, fo war ^riefterl)a§, ber nid)t 

c^er t)crlifd)t, ate bis er ben ©egenftanb feiner S03ut jerftört 

^t, bie alleinige Urfad^e feiner ©efangenfd^aft. ?(ls ben erften 

Stein JU feinem Serfergewölbe be^eid^net • er feine Angriffe auf 

^eu ^e^uttenorben, afe ben jweiten feine (ginmifd^ung in ©afener« 

Sad^c. aSol^Iwitt meint jwar, ber ^riefter^^ ^ahc x^n au« 

?lug§burg t)ertrieben, aber nid^t auf ben SlSperg gebrad^t. ^ebod^ 

S^ubart tnufete eö bejfer wiffen. @r batiert bie Urfad^e feiner 

SSerliaftuTtg nad^ 3(ugSburg jurüdE unb ba er in Ulm in bemfel^ 

ben ©eifte wirlte, fo Ijörten feine g^einbe, aud^ ate er fid^ auf 

bie Söeicibigungen, bie er ju erfahren I)atte, in ©dtjWeigen l^üöte, 

^id^t auf, l^eimlid^e ^läne ju feinem 3?erberben ju fd^mieben. 

Ate geeignetes 2Ber!jeug für i^re ^Iftne bot fid^ il^nen ber faifer== 

Ud)c 50hnifterrefibent, ®eneral üon 9?ieb in Ulm, bar. J)en ftol^ 

Jen, l^odt^fal^rcnben 3Uiann Ijatte ©d^ubart, ber fid^ in einem 

^tie^e an feinen SBruber oom 13. g^ebruar 1775 nod^ ber ®unft 

Mefer „Ulmifd^en ©ei^el" rühmte, baburd^ gegen fid^ aufgebradjt, 

^tt% er fid^ einmal weigerte in feiner Gegenwart bzn ^lügel ju 

fpielen, weil i^m ba^ $Jnftrument nid^t gut genug war. 3)aS 

^ox, wie fein ©ol^n es nennt, eine SSirtuofenca^rice; id^ möd^te 

«^er fagen eine ®ünftlerlaune, bie fd^on |)oraj lennt (@at. I, 

3, 1 ff.\ ÜDiefem einflu^reid^en aWanne fd^ilberten ba^er bie 

Stoffen — unb er ^inwieberum ber frommen Saiferin unb i^rem 



156 VL S^erl^aftmtg* 

üRittifterium — ©lä^ubart ald einen JReligiongüeräd^tcr, o^ne 
3toeifel aud^ afe einen gegen Oeftreiiä^ feinbfeligen QdtartQ^^ 
fd^reiber, ber anf beffen Soften ^reu^en ju erl^eben fu<$e* S3alb 
glaubte man in einem "äxtittl feiner s|ronü einen 9nla§ ^ur 
JRad^e gefunben ju §aben. 3fm jtoeiten ©tfid be« ^al^rgang^ 
1777 nftmlid^ üom 6. ^fanuat, tt)ar ju lefen: ,r3fofej)]^, ber, tote 
el^emate bie ®ötter im golbcnen Älter, ol^ne ftral^Ienbeö ®e^)rängc^ 
allein an S:]^aten beg |)erieni8 fennbar, einen 2:eil tjon S)eutfd^lanb 
unb bie njii^tigften ^roöinjen ^ranfrcid^iS burd^reifen »oKtc . . .,. 
foB an biefer SReifc burd^ bie plöllid^e Äranfl^eit feiner 3Dlnttcr 
gcl^inbert »orben fein, ^^^^'^äfftge SBriefe auiJ S33ien enthalten 
bie traurige Slad^rid^t, ba^ biefe große Saiferin mitten im «ufd^ein 
ber bauerl^aftcften ©efunbl^eit öom ©daläge gerührt worben fei. 
S)ürfte id^ biefe Slad^rid^t in meinem näd^ften SBlatte toiberrufen!'* 
3fm näd^ften jtoar gefd^a^ bieg nod^ ni^t, aber bereites in ber 
übcmäd^ften Stummer, üom 13. Qfanuar, l^cißt e^: 

„3)ie Saiferin »ar j»ar franf, ift aber je^t außer aller 
®efa^r.'' 

iBeffen unerad^tet — fd^on jel^n 2:age f^)äter feigen toir 
©d^ubart öer^ftet unb nad^ bem ©cfängni« abgcfül^rt. aber 
nid^t nad^ 5Dhinfat« ober einer anbern öftreid^ifd^en g^cftung, fon^ 
bem auf bcn ?[i^perg. 

|)ermann Äurj in feinem SRoman: „©dritter« ^eimatjal^re", 
läßt ben ^erjog barüber ju Voller fagen: „3)iefe ,SleinigIeit* 
— eben ha» ©erüd^t über SDiaria SC^erefia — »ar unter ben 
jegigen politifd^en Sonjunfturen ein fe^r bummer ©treid^, um fo 
mel^r, afe er f^on ein üoHe« Serb^olj in SBien l^atte." Offenbar 
^at l^ier ber SRomanfd^reiber bem ^erjog feine eigene Änfid^t 
über ben «rtilel in ben SUiunb gelegt, «ud^ «bolf 2Beißer in 
feinem SRoman „©d^ubarti^ 2Banberj|al^re ober S)id^ter unb ?ßfajf 
1855" ftcllt SBetrad^tungen barüber an unb fagt: „5pie S»ad^rid^t 
üon aOt SC^erefia« SCob fam, afe ein neuer Ärieg Öftreid^« mit 
Preußen beüorftanb; e« »ar t)orau§jufel^en, baß 3^riebrld^ gegen 
eine fold^e Vergrößerung Öftreid^« |)immel unb ^ötte befd^roören 
»erbe. Qfn biefem Äugenblidt erlaubte fid^ ©d^ubart ©tid^eleien 
über bie ftinberlofigleit ber regierenben |)äufer in ^ranfreit^, 



VI. SBcr^aftitng* 157 

^cu§cn, ©d^roeben, SBa^etn, ?ßfalj, ©ad^fen, «nöbad^, SBürttcm* 
bcrg." 35tefe ©tid^clci lommt 1776, 16. 3)ki, 7'/2 SIRonatc öor 
bem Ärtifel über SKarta St^erefia, bte bcfanntlid^ nx6)t finberloiS 
toar. !t)ic SUiögltd^Icit eine« Äriegö jnjtfci^en ^reu|cn unb Öftreic^ 
wegen bcr batjrif^en ©rbfolge lie^ ftd^ nur bnrd^ fünftltd^e Äom* 
bmationcn wittern, ©trau^ »irb gegen bte äuffaffung ber jwei 
9lomanfd^teiber red^t behalten, toenn er ben ^a§ beg Bftreid^ifc^en 
^of« gegen ©d^ubart au« ber obengenannten Queue ableitet. 
Ö^ne S^^^^^^ ^^^9 ^^^ 3SerIefeenbe be« Slrtilete über üJiaria 
2]^crcfta in ber öernteintlid^en g^reube be« freifinnigen S^roniften 
übet ben S^ob ber ortI)oboE*frommen Saiferin, an beren ©tette 
nun i^r aufgeflärter ©ol^n ba« Sfiegintent fül^ren »erbe. 

©traufe fü^rt nod^ mel^rere ©teilen ber El^ronil an, in benen 
©d^ubart fic^ nid^t gerabe ehrerbietig über gefrönte ^äviptti au«* 
fjnid^t. @r läjst einmal bie SBemerfung fallen, »ie üiel ®elb 
«nfrc fyürften burd) i^re aüeifen in« ?(u«Ianb t)erfd^lep^)en (1776, 
©. 77). JBei einer SRüge ber nieberträd^tigen ©itte bamaliger 
beutfd^er SWegenten, 2:aufenbe i^rer Untert^anen in frembe ÜÄilitär* 
bicnfte nad^ fernen Weltteilen ju verlaufen — bamal« an (£ng* 
lanb gegen ba« fid^ befreienbe SWorbamerifa — njerben anfang« 
nur ber fianbgraf unb ber ©rbprinj üon |)effen*8affel, ber |)er* 
jog t)on SBraunfd^weig unb ber Surfürft öon Söa^ern genannt 
(1776, ©. 194); bod^ ^ei^t e« bann in ber näd^ften SWummer: 

@tne ©age. 

a)er ©ergog bon SHJürttcmberg fott 3000 mann an ©ngcrianb über* 
laffen, unb bte« foll bie Urfad^e feine« gegentoärttgeh 9(ufentl^alte« in 
Bonbon fetm -mi 1 ! ! 



S)aju nel^me man ben f<$on angefül^rten Ärtilel über bie 
Sotberlofigleit üieler regierenber |)äufer in Europa, barunter anä) 
«Sürttemberg«. 

SBefannt ift femer ba« ©Epigramm, beffen ^i^tpunft nid^t ju 
^erlennen war: 

^« 3)ion^« k)on ©^raht« 

^ufl^ören mug, 

X^irann gu fein, 

S)a toarb er ein ©d^ulmeifterlein. 



158 VI. SSerl^aftunfi. 

©icfciJ (gljigrainm*) ftanb frcilid^ nid^t, wie ßajfau bcm 9to^ 
manf d^rciber SBrad^üogcI nad^f d^rcibt, in bcr ©l^tonil ; cbenf otocnig 
entl^ieft bic K^ronif, tote ßaffau pl^antajiert, ©ptgratntne auf fj^an* 
jtgfa utib bie frül^ere SKätreffetitotrtfd^aft 3öir ntitcrlaffen eß, 
baS aßerbingg l^öd^ft prideltibe ©pigratntn, ha^ nad^ SBra^tjogel 
©d^ubart auf g^öwä^^^ß i^ ^i^ ©l^rouil geliefert ^at, l^icr anju^ 
fül^reu. — Stud^ l^ier fragt mau uutoillf ürlic^ : Oü est la femme? 
Uub eS fiub bie^mal jtoei Söetber, bie fid^ mit jtüei üRäuueru, 
bem ^crjog uub D. ^kb, ju ©d^ubartö Uutergaug üerbiubeu. 
SÄicoIai erjäl^It iu feiuer SReife burd^ ÜDeutfd^Iaub X, 164, eg fei 
i^m iu (Stuttgart ate gro§e§ ©el^eimuiö auDertratit worbeu, ba§ 
ber ^erjog ©d^ubart uid^t üou fid^ auö, fouberu auf SSerlaugcu 
beg faiferlidEieu §of§ iuö ®efäugui§ gefegt l^abe uub il^u fd^on 
loögegebeu l^ätte, totnn e^ üou SBieu auö geuef)migt würbe, fie^^ 
tereS ftimmt fd)Icd)t gu btm ©l^arafter be^ aud^ Dou ©d^ubart 
üielfad^ gcfeierteu Saiferö uub ba^ Srfte ift wol fo ju Berid^ti* 
geu, ba§ Sari uub ÜÄaria Xl^erefia im ©uüerftäubui^ mit ein^ 
auber gel^aubelt l^abeu. — ®d)ubart felbft fagt: „Stfe id^ au§ 

*) Söci S3ötttgcr, littcrartfd&c 3uftänbe unb 3citgcnoffcn @. 170 erga^It 
SBtcIanb : 3Jlan ^at mir tool^l aud^ ©d)ulb gegeben, ha^ trf) im S)ioni)ftu§ metnesf 
Slgat^ong bcn öortgen ©crgog öon SBürttemberg gefd^ilbcrt l^abe^ Sjf^it 23c= 
tüufetfetn ift bieg ntd^t gcfd^cl&cm Wlan mod^te tnbcg bcm ^ergog felbft tttoa^ 
öon ber Slrt gefagt ^aben; al§ er l^ter toax unb ©erber unb xd) xf)m pra- 
fenttert lüurben, affeüterte er un§ gar ntd^t gu !ennen. S)agegen l^ißft er in 
3ena ein großem ©aftgebot, too er bie Sßebanten äffe gufammenbat unb fte 
öon feiner neuen Uniüerfität unterhielt, i^nen ftrettige Sßunfte gur ®ntfcf|ct* 
bung öorlegte, aber affegeit öorauSfd&irfte: ber ©efe^geber (fid^ felbft meinenb) 
f^attt barüber fo gefprod^em 3d() fonnte mid^ bamalS nid()t entl^olten, ein 
(Epigramm auf biefen S)tont)§ gu mad^en, ba^ aber bie ßeute fel^r beifecnb 
fanbcn unb ffeifeig glrfulteren Itefeem — S3öttiger bemerft baju: 3^ ^abc 
ein ®))igramm, boä) nxö^t öon SBielanbg $anb, borgefunben, ba^ fo iauttt: 

9Wtt größtem Sted^t, o (Sd^toabenfönig, l^iefe 
S)tc SBcIt bid& langft ben gleiten 2)ion98, 
2)tr fel^Ite nirf)t8, bie ©letd^l^ett p öoffenben, 
2llg mit ©d&ulmeiftern aut!^, toic S)ion9g, p enben. 

2ln ben $errn @ ♦ ♦ ♦ * ö* U * ♦ . 
(Offenbar = ©rafen öon Urad^O 

S)ie Sfleife beS ©ergogS unb baS Epigramm fallen ins Sal^r 1783. 



VI. »cr^aftung* 159 

einem SBtcncr SBricfe bte ^aä)xxä)i in bk Sl^ronif fe|te, bte 

Saifertn fei plöglid^ üont ©daläge gerül^rt toorben, fo 

glaubte ©eneral 3iieb 8(nla§ genug ju l^aben, ntid^ aufl^eben unb 

nad) Ungarn in emige ©efangenfd^aft filieren laffen ju fönnen. 

?fter ©Ott, ber fd)on feinen ^lan mit mir gemad^t l^atte, mife=^ 

billigte btefen. 35er üJHnifter offenbarte feinen @ntfd)Iuß bem 

Öergog t)on SBürtemberg, ber fogleid) bem ©efanbten üerfprad^, 

mid) in SScnoal^rung jU fegen, toeil er felbft nid)t n)enig an mir 

au^jufe^en fänbe." — ©er Slrtifel über aw. X^erefia ift Dom 

6. :j5anuar, ber ®rla§ be§ $erjog§ an ®^oH üom 18. ^a^ 

luiar imb @d)ubart§ SSerl^aftung erfolgte am 23. :3tt^w^^ 1777. 

Sei ber ©d^neßigfeit, mit ber l^ier ©dilag auf ©d^Iag folgte, ift 

c§ md)t lüa^rfc^einlid), ba^ üor^er ein langer SBrieftoedifel itou 

fd^en Ulm unb SBien ftattfanb. JRieb wufete o^ne ^^^^H/ ^^B 

it)m gegen ®dE)ubart 3lße^ erlaubt mar. |)eräog Sari mar gn^ar 

in religiöfer ^infi^t aufgeflärt, bod^ feinem 93efenntni§ nad^ 

tatI)oItfd[) nnb burfte bem faiferlid)en ^of gegenüber bie Eingriffe 

©d^ubartö auf eine in ber fatl^oUf^en Sird^e feljr mäd)tige 

^?artei nid)t ungerügt laffen. S)er faiferlid^e unb ber ^erjog^ 

lid^e |)of fud^ten @dt)ubart^ „feit geraumer Q^iV* l^abl)aft ju 

tuerben. S)ie biplomatifd^e |)öflidt)feit verlangte, ba^ 9iieb, ber 

^ou beg |)eräog§ ©efinnung gegen ©d^ubart unterrid^tet n)ar, 

öor^er bem ^erjog bie Slnseige mad^te, unb Sari mod|te fid^ in 

jeinem @en)iffen bamit tröften, baß ©d^ubart auf |)ol^ena§perg 

^merl^in ein beffereS Sooö ^abe, afö in aJhinfatS ober auf bem 

o^)ielberg. ®d)ubart fä^rt fort: „®el^eimere Umftänbe braud)e 

^^ unb ber Sefer nid)t ju n)iffen. ©er Sag ber (Sntfd)eibung 

tuirb 3iaeg offenbaren! 3fl\ix bieS muß id) ju meiner 9ted|tferti= 

9ung nod^ fagen, baß ba§ l^ernad^ au^geftreute ©erüd^t: aU 

Ijätte \6) ein t)erfänglid)e^ ®ebid^t auf eine bem ^erjog fel^r fd^äfe- 

6are ^erfon verfertigt, gäujlid) falfd^ unb nnbegrünbet fei." - 

®e^eimere Umftänbe meiß i^ — bie§ ift ber ©inn obiger Söorte 

-^ tüol^I, aber id^ barf fte nid^t fagen, unb ber Sefer brandet 

h nid)t ju miffen. @§ fpielte ein tiefer liegenber @runb mit, 

^u\b biefer war ol^ne ^^eifel — granjiöfa Don ^ol^enl^eim. 

®d^on oben bei ©d)ubarti3 Slufent^It in ßubtoigöburg würbe 



160 VL Ser^aftang* 

bemertt, ba^ @d^u6art batnafö ^ranst^fa red^t tool^I in £ubtoigd^ 
bürg unb auf bcr ©olitubc gcfd^cn l^abcn fann. f)at er fic gc^ 
feigen, fo ^at fie aud^ (Sinbrud auf xf)n gemad^t. SaiS ©ebid^t 
„an ©uibal" (Slcclam (S. 411) ftcl^t glctd^ im erftcn ^^al^rgang 
bcr ei^ronif (1774, @. 319) unb fd^eint fiä) auf fiubwtgSburgcr 
unb ©olitubcr ©inbrfidfc ju grünben. 3)a§ bic Sd^önl^eit nid^t, 
n)ie in aHcn anbcrcn fiiebeöliebem ©d^ubarti^, mit SWamen genannt, 
ba^ l^ingcgcn Sarfe SJiamc im Anfang bciS ®cbid^t^ cnoäl^nt njirb, 
fowic bcr Umftanb, ba§ bic fiicbcniSmürbigfcit bicfcr ^f^d^c, *) 
i^rc 2:ugenb unb @ütc bcr S)id^tcr fo laut preist — bie^ fprid^t 
bcfonberö für meine Äuffaffung. SScrgleid^en »ir mit ber ©d^il^ 
bcrung ber betreffenben ©d^önl^eit in unfercm ®cbid^t anbcre 
©d^ilbcrungcn. „Ö^^aujiöfa toar, fagt Dttilic SBilbermutl^ in il|irer 
fiebcnSbefd^reibung g^ranjisfa« (aBürttembergifd^cr SBilberfaal I, 
36 ff.), nad^ bem Urteil aller ^^i^^^offcn feine ©d^önl^eit im 
eigcntlid^cn ©inn, i^r SWunb mar ctma« gro§, i^re Äugen xxnhz^ 
beutenb, il^re 3öge nid^t regelmäßig; eine fd^Ianfc, gra^iöfe ®e* 
ftalt im red^teit ©benmaß, reid^e blonbe §aare, ein blenbenb 
»eißer Sieint unb eine blül^enbe ©efid^tsfarbe waren äffe il^re 
äußeren iReige; aber eö lag eine meiblid^e ?(nmut unb ©d^mieg* 
famfeit, eine l^erägeminnenbe ®äte, feine (Sitte unb jugenblid^e 
g^röl^Iid^feit in i^rem SBefen, bie auf Äffe, bie il^r nal^e famen, 
einen 3^^"^^^ auiJübten unb auf ben ^erjog mit »unbcrbarer 
©d^neffe wirften." 

SBeit me^r entfprid^t ber ©d^ilbemng unfcrei^ ©ebid^ts, toa^ 
eine anbere Dame, @. 25elt), in il^rem SBer!: „Sari ^erjog tjon 
Württemberg unb 3^ranjiöfa üon ^ol^enl^eim" über bie j|ugettb«= 

*) S)te urfprünglid^e ßeSart tft fretltd^ : „um 2(mor8 ©d^ultem" (um bic 
amtte beS ©ebid&t»)* 2iaein ^niorS'' ^at ^ier natürltd^ feinen @inn; e» 
l^anbelt fld^ ja um eine toeiblid^e Sd^ön^ett bie tool^l IBenuiS, aber nid^t ^mor 
genannt toerben fann. S)a8 „^mox^'* tft ein öerunglüdfter ^ad^flang bcr 
unmittelbar tiorl^er genannten „Slmorctten"* S)ie fjranffurter SluSgobc öon 
1829 lieft „SPf^c^cS" unb biefcS Sßort paßt affein gum Xon unb gut Haltung 
beS ©angctt. S)a8 Slntltfe ber (Sd^ön^cit ift ein ©ngclantliö; i^r »eig tft 
ein ftnnlid&sfittUd&cr, ein pf^d&tfd^cr ^tx%. 3^ ^abc bal^cr bic ßc8art ^^9*^" 
— bon tocm ftc nun l^errül^ren mag, bon ©d^ubort ober bon feinem @olJnc — 
ol^ne iebe weitere S3emerfung in ben Xt^ bei äfleclam aufgenommen« 



VI. SBcr^oftung, 161 

lid^c fJranjtSfa bcmertt. „®te fonnte, lefen tütr ba ©. 28, im* 
gcftört in bcr fd)öncn Umgebung i^reg ©eburtö^aufeS il^rcn Siran* 
mcn unb Steigungen nad^gel)cn, babei unbetüu^t bcm Sinbc^alter 
cntwad^fenb. ®roß unb fd^Ianf (ügl. ®d)ubart: „bm fd^Ianfen 
5Btt(ä^S") bcfa§ fic, allen ©d^ilberungen ber 3^i*9^^offen nad^, 
btc jarteftc ® efit^tgf arbe , bie ebenmägigften g^otmeu (©d^ubart, 
„bcr ©lieber ^armonieen") / reid^eiS blonbe^ §aar (©d^ubart, 
„bie wallenben fiodfen, bie jart, toie feibne ^loden, um ^ft)d^eg 
©d^ultern l^angen") unb Qüqz, bie nid^t flaffifd^ fd^ön, aber an* 
mutig tuaren unb burd^ tiefblaue, feelentjolle Sbigen belebt 
tüurben (»gl ©d^ubart: „SBittft bu bie Äugen malen, fo iawä) 
in ©onnenftra^len juüor ben ^infel ein"). ®eite 67 fd^ilbert 
®. 3Seli) granjiiSfag äußere (Srfd^einung jur Qzit il^rer tjoHften 
Slüte: „®i^o§, t)on fiarmonifd^er 3^üHe, frifd^ unb mit jenem be* 
Türmten blenbeuben SBei§ i^rer Hautfarbe, ba§ il^ren größten 
fRcij bilbete." SSel^ fprid)t toeiter üon il^rem fd^önen ^al^ unb 
i^ren wunberDoKen Armen; bamit Dgl. ©d^ubart: „SWaP i^re 
?trme runb unb oline SWängel, bie ^änbe tüei§ unb tooKentocid^, 
bie ginger jart tvie fiilienftengel." Der einjige 3^9/ ^^^ ©d[)u* 
bartiB ©df)ilberung miberfprid^t, ift ber ^uber be^ aufgebunbenen 
^aare^; ba märe freilid^ bk g^age, ob fie i^r ^aar immer fo 
getragen unb ob ©d^ubart baffelbe nid^t in ber ®eftalt gefeiten 
i)Qbt, mie er eö fdf)ilbert. granji^fa tvax am 10. :Qianuar 1748 
geboren, mag alfo tjon ©d^ubart in itjrem 24. Sebengjal^re, in 
ber Qtxt, bie jtoifd^en ber erften unb jtoeiten ber üon (S. SSel^ 
gegebenen ©d^ilberungen mitten inne liegt, gefe^en Sorben fein. 
Sie^men toir nun bie SSejiel^ung unfereS ©ebid^tö auf g^an* 
jisfa aU ermiefen an, fo ift ebenfo geroi^, ba§ biefe^ ®ebid^t, 
ba^ juerft in ber S^ronif erfd^ien, t)on Sari uub g^anjiiSfa gele* 
fen unb üerftanben würbe, an unb für fid^ fd^on toar biefeg 
©ebid^t „tjerfänglid)" b. ^. geeignet, im ^erjog ©iferfud^t ju 
erregen. SWo(^ üerfänglid^er mürbe e§ aber baburd^, baß ba^ 
SSer^ältni^ granjiSfaiS jum §erjog eine Se^rfeite l^atte, bie bem 
fd^arffid^tigen unb ju fpöttifd^er Sritif geneigten ©id^ter nid^t üer* 
borgen bleiben fonnte unb bie ber !Dame mand^e trübe ©tunbe 
bereitete, ©ie mar nid^t, mie fie ©d^ubart bei ber (Srjäl^lung 

^auff, 6($ttBart in feinem Sel6en unb feinen SBevIen. 11 



162 VI. 23cr^aftung. 

Don feiner ©tntfirntung nennt, bcg ^erjogi^ ®cmal^Itn, fonbern 
,,eine bcm ^crjog fe^r fd^ä^barc ?ßcrfon", eine tngcnbl^afte, tjon 
i^ren ^ritgenoff cn gefeierte SKätreff e ; bie ^fi)ct|c mit ber ,,®timc, 
wo bie 2:ngenb fi^t unb §a§ anf jebeg Safter blifet", mit htm 
^erjen, üott üon „i^bealen unb großen Säg^tt" ^^^^^ wit einem 
dürften, ber ju bcn au^fc^weifenbften unb fittcnlofeften feiner Süt 
gel^örte, in einem fittlid^ jmeibeutigen SSer^ältni^, unb ber ^erjog 
felbft war »äl^renb ber ganjen 3^^ feinet S5erl^äItniffeS jn xf)x 
teinei^megiJ ein SKufter e^elic^er 2:reue. (i^. Semer, Silberbu^ 
aug meiner Änabenjeit ©. 14.) ©ic Seigren ber Söeigl^eit unb 
2:ugenb, bie ©rmal^nungcn jur 9ied|tfd^affen^eit unb ©ittfamfcit 
mußten fid| bal^er in i^rem SKunbc tttoa^ fonberbar au^nel^men, 
mobei ©d^ubart freilidf) nic^t merfte, ba§ er mit Sari, ber öor 
feinen Äfabemiften Siugenb unb ©elbftbe^errfd^ung empfal^I, unb 
mit 5^anji^f a in bemfelben ©pitale lag ; aud^ er leierte in feiner 
ffiI)ronif ©ittfamfeit, altbcutfdfie^ Söefen, JBürgertugenb, Sl^riften* 
finn — unb mürbe bod^ nur ju oft bie JBeute feiner fiüfte unb 
Seibenfc^aften. 

@. aSelt) fagt nun ©. 93: „@g cjiftieren nod^ SBricfe 
üon ©d^ubart, meldf)e granji^fa öerfpotten; mic üielme^r mirb 
er fie im Söirt§I)aug in feiner luftigen unb übermütigen SBetfe 
angegriffen l^aben." 3Wir ift blog^. ein folc^er SBrief hdamit, ber 
an ^aug üom 14. SKärj 1775 (©trau§ 2, 315), morin eg Reifet: 
»rÖ^^ ^CTJog ift l^ier burd^paffiert unb mar ungemein gnäbig. 
@r I)at einen I)iefigen ^atrijierfol^n auf bie ©flaüenplantagc auf 
ber ©olitube aufgenommen, ©eine üDonna ©d^mergalina faf 
neben il|m, mie 3Jiarianne an Äd^mebö ©eite." 2Bie ift nun ber 
5yiamc ©dtimergalina für granji^fa ju erftären ? SBrad^üogel, menn 
mir biefen mit ber SÖiiene eine^ @efc^id)tfd)reiber§ auftreteuben 
9fiomanfd)reiber l^ier anführen bürfen, bringt ii)n in eine l^öd^ft 
abenteuerlid^e 35erbtnbung mit ^eppo ober ^eppino ©mergali, bem 
Säufer beg ^erjogö, ber bei il)m üiel üermod^te, üom ^olte ber 
rote ©d)mergele genannt, einem geborenen Sombarben. Allein 
nad^ SWidt in feiner „Stuttgarter S^ronif" fpielte biefer feine 
afioße 1760—67. aSJa^rfc^einUdi ttjoüte ©d^ubart mit jenem SScu 
mort bag eigentümlidti aufäuerltdtie moralifierenbe SBefen, bai^ befon^ 



VI. ajctl^aftunfl. 163 

bcrc „©cfd^mädle", wie bcr ©d^wabc fagt, ber tugcnbfamcn ÜWätrcffc 
fd^ilbcm. Sd^mcrgcln ift na^ ©d^mib^ fd)Wäbifd)em Söörterbud^ 
ulmifd) = nad) ©dimccr, nad) 3^ctt ricd)cn. SWod) in bcr erftcn ^älftc 
bicfcd ;3a]^tl^unbctti^ fagtc man j. SB. in 2^übingcn „ÜDame ©^mcr^ 
gclc" = lugcnbprcbtgcriTt. Überhaupt waren ©d)ubart unb 3^^an* 
ji^ta grunböerfd^tcbcne SJiaturcn. ©o fd)reibt ©d^ubart am 17. ©ept. 
1789 an feinen ©oI)n: „2)ic ÜJhitter war fo neugierig, ben fd^wänj* 
lenben SBrief $JI)rer S)nrd)Ianci^t ju lefen" (nad) bem ^^fötnmen* 
l^ang: ber §erjogtn, ber S. ©d^ubart feinen 2:i^omfott jugefd)icft 
unb bie il^n bafür mit einigen fiobei^erliebungen bejal^It l^atte). 
— ^nd) ©trau§ fragt: „|)atte ©d^ubart nid^t öieKeid^t münblid^ 
in offener SSSirt^l^auggefeHfd^aft SSSi^reben gegen ben §erjog unb 
beffcn 3JerI)äItni^ ju feiner Donna ©d^mergatina fid) erlaubt? 
ÄuSfäKe, bie, wie aKei^, wag ©c^ubart fprad^, ooHenbg beim 
SBetnglafe fprad), wir uni^ ungleid^ gefaljener, ge^)fefferter — woI)I 
auc^ fd)mu^iger — oorjufteHen ^aben, ate wag er für ben 3)ru(f 
unb felbft wag er in Briefen fdfirieb, unb bie feine jal^Ireidien 
iJeinbe nid^t oerfäuml I)aben werben, üor bie DI)ren beg l^ol^en 
^aarcg ju bringen." Sine SSermutung, bie atterbingg fel^r öieleg 
für fic^ I)at. ÜWätreffen nannte ©dfinbart mit einem gut beutfd^en 
«ugbrud §uren. (©trauB 2, 361. 367.) „®eben ©ie," fdfireibt 
er am 7. SDej. 1787 an Älein in SWann^eim, „ftatt ^i)xtx "^tnU 
male großer ©eutfd^en bag fieben berül^mter beutfd^er §uren 
^eraug unb ©ie werben rei^enben ?Ü6gang l^aben." ^^n felbft 
^atte man wegen feineg ®]^ebrudt|g mit ber famofen 35arbara 
©treid)crin aug fiubwiggburg üerwiefen; wal^rfc^einlid^ war in 
feinen äugen ^^anjigfa nic^t mel^r wert, alg bie ©treic^erin. 
Dann bie ®efd^id)te öon ^ranjigfag ©ntfü^rung mit i^ren aben* 
teuerlid^en Umftänben, bag aud^ oon ©. 3SeIt( erwähnte trabitioneKe 
®erüd)t, bag bie liiftorifdi^^fritifd^e ©d^iCerauggabe I, 372 afe 
jweifeUofe SSSalirl^eit berid^tet, ber §erjog l^abe fie i^rem SWann 
um eine ©umme ©elbeg abgef auft — wie mu§te bag aHeg ©dtiubartg 
©pott reijen! ^6) glaube ba^er nid)t bIo§, ba| granjigfa bei 
bem |)affe gegen ©d^ubart perfönlidt) beteiligt gewefen ift; wofür 
®trauj3 i^r ^ufd^auen an ber ©eite beg ^erjogg, alg man bag 
Opfer in ben Xurm führte, i^re fül^Ien ?tntworten auf bie öfteren 



164 VI. SBerl&aftung. 

33crtt)enbungcn für ben (befangenen bis ju bcm öerf(§robenen 

SBriefe, ben fie an bie Sarfd^in fd^rieb, nad^bem enblid^ feine ^rei* 

laffung nid^t länger tjerttjeigert tücrben Jonnte, geltenb mad^t; iä) 

glaube öielmel^r, baß granji^fa bei biefem ganjen §anbel in ganj 

befonberer SBeife für ©d^ubart öer^ängnii^üoK geworben ift. SBir 

finben ^ier alfo, um auf jenes ©ebid^t „an ©uibal" jurüdEju* 

fomnten, biefelbe ©rfd^einung, bie unö aud^ fonft bei ©d^ubart 

begegnet: 3w^^ft ungemeffene 35e»unberung, l^eiße, feurige öc= 

geifterung, fieberl^afte ©fftafe — balb barauf ift ba^ ^euer üer* 

glül^t, ba§ 5i^^c^ tjerfd^wunben, bie rul^ige, nfidtiterne Sritif an 

bie ©teße ber SBegeifterung getreten unb aud^ bie unangenehme 

Srajt ber ©atire wirb jur Unterftügung l^erbeigejogen. S)ic 

©jtreme berül)ren einanber bei ©c^ubart aud^ l^ier; unb bie 

SBal^rl^eit — nun bie Söal^r^eit liegt in ber ÜÄitte; toeld^e SDKtte 

aber jebeSmal gemeint fei, eigentlid)e üJütte, red^teS, linfeö 3^^^^ 

— baS auöjumad^en ift ©ad^e ber SJritifer. SBir braud^cn fein 

fiiebeStjerl^ältnig, Weber ©d^ubartS ju granjisfa, nod^ granjiSlaS 

ju ©dtjubart, anjune^men. S)ie ©pöttereien ©d^ubarts, nament* 

li^ in il^rem l^immelfd^reienben Äbftid^ gegen bie fiobeSer^ebungen 

in bem ©ebid^t „an ©uibal" reid^en ^in, um ben gangen |)a§ 

ber ÜDonna ju ertlären. — „Sld^meb" im obigen SBrief ift ^(bbul 

^amib (ügl. ©eber, SBeltgefd^ic^te XIII, 559. 571), üon 1774—89 

türfifdier ©ultan. „?(d^meb," urteilt ©d^ubart in ber Sl^ronif 

1776, ©. 12, „fd^Iummert auf feinem ©ofa ober überläßt fid^ in 

ben Armen einer Sirfafferin ben entmannenben SBoHüftcn" — 

ttjäl^renb, wie eS im ^wfammen^ang ^eißt, baS ottomanif^e 3ieid^ 

fid^tlid) üon feiner alten ®röße ^crunterfinft. ©d^ubart üer- 

toed^felt offenbar bu SJiamen 8(dt|meb unb |)amib. S)ag fpäter 

anjufül^renbe „©enbfd^reiben an ©d^ubart" wirft il^m öor : ©eite 183 

(beS :3a^rgangS 1787) nennen ©ie i^n Äd^meb IV., ©eite 185 

äbbul ^amib. ^m ,,2^ür!engefang" (Medam ©. 185), ber am 

17. :Qiuni 1774 juerft in ber ffil^ronif erfd^ien, lieiSt man in ber 

erften ©tropfe ebenfalls: 35ater Äd^meb. ^n ber Stummer üom 

23. ^uni 1774 ^eißt eS, feine fultanifd)e SKajeftät fei in ^infid^t 

auf baö weiblid^e ®efd^leä|t fein Softüeräd^ter. SJieben biefem 

weid)Iid^en unb wollüftigen 3^ürften, i)ti^t eS alfo, faß feine SKari* 



VI. SJcr^aftung. 165 

aimc. 5ür biefe SWartanne weiß iä) feine jutreffenbe ^Deutung. 
JWtterS aWarianne im ©igtoart fann nidit tt)ol|I gemeint fein; 
bcnn biefer Vornan erfd^ien 174 ^ai)x mä) ©d^nbartg 93rief an 
|)aug. ;j5ft aWarianne in ©d^nbartö Sinn üieKeid^t = „8(nna:= 
märgelc = Slnbäd^tlerin, n)einerlid)e SBeibgperfon, eigentUd^ Slnna 
2Raria"? (©d^ntib^ f(in)äbifd^e§ ©örterbud^ @. 211.) 

©d^ubart l^attc über be§ ^erjogö SSerl^ältniiS jn einer SWtitreffe 
gefpottct; bem gefangenen !Did^ter foHte nnn ba5 e^elid^e ^nfammen* 
leben mit feiner ®attin nnmöglit^ gemad)t werben. 'jSlan lefe 
bag @ebtd)t „Siebe im terfer" (Steclam @. 57), bann n)irb man 
begreifen, wag für ein niebriger SBeweggrnnb ben ^erjog trieb, 
ben üDtd^tcr t)on feiner ®attin jn trennen nnb warum er 9 :3ial^re 
lang biefe ni^t fe^en burfte, wäl^renb ajlörber unb ®aIIioten 
ben SBef ud^ ber Qi^riscn empfingen. Qn ber „ ® e I b ft a n f I a g e ", 
bie in ben gewöl^nlidien ®ebid|tfammlungen nid)t fte^t, lefen wir 
(»leclant ®. 44): 

„Unb nun martert mid^ bte ßiebc, 

©infam, o^ne 2^roft öon btrl 
SBUbe, ungefttffte ^^riebe 
S3raufcn fd^äumenb auf in mir; 
^ä) mit auSgeftreciten $änben 
@reif xd) nad^ ben fd^toarsen SS^dnben, 
@Iaube, SBetb, eS fei betn S3ilb ! 
Unb mein mä ift ftarr unb totib*" 

Sin biefe Sluffaffung ftreift fd^on 5- 2:r. ©d^oH, wenn er in 
feinem 3Berf : „S)ie legten ^unbert ^a^vt ber beutfd^en Sitteratur" 
I, 131 fagt: „@ewi§ ^ätte ber ^erjog, wenn er nid^t anbre 
SWittel gefnnben l^ätte, il^n auf fein ©ebiet ju loden, ben lodern 
3SogeI am Ieid)teften burd^ fiiebeSne^e gefangen. SBenn er aber 
aud^ nid^t burd^ Siebe gefangen würbe, fo würbe er um fo ge* 
tt)iffer an ber Siebe geftraft. ©eine fd)were unb lange Serfer- 
^aft würbe il^m geftiffentlid^ burd^ Äbfonberung t)on feiner g^milie 
erfd^wert unb bie ^^age Iä§t fid^ aufwerfen, ob nid^t ber §erjog 
i^n eben an bem Seil befonberS ftrafen wollte, an bem er üon 
Sd^ubart angegriffen war. Slud^ bag ©d^ulmeifterlein warb il^m 
auf barbarifdfie SBeife gu fül^Ien gegeben." ^a wo^I. ©er ^erjog. 



166 VI. »cr^aftung. 

unter beffen g^el^Iern ©telfeit unb S^rgeij obenan ftanb, ttJoHtc 
il^nt nun jetgen, ba^ er n)trflid^ ein ©d^ulmeifter, ein ©rätcljcr 
fei. @r toax \a bamafe/ tüie ©trauß bemerft, in feinem päba- 
gogif(j^en ©tabium; ber burd^Iaud^tige ©rjiel^er glaubte einen 
ganj befonberen SBeruf ju tjerf puren, ÜDeutfd^Ianb feine ®enieö, 
biefeS fnorrige SSoH, gerabe ju jieljen, if)re üppigen 9lanfen mit 
franjöfifd^er ^agfd^eere ju befd^neiben. Söie er wenige ^^aljre 
fpäter in ©dritter htm beutfd^en SRouffeau feinen Querfopf jured^t* 
äufe^en ?(nftalt mad^te, fo galt eö l^ier, einen beutfd^en SSoItaire — 
benn fo ^atte man il^m, nad^ be^ ©oljneö SSerfid^erung, ©d^ubart 
bargefteHt — in Sorreftion ju nel^men. Unter biefem ®efid^t§* 
punfte toax e^ nun Ieid)t, bie ©efangenfd^aft be§ unglüdflid^en 
ÜDid^ter^ in§ Unenblid^e ju verlängern. „2Baö i^ren 5Dlann be^ 
trifft, antwortete er ein ^af)x naä) ©d^ubart^ ©efangennel^mung 
beffen um feine fioSlaffung bittenber ©attin — fo foK fie einen 
gebeff erten Söiann wieber befommen ; für je^t ift er nod^ auf ^xx^ 
wegen begriffen." — 

5tanji§fa§ SBetragen gegen ©d^ubart — ^ier l^ilft feine 
©d^önfärberei — gel^ört nid^t in ba^ ®ebiet beö ewig ©eiblid^en, 
fonbern in ba§ Sapitel ber weiblid^en ©d^wäd)e, ber gereijten 
©mpfinblid^feit unb 9tad5fud^t. Um jebod^ nid^t ungered^t ju 
werben, muffen wir bebenfen, ba§ biefe (Smpfinblid^feit ju jener 
3eit in ber Suft lag. ÜDie SBi^worte be§ 9ieftor§ Älbred^t in 
3^ranffurt a. SD?, brad^ten nid^t feiten bie ganje ©tabt in 3lufruf|r 
(ügl. ®. 2. Sriegf, beutfd^e ^Iturbilber au§ bem 18. ^ai)x* 
l^unbert, ©. 142 ff.). SBie fel^r l^atte ferner gnebrid^ ber ®ro§e 
feine ©piJttereien über (Slifabetl^ unb bie ^ompabour ju bereuen! 
2Bie g^riebrid) ber ®ro§e war aud^ fein SBewunberer ©d^ubart 
ein g^einb ber SBeiberl^errfd^aft in allen ©eftalten unb auf allen 
®ebieten unb bereitete fid^ burd^ feine 3Bi^e barüber fein eigene^ 
SSerberben. ®ewi§ war jene 3ctt nid^t nur bie Qdt ber ©mpfinb*» 
famfeit, fonbern aud^ bie ber ©mpfinblid^feit. — 

^n ber neuften 3cit ^at @. 3SeIt| fid^ bemalet, graujisfa t)on 
alten Rieden, bie man an if)rem SBenel^men gegen ©d^ubart ent^ 
beden fönnte, rein ju wafd^en. ©. 93 Iä§t fie eö unentfd^ieben, 
ob fid^ ^raujiöfa für ben gefangenen ©d^ubart nid^t t)erwcnben 



X 



VI. ajcrtaftung. 167 

wollte ober nid^t fonnte. „^^aujisfa« eigener ©tolj unb i^rc 
fjraucntoürbe/* fagt 6. 25elt), „empörten fid^ über bte üon ©d^nbart 
erlittenen Seletbignngen. ?lld ©cfeubart auf beut «^perg eintraf, 
toar fte mit bem §erjog jugegen, unb er würbe an t^rem g^enfter 
t)orübcr nadf) feinem Surm gefül^rt/' in jenes fdt|auerlidf)e, öon 
mir fclbft gefeljene 9?erlie§, baiJ er ju biefcm 3^c<ä^ erbaut unb 
feiner beliebten gejeigt Ijatte. Tantaene animis coelestibus irae I 

Steuer SRettungöüerfud^ : „SBie ber §erjog, fo mod^te — 
mod^te — audf) fie in nod^ fdf)U)ärmerifd^er SBeife ben ©ebanten 
an eine nur burd^ ©trenge — burd^ unmenfdf)Iidf)e, barbarifd^e 
©trenge — gu erreid^enbe moralifd^e SBefferung bc8 feurigen 
3)id^ter§ gefaxt l)aben." ^attt bodf) baö l^ol^e ^aar bebadt)t, 
ba§ ©d^ubart 11 ;j^al^re jünger ate ber .t)erjog tvax, baß, toie 
©d^nbart felbft in ber S^ronif fagte, baS junelimenbe Filter i^n 
ruhiger unb gcorbneter mad^te, unb ba§ bie ^el^Ier eines dürften 
f^ttjerer in« ©etoid^t f alten, ate bie eine« 3cit^"9^f^^ciberS. 
3)ad^te Sari im ^a\)xt 1778, aU er an feinem fünfjigftcn Ge- 
burtstag jenes ©ünbcnbefenntnis mit bem 35erfprcdf)en, fünftig 
beffcr gu regieren, üon allen taujeln beS SaubcS üericfen Iie§, 
uid^t baran, ba§ in feiner näd)ften Siäl^e ein Unglüdlidf)cr fd()mad^tc, 
ber, üon toetd^er ?trt feine SJerge^en getocfen fein mod^tcn, ein 
^ai)x ber f d^auerDoUften ©efangeufd^aft überftanben l^atte ? Dadfjte 
er nid^t baran, biefcn (Stenbcn frei gu geben, bamit er, toie ber 
|)erjog, ein neues, beffereS Seben beginnen fönne? 

Dod^ (S. 35eh)S SRettungSüerfud^ befd^riinft fid^ nidf)t auf bas 
genannte SBud^. Sie »irb im 3Beißwafd)en üon ü)?o^ren immer 
gemanbter unb erl^ebt in bem Ärtüel: „5)er ®cfangcnc öon 
^o^enaSperg. STOit SBenu^ung öon nod^ nid^t öcröffcntlid^tcn 
^rd^iöaften" in ber ®artcnlaube 1875, 18, i^re ©timme laut 
unb nad^brüdflid^. ÜDie ©alantcrie gebietet uns, obgleid^ toir 
bamit einigermaßen ber ®efdt)id^te vorgreifen, biefen Ärtifel, ben 
bie genannte ^^^tfd^rift unter bie „®allerie ^iftorifdt)cr (Sntpl^ 
lungen" einreibt, je^t fd^on gu betrad^ten. Die S5erteibigung 
g^ranjiSfaS geftaltet fid^ ^ier ju einer Auflage ©d^ubarts. ©d^u* 
bart, tcfen mir l^ier, l^abe fein reid^eS Talent jerfplittert , fein 
ganjeS frü{)ereS Seben fei ein jerfa^rencS unb ru^elofeS gett)cfen 



'/ 



168 VI. »er^aftung. 

(auä) ba^ in ©eiöliugen, Augsburg unb Ulm?) ol^nc DoUeö ^ar- 
monifdieS ©d^affen (fanb er btefcg auf bem Slöpcrg?). SSon biefer 
i^ö^e, l^ei^t cö weiter, feien feine fd)önften unb gelungenftcn 
Siebet l^inabgcftattcrt — wollet tt)ci§ @. 35el^, ba§ er in ber 
g^teil^eit fid^ nid^t nod^ fd)öner, ^errlidfier tntmidt l^ättc? 3Bitt 
fie ben ÜDid^tcr Sügen ftrafen, wenn er bie SSorrebe ju feinen 
®ebidt)ten wn feinem Slöperg au§ nod^ gwei i^al^re öor feiner 
SSefreiung mit ben SBorten fd^Iie|t: 5ßur bie ©ebirgöl^öl^e ber 
^rei^eit n^eitet bie ©eele, unb ber ^ed^tfd^aft ®eHüft verengt 
fie? @. SSel^ beruft fid) mel^rfad^ auf ©trau§. ^ä) üertüeife fie 
auf ©trau§ I, 357 ff., n)o ba^, toa^ @. aSelt) aU f)o^c fürftlid)e 
©nabe preist, nämli^ baß ber ^erjog ber ©attin beg üDid^ter^ 
ein i^al^rgel^alt auswarf unb für feine Sinber forgte, afö einfädle 
©d)ulbig!eit beffen, ber i^nen il^ren ©magrer raubte, unb pgleid^ 
afe tIugl^eitgüorfd)rift betrad)tet mirb; er wußte, ber 93iffen, ben 
er ber ^amilie beö ©ingeferferten l^intt)arf, werbe bei bem Stumpfe 
unb Sne^t^finn ber SÖienge, befonber^ in ©eutfd^Ianb, aU f)oä)^ 
^erjige 2BoI)It^at auöpofaunt werben — unb fo gefd^a^ e^ nod^ 
im ^a^r 1875 in einer ber freifinnigften ^citf^riften be§ beutfd^en 
9ieic^g. „Die |)aft ®dt)ubartg/' bemerft @. SSelti weiter, „beftanb 
nad) bem erften ^al|r lebiglid) in ber SBefdt)ränfung feinet Stuf* 
ent^Itö auf ben Sl^perg; tx befaß ein Slaüier unb burfte jeben 
SSefud) entgegennel^men." ÜDieö ift mel^r aU ©d^önfärberei, id^ 
tierweife auf ©trauß II, 4, wornad^ ©d)ubart erft gegen ba^ 
@nbe be^ ^af)xt^ 1780 — be§ üierten feiner ®efangenf(^aft — 
bie ©riaubnig ju fd^reiben erhielt, bod^ unter SRieger^fd^er 3^^f"^r 
unb ba^ bie ©rteilung ber fogenannten g^eftungöfrei^eit in biefelbe 
3eit fäHt. 33aß ber ^erjog bei allen SBitten unb ©erwenbungen 
für ©d^ubart ungerülirt blieb, finbet bie SJerfafferin burd^ ©d^u^ 
bart^ K^arafter unb SBenel^men begrünbet. — Um mit @. 93el^ 
aufjuräumen, bereinigen wir nod) i^re Äußerung über ba§ S3e^ 
nel^men be^ ^erjogg gegen ben freigeworbenen 35i^ter. „®er 
^erjog l^atte nun, fagt @. SSel^, bie ©teßung für i^n gefunben^. 
weld^e feinem S^alent am angemeffenften war unb ber Söelt gegen» 
über feinen Anlaß ju klagen gab." ®egen biefe Äuffaffung öer^ 
weife id^ einfad) auf ©trauß II, 181. „©ercniffimu^, fo würbe 



VI. SSer^aftimg. 169 

fc^on bamate bie 35cräögcruug wn ®d)ubartö SScfreiung befd^öuigt, 
motte ftd^ nidfit begnügen, ii)n in 3^rei^eit jn fc^en, er njotte il|m 
überbieö Stmt nnb 93rot annjetfen. Slttjngnäbig! ober t)ielntel)r 
abermals nnr fing genng. ^m Stnölanbe ^ätte @d)nbart feinem 
^erjcn Suft gemad^t nnb bie Unred^tmäßigfeit ber @efangenfd)aft 
unb äffe bie ®rcuel ber I^rannei, bie tooj^renb berfelben an tl^m 
t)crübt tDorben waren, rüdfid)töIoS in ben brennenbften färben 
öor bcm Singe ber Station anfgefteßt. 33em war üorgebengt, wenn 
er ben 35id^ter in feine eigenen ©ienfte nal)nt; fo ftopfte er xi)m 
bcn SWunb bnrd^ ein ©tüd Sorot, ba^ überbieg, wie il)m fein 
Oberft ©ceger flar t)orgered)net ^atte, ©d^nbarts wieber anfsn^^ 
netjmenbe K^ronif ber a!abemifd)en SJrnderei boppelt nnb breifad^ 
beja^Ien mnßte. — !J)a§ ^^anji^fa bem ®idf)ter feine ^rei^eit 
anfünbtgte, be weift bnrd^and nidt)t, wie 3SeIi) in i^rem SBnd^ @. 181 
be^anptet, i^re an feinem @d)idEfaI bewiefene Seitnal^me nnb lä^t 
\\6) wo^I beffer ate ein anf baö ^nblüum bered^neter Il^eater^ 
^icb anffaffen. 

35te widf)tigfte „(Sntpßnng" ber 93erfafferin ift aber no^ jn 
beridtiten. 8lm 30. :Q;uni 1789 rapportiert ©eeger über ein ©tüd 
ber ©d^ubartfd^en K^ronif, weil etwa^ wn ber l^ö^ften ^erfon 
ber ^eräogIidf)en S)urd^Iaudf)t barin gerügt fei. „ÜDa ber §of* 
mib X^caterbid^ter ©d)ubart mid^ gar nid)tg tjorl^er üon biefer 
Mge miffen tie§, nnb an^ ebenfowenig üon biefem SBnd^e felbft, 
mcldf)eg i^m bie 33eranlaffnng bajn gab, befannt wäre, fo fd^idEte 
id( gletd^ balben nadt) biefem 35ndf)e, worauf er mir fagen ließe, 
ba§ er e^ wirflid^ gar nid^t bei ber §anb I|ätte, aber, fobalb er 
c§ wieber befäme, mir gufteUcn wottte, um e§ an Sure I)erjogIidt)e 
Durd^Iaudtit einfenben ju !önnen. — ©oeben erl^alte id^ Don 
Sci^ubart ba§ oben nntertl)änigft bemerfte 93ud^, weld^ei^ id^ htv 
lege." Sari fri^elt mit SSIciftift auf btn Jftapport: „@rl;alten nnb 
jinbc e^ unter meiner Sürbe, auf ba§ ©efd^rei eine^ SBIätter^* 
fd^reiber^ ju attenbieren." ^ä) I)abe ben betreff enben 93anb ber 
^xonxt gelcfen; e§ fann nur bai^ ®ebi^t gemeint fein: „SBitt* 
lomm. S)en 13. SWai, aU unfer ^erjog ^eimfam." (Sieclam 
S. 113.) e« erfdf)ten in ber ß^ronif 1789, ©. 321 unb lautet 
in ber britten ©tropI)e alfo: 



^z- 



170 VI. ajcrHtUttß- 

M^ tobtoeiiSfagenb in bed Od^iffed Sitten 

S)aS Sßaffcr brang, 
3)a öat fein*) 2lnn btd^ aus bcm ©d^iff gehoben, 
®]&' c8 mit fnrd^terlid^cm ^oben 

S)te toilbe (See öerfd&Iang/ 

SÄadf) SScItiö SBud^ ®. 184 mad^ten Sari unb g^ranjt^fa tm^ 
;3[anuar 1789 eine 9letfe nad) ?ßari§ unb begaben fid^ öon ba 
nad^ ©nglanb. „SKontag, ben 23. gebmar, ging man ju ©alai^ 
an Sorb, morgcnö 9 Ul^r. SJenfelben Sag abenbö loar bte 2[n== 
fünft ju üDoöer, nad^ großer Sefd^roerlid)fctt," erjäl^It ber ^erjog. 
S)ie 3^i^^9 fiiflt ^i"^^ 9^otij, bte üon bem ©tntreffen in Sonbon 
berid^tct, l^inju: ,,35er ^erjog unb bie ^erjogin üon SBürttemberg 
unb i^r befolge Ijatten ju 33ot)er ba§ ©d^tff erft eine SJiertel* 
ftunbe üerlaffen, ate eö unvermutet in Sirümmer ging unb öerfan!." 

ÜDiefen SSorfaH, ben ©d^ubart in irgenb einem Sud^e ge^ 
funben l^aben mu§, l^ätte er nid^t ertoäl^nen, nid^t Dor einem 
großen ^ublifum bepngen foKen. ®a^ SSoIf fonnte ja baburd^ 
auf ©ebanfen fommen — wie, ba§ ©rbcngötter aud^ aKenfc^en, 
fterblid^e ÜÄenfd^en feien unb ba§ fd)on Diele ^errfdt)er eine^ ge^ 
waltfamen Xobeg geftorben feien, ba§ @ott DieHeid^t \^txi ^erjog 
für fein frü^ereö Scben burdö S:obeöangft unb SiobcSgefa^r be^ 
ftrafen woHte. Söar ja bod^ aud^ bie Änjeige, ba§ bie Saiferin 
SDlaria Sl^erefia plö|lid5 an einen ©d^Iagflufe geftorben fei, al^ 
^od^öerräterifd^ betrad^tet morben. — 

|)iemit üerabfd^ieben mir un« Don einer !Dame, Dor beren 
©dt)önfärberei mir aßc Äd^tung ^abcn. — 

SKan foKte es nid^t für möglid^ galten, menn t% nid)t fd^marj 
auf mciB ju lefen märe, ba§ jjc^t nodt) viele bie Urfadt)e von 
©d^ubartö ©efangenncl^mung in feinem ©ebid^t „bie ^Jürftengruft" 
finben. ®o fagt SRuboIf von (Sottfd^aK in feiner SBiograp^te 
©d^ittcrS ®. 292: „(ginjelne ©ebid^te be« SKufenalmanad^S cr^ 
innerten an bte gel^arnifd)ten g^el^bebriefe gegen bte g^ürften, meldte 
ben 35id^ter ©d^ubart auf bie ^^fto^Ö |)ol^enaöperg gebrad)t l^atten." 
Unter bem SWufenalmanad^ !ann ©ottfd^att nur bie von ©dritter 



*) S)e8 tl^n begleitenben ©c^u^engelS. 



VI. «er^aftung. 171 

rcbtgicrtc „Äntl^ologic auf ba« ^a\)x 1782" öcrftcl^cn. ©ottfd^aö 

meinte Toic ein SBIid in bie Anthologie jetgt, bie Sluffd^rift einer 

tffirftengtuft, ber (Stöberet, bie fdf)Iimmen SWonatd^en, wo^I mid^ 

bie „2:otenfeier am ®rabe ^l^ilipp ^riebrid^ t)on JftiegeriB". 

©d^on bie Stuffd^rift biefer ®ebid^te erinnert an ®df)ubart8 be* 

riil^mte ^,8^ürftengruft". SBaö nun ©ottfd^aö unter ©d^ubartö 

gel^arnifd^ten 3^el)bebriefen gegen bie dürften öerftel^t, ift nid^t ganj 

flar. 35en!t er babei an üerfd^iebene ?trti!el ber beutfd^en Sl^ronif 

ober an ©df)ubart^ gürftengruft ober an bie Sl^ronif unb bie 

g^ürftcngruft jufammen? ^ä) tenne nur einen gel^amifdf)ten g^el^be* 

brief ©d^ubart^ — nid^t gegen bie ^ä^lic^ überhaupt, fonbern 

gegen bie f d^Ied^ten dürften ; eben feine gürftengruft. 5)ief e aber 

brad^te ben Did^ter nid^t auf ben Äi^perg, aug bem einfadfjen 

©runbe, »eil bie ^ürftengmft erft auf bem StiSperg entftanben 

ift. ®ebid^tet würbe fie nad^ Subtoig ©d^ubart im britten, nadf) 

©trau§ (SIeine ©d^riften ©. 450) im öierten ^af)x (1780) feiner 

©efangenfd^aft. ^ä) geftel^e, ba§ mir ©trau§ e^er red^t ju l^abeu 

fd^eint, afe ©dt)ubart« ©ol^n. ^m ©rudf erfd^ien bie gürftengruft 

nad^ ber I;iftorifd^*fritifd^en ©d^illerauSgabe I, 379 juerft im 

^tanffurter SKufenalmanad^ auf ba^ ^af)x 1781, »a« eben »ieber 

für ba§ 3fa^r 1780 afe bie 3cit ber (Sntftel^ung beö ®ebid^te« 

Wä)t aSenn 5WilIer am 14. Dftober 1780 an SIopftodE (Sappen* 

berg, Sriefe wn unb an glopftodE ©. 297 unb 98) fd^reibt: 

,,Sefen unb SlaDierfpielen barf er, aber nx6)i fd^reiben. ÜDodt) 

foH er ein fel^r freiet ©ebid^t ,,bie ^ötf^"" gcmad^t ^aben/' fo 

bemcigt biefe tußenmg blojs, baß Söiittet biefe ^ürftengruft nid^t 

gclefcn l^at; für bie Qtit i^rer ©ntftel^ung giebt fie feinen ?(n* 

^altgpunft. äl^nlid^ äußert fidt) ©eber in feiner SBeltgefd^id^te XII, 

954: „ÜDer 3)id^ter 3)aniel ©df)ubart, ber in feiner gürftengruft 

ein tief einfd^neibenbe« SBitb Don ben an biefem §of l^errfdfienben 

3uftänben entwarf, mußte feinen fjreimut burd^ gci^niftl^tige §aft 

auf bem ?t«perg unter ber ftrengen 3^^^ eine« engl^erjigen, pie* 

tiftifdien SJommanbanten büßen" — afe ob iRieger bi« 1787 

©d^ubartS SSorgefe^ter gemefen wäre ! XIII, 639 begfelben 3öerf« 

tüirb ©d^ubart gelegentlidfi bei ©dritter« Qfugenbjeit wieber afe 

Opfer t)on |)ergog Sarfe tt)rannifd^er Saune genannt unb bai^ 



172 VII. ^o^tna^ptvq, 

^df)x 1794 (ftatt 1791) aU fein Zobt^\a^x angegeben. SSarunt, 
fo ntu§ td^ ftagen, wirb benn in biefent 93ud)e ©c^nbart blo^ in 
ber poIitifd)en @efd)id^te nnb in ©d^iUerg :j$ngenbgefd[)i^te nnb ni(^t 
andf) in ber ®efd)id)te ber bentfd^en fiitteratnr txtü'dt)nt? SSerbtcnt 
er btefe @l^re n)eniger, ate Senj, Slinger, SBürger? — Qnx SScr=^ 
breitung biefer falfd^en SWeinung fd^eint ©d)illerg @d^n)ägerin, 
Caroline tjon Söoljogen, tjiel beigetragen ju l^aben; in i^rem 
Sud^ über ©dt)ilter§ Seben ©. 24 fprid^t fie nämlid^ öon be§ 
S)idt|terö ©d^ubart ©d)idEfaI, ber auf ber SBergfefte ^ol^enaöperg 
burd) jahrelange ©efangenfd^aft für fein ©ebid^t „bie prften* 
gruft" hix^it, — Siegt man ©d)ubartö „prftengruft" nnb l^ört 
man üon feiner ©efangenfd^aft, fo öerbinben fid^ in bem topf 
berer, bie bie ©ad^e nid&t beffer wiffen, beibe Sl^atfad^en faft 
unnjiüfürlid) fo miteinanber, ba§ bie „g^ürftengruft" ate Urfad^e Don 
©^ubartö ©efangenncl^mung aufgefaßt toirb; in SBirflid^feit l^at 
fie nur jur Verlängerung, DieHeid^t aud^ pr 9Serfd)ärfung ber^ 
fclben beigetragen. — 



VII. 
^0l}enfl0per3> 

@g ift ^t% uns nad^ unferm ©efangenen njieber umjufel^en. 
@r liegt in ber gewölbten ^t^t eines alten SurmeS, t)on bereu 
^iegelboben, bereu raud^gefd^toärjter SBanb mit bem brol^enben 
tettenringe, bereu l^anbbreit |)immel üor vergittertem ffenfter 
feine ©ebi^te unb SBriefe toieberl^olte SRelbung tl^un; fein fiager 
©trol^, bie ßuft bumpf, \^oSi^ Sfyca ber ©d^Iafrod am ßeibe oer* 
fault; bie einjigen SWenfd^engefid^ter, bie er ju feigen befommt, 
baS eifeme beS Sommanbanten unb bie ftummen ber fieute, bie 
il)m feine färglid^e Soft unb fein 3ift^^^c^^<^ff^^ bringen. @r 
wagt nid)t ju beten, weil er ^okftt lang nid^t mel^r gebetet l^at 
unb nid|t glauben !ann, ba§ fein ©ebet fogleid^ erl^ört werbe; 
bod^ rafft er fid^ auf burd^ ben ©ebanfen, ba§ ®ott bie Siebe ift. 



VII. ^o^cnaSpcrg. 173 

gr fd^reibt an bie 93Banb mit 9lu§: „'Denf an ben SCob!" unb 
jo oft er fein ©trol^ auffd^üttelt, feufjt er: ,,^6), ttjenn eine barm* 
^crjtge §anb fo bie ©päl^ne in meinem ©arge anffdiüttelte." 
@r jäl^It auö Sangerweile feine Iritte, feine ^ulöfdiläge, alle 
©palten unb 9ä^en im ^erf ergewölbe , bie ^äben an feiner 
ÜRatra^e; er wieberl^olt, ttjaS er auö üerfdiiebenen fünften unb 
SBiffcnfd^aften gelernt l^at, ftel^t aber baüon ah, weil er fid^ niemanb 
mitteilen fann; er fud^t enblid^ (»gl. oben ®. 190) bie 51Äenfd^en 
aus il^rer Stimme fennen ju lernen. 

5yhin beginnt baö Jöefel^rungj^ttjerf. ®d|on in Ulm l^atte er 
fdiroerc innere Mmpfe mit bem Unglauben burd^gemad^t unb fid^ 
tjorgenommen, einmal bie Sieligion red^t grünblid^ unb unparteiifd^ 
ju prüfen, um fid^ für ober wiber fie ju entfd^eiben. @r l^atte 
bieg ®efd^äft immer üerfdioben; je^t fonnte er fidi über SÄangel 
an 3eit nid^t mel^r befd^roeren. ©aö ©ewiffen wadite in il^m 
auf; tpeldie ©prad^e t^ fül^rte, feigen wir auö ber ,,®elbftanflage" 
(SReclam ®. 43). ©ein 93Beib ^atte bie ©ewo^n^eit, JBibelfprüdie 
auf 3ctteld^en ju fd^reiben unb fie an Örter ju legen, wo er fie 
fittben mufete. @r fdiien fie ju üerad^ten, bel^ielt fie aber alte im 
^crjen unb im Serfer fielen fie il^m „wie i^tmx^odtn'' auf bie 
©eele. ©inmal war er feft entfdiloffen, fidi beim SJüttageffen 
bas 5SKeffcr inö ^erj ju ftofeen, aber ber ©ebanfe an 933eib, 
Sinber, SRutter l^ielt il^n jurüdE. ©ein Sommanbant, Dberft 9äeger, 
nal^m fid^ nad^ unb nad^ feiner an, erquidfte il^n burd^ ©peife, 
Jranf, Ärjuei, Pflege unb fud|te il^n burdi ftrafenbe unb tröftenbe 
^eben unb burdi bie 51Äitteilnng t)on ©diriften feineiS SSaterö, 
?tmbtg, SBengefe unb anbrer frommen „©d^wabenüäter", um biefen 
%3brudE WIMM ju gebraud^en, für bie Sieligion ju gewinnen. 
n^n ^ingeftürjter 35erjweiftung, nal^e bem Job," erjä^lt ©diubart 
f^^ft/ ,,griff id^ einmal nadi ber JBibel, fd^lug fie auf, legte mein 
filü^cnbcö ^aupt auf bie aufgefdilagene ©tette unb ol^ne fie ju 
M^ti, f d^rie id^ : „©o la§ midi fterben, SBeltrid^ter, mit bem i^tmi^ 
9eje| unter meinen ©d^läfen !" Sllö id^ mit t)orgepre§tem Äuge bie 
Stette anftarrtc, fo war'ö bie ©efd^id^te t)om t)erlorncn ©ol^n. — 
S^ lag fie mit t)erfd|lingenbem junger beö ®eifteg. ®otteö un* 
fi^tbare Sraft brang in meine ©eele, in mein |)erj, in« aWar! 



174 VII. ^ol^ena^pcrg. 

meiner ©ebeine; öon fomntenbcr |)offnun9, tuie auf Jlügcln ge^ 
tragen, l)ob fid^ mein ®eift. „SJieöeid^t ftredft 2)u aud^ bie Arme 
nad) mir aui^? — ^a, ii) l^abe gefünbigt! i6) bin nid^t tpert,. 
ba§ id^ S)ein Bo\)n l^eifee! "ää) üieUeid^t, t)ieöcicf)t erbarmft 3)tt 
S)icf) meiner!" ©tröme öon S^ränen ftürjten aus meinem Äuge 
unb nft^ten bie SBibel. Sßad^ langem ©einen breitete fid^ baS 
Äid^t beiS ^immlifd^en fjriebens in meiner ©eele aus, unb id^ ftanb 
plö^Iid^ geftärft öon meinem Serferbobcn auf." . . . aWerfroürbig,. 
roeld^e JRoöe baS ©leid^nis t)om verlornen ©o^n in ©d^ubartS 
2tbttx unb SBerfen fpielt. — @in anbermal lag er auf bem SBoben 
feines SerferS unb betete für feine Sieben, feine SJerfoIger, bie 
Seit. ?ns er naö) feiner ©enjol^nl^eit mit bem ©eufjer fd^Io§: 
„5Äid^tS foll mid^ fd^eiben öon ber fiiebe ®otteS", fo glaubte er 
bei bem SSSort Siebe in ©trömen t)on fiid^t ju fd^wimmen. ®^in 
Sog fd^ien il^m nun erträglid^er unb er fdilief fanft ein. ®r 
mad^te t)on nun an ben ©a|, bag @ott bie Siebe fei unb ba^ 
bie bitterften ©d^idEungen jum SBeften feiner ©efd^öpfe abjwedEen, 
jum 3RitteI))unft feines ©tiftemS. Seine Seigre tt)arb i^m ba^cr 
öerl^a^ter, als bie öon ben ewigen ^öUenftrafen, unb er jog mit 
aüen SBSaffen feines ©d^arffinnS gegen fie ju i^dbt. ÄuS feinen 
©ebid^ten gel^ören l^ierl^er befonberS Sleclam 287, 389, 369. — 
!Den ©infamen, bem ©efpräd^ unb ®efellfdt|aft SebürfniS mar^ 
befud^te in feinem ©eföngnis feine alte greunbin, bie ?ßocfic. 
„^ö) mad^te," erjäl^It er, „anfangs ©ntwürfe ju Siomanen, @e* 
bid^ten unb anbern SJüd^ern, unb oerfud^te eS juweilen, ob id^ 
nid^t wie 2Küfer mit ber Sid^tpuge fd^reiben fönnte. @S gelang mir^ 
unb idE) verfertigte auf biefe SBeife mandEjeS geiftlid^e Sieb, aud^ 
anbere ©ebidEjte, oon benen einige wol^l oerbient Ratten, gebrudft 
jU werben. Aber man merfte eS balb unb feilte bie ©pi^e an 
ber Sid^tfd^eere ab. !Die verfertigten ©ebid^te würben mir ab* 
genommen unb finb nad^ljer verloren gegangen. ^6) bcbaure 
barunter: bie ^reitieit, ein ©ebid^t an Älo))ftodE; eins an 
aWiUer unb einen Entwurf: ber verlorne ©ol^n. ^äf verfud^te 
es aber mit bem 3)om meiner ^iefc^naHe unb machte mir 
wieber SSerfdiiebeneS. Slber biefe würbe mir entwenbet. ffinblid^ 
bel^ielt iä) eine ®abel; aber man entbecfte aud^ bieS unb brot)te 



VII. ©ol^cnagpcrö» 175 

mir mit bcr Settc. — Unb nun liefe i^ aflcö fahren unb warf 
mic^ ganj in gciftlid^c Übungen l^inein." ©qju macf)t Subwig 
@d|ubart bic begrünbete Slnmcrfung: „@ine n)icf)tigc ©teüe für 
bicjenigen, bic ben |)ang meinet SSaterS jur STOtiftif unb Sl^eofopl^ic 
in ber tJ'^Ige fogar nid^t begreifen wollten." 5Äur ift'S fonberbar, 
bafe Subwig ©c^ubart fagcn fann, fein SSater fei mit allen An* 
lagen jum größten epifd^en ®ebicf)te auggeftattet gewefen, unb ed 
fei ju bebauern, bafe ber Anfang jenei^ auf jwölf ®efänge be* 
rechneten unb jum britten leil fertigen @poÄ : ber öerlome ©ol^n 
t)on SRicger entbedt, fonfiöjiert unb üemid^tet würbe. 3Benn 
6d)ubart felbft biefen t)erIornen ®oI|n für ba^ Sefte l^ielt, wad 
er auf bem Äi^perg fang, fo war er ba in einer argen ©elbft* 
täufcf)ung befangen. S)er aftl^matifd^e ©d^ubart unb ein ffi))od 
i)on jwölf ®cfängen! ©iditer l^aben fel^r ^ufig fein rid^tigei^ 
Urteil über ben SBert itirer ©ebid^te ; man fönnte |)orajeng Urteil 
über feine Oben, Seröante^ über ^erfileö unb ©igii^munba, 
®oet^eg über ben jweiten Seil gauft anfül^ren. — 

'Jlaä) Umflufe biefer 377 Xage, am 3. gebruar 1778, a(g 
Sd^ubart fd^on nid^t mel^r gelten fonnte, an ben 3Bänben fidE) 
galten mußte, um nid^t umjufinfen, würbe er enblid^ in ein er* 
trägHcf)erei^ Sofal, ein trodEeneö unb luftigei^ 3i^wter üerfegt; 
aber immer nod^ ol^ne ©d^reibmaterialien, ol^ne Slaüier, t)on abenb^ 
8 Uf|r an, wo er fein Sid^t Iöfcf)en mußte, bx& jum f))äten 3Binter* 
morgen ben ©d^redEen ber Ji^ftemii^ preisgegeben; öon JBüd^ern 
warb i^m nur jugelaffen, xoa§ ber ^ommanbant feinem |)eil ju* 
träglid) fanb ; niemanb burfte mit il|m unb er mit niemanb reben. 
— "än^ ber naiven Sird^e l^örte er ben ®emeinbegefang ; er fang 
mit, empfanb bie Segnungen biefeS 2:age8 unb fpürte balb ein 
f)eftigeS 3SerIangen nad^ bem ^eiligen Äbenbmal^I, baS er feit 
feinem burd) S^^^^Q erfolgten Slui^fdiluß auö ber eüangelifd^en tird^e 
Württembergs, alfo feit fed^S Qfal^ren nic^t meljr genoffen l^atte. 
@S l^ielt fd^wer, bie ©rlaubnis ju erhalten. 9lad^ ben Sßotijen 
aus ber SRegiftratur beS ©pejials S^öi^S ^^^ SubwigSburg, unter 
ber SRubrif : Schubartiana, l^atte ©d^ubart gegen ben ©arnifonS* 
prebiger JJ^ber feinen SJorfag geäußert, baS l^eilige Stbenbmaljl 
ju empfangen, babei aber einige Qxod^d an ber ®ottl^eit Sljrifti 



176 VII. ©o^enagperg. 

ait^gefprodien, tt)oräber it)n ber Dberft (Siieger) fonftituiert l^abe. 
J)er neue ©arnifon^prebiger ^at)er melbet ben 29. ;j5anuar an 
3ittitig95efriebtgenbej3 über @d)ubart^ bamaligen geiftltd^en^uftanb. 
3tIIing antwortet il^m am 2. g^ebruar, ermal^nt il^n hti einem fo 
unjuüerläffigen unb löettertüenbifd^en SJienfd^en jur SSorfid^t unb 
empfielilt il^n ju neuer geiftlid^er Bearbeitung. „®ott erbarme fid^ 
biefeg armen SÖienfd^en," fd^Iiefet ber SJrief, „ber fidi in feiner 
tjorigen :$5rre niemalen über fxö) felbft unb feine arme ©ecle er* 
barmt t)at! S)ie ®nabe, bie er fo lang auf SÖiutmitten gejogen 
— ja t)ielleid|t gar gefd^mäl^et — l^at, werbe bod^ nid^t mübe 
an il^m, fonbern ergreife unb l^alte i^n feft, bafe er \i)x niemalen 
mel^r entfd^Ieidfien ober au^reijsen — unb jenem ©d^alf^fne^t 
SRattl^. 18 tt)ieber nad^arten möge. SBann ber ©d^ubart nidEit 
zhtn nur feine ^l^antafie, meldte fo fd^lü^jfrig aU l^aftig ift, fonbern 
tjielmel^r fein gauje^ |)erj unb feinen innerften ©eelengrunb biefer 
^eilfamen ®nabe I(inl^ält unb überläjst; bann i)ahz iä) Hoffnung 
ju feiner ©rrettung." 2lm 17. g^ebruar beriditet ©arnifonöpfarrer 
^at)er an 3iß^^9 tt)ieber über ©d^ubart^ geiftlid^en ^i^ftcinb, nad^ 
meld^em er ganj tt)ürbig fei, baö Slbeubmal^l ju entpfangen; fogar 
feine poetifd^en SCalente ttJoHe er allein bem |)erm aufopfern. 
Am 22. Februar 1778 beriditet 3ißi^9 ^^^ |)c^jogI. Äonfiftorium 
über ©d|ubart§ SSerlangen, über ba§ SiUixiQ nid^t allein entfd^eiben 
fönne, meil ©d^ubart fein gemeiner unb atttäglid^er ©ünber fei, 
fonbern burd^ feinen ürgerlidEien SBanbel unb burd^ allerlei Sieben 
unb ©diriften fid^ al§ einen SSeräd^ter unb (Spötter ber äöal^rl^eit 
funbgegeben l^abe, feit 1773 ejfommunijiert unb feit biefer 3^it 
nur t)on feiner aßjä^rlid^en 35erfd^Iimmerung ju l)ören gewefen 
fei. 2lm 25. Februar unterftügt Dberft 9iieger in einem ^Briefe 
an 3itti^9 ©^ubartö SSerlangen; unter bemfelben ©atum er* 
mäd^tigt fofort ba^ ^onfiftorium im 9lamen hz^ ^ßtjog^ ben 
®arnifonöprebiger auf |)o]^enaöperg, ®d)ubart, nad^ nod^maliger 
Äufforberung jur ©elbftprüfung, mofern er auf feinem SSerlangen 
bet)arre, jum l^eiligen Slbenbmal|l jujulaffen. ©d^ubart fü§tc ben 
Srief beg ©pejiate 3itt^"9/ ^^^ ^i^f^ ©rlaubniö entl^ielt, unb 
empfing ba§ ^eilige Slbenbmal^I — nad^ bem ©d^reiben ^a^er^ 
an SiHing t)om 19. SKärj — am 13. 3Rärs 1778 nad^ üoran* 



VII. $o5ena8t)cr0» 177 

gegangener SBeid^tc aniS ben |)änben ^atjerö, auf bcn Snieen liegenb. 
SiadE) einem SSrief SRicgerg an ^iMing ttjurbe ©d^ubart am 31. ^wli 
1778 tüteberl^olt fommunijiett, wobei Stieget nur tabelt, ba§ ^at)cr 
bei bcr Äbfolution ju ©d^ubart gef agt ^be : id^ t)erfünbige S^^^^/ 
ftatt, tüie bie formet lautet, @ud^ — ein Sabel, tuorin 8iiegcr 
offenbar red^t l^attc. 

®trau§ l^at ^iMingö JBencl^mcn gegen ©d^ubart einfcitig unb 
))arteüfd^ gefdiilbert. 5Da§ 3iöi^9 9^9^^ ©d^ubart, fo lange biefer 
jid^ in Subtoiggburg aufl^ielt, erbittert toat, fann man il^m nid^t 
oerübeln. ÜDcr allmäl^lid^e Übergang ber ftrd^lid^en äJiclobie in 
fel^r tt)cltlicf)e SBeifen, bcn fid^ ©d^ubart jum ©d^lufe ber oon 
3iIKng gcl^altenen ©ottc^bienfte fel^r l^äufig erlaubte, fonnte biefem 
nid^t gleid^gültig fein. ®^ ift bie^ eine gar nid^t feltene ^antor^^, 
bejiel^ung^ttjeif e ©d^ulmeifteriSunart, unter ber f d^on mand^er toürbige 
©eiftlid^e fd^toer gelitten l^at. Sei ber bamals geltenben ftrengen 
Äird^cujud^t f obann mu^tc QiUinQ gegen bie StuiSf d^reitungcn feinet 
Äantor^ in unb außer ber Sird^e ftreng auftreten, ©d^ubart felbft 
gefte^t bei ber ©d^ilberung feinet Subttjigj^burger ?lufentl^altg, bafe 
3itting bcr unfd^ulbige unb er felbft meift ber fd^ulbige S^eil »ar. 
Sr erjäl^lt, ba§ 3iöi^9 i^^ oft mit triftigen ®rünben ermal^nt l^abe, 
umjttf eieren, aber öergcblid^; er f))ottete über il^n unb lebte toie 
juoor. Sßenn il^n ^ißi^g h^^^^^ ejfommunijierte, fo ^anbelte er in 
Übereinftimmung mit ber il^m öorgefegten SBcl^örbe. S3ei ber ©d^ilbe* 
rung feine« Stufentl^alt« in Stugi^burg fagt ©d^ubart, fein ®runbfa§ 
fei gcwefcn: „Sebt, mie il^r tooKt; laßt mid^ nur aud^ leben, toie iä) 
xoxUV* Slber bieg ift nid^t rid^tig. (£r ließ bie Acute nid^t leben, ttjic 
fie ttJoDten, unb fonnte bal^er aud^ nid^t verlangen, baß fie il^n leben 
ließen, wie er wollte. !Daß 3iöiw9 ^^^ luftigen ?ßoeten ben ®enuß 
ht§ l^eiligcn Slbenbmal^fe erfd^werte, lag in ber 9latur ber ©adie. 
Merbingg mag ^iHitig über bie SBSi^* unb ©pott^jfeilc, bie ©d^ubart 
t)on Ulm au« in bcr ©l^ronif auf 3iKing abfd^oß, erbittert ge^ 
wefen fein, ©pott t^ut in bcr aicgcl roel^, unb ©trauß felbft 
gcl^örte, wie man au« feinem SBcnel^men gegen fiubwig ©teub 
bcwcifcn fönnte, nid^t ju bcnjenigen, bie f))öttifd^e unb üerle^enbc 
JBcmcrfungen leidet unb gerne t)erjeil^en. ©« mag fid) bal^cr 

^auff, ©iJ^uBort in feinem ßeBen unb feinen aBerlen. 12 



178 VII. $ol^ctta2pcrg* 

immcrl^in bei QiUinQ „eine Heine ©d^abenfteube" mit eingemifd^t 
l^aben, afe er ben l^artnä(figen Saftetet auf^ neue in feinen ^änben 
fal^; ob abet^ittitig „nut in majorem etc.", mit anbetn Motten 
jefuitifd^ gel^anbelt l^abe nnb t» xi)m nur nm feine ^ritjatrad^c ju 
tl^un gettjefen fei, baö tt)äte benn bod^ bie ^age. SBenn ^ißi^^Ö. 
anö tonfiftotinm betid^tete, e§ fei mit ©d^ubatt feit feinet SSetweifung. 
au^ SnbttJigöbutg nid|t beffet, t)ielme]^t mit jebem ^^al^te fd^Iimmer 
gettjotben, fo l^atte bet Sitd^cnbienet t)om religiöj^^fird^Kd^en ®tanbs= 
punft — nnb auf weld^en anberen f oUte et fid^ ftettcn ? — nid^t 
ganj unted^t; audi in Ulm ttjat ja mit ©d^ubatt nut eine SBenbung. 
ju einem beffeten, fittlid^etcn Seben eingetteten, öon einet avi)aU 
ten.ben, enetgifd^en SSeffetung — um ha^ ©Ott JBefel^tung ju üer* 
meiben, ttjat feine Siebe, ^ötte QÜi^^Q ^^n biefet SBenbung äum 
Seffeten l^in, fo l^atte et Utfad^e, mifettauifd) ju fein. @ttau§. 
felbft gefte^t ja: „2Bag 3ißing t)on bem Unbeftanbe bet ©d^ubatt* 
fd^en JBufefettigfeit fd^reibt, jeid^net unfern ^oeten nad^ bem fiebcn." 
3)a§ er ©d^ubart für einen liftigen SÄcnfdien l^ielt, ber 9ieue 
öielleid^t nur l^eud^Ie, ttjar freilid^ unbegrünbet; aber StitixiQ ^^^^ 
bient bej^megen nid^t bie Jitulatur: „ber fteife bogmatifd^ So))f.'^ 
— „3fn ber Slad^tmal^teangelegenl^eit," fagt ©trau§, „toerben toiv 
ben ©olbaten (9lieger) fogar — ober rid^tiger: tt)ie billig — 
ioeid^er unb menfd^Iidier flnben, afe ben ^riefter." ®anj gemi§ 
f)ätte ber ©olbat an be^ ^riefter^ ©teile ebenfo gel^anbelt, tt)ie 
biefer. (S^ tt)ar fd|on ein ®ebot ber SJorfid^t, einen S0ienfd^en 
Don ©d^ubarts ©d^Iag unb 9iuf nid^t ol^ne ttJeiterei^, namentlid^ 
ntd^t ol)ne t)orI(er beim Äonfiftorium angefragt ju l^aben, tt)ieber 
in ben ©d^o§ ber Sird^e aufjunel^men. 

©trau^ ^ai \)izx eben feinem SBibertoillen gegen ba^ ^jofitiüe 
£f)riftentum unb gegen bie ^rd^e mel^r aU biHig freien Sauf gelaffen. 

Unter ben ©pöttereien über 3iöi^9 i^ ^^^ Sl^ronif finbet 
fid^ ha^ in ber Sieclamfdien Slu^gabe ©. 485 mitgeteilte ©pigramm^. 
beffen ©tad^el jiemlid^ ftum))f ift: 

Mn 3xn. 

„3iir, ber ^poMt)ptim, 

SöctDteS mit einem tapftxn <Sd^(u6, 



YII. $o^ena8perg. 179 

3)a6 einftend mit ben frommen 

^ud^ Xiere in ben $immel fommen. 

D, fd^ric fein altes SBeib, unb freut ftd^ inniglid^, 
O tücld^ ein großer ^roft für mid^ unb btd^.'' 

©d^ubart badete, ate er btefc« (gptgrantm 1775, @. 335 in 
bcr Sl^tonif etfd^dncn lu% getüi§ nid^t, ba§ er in ein paar ;$5al^ren 
bicfclbc «ttfidit ^aben werbe. @inc« «bcnbg (II, 117 bei ©d^eible) 
)at) er, wie ein SSauer feine ^fcrbe ermübet in ben ©fall 
filierte, ber unter il^m lag . . . „"äuä) bicfer mübe alte ®aul," 
bcmcrft er, „wirb einft teil an ben ^rcubcn beg äJienfd^en nel^nten, 
ba er jc^t feinen ^^ud^ tragen l^ilft. — SBeinc nid|t, i^^^fefe, 
traurc nid^t, Araber, bu wirft beincn treuen §unb unb bu betn 
gute§ ?ßferb wicberfinben." 

!Cen 24. ijuni war fein SSruber, am 26. ;3uni 1778 waren 
Satjater unb ^al^n auf bem Stöpcrg, burftcn il^n aber, wie eö fd^eint, 
nid^t ober nur wenig fpred^cn. 5Dcn 23. ;J^uIi würbe er in ein 
anbere^, ctwa^ bunflereiS ©efängnis gef^jerrt. ^tbtn feinem 

3immer wol^ntc ^err t)on © (Sd^eiblin) auö a 

(ÄugiSburg), ben bie ©raufamfcit feiner JBrübcr wegen eine^ leidet 
öerjcil^üd^cn ^tißtxtt^ bereite ins 19. ^ai)x \)kx eingegraben 
^attc (ogl. ba« ®ebid|t: ©elmar an feinen JBruber — JRecIam, 
@. 138)* ©d^ubart entbcdEte in il^m einen ©eifteS* unb SeibenS* 
bruber; gleid^ei^ ©d^idEfal fül^rte fie jufammen; fic errid)teten einen 
ewigen fjrcunbfd^aftsbunb. ©ic bef^jrad^cn fid^ miteinanber burd^ 
eine Öffnung unter bem Dfcn, ben fie unter fid) gemein l^atten; 
burd^ biefclbe Öffnung biftierte ©d^ubart feinem SÄitgefangenen 
abenbö, nad^bem ber g^Ibwebel üifitiert l^atte, mit gebäntpfter 
Stimme oft l^albe SWäd^te l^inburd^, wag er ben S^ag über auö* 
gebadet l^atte. @in Ärug S3ier, burd^ bie Öffnung i^m l^inilbcr* 
gefd^oben, ftärfte ©d^ubart« ^l^antafie. ©o cntftanb altmäl^Iid^ 
feine ScbcnSgcfd^id^tc in jWei SSänben. SSom jwciten JBänbd^en 
fanben fid^ bie JBIätter nod^ in ber ^anbfd^rift ©d^eiblinö t)or, 
ha» Übrige fonntc Subwig ©d^ubart au^ feine« 35aterÄ ^opmtn 
ergänjen. ©d^eiblin erhielt nad^^er faft ju gleid^er Qtxt mit 
©d^ubart feine fjreil^eit. — ^^m Oftober öcrmel^rten fid^ bie 
©d^wad^l^eiten, bie il^n fd^on t)or^cr quälten, fo fel^r, ba§ er fein 



180 VII. ^ol^enaSperg. 

@nbc vermutete. Um bicfe Qtii lernte er bcn Pfarrer ^1^. 5D?attl^. 
^al^n, einen berül^mten 9Dled|ani!er unb jngleid^ 2^l^eofopl^en, an^ 
feinen ©d^riften unb burd^ ^jerfönlidien Umgang mit i^m fenncn 
(ögl. über ^al^n bie 2 ©ebid^te in ber Sieclam'fd^en Äui^gabc 
®. 133). üDiefem STOann gelang eg, namentlid^ bei feinem ©e* 
fud^ am 14. 5Wot)br. 1778, alle Zweifel au§ ©d^ubart^ ©eele ju 
öerbannen unb il^n gang unb gar für fein m^ftifd^4]^eofopl^ifdf)c^ 
®t)ftem ju gewinnen. ®egen öerfdiiebene ÜDogmen, mie tjon ber 9Scr= 
bammni^ ber Reiben unb ben ett)igen ©trafen, empörte fid^ ©d^u= 
bart^ gauje^ SBefen; ebenfowenig fonnte er an bie t)öllige, gmnb* 
mäfeige SSerborbenl^eit ber menfdilid^en 5Watur glauben, ^n ber 
Offenbarung üermifete er l^auptfäd^Iid^ bie Allgemeinheit. ÜDarübcr^ 
tt)ie über bie bibüfd^e SBered^tigung ber Se^re t)on ber SBieber* 
l^erftellung beö 3ÖIS, ber SBieberbringung alter 35inge, bie übrigen^ 
in it)ren ©runbjügen aud^ Slopftod in feinem SWeffiag befennt^ 
belel^rte unb beruljigte il^n fein il^m t)on SKeger öerorbneter 
©eeienarjt — ®trau§ fagt freilid^ „QuadEfalber" (I, 354). 
@g ift ba^ ©efd^madEfad^e. Über ^ißi^S ^^^ ©d^ubart nad^l^cr 
wieber gef))ottet, SRiegerö ©d^wäd^en waren il^m wol^I bewußt; 
aber t)or §al^n ^tte er big ju beffen lobe bie reinfte §od^* 
ad^tung. (£ö war eben, wag ©traufe nid|t genug erwägt, in 
©d^ubartg ©eele etwaö, baö ilju ju §al^n l^iujog. !©a§ in ber 
menfd^lid^en ©eele gel^eimnigüolle, hi^ je^t nod^ wenig erforfd^te 
Sräfte »erborgen feien, war ein Sieblingggebanfe beiber Scanner. 
®ag ®ebid|t „(Sin mid ing «0" (fReclam, ©. 329) giebt ?lug^ 
fünft über ©diubartg neueg ©t)ftem. ^al^ng Sur gelang ooll* 
ftänbig; ber |)ang jur 3Rt|fti! unb Xl^eofop^ie, ben ©diubart oon 
^aug aug ^atte, würbe geprig gepflegt unb ft)ftematifd^ geregelt 
— unb wir finben I(ier bie eiujige naml^afte SSeränberung, bie 
mit ©diubart üorgegangen ift. JJ^ül^er unb nod^ auf bem Ägperg 
l^atte er t)iel mit Zweifeln ju fämpfen; burdi 3Weger, ber nid^t 
öiel ?td^tung öerbient unb burd^ ben ganj unb gar ad^tungg- 
werten ?ßfarrer §a^n würbe er ein bibelgläubiger 2:i^eoIoge, 
unb ber blieb er aud^ nad^ feiner ®efangenfd^aft. ©tjmbolgläubig 
war er nie; jwifd^en SSibelglauben unb ©tjmbolglauben unterfd^ieb 
er immer fd^arf. — 



VII. ©ol&cnagpcrg, 181 

3lm 1- ^ebruar 1779 erlaubte i^nt ber ^etjog ben Sefud^ 

beö öffcntXid^en ©otte^btenftei^. 3lm 3. gebruar fam er bur^ 

einen äufäHigen Wxla^ in einen anbern ^^ügel unb wieber bid|t 

neben feinen ©d^eiblin ju wol^nen. ?tm 13. SDiärj mar |)al)n 

miebcr bei il^nt unb em^jfa^l il)m Detinger^^ (£pijtel))rebigten, mit 

benen Sliegcr bent ®efangenen ein ®efd^enf ntad^te. 35urd^ |)al)n§ 

©d^riften fattfam vorbereitet »ar ©djubart reif, aud^ in Detingerö 

Sbeen fid^ ftaunenb jn öerfenfen unb fie fid^ fo viel aU ntöglid) 

ansueigncn. Qa Dftern 1779 würbe i^m fogar geftattet, bie 

DrgeX gu fpielen, unb an bent gleid^en S^age nal^nt il^n — bie 

erfte ^Bewegung in freier Snft feit ben 2^1^ ijjal^ren feiner &t^ 

fangenfd^aft — ber Sontntanbant mit fidi um ben SBall f^jajieren. 

SSon ba an ^^xa6) er nun, wiewol^I immer nur mit ©riaubniö 

unb unter ?tuffid^t bei^ Sommanbanten ober feineiS ®tettt)ertreter§, 

juweilen mieber ÜRenfd^en, unb burfte, womad^ er fid^ fo lange 

gefcl^nt l^atte, obwol^I gleid^fallg nur beim Sommanbanten, manc^^' 

maX Slat)icr f))ielen; aber ba^ ©direiben blieb i^m aud^ ferner 

nnterfagt, unb nod^ ju @nbe beg ;J$al^re§ würbe il^m ein gefun* 

bener SSIeiftift, beffen er fid^ bebient l^atte, fonpjiert. ^Briefe 

ber ©einigen teilte il^m ber Sommanbant — wie e§ fd^eint — 

Don Slnfang an mit; fie ju beantworten würbe il^m nod^ um 

bie SÖiitte bejg i^al^reS 1780 verweigert; aud^ SSefud^e würben 

t)on je|t an bei i^m jugelaffen; nur feine g^au unb feine ^nber 

blieben von bicfet ©rlaubnfö auögefdiloffen. 

©d^ubarts ©elbftbiogra^)l^ie fd^Iie^t mit bem 819. Slag feiner 
©efangenfd^aft, bem 21. S())ril 1779; fie umfaßt alfo 27* ^aljx. 
Über ben tJcftunggfommanbanten 9iieger, ©d^ubart^ geiftlid^en 
|)e^^unb, wie i^n ©trau§ tituliert, finb viele falfd^e Angaben 
verbreitet. (S^ ift ber SÄül^e wert, fie jufammeujufteKen. SDian 
fief(t barauö, ^wic wiüfürlid^ viele ©d^riftfteller mit ber ©efd^id^te 
umgel^en unb wie gebanfenloö anbere il^nen nad^fd^reiben. 3)ie 
Verwirrung beginnt mit SWicolai X, 162, nad^ bem 8Heger auf 
bie fjcftung |)ol)entwiel in ein fel^r l^arteS ©efängnii^ gefegt 
würbe, l^ernad^ in ein leiblid^ercS auf ber ^eftung |)ol^enaiSperg, 
bereu Äommanbant er fpätcr würbe, nad^bem ber ^erjog fid^ 
öon feiner Unfd^ulb überjeugt l^atte. ^ru^ in feinem l)öd^ft un* 



182 VII. ^ol^enaSperg. 

geredeten 3luffa^ ühtt ©d^ubatt in „2Bcnfd^ctt uiib SSfid^er, 
Sci^jgig 1862" unb ®Iö!ler in „Sanb unb Scutc SBürttcnt- 
bergg" I, 323, laffcn SWcger auf bcm |)o^cnaiSperg fd^mad^tcn, 
bcrfelbcn ijcftung, bie er l^cmad^ bcfel^Itgtc. ©buarb fdoa^ 
in „©d^iller^ ij^ugcubjal^tc", IT, 4, lä^t 8Weger gel^n ^alfxt 
auf ^ol^cntttjicl eingetütmt fein unb bann verbannt tücrben. ^n 
bcn 5Wad^trägcn ju ©dritter II, 412, l^ingegcn fagt er: „SHeger 
fa§ anfänglid^ auf ^ol^enttDiel, bann auf ber ffeftung ^o\)tn^ 
aöperg gefangen, afe bereu Somntanbant er am 22. aWai 1782 
ftarb." ^n bemfelben SBer! I, 65, ift ju lefen: „®eneral «ieger 
ftarb 1783 alö Sommanbant ber tJ^^Ö Sl^perg, nad^bent er 
frfil^er felbft ntel^rere ^af)xt auf ^ol^entoiel gefangen gefeffen 
l^atte. ©eine greimütigfeit (!) I^atte it|m biefe ©träfe jugejogen." 
k>a§ SSvicS) „©d^iKerö SBejiel^ungen ju @Item, ©efd^toiftem unb 
ber gamilie üon SBoIjogen. ©tuttgart, Sotta 1869", ©. 16, 
Iä§t, tt)ie ©buarb S5oa§, 8Weger jel^n ^a^xt auf |)o]^enttt)ieI ge* 
fangen gel^alten »erben. SWadfi ®öbefe im „@runbri§ 2c." wäre 
©d^ubart bie 10 ^a^xt feiner ®efangenfd^aft l^inburd^ unter 
SHeger geftanben. ^n ber SBirllid^feit war 9Keger auf §of(en^ 
a^perg unb ^ol^entmiel befangener, b. \). nad^ feiner SJerl^aftung 
am 28. 9?ot)br. 1762 jucrft ein paar Jage auf bem St^perg, bann 
t)om 5. J)ejember an in ^ol^enttpiel, wo er t)ier ^Q!^xt fd^mad^* 
ttit. 3fm i^anuar 1767 tüurbe er begnabigt, mufete aber ba^ 
Sanb üerlaffen unb feierte erft 1772 nad^ SSSürttemberg juriidE. 
1776 würbe er jum Sommanbanten üon ^ol^enaSperg ernannt, 
er ftarb am 15. 3»ai 1782 eineiS plöfelid^en Xobe^ — au^ 
Alteration über ben SBerlid^ingen'fd^en @m§, ben ein franfer, 
tjon i^m wal^rfd^einlidi frül^er mifel^anbelter ©olbat il^m jugerufen 
l^atte. — aSie ©d^ubart befel^rte er fid^ mäl^renb feiner ®e= 
fangenfd^aft, aber bie alte |)i^e unb 9lol^l^eit fam nod^ oft jum 
SSorfd^ein. @r mar l^alb ^ietift, l^alb SBeltmann, immer aber 
brutal unb cigenmäd^tig. — 

©el^r gut ift bie ©l^arafterfd^ilberung SHcgerS in ^ermann 
Surj SBerf: ©d^iHerö ^eimatjal^re. 35ie SScrquidEung be^ olten 
unb neuen a»enfd^en, be^ ©eiftUd^en unb SBSeltlid^cn in biefem 
bijarren aKenfd^en ift üortrepd^ bargeftettt. !Cie ©efd^id^te beö 



VII. $o5ena8))crg. 183 

©olbatcn, befreit vo^cr 3uruf fdjliefelid^ bcn alten ©efpoten* 

f^ctgcn ^3löfeU^ ju SJobcn ftrcrft, ift, wenn aud^ nid^t tüa^r, fo 

bod^ gut crfunbcn. (Sbenfo gelungen ift bie ©d^tlberung be^ 

^faxterö ^aljn, unb, um bic |)auptfad^e nid^t ju üergcffcn, bie 

it^ gefangenen ©d^ubart. Überaß in bem SBud^e wel^t Ijiftorifd^et: 

^aud^; man merft eö il^nt an, ba§ bcr SSerfaffer urf))riingUd^ 

im 3)ienft ber ®efd^id^te fd^rciben unb ballet feinem SBerf 

bcn Xitel: ,,@itten* unb fulturgefd^id^tlid^e ©d^ilberungen auö 

bet ®efe^td>te SÖSürttembergiS am ®^Iu§ beö 18. ^fa^r^unbettö" 

geben n>oHte. ©eil ein langer 2:itel in unfrer fd^neölebenben 

3cit bie Seute nid^t anjiel^t, betüog il^n fein SSerleger ju bem 

genannten, bem ij^nl^alt be^ SJud^^ nid^t genau entfpredienben 

3:itcl. — aSBa« aber ©d^itterö ©rjä^Iung „Spiel be« @d|itffafe" 

betrifft, fo ift l^ier bie S3emer!ung: „ein SBrud^ftädE auö einer 

roal^rcn ©efd^id^te" irrefül^renb, benn »aö ©Ritter giebt, ift 

m. ©emifd^ t)on SBSa^rl^eit unb üDid^tung. ÜDie Stuffd^rift 

lautete beffer: ®ered|te Vergeltung; benn fo fd^redEüd^ ÜWegerö 

Sog auf ^ol^enttoiel tt)ar, fo l^atte er t^ bod^ taufcnbmal el^er 

t)crbient, alö ©d^ubart feine ®efangenfd^aft auf |)ol^ena«))erg. 

^on 9fhegerg religiöfer Umtoanblung fagt ©dritter fein SBort; 

iti)n — ftatt 4 — ^Jal^re läfet er il^n in feinem ®efängni^ 

fd^mad^ten unb enblid^ im «Iter t)on 80 — ftatt 69 — i^fal^ren 

iife SBefe^fel^aber t)on ber ffeftung . . ., wo ©taatj^gefangene auf* 

benjal^rt ttjurben, fterben. 35er ©d^Iu§ ift übrigen« nid^t unrid^tig 

unb man fielet barau«, toie fein Senel^men namentlid^ gegen 

©d^ubart t)om ^ublifum, unb fo aud^ öon ©dritter, aufgefaßt 

n)urbc. ffir lautet: „3Wan wirb erwarten, ba§ er gegen biefe 

(bie ©taatÄgefangenen) eine SKenfd^lid^feit geübt, bereu SBert 

er an ftd^ felbft l^atte fd^äfecn lernen muffen; aber er bel^anbelte 

fie l^art unb launifd^ unb eine Aufwallung bz» 3^^^^ 9^8^^ ^^^^^ 

berfelben ftredtte il^n auf ben ©arg in feinem 80 (!) Qfal^re." 

!Der plöglid^e Umfd^lag be^ ®IM^ unb bie grauent^oQe ^ata« 

ftropl^c reijtcn ben gcbornen Dramatifer; ber 2:itel jeigt einen 

gewiffen §ang jum g^atalidmus, ben wir aud^ fonft bei ©d^iller 

bemerfen. 3Jgl. über biefen ^unft meine ©d^itterftubien ©. 140. 

©d^ubart l^atte in mel^reren ^ßunften tl^nlid^feit mit 8Weger. 



184 VII. ^ol^cnagpcrg* 

S3eibe tuarcn SÖiänncr tjon genialer ^Begabung, t)on feurigem 
Xem^jeramcnt, nad^ fiob unb SRul^m begierig, raftloö tl^ätig. Stuci^ 
l^atte Siieger eine ))OCtifd^e Aber. !Dieg giebt utt§ Änla^, ein 
SSerfel^en hti ®ert)inu§ (®efd^id|te ber beutfd^en ©id^tung IV, 
28) namhaft ju mad^en. ®eröinuiS meint bier, bie SDiofer, ^. 
£. |)uber, 9tieger unb ©d^ubart l^aben i^re frommen fiieber auf 
bem ^ol^ena^perg gebid^tet, Ȋl^renb nad^ IV, 171 SRieger feine 
iJieber auf ^ol^entmiel gebid^tet ^t, „t)on benen mir übrigen^ 
nid^ts befannt ift". §uber§ meifte religiöfe Sieber finb nad^ bem 
Sl^l^erg gebid^tet, ^. ^, SJiofer mar auf |)o]^entmieI gefangen 
(t)on 1759 — 64) unb ^at bort einen großen Seil feiner Sieber 
tjerfa^t, JRiegcr l^at nur e i n Sieb gebiditet unb jmar auf ^ol^ent^^ 
miel, e^ ift baö Sieb: ©laubiger :J$efu, auf Vertrauen 2C. (^aul 
^reffel, bie geiftlid^eSid^tung öon Sut^er big ^Io))ftotf ®. 757, 7-62). 
©iefem $Dianne mar ©diubart in bie ^änbc gegeben. |)ier 
muffen mir ®trau§ beiftimmen, menn er fagt: „SRieger mar mieber 
ber alte SJefpot unb 3)ef))otenfd^erge, fobalb er |)ol^entmiel t)er^ 
laff en unb mieber etma^ ju bef eitlen l^atte. 3Sogel fri§ ober ftirb ! 
ha§ mar bie Slrt, mie 9Keger mit ©d^ubart über feine S8ef el^rung 
unterl^anbelte. Söejeigte biefer fid^ bußfertig, anbäd^tig, bemütig — 
nid^t nur tjor ®ott, fonbern aud^ t)or bem ^erm Dberften — , 
f mar beff en JBegegnung leiblidfi ; f d^ien er aber, mie in ber Aar* 
mod^e 1779, in ber Sird^e nid^t anbäd^tig unb eifrig genug, fo marf 
er, mie ©d^ubart in feinem Seben fagt, in ber Änmanblung feines 
fo l^äuflgen üblen |)umorS, eine Ungnabe auf i^n; er erfd^merte 
i^m feine Sage unb fcftredfte i^n mit SluiJbrüden, bie biefer, mie 
er felbft in einem Srief an feine ®attin fid^ auSbrüdEt (®trau§ II, 
16), ol^ne ben SBeiftanb beS ®eifteS ®ottc§ unmöglid^ ertragen 
fönnte unb bie il^m feine ®efangenfd^aft oft unleiblid^ mad^en. — 
rrö^ l^abe," fd^reibt er nad^ SKegerS 5Eobe an biefelbe (®trau§ II, 
46), „bei bem vorigen Sommanbanten öiel fd^mere Seiben auö* 
geftanben. @r bel^anbelte bie SÖienfd^en nid^t feiten mie JBeftien. 
üDod^ lenfte ®ott ju Reiten fein |)erj, ba§ er mir ®uteg t^at." Sllter* 
bingS fonnte er gegen ®d^ubart aud^ l^uman fein, befonberg menn 
ein mid^tiger ©rief für ben |)errn Dberften ju fonji^jieren ober 
ein empf e^lenbeö ®elegenf|eitögebid^t in beff en SWamen ju macf)en mar. 



VII. ^o^cnagpevö* 185 

®cgcn @ttbc bc« ^Qi)xt^ 1780 — bc^ vierten feiner ®e= 
jaugcnfd^aft — feigen wir il^m enblid^ SÖiittel unb ©rlaubniö §u 
{(^reiben erteilt. Dod^ mußten bie JBriefe, bie er abgelten liefe, 
gleid^ benen, bie er befam, erft bcm Sommanbanten jur ÜDurcJ^» 
fid^t t)orgeIe9t werben, eine SSorfd^rift, bie fid^ übrigens burd^ 
Vermittlung vertrauter ^erfonen umgel^en liefe. %uä) feine un«' 
erlaubter S33etfe aufgefegte fiebenögefd^td^te burfte je|t erfd^einen, 
bo^ unterlag aud^ fie erft SHeger'fd^er 3^^f^^- SJaiS langerfel^nte 
Slaöier fd^cint il^m gleid^fato ie|t freigegeben worben ju fein. 

Um biefelbe Qtit erl^ielt ©d^ubart geftunggfreil^eit, b. l). 

©tlaubnij^ innerl^alb ber ^Ringmauern ber tJcfto^Ö P^ f^^i i^ 

belegen unb mit jebermann ju fpred^en. 3SieIe famen je^t t)on 

na^ unb fem, ben ®efangenen ju befud^en — alte Söefannte, 

tt)ie litterarifd^e JBerül^mt^eiten , meldte ben burd^ fein Unglüd 

faft nod^ mel^r, aU burd^ feine ©d^riften befannt geworbenen 

äRann fennen lernen wottten. Unter benen, bie ©d^ubart nid^t 

Mofe befu(^ten, fonbern aud^ fid^ für il^n öemjanbten, nennen wir 

iuerft ©oet^e. ^n bem SBerl: „grauenbilber auö ®oetl^eg 

»U9enbjeit^ @. 313, fagt iCünfeer: „®oet^e foll fic^ 1779 für 

ben unglüdlid^en ©d^ubart bei bem ttjrannifd^en ^ä^ften öerwanbt 

^aben;" im Seben ©oet^eö (IL «ufl. ©. 318) fagt er: „©er mu 

glüdElid^e SDid^ter ©d^ubart warb auf ^ol^ena^perg, ber berülimte 

3Red^anifer Pfarrer ^a^n in Sornweftl^eim befud^t." ^n bem Auf* 

fa^ bcö 1811 geftorbenen $of* unb 1)omänenrat§ ^artmann 

„meine JDienftjal^re", ber 1806 öerfafet würbe, l^eifet eg: „^^ 

mi täglid^ um fie (Sari «uguft unb ®oet^e), il|r ®aft, Begleiter 

in bie afabemie, ba« ©d^aufpiell^au^, auf bie ^aqb, nad^ £ub* 

njig^burg, ^ol^enai^perg ju ©d^ubart, nad) Sornweftl^eim ju 

Pfarrer |)a^n." («gl. ©oet^e^^^a^rbud^ 1882, ©. 359.) ©d^u* 

bart ^at biefen SSefud^ nirgenbd erwähnt, obwohl er gefd^id^tUd^ 

feftfte^t. ÜDie |)auptfad^e für i^n war bie SJerwenbung ju feinen 

fünften, unb ba fül)rt er benn in bem Sörief an Limburg in 

SBetün t)om 2. :J$anuar 1787 (©traufe II, 265) ©oet^e augbrüdE* 

Kd) an. (gr fd^reibt: „ÜDen 22. biefeiS SKonati^ enbige id^ mein 

je^tttes 3fammerja^r unb trete mit ©diaubern in« elfte. S3ei bem 

legten :j$ubiläum in ^eibelberg war aud^ ber ^erjog jugegen; 



186 VII. $ol&cnaS))crg. 

ba l^ielt bie gaujc Stfabcmic in bcn fd^mcid^cll^aftcften Stui^brüdcn 
um meine fjreil^eit an. 9Wd^tj3 t)on ben gußfällen meiner ci^== 
grauen SKutter, ber SSorbitte be^ 51Äa9iftrat§ wn ?lalen, meiner 
©cburtöftabt, ben Siorncngängen meiner ®attin in bie Äubienj, 
ben SSertüenbungen eine^ ®oetl^e, Saöater, 6ampc, üDeinet, 
Sajner unb einer ÜRenge t)on ©elel^rten ju gebenfen; nid^ts ju 
jagen t)on ben gürfprad^en beS ÜRarfgrafen üon SSaben, ^rinjen 
©eorg üon 3)armftabt, ber ^rinjen t)on ®otl^a, Coburg unb 
anberen fürjtlidien, gräftid^en unb fonft tt)i(J^tigen ^erfonen — 
genug, ^erjog Sari ftel^t ba wie ein STOeerfete unb Iä§t bie 
SBogen fo mäcf)tiger SBemü^ungen um meine g^reil^cit an feinen 
Scnben öerfpri^en. Unb »arum baiS? @r fürij^tet, id^ werbe 
gegen il^n fd^reiben unb bei ®ott fei t§ ^^ntti gcfd^woren : „^^ 
werbe e§ nie tl^un!" 

üDiefem mäd^tigen 3^W8^iff^ gegenüber wagt ejg SR. ^ru|, 
t)on ber ©tumpffinnigfeit beö beutfd^en ^ublifum^, bem ©tili* 
fd^weigen feiner ©d^riftfteller, bem SScrftummen feiner ÜDid^ter ju 
reben, bie auf il^rer Seier wol^I 2:öne l^atten für alles, nur für 
il^ren gefangenen 3)Wtbruber nid^t. „3)aS ^ubltfum lieg il^n 
fi|en; man gewöl^nte fid^ an fein ©lenb." Slad^ ©traufe I, 359, 
nal^m fidi feine ©tabt, feine Sanbfd^aft beS ®efangencn an, ber 
in bem jerftüdEcIten üDcutfd^Ianb, wie er felbft bitter beflagte, trofe 
feiner SSaterlanbSliebc feine §eimat, fein SBürgerred^t l^atte. Ulm 
l^at fid^ freilid^ ©d^ubartö nid^t angenommen, aber gegen ©trau§ 
ift anjufül^ren, was ©diitterö nad^maliger ©d^wagcr SReinwalb 
im ©ommer 1784 nad^ feinem JBefud^e bei ©d^ubart erjäl^lt: 
„ÜDer 3iat im Sleid^gftftbtd^cn «alen, ©d^ubartiS SBaterftabt, tl^at 
einft bei einer ÜDurd^retfe beö §erjogi8 burd^ ben Ort eine bcmütige 
95ittc für i^r ©tabtfinb; an i^rer ©pi|e ftanb ©d^ubartg 76jä^* 
rigc aJiutter unb fiel bem ^erjog ju tJü^en. SSergebenö." ©d^il* 
Icrd JBriefwed^fel mit feiner ©d)wefter ®l^rifto))l^ine unb feinem 
©d^wager 3ieinwalb 1875, ©. 278. (SSergleid^e oben.) 

aßaö nun ©octl^e betrifft, ben ©d^ubart unter feinen i^üx^ 
fpred^ern in erfter Sinie nennt, fo erroäl^nt ©d^ubarti^ ^rau in 
einem Sriefe öom 16. iCcjcmber 1779 an i^ren ®önncr SKiJlcr 
in Ulm, ba§ ber „grofee ajiann ®oetl^e" eben in ©tuttgart tytx^ 



VII. $o5ena8^)crg. 187 

weile unb tjcrfprod^cn l^abe, fic aufjufud^en. ®ie fnüpft baran 
bie »Hoffnung, ©oetl^c tocrbc fjürfprad^c für ü^ren armen 3Äann 
beim ^erjog einlegen; freilid^ eine fd^njad^e |)offnnng, ba fie ge* 
l^ört Ifat, eine „fd^ttjarge ©eele" l^abe ben ^erjog gegen ®oeti^e 
eingenommen, fo ba§ er fogar einigen t)on feinen Siäten »erboten 
^abe, mit &otÜ)t nmjugel^en. Qfn ben fpätercn JBriefen ber i^xavi 
©d^ubart ift t)on ©oetl^e nid^t weiter bie SRebe; bie gel^offte Qn^ 
fammctilunft jtoifd^en il^r nnb ©oetl^e l^at öermutüd^ ni(^t ftatt* 
gcfuttbcn nnb wn ©diritten, »eld^e ©oet^e für ©(J^nbart beim 
^erjog getl^an l^ätte, ift il^r nid^tÄ befannt genjorben j ebenf ottjenig 
t)on einem JBefnd^ ©oet^e« anf bem ÄS^jerg. üDennod^ ift lein 
®runb, an ber aWd^tigfeit ber Slnfjeid^nnng ^artmanniS über bicfen 
^nft jn jtüeifeln, jnmal fid^ leidet annel^men Iä§t, ba§ ber 
i^ergog nnb ©oetl^e in ftrengftem ijjnfognito ben Sinkflug an§* 
führten. — ^abtn aber Sari Ängnft nnb ©oetl^e ben befangenen 
gefeiten, fo l^aben fit il^n ol^ne QXDti^tl au6) gefprod^en; »al^r* 
fd^einlid^ mürbe er il^nen an^ feinem ©efftngni^ l^erauS nnb il^nen 
entgegengefül^rt. — 

3wifd^en SBefud^ern nnb fjürfpred^ern fönnen tüir nnn nid|t 
mel^r genan nnterfd^ieiben. Unter ben SSefnd^ern nennen mir 
SKcoIai, ber 1781 SBürttemberg bereifte nnb im X. SSanb feiner 
Steife bnrd^ SDeutfd^lanb and^ ben S5efnd^ anf bem St^perg ermäl^nt. 
SKcoIai, ber nn« gerne Don feinen pl^^fiognomifd^en Urteilen nnb 
©m^ftnbnngen nnterl^ält, bemerft bei biefem Änlafe : „(Sinfd^öner 
@eift ber ©d^nbarts nnb ^. Qf. SKofer« ©d^riften fennt, mürbe 
gemi§ glanben, bie Scnnjeidien ber ©eifteSfraft mürben fid^ el^er 
in ©d^nbart«, aU in be^ med^anifdi fammeinben SRofer^ ®efd|id^te 
fittben. (S^ mar aber gerabe nmgefel^rt. 2Bofer fal^ an§ mie 
ein meifer nnb fefter SRann nnb fo l^at er and^ in feinem ganjen 
Seben ge^nbelt ; ©d^nbart l^ingegen tmg anf feinem ©eftd^te bie 
3eic^cn cine^ gemeinen ®eifte§." @r bemerft bajn^ anf bem 
SBilbnig, ba« ©d^nbarts ©elbftbiogra^)l^ie öorgebmdEt fei, fei ber 
untere 2ieil beS ©efid^tö, namentUdi aber bie SKittellinie ber 
&ipptn ganj oerfel^It unb fie gerabe l^abe bem ®efid^t ba« Iraft* 
lofe gemeine Slnfel^en gegeben. @r entfdiulbigt ©d^nbart ober 
fein eigene« Urteil nod^ bamit, bafe er ben einen ber beiben 



188 VII. ipoöenaSpcrg* 

aWänner naä) überftanbcuen Seiben, btn anbcrn nod^ im Unglücf 
gefeiten ^abc. ©traut H/ 5 meint freilid^, ber faftige, aber 
l^altungglofe !Did|ter i)ah^ bem trodenen gebauten nid^t bel^agt. 
Allein „bem trodcnen ?ßebanten" ift ein }u ftarfer Äuöbrud; 
„bem mcl^ttTmn SJerftanbej^mcnfd^en" tüäre rid^tigcr gettjcfen. 
©d^ubart unb SWicoIai tüarcn grunböcrfd^iebcnc Staturen; ein 
3ufa^ öon 9ltcoIai§ Slugl^ett, )3raftifd^em f8M, SDienfd^cnfcnntni^ 
l^ätte bem SDid^tcr nid^t gefd^abct. (Sßgl. 3ftämelin, «Itwürttem- 
berg im ©picgel frembcr S3eobad^tung — in bcn württ. ^a^x^ 
büd^cm für ©tattftif unb £anbc«!unbc; 1864, ®. 315 ff. mit 
fel^r feinen JBcmerfungen über SWicoIai, ©dritter 2C.) 

Sluf bem Sligpcrg lag bamafe unter ißiegeriS Sommanbo ein 
öom ^erjog für bcn englifd^en Ärieggbienft nad^ Slmerifa ntn 
angett)orbeneg SSataüIon. !Demonftrationen öon fjranfreid^, auf 
baig man tüegen aWömpcIgarb 9lüdffid^ten ju nel^mcn l^atte, Der^ 
l^inberten ben Stbmarfd^ ber Zxnppt unb fo l^ielt man fie Dorcrft 
in ®arnifon. 2)ie ©olbaten waren über bicfe SScrjögerung ober 
Sinberung fe^r unjufrieben. Flieger t^at atteiS, um fie bei guter 
Saune ju erl^alten. @r öeranftaltete Satte unb ©d^aufpiele für 
fie. ©d^ubart muJBte ju biefem Qtoid ©ingfpiele unb Somöbtcn 
verfertigen unb ben ©olbaten einftubicrcn ; t^ entftanb auf bem 
äi^perg eine JBül^ne, beren SJorftettungen öon ber gangen Um* 
gegenb, biiStt)eiIen felbft öom ^of unb öom |)erjog befud^t, bem 
S!ommanbanten mand^e^ Sob eintrugen, ^iel l^ieöon immerl^in 
ettt)a§ für ben Did^ter mit ab, fo würbe er bagegen aud^, wenn 
eö bei ber Äupl^rung irgenbwo fel^Ite, üom Sommanbanten Dor 
bem ^ublifum mit ben größten ©d^impfreben überfd^üttet. SSon 
berfelben Art waren bann l^inwieberum bie Sobfprüd^e, mit meldten 
gelegentlid^ ber poetifd^e Slrreftant feinen 9Jorgefe|ten überhäufte, 
©bler aiieger! l^ob einmal bei einer SJorftettung an beffen ®e* 
burt^tag, weld^er ^oöen beiwol^nte, ber Prologus an: ba flatfd^t 
Siieger unb ruft da capo! alfo ber Prologus abermafe: @bler 
aiieger. Um biefelbe ^eit lie^ fid^ ber |)erjog üon ©d^ubart in 
SEl^eaterproIogen greifen, ba il^m bod^ ©d^ubarti^ wal^re ©efmnung 
gegen il^n befannt fein mufete. 

„35urd^ biefe Somöbicn fam 3lieger, bemerft ©trau|, mit bem 



VII. ^o^enaSperg. 189 

Scwtffcn feinet geiftlid^en 9tcfrutcn in eine eigene SoKifion. ®r 
(jatte x\)n iura petiften gemad^t, iljm aHc^ ttjeltlid^e SBefcn nnb 
Ircibcn ate ©ilnbe unb S^eufefewerl bargefteHt; jn biefen SEeufelS^ 
\atom gel^ört aber nad^ pietiftifd^er Seigre in erfter fiinic baS 
J^eater : unb nnn, raie man linföum f ommanbicrt, f oll ber fromm 
gcmad^te Ärreftant fid^ mit biefcm fünblid^en Srame anfiS tl^ätigfte 
befaffen." ©d^ubart Hagt feiner fjran (®trauj3 II, 26): „man 
6at mid^ in ©efd^äfte öertüidEelt, bie mein ©ewiffen nid^t gut 
^ci§t unb mein £eib unb ©eele leibet barunter." — „S)ie Ijäufigen 
äcrftreuuugen biefeö :3al^reg mit ® d^aufpielen , SKufifen, tom* 
Portionen mufifalifd^en unb poetifd^en :3n]^altg, läJBt er feiner 
grau fagen, l^ätten meiner ®efunbl^eit feinen ©d^aben getl^an, 
bagegcn mein ^erj oft mit Unrul^e erfüllt unb mir mand^en 
bittern ©celenfantpf bis auf biefe ©tunbe jugejogen." SBal^r* 
)(!^einlid^ erregten il^m bie erjtoungenen ©d^meid^eleien bie fd^ttjer- 
ften @ett)iffeniSbebenfen. !Den SEauj l^ielt er nod^ jtoei ;55a^re 
öorl^er, ate er einem fold^en üon feinem ®efängnij8 auö jufa^, 
nid^t für t)ertt)erflid^ , ba er ja unfrer Sßatur fo angemeffen fei 
unb nadfi bem ©d^rifttt)ort aud^ ba^ Spangen feine Qtit f)abt. 
^reb. 3, 4. 

aWegcr toar eitel unb gefd^eit genug, ben f eberfertigen 9tei* 
jettbcn in^befonbere burd^ bie genannten ©d^aufpiele ju bejaubern. 
Über gWcDlai äuJBert ©d^ubart nad^^er felbft (©traufe II, 30), 
et t)abe il^m |)offnung gemadtjt, fid^ für i^n ju öermenben. Db 
bieg »irflid^ gefd^el^en ift, tt)iffen wir nid^t. 

!Die fräftigfte SSertoenbung für ©d^ubart fonnte man wn 
bcm SÖianne ertoarten, für ben ©d^ubart felbft am entfd^iebenften ju 
töieber^olten SUlalen aufgetreten toar, öon SIo)3ftodE. 8lm 6. Waxi 
1777 bittet ©d^ubart« fjrau i^ren ®önner ümßer, an „Slopf- 
ftod" gu fd^reiben unb il^n ju erfud^en, er möd^te fid^ brieftid^ 
iüt i^ten aHann öerwenben. «m 16. SDejember 1779 fd^reibt 
fie lieber an ÜJHtter: „üDenfen ©ie, ber I. @ott regierte bem 
Stoßen aJianne tlopfftodE fein §erj, biefer fd^rieb an ben |)errn 
'Obriften, fragte nad^ bem 3^^^^^ ^^^ armen ©d^ubarts unb 
V^9*e, er toäre gefonnen, fid^ t)or i^n ju öertoenben, wann er 
^^ bej^ Saiferg $ilfe gebraud^en müfete. — ?ßreig unb S)anf 



190 VU. ^ol^cnagpcrg. 

unb £ob bcm göttlid^cn (gtrctter; ber ^crr Dbrift foK i^m mcber 
geanttDortet l^aben^ toa^ aber^ baS n^ei^ id^ nid^t; baS mei^ id^ 
aber Qttox% ba§ mein I. aWann mit ber Änttüort nidt|t jufrtcben 
war; biefe^ ift nun ba§ SSSid^tigfte nnb gefd^al^ öor ungefäl^r 
brei SBoci^cn." «m 22. ^mi 1770 fd^reibt ©d^ubartö fjrau 
tüiebcr an 3RiIIer unb legt einen SBrtef an Älopftod bei mit ber 
SJitte, njomöglid^ bajn ju fd^rcibcn nnb ben SBricf fo halb aU 
möglid^ an SIopftodE ju fd^id^en. „®^ gel^t aQeS auf IBitte unb 
3JerIangen meinet SJlanne^." «m 14. Dftober 1780 fd^reibt 
(Sappenberg, »riefe öon unb an glopftodE ©. 296) äßiHer tüieber* 
l^olt an SIopftodE. „©d^on feit bem (£nbe be§ :3^niuö l^abe id^ 
einliegenben SBrief an ©ie in Rauben unb erft je^t fd^id^e id^ 
il|n ab. ^6) mu§ geftel^n, bie (grjä^Iung ber ?ßrof. ©d^ubartin 
öon bcm, toa^ ber ^erjog in SCbfid^t auf ©ie unb ©d^ubart ge* 
äußert l^aben foH,*) fd^ien mir fo jiemlid^ fabell^aft unb leerci^ 
®efd^tüä| eineiS ^offd^ranjen, ber gerne etttjaiS tüiffen ttjiH, ju fein. 
^ä) badete alfo, nod^ naivere ßrfunbigung eiujUjie^cn, el^e id^ 
^^mn ben Srief jufd^idfte. ^i) l^abe feit ber ^^t bie ?ßrof. 
©d^ubart felbft gefprod^en, unb ba erjäljlte fie mir fo üicie Um^ 
ftänbe öon jener 2(u§erung be§ ^erjogg, ba§ id^ bie ®aä)t nun 
weniger fabell^aft fanb, unb befd^Iofe, ^f'^nen il^ren S3rief fogleid^ 
äujufd^idfen. SlKein taufenb ^^^treuungen unb ®cfd^äfte, bie bie 
SSeränberung meinet ©tanbeö mit fid^ filierten, l^inberten mid^ bi^ 
iegt an ber Ausführung. 

Unb nun, 3Sere]^rungStt)ürbigfter! Sonnen ©ie für ben armen 
brauen ©d^ubart etwaö tl)un, fo tl^un ©ie'§! SBenben ©ie Q'i^ren 
atul^m, 3f^r Anfeilen baju an, einen UnglüdEIid^cn, Unfd^ulbigen 
auö feiner traurigen Sage unb ®efangenfd^aft, bie nun fd|on bret 
^ai)xt**) bauert, l^erauS ju reiben! 35o(^ id^ weife, ©ie t^un^, 
totnn ©ie fönnen. SBenigfienö gönnen ©ie bod^ ©d(|ubarti8 braöcr 
leibenber grau ben Xroft, bafe ©ie einige feilen an fie fd^reibeti, 
unb baS red^t balb. ©ie wartet fo fel^nlid^ barauf, fegt auf 
©ie alle .^offnung. Saffen ©ie fie nid^t oergefilid^ l^offen! ©i« 



*) S)ic)e ^ugerung beS ^ergogS ift nid^t nä^cr bdamt 
**) Sftid)ttflcr iDöre gctoefen: bcinal&e öier Sa^rc. 



VIL ^o^enaSperg« 191 

ift geioiß eine tüürbige JJrau, uub allc^, toa^ fie in i^rem SBriefe 
fc^rieb, finb, ba^ tpei| id^ auiS l^unbert ©rfal^rungen, bie tDal^rften 
@efül^Ic if)xt^ ^crjcn«. — Saffen ®ie, bad bitt' id^, tu ^i)xzm 
8ricfe nid^tg baöon cinflte|en, baj3 i^ Qfl^nen iJ^ren SBricf erft 
fo fpät fd^idte. 3[d& burfte fie'g nid^t merfen laffcn, ba§ id^ an 
bcr aßal^tl^eit jener älutenmg bci^ ^erjogö jwetfle. — Unb nun 
fagen @ie mir bod^,.ob baö wal^r ift, waö bie ©d^nbartin mir 
oud^ als titoa^ QvcotxVd^fxQt^ fagte: ®ie l^ätten nämlid^ fd^on öor 
einiger Qtit an ben ^erjog *) gefd^rieben : @r fott ©d^ubarten log* 
geben, ober ©ie njürben fid^ an ben Äaifer tt)enben? (£§ liegt 
mir t)tel baran, ben ®mnb ober Ungrunb biefer ©age ju wiffen. 
Sd)ubart i)at jcfet**) geftung^freil^cit, b. ^. er barf ol^ne SBad^e 
auf bcm 3BaKe unb in ber JJeftung — id^ tpeife nid^t, ob nur 
jutoeilen, ober fo oft er toitt? — l^erumgel^n. ^d) ^abt fd^on 
ein paar ^erfonen gefprod^en, bie i^n gefprod^en unb mit il^m 
beim Dbcrften öon Slieger — ber aud^ an ©ie gefd^rieben l^aben 
ioH — gcf)5cift l^aben. ®r fott jiemli^ munter fein, fiefen unb 
Slaöierfpielen barf er, aber nid^t fd^rciben. !Dod^ fott er ein fe^r 
jreicS ®ebid^t „S)ie dürften" gemad^t ^aben. ^6) bitte ©ic 
nodimate, erbarmen ©ie fid^, ttjenn ©ie fönnen, bt^ ?trmen imb 
feiner fjrau!" — 

«m 20. Qfanuar 1781 fd^reibt aWiUcr fd^on lieber an Slop* 
ftodf (Sappenberg a. a. D. ©. 301). „:3^mer l|offte i6)/' lefen 
mir ba, „unb nod^ mel^r bie arme ^rof. ©d^ubartin, bereu Srief 
Sie burd^ mid^ bod^ gctt)i| werben erl^alten l^aben, auf eine 
Antwort, ©ie l^at wenigftenö fd^on breimal beötoegen bei mir 
angefragt. 5Wun erl^alt id^ eben toieber einen 33rief öon il^r mit 
ber 9lad^rid^t, öorgeftem frü^ fei bcr ^erjog üon Stuttgart ab* 
gereift, er nel^me feinen SBeg über granffurt, ®öttingen, $an* 
noüer, |)amburg, ^uptfäd^Ud^ in ber ?lbfid^t alte grojse ®ele^rte 
^cutfd^lanbg unb üor allen ©ie ju fpred^en. 9^un befd^wört fie 
mid^ bei allem, tt)a§ l)eilig ift, augenblidflid^ i^re bringenbfte S3itte 
an ©ie ju fd^rciben, bod^ \a für il^ren armen ÜÄann atte^ ju 



*) Sötcimcl&r an »leger; ögL oben. 
**) Scfet; aber feit toann? 



192 VII. §o]&cna»j)crg. 

t^un, tüaö ®ie fönncn. Unb mit bicfer Sitte öcrbinbe id^ andf 
bie mcinigc. D mein S^euerftcr, tüenn ®ie tüüJBten, tüic fo affe^ 
Sie ©d^ubarten toaren nnb nod^ ftnb, mit tüeld^er finblid^en 
SJerel^ruug, JBetPunberung unb Siebe fein |)eri an ^f)ntn l^ing, 
wie er brannte, alle S33clt ju Qfl^nen jn befel^ren — ©ic ipürben 
aUe§, njaö ®ie fönnten, and^ für i^n t^nn. — 'Sflo6) mel^r, ©te 
retten babnrd^ aud^ feine fjran, bie am SRanbc beö SJerberbeni^ 
unb ber SSerjweiflung fd^tüanft. ^d^ bebte gurüdE wx bem STon, 
ber in il^rem öor mir liegenben S3riefe l^errfd^t. 3Sor ein paav 
SBod^en ^offte fie, unb jcbermann in ©tuttgart auf eine %i%e^ 
rung bcö ^erjog^ gegen i^ren ©ol^n, ©d^ubart tüerbe attemäd^ften^ 
frei; jeben SEag l^offte fie it|n in il^re arme ju f daliegen. — SWan 
fprad^ fd^on überall in ©d^maben, felbft in ©tuttgart, er fei frei. 
— 9)ian fd^rieb fd^on in ben *3^i^^9^^; ^^^ Wefe aufö l^öd^fte 
gefpannte Hoffnung trog tüieber. ^nn ift bie arme g^rau ber 
33erjtt)eif[ung nal^e. ©ie miß jum |)erjog, il^m für ba^ bi^l^er 
genoffene ®nabengel^alt bauten, aüe^ fünftige auöf dalagen, unb 
bie ganje Sl^riftenl^eit — tl^re eignen SBorte — um ^ilfe unb 
Slettung anrufen. Unb baö ttjäre fidler il^r eigene^ unb ©d^ubart^ 
3Serberbeu. ?lud^ er ift bei ber fel^Igefd^Iagenen Hoffnung, bie 
aud^ er genäl^rt l^aben muj3, mißmutiger afe jemafe. 

SUZel^r braud^ id| ^l^nen nid^t ju fagen. S33er tt)ei§ mel^r 
baö ®lücE, ein ^Retter feiner S3rüber ju fein, ju fd^ö^en, ate ©ie? 
D wenn ©ie wa^ auörid^ten, barf id| l^offen, ba§ ©ie mir gleid^ 
fdireiben? SBotten ©ie mir bie fjreube gönnen, bie crfte frol^e 
9^ad^rid|t ber befümmerten braöen grau ju fdireiben? SBie 
würb' id^ i^l^nen aud^ für biefe SBo^Itl^at banfen!" 

©djubartö „finblid^e SJerel^rung, S3ett?unberung unb 2kht** 
!onnte SIopftodE nid|t unbefannt fein. 2lm 22. SKärj 1776 fd^rieb 
^lopftodE an 3)HHer, cand. theol. in Ulm; er bat, ©d^ubart ju 
grüßen unb il^n ju entfd^ulbigen, ba^ er il^m nod^ nid^t gefd^rieben 
l^abe. üDie ©tolbcrge (bie \a SWoüember 1775 in Ulm maren) 
erjäl^lten il^m, ©d^ubart l^abe ben SKeffia^ in SfugjSburg öor fielen 
^ul^örern beflamiert. SIopftodE getraut fid^ nidit, ©djubart felbft 
JU fragen, weil er i^m auf einen fo l^erjUd^en SJrief nid^t geant^ 
wortet l^abe. 6r erfudit nun 2)tiIIer, ©^ubart um eine umftänb^ 



V II. ^ol^enaSperg* 198 

Kdjc giac^rid^t baüon ju bitten, bic tl^tn bic ©tolbcrgc nid^t geben 
tonnten (©d^norr üon «arofefelbd «rd^te, 1881, ©. 473). ©d^ubart 
fd^tieb nnn wteber an x^n unb berid^tete if)m, wie er in Augsburg 
ben ÜReffia« öffentlid^ öorgelefen unb eine attgemeine SBegeifterung 
ffir i^n entjttnbet l^abe. „^n Subwigj^burg/' fagt ©d^ubart, „finb 
^anbwetf bleute , bie ben SKeffiai^ ftatt eines ßrbauungöbud^e« 
btaud^cn, unb nad& ber ®ibel (wie'« benn aud^ wa^r ift) fein 

gSttlid^ere« J8ud^ fennen, ate bieg. (gwig will id^ ©ie lieben 

unb l^od^fd^ä^en, unb einmal, wenn id^ fterbe, fott man mir eine 
9Reffiabe aufiS ^erj legen unb bamit begraben. — ©o lange 
3^re SKeffiabe unter nn^ an JBeifatt junimmt, fo lang glaube 
id^ aud^, ba§ unfere Station öorwärtiS gel^t — unb fie nimmt 
ju." (Sa)3)3enberg ©. 268.) 

ÄIopftodE antwortete wieber nid^t. SBal^rfd^einlid^ l^atte er 
fid^ nad^ ©d^ubart erfunbigt unb Ungunftige« über il^n vernommen; 
t)ieHeid^t nal^m ber üome^me ÜRann SlnftoJB an einer ©teile bei^ 
Sriefg, bie alfo lautete: „^n Augsburg trug mir oft eine 3Sor* 
lefung 50 bis 60 f[. ein. 5Der Eintritt war gewöl^nlid^ 24 Ar. 
Da fonnt' id^ meinen Sinbern mand^e SBo^It^at erweifen unb 
mand^ guteiS ®Iag SBein auf ^f)xt@^^vinif)tii trinfen." 
Cd^t fd^ubartifd^, aber gar nid^t in SIo)3ftodEö ®eift unb ©inn; 
Diel ju familiär. — 

Äud^ ben oben mitgeteilten SBriefen gegenüber ^Ht fid^ 
filopftodt in feierlid^e« ©d)Weigen. Sangfam genug ging ber S3rief* 
wcd^fel. 5)aj3 Slopftodf fid^ an 9iicger wanbte, ift ebenfo wal^r* 
fdieinlid^, afe ba§ bicfer ll^n wn weiteren ©d^ritten abgebrad^t ju 
l^aben fd^eint, „tva§ \i)m burd^ einen ?fu«jug au8 bem ©d^ubartifdien 
©ünbenregifter bei bem rigorofen Did^ter beö SKcffia« nid^t fd^wer 
werben fonnte." (©trau§.) Ob ^lojjftod! etwa« für feinen Söcwun^ 
berer getrau, ob er aud^ nur ben ©rief ber armen ©d^ubartin, ber 
il^m burd^ ÜRiHer jufam, beantwortet l^at, barttber wiffen wir nid^t«. 
ftlopftodE wirb in bem S3ricf ©d^ubart« an Limburg nid^t unter ben«^ 
jenigen angeführt, bie ftd^ für i^n üerwanbt ^aben. ^ätte ©d^nbart 
etwa« t)on einer fold^cn SJerwenbung gewußt, fo ^ätte er fie ganj 
gewi§ mit größtem Slad^brudE unb f eurigfter Söegeifterung erwähnt. — 
Darüber fann ftd^ nun ber Sefer feine eigenen ®ebanfen mad^en. 

^ouff, 6(3öubatt in feinem ßeben unb feinen Söerlen. 13 



194 vn. $o]()ena8perg* 

5Wod^ einmal ertoad^t bcr ©cbanfc an SlopftodiS $ilfc in 
©d^ubartö ffrau. «m 22. «)3ril unb 1. aWat 1782 Bittet fte 
3RiKer, an ben berühmten ©otteiSmann Slopfftod, ber nad^ ©ien 
fommen werbe, ju fd^retben, bamtt er Bei bem fiaifer fid^ für 
il^ren SKann öertt)enbe. Am 18. ^nni i)at fie gel^ört, ba§ aud^ 
ber |)erj09 in SBien ttjar, l^offt, biefe „f)o^t 8leife" fönnte üon 
aSien avi^ gute fjolgcn nad^ fid^ jicl^en, fie fd^n^ebt immer jtt)ifd&en 
fjurd^t nnb ^offnnng, bod^ Bel^ält bie gnrd^t meifteng baö Ie|te 
SBort. SSon ba an öerftnmmt ber SWame 8Io)3ftodE in ©d^uBarti^ 
®efd^id)te. 

!Die arme ® d^nbartin ! „^^^^re Seibenfd6aften lagen tief üer* 
fted^t, tt)ie angefeffelt wm 3Serftanbe; wenn fie fld^ aber jeigten nnb 
an ben geffeln jerrten, fo waren fie l^eftiger ate bei mir felBjten 
nnb fie fonnte fid^ bnrd^ nid^t« aU hnxä) @tbtt l^elfen/' — fo 
l^atte fie ©d^nBart gleid^ jn Anfang gefd^ilbert nnb fo jeigt fie 
fid^ namentlid^ wäl^renb il^reö SUlanne^ |)aft. „^Inö) bem SSer* 
Berber!" mft fie üBer ben Sntfül^rer ©d^nbart« in einem ©rief 
an il^ren ©d^ wager in Äalen öom 24. ;j^annar 1777 an«. Unb 
biefer ^Inä) ging in ©rfüttnng. SBenige 2;age nad^ ber 3Ser]^af* 
tnng, am 1. g^ebmar 1777 flagt DBeramtmann ©d^ott bem ^erjog, 
er fei ber SBnt be« ^öBefe nnb ber nnfäglid^ fielen Änl^änger 
©d^nbartg anögefe|t nnb ber ®egenftanb be§ JJInd^g nnb ber 
^eftigften !Drol^nngen, nid^t nnr in Ulm, fonbern fogar felBft in 
bieiSfeitig l^erjoglid^en Sanben, er muffe mit feiner fjran unb 
11 ^nbem in einer nnaufl^örlid^en Samentation leben unb fei 
in feinem ^mt öon lauter Sluölänbem umgeben; er Bittet bal^er 
©. $. !Durd^Iaud^t um !Dero l^öd^ften unb gnäbigften ©d^u| unb 
^roteftion. 3fm9ianbBefd|eib öerfid^ert il^n am 7.geBruar ber ^ergog 
feineö pd^ften ©d^n^eö, fügt aber woJ^IweiöHd^ l^inju: „ijjnbejfcn 
l^at berfelbe bie SSorfid^t }U gebraud^en, ba| er fid^ eine 3^itlang 
auf feine auswärtige Drte BegeBe" unb fd^IieJBt: „unb werben 
@e. ^. !C. allenfatts Bei fid^ ereignenber Gelegenheit auf feine 
conöenaBIe S^ranSlocierung ben gnäbigften JBebad^t nel^men." DiefeiS 
SJerfpred^en ift unerfüllt geblieBen, ©d^oH ift in SBIauBeuren grau 
geworben unb abgeftorBen, ol^ne für bie 2;i^at, bie i^n SRuf unb 
JRul^e gefoftct l^atte, irgenb einen So^n gefeiten ju ^aben. 



VIL ^ol&cnagpcrg^ 195 

SSon Qtit ju Qtii l^atte ©djubart« ®attttt beim ^erjog ?lu' 
bicni- ®^^ crftcmal (im Qfanuar 1778) überreid^t fie tl^m eine 
Sittfd^rift; er fd^eint fic gnäbig aufjuneJ^men, üerfid^ert fie feiner 
femereni®nabe; „toa^ aber Qfl^ren 3Kann betrifft," fagt er, „foß 
©ie einen gebefferten aWann tt)ieberbefommen, gegenwärtig ift er 
aber immer no6) auf :JJrrn)egen." @r weift fie jnr ®ebulb unb 
fleißigem ®ebet ju ®ott. Slm 5. ^mi 1778 fagt Äarl ju il^r, 
er l^abe il^r fd^on lange gefagt, i^r 3Kann fei wol^I t)erforgt unb 
e§ gel^e il^m nid|t§ ab, fie fotte jufrieben fein; am 22. Qfanuar 
1779, gcrabe jwei Qfal^re nad^ il^re§ 3Kanne§ SSerl^aftung, erfd^eint 
fie lüieber üor il^m unb be!ommt ben S^roft: „®ie fann t)erfid^ert 
fein, ba§ iö) für ©ie unb alle bie Qf^rigen forgen werbe, gel^e 
©ie l^in unb fei ©ie rul^ig.'* ^^m S)ejember 1779 gel^t fie wieber 
in bie Shibienj, bittet um mel^r g^rei^eit für il^ren 2Rann, wirb 
aber jur ®ebulb öerwiefen. S(m 11. i^anuar 1782 fagt Äarl in 
einer Slubienj ju il^r: „©ie l^at nid^t mel^r nötig, Qfl^ren aWann 
JU befud^en, fein Slrreft ift au§ unb ©ie wirb il^n näd^ftenö fe^en." 
:3m april 1782 bittet fie, il^rem SUZann nur auf eine ^ßrobejeit 
eine 3Serforgung ju geben, unb befommt gar feine beftimmte "änU 
mit ^m ;3uni beöfelben ^af)x^ bittet fie münblid^ unb brief»^ 
fid^; in ber Äubieuj wirb fie jur ®ebulb öerwiefen unb ber SJrief 
bleibt unbeantwortet, ^^m $^anuar 1785 muj3 fie wieber üor bem 
|)erjog erfdjienen fein; benn ©d^ubart fd^reibt il^r (©trau§ 2, 
171): „^n ber Stubienj wirft bu wenig auiSgeriditet l^aben; benn 
ber |)erjog ift ein ©atan gegen mid|.'^ 

©inmal fd^ien bag ^er^ beö ^erjogS erweid^t unb er tl^at 
tugerungen, au^ benen ©djubartö ©attin bie Hoffnung fd^öpfte, 
il)r SDiann werbe nun enblid^ freigegeben werben. S)amit finb 
toir wieber bei ber gürftengruft angefommen. @r trug fie, wie 
fein ©ol^n üerfid^ert, feit feinem Äufentl^alte in 2Ründ|en ftetö in 
ber ©eele, wo ein aiequiem in ber ©ruft bie erfte ^bt^ in il^m 
entjünbet f)attt; woHte fie mehrmals jU Ulm fd^on au^fü^ren, 
iümte fie aber erft im britten Qfal^re feiner ®efangenfd^aft nie* 
ber, ate il^m ©erjog Äarl auf einen gewiffen Termin l^in au^* 
btüdElid^ feine greil^eit öerfprod^en l^atte, unb biefer Termin ol^ne 
Erfüllung vorübergegangen war. ÜJHt SRed^t bemerft ©trauJB in 



196 vn. ^ol^ettoSperg. 

bcn Äicittcn ©d^riftcn ©. 449 bagegcn: „Den 18. :JJanuar 1780 
Hagt ©(ä^ubartg fjrau bcm SJcrfaffcr bt^ ©tcgtüatt, wie bitter 
i^te Hoffnung auf il^rcg 3KanncS ^Befreiung öom ^erjog gctäufd^t 
»orbcn fei, wäl^renb fie 4. ©ejentber 1780 — alfo faft^in ^cd^x 
fpäter — \f)m mit bem ©ntjüden ber ungctäufd^ten fjreube melbct: 
©eine ^. S). l^attcn l^cute SDWttag bie ®nabc, meinem ©ol^n bei 
2^ifd^ ju fagen, @r wirb balb feinen SSater feigen, (Sx mirb Qfl^n 
befud^en zc. Am 7. ;j^anuar 1781 rebet ©d^ubart felbft t)on 
einem unbegreiflid^en ©tillftanb in ber Ängelegenl^eit feiner S5e^ 
freiung unb fagt, feine fjrau foHe bie ?ßenfion, bie ber |)erjog 
il^r bejal^Ite, aU ben ^rei§ für feine ^reil^eit il^m ju g^ü^en 
legen — gerabe wie bie grau am 18. ^fotiuar 1780 biefen ®e* 
banfen faft mit benfelben ©orten aufnimmt, ©ie ©d^ubartin l^at 
alfo, wie einem ba^ am Qfal^reöanfang fo leidjt begegnet, ftatt 
1781 aug alter ®ewol^n^eit nod^ einmal 1780 gefd^rieben. ©ben 
biefe 2;äufd^ung, bie ©d^ubart fo wel^e tl^at, wie bie erfte ®e* 
fangenfdtiaft, war bann ber Änla^ jur gürftengruft, bie bann 
nid^t, wie ©djubart^ ©ol^n will, in§ britte, fonbern inö uierte 
^af)x ber ©efangenfd^aft fiele." ©d^ubart^ ?frau fdiwebte bamolö 
wirflid^, wie aRiHer am 20. ^fanuar 1781 an SIopftodE fd^rieb, 
am 9ianbe beö SJerberben^ unb ber SSerjweiflung. SÄur fd^eint fie 
mir bie SuJBerungen beiS |)erjogg gegen i^ren ©ol^n ju fanguinifd^ 
t)on ber Aufhebung ftatt öon ber ©rleid^tcrung ber ©efangenfdfiaft 
öerftanben ju l^aben. !Die83Borte: „(Sx wirb :3^n befud^en" finb 
jweibeutig. 933er ift ber (Sx unb wer ift ber ^f)n? Ü&er §erjog 
meinte wal^rfd^einlid^ bIo§, ber ©ol^n werbe jur SBelol^nung feine« 
fjlei|e§ unb feines SBol^Iüerl^altenö nftd^ftens ©rlaubni« befommen, 
feinen gefangenen SSater ju befud^en. SSieHeid^t brüdfte er fidj 
abfid^tlid^ jweibeutig aus. „©d^ubart bifticrte/' fäl^rt fein ©ol^n 
fort, „biefeS ®ebid^t dm^ SlbenbS einem g^ourier in bie JJeber 
bis ju ber ©tropl^e: 

„SBo Xoht^trtQtl nad^ 2:^rattnen ßrcifen — " 

nad^bem er fid^ öor^er fel^r ftarf gegen ben $erjog erl^i^t l^atte; 
unb es l^ieJB l^ier auSbrüd^Iid^ : Facit iracundia versum. ^aä)^tt 
na§m er nur wenige SSeränberungen bamit öor, unb eS ift gang 



VlI. ^of)tnaSptx^. 197 

o^ne fein 3^^^^^ ^^^ f^^^ üor eilig in& beutfd^e SWufeum*) ein^ 
gefdiicft tüorben: bcnn t& mad^te gleid^ nad^ feiner ©rfd^einung 
fo üicl Auffeilen, baj3 bem ^erjog tttoa^ baöon jn Dl^ren fani 
unb ©eine S)urd^Iand^t einen il^rer ©ünftlinge in ben unan= 
genel^nten fjatt festen, Qfl^nen ba^ ®ebid^t lant öorlefen jn 
mfiffen. — üDiefer Umftanb l^at, tpie x6) gett)i§ toti^, öiele^ gnr 
SJerlängemng feine« Ärreftö beigetragen." 

Äud^ ©d^ubartö SUhitter öertt)anbte fid^ für il^ren ©ol^n. ©ie 
fe|t im Dftober 1783 eine Sittfd^rift an Saifer :3ofep^ anf; 
aber ber ©tabtfd^reiber in Äalcn meint in einem SJrief an SööcB^ 
in SWörbltngen t)om 15. 5Wot). 1783, bie Qfmploration an ben 
Saifer fei**) nad^ aßen Umftänben nod^ nid^t ratfam. ©ie läJBt 
jwei Sittfd^riften an ben ^erjog abgelten, bie erfte am 28. Dftober 
1778, bie jttjeite am 4. SWoüember 1783; beibe öergeblid^. Am 
empörenbften ift bie ©jene in ^eibenl^eim. „Steine betagte SKutter/' 
berid^tet l^ier ber ©tabtfd^reiber feiner ©d^njägerin in ©tuttgart 
in einem SBrief öom 9. 5Wot)ember 1783, „ftcttte fid) nnten im 
^oftl^au«, ttjo ber $erjog t^orbeigel^en mufete, neben mid^ nnb 
erwartete mit gittern unb in einer S)emut, wie wenn fie t)or 
®otte§ ©erid^t fielen müJBte, bie Slnfnnft beö |)erjogö. 

Um 8 Ul^r fam (£r bie ©tiege mit ben SaüalieriS l^erab, unb 
el^e er nod^ auf ber unterften S^reppe war, fragte er mid^ im 
emfteften Zon einer äBad^e: „S33er ift @r?" ^6) antwortete mit 
bem tiefften S3ttdEling: „!lDer ©tabtfd^reiber ©d^ubart ööu Slalen, 
unb l^ier meine 70\äi)xxQt aWutter-'* !Darauf \pxaä) er weiter: 
„§at @r tva^?" „3[a," war meine Antwort, „ein untertl^änigfteiJ 
SKemoriale meiner 3Kutter;" fo (£r bann l^aftig üon mir abnal^m, 
bod^ fd^ien mir bie« feine Ungnabe, fonbern mel^r eine ©ilfertig- 
feit feiner Slbreife ju fein! 

@r gab bann unfer 3KemoriaI, el^e er nod^ in bie Sutfd^e 
einfticg, einem gcwiffen ^offaüalier $erm üon S3öl^nen, ber einmal« 
aud^ in ber Äfabemie war unb fagte nod^ imUmbrel^en ju mir: 

*) Slud^ hierin tdufd^t ftd^ ßubtoig ©d^ubart; ößL ©♦ 17L 
**) Bon Oefterreid^ flefci^a^ fein ©d^ritt gu ©d&ubart» SBefreiung^ 1777 
unb 1781 toar Slofepl^ in ©tuttgart ©c^ubarts ©c^idtfal fann xf^m nic^t 
unbefannt getoefen fein« Tim ä)agte nid^t, für ©d^ubart gu bitten« 



198 VIL ^oljcnaspcrg* 

„®t barf ftd^ bicfemcgen mit feiner fjrau SJhitter ntd^t alQiicr 
aufl^alten." 

©cbad^ter $err öon ©öl^ncn miiJBte uniS nod^ fagen, ba§ wir 
Bei ber ^rau JReid^dgräfin un§ nid^t anmelben laffen foHtcn. $icr 
l^aben ©ie alfo eine getreue ©rjäl^Iung unfrer furgen ^fnbienj." 

^a bie (Jrau 8leid)j8gräfin ! ?lud^ an biefe wanbte fxä) 
©d^ubartö ®attin; aber fie Ite| il^r (im ?l)3ril 1779) fagcn, ba§ 
fie fid^ in bergleid^en ®ad)en nid^t einlaffen fönne. „S)ie 3(n*= 
ttjefenl^eit beö ^erjogö unb bie Unterrebung mit ber ®räfin t>on 
^ol^enl^eim ift o^ne 3^md)t für mid^ vorübergegangen," Berid^tct 
©d^ubart feiner ®attin im SKai 1781, unb am 27. SÄot)ember 1783 
fd^reibt er an biefelbc: „®eftem njar ber ^erjog l^ier unb erteilte 
Dielen ®nabe. SJiur an mid^ badete er nid|t. !Die ®räfin l^at öon 
mir auf eine ?lrt gefprodien, ba§ id^ wol^I fel^e, tt)ie aHmäl^Kd^ 
aud^ ber Ie|te ©tra^I öon Hoffnung für mid) ttjegfd^njinbet." 

®trau§ bemerft II, 10 nun njeiter: „^t ttjeniger t)orerft an 
Befreiung ju benfcn njar, befto fel^nlid^er würbe aHmäl^Iid^ ber 
SBunfd^ beS befangenen, feine grau unb feine ^nber menigftenS 
bei fic^ auf ber JJeftung tt)ieberfe^en ju bürfen. 35ie8 lag um 
fo näl^er, ba feit erlangter geftungSfrei^eit ©d^ubart unge^inbert 
mit jebermann öer!el^ren fonnte, ber ben SlSperg befudjte. 35urfte 
fonft jebermann ju i^m, fo n^ar nid^t abjufel^en, tt)arum bieg nid^t 
aud| feiner grau — burften il^n jtoanjig, breifeig Sffabemiften in 
il^ren gerien befud)en, fo liefe fid^ fein ®runb beulen, toarum eg 
nid^t aud^ feinem ©ol^ne geftattet fein foHte^ 33efürd^tete man 
etioa aRitteilungen, bie fie einanber jum SWad^teil ber Unterfud^ung 
mad^en fönnten? ?[ber e^ fd^tt)ebte ja feine Unterfud^ung gegen 
©d^ubart, unb ein ber SBed^felfälfd^ung 33efd^ulbigter, ber mhtn 
il^m gefangen fafe, unb bei tt?eld^em ein fold^e^ Söebenfen weit 
e^er ^Ia| greifen fonnte, burfte bie ©einigen fpred^en, fo oft er 
c« münfd^te. SOBoHte man bie ©träfe fd^ärfen? «ttein ©attioten, 
JRäubem unb SKörbem öei^fagte man 33efud^e ber Qflirigen nid^t. 
Dber befürd^tete man öon ®attin unb ^nbern eine ©törung be« 
]^od^iüid^tigen33efferungi8gefd^äftö? — bag man burd^ bie Somöbien 
nid^t geftört glaubte — burd^ bie SWal^mng nid^t, weld^e bie 
grembenbefudie ber ©itelfeit be§ ÜDid^ter« jufül^rten — nid^t burd^ 



vn. ©ol&cna8»)crg, 199 

bcn Umgang mit einer öerborbenen ©amifon — bcm fottte bie 
ffltebcranfnü^jfung ber menfd^Iid^ften, fittlid^ften JBanbe mit SBeib 
irnb Sinbcm l^inberlid^ fein? 35aig glaubte man felbft nid^t, nnb 
t^ liegt urfunblid^ üor, ba§ man c§ nic^t glaubte. ®iebt nid^t 
bcr Dberft ©ceger bem $erjog btn 5Rat, ber ®attin ©d^ubarti^ 
mid^ nad^ feiner S3efreiung il^re ^enfion ju laffen, bamit fie ferner 
Reifen foHe, il^ren unruhigen ÜJiann in ® darauf en ju l^alten? 
Wfo tt?arum fd^Iug ^erjog Sari bie SBitte ber unglüdEIid^en aWenfd^en, 
ba er öon fjreilaffung bt& befangenen nid^td n^iffen wollte, bod^ 
ttenigftend bii^ttjeilen bei einanber fein ju bürfen, l^artnädfig immer 
toieber ah? „(Bx finbe eiS nid^t für gut," — reftribierte er 
bcm ®eneral ©dreier auf feine biciSfättigeSSerttjenbung — „©d^ubarti^ 
Angehörige mit i^m fpred^en ju laffen." |)ier ftogen wir auf 
bcn nadften, fal^Ien ©teinboben bei? !DefpotiiSmuö, ber im SJer* 
fagcn fxä) baS ©efil^I feiner SBad^töottfommen^eit giebt, ber in 
uncnblid^er SRad^e filr bie minbefte 8JerIe|ung ben unenblid^en 933ert 
ber atter^öd^ften ^erfon ju bet^ätigen glaubt." 

O^ne S^^eifel l^ätte ©trauJB ba§ SRid^tige getroffen, wenn 
er ben ®mnb nid^t in ber aHerl^öd^ften ^erfon, fonbern in einer 
„bem ^erjoge fe^r fd^äfebaren ^crfon", wie ©d^ubart fid^ aud 
Anlaß feiner SSer^aftung au^brüdEt, gefud^t l^ätte. üDiefe ^erfon 
toußte il^n, wie ber SScrfaffer ber ©el^eimniffe 2C. fagt, burd^ bie 
@cfd^meibtg!eit, womit fie fid& feinen Saunen aujufd^miegen wußte, 
unb ber fie fel^r fünftlid^ ba§ ®e)3r8ge ber liebeniSwürbigften 
toeiblid^en SCugenb aufbrühte, ju bel^errfd^en, o^ne baß er t§ 
wußte; fie l^atte unbefd^ränfte 5Diad^t über i^n. ©benfo bemerft 
©pittler im 13. S3anb feiner SBBerfe: „Sari, ber ein felbftänbiger 
^Regent ju fein meinte, würbe jur SRed^ten burd^ bie ®räfin unb 
jur Siirfen burd^ ©ü^Ier geführt. SJierje^n wUt Qfa^re, üon 
1773—88, bauerte biefe fd^öne :3tttereffent)erbinbung. SBand^mal 
f^Iug Sari baö Äuge auf, aber er war unb blieb in 933eiber* 
Rauben, «u^ afe bie ©e^eimrätin Söü^Ier am 24. fjebruar 1788 
ftarb, l^atte ber $erjog feine Sraft mel^r, fid^ frei ju mad^en. 
Sowohl fjranäiöfa, afe i^r «aiierter, «. Qf. S3ü^Ier, waren üon 
Slatur leifen ©angei^ unb aud^ ber ^ürft, ber wal^r^aft galopp* 
artig gelebt l^atte, würbe immer mel^r jur )3oIitifd^en ©d^Iaul^eit, 



200 VIL ^ol^enaSperg« 

al« ju tüilbcm ^wfltctfen geneigt." fiarl fclbft würbe mit ben 
;3a]^ren fül^Ier unb gemäßigter, ©o groß früher fein ^od^mut 
toax, fo fonnte bod^ SKciner« 1793 (im SCobegjal^r be^^ ^erjogö) 
fd^reiben: „©elbft große Unüorfid^tigfeiten im Sieben Überfall ber 
öerftorbenc ^erjog Sari, meil er njol^I wußte, baß bicfe nici^t 
fowol^I üerfü^ren, ate bem Unöorfidjtigeu in ben Singen ber 3Ser* 
nünftigen fd^aben würben. SSor nic^t langer Qtit war bie grei* 
l^eit ju fd^reiben in Stuttgart faft ebenfo groß, ate bie greil^eit 
}u rebcn, U^ fie burd^ bie SJerwenbungen einiger au^roärtigen 
|)öfe in engere ©darauf en gejogen würbe." — (£in $aut)tgmnb 
biefer größeren grei^eit ju reben unb ju fd^reiben lag in bcm 
StuiSbrud^ ber franjöfifd^en SReüoIution. Übrigen^ beftärft mic^ 
aud^ biefer Umftanb in ber Überjeugung, baß bei ©d^ubartiS ©er^ 
l^aftung nid^t fowol^I ber |)erjog aU fold^er, aU öielmel^r ber 
Ofreunb unb fiiebliaber g^ranjiiSfaig beteiligt war unb baß biefe 
bie $au)3troIIe babei fpielte. Sine ed^te äBeiber* unb SÄätreffen^ 
rad^e — ben gefangenen ©id^ter öom red^tmäßtgen Umgang mit 
feiner red^tmäßigen ®attin aui^äuf daließen ! SSie l^ätte granji^^fa öoH^ 
enb^ gejaud^jt, wenn fie etwa§ üon ben freilid^ üorüberge^enben ffiifer* 
füd^teleien jwifdien ben ©atten gewußt l^ätte (©trauß II, 72, 118)1 
S)a fällt mir thtn eine Änefbote tin, bie id^ in meiner Äinb* 
l^eit l^örte. ÜÄan erjäl^lte fid^, ©d^ubart l^abe bie ©räfin mmal 
beim dämmen il^reg $aare§ ilberrafd^t unb bann bie fretltd^ rm^ 
appetitlid^en SSerfe auf fie gemad)t: 

;,@i fel^t bo(^ (ober: 3e^t fal^ id^) bie fjfrangisfam, 
^te ftolge $i)m))abour, 
SSHe fie mit einem ^Hglamm 
S)urd^ iöre $aarc fu^r*" 

©a§ wäre freilid^ ed^t f d^ubartif d^ ! 

Unter ben aWännern, bie ben gefangenen ©d^ubart befud^ten, 
ift nad^ ®oetl^e ber berülimtefte ©dritter, ©d^on afe Änabe in 
Sttbwigi^burg ^atte er ben Drganiften fennen gelernt; ate 1776 
©d^ubarti^ ©rjäl^Iung „Swc ©efd^id^te be« menfd^Iid^en ^erjew?" 
erfd^ien, l^atte er ^ier bie Quelle für feine SRäuber gefunben; mit 
©d^ubarts ©ol^n, bem «fobemiften, ftanb er in freunbfd^aftlidjem 
SJerl^ältni^, unb ber ©cbanfe an ben wiberred^tlid^ gefangen ge* 



VII. ^oJ^enaSperg. 201 

^altcttcn !Did^tcr mag x^m unter fo öiclcn anbeten ©cftalten bei 
ben ©ebid^tcn „ber gröberer" (1777), ,,bie ©ruft ber Röntge" 
unb „bie fd^ümmen SKonard^en" (in ber Slntl^ologic 1782) öor» 
gef(|n)ebt ^aben. %n eine ^bl^ängigfett ©d^ubartiS Don @d^i((er 
bei feiner gürftengruft ift nid^t ju benfcn, ebenforoenig an eine 
Äb^ängigfeit ©d^itteri^ öon ©d^ubart bei ben obengenannten ®e* 
btd^ten. 5)er ©toff lag in ber Suft. 6^er nod^ wäre auäuncljmen, 
ba§ ©dritter üon ©d^ubart beeinflußt ttjurbe, totnn bie Sl^ronologie 
bieg erlaubte. S33ie braudjte ©(^ubart nad^ ^eterfen^ SSermutung 
(Soaj^, ©d^itteriS ^f^genbja^re, l^erauögegeben t)on SB. ü. aJial^al^n 
1, 148) burd^ ©d^itteriJ ©ruft ber Sönige ju feiner gürftengruft 
veranlaßt ju njerben? ®er ^lan reid^t ja in bie 5IRänd|ener Qdt 
jurüdE unb ber Anlaß lag in bei^ $er jogg SBortbrttd^igf eit. äBid^ttger 
ift für ung ©d^iKer« S3efud^ bei ©d^ubart. SBir l^aben oben ge*= 
feigen, tt)ie bei einer t^eatralifd^en SSorftettung ber ?ßroIogug auf 
Shegcrg SJefel^I jweimal „ßbler SRicger!" rufen mußte. SBei jeber 
©teile, toorin ©d^meid^eleicn für i^n öorfamen, erneuerte ber 
Äommanbant feinen Ä)3plaug unb bie ^^fd^auer ftimmten au« 
f)öflid^feit ein. ^oöen fanb bie ©ad^e l^öd^ft fomifd^ unb flatfd^te 
fo ungel^euer, baß 9iieger aufmerffam mürbe. (£r crfunbigte fid^ 
nad^ bem 9^amen beS funftfinnigen iungen äßanneg unb fal^ il^u 
fel^r freunblid^ an, medl^alb fid^ ^oücn leife baöonfd^Iid^, um nur 
nid^t angerebet ju merben. 

!Dag l^alf il^m aber nid^tg. @Ieid^ am anberen ÜJlorgen er* 
^ielt er einen ©rief be« ©enerafö, morin er fid^ bebanfte, baß 
ein 3Rann öon fo feinem ®efd^madE fein SC^eater eine« Sefud^g 
gemürbigt l^abe, unb morin er benfelben einlub, nun aud^ il^n 
felbft JU befud^en. $0Den fonnte biefe Äufforberung nid|t mol^I 
ablel^nen; SRieger empfing il^n fel^r artig unb hat il^n, red^t oft 
»ieberjufommen unb aud^ feine g^reunbe mitzubringen. SBefonberd 
»ünfd^te er ben SSerfaffer ber SRäuber fennen ju lernen, unb ba 
er mußte, baß ©dritter fid^ öfter« bei ^ooen in Submiggburg 
aufl^ielt, fo mußte biefer feft t)erf)3red^cn, i^n bag näd^ftemal nad^ 
bem Ägperg jU fül^ren. — ©er ©eneral, um fid^ ben S3efud(| 
©dritter« ju einem fjefte ju mad^en, forberte ben armen ©d^ubart, 
ber ©dritter nod^ nid^t )3erfönlid^ fannte, ju einer Stejenfion ber 



202 VII. ^ofjtna^ptxQ. 

SRäubcr auf. ©d^uBart fd^ricb bicfclbe. Vi& |)ot)cn nun mit 
©dritter auf btc ^^ftung fam, tüci^te bcr ©encral, nad^bcm er 
bcn ÜDid^ter mit ^öflid^fciten überhäuft ^attc, fic in ha§ ©cl^eimni^ 
bcr Übcrrafd^ung ein, bie er ©d^ubart jugcbad^t l^atte. ©dritter 
follte fid^ afe Dr. fjtfd^cr üorftctten laffen. 9Han ging ju ©d^ubart. 
©obalb bie crften Segrütungen öorüber waren, lenfte 8Hegcr baö 
®cfpräd^ auf bie SRäubcr. 33cr angeblid^e Dr. gifd^er fagte, er 
fenne bcn SJcrfaffer genau unb münfd^tc tüol^I, ©d^ubarti? Urteil 
über beffen ©tüdE ju l^ören. !Da fiel ber ©eneral il^m pIö|Kd^ 
ini^ SBort, inbcm er ftd^ ju ©d^ubart wcnbetc: „©ic l^aben ja 
eine giejenfton ber 9täuber ücrfaJBt. SBoHen ©ie nid^t fo gefällig 
fein, biefelbe bem $erm S)oftor üorjulefen?" ©d^ubart l^olte fein 
SKanuffript unb Ia§, ol^nc ju al^nen, baj3 ber SSerfaffer beiS S^rauer^^ 
fpicfe t)or if)m fte^e. Am ©^Iuj3 ber SReicnfion l^atte ©d^ubart 
ben 933unfd^ auj8gefpro(^en, ben großen !Did^tcr öon Slngefidfit 
fenncn ju lernen; ba flopfte SRieger il^m auf bie ©d^ulter unb 
fagte: „^fl^r aBunfd^ ift erfüllt! |)icr fte^t er üor ;j^]^nen!" 

,,$^ft e« möglich?" rief ©d^ubart fro^Iodfenb. „!Dag ift alfo 
bcr 3Serfaffer ber Siäuber?" 

ÜJht btefen äßortcn fiel er ©dritter um ben $afe, fü^te i^n 
unb (Jreubcntl^ränen glänjtcn in feinen Äugen. SRicger war au^er* 
orbentlid^ erfreut über ba« ©dingen ber Übcrrafd^ung, bie er bem 
armen ©d^ubart bereitet ^atte. ©dritter unb $ot)en üerüe^en in 
befter ©timmung bie fjcftung unb gebadeten nod^ oft ber merf* 
würbigen ©jene ($oöen§ SJiograpl^ie ©. 114). — 

5)ie§ gefd^cil^ itn SWoöember 1781; ©dritter war bamate 
SRegimcnti^arjt. 

Db ©^ubart bloß burd^ bie grjäl^Iung „Qnx Senntni^ 
beiS mcnfd^Iid^en |)erjeng" unb, wie id^ Dermute, burd^ ben „fflud& 
bei^ SSatermörberiS"*) auf bie ©ntftel^ung bcr Jftäuber eingcwirft 
^abe, wäre bie grage, bie t>on ©. SB. (offenbar ©d^mibt* 



*) ^te „S^omanse'' felbft tpar natürltd^ 6d^tller unbefannt; fte toax ja 
no^ nid^t gebrudtt, ja, totnn fte inS Sal^t 1783 fallt, nod^ nid^t einmal ge^ 
Md^tet, als ^d^ider bie Stäubet fd^rieb« ^ber i^ren Snl^alt fonnte er t^on 
ßubtoig ^ä)vä)att erfal^ren l^obeiu 



VII. ©ol^cnasperg» 203 

»ct§cnfcl8) in bcr ©artcnlauBc 1873, 1 {in bcm «rtifcl: „5Die 

toftrttcmbergifd^c JSaftiffc; ein ©tilcf an» bcr gntcn alten 3^^^") 

öemcint toirb. 3)cr SScrfaffer fagt: „SWan fcnnt bic ScibeniJ* 

gcfd^id^tc ÜRafcriJ bc fiatubc, bcr jmanjig ^fal^rc lang afe Dpfer 

bcr SKätrcffcntt)ilHür in bcr JSaftiffc fd^mad^tcte. Äud^ bcr |)o]^cn* 

a^ptXQ l^at feine SatubeiS geljabt, fo ben §erm üon ©d^ciblin. 

Äd^tunbjtüanjig ^Jal^rc lang nal^m il^m eine lettre de cachet beiJ 

§crjog8 tjon SöürttemBcrg bic ^xzx\)zit, tpcil bic leiblid^cn JSrübcr 

bcr ^errn üon ©d^eiblin il^n mcgcn ^fugcnblcid^tfinniS mit ficbenbig* 

begrabenttjcrben beftraft wiffen tpolltcn. ®d|iller fanb in bem 

©(j^idfal bicfeö SWanncg bic 3JoIIe üon Äarl SIKoor." ®inen ä^n- 

Hd^en (ginbrud l^at bicfc ®cfd)id|tc auf |)crmann gurj gcmad^t, 

fonft liefee er nidjt in feinem 9ioman ,,®d)iIIerjS ^cimatjal^re" 

feinen gelben §einrid| 9?oIIer, bem ©d^ubart bic fd|ftnblid|c 

3famiIienfaBaIe erjätilt l^at, barilber erftaunen, in biefer gamilicn* 

gefdiid^tc bic unücrfennbarcn 3^9^ ^^^ 85rüber Sari imb granj 

SWoor ju finben. SOIein 1781 maren ja, toie an^ bem Obigen 

fattfam crl^cllt, bic 3JäuBer längft erfd^ienen; folglid^ müßte ©diiHcr, 

toenn il^m je ©diciblinö So^ babei üorfdimebte, üorljcr nnb auf 

anbcrcm Söegc biefe 3^amiliengefd|id)te crfal^rcn l^aben. 3)er Sfrtifel 

fäl^rt fort: „aWan fül^It fid^ üon bem ®cift angewclit, in bcm 

Sd^iller feine SRäuber gcfdtirieben, menn man baö rol^e, üieredKge, 

me ein alter JSurgturm geftaltetc ©cmäuer betrad)tet, mcld^eö 

jid^ aug bem §ofraum ht» |)o^ena8perg l^od^ über ben SBall erl^ebt. 

§icr fanb ©dritter bic Stnregung ju feinen 9fiäubem. !Ocnn in 

einem bcr ®rabei8ferfer, meldte bcr Sau in feinem ^fnnern birgt, 

l^at t)or nun balb einem :3fa]^r]^unbert ein fo reid^eö SWenf^cn* 

mib !Didt|tergemüt, wie ©d^ubart, au^ blaff er 3)eft)otcnIaune 

fd^mad^ten muffen." ,,§ier mit biefen ©rinnerungen bc* 

greift man erft bic 9fiäubcr, ju wcld^en bcr 85efud^ bei bem ge* 
fangenen ©d^ubart im |)erbft (!) 1781 unferm ©dritter, bem 
bamaligen ^ögling bcr Sartefdtiule (!), fo mäd^tige Anregung gab." 
— 3)aiJ ^vviQ^ in biefen eingaben braudticn wir nid^t lange ju 
berid^tigen. ^Jnbeffen baö wäre immerl^in möglid^, baß bie (Srjä^* 
langen öon bem grauenvoll eingetürmten !Oid^ter, beffen Werfer 
©dritter t)ielleid)t üon außen meljrmate fal^, mand^e ^üge ju ben 



204 VII. Qo^tnaiptxq. 

SRäubcrn lieferten, ©inen |)au^3tfaftor barf man freilid^ bei attcn 
^Dramen unb ©tjftl^Iungen, bte ©diiöer hti bcn Släubcrn t)or^ 
gefd^toebt l^aben mögen, nid^t fiberfei) cn: feine eigene frciwaltenbc^ 
gcniol fombinierenbe 5ßl)antafie. — 

JBefagter Sluffa^ liefert einen tranrigen SBeleg für bic glfid^ttg* 
feit nnb Dberfläd^Ii(|feit, mit ber in nnfrer Qtit üiele 3ßitfÄ|riftcn* 
artifel fabrijiert werben. ÜDa lefen toir gegen ben ©d^Iu| nod[>: 
„|)erjog Äarl mar 1793 geftorben. 3Son 1793 an regierte fein 
jmeiter JSruber, griebric^, ber nnter Slapoleonifd^er ^errfdiaft crftcr 
Änrffirft, bann Äönig merben follte." ®o fd^reibt man @efd|id^te. 
©ag a33al)re ift, ba§ jener Äurfürft nnb erfte Sönig ber ©ol^u 
üon |)erjog Äarte jmeitem JBruber, griebrid^ (Sugen, ber t)on 
1795--97 regierte, mar unb im ^at)x 1 97 auf ben 2il)ron fam. 
— !Oer fel^r anjietienb gef d^riebene Sluffa^ : „ ©in Opfer beutfd^cr 
prftenmiaffir" üon aKaj 3Kng in ber ©artenlaube 1866, 8 lä^t 
©d^ubart jur 3^^/ ^^^ i^^ ©dritter befud^t, einen angel^enben 
©reisiger fein; in ber 233irflid^feit mar er bamatö 42 ^a^xt altj 
au^erbem mar ©dtiubart bamate nid^t mel^r, mie man amS bem 
Slnfang beg Sluffa^eiS f(^Iie§en foUtte, in bem finftern SKauerlod^, 
bag er anfangiS bemoljnte; enblid^ mar bei ©drittens SBefud^ auf 
bem Slj^perg aUerbingj^ 9Heger nod^ Sommanbant, unb nid^t „ber 
fpätere unb milbere Äommanbant" l^at biefe ©jene üeranftaltct 
j)a8 obligate ©^imt)fen auf ben „Pfaffen" S^^^H ^^^^ ^^ 
mieber, miemol^I SDJaj 3Hng biefen SKann nur bei ber ©rmäl^nung 
t)on ©d^ubartg Slufentljalt in fiubmigöburg fd^ilbert. ^oa§ unb 
^aQei^fe aber t)erübeln bem ©pejial, ba| er, aU ©d^ubart auf 
bem 'ü^ptxQ fa§, bem bortigen ^rebiger verboten l^abe, bem ®c^ 
fangenen ba« Slbenbmal^I ju reid^en, momad^ biefer bringenb 
begel^rte. SDaför mu§ fid^ nun ä^tting üon JSodi^ SSerfoIgungS* 
geift unb Kad^fud^t afe ]^ert)orftec^enben ©l^arafterjug üormerfcn 
laffen, unb ^aUtei^fe, ber offenbar JBoaö nad^f d^reibt , bemerft 
baju: „©ein |)od^mut marb nur flbertroffen üon feinem 3Ser* 
folgungögeift." Ratten bie beiben |)iftorifer ben JSriefmed^fel bei 
©trau§ genau gelefen, fo l^ätten fie gefunben, ba§ S^^^H ^^t 
mie man nad^ S3oa^ unb ^aSei^fe glauben foQte, bem @e« 
fangenen ben @enu| bej^ ?(benbmal^te ffir immer verboten l^ot; 



VII. $o]^ena8t)erg« 205 

bog fonntc er gar nid^t, er toax \a ber Dberfird^enbeprbe ücr* 
anttoortlid^. ©enn aber S^^^H ^^^^^ 3Renfd|cn, ber fold^e 
„callos uttb SBranbmale" im ®ett)iffcn l^atte, toit ©diubart, unb 
ber t)or einigen Qfal^ren förmlid^ ejfommnnijiert worben toax, 
ben ®cnn| beg Äbenbrnal^fe erfdiwerte, fo t)erbient er beiJttjegen 
feinen Sabel; ©d^nbart f)at, wäl^renb S^^^^Q f^i^ Sorgefe^ter 
toox, rm\)x ate einmal ba^ ?lbenbma]^I em<)fangen. Äud^ flnben 
»ir in bem gefammten SBriefmedifel feine ®<)nr, ba§ S^^^M ^^'^ 
gefangenen ©d^ubart verfolgt ober il^m mit feinen JSefud^en ju* 
gefegt l^ätte. ©d^ubartg ©ol^n verfolgte in religiöfer i)infid^t 
eine fel^r freie JRiditnng unb fonnte bie „?ßf äffen" nod^ üiel 
»cniger leiben, afe fein SSater. ^&üz er über 3iöi^9^ ©enel^men 
gegen feinen gefangenen SSater etmag JWad^teiligejS gctDU^t, fo l^ätte 
er ^td^ gett)i| nidt|t gefd^eut, üor bem ?ßublifum afe 3iÖi^9^ 
Änfläger aufjutreten. !Ca audti ein „lutl^erifd^er ?ßfaffe" ®eredt|tig* 
feit t)om ©efd^id^tfd^reiber verlangen fann, fo mu^ x6) auf bie 
®efa]^r l^in, ebenfatt« ju ben Pfaffen gered^net ju toerben, mid^ 
3tIRng^ nad^ biefer ©eite annel^men. 

„©dritter ift ein großer Serl — id^ lieb il^n l^eife — grü& 
il^tt/' fd^reibt ©d^ubart im ©ommerSanfang 1782 an feine ®attin. 
^a^ ®ebidt|t „an ©dritter", eine bitl^^rambifd^e Sritif üon ©d^il* 
kt» «ntl^ologie auf ba^ ^a\)x 1782 (3JecIam ©. 128) jeugt öon 
©d^ubartjS ©egeifterung für ©dtiiller, an beffen „geuerbufen" 
er iüngft lag unb lange weinte. (Sin Sll^ema mürbe üon bei* 
ben ÜDid^tem balb barauf bel^anbelt, SftiegeriJ SEob. ©dritter 
fyA SRiegern auf SBefteHung befungen (©d^norrö Ärd^iü 1881, 398); 
©d^ubart beiJgleid^en im Slamen be^ SJataiHoniS. ©d^ubartö ®e* 
bid^t ift gemäßigter unb rul^iger (SRecIam ©. 120). «ud^ ©d^u* 
bort fd^meid^elt bem SSerftorbenen, b. ^. er lobt il^n einfeitig unb 
t)erfd^tt)eigt feine großen ^el^Ier; aber fo fel^r f dalägt er ber ge»» 
fd^id^tlidtien aaSal^rl^eit nidt|t xn^ ©eftd^t, tt)ie ©dritter, ber üon 
biefem ÜJienfd^enfdtiinber unb ©olbatenpreffer rül^mt: 

9Hd^t um ^rbengötter üein au fried^en, 
f^ürftengunft mit Untertl^anenftüd^en 
3u ertottd^crn, toar bcin 2^rad^ten nie* 



206 VII. ^6f)tm^ptx^. 

©d^iHcr« ©l^araftcr litt \o&f)nnb feiner ©tubienjal^re unb 
nad^l^er unter ber Ungunft feiner SJerl^ältniffe nnb feiner Um* 
geBung. !Oer gefangene ©d^ubart unb ber freie ©dritter ttnit^ 
brigten fid^ gu elenben ©d^mei(|eleien gegen bie (grbengötter Sari 
unb ^ranjiiSfa. 9lur in ©d^iUerg Dbe auf SRieger finbct 
fid^ mel^rerei^, toa§ ein t)erfönlidt|er 2(u8faII auf ben |)erjog 
fd^einen fonnte. ©ie erregte Sarfö 3Ki§faIIen nid^t BIo|, weil jie 
„üerfd^iebene ©eiten feiner fürftlid^en Sjiftenj ju üerle^en fc^ien", 
fonbem aud^ bei^l^alb meil er fic^ feiner ©etoalttl^aten gegen 
8Heger im i^^nern tt^ol^I beu)uj3t war. 3)er weitere SSerlauf üon 
©d^iöeriS ©d^idEfal ift Befannt. SSor feiner ffludit Befud^te er 
nod^ einmal ©d^uBart, ber il^m ungebrudCte ©ebidtjte üerel^rte. 
Dl^ne S^^if^lf Bewog ber ©ebanfe an ben eingetürmten 35id^tcr 
ben SJerfaffer ber SRäuBer nad^ feinem Sonflift mit bem ^crjog, 
fidti einem äl^nlidtien ©^idffal burd^ bie glud^t ju entjiel^en. ^n 
©diiHer regte fid^ bie Beffere Statur; Sari unb ffranji^fa erfd^ienen 
il^m nidt|t allein nad) il^rer ßid^t?, fonbem aud), unb nod^ mel^r, 
nad^ il^rer ©dtiattenfeite. „grauji^fa, fagt 3)ün|er in feinem SeBen 
©dtiiaer« ©. 83, baö SUhifterBUb ber Xugenb, bie SBo^Itliäterin 
ber Firmen ^atiz für ben gefangenen ©(^uBart fein Sort. SDiefer 
leere Söol^Itliätigfeitgpontp, biefer eitle geftjuBel, biefej^ fd^meid^* 
lerifd^e ßoBpreifen, an bem er fo oft l^atte teilnel^men muffen, edEelte 
©dtiiöer an." — ,,aKorgenjS jmifdien 1 unb 2 Ul^r nad^ ber 
fjlud^t," erjäl^It ©treid^er, „war bie ©tation ®njweil)ingen er* 
reidtit, wo geraftet werben mu§te. Site ber Sluftrag für etwas 
taffee erteilt war, jog ©dritter fogleidti ein §eft ungebrudEter 
©ebid^te üon ©(^uBart l^erüor, üon benen er bie Bebeutenbften 
feinen ©efäl^rten ryoxla^. iCaiS merfwürbigfte barunter war btc 
gürft engruf t,*weldt|e« ©d^uBart in ben erften SKonaten feinet 
engen ©efangenfdtiaft mit ber @dEe einer SBeinfleiberfd^naöe in bie 
naffen Söänbe feineö Serfer« eingegraben l^atte. (5)a§ ©treidlet 
bie 3eit, wo bie JJürftengruft entftanb, irrig angieBt, Brandet fanm 
Bemerft ju werben.) 3)amafö, 1782, war ©^uBart nod^ auf 
ber fjeftung, wo er aber je^t fel^r leiblid^ gel^alten würbe, ^n 
mandtien biefer ®ebid^te fanben fxä) Slnf^^ielungen, bie nidt|t fdtiwet 
ju beuten waren unb bie feine nal^e ^Befreiung il^rei^ SSerfafferS 



VII. ^of)tm9ptxq. 207 

erwarten liegen." !Ca au§er ber gürftcngruft ftd^ In ©d^ubartö 
fljätcr gebrucften ©ebid^ten fold^e Änf<)ielungen nid^t finben, fo ift 
es fel^r ju bcbauem, ba§ ©d^tHer biefc ©ebid^te nie befannt gemad^t 
^at. — „©dritter/* fäl^tt ©treid^cr fort, „i^attc für bie bid^terifd^en 
Jtalente bc« ©efangcnen fel^r üiele ^od^ad^tung. Äud^ l^atte er 
il^n etntgemale auf bem Sli^t)erg befud^t." 

©d^ubart toar jeitlebenS für ©dtitöer begeiftert, la& aUciJ, 
wag biefer fd^rieb unb äußerte feine Slnftd^t barüber teils in ben 
©riefen, tetfe f^^äter in ber ©l^ronif. (£r red^net il^n ju ben 
©enieS unb fdtireibt am 5. Ä^^ril 1783 feiner ©attin: „!l)er §erjog 
f)at an ©d^iHerS, an meinem unb mel^reren JBeifpielen gejeigt, 
wie wenig Sld^tung er für ®enieS i^at." ffir nennt in einem 
Srief an 3DWlIer üom 26. Dftober 1784 ben ßeutnant üon 
©d^arfenftein „beS üortrefflid^en ©d^iHerS SBertrauten". Älö 
©d^iUcrS 3Kutter x\)n mit 8leinwalb, ©dritter« ©d^wager, 1784 
befud^te, fagte er beim Äbfd^iebe ju il^r: „®ebenebeiet bift bu 
unter ben SSBeibem unb gebenebeiet ift bie grud^t beineS Seibejg!" 
(©dritter« SBriefwed^fel mit feiner ©d^wefter ®]^riftot)l^ine ©. 278.) 
Unb ©dritter? 5Da§ er fid^ für ©d^ubart bei |)erjog Äarl nid^t 
üerwenben fonnte, ift begreiflid^. !Ca§ ©dritter fid^ an ber aSer* 
wenbung beö ^erjogiS üon SSBeimar für ©d^ubart beteiligte, ift 
möglid^. (3SgI. ©^ubart, 10. JWoö. 1785 an feine ®attin: „ffirft 
fürjlid^ erful^r id^, ba§ ber Äurfürft öon Sägern, bie ^erjöge 
öon Srodhvndtn, @oti)a unb Söeimar fic^ neuerbingS üergebenö 
beim ^erjoge für mid^ üerwenbet l^aben.") ÄuffaÖenb aber ift 
unb bleibt, ba§ ©d^ubart üon ©d^iUter faft gar nie erwäl^nt wirb. 
An Äömer fd^reibt er am 19. 3)ejbr. 1787: „SSon ©d^ubart 
ejiftiert aud^ eine Äompofition meiner greube, bie id^ !Cir, wenn 
^u fie l^aben willft, fann abfd^reiben laffen." Slm 12. !Cejbr. 
1788 fd^reibt er bemfelben: „Sieulid^ fam ©d^ubartj^ ©ol^n au« 
SSerlin l^ier burdti, er gel^t ate t)reu§ifd^er fiegationöfefretär mit 
bem <)reu|ifd^ett ©efanbten üon ©tein nad^ üßainj". SSon ©d^u* 
barfcg ©ol^n fagte ©dritter, er fei aud^ ein !Oi(^ter, aber fein 
gebomer (©d^illeriJ ßeben wn gr. t>. SBoIjogen ©. 164). SDieS 
nebenbei bemerft. Qfm Übrigen wirb man fid^ burd^ ©d^illeriJ 
©tiöfd^weigen, aud^ ba, wo eine ffirwä^nung ©d^ubartö nal^e lag, 



208 VII. ^o^tna^pttq. 

bcfretnbet fül^Icn. ®o trägt er nicmate feinen nädiften iBer* 
ttjanbten einen @m§ an ©dinbart auf; fo enoäl^nt er feine ®e* 
bid^te unb feine Sl^ronif nie; fo übergel^t er ©d^ubart aud| in 
ber Stbl^anblung, wo er fo üiele ©id^ter treffenb diarafterifiert — 
über naiüe unb fentimentale ©iditung. SBürgerS ©ebid^te l^at 
©(filier in einem eigenen Sluffa^ bef^^rod^en; SöüxQtx^ ®eifte^* 
öenoanbter ift ©d^ubart; l^ätte am (Snbe ©dritter über ©d^ubart 
fid^ gerabe fo äußern gu muffen befürd^tet, wie über SBürger? 
JDietnte er üielletdtit, er muffe fid^ tjon ©dtiubart^ 9Rufe ebenfo 
abwenben, tote üon ben bi^terifdien ©rjeugniffen feiner eigenen 
Qfugenbjeit ? ^ätte er ©d^ubart^ ® ebid^te fid^ genauer angef el^en, 
fo l^ätte er ba in mandtien eine eigentilmlidtie SSerquidEung naitjer 
unb fentimentaler ©lemente beobad^ten fönnen. ©d^ubart ^at and) 
barin UnglüdE gel^abt, ba§ fein berül^mtefter ßanbj^mann, bem er 
ben ©toff ju bem t)oetifdt|en ffirgeugniiS lieferte, burd^ weld^e^ 
biefer mit einem ©dtjlage ein berül^mter Söiann würbe, fxä) ft)ater 
— üornelim unb gleid^gültig öon il^m abgewanbt l^at. 

SBag ©oetl^e betrifft, fo erwäl^nt er ©d^ubart einmal in beut 
SBrief an ©dritter öom 10. ij^anuar 1798. ©otta« neue SBelt* 
funbe erinnert il^n an bte ©d^ubailifd^e ©l^ronif; „fie ^at webet 
©efd^madE no(^ 233ürbe". ©dt|iller nimmt fid^ ber ©l^ronif nid^t an, 
er fd^weigt. SSergleid^e ferner ben Slbfd^nitt: ©d)ubart ate SDhifHer. 

!Oer einjige unter unferen tiaffifem, ber fid) — ntd^t be§ 
3)idt|terg — wol^I aber be^ 9ßenf^en ©d^ubart lebl^aft annimmt 
unb fein innigfteiS SUiitleib mit il^m frei unb offen üor aller SBelt 
auöfpridit, ift |)erber. 5»adt| 3)ün|er im Seben ©d^illerS fprad| 
^erber bei feinem erften ^^fammentreffen mit ©dritter unter 
anberem über ben enblidt) freigegebenen ©dtiubart. ^n ben 95riefcn 
jur Seförberung ber |)umanität, wo er im ?(nfang üon Seben^^ 
befd^reibungen berühmter unb um bie 9ßenfd^]^eit ücrbienter aßänner 
f^3ridt|t, nennt er ben württembergifd^en §al^n, ©dt|ubart§ ffreunb 
unb SBefelirer, einen wal^r^aft 9lewton'fdt|en Äo^^f unb ruft au§: 
wag wäre au§ il^m in ©nglanb geworben! ©einmütig fäl^rt $erber 
f^jäter fort: „J)eutf(^Ianb weint ummandtie feiner Sinber; eö ruft: 
jie finb nid^t mel^r, fie gingen gefränft, beiftanb* unb troftlo^ 
unter. §ier alfo auf bem ®rabe be§ SSerftorbenen, afe auf einer 



VII. ^oficna^pcrg. 209 

i^eiligeu fjrciftätte, muffen 3Bal^r^ett unb 3Rcnfd^U(^feit, bicfc fanft 
iinb rü^renb, jene unparteitfcl^ unb ftrcngc t^rc ©tinimen ergeben 
imb f^rcd^en: „tiefer SDtann warb nnterbrndt, jener genü^branci^t, 
bicfcr t)erIo(ft unb geftoI)Ien. D^ne Siedet unb Urteil fdimad^tetc 
er Diele $Ja^re im gelfenferfer; ba§ %ige feines dürften weibete 
fid^ an il|m; feine fpäte (gntlaffung warb ®nabe unb nie befam 
^r bie Urfad^e feinet ®efängniffeö ju wiffen, hi^ an ben Jag 
feines JobeiS." ^n ber Änmerfung fagt^erber: „®ine fe^r be* 
lannte beutfd^e ©efd^id^te, über meldte jegt ber jroeite SEeil üon 
©d^ubarW felbftgefd^riebenem Seben äuSfunft giebt." — „SBa^re 
JBegegniffe biefer Art/' fä^rt ^erber im Jejt fort, „müßten 
t)on 3Kunbe ju SKunbe, t)on S^agebud^ ju SEagebud^ fortgepftangt 
werben: benn wenn ÜJebenbige fd^weigen, fo mögen aus i^ren 
Gräbern bie lobten aufftetien unb jeugen." ©o fd^reibt ^erber 
nad^ ©d^ubartö Job. !Oie ©teile mad^t feinem |)erjen @l)re, fie 
ift aber meinet SBiffenö bie einjige, in ber er ©(^ubart erwähnt. 
®eneral Stieger würbe üon ©d^ubart üerfc^iebcntlid^ ge* 
leiert. Senn aber Soag bie SBorte im Slnfang beS ^t)mnug auf 
@dt|itter: „SDieineS SBergeS ©eniuS, ber fRiefe, @in ©diätjer ^o^en 
©angeS, ßaufd^t' !Cir, bafe ber Solbe üon ©ta^I entfanf feiner 
Wolf igen 3Jed^ten," auf ben ®eneral SRieger bejiel^t, ber ein ©d^äger 
I)o^en ©angeg genannt werbe, weil ©dritter i^m in ber S(ntl)ologie 
äBei^raud^ ftreute, unb wenn ^ßaöeöfe i^m barin beiftimmt, fo 
4nu§ id^ ben gefangenen 35id^ter gegen eine fold^e ©efd^madtlofig* 
leit öertl^eibigen. 3)er „©eniuS beS SBergeiS, ber fRiefe" ift bem 
SBortlaut nad^ ber üerperfönlid^te SfSperg, ber ®eift beS ^od^ 
€mporragenben JSergeS. Unoerblümt wollte ©diubart fagen, ©d^il^ 
kx ^abe auf bem SlSperg oiele SJerel^rer, bie über feinen ©ebid^ten 
iiUeS anbere üergeffen unb ju benen freilid^ 9Heger aud^ geredinet 
werben mod^te. 35er Kolben oon ©ta^l, ber bem ®eift einer 
©ergfefte mit SRed^t in bie §anb gegeben wirb, fott bod) nid^t 
wo^l ba^ eiferne ©tödfd^en fein, beffen fi^ 9Heger ju bebienen 
t)flegte unb baS ®eifterfe^er in bes SJerftorbenen Rauben gefe^en 
t)aben wollten, wenn er 'iflaäit^ bie ^^ftung prüfenb burd^wanberte ! 
3ur ©rtäuterung üergleid^e man befonberi^ hu britte ©tropfe beS 
@ebidf|tjS: „An 5ßrinj gerbinanb t)on SBürttemberg" (SReclam 115). 

^auff, e^uBott in feinem SeBen unb feinen SBerfen. 14 



210 VII. ^of)tnaiptxQ. 

;,25tr bonncrt — töte aug feurigem TtttaUt 

^eS ^le^anberbergeS ®eniu3 
$erab Dom toolfenblauen SBaHe 

3n8 ©elbcnol^r bcn fricgcrifd^en ®ru6»" 

Flieger, ber fid^ fclbft mä)t uä)t befe^rt l^atte, tooüit bcn gcf an^ 
geneu ÜDiditer befc^ren. ^n einer ^tnfid^t gelang e« tl^m. ©d^ubart 
würbe bnr(^ aiieger unb ^a^n ein btbelgläubigcr Il^cologc unb 
ber blieb er aud| nad^ feiner ©efangenfd^aft. 3)a§ er aber inner- 
Itd^ in feinem 3Befen umgeroanbelt worben wäre, baüon ift feine 
Siebe, ^oä) ge^t man auf ber anberen ©eitc gu weit, wenn 
man ade unb iebe ©inwirfung feiner öeränberten SEBeltanfd^auung 
auf fein |)erj leugnet, ^afe in ,,;$5beale unb i^^^iner" fprid^t 
t)on ©d^ubartö elenbcr JBcfe^rung auf bcm StS^^erg. 933al^r ift 
aber wenigftenö, waö Älbert ^napp im SScrjeid^ni^ ber fiieber^ 
bid^ter im ^Inl^ang feinet fiieberfd^a^eS bemerft, ba§ er auf ber 
3^eftung ütele tiefe d^riftlidtie fRül^rungen empfieng. ©trauß freilid^ 
Witt nid^t^ baDon wiffen; in feiner ©efcl^rung fielet er nur eine 
gemfitlid^e ©elbfttäufd^ung; t^ freut il^n, wenn er auf einjelne^ 
aufmerffam mad^en fann, worin ©d^ubartö alte SWatur wiebcr 
^ertjorbrad^ unb e^ red^t naturaltftifd^ öerworren bd il^m ju* 
gicng; felbft feine SWetgung, feinen grimmigften gcinben tjon 
^ergen ju »ergeben, erflärt er alö 233trfung feine« naturaliftifd^en 
Jempcramentö. @r überfielet aber, ba§ ©d^ubart t)on SfJatur 
aud^ eine Steigung gum §a§ unb pr 'Sta6)t unb einen SErieb 
jeigt, anbere o^ne SWot ju üerle^cn, unb baj3 er ftd^ tjor feiner 
Sefe^rung in feinem ^fnnem mit bem eiteln Iroft über feine 
Äuöfd^wcifungen beruhigte, einem ®enie fei atteiJ erlaubt; in 
ber ©elbfterfenntni«, ber Quelle atter Seigl^eit, war er fd^wad^» 
aWan öergleid^e nur bie ÜDarftcttung feine« ficben« in ®ei«Itngen 
unb Subwigöburg, wie er fte in feinen ^Briefen giebt, mit ber=^ 
felben in feiner ©elbftbiograpl^ie. gnx gangen SBaJ^rl^eit ift ber 
jur ©nfeitigfeit fo geneigte 3Kann aud^ l^ier nid^t burd^gebrungcn. 
5IÄaIt er fid^ bort gu wei§, fo ^ier gu fd^warg. ^Jmmerl^in bürfte 
man nid^t im Unred^t fein, wenn man feine Steigung, bem g^ctnb 
gu ücrgei^en, „ber lebenb i^n in« @rab üerfd^Io^," wie er ftd^ 
im „Jroft eine« befangenen" unb in ber „Sitte" fo rü^renb 



VII. $o^cna8pcrg* 211 

avi^^pxid)t, aus bcr Quelle ber Üieltgiott ableitet. 35ie ©ittbrüde 
ber d^riftlid^eu ©rjiel^uttg wad^ten f^^äter immer mieber in i^m 
auf; oergl. befonberö bag ®ebid^t: „35aiif filr bie §arfe." — 

@in befonberiS anfd^aulid^eö SBilb Don bem Seben unb SEreiben 
auf ^ol^cnaSperg giebt ber SBrief fiinbquifts, 309^^9^ ^^^ ^o\)tn 
Sartef d^ule, bamals DffijierS in württembergifd^en ©ienften, benen 
er fid^ f))äter burd^ bie glud^t entjog. @r fd^reibt (©traufe II, 
34) am 20. aWärj 1781, ttjalirfd^einlid^ an ffr. §aug*). 

„SBBertefter fjreunb! 
SJerjei^ mir meine Slac^Iäffigf eit im JBrieff direiben ; unerfteig* 
bare ^inbemiffe festen fid^ jebem SSorfag entgegen; aber balb 
wirb eine Qtit !ommen, wo td^ 2)ir bann rul^iger unb inter* 
effanter fd^reiben werbe, alö biefe üerbammte ©rbwarje julä^t. 
1)a fann fein großer ©ebanfe gefponnen, feine eble 2:^at begangen 
werben; aUeS wimmert in fjeffeln unb friedet unter fned^tifd^em 
äwang. ©elbft ber l^ettbenfenbe ©d^ubart ift üon biefem ßafter 
nid^t frei, unb fo fc^r man feine gro§e, aber leiber ganj fd^ief 
gerid^tcte 2:alente bewunbem unb anftaunen mu§, fo üeräd^tüd^ 
fmb feilte fried^enbe ©d^meidieleien. ®r f)at mir mein Qtotx(!^]tU 
fd^on oft erfd)üttert, aber bod^ gel)' id^ öfteres au^ meinem 3iinmer, 
bamit id| nic^t bei ^^^en banferott werbe, ©er Serl fauft xok 
ber ©d^Iaud^ ber Danaiben, unb mitten in bem emftfiafteften 
®efpräd^ t)on 3fieIigion unb bem Unenblid^en wünfd^t er wieber, 

ba§ bie SWenfdtil^eit ein einjigeS ?( ^aben möd^te , um fie 

auö Siebe im ?(— I— ju fönnen. ©iefcr Äontraft, biefe |)ü^)fung 
Don einem ©ebanfen gum anbern, biefer Übergang t)on einer 
Smpfiitbung jur ganj entgegengefe^ten mad^en ben 42 jährigen 
SKann jum leid^tfinnigen JBuben unb in mand^en ?lugen verliert 
er Jeinen Srebit. ^ä) \)aht i^m 35eine @ebid|te jum Sefen ge* 
geben; er mad^te l^iebei bie fd^on oft erwähnte Slnmerfung, ba§ 
Deine ganje ?(nlage ju einem fomifd^en |)elbengebid^t ober ju 
Suftfpielen gerid^tet fei; bie Dbe aber fottteft S)u üerlaffen. @r 
war juft bei mir aufm ^i^^ier, wie id^ iCeinen Srief laS; weil 

*) 3)cr berühmte ®ptgrammattft, Softn öon ©d&ubattS tSteunb, bem 
^4Jrofcffor. 



212 VII. JpoftcnaiJpctg. 

er bann fo neugierig roax, fo Ijah' xä) i^m bic erfte ©citc batjon 
üorgelcfen, tDorüber er befonberö über ben altbeut jd^en ®til ein 
entfe^lid^e« ©eWd^ter anfing. Überl^aupt \)dbt iä) noä) feinen 
fo originellen ^erl in allen |)anblungen gefe^en, oft aber behauptet 
er bie abfurbeften ©adien. 9leuli^ fam er ju mir unb njiber^ 
legte burdi Serocife au« ber Sibel ba« ^opernifanifd^e ©Aftern. 
^Darüber gab id| i^m folgcnbe grobe 3tnttt)ort: ^err ^rofeffor, 
id^ fe^e fd^on, e« neigt ^f)x SClter. 35iefe berbe SBa^rl^eit brad^t' 
il^n wieber jurüdE unb er umarmt' mid^. 

9Ba« meine Seben^urnftänbe betrifft, fo befrag' ®r Pfaffen, 
id^ mag fold^' wetterlännifd^e ©adien nid^t wieber^olen. 3?on 
gcfammelter Sßenfd^enfenntni« ift bie Qdi noc^ gu furg. Älleö 
ge^t ^ier auf $)--n, unb aöe ^Jntriguen auf nid^t^würbige SIeinig= 
feiten. 5Wäd^ften§ ein SUiel^rereö bei ruhiger §0iufe; eben ijt l^olt 
man mid^ in SSifite. Sebe mol^I unb benf an ©einen J)id^ immer 
liebenben ^reiinb Sinbquift." 

aBa§ ttjotten mir baju fagen? J)ag, waö ©d^ubart felbft gefagt 
^at, aU er im aWärj 1786 feine ®ebid)tc erfd^einen liefe: „5«ur 
bie ®ebirg^öt)e ber ^rei^eit roeitert bie ©eele, unb ber Äned^tfd^aft 
®eflüft tjerengt fie". 

@iler, aujiel^enber, bcbeutenber tritt un§ ©d^ubart entgegen 
bei bem Sefud^ SReinwalbö unb ber ÜJhitter ©c^iHerS (t)gl. ©. 207) : 
„©d^ubart war, aU er ju un§ fam, reinlid^ gefleibet, ^atte einen 
grauen 3^wgrodE mit einer rofenfarbfeibenen 3Befte an. ^rinj 
SubttJig öon Coburg ^at il^m aud) ein paar beffre SIciber mad^en 
laffcn. ©ein ®efpräd^ ift lauter geuer, lauter SWetapl^er unb 
®Ieid^nig. @r forrefponbiert ftarf mit fiatjater. ©ein Älaüier^ 
fpiel ge^t über aüt§, toa^ x6) je l^örte unb J^ören werbe. SBenn 
er nur ba§ fleinfte ßiebd^en fingt, fül^lt man fidti neugefd^affen. 
(Sin fold^er 5Diann aUe 3 ffiod^en befud^t, fottte einem wo^I jiem- 
lid^ ben ^t)podt|onber vertreiben. ?(nfang§ ift er ein wenig jurüd^ 
l^altenb, nad^ 1 ober 2 ©tunben aber, jumal bd etwa« 3Bein, 
wirb er immer üertraulid^er, unb wer i^m irgenb gefällt, ben 
l^eifet er am ®nbe 35u. 3^ür ©dritter ift er entl^ufiaftifd^ einge^ 
nommen nnb er würbe einft, weil er il^n jur fe^r gelobt, üon 



VII. ^o^cna«^pcr0. 213 

feinem ®cueral in ein Ijärterei^ (SefängntiS Sefc^t." — Sie er fid^ 

oon Sc^illeriS SKntter üerabfc^iebete, ^aben wir fc^on erjäl)!!. — 

I)icfer Söefnc^ gefc^al) am 13. ;3nli 1784. 3)amalö mar 

'Jiiegcr Iftngft tot; anf ii)n mar ®eneral ^atob \)on ©c^eeler ge* 

folgt, ganj baö ©egenteil ütieger^, nad^ JSiffart (®efci^id^te ber 

JJeftuug ^ol^enaiSperg, ©. 93) ein gefd^ictter ?lrci^iteft unb Ölmaler, 

Sunftf cnner, &tk\)xitx unb felbft ©id^ter, ein fiiebling bei^ ^erjogj^. 

Unter il)m lebte ©d^ubart orbentli^ auf, unb gleid^ im erften 

Sricf nac^ ütiegerg Job verlangt er mieber nad^ ^omer unb etwaiS 

aus ber neueren Sitteratur; aud^ regt fid^ ber fritifd^e ©eift 

wieber; er geigt fid^ als SDiami, menn er in bemfelben JBrief an 

feine @attin fc^reibt: „aöiiller in Ulm fd^reibt je^t red^t finbifc^e 

Sachen, ©ein 3iu^m wirb balb bal)iu fein. 35ag Siebein unb 

33übeln faun id^ t)or meiner ©eer nic^t leiben." ©d^eeler erleic^* 

terte bem 35id^ter feine (Sefangenfd^aft, fo t>iel er fonnte. ©einen 

Sinbern gab ©d^ubart Unterrid^t; bem jtoeiten ©oljue bei^ Äom* 

manbanten biltierte er aufeerbem feine äftljetif ber 2ionfunft. ÜDaS 

aöianufirtpt war nad) ßubwig ©c^ubart I)öd)ft uuleferlid^ unb 

intorrelt gefd^rieben; ber 3Jerfaffer fa^ es nid^t einmal gang burd^, 

noc^ weniger legte er bie ^^tle baran; erft ber ©ot)n bemül^te fid^ 

mit ßrfolg, bie Südfen auSjufütten unb bas äöerl bem ^ublilum 

öcrftänblid^ unb lesbar gu mad^en. ÄlS ©c^eeler f d^on 1 784 ftarb, 

feierte ©d^ubart fein ?lnbenlen in einem fc^önen ßiebe (3fleclam 

S. 124). ^n einem »rief an feine ®attin oom 31. SÖMrg 1784 

fc^rieb er: „®u fannft SDir Ieict)t üorftetlen, wie üiel mid^ ber fo 

betäubenbe 2:ob beS feiigen ^txxn ©enerals gefoftet l^abe. ?lm 

legten ©onntag t)or feinem (£nbe fpeist^ id^ uod^ an feiner ©eite 

unb wenige ©tunben, el)e il)n ber Job abrief, gab er mir nod^ 

SBcweife feiner ®nabe. Unb plöfelid^ ^iefe eS: „Jot! er ifttot!" 

— ^d) flog gu feiner Seid^e unb beträufte fie mit gangen üt^ränen* 

ftrömen. @ott wirb^S i^m lohnen, xoa^ er mir gutes tl)at" i^^^ 

folgte ©eneral $^o^aun ?lnbreaS oon^ügel, ber am 27. ?lpril 1784 

ju ^o^enaSperg eintraf, ©d^ubart wünfd^te i^m uad^ einem SBrief 

au feine ®attiu t)om 29. «pril 1784 in einem ©ebic^t ©lüct 

bagu. @r nal)m eS gut auf unb fdt)enftc x\)m gwei ^fimb Sinafter. 

DiefeS ®ebid^t befinbet fid^ in feiner ©ammlung; benn baS oon 



214 VII. $o^cna»pcr0. 

uu^ mitgeteilte (SRectam S. 126) faßt naö) ber brcijc^ntcn ©tropfe 
in ba§ neunte ^a^x ber ©efangenfd^aft ©d^ubart^, alfo tn^ 
^ai)x 1785, womit aud^ 2ion unb Q^nl^alt be^ ®ebid^t^ fiberein* 
ftimmen. "am 29. ^ai 1784 fd^veibt ©d^ubart feiner ^rau: 
„SWein ®eneral ift ein trcfflidier SWann, üott Drbnnng unb SBa^r^ 
^eit, feine ©emal^lin eine ber erften ^au^frauen ber SÖelt unb 
eine erleud^tete S^riftin. S)ie ältfte grauten ift ein Sngel unb 
bie übrigen Sinber all' finb gutartig. 9)?an el^rt unb fd^ä|t mid^ 
im §aufe allgemein — unb bieö mit fjrcuben, ol^nc ßol^n unb 
®anf gu eiToarten." "am 5. SCuguft 1785 an biefelbe: „35ie g^rau 
®eneralin fprid^t oft üon S!)ir; wie aud^ bie liebe, l^erjige triebe* 
rife. 3Wir ift'ö fel^r leib, ba§ id^ fic wegen meiner ©efd^üfte 
nid^t metjr — ober bod) nur anwerft wenig unterridtiten fann." 
®iefe g^rieberife ift ol^ne 3^^if^l ^^^ 5^v bie ©d^ubart in einem 
Siebe^Iieb feiert, üon bem ©traufe urteilt, e§ fei ein ed^te§ — 
fd^lid^teö, aber wunberfd^öne^ — SiebeSlieb, ba§ in ®oet^eö ©efen* 
l^eimer Sieberbud^ ftel^en fönnte. (9Sgl. 3Jeclam ©. 441. ©trau§ 
II, 447.) ^n biefe Seit fättt ©dtjubartö platonifdie, t)on jenen 
Subwigöburger Siebfd^aften l^immelweit üerfd^iebeue Siebe ju Stegina 
SJofeler unb Suboüifa ©imanowij (»icclam ©. 422—438). „9te^ 
gina" unb „©erafina" finb eine ^erfon; man fielet bie^ auö ber 
t)ierten ©trot)^e beö ®ebid^t^: „Am 3Jeginatage". ))iegina 5?o§ler 
war bie lod^ter be^ ^auptmannö auf ^ol^enaiSperg, innig be* 
freunbet mit Sl^riftopl^inc ©dritter unb i?ubot)ifa ©imanowij, ge^ 
borner ))ieid^enbad^. ®eboren 1767 auf ^ol^enaöperg, üerlor fie 
il^ren 3Sater in garter ^inbl^eit. ^f)xt unbemittelte 9)tutter war 
fro^, ba§ ategina t)on i^rem ^at^en, bem ®eneral 93ilfinger, an 
Stnbe^ftatt angenommen würbe. ^t\6) an ©eifteögaben, t)otl reinen 
©inn§ für alle^ @Jute unb ©dtjöne wudiiS'fie l^eran. Seiber blieb 
in i^rer ©rjiel^ung ba§ gemütlid^e unb religiöfe ©lement gauj 
tjernad^läffigt. SBilfinger ^ielt jebe weiblid^e @inwir!ung oou 
il^r fern; er wollte ba§ 9)leifterftüdE einc§ tüd^tigen ^ßftbagogeu 
an il^r madtjen unb nad^ feinem SBillcn follte fie „ein SDtann 
werben", ©o würben bie trefflidtjen 9tnlagen biefe^ ungewö^nlid^ 
fälligen Sinbeö nid^t nur nid^t naturgemäß entwidEelt, fonberu 
balb l^inaufgef^raubt, balb l^erabgebrüdtt, immer mit 3^^^9 ^^"^ 



VII. ipo^cnaöpcrö. 215 

Drang be^anbelt. ®d)ubart bilbetc [ie jur 35irtuoftn im Älaüier* 
fpiel. öubtüig ©d^ubart crjälilt: „3luf bem Äöperg üerliebte er 
M förmlid) in eine wirflid^ lieben^würbige Dffijierötod^ter, nnb 
Brad^te fie — uermiitlid^ ebenbe^lialb — mif bem ^S^ix^tl weiter, 
afö irgenb eine ©d^ülerin wä^renb feinet gcinjen Se^ramtö. (£§ 
iDar eine üöllig platonifd^e Siebe, bie bIo§ ein paar geiftige Siftc 
fd^ob : bie feltene Snnftfertigf eit beg aöiäbd^en^, bie Semnnbernng 
erregte, nnb bie erotifdien @ebid)te an Siegina nnb Serafina, 
wornnter gmei feinen beften beigcjä^lt jn werben uerbienen. 3lnd^ 
im änderen Slnjug, ?lnftanb nnb Setragen fud)te ber 46jäl)rigc 
SDtann nod) biefem üJiäbd^en jn gefallen, nal^m fogleid^ einen 

feineren SEon nnb einen gewiffen ^^^^^9 ^^^^z ^^^^^ fi^ i" ^^^ 
^efellfd^aft trat; feierte jeben W)xtx ©ebnrtiS^ nnb 5Wamen§tage 
mit einem — mie geftod^en t)on feiner §anb gefdiriebenen ®e= 
bid^te; fpielte beffer t)or i^r, aU t)or JJrcmben nnb ©efalbten, 
nnb alle^, womit er fid[) belol^nts, mar ein banfbare^ Sädtjeln ober 
ein Än§." 

Der Umgang mit ^nboüüa biente bajn, i^r innereiS :^eben 
meljr nnb mel^r ju ^eben. Qe feiner aber iljr ®eift gebilbet 
war, befto bürftiger nnb trodEener blieb i^r ©emüt^Ieben. I)urd) 
i^re geiftige Überlegenl^eit, il^ren fprnbelnben SBig, i^r an^gejeidj- 
iieteö SIat)ierfpiel nnb il)re !örperlid|en SSoi^jüge jog fie ik 3tnf^ 
merffamfeit iiberaH anf fid^. aJerlobt mit einem "Jtrjte an§ Slorb^^ 
bentfd^Ianb, lööte fie biefe SBejiel^nngen balb roieber, blieb bei iljrem 
^at^en*) nnb jog mit i^m nadt) |)ol)entwieI. ^m ^a\)x 1800 
übergab er bie O^eftnng bem ^^einbe ol)ne ©egenwe^r, nnb nnn 
würbe baig tranrigfte So§ fein Seil. 3lnf fein ganjeö 25ermögen 
würbe Sefdt)Iag gelegt nnb fo verlor and^ äftegina atte^. JBeiben 
blieb nid^t, wo fie bgg |)anpt nieberlegen fonnten. ütegina felber 
f(o(j nad^ Tübingen; ein ftnmmer, tiefer ©d^merj f^ien fie jn 
üerjel)ren. ©nblidt) überwanb fie benfelben nnb bnrd^ eifernen 
<5leife erwarb fie fid) in SubwigSbnrg nnb Stnttgart i^ren iJeben^- 
nnterljalt, ja nod; me^r aU fie bebnrfte, fo ba^ fie bem ^^fleg* 



*) ^Jla^ Sl^aW« 2:enftüttrbtiifetten 2. 3V»4 mar ber ,/4^at!)c" ^iigletd) t^r 
natürlicher Später. 



216 VII. ^o^cnaSpcrfl. 

tjatcr -- bcr übrtgeni^ alle§ ^cifete, wag öou i^r tarn — feine ßage^ 
ol^nc ba§ er e§ a^nte, auf alle ntöglid^e SBeife erletd^terte unb 
i^m bis ju feinem Sobe, je nte^r er fie ^a%U, um fo größere 
Dpfer brad|te. *) @txo\^ x% ba§ itire ©d^wad^^eiten uub fje^ler 
me^r eine ^olge i^rer ©rjie^ung waren, ba§ i^nen aber au(fy 
Ieud)tenb gegenüberftanben \)of)z SJorjüge, eble Gräfte, feltene 
©aben, ein fetter, fd^arfer, lebenbiger, uod^ im ?llter funfen^ 
fprü^enber ®eift, eine faft männlid^e ©eele, bie tjielfeitigfte fSiU 
bung, burd^bringenbe SUienfd^enfenntnijg, bie ®abe beg Haren, be^ 
ftimmten StuSbrudiS, unbefted^Iidie 3Ba^rl)eitgIiebe unb greimütigfeit^ 
aufriditige Sreue in ber JJ^eunbfdiaft unb au^bauernbe Seilna^me 
am 2Bo^le i^rer ^^eunbe, feltene SBitlenöfraft unb ein offener 
©inn für atteö ©d)öne unb 9led)te. ©ie [tarb in i^rem 78. 
iJebengial)re. 

SRegina SJofeler war im 16. unb 17. Sebem^ja^re, alsi fie- 
mit ©d^nbart öftere jufammenfam. 3Kan mufe xf)x älter unb i^re- 
\)ö6)'\i eigentümlid^en Seben^üer^öltniffe, i^re ganj fonberbare Sr^ 
jie^ung, bie 5ßrnl)altung alle§ weiblid^en ©influffeö auf fie, bie 
Unterbrüdhing i^rer religiöfen Anlage burd^ einen 9Dlann, ber ein 
entfd)iebener 9?aturalift, au^erbem mi^trauifd^, geijig unb launifcfy 
war — bieg alleg mu§ man bebenfen, um bie (Ermahnungen, bie- 
\i)x ©d^ubart in feineu an fie geuid^teten ®ebid^ten giebt, jU be^ 
greifen, ©o fluchte g. 83. S5ilfinger auf bie gemeinfte Slrt ; SRegina 
öerfudite H)n baüon abjubringen; ber ©rfolg war, ba§ er no(fy 
t)iel me^r findete. 35ie SBibel fannte er gar nid^t unb öerac^tete 
fie büdt). 35ag ®leidt|nig t)om verlornen ©o^n, bag il)m einmal 
ein O^reunb vorlag, war i^m ganj unbe!annt; alg man eg iljm 
in ber SBibel jeigte, meinte er, foldie 3)leifterftücte feien üon ben 
?llten unb nur ©infd^iebfel in ber JBibel. ©d^ubart ^atte eine 
große S^reube an xf)x; er befd^äftigte fid^ t)iel mit i^rer wiffeu* 
fc^aftli^en SBilbung, leitete aud^ i^re Seftüre, jebod^ unter beiv 
3lugen i^reg ^at^en. Stouffeau würbe um biefe 3cit i^r Siebling; 



*) 3n „8erapt)tnag äöci^gefang'' l|et6t Jötiftnöcr SHcginenS ,,3ü6rer" 
uub ein „toeifer Tlmn'\ — Mf)m^ über öilfinger unb bie Übergabe 
^o^entlDtelg bei 93iffart a. a. D. @. 110 ff. Jöüfinger ftarb in ©tuttgart, 
97 3a^re alt, am 22. mai 1825. 



VII. ^of)cna«pcrg- 217 

öüu SJültatre füllte fic fid) weniger angejogen. Subotjife bat 
®d(ubart, and) auf \i)X religtöfe^ Sehen einjun^irfen, weit er i^rem 
@eift et)er gewac^jen fei, atö fie unb feiner @infeitigfeit befd^ulbigt 
njerben fönne. ©d^ubart läd^elte ; benn er wu^te wol)!, bafe feine 
religiöfen Slü^rungen auf feinem feften ©runbe rufiten; inbeffen 
tt)at er bod), wa^ er fonnte. @r tbat eg, fe|en wir jur JSerid^ti* 
gung unb ffirgänjung unfrer Quelle (Suboüife. @in fiebengbilb 
au^ ber nä^ften SSergangen^eit, gefd^ilbert für d^riftlic^e aJiütter unb 
Xdä)UX' unferer 2iage üon ber |)erau^geberin bej^ E^riftbaum«. 
SDHt Driginalbriefen t)on ©exilier, SEIierefe |)uber unb itiren QtiU 
genoffen. Stuttgart, »elf er 1847 ®. 352 ff.) I|injU,^ nidjt allein 
münblid^, fonbern aud^ in feinen @ebid&ten an fie. ©traufe (11, 447) 
tabelt bie SBorte: „^Ind) beut fred^en ©diattenunge^euer — ^^^^^^ 
ber ©olluft, wenn fie bid^ befd^leid)t" in bem ®ebid^t: ©erap^ina^ 
SBei^gefang (3fleclam ©. 425) al^ plump, efell)aft unb unpaffenb 
in ber Sfnrebe an ein geliebte« SUiäbd^en, bie il)ren 16. ®eburt8tag 
feiert, ©d^ubart mod)te aber feinen ©runb ju biefer aSarnung 
I)aben. ?lte einft ein 5^eunb ifirem 5ßatl^en 3Sorwürfe mad)te, 
bafe er Düibg SSerwanblungen tjerumliegen liefe, ba leicht bie fleine 
^Kegina ^ineinfelien fönnte, fagte er: „35en 3Jeinen ift alleg rein," 
in ber SKeinung, ©ofrateö \)abe biefen ©ag aufgefteHt. Überl)aupt 
la« er nid^t« lieber, ate ßuftfpiele unb mt)tI)ologifd)e 233erfe. Safe 
and) äiouffeau für 3Käbd^en in il)rem älter eine bebenflid&c Seftüre 
ift, Dcrfte^t fid^ üon felbft. — ^w bem fd^önen ®ebid^t: „ÜDie 
jwei ©d^wefterfeelen" rüt)mt ©d^ubart 9ieginen« ^errfdierblict. 
5)afe biefer |)errfd^erfinn oft in mifetrauifdien ©genfinn, "Xxoi^^ 
SBiberfpruc^ggeift überging, fonnte \i)m nidt)t verborgen fein. 
®nige ®ebid|te an SRegina finb reine ßiebeggebid)te; anbere ent»^ 
Ijalten freunbfd^aftlic^e, liebeüoUe Srmal^nungen unb SBarnungen. 
— Äegina war ein Original; ©c^ubart fanb fidt) t)on i^r fefir 
oft angejogcn, gewiß aber fät)lte er fid^ öon \\)x and) mand^mal 
abgeftofeen. ^\)x ^ang jum ®eij unb jum äJüfetrauen fonnte ü)m 
nid)t äufagen. 

Suboöife war 1759 in ©d^ornborf geboren, wo if|r 3Jater^ 
ateid^enbadti, alö württembergifd)er SÖiilitärarjt lebte. Salb nac^ 
i\)xtx ®eburt würbe itjr 3Jater nad^ Öubwigj^burg tjerfe^t. ®ie 



218 VII. ^ofitmmxQ* 

»erriet balb befonbere ?tnlagen jum ^^i^i^cn, bie fie in Stuttgart 
ööKig auSbilbete. ?(ufg innigfte roat fie mit ©d^itter^ ©d^tiieftcr 
S^riftopI)ine unb mit 9tegine SSogler befreunbet. ®ie verlobte fid^ 
fpätcr mit bem Dffijier ©imanomij, einem tjielfeitig gebilbcten 
nnb mit ©d^ubart befreunbeten 3Äann. Seim Äbf^ieb wn ii)vev 
|)eimat, el^e fie fid^ ju weiterer Stu^bilbung naä) ?ßori^ begab, 
befud^te fie ben befangenen, in beffen Ställe fie fd^on üorl^er 
mel^rmalö geujefen mar, mit il^rem SSater unb il^rcm Bräutigam. 
®§ toax ein l^errlid^cr g^ü^Iing^tag, aU biefe brei bem St^perg 
guttjanberten. ©d^ubart fal^ t)on ferne bie @lMliä)m fommen. 
fjreubig bemegt ^arrte er i^rer ?(nfunft unb balb ttjaren fie um 
itn Did^ter öerfammelt. 3Bie fel^r biefer ^ierburd^ beglüdEt war 
unb mt ijoä) er Suboöife mit i^rem guten ^erjen fd^ö^te, gab 
er in bem Siebe funb : „3tbfd)icb an Suboöife auf ^o^ena^perg" 
(SRecIam @. 438). ^n ?ßari^ blieb fie fünf ^a^re bi§ sum 
3lu^brud^ ber 9tet)oIution 1789. ©ie feierte nun in bie ^eimat 
jurüd unb t)erel^elid)te fid^ mit ©imanowij. 9?ad^ einem ;^al^r 
ging fie jum jn^eitcnmal nad^ ?ßari§; aber bie ©reuel ber iHeoo^ 
lution trieben fie balb ing SSaterlanb surüdE. Site ©d^ißer 1793 
unb 1794 fi^ mit feiner ®attin in ©^maben aufl^ielt, liefen fid) 
beibe öon Suboüife porträtieren. SludE) Kl^riftopl^ineng SSilb, ba§ 
bem 9Berf: „©d^iHeröSSriefmed^fel mit feiner ©d^mefter Kl^riftopl^ine 
unb feinem ©d^tüager Sieiumalb. Seipjig 1875" beigegeben ift, 
ift t)on il)r. ^^x (Satte mürbe 1799 t)on einem ©daläge getroffen 
unb baburc^ amt^unfäl^ig ; er ftarb 1826. Subomfe Iiej5 fid^ 
baburcf) meber in i^rem ®ottt)ertrauen, nod^ in ber fleißigen S8e* 
forgung iljreö 5Eagetüerf§ beirren, ©ie ftarb 1827 in fiubn)ig§= 
bürg, 67 ^ai)x alt 

Über Sangemeile fonnte fid^ ©^ubart je^t in ber 5i:^at nicf)t 
mel^r beflagen. (Sr verfertigte (Sebid^te in 50ienge, einen fleinen 
9toman unb ©onaten, Santaten, Sieber für§ Slaüier unb informierte 
t)om aJlorgen big in bie SRad^t. 

2ll§ bie sr^eaterluftbarleiten eingefteüt maren, baten einige 
©d^ulmeifter unb ?ßromforen ber ®egenb um bie ©rlaubni^, bei 
©dt)ubart Unterricf)t in ber äßufif ju nel^men; unb erl)ielten fie. 
SDlit ungleid) meljr ©egen unb ^ersen^anteil uuterjog er fid^ 



VII. $o§cna«pcr0. 219 

bicfcm Unterri^t, einige üotjüglid^e ^öpfe belohnten i^n inxä) 

i^TC fjortfd^ritte rei^Ii^ für feine 9Jlü^e. ®r fe|te biefe Se^r* 

ftunben biö gnm ^ai)x feinet ^Befreiung fort, gab biefen Sanb^ 

lel)rem grünbUd^e Äntoeifung jnni ®eneratbaJ3, jnm Drgelfpiel 

imb ©cfang, entwarf für fie ganje Slbl^anblnngen über S^oral* 

unb Sirc^cnmufif unb be!am ate |)onorar öon 3cit jn 3^it ©ein 

unb fjrüd^te, moöon er aber weit metir unter feine ÜRitgefangenen 

»erteilte, aU felbft genoJ5. Um jene 3^** fd^einen bie ?ßromfor* 

uub @<j^ultneifterlieber (Sieclam ®. 457—460) entftanben ju fein. 

3Me§ alleö — and) ber unerwartete Sefud) be^ berühmten 

Sixgel^iptelerö 3SogIer — entfd^äbigte i^n ni(f|t für bie @ntbet|rnng 

ber g^retl^eit. ©eine ®attin unb feine tommanbanten uermanbten 

fid) ncxä) beut @rf dieinen ber fjürftengruf t immer mieber für il^n ; 

Dergeblid^. Einmal (Strauß II, 163) äußerte granjiöfa, e^ fei 

i^r unbegreiflid), ba^ ©d^ubart nod) nic^t log fei ; ^erfonen nom 

erften 9lang l)aben für il^n gebeten, aber e§ muffe eben fein 

S^idEfal fo fein, ba§ er im ®efängni§ fein 2tbtn gubringen foKe; 

fic bebaute bie @d)ubartin unb wünfd^e nur, baj3 ©d^ubart feine 

Familie fpred^en bürfe, weld^e^ fie für bie biffigfte Sitte anfe^e; 

cibcv aud^ bie§ roerbe ungemein fd^roer galten. Diefe SBorte, 

mlä)t bie Gräfin jur ©eneralin üon ^ügel bei einem Sefud^ 

^e^ ^eTjogg auf bem Slöperg fagte, aU ber ®eneral ©d)ubartg 

mit uielem 9?ad^brudE erwähnt ^atte unb Sari (Sugen, ftatt ju 

antworten, jum ^Regiment weggegangen war — biefe fdt)einbar 

freunblid^en unb aufricf)tigen 3Borte bürfen unö in unfrer ?tuf* 

faffung uon J^ansi^fa^ ©efinnung gegen ©d^ubart nidfit beirren. 

®ic bilben eine fd)einbare 3(u§nal)me, entl^alten aber feinen Jroft 

uitb feine Hoffnung unb waren ol^ne 3^^ifcl ^i^t barauf beredjuet, 

Sd^ubart mit bem (Sebanfen t)ertraut p mad^en, ba§ e§ fein 

Sd^icffal fei, im (Sefängni^ ju fterben. 9Bal^rfdE)einlid) war eg 

\\\^i i\)x SSerbienft, ba§ enblid^ im neunten Ij^al^re ber ©efangen^ 

fci^aft ©d^ubartg ®attin mit if)reu Sinbern bie langerfefjute ®r* 

^öubniä erhielt, ii)n auf bem §(gpcrg ju befud)en. Sfm 4. ;^uli 

1785 befam fie ncmlid) einen SSrief be§ ®etteraImajor§ t)Ott 

Souwingfiaufen, in bem er fie ju fid^ einlub. ©ie erfnljr non 

if)m, fie werbe beute nod) mit ibren jwei Sinbern i^ren SDZann 



220 VII. $o6cna«pcrg- 

fcl)en uub fprcc^eu. ^uglcic^ gab er it|r jiDCt SBriefe, einen üom 
^erjog an ben ®eneral öon ^ügel, ben anbern öon g^^anji^fa 
an bie ^^au ©eneralin. ?(nf bem äöperg übergab fie bem ©eneral 
H)Xt Sriefe; ©d^ubart würbe auf bie ©jene vorbereitet. „IJer 
^err ©eneral ging felbft l^in, um it|n abjutiolen. ;Jynbeffen ftanben 
wir aße ftuntm uub wie üerfteinert ba. Auf einmal ging bie 
Z\)nx auf unb ber ^err ®eneral unb mein SDiann traten l^crcin. 
— aßein 3)iann fc^ien uoßer ©tarfmut ; aber wie er uns erblicfte, 
war er ganj (Smpfinbung. — @r, id^ unb meine ^nber brängten 
uns jufammen unb erftidten faft öor &itbt unb ©d^merjj nnfre 
X\)x'dntn floffen jufammen wie ein SSaä). ©o ftanben wir lange, 
ü^ne ein SBort ju fpre^en, unb i^ wünfd^te nur, ba§ ©ie biefe 
®xnppt gefe^en tiätten; benn eS lägt fid^ nid^t nad^em^jfinben, 
Diel weniger befd^reiben, was wir ba empfunben Ijaben. — 6S 
war SSorfc^madE ber ^immlif^en ^reuben. — SJiein lieber 3)iann 
erl^olte fid) juerft unb l^ielt eine rü^renbe Siebe; lobte unb banfte 
bem Slümäd^tigen unb unf erm gnäbigen Jü^ft^^ ; i^^nn f e|tcn wir 
uns unb lobten alte ®ott." ©ed^S 2:age lang waren fie ^immlifc^ 
üergnügt jufammen; bann fuhren fie, um bie tierjoglidje ®nabe 
nid^t ju mipraud^en, wieber na^ ©tuttgart. ■— SSermittler biefeS 
Sefud^S war otine 3^^^!^^ ^^^ 3Äann, ben ©d^ubarts ®attin 
gleid^ im Slnfang itjreS SBriefS als ©d^u^eugel i^res ©atten be* 
trad^tet, Generalmajor Don SBouwihgliaufen, ©d^ubarts g^eunb, 
Äart ©ugenS ®ünftling unb ^Begleiter auf einer 9ieifc burc^ 
ÜDeutfdtjlanb, bie in ben i^^^^i^^ ^^^ g^bruar 1783 fiel. (äJgl. 
über it)n ©d^ubarts ©cbid^t: Sin ®eneral Don S3ouwingt)aufen 
mit ber biogra))^ifc§en Stnmerfung — 9leclam ©. 30.) Damals 
entftanb ©d^nbarts rü^renbeS ©ebid^t: „Der glüdlic^e &f)tma\\n" 
OHeclam ©. 58). 

©dt)ubart blieb ©d^ubart aud^ tm Werfer. @ine burd^greifeubc 
ajeränberung feines SBefenS, eine eigentlid^e SBefel^rung ift bei i^m 
nid^t ju bemerfcn. Über ben aßann, beffen ©^ftem er früljer 
Derfpottet, bann angenommen tiatte, fd^reibt er am 1. ©ept. 1785 
feiner grau: „©pejial 3itti^9 ^^n SubwigSburg, ber 62 jährige 
^faffenf . . . l, Dermätilt fid^ wieber mit einer rafdien SBitwe üon 
40 ^a^ren, beS jübifd^en ©teintjeils ©d^wefter." 



VII. $o6cna«pcr0. 221 

©bcnfotücnig fd^eint fid^ fein metirf ad^ crtüä^itter ÜJittgcf angener, 
m\ Sd^eibUn au§ ?(ug§butg, gebeffert ju Ijdbtn; jonft fönnte 
©d^ubart nic^t in bem Srief an feine ®attin wm 5. Änguft 1 785, 
wo er fämtlic^e ÄSpetger befangenen furg unb gnt fennjeid^net, 
öon i^m fagen: ,,t)on ©d^eiblin — fauft nnb meland^olifiert fid^ 
jum Starren." ^n bemfelben ©rief fd^reibt er: „^ä^ ^abe einmal 
ber i^nngfer 9?eid^enbad^ ein ®ebid^t nnter bem 5i:itel gefd^cnft: 
„©ic gefangenen ©änger" (5RecIam 74). ,,2a^ ÜDir'g geben — 
nebft grojsem ®ru§ an bieS fopf* unb l^erjreid^e SWäbd^en — 
fd^reib'g ab unb fd^idf' mir'S." J)iefe ij^ungfer SReid^enbad^ ift 
Suboöife ((Simanottjij). !Die furge Stiarafteriftil „fopf« unb tierj* 
reid^" jeigt fie in il^rem Unterfd^ieb öon ^Regina SSojsIer unb er* 
flärt, rüdvnm ©d^ubart it|r feine ©rmalinungen ju geben brandete. 
JRegina liegt — in bem ©ebid^t: „J)ie jtpet ©df)tt)efterfeelen" — 
an Subot)ifa§ Sufen; biefe blicft auf fie nieber unb jieljt fie f^n 
[i6) empor. — 

SBanim aber, fragt man untpilHürtid^, l|at ©d^ubart fid^ 
feiner ©efangenfd^aft nid^t burd^ bie glud^t entjogen? J)a er 
geftunggfreitieit Ijatte, fonnte ein gludfitöcrfud^ nid^t aöjubebenflid^ 
fein. SBirflid^ fprid^t er biefen ®ebanfen jttjeimal in feinen 
©riefen aus. „SBcnn id^ nur auSl^alte," fd^reibt er 1782 feiner 
®attin (Strauß II, 48), „unb nad^ meinem ^Temperament, ba« 
jum ?tu§erorbentIid^en fo geneigt ift, nid^t einen ©treid^ mage, 
ber mic^ ganj elenb mad^t," unb am 13. :3^nuar 1784 berfelben: 
„©Ott id^ bie Jlwd^t fud^en? SBer ftetjt mir aber bei?" finbrnig 
©d^ubart berid^tet barfiber: „©o tjiel 3Äut, ja SSermegen^eit er 
im Schreiben befa§, fo wenig geigte er im ^anbeln. Äfö er bie 
Somöbic auf bem ?[gperg eingerid^tet Ijatte, erbot fid^ ein grembcr, 
i^n in feinem SBagen mitjunel)men, unb benfelben ?(benb nod^ 
nad^ ^eilbronn gu bringen, wo il^n bie ^reu§en fogleid^ in ©^u§ 
genommen l^ätten. Der Jtembe mieS i^m ben gewölbten hinter* 
gnmb feines SEßagenS, worin man i^n gewiß nid^t gefunben, unb 
im Getümmel beS ?[uSgangS aus bem ©d^aufpiel aud^ nid^t fo 
bütb t)ermi§t l^ätte. @r f^fi^te 3Beib unb Sinb t)or unb tljat eS 
nid^t. ?fber ffieib unb Äinb, bie bem ^erjog ®elb fofteten, würben 
gcwi§ balb nad^gefolgt fein; unb an einer SSerf orgung ^ätte es 



222 VII. ^o^cnagpcrg, 

einem ÜJianne üon feiner SSielfeitigfeit gett)i§ nid^t lange felilen 
fönnen." allein — bie jtüeite Stnflage be§ frül^eren imrul^igen 
2BanberIebeng , erneute SSerfoIgungen, SBeib nnb Sinb t)on beut 
^erjog DieHeid^t im ©tid^e gelajfen unb io6) in ber ^eimat jurüdf:^ 
gel^altcn ; boju bie ^uxä)t, eö mit bem §immel ju tjerberben unb 
tpieber ein SBeltmenf^ ju werben — in ber Xf)at genug @rf läning^^^ 
grünbe, marum ©^ubart nid^t fliegen mod^te. „Slud^ nad^l^er, 
aU ein auswärtiger ^Jteunb, weld^er fa^, ba§ alle iBermenbungcn 
beim ^erjog frui^tloi^ blieben, für il^n einen fel^r fidlem unb 
mit 35orfid^t beredjueten @ntfü^rung§:plan entwarf, unb il^tn ben* 
fetten burc^ einen JBefannten, ber il^n befud^en mußte, in bie ^anb 
ju fpielen wußte, wagte er ben ©d^ritt nid^t" — unb er l^atte 
wol)I, fe|en wir ^iuju, nod^ einen anbern @runb, an ben fein 
©ol^n ni(|t badete, ©d^on burd^ einen gluditöerfud^, nod^ mel^r 
burd^ eine wirllid^e t^ln6)i l^ätte er feine ©önner unb SBol^Itpter, 
namentlid^ bie 5^ftw^9^to^^<^^i><^^^^^ ^- ©d^eeler unb ü. ^figel, 
fd^werer 25erantwortung auögefe|t unb bat ^orn Sarfe unb gran* 
jisf aS auf i^re ^äu:pter gelenf t. SDiit biefen Semerlungen will 
id^ btn (grflärungSgrunb , ben Subwig ©d^ubart giebt, nömlid) 
einen gewiffen apatf)ifd^en ©tumpffinn, eine fataliftifd^e @Ieid^* 
gültigfeit nid^t leugnen; nur, baß bie§ ber eiujige ®runb öon 
©d^ubartö StuSfjarren auf ber ^eftung war, muß id^ beftreiten. — 
©trauß II, 177 bringt ben Sefu^ tjon ©d^ubarts ©attin 
unb Sinbern in 3^f^^^^^^^^"9 ^^^ ^^^^"^ anbern @unft bei^ 
^erjogS gegen ben ©efangenen. ©d^ubart bid^tete auf bem 
äsperg gar vielerlei, beftimmte aber, wie er fettft im SSorberidJt 
jum erften 93anbe feiner ®ebi(^te fagt, nie ein ©ebid^t, einen 
profaifdien 3luffa^ ober ein tIaöierftücE auSbrüdElid^ für ben 
5)rucE. er mad^te fie meift für feine ^reunbe, ©d^üler unb 
©d^ülerinnen unb ließ fie bamit als i^rem ©igentume Raufen. 
„35ie ©ebid^te flogen," fagt ©auer, „wie leidste ©ommerfäben in 
ben ^anbfdtiriften tjon bem Serfer aus unb fanben weite SJer^ 
breitung". Ärmbrufter, ein ©tuttgarter Stfabemift, fammelte bie 
jerfa-euten ®ebid|te; ein betriebfamer Ulmer SSud^l^änbler ftetlte 
bie oft fd^led^ten, fel^lerl^aften 3lbfdt|riften jnfammen unb ließ fi^ 
unter bem SEitel: „^x. gr. ^. ©d^ubarts ®ebid^te auS bem 



VII. ©o^cnagpcvg. 223 

Sertcr, Ijerauögegcbcn mit einer iBorrcbe Don S^rifttan Äanöler, 
^erjogl. roüttt. <^of gerid^tsabtjof aten , ^öric^ 1785" crfd^einen. 
Da bat ©d^ubart nm ©rlanbni^, feine gefammelten ©ebid^te felbft 
^eraugjugeben, unb erl^ielt fie. J)er ^Jntenbant ber ^of)tn Sarfe* 
fc^ule, Oberft ©eeger, riet bem ^erjog, ©c^ubartö fd^riftftetterifd^en 
Iricb für feine Saffe ani^jubenten. Um ber SBaare nid^tö an 9fieij 
für baö faufluftige ?ßublifum ju benel^men, würben alle öon ber 
3cnfurfommiffion beanftanbeten ©teilen ber ©ebid^te, bie SJorrebe 
anögenommen, Dom ©erjog freigegeben. ®^ubart fnd^te biefe, 
fc^r cgoiftifd^e, ©nnft bei^ ^erjog möglid^ft für feine ^Befreiung , 
^u benu^en. @r wollte bie ®ebid^te bem ^erjog jueignen; biefer 
aber üerbat fi6)'^, weil er bamit beö Did^ter« SBefreiungSbefret 
untcrjcic^net \)liüt. ^n ber ?(n!änbignng t)on ©d^ubartö fom* 
ponicrten Siebern, bie ber Slnj^gabe ber ©ebid^te balb nachfolgten, 
burftc ber SlSperg nid^t genannt werben. Die Sorreftur feiner 
©ebid^te nnb befonberö feiner 3Änfifatien bnrfte ©dinbart nid^t 
in Stuttgart Domel^men, obgleid^ bie 93efd^leunigung beö !I)md« 
burd^ ©d^ubartö Änwefenl^eit, eine« brol^enben SWad^bnicE« wegen, 
ber ^erjoglid^en Saffe erl^öl^ten 5ßrofit öerfprad^. (&n fold^er 
Slad^brucf erfd^ien aud^ wirflid^ fd^on 1785 in SBien.) „@twa^ 
jebpd^," fäl^rt ©traug fort, „mn§te gefd^el^en, um ben üDid^ter in 
gute Saune gn t)erfe|en, bie er bei ber änorbnung, SSerbefferung 
unb SSertJoUftänbigung feiner ®e.bid^tfammlung ol^ne merfUd^en 
Sdiaben ber bud^l^änblerifd^en Untemel^mung nid^t entbel^ren 
fonnte. ©al^er würbe il|m je^t enblid^ bie ©riaubnis ju S^eil, 
bie ©einigen einige ZaQt bei fid^ l^aben ju bürfen." ^6) laffe 
bicfen Seweggrunb baliingefteüt fein. Die ©einigen burften it)n 
aud^ nac^l^er, obgleid^ feiten befud^en, unb fein ©ol^n Subwtg 
burfte fid^ nad^ SSottenbung feiner ©tubien längere 3cit auf bem 
Äöperg bei feinem SSater aufl^alten, ber il|n in preu§ifc^e J)ienfte 
JU bringen bemül^t war. ffiirflid^ warb er 1787 ©efretär im Kabinette 
beg ©rafen ^ergberg jU ^Berlin. 2Bie wenig aber Subwtg bem ^er^ 
jog traute, fielet man barauö, ba§ er unöerfe^enS baS Sanb üerlie§, 
in weld^em er fürd^tete, am Snbe nod^ unfreiwillig feftgetjalten 
ju werben. Änerfennungi^wert ift immerl^in, ba§ ©traufe auf 
ba^ SBrieflein ber Sleid^iggräfin an bie ®eneralin fein ®ewid^t 



224 VII. ^o^cnaSpcrg. 

legt. !iDag @rf(J)cincn t)on ©d^ubart^ ©ebid^ten !onnte t^r nur 
tütüfommen fein, l^attc bod^ ber befangene bte frül^eren ©pötte* 
Teten über bie Donna Schraergalina burc^ erneute ©d^meid^eleien 
tpieber gut gemad^t. ÜJie^r aU alle anberen ©ebtd^te mu§te i^r 
\>a^ fd^on erttjäl^nte @ebid)t: "an ©utbal Jd^meid^eln , beffen 85e* 
^ietjung tl^r nid^t verborgen bleiben fonnte. -— @o !am benn btc 
%iggabe ber ©d&ubart'fc^en ®ebtd^te in jwei ©änben (l. Sanb 
1785, 2. Sanb 1786) glücEIid^ ju ©taube; unb fie^e ba, bie afa- 
bemifd^e ©rudEerei l^atte i^re Sied^nung fo gut gemad^t, baß fie 
2000 fl. ?ßrofit bat)on jog, tt)ä^renb ber gefangene Did^ter fro^ 
fein mu§te, für fid^ bie ^älfte biefeö SBetrageö ^erau^gufd^Iagen. 
— !iDiefe ©tuttgarter StuSgabe ift fe^r feiten; in ©d^eibleö Äu§* 
gäbe öon ©d^ubartg SBerfen (1839—41) fußt fie ba^ britte unb 
öierte SBänbd^en. ÜÄan öermi^t l^ier mehrere ber f^önften Sieber 
©d^ubartö, j. 33. „an ^x," unb ba§ Saplieb. Se|tereg würbe 
freilid^ erft nad^ beut ©rfd^einen ber afabemifd^en Aufgabe ge== 
bid^tet; bafe aber 1839 eine ©ammlung Don ©d^ubartö SBerten 
erfd)einen fonnte, in ber baö Saplieb fel^It, baö ift benn bod) 
feltfam. 

Über baö Saplieb werben wir uns fpäter anblaffen, ©eine 
Befreiung foüte ber aufs neue tief bamiebergebrüdEte äJlann einem 
anberen ©ebi^te öerbanfen, baö im ^weiten Sanb ber afabemi- 
fd^en ?(uggabe enthalten war, bem ^^mnuö auf ^riebrid^ bcn 
®rogen, ben lebenSlänglid^en ©egenftanb feiner SBewunberung unb 
feines SuItuS. 9?ur ift eS falfd^, wenn man bei ©auer lieft, 
Uriebric^ ber ©ro^e tjabe fid^ für ben gefangenen !iDid)ter aus 
banf barer ?lnerfennung üermenbet. „@ine ©^ubartbegeifterung," 
lefen mir ©. 296, „ergriff bie ©ebilbeten ber Siation unb enblid^ 
legten fid^ ^erfonen ber föniglid^en ^^niiKe unb ^ebrid^ felbft 
ins SWittel." ®aS «iditige finbet fi^ bei ©trau§ II, 189, J)aS 
®ebi^t entftanb im ^rülfltng 1786 (©trauen, 180); griebrid^s 
Stob (17. «uguft 1786) fiel mit bem ©rfd^einen beS ©ebi^ts ju^ 
fammen. Salb weihte er bem SSerftorbenen ein befonbereS Dent* 
mal mit bem Xitel DbeliSf (9ieclam ©. 1 70), gebrückt ju ©tutt* 
gart im Df tober 1786, ©er Sud^l^änbler Limburg in Söerlin 
lie§ audf) 10,000 gfemplare brudEen unb teilte fie unentgeltlich 



VII. jpo^cuas^pcrg. 225 

üu^ ; er mufetc bamal^ SBad^e gebraudiett, um baö äJolf öon einem 
©türme feinet ^aufc^^ abäu^alten. "iflaä) bem 9iate cineö 5^*eim* 
bci? fanbte ©d^ubart ©jemplare baüon an ben äöntg tjon "ißteufeen, 
ien ^^ringen ^einrid^, an bie ^riujeffin grieberife unb an ben 
trafen öon ^erjberg, worin er burd^ bie rü^renbften QÜQt auf 
bie SJerwenbung be« ^önigö für feine ^reil^eit antrug. Scibc 
©ebid^te wnrben allgemein mit Söemunberung unb Siebe für ben 
©id^ter aufgenommen; bie SScrelirer be« großen Sönigi^ njufeten 
fie au^wenbig; ©d^ubartö nunmel^r je^njä^rige ©efangenfd^aft 
bilbete mit bem ©inbrud feiner ber Siation and ber ©ecle gc* 
fungencn ^t)mnen einen uuerträglid)en Sffiiberfpru^. 9iid^t nur 
9tamler bid^tete je^t eine Dbe an ben Sarben beö Äj^pergi^ ; nid^t 
blofe bie Sarfd^in forberte ^raujigfa auf, an feiner Söcfreiung 
mitjuttjirf cn ; ^ergberg wanbte fid^ je^t im 5Wamen feinet Sönig« 
an ben ^erjog, mäl^renb jugleid^ ber ^rinj |)einrid^ unb bie 
^rinjeffin g^rieberile üon ^reufeen i^ren @influJ3 aufboten; am 
2. Februar 1787 tonnte ©d^ubart an ben Sud^t)änbler Limburg 
in SBcrlin fd^reiben: „S3i^ ju SEI^ränen ^at eö mid^ gerührt, ba^ 
^l)x Sönig meine g^rei^eit wünfd^t." ?(n bie ^erjogin t)atte bie 
^rinjefftn g^ricberifc inöbcfonbere gef^rieben unb l^in}ugefe|t, if)r 
5Bater wiffe um biefen S5rief. (©amit t|ieng bie oben ermätjute 
Aufteilung Subtoig ©^ubartö im ^reufeifd^en jufammen.) J)er 
ftarfd^itt antwortete ^ranjiöfa in einem fauerfüfeen SSrief , in bem 
fie jum böfen ©piel eine möglid^ft gute 3Äiene mad^te, ben Auf* 
fc^ub Don ©d^ubartö ^Befreiung bamit entfd^ulbigt, bafe ber |)er* 
jog fid^ vorgenommen l^abe, il)m mit ber Befreiung jugleid^ einen 
neuen 933irfungi8lrei3 anjuweifen unb für bie Söebürfniffe be§ Seben^^ 
^u forgen unb jum ©d^Iu§ bie burd^auö glaubmürbige SJerfid^e* 
rung anbringt: „SDiir blieb nur 5Eeilnet|mung, nid^t 3)Ktmirfung 
•an feinem t)erbefferten ©d^idtfale übrig." ©nblid^ fam ber XaQ 
"ber ^Befreiung. Am 11. aKai 1787 erfd^ien ber ^erjog auf bem 
A^perg unb lünbigte il)m burd^ feiner ®emal|lin 9)tunb feine 
eJreitjeit an. „9iäd)ft @ott/' fe^t ©d^ubart tiinp, „banf id^ bie^ 
foftbare ©efd^en! g^riebrid^ ffiil^elm, bem ^erjigen." ©d^abe, 
t)a6 ©d)ubart feinem g^reunb ^offelt in Sarteru^e bie naiveren 
llmftänbe nid^t fd^reibt. ^laä) anberen DarfteUungen (j. 58. Seber 

^auff, Sd^ubart in feinem Seben unb feinen 9Bfi(en. ^^ 



836 VII. ^^nmm» 

am ®^Iu§ ber g^tanffuttet &t\>xäj(tcm^QaU) l^ettc bw ^crgog htm 
üDid^ter fclbft feine tixt\f)tit angeffinbigt, 8ci einet ^arabe, er* 
jäi^It man ficf), ^abe fid^ hex |)er}og (»lö^lid^ jn ®d^ubart Qt* 
manbt mit ben Sotten: „©d^ubatt, (gt tft frei." !Ba§ JJtan* 
jigfa angegen »at, tft geiDife; ob fic attcin nnb wie fie bem 
Vi^tn feine Sefteiung öetfänbigt 1i)at, roiffen mit nid^t. SIm 
$nbe mar aud^ bieiS nnt eine ^omöbie^ eine anf ben @ffeft be^ 
te^ete ;Saufttietttng beiS @ebanteni^ : ^axtiiSta iütnt m6)t emig. 
„O liebet ^offclt," fä^tt ©d^batt fott, „f^teien möd^f id^ 
öot 5^enbe^ mid^ mäljen nntct fteicm |)immel im tJtü^IingiSgtafc^ 
obet Kettetn mit bet (S^emfe auf ben l^ö($ften Qadzn^ü^, bie ge^ 
falteten ^cinbe in bie Soffen ftteden nnb bem gto^n ®ebet ber 
(^tei^eit laut meinenb bauten." S)a tiaben mit ben ganjen (S>^n^ 
batt U^ auf^ Seinen l^inau^, bad faft in feinem Qithiü^t, in 
feinem Stiefe, menigftenö t)om Äi^^jetg, fel^It. „©^jtingen mö^t 
mein S9ufen tjom Sogenfd^Iag bet ffimpfinbung/' fd^tieb et ein* 
mal, 5. SRotjenribet 1785, bei bet ©tinnetung an Ulm feinem 
^teunb aWittet. @t mctfte mol^d^einlid^ nid^t, baj5 fid^ fein 
!^tang)?atl^oiS in einem untabel^aften ^ejcametet £uft gemad^t 
l^atte. — „$Jd^ bin nun mit einem anfel^nKd^en ©el^alt 3)itrftot 
bft^ Ü^eateti^ nnb bet SDhifif in Stuttgart (in bet gteube feinet 
^etjen^ t)etgtj$t et bie ^au))tfad^e, ba^ et aliS f)ofbid^tet ange« 
fteUt mat), für ben SÜeft meineiS fidben^ gang nad^ ^ang unb 
Sunfd^ Detfotgt. — ®agcn ®ie aß' bie^, eblet SWann, bem 
^ublifnm in i^^tet SWannf^nrad^e, benn id^ bin ftolg genug, meine 
gfteil^cit öon einem ^offelt angcfünbigt ju lefen." 



I 



vm. etuttgort. 227 



VIII. 

Stuttgart 

®Ä gicbt eine Älaffe htQahttx SKenfiä^eti, beten !Dafein aud 
einem emigen 9ße(i^fel, aud @f)rüngen nnb Sontraften befielet, bie 
Iftvdt and einer glfldlid^en ^ofttion in eine nnglfidli^e unb mor« 
gen mieber aud einer unglüdlid^en in eine gUidlid^e l^inauiSge- 
fd^Ieubert werben, ble fid^ felbft, öon einem munberbaren ©eifte 
ber Unftätigfeit getrieben, nirgenb« SRaft unb 9hil^e gönnen unb 
benen 9laft unb 9ht^e auä) Don ben äußeren Umpnben nid^t ge« 
gönnt wirb, bie am ffinbe il^reö Seben« faum miffen, ob fie mel^r 
®IM ober mel^r Ungliid erfal^ren l^aben unb ob fie bie g^rfld^te 
i^re« unftäten Streben« mel^r bebauem ober fid^ ju il^nen ©lud 
tuiinfd^en foQen. Sinen fold^en Sil^aratter trägt j. SS. bad ätbtn 
be« ®cl^auf<)ieler« JBranbei^, bo« er felbft befd^rieb. ^n pl^erer 
©t)^äre ftellt un« in feinem bewegten Qfugenbleben, in ben ©iegen 
unb Slieberlagen ht^ fiebenjä^rigen Srieg« ein ätinlid^e« S3ilb 
^riebrid^ ber ©rojje bar. Sieft man bie SBiograpl^ie feine« JSewun* 
berer« ©d^ubart, fo l^at man gleid^faQ« ba« iBilb eine« fold^en 
unfteten, in Äontraften fid^ bewegenben 2Menfd^enleben«, inbem er 
felbft geftet)t, wie er geftern geeiert unb ^eute öerad^tet, geftem 
al« ba« gläd^eligfte aQer SOlenfd^enlinber unb l^eute al« ba« un«* 
glüd^eligfte fül^Ite; felbft feinem geJ^njäl^rigen büftem ©efängni«* 
leben foQte jum @d^Iu^ nod^ ein wenigften« t)egetatit) rul^ige«, 
jwar für je«, aber bod^ burd^ bie Siebe feiner Angehörigen tjer* 
fc^önerte« Dafein folgen. 

üDer ^ergog entpfing il^n, wie er felbft bem Leutnant dtingler 
auf |)o^ena«perg (©traujj II, 382) fd^reibt, in gnäbiger Äubienj 
unb t)erf))rad^, il^m ba« fieben t)on nun an leidet unb angenel^m 
JU mad^en. S)amit war aKer ®xoU gegen feinen Dormaligen 
Reiniger ,,wie 9tad^tgewöl! weggefd^wunben''. 

Seinem in Berlin fid^ aufl^altenben @o]^n, ber burd^ (Srfal^« 
rungen gewi^igt bie 9tad^rid^t oon ber Befreiung feine« SSater« 



228 VIII. (Stuttgart, 

beu öriefeu ber ©einigen, ben übereinftimmenben Sflaä)xi6)it\i aller 
Leitungen nid^t glauben wollte, bi^ er üom SSater einen Brief 
mit beut Datum Stuttgart erl)ielte, befdireibt er feinen SBegjug 
t)om St^perg, tt)ie folgt: „Den 18. 3Kai ging id^ ah üom Serge 
meinet ^ammer^, geehrt unb beweint Don meinem Sommanbanten, 
fämtlid^^t Dffijier^ unb ber ganjen S3efa|ung. SBie mir'ö n^ar, 
aU iä) bie SBeite be§ ^immelö wieber fal^, ba^ fann id^ bir ni(^t 
fagen. ®o mu§ e^ bem @Ha^ getoefen fein, afe er, bie @rbe 
öerlaffenb, mit glammenroffen in ^immel fu^r. — @e weint ^ab 
id) wie ein Heiner tinb ; beine ^olbe 3)lutter faß neben mir — 
ftumm unb anbetenb auff^auenb wie ba^ aKonument ber 33anf^ 
barfeit, ^n Stuttgart ftrömten mir fd^on auf bem SBege — ü)Zu= 
fifer, ©d^aufpieler, 5Eänjer — bie ®efät)rten meinet Söernfö ent= 
gegen, unb an itjrer ®pi|e QuUa, meine freubetmn!ene 5EodE)ter. 
^ol^e unb S^iebere, SWal^e unb Sterne grüßten unb glüdwünfd^ten 
mir münbtid) unb fd)riftlid^ in ^rofa unb SSerfcn gu meiner @r* 
löfung. 3(u§ alten ©egenben Deutfd^lanbö unb ber ®d)Wcig er- 
lieft id^ — unb erl^alte nod^ täglid) berlei ©lüdwünfd^e, ba^ id^ 
oft bef^ämt am genfter fte^' unb feufje: ac^ @ott, id^ bin'g nid^t 
wert! — Den anbern Jag wurb' id^ t)om |)errn Dbrift bem 
5ö^eater unb ber Äapelle üorgefteltt ate Did^ter unb Direftor 
b^3 2:^eater§ unb ber SKufif, infofern fie beutf^en (Sel^alteö ift. 
^oli fielet mit 9ted^t ber welfd^en aKufif üor. Sluc^ erhielt id^ 
ben 2:itel eineö ^rofeffor§ — unb bin alfo mit meinem üiange 
ganj wol^I jufrieben. SKeine Söefolbung beftel^t au^ 600 fl. — 
fürd^terli^ wenig für mic^ in Stuttgart. 

Düd^ au^ bafür ift geforgt. ^ä) fdircibe ein :JJournal, wo^^ 
für id) monatlid) 50 fl. Dom ^oftamt erl^alte — unb fo wäre 

bann für mein Sluäfommen geforgt. SJieine ©efd^äfte be^ 

ft^Iien nun im Unterri^te im Sefen, Deflamieren, ber 3Jiimif, 
ber ^at^ognomif unb t^eatralifd)en 3Jiufif" u. f. w. Strauß mad^t 
ad vocem ^rofeffor bie gegrünbete Stnmerfung, in bem l^ergog^ 
lid^en Slnfteltung^belret unb in allen ferneren Sriaffen fei t)on 
biefem Jitel feine 'Si^i^; ©d^ubart l^ei^e immer nur §of== unb 
Ji^eatralbid^ter, bisweilen aud) 2Jiufif bireftor ; e§ fd^eine fid^ alfo 
mel^r nur üon einer Sonniöens gegen ben einmal „an§ ©^wär- 



VIII. Stuttgart. 229 

merei" übli^ getuorbenen Jitel gu tianbeln. — ©djubart l)at fid) 
^ier allcrbingS uitgenau auögebrüdt; e^ fanu fid) nur um bic 
münbU^e (Srlaubniö l)anbeln, fid^ biefeu SEitcI geben ju laffen. 
3n bem SBrief SinbquiftS njtrb ©d^nbart „^rofeffor" genannt 
unb in ber 33crt|anblung bc^ StngjSbnrger 3Ragiftratg t)ont 15. 9?ot). 
1774 (;a. 2Bo^Itt)ta in Schnorr üon Sarol^felbö 3ltd)it) VI (1877) 
®. 365) tiat ©d^ubart ebenfaüö ben Sitel ^rofeffor. 

SBie tjiele greunbe ©diiibart aller Orten ^atte, geigt fein 
S5crtd|t über eine mit fetner fjrau, feiner !Jod)ter i^nld^en unb 
feinem ©d^miegerfol^n, bem Sammermufifnö Kaufmann nad^ ®ei«^ 
lingen, Ulm unb Äalen unternommene Steife (fiel^e ben 33rief an 
feinen ®o^n wm 18. 5Wot). 1787 bei ©traufe II, 354). Die 
©d^ilberung ift Haffifd). ^n (Sei^Iingen tuar bie ganje ®tabt 
im ?(ufru^r, ate ber 2Bagen am S^ß^öufe ftitt l^ielt. „Unfer 
guter ä^n^err ftanb in ber 25erIIärung ber g^renbe, mit ©über* 
loden umfloffen, am S^ntfd^enfd^lage unb bie Sll^nfrau gitterte unter 
ber |)aujStI)ür, öom ©emtdite bejS 3Ruttergefä^fe belaftet. S3alb 
umraufdjten mid^ bie jüngeren ^reunbe aüe, mit il)ren SBeibern 
unb Sinbern, unb id^ griff ba nad^ einer ^anb, liefe bort eine 
fiufen, um ber anbern auögeftredte, liebebebenbe ^änbz anä) jn 

faffen. 35ie ©d^ulftnbe tt)ar oft fo \)oU, bafe man faum 

ftel^en fonnte, unb t)or ben ^c^ftetn brängten fid) anbere ©d^aren 
jufammen, um mid) jn fe^en unb ju l^ören; benn id^ unb ba^ 
;3ulc^en fangen ba SJolI^Iieber unb S^oräle, mit be§ alten Ean* 
torö ^lügel begleitet. Sine rül)renbe ©jene mar^^, als fid^ im 
Od^fen meine el)emaligen ©d^üter um mid^ I)er ftettten unb mir mit 
Z\)Viinzn für ben el^mals genoffenen Unterrid^t ban!ten. ^6) lege 
bir ^ier, um ber ©eltenl^eit mUtn, bie 3(bfd|rift eines SBrtefeS 
bei, ben mir ein SSürger beim ?(bfd^ieb jufd^idte*). ©ein 9lame, 
.t)erjenSfof)n, tt)urbe ba oft genannt, unb beim lautfd^aüenben 
3RaIe beine ©efunbl^eit getninfen. — 35er Slbfd^ieb mar trüb unb 
traurig; benn n)al^rfd)einlid^ fat) id) ben rebli^en SHten unb feine 
forglid^e ^auSmntter jum le^tenmal in biefem Seben**). !J)od^ 



*) Of)nc S^eifcl ift I)icr ber oben 8. 6>^ mitgeteilte 23rief gemeint* 
**) 8o tt)ar e8 auci^ ; fte^e unten. 



230 VIII. ©tuttgott 

rtffcn tuir m\^ loö unb bcr SBogen rollte nad) Ulm. Untermeg^ 
f Reiften »ir mit bem ?tmtmann tiberlcw in Sujl^aufcn, ber im 
74. ^al^re feines Wter« nod^ fo öiele 309^ f^i^^^ ^«Ö^Ji SSJi^ei^ 
nnb feiner rebfeligen fianne beibcl^ielt. Qu Ulm ftieg id^ beim 
©reifenmirt ©d^uler ah, unb fiel^e ba! — mein alter g^reunb 
©apoü ftanb t)or mir unb — läd^elte weinenb. ?K<3baIb famen 
ber ©bleu mel^r — 3Äitter, biefe jarte, tief unb l^od) fillilenbc 
(Seele, unb aWartin, beffen ^erj l^armonifd^er Hingt al3 fein (Bau 
tenfpiel*), unb Sem, bcr ÄufWärer, unb ©tüber, mein e^e^ 
maliger ©d^üler unb ^unbert anbcre an^ bem SBirbel gemeiner 
©efanntfd^aften. 

SSier 2^age blieb id^ in Ulm, gab ein Äonjert, bem üeute 
aujS aßen ©tftnben juftrömten, fpeifte liei 3Wittern, ttjurbe öon 
bem ©rften ber ©tabt, bem Surgermeifter tjon 93efferer, ftattlid^ 
benjirtet, befud^te ben p]^ilofopt)ifd^en ?ßflugn)irt, ber unterm Strubel 
t)on Seinmebern unb 9Ke|gern — 9Äenbelfo]^n§ 3ßorgenftunben 
lieft unb war unbefd^reiblid^ üergnügt. Stud^ flog ia im Stillen 
eine ban!enbc Q&f)xt in ben Sedier ber tJteube, ba§ mid^ @ott 
nad) einem fürd^terlid)en i^al^rjel^nt bie ©tabt tt)ieber feigen lieg, 
aus ber midf) ein tüdifd)4äd^elnber ©d^urfe in bie ©flatjerei 
lodEte. — ©dfinjer ging'S t)on Ulm ; benn in biefer ©tabt l^errfd^t 
eine 2^raulid^feit, bie fo gang an ben Srubcrfinn ber ©l^riftus^ 
jünger grenjt. J)aS SaSort ©ruber unb ©d^wefter träuft t)on 
allen Sippen unb bie ©renjlinien ber üerfd^iebenen ©täube fd^lin^ 
gen fid^ im l^erjigen Du, wie ©pl^eu* unb 9tebenranfen gufam^ 
men. 3(ber — bie ©d^eibeftunbe fam unb unter beftänbigem 
88egen unb auf grunblofen SBegen famen wir nad^ ?talen, ber 
©tabt, bie bie ®runblinien meiner Silbung jog, mo mein 3Sater, 
ber fefte, beutfd^e JIRann, ber Urftänb l^arrt, unb it|m jur ©eite 
Dier meiner ®efd)tt)ifter, unb Satl^arine, meine erfte Siebe, unb 
fo mandfie liebe ©eele, mit ber id^ aufwud^S. SRutiigeS 9RooS 
wäd^ft fd^on auf ifircn ®räbern unb bie ^Jnfd^rift auf il^ren 
Jotenfreujen ftäubte ber Siegen weg. — ^od^fd^affenb empfing 
mid) mein 35rnber unb auf ber erften 5Creppe ber Äanjlei l^arrtc 

*) 3Wuftfbtrcftor in Ulm. 



VIII. (Stuttgart. 281 

meiner — eine TSjäi^rige ÜRiitter, beinahe \>ox ßntättden jufam* 
menfmfenb, ü^reti fd^on liingefd^älten, taufenbmal bcmcintcn erftcn 
@o§n »ieber in bcn Armen ju l^aben. „£) lieber S^riftian, ba§ 
i^ b^ nur njieber fcl^e! — O nun will id^ gerne ftevben!" — 
fügte bie el^rroilrbige alte in einem STone, brin \>a^ einfältigfte, 
jartefte SDiutterl^erj »iebcrl^attte. ^i) fd^wieg; ho^ toa^ iä) em* 
^)fanb, nnb wie f^nell, ftarf, gebrängt, tief greif enb unb l^immel* 
<infpri|enb id^ aU bied empfanb, baiB fagt bir bein eignei^ ebleS 
^erj, Subwig, mein ®ol^n!! — JlÄeine ©d^wcfter, bie @tabt= 
^)farreTin, legt' i^re ^änbe treujtoeie auf il^ren J^od^fd^wangern 
Seib unb fd^rie fd^neibenb wie 3i«^^«ton: „Qfefud (E^riftui^, mein 
SJniber!" — unb ba weinten fie alle, baj3 id^ fo tjiel amSgeftan* 
ben l^atte. 3)teine SD^utter fd^lid^ um mid^ l^erum unb fü^te, voa^ 
fie 'otm mir erl^afd^en fonnte. — Qfu Aalen wiberful^r mir bie 
1^i>d^fte &)xe, bie fid^ ba beulen lä^t: ber SKagiftrat bewirtete 
mid^ föftlid^ in ber $oft, wo id^ unb bad ;^uld^en fangen unb 
Kaufmann auf bem ^iolonceU f))ielte. ^ai^ ^pftl^aui^ war ge^ 
brängt öoü, aud^ auf ber Strafe war aRenfd^engcwimmel. Da 
lebt' id^ benn fo ganj nad^ meineil ^erjen« fiuft unter 9Äenfdt>ett, 
bie fid^ auf bcm S3Bi|>fel il^rer (Sid^en ftarf wiegten, bk an ber 
fiatarafte ber 9latur ben ^ut füllen unb SWannfraft faufen, bereu 
©clbfl^eit fo feft gewurjelt ift wie bie JBerge, bie fie umgürten, 
unb bie fo laut fd^reien, aU wenn fie ben ÜDonner überfd^reien 
müßten. Qfd^ trani mit bem ©enat unb ber ©eiftlid^feit — nid^t 
färglid^ an» bem SBonnebed^er , fonbern reid^lid^, wie e§ @ott 
gab, unb unter |)örner* unb Sromjjetenfd^aH ftie§ ber SOjö^rige 
55urgermeifter Simon an meinen unb ein Dujenb anbre ^ofale 
unb f^rad^ mit ber Stimme ^Jofuaö — nid^t altemb, nid^t wan- 
fenb, fonbern feft, bidE, anl^oltenb wie ber feftlid^e Drgelpunft: 
ed lebe ®d^ubart in »erlin!!" — 

S3raufenb ftj^oU'iS burdb ben <Saal ^in 
Unb bie tjfamme ber Äerjen toel^t öon ber Stufer 
©etoaltiflem $aud&e. 

^JOtan befd^enlte mid^ fogar unb führte mid^ bie erfte Station 
auf Soften ber Stabt. ©er Äbfd^ieb öon meiner SRutter war — 



232 VIII. Stuttgart 

ba^ Qzxxti^tn jmeier in einanber gemadifenen ^ergcn — SJIut 
fliegt bort unb 93Iut fliegt ^ier. Stber id) bin ein Sl^rift unb 
3tbfd|ieb unb Job fd^ärft nur mein Verlangen nad^ jener SBelt^ 
tt)o bie Slbfd^iebötl^räne nidit fliegt, wo ber Job nid^t mel^r röd^elt. 
— ®o famen njir gefunb unb innerlid) ftauncnb über ©otte^ 
3Bunber micber in (Stuttgart an, njo bie ernftc ?ßfli^t unb eilt 
fd^merer 93eruf n^ieber meiner l^arrten." 

Sluö bem legten 93riefe an feinen Sruber in äalen (wm. 
11. ;$^anuar 1788, bei ©traug II, 372) füfire id^ eine Stette 
an, bie eine genauere ©rörterung »erbient. ®ie lautet: „35einenv 
biebern, äd^tbeutfd^en 2Ragiftrate empfieljl mid^ tjon ^erjen. ©el^r 
munbern mugt id^ mid), bag il^r bie 5amiliengefd)id^te fo feit* 
fam gebeutet l^abt. Sine ?(nefbote in ben Aunalibus Suevici» 
l^at mid^ gur Slu^fül^rung biefer rül^renben (Sefd^id^te ermuntert.'*" 
©traug üertoeift mit Med^t auf „©imon öon ?(alen, eine 5<imilien* 
gefd^id^te". (©d^eible 6, 90.) J)ie |)auptperfon biefer ©efd^id^te 
ift ein Stalener ©d^ufteröjunge, ^ec^meld^er genannt, ber auö Stäche 
für eine üon einem Slalener Jud^mad^er, 5Ramen§ ©imon, erl^altene 
Ohrfeige biefen mit einem 3i^9^IftiidE mirft, aber fo ungefd^icEt 
unb fo unglüdEIid), bag ber (betroffene üon bem SQSurf ftirbt^ 
tt)orauf ^ec^meld^er auf fed)^ i^al^re nad) Submig^burg ing 3^^** 
l)au§ fommt. 5Wun folgt in ber g^amilie beg Judimac^er^ ©d^Iag 
auf ©d^Iag. Die ffiitioe unb il^re Jod^ter gelten in ©iinbe unb 
©dianbe jämmerlid) ju ©runbe. !Die jmei ©ö^ne, Safper unh 
93altl^eg, jiel^en aU g^iebler burd|§ Sanb, geraten in 93a^ern jn 
einer Släuberbanbe unb merben üon biefer angeujorben. ^afper 
foH fid) beim ©inbrud) in ba^ ^au§ einejS Sanbebelmann^ be- 
teiligen. (S§ gelingt i^m, in§ ©d)log ju bringen; l^ier aber er== 
tt)ad^t fein ©etoiffen, er mad^t Särm, ruft bie SSettJol^ner bei^ 
©d^loffe^ jum Stampf gegen Siäuber unb SKörber, bie SBanbe 
mug bie g^lud^t ergreifen unb Siafpar entbedt bem (Sbelmann ben 
ganjen rud)lofen ©ntmurf. J)iefer öergei^t i^m, öerfpridEit il^m^. 
er tt)olIe il^n öerforgen, brid|t aber balb barauf auf einer ®ewalt* 
jagb ben ^aU unb ftirbt. 2ßit bem wenigen (grfparten ging min 
Safper in bie weite SJBelt, fam nad^ ^oüanb, geriet unter bie 
©eelentjerfäufer unb njurbe nad^ Sataüia abgeführt. 



VIII. Stuttgart 233 

!I)er anbete SBruber ftie^It, morbet unb ftirbt unter bem 5Wamen 
be§ Slalemcr aWorbjobelg ju SBud^Ioe auf bem 9Iabe. 

v^afper fd^n)in9t fid) in SBataöia öom ©flauen einer reid^eu 
fjottönbifdien SBitwe jU i^rem ®tmaf)l empor, 9en)öl)nt fie an 
äWenfd|lid|feit unb ^^römmigfeit unb tüixb öon if|r t)or iljrem SEobe 
JU il^rem Uniüerfalerben eingefe^t. 5Wad^ öielen ;j^a^ren fe^rt er 
über ^olfanb nad^ ©d^ttjaben jurüd. SKitten im Söinter fommt 
er in bie 9^S]^e t)on Slalen, ftürjt in eine ®ä^tt)inbe . unb märe 
»erloren gewesen, menn nid^t ein ©d^öfer ju feiner Slettung ^er* 
beigecilt märe. 3Son biefem ©d^äfer erfährt er bag ©d^idffal feiner 
3)hitter, feiner ©d^mefter unb feinei^ SBruberi^; ber ©d^äfer felb 
giebt )xä) al§ ben ^ed^meld^er ju erfennen, ber, t)om ^^^^t^^u^ 
cntlaffen, meil i^n fein 3Keifter nehmen moöte, ©d^äferfned)t ge* 
morben mar. S)a Safper feine 9?eue fielet, öerjei^t er il^m, ja 
er fauft il)m einen eigenen ©d^äferl^of. ^n %aUn giebt fid^ 
Äafper t)or bem gefamten 9flat unb ber ®eiftlid;feit ju erfennen, 
mad^t ^errlid^e Segate an Äird^en, ©d^ulen, ©pital unb ©ied^* 
I)au^, begiebt fid^ mieber nad^ 93atama unb ftirbt nad^ einigen 
:JJa]^ren, taufenb ©puren feinet liebeüoöen, menfd^Iid^en, öom 
®eifte be§ Sl)riftentum8 öerflärten S^arafterö hinter fid^ laffenb. 
Die ^ollänber nannten i^n ben ©d^roabenapoftel unb bie befe^rten 
Sieger ben beutfd^en ßngel." — 35ie Queöe biefer ®efd^id^te 
mären alfo beg 9Kartin Srufiuö Annales suevici. i^df) f)abt in 
ben brei ^oKünten biefeö SBerfö geforfd^t, aber nur nad^fte^enbe 
®rjäl)Iung gefunben, bie man l^ie^er jie^en fönnte unb bie inö 
Seutfd^e überfe^t alfo lautet: ,,5Weulid^ paßten Släuber auf einem 
3Bege, um einen vorteilhaften ^^ng ju mad^en. Damals mar in 
bem f leinen fd^mäbifd^en 9ieid)öftäbtd^en Stalen ein SBürger, ber 
rec^t unb fd^led^t lebte. ?tuf einer ©efd^äfti^reife fiel er ben be* 
fagten 3?äubern in bie |)änbc. Stuf i^re tJrage, mo^er er fei, 
antmortete er: „3?on ber ©tabt Slaleu." Darauf ermiberten fie: 
„Du bift je^t unfer befangener. " „5Wun benn in ;$^efu 5Bamen!" 
gab er jur Slntmort. Darauf bemerfte einer von i^nen, mie mei* 
lanb taipl)a8: „Diefe ®efangennel)mung mirb unö menig ©egen 
bringen." Unb fo gefd^a^ z^, ©o öorfid^tig fie i^n nämlid^ mit 
fidi) fül)rten, gelang t^ it)m bod^, auf munberbare Sfrt il^ren .^änben 



234 VIII. Stuttgart 

gu entrinnen unb unöerle^t in feine ^eimat jurüdjufel^ren. 1>icö 
tarn halber, ba§ er ben S^amen Qfcfu, unfern ^eilanb^, gläubig, 
einfältig unb aufrid^tig in feiner Slot angerufen ^tte." ®rufiu§ 
(III, 68) nennt ate feinen ®ett)äl^r§mann „Joann. Nider. Formic. 
IIb. I, cap. 2. Vivens circa 1436." ©ie ffirjäl^Iung ift unffar. 
Wtan tt)ei§ nici^t, ju todä)tm Qtvtd fie i^n mit fid^ führten, ba 
fie bod^ auf SBeute ausgingen unb ber SKann, auf einer ®efd^äft§- 
reife begriffen, ®elb bei fid^ ^aben mu^te. ©benfowenig erfährt 
man, auf weld^e rounberbare SBeife er t>on ben Wäubern frei 
tt)urbe. — ©d^ubart l^at auö biefer ©rjäl^Iung ben frommen 
Äafpcr genommen, ber, aU ^^khUt l^erumäie^enb, unter SRäuber 
gerät, öon il^nen angeworben unb l^erumgefül^rt mirb, bi^ er burd^ 
fein ertt)ad^te^ @ett)iffen auf aUerbingi^ n)unberbare, l^öd^ft aben* 
teuerlid^e SBeife üon i^nen errettet mirb unb nad^ üielen Steifen 
glüdEIid^ in bie ^eimat jurüdHe^rt. @r ^t aber, ganj in feiner 
SBeife, i^m einen gottlofen SBruber gegenübergeftettt , ber bei ben 
Wäubern bleibt unb jule^t ^ingerid^tet toirb. 35er ?ßed^meld^er 
unb bie übrigen ^erfonen aHe finb ®efd^ö))fe üon ©d^ubart^ 
^l^antafie. ©omit mxh baö SCI^ema ber ungleid^en SBrüber öon 
©d^ubart in brei ©rjäl^Iungen be^anbelt: 1) in üßarj ber ©tra^l* 
int; 2) im ^Beitrag jur ®efd^id^te be^ menfd^Iid^en ^erjen^; 
3) in ber gamiliengef d^id^te : ©imon. Äud^ biefeig SCl^ema lag 
bamate ebenfo in ber Suft, tt)ie bie Sinbi^mörberin. @g genügt, 
an ßeifewife' ijjuliu^ üon SCarent, tlingerö B^^ißinge, ©d^iller^ 
atäuber ju erinnern. !Die (Jrjäl^Iung beginnt ))effimiftifd| unb 
fataliftifd^ unb l^ört tl^eiftifd^ unb optimiftifd^ auf. 35er Siamc 
©imon begegnet unig in ber SBefd^reibung üon ©d^ubart^ Steife 
nadf) Slalen 1787. SBenn ©d^ubart meinte, er werbe nod^ mand^e^ 
|)erjige öon feinem lieben Sfalen fd^reiben, fo blieb bieig ein from^ 
mer SBunfd^. 3Wit biefer (Jrjä^Iung l^at er ber in Äalen roeit^ 
t)erbreiteten gamilie ©imon feinen ®ef allen erroiefen, unb ber 
©egen, ben taf:par am ©d^Iujs ber ©rjä^lung über feine SSatcr^ 
ftabt fprid^t unb ber immer nod^ auf i^r rul^en foff, ift fein ffir^ 
fa| für bie SCaf tlofigf eit , mit ber ©d^ubart, inbem er eine ®r^ 
ää^Iung beö 15. ijjal^rl^unbert^ in bie ©^jrad^e unb ©itte M 
18. umfefet, einem tf^miliennamen feiner SSaterftabt einen SBatel 



VUI. ©tuttflart, 236 

anfängt, um tt|n itad^l^cr cffcfttJoH wicbcr abjuttjafd^cn. ©e^tc 
man, wa« fid^ „unbefd^abct bc« SKctrum«" bcwcrfftcttigcn Iä§t, 
in ber au« htm ^a\)x 1788 ftammcnbcn ©rjäl^lung „^ebtüig, eine 
^tratögefd^t^te" an bie ©teöc bc« ^reunbed, be« l^eud^lerifd^en 
fianbibatcu bct Sl^eologte Kupfer, ben ©ruber be« ^od^begabten, 
jucrft leid^tfinnigen, nad^l^er gebefferten |)ol^mann, fo l^ätte man 
baS Zil^enta bcr ungleid^en S5räber in neuer Oeftalt unb in ber 
Äntt>cnbuug auf neue SSermtniffe. 9Son ben t)ier genannten ©r* 
jä^Iungeu fptclt eine (^ebwig) in SWürnberg, eine (SWarf) in «ug«* 
bürg, eine (®imon) in Äalen, alfo in lauter ©täbten, tt)o ®d^u* 
bart gauj ju |)anfe war. 9^ur ber SJeitrag jur ®efd^td^tc beö 
roenf^liti^cn ^erjenö, ben ©d^ubart breimal bel^anbelt, begnügt 
fiel}, ftatt ®egenben unb ©täbtc ju nennen, mit ?lnfang«bud^ftaben 
unb ^uuftcn. 

„Sine crnftc ^flid^t unb ein fd^werer ©eruf" warteten in 

Stuttgart auf ©d^ubart. ffir na^m feinen SBeruf ernft unb Der* 

Went nid^t ben Vorwurf, ben Strauß II, 310 gegen il)n ergebt: 

,3ir fcl)cn il^n, gauj in feiner Sfrt, fein ?lmt (aU ©ireftor bej^ 

Sd^aufpicte unb ber beutfd^en Oper) mit Feuereifer antreten, um 

^^ in ^rjem mit Überbru^ l^ängen unb jule^t ganj liegen ju 

laffcn." SBoran eö fel^ltc unb woburd^ il^m fein Amt erfd^mert 

tourbc, f einreibt ©d^ubart am 26. «uguft 1787 feinem ©o^n: 

«üWein Amt war eigentlid^ angenel^m, wenn nur ber ^ergog bem 

2^§eatcr geneigter wäre. ?lber ber wenbet baüon fein ?tntli|, 

toic t)on einer ^[auncrl^öl^Ie." — 3)ie ©d^aufpielerinnen jogen i^n 

Äicl)r an, ate baö ©^aufpiel unb bie üon Suboöife ©imanowij 

gemalte ©aletti wugte fid^ feinen 92ad^fteIIungen gegen i^re Un^ 

f^ulb nur burd^ bie ^lud^t ju entjie^en; baö Sweater erlitt, wie 

Sd^ubart flagt, baburd^ einen fd^weren SBerluft. (&» gelang ©d^u* 

'bort nid^t, ba« ©tuttgarter X^eater ju einem Slationaltl^eater ju 

9«ftalten; Sarfö ®efd^mad war weniger beutfd^, alö Äarl SE^eo* 

t^or«, weswegen ©d^ubart üon Ulm aud für ba« entfernte aJlanU'' 

Reimer 21^eater mel^r in beutfd^cm ©inn wirfen fonnte, afe für ba« 

Sweater ber ©tabt, in ber er fpäter lebte. Übrigem^ geprte baiJ 

SKufif* unb SBimifinftitttt, bem ©d^ubart üorftanb, jur Äfabemie, 

^örte alfo aud^ mit biefer auf. @ewij^ war nid^t ©d^ubart baran 



236 VIIL Stuttgart. 

fd^ulb, ba§ @oetl)c 1797 baö ©tuttgartcr Z^tattx mie ein SDiarto^ 
ncttent^cater üorfam unb er namentlid) bcn SRangcI an rid^tiger 
©prad^e unb 35eflamation in jcber SlrtÄuöbruc! trgenb cinc§ ©efül^lö 
ober I)öl)ercn @ebanfen§ entfd^ieben tabelte. Über bie Dptx lautet 
®oetl)eö Urteil nid)t günftiger; nur bag SaHet fanb er ganj l^eitcr 
unb artig. 

Sd^ubartä ^auptgefd^äft würbe inbeffen balb bie ©l^rontf. 
©d^on fedfiö SQSod^en nad^ feiner ^reilaffung eröffnete er fie ujieber. 
35er |)crjog Ijatte i^m 3cnfurfreil^eit erteilt, um aBe SScrantwortung 
wegen etwaiger Stuftö^e, weld^e bie 3^i^^9 9^^^^^ möd|te, tjon 
fid^ auf ben SScrfaffer abjuwäljen. 'Diefe blieben benn aud^ nid^t 
lange aix^. ©d^on bie Änfünbigung mit il^ren beifälligen ä[uj5c* 
rungen über Saifer i^ofefi^ antil^ierard^ifd^eS SBirfen, il^rer bebend 
lid^en |)inbeutung auf 9?u§Ianbg unb Öftreid^ö fteigenbc^ Über* 
gewidt)t, i^rer ^^ft^i^i^^^'^^i* ^i* ^^^ beutfd^cn g^ürftenbunb, bem 
©runbpfeiler ber beutfd^en 3^rei^eit unb üaterlänbifd^en 33erfaffimg, 
jog \i)m eine SBarnung ju, gegen roeld^e er fid^ l^auptfäd^Iic^ burd^ 
^inweifung auf ben je^t überall gangbaren g^rei^eitöton würbctJoU 
unb glüdElid^ üerteibigte. SBereitö ba§ britte ©tfidE ber ®I)roni! 
aber üeranlafete ben bänifd^en ©efanbten ju einer 5RefIamation, 
weldfje tro^ beS SSerfud^ig, ben ber ^erjog mad^te, bem Sl^roniften 
^inauöju^elfen, mit einem förmlii^en ffiibermfe beö anftö^igen — 
in ber Z))at l^öd^ft unfd^ulbigcn — ärtifete enbigte. 3t^nlidt|c 
Sefd^werben tjon fürftlid^en unb ftäbtifd^en Regierungen, tjon 
©ai^fen unb ^reu^en, t)on 5Würnberg unb Sanbau 2C. ijöxttn öon 
ba an nii^t me^r auf unb führten SBibernifc ^erbei, bie aber juni 
2:eil mel)r fomifd^, ate emftl^aft lauteten, ©ogar t)on ©eitcn ber 
9leid^gt)erfammlung ju Siegenöburg glaubte ©d^ubart nod^ in feinem 
legten Seben^ja^r ein ®ewitter im Slnjuge, bai^ er in einem 
©d^reiben ju befd^wören fud^te, worin er unter anberem aud^ auf 
ben anfe^nlid^en ®ewinn aufmerffam mad^tc, bcn bie afabemifd^e 
'DrudEcrei au« feiner ffi^ronif jie^e. — „S)ie JUeid^ööerfammlung/' 
bemerft ©trau§, „wirb fid^ barum wenig befümmert l^aben; aber 
für ben ^ergog üon SBürttemberg war e§ gewi§ ein ^auptbcmeg* 
grunb, ber E^ronif feinen @d^u| angebeil^cn ju loffen." 

g^rül^er ^atte ©d^ubart bie Sl^ronif im S33irtö^au§ bifticrt; 






VIII. ©tuttgart. 237 

6ülb nad^ ber ^Wücffeljr uon ber Oteife na6) ©eiölingeu, Ulm uub 
Äalen brarf) er beu rcdjten 3(rm, unb fanb fid^ Ijierburci^, toeil 
e^ bcm SBinter juging, auf^ neue ä)?onate lang inö 3^"^^«^^* 
gefperrt; er biftierte nun bie ßt)ronif, wie feine SJricfe, ju ^a\\^. 
Sarin finbe i6) — nid^t ben ®runb, aber bod^ einen ®runb^ 
warum bic S^ronif nad^ ber Stöperger 3^^* n^eniger 3^euer unb 
Seift seigt aU üor^er. ©dfjubart t)ielt fid^ gegen 25 ^^tw^G^ii 
unb 3citfdf|riften, aui3 benen er für feine Sljronif entlehnte, wa^ 
er brandete; früljer in Ulm l^atte er me^r anö ber SEiefe feinei^ 
eigenen ^erjenS gefd^jjpft. -— Da§ übrigen^ ber Sl)roniffd^reiber 
ben |)ofbid^tcr nid^t au^fd^Io§, jeigt fo mand^e mit gereimten unb 
ungereimten ©d^meid^eleien auf Äarl unb feine ®ema^Iin öerjierte 
%mnier ber S^ronif (ogl. 9fieclam ©. 112, 113). 

©d^ubartg fiebenömeife nad^ feiner Befreiung jeic^net fein 
So^n mit folgenben SBorten: „Seine Sljronif, fein ?tmt, ®e* 
legentieitSgcbid^te u. ?l. warfen il^m balb nad^ feiner fioölaffung 
jo öiel ab, baj5 er ein jä^rUd^eS ©nfommen t)on met)r alö 
4000 fl. genoß. 5WatiirIi(^ mad^te er fidf) bicfen Segen uoüauf 
ju SRu^e; gab 5Eraftamente unb nat|m fie an; liefe Äeller imb 
&üdf)e ftattlid^ befteüen unb fud^te ber jal^lreid^en Innung ber 
Sonüiöant^ gleid^fam ju geigen, bafe eö ein ^oet bod^ aud^ auf 
einen grünen B^^iQ l^tingen fönne. Qm Greife ber ©einigen war 
er ein ^öd^ft gemütlid^er unb järtlid^er ®atte unb 33ater. ©eine 
?lbenbe brad^te er gewö^nlid^ im ®aftl)of jum Stbler in Stuttgart 
P, wo er mit feinem 5^eunb, bem ©d^ieferbedEer S5anr, unb 
ünberen gute unb fd^Iec^te, eble unb gemeine SBige unb ©(^wänfe 
?rei§ gab unb nad^ feinem eigenen äu^brucf oft trau!, bafe i^m 
iie $aare raud^ten. ©in SöcweiS, wie fel)r ber 3Slt)ii)Vi^ aud^ in 
i^er bilbenben Siunft bic gefd^i(^tlid)e Sffialir^eit beeinträ(^tigt, ift 
folgenbeö. ^n bem ^iwinter, wo früher jene :ßtä)QdaQt ftattfanben, 
^ängt an ber 333anb ein ®emälbe. Qtotx aJiänner fi^en am 333irtg* 
f)öuätifd^e, jed^en unb plaubern; ba gel)t bie 2:^ür auf, ein junger 
^-Dtann tritt herein unb gefeilt fid^ ju ii)nen. 35er Änpferfti(^ fjat 
feine Unterf d^rif t ; aber jene jwei SDiänner finb bem ganjen Äuö* 
fel)cn nad^ ©d^ubart unb SSaur, ber britte ift uuüerfennbar ber 
jngcnblid^c ©dritter. 9hin ift eö aber unmögli(^, bafe biefe brei 



238 vm. Stuttgart« 

jlc jufammcn gcjcd^t ^abcu. Sd^ufiatt war t)on 1777—87 auf 
bcm Stj^pcrg; im ^f^^^c 1793 unb 94 aber, ate ©dritter feine 
|)eintat befud^te, toaren Säur uub ©d^ubart längft geworben. — 
©d^ubart jeigte fid^ ^ter befonberiS grog aU @tegreifbtd^ter. (Sin 
^auptmitglieb biefe^ berül^mten ^änjd^eni^ mar ein ^oftmeiftet 
S^einö^I t)on Sannftatt. "äU er infolge ber ;^nt)n:omptud, meldte 
@d^ubart in gefeUfd^aftlid^er S3ertraulid^feit auf ben Spanien feinet 
äßitgäfte ju mad^en ))flegte, biefen Heingläubig ju einem äSerd über 
ben feinigen ^erauöforberte, fagtc ©d^bart: 

„O bu mit beiner fetten ^ampt, 

$on mtinm 

3n beiner ®etfteS(ampe 

3ft fein ßL 

(SBagner, ttefd^i^te ber l^ol^en Aatief^ule II, 415.) 

(Sin anbermal warb ein Oberft, 5»ameng 9lam»Icr, in ben 
Äranj eingeführt. Der ©c^ieferbed^er fefete fed^i^ Sronentl^aler 
bafür, ba§ ©d^ubart einen 9ieim auf biefen ^Warnen finben fönne; 
ber Dberft mit nod) einigen anbem ber ©efeUfd^aft bagegen. 
©ie ©umme würbe auf einen S^eöer aufgelegt ©d^ubart fam, 
unb mit wenigen SBorten wn ber SBette in SenntniiS 9cfe|t fing 
er alfo an: 

!^uf d^amSler foU xd^ reimen SSktS; 
8ecl^3 ^ronentl^aler gilt ber Spag* 
^rum lauf id^ mir ein neueS ^am^, 
3)ann f)ah i^ fd^on bic Silbe „diam^". 
Sefet fc^It mir (nur) nod& bie @ilbe „Itt"; 
®tht eure ^ronentl^aler l^er. 

Unb ©c^ubart fd^ob bei ben legten äBorten t)or ben %ugen 
ber SBettenben bie gute ^rife in ben ©ad!. 

aSJie e^ bei fold^en ©elegen^eiten juging, fie^t man aui8 
bem äSüd^lein, bem bie legte Xnetbote entnommen ift: S3aur unb 
©d^ubart ober ©d^ieferbedfer unb ^oet, jwei fd^wäbifd^c 3$oßd' 
Originale, 2. «uft., ©tuttgart, Uttrid^ 1851. (gin Sd^wobe, wie 
©d^ubart, war freilid^ Säur nid^t. 'Slaä) bem genannten Süd^ 



VIII. Stuttgart« 239 

lein voax er ber in ge()etmer Siebe erjeugte @o^n bed (Srjbifci^ofd 
ju Irier, »elc^em bte ffitjiel^ung beffelben fc^r am |)crjen lag. 
^m jnoanjigften i^al^re trat ^aur eine iReife nad^ ^arf^au an, 
m er längere ^^i* t)ertt)eilte. ^ier lernte er einige g^eimaurer 
fennen, würbe f<)äter felbft alö fold^er unter bem ®ro§meifter 
Subn)ig @(utaton)i9tQ in bie Soge beiS ^eiligen i^ol^anned aufge^ 
nommen unb erhielt mit ber 3rit ben ®rab eines 9Dfieifteri^. Ate 
mürbigcS aWitglieb biefer ®efeöfd^aft wirftc er big ans @nbe. 
iMä^ere« über feinen Sebenölauf ift mir nid^t befannt. @in im 
9[a^rc 1792, ein ^ai)t naä) feinem 5Cobe, über if)n erfd^ieneneiJ 
SBüd^Icin ift im JBud^l^anbel vergriffen, ©eine „^l^ilofo^j^ie" war 
bte, man muffe baS geben genießen, fo lange man fönne. |)eiter 
}u fein, tt)ie ber 5IÄorgen, war feine STOoral. ffir tranf t)om frül^en 
SDJorgen bii^ in bie SWad^t l^inein SR^ein*, ÜÄofel*, Siedarwein, aud^ 
S^am<)agner; ©^^jerwein pflegte er fid^ fiftenweife t)on fern ^er 
}u Derf d^reiben ; SOialaga, SBurgunber, SCof a^er unb ber öon SIop^ 
jtod gefeierte Sapwein gehörten ju feinen fiieblingen. ^m ®a^' 
liauiJ tranf er fo t)iel, ba§ er bie Sa\)l ber ^Jlafd^cn, beren ^fti^alt 
er öerfd^Iang, nid^t im ®ebftd^tniig behalten fonnte; weswegen er 
bie ©ewo^nl^cit ^atte, t)on jeber fjlaf^e, bie er aui^geleert ^atte, 
ben ^ropf in bie Jafd^e ju fc^ieben unb barnad^ feine Qtift 
JU bered^nen. 

Iro| feines ^rcimaurertum« war SBaur ein eifriger Sat^olü. 
®erne fprad^ er t)on ben bummen Sutberanern, weld^e feine SRe* 
ligion ^aben. Wie SKorgen gieng er in bie SWeffe, t)errid^tete 
auc^ im iirgften Siaufd^e bod| öor ©d^Iafengel^en fein 9lad^tgebet 
unb fniete l^änfig üor Reliquien, bie er in feinem ^^wmer ^atte. 
©n Sttnftler malte il^n auf einem ©tn^Ie \>ox einem 2:ifd(e fi^enb, 
ein ®laS in ber SRed^ten tjaltenb unb üor il^m eine 3Renge ge* 
füHter unb geleerter ^lafd^en. ®n Sapujiner tritt üor if)n ^in 
unb präfentiert i^m einen unge^euem wilben @d^weinStopf. !£)ie 
Unterfd^rift' biefcS ©emälbeS, baS ©d^reiber biefeS üor ungefäl^r 
30 ^a\)xtn in einem 3)orfwirtS^au« an ber SBanb l^ängen fal^, 
lautet: „SBie ©d^ieferbed^er SBaur pfjilofop^iert." SSaur freute 
fid^ fo fe^r über biefeS ®em8Ibe, bafe er feinen SWaler mit S5ur» 
gunber unb (Sl^ampagner bewirtete. 



240 Vlll. Stuttgart. 

a)Ht einem ©d)n?ein mufete er fid) frcilid) oft üergleid)eu 
lajfen unb an ^oraj^ Epicuri de grege porcus bcnft man ha 
unmiüfürlid). SSefagte^ SBnd^Iein enthält eine merfroürbigc SBIumen* 
lefc feiner ^änfigften ©d^impfmörter nnb feiner befannteftcn äßige. 
35ie erfteren olinebieö, aber and^ bie SBife fmb mit fe^r wenigen 
?ln^nal^men rol) natnraliftifd). SBie aber in jener ^cit ätlierif^c 
Sentimentalität unb grobianifd^e Siaturberb^eit neben einanber 
l)ergingen, ja oft in bemfelben ijjnbimbuum fid^ begegneten, fie^t 
man ^ier beutlid^. SJaur mar, mie ein 9^atl|anael in einem fjal* 
ftaffgleib, alle Qtit jebem eblen ®inbrudE offen. Dai3 Äaplieb war 
33aurö fieiblieb. „Äinber, fingt mir baS Äaplicb," pflegte er ju 
fagen unb oft fal) man bicfen SOiann mit ber fo raut)en 3tu^en= 
feite unter bem ©efange Sljränen oergiefeen. Über itjn felbft 
mürben bie meiften SBi&e geriffen unb menn fie nur gut waren, 
fo mar er jufrieben. (£r fe^te felbft einmal einen ^rei^ üon 
mehreren J^^f^^^ Sljampagner für benjenigen auö, ber feinen 
SBaud^ am mi^igften fd^ilbern werbe. $aug, ^übner u. a. über- 
boten fid) in 33ergleid^ungen ; ©d)ubart aber, auf be^ ©^iefer^^ 
bedferiS SSaud^ mit bem S^inger jeigenb, gewann ben 5ßreii^ mit 
ben Sorten: „@r ift bie SBeinfteig". SSaur trug gewölinlid} eine 
aSefte, in bie ber ©d^neiber ganj fünftlid^e Streifen eingenäht 
^atte. 35ie ®efellfd^aft erging fid^ in wi^igen 35ergleid^ungen, 
unb ©d^ubart, weld^er bie ©trid^e für ^ajsgürtel erflärte, erhielt 
baig Sob beö ©d^ieferbecferö. 

iöaur unb ©d^ubart glid^en einanber in meljreren fünften. 
33eibe jagten ba^ SSßaffer unb waren eifrige iöacd^uötjcre^rer; bod^ 
fanb — ju feiner @^re fei e^ gefagt — in biefem ©tüd ©d^u* 
bart an iöaur feinen SÖieifter. ©o maffen^aft 58aur^ ©aud) war, 
fo groß war ©d)ubartg S!opf, fo bafe fein |)utmad)er eine feiner 
gewöhnlichen formen für i^n braud^en fonnte. ©d^nbart führte 
immer einen 5ßubel bti fid^; ber ©d^ieferbeder immer ein uuförm* 
l\6) gro^e^ fpanifd^eö 5Ro^r. S5eibe liebten 2Bifee unb Sieime. 
Söeibe waren gegen Stotleibenbe wolilt^ätig. |)äufig teilte ©c^u- 
bart bie ©umme, bie er oon §aufe mitgenommen, unterwegs au^ 
unb fam mit leeren lafd^en im SBirt^^aufe an. ®inmal jog er 
gar auf offener Sanbftrage, wie fein 'Bof)\i erjät)lt, einen ganj 



VIII. Stuttgart 241 

neuen Überrod auö, fd^enfte x^n einem übelbefleibeteu Scttel* 
folbaten unb tarn im bloßen grad na6) |)auö. SDlel^r ate einmal, 
toettn i^n ein SBettler wä^renb bet ?trbeit unter bem ffenfter an* 
]pra6), warf er il^m ben ganjen ßaib Srot a\x^ bcr 2^ifd(Iabe 
^inau§. @r gab unb gab immerju. SBo er l^inlam, fammelten 
fid^ bie Slrmen, unb immer t^at er an il^nett felbft über fein 
Vermögen. SBewieö man il^m mand^mal ben offenbaren ^^ 
braud^ feiner ©penbe, fo filierte er ate Seifpiel niemanb @erin* 
gere^, aU ben SBeltfd^öpfer an, ber in feinen SBol^Itl^aten aud^ 
nid^t lange auf bie ^erfon fe^e. — Sfuf bem 3lS))erg ^atte er 
einmal für ein ®elegenl)eitögebi^t ein ))aar ßouii^bor eingenommen, 
©ogleid^ lie^ er fie in ©über umfe^en, fd^enfte bem Überbringer 
dn paar ©tüde baöon unb ging nad^ S^ifd^c, tpiber feine ©e* 
n)o^nl^eit, mit t)ielcm Änftanb um ben SBatt l^crum f^ajieren, wobei 
er beftänbig mit bem ©elbc in ber S:afd|e fpielte. «te bie ©d^ilb^^ 
wad^en biefen ^ciwberflang l^örten, fo jogen fie t)or il^m ba^ ©e- 
we^r an, unb er ermangelte nid^t, ^f^^^^i, ber bteö tl^at, öon 
feinen ^Pfennigen mitjuteilen, im ^erjen über bie feltene (gl^re 
Jad^enb, bie il^m ate ärreftanten ju S:eil würbe. Äaum t)atte er 
ein paax mal bie JRunbe gemad^t, fo war fein STOammon öerfiegt 
unb reidite l^öd^fteni^ nod^ ju ein paar gfofd^en SBein. 

S3aur ftanb in ber SCugcnb ber SSol^Itl^ätigfeit ©d^ubart in 
nid^t^ nad^. ®r l^alf, wo er fonnte, unterftü|te bie leibenbe 
IDienfd^l^eit, unb wujste er öon einem Slrmen, ber fid^ feiner Armut 
fd^ämte, fo war eiB SBaur, biefer SWann mit ber fo rollen Außen* 
feite, ber il^m auf bie jartefte SSeife mand^fad^e Unterftü|ung ju- 
fließen ließ. S)abei ließ er bie linfe |)anb nid^t wiffen, waig bie 
re^tc t^t; ganj im ©tiHen l^alf er aüent^lben, wo er fonnte. 
Dtor SBenige — fo erjäl^lte bem SSerfaffer beö genannten SJüd^leinS 
ein ®reiig, ber öon iöaur wä^rcnb beffen Sebjeiten ber öielfad^ften 
fßol^ltl^aten fid^ erfreut l^atte, mit S^l^ränen ber JRü^rung unb 
be^ Danfei^ in ben äugen — nur SBcnige l^aben biefen eblen 
€^arafter genau gelaunt unb gebül^renb ju fd^ä^en gewußt. Unter 
jenen SBenigen aber war namentlid^ ©d^ubart, weld^em ein fold^ei^ 
©ernüt nid^t lange verborgen bleiben fonnte. 

JBefonber« armen ©tubierenben ließ er gerne feine großmütige 

§ouff, 6^ul&art in feinem Sel&en unb feinen SBeTlen. 16 



^ 



242 VlII. Stuttgart. 

Untcrftü^ung jufontmen, fe^tc junge, talcntöoHc 3Känncr in bcn 
Stanb, fid^ auf Weifen weiter auöjubilben, unb unter feinen hinter* 
laffenen ?ßapieren ^ai fid^ maui^er ©anibrief öorgefunben, ber 
beutlid) genug für ha§ eble SBirfen biefe^ SWanneö 3^W9^i^ ablegt. 

@in gauj befonberer D^renfd^mau^ für SBaur war, wenn 
©^ubart SSormittagig in einem SBeinl^aufe ©teilen au^ feiner 
ß^ronif üorlaö, no^ el^e fie in^ ^ßublilum ausgegeben war. Um 
bicfen ®efaöen bat er ©d^ubart Ijäufig gauj l^iJfttdti, nid|t in feiner 
gewöl^nlid^en Sarrenbauernfpradtie. 

Sein SBunber, ba§ biefem Original Sd^ubart jum neuen 
:5a^re 1791 gratulierte: 

^on innen bift bu fanft, t)on äugen bift hn tauf), 
2tQ ab im neuen Sal^r bie Wla^tt einer <Sau, 
^od) liebft bu fernerhin hit^ Wcnfeltd^c ©eioanb, 
So biet' td^ bennoc^ bir bie $anb; 
92ut toünfd^e iä), gebrauche betne Seit 
^od^ immer fo, bai eS bid^ nie gereut. 

es war bes ©d^ieferbedEerö le^teS ^fa^r. @r ftarb, 59 ^ai)xt 
alt, unöerljeiratet, gang fo wie er gelebt l^atte. 2Bie er'S gewünfd^t 
i)attt, führte man feinen ficid^nam aus Stuttgart; er liegt in 
^ofen bei ffiannftatt unter ©laubenSgenoffen begraben. Slnftatt 
über feinen S^ob ju weinen, öerorbnete er, foHe man t)or feinem 
^Begräbnis einige g^lafd^en ß^ampagner auSf^jenben unb trinfen. 
— ©eine le^te ^anblung war eine SBolilt^at; er em^jfal^l nftm^ 
lic^ feinen bisherigen @ef eilen au feine ©teile. „@r ift jwar ein 
bummer fiutl)eraner," fagte er, „aber ein e^rlid^er Serl ; id^ bitte, 
ba^ man i^n an meiner ©teile beibel^alte." StuS feinem vertrauten 
Umgang mit ©dtjubart fie^t man übrigens, ba^ il^m bie ^Bigotterie 
nur anerjogen war. 

©d^lotterbed *) bid^tete auf ilju: 

SBal^rl^cit, ^reue, SWitleib weint, 
füllet eud^ in 2^rauer; 
^enn l&ier mobert euer fjreunb, 
Sd&ieferbecfcr Sauer. 

*) 3of}4 Sfriebr. Sc^lotterbccf, geb. in Slltenftaig 5. Suui 1765, au8 htm 
Stift cntlaffen, ßc^rer an ber bo^cn ^arlsfc^ule 1788—94, $of* unb ^beater* 



VIII. Stuttgart 243 

fiubtüig ®d)ubart jd^ilbert ben ^offd^iefcrbecfer alfo: „ffitn 
tvai)xtx bcutfd^er ^alftaff nad^ fietb unb ©cclc: ooH l^errltd^cn 
gefunbcn 3Jhitterwi|e^; überftic^cnb üou fetnbcutfd^cr Saune utib 
trcffcnbcn ©inf allen; ein Sliefe im Jrinfen; berb biö jur ®rob* 
i^eit; oft »t^ig jum SBergweifeln be« ©ctroffenen; au^gerüftet mit 
einer wahren ^ßoiffarbenfprad^e; babei pd^ft bienftfertig gegen 
^reunbe unb ^^embe; milbtl^ätig gegen ?(rme, gnttjerjig gegen 
alle Sßelt. — 35iefe^ Original ftubierte unb genojs ©d^ubart, 
unb l^atte fid^ vorgenommen, t§ in fiebenögrö^e ju jeid^nen unb 
eö in biefen 5£agen ber 5Wadt|al^mung afe ©eltenl^eit aufjufteHen. 
STn biefem SBaur übte er feinen SSi| in einemweg unb mad^te 
ein ganjeö 33abemefum üon S<)igrammen auf i^n, worunter ber 
©d^ieferbedfer bie 5£reffer immer felbft guerft anerfannte, bie S^ieten 
mit berben ®ar!a«men jurüdEttjiej^." — ^iemit genug öon biefem 
5IKannc, ber immerl^in ein Original mar. 

(SinS öon ben |)äufem, in benen ©dtjubart fid^ pnfig fe^en 
Iie§, war baö bie ®artenftrafee in Stuttgart an i^rem oberen 
@nbe cinft quer abfd^Iiejsenbe, bcm ^of* unb 35omänenrat |)art' 
mann geprige ^au«. 3lm @nbe beö öottgcn unb Anfang biefem 
:JJaf)r]^nnbertiB mar es infofem ein fel^r befannteö, gaftlid^eö |)auS, 
ate an if)m, angezogen öon beS ^auö^errn ^erfönlid^feit feinem 
^nftfinn, feinem litterarifdtien $Wamen ein na^ Stuttgart geratener 
äicifeuber üon SWamen feiten vorüberging, ^artmann ^atte fid^ 
wiebcrl^olt ber 93efud^e von Saöater, er l^atte fid^ beS SBefud^eS 
von ©oetl^e mit bem |)ergog Sari Stnguft, von SRatt^ifon unb 
vielen 93erül)mtl^eiten ber bamaligen 3^i^ 8^ erfreuen. Über 
©d^ubartS SBefud^e entl^alten bie nad^gelaffenen ©enfmürbigfeiten 
Von .^artmann« S:odt|termann , bem im '^ai)x 1841 geftorbenen 
|)ofrat SKa^er nad^folgenbe Stufjeid^nungen: „Steinen aUjä^rigen, 
4tt)öd[|entlid^en Urlaub brad^ten mir gemöl^nlii^ mit unfern Zubern 
bei ben (SItern in Stuttgart gu. Da mein ©d^miegervater ju 

bic^tcr unter ßubtoifl ®ugcn, 1797 ^rc^cnratsfanglift, 1806 Dberftnansforn* 
mcrfcfrctär, 1807 Dbcr^ofbaufefrctär, 1811 5!on§Ieibtrc!tor in Ulm, t in 
Stuttgart im SRuftcftonb 1840. (Slüdltd^cr (Sclcgcnl^cttsbid^ter, voll gcniolcn 
$umor8, Ictbcr vcrgeffcn; feine ©cbtd^tc, bie in einem S3anbc erfd^icnen, 
fmb im SBud^l^anbel vergriffen. 



244 vm. (Stuttgart. 

jener Qtit :3nteubant beö |)oft^eaterg toax, fo fonnten wir ba^ 
J^eater mit 3^reibittet§ fteiBig bejud^cn; anä) gab eö im ^axU 
manu'jd^en ^aufe burd^ ^reunbe unb merf würbige aRänner ftctö 
ij^nterefjanteö ju fe^en nnb ju l^ören. ©inige in biefer SBejie^ung 
erlebte SSorfälle ucrbienen wol^I, l^ier erjäl^It p werben. — 35er 
üDid^ter 3Katt^ifon war, el^e er in württemb. Dienfte trat, anf 
S3efnd^ im |)auje. 3Äan Inb ben 35id(ter ©d^ubart, ber enblid^ 
öon ber t?eftung entlaffen war, jum ®ffen ein, um beibe Did^ter 
gufammenjubringen. 9?ad^ SEifd^ warb ©d^ubart eingelaben, uns 
aud^ mit feinem ®efang unb Älaöierfpiel ju erfreuen. @r willigte 
ein, man mußte i^m aber erlauben, weil eg ein warmer SCag war, 
ben JRod^ auöjujiel^en, unb fo fe^te er fid^ benn an§ Silaöier unb 
fang ©leimifd^e SriegSlieber mit einer Segeifterung unb ^aft, 
ba§ aKatt^ifon fagte: ©d^ubart fei ber ©l^afefpeare ber äKufil. 
@in anbermal, ate bie franjöfif(^e Sieöolution bereits an il^rer 
blutigen Strbeit war unb man gel^ört t)atte, ba§ ©d^ubart immer 
leibenb fei, würbe er ju feiner ß^^treuung jum Sffen eingelaben. 
6r !am, jebod^ mit bem fd(led^teften ^umor, a% fel^r wenig, lie§ 
fidf) aber ben SEBein wol^l fd^meden unb — fo aufgeregt, brac^ 
er in bie jornige Siebe aus, baß, wenn er je^t balb l^inübcrfornme, 
er bie ^ötte mit lauter gürften^ unb ?ßfaffenfd^äbeln ge^flaftert 
finben werbe; ba wolle er mit frifd^ gegrifftem ®aul barauf 
l^umgaloppicreu, baß bie ^unfen baüon fliegen, ©o ließ biefer 
fräftige ®eift, aufgeregt üom SBein, feiner ^^antafie bie 3ügcl 
fdjießen unb war bann wieber jart unb milb, mit SEI^ränen im 
Äuge, jeber guten ^Bewegung offen." — 

3Jiufterl^aft war alfo fein fidbenswanbel aud^ je^t nic^t unb 
jur innern Slul^e unb Harmonie ift ©d^ubart in feinem gangen 
Seben nie gelommen. ©trauß fü^rt I, 362 bie SRomente an, bie 
©dtjubarts fogenannte Sefel^rung auf bem äs^erg bewirften: bie 
©infamfeit beS ©efängniffeS, bie SBefd^ränfung feiner Seftüte auf 
mt)ftifd^e unb aScetifd^e Sudler, bie ^ungerfoft gu jWölf Sreujern 
täglidi^. ©0 läßt er fid^ benn nad^ ©trauß t)on ^al^n feine gcift* 
lidie iCiät üorfd^reiben — morgens unb abenbs SBeten, üor^^ unb 
nad^mittag SBibellefen, um fofort in feiner leiblid^en S)iät ftatt 
ber alten SBeinejjeffe eine 3^itlang fogar jum SBranntwcin l^erab* 



VIII. Stuttgort 245 

3ufinfcu. „liicfe bciben ejtvemeii ^rinji))ien balgen fic^ tuäljrcub 
feiner ferneren ^^ptx^tx ;3ö^)^c ^^^ abwed^jelnbem Übergewid^t 
in i^m ^erum : unb fie^e ba, naä) feiner SBefreinng bemerfte man, 
laut ber eignen SBorte feinet ®o^ne<S, üon ber gangen Äi^perger 
^römmigfeit in feinem fieben, :öetragen unb |)anbeln feine ©pur 
me^r; nur menn üon Sleligion bie Stebe würbe, ftanb er für 
jenen ®lauben ein unb madjte fid^ ein SSerbienft barau^, foldjca 
münblidi unb fd^riftlid^ ju befennen." So öiel ftel;t alfo feft, 
\>a^ er auf bem ä^perge glaubig würbe unb au^ ben üier Qal^ren 
nac^ feiner Befreiung fein eingigeö 3^^^^ baüon ju finben ift, 
ba§ er wieber in bie alten 3w>cifel uerfanf. !Die Sorte feineiS 
@ol)nciS barf man nid^t fo üerfte^en, ©d^ubart fei beu Änläffen, 
feine religiöfe Slnfid^t auÄjufpred^en, au§ bem SBege gegangen unb 
nur, wenn anbere bad ®efpräd^ auf biefeiB S^l^ema lenften, i)aht 
er fid^ al§ glaubig befannt. SJergleid^t man bie ©riefe nad^ bem 
äöperg mit ben ^Briefen üor bem Sl^perg, fo geigt fid^ ein grojger 
Untcrfd^ieb. ^n jenen bemerft man religiöfe Unrul^e, Unflartjeit, 
3weifelfud^t, Unbefriebigung, Stnflagen gegen baö ©efd^id^, bangei^ 
SBlidfen in bie ^ufunft; in biefen 9lu^e, Sammlung beS ©emüte^, 
35anf gegen ®ott, ©rgebung in feinen SBiKen, freubige ©rwar* 
tung eineg anberen gebend. 35ie ©riefe üom Sfi^perg mit H)xm 
wed^felnben Stimmungen ftetjen in ber SKitte. Surj, wie wir 
oben ben ®ang ber ©rgä^lung: Simon, eine J^miliengefd^id^te, 
gegcid^net l^aben: ber Anfang lautet fataliftifdti unb peffimiftifd^, 
bag @nbc wirb t^eiftifd^ unb optimiftifd^. ©gl. Strauß II, 372. 
378. 382. 393. 398. ,,SIRein Seben," fd^reibt er ben 11. ^amax 
1788 feinem ©ruber, „ift eine Sette t)on SBunberu. ^n ben 
fd^werften Sid^tungen, benen bie meiften ÜKenfd^en unterlegen 
wären, l^at mir ®ott einen freien, lid^ten ®eift erhalten, ^ä) 
fonntc bie ©atcrtreue ®ottei^ im Werfer mit ^^mnen preifen, unb 
mein gerfdtimetterteig ®ebein t)at mid^ faum eine Stunbe untüd^tig 
gemalt, ben Arbeiten bejS ®eifte^ unb ben ^ftid^ten be^ fiebcnö ob^ 
anliegen. Sogar bel^ielt id^ meift jene« glül^enbe ^eKauf, ha& meinem 
S^arafter fo gang eigen gu fein fd^eint. ?tud^ ^db iä) mir einen 
Slamen in meinem ©aterlanb erworben, ber eö mir immer leidster 
mad^t, ben SRenfd^en nüfelid^ gu werben. !Dieg forbert mid^ immer 



246 VIII. (Stuttgart. 

mct)r äum ^rci^ unb fiob ®otteö auf, bcffcn |)anb mir auf bcm 
buufcln ^fab mciucg ßebcuö bic 5^dEcI vortrug." 

"äwä) Slopftod ^attc eiuc fcl)r tt)cltüd)c ©eite iu feiucm 
SBefen, burd^ bic er iu feiucr i^^geub üielfad^ 3lufto§ gab. 33ou 
bcu frommcu italicuifd^cu 5IÄalcru crjä^It man, baj5 fic in il^rcm 
2tben oft fel^r weltlid^, fe^r finulid^ gcwcfen feien. 8ieine ^ar^ 
monie faun ebeufo fe^r ©^roäd^e, aU ©röfec fein. ®egen Sd^u^ 
bart unb feine Gattin ^at fid^ ber fromme SlopftodE toeber fromm 
mä) l^uman gegeigt. Stufeer feinem §ang jum ^ed^cn unb ©d^mau* 
fen wirb man ©d^ubart in biefer ^eriobe feinet Seben§ wenig 
öorwerfen fönnen. S)ie Sinterungen feinet ©ofjueg bewcifen 
nid)tg ; benn nad^ allen ©puren l^atte biefer fel^r freie religiöfe Än^ 
fid^ten, beurteilte ©d^ubart^ frühere SJerirrungen gar ju günftig unb 
f onnte feiner gangen SBeltanf d^auung nad^, gerabe wie ©trau§, in einer 
fogenannten SBefe^rung nur eine gemütli^c ©elbfttäufd^ung finben. 

ffiir fommen jum ©d^luffe \>on ©d^ubartg fieben. ©efn 
„|)ellauf" Ijatte er beibehalten, aber gegen frühere Qtitcn war 
eö bod^ l^erabgeftimmt. !Der ©ebanfe an einen balbigen Job 
ftellte fid^ fd^on 1789 bei il^m ein. „@^ fd^eint," fdtireibt er ba 
feinem ©ol^n, „^oetengeift fei göttlid^er SWatur unb altre nic^t. 
^ä) bin nod^ gerne unter i^änglingen unb faun bie bodEölcbernen 
Ämti^mienen für ben Job nid^t leiben. ?tud^ mag idt| nodi gerne 
mit ben SUiäbd^en fd^äfern unb ber geprnte ijjofuö ftic^t mid^ 
nodf) gar oft in bie ©eite. Da lommt aber ber ©ruft, l^ält mir 
mein ^albeö ©äfulum t)or, erinnert mid^ an ben Ä^perg unb 
fd^üttelt ein ©tunbenglaö, brauf ein S^otenfopf grinst: 

^ann l^üH' id^ mid^ in Trauermantel ein 
Unb bcnfe an ©eöattcr $ctn . . ." 

@in ^Qi)x fpäter, im ?luguft 1790, fd^reibt feine ©attin i^irem 
©ol^n: „3)ein SSater ift je^t fo unt^ätig, ba§ e^ i^m oft fd^wer 
fäHt, nur feinen Siamen ju untergeid^nen. ?tuig biefem entftel^cn 
taufenb ^el^ler, ba fein lebl^after @eift bod) befd^äftigt fein will. 
3war liefert er feine ©^ronif — um leben ju fönnen; unb bie^ 
foftet i^m wöd^entlid^ jwei l^albe SCage. !Die^ ift aber aud^ aUe^, 
waö er t^ut; benn fein ämt l^at er gauj abgefd^üttelt. Unter 



VIII. (Stuttgart 247 

3wang imb Drang mad^t er nod^ bie Prologe auf bie !Durd^^ 
lauci^tigcn Slamcnö* unb ©eburt^tage; fonft fommt er ba^ ganje 
3al^r ttid^t ins Opcrnljaui^.*) — @r beantwortet oft bie wid^tigften 
Sriefe nid^t — roa« i^m fel)r nad^teilig ift; aud^ öerfprid^t er 
balb bicfcm, balb jenem öiel unb l^ält nid^tS; entweber ift er 
l^^pod^ottbrifd^ unb bilbet fid^ ein, er wäre franf, ober will er 
ben großen ÜJlann ntad^en unb SJergnügungen l^aben, bie gelb* 
freffenb finb, oft baju mit fieuten, bie i^m nidtjt aufteilen. Sommt 
biötoeilctt ein S5ube, ber gut ®Iäfer leeren fann, fo ift ber 
fein ÜRann. — !DaS meifte fommt leiber öon feiner ©rjiel^ung 
^er unb t>om Stfdtjberg ..." ®Ieid^ ein paar folgenbe SBriefe 
jeigcn ©d^ubart öon einer ganj anberen Seite. ?tm 16. Februar 
1791 gratuliert er feinem ©ol^n ju feinem 26. ©eburt^tag, er* 
mal^ttt il)u jum @ebet unb ©auf gegen @ott, empfiel^It il^m ben 
139. ^falmen ju lefen, ja auöwenbig ju lernen, rät i^m ju 
ftrengerer Diät, teilt il)m ben ^lan mit, ein fritifd^eö SBlatt im 
Jone ber ^Berliner ßitteraturbriefe ju fd^rciben, bai^ fid^ burdf) 
unbefted^ttd(e SBal^rl^eitöliebe unb fürdtiterlid^c Strenge aui^jeid^nen 
mfiffe, unb fü^rt i^n jule|t in feineiB ^aufei^ frieblidtie Qtüt ju 
feiner ®attin, Jod^ter unb feinem @nfel. g^reilid^ war ber @e* 
banfe, ein fritifd^ed Slatt ju grünben, nur ein öorübergcl^enber 
©nfatt gewefcn. ,,S)u mu|t eS Deinem alten SSater nid^t üer* 
<^^gcn, ttjenn er anfängt, ein unflei^iger Sorrefponbent ju werben. 
Sene feligc JRegfamfeit, jeneö treiben unb Stoßen, jenen bren* 
nenben 3KitteilungiBbrang, jene fieid^tigfeit, fid^ fd^riftlid^ unb münb* 
lid^ ju ergießen — bie unfre i^^Ö^^^i^'^^c fo parabicftfd^ auf* 
l)eitern — fül^lt man im Älter immer weniger. ^6) l^öre ben 
^lügelfd^lag ber böfen 2^age, öon benen e« l^ei^t: @ie gefaüen 
mir nid^t." Qfm Älter! ^m Älter üon 52 ^Ja^ren, wäl^renb nad^ 



*) SQSaS alfo 6trau6 „gang in feiner Slrt" flnbct, fein Slmt mit geuer« 
etfer an§utreten, um eS balb l^ängen unb bann liegen gu laffen, baS ift Diel 
mt^t ®^ma^e beS alters, ^lad^lag ber iRatur, SSorgefü^l bei» Zobed. — 
%ie fe^r i^m fobann bie S^ronif inS $er§ getoac^fen mar, tote er ibr bi^ 
in ben Xo\> getreu blieb, l^ebt 8trau6 felbft ^eroor* ^ie ^ugerung üon 
<öc^ubart8 grau in unfercm S3rief ift ntd^t unioo^r, aber einfettig — eben 
eine briefliche Äußerung. 



248 VIII. (Stuttgart 

ben ®cbäd)tni^reimcn ba^ Slltcr mit 60 i^a^rcn evft aufäugt. 
©d)ubart ücrtüed^felt bic Slad^mirtuug be^ Slöpcrgö, tüo er öor 
ber 3^it gealtert tüar, mit bcm natürlid^en, gcmöl^nlid^en SJerlauf 
ber Qdt ©eine natürlid)c ©ntmidlung mürbe gemaltfam unter* 
brodien; er fonnte fid) nid^t aufleben. @ben aU er feine 3Ser* 
l^ältniffe ju orbnen begann unb audi innerlid) rul^iger tpurbe^ 
mitten in einer fid^ meit öerjmeigenben S^l^ätigfeit unb auf ber 
|)öl|e beö ÜJianneöalterö ergriff il^n bie tüdKfd^e gauft be§ tt)ürttem== 
bergifdien ©elbft^errfd^erö. Sari unb grauji^fa ^aben feinen 
frül^en Job auf bem ©etüiffen. — ^n feiner gangen Siebend* 
mürbigfcit jeigt il^n baö öon il^m für feine ©nfclin auf ben ®e* 
burtötag i^reg SSaterö, bcg Sammermufüuö Kaufmann, verfaßte 
®ebi^t (©trau§ II, 430. SReclam ®. 86). ^n bem legten 
SBrief an feinen ©ol^n, t)om 19. ^yuliuö 1791, tritt unö ©d^ubart 
gauj nad^ feiner Sid^tfeite entgegen alö ber treu beforgte SSater, ber 
religiöfe aJiann, ber feftl^ält an ben ©lauben, ba§ ber gro^e Url^eber 
beg ungelieuren Seltbrama aud) unfre epifobifd^en Äfte angelegt 
l^abe, ber 5ßatriot, ber tro^ ber bamaligen SSerbunflung ber ^)reu§i*. 
fd^cn ©onne biefe balb mieber fd^öner aufftral^Ien fielet afe jemafe. 
SIRerfmürbig, mie ber Änabe unb ber „@reiig" ©d^ubart baSfelbe 
)>oIitifd)e ®Iaubengbefenntni§ l^aben. „5ßreu§cn," fd^reibt l^ier 
©d^ubart, „mirb am euro:päifdE)en ^immel uodEj lange als eins 
ber l^cttften ©eftime Icud^ten. ÜDaS SebenSjiel ber Sönigreid^e 
bamxt länger als nur 90 ;^a]^re, mie ik ©efd^id^te unumftö^Iid^ 
betoeist." ©er ©d^Iu§ beS Briefs lautet: „Unb nun lebe ttDoi)L 
35er ®ott ber Siebe fei mit J)ir unb leite J)id) nad) feinem 
SRate. amen ! 

eigenl^änbig. ©ein treuer SSater ©d^ubart." 
„©0 oft man ©d^bart," erjöl^It fein ©ol^n, ,,tt)egen feiner 
üDidEe befdEjrie, ermiberte er immer: @S gel^t bem ®rabe gu. JBäud^e 
finb aJiagasine bes Sobes, benen man mit fjeuer unb ©d^njert 
entgegenarbeiten mu§. ^n ber 2:i^at nalim feine Suft jur 93e* 
megung in eben bem SJerl^ältniS ab, als feine Sörpcrmaffe junal^m. 
5reili(^ mar aud) ber Übergang t)on feiner fiebenSart auf ^olien^ 
aSperg ju ber, bie er in feinen legten ^yal^ren ju ©tuttgart führte, 
fel^r jäl^ unb gemagt, unb einer feiner Sefannten fönnte bei atter 



VIII. @tuttoart 249 

^arabojie bod) red|t Ijabeu, ba er be^au))tete: „(Sd^ubart würbe 
ttod) leben unb tütrfen, tpenn er auf bem Äöperg*) geblieben 
wäre." — — ^ä) fanb il^n im .^erbfte 1790 fo ftar!, anfgebunfen 
unb rot int ®efid^t, bafe id| beim erfteu (gintreten ing 3^^^^^ 
fiber feinen StnblidE erfd)ra!. „5^euft J)n 35i(^ nid^t über mein 
blfi^enbe^ ?Iuigfe]^en?" fragte er mid^, aU meine Sefrembnng jur 
@t)rad&e fam. ^6) fagte: „5Rein." J)a manbte er fid^ an meine 
ÜRntter: „®ie^ft 2)u, maö id^ immer fage? ^ä) fteffe, neben ^ir 
ji^cnb, ba<8 Seben öor, ^u ben S£ob. Aber meine 9iöte unb 
JJütte gleidit ber nntergel;enben ®onne; unb mein Äeben mxb 
lange fd^on üerweöt fein, menn J)ein fd^einbarer Job nod) auf== 
red)t unb immer berfelbe unter ben Sebenbigen toanbelt." 

^m ^üf)xt 1792 mürbe il^m an feinem ©ebnrtötag t)on feiner 
(Familie unb feinen ^^ennben befonber^ öiel ©l^re erzeigt. @r 
meinte barüber tt)ie ein Sinb unb fagte ju feiner ®attin mit 
3nt)erfi(^t unb tiefer 9tü^rung: „ÜDieö ift mein Ie|ter!" — 2Ber 
i^n anfa^ unb öom 2^obe reben ^örte, ber fonnte fid^ faum eineg 
SödEjelnS ermcl^ren. ^Jnbeffen loar bie i^bee, öon ber er fonft 
öftere periobifd^e änmanblungen l^atte, bie^mal fo tief genjurjelt 
unb in fein Qnncrfteö eingebrungen, bafe er t)on feinem ®eburt§* 
tage an ieben folgenben 2^ag in feinem Äalenber rot anftrid^ unb 
als ein befonbereiS ®efd^enl beg ^immelö betrad^tete. i^n bem 
barauf folgenben ©ommer wieberl^olte er feine Sll^nnng bis jum 
llberbruffe; fal^ rot unb ftrofeenb öon ®efunbl^eit; las t)iel unb 
<^% föft 9^^ nid^ts. Sein äBeib, bie i^n fonft nid)t ju ^anfe 
galten fonnte, übernal^m je^t bie umgefel^rte ^flid^t, i^n fo t)iel 
mic möglid^ in ©efeltf^aften ju treiben unb betoog il^n aud^ 
mirllidt) ju einigen Sanb))articn, bie il^m trefflid^ befamen; bod) 



*) S)cr 9^amc toirb gar öcrfc^icbcn gcfd^rtcbcn: 2l8bcrg, SlSpcrg, Slfperg, 
Slfberg* S)tc offtgicllc ©^rcibart ift: §o^cnafperg; fo im ^of» unb ®taai9^ 
fyxnhhuä) bcg Königreichs aOßürttcmbcrg 1881, @. 359. S)tc fd&toäbifd&c SluS« 
fpra^e bcS toic immer gefd^ricbcncn SBortS lautet: Slfd^bcrg. @o fd^rcibt 
bie ©d^ubartin oft; bie Sßl&antaftc bringt htii ^amtn untoittfürlid^, toie in 
©döubartS 2:raum 1769 unb in bem ©cbid&t „bie STuSp^t" mit Slfd^e (@taub, 
SSertoefung) in 3wfammen^ang. $ier l:iat alfo bie 2Wunbart ber SPoefte einen 
»efentlici^en S)tenft geleiftet* 



250 VIII. (Stuttgart. 

war er faum ju |)aufe, fo fc^te fid^ ber S^obcögcbanfe wie ein 
SRabc mieber auf feinem Raupte feft. ©eine Sl^rontf in biefem 
^aS)xt xoax jtüar nteift in feinem geroö^nlid^en g^euer gefd^riebcn, 
bod^ famen mitten unter politifd^en unb litterarifd^en Ärtileln, oft 
öößig am unred)ten Orte, g^römmeleien unb ©rabgebanfen t)or 
unb erinnerten an einen 5ßad^Ia§ feiner Statur. ®egen ben ^erbft 
biefeg ;3al)re§ warb er öon einem ©d)leimficber befallen, bag 
bamafe in Stuttgart l^errfd^te, unb liefe mir fagen, bafe iä) foglcid^ 
ju i^m aufbred^en foüe. ^ä) ging unb erfuhr untermegö, bafe 
er bie Sranl^eit überftanben I|abe unb bereits wieber auf fei. — 
Stud^ war e§ fo unb er banfte f(i)on ®ott für feine älettung; aber 
bie Sran!^eit warf i^n t)on neuem aufs Sager; unb aU i6) anfam, 
fanb id^ i^n feud^enb auf bem 93ctte unb ^jl^antafierenb. 3)ie 
ärjte wußten fid^ ben Slüdfatt nid^t ju erflären unb fiinbigten mir 
fogleid) an, bafe je^t i^re |)ilfe öergeblid) fein werbe. @r fprad^ 
abenbs mit mir oft ganje ©tunben über Sitteratur unb gfran!* 
reid)S grofee 9let)oIution in feiner gewö^nlid)en ftarfen unb bilb* 
lidtien ©prad)e; bejammerte eS, bafe er bie tataftro))l^e ber Ic^* 
teren nid)t me^r erlebe; mif^te aber fo plöfelid^ feine ^l^antafien 
in baS fonfequentefte ®efprä(^ ein, bafe i^ mid^ anfangs gar 
nid^t bareinfinben lonnte unb i^m wiberf))rad^. " — 

©eine S^ronif l^atte früher ju feiner ®efangenfd^aft beige* 
tragen; fie wirlte je^t aud^ ju feinem 2^obe mit. ^nxä) einen 
S'orrefponbenten getäufd^t rüdfte ©d)ubart in bie S^ronif öom 
1. 3Kärj 1791 mit fidjtlid^er Sefriebigung bie SWad^rid^t ein, bafe 
S8ifd|ofSwerber geftürjt unb aud^ SBöünerS f^aU ju erwarten fei. 
35ie SWad)rid|t war falfd^ unb jog il^m t)on bem preufeifd^cn @e* 
fanbten in SWürnberg, wie aud^ t)on ^erjberg, fdtiarfc SBcrweifc 
unb t)on einem Ungenannten — wa^rfc^einlic^ SBifc^ofSwerbcr felbft 
— furd^tbarc !J)rol^ungen ju. 3^<^^ beeilte er fid^, in ber S^ronif 
öom 22. unb befonberS t)om 29. SKärj baS SJerfe^en auf jiemlid^ 
friedienbe SBcife wieber gut ju mad^en: aüein er jog fid^ bennod^ 
biefe ©efd^ic^te tief ju ®emüte, öerlor wod^enlang feine gewöhn* 
lid^e aWunterfeit unb Saune, öerfanf einigemal in bie fd^wärjefte 
ÜJieland^oIie unb fa^ aus jebem äBinfel einen 9iäd^er ^eröor* 
raufd^en. ^t^t in feiner SranMjeit famen i^m biefe ^^antafien 



VIII. Stuttgart 251 

wicbcr unb liefecu wie Dtad^cgefpenfter bii^ jur legten ©tuubc uid^t 
t)on i^m ab, 3Kan barf eö !edf fagen, ba§ biefe ©efd^id^te fel;r 
öicl ju feinem 2:obe beigetragen i)at — $Jn bem SJ^ronifefempIar 
ber ©tuttgarter öffentlid^en Sibliot^cf, in beffen erften JBanb ber 
^flatm fiubwig ©d^ubartö atö bed nrfprünglid^en ffiigentümer^ 
cingcfd^riebcn ift, flnbet fid^ biefer nn^eilöoüe Ättifel am 9{anbc 
mit einem großen f bejeic^net. 

rr3fc^ fö^ in ber legten ^erbftna^t," fä^rt ßnbwig ©c^nbart 
fort, „ba id^ bei i^m wad^te, jnm genfter l^inauö: ba roßte ber 
SD^onb über mir vorüber, afe mürb' er t)on ^lüg^ltoffen gebogen. 
©0 entfliegt jie|t baö Sebcn beincS SSaterö! — bad^f id^ nnb 
tonnte ben Änblicf nid^t ertragen. — 

Ate id^ mid^ gegen SKorgen etwas nicbergelegt ^atte, nm 
Äraft für ben ©dirnerj nnb feine ?lrbeiten jn fammeln, weld^c 
jegt fämtlid^ anf mir lagen, medfte mid^ meine aJintter leife. ^6) 
fprang tok über einen ®c^n§ empor nnb fragte nadt) feinem Se* 
finben. @r lag mit l^albgefc^loffenem Äugenlibe, matt fcnd^enb 
ba — o^nc aKcS 9}en)n§tfein. ÜDaS Singe fanf immer tiefer, fo 
ba§ man fid^ bürfen mn^te, nm i^m nod^ l^ineinjnfd^auen. Sitten 
trat au§ bem^itnmer, alö ic^ mic^ neben i^n fteüte: — nnb id) 
goB im SJcrborgenen einen ©trom öon %\)x&mn anf feine SBrnft. 
^löglid^ murmelt er no(^ einige unöerftänblid^c ffiortc, fenft fein 
^aupt auf einmal tiefer — unb ftirbt. $yd& fiel an bem Joten 
nieber, barg mein ®efid^t in feinem Siffen — unb weinte laut. 
üReine ©d^wcftcr, bie man nodt) immer jurüdgel^alten, fal) mid^ — 
ber fic bisher aufgerichtet ^atte, öom ©d^merj überwältigt ju 
©oben gefuttten; neben mir i^ren toten SSater. — ^ä) ^örte 
ba§ ©cfc^rei itjrer SSerjweiflung, ftanb auf unb l^alf fie hinweg* 
bringen. SKeine SDiutter mar bie einzige ®efa§te unter unig ... 
D, es war l^ier erlaubt ju toeinen, benn wir verloren ja fp oiel 
in biefem SJater." — ©ein JobeStag war ber 10. Dftober 1791; 
morgens jwifd^en 8 unb 9 Ut)r ftarb er im Sllter oon 52 ^ya^ren, 
6 STOonaten, 10 S^agen. ?lm 12. würbe er auf bem äußern 
©pitalKrd^^ofe (bem fogenannten ^o))pelan) begraben. Sein 
S)enhnal bejeid^net fein ®rab (obgleid^ ÜDannedlSer eines im kleinen 
mobellierte), ja fclbft bie ©teile ift nid^t me^r ju finben. — 



252 VIII. ©tultöart 

^a6) ber oben gegebenen Sd^ilberung ber Umftänbe feinet 
Jobeg erfd^eint bie weit uerbreitete ©age, er fei lebcnbig bc* 
graben morben, ate jiemlid^ unmaljrfd^einlid^. ©trau§ afö S0?t)tl^ifer 
fie^t barin bie m^t^ifd^e Übertragung ber bilblid|cn 9lnfd)ammg 
öon bent anf feiner ^eftnng lebenbig begrabenen ©ici^ter anf bie 
SBeerbignng beö im beften a)tannegalter 35erftorbenen. ä^nlid^ 
fagt aJiajc 9ting in ber Gartenlaube 1866, 8: „2Bie fein „enjiger 
i^ube" fonnte ber ©eift beö gefangenen ÜDid^terö no6) im ®rabe 
nid|t bie Siul^e finben, inbem er, öon heftigem greil^eitiSbrang be* 
feelt, feinen ©arg ju fprengen fud^te." 5)ie ^rage mujs uncnt- 
fd^ieben bleiben. — 

@in ©d^üler be^ 33erftorbenen, bem er auf bem St^iperg feine 
$$been ju einer Äeft^etif ber S^onfunft biltierte, SBaron Sugen öon 
©d^eeler, erlief nad^ SBagner, ®efd|id)te ber l^ol^en Sattefd^ule 
II, 32, folgenben 3(ufruf an bie g^reunbe unb ©önner be^ tjer* 
ewigten ©dEjubart: „©d^ubart mar einer t)on meinen beften g^reunbcn 
unb aud^ jmei ^al^re in ber ©cfangenfc^aft mein Seigrer, ^d^ 
f)dbz öiele freubige unb bittere ©tunben mit i^m geteilt. 35ic 
unöerfennbaren großen (gigenfd^aften feinet ®cifte§ unb |)eräenS, 
mie feine ^^l^Ier, finb für meine moralifd^e unb miffcnfd^aftlid^e 
Silbung t)on unenblidiem Sinken gemorben. Sttte, bie il^n au^ 
bem Umgang unb an^ feinen ©d^riften fennen unb fennen lernen^ 
merben i^m frül^er ober fpäter glcid^eg öerbanfen. ©ie werben 
mir ba^er t)er§ei^en, menn id^ jeben um einen t)erl^ältni§mä§igen 
Seitrag bitte (nebft bem 5yiamen be^ ©infenberd, um l^iertjon 
öffentlid^ 9led^enfd^aft geben ju fönnen), um ©d^ubart einen S0iar*= 
morftein auf fein ®rab ober in eine Sir(^e mit folgenber i^ufd^tift 
fefeen ju laffen: 

2Beinc, mtnmtit, 

$ier über feine STfc^e« 

(5r lehrte bie ^l^ten feiner 3^it 

^on guten unb b5fen 

S^egenten unb fßbUcxn 

m\t £iebc, bcutfd&er Äraft unb 3Kut 

@Ietd6 aßenigen gum f&t\\pkl für ^ffe. 

ijriebric^ bcn ©tnsigcn 



i; Siebte unb fang er teutfd^, ftarl unb grog, 

S 

i 



VUI. (Stuttgart. 253 

3m Stcrfcr unb in ber grci&cit 

SBic deiner. 

^ud) @r tDar eingtg 

S)cm guten S3aucrn, tote bem guten fyürftenfol^nc, 

®tn länger, ßel&rcr, fjreunb, 

®rog in ber Siebe, Son« unb ^d^tlunft. 

Unb in feinem äBeltfreiS bon ^enntniffen 

3m ©türme ber ßetbenfd^aft 

^axiQ er öerblenbet nad^ gneben unb fjrei^ett, 

Sßar ob ftürmifd^er Sugcnb gefeffelt 

Unb trug'8 gum S3eif)}tel für Sitte. 

34m tourbe, für SCHe gum S3etf|)te(, 

SB^eil er Dergab, audg bergeben, unb etoig nun 

f^reil^eit bir, o ©d^ubart! 
©eboren im 5af)x 1739 hm 30. SWerg, 
©eftorben ben 10. Oftober 1791. 

S^on feinen gfreunben auf fein ®rab gefd^rieben* 

Utttcrf daneben : 
^gen Don ©c^eeler, borgefe^ter Offizier in ber ^ergoglid^en $ol^en 

^orlefd^nle. 

S5on etttcttt Srfolg bicfcS ?Cufruf§ i[t nid^tg bcfannt getporbcn. 
3fn ber ©l^ronif tütbmcte i^m ®. 5^- ©täublin einen ebenfo 
tiefgebad^ten, ate tiefcmpfunbencn SWad^vuf mit bem ©d^ru^r 

S)iefer l&eiligen ©ruft nal^e bie ©d^mäl^fudöt nid^t 
SJHt ber geifernben ßi^jp' unb mit bem fd^ielenben 

Blidte, toeld^er nur f^Iedten 

3n ber l^errßd^en @onne fd^out. 

tiefer l^eiligen ©ruft na^e bie SBeiiSl^eit nur, 
Tlxt ber Siebe gepaart! SHd^terin fei nur fte 

SBei ben ©robem ber ®bcln — 

@ie bei Sd^nhccct^ ©ebeinen nur. 

^n unferent i^al^rl^unbcrt fe^te tl)m ;J^ufttnu8 Semer, ber i^n 
in feinem „SBtlberbud^ aus meiner tinbljeit" mel^rfad^ erwähnt, 
folgenbeö ^joetifd^e !DenfmaI: 

34n ftiegen fie auiS frifd^en £eben^gärten 

3n bunfle mobembe ©eto5(be nieber, 

aWit Letten feine $änbe fie befd^toerten, 

2)a ftiegen ^eiPge liebenb gu i^m nieber 

Unb tourben fortan gfreunb' il&m unb ©efo^rten: 



254 VIII. Stuttgart- 

So fang begeiftert er bte frommen lieber« 
Unb als ben Werfer fte il^m aufgefc^Ioffen, 
8d^ien tl^m bte fBtlt t>on @raun unb ^aä^i umfloffen« 

SIuö einem Sricf wn ©c^ubarts SBitwc an 9JHtter üom 
14. aJiärj 1792, bcr il^r @^re mad^t, erfc^en n)ir, ba§ ©d)ubartö 
©diroager balb nad^ ©d^ubart^ SCobc geftotben ift. Über il^rcö 
ÜKanneS Ic|te Stanfl^eit, fd^reibt bic SBitwe, fie fei eine ma^rc 
(£l)riftenfd)nle gcn^efen öoü (Scbulb nnb 3?ertrauen auf ®ott; er 
fei fanft unb feiig entfd^Iafen mit bem ©eufjer: ^a, xä) fomm, 
$err ^t^u, iä) !omm. „(St legte in bie |)anatter SBitmenfaffc 
fo öiel, ba§ id^ lebenslang nad) feinem Jobe 200 ft. erl^alten 
fottte, attein er ftarb nad) bem ?ßlan um etlid^e SBod^en jn frül^, 
njesnjegen id^ feinen Steujer ju ertt)arten l^abe. Sfud^ fagte er 
in feinen Ic|ten 2:agen: ©cib, id^ »ei§ c§ gettn§, @ott wirb bem 
^erjog in5 |)erj geben, ma§ er mir unb bir fdtjulbig ift; @r 
mufe für bid^ forgen. Stttein aud) l^ier ift nid^tö ju gen^arten ; id^ 
bin aber ganj rul)ig babei, weil id^ glaube, ®ott Witt mir jeigen, 
ba§ id^ ganj attein auf il^n mid^ t)erlaffen fott, benn @r forgt 
für mid^. ^^ Iiabe bigl^er mel^r afe id^ braud^e." ©ie l^atte 
red^t; ber |)erjog, berfetbft immer ®elb brandete nnb ben tmter* 
l^anbel bi§ ju feinem Seben^enbe betrieb, t)erga§ fie; g^anjiigfa 
rül)rte fid) nid^t; bie folgenben ^Regenten badeten ebenf owenig an 
fie; bie S^ronif würbe t)on Subwig ©^ubart unb ©täublin noc^ 
jwei ;3aljre lang fortgefe^t, mufete aber, weil bie Qa^l ber Sefer 
abnal^m, nad^ biefer ^eit aufhören; bie Sinber ftarben frü^ unb 
fo ftanb fie faft attein ba, 2ßit ber einjig übrigen ©nfeltod^ter 
lebte je^t bie alte ^rau in frembem ^aufe ju Tübingen; fpäter, 
nad^ beren SSer^eiratung gänjlid^ oereinfamt, wieber in Stuttgart, 
wo fie, er!ranft, im fogenannten ^fleg^aufe, einem §of))ital für 
Iranfe ^ofbiener, am 25. ij^annar 1819, fed^Sunbfiebjigjiäl^rig, i^r 
fnmmert)otte§ ©afein befd^loß. 

Zweierlei ift an biefer ^xau bcfonberö mcrfroürbig. ©rftlid^ 
il^re gefunbe 9teligiofität , i^r einfad^er unb einfältiger (Slaubc, 
il^r rü^renbeS ©ottoertrauen; ba§ i^r SSorbilb in ©ort unb Zi)at 
bei il^rem ®atten wirfungöloS geblieben fei, ift laum glaublid^. 
StnbrerfeitS Ijat i^r (Satte i^ren ®eift gebilbet, i^r ©inn für 



VIII. ©tuttfiort. 255 

Sittcratur unb l^öl^cre ®eiftcjSfuItur beigcbvad)t, \a fie fogar jum 
Diäten tjeranla^t, mt bcnn ®d)ubart gegen bcn ©c^Iu§ feiner 
SebenSbefd^reibung ein ^öd)ft einfad^eö, aber um fo rüljrcnbereg 
©cbid^t wn it)r mitteilt, in bem fid^ i^rc ©e^nfud^t nad| t^rem 
i^r entriffenen ®atten auöfprid^t. ^^xt SBriefc laffcn in ^infid^t 
auf SRed^tfc^reibung t)iel ju münfd^cn übrig; allein ba fann fic 
fid^ mit il^rem ®atten, mit bem fungen ®oct^e, mit bem dürften 
Studier tröften. ©til unb ÄuöbrudE finb rein unb rid^tig, einfad^ 
unb natürlid^, fem t)on allem ©d^wulft unb ?ßomp; einen 5^^Ier 
gegen bie ©^ntaj wirb man fd^tücrlid^ finben. Sin neues StVLQnx^ 
bafür, ba§ man ni^t burd^ bie lateinifd^e ©d^ule l^inburd^gegangen 
fein mvi% um fid^ in feiner S0?utterfprad)e gcbilbet auSjubrüdfen. 
ÜDer oft ertt)ä^nte ©ol^n Subroig, ber 1787 ©efretär im 
fiabinct bcS ®rafen ^erjberg unb 1789 ?ßreu§ifd^er Segation«== 
fefretär im fränfif^en greife geworben war, trat infolge t)on Um^ 
ftänben, über bie er fid^ nie beutlid^ auSfprad), auö preu§ifd)en 
Dienftcn, jog 1792 mit bem S^araftcr aU Segationörat unb einer 
Keinen ?ßenfion, bie aber mit ber Äataftrop^e öon 1806 in« 
Stodfen geriet, nad^ Stuttgart unb ftarb l^ier, unöermäl^It unb 
o^nc SWa^fommen, am 27. !Dejbr. 1811. ©eine ©d^riftcn, bie 
fein SJater in ber S^ronif oon 1790, ®. 302 bem ?ßublifum 
warm empfielt, finb im SBud^^anbcI vergriffen unb t)on ber STOit* 
weit öergcffen; bIo§ fein SÖBcrf „©d^ubarts ffil^arafter ober britter 
unb lefeter 2!eil t)on ©d^ubart« Sebcn unb ®efinnnngen" 1798 
^at fid^ crl^alten unb ift ber ©d^eiblefd^cn Ausgabe ber ©elbft* 
biograp^ie ©d^ubarts beigebunben. SSon ©d^ubartS ©elbftbio* 
grapl)ie („Seben nnb ®efinnungen. SSon il^m felbft im Serfer 
aufgefe|t") erf^ien ber erfte Jeil nad^ bem ©d^Iu§ ber SJorrebe 
im ÜÄärj 1791, ate ©d^ubart nod^ lebte; ber jwcite würbe laut 
beS litels öon feinem ©o^nc Subwig 1793 herausgegeben. J)ie 
SJorrebe ift jur Dftermeffe 1792 gefd^rieben. Subwig ©d^ubart 
verbreitet ftd^ ^ier namentlid^ über feines SSaterS SBefel^mng unb 
wunbert fid^, ba§ man ben Übergang üom 5WaturaIiSmuS jum 
SR^ftiiiSmuS bei einem 3Ranne fo infonfequent finben !onnte, ber 
fd^on in feinen frülieften ©d^riften, 5. SB. feinen S^obeSgefängen 
unb fogar in ben älteren :JJa^rgäugen ber S^ronif, einen fo ent* 



256 VIII. ©tuttflart. 

fd)icbencn ^anq jum aJiijftifd^en, exaltierten unb UnnatürUd^en 
öcrriet. SBann tüar benn nun, muffen mir l^ier fragen, ©d^ubart 
ein „SWaturalift", wenn bie ©ci^linger Jobe^gefänge unb bie ^Qi)x^ 
gänge ber S^ronif t)on 1774, 75, 76 einen entfd^iebenen 9Rt)fti== 
ji^ntuö au^fpred^en? Subn)ig ©d^ubart fönnte fic^ bIo§ auf ben 
Slufentl^alt in Subwigöburg, 3Kann^eim unb ®d^tt)e|ingen berufen; 
biefer bilbet aber bod^ nid^t ben ,,Übergang" ju ber JBefc^rung 
auf ^o^ena^perg. Sie SBefe^rung felbft erflärt er n)ie @trau§. 
^n einer Änmerfung fagt er: „Unglüdlidtiertüeife ttjar bie SBiblio^ 
t^ef beö ©eneral Stieger^ um tin l^albeö ^Jal^rl^unbert juriidE; unb 
biefer Qu^aU l^atte einen §aupteinflu§ auf bie nadifolgenbe ®etfteö:= 
rid^tung meinet fei. SSaterö." ®in anbermal öerttjeii^t er bie* 
jenigen, bie feinet SSaterö ^ang jur ÜJi^ftif unb 2:]^eofopl^ic in 
ier ^olgc fo gar nid^t begreifen tonnten, auf bie erjäl^Iung 
©d)ubart§, nad^bem man i^m atte ©d^reibmateriaKen genommen 
l^atte, l^abe er fid^ gauj in geiftlid^e Übungen l^ineingetoorfen. 
!I)aß ©d^ubart SKännern mie Sem))i§, ?lrnbt. Stauler, ©pener 2c. 
baö ®enie abfprid)t, beftätigt er mit bem ©eufjcr: „5Daö toci^ 
ber liebe ®ott!" !Die ©trenge ber d^riftlid^en $Dioral, bie Seigre 
öon ber SWad^folge $Jefu, ©elbftaufopferung unb ©elbftoerleugnung 
erfd^eint il^m — tt)orin i^m bie eigenen ?ßarteigenoffen nid^t bei* 
))flidE|ten ttjerben — al§ fpätere abfid^tlid^e ©ntfteHung beö Sl)riften* 
tum^. ©eineö 33ater§ 2iu§erung, bafe berUnterfd)ieb ber ©efd^led^ter 
in ber anbern SBelt aufhören tt)erbe (ogl. ÜWattl^. 22, 31), entlodft 
i^m ben Sluöruf : „Da fei ®ott für!" „ÜJiöd^f nid)t in ^immel 
fommen," fagte ber gro§e Sllbrec^t 35ürer (wo?), „tt)enn feine 
SBeiber b'rin tt)ären!" SBenn ba^fein „S^aturali^mui^" tft! SBir 
ttjoüen bie mit ©d^ubart tjorgenommene geiftlid^e Sur nid^t cnt* 
fd^ulbigen, nod^ n^eniger jur SWad^al^mung eni^jf eitlen; tt)ir begreifen 
e§, roenn Subtoig ©d^ubart bei einer Sugerung feinet SJatcr^ 
aufruft: „®anj ber lid^tfd^eue, fc^rifttoibrige, fränfelnbe unb ent* 
mannenbe SEon ber ?ßietiften." 3)a§ JBebcnflid^e ift aber, ba§ 
nad) beig ©ol^neö Stuffaffung ©d^ubart SBefferung unb SBefel^rung 
eigentlidi gar nid)t nötig ^atte; feine gel^ler tt^aren ja „^e^ler 
beg Seid^tfinnö, bei8 Slemperamentö, ber SSerfü^rung unb ;JJugenb, 
bie fid^ unter l^unbert fällen 99 Mal bei ©terblid^en oon feiner 



VIH. (Stuttgart 257 

Organifation öorfinbcn, o^nc ba^ cö barum i^ncn ober anbcni 
einfiele, fie für Sinbcr be« «bgrunbs ju Ijaltcn." @in Sinb beö 
^Ibgruttbd war nun frcilid^ ©d^ubart nic^t unb einer fd^Icd^teu 
|)anbliing war er fclbft in feiner weitften SJcrirrung nie fä^igj 
aUeitt auf tjofffomntener ©elbfttäufd^ung beruhten bie ©elbftan* 
flagcn, bic er in feinem ©efängni^ immer wieber auiBfpric^t, eben* 
fowenig. !©er ©ol^n trifft ganj neben ba§ Qkl, wenn er meint, 
im @runb feien biefe ©elbftanflagen ©d^redbilber feiner 3^9^^^ 
gewcfen, i^m t)on feinem 3Jater unb burd^ feinen anfänglid^en geift* 
lid^en JBeruf tief eingeprägt, weld^e feit feinem ©intritt in bie 
größere SBelt übertäubt werben waren — unb jeftt, in ber ©ruft 
feine« fjelfen, in SRiefengeftalt erwad^ten unb fein ©ewiffen mar* 
terten. SBo^er wcijs Subwig, bag feinem 3Jater in ber Sinb^eit 
©d^rcdbilber eingeprägt waren? ^n ben ©ebid^ten unb ber ©elbft* 
biograp^ic fpric^t nid^t« bafür unb Diel bagegen. ©einen gcift* 
lid^en SBeruf fobann faßte er leidet genug auf; er war im ®runb 
beö |)erjenig aiationalift mit einem Anflug tjon SWtiftijiiBmud. @« 
^anbelt fid^ aber in biefem ^wf^^wic^^öttg nid^t fowo^l um bie 
wiffenfd^aftlid^e SHd^tung, ate öiclme^r um einen tugenbl^aften, 
re^tfd^affencn, feinem Amt unb feinen ^flid)ten gegen bie ©einigen 
entfpred^enbcn ßebenöwanbel, unb l)ier fann ©d^ubart tjon f d^weren 
«nflagen nid^t freigcfprod^en werben. SDie ®ewiffen«biffe, bie itjn 
auf ber S^ftung cjuälten, waren, wenn aud^ im Siujelnen ju fd^arf, 
bod^ im ©anjen wo^ltjerbient. 5Die 33orwärfe, bic ?ßrufe in feinem 
gegen ©d^ubart tjielfac^ ungcrcd^ten ?tuffa^ ergebt, finb nid^t ganj 
unbcgrttnbet. SDie g^rifc^e unb Seb^aftigfeit be« Reifte«, bie er al« 
fein ^ettauf bejcid^net, begleitete i^n biö ju feinem Seben^enbe, 
obglcid^ fid^ naturgemäß ein SWad^laß einfteöen mußte. ÄHein 
unfcre geiler finb nid^t immer bie Se^rfeite unferer Jugenben 
unb nid^t notwenbig muß, wo tjiel Sid^t ift, auc^ t)iel ©d^atten 
fein. ^^ fann l^ier nur anfül^ren, waiB ^reffel nad^ ber SBe* 
fd^rcibung t)on ©d^ubartö mill^eöoltem Amt in ®ei«lingcn fagt: 
„3Ba« ber ^eüene in ben arbeiten feine« ^erafle«, ber |)ebräer 
in bem leibenben Sned^t ^z^ot)a^ im Silbe fdiaute, war eö nid^t 
Don je^er ber ^rüfftein für bie ©roßten unfre« ©efd^led^t«, bie 
®fut, in ber i^r ®eniud gehärtet würbe, um alö fd^ladfenfreie« 

^Quff, Sd^ubart in feinem fielen unb feinen äBevIen. 17 



258 VIII. ©tuttgart. 

SJüftjcug bctn !Dienfte bcr SBal^rl^ctt uitb ©d^ön^cit jurüdgcgcbcn 
p tücrbcn? 35tcfc ^robc ^at ©d^ubart leiber nid^t bcftanbcn; 
benn il^m fel)ltc, toa§ aud^ bcm ®enic crft bic ewige SBei^c giebt, 
bie fittlid^e SBärbc, bic innere eJteil^eit. ©d^ubart unb ©d^tffer, 
^eitgenoffen, |)eitnatgenoffen^ ©d^idtfategenoffen, ©eiftei^genoffen;. 
unb bod^ — tt)eld)' ein Unterf d^teb. " SKangcI an aWa§ unb 
©elbftbcJ^ertfd^ung tpirft i^m aud^ »ifd^er (Sritifd^e ®änge III, 21) 
üor; „er verpufft ben beften ®eift l^inter beut SBeinglaö, lägt bie 
^^antafie tjom SJanbe be§ SBiffen«, fo ba§ fie il|m ate Seibenfc^aft 
jur ©eifel feineiS Seben« mirb. 9Son 9ieue ergriffen verfällt er ber 
gerfnirfd^ung unb ben bunflen aSorftettungen bei^ Äird^englaubeniS, 
ben er, wie ©traug fagt, ate tJreigeift tjerl^öl^nt i)at, ftatt fid^ 
grünblid^ tjon i^nt ju befreien." ÄUein, biei^ muffen wir für 
©d^ubart geltenb ntad^en, er war 2:i^coIog, blieb X^eolog, wenn 
er aud^ nid^t ^jrebigte, unb bilbete fid^ ate Jl^eolog eine ©ogmatif ; 
eine bogmenrofe Dogmatif war i^m Iugus a non lucendo. „Ab* 
wed^felnb im ^ubü unb ©türm be« Seid^tfinni^ unb in ber ^ötte 
ber ©erbftanflage, ftetö bugfertig unb wieber rüdCfäHig gleid^t er 
bem fd^Iefifd^en ®fintl^er unb erinnert an ©urgent fd^were ©eelen* 
fdt>wanfungen." 3Wag man nod^ fo t)iel t)on ber SÄotwenbigfeit 
beg ©äl^ren^ reben, einmal mug biefei^ ©äl^ren aufhören, einmal 
mug bcr braufenbc, fd^äumenbc STOoft fid^ jum Haren, füllen 
SaSeinc läutern. ®enug baDon ! — ©d^ubart« a;od^ter 3fuKe ftarb 
ate l^crjoglid^c |)offängerin unb ©d^aufpicrerin in ©tuttgart am 
17. 3Kärj 1801 im 33. ;3al^re. ^n if)X fanb ©d^ubart mand^c 
3üge feinet aaSefenö wieber. Ä. SBol^Iwitt bringt a. a. D. VI, 
®. 389 ff. jwei SBricfc ©d^ubartö an fie, üon benen wir bie 
5Wad^fd^rift be« erften unb ben jweitcn gang geben, ^ycne 
lautet: 

S3aterfegcn. 

S)e3 aSatct» ©egcit baut ben ^nbcrn ©aufer — 
3)ir, Suld&cn, eilt mein SSaterfcgen sul — 
9'iun ^at, glaub e8 mir, Sofef, ber beutfd^e Äaifer 
^ein gröfereS $au8 al8 bu. 

^m jwciten Srief fd^rcibt ©d^ubart: 



VIII. 6tuttgart. 259 

«gpcrg, ben 2. September 1783. 
|)cr jcmBtod^ter ! 

^^ t)örc fo t)iel Siebe« unb ®nteg t)ou Dir, bafe x6) t)or 
Jrcube weittctt möd^te, tüenn man nur ^Deinen Siameu nennt. 
Äc^, lieber ;jjuld^en, glaube janid^t, ba§ id^ weniger an 3)i(^ benfc, 
wenn id^ feiten an !Did^ fd^reibe. STOein ganged Seben i[t ein 
Srief an !©id^. 35u l^aft nad^ Seib unb ©eele fo öiel t)on ©einetn 
Sater, bag id^ !J)id^ lieben mü§te, wenn 5)u aud^ nid^t meine 
Jodetet märeft. @m))fänglic^!eit für jebed ©d^öne unb ®ute, 
Äeijbarfeit für ©d^merj unb greube, Stimmung jur JJreunbfd^aft 
unb Siebe, Ungcftüm in ber SEraurigfcit unb Ungeftüm in ber 
(Jreubc, Dffcnl^erjigfeit gegen atte SBelt unb ©^nHjatl^ie mit attem, 
maö um un« ^cr ift, finb fo ungefäl^r bie ®runbjüge eine« fold^en 
S^arafter«. ^d^, liebö ;j^uld^en, wcnn'g auf ber ffirbe lauter 
engcl gäbe, fo fämcn fold^e ^erjen o^ne Änfto§ fort. Aber ÜDein 
3Sater f)aV^ crfal^ren, bag man mit fold^em ffil^arafter. aö Stugen- 
blidE anrenne, wenn man nid^t auf feiner |)ut ift. ^6) ^ielt mid^ 
felbcr für fd^Iimmer afe id^ war, unb bie ÜÄenfd^en um mid^ ^er 
für (Sngel — unb bodt) wurb' id^ betrogen. 

ÜDod^ l^off' ic^ ju ®ott, er werbe bid^ bcwal^ren, gute« ^nb, 
unb bid^ ^ier unb bort glüd^lid^ mad^en u. f. w. 

©nc S^od^ter Qfulien« l^eiratete ben ?ßrofeffor Sern am ©c^ 
minar ju SBIaubeuren. ^m ^df)x 1817, wo fic il^m ate ©attin 
ba^in folgte, lebte ber SRann nod^, ber t)or 40 ijja^rcn i^ren 
®ro§t)ater inö SJerberben gelodtt ^attc. 33on i^rcr SBo^nung au« 
fonnte fic in bie genfter beö ^aufe« fctien, in welchem biefcr gefan^^ 
gen genommen worben war. ©ie ftarb frül^jeitig in ^Tübingen, 
wo^in i^r ®atte afe ^ßrofeffor ber 2:]^eoIogie beförbert worben 
war; am 3. g^bruar 1842 folgte er i^r im 2iobe nac^. Die 
brei ©prö^Iinge auj8 biefer ©l^c, ein ©o^n unb jwei SEöd^ter, 
finb nunmel^r, nad^bem ber STOann^ftamm fe^on mit Subwig ©d^u* 
bart erlofd^en, bte einzigen 5Wa^fommen unferö Didijter«. 



260 IX. <B(i)Vibaxt aU ^tc^tcr. 



IX. 

3Bir ^dbtn oben bic eigentümltd^cn Umftftnbc augegeben, unter 
bcnen bte afabentifd^e Sfuögabc t)on @d^ubart§ ®ebtd^ten ju 
©taube fam. 

me^x benn 3000 Steb^aber Ratten fubfftibicrt ; bic ®attin 
beg SSerfaffcrd würbe baburc^ in ben ©taub gefegt, i^n uad^brüdf* 
Itd^er aU je ju unterftü|eu. Äfö fid^ bie Auflage fd^on beinal^e 
vergriff eu l^atte, faufte ber SBud^l^äubler ^ermann in g^anffurt 
bie noä) vorrätigen ©fcm^jlare unb ba<S SSerrag^red^t für 80 f[. 
an fxä). @r legte bie ®ebid^te ntel^rmafö fd^nett nad^ einanber 
auf. ;jjubeffen war er nur ju ber afabemifd^en SlujSgabe bered^* 
tigt, unb ba biefe in ber Iierjoglid^en SBud^bnidferei unb unter 
beut Drudf ber Stn^ux erfd^ienen, mand^e 9KängeI Ratten unb bie 
Sritil fd^on lauge befugt war, eine beffere unb gewähltere ©amm^ 
lung ju f orbern, fo forberte fiubwig ©d^ubart im ^df)x 1792 ben 
SSoIfi^bid^ter SBürger, ber 1790 ©d^ubart in Stuttgart befud^t 
l^atte, auf, bei ber Verausgabe ber ©ebid^tc feinet 3?ater§ il^m 
feine 50ieifterl)anb ju Teilten. SBürger antwortete able^nenb; fd^on 
bie Sfuöfeilung eigener Sunftwerfe fei etwas SDKglid^eS, bei frcm^ 
ben l^abe bie g^eilc üoffenbS etwa« ®el^äffigeS. 

„5We^men ©ie üoffenbs ^in§u," fd^Kefet ber SBrief, „ba§ Q^r 
fei. SSater ein wal^rer poetifd^er SJefut) — ol^ne (Sleid^en, bei 
irgeub einem SSotfe, bis in fein älter l^inein war. Unter ben 
reinen flammen warf er frcilid^ mand^e ©d^Iadfen mit aus. Allein 
ber genfer wage fid^, wenn er nid^t ein ©alamanber wie er ift, 
in bie ®rut unb fonbere! ^ä) bin tjon ;JJugenb auf öiel f älterer 
5Watur gewefen unb mein viertes fiebenSbejennium l^at mid^ nod^ 
me^r abgefüllt, ^i) fürdEjte, bie ^o^e ^euerfäulc biefeS 3SuIfanS, 
wo nid^t ju jerftören, bod^ öieDeid^t ju fel^r ju minbem unb ju 
fd^wäd^en." ©in fe^r vernünftiges Urteil. 

^m ^at)x 1802 erfd^ien bei ^, S. §ermann in ^'^anffurt 



IX. @d)ubart al« S)td)tcr* 261 

bie öon iJubtüig ©d^ubart öevanftaltcte StuSgabc üou ©d^ubart^ 
©ebid^ten mit betn aKotto Dbt)ffec 17, 322. 23: 

i]fuav ycLQ raQsrijq anoalwrat, svQVona Zev<; 
ävB^og^ sifTav ^uv xard dovXiov fjßaQ fXi^atv*). 

^a6) bev 3Jorrebc ^abcn wir ^ier eine Slu^ttja^l öon ®ä)VL^ 
bartg ©ebidjtcn. „^ßriöatöcrl^ältmffc, bie nidit tjicl^er gehören, 
l^aben bie frühere 83cfanntmad)ung bicfcr feit ;$$at)rcn fertig lie«' 
geubcn ©atnmlung öertjinbert. üDct SSetfaffer felbft tüar in bcn 
legten Qfal^ren feinet SebcniS mit einer folc^en Siebaftion befd^äftigt; 
er jeid&nete bie ©tütfe an, meiere er faffiert, unb tjerbefferte an* 
berc, bie er aufgenommen wiffen tüoflte. üDaburd) fiel wenigften^ 
ein ÜDrittel ber afabemifd^en Sammlung ^inweg unb ungefäl)r 
cbenfo üiele famen neu ^inju — teite fpäter verfertigt, teilg ba* 
mal^ ber traurigen Sage beS ÜDic^terö wegen unterbrüd^t, fo bafe 
bie öortiegenbe Stui^gabe t)on alten früheren n^cfcntlid^ öerfd^ieben 
ift. SBcfonbcrö finb bie geiftlid^cn ©ebid^te, i^rer t^eofopl^ifd^cn 
S^enbenj iuegen, auf bie §älfte rebujiert **) ; bie l^öl^eren It)rif d^cn 
©tüdEc bagegen, öornemlid^ bie SJolMeber, finb möglid^ft t)oü= 
ftänbig äufammengefteüt unb unter eine eigene Slubrif gebrad^t 
tt)orben. 35a fid^ manche tt)cber in ber ß^ronif, nod) fonft in 
ben nad^gelaffenen ^ßapieren beS Did^terö aufgcjeidinet fanben, fo 



*) ^ad) aSofe: 

8d)on ja bie ^alfte ber Xugenb entrücft 3^ud toaltenbe SSorftc^t 
(Einern ^ann, fobalb nur ber ^ec^tfd^aft Xaq if)n ereilet 

**) miS ob alle reltgiofen ^ebid^te tf)to\opW(ii toärenl mo ftnbet ftc^i 
g. SB» in einem ber befaunteften, in ber SBitte, eine @pur bon S^eofop^ie? 
Söegeic^ncnb für 2. ©d^ubart ift fJolgenbeS» 3n ber ©broni! bom 28» 3anuar 
1790 fpric^t ©c^ubart öon bcm tief im ayicnfd^en ließcnben ©trebcn nacb 
grei^eit unb fä^rt bann fort: ,,2lbcr ein Seichen ber Ijöd&ftcn SBei^beit iff 8, 
toenn toir ben boHen S3efi6 biefeS l^etligen ^leinobd nid^t eber erlangen, als 
hifi toir unfd^ig finb, t^ %n migbraud^etu äBer nid^ti^ anberee tbun !ann, 
als toaS @ott toiH, ber bermag gu fajfen haf^ boKfommene ^efe^ ber t^rei» 
beit*'' $ier b<tt nun ber (Bof^n in bem fd^on ertoa^nten ^itraplax ber 6)^ronif 
im legten ©afe ha^ SBort: ®ott in klammem eingcfd^loffcn unb mit ßöfd)s 
blei auf ben 9lanb gef einrieben: bie S3emunft* m» ob ntcbt ®ott bie ^5(bfte 
SSemunft toärel SBa^rfd^etnlic^ Hang i^m bieS and) t^eofopl^ifc^! 



262 IX. ©c^ubart alg 3)td6tcr. 

fdirieb id^ fie auö betn @cbäd|tniö nieber. — 35ic fjeile tDurbe 
tücnig augetoanbt. 5)a§ tüilbe unb regellofc (Schräge i^rcr @igen^ 
tütnlid^fett ift geblieben. — ®ie ©cbid^te finb momentane ©rgilffc 
eine§ überfliefeenben ^erjenö, eineö üoHen ®eifteg, ber fid^ au§ 
innerem Sebürfniö beS angel^äuften ©toffö gleic^fam entfd^ttttete 
unb bie l^ödifte SBonne feinet üDafein^ barin fanb. 5Wid)t lang* 
fam, nid^t gliebn)eife, nid^t nnter ©dEjmerjen unb SBcl^en entftan* 
ben [ie, fonbern Ieid)t, plöfelic^ unb ganj n^ie bie Göttin ber ^Jabel 
fprangen fie au§ bem |)aupte beö S5ater§ l^ertjor. g^eurig unb 
ungebulbig, mie er mar, ging er ftiefüäterlid^ mit feinen ®ebid^ten 
um; bie ©ammlung, torreftur unb SBefanntmad^ung überliefe er 
meift fremben Rauben. 

@inen SSorrat t)on 25erfen unb ^^^^ftüd^en, womit er füglid^ 
fed^§ 93änbe ptte anfüllen fönnen, l^abe id^ auf ein paar ?ni)^a= 
bete juf ammengebrängt , mt er mid^ felbft fterbenb baju anmie^. 
— SBag mir fonft nodt), befonberö t)on ij^mpromptuö unb @ele=^ 
genl^eit^fadEjen ber ?Cufbetpal^rung wert f^eint, n^erbe id^ feinen 
Keinen profaifd^en ©d^riften einverleiben." 

Sie Äuggabe l^at n^enig SOSert. Unter ben geifttid^en Siebern 
be§ erften Gleite fte^en mand^e, bie gar nid)t geiftlid^ finb, 3. S. 
ber fterbenbe ;^nbianer, ^rifd^Iin, ia^ munbertätige ^nijifiE. 
©d^ubartg ©ol^n ift in ber Stu^ujal^I ber geiftlid^en ®ebidE|te nid^t 
glüdEIid) gettjefen. Qm ®anjeu entl^ält biefer Seil 52 religiöfe 
Sieber. ^m jmeiten SCeil ftel^en bie oft fo falfd)en unb mit ber 
eijronif, fomie mit ©d^ubartö eigenen eingaben ftreitenben dtirono* 
logifd^en J)ata ber ©ebid^te. Dft finb nid)t einmal bei ben be- 
fannteften ©ebid^ten, mie beim „©d^neiber", bei ber „3^ürften* 
gruft" bie eingaben rid^tig. ferner finb mel^rere fe^r gelungene 
unb für ©c^ubartö Senntniö tt)idE|tige ©ebid^te übergangen, j. S. 
an ^riuä ^erbinaub t)on äBürttemberg, an |)errn Siebermann üon 
SBintertl^ur, Detinger^ SCotenmal. ©obann finb bie 166 @e* 
bid^te, bie ben jttjeiten 5leil füllen, nid^t einmal uadE) bem ^nlialt 
gel^örig georbnet; aöe^ ftel^t bunt burdtieiuanber. ©nblidl) t;at 
fxä)'§ ©dEjubartg ©otjn beigel^en laffen, gmei ©ebidtite in ben gn^ei* 
ten Seil aufjune^men, meldte feinen 33ater gar nic^t jum 3?erfaffer 
l^aben unb burd) feine ©d^ulb aud^ in bie nad^l^erigen 3luögaben 



IX. ©c^ubart aU S)t*ter. 263 

cingcbrungcu finb. (S& finb bk^ bie ©cbid^te: ©olbatenabf^icb 
(|)eute fct)etb' ic^ zc), bcv in bev beutfd^cn S^ronif 1776, 25. SWo* 
tjcmber bcuttid^ alö 5ßrobc au« üJialer üJiüKeriS JBaüaben angc^* 
fülirt ift, aber tiodt) in bcv granffuvtcr Äui^gabc öon 1829 bcn 
jroct So^jliebern auf bcm ^ufe^ nad^folgt unb and) in tjcrfd^icbcnc 
bcutfd^c ®cbid^tfammlungcn atiB ^robe t)on ©d^ubarti^ ^ocfic über* 
gegangen ift; fobann baö ^if^^^K^^ (®tt armer ^i^ä)tx bin id) 
jwar 2C.), baö nod^ ©auer in ber neueften 3^^* ^^^ f^i^^^ ^w^* 
roal^I üon ©d^ubart« ©ebid^ten mit SSerweifung auf bie ^ranf^ 
furter Sluj^gabe t)on 1802, II, 344 ff. unb ber unrid^tigen Slam^ 
mer „(1785)" aufgenommen l)at. ©trau§, ber baö @ebid)t oljne 
SBeiterei^ aU ©d)ubartg (Sigentum betrad^tet, meint (II, 454), e^ 
fei ungead^tet feineig fd)lüpfrigen ©d^luffeö fd^merlid^ ju fd^elten. 
@r fannte eö roal^rfd^einlid^ nid)t auö ber ?[u«gabe t)on 1802, 
fonbern nur aug einer f^jftteren Aufgabe wn 1825 ober 29; fonft 
^ätte er an bem Slui^brud „©tabtmenfd^" in ber britten ©tropfe 
fid^ fto§en muffen, ©d^ubart brandet fe^r oft „Serl", aber nie 
t)on einem ttjeiblid^en Sffiefen ,M^ ü)ieufd^". Der fd^lü^frige 
@d^lu§ fobann miberfprid^t ber 4. ©tro))l^e. 3)ie eingaben ber 
beiben ©tropl^en barüber, tt)ie ttjcit baö SJer^ättniö beö ^x^(l^tx^ 
ju §annd|en gebieten fei, ftimmen nid^t überein. 5Wadt| §offmann 
\)on ^dtteri^IebenS „Unfere üoH^tümlid^en Sieber, 2. Stuft. Sei^jig, 
1859" ©. 37 ift ba§ Sieb t)on ^o^nn SBürHi, geboren 26. Oft. 
1745 ju SMä), geftorben ju JBern 2. ©ept. 1804 unb erfd^ien 
juerft im @ött. üJiufenatmanad^ 1781, ©. 154—156, f^äter in 
mxm^ Stu^ertefenen ©ebic^ten (»em 1800) ©. 285-287. — 
aBal)rfd^eintid^ l^atte Submig ©d^ubart biefeS Sieb, tt)ie anbere, 
„aug bem @ebäd)tuiö" niebergefd)rieben. 

Stufeerbem ift nod^ eine g^ranffurter StuSgabe jU ermähnen, 
bie t)on 5ßrof. Dr. SJB. @. SBcber Deranftaltete, bie im britten 
SSänbd^en jum ©d^lu§ eine Sebeni^befd^reibung unb S^arafterifti! 
beö ÜDid^ter« giebt. Stud^ biefe 1825 entftanbene ©ammtung Iä§t 
mel ju wünfd^en übrig. 3)a§ erfte JBänbd^en ent^ätt bie geift= 
Iid)en ©ebid^te beffer georbnet, aU in ben früheren Stuögaben, 
namentlid^ fofern ba« britte JBud^ biefer ?tbteitung „Jobeögefänge" 
unb anbere fpätere Sieber über bie testen üDinge in fid^ fa^t. 



264 IX. 3(^ubart a(g a)tc^ter. 

!Die jrpet folgenbcn SBänbd^en geben 194 ©cbid^te in bnnter Drb= 
nung; bie fiieber im SJoIfi^tonc ftcl^cn im brüten JBanb, leiber 
aud^ ber ©olbatcnabfd^ieb unb ba<5 gifd^erlieb; meistere ©cbid^te, 
bie in ber ^(uögabe wn 1802 fehlen, finben fid) l^ier, wie man 
fd&on auä ber SJergleid^nng ber Qai)l ber ©ebid^te in beiben ^vl§^ 
gaben erfiel)t; leiber finb aud^ bie Stngaben über bie Qtxt, m» 
t)iele ber (Sebid^tc entftanben fein foßen, an«8 ber Än^gabc fiub* 
mig ©d^nbart^ in bie t)on SBeber tjeranftaltete ?(uSgabe übcrgc* 
gangen. @ine neue Auflage erfd^ien 1829. — ^n ©d^eibleiS Jöudti* 
I)anblnng erfd)ienen t)on 1839—40 ©d^ubarti^, be<5 Patrioten, gc- 
fammelte ©d^riften unb ©d^idfate in ad^t SBänbd^en. ©a^ britte 
unb Dierte SBänbd^en enthalten „d, g. 35. ©d^ubart^ fämtlid^e @c* 
bid)te." Unter biefen fämtlid^en (Sebid^ten fel)lcn mel^rere ber 
fdiönften unb befannteften, wie baig ta))Ueb unb „an gr." ÜKan 
fonnte erttjarten, ba§ eine 1839 t)eranftaltete ©ammlung uon 
©d)ubart^ ©ebid^ten mel^r gebe, aU bie Stuögabe öom ^o^tna^^ 
perg 1785 unb 1786. (gin bi§d)en tritif ^ätte ferner ben $er^ 
au^geber ober ©ammler tjeranlaffen folten, bie in ber S^ronit 
entlialtenen ®ebid)te bem britten unb t)ierten SBänbd^en ber ®e^ 
bid^te einjuüerleiben. 

aBie nad)läffig unb gleid^gültig bii^ auf bie neufte ^^it mit 
©d^ubartö (Sebic^ten umgegangen tt)urbe, miü id^ burd^ ättjci J8ei= 
fpiele belegen, ^n bem (Sebid^t „ö^id^en ber Qzxt" (9ieclam 
©. 191) fängt bie fünfte ©tro^j^e an: 

^ b c t , ber totlbcn aiJergmeiflung ©efcUc, 

21 u f r u ^ r , ber fcfitüärgeftc ^ämon ber &6Ut, 

©d^toingt bort bie ^atfel, in <Bd)tot\ü getaucht. 

SBaö foö ?[bet? ^ft ha^ SSJort t)ieaeidt)t ein (gigenname? !©er 
g^iame eineg aßiltonfd^en ober SlopftodEfd^en Dämonie? Q^n ber 
S^ronif t)on 1789, ©. 513, m baö ©ebid^t juerft erfd^ien, ift 
ba^ fleingebrudftc SBort SIbet — unb jwar o^ne ben na^folgcn* 
ben ©trid) — ein offenbarer Drudtf etiler für — Stber (sed). Qfn 
meiner ?(u^gabe ift biefer ^^^ler juerft befcitigt; ©aucrö ^n^^ 
gäbe l)at baö ®ebid^t nid^t. ^n bem „Stuf ruf" lieft bie Jvanf^^ 
furter Aufgabe in ber jmeiten ©tropfe: „Unb bli^eft Dor bem 



IX. (Bd)\xhaxt d« SJic^tcr. 265 

3adcnbU|e bcv na^en (gwigfcit." Qu ber ^xon\t 1788, 809 
fte^t: blinäcft. — «ud^ bicfci^ @cbtct)t, ein« bcr fd(önfteu unb 
ergrcifcnbftcn, fc^It bei ©auer. 

©te neueftc mir befannte ©ammlung, rid^tiger: ?luigtt)a^I, 
tft bic öoii ®auer (SürfctincrjS beutfd(c SWationalUtteratur. |)iftorif^^ 
fritifd^e «uögabe. 81. JBanb. (Stürmer unb Dränger III ®. 289 ff.). 
iDer SEejt ber aufgenommenen ©ebid^te tft im Unterfd^ieb t)on ben 
früheren Äuj^gaben ed^t unb rein; baö gifd^erlieb ift aufgenom* 
men, aber bod^ menigfteni^ ber ©olbatenabfd^ieb aui^gefd^Ioffen. 
3)ic Äu^ma^I jebod) unb bie Slnorbnung fann id^ nid^t loben. 
6^ fehlen j. S5. au^er bem aufgenommenen Sieb „?(n 5^." atte 
i)ie ÄiebeiSlicbcr, bei benen ©d^ubart felbft perfönlid^ beteiligt toax, 
wie bie ®ebid^te an Siegina, fiubotjifa; Stmalia, fiotte unb baö 
„an ®uibal". &^ finb fobann ju tt)enig politifd^e Sieber aufge== 
nommen, bereu bie Sl)ronif eine fo gro^e ?lnja^l enthält. !Cic 
aufgenommenen poetifd^en unb profaifdtien ©tüde finb enblid^ gar 
nid(t, nod^ t)iel ttjeniger aU in ben g^ranffurter Slui^gaben öon 
1825 unb 1829 georbnet. ©eiftlid^ei^ unb SSSeltti^e^, 5ßolitifd^eg 
unb ^amiliäreiB, ©r^abeneö unb 5Wiebrigeö finb in bunter Orb= 
nung burd^einanber geworfen — oieüeid^t um ein getreue^ 3lb» 
bilb t)on ©d^ubartg eigenem, aui^ Sontraften jufammengefe^tem 
333efen gu geben; jebenfattö nid^t in ©d^ubart^ ©inn, ba ©d^u- 
bart ©eiftlid^ei^ unb SBeltlid^e^ öon einanber gefd^ieben l)at. Sine 
d^ronologifd^e Slnorbnung glaubte ber Herausgeber nid^t wagen 
gu bürfen, weil Subwig ©d^ubartö d^ronologifd)e Daten meift 
irrig ober willfürlid^ finb. 

©0 erfd)ien benn 1884 als Seil ber 9leclamfd^en Uniöerfal* 
bibliot^e! (SWr. 1821—24) öon bem 33erfaffer biefer 3Äonogra<jt|ie 
eine ^iftorifd^4ritifd^e SluSgabe, bie erfte fritifd^ berichtigte, d^ro* 
nologifd^ unb inl^altlid) jugleid^ georbncte ?tuSgabe öon ©d^ubarts 
©cbid^ten. SJon ben HO getftlid^en Siebern ber SSSeberfd^en 3luS* 
gäbe im erften S5anb finb gegen 60, jum grölten 2ieil leere 8lei* 
mereien unb einförmige SSSieber^olungen banaler ®ebanfen, geftri* 
(l)en, hingegen aus bem jweiten unb britten Sanb mel^rere baju 
gefügt worben, fo ba§ jefet ©eiftlid^eS unb SBeltlidieS fd^arf ge* 
fd)ieben finb. 



266 IX. <Scöubart aU a)t*tcr. 

Sd^ubart toax ferner bis jefet nur afe patriotifd^er, nid|t als 
:|)oIitifd^er ©id^ter befannt, ©ine fd^öne ?tnja^l Don )3oUttfd|en 
unb jettgefd^idötlid^en @ebid)ten jeigt i^n je^t bem ^ublünm tjon 
btefer bisher wenig gewürbigten ©eite. 

3fm ®anjen bringt meine ©amminng 92 ®ebid^te nnb ® e^ 
bid^td)en, bie in ben bisl)erigen Ausgaben fel^Ien. 3Jon biefen 
92 ®ebid)ten entl)ätt jttjar bie ®d)eiblefd^e Ausgabe 18 in i^ren 
ÄuSjügen aus ben ;$^al)rgängen ber beutfd^en Sl^ronif j aber in 
meiner ?(uSgabe braud)t man biefe 18 nid^t mül^fam jufammen^ 
jufud^en; fie fte^en an ilirer ®teüe. i^e^t crft ijt hit ©J^ronif 
öoltftänbig jum 3^c<* ^^^^^ Sammlung öon ©d^ubarts ®ebid|ten 
ausgebeutet Sorben; bie JBcnufeung ber ßl^ronif ju bem genannten 
SvDtd gefd^a^ bisl)er ebenfo prinjiplos, als mangelhaft. 

üDaS Qtx(i)in * befagt, ba§ baS betreffenbe (Sebid^t in ben 
bisfjerigen ©ammlungen fel)lt; bie Slammer bei ben ;5Ja]^rSjal;len 
ttjeift auf baS ^^eifel^afte biefer öon Submig ©d^ubart ^errü^rcn* 
ben Angaben I)in ; offenbar falfd^e Zeitangaben würben burd) bie 
rid)tigen erfefet ober oI)ne SBeitereS geftrid)en. 

ÜDer 2:itet: „©ämtlid^e ©ebid^te", ben bie afabemifd&e unb 
bie ^ranf furter SluSgaben l^aben, würbe t)erfd)mä^t; benn er ent^ 
l^ielt bort unb l^ätte aud^ bei mir eine Unwal)rl^ett entl^alten. 
©ämtlid^e (Sebid^te fonnte id^ nid^t bringen, weil tjiele tjcrloren 
gegangen finb unb weil fid) einige wegen il^res ;$^nl^alts nid^t jur 
3lufnat)me eigneten; aud) wäre bie Ausgabe ju bidEleibig gewor= 
ben. :J$nbeffen wirb nid^t leidet ein irgenbwie bebeutenbeS ®ebid)t 
übergangen fein. 

äJie^reren @ebid)ten finb ©rlftnterungen , erflärenbe Äumer^ 
fungeu beigegeben, bie fid) balb auf ben $$nl^alt, namentlid^ auf 
bie ^erfonen, an bie fie gerid)tet finb ober bie überhaupt barin 
erwähnt werben, balb auf ben gewählten 2^ej:t bejiel^en. 

Die ®ebid^te jerfaKen in fed^S Slaffen. 1) S^ ©d)ubarts 
£tbtn, ftreug dironologifd^ georbnet. ?tuS bem ©trau^fc^en S35erf 
würben je^n ©ebid^te aufgenommen. |)ier finbet fid^ aud^ baS 
@ebid)t 5rifd)lin, weil ©d^ubart „in biefer l^errlid^en 9tettung 
feines ©^idffalsoerwanbten unb ®eifteSbruberS eine ©elbftfd^ilbe* 
rung im engften 9lal)men gegeben ^at, felbftbewufet, aber nid^t 



IX. e^nhaxt als $)i«ter. 267 

überfij^ägcnb. " ©aucr. ©d^ubart burftc allcrbingö, wie ©auer 
fortfäl^rt, auf fid) fclbcr anwcnben, waö er tjon grifd^Iin ^icv 
fagt : „Utib bod^, g^rifd^Itn, ^at Dir uom Äug' l^eruuter bcr Sttl^er* 
ftrol^I bes ®cntu^ gcftammt unb beffer warft ©u, aU bie |)affer 
atte, bic !Did^ ucrbatnmt." S)ic anleite Slaffe enthält ^otttifd[|cg 
unb QtitQt^d)i6)tü6)t». |)ier fommt juerft: ®d^n)äbifd(Cö , unb 
jmar in erftcr Sinie |)erjog Sari mit ad&t d^ronologifd^ gcorbneten 
©ebid^ten; unter i^nen befinben fid^ au^ bie jwci Saplieber, biefe 
ftummen anfläger beö ©elbft^errfd^er^ aüer ffiJürttemberger; eini^ 
an ^rinj g^erbinanb tjon SBürttemberg, ben fünften ©ol)n t)on 
Sari ®ugen^ Sruber unb jtt)eiten 9?ad^fotger: griebrid^ ©ugen; 
eins an ©d^ubarts greunb, btn ©eneral t)on SBwiwing^ufen, 
beffen abenteuerlid^e Seben^fd^idfale in bem ®ebid|t angebeutet 
unb in ber Änmerfung ttjeitläufiger gef d^ilbert ttjcrben ; ^ier f e^It 
inbeffen in bem SSerjeidini« ber ®ebid|te bie am ©d^Iu§ ber ?ln^ 
merfung unter bem S^ejt entlialtene Eingabe über bie Qtxt ber 
(£ntftel)ung beS ©ebi^tg — ^a\)v 1788. (gg folgen jroei ®ebid|te 
auf Sftieger unb je einö auf feine S'Jaclifolger ©d)eeler unb |)ügel; 
bie Dbe : 8n ©dritter — mit erf lärenben Änmerfungen, jtt)ei ®e* 
bid|te auf ben S^l^eofopl^en Ötinger, jwei auf ©d(ubart^ ©eelen^ 
arjt, ben Pfarrer $al)n, bie auö ben üon ^af)n herausgegebenen 
^rebigten genommen finb. Sflaö) biefen militärifd)en unb geiftlid)en 
®rö§en, bereu poetifd^e 25ev^errlid)ungen jebei^mal ftreng nad^ ber 
ßeitfolge georbnet fmb, fommen ein ©ebid^t: „©elmar (©d^ubartö 
aWitgefangener ©d^eiblin) an feinen JBruber" unb „3Jieinem g^-eunb 
91 . . . am großen 8^rei()eitStage getoei^t" — aud^ biefe naä) ber 
3eitfoIge; bie ©rabfd^rift auf ben Sel)rer ber g^orfttoiffenfd^aft 
an ber I)ol^en SarlSfdjuIe, ©tal)l, bie freilid^ i^ren ^lafe üietteic^t 
beffer nad| ben ®ebid^ten auf §a^n I)ätte; julefet brei ©ebid^te 
auf bic ©djroaben, ein«, in bem fie getabelt, jttjei, in benen fic 
gelobt toerben. ^n bem legten biefer Abteilung madje id^ auf 
ben ?luSbrudE: „Srenne" aufmerffam. S)ie ^tanffurter ?(uSgaben 
lefcn: ,,93reme^ «Oein in ber beutfdjen (S^roni! 1787, ©. 284 
fte^t: „ber ©renne ftar!." ®er ©renne ift ber 5ßreu§c. Die 
jnjeitc ?lbteilung ber jmeiten |)auptftaffe begreift ®ebid)te auf 
Öfterreid) unb ba« beutfd^e Saifcrtum — t)on ber in ©d)ubart« 



266 IX. (S(^nbart aU Dic^t<" 

Sd^ubart war ferner biä t"' ^-«"''^V ^'''' iJvansiäfug bc« 
t)otittf(^er J)t(^ter befan«" /' V^/^3. aJlärj 1790. |)ier 

unb äeitgeft^iifttrid^e»' ^"^fi^^^ unbeim|t in ber (£l)rontf 

biefer bi«^er w /.-• ..-"•'/'y/^!^*^« Scwuni'erer Sanbon« nnb 

^xa. ®a' y^^'C^^^'i^^' *«3i«^«n f»«^ breije^n ©ebid^te, 
bi^tdien, ' ,,/;• > ^^-^^/^^Be. ®a« ®ebid^t „ber 9ietd^«oWer" 
92 ©ebtc* ■'!f^-i''^''€t<"'^ftetc(^¥^^> JJ«" »or^ergeijenben ungefd^i«ft 



«ugjüO' y':^/>Cy'^a6f'¥ii^ an i»«fe @t«ße 9efcfet, weil e« 

p*-^ ^ftci'^!^%jfeh bie Stiege Cftreic^^ unb ÜJu|lanbg mit ber 



meine' 'iÄ/^ "S}«^«« «egebentieit, fonbern auf bte Urfad^ 



ä»f»' J-^-'St ""f iitii¥^ Clement«, bie eiferfu(|t jwift^en ^reu^cn 

^''^Ä^/' ^^^^' ^"^ 9iu§Ianb unb $olen t)icr (neuaufgenommene) 

^ifort^f ^^^yf g^ranfreid^^ SReöolution bejie^en fid^ brci, auf 9?orb^ 

^^^^fl ^rei^eit^frieg, ben ©d^ubart« wärmftc ©lücfwünjd^e be^ 

''''•i 5iijei Oebid^te. Qu ber legten Abteilung finb bie ®ebidt)tc 

^f^' /,! I)cr erften, übcrwiegenb na^ beut ^^n^alt jufamntengcftellt, 

hem f'^ ^^^ Sl^ronologie fügen mu§te. §ier finben fid^ bie 

TJürftengruft, bie Äbcrläffe, in eine Sßeffiabe, brei ^au))tgcbid^te 

(gd^ubart^. Über bie britte Slaffe, geiftlid^e Sieber, tt)urbe fd)on 

obtn gef^rod^en. ©ic jerfallen in Sieber attgemeineren ^n\)a\i^, 

biblifd^e ©über, Sieber ber SBu^e unb be§ ®Iaubeni5, Steber üon 

ben legten ©ingen. ©ie öierte Abteilung enthält ©rjäl^Iungen unb 

a3ertt)anbteö. |)ier l)at ber 5£eEt be^ ©d)neiberi^ auf ^Reifen eine 

längere (grörterung in ber ?(umerfung nötig gemad^t. ^i) fe^e 

^ier nod^ f olgcnbeö l)inju : 5)ie Seöart „in einem S^aubenfd^Iage" 

ift finnlo^. Der ©d^neiber fonnte fid^ bodj nid^t in irgenb einen 

beliebigen 2:aubenfd^tag begeben. Die äJiutter xoxVl i^n öietmeljr 

in bem alten, nid^t mel)r gebrand^ten 2:aubenfd)lag il^reö ^aufeg 

einen Aufenthaltsort bereiten. Sbenfo unrichtig ift: „unb froc^ 

gleid^ einem SBodEe jum Jaubeufd^lag l^inein". ^6^ frage: ©eit 

tüann fried^en bie SBödEe? üJian fönnte mid^ nun freilid^ fragen: 

©eit mann reiten bie ©d^neiber auf SBödten in ben Siaubenfc^Iag? 

Die Änttuort ift: Die ©djneiber finb in ber SJoltepl^antafie mit 

ben SBödEen fo innig tjernjad^fen, ba§ eS niemanb »unbcrn fann^ 

tuenn I)icr ein ©d)neiber auf einem S5odE in ben Siaubenfd^lag 



IX. (Sc^ubart aU $)tc^tcr. 269 

rettet, ©arum foKte bcnn ber ©ci^netber fried)en? 3Bar ber 
2:auBenf(|Ia9, lüic t)oraui8gcfe^t mxh, geräumig unb ^od^, fo Brandete 
ber ©d^neibcr fid^ ntd^t ju bilcfen ober ju fried^en. SBo ber SodE 
nad^l^er l)tngefotnmen ift, fönncn Mo^ ^l^antafielofe aWenf d^en 
fragen. Snblid^: 9Kein ©d^neiberletn im ^embe — tpirb je^t' 
no6) t)on eiitjelnen ®d)toabtn für bie urfprünglid^e Seöart gel^alten. 
Unter bem ^cmb tjerftel^cn fie \>a^ 9leife=» ober SEBatiberl^emb. 
!Dieg Iä§t fi(| pren; aKciti, ba§ „ergrimmte" t)on |)erauggebern, 
benen bie fd^tüäbifd^e Äuöfprad^e (ergremmbe) unbefantit njar, in 
ba^ aKerbingS nid|t, wie ©traufe meint, unpaffenbe, eine ganj 
falfd^e (Situation gebenbe „im |)embe'* umgettjanbelt njurbe, Iä§t 
fid^ begreifen; l^ingegen bleibt unbcgreiflid^, \o\t „im §embe" in 
„ergrimmte" umgewanbelt tt)orben fein fott. „Srgrimmtc" üerbient 
aU fd^werere Seöart ben 3?orjug öor ber leidjteren „im |)embe'*. 
— ©auer a. a. D. tt)agt c<5, auf @trau§' Autorität geftfi|t, ber 
einen alten DrudE t)or fid^ gel^abt ju Ijaben fd^etne, „ergrimmte" 
ftatt beg bisi^erigen „im ^embe" brudfen ju laffen. ^ätte Dr. ©auer 
„ajieine ?Reife auf meinem ^iwtmcr — (3^Iiegenbe§ SBlatt)" in be§ 
^aben aBunbcrl^orn (©. 664 bei ?ß^. JRecIam) aufgefd^Iagen, fo 
^ätte er fid^ leidster ju biefem SBagnii^ entfd^Ioffen unb l^ätte bann 
aud^ „in meinem SCaubenf daläge" unb „ritt auf einem SodEe" 
brudfen laffen. (üDie „Säbeln" in ber ©teUe „unb njartete, bt§ 
il^m jur Sraft bie 3Kutter 5Wubeln gab" erftärt |)ilbebranb im 
©rtmmfd^en SBörtcrbud^ V, 1941 unter „traft" (= Kräftigung) 
t)on — Slö^en!) 

Die fünfte ^auptflaffe umfaßt : f onftige weltlid^e Sieber üer* 
fdliebenen ;5Jnl^aItö. |)ier lieben mx bie fd^tt)äbifd^en Sieber, bie 
Sieber im SJoHi^ton l^erüor. ^m „fd^toäbifd^cn Sauernlieb" Iä§t 
©auer tro| ber fd^arfen Seftion, bie ©trau§ l^ier (TI, 453) ben 
ntd^t fd^n)äbifd^cn ^eraui^gebern gegeben l^at, bel^arrlid^ „mein 
Sifel" ftatt mein' (= meine) Sifel brudfen; bann lieöt man bod^ 
toicber gauj rid^tig: mein' 93raut. ^n ber ©d^Iu§ftropl^e ftel^t 
bei JRecIam: ffieibdien. ©o l^abe id^ nad) ben ^ranf furter Äuö* 
gaben brudfcn laffen. "Die afabemifd^e Ausgabe ^at baS fd^wä* 
bif d^erc : ®eiblein. Die ättefte SeSart aber ift : 50iutter. ®o l^at 
bie ©l^ronif 1774, ©. 270. Die ©ad^e ^t feinen großen Sßert. 



270 IX. 8(^ubart als S)i(^ter. 

Qu ben btei legten ©ebid^tcn füllte id^ naä) SBol^toiff («rd^to 
VI, 373) an: „Jür bic im ©otnmcr 1775 in Ulm auftrctcnbc 
Scmerfd^c ©d^aufpielcrgcfcüfd^aft bid^tcte ©d^ubart einen (SpiloQ 
(SRecIam ©. 472), tjgl. beutfd^e ei^ronif üom 6. guU 1775; für 
bic 9tein|arbfd|e Zxwppt, tüeld^e im ©ommer 1776 njöl^renb bcr 
Dauer ber 8rci^t)crfammlung unb bcr ©d^ttjörtagöfeicrlid^fciten 
in Ulm ttjciltc, einen öon 35cmoifcße 9icinl)arb vorgetragenen 
Prolog ju gmilia ©alotti (ügl. bcutf^e E^ronif öom 4. :$^uli 1776) 
— hd SRcclam ®. 474 — unb aUer SBal^rfd^cinlid^fcit nad^ aud^ 
bag SSorfpicl: Zf)alia^ D))fer." §«id^t bloß aller SBa^rfd^cinlid^feit 
nad^, fonbern wirflid^ erfd^ien: Si^alicn^ Opfer, ©in 3Sorf)3tcI 
öon §errn ©d^ubart 4. Ulm 1776. !Da e^ weniger bebeutenb 
ift, ate bic jttjci Dorl^er genannten ®ebid)te, bic in ben bi^l^erigen 
Sammlungen unb ausgaben fel^lten, ttjurbc e^ üon mir nid^t auf== 
genommen. Die fed^fte |)au^)tflaffe entl^ält Sleinigfciten, ^pU 
gramme, Satiren, ©tegreifreime, ^jatriotifc^e ©eufäcr. ©n paar 
^toeibeutigfeiten tourben abfid^tlid^ weggelaffen. 

2Son DrudEf eitlem bcmcrfe id^ ©. 82 lol^nt' ftatt: lol^n'. 
©. 187 aScrfd^affefö ftatt: SSerfd^affclt^. ©. 239 in bcr jweiten 
©tropfe ?tu^ ftatt: «ud^. ©. 486 »leif ftatt: ©teif. ^nter* 
punftionöf etiler , mie in ber ©d^lujsftrop^e ber ^ö^ft^^S^i^f*/ ^^* 
liebe ber fiefcr felbft ju t)erbeffern. 

|)ingegen ift @mpt|rium ©.215 oben fein Drudfc^ler. ^n 
ber £l)ronif, bie aber ©d^ubart biftiertc unb in ber tjiele DrudE^ 
fel^ler finb, ftel)t: ©mpirium. Dieö ift nun fein SBort. Dei^^alB 
t)erbefferte id^: (gmptirium. ^6) glaube, ba§ ©d^ubart, biefcr 
JJeuergeift, ba^ SBort ©mp^reum im ©inn l^attc, ba^ ben g^uer^ 
^immel, ben ©i$ ber ©eligen bebeutet, greilid^ ift bie ^orm 
beö SBort^: Empyreum; bic t)orle§te lange ©ilbe taugt nid^t ing 
9Sergma§, bod^ einem ©cnie ift ja ^ttc^ erlaubt, ffiin fd^toäbifd^er 
®elel)rter vermutet, ©d^ubart l^abe biftiert: S^^perium. 3Ba« 
foH aber Imperium l^ier bebeuten? ®a^ ganjc römifdt)e SRcid^? 
Empyreum bringt jebenfaUj^ einen neuen Segriff unb bcr ®e* 
banfe berül^rt fid^ bann mit ©d)illerö JCeilung bcr @rbe am 
©cl)lu§. 

Über ben eigentümlid^en ®l)arafter feiner ^oefie ift ber ^oet 



IX. 8d&ubart aU 2)i(^tcr- 271 

fclbft ju ^öreu. ©d^ubart teilt in bem SSorberic^t jur etften Sliiö* 
gäbe *) bie ©cbid^te in f old^c ein, bie im ©efängniö mel^r niebcr* 
gettjcint unb niebergebintet, afe niebergef einrieben wnrben, nnb in 
foldie, bie er in ber 5reil)eit, meift im SCanmel ber 3&elt, im 
©Intgefü^l ber Qfugenb nnb l^eiligen g^rei^eit verfertigte. Qn ben 
le^teren gel^ören bie 5£obe8gef finge; ba fie in ber branfenben 
^ngenbjeit üerfaßt tünrben, fo mußten woljl bie frommen ©mpfin* 
bnngen, bie fanften Sl)riftengefü]^Ie nnter einer Saöa poetif^er 
gloSfeln erfticfen. S)od& finb fie nid^t ol^ne ®egen nnb Beifall 
geblieben." ©djubart fnd^te fie im ®efängnii^ jn öerbeffem. S5on 
ben übrigen ©ebid^ten, bie er im ©efängniö \3erfa§te , glaubt er, 
baß mand^ej^ ®ute, ©rbanlid^e, SWatürlid^e unb @d|öne in il^nen 
entl^alten fei. „^ä) fül^le, maö id^ fd^reibe unb rebe; id^ l^affe 
ben ©d^reiber unb @d^njä|er, bem en)ige Sügen auig ber fjeber 
unb üon ben 2xpp^\x f^rubeln, weil er nid^t fü^lt ober nid^t weiß, 
toa^ er fagt." ®^ ift ju bebenfen, bafe ©d(ubart ^ier nur öon 
feinen religiöfen, teife öor, teifö auf bem «dperg entftanbcneu 
®ebid^ten ^pxiä)t. Qfm äJorberid^t jum jtöeiten Sleil banft ©d^u* 
bart, freubig gcrül^rt burd^ bie große Qoi)l ber Käufer feiner ®e* 
bid)te, bem beutfd^en SSolfe für feine Sieilna^me an feinem trauri* 
gen @efd^idE, n)änfd^t unb n^eiiSfagt it)m @oü^^ ©egen unb äußert 
fid^ bann über feine 50iufe alfo: „^d^ erful^r^d fo fel^r, al^ ej^ 
je ein ©id^ter erful)r, wie bie (iußern Umftänbe fo mäd^tig auf 
ben ®€ift wirfen. §eiter!eit. Saune, freier ©d^erj unb ein ge* 
tt)iffci^ |)e(lauf fd^ien von ij^ugenb an ba^ Eigene meiner SRufe, 
wie meinei^ $Cemperamenti8 ju fein unb ju bleiben, ^ä) war fo 
gern auf ber SBelt; id^ füllte bie Sßonnc bei^ S)afeini^ U^ jium 



*) 3)tcfer Seil ^at sunt motio: 
^Av8q ayad^ov deaiiol ndvrcov daßväai /laXtcrra — 

Kai yd^ avrjQ dsefioiQ dBdi.irjßBV0Q ovre ri einelv 

ovr BQ^ai 8vvarai* yXcdcaa de oi dederat. 

Theognis V. 175. 
^eutf (^ : 

Seffeln finb für ben SBraöcn üon allen ßaften bie fd^toerfte. 
2)er mit Sfeffeln gebunbene aWann — ntd^t reben, nic^t ^aubcln 
Äann er; gefeffelt ift t^m Ja bie Sunge gußleid^. 



272 IX. (SÄubart aU S)i<^tcr* 

ausgclaffcnften ©ntjüdcn, liefe midi tjon ben ÜWenfdjcn fo njiffig 
brängcn unb brürf cn ntib ftofecn ; aud| lücitte bie g^rcubc f o gerne 
bei mir; benn id^ fof^te fic, l^iclt fic freunblid^ bei ber |)anb unb 
läd^elt* i^r f o banfbar untere Äuge ; aud^ liefe fie mir immer ein 
buftenbc« ©träufed)cn surürf , menn fie mid^ verliefe; eine fold^e 
Sage unb SBlutmifc^ung Ijätte bann gen^ife meinem ®eifte eine an* 
bere 9lid^tung unb meinen ©ebid^ten einen freiem, frif^em, 
fül^nern 2^on geben muffen." 

®ine nur l^atb malere ©d^ilberung. ©d^ubart tjergifet, bafe er 
fd^on ate Snabe nid)t allein bie SBonne be^ S)afein§, fonbern 
aud| ben ©d^merj ber SSergänglid^feit, bie 2^rauer über 3:ob ixnb 
®rab bi^ in§ 9Äarf gefül^It, bafe er öon jel)er in allen möglid^en 
(gmpfinbungen gefdjWelgt f)at SBenn er fobann meint, feine @e* 
bid^te feien bii^^er nid^t frei, frifd^ unb inf)n genug gcwefen unb 
fein ®eift l^ätte eine anbre, b. f). I^öl^ere SRid^tung in^ @ebiet 
be^ ©ebanfen^ nel^men, er l^ätte ben Dbenbid^tern pnbar unb 
ÄlopftodE mit (grfolg nad^ftreben fönnen, ja muffen, fo t)ergifet er, 
bafe bie bi^l^crigen ^J^al^rgänge ber beutfd^en ®l)ronif mand^c^ ®e^ 
bid^t öon i^m brad^ten, in n^eld^em er fid| mit ®IM in l^öl^ere 
^Regionen erl^ob. ©d^ubart ragt aU politifd^er Did^ter unter feinen 
3eitgenoffcn ^ert)or unb bie ffrage, ob polttifd^e ^ocfie aud) ^oefie 
fei, ift burd^ il^n, ben Vorgänger fo öieler anbern Did^ter, ent* 
fd^ieben bejai^t. „©rofel^eit unb ©d^auerl^öl^e," fagt er bei ber 
Sefd^reibung feinet Auf entl^ alt§ in Ulm, „riil^rte mid^ immer ftärfer, 
als blofec rul^ige ©d^önl^eit; bal^er empfanb idi'5 nie mäd^tiger, 
bafe id^ nod^ eine offene emt)fänglid^e ©eele l^atte, afö wenn ic^ 
baS 50iünfter befticg, biefe l^eilige ^^ramibe, ®ott unb bem @eniu§ 
ber S)eutfd^en ju @I)ren l^ingetürmt 2C." ©ein ©ol^n fül^rt in 
ber Änmerfung jur Seftätigung be§ im S^ejt (Sefagten ©d^ubart^ 
5Weuial^r§gebid)t auf bem Sßünfter 1776 an. SBir feigen aud^ 
l^ier, wie ungered^t ©d^ubart fid^ felbft oft unb t)iel beurteilt l^at. 
@r, ber in Dante, 3D?iIton, Slopftod ganj ju §aufe tt)ar, l^atte 
fd^on urfprünglid^ in feinem ©eifte bie für ba^ ©rofeartige unb 
(grl^abene em^fänglid^e Slutmif d^ung , woüon eben nid^t tt)enige 
feiner ®ebid)te fd:>on auö ber 3cit t)or ber ©efangenfd^aft ^cugni^ 
ablegen. 



IX. <Sd&ubart als SJtc^tcr. 273 

®c^en tüir l^icr auf ®6)nbaxt^ pocttfd^e ©ntmirflung jurüd, 
fo fönnen mx bei i^m nid^t, roie j. 33. bei ©d^iUer, tjevfd^icbene 
^crioben unterfd^eiben. SSoIfeliebcr, fiiebe^Ucber, SriegSlieber ent* 
ftrömen il^nt in feiner ^ugenb unb im ?(lter; in ©eii^Iingen bid(tct 
er bie ungelenfe unb öielfad^ auf ©teljen gel^enbe, aber bod^ öon 
SSielen gar ju fel)r unterfd^ägte Dbe auf ben Siob g^anjiiSfu« 
bei^ ©rften 1765, einunbjmanjig ^Ja^re nad^fier bie in bemfelben 
Jon gehaltenen ^^mnen auf g^ebrid^ ben ®ro§en im fieben unb 
im S^obe. 35a§ befte t)on biefen bret ©ebid^ten ift baö mittlere; 
bcr Dbelij^f bagegen ift nod^ öiel mül^famer aufgebunfen, al^ bie 
Dbe auf ben beutfd^en Saifer. ®el)en mir öon ben genannten 
jugenbUd^en 33olföliebern , foroie tion ben 5£obei3gef äugen , Qau^ 
bereien unb einjelnen ©tegreifgebid^ten — einer fiiebl^aberei, ber 
er fein ganje«8 fieben treu blieb — ab, fo ift ©d)ubart erft in 
Augsburg mit üoüem Semu^tfein afe ©id^ter aufgetreten unb \)at 
fid) fd^neß einen efjrenöotten ^Ia| auf bem beutfdjen ^ama§ er* 
obert. üDie SDiufi! fonnte meber in Submigj^burg, nod^ auf feinen 
Sreuj=' unb Querjügen bie in i^m fd^tummembe poetifd^e ©ega* 
bung wedEen. SBaiB aber bie 3Jiufif nid^t üermoc^te, ba<8 bemirftc 
^atriotii^muS unb ^olitü. SKit einem ©d^Iag ftel^t ©d^ubart 
ate 35id^ter unb ^olitifer jugleid^ ba, unb jmar nid^t bIo§ afe 
politifdt)er ober patriotifd^er !Did^ter, fonbern ate !J)id^ter, als 
Skirifer im »eiteften ®inn. 

3iun fä^rt ®d)ubart fort: „aber ber emfteSlrm beS ©d^idf- 
fate winft, unb wie ganj anberS ift nun ?[ttes! SSon SJlumen* 
gefilben feiert fid^ ber @eift ab unb weilt am licbften auf ®rä* 
bem. 5)enn traun! mer fann lad^en, wo er weinen möd^te; i^eiter 
fein, wo ber ®ram jebe 3)iiene öerbüftert, aufjaud^jen in l^od^* 
gefärbten 3:ötten, wo bie ©timm' im flagenben meid^en F crftirbt ! 

5Wur bie ©ebirgSl^öl^e ber grei^eit weitert bie ©eele unb ber 
Sned^tfd^aft ®ettüft verengt fie." 

Äud) bieS ift nur ^alb wa^r, bered^nct, baS SWitleib bes ^ub» 
lifumS unb beS SRanneS, in beffen ®cwatt er gegeben war, ju 
erregen, ©d^ubart l^at, nac^bem feine ©efangenfd^aft erträglid^er 
geworben war, auf bem |)o§ena8))erg ju bid(ten fortgefal^ren, wie 

Qauff, e^uBait in feinem Selben unb feinen SEBevfen. 18 



274 IX. @(3^ubart aI8 S)t<^ter. 

er in StugSburg unb Ulm angefangen l)atte ; SWatnrlieber, 5^eunb* 
fd^aft^* unb StebeStieber, Sauern* unb ©(j^ulntetftergliebcr, poli^ 
ttfd)e unb patriotifd)e Sieber, mic bie gürftengruft, ben |>^mnu^ 
auf 5^icbrid) ben ®ro§en unb bie Stone aüer feiner Sieber : baiS- 
Saplieb. ®ie üielen geiftlid)cn ©ebid^te finb allerbing^ Äinber 
ber ®efangenfd)aft unb öerbanfen i^r üDafein ben religiöfcn Wxf)- 
rungen, bie ®d)ubart l^ier empfanb, unb bcm burd^ ^ai)n be* 
wirften Unifd)tt)ung feiner SBeltanfd^auung. ;$^nbeffen ift hoä) ju 
bemerfen, maö fiubttjig ©d^ubart berid^tet, fein 25ater l^abe il^m 
auf einer ©^^agierfa^rt — nad^ ber ©efangenfd^aft — öon einem 
®ebic§te erjäl^lt, ba^ er fd^on feit t)ielen :J$al^ren mit fid^ 
l^enimtrage, baö feiner Meife nalie fei unb feine bigl)erigen ®e* 
bid|te forool^l an Umfang, al^ an Energie unb (£igentümlid)fett 
meit übertreffen ttjerbe. ©er Sitet bei^ @ebid)t§ xoax: „®atan^ 
3Bieberfet;r", ber Qfn^alt bie auf ben ©atan aui^gebe^nte $^bee 
öon ber SBieberbringung aller ©inge. Sil^nlid) befd)öftigtc er fid^ 
in feiner ©infamfeit mit einem SBerf: „35er ©d^äd^er am Sreuj^. 
ober <3itftönb ber ©eele wx, bei unb nad^ bem 2^obe". ©ie^ tt)ar 
immer eine feiner Siebling^ibeen (ögl. bie ©orte ^t^n an ben 
@d)ftd^er). greilid^ fiel)t man au^ Subtt)ig ©d^ubarti^ üDarftellung 
nid^t, ob er biefeig SBerf in ^rofa ober in ^oefie ju fd^reiben 
SBiUenig tt)ar. ;J$mmer]^in barf man bie ÜWöglid^feit bd^aupten^. 
ba§ ©d)ubart aud) ol^ne ben §ol)enagperg ba§ gelb ber religiöfen 
Did^tnng bebaut l)ätte. 

©ie Qzii naä) bem ^ol^ena^perg l)at l)auptfäd^lid^ patriotifdie 
unb politifd)e, burd^ bie ^eitereigniffe hervorgerufene ©ebid^te, fo*^ 
bann Sobgebid)te auf Sari unb 3i:anji§fa, ferner t)iele „Sleinig* 
feiten", aber and) ®ebid)te öon anberem ^n^alt gebrad^t. Söft^ 
lid| ift befonber^ bie poetifd^e ©rjä^lung: „Siie SBud^erer" t)om 
^a^r 1788. (»leclam ©. 369.) 

2öir tt)erben bal^er @trau§ redtjt geben, wenn er fagt (II, 448) r 
„Die Stbfd^lie^ung unb bie l^arte treffe, unter ber ©d^ubart auf 
bcm St^perg lag, ^at feine ©efü^le, jum Vorteil ber poetifdien 
aßirfung, t)erbid|tet unb öerftärft." ®oetl^e fdireibt einmal an 
©dritter: „(gigentlid^ foHte man mit unö ?ßoeten t)erfal)ren, mie 
bie ^erjoge öon ©ad^fen mit Sut^ern, un§ auf ber ©tra^e tt)eä* 



IX. (Sd^ubart aU Xxd)ttx. 275 

nehmen unb mx^ auf ein SScrgfd^Iog fperrcn. ^c^ tt)ünf(I)tc, man 
ma6)tt bicfe Operation Qk\6) mit mir unb bi^ 9Ki(j^aeI (ber Srief 
ift t)om 21. ^uli 1798) foCte mein Jeu fertig fein." — Carmina 
secessüm scribentis et otia quaerant. 

Ob ©d^ubart auf bem Ä^^pcrg ein längerei^ ®ebid)t ju ©tanbc 
gebradjt ^ätte, ift eine anbere JJ^age, bie ©traufe t)erneint. ©ie 
Äomöbien, Siragöbien, ©ingfpiele zc, bie bamafe auf ber fjeftung 
entftanben, finb öerloren. Siid^t leidet ift ein ©id^ter mit feinem 
geiftigen Eigentum fo nad^läffig unb unorbentlid^ umgegangen, 
wie ©d^ubart. 

5)ie Urteile ber Sitteraturl^iftorüer über ©d^ubartJS ®ebid^tc 
finb in ber SRegel ^öd^ft ungered^t unb einfeitig. ©o fagt Sönig : 
„^n feinen ®ebid)ten bemerft man tjielfad^ Slo^^ftod!^ 9tebeftufe, 
aber neben |)ol^em unb 3^^^!^ begegnet man bei i^m nur ju 
oft rol)en unb gemeinen ÄuSbrüd^cn." ©d^abe, bafe biefe ®ebid^te 
nid^t genannt finb; wa^rfd^einlid^ l^atte Sönig mel^rere ber Slei* 
nigf citen im ©inn ; im Übrigen finb ®ef d^madtlofigf etten nod^ nid^t 
Stol^l^eiten unb ©cmeinl^eiten. Sßun tüerben bie ^ürftengruft, ha^ 
Saplicb, ber §t|mnuä auf ^riebri^ ben ®ro§en unb ber ewige 
3fubc gelobt, jum ©d^lu§ aber wirb bemerft: „©eine ^oefieen 
mären mol)! fd)on längft tjergeffen, wenn fein traurigei^ ©^idfal 
il^nen nid^t einen erpl^ten 3Bert in ben Äugen ber SKit* unb 
5Wad^weIt gegeben l^ätte." äl^nlid^ äußern fid^ ©eruinuä unb 
®öbefe. SSemcrfen^wert ift, wie ©d^äfer in feiner beutfd^en fiittera«» 
turgefd^id^te II, 264 ©d^ubart« (Sntwid^lung fonftruicrt. @r meint, 
©d^ubart fei uon 5Watur ju weid^er ©m^jfinbung geneigt gewef en ; 
erft burd^ bie Qftrfale feines fiebenö fei er in bie ftilrmifd^e SBilb^* 
l^eit geworfen worben, weld^e gegen bie beftel^enben SSer^ältniffe 
in offenen tam^^f geriet. (Sl^er möd^te id^ fagcn, feine ftürmifdtie 
aEBilbl^eit, ein franfl^aft patl^etifd^ei^ SBefen l^abe il^n in bie Qfrr* 
folc feinei^ fiebernd geworfen, 5^^^ ^^^ ©d^äfer felbft fort: 
„Qu einer d^arafterüotten D))pofition gebrad^ e« il^m aber an 
afhil^c unb fittlid^er ©nergie." Sluf bem Ä^perg, meint ©d^äfer 
weiter, l^abe bei ©d^ubart wieber bie weid^e ffim^jfinbung bie |)err* 
fd^aft gewonnen, fo ba§ er fein Serferleiben afe ben SBeg ju feiner 
Sefcl^rung angcfel^en unb in fold^er ©timmung fein fieben be» 



276 IX. ©d^ttbart aU S)td^ter* 

f diricben l^abe ; feine ^oeficen f))rin9en in (gftremen l)in unb l)er ; 
in einigen bränge fid^ ein ttjilbeS Sraftgefül^I in ^jompl^after, 
naöi) SIopftodE gcbilbetcr ©prad^e l^evt)or, j. SB. in ber g^ürften* 
gnift nnb im ®tt)igen ;$^nben. ?lte ob nid&t zbtn biefc ©cbid^tc, 
nebft anbeten äl^nfid^en, tt)ic ben jtt)ei auf gricbrid^ ben ®to§en, 
auf bem ÄSperg entftanben ttjären. „Der naiöe ÄUJSbrurf be^ 
©efü^Iö — ber natürlid^ bem einfeitigen @oetl)ianer über atte§ 
ge^t — ift il^m nur in einigen (?) feiner fiieber gelungen." „^n 
ben SJoIfeliebern laufen nod^ t)iele ^lattl^eiten unter", mel^r für 
ben Siorbbeutf d^en , ate für ben ©d^waben. ^n ben geiftlid^en 
Siebern ift nad^ ©d^äfer „me^r forcierte grömmigfcit, ate gehobene 
©emütöftimmung", bod^ finben ftd^ aud^ unter il^nen perlen, Sie== 
ber t)on tiefem ©ebanfen^ unb ©efül^fegel^alt. 

|)ermann t^x^^tx in bem ^rad^tmerf: ©icben ©d^waben 
fagt, jftjei 9tid^tungen laufen bei ©d^ubart neben etnanber l^er, 
ftatt fid^ in l^ö^erer ©nl^eit aufjul^eben. „!Cie erfte SHd^tung ift 
bie Slopftodffd^e, bie Steigung jum (Srl^abenen, bie fid^ ^äu))tfäd^= 
lid^ in religiöfer ©id^tung auSfprid^t ; ©d^ubart wollte in allem (!) 
ein eifriger ;$^ünger beig 3Jieffiaigbid)terS fein, ju beffen Sob tl^m 
feine Überfd^toenglid^feit ju ftarf war (!!), bejfen SBerfe er mit 
ftürmifd^em SeifaK öffentlid^ Dorjutragen liebte. Unter ben ftlo^)* 
ftodKanem ift er an geuer unb ©djmung ber erfte." ©ie meiften 
?ßoefieen biefer 3lrt finbet g^ifd^er „überfd^wenglid^, fteljenl^aft, er* 
fünftelt, patl^etifd^; atterbing^ em^jfanb ©d^ubart wirflid^, aber er 
gab biefer Smpfinbung nid^t naiöen, fd^Iid^ten ÄuäbmdE; biefe 
®ebid^te finb im crften 5^uer be« überwältigenbcn ®efü^fe au§= 
gef))rubelt ; wir Dermiffen fünftlerifd^eiS ®ewiff en, logif d^e ©trcngc ; 
fie leiben an Unebenl)eiten, Unflarl^eitcn, öcrfttegcnem ^atl^oä. 
Die geiftlid^en Sieber ftnb oft unwal^r unb gefünftclt; felbft bie 
fd^wungt)otte |)t|mne auf ©dritter unb ba^ fd^auerlid^ großartige 
fjragment beö Ewigen $Juben fönnen wir nid^t mel^r mit unge* 
teilter SBewunberung genießen. 

«Kein oft läßt er biefeö falfd^e ^atl^o« hinter fid^. Dabei 
fam il^m feine außerorbentlid^e mufifalifd^e JBcgabung ju ftatten. 
Die Unmittelbarfeit bed ©mpftnben^, bie Steigung jur SDlttfif, bie 
SSoIfötümlid^feit be^ Denfeui^ führte il^n notwenbig auf ba« ein* 



IX. ©(i^ubart aU a)td^ter* 277 

]a^t, fangbare, tjolfötnä^ige fiieb. |)icr finben wir i^n auf bcm 
^clb feiner eigentlid^ften ^Begabung. (Jr giebt unig ^icr perlen, 
bencn feine 3cit il^ren maleren, unöerfälfd^ten ©djimmer abftrcifen 
wirb. Die ßieber im SJolfeton finb nid|t eigentliche SSoltelieber, 
wie fxe ^erber gefamntelt ^at, foubern üolfetümlid^e fiieber, bei 
bencn 2Bort unb ÜRelobie einj8 finb. (£r ift ftarf im leidsten 
©d^erj, in ber furgen fomifc^en ©rjä^Iung, fprid^t ®efü^Ie freu* 
biger ?lrt aui^, ift aber tjorjugi^weife emften Stoffen jugewanbt; 
aud^ ba§ tief S^raurige fonnte nid^t fel^Ien (befangner ÜWann ein 
armer 3ßann! 2C.). Saum giebt e^ rill)rcnbere, wal^rere klagen, 
aU feinem |)erjen ^ier entftrömt fmb. S)od^ fein elaftifdjer, mu 
jerftörlid^er @eift fd^neKt immer roieber jur alten Sraft jurüd!, 
unb nid^t feine fd^Ied^teften ©id^tungen finb bie jur @l)re be^ 
^öd^ften i^^bifd^en, tva^ ÜWenfd^enl)erj bewegen fann, be^ SSater* 
lanbiS." ©arnad^ fiJnnte t^ fd^einen, bie SJerl^errtid^ung be^ SSater* 
lanbg fei bai^ ©nbjiel üon iSd^ubarti^ üDid^tung ; fie ift aber eben 
fo gut ?lu^gang^* unb SRittelpunft ; SSaterlanb unb ^olitif finb 
ber ©egenftanb erl)abener unb naiöer ©ebid^te. (Sbenfo wenig 
t}erftcl^e id^, wie bie fto^jftodtifierenbe unb bie naiüe S)id^tung ein* 
anber aui^fdtiliefeen, unb am wenigften, wie ®d(ubart fie in einer 
l^öl^eren ©inl^eit l^ätte jufammenfaffen fotten. 

3)a^ 5ßatl^0j^ ift ber © entimentalität uerwanbt ; ber ©onner 
bcg ^immeli^ läU fi6) in einen fanften SRegen auf unb ber Donner 
ber 9lebe in eine fjlut feiiger Jl^ränen. Die 5^age aber, wie 
bei @d^ubart bad nait)e £ieb mit ben patl^etifd^en @ebid^ten ju« 
fammenl^änge, l^at fd^on ©trau§ II, 455 beantwortet: „Die 
©mpfinbungiS» unb Slui^brud^j^weife aud^ ber unteren ©täube ift 
in unferer ^tit mit aßerlei Sulturelementen burd(fe|t ; il^r ©d^merj 
l^at etwa^ ^atl^etifd^e^, i^re Siebe etwa« ©entimentale« , il^re 
Unfdiulb felbft etwa« SRefleftierteä. 9Son biefen Seftanbteüen finb 
aud^ ©d^ubartiB aSoHötieber nid^t ganj frei unb unterfd^eiben fid^ 
baburd) fowol^I öom alten naturwüd^flgen SJolföliebe, wie ej^ im« 
Deutfdde juerft ^erber wieber fennen leierte, afe Don beffen fünftle* 
rifd^cr 8fie^)robuftion bei ©oetl^e, Ul^lanb unb im ©olbatenabfd^ieb 
be« aWaler« SDWltter." ©trau§ ftettt unmittelbar üor^er eine 
©tro^l^e aud biefem ©ebid^t mit ber ba« gletd^e Zi)tma bel^an« 



278 IX. ©d^ubart aU 2)td^ter. 

bclnbcn etrop^c bc^ Sapltcb^ jufammcn*) unb ruft au§: „®tc 
ctnfad^ unb ru^ig fprid^t bort, wie bcrcbt unb t)at^cttfd^ l^icr bcr 
©d^ntcrj fid^ au^!" Q^ft cö Sn^aU unb SScrfcl^cn ober abfid^tüd^cö 
ffcft^altcn bt^ SSolfeton^, bafe baS SSSunbcrl^om in bicfcr ©tropfe 
ftatt bcr jtt)ci g^agcjcid^cn fegt: SBiUft mid^ ücrlaffcn, liebet ^crg, 
Auf ewig, unb ber bittre ©d^merj mad^t'd arme Siebd^en ftumm. — ? 
^. fjifd^er finbet feinen Übergang unb feine Vermittlung, wo bod^ 
eine ift. 83om SJiaitjen giebt eg einen Übergang junt Sentimentalen 
unb üon biefem jum ^atl^etifd^en, fomie umgefel^rt. 

S)ie Unterfdtieibung jwifd^en naiüen unb fentimentalen 35id^tcm 
barf nid^t auf bie ®t)ige getrieben werben. A parte potiore fit 
denominatio. 35ag ©igentümlid^e bei ©d^ubart ift eben bie§, 
ba^ er aüe arten ber Stjrif, üom ®affenl^auer big jum ^tjmnuö, 
üom üerfoffenen ©d^ufter big jum ^affionglieb angebaut unb mit 
ber einjigen Sfugnal^me, ba§ er in ber Dbe unb im ^t)mnu§ fid^ 
mand^mal ju \)o6) üerftieg, faft burdtiaug ben rid^tigen Jon ge* 
troffen l^at. — 

@g fragt fid^, mo in ber @efd)id^te ber beutfd^en ^oefie 
©d^ubart unterjubringen ift. SSilmar, ber natürlidj ganj ungünftig 
über U)n urteilt, betrad^tet il)n als eitten tjerunglüiften ©pigonen 
Slopftodg. 2SergIeid|en wir aber ben S)id^ter ©d^ubart mit bem 
S)id^ter SIopftodE, fo werben wir finben, ba§ er mand^eg üor il^m 
tjoraug I)at. fj^. 9Sifd)er in ben fritifd^en ®ängen III, 23, wo 
er bag ©trau§fd)e 3Berf beurteilt, red^net baju bie faftige Statur* 
füHe, bie fräftige ©innlid^feit, bie Slaiüität, ferner, ba§ er neben 
bem Oben* unb ^timnenpatl^og ben SJoIfgton angefd^Iagen l^abe, 
alfo ben weiteren Umfang ber fid^ auf bie SBelt ber Bürger unb 
SBauern erftredenbeu ©toffe. SCber ©d^ubart l^at nod^ mand^e 
anbere SSorjüge üor bem äKann, ber i^n jeitlebeng tjomel^m igno» 



'*') 2)ie 3toet (Stropl^en lauten: 

1) Sm ©olbatenabfd^ieb: ^n bem ä3a(i6ftrom l^angen SS^eiben, 3n 
ben X^älern liegt ber @6)ntt — Krautes ^nb, ha^ i6) mu^ fd^etben, SThig 
nun unfte Heimat nteiben, ^ief im bergen tl^ut mir'S toel^. 

2) Stn ^aplteb: Unb tote ein ©eift fd^Iingt um ben ^aU ba§ 
£tebd^en fld^ ^tinmi SBittft midfe öerlaffen, liebe» ^erg? Sluf etotg? — unb 
ber bittre (Sd^merj ffflad^Vi arme Stebd^en ftumm. 



IX. (Scöubart aI8 S)ic6tcr. 279 

ticrtc, uub für ben ©d^ubart bcgeiftctt war, o^ne feine SDJängel 
iM uherfel^en unb fein fflaüifd^er SWad^a^mer ju n^erben. SBä^renb 
Slopftoi ben Sricg aU eine belorbeerte i^MÜt jur ^ötte nmnfdjt 
unb er, ber geborne ^reu^e, ben großen ^^ebrid^, mo er faun, 
tt)egen feineiS uermeintlid^ burd) unb burd^ unbentfd^en StiarafterS 
unb bed um unnötige Qvotdt uergoffenen ©luteö üor ©otteö unb 
ber Slad^roelt ®erid^t forbert, üerl^errlid^t ©d^ubart gauj in ©dritter« 
®etft in $rofa unb ^oefie, fo fe^r er au anberen Drten bie ®eg* 
nungen beö fj^iebeui^ t)erüorl)ebt unb bie ®reuel beö Sriegeö üer* 
iüünfd^t, ben trieg, ber bie SBelt grofe ntad^e, bie ßeben«gciftcr 
burddeinanber jage, bie ©eelen ber ^eroen wedEe unb bie SSöIfer 
öom eutmannenben ©d^Iummer aufjage, uub er, ber ©d^mabe, ift 
tüie ®oet^e Don S!inbl)eit an fein gauje« Seben ^iuburd) gut 
))reu§ifdd unb fri^ifd^ gefinut; fjriebrid^ ift i^m in feinen ®e* 
bid^ten ber eiujige, ber unerreid^bare, ber nie auj^gefungene 3Raun. 
SJeibe fmb Patrioten unb ^olitif er ; aber ©d^ubartiS ^atrioti^^mnö 
unb politifd^er SBIid finb praftifd^er, mel^r ber ©egenwart ju* 
gewanbt, oft wie prot)^etifdd in bie ^ii^iinft gerid^tet. SWit Slo))ftod 
— ob burd^ i^n veranlaßt, ftet)t bal)in — begeiftert er fid^ für 
^ermann ; f o in ben ® ebid^ten : beutfd^e g^rei^cit, bie @rf d^einung, 
an bie f5^eil)eit, SJaterlanb, beutfd^er ©prud^. ©o fel^r ift er, 
um ^ier aufg (Sebiet ber ^rofa überjufd^meifen, üom ^ermaun^* 
bewufetfein burd^brungen, ba§ er j. SB. im „Sebeu S!lemen8 XIV., 
römifd^en ^apftd" gleid^ im Anfang i^n mit ben größten ÜÄänneru 
ber ©ef^id^te, mit Säfar, ^eter bem ®rofeen, bie i^ren SSötfern 
einen neuen ©d)tt)ung gegeben, in einem Atem nennt, drfit 
fd^ubartifd^, micttjo^l burd)au3 nid^t HopftodEifierenb , ift bie ^u* 
fammenftettung ^ricbrid^iS mit ^ermann in bem^^mnu« „g^riebrid) 
ber ®rofee", wo bie beutfd)en gö^ften ju biefem fpred^en: „©ei 
unfer gütirer, ^^iebrid^ ^ermann!" — @r tooüt'«, ba warb ber 
beutfd^e Söunb. — Älot)ftod unb ©d^ubart Ijaben fid^ in ber geift* 
lid^en ^oefie üerfudit; beibe geraten barin ju fet)r in« SR^etorifd^e, 
woburdE) bie ed^te Änbad^t geftört wirb. Öf^imer^in brandet t)ier 
©d^ubart ben aSergleid^ mit Slot)ftodE nid^t ju fd^euen j unfre eüange* 
üfd^en ®efangbüd|er ^aben tjon beiben wenige Sieber aufgenommen, 
fo baö wttrttembergifdie t)on Slo^)ftod ad^t, üon ©d)ubart wenigfteu« 



280 IX. eä^nUxt al» 2)id^ter. 

brci. — Slopftod ift pat^cttfd^, aber aud^ fcntimcntal; ©d^ubart 
be^glcid^eti. !Dtcfc ©cntimcntalität jcigt fid^ bei betben in bet 
franfl^aften Siebe jum ©einen. 3Baö ©d^ubart betrifft, fo ^abe 
id^ biefen Smq fd^on oben erwäl^nt; aber andti in SIopftodEs Oben 
nnb in bcr SReffiabe werben tint SIRenge SCI^ränen üergoffen. 3)er 
erl^abene ÄlopftodE ift jngleid^ fel^r ujeinerlid^ nnb bie SCI^ränen 
nel^men fid^ bei i^nt oft tt)ie ©dtiönpfläfterd^en an^. Älo^ftod!^ 
5Wante ift berfil^mter ate ©d^nbartj^; wie eö aber mit ben Scfem 
ber Söieffiabe nnb leiber and^ ber Oben befteUt ift, weife jeber. 
Seine üon 8Iot)ftod{i8 Oben ift fo berül^mt nnb üolfentäfeig, wie 
bie prftengmft nnb baS Äaplieb. 3)abei fott nid^t beftritten 
werben, bafe Älopftod alö Dbenbid^tcr ©d^ubart nnenblid^ über* 
legen ift. — 

^6) fü^re nod^ einige (Sinjel^eiten an. Die Vorliebe für 
baö Spitl^eton „ebel", nantentlid^ in ber SJerbinbnng mit „fd^ön" 
— ,,fd^önc, eble ©eele" l^at ©d^ubart mit SlopftodE gemein. 
Änd^ „bie wenigen Sblen" finb, wie in ©d^iHer^ 3?änbem tm 
mal, fo in ©d^nbartö ^Briefen 2C. oft gn finben. ©eiber 35id^ter 
ßieblingiSbanm ift bie Sid^e, bie erft feit nnb bnrd^ SIopftodE alö 
üermeintlid^ nr* nnb fernbeutfd^er SBaum in nnfre 3)id^tnng ein* 
gebmngen ift; fo pliantafiert ©d^nbart üon SBpbaniS ©id^enl^ainen, 
wn tanfenbiä^rigen SBobani8eid)en, tjon ben ®id^enl^ainen bcr alten 
©ermanen nnb rütimt üon feinen SanbiSlenten, ben äalenern, ba§ 
fie fid^ auf ben SBipfeln i^rer ©id^en ftarf wiegten, nnb ein 
anbermal, bafe fie Segelfngeln über Sid^en fdtilenbern (©traufe II, 
241, 359). Der bentfc^e ©id^en^ain föHt i^m in feiner &titn^'^ 
befd^reibung 2, 261 mit bem beutfd^en SRufenl^ain jnfammen. 
Stu(^ bie 25orIiebe für „^ain" ift ed^t HopftocEifd^. Unter „|)ain" 
bemerft baS ©rimmfd^e äöörterbud^: „3)ag SBort ift länger aU 
feit 200 Qfal^rcn ein fiieblingiSauj^brndE unfrer Did^ter, in ben 
erften 3^iten nod^ in mäßiger, im 18. Qfal^rl^nnbert in überl^äufiger 
ätnwenbung," — befonberS, fe^en wir t)inju, bei Älopftodf unb 
feinen SSerel^rern, bei ben 3)idt|tern bei^ ^ainbnnbeiS unb namcntlid^ 
bei ©d^ubart. (SSon ÄlopftodJ bringt ba^ äöörterbud^ bloj^ brei 
©teilen.) SlopftodKfd^ ift bei ©d^nbart bie JBejcid^nung ®otte^ 
bnrd^ „ber Swigc" ober „ber ewige SJater", beiS S:enfefö bnrc^ 



IX. ©c^uBart al8 3)id&ter. 281 

„bcr ewige ©ünber", ber Spante ,;ffiIoa" ate \>t& ©d^u^eugete 
DOtt ©d^ubart« ffrau, bcv 5Wame ,;JBarbaIe" für Serd^e. Söenn 
©d^ubart in feiner ßebeniSbefd^reibuttg am ®tbe ber Sage, nad^bem 
bai8 ganje SBeltaH entfünbigt nnb neugeboren ift, ®ott bie erfte 
JJreubentl^täne weinen läfet, fo ift bieg SWad^Hang tjon SWeffia^ III, 
37 — 39. SQ3te Äbbabonna wieber ju feinem Srbarmer fommt, 
fo wirb ®d)nbart einft bie Stimme tjom Sl^rone f drallen l^ören: 
©d^ubart, fomm' ju ^Deinem Srbarmer. ©elbft bie Sobe^engel, 
bie nad^ S^rannen greifen, in ber ffttrftengruft erinnern an ben 
©d^luB üom 19. ®efang beö SWeffta«. Älot)ftodKfd^ unb oft 
rcd^t gefd^madJIoig (©trau§ II, 464) ift ber ®ebraud^ ber alt* 
beutfd^en a)it)tl^oIogie. ©d^ubart« fiieblingögott, ben er in Der* 
fd^iebenen SBenbungen nnb 3wfammenfe^ungen bringt, ift SDBoban; 
unb biefe SSorliebe für äBoban ift nid^t jufättig; ©d^ubarts 
fattH)fIuftige« äBefen, fein oft wütenbe« Ungeftüm, bie SSielfeitigfeit 
unb ©anbelbarfeit feiner genialen Siatur, felbft feine Siebe ju 
©ein unb aBeibern — bieö atte« gemal^nt an ben ^auptgott ber 
©ermanen. griebrid^ ben ®ro§en weife er nid|t beffer ju e^ren, 
ate burd^ ben Jöeinomen SBoban. ©onft tritt bei i^m nod^ 
S^uiÄfo ober Seut ate ©tammtjater ber Deutfd^en auf, unb wie 
SIopftodE in ber berül^mten Dbe fe^t er feinen fj^eunben ein 
„!DenfmaI in SBingoIfö fällte", ©tatt „Did^ter" braudtit er nad^ 
Slopftodfg Vorgang gern „Sarbe" unb mit Slopftodf fd^wärmt 
er für Dffian. — 

©0 feigen wir alfo ©d)ubart jeitleben« in einer gewiffen Ab* 
^ängigfeit üon ÄlopftodE; er fte^t unter feinem ©influfe, weife aber 
babei feine Originalität ju wal^ren. SBir ^aben i^n beöwegen 
oben ate ein tjerfprengte^^ ®Iieb bt^ |)aiubunbeÄ bejeid^net. I)er 
|)ainbünbler, ber am meiften auf i^n einwirlte, war fein JJreunb 
unb ©efeUfd^after SRitter in Ulm. SBir führen nur nod^ an, bafe 
aud^ bie geplanten Spen „ber verlorne ©ot)n" unb „©atani^ 
©ieberfel^r" burd^ Slopftodti^ ®eift in i^m angeregt fein mufeten. 
3um (gpifer war ©d^ubart atterbing^^ weniger berufen; e« fehlte 
i^m baju weniger ber flar orbnenbe SSerftanb, bie logifdtie Äon* 
fcquenj, afe bie d^arafterfefte Äu^bauer — unb barin liegt benn 
natürlid^ ein ^auptunterfd^ieb üon Älopftod. — 



282 IX. @d)ubart aU 2)td6tcr. 

Wlan mag mit 31. SBoJ^tmill unb ©aucr ©d^ubart uon Stugö- 
bürg unb Ulm an ben Stürmern unb üDrängern ben traft« unb 
Driginalgcnicö beijä^tcn; man barf aber nid^t tjergcffcn, bafe er 
bie ä^nlid^feit mit S'lopftod nie verleugnet unb ba^er immer eine 
gewiffe mittlere (Stellung jtüifd^en ben |)ainbänblern unb traft* 
genieß eingenommen ^at. t?alfd) ift bie oft (j. 93. in 5Die^er§ 
tonüerfation^IeEifon) gegen if|n tjorgebrad^te Slnftage, er ^abe 
feine geiftigen ^robufte in unftäter glüd^tigfeit unb o^ne fünft* 
ierifd^en @rnft gleid^fam auf ba§ Rapier gef d^Ieubert , ober, wie 
©trau^ II, 443 fid^ auiSbrüdEt, in ber ^^eube, meldte i^m ber 
Sfu^flufe be^ prftd^tig glül^enben OÄetaü^ gen^ä^rte, ^abe er eö 
bem Qn^aü übertaffen, meldte g^ormen ba§ auögeftoffene annehmen 
mod^te. Sang gefeilt ^at er freilid^ an feinen Did^tungen nid|t; 
um aber ha§ ©traufeifd^e ©leid^niö ju gebraud^en, tt)enn aud^ 
nid)t alte, fo bod^ fe^r uiele fdmen nad^ g^orm unb ^nl^alt Doß* 
enbet aus ber SBerfftätte feinet ©eifte^ ; benn fd^on toä^renb it)rer 
@ntfte]^ung ttjaren bie @mpfinbnngcn Dom SJerftanbe übertt)ad^t. 
3Bie !ann man einen äKann otjue Söeitere^ ju ben ungeftümeu 
©tilrmern red^nen, ber am 27. 5Wot)ember 1776 uon Ulm au§ 
einen in „^otteiiS 300 S3riefe a\x§ 2 ^al^r^unberten" befinblid^eu 
93rief an ben SIÄater 3Jiütler rid^tet: „^d^ glaube, ba§ bu ju öiel 
ffijjierft unb ju ttjenig tjollenbeft. !0u bift ein rcid^er a)iann, ber 
bie ©olbftüd^e nur fo o^ne fidleren Qxotd auö ber Safd^e nimmt 
unb untere SSotf l^infät. (£in 3Äann üon beinen großen ©id^ter* 
gaben mu§ nid^t forglog fein unb bie Sluggüffe feinet |)erjeu^ 
l^inftrömen laffen tt)ie glü^enbe Saua — munberbar aujufe^en, 
aber fengenb unb jerftörenb. 3)u fie^ft'iS je^o Har, tt)ie unfere 
Station au^ bem Taumel erujad^t unb bie tjon einigen ®enie^ 
tjerurfad^te Änard^ie tjerbrängt. ©d^au, aWütter — ®ott ift'§ 
größte ®enie unb ^at bod^ aüeö naä) ÜÄafe, 3al)l unb @ctt)id^t 
fo weiölid^ georbnet. ®enieS finb fid^tbare ©ott^eiten: foUten 
fie alfo nid^t aud^ bem @otte nad^a^men, ber ein ®o** ^'^^ ^"^* 
nung ift? — Sieber aÄüUer, bleib alfo ber Statur r 
getreu bi^ an^ @nbe unb bie trone ber Unfterf 
bein."? — liefen ÜÄann l^ielt ^erjog tarl für bet 
taire. — Da fommt nun freilidf) ba§ Vorurteil i' 



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284 IX. ©<^ttbart aU 2)ic^tcr. 

auf gefröntc |)äupter, öon bcnen bic erfte in bcn Anfang, bie 
jroci legten gegen ben ®ci^Iu§ feiner poetifd^en Saufba^n fallen, 
bem ^inbar nad|, oI)ne fid^ burd^ baö öfter üon il^m angeführte 
SBort ber ©arnung au^ ^oxaj warnen ju laffen. 5)ie fünftlid^en 
^lügel fd^moljen nnb er fan! in bie ^Int ober, wie ®tran§ fagt, 
öon ber ^öd^ften ^ö^e in bie orbinärfte ^rofa, um fid^ wieber 
gu erl^eben, ftd^ weniger ju üerfteigen, balb aber bie rid^tige SKitte 
JU üerlieren unb bag alte ©piet ht& äöed^fete jwifdtien ffiftremen 
gu erneuern, ©o fel^It c& biefen ®ebid^ten aUerbingö an |)ar* 
monie unb ®Ieid^mä§igfeit. 5)er |)t)mnu3 auf ©dritter fam nod^ 
unter bem Drud! beiS 3iiegerfd^en ®eifte§ unb Regiments ju ©tanbe. 
3ubem war biefer ©tu barauf bered^net, @ffe!t ju mad)en — unb 
bie^ ift bem ÜDid^ter gelungen. @r fd^wang fid^ fo l^od^ afe mög* 
lid^ jum |)immel empor, um ju ben l^öd)ften Üiegionen ber ffirbe 
JU bringen. 35ieiS gilt aud^ tjon feinem ^rofaftil. „5)a|i bu 
bcinen ßebenölauf auffd^reibft," fd^reibt er feiner ©attin am 
22. Df tober 1783, „ift mir äufeerft lieb. Subwig fann i^n einmal 
bei ber |)eraudgabe beS meinigen fel^r benu^en. SBenn id^ meine 
^reil^eit erlebe, fo wiD id^ bem ©til tttoa^ nad^l^elfen; benn bu 
fd^reibft jwar orbcntlidti, emft, einfältig, gutmütig, wie bein (B^a* 
rafter ift; aber für bie SBelt nid^t geblümt unb jierlid^ genug." 

aiubolf )D. ®ottfd^aU nennt in feiner $oetif unter ben |)5mtten* 
bid^tern ©d^ubart mit ben ^t)mnen: ber ffrü^Iing, g^riebrid^ ber 
®ro§e*). (&& liefen fid^ aber mel^rere ©ebid^te bajufügen, wie: 
an ®ott, 3)anf für bie ^arfe. I)ie (Srenje jwif(|en ^^mnu^ 
unb eigentlid^er Dbe ift ftreitig. 5)ie Dbe im engeren ©inn be^^ 
SBortS gelingt ©d^ubart beffer, weil er l^ier einfad^er unb natür^ 
lid^er bid^tet. — SKe^rere |)t)mnen unb Oben, namentlid) aud^ 
;3nfd^riften tjon ©räbern, finb reimloiS in freien iR^^t^men ge^^ 
bid^tet, fie ftel^en aber weit l^inter ben gereimten ®ebid^ten jurüdE. 

(g^ ift femer nid|t wal^r, was ©traufe beliauptet, ba§ ©d^u* 
bart nur ben ©offuj^ unb bie ©teljen fenne. ©trau§ felbft nennt 

*) 3n bcmfelbcn 3«f<nnnienl&ang fagt ö. ©ottfd^citt: ^2113 bic S^cutfd^cn 
in griebrid^ bem ©rogen toieber einen üolfötümlt^eu gelben l^atten, folgten 
ffkamltt unb Älopftorf (I) bent SBorgang beS ©orag unb feierten feinen a'hil&nt.'' 
^aS m^tx^t toaxtt diamUx, ©toalb k)on ^leift, @(^uBart 



IX. @d)ubart als ^id^ter. 285 

mcl^rcrc ©cbid^tc, in bcnen ^atl^o« unb ffit^oö aufö fd^önftc ücr* 
fd^moljen ftnb unb bic braufcnbe SBcgetftcrung üon bcr ÜRad|t bc5 
®cbattfcn<^ tnncrl^alb bcr gcbül^tenbcn ®rcnjcn gcl^altcn wirb. 
Mo6) einen ?ßunft l^ebt ©traufe l^erüor. !0u l^ätteft, fo läfet er 
©dritter« ®eift ju ©d^ubart fagen, nid^t Ijeute ber lieben ro^en 
Slatur in beiner SJid^tung ben Sauf laffen fotten, um morgen, 
am ©onntag, mit ber t)octifd^en ©tangc im Slebel l^erumjufal^ren. 
SDWt biefer ?(poftrot)l^e ift ©d^ubart nid|t gel^örig gewürbigt ttjor* 
ben. ©traufe mufete am beften wiffen, ba§ ©d^ubart in üielen 
©ebid^tcn, wie im Saplieb, in ber Sinbe, an gtv ^^^ 5Watur t)er* 
cbelt, il^r ein ibealeiS Gepräge aufgebrüdft l^at; im anbem 5^ß 
wäre er bc^^ SWamenS !Did^ter nid^t würbig. SBenn man 9latur* 
unb Runftbid^ter untcrfdtieibet, fo ift bie<^ immer cum grano salis 
ju öerfte^en. Qfn feinen geiftlid^en ßiebern ift freilid^ tjiel 3)unft unb 
9lebel, üicl gemad^te unb aufgebaufd^te Smpfinbung ; aber ©trau§, 
ber in allgemeinen Jöel^auptungen gegen ©d^ubart ungered^t wirb, 
um bann im Sob ber eiujelnen (Sebid^te ben aßgemeinen Säbel 
jurfidtjunel^men, fü^rt felbft mehrere wo^Igelungene geiftlid^e ßie* 
ber ©d^ubartö an; bie Söitte „UrqueU aller ©eligfeiten" mit 
il^rem „erl^abenen ©d^wung" ift mit Ked^t in« württembergifd^e 
®efangbud^ aufgenommen unb gel^ört ju ben beliebteften Siebem 
bcr cüangclifd^en Sirdtjc SBürttcmbcrgiS ; ha^ Sieb „fall auf bie 
®emeinbe nieber" ift in fetner gereinigten ®eftalt aufgenommen 
unb jcid^net pd^ burd^ ®eift unb JJeuer, burd^ eble |)armonie tjon 
®efül^l unb ©cbanfen au«. DaiS Sieb „ber Trennung Saft liegt 
fd^wcr auf mir" entölt ben Sroft bed ©ieberfe^en« in ibealer 
®eftalt unb ber ©d^lufe : „D ©ieberfc^n, o äöicberfc^n, wie tröfteft 
bu bie ©eele!" ift mir tjor wenigen Qfal^ren auf einem ®ang 
burd) ben Uprd^^of in Sannftatt ate Qfnfd^rift tjon ®rabben!« 
mälem mel^rfad^ aufgefallen. 5)a| ©d^ubart ®elftlid^e3 unb 
fficltUd^e« gcbid^tet l^at, ift nid^t nur nid^t ein Jöcweiö üon Sin* 
feitigfeit, fonbem im ©cgentcil tjon SSielfeitigfeit. 3Öenn ®oet^e 
in feinem Sßter feine fd^merjlid^c SSerwunberung barüber an^^ 
fprad^, ba| er fo t)iel gcmad^t f)aht unb bod^ leind feiner ®ebid^te 
in einem ®efangbud^ ftel^cn fönnte, fo fann fid^ ©d^ubart tröften; 
er l^at t^ in feinem ganjen Seben nie jur reinen |)armonie ge» 



286 IX. @d^nbart M ^d^ttt. 

bracht; aber, wie ©oetl^c fagt, bte 3BeIt tft üoöcr SBibcrfptuc^, 
ba§ fiebcn tft au^erorbentlid^ üteifcitig unb bte ICid^tung fott ja 
eben ba^ Seben fpiegeln. SÄur wem bte SReligiott äbetl^ainjt 5)U!tft 
uitb SÄebel tft, faitn ha^ Diditen eine« religiöfen Siebe« afe dn 
|)emmfa^ren im ^immlifd)en SÄebel begeid^nen, 3Bie nun, wenn 
©d^ubart, um bie ©puren be« ©trau^'fd^en ©ebanfengang« ju 
tjerfolgen, ben ©pie§ umgebre^t unb feinem Sanb«mann einfeiti^ 
gen $Jbc;iU«mu« vorgeworfen l^ätte? 

SBenn ®trau§ II, 449 bemerft, bie Einteilung üon ©d^ubarts 
©ebid^ten in geiftlid^e unb weltlid^e fei jwar l^öd^ft altmobifd^, 
aber für ©d^ubart l^öd^ft begeid^nenb; ber blofee ©ebanfe, einem 
unferer faffifd^en !Cid^ter eine foldtie ©nteilung anjufmnen, wirfc 
ber Ungereimtl^eit wegen fomifd^, fo ift barauf ju erroibem, ba§ 
Slopftod!, ber bod^ aud^ ju ben Slaffifem gehört, feine ©ebid^tc 
in Oben unb geiftlid^e fiieber eingeteilt unb t)on einanber getrennt 
f)at, bafe .^erber au§er feinen Silbern unb S^räumen, politifd^en 
unb pl^ilofopl^ifd^en ®ebid^ten in feinen äöcrfen eine eigene Ab* 
teitung : ffi^riftlic^e $t)mnen unb Sieber nebft einem Slnliang fird^* 
lid^er Kantaten ^at, ba§ fogar ber wn ©trauB bewunberte ®oet^e 
nad^ feinem eigenen ©eftänbni« eine ©eite l^atte, bie bei biefem 
„SBeltfinb" nad^ bem ^immel beutete, eine ©eite, ber wir mand^e« 
tief dfjriftlid^e SBort in ®ott, ©emüt unb SSSelt, mand^en ©euf^er 
nad^ 9fhi^e unb ^rieben unb jenen wunberbaren E^orgefang t)er* 
bauten, wetd^er bem 3^auft bie giftgefüöte ©d^ale üom SDhinbc 
wegjiel^t, obgleid^ biefe religiöfen ^artieen atterbing« fid^ nid^t 
für ben Sird^eugebraud^ eignen. 

©trauß finbet ferner (II, 446), um jum äBcltlid^en jurüdt* 
juleufen, in ber ganzen ©ammlung ®ebid^te faft fein gelungene« 
Siebe«lieb, gerabe wie fein einjige« SErinflieb — wenn wir bod^ 
ba« ©d^nap«lieb be« üerfoffenen ©d^ufter« nid^t ^ie^er red^nen 
woHen — , fonbern nur eine ^atinobie an Söacd^u«. „SBeibe« au« 
bem gleid^en ®runbe: weil fein ©enufe in beiben Gebieten wüft 
unb wilb, einer poetifd^en Söel^anblung gar nid^t fällig war. ®e* 
rabe jene SSerfd^meljung be« ©innlid^en mit bem ®emütlid^en, 
weld^e ben 9tei} wie bie SSiei^e be« äd^ten Siebe«liebe« au«mad^t, 
ftanb ©d^ubart al« Did^ter nid^t ju ©ebote, weil fie i^m al« 



IX. (BdjVihaxt aI8 a)td)tcr. 287 

3)Jenfd)ett fremb war." Mein tva^ bie S^rinfliebcr betrifft, fo 
loiffen mx, ba§ ©d^ubart in ffirlangen beren oicic gebid^tct l)af^ 
ba| aber alle üerloren gegangen ftnb. Übrigen^ bringt er ben 
Sein in feinen jtüei gelungenften (Sebid^ten, in ber ?(uj^fid)t unb 
im SapHeb am redeten Drte an, nnb bie§ ift mel|r tuert, afe 
jnjanjig ©ein* nnb 2^rinflieber, an benen unfrc Sitteratnr über* 
reid^ ift ' ©nblid^ l^aben JBürger nnb ©untrer, ® dt|nbart<^ ® d^id* 
fate* nnb ©eifteöbrüber, uerfd^iebcne tüo^Igelungene Slrinttieber 
gebietet nnb bo^ — l^ielt fidt) i^r ©eingenn^ immer innertialb 
ber gebill^renben ©d^ranfen? fjolglid^ fann ber üon ©trau§ an* 
gegebene ®mnb ni(l)t rid^tig fein. @r trifft ebenfo ttjenig bti ben 
SiebeiSKebern jn. Äud^ t)ier finb nnö nid^t alle einfd^Iagenben 
®ebid^te ©d)nbartiS anfbel^atten. ij^nbeffen enthält unfre ©amm* 
hing üon ®. 410—441 eine Üiei^e fotd^er Sieber, nnb unter 
il^nen immerijin mehrere, bie jene üon ®tran§ mit Med^t tjerlangte 
@inl)eit beg ©innlid^en nnb ®emätlid^en jeigen, Der Sefer n)ä^Ie 
unb prüfe f elbft. ©trau^ f elbft giebt ttjenigften« eine Änönal)me 
ju, ba« ßieb: „An f5^\" SQ3enn übrigen« ©trau§ mel|r fiiebeö* 
gcbid^tc verlangt, fo ift ju bebenfen, ba§ ©d^nbart fid^ frü^, öiel* 
leidet mel jU frü^ üerlieiratet i)at, fo ba§ fidf) feine ^ö^tfi^^^it 
me^r feiner (Sattin juwanbte, bie er aud& mirflid^ in melireren 
®ebid^ten befingt, ^\i6) f)m muffen tt)ir jum ©d^Iu§ auf bie 
^araUele mit ©üntl^er unb ©ürger uermeifen, bie beibe, bei einem 
anöfd^ttjeifenben äBanbel, an Siebe«gebid|ten fel)r frud^tbar ttjaren. 
— Über bie oon ©traufe alö plump unb rol^ getabelten S33ar* 
nnngen üor ber ©oüuft in mehreren an n)eibtid^e ^erfonen ge* 
bid^teten Siebern tjergleid^e oben. 

5)em ®ebid^t: an gr. reil^t ©tran§ mit SRed^t ba« ©ebid^t: 
J^eon an äBil^elminen an; mid^ mnnbert, ha% er „an ®uibat'V 
Sotten« ®iegenfeft, an «malia unb ätjulid^e überfetien ^at. 

3)en folgenben Äuöeinanberfe^ungen ©tranken« fönnen n^ir 
efier beiftimmen: „Seid)ter — lieber: ebenfo leidtit — gelingt e« 
Sd^ubart, burd^ SJerfe^ung in eine frembe, nnb jroar ganj mx\)t 
ÜioIIe, bie Siebe«empfinbnng in i^rer Sin^eit unb ©d^önlieit ju 
treffen: in einigen feiner SBauerntieber finb and^ bie erotifd^en 
^artieen uortrefflid^ geraten. 



288 IX. (^ubart als SHi^ter. 

atcincr aU bic fitcbe im cngcrn ©inn famcii in ©d^ubart 
bic ©mpfinbungcn bcö ©attcn nnb SSatcr«, bcr J^cunbfci^aft unb 
bc^ ^äuölid^cn SBc^agcn^ jum !Dafrin, unb fo tft il^m aud^ il^t 
bid^tcrifd^cr Äu^brud! bcffcr ober bod^ pufiger (?) gelungen. 35a« 
®ebtd^t : Sin meine ©attin, in einer Äranfl^eit — tft ein rül^ren* 
bc« a^enfmal el^elid^er Särtlid^feit, unb in all feinet «nfprud^«' 
lofigfeit bodti aud^ ber fform nad^ fel^r ju toben; bie btiben ©ei^ 
tenftüdEe: ber e^elid^e gute SWorgen unb bie e^elid^e gute Siad^t, 
fowie ba« unter fo eigentümlid^en Umftänben entfprungene : ber 
glüdflid^e ©bemann — finb gemütlid^e Silber l^äu^ltd^en ®lüd!eö, 
für weld^ei^ ©d^ubart wenigften« jeitenweife eine tiefe ©m^fäng* 
lid^feit befafe. (Sine ganje SBinterib^lle fted^t in bem jicrlid^en 
^^ebid^te: 3)er erfte ©d^nee, bem aud^ ba« leidste unb l^fi^fenbe 
Slot)ftodEfd^e S5er3ma§ trefflid^ fte^t," 

Unter ben ©ebid^ten, bie (Sm^finbungen fd^merjlid^er ärt mit 
üoQer ©tärfe auöbrüdfen, nennt ©trau§ baö ®ebid^t: SOteinem 
fjreunbe SR ... . am großen tfteil^eitiStage gemeil^t. „(&§ brüdtt 
bad freubig'fd^merjlid^e ©efü^l beö gefangen 3uräd!bleibenben bei 
ber ^Befreiung feine« g^reunbe« »arm unb ebel au«. — 5)a« Sieb : 
?tn ben SWonb — jcid^net ftd^, einiger Sängen ungead^tet, bod^, 
au^er feiner ^fnnigfeit, unter ben uujä^ligen 9Äonbliebern unferer 
ßitteratur fd^on burd^ ben eigentilmlid^en Slal^men au«, innerl^alb 
bcffen l^ier ber SKonb am l^anbbreiten ©ttterfenfter eine« ©efan- 
genen erfd^eint. 5)ie Sinbe — obwohl fonft freie 3Ser«ma§e 
©dtiubart leidet in« 3Beite führen — ift bod(| eine in fid^ ge^ 
fd)loffene, im ®anjen gut burd^gefü^rte Allegorie, ©nblid^, um 
ba« aSefte julefet ju nennen, bie ?lu«fid^t — tt)o ber 5)id^ter fid^ 
an bem entsttdenben Panorama be« ^«perg« »reibet , bann ben 
tflor be« ®ebanfen« an feine ®efangenfd^aft barüber fallen lä§t 
— biefe« ®ebid^t ift eine 3^9 für 3^9 muftergültige ©legie. — 
%n ben ©d^merj grenzt ber Qoxn: ma« ©d^ubart im %u«brudE 
biefer ©m^finbung, in ber Qfnüectite, leiften fonnte, jeigt feine 
Prftengruft." 

Sei ©d^ubart« geiftlid^en Siebern !önnen A)ir un« »ieber 
©traufe' S!(u«fül^rung im ©injelncn gefallen laffen, wenn er f d^reibt : 
„^n ©d^ubart« geiftlidien Siebern unterfd^eiben fid^ biejenigen, 



IX. @(^ubart aU ^x6)ttx. 289 

wcld)c einer bejicl^ngiJioeife natürlid^en SRcHgion angcprcn, nod^ 
merfUci^ ju tl^rem 93orteiIe t)on ben eigentlich bogmatifii^en. ^ad 
SJerttauen anf ein ^ö^cre« Sßjaltenbe (tüarum nid^t: auf einen 
l^ö^eren SBaltenben?), in bcffen ©d^ofee unfcr Sinjelleben nnb ®e* 
fd^icf xui^t, i[t in ben üerfd)iebenen SKorgen*, ?tbenb* unb SÄad^t* 
liebem be« ©efangenen nid^t feiten fd^ön unb n^ol^ltl^uenb aui8* 
gebrüdft; aud^ feine ©elbftanf lagen, xoit in bem ®ebid^t: Jlngft über 
f elbftt)erf d^ulbeted fieiben — finb ergreifenb ; bie g^eube über bie 
geglaubte Sutfünbigung — in ben Äbenbma^teliebern — innig; 
bie S5itte: Urquell alter ©eligfeiten i^at einen erhabenen ©d^wung; 
affeiB aud bem ©runbe, weil eö l^ier ber S)id|ter burd^au« mit 
ficä^l' felbft, feinen eigenften (Smpfinbungen unb ^i^ftänben ju tl^un 
l^at. @obalb ed in bad bogmatifd^e, in bie äBei^nad^td« unb 
^affion«lieber, in bai^ n)eitfd^id)tige ®ebiet ber SBorftellungen über 
bie ^erfon ffil^rifti unb bie ©rlöfung l^inüberge^t, begegnet uniS 
immer mel^r ^roftige^, ftatt ber ©ntpfinbung nid^t feiten ^l^rafe, 
toeld^e in ben nod^ tjon ®eiÄlingen ^errttl^renben ©terbeliebem 
oft in ben füfterartigen 3;on ^erabftnft, wä^renb fte im fiobgefang, 
im SBlidt ins ?tll unb fonft fid^ in« Unge^euerlid^e üerfteigt." — 
IDie« !ann bod) nur mit (Sinfd^rönfungen jugegeben loerben. 
Senn ©d^ubart ju bem ^afftonslieb : „gaU auf bie ©emeinbe 
nieber" offenbar bie Anregung burd^ ben öffentlid^en ®otte<^bienft, 
bei bem er jugegen war, befommen l^at, fo ift bei il^m bie eigene 
(£ttH)finbung mit bem fird^lid^en Sewufetfein jufammengefloffen. 
S)ieö gilt aud^ üon bem ßieb: „5)er Trennung ßaft liegt fd^wer 
auf mir", mo fid^ ha& inbioibuelle SBemufetfein jum ®emeingefttl^l 
erweitert. vv 

Unfern gangen ©eifall l^at ©traufe, wenn er bie ßieber im ^ 
S5ol!«ton fd^ilbert. „ffür ©d^ubart war ba<^ 2tbtn beö nieberen 
SSol!« nad^ feinen tjerfd^iebenen Stoffen unb in feinen eigentüm* 
lid^en 3ttftänben, ©m^finbungö*' unb ÄuiSbrudEigweifen ein ßebenö* 
gebiet, innerl^alb beffen er fid^ wie bei fid^ felbft ju ^aufe fanb. 
SBar bod^ nad& feine« ©ol^n« SJerid^t in allen ßagen feine« Seben« 
an il^m bie Steigung bemerfbar, fid^ lieber ju Siiebrigern, afe ju 
®leid^en unb ^ö^em ju gefetten, um frei tjon 3^^^9 ^'^^ ®c^* 
ftettung reine Statur ju nel^men unb ju geben; in ©pinn* unb 

^auff, Gdgubatt in feinem Selben unb feinen SOSetlen. 19 



290 IX. @d)ubart aI8 J)td&tcr. 

SBad^ftubcn, auf Sanbftra§en unb in ^wtiftl^erBcrgcn ftubictte er 
ben fianbmann unb \>a^ Sanbm(lbci^cn , bcn |)anbn)crfeburfd^en 
unb ©olbatcn unb lieg nun iebc§ in feiner Art in fiiebern fid^ 
au^fpred^en, benen unfre ßitteratur in biefem g^ad^e wenig ober 
nid^tj^ an bie ©eite ju fefeen \)at SBeld^e frifd^e SWatürlid^fcit 
unb bod^ faft d)oraIartigc äSei^e im 85auer in ber Srnte; ttjeld^ 
beJ^agüd^eiS unb nieberlänbifd)ei8 ©emälbe — ber SJauer im SBinterf 
mit naiü bie bräutlidt^en Smpfinbungen in fiifefö SBrautlieb ; enb* 
lid^ wie „l^erjig" bie ©d^ilberung, weld^e ber S3ub t)on feiner 
ßifel unb i^ren SSorjügen entwirft, im ©d^wäbifd^en SBauernlieb. 
!Die jwei le^teren unb nod^ einige anbere biefer Sfrt wirlen, o^ne 
im Dialeft gefd^riebcn ju fein, fo örtlidti unb eigen, wie !DiaIeft§^ 
poefie," (©traufe giebt l^ier ben fjranf furter Herausgebern, bie 
bruden liegen: baö traute fiifcl mein — bie fie^re, bag ber 
©d^wabe fagt: baj^ Sifelein ober fiifele, aber bie fiifel.) SBeitcr 
nennt ®6)ubaxt ben „trefflid^en" ©d^neiber unb ba§ „untjergleid^*^ 
Hd^e" Saplieb; er meint, ba^^ i^x'\äitxlub fei trofe feine« etwaig 
fdtilüpfrigen ©^luffeS fd)werlid^ ju f dielten unb fä^rt fort: „©d^ul^ 
meifter unb ^rouiforen weig ber gutntütig fd^alftiafte !Did^ter über 
bie SBürbe i^reö ©tanbe^^ burd^ ^inweifung auf beffen SQSürbe gu 
tröffen; ber ©ettelfolbat enblidf), ber mititärifc^ fräftige Soten^ 
marfd^, aud^ ba« ®ebid^t auf Dberft SRieger^^ Xob im Sßamen ber 
©arntfon jeigen, bag ber 5)id^ter nid^t umfonft Qfal^re lang unter 
einer fold^en gelebt l|at." 

(£r mad^t bann barauf aufmerffam, bag ©d^ubart ate moberner 
Slaturltirifer bie öerfd^iebenen i^m ftimmungst)erwanbten ©tänbe 
gerabe fo füllten unb fpred^en lägt, wie fie wirflid^ fpred^en unb 
empfinben, b. i), aUerbing« naiü, aber bod^ mit einem Qn^ai^ üon 
SlefteEion, ?ßatl^oS, ©entimentalität. !Dat)on war fd^on oben bie 
atebe, Siid^t ju ilberfetien ift l^ier ber religiöfe fj^ftor, ben ©traug 
felbft anbeutet, wenn er üon ber d^oralartigen SSJei^e bej^ ®ebid^tj^: 
ber ©auer in ber ßrnte rebet. @ben burd^ biefe religiöfe Äuf^ 
faffung i^reS ©tanbeg werben bie SBauern, ©olbaten, ©d^ulmeifter 
— ©d^ullel^rer gab eg bamalö nod^ nid^t — über i^ren ©tanb^ 
l)inauggc^oben unb über feine SBürbe getröftet. 35iefe S3emerfung 
gilt wenigftenS Don mehreren, wenn au^ nid^t tjon allen Siebern 



IX. ®(i6ubart aI8 3)ic§tcr, 291 

biefcr Älaffe. 3Benn ©d)ubart bcn ^roüifor fingen Iä§t: „^m 
|)immcl tft nnfrc SBcIo^nnng bereit", fo moUte er bamtt nid^t 
f))otten, fonbent tröftcn. Sltterbingj^ aber fommt in biefcn ßiebetn 
öorjug«n)eife bte fogenannte natürlid^e unb nid^t bic bogmatifd^e 
Sieltgion, oba* biefe bod) fo attgemein unb cinfad^ afe möglid^ 
gnm Sudbrud!. 

„(Srjfii^lenbe ®cbid^tc/' fälirt ©trau§ fort, „mod^tcn ®d^u^ 
bart fo weit gelingen, afe fie nad^ Umfang unb ij^n^alt über ba« 
ü)ia§ berjenigen Srjä^Iungen nid^t l^inau^gingen , welclie er bei 
©elegenl^eit unb guter ßaune in gefettigem Greife münblid^ ju 
geben p^egte. fiubwig ©d^ubart meint, fein SSater fei mit atten 
®aben jnm größten epifd^en ©ebid^te auiSgeftattet gewefen unb 
bebauert, ba§ ber Anfang: bcr üerlome ©ol^n burd& SRieger üer* 
nid^tet worben, tixi anbere^ aber : ©ataniS SSSieberf el^r gar nie jur 
ÄuÄfül^rung gefommen fei. ^ä) meinedtcife §alte öeibeö für ein 
®IüdE, nid)t blofe für un§, bie wir nun bod^ bie fd^Ied^ten |)eja* 
meter nid^t lefen müjfen, bie ©d^ubart ju mad^en pflegte, fonbem 
aud^ für feinen eigenen Slu^m. Die Ie|tem jener ©popöen o^ne* 
l^in, unter lauter Sngeln — gefattenen unb aufredet gebliebenen, 
abgefd^iebenen ©eelen unb ^erfonen ber ©ott^eit fpielenb, l^ätte 
nur eine fd^eufelid^c Sarrifatur ÄlopftodJö unb Satjater^^ werben 
fönnen; bod^ and) bie anbere, bie bem Sitel nad^ menfdtilidjier 
fd^eint angelegt gewefen ju fein, l|at SJHeger üom red^tlid^en ©tanb* 
puntte jwar mit Unred^t, t)om äft^etifdien aber mit JRed^t üer* 
nid^tct, ba fie gewi§ ebenfo unpoetifd^, afe fromm war. S)er 
aft^matifd^e ©d^ubart unb ein ®po3 tjon jwölf ©efängen! S)en 
fd^on bie Heine Segenbe tjom wunbert^ätigen Ärujifij,. übrigen« 
ber Senbenj unb einjelneii ^artieen nad^ eine red^t löblid^e arbeit, 
fo merflid^ au^er Atem bringt." 

Jöei ©d^ubart« ffiwigem Qfuben muffen wir länger üerweilen. 
^elbig in bem ©erfd^en: „!Die ©age tjom ffiwigen Qfuben, i^re 
poetifd^e SBanblung unb gortbilbung. »erlin 1874, 196. |)eft 
in bcr ©ammlung gemeinüerftänblid^er wijfenfd^aftlid^er Vorträge", 
fowie in bem baöfelbe S:i^ema be^nbelnben Ärtifel ber ©arten* 
laube 1874, 8 erweift unferem ©d^ubart eine ju gro§e (gl^re, 
wenn er bel^auptet: „Der erfte größere Did^ter, ber ftd^ ber ©age 



292 IX. ^6)nhaxt aU 2)id^ter* 

Qcftaltenb bemäd^tigt, ift Efir. gr. 5)an. ©d^ubavt. @r cnttptrft 
in feiner Jfttictpfobie „ber ewige $Jube" ein ebenfo grä§lid^ei8, ate 
er^abe^e^ ©ilb" 2C. 5)ieg ift nnn ganj falfd^. 9li(§t ©d^ubart, 
fonbern ®oet^e ^at bie ®age juerft poetif<i^ bearbeitet. 9lad^ ber 
6:^ronologie ©oet^efd^er ©d^rijten l^at ®oet^e 1773—74 bie SSrud^- 
ftüdfe beg ©roigen Q^uben tjerf a§t; ©öbefe oerttjeift ba^ ®ebid^t 
in bie 3eit üon 1769—75; ÜÄid^ael S8ernat)3 in „ber innge 
©oetl^e" ftettt eg jwifd^en ©latjigo nnb ^romctl^euS, bramatifd^e^ 
Fragment; ©d^nbart« Itirifd^e SR^ctpfobie hingegen ift iebenfattö 
anf bem ä^perg nnb jroar n^al^rfdieinlid^ 1783 entftanben. Slo^* 
ftocf l^ätte bei igefn @ang anf ©olgatl^a im ad)ten ®efang bes 
3Reffia0 ben ä^agüem^ auftreten laffen fönnen. !Diefe SBemer* 
fung mn^te fid^ nnfercm ©d^nbart bei feinem SJortrag be^ SKeffia^ 
in Slug^burg aufbringen ; fagt er bod^ in feinem 2tb^n auöbrüdE* 
liä): „SSom ad^ten ®efang an fd^ien mir ber ©trpm ber ©m^fin^ 
bung nnb be§ SBeifattS etwas ju ftoden. SÖian t)erlangtc bie ^m 
angfü^rung bcö üßeffiaig jum Zobt mit anjufe^en, um baran 
^erjlid^en ?lnteil nel^men ju fönnen. ©er Sat^oK! befonberjS pa§tc 
auf bie tjielen Einfälle :J$efu unter ber ÄrenjeSlaft unb auf bie 
^^jifobe ber SJeronifa; aber ftatt beffen nimmt ü^n ber SJid^ter 
mit unter ben feiemben Sreis ber ®ngel auf bem 2iobeg^ügeI" 2c. 
5Die Sude, bie Slopftod offen gelaffcn, fud^tc nun ©d^ubart avi§^ 
jufüllen. ffir felbft mar, wie ?ll^a§t)erttö, t)on innerer Unrul^e ba 
unb bortl^in getrieben; ba0 ewige ©inerlei mar beiben eine uner* 
träglid^e ßaft; unbebad)te Sieben mu^te aud^ ©d^ubart fd^wcr 
büfeen; bie ©träfe ftanb hü beiben nid^t im rid^tigen SSerJ^ältniS 
äu il^ren SSergel^en; ©d^ubarts bunfleS ®efängniS war für il^n 
eine |)ölle unb mit ?l^aSt)eruS feinte er fid^ nad^ (Srlöfung. SSJie 
jene ganje Qtxt, fo befd^äftigte fid^ aud^ ©di)ubart lebl^aft mit ber 
Seigre üon ben ewigen ©trafen. %U i^n, wie 8ieid^Iin*3Kelbegg 
erjä^It, fein Sanbömann, ber fpätere |)eibelbergcr S^^eolog @. @. 
^auluö auf htm 2(ö:pcrg befud^te, bat er i^n, bei feinen ^iftorifd^* 
tl^ologifd^en SSerfud^en befonberS auf bie Sntftel^ungSgcfd^id^te bc« 
Dogmas üon ben ewigen ^ööenftrafen aufmerffam ju fein, ^n 
bem ©ebid^t: ,,ein SBIidE ins Ätt" freut fid^ ©d^ubart auf bie 3eit, 
wo fein SEob mel^r ift, fein gequälter @eift auS beS äbgrunbs 



IX. Sdftubart nI8 S)tc^tct* 293 

Jicfcn röci^clt unb ®ott OTcö tft in «Den. 55tefcr ©cift ber 
ÜJHIbe but(f|bringt aud^ feinen ®tt?igen ^ubcn. ©d^on böö ift 
mcrfmürbig, ba§ nid)t ^^cfu^, fonbern ein Jobeöengel bem 3t§aÄüer 
feine ©träfe anfnnbigt. ®n (Sngel trägt enblid) ben t(^a«J>er 
nadi faft 2000 jäliriger äBanbcrung in ein ®ettilft beö Samtelö: 

n^a fc^Iaf nun, fprad) ber @ngel, 2l^aSi)er, 
(oAIaf füfecn ©d&Iaf; (Sott ^ürnt ntdftt ttüXQ." 

üDie in ber erften Äui^gaBe nod^ folgenben SSerfe: 

SBenn bit ermad^, fo ift er ha, 

S>eS »lut auf (Solgat^a bu fliegen fa^ft 

Unb ber aucö bir öergei^t — 

l^at man fpäter weggelaffen. $)iefe tnberung fann nnr t)on ßub* 
tt)ig ©d^ubart l^errü^ren, bem ber ®d^lu§ 5« mt)ftifd^4l^eDfD^)l^ifd^ 
erfd^einen mod^te. 

9?ad^ Subwig ©d^ubört« SDWtteilung war biefcr ®»ige Qfube 
blo§ ©md^pdf eineiS größeren nnb t)ieBeid^t be« origineHften 
^ßfottig, ben ©d^ubart Je entwarf. Ä^ag^er fottte wa eittö^ Serge« 
^öl^e l^inabfel^en in ben Ojean öon ^^it, ben er bnrd^ppgt l^atte, 
unb ba foOte er bann in einer Steige t>m ®(^ilberungen ein gro^d 
et)ifd^e« fjrei^logemälbe entwerfen t)on all ben unge^cttern ©d^au* 
fpielen, Slatur* unb SRenfd^enreöoIutiönen, bie er erleit. ©8 war, 
behauptet Subwig @d)ubart> eine SBoHuft, ©d^ubart beim blinfen* 
ben Reld^laiS t)on biefet Siebling^ibce reben gu l^ören, (Sx filierte 
ein übermenfd^tid^eiS SBefen auf, bai^ im ganjen ©cbict ber wirf«^ 
(td^en unb ber ^^^abelwelt feine§ @teid^en nidtit ^ot, emporragenb 
über JRaum unb Qtii nnb bennod^ ben öoHen ^itxsipd ber ÜRenfd)* 
Hd^Ieit tragenb. Unb wad tl^ut biefer fibermenfdtlid^^menfd^Iid^e 
f)elb eine« fo großartigen ®ebid^t«? (gr ift, wie Ooetl^e« ©d^nfter 
ai^a^uer, bct gereifte SRann, ber SEBunber o^ne ^^^^J gefeiten. 
©d^ttbartÄ ^Ib, belehrt un« finbwtg ^d^ftbart weiter, fa^ ben 
^a be« rftmifd^en ftoloffeö, fa^ ba« ^a^)fttum, fa§ bie aicfor* 
mation, fal^ ben $a(bgott Solumbu« ; er l^at aQe Steile ber (Srbe 
befud^t; ift ergaben über SBäd^er nnb aQe« ünenfd^engemäd^t nnb 
fd^ilbert, wa« er erfal^ren* Die genannte „Itirifd^c 9ll^a^)fobie" 
entl^ält nnr ben @d)Iu§ biefe« ^lan«; ba« Übrige blieb nnan«« 



294 IX. (Bäiuhaxt aU S)t(^ter* 

geführt. S93ie bei ©oetl^e: ber $Ian ju einem (Spo^ t)ertümmett 
ju einem Srud^ftüd. ©d^ubart täufciite fid) über feinen Sjeruf 
jum ®po8 unb über bie SWatur bei^ fpröben, nnbanfbaren ©toffeS. 
Seim blinfenben Äeld^glaiJ fid^ in ncbell^afte Legionen verlieren 
unb biefen Slebelgebilben fjorm, Kl^arafter unb Äui^brud geben, 
fie ins wirfliciie Seben einfül^ren — baS ift jweierlei. iDiefe« 
SSrud^ftüd beiS ge))Ianten @po<B ift bnrd^ fein nert)enerf(i^üttembed 
?ßatl^oi^ für bai^ Snaben* unb QfünglingSalter ungemein anjiel^enb, 
fann aber t)or einer reiferen Setrad^tung nid^t ©taub l^alten. @« 
ift ber Qfammer, nid^t fterben ju fönnen, »aS auf VS)aSt)tt laftet. 
einem 9iero unb ffi^riftiern fprid^t er ^ol^n, nid^t auiS $a§ gegen 
i^re S^^rannei, fonbem um üon il^nen getötet ju »erben; er 
ftürjt fid^ mie @m^eboIIei^ in ben ^tna, aber nid^t um bie Urfad^e 
ber üulfanifd^en (Srfd^einungen ju ergrünben, fonbem um in ben 
flammen ben erfel^nten Sob ju finben. S38ie fann ein mit bem 
glud^ belafteter, ruhelos, gefpenfter^aft »anbember Übermenfd^ 
bie (Spopöe ber Sßeltgefd^id^te mit Harem 9uge betrad^ten? SBad 
ift ba« Ergebnis biefer Setrad^tung? „@e^en muffen burd^ Qfal^r* 
taufenbe baiS gäi^nenbe Ungel^euer (Einerlei! Unb bie geile l^ungrige 
3eit immer ftinber gebärenb, immer Sinbcr üerfd^Iingenb." (SSgl. 
meinen 9uffa^ über bie ©age t)om @migen ;3fuben unb il^re bid^« 
terifd^e öel^anblung in ?ßru^' beutfd&em ÜÄufeum 1867, 3. 4.) 
ÜWit aied^t urteilt bal^er ©trau^: „üDag ©^ubart ben ^an mit 
bem (StoxQzn ^nbrn unauSgefül^rt lieg, l^atte bei ii^m, mie bei fo 
mand^em anbem üDid^ter, in bem ÜÄi§t)crl^äItni« einer ganjen tpu 
fd^en SBeltgefd^id^te ju feinem ))oetifd^en 9$erm5gen ober üielme^r 
ju ben ®renjen unb öebingungen ber ?ßoefie überl^aupt feinen 
guten ®runb. ©aS örud^ftüdE, ba« fid^ unter biefem Slamcn in 
feinen ®ebid^ten finbet, ftel^t aud^ totxt unter feinem Jftufe. ©eine 
SQiirlung berul^t l^au))tfäd^Iid^ auf ber ©d^ilberung üon 1ü)a^t)tto» 
üergeblid^en SBerfud^en> ftd^ p töten, mobei ®en)altiged unb ge« 
maltfam SSiberlid^eiS abgeriffen unb unorbentlid^ burd^ einanber 
läuft." — Der fjtud^ be« SSatermörber« jeigt nad^ ©trau§' rid^* 
tiger Semcrfung in ber ^onn ebenfo, mie ©dritter« ®raf ffiber* 
l^arb eine unglüdElid^e 92ad^al^mung bed S3ürgerfd^en SRomanjen« 
ftite; übrigens ein äd^ter ^öQenbreugl^el , ber ben miberlid^ften 



IX. ®d)nbaxt aU SDid)ter. 295 

Ginbru(J jurücfläBt'' — cht ä^tc« SBänf elf ängcrticb , möd^tc i^ 
baju fc|cii. „Da tft bcr falte SlKid^el/* fäl^rt ©trau§ fort, „ein 
anbetet RetI: abet ba glaubt man aud^ beteitö (ben fd^mäd^cten 
Anfang mib ©d^Iu§ abgetedinet) ©d)ubatt felbft ju ^öten, mt 
et baj^ ?ßtad^tejemplat t)on fd(tt)äbtf^em ^l^legma t>ot ben ent* 
jüdften ®d^op<)engäften mimifd^ jut Datftelinng bringt." ^ebet 
be^anbelt im ^auöftennb auf 1809 benfelben ©toff mit einigen 
SBetänbctungen untet bem litel: „(£in ffiott giebt ba^ anbete" 
in ^tofa. ©d^ubattö ffitjä^lung „bet ted^te ®laub" ift t)om ^af)x 
1776 unb \)ai auffattenbe Si^nlid^feit mit bet ffitjä^lung in Soffen« 
fiuife V, 428 ff. ffig tjetftel^t fidi öon fetbft, bag nid^t ©^ubatt, 
fonbetn 5Jo§ bet 5Wad^a^met ift. Sel^ag^el fud^t in ©d^nottö 
%xd)i\) XII, 3, 340 ftja^tfd^einlidf) ju mad^en, ba§ SBo§ feinen 
©toff au» bem Sßabemefum fttt luftige Seute, öetlin, ÜWt)tiu« VII 
(1777) ©. 52 entlehnt ^abe. DaiS ffia^tfd&cinlid^fte ift, baB 
©d^ubatt füt beibe bie gemeinfd^aftlid^e Queße tt)at. 

ffibenfo ^at ^ebel bie ffitjäl^Iung „jmei S38ei<8fagungen" im 
^au^fteunb auf 1815 öon ©d^ubatt entlehnt, bet im Qfal^tgang 
1775 bet ffi^tonif bie Änefbotc öom SBeiöfagen bringt, (©d^eibte 
6, 222.) ©ogat ^ebefö „aKetfwätbige ©efpenftetgefd^i^te" im 
^auöfteunb auf 1809 ^at il^te Queße in ©d^ubattiS unüoßenbetet 
©tgä^Iung : eine ®efpenftetgefd^id^te im Ulmifd^en Qfnteßigenjblatt 
1775, 22. ©tücf. — 

„^önig in biefem f$e(be ift bad unfd^ä^bate 9)2ätd^en: @<B 
ftatb einmal ein SBäuetlein, ba8 bie Äuöjeid^nnng fo ganj t)et* 
bient, bie il^m ju S^cil matb, öon ben Pfaffen in Äugi^butg t>et* 
btannt ju metben. SBii^toeilen fpi^t fi^ bet @d^n)an! jum (Spu 
gtamm §u, tt)ie in bem aßgemein befannten ^i^'^^ift^^t^oft; in 
eine politifd^e epigtammatif d)e ©pi|e läuft ha» &tbxä)t : bie %bet^ 
läffe aui^. Um im teinen @pigtamm &IM jU ^aben, baju mat 
©d^ubart ju wenig 85etftanbei8menfd^" — tt)iebet bai^ alte 35ot* 
utteü. 3)ie ffipigtamme („ftleinigfeiten") fmb fel^t gemifd^tet Ätt; 
oft gefud^t uub gejmungen, oft natütlid) unb tteffenb. „(Sin fd^il* 
bctnbe« ffipigtamm fönnte man fein finnige<8 ffiott auf bie ÜÄeffiabe 
nennen, baö fid^ aud^ — gegen ©d^ubatti^ fonftige Ätt — butd^ 
fd^atfe logifd^e ©liebetung auSjeidinet." 



296 IX. <Bä)\xhaxt aU ©tdftter. 

©n fjc^lcr, bcr mehrere ©d^ubartfd^c ®cbid^tc cntftcHt, ift, 
wie ©traufe mit SRc^t bcmetft, aJiangcI an feincrem ©efd^macf, 
an ©inn für^ ?paffcnbc nnb ©d^iiJIidie. ©efd^madlo^ ift t» j. 85. 
aHerbingi^, ju einem geliebten 50läbd^en beim Äbfd^ieb jn fagen: 
Dein SDWtleib wirb bir ^om lol^nen — ober gar bie ^ä^Kc^fcit 
an« be^ fiieb^aberi^ ^tngen^ö^Ie fd^immem jn laffen. Qn be* 
banem ijl nnr, ba§ ®^ubart, namentlid^ auf bem ÄiSperg, 9We* 
manb ^atte, ber i^n auf fold^e ®efd^madlojtgfeitcn aufmerffam 
mad^te. ^n fielen ^äHen lxt% fi6) leidet l^eifen, j. SB. bein 9»it*' 
leib wirb bir @ott belohnen, ^n einem fJaH ift bie ®efd^macf^ 
lofigfeit nur ©d^ein. ©d^ubart l^at nämlid^ eine SJorliebe für 
bai^ ©ort ,r&^wft" wwi> brandet e<8 oft, mo wir ^anb fagen. ©o 
in bem ^^nrnn« „an ®ott" gleidi in ber erften ©tropfe; in bem 
®ebid^t: ©erapl^ina an t^ren ©^u^geift: „©enn Änbad^t mein 
^erj 3^^ |)immel erl^ebt, 5Da§ unter ber ffauft $)er ^'töS^'f ^^^^ 
btbt" ^ier belel)rt un« ba^ ®rimmfd^e SBörterbud^, ba^ fjauft 
fel^r l^änfig für ^anb, felbft für bie jarte ^^auenl^anb ftel^t, wo 
l^eute nur $anb, nid^t mel^r g^uft ftattfinbet. ®rimm giebt S5ei* 
ft)iele an^ bem 16., 17. unb 18. ;$Jal^r§unbert. ©ogar bie Ängen* 
^ö^Ie (fiet)e oben) lie^e fid^ öietteid^t üerteibigen — an^ meinen 
burd^ ;^ammer unb @(enb l^oiilen 9(ugen. (Sine fitjulid^e ©teQe 
bei Kl^amiffo 2, 43: „^^ glaube, bafe bu wetnft, bu bift gerül^rt; 
id) l^abe fold^en Sl^au feit üielen ^Ja^ren in biefen bürren ^ö^len 
nid^t üerfpürt." SSgl. „«ugenl^ö^te" in ©anberi8 großem ©örter^ 
bu^. ,,S)iefem 5Kangel an ®efd^madE," fä^rt ©traug fort, ,,ge^t 
ein aWangel an Sogi! jur ©eite. ©obalb ©d^ubart längere @c^ 
bid^te anlegt, laufen i^m bie ffäben burd^einanber : man t>ermi§t 
eine fefte 5Di«^ofition. ©clbft in ber ffürftengruft trägt ber erfte 
aBurf bei8 3om« ben ®ebanfen nur 12 ©tropl^en weit ftetig fort; 
bann folgt ein frifd^er Änfa| burd^ oier ©tro^)^en, ber jum S:eil 
fd^on ©efagteg in anberer ^oxm wieber^olt; l^ierauf wieber ein 
Änfa§ »Ott 6 ©tropfen, womit im erften ©ntwurf ba^ ®ebici^t 
fdf)lo§; bi^ ^ernad^ ber begütigenbe ©d^lu^ t)on ben befferen gür» 
ften mit 4 ©trö^jl^en nod^ angefefet würbe." üDiefe öel^au^)tung 
möd)te id^ burd^ ben befönnten ©prud) einfd^ränfen, bag ber, ber 
über einen ®raben fpringen will, ein paar @d(ritte jurüdfgel^t. 



IX. @d&u6art als S)tcötcr. 297 

J){c 18.— 16. ©tropl^c bilbcn ben Übergang jutn brittcn S^eil bcd 
®ebt(i^tö. Sfteine äBieberl^oIung entölt aud) ber jn^ette Sieil nid^t. 
3^or beut ©etutffen unb ben iD^al^nnngen ber äteligion ^aben ftd^ 
bie f^iirften ängftlt(9^ geltet ; im Seben gelang ed i^nen, t^x ®e^ 
wijfen ju betäuben, aber für alte Seit gelingt eö il^nen nid^t. Sie 
mögen beti etfemen XobedfiJ^laf nod^ f o lange fd)laf en ; aber nod^ 
frül^e genug wirb fie ber Donner be« &mi)t» erweden, üDa« 
®cbid^t erlal^mt nid^t; mit ber 18. ©tropfe nimmt e« einen neuen 
«uffd^wung, ber fid^ an ben Sd^lu§ ber 17. ©tropl^e anreiht unb 
in ^iJd^ft origineller Qfronie mit erfd^üttembem ®örfa«mu8 für 
fie xxm ©d^onung bittet, weil bie göttKd^e ©träfe nod^ frfi^ genug 
fommen »erbe. SBer freilid^ ein fold^e« ©erid^t nid^t glaubt, für 
ben ^at ber ©d^lufe ber ^ürftengruft feinen ©inn. 3»it bem 
©d^iöerfd^en: „S)ie ffieltgefd^id^te ift ba« ©eltgerid^t" lä^t fid^ 
©d^ubarts ®ebid^t nad^ feinem ®runbgebanfen nid^t »ereinbaren. 
Der Xob allein, baö (Snbe ber irbifd^en |)errlid^feit ift nod^ feine 
©träfe für Ji^rannen, n^eld^e bie ©d^redten ber ^Religion nid^t 
fül)Itcn; Me eigentlid^e ^)orttit)e ©träfe tritt ein — mit bem ffinb^ 
gerid[)t. 5Da« ®cbid^t I(at epigrammatifd^en ffil^araftcr. 5Die 
Erwartung wirb aufs ^öd^fte gefpannt; bann fommt ber Auf* 
fd^Iug, für ben freilid^ nid^t i^feber ©inn ^at ^m ©d^Iug 
wirb nid^t ein neuer tjerwirrenber §aben burd^ ha» ®ebid^t l^in* 
gejogen, fonbern nur eine neue )öetrad)tung angefnü^)ft, bie 
übrigens in ber üierten ®ttopf)t fd^on angefflnbigt war. Das 
®ewitter, baS ftd^ furd^tbar entlaben l^at, löft fid^ in einen 
fanften 9tegen auf; eigentlid^ matt fann td^ barum ben ©d^Iug 
nid^t finben. 

!Da« Sa^)Iieb »erlangt nod) eine befonbere ©etrad^tung. ®e* 
reitd war bie ©ammlung x>on ©d^ubartd @ebid^ten aui^gegeben, 
erjfil^It ©trau§ II, 178, ate ein äußere« (greigni« bie ffintfte^ung 
beiSjlenigen ®ebi(^td t)eranla^e, welches neben ber f^ürftengruft 
ha» t)or}ügIid^fte unb im Stonbe mit ber t)on i^m gleid^faQd ge« 
fd^affenen 9Relobie jebenfaQd baiS popuIArfte ®ebid^t Don ©d^ubart 
werben fottte. !Die |)oOänbifd^*DfHnbifd^e Kompanie brandete 
©olbaten aufi^ Sap ber guten Hoffnung; ber ^erjog t)on SSBürt» 
temberg brandete ®elb wie immer : unb fo war man balb ^anbeli^ 



298 IX. ediubart aU ^t^ter. 

einig. 2)aS ®cfd^äft toat um fo t)ortciI^after für ben |)crgog, 
afö et mit einem Steile ber Dffijieri^ftellen biefeS SRegimentö eine 
Mei^e natütlici^er ©ö^ne tjerforgte ober fid^ t)om ^alje fd^affte, 
wä^renb bie übrigen jener ©teilen, tt)ie wir an^ unfern ^Briefen 
feigen, bem bereite üon ^oßanb bega^Iten ^erjog nod^ einmal 
öon ben Äanbibaten mit teurem ®elbe bejal^It werben mußten, 
(gnbe Dftober^ 1786 nal^m bie SBerbung i^ren Anfang unb fd^on 
am 27. ffebruar 1787 marfd^ierte baS erfte 93ataiIton be^ Sap== 
regimentö, 898 SDIann ftarf, an^ ßubwig^burg ab, bem am 2. ©ep= 
tember be^felben ^Jal^re«, wo ©d^ubart bereite in ^reil^eit gefegt 
war, baö jweite folgte. Unter ben Dffijieren, bie mit biefem 
9tegimente ber l^etmat ^ebewol^I fagteu, waren mei^rere Dieljäl^rige 
Ä^^erger fjreunbe ht^ üDid^ter^, woraui^ fid^ bie rül^renbe $$nnig= 
feit beS Jejteö wie ber aJielobie erflärt, bie uns nod^ l^eute beim 
iSingen feineö Siebe« unwiberftel^Iid^ ergreift. SSon ber fdimäl^* 
lid^en SSeranlaffung biefeS Äbfd^iebS mu§te ber gefangene !Did^ter, 
ber feine guten ®rünbe l^atte, feine jweite fjürftengruft fd^reiben 
}u woßen, natürlid^ abfeilen; wa<8 aber baburd^ bem Siebe an 
^iftorifd^^^otitifd^er SBebeutfamfeit entging, wud^S il^m an altge* 
mein menfd^ttd^er ju. Sliemanb wirb biefem milben Äbfd^iebi^* 
fc^merje polemifd^e ©alle beigemifd^t wünfd^en. Die fjürftengruft 
fann im SSerlaufe ber 3ctt mit ben dürften felbft*) jur ^tntiquität 
werben; aber ba« Äaptieb wirb leben, fo lange beutfd^e Soloni^ 
ften nad^ fernen SBeltteilen jiel^en ; unb wenn bieS einmal in beff er 
georbneter SBeife, alö jefet, unb wirflid^ ju be« beutfd^en Sßamenä 
®^te gefd^e^en wirb, bann erft wirb biefe<^ unfterblic^e Sieb ben 
jweiten, fd^öneren Kreislauf feines SebenS beginnen." SBurbe 
aud^ über biefe 5lru<)^ent)erfäufe bamals nid^t fo üiel gefprod^en 
unb nid^t fo l^art geurteilt, wie wir erwarten foHten, war aud^ 
bie ^tnwerbung für fremben Dienft nid^t gegen bie SanbeSöer* 
träge unb galt and) bie Unterftü^ung eüangelifd^er ÜÄäd^te, wie 
^ollanb unb (Snglanb, für unbebenflid^, fo lag bod^ baS Unwürbigc 
barin, ba§ bie SanbeSl^erren felbft fid^ ju Generalagenten frember 
ffierbebureauS ^ergaben unb einen ^rofit in bie 2^afd^e ftedften. 



*) <Strau6 fd^rieb biefe SBorte im 3a6r 1849. 



IX. eä^übaxt al8 Xiä^ttx. 299 

an tocld^cm ha§, mcnti auä) in frciwitttgem üDienft üergoffenc SBtnt 
i^rer Untertanen Hebte. SBie ©d^ubart t)on ber ©ad^e badete, 
barüber finben mx nirgenb« Äudfnnft* üDag tro| ber fogenannten 
SBerbung ein getüiffcr Qto^^Q ^^^^^ obwaltete, liegt in bem gangen 
Jon be« ©ebid^t«. SSergt. and^ ffieber, SBeltgcfd&id^te XIII, 254. 
255., voo anögefü^rt wirb, ba§ ber SBiße beö Sanbeöfürften ba* 
mafe öon ben Untertanen afe ^öd^ftejg ©ebot angefe^en würbe 
unb baB SJiele burd^ Sift unb ©ewalt, burd) lügenhafte ®orfpie* 
geinngen in bie ©d^Iingc gelodft nnb in entfernte Sänber, in ein 
ungewohntes, ungefunbeS Älima abgefül^rt würben, wo bie ÜÄeiften 
umfamen. „©d^ubartd Äa<)Iieb," berid^tet SBcber, „war bantafe 
im ^effenlanbe im üJhinbc be« ganjen SJoIfö. (Kgennufe unb 
©ewinnfud^t auf ber einen, engl^erjige ?ßotitif auf ber anbern 
Seite mad^ten," fo fäl^rt SBeber fort, „ba§ bie elegifd^en Slage* 
töne ber Did^ter, wie ber ©d^merjeuiJfd^rei ober bie jümenben 
©trafreben ber SKeufd^enfreunbe ungel^ört öerl^altten." 9JKt be^ 
wunbemiSwürbigem Jaft l^ält fid^ ©djubart l^ier in ber redeten 
ÜJKtte jwifd^en bem 5lon ber ^^mnen auf Rarl unb g^anjidfa 
unb bem ©eift ber fjürftengruft. Die gel^eime, fxö) judenb an* 
beutenbe 338el^mut, bie bei^ 5lrofte<8 bebarf, wirft ftärfer, ate bie 
l^eftigften 3*>^tt<^w^6rüd^e. Qfm Äaplieb l^aben wir ©d^ubart nad^ 
feinen beften ©eiten öor nn^ ; bief e8 cinjige ®ebid^t ift ein furjer 
XuiSjug ober, wie man neuerbingi^ fagt, ®eift a\x& ©d^ubartd ^oe^ 
fieen. ©d^ubart fte^t t)ox unö ate ?ßatriot, afe Senner bei^ SJoIfe* 
leben«, ate g^eunb ber ©efeßigfeit unb bc« ©ein«, ate ber aJiann 
Don tiefer unb gefunber ^Religion. 9Äänner, bie über ©d^ubart 
l^öd^ft abft)red^enb urteilen, ftimmen in baS Sob biefei^ ®ebid^ti^ 
ein. ?ßru| nennt es untjergleid^Iid^ f^ön; SJilmar, ber bie fjür* 
ftengruft ein ^^rafengewebc fd^ilt, erflärt baS Saplieb für ©d^ubartd 
befteS unb wirflid^ ein gut patriotifd^eS bid^terifd^eS (SrjeugniS. 
SWad^ bem Sont)erfationS'|)anbIeEifon (9leutlingen , 1831) unter 
„©d)ttbart" ift biefem Sieb bie feltene (£^re wiberfa^ren, in ffi^ina 
gefungen ju werben. @d gefiel nemlid^ bem Saifer, ber es 1795 
t)on ber ©efanbtfd^aft ber |)oöänbifd)*Dftinbifd^en Kompanie fingen 
^örtc, fo fel^r, ba§ jte es febr oft wieber^olen mußten unb bes 
©id^terS 9lame in S^ina mit ©l^ren genannt würbe. 



300 IX. ©c^uBart al» S)t(^tcr. 

gtcilid^ Bringt (»gl. o6en) an6) gegen biefe« Sieb ©tran^ 
ben Xabel wx, e^ fel^Ie t^nt an Sogtf, 3«f ^^^^^^^"d / ö'^^^'^* 
mä^tgem 5<>^tfd^ritt. ^ä) fann bieg nid^t jugeben. !J)ag ©ebi^t 
l^at bramatifd^e «niage, Haltung unb gortf^ritt; bet ffienbepunft 
be« ®anjen ift bie üierte <Sttop§e. SBa« früher ba war, barf 
bälget rcd^t tt>oJ)l wieberl^olt werben, nur in anberetn ^^föntmen* 
l^ang unb in anbrer Situation. @o wirb ba^ SSaterlanb im 
gortfd^ritt bcr ^anblung, wie fie im ®eifte propl^etifc^ ausgemalt 
wirb, jweimal erwähnt; fo wirb ber religiöfe Jröft t)on ®otte§ 
ÄKgegenwart jweimal genannt, juerft in ©ejug auf bie S^rütf* 
bleibenben, bann in Öejug auf bie g^ottjiel^enbeft. 3^m <Sä)bn^ 
ften be« ©ebid^t^ gel^ört ber @ci^lu§. ©d^ubart fd^Iie^t nid^t mit 
bem banalen SBieberfel^en l^ier ober bort; er giebt bie flntwort 
auf bie f^age: wiKft mid^ üerlaffen, liebet ^erj, auf ewig? in 
ben ©orten: grennbfd^aft ift für bie ©wigleit. 

S)ag einjigc geringfd^ä|enbe Urteil über ba^ ©ebid^t, ba^ 
id| fenne, ift leiber üon ©oet^e. !Da8 ®ebid^t würbe nemlid^ in 
bei^ tnaben 393unber^om aufgenommen. S38ic e^ bamit juging, 
feigen wir an^ ^ebete Äuffag: ®utad^ten über bie iJrage, wie bem 
©ebraud^ anftö|iger 5JoIfi^tieber am fid^erften üorjubeugen fein 
möti^te. I^ebel bemerft ^ier, ba^ üoffdmä^ige Sieber Don ^öltt), 
SBürger, ©d^ubart auf ben Siebertifd^en ber ^^a^rmftrlte feiige* 
boten werben, im nämliäien ^^^^^t, um ben nämlidyen ^rci«, 
balb üier juf ammengebrudft , balb einzeln unter anbem wie bie 
fd^mu|igen tjerftedtt, o^ne B^^if^^^ f^«^^ frühere 3Setfud^e eblcr 
SBoIföfreunbe, burd^ beffere Sieber bie fd^Ied[|ten unb ben ®cfd^marf 
baran ju üerbrängen; eg rül^re ba^er ber läd^erlid^e 9DW§griff, 
burd^ weld^en einige biefer @el)id^te, g. S. ©d^ubart« Sa^j* 
lieb unb ^effetö Sieb t)on be« ®rafen aBalter^ ^fetfenfopf, 
fid^ wieber in be^ ftnaben 2Bimber1^om öerlieren unb bie ^cim* 
weifung ber ®affe unb beS 17. Qfal^r^unbertd erl^altcn fonn» 
ten. — S« lommt nun barauf an, xoa^ man unter SBoIfalieb t)er* 
fte^t. SBenn ba« Äaplicb jur 3eit feiner (Sntfte^ung in !©cutfd^* 
ianb weit unb breit gefungen würbe unb jc^t noiS) gefungen wirb, 
fo ift e« ein SBoIfölieb fo gut ate g. ©. Urlaub« brat^er ftamerab. 
tfreilid^ ift bas ftaplieb niddt, wie ber ©dineiber, nad^ einem 



IX. @(i)ubart atö S)td)ter. 801 

fßegcnbcn SBIatt, fonbern irgcnbtpie öerfcfecrt in bic ©ammlung 
gcfommctt. üDic «uffd^rift lautet: „üDa« ^cifee «frifa". «fe 
Scrfaffcr wirb genannt: ©d^nbert. Qn bcr öicrten ©tropfe lieft 
man: ,,Unb wu ein ®eift fd^Iingt um ben ^oLS üDai^ fiiebd^en 
pd^ l^crum, Sßiöft mid^ öerlaffen, liebe« ^crj, Auf etoig, unb ber 
bittre ©d^merj SKad^t'd arme Siebd^en ftumm." 5)iefe ße<8art ift 
offenbar unrid^tig. (Sntmeber lieft man: Sßißft mid^ öerlaffen, 
liebe« ^erj ? Auf emig ? ober : äBittft mid^ üerlaff en^ liebe« ^erj, 
auf ewig? Die g^anffurter ausgaben unb ©aucr geben biefe 
gn>eite £c«art unb bicfer bin id^ gefolgt, ©traug II, 455 giebt 
gtoei f^rage^eid^en, unb fo n^irb benn ber ^fd^ieb nod^ berebter 
unb t>atl^etifd^er aU mit einem tinjigen ^ragjeid^en. Soi^er 
©trauB feine Se«art ^at, mx^ id^ nid^t. 5)ie jmei Äo^lieber — 
bo« jtoeite ift für ben XxvOfp — erfd^ienen unter bem 5j:itel : „S^ei 
fiieber für ba« nad) bem Sa)) beftimmte t)on ^iigelfd^ Stegiment. 
»lebft aJhirrf. Stuttgart 1787". SDiefer erfte, tjon ©öbefe im 
©runbrife II, 1170 tjerjeid^nete DrudE ift ma^rfc^cinlid^ vergriffen. 
®ttblid^ ^at ba« SBunberl^om in ber brittle^ten ©tropl^e : „üDann 
jubeln mir: ^urral^, $urra^!" — ®oetl^e urteilt nun in feiner 
SRe^cnfion be« SBunber^ofti« über „ba« ^eige Äfrifa" ganj furj: 
„©pult bod^ eigentlid^ nur ber ^alberftäbter ©renabier." 

©ili^elm ^ipperer fagt in ©c^norr« «rd^iö X, 282, ba« ®e* 
bid^t verrate auffällige «nf länge an ©dritter« „Srieg«lieb" — ®raf 
(Sberi^arb ber ©reiner, ba« befanntlid^ fd^on in ber ^ntl^ologie 
auf 1782 fte^t. öeiberfeit« beftel^e bie ©tropfe an^ brei vier* 
WiiQtn unb jmei breifttfeigen Öf^^i'^^»' fjreilid^ fügt Qip\>txtx 
fogleid^ ben ttnterfd^ieb bei, bafe bei ©dritter bie brei längeren 
SSerfe burd^ ben JReim oerbunben finb, inbefe ©d^ubart bie erfte 
3eile reimlo« läfet. „üDie frifd^e unb lebl^afte üDarfteßung , S:on 
unb ©timmung," fä§rt Qipptxtx fort, „fowie ba« «nftrcben möglid^ft 
objettiver Haltung jeigt ^ier unb bort augenfällige t^nlid^Ieit, ja 
biefe tritt fogar in (Jinaelnl^eiten l^crvor; fo ©d^ub. 12, 6 unb 
©iilter 5,5"— marum nic^t aud^ ©c^ißer 14, 4. 5? Die« 
jeigt nur, ba^ ber ©türm unb Drang bem meinerlid^en (dement 
nid^t fern blieb; immerhin aber machen Ärieg«l^elben , tt)ie ber 
®reincr unb fein ©o^n, menn fie »einen, einen tieferen ©nbrudi. 



302 IX. ©d&uBart als a)tc§tcr* 

ate bic Dffijicrc be^ ^ügclfd^cn Mcgimcntö unb c^ l^ci^t ba: 
duo si faciunt idem et idem patinntur, non est idem; tveiter 

„bic Anfänge icibcrfeiti8 burd^ ?(nrcbc" — ani) f)m ift nnr bcr 
äußere ©d^ein einet t^nli(!^feit : ©dritter rcbet bic brausen in ber 
äBclt an, ba^ @ebtcl^t l^at eine letfe, l^craniSfoTbembe Haltung unb 
ift t)om intenftüften @d^n)abcnbenmfitfein bnrd^bmngen ; ©d^ubort^ 
©ebid^t ift bei A)eitem nidjt fo fubjeftit) unb pat^ctifd^ get)alten 
unb ergebt fid^ eben baburd), ba§ baS ©d^raäbifd^c jurüdttritt (cd 
l^ei^t nid^t: unb fagen foH man »eit unb breit, bic ©d^toaben 
finb boc^ braue Senf 2C.), tt>ie S^PP^^^^ ^^ Anfang feine« Auf* 
fa^ei^ fagt, ju aQgentein menfd^lid^er, id^ ntöd^te lieber fagen: ju 
attgemein beutfd^er ®ebeutung. Die Änrebe bei ©d^ubart ift ganj 
anberi8, ate bei ©d)ißer; einer tritt im 9iamen SJieler auf, ju 
benen er felbft gel^ört; bal^er gel^t bai^ »i^^"/ womit nid^t frembe^ 
fonbem Orabet angerebet werben, fogleid^ in ba« ,,tt)ir" über. 
3ule$t lommen nod^ ,,bie üielen „Unb" ju SBeginn ber ©äge." 
Allein aud^ l^ier ift ein großer ttnterfdjieb. ©d^ubart« @ebid^t 
l^at brei ,,Unb" am Anfang t)on ©tropl^en, ©d^ißer« fünf, babci 
aber jwei „2)od^". 3Ban fönnte fagen, ba« Äaplieb ^abe mel^r 
epifd^en, ber ©reiner me^r bramatifd^en ®ang unb ©el^alt. SBic 
grunbüerfd^ieben beibe ®ebid^te finb, jeigt fid^ Har bur^ bie 6t* 
mägung, ba§ ba« Äaplieb jum ®efang aufforbert, mäl^renb meine« 
SBiffen« nod^ niemanb brau gebadet ^at, ben ©reiner mufifalifd^ 
ju fomponieren. S)ie aWelobie fönnte auf feinen g^tt bie be« 
taplieb« fein. 

3tpperer t)erfoIgt bann bie weiteren Stx6)tn üon ©d^ubart« 
SBefanntfd^aft mit ©dritter unb fd)Iie§t: „®a« mir in unfrer fjragc 
ben «u«fd^Iag gu geben fdieint, ift ©djubart« ©d^rciben an Limburg 
t>om 2. gcbruar 1787, brei SBodl^en öor Sfbgang be« Äap*aiegiment«. 
|)ier finbet fid^ bie ©tette: „833ir l^aben je^t fel^r marfid^te ©d^rei» 
ber in ©d^wabcn. ©dritter, ber ©torfe, ift t)on un« au«gegangen; 
aber e« ftreben bei un« ©d^en empor, in beren ©ipfel ber Sturm 
orgelt." Unb jenem ^od^gefül^l, ba§ aud^ mand^en 9Äann, au(^ 
mand^en ^elb ba« ©d^wabenlanb gebar, l^atte er aud^ einen SRonat 
früher «u«brudE gegeben, al« er am 2. Qfanuar 1787 an |)im* 
bürg fd^rieb : ^^SBir ©djwaben ^aben wirflid^ (b. \). gegenwärtig) 



IX. ^c^ufiart aU 3)i*ter. 303 

einige auffeitnenbe ®enie« , bie eS an Sraft unb beutfciicr ©gen* 
l^eit mit jebcr anbern ^roüinj aufnel^mcn." — „Älfo gmeimal 
eine äu^etung/' fd^Iic^t Qipptxtv, ,,bie an ben Anfang t)on ®(i)il* 
lerö SJalfabc anflingt" — jugegeben, aber ol^nc ba§ bei^wcgen 
@d^iller auf ©d^ubart eingemirtt l^aben mu^, im Gegenteil leidet 
erflärlid^ au^ ber Sage einei^ ©c^maben, bev an einen $Bud^t)änbIer 
gu SBerlin in bud^^änblerifd^en Angelegenheiten fd^reibt unb biefem 
aiefpeft t)or ©d^njaben unb eben bamit x>ox bem ©diretber felbft 
einp^cn xoxü; o^nebied l^aben im ©elbftlob bie @d^tt)abett üon 
je^er baö SWöglid^ftc geleijtet, o^ne ba§ einer beim anberen in bie 
©d^ule ging. „3)ai8 einemal," belel^rt unö Qipptxtx, „ift biefc 
äufeerung ücrbunbeu mit einer Änerfennung ©d^ißerd". — ®e* 
m%, aber barauÄ folgt burd^aui^ nid^t ber Jrumpf, ben Qipptxtx 
auöfpielt mit ben SBorteu: „unb balb bar auf". — Qfa wol^I: 
post hoc, ergo propter hocl — jenei^ Sat)lieb „eine — g^ud^t ber 
Scftüre ©d^itter^, bie ber 20 Qfa^re ältere S)ic||ter ppdEte!" 

aifo o^ne ©dritter« Seftürc Ratten tt)ir fein Saplieb! Der 
burd^ unb burd^ originelle ©d^ubart ^at biefe 5^ud)t be8 20 Qa^re 
jüngeren ©d^iHer« einge^eimft. — SBeld^e toinbige ^tipot^efe! 

^id^t einmal ^Qpot^efe, tt)eil biefer (Einfall ganj unnötig ift ! 

Die eiujige parallele jum Äaplieb ift bie aud^ t)on ^ipp^^w 
angeführte ©teKe avi& bem ©riefe ©c^ubart« an .^imburg oom 
22. Februar 1787: „künftigen SWontag ge^t ba« auf ba& ^ox- 
gebirge ber guten Hoffnung beftimmte njürttembergifd^e ^Regiment 
ah ; ber Äbjug wirb einem Seid^enf onbufte gleichen ; benn ffiltern, 
Seemänner, Sieb^aber, ©efdjmifter, Jreunbe, t>erlieren i^re ©ö^ne, 
SBeiber, Siebd^en, SBrttber, g^eunbe, wal)rfd^einlid^ auf immer. 
3d) ^abe ein paar Slaglieber auf biefc ©elegen^eit ocrfertigt, um 
Jroft unb SRut in mandieiS jagenbe ^erj auiSjugiefeen. Der Sxo^d 
ber Did^tfunft ift nid^t, mit ©eniejügen ju pral^len, fonberu i^re 
^immlifd^e Kraft jum SBeften ber ÜÄcnfd^l^eit ju gebraud^n." 

Über bie jnjci ©ebid^te auf gnebrid^ ben ®ro§en l^aben wir 
fd)on gefprod^en. SJom äftl^etifd^en ©tanbpunft aus ift ber DbeliÄf 
fe^r fd^mad^; barüber ift nur eine ©timme. Geteilter finb bie 
«nfid^ten über baö erfte ®ebid^t. ?ßrufe nennt eg ein fdiwulftige«, 
gefd&madflofeö Ding ; SBeber im Änl^ang jur ^ranffurter Aufgabe 



304 IX. ®(^ubart aU S)tcf)ter. 

fäfft barüfeet baö gcgrilnbetc Urteil: „@g tft bcn jtoci ®cbid^tcn 
auf ffriebrid^ gegangen, tt)ie ber ßratnerfd^en D\>t auf Sutl^er unb 
anbeten äl^nlid^en ßobgeb^ten : bie ^erfon, ber fte gett)ibmet 
waten, l^at il^nen mel^t Sebeutung gegeben, ate t^t poetifd^ct @e* 
l^alt. üDet ^timnuö tft faum etwaö me^t, afe eine ttocfne, ja 
d^tonologifd^e Äufjä^lung öon ffriebtid^^ Slaten, auSgefd^mücft mit 
ben bamafe üblid^en lt)tifd^en SBfumen in Sianilerö SDianiet: bet 
ajiangel cinei^ $au<)tgeban!enö , bie 3Jetfcl)iebettattigfeit bet cin»= 
jelnen ^attieen, bie lofe t^^tl^mifd^e fjotm l^aben l^iet baS Qfl^tige 
getrau, um ba^ ©ebid^t ju einem mittelmäßigen ju machen. @d^u* 
batt wtttbe feinen gelben, füt ben et fo ^)attiotifd^ fül^Ite, mit 
einem ^)o^uIäten fiiebc in feinet fd^Iid^tcn, leiteten SBeife üiel 
beffet geptiefen ^aben, ate mit biefem üetf eilten ?ßinbatii8mu«. 
üDet Dbelisf ift in bem ®pita:pl^ienftile gcfd^tieben, toeld^en bet 
5Di(fitet gum Änbenfen mel^tetet fütftlid^en S^obe^fälle üetfud^t 
l^at; allein bie 95teite unb bet ©d^mulft tl^ut bief et Gattung, bie 
ben antifen Sa<)ibatftil nad^al^men foH, ffiinttag. Die poetifd^en 
£id(tet metben butd^ ^)tofaif(i^e ©d^Iagfd^atten etbtüdt, bie ®m* 
pfinbung btingt t^ nid^t öiel ^ö^et ate ju gef(j^taubten ?tui8* 
tufungen unb bad ängftlid^e %n!Iammetn an bie ©efc^id^te l^ält 
bie SBegeiftetung wie einen fd^Ied^t gefüllten Suftballon an bem 
SBoben." 

!I)a finb bie ®ebid^te auf fjtiebtid^i^ Slebenbul^Iet, Qfofef IL, 
unb auf Saubon beffet getaten. Untet i^nen jeid^net fid^ befon* 
betö „Sajenbtttg" aus, baS aud^ in« 3>talienifd^e übetfe^t wot^ 
ben ift. 

2Ran fönnte btei Staffen t)on ©d^ubatt« ©ebid^ten mad^en: 
1) übetwiegenb natutaliftifd^e; 2) fold^e, in benen Statut unb 
Sunft möglidift auSgeglid^en finb ; 3) gefünftelte, etjmungene, öet* 
ftiegene ®ebi^te. 

,,3fd& bin," pflegte ©d^batt ju fagen, ,,im tul^igen ^uftanbe 
nut ein ÄßtagSmenf d^ ; "fommt abet biefet ^aud^ t?om ^immel 
übet mic^ (bie Seid^tigfeit, im Sieben, ©d^teiben unb Spielen in 
SBegeiftetung übetjugel^en), fo übettteffe id^ ndd^ felbft unb bringe 
Dinge l^ett)ot, bie meine faltete SJetnunft laut an bie Unftetblid^* 
!eit bet 9Äenfd^ennatut etinnetn. Dann ift mit fo mol^l, ba§ id^ 



IX. @c^ubart aU 3)tc^ter. 305 

einft in einer biefcr SJctjütfungen fterben möd^te." — „@r biciitete 

nie, um feine Sunft ju jcigen/' fagt Subroig ©d^ubart. üDieg 

tüäre bcnn bod^ ju bejroeifeln ; bagegen fprid^t bie geiüife nid(t uer* 

einjclt baftel^enbe ©emaltsprobe, bie et t>or einer abetigen ®efeß* 

fc^aft ablegte, ju gleid^er Stxt ein Sieb ju bid^ten unb ju fom* 

ponicrctt, einen JBrief ju biftieren nnb fid^ mit einem ber An* 

tt)efenbcn über einen Utterarifd^en ©egenftanb ju unterhalten — 

moburd^ er fid^ meilenweit in ber ®egenb nml^er in ben Stuf 

eines aCBunbermanneS brad^te. „®m6i)nlx^ fprad) er erft eine 

Zeitlang t)on einem ®ebi(^te, baS er unter bem ^erjen trug: 

tüälircnb biefer Qtii warb eö aßmä^Iid^ in feiner ©eele reif — er^^ 

l^ielt im Sieben einen Jeil nad^ bem anbern, unb würbe fobann 

unt»erfel^en8 in einigen ©tunben jur SBelt gebrad^t. — @o 

entftanb bie 5Mt^"9^wft; fo ber ^timnui^, — fo a^a^uer," 

Über ben ^^mnuö fd^reibt er im ÜDejember 1783 feinem ©o^n: 

„^6) arbeite mirflid^ (gegenwärtig) an einem ©ebid^te auf fjriebrid^ 

ben Orofeen! ben Sinjigenü — Snbwig, ba^ ift eine SKeufdien* 

maffe, ein ^otoffu^bilb, beffen fieben, nur trodfen erjäl^lt, fd[)on 

®popöe ift." üDie« fann bod^ fein anbrcd ®ebid^t fein, afe ber 

^gmnuS, ben er, wie ein paar ©eiten üorl^er ju lefen ift, im 

^rü^Iing 1786 tjerfertigte — • „ein ^robuft, baö feit Qa^ren in 

feiner ©eele immer reifer geworben war unb baö er in wenigen 

©tunben aufs Rapier nieberwarf " — gerabe wie aud^ bie g^ürften* 

gruft il^ren Urfprung nad^ Ulm unb 2Ründ)en jurüdfbatiert. Äud^ 

W)a^\>tx trug er ^ai)xt lang in fid^ l^erum. ßubwig ©d^ubart 

l^at fid^ alfo in ber oben angefülirten ©teile nid)t genau genug 

auögebrüd^t. Auf bie bort angegebene SBeife mögen üiele ober 

bie meiften feiner naioen ßieber entftanben fein, aber nid)t bie 

©ebid^te, bei benen ©d^ubartg ©ol^n eben biefe Sntfte^unggweife 

angiebt, bie größeren It)rifd^en ®ebid)te mit i^rem erhabenen, oft 

aud^ gefdiraubten ^attjoS unb il^rer glü^enben felbftgefd^affenen 

^^antafiefprad^e. SSoßenbö ausgereift • würben biefe ©ebid^te in 

wenigen ©tunben, aber bie ®runbgebanfen f^lummerten ^af)xt 

lang in beS Did^terS ©ruft, ©afe er gerabe bei fold^en ©ebid^ten 

man^mal fünftelte, lä§t fic^ nidl^t leugnen. 

©d^on ^rufe finbet cS fonberbar, bafe gerabe biefe ©ebid^tc 

^ouff, 6d^ttl&art in feinem Seiften unb feinen aBetten. 20 



306 IX. @<j^art al» SHc^tec 

— ber ^mnuS auf JJriebrid^ bcn @ro§en unb Äl^a^öcr — ftd^ 

int ^ublitum erl^alten ^aben, tväl^renb bie DoKiStümlid^en Siebet 

üiel »eniger befannt fiub. ©onberbar ift^i^, ba§ @oct^ei& ffitoigcr 

Ofube ju bcn am »enigftcn bcfannten ©ci^öpfttngen bcS Dieter* 

gel^ört, toä^renb ©d^ubartiS W)a»t)tx, toit ^u$ flagt, feinen lang^ 

»zeitigen f$Iu(i^ no^ in jal^Ireid^en S>eIIaniatimiSftnnben oBIetem 

mug. |)ätte man freilid^ unferem ©d^ubart bie potti\ä)tn ^el^Ier 

feinei^ |)9mnud üorgel^lten , fo ^ätte et mit ©d^iOer antu^orten 

!5nnen: ,,S)ie Dl^nmad^t l^ot bie Siegel für fid^, aber bie ^aft 

ben Srfolg." „35ie SSerel^rer gfriebrid^« aöe," fagt Subwig ©d^u- 

bart^ ,,n)n§ten ha» @ebid^t an^n^enbig, befonber^ oft l^örte id^ 

Dffläiere ber Armee mit Segeifterung bie ©teile luieberl^olen: 

„?i[ber immer grauer wirb beine SodEc 2C." $Jm Dbelii^f, ju bem 

er t)on ©erlin an» aufgcforbert »urbe, tabelt ©trau§ befonberi^ bie 

©teile : 

,,äBeit l^tnauf mag er an ber ©elfter Urmag« 
ejcft unb ftar! toax feine @ecle, 
deines ®efd)öt)fe8 (Setoalt jc." 

Unb gerabe biefe ©teile würbe, wie S. ©d^ubart au^brüdflid^ an^ 
giebt, mit bem lauteften SeifaH aufgenommen. 

©er befte ffirfolg war freilid^ ber, bafe ©d^nbart burd^ biefe 
©ebid^te frei würbe. 

©trau§ tabelt an ©d^ubart, ba§ i^m im fjeuer ber SHebe 
bisweilen bie ©ebanfen »ergeben unb Dinge entf d^Iiijpf en , bie er 
eigentfid^ nid^t fagen wollte. ,,©o, um nur ©neS anjufül^ren, ift 
in bem bei anntcn ®ebid^te : ©efangner SDiann ein armer SOtann, 
bie oft unb audd ^^n S. ©d^ubart ol^ne Arg angeführte ©tropl^e: 

Wli^ brangt ber l^ol^en fjfret^ett 9luf; 
S(^ fü^I'd, m ®ott nur (Sflaiien 
Unb Teufel für bie Äcttc fc^uf, 
Um fic bamit 3U ftrafen — 

ein öollftänbiger SSJiberfinn unb ©d^ubart fonnte Weber fagen 
wollen, ®ott l^abe bie ©flatjen — unb ebenfo wenig, nad^ d^rift* 
lidder SSorfteßung, bie Teufel — für bie Letten gefd^ äffen, 
nod^ l^ätte i^m entgegen fönnen, ba^ bai8, woju ein SBefen ge* 
fd^affen ift, jugleid^ nid^t ©träfe für baöfelbe fein fann — wenn 



IX. (^ubart als ^d)ttt. 307 

er nid^t in bcr ^i|c bc^ iDeflamicrcnS gctt)efcn wäre." ^ter 
mo^te id^ m\6) bod^ ©d^ubartd annel^men. Unter ben Teufeln 
forni man auä) menfd^lid^c Jenfei öerftc^en (tjgl. ©d^nbart: „3) er 
^erjog tft ein Satan gegen ntic^"). Da« SBort „ftrafen" nel^me 
id^ l^icr im wetteften ©inn, mie man }. 5ö. fagt: „9»it einem 
fold^en X)ummfopf ift ber Sekret geftraft" = ttbel baran. (S» 
giebt cnblid^ nad^ biblifd^cr Änfd^annng @efä§e be« 3*^^^^/ ^i« 
©Ott jnm Serberben üon Anfang an beftimmte; ögl. aiöm. 9, 11. 
14. 15. 18. 20. 22. — @tran§ fä^rt fort: „2)a§ er ben mt|tl^o* 
logifd^en ^op^ t)on S^pria, Amor nnb ®rajien 2C. nod^ nid^t ab* 
gelegt f)at, \a, ba| f\6) il^m berfelbe burd^ SSermengnng ber flaf* 
fifc^en aD?t)t^ologie mit ber norbifd^en nnb beiber mit ber d^rift* 
li(^en nid^t feiten jnm 8Beid^feIjoj)f bnrd^ einanber mxxt, erflärt 
fid^ aus ber Qtxi feiner frü^ abgefd^Ioffenen SBtIbnng." SSon ber 
flaffifd^en 3Wt)tl^oIogie l^at ©d^nbart, namentlid) im SSergleid^ mit 
©dritter, feinen übertriebenen ®ebraud^ gemadE)t; Slmor unb bie 
©rajien fpielen in ®oetl^e§ reiffter S^rif i^re 9lottc. Äßerbingg 
aber ift bie SSermengnng mit ber norbifd^en SR^tl^oIogie nnb mit 
ben ?(nfd^anungen be« ©l^riftentnm« — wiewol^I „Qoüa" alt» 
teftamentlid^ ift — gefd^madtIoi8. 

„!Diefer jal)lt er and^ barin nod^ feinen S^ribut, ba§ er ptx^ 
fonifijierte «bftrafta, mie bie Unfd^ulb, Demut, 3ärtlid^feit, @e* 
bulb, ffiinfalt an» unb befingt." ^^gejtanben. 

3tt)ei fd^mäbifd^e Did^ter ftnb ju erwäl^nen, bie an ©d^ubart 
erinnern, ^riebridi^ ^ölberlin ffil^Ite fld^ nad^ ©J^rifto})^ ©d^wab 
in feiner Aufgabe öon $ölberlini5 SBerfen ®. 9 wäl)renb feine« 
Aufenthalt« in 5DiauIbronn 1786—88 t)m bem titanifd^en ®eniu« 
©d^ubart« unb ©dritter«, meiere beibe bamal« fid^ nod^ fo nal^e 
ftanben, angejogen. Qm ^a^x 1789 fam ^ölberlin« fjreunb, ber 
Did^ter 5Weuffer, mit ©d^ubart unb ©täublin jufammen. S3eiben 
erjöl^Itc er üon feinem ^^eunbe unb ©d^ubart fanb nad^ einem 
SBriefe 5Weuffer« an ber ©d^ilbemng ^ölberlin« al« eine« bie 
©ried^en unenblid^ öerel^renben unb babei aKem e<)igrammatifd^en 
SBefen fremben ^Jüngling« großen ®ef allen; bie <)erfönlid^e JBe«« 
lanntfd^aft be« 1791 öerftorbenen ©d^ubart fd^eint ^ölberlin nid^t 
gemad^t ju ^aben. (Sbenba ©. 11.) 



308 X' ^ubart M Itntüet. 

Der jroeite Dichter ift bcr geniale SHbert Änapp. 3[n feiner 
Ür)nt erinnert er „naö) i^rer nrfprnnglic^en flnlaQt" an bie „t)iel 
rohere" ß^rif 'Bö)\ibaü^, wie ®erof in feinem 3Jortrag über 
$tnapp r Stuttgart 1879) fagt. 5Die ä^nlic^feit ift aöerbing^ auf- 
fattenb. Soriiebe für ben Oben* unb ^^mnenton, Überfülle beö 
Äu^brucf^, ein gewiffeö Drangpat^oö, ^gpertrop^ie ber ©prad^e 
in ber ^rofa unb ^oefie ift hti beiben in mand^en ^artieen 
il)rer ©d^riften uuDerfennbar. 



X. 

$(^ubitrt ül$ Kritiker* 

ÄU äritifer jeigt fid^ ©d^ubart fd^on auf bem ®ebiet ber 
Sictigion. ^ier, n)ie auf anbern ©ebieten, toax er nid^t ein blofeer 
?pi)antafic* unb ffimpflnbungi^menfd&, bei bem SJerftanb unb ÜDent^ 
f raf t bloß eine untcrgeorbnete SWoöe fpielten. *) Äud^ afe religiöfer 
SDlcnfd^ njar er ein iDenfer; nur tt)ar fein ÜDenfen l^ier nid^t ju^ 
fammen^ängenb unb ftiftcmatifd^. ajlan !ann mit ®trau§ ^eroor* 
lieben, baß er fic^ in feinen I)iel^cr gehörigen tufeerungen oft 
njiberfpric^t; aber barin l^at er an gad^t^eologen — man ben!e 
nur au ©d^Iciermac^er ! — öerfd^iebene, jum 2:eil fe^r berühmte 
®enoffcn. ffir fuc^te im reifen ÜÄannei^alter, namentlid^ in Ulm, 
bic redete SWittc jwifc^en Unglauben unb Aberglauben; er begei^ 
ftcrt fi^ für ©cmicr, wie für Detinger; bcfonberö ift er ein J^eunb 
bcr lolcranj ober, tt)ie er fic eöangelifd^ erflärt, ber brüber* 
lid^ou Siebe, bie er nid^t öom ©lauben trennen farni. @r ift bic^ 
bcfonberd aud politifd^ ^nationalen ®rünben, mos und ju bem @a| 
fübrt, baB fein beutfd^er ?ßatrioti«mu« fein »irHid^er ©eruf unb 
feine wa^rc ®rofee war. 

üBctrad^ten mir i^n inbeffen ^auptfSd^Iid^ aU äft^etifd^en Sriti« 
!cr, f nennen wir ^ier in erfter Sinie ba^ 3Berf : S^r. J. 3). 3<^u* 
bart^ tuvjgcfaBtciS Se^rbud^ ber fd^onen Sijfenfd^aften. SS ift 

♦) «gL oben & IS, 40. 53. 55. 76. 109. 112. 174. 175. «58. 



X. ©c^ubart aI3 l^ritifcr* 309 

bieg ber 3Scrfuci^ einei^ banf baren Qnf)öxtx^, beti ij^nlialt <£d^u* 
bartfd^cr SSorlefungen auf ®runb ttad^gefd^riebner ^efte tt)ieber* 
jugcben. S)ai5 9Ber! erf^ien 1777 uub ift jefet faum nod^ auf* 
antreiben. ®ie jtt)ette „gauj umgearbeitete unb üermeljrte" Auf» 
läge tarn in granffurt unb fieipjig 1782 l^erauj^, unb jtt)ar t)on 
^ifemann. 9?aci^ ber SSorrebe finb bie beiben Auflagen einanber 
gar nid^t äl^nlid^. „J)er ^lan toax gut unb blieb, aber bie Aus* 
fii^rung mangell)aft, bie t^eoretifd^en ®runbfä|e njaren fdinjan* 
fenb unb leer, bie ^iftorifd^en Angaben falfd^, bie Urteile über 
ben ffiert ber S)i^ter ju allgemein unb bie fiitteratur war, njenn 
fic glcid^ nur bie aui^erlefenften SBerfe unb ©d^riftfteller umfaffen 
foffte, unöoKftänbig" 2C. SBBenn nun ©d^ubart fd|on bie erfte SSer* 
öffentlid^ung ni(§t afe fein geiftigei^ Eigentum anerfennen njoHte, 
loenn er über fie unb nod^ mel^r über bie 1777 erfd^ienenen „SSor* 
lefungen über ÜÄalerei, Su^ferfted^erfunft, Silb^aucrfunft, ©tein* 
fc^neibefunft unb Xanjfunft, SRünfter 1777"*) ha^ Urteil fönte: 
„^ä) ^ielt t^ für eine njal^re treujigung meine« 5Ieifd^e<3, ate 
id^ bit^ 2:otcngeri^pe in meinem Serfer ju ©cfid^te befam," fo 
fd^eint einem ber ©oben I)ier unter ben ^üßen njeggejogen ju 
fein. 3Bo^Itt)itt (im «rd^iö VI, 362) f^eint bie crfte «uflage in 
|)änben gcl^abt ju Ijaben; id| l^atte bIo§ bie ^ifemannfdie SBear* 
beitung burdi SJcrgünftigung ber SBBürjburgcr Uniöcrfitäti^bibliotl^ef 
befommen, gab fie aber, nadibem td^ bie SJorrebe gelcfen unb in 
bem S3ud^ geblättert I)atte, njicber jurüdE. 

ffiol^Injitt alfo, ber bie jweite ?(uflage gar ni^t ertpäl^nt, bc* 
merft: „S)ennod^ tragen eine ^üKe einzelner SSemerfungen unb 
Urteile fo unüerfennbar ba<3 ©epräge feiner iDenf* unb iDarftel* 
lungsnjeife, ba§ an il^rcr unt)erfälfd^ten ffid^tljeit nid^t gejnjeifelt 
njcrben fann. S^arafteriftifd^ finb j. S3. feine abfälligen Äui^* 
laffungen nid^t nur über ©ottfd^cb, fonbern aud^ über ©eHert 
unb 9iabener, bcffen ©atire bIo§ gebauten unb arme ©ratulantcn 

*) ^aö^ bcm öollftdnbigcn SBcrscic^niS öon ©d^ubartg ©d^riftcn im 2ln* 
f)ang ber ^lanffurtcr 2lu8gabe finb btcfc gtoci M^tx öon bcm 1821 gcftor* 
benen 6;^nfttan ©ottlob @bner, SBud^^dnbler in Ulm, anfi Stuttgart ge- 
bürtig, ber bamalg M @tage in Augsburg in ber iBel^re toar unb @d^ubatt 
^örte, o^ne ©c^ubattfi Söiffen toö^renb feiner ©cfangcnfd^aft l^crauSgegeben* 



310 X. @d^u6art al9 ftritiler. 

jüd^tigc, nid^t aber ßcutc, bic xf)m trugen ober fd^aben fönnten, 
ebenfo feine äufeerungen über SBielanb, beffen SRctgung, anbern 
Autoren nad^jual^men unb t)on il^nen gu entlci^nen, beffen Armut 
an eigner ffirfinbungögabe — tro^ ber aud^ jie|t nod^ bicfem 
!Did^ter befunbeten SJerel^rung — xixd^xä)i£lo^ bargelegt toixb. 
92id^t minber bejeid^nenb ift bte n^ieber^olt jum XuSbrud gelan^ 
gcnbe SJorlidbe für bie Vertreter ber Sturm* unb üDrang^eriobe, 
bereu SBerfe üon ©d^ubart pm Seil über ®ebül^r gefmefen tocx^ 
htn, tok er benn g. SS. ®erftenbergd UgoUno gerabep afö eined 
ber erften 2:rauerfinele ber SBelt begeid^nct. Äud^ fonft begegnen 
uni^ mand^e ©puren ber unferem !£)td^ter auf äftl^etifd^em @ebiet 
eigenen ÜBefangenl^eit beS Urteil, memt er 3. S). 0opftodE über 
|)omer gu fteQen geneigt ift unb unmittelbar nad^ bem SD'iefftai^ 
ISobmerd ittoad^ibe auffül^rt, oon n^eU^er er gried^if d^e unb patriord^a« 
lifd^e ®ittH)Iicität gu rül^men mei§. Sieben fold^en Über^ unb Unter* 
fd^ä|ungen ftnben ftd^ jlebod^ aud^ mand^e Stellen^ in »eld^en ben 
anertannt ^ert)orrogenbften @emen atter S^^^f ^^'^^^ ®i^a!e* 
fpeare, Sert^antei^^ ®oetl^e mit Segeifterung unb G^rfurd^t gei^ulbigt 
toirb. Qfn mand^ SBemerfungen befunbet fid^ ber G^nftujl, »el* 
d^en bie j^f^gentnoerfe ^erbet^ auf ©d^ubart auiSgeübt Ratten. 
©0 ftnben mir g. SB. in einem ©inleitungdfapitel (©. 7) bie 3Bei* 
fung: „93er red^t fernbeutfd^ lernen tt^iQ, ber lefe bie SOtinneftnger, 
bie alten beutfd^en @ebid^te, fiutl^eriS ^belüberfe|ung unb onbere 
fraftöoQe ©d^riften biefeS ättanneg." Äud^ auf ^an« ©ad^d mirb 
gelegeutlid^ aufmerffam gemad^t; unb t)on Sutl^er l^eigt t^ an 
einer fpttteren ©teile: ,,9Benn er nid^t gu poltmljä) ^ätte fein 
muffen, f mürb' er gemi^ einer ber größten i&id^ter gen^efen fein, 
bie jiemald gefebt ^aben." 

©d^n l^er Wunen wir auf fritifd^e ©eifcenftüdEe üermeifen. 
Über 9labener l^ot @(oetl^e in Sal^rl^eit unb 3>id^tung ebenfo ge* 
urteilt; über SSielanb ebenfo ßi^mer in bem 8rief an ©d^iOer 
öom 17. april 1797; bie ÄuBerung über Sutl^er fommt faft mört^ 
lid^ auf $aul ^reffete Urteil l^inaui^ in feinem 3BerI: bie geift* 
lid^e üDid^tung oon Sutl^er hi§ SXoppd ©. 3. 

S>ie Ouette für ©(^ubart^ fritifd^^äft^etifd^e Urteile fliegt in 
ber Iritifd^ ©fala, in ber ®^ronif, in ben ©riefen, in feinem 



X. ®(i^\ihaxt als Shrittfct, 311 

Scbcn, uttb — toaiB Slo^ftod betrifft, t)on bcm tt)ir bod) ausgclieit 

muffen unb ben wir fd^on einigemal*) in bicfem ^wfcimmenl&ang 

angeführt l^abcn, in feinem ©erf: „^riebrid^ ® ottlieb Ätopftotf« 

Heine pottt^cä^c nnb ^rofaifd^e SBetfe, 2 SEIe. 1771." «ud^ biefe« 

®crf tft taum nod^ anf antiquarifd^em SSßege aufjntreiben. gttr 

unfern Qtotd twnmt nur bie SJorrebe in Setra^t. Äu« biefer 

fhibet fid^ in ber ©d^eible'fd^en Aufgabe VI, 36 ein Zeil unter 

bem SCtteX „RIopftod" abgebrudft, o^ne bafe im SBerf fetbft ober 

im 3[nl^altöt)erjeid^niÄ angegeben wäre, »o jld^ ©ci^ttbart über 

Slo^}fto(S fo att«f^rid^t. Sieft man freilid^ biefen «uffa^, fo mufe 

man auf ben ©ebanfen fommen, ber \a t)on aßen mir befannt 

getüorbcnen fiitterarl^iftorüern unb ©c^ubart^biogro^l^en einmütig 

ol^nc atleö Arg immer unb immer mieber onögefprod^en wirb, 

©d^ubart l^abe feinen SIo^jftodE ma§» unb jiello« vergöttert unb 

i^m in ber Dbe, im 5Drama, im ffipo« öor aßen anbern Did^tem 

bic ^alme juerfannt. ©dalägt man aber ba& 8ud^, wenn mavi 

fo glüdlid^ gewefen tft, e« au« einer öffentlid^en Sibliotl^ef 

^u entlegnen, felbft auf, fo finbet man neben bem überfd^meng^ 

liä)tn Sob bod^ aud^ einigen 2:abcl. SBenigfteniJ in S3etreff ber 

Obc: „«n ©Ott" bemerft ©d^ubart: „!Ca« ©ujet biefer Dbe tft 

fo crliaben unb fonft fo würbig bel^anbelt, ba§ bie verliebte 

©d^wärmerei barin fel^r am unred^ten ^la^t ju ftel^en fd^eint." 

©trau§ **) finbet wenigften^ l^ier, ba§ bem ÄlbpftodEüerel^rer ©d^u* 

bart bei allem ®nt^ufia«mu« bod^ ber gefunbe SSerftanb nie g anj (!) 

abl^anben fam. @r fü^rt jugleid^ an, ba§ Sefftng bei berfelben 

Obe auj^ruft: „^a^ filr eine SBerwegenl^eit, fo ernftlid^ um eine 

fjrau JU bitten!" fjreilid^ ging Seffing in feiner ^itit biefer 

Obe, in ber Älo^ftodE ®ott bittet, er möd^te il^m fd^on ^ier auf 

®rben, nid^t erft in einer anbern SBelt, bie ©eliebte geben, er 

wotte bann um fo eifriger an feinem ÜÄeffta« fortbid^en, nod^ 

toeiter afe ©d^ibart; er finbet aud^ einige leere ®ebanfenfpicle, 

t)erfd^iebene Siautologieen unb gemeine ®ebanfen barin, bie fel^r 

^räd^tig eingefleibet feien. — Slo^ftodt« ^ofa finbet ©d^ubart 

*) SögL oben ©♦ 33. 49. 72. 82. 83. 95. 102. 123. 192. 279. 
**) 3n bem Sluffaö: Äro>)ftO(!8 Sugenbgef^t^te - Heine S^riften, neue 
gfolge @. 182. 



312 X. 6c^ubart als Ärttifcr* 

furj gebrängt üon ®cbanfcn unb öoH äd^t beutfd^cr Semau^brüdc. 
5Wur wirb i^m mit Siedet vorgeworfen, baj5 feine ^rofa juweilen 
ju tacitifd^, ju gebred^felt unb öftere gar ein bi§d^cn pretiög fei. 
„5Wi(i|t feiten ift er bunfel: er wirft einen großen ®eban!en o^ne 
SJorbereitung ^in, ber bem Sefer jwar Srftaunen, aber nidjt Über* 
jeugung abnötigt. ÜÄan finbet meiften^ 9iefultate einer groj^en 
©eele ol^ne 5ßrämiff en ; lauter ® d^Iüff e ol^ne 3Sorberfä^e, @r ftel^t 
immer oben unb jiel^t bie Seiter nad^ fid^, baj5 ber Sefer, ber 
nid|t nadtjflettern fann, t)om beftönbigen ©mporfd^auen ermübet." 
— Sann Slopftodjg ?ßrofa treffenber gefdiilbert werben? 

^n biefer SSorrebe öergleidit er ben Dbenbid^ter SIo^ftodE 
mit anberen Dbenbid^tern. @r fdiilbert Uj, bem t§ gelinge, bie 
?ßl^iIofopI|ie in^ ®ihkt ber Dbe ju tragen; Stamler, ben ängft* 
lidien 5Wad|al^mer beö $oraj, ber ein Original fein tonnte unb 
ein So^ift bleibe. 5)ie weitere SBemerfung: „Überbieö madtjt bie 
ju Ijäufig angebrad^te ÜÄt)tl^oIogie mit ben ©itten neuerer Qdt oft 
einen fo wibrigen Äontraft, baj5 ber Sefer beftänbig im ^eife 
Öerumfäl^rt unb im ©d^winbel nid^t Qtxt i)ai, ju em^finben" ^ätte 
©dtjubart auf fidt) felbft anwenben foHen. 5)enig fteHt er über 
aiamler; Sauge, ben an^ Seffing wol)I befannten ?ßaftor üonSaub* 
lingen, bejei^net er afö glüdlid^en 5Wad|al^mer be^ ^oxa^ unb 
bemerft, i^m fel^Ie auj^erbem nod^ bie fjeile bei^ ^oraj unb ba^ 
feine, forrelte ®efül)I eine^ atamler. Über bie Sarfdiin wirb 
wieber bag ganj jutreffenbe Urteil gefaßt: „35er Sarf^in meifte 
Dben finb nie ganj bem Dbenton getreu. ®ie fäljrt auf unb 
finft. §ie unb ba ein erl^abener ®ebanfe, eine glänjenbe 2^irabe, 
l)elle S&QC eine^ poetifd^en ®enie^; nur im ®anjen feine Oben." 

^reilid^ wenn ©d^ubart a. a. D. einen ©rief SobmeriS, ber 
eine burd^ ^onjeftur gemad^te SntwidEelung^gefd^id^te bejg Älopftodf* 
fdtjen ®eniu^ entl)ält, für wirlUdie ®efd^id|te na^m, fo war bie^ 
nic^t befonber^ fritifd^. SSgl. ®trauj5 a. a. D. ©. 89. 

an feinen ©dt) wager 93ödE^ fd^reibt er ben 20. S«oö. 1770 
auö Anlaß be^ genannten SEBerfö: „Seine S3ebenflid^!eit wegen 
5Rotl^fd^ilbi^ ®räber! ^n bem SJerjeid^niffe bin i^ fd|on jebem 
ßinwurf jut)orgefommen. 5Wod^ ein Urteil barüber bitte eiuju* 
fd^alten: „Sie ift öor eine ©legie ju majeftätifd^, jU ^Jräd^tig, ju 



X. @(öubart oI8 Ärittfen 313 

ergaben, unb eben ia^ ift tl)r 5et)Ier." ©enn ®trau§ I, 40 
))on ©d^ubart fagt: (Sr bemunbert bie großartige (Sinfa^t)eit 
|)omeri5, aber SDHlton unb Slo^ftod ftcllt er i^m unbebenflid^ juv 
«Seite, fo l^at ©d^ubart an ber betreffenben ©teile (©traufe I, 140) 
ben allgemeinen ©a^, er wiffe niemanb, ber bie ^oetenprobe an^^ 
f)aüt, afe |)omer, SDWIton, ©l^afefpeare unb Slo^ftod, fo au«ge* 
fü^rt, ba§ er ©l^afef^eare für tabello« erflärt, ^omer wegen 
feiner göttlid^en ©nfad^^eit bewunbert unb SWilton wegen be« 
^runfeni^ mit feiner ©elel^rf am! eit , ol^ne bie er untabelig fein 
würbe, tabelt. S)en ^omer finbet er (©traufe I, 164) in aßen 
©prad)en unb ju allen 3^iten gleid^ öortrefflid^. greilid^ lefen 
wir (II, 78) in einem »rief an feine ®attin t)om 3. Qfuni 1783: 
„fiubwig muß fid^ in bie (Einfalt ber SWatur unb ^omeriB, DfftaniJ, 
J^eofrit«, ®eßner«, tlo^ftod« t)erfen!en, ©d^wulft unb Unbeutlid^* 
feit wie ben STeufel Raffen." Dod^ ift biefe ©teile in einem SSricf 
JU finben, nid^t in einer Äblianblung. 

3fn ber S^ronif 1787, 22 tabelt er tlopftod« abf^eulid^ 
graffe Ste^tfd^reibung, wogegen bie Qt^tn» nod^ golben fei. 

3fn ber Stironi! 1789, 423 fd^reibt er über SIo^ftodE, ben er 
mit SBielanb unb S3ürger afe großen gül^rer in ber poetifdien 
aaSelt jufammenfteöt : „tlo^ftodf ber erfte, ber ftra^Ienreid^fte, ber 
uneu-eid^barfte ! in ber ^jif)\ in ber 2:iefc, im iDonnern unb Sau» 
fein ber ©^radie, im allumfaffenben @poS, wie im l^rifdien ^luge, 
unb fonberlid^ in ben feinften tünften be« SW^^t^mujJ eiujig unb 
ol^ne gleid^en. (Sr ru^t je^t auf feinen fiorbeern unb ^almen, 
unb wer gett)an l^at, roa« er tl^at, bem woHen wir t^ an6) t)er» 
jeil^en, wenn er uni3 nad^ bem 9ten großen ©tufenjal^re aui^ge* 
brannte Sohlen ftatt wal^rer ®Iut liefert, wie man bie neuften 
@cbid|te beiS großen ÜJianneiS anpfeifen beliebt." ©d^on 1788, 
444 l^atte er auf bie 9?adt|rid^t, SIopftodE arbeite an einer ®e* 
fd^id^te be§ fiebenjä^rigen ^iegi8, bemerft: „©ein guter ®eift be« 
wal^r if)n nur öor iDunfel^eiten , aöju furjen XHlrjen unb ©pi^* 
finbigfeiten, t)on benen bie jüngften ©ciftei^probufte biefeö großen 
ÜJiannej^, fonberlid^ bie profaifd^en, leiber! nid^t frei finb." iüaS 
ift Sdiubarti^ fritifd^e ©teöung ju bem nad^ ©trauß unb ^ermann 
gifd^er jeitlebeni^ bewunberten, t)ere^rten, angebeteten SIopftodE! 



314 X. ©d^ubart als Strittler. 

©d^ubart toax affcrbingö ftarf in ber 55c»unbcrung ; ba^ 
^orajifd^c nil admirari ift nid^t nad) feinem ©inn. Aber wie 
in feiner S^rif bad bonnetnbe ^at^oö allmäl^Iid^ in ©entimen* 
talität ober gar in eine t)on ber ?ßoefie nnr bie äußere gorm 
entlel^nenbe profaifd^e 9lef(eEion übergebt, fo ntac^t in ber Sritif 
bie üerftiegene, entjfidfte JBettjnnberung nad^ unb nad^ einer rul^i^ 
gen Überlegung pa| unb ©d^ubart föttt Urteile, bie i§n neben 
ben falten, befonnenen Sefftng fteKen. ©inen ^txoti» biefer f. j. f. 
©ecreScenboWtif giebt bie S^roni! 1774, ©. 824. |)ter fagt 
©d^ubart in einer begeifterten SobeSerl^bung beS „berühmten" 
©eneralfttpcrintenbenten ©ramer in üühtd juerft im Sieft: ,,©eine 
©tärfe in ber ©otteiSgelal^rtl^eit, ®efd^id^te unb ©id^tfunft geben 
i^m einen tjorjüglid^en 9lang im Ztmptl beutfd^er fS^xt." ^n 
einer Änmerfung lieft man Mein gebrud!t: „!©od^, mit Srlaubni« 
bicfeö öortrefflid^en ÜÄanneig, in ber SDid^tfunft l^at er bod^ feinen 
9lul^m überleben mttff cn. Qtint Oben : Sutl^er, SÄeland^tl^on unb 
©änemarfs ©rrettung ftnb t)on ^erjen langmeilig, gejttjungen 
unb unl^armonifd^." 

85on ©d^ubart« ©tellung ju Älopftodts ®egenfü§Ier , 8Bie* 
lanb, war fd^on oben bie 3iebe. Ate SBielanb 1769, wie ©d^u* 
bart (©trau§ I, 197) an Sßüdf) fd^reibt, mit feiner t^xan, einem 
Sebienten, jwo SWägben, 7 ©tubenten, 3 SBägen SBüd^er unb SWo* 
bilien unb einem Äuge („ein ^^^fatt l^at il^n be« anbem be* 
raubt") burd^ Ulm nad^ Erfurt gereift war unb feinem greunb 
©d^ubart einen rül^renben Äbfd^iebSbrief gefd^tieben l^atte, fo 
l^örte ber SJriefwed^fel auf unb ©d^ubart trat feinem Sanb^mann 
immer femer — wie ©trau§ fagt, ber nur aud^ l^ätte anfügen 
follen, ba§ ©d^ubart gegen bie SWängel aSlelanb« nid^t blinb war, 
in bem öon ßeffmg aU eine Art ÜÄufterroman bewunberten «ga* 
t§on üerfd&wenbete gried^ifdtie Sitteratur, wottuftige poetifd^e ©d^il* 
berungen, langweilige iDigreffionen (©trau§ I, 88 in einem S&rief 
an JBödfl^ üom ^fal^r 1766) unb (I, 91 in einem »rief an l^aug 
1766) bei affer «nerfennung feiner SBorjilge — üiel ^ß^ilofopl^ic, 
gried^ifd^e Sitteratur, erfinbenber Äopf, nad^brüdtlid^er ©til — m 
fd^limme« |)erj gegen Weligion unb gute ©itten finbet. SDWt 
biefem STabel fHmmt freilid^ ber ©rief an SBielanb, ber bla§ Sob 



X. @^ubart afö StntiUt. 315 

bcö Ägatl^on enthält, nid^t gauj übcrein. SDBo aber ©d^ubart 

feilte njal^re Überjeugung aui^gcfprod^en f)ai, in bem ©tief an 

aSSielanb ober in ben ©riefen an SBötfl^ nnb §aug, barüber fann 

fein ^w^if^'f fci^- Obglei^ ©d^nbart t)on SBielanb, fowie üon 

Älopftod unb ©dritter öergejfen unb im ©tid^e gelaffen würbe, Iie§ 

er biefe perfönlid^en roiberttjärtigen (Srfal^rungen feinen @infln§ 

ottf feine fritifd^e SJeurtetlnng bcr ©d^riften biefer SWänner ge* 

»innen; eine fold&e Sftad^e ju üben, fam il^m nid^t t>on SBeitem 

in ben ©inn. Änd^ mit SBielanb befd^äftigt fid^ ©d^nbart fort* 

tDäl^renb. 5ßod^ in ber S^ronif t)on 1789, ©. 423 fd^ilbert er 

il^n l^öd^ft treffenb alfo: „S33ielanbj3 ®cniuS n^irft mel^r in bie 

©reite nnb Sänge, aU in bie ^öl^e nnb S^iefe. (Sr ift öielleid^t 

ber au«gebilbetftc ©d^öngeift ber 8BeIt. ^I^ilofopl^ic, ÜÄenfd^en* 

fenntni«, SSerför^emng^gabe, ^l^antafte, SGBi§, ©prad^talent, ®e* 

lel^rf amf cit , ®ebäd^tnii8 nnb fonberüd^ eine unnad^al^mlid^e ®e* 

»anbtl^eit, SBIumen nnter allen ^immeteftrid^en jn ppd^cn nnb 

fie auf l^eimifd^en ©oben ju öerpftanjen, ba§ fie fortfommen unb 

gcbeil^en; aß bieg, vereinbart mit bem raftlofeften ^Jlcifee, bilbet 

ben ©^arafter unferö großen SBielanbj^." ^reilid^ in bem SSor* 

berid^t ju feiner "än^toat)! auö Slopjtod^j^ ©d^riften nennt er biefe 

®ett)anbt§eit mit einem anberen 5ßamen. ©o wie ©d^ubart fid^ 

l^ier auj^brüdtt, wirb man e§er an §erberi8 eigentümlid^e ®abe 

erinnert. |)erber l^at frfil^ auf ©d^ubart eingewirft. üDiefer nennt 

il^n im ©orberid^t ju ^lo^ftod^i^ f leinen ©d^riften einen unfrer 

öoCfommenften beutfd^en ^rofaffribenten, wenn er nid^t ju fel^r 

l^amannifterte. Hamann felbft gilt il^m (Sl^ronif 1788, 342) für 

einen SIRann großen ®eifte«, weiter Renntniffe, tiefen ©innö, 

ftarfer, aber fd^werer ©prad^e, t)oö orientalifd^er ®Iut; 1788, 

172 nennt er i^n einen ®eiftei3f onberling , beffen bumpfen, 

magifd^«=fabbaliftifd^en, Qfafob ©ö^mifd^ opofal^ptifd^en SEon meine 

©cclc fo gern bel^ord^te unb auffaßte. (Äuö Änia§ ^erber« be* 

mer!e id^ ^ier, ba§ §erber in ben 1793 — 97 erfd^ienenen §uma* 

nttät«briefen (^^ilof. unb ©efd^id^te XIV, 116) unter ben SÄeger* 

ib^tten bie ^oetifd^e (Srjäl^Iung bringt: bie fjrud^t am ©aume. 

(8tn Sieger wirb, weil er nid^t leiben wollte , ba§ feine ©raut 

t)om «ttffel^er ber ^aujung üerfil^rt würbe unb biefen au« ffiifer» 



316 X. ©c^ubart ars Müht. 

fud^t ermorbet l)atU, jur ©träfe in einen täfig gef^errt unb fa 
an einem 93anm aufgel)ängt; er ift in biefer Sage btn 9iaub*= 
üögeln, bic il^m fd^on ein 9Juge auöge^adt ^aben, unb ben ©cö* 
pen au^gefe^t unb ftirfit, nadibem il)n nodi ein üorüberge^enber 
SWeifenber gefeiten, gef^rodien unb mit SBaffer gelabt l|at. So 
I)atte ©d^ubart in ber S^ronif 1788, 741 nad^ ben „Ämcrifam^ 
fd^en ©riefen" bie ®efd|id|te erjäl^It; ^erber überbietet ba^ @rä§* 
Hd^e, inbem er bIo§ angiebt, ber 5Weger l^abe fid^ an bem 3?er=* 
fül^rer gerädit, biefer aber lebe nod^ unb fi^e bort — tüte ber 
9?cger bem 9ieifenben fagt — an ber S^afel. SBeldtjer Oueffc 
^erber gefolgt ift, ben amerifanif^en ^Briefen ober ber ßl^ronif ober 
einer münbUdien ©rjö^Iung, wei^ id| nid^t. ^n bem nod^ ju 
ertt)ä^nenben ©enbfdjreiben an |)errn ©djubart l^ei^t e§: „üDa 
bie ®efd|id|te t)on ber unmenfd|Iid|en SBe^anblung eine^ 5Weger* 
fflaöen allgemein geglaubt njorben ift, fo loiö id^ fie ij^^nen feine^=* 
tt)eg§ afe Untoiffenlieit ober Untoal^rl^eit aufbürben. J)od^ freut 
c^ midi, ba§ id| foldie jur Slire ber ÜÄenfd)l^eit nad& ber 9?er* 
fid^erung einejg neueften amerifanifd^en ©d^riftfteller^ für untpal^r 
auiggeben fann.) Seffing ^at überall ®d|ubart§ ganjen S3ei* 
faß. SJgl. übrigem^ ba^ ®ebid|t auf Pfarrer ^al|n, wo nid^t 
ber Sritifer, fonbern ber tlieofo^l^ifd^e @d|ubart fid^ breit 
mad^t. S3efonberj3 loid^tig mu§ für unö ©d^ubarts fritifd^e 
©teHung ju feinem großen Sanbömann ©djiller fein. S)er 
^^mnu^ auf ©d^iöer ift, toic S3oag mit SWed^t fagt, eine bitl)^* 
rambif^e Äritif ber Slnttjologie auf 1782; bie SWejenfion ber 
SWäuber, bie ©d^ubart bem SSerfaffer ber Siäuber üorla^, ift t)er* 
lorcn gegangen. Über gieöfo fd^reibt er an feinen ©o^n ben 
12. «uguft 1783: „^aft bu ©diitter^ neufteS Xrauerfpiel {tbtn 
^ie^fo) fd^on gelefen? ^errlid^, original iffi^. aber ©att^eit 
ift aud| fein ^ctjlcr." (Unmittelbar üor^er fteljt: ^umfteeg« (beS 
aßufilerö) ©attl^eit ärgert mid^. Unter ©attlieit ift roal^rfd^cin*' 
üd^ JU ftarfcjg auftragen ber garbe ju öerfteljen; üergl. bie Don 
©attber<3 in feinem groj^en SBörterbud^ auö ®oetI|e angeführte 
©teöe: 2)ie ^au^tfarben finb aHe ba unb jwar in i^rer l^öd^ften 
Energie unb ©attlieit. ^ier ftel|t ba<3 SBort in lobenbem, bei 
©^ubart in tabeinbem ©inn. ©o felir er ben 2)on Sarloi^ ptcift. 



X. ©c^ubart al8 Shrttücr* 317 

fo fürd^tet er bodi, ba« ©tüd fönue fid^ fo, tt)tc es jcgt fei (im 

:jjunt 1788, fie^e S^ronil @. 420), nidit lange auf bem Jl^eater 

l^alten. „5)enn wo finb bie Qn^äfamv, bie mit immer glcid^er 

^nftrengung it)rer ®inbilbungöfraft unb i^rei^ SSerftanbei^ bem 

Serfaffer burdi äff bie bäbalifdien ^^itl^c^flängc unb trümmen 

feine« Äunftwerfi^ folgen fönnten?" (Sr l^ei^t ebenba ber crfte 

btamatifd^e iDid^ter ber J)eutf(i|en, ber Did^ter, ber im fjeuer* 

toirbel ber ®inbilbung«fraft ben ru^igften pfgd^ologifd^en Siiefblid 

beibehält, ©dritter« ©eifterfe^er ift nad^ 1789, 343 eine origi* 

nette unb jeitgemä^c ffirjäljlung, bei ber bie ©rflärung ber tt)un« 

berbaren ©rfd^einungen nadt) 1789, 420 t)ott ©d^arffinn unb nur 

ba§ uttbegreiflid^ ift, ba§ ®d|itter, biefer Driginalfopf, bie ®rjä^* 

lung au« bem granjöfifd^en be« ®rafen öon D. nal^m. Äu« An* 

lag ber Überfegung öon ©encfa« ©d^rift: Über bie Sürjc bc« 

Seben«, bie Sonj in einer ^eitfd^rift gegeben l^atte, bemerft ©d^u* 

bart 1790, 477: „©enefai^ ©direibart ift ganj eigentümlid^, t)oß 

groger ©enteujen, fül)n, fraftt)on, ju jugef^igt unb unperiobo* 

Cogtf^. @r l^atte tiefen Sßlxd unb ein au«nel|menb feinei^ mora* 

lifc^e« ©efü^I. SWiemanb fönnte i§n bem ^ublifum, ba« im «ß* 

gemeinen »cnig Satein mel^r lieft, beffer bcfannt mad^en, aU 

©dritter, ber in ©d^reibart unb ®eift mandie« ä^nlid^e mit ©enefa 

l^at." — Über bie ©efd^id^te be« Slbfaö« ber 5ßieberlanbe urteilt 

©d^ubart 1788, 420: „'Die tote ^Begebenheit lebt burd^ bie ÜÄagie 

t)ott ©d|ißer« ®enie tt)ieber auf; bie ^erfonen leben unb tt)eben 

t)or unfern Äugen unb fein tiefer ^^ilofop^ifd^er JBIidf »erfolgt 

jcbe SE^at biö auf il^ren erften ?ßufefd^lag." ©benfo gilt x\)m bie 

©efd^i^te be« breigigjä^rigen Äricgö (1790, 566) für ein SDleifter* 

tücrf, baö ivoax in einem Älmanad^ für J)amen erfd^ienen, aber 

gemig für ÜÄänner beftimmt fei. „Da« SDlorbgetümmel be« breigig* 

jäl^rigen Ärieg«, bie« ©engen, S3rennen, 3^^*ören mit aßen 

©reuein ber SBcrwüftung unfern Damen normalen unb jroar mit 

©dritter« geucrfarben, ift wirflid^ ein ftarfe« ^ittrauen in unfre 

beutfd^e, immer me^r in weid^c ©d^wäd^e au«artenbe grauen." — 

<Sx tabelt 1789, 210, bag ©c^ifler in ber Überfefeung ber ^p^u 

gerne in tlulis ftd^ bie ÜÄül^e nal^m, bie S^öre ju reimen unb 

meint, ber ®eniu« ber ©ried^en njerbe i^m bie« wenig banfen, 



318 X- ©c^ubart als MtUet. 

ttjcil fein Driginal notnjcnbig unter bcm brfldenbcn IJJod^c bei^ 
beutfd^cn Äcintö leiben muffe, ^m Übrigen — „bie ÜJiafege finb in 
^Jamben, meift trefflidi, unb ber Äu^brucf t)ott Äraft, Slar^eit 
unb SReinigfeit" QvLxa ©d^Iu§ wünfd^t ©ci^ubart^ ba§ ©d^iHer, 
ber fic^ je^t bem ©onnen^junft ber wa^rften SBegeifterung naivere, 
bie foftbaren SKomente ber 3Beil^e eigentümlid^en ^robuften »ib^ 
men möd^te. — ßben bafelbft ift fel^r anjuerfennen, ba§ ©<i^u* 
bart tro| feüiejS üeränberten religiöfen ©tanbpunft« ©(ä^iHer« ®ötter 
©ried^enlanbd nur in folgenben SBorten lurj bef^rid^t: „^m Xuf« 
fa|e über bic fjreil^eit beg ©id^teriJ ringt ©dritter mit bem ©rafen 
©tolbcrg, ber gegen ein ®ebid^t öon ©d^iöer fel^r grünblid^e Se* 
merfungen in baS beutfd^e ÜÄufeum einrüden lieg." — SJefonbcri^ 
anjie^enb ift ©d^ubartiS ^rtt)äl^nung ber @efd^id^te beiB |)erm t)on 
® ... im erften ©tüd beiS beutfd^en SKerfurg, »eil biefe nad^l^er 
üon ©dritter ».©piel beö ©d^idfafö" betitelte ©rjäl^lung einen 
3Äann betrifft, ber tt)efentlid^ in ©d^ubart« Scben eingriff, SÄicger. 
Seibejg ift bemerf en«njert : ©d^ubarts Urteil über ben SOSert öon 
©d^iöer^ (grjäl^Iung unb feine SJ^arafteriftit SiiegerjS, bie er baran 
auf daliegt. ,,I)ie ®ef^i<^te beö |)erm öon ® . . . wirb fonber* 
Hd^ an ben Ufern bei? ^tdax^ mit großer Siieilnel^mung gelefen, 
weil I;ier bie ©jene biefes ^öd^ft merhuürbigen !3)rama war. !S)er 
aWaler unb fein JBilb warb ^ier gleid^ erlannt, fo fel^r er burd^ 
einige falfd^e ©tri^e ba» Sßüb unfenntlid^ gu mad^en fud^te. !X)en 
ÜJialer erfennt man an feiner ftarfen SKanier; fonberlid^ ift il^m 
bie ©d^redEenöfjene bt» Serfer^ trepdti gelungen, ©d^abe, ba| 
baÄ fonberbare, für bie aWenfd^^eit äugerft le^rreid^e Seben beö 
ÜJianneö nidt|t ganj t)on einem ÜJieifterjeid^ner bargeftefft wirb, 
©elten würbe man biefe SDHfd^ung t)on männlid^er ®x6^t unb 
tinbifd^er tleinl^eit, (Sr^aben^eit unb 9Hebrigfeit, menf d^enbeglüdEen* 
ber ®üte unb 3^^pörungggrimm, ^ettlobember ©ottej^furd^t bei 
oft ganj ungottfeligen Z^attn, fo öiel (grbarmen bei fo öiel SRad^e, 
unb biefe unermfibetc eifeme S^l^ätigfeit an einem Drte, ben man 
i§m jur Sftul^e anwiei?, in einem ÜJianne gefunben l^aben, mit in 
biefem SKanne. $Jd^ rebe an^ ffirfa^rung." SBietteid^ bajJ ©efte, 
was je über SWieger gefd^rieben würbe. 

«uffattenb bleibt ©(^iöer« ©tiHfd^weigen über ©d^ubart. ^n 



X. @(^ubart a(0 ^itifer. 819 

einem ^uuft war i^m bicfcr frcilid^ überlegen, im öolfetümlid^en 
&kb. ^n bcr «ntl^ologie erfd^ieit öon ©exilier ein „SSanren* 
ftönbd^en". ^aUeiSfe, bei bem leibet auö) bai^ post hoc, ergo 
propter hoc eine SRotte fpielt, meint (©d^ißer^ Seben 1, 240), 
in biefem S3auernftänbd^en feien öiettcid^t bie «nregnngen öon 
Sd^ubartÄ SBoIfdton jn fud^en. ^a roof)U ©d^nbart toax öon 
Sd^ifler abl^ängig, o^ne ©d^iöer l^ätte er bie berühmten öolfs* 
tiimli^cn Sieber nid^t gebid&tet. ,,SKenfd^!" fängt ©d^iöet^ SBanren*» 
ft8nbd)cn an; fd^abe, ba^ fid^ ©d^ubart biefe« Kraftwort nid^t 
aud^ angeeignet l^at. ÜJian öerglei^e befonberd ben ©c^In§: 
„Donner alte! SBaö ift ba«, !Daö öom ^nfter regnet, ®arftge 
f)cje, fotl^ignag, $)aft mid^ eingefegnet. SRegen, ^nnger, groft 
unb SBinb Seib id^ für ba« Xenfeöfinb, SBerbe nod^ ge^nbelt! 
SBetter aud^, id^ padEe mid^. SBöfer Dämon, tummle bid^, |)abc 
fatt gebubelt! Draußen, brausen ©auiJ unb S5rau«! gal^re wol^I; 
^^ Qtf) nad^ |)aui8." ©al^rfdtieinlid^ Ijat ©d^ubart, ber ro^e, 
naturaliftifd^e ©c^ubart, öon biefen ,,DorffiebeItönen" feine Sunft 
gelernt. Sieber ju bieten, wie: „Sifete »rautlieb", „©d^ttJäbifd^eS 
SSauetnIieb", „Der erfte ©d^nee". Die SEBiberlegung biefei^ »in* 
bigcn einfaH« überlaffe id^ bem Scfer. — Daß ©d^lßer für fold^e 
Did^tungeu feinen ©inn t)atte, wei^wegen er t& aud| bei bem 
5Jaurcnftänbd^en §ot bewenben laffen, fielet man au^ feinen ä[u|e* 
tungen gegen ©oetl^e über bie Did^tungen be« SWürnbergeriS ®rübel. 
SKan merft t^ it)m orbentlid^ an, wie fd^wer er fid^ entf daließt, 
in ®oet^e§ fiob einjuftimmen, wie er biefe Did^tungen fo jiemlid^ 
über bie äd^fel anfielet, wie fie iljm burd^aui^ nid^t ba§ lebenbige 
Qjwtcreffe abgewinnen, baö fein greunb an i^nen na^m. 8tm 
18. Dejember 1798 fd^reibt er an ®oetl^c, t» fomme il^m immer 
ate eine gewijfc Unfd^idEIid^feit öor, auf einer fo öffentlid^en ©teile, 
ate bie allgemeine 3^itung fei, bie «ugen auf ©rubel ju jiel^en; 
für bie 3Jorjüge ber gorm fei einmal fein ©inn gu erwarten, 
unb f werbe baö tieine unb ®emeine in ben . ®egenftänben 
ben belifaten Ferren unb Damen ?(nfto§ geben unb ben SBife* 
Hngen eine SBlöfee. ®r empfiehlt bie «njeige für ein litterarifd^eS 
93Iatt u. f. w. 

Die 2:raube ift fauer; benn fie l^ängt ju f)oä), ®oet()e fanb 



320 X. ©d^ubart alg Ärttifcr. 

bie Slraubc fü§ unb faftig unb fud^te fie, tt)eil er ^icr ctwaö S5cf- 
ferc^ fanb, afe bei bem ^aftor ©d^mib in SBerneud^en, einem 
größeren ?ßnblifum fmn* nnb munbgered^t ju mad^en. @ben in 
biefem ®inn für^ SWaiüe, SSoltemäßige, Ungefünftelte jeigt fidi bie 
t)on 3f. ®. g^if^er mit 9lcd^t bel^anptete ttinlid^feit ©^nbartö 
mit ®oet^e, nnb id^ mn§ mid^ nod^mate n^nnbern, baß blefer faft 
nirgenbö in feinen ©d^riften auf il^n ju fpred^en fommt. ©d^u* 
bart muß il^m 1779 öon „fd^warjen Seelen" afe ein ganj ücrn^erf* 
lid^er 3Kenfd^ gefd^ilbert njorben fein. 

S5ßie urteilt nun ©d^ubart über ®oet^e? $ier läßt un^ bie 
e^ronif nidit im ©tidt|. 1774, ©. 527 ^ält er ben Slamgo für 
ein gana mittelmäßige^ ©tüdE. 1774, ©. 543 fagt er: ,,a)er SBrief 
bej3 ?ßaftor^ ju 2C. ift fd^werer an ijjnl^alt, reid^er an gemeinnügi^ 
gen großen ©cbanfen, ate ganje große SEBcrfe über bie ^aftoral* 
tl)eoIogte." J)ie ©rmal^nung jur SJerträglid^Icit, bie ©eligfeit ber 
Reiben, ber Sampf gegen ba^ ©tjftembred^feln — bai^ aUt^ ift 
ganj in feinem ©inn. Über SBert^eri^ Seiben lefen tt)ir 1774, 
©. 574: „SBert^er ift öoll fjeuer unb S3egeifterung, ein ÜJieifter* 
ftüdE beS aHerfeinften aWenfd^engefül^te; bk Slufmerlfamfeit, ba§ 
©ntjüden beö Sefer^ nimmt mit jebem S5rief ju; bie eingeftreuten 
ateftefionen, bie fo natürlid^ auö ben ^Begebenheiten fließen, finb 
t)oa SBig, SBeltfenntni^, SBei^^eit unb ©a^r^eit." ^fm Df tober 
1774 finbet er in bem moralifd^^politifd^en ^u^^jenfpiel 3äge, bie 
einen trefflid^en Sopf »erraten; fd^ön fei ber ^rolog, l^ier unb 
ba bie fat^rifd^e Sauge; aber bod^ ärgert'^ i§n, baß ein ®oet^e 
aller^anb Sum^jenjeug auftreten laffe 2C. 1774, ©. 150 äußert 
er fid^ ganj &\)nli6) über ®ötter, gelben unb SBielanb. @r 
finbet l^ier ein ÜJieifterftüdE öon einer ?ßoffe, jugleid^ aber eine 
eineö &tnk^ unwürbigc ©d^mä^fdtjrift auf einen ÜÄann, bem wir 
in aller ^infid^t fo öiel ju banfen ^aben. Über ®ö| öon S3er* 
lid^ingen urteilt er 1774, ©. 78: „®öfe wiegt l^unbert franjö* 
fifdie unb bie meiften beutfd^en ©d^aufpiele auf." 1774, ©. 216 
ift i^m ber 3Scrfaffer be^ ®ö^ ein beutfd^er ©^afefpeare. 1774, 
©. 335 traut er ©oetl^e bie fjäl^igfeit ju, auf einer ganj neuen 
Äblerba^n afe 9iomanfd|reiber gielbing ju überfliegen. ®rn)tn 
unb ©Imire ift il^m eben ba ba« befte beutfd^e ©ingfpiel. 1787, 



r 



X. (Sd&ubart aU ^rittfcr. 321 

@. 54 l)ct§t er bic ÜJlitfdiiiIbtgen bie forgloS l^tttgctänbelte ^etd^* 
«ung cine§ SWciftcri^. „'Dod^ ift bic Q^ntrife gut erfunben, mirffam 
aufgclöft unb bcr Älcjanbrincr ift rein, wo^Iflingenb, fd^Ianf im 
S)iaIog unb cinbringcnb im ©prud^." Über bie :3;t)l^igenie lefen 
wir ebtn ba: „9lid^t tuilbe, öon einem jum anbern ©jtrem ber 
£cibenfd^aft fortrei^enbe (Situationen empf eitlen biefeiS ©tüd; aber 
tiefe, eble ©infalt in |)anblung, Sl^arafterjeidinung unb ?(u§bru(f, 
feie jeber Senner am griedjifd^en ©uri^ibes fo fe^r betüunbert, 
fpicgelt fid^ l^ier unter bem eigenen ©e^rftge be§ originellen ®oetl^e 
auf bie bejaubembfte SBeife." — aWit ®oet^cg gauft fam ©d^u* 
bart in ein eigenes ©ebrönge. 1776, 253 jeigt er bt^ Wakx^ 
URülIer 3^auft lobenb an; er attjcifelt aber, ob biefer ©toff üon 
großen (Senieg mit gutem ®en)iffen bearbeitet n^eiben fönne. 
„SBenn unfer SSaterlanb," fragt er, „baran ®efd^mad pnbet, wirb 
es nid^t, ba eS faum üon ber Sieufetebannerei gereinigt roorben, 
balb tt)ieber fo üoH Seufel, S3efeffener, ©d^märmer, JEeufelSbanner 
unb bergleid^en ©efd&mei^eS werben, bajs wir bann ftatt mit einem 
mit uujäl^Iigen ®a§nem ju fämpfen ^aben?" 

3)aS ©rfd^einen beS ^agments 1790 ^at ©d^ubart nod^ er* 
tebt; bie SSefpred^ung beSfelben finbet pd^ ni^t öon feiner, fon* 
t)ern t)on feines ©o^neS geber in ber Sl^ronif 1790, 524. ^Stte 
über ©d^ubart bic Sritif feines ©ol^neS ni^t gebilligt, fo ptte 
er ol^ne ^w^^if^l WeS in einer Änmerfung gefagt. ©oet^cs S8c* 
arbeitung biefeS ©toffs wirb nod^ über bic üon Seffing unb SKaler 
üRüHer gefe|t. „fjauft will bie ©d^ranfen beS meufd^lidtjcn 2Bif* 
fenS burdibred^en; fein SBal^r^eitSburft ruft l^öl^ere ©eifter ju 
^ilfe. aber fein SSM lann ii)xt 9?äl)e nid^t ertragen; SKep^i* 
ftopl^eleS, ein 'Dämon ber |)ölle, nugt bie ®elegenljeit, gaufts 
flrolse ©eele in bie ^fü|e ber ©innlidtifett jU t)erfenfen. Unter 
ten 3WitteIn, bie er üorfel^rt, fommen ©ituattonen t)or, bie mit 
beneu im ÜÄacbetl^ wetteifern. 3)cr Söber ber Siebe fd^lägt enb* 
lid^ an; aber gaufts l^ol^er Sl)arafter l^aftet ni^t am S:ierifd^en 
t)iefer Seibenfd^aft, entfd^cibet in lurjcm für eine feinere unb gei= 
ftigere fiiebe — unb ber ÜDämon \)at ftd| betrogen 2C. Überaß 
liegt ^ier eine Änwenbbarfeit unb ein ©inn in ®efinnung, ÄuS* 
brud unb ©ituationen, ba§ il|n ein geübtes Äuge in bem jarteften 

^auff, Gd^ubort in feinem Seben unb feinen 9S>er!en. 21 



522 X. @*ubart al8 Äritifcr. 

^ittfclftrid^ crfcnncn wirb. J)ic 3Scrigart in SWcimen pa^t jum 
©cgcttftanb, wie bic ^^bcl junt Qtotd. Überaß ift aud^ |icr 
®octl^ci3 leidste, unbefangene ^nftntanier unöcrfennbar. — ®enn 
er, wie er fürjlid^ äußerte, feinen ^auft im gleid^en 3:one unb 
mit wad^fenbem ^^ntereffe bi^ bal^in fortfegt, wo ber S^cufel in 
eigener 5ßerfon feinen gelben ^olt, fo bürfen wir unfrer Sitteratur 
ju einem ber lauterften nnb origineöften ®enie^robufte @Iüd wün^ 
fd^cn, beffen fid^ je ein SSolf rül^men fonnte." SWadt|bem ©d^ubart 
ortl^obof geworben war, mu§te er barauf galten, ba§ fjauft be* 
ftraft, b. 1^. öerbammt, üom S^eufel gel^olt würbe. 

®e§en wir nun ju ©d^ubarti^ Äritif ber S)id^ter minoram 
gentium über unb betrad^ten l^ier juerft fein SScrl^ältniiS ju htn 
^ainbünblem. ©ein perfönlid^er fjreunb war SWißcr. (gr ftettt il^n 
aU 'Did^ter l^od^, ift aber gegen feine gel^Ier nid^t blinb. ^n ber 
S^ronif oon 1776, @. 398 bt^pxiäji er ben ©igwart; er lobt 
il^n, tabelt aber ben Sl^arafter be^ fia^ujiner« afe übertrieben 
unb einige Sßaturfd^ilberungen ate ju ermübenb. Über feine @e* 
bid^te bemerft er 1775, @. 52: „@r fd^eint feine Btxopi)tn nur 
fo Ijinjutänbeln unb bod^ finb fie öon mäd^tigfter SBirfung auf ba^ 
^crj. ©0 wie bie ©mpfinbung ftrömt, fo ftrömt aud^ fein Sieb.'* 
®ro§e ä§nlid^!eit jeigt ©d^ubart mit S^ltt) ; er felbft weift barauf 
^in in ber @efd^id|te feiner Sinb^eit. @r lobt il^n, ba§ il^m ber 
elegifd^e 2:on fo gut glüde (Slironif 1775, ©. 51), meint aber bod^ 
1775, ©. 759, er wäre fd^ö^barer, wenn er weniger malte unb 
mel)r em^fänbe.*) Über bie ©tolberg t)gl. oben ©. 125. 137; in 
ber eiironif 1788, @. 355 fagt er, griebrid^ ©tolberg« g^abeln 
wäre mel)r SWannigfaltige«, mel^r Sl^arafterifd^e« unb ?(uffaHenbei^ 
ju wünfdien. Sei S3o§ finbet er (Sl^ronif 1775, ©. 54) eigene^^ 
®cfül)l, ba unb bort origineße ©ebanfen; bei Slaubiu« eben ba 
ipeben^wärme unb origineße Saune. S3ürger enbUd}**) ift i^m 1776, 



*) über $5lt^ l^aben »ir ein @4riftc^en Don mUtt: ,,@tti)aS t>on ^ölt^^ 
ßeben. SlugSburg 1775/ ^$ölt^,^ fagt a^Uer, „fc^toelgte in ®im)ftnbunflcn 
qan% toie Sd^ubart, nur ha^ fie bei $öltt) nid^t fo l^eftig tuaren« @r ^atte 
feine ftarfe ßetbenfd^aft" 

**) 3n ben »riefen an MUtt öom 22. mhxi 1776 fragt Älopftod am 
@d)Iu6: „@agen @tc mir: (Se^ört Söürgcr fo rec^t gu un»?" 



X. ©d^ubart al« Ärtttfcr* 323 

©.118 bcr ganj originelle l^eiterc, allgemein üerftänbliciicSSoIfg* unb 
»aterlanb^bid^ter. 1789, ®. 423 ift JBürger ber erfte SSolfebiciiter. 
„S)a er Popularität für bai8 ^öd^fte Äenngeid^en eincg guten ®cbidE|teg 
l^ält, fo toirb er mit biefem SRul^me jufrieben fein ac." 1790, ®. 278 
fotbett ©(i^ubart jur ©ubfiription auf JBürger^ ©ebid^tc auf, ber 
neulid^ in Stuttgart gewcfen fei unb ben er ftolj unb öff entlid^ feinen 
^teunb nennt. Weniger öorteill^aft lautet baö Urteil über il^n 
in ben ^Briefen. 3^^^ H^ ®- 409 melbet er feinem ©ol^n : „JBür* 
ger war nur einige 2:age l^ier, bod^ fprad^ iä) H)n täglid^ ein paar 
©tunben. @r gewinnt nocii burci) perfönlid^e JBefanntfdfiaft, unb 
man fielet tt>oi)l, bafe er jeneig fitl^erifciie Did^tergepräge l^abe — 
jenes unwiberftel^Ud^e fjeuer, ba^ im Äuge fprid^t, auf ben S33an* 
gen blinft unb ben ©id^ter^aud^ jur fiol^ mad^t." Allein am 
19. ^unx 1789 fd^reibt er feinem ©o^n: „Qf^ liebe jroar JBürgeri^ 
SDfhxf e f el^r ; toeife aber audfi, bafe wir — ^eil uni8 ! — nod^ größere 
Sarben l^aben. D, wenn ®erftenberg einmal feine ©ebid^te 
famntelte, bann wirb gewiß SBürger um eine ©tufe tiefer ju ftel^en 
fommen. ^feffel i^at nun aud^ feine ©ebid^te in jwei JBänben 
ju 83afel l^erauj^gegeben, bic weit tieferen moralifd^en ©inn. eble 
große ®runbfä|e verraten, ate JBürger^ ®ebidf|te.'' Äud^ in ber 
oben angeführten ©teöe in ber Sl^ronif t)on 1789, ©. 423 fagt 
©d^ubart: „SÖSäre ©erftenberg nidf|t fo forglojS für feinen SRul^m, 
fo würbe er lange öor SBürgem fte^en.*' 

Der ^auptunterfd^icb jwifd^en ©d^ubart unb SBürger beftel^t 
nad^ meiner Änfid^t barin, baß, toa^ bei ©dfiubart mel^r ge» 
fonbert ift, ^atl^ojS unb SWaiöetät, SBürger oft in bemfelben ©ebid^te 
t)crmtfd^t Slud^ ba^ ^at^o^, bai^ ©dfiubart l^ie unb ba, wie im 
Soplieb, fid^ erlaubt, ift nid^t fo ftürmifdf) unb brangöoH, wie 
JBürgerj^. — ^Bürger bilbet fd^on ben Übergang ju ben ©türmem 
unb orangem, ^ier begegnet nn^ ber je|t öergeffene Subwig 
^i^ilipp ^a^n, ju beffen S:raucrfpiel „ber 9[ufru^r in ^ifa" ©d^u* 
bart eine SSorrebe gefd^ricben l^at. ^n ber Sl^ronif 1776, ©. 176 
lobt er biefem Drama übcrfd^wenglid^, finbet ©eniuiSfraft barin 
unb fagt: „Die ßntftcl^ung, ber blutige gortfd^ritt unb fd^aurige 
?tu^gang bei8 Äufrui^r^ ift fo anfd^einenb gemad^t, baß bu bid^ 
gleid^ unter bie ©pieler mifd^cft unb Anteil an i^rem ©d^idfal 



324 X. ©d^ubart aU Ärttifer. 

nimmft." Über Senj urteilt er 1774 im Oftober auö anla§ 
feinet neuen 3Jienoja: „Oro^er (Sott, wie gelten bie ßcute 
mit i^rem @enie um! Um Originale ju werben, werben fie 
albern." Die ©rfinbung ift in feinen Äugen einfältig unb 
finbifd^, ben |)ofmeifter l^ingegen ^at ©d^ubart mit ®nt= 
jüden gelefen. Über feine Stellung jum SDialer 9RülIer ügl. 
®. 99. 277. 282. ©iefer würbe t)on ©d^ubart neben ©oetl^e, 
tlinger, SBagner unb ®ö| bem SRitter «. t). Slein afö ©e^ilfe 
bei ber @rrid)tung beö 5Wationaltl^eater§ empfol^len unb nal^m in 
ber Z^at Stnteil baran. Über ÜÄütterö »Hefen atoban bemerft 
er, bie ©inbilbungj^fraft laffe ficii eben nid^t ju fo gewaltigen 
(Snipfinbungen unb SSifionen l^inaufftimmen. (®. Sl^ronif 1776, 
@. 302.) aOle^rere ©ebid^te, wie bie laubenlieber, werben gc* 
lobt, anbere getabelt. «lö aßüBer 1776 eine Sammlung SJatla- 
ben oeröffentlid^te, fpenbete ©d^ubart 1776, ®. 750 i^r reid^^ 
lid^eö Sob mit ben ©orten : „Qfff ö einem bod^ fo wo^l, wenn nad^ 
fo üielen mattl^erjigen, ftumpffinnigen ©id^terlein, bie beftänbig 
t)on ©onne unb SBonne, öon Siebe unb S^riebe tropfen, in poc* 
tifdfien ^^rafen laßen unb feinen poetifd^en JBlutj^tropfen im ^er* 
jcn l^aben, wieber ein SDIann bal^er tritt im alten tcutfdfien Sruft* 
la|, unb fprid^t wie ein 5Wann unb fü^lt wie ein SWann unb tritt 
auf, ba§ ber SBoben bröl^nt." 33on bem ©olbatcnabfd^icb war 
fdfion oben mel^rmate bie Siebe, ©d^ubart fagt 1776, ©. 752: 
„®er ©olbatenabfd^ieb ift fo gauj tjcrftänblid^ , gemeinfinnig, 
^erjig gemad^t, ba§ i^n ©olbaten fünftig wirtlid^ fingen werben, 
wenn fie oon i^rer brauten Slbfdfiicb nel^men unb ^injie^en ju 
ftreiten für^ SSaterlanb." 3Bütterö fjaun entlodt il^m SE^ränen 
1775, ©. 28. ^m erfdt)lagenen Slbel, meint er, l^abe ÜÄütter ben 
öon ©dt)ubart fo fel^r bewunberten ®e§ncr weit übertroffen. 
S. ©euffert fagt mit Jfted^t, ©dfiubart fei berjenige ^Beurteiler 
aWütterjS, wcld^er beffen ffiefen am bcften unb fd^ärfften auffaffe; 
er teilt einen SBrief ©d^ubartg t>om 3. Oftober 1775 mit, in bem 
c^ ]^ei§t: „3fl^re i^been (roal^rfd^einlid^ tjerfd^rieben ftatt ;3b9llen) 
finb fo ganj SWatur, fo öoB reid^er ©eniejügc unb ftarfer beutfd^er 
^radt)t, ba§ ©e^ncrö ibealifd^e ^irtenwelt nun reiben (reifen) 
fann." «u§ ®olo unb ®enot)efa liefe ©d^ubart bie terferfjene 



X. ©(j^ubart aU StdtiUx. 325 

in Ulm mit einigen ©TOeiterungcn öon fid) ate SWad^fpiel anf« 

führen, „unb e§ war uon groger Sirfung". S(m 27. SWoöember 

1776 trug er i^m üon Ulm an^ baö 3)n an. ©djubart öerfprad^ 

fid^ oon SWüttcrg »ieife na6) SRom t)iel, beflagt aber 1788, ®. 632, 

ba§ er in 9iom fo weibifd^ geworben. @r beurteilt i^n anci) afe 

3KaIer, rü^mt feine ffirfinbnngj^gabc, tabelt aber, ba§ ifini bie 

immer gleiciie SBärme nnb ©tetigfeit jur Äuöfül^rung fehlte. „@r 

ift toeit trefflid^erer 3)id^ter, aU aWaler. 3tber aud^ feine ®ebi(i|te 

fc^en aus wie ©olbftüde, bie ein reiciier 3Kann mit bem ©d^nupf* 

tud^ auö feiner Za^6)t öerfciileuberte. ©d)abe, ba§ er je^t mel^r 

wclfd^, als beutfd^ f^reibt." S^ronif 1788, @. 674: „®t ^ätt' 

ein großer 2)i(i|ter werben fönnen unb au^ ^apxii ift er ein mittel* 

mäßiger SD^aler geworben" — ift ©d^ubartö ßnbnrteil über il|n 

in feinem SBrief an Stein in SKann^eim öom 7. ÜDejember 1787 

(Strauß TI, 368). — ©d^ubart !annte bie fd^wad^e ©eite ber 

©türmer nnb ©ränger wo^I. JÜian fie^t bieg aus ber SBele^rung, 

bie er bem SDialer ÜRütter ju SEeil werben Iä§t. ©dt)on 1775, 

©. 44 fagt er: „Das ®enie mu§ aud^ in feinen Staaten nnb 

aSerfen ?ßlan unb Drbnung ^aben." — SKan fielet aus ber 

&)xomt, ba§ er in ber Sitteratur fid^ immer auf bem Saufenben 

erhielt unb j. S3. über ben fjranffurter SreiS, wie @rid^ ©dimibt 

im ?(njeiger jur 3^i^<^^ift füt' beutfd^eS SHtertum unb beutfd^e 

Sitteratur 1877, ©.27 fagt, uortrefflid^ unterrid^tet war. ^n ber 

©pradt)e brüdEt er fid^ ^äufig fraftgenialifd^ aus, wie er 3. S3. 

bem fieo^jolb SQSagner aus Slnla§ feines gemeinen unb unorbcnt* 

Kd^en atomanS ©ebaftian ©ittig juruft: ©adtcrment, ift bann'S 

^ublifum ein ©d^aaffopf ? SSgl. ^einridf) Seopolb 3Bagner, ®oe* 

t^es 3fugenbgenoffe wn (£rid^ ©dfimibt, 2. «ufl. 1879. ^a frei* 

lidfi, wenn man auf ben SCitel eines S3ud|S fd^reiben fönnte: 

6l)r. ®. ©d^ubart, ®oet^eS (ober ©dt)itterS) ^^ugcnbgenoffe. Unb 

was finb SBagner, ficnj, ©tolberg für bürftige ®efetten, für un* 

flare Söpfe im SSergleid^ mit einem ©djubart! 2)a§ er als ÜDid^ter 

ben SSorwurf ber DrbnungS* unb ^lanlofigfeit nidE)t üerbient, 

liaben wir oben gefel)en. 3(IS Sritifer freilid^ ^at er baS Eigene, 

ba§ er, barin ©oetl^e üergleidbbar, mandfimal jU gutmütig ift, jur 

JBewunbcrung fid^ neigt, lobt unb ^Jreift, bis bie ffirnüditerung 



326 X. ©d^ubatt ate Äritifer* 

eintritt unb er Sob iinb 2:abcl geredet verteilt. @o jeigt er fi(i^ 
j. S3. bei aWalcr aWüKer. 50Ht 3^cifrf bewunbern, mit SJeioun^ 
berung jtücifeln einem aWeifter gegenüber, wie fieffing verlangt, 
fonnte er nid^t. 3^^^ft fommt bei i^m bie JBeiPunberung, bann 
ber 3^cif^I- ®o l^at er benn aKerbingi^ manciie untergeorbnetc 
©d^riftfteHer fel^r l^ocii geftellt, tt)ie j. 35. ben ©id^ter Sofegarten, 
ben ie|t üergeffenen moralifierenben SSielfd^reiber ICufd^. @r fanb 
feine ^eit mel^r, fein Urteil p berid^tigen. Qf^beffen l^aben nid^t 
andfi anbre berühmte Sritifer fid^ getäufc^t? ^at nid^t Sefftng burd^ 
ben falfd^en ®Ianj ber S^ranerfpiele ©enefaig fid^ bicnben laffcn? 
©d^nbartö Xabel ift in ber Siegel wol^Ibegränbet; fein £ob, tt)o 
eö übertrieben ift, l^at er in fel^r öielen fJäHen fpäter er* 
mäßigt. 

fieffing giebt am ®d^In§ ber antiquarifd^en ©riefe eine S:on^ 
leiter für ben Sltnftrid^ter : „®elinbe nnb fdfimeid^elnb gegen ben 
?tnfänger, mit S3ett)nnbernng jnjeifelnb, mit 3^^if^I bewunbemb 
gegen ben SKeifter, abfd^redenb nnb pofitiü gegen ben ©tümper, 
l^öl^nifd^ gegen ben ^ral^Ier, nnb fo bitter ate möglid^ gegen ben 
Sabalenmadfier." SBir l^aben üon ©d^nbart eine ä^nlid&e Jon* 
leiter; fie ift baö Se|te, toa^ er am Äbenb, el^e er gefangen ge* 
nommen ipnrbe, für feine S^ronif biftiert l^at. ^d) fe|e fie jnr 
SSergleid^nng l^iel^er. „^aft ein JBnd^ üor bir nnb möd^teff ^ ober 
foUft'ö rejenfieren, fo gel^ in bein Äämmerlein nnb fd^lcn§ bie 
Xi)üx naä) bir jn nnb frag bid^ öor: SSerftel^ffö SSuä) and). — 
©d^lag nid^t gleid^ mit bem ©(i|tt)ert brein, lief'ft bn ein fd^aleö 
SBnd^; benf, '3 fönnt ein alter SDiann fein, ber bieiS Snd^ fd^rieb 
— l^at^g wol^l nid^t böö gemeint — nnb bn wittft il^n fd^lagen, 
ben @la|fopf, ber o^ne^in fd|on jnm ®rabe wanft. ;3^n, ber 
öielleid^t ate ^Bürger, ate ÜÄenfd^ nnb S^rift mand^' eble Jl^at 
get^an, föftlid^er ate baö fd^önfte öud^ mit aÄobetitel nnb 2Äobc- 
fragen nnb ÜÄobenji| unb aWobefd^nitt. (©o l^at ©d^ubart ben 
altgeiporbenen Äto^^ftodf bel^anbelt.) — Ober benf: 'j3 fönnt^ ein 
^Jüngling fein, ber furd^tfam unb blöbe am SWefte ftel^t unb feine 
fflügelein üerfud^t. ©iel^, er wagt ftd^ in bie fiuft, fe|t fid^ »ic* 
ber, flattert aUenfaUi^ auf beinen fjlintenlauf, glaubt, '^ fei ein 
?tft. Unb bu wiKft il^n morben, Barbar? Qf^n, ber, njo er nid^t 



X. (B^vLhaxi aU ^Hfcr. 327 

fliegen wirb tuie ein Slbler unb fingen wie bie SWaciitigalf, bod^ 
fliegen wirb in ®otteig Suft unb jwitfd^ern an^ bem bunleln 
S5ufd^! (fieffing: ®elinbe unb fd^meid^elnb gegen ben Stnfänger.) 

— Da fielet @iner, fe|t bcn 3irt«I ein, fagt befd^eiben: für ben 
^eii8 fd&rcib id^! zii)\xt^^ anä) nnb verbreitet Drbnung, SSJol^l* 
besagen unb fjreub' in biefem Streife — unb bu gcl^ft ^er, er^^ 
wciterft ben Sreid, ba§ ©elten brin tanjen fönnten, unb fielift 
bu, bafe ber befd^elbene ©d^riftftetler nun nid^t mcl^r aui^reid^t 
mit feinen Strahlen, gleid^ ilber il^n l^erfä^rft unb i^m ^crrfid' 
unb Äragen unb SOiantel wm Seib reifeft unb über i^m foHerft 
unb beine ©ebärbe öerfteöft, bafe bir ber ®eifer l^erabfliefet in 
beinen Sart — fag'jS unb rid^te felbcr: bift bu nid^t ein unbe* 
fd^cibener, ungered^ter @ott, und^riftlid^er, l^erjlofer Serl, ben man 
mit ©d^neebaHen t)om 8li^terftul|l werfen foöte? (ÜDiefc Klaffe 
fel^lt bei fieffing, wie anbrerfeit<S ©d^ubart ben STOeiftcr übergel^t.) 

— ©töfet bir aber ein unbefd^eibener Snab' auf, ber mit ©dliwanen^^ 
ftolj bal^erfd^wimmt unb fpottet ber SJögel über i^m unb ^od^* 
l^alfig anfd^ielt bie I^ier' im S33affer, fie ju verfd^lingen , ben 
wirf, h\^ er liegt! ©d^eu^ nid^t bt^ Oiganten SCritt unb feinen 
3[aft unb fein ^oljnfpred^en, fonbern nimm ©tein' unb fd^leubre 
i^n jur @rbe. SWur üDemut »erbient ©d^onung, Ärrogauj aber 
ffiurf unb 5Eob, (5)ie parallele mit fieffing liegt auf ber ^anb.) 
Überlafe ba^ 3Äeifte ber rid^tenben Qtit ©ie fte^t mit ber SSJage 
t|od) unb wägt, ©ie^ft bu, wie geleierte ©preu auffäl^rt in ber 
aSBagfdtiar unb ©turmroinbiS SRaub wirb? — SBaiS wittft bu rid^ten? 

— ©ie^ft bu bie fmlenbe ©d^ale mit ®olbfanb unb Sbelgeftein? 

— SBag wittft bu rid^ten? — 

Unb über ba« atle^, trittler, bebenfe ba^ ®nbe, fo wirft bu 
nimmermelir Übefö t^un. ©d^reden bid^ bie Sunftrid^tergerippe 
unb ber SlnblidE i^rer ^o^len ©d^äbel unb i^reg ®ebein^ üDürre 
in JBüd^erfälen nid^t? ^alt bir einen 3Äann, nad^ tg^pterbraud^, 
ber bir juruft, wenn ©atläpfelfaft in beiner fjeber fprubelt: 
Memento mori ! ®ieb ad^t, entfinfcn wirb bie ^Jeber beiner JRed^* 
ten, unb l^aft ein ^erj im Seib, fo wirb ein JJ^ränd^en ftürjen 
aufö Rapier unb jebe JBruberbeleibigung wegflögen. 

©0 ridfite mid^, Sefer, id^ werbe fie l^alten, meine fieben ®ebote.'* 



328 X. @*ubart al8 ßritifcn 

®ax fd^ön I|at ^ermann Surj bicfcn fritifd^cn Sanon in 
feinen weit nici^t na<i^ ©ebü^r gef^lä^ten 3floman: „©(^iOerg ^tu 
matjalire" üerwoben. ®<i^ubart fagt ^ier ju SSoöer, bcr freilid^ 
ein ©cfd^öpf bcr bid^tcrifd^cn ^^antaftc ift: „SBcnn id& je^t gu 
^aufe ^infiftc, fo jcrfaue id^ mir bie fjcbcr, i^r Sri^eln ftört 
mid^ jcben Äugenblidt, nnb id^ braud>e bie l^albe SWad^t, big i^ 
ctwaö ju ©tanb gebracht ^abc, ba^ bann bod^ falt unb leer ift^ 
bagegen wenn id^ 3?^^^^^ ^'dttt, bcm id^'ö bittiertc, fo toäx in 
einer lialben ©tnnbe ctoag fertig, womit id^ e^er jufrieben fein 
fönnte." — SRoHer will fid^ nnn mit bem ^crbeigel^olten ^Sa^^icr, 
J^intc nnb ^eber in eine entfernte ®de begeben, aber ba^ war 
nid^t nad^ ©d^nbart^ ®efd^madE. ?(n bem befe^tcften 3:ifd>, wo 
in einer bidfen labafewolfe fräftige ©eftalten öor ben fdfäumen- 
ben JBier^nmpen fa§en, wo ba^ ®efpräd^ am lanteften war, fe|te 
er fid^ mit il|m l^in nnb fagte: „5Wnn warten wir, bii^ ber ®eift 
über mid^ fommt!" — 3(ber eg war i^m nid^t anjufel^en, bafe er 
über irgenb etwa« nad^bad^te; öielme^r unterhielt er ba^ lebljaf* 
tefte ®efpräd^ mit feinem neuen 3^eunbe, ber immer größeren 
®efatten an it|m fanb, unb warf bajwifdfien SBombcn nad^ aßen 
Seiten l^in. Sie Unterrebung begann allgemein ju werben f 
^einrid^ üernal^m einen fedten entfdfiiebenen 2^on, womit über bie 
Zeitläufte gefprod^en würbe, ein ferniger S33i| fam il^m überall 
entgegen, unb fogar litterarifdfe Änfpielungen mifd^ten fid| in^ ®e* 
fpräd^, au^ weldt)em er abnehmen fonnte, wie tiefe ffiurjeln be^ 
reitg ®df|ubartg S33irfen in ber ©tabt gefdf|Iagen t)atte. 

SKitten in ber beften Unterl^altung ergriff biefer pIö^Hd^ bie 
geber unb warf einige SQSorte ^in, reidite baö Rapier unfrem 
greunbe, weld^er barauf mit einer für biefen SDiann beä ©türm* 
brangg ungemein jicriidien ^anb gefd^rieben fanb: „Mementa 
mori für bie Krittler, " unb fagte: „^ä) ^abe eben je^t aöerlet 
jU rejenfieren unb baju will id^ mir bie ®runbfä|c ber ächten 
Äunftrid^terfd^aft einmal red&t flar madt)en. ©direiben ©ie, SBefterf 
ic^ fe^e mid^ auf mein SRö^lein, eö gel|t auf ©iebenmeilenftiefeln^ 
f dflreiben ©ie — unb bamit begann er ju biftieren:" — fie^e oben. 

333ir füfiren ben ©djlufe an: „%vid) unferm J^eunb entfanf 
bie S^ber ^ier, bie er nid&t me^r in ber ^anb ju fül^ren oer* 



X. 8(f)ubart aI8 Ärittfcr* 329 

mochte; fic t)ütte faum mit bem rafdien ®cbanfcuftrome beg genta« 
lifd^cn SDiannej^ glcid^en Schritt t)altcn fönucn, bcr übcrbieö noc^ 
unter bem Diftieren an bem ®efpräd)e ringö umt)er Anteil 
na^m unb ba unb bortl|in ein ffiort, einen SQSi^ fliegen lie§. 
^cinri^ fptang begciftert empor: „Dai8 fönnte ®oett)e gefd^rieben 
^aben!" rief er aui^, „i)o6) lebe ^\)x 2:alent, liebfter ®d)ubart! 
®lüd unb ©ebei^en i^^rcr frifdien, tebent)otlen ffi^ronif! möge 
cö n\ä)t bie te^te Slumcr fein!" — (@^ war bie le|te.) 

Unb nun mögen bie Slbl^ängigfeitj^fa^nber wieber mit il)rem 
post hoc (hunc)^ ergo propter hoc (huuc) fommen. ^ä) be* 
f)a\\pU im Gegenteil: Magna ingenia conspirant. 

®d)ubart war bamalö nid^t allein ber bcbeutenbfte Sritifcr 
Sübbeutfd^lanbig , wie i^n SS. ©euffert in feinem Äuffa| über 
bie SSorgefd^idftc ht^ SWannlieimer SWationaltfieatcriS nennt; er war 
überhaupt einer ber erften Sritifer Deutfd)lanbö unb ber in feinen 
Sd^riften verborgene ®d)a^ fritifd^er 3Beigt)eit wirb erft öom 
3Serfaffer biefeö ju lieben gefudt)t. ®trau§, ber bocii ben ©id^ter 
unb ^rofaiften, ben Patrioten unb ^olitifer @df|ubart inö redete 
Sid^t ju rüden fud^t, fertigt ben Sritifer Sd^ubart faft eiujig nac^ 
ben in ben ©riefen enttialtenen Urteilen ab — unb bieg ift über* 
^aupt ber J^^ler biefcg üon mandfien, wie üon ^Jr. ^reffcl, für 
flaffifd^ geljaltenen SBerfö, bafe eg jwifd^en einem Äommentar ju 
ben ©riefen unb einer förmlid^en S3iograpl)ie unb Stiarafteriftif 
nad) atten ©eiten unfidfier l^in unb ^erfdt)wanft. ©er SJritifer 
©dt)ubart ift fo groß unb fo originell, wie ber S)idf|ter ®df|ubart. 
@r erinnert in manchen fünften an Seffing unb man fönnte fo* 
gar eine parallele jwifdfien SBeibcn jie^en. ©c^ubartö 35orfa^ren 
ftammten au^ ber Saufi| ; ber größte ® o^u ber Saufig ift Seffing. 
®emein Ijat ©d^ubart mit il)m bie Unruhe, baö ^^rfd^en unb 
©uc^en, bie Stmtöfd^eu, bie „Steigung ju einem jerftreuten SBelt* 
unb 2Birtgl)auiBleben" (@oetl)e); öorauö l^at er t)or i^m bie l^rifd^e 
©runbftimmung ber ©cele, bereu aWangel Seffing ju bem ©e» 
fenntuiö üeranlaßte, er fei fein 5)id^ter im tiefften Qnnem, im 
öollen ©inn beö SBortcjS. Daß it)m Seffing in ^infid^t auf ben 
S^arafter, auf ©elel^rfamfeit unb fritifd^en ©diarffinn unb in ber 
^ocfic alö Dramatifer bei weitem überlegen war, brandet faum 



330 X. ed^nbaxt aU trttifer. 

bcmcrft ju ttjcrbcn. ®ie bcbcutcnbc JRotte, bic bei ©d^ubart ba§ 
®cmüt unb bic ^^antafic fpicicn, erinnert elier an ^erbcr, an 
bcn ja bie ©türmcr nnb ©ränger o^nebieö anfnü^ften. ©d^uborti^ 
nnb ^erberi^ ^Pfß Pwi^ ßl^i^ bilberreid^, poetifierenb, abfprin^ 
flenb; ilire hitifd^en Urteile »nrjeln in ©emüt^einbrücf en , bie 
bann ber SSerftanb Hart nnb verarbeitet. — Seiiren wir nun ju 
©d^ubart« Sritif jurüd. ^öd^ft »id^tig für bie Senntniö feiner 
fritifd^en ^Begabung ift bie fd^on frülier ernjöl^nte «b^anblung: 
ftritifd^e ©fala ber üorjüglid^ften beutfd^en ÜDid^ter. ©d^ubart 
gel|t l^ier üon ÄlopftodEö ©a| au^ : „Qfft bie Meijbarfcit ber @m^ 
pfinbunggfraft etwas größer, ate bie Sebl^aftigfeit ber ©inbil^ 
bungj^fraft, unb ift bie ©d^ärfe beS Urteite im unglcid^cn «b^ 
ftanbe üon beiben größer aU fie: fo finb bie« öieöcid^t bie SSer^ 
l^ältniffe, burd^ meldte ba« poetifd^e ®enie entfte^t. — 5Wod^ biefer 
S)efinition eineig SDianneig, ber biei^ aöe<S fo fel^r an fid^ felbft er^ 
fu^r, ^abe idf| jeberjeit ben poetifd^en ©eniuö betradtftet." ©d^u^ 
bart mad^t nun folgenbe SRubrifen: 

®enie, womit id^ bai5 ^erj in genaue SSerbinbung fe^e; 
benn @enie o^ne ^erj ift nur l^albeö ®enie. — SJoltaire fonnte 
bai^er wegen feine« burd^ ewige« ©potten unb SBi^eln üerborbenen 
^erjen« nie ein großer 5)id^ter werben, ©n grinfenbcr ^am 
ging i^m immer jur ©eite unb t)erfd^eudf|te bie oltjmpifd^e 3Äufe. 

©d^ärfe be« Urteil«, o^ne weld^e« ber 35id^ter Ungc* 
l^euer fd^affen würbe ober ffielten ol^ne Drbnung. 

Sitterat nr — nid^t eigentlidfie ©ele^rfamfcit, fonbern ba« 
ÜJiaß t)on Senntniffen, beffen ber Did^ter jur Äu«ffi^rung feiner 
@egenftänbe bebarf. ©d^nbart weift auf SDlilton unb Sielanb 
l^in, ber burd^ weitläufige Sittcratur fid^ felbft einen üDamm er* 
baute, weld^er feinen ©enieftrom einjwängte; ba^er bie wenige 
Ottgmaüt&t in feinen SBerfen. 

©prad^ftärfe. Äße große !Did^tcr finb aud^ 3Jerbefferer, 
oft Umbilber il^rer ©prac^e geworben. @ie ringen mit ber ©prad^e, 
wie 3fafob mit ®ott. 

Popularität («olf«rinttigfcit) ^alte ic^ mit »ürgem für 
eine ber Dorjäglic^ften Sigenfd^aften eine« iDid^ter«. S$en nur 
Sßenige oerfte^en, ber fann unmöglich jene göttliche (Sinfalt ^aben, 



X. (Sd^ubart aI8 etiler. 331 

bic für jcbcn SKenfd^cn wn fd^lid^tcm 33crftanb ücrftänblid^ unb 
cinfd^nctbcttb ift Qfc ftärfcr unb baucrnber bic ßinbrürfc eine« 
!£)id^tcr8 bei bcr SWation finb, je größer ift cv.*^tc gro§ finb 
in bicfcm Sctrad^t ^omcr, Dffian, ©^afcfpcarc unb ® leint in 
hm SBirfungen feiner Ärieg«Iieber auf bie ^reugcn!*) ÄIIc 
biefc aSBirfungcn fönnten ol^ne Popularität nid^t ^ert)orgebrad^t 
»erben. — ®a« SÄufter aller Popularität unter ben Deutfd^en 
ift Sut^er. ^ätt' er fx6) gauj auf bie ©id^tfunft gelegt, fo Ratten 
tt)ir fci^on längft unfern ^omer. S35ie attgeroaltig wirfte er mit 
feiner ©prad^e ! 9Jod^ benf en wir mit il^r, fd^reiben mit ilir, beten 
mit il^r ! Äein beutfd^er ÜDid^ter ift gro§ geworben unb wirb grofe 
werben, ber nid^t biefen SSaterlanbi^apoftel ftubiert l^at. (Daß 
©d^ubart ben Sleformator genauer fannte, ift gewiß. JBet ©trauß II, 
55 fd^reibt feine ®attin am 8. Dezember 1786 an 2ÄiHer in 
Ulm: „Shin will mein SWann bem göttlidfen Sut^er ein !Dcnfmal 
mit Änmerfungen ftiften, baju brandet er aber aße feine möglid^e 
©d^riften. @r felbft l^at weld^e t)on i^m gel^abt unb, wo idf| nic^t 
irre, feinen Sebeuj^Iauf, ben ®ie bei meiner Äbreife öon Ulm jur 
^anb genommen l^aben. 5Wun bittet Sie mein SDiann burd^ mid^, 
il^m fobalb ate möglid^ biefe SBiid^er ju fd^idEen. ^aben @ie nod^ 
mel^rere Slad^rid^ten üon biefem SKanne, fo l^aben ®ie bic ®üte 
unb teilen eg i^m mit. ^ä) ftel^c ^f)ncn baöor, baß fic aöcö 
unoerfel^rt mit bem größten Dan! wieber jurüdfbcfommcn foffen." 
SBorin biefcö SJcnfmal beftanb, feigen wir au« ©d^ubart« ©rief 
an feine ®attin öom 8. ÜDcjcmber 1786. ,,an ba« ®ebid^t auf 
ben ©eiftmann Sutl^er," fd^reibt l^ier ©d^ubart, „wiB id| mid^ 
mit all meinem ©cdeuöcrmögcn mad^en. ©icl^ nur, baß bu feinen 
Sebenölauf t)on SDfiiöcr in Ulm balbmöglid^ft bcfommft. — ^6) 
gebente, bied wid^tige ®ebid^t mit tlnmertungen J^eraui^iugeben, 
um ei8 befto lel^rreid^er ju mad^en. ^(S) laffe etwan 2000 (Sjem* 
plare abbrudten unb bie wcrb' id^ wol^I unterbringen." ©d^ubart 
war offenbar burc^ ben fabell^aften ©rfolg feiner jwei ©ebid^tc 
auf fjriebric^ ben ®roßcn p fo fanguinifd^en Hoffnungen erregt 



*) mad) biefem SRa^ftab ^ötte <Sc^u6art in ©oet^ed Urteil über ha9 
^aplteb freubig etngeftimmt* 



332 X. Scöubart als Äritifcr. 

n^orben. Qm weiteren 93riefn)ed)fel ift üon biefcm ®ebtd)t feine 
9iebe nte^r. ÜDa§ bie Stabführung beiS SJorl^aben« unterblieb, ift 
nid)t ju bebauern; ©d^ubart fjätte ficii o^ne ^w^eifel tüieber inö 
©(ilttjülftige üerloren, aber ber ^lan ift merfwürbig. Sd^ubart 
xoax aud) fonft ein SBewunberer Sutl^erö, ben er mtf)xmal^ mit 
?lrmin jufammenftetlt, unb nalim il^n ficii in ber ^rofa iwm 
S5orbiIb.) 

Saune. ÜDiefe äbweic^ung öom Sontjentionellen unb Üb* 
lid^en, fofern fie inö Säd)erli(ä^e fäUt, finbet ficii hti alten großen 
@tnxt^, folglich audf bei ®i(i|tern in größerem ober öerminbertem 
®rabe. ©d^ubart nennt ^omerö JBatradf onttjomad^ie , '?)oung^ 
5Wad)tgebanfen, SlopftodiS @etet)rtenrepublif, üon älteren 5)td^tern 
fjifciiart, JBurfarb ©atbiö, ©ebaftian JBranb, unter ben neueren 
wenigfteni^ SiiScott). (Diefe Saune wäre alfo = ^nmor.) 

8B i § bebarf ber ©id^ter üiet, um äl^nlid^feiten ju cntbedEen, 
weil ol)ne analogifd^en SBert fidfi fein gute§ ©ebid^t benfen läßt 
5Wur muß er mit bem SBi§ in großen ffierfen fparfam umgeben. 

®ebädf|tni3. 3Bem in ber ©tunbe ber fflegeifterung ober 
öielme^r ber Aufarbeitung unb Stnorbnung bc^ erfunbenen O^euer* 
ftoffei^ bag @ebäd^tni§ nid^t bie nötigen ©ubfibien jufü^rt, ber 
fdf|tt)äd^t burdt) geiler unb Südten bie ©nbrüde feinet ©ebid^t«. 

Der !Dic^tergeniuiS ift alfo ber größte unter allen, ©r ift ber 
wal^re Slad^al^mer ©otteig, fdtiafft wie ®r, wirft wie @r — @ott 
in ungel^euren SBejirfen, ber Didf|ter in eingefc^ränften. ffir ift 
ein ©e^er. aBat)r^eitigliebe, Demut unb ©infalt, ÜRenfd^enliebe 
unb ^atriotii^mug, ®efunbl^eit U^ SeibS infolge weif er Diät 
öottenben baö S3ilb. — 

©d^ubart ftettt nun nadt) biefem poetifd^en ©laubeniSbefenntni^ 
einige unfrer Did^ter jufammen; ügl. barüber oben ©. 124 f. Daö 
®enie ift il|m bie SSereinbarung t)on reijbarer (SnHjfinbung unb 
lebl)after ©inbilbungiSfraft. "Slaä) biefem ^auptgefid^t^punft ftellt 
fic^ ber poetifdt)e S33ert mxt^ Didjterö mand^mal anberiS, al^ nad^ 
ber ©umme fämtlid)er 3flubrifen. 

^m &tnit fte^en tlopftodt unb ®oetl|e mit je 19 obenan j 
bann fommen SBielanb, ©d)itler, ®erftenberg mit je 18, U| unb 
®eßner mit je 17, SBürger, ®leim unb gri^ ©tolberg mit je 16, 



X. @*ubart aU §txxt\hx. 333 

Scffing unb 3)emg mit je 15, atomler mit 14. — Daran fnüpfcn 

ftd^ einige tüeitere Änöfül^rungen. Älopftod l^at alle ©rforberniffe 

eine« ©id^tcr«; ba«, wa« i^m fel^It, ift bie Popularität (ügl. 

<S. 125). SSJielanb jeid^nct fid^ tjorjüglid^ burd^ bie iparmonie 

feiner ©celenfräfte /luö. Äße poetifciien ffleftanbteile [teilen bei 

i^m gleid^fam auf einer ©tufe — bal^er bie ©enfation, bie er 

unter un« machte. (®anj rid^tig; SBielanb l^at aud| 6mal bie 

5Wumcr 18, jweimat, in bcr Popularität unb im 3Big je 17, im 

©cbäd^tni^ 19.) Unbegrünbct ift freilid^ bag Jolgenbe: „Daju 

fommt nod^ fein ©inbringen in ben ®eift ber Qtit burd^ bie SBa^I 

feiner ©toffe unb ® id^tungSarten. '* — „@r ^at mit ^ope fe^r öiet 

3i^nlid^f eit ; nur ift er minber moralifd^, ate jener. Sebengttjeiö* 

^eit in ©id^tungen ju Heiben wäre SBielanbö l^öd^fte ©tärfe ge* 

worbcn, lücnn il^n nid^t ©ried^en, ffielfd&e unb J^aujofen geführt 

Ijätten. ©erftenberg fönnte jwifd^cn Slopftodt unb aSielanb, ber 

<Sionitin unb ber gröber tjerförperten ÜÄufe ftel^en, wenn er »oute. 

©e^ncr ift unter aKcn ©eutfc^en ber torreftefte Did^ter, t)ott Sid^t, 

®nfalt unb be« reinften SWaturgefü^te; balier ift er auc^ bcr über» 

fe^barfte, unter ben ?lu«länbem ber beliebtefte. ®urd^ bie bci*^ 

bcl^altenen SDItjtl^en fd^ttjäd^tc er fein SWationalintcreffe. SBic wirf* 

fam ift bagegen feine ©d^wcijerib^ffe, fein Sieb eineiS ©d^weijer* 

mäbd^eng." — @id^ felbft l^at ®dt)ubart nid^t gefd^ilbert; am 

näd^ften fäme er, namentltd^ wegen ber Popularität, bem SSolfö* 

bid^ter ©ärger. — "iDer ®runbfel|ler biefed fel^r beadf|ttmg8tt)erten 

^uffa^eiS unb biefer ©fala fd^eint mir barin ju liegen, ba§ ba« 

biditerifd^e ®enic (= gegenfeitige 2)urdf|bringung ber ©nbilbungS* 

unb bcr Smpfinbungdfraft) ben übrigen ©cclcntjcrmögcn glcid^, 

ftatt l^öl^er afe fie, geftefft wirb. @o ergiebt fidfi benn gleid^ bei 

ben jwei erftcn ©id^tcm ber SSSiberfmn, ba§ ÄlopftodE bie ®efamt* 

^al^l 158, SBiclanb 161 befommt. ?lu§erbcm wäre bie ^rage, 

ob bie ganje öon ßlopftodf aufgefteHte JBcl^auptung rid^tig fei, ob 

nid^t üielmel^r ber ©inbilbunggfraft bie erftc, ber ffimpfinbungö* 

traft bie jwcitc unb bcr ©d^ärfe bej^ Urteil« bie britte ©teile ge* 

biliare. SlopftodE jeigt fid^ allerbing« in biefer ?Cu«einanberfc|ung 

über ba« 3Befen be« poetifd^en ®eniu« al« ben ÜJlann, ber bie« 

alle« an fid^ felbft erful^r, b. 1^. al« ben aJlann, ber ben poetifdien 



334 XI. @d^ubart als Patriot unb ^oütifer. 

©cniujS nad) feiner eigenen inbiüibueKen Sefd^affcnl^eit bargefteHt 
\)at, afe ben fentimcntalen unb reflcftiercnbcn !D^tcr, wie i^ii 
©dfiller fd^ilbert. — Unmittelbar öor ber fritifd^en ©fala ftel^t ber 
Sluffaft: S)ie beutfd^c fjabel — ebenfottiS öom ^af)x 1790. ,|)ter loer^ 
ben befonberjg Sid^trae^r unb Seffing afe ^dbid^ter trcffcnb 
<i^ar(rfterifiert. ?tn fieffing? fjobdn riü^mt ©ci^ubart treffenbe 
Sürjc, mcifter^afte Dtftion, natärlt(i|c SRoral; nur an ©infalt 
unb eblcm 3^^^ bleiben fie tt)cit Ijinter bem ©ried^en jurücf. 
„STOand^e feiner fjabeln ähneln ben Epigrammen, roenigften^ f^ri|en 
fie fid^ eben fo fein ju, unb roa^ foH bai8 roifeige ©ing bie 
gurien fagen: &toa, bie beften SBeiber geben nod^ fjuricn? — 
^fui, tt)el^ eine grobe Süge!*' 



XL 
$4iubart üIb ^lüxint mh |l0lttti»r. 

®o t)erunglüdtt hk Sd^eiblefd^e Kudgabe Don @d^ubart^ 
SBerfen ift, fo l^at fie bod& baö SScrbienft, burd^ il^ren Xitel: 
e. fj. 3). ®df|ubartj§, beg Patrioten, gefammelte ©d^riften unb 
©d^idfale, auf ©dt)ubartd eigentümlid^fte^ S33efcn, auf ben ©taub* 
punft, t)on bem er burc^au^ aufjufaffen ift, aufmerffam ju mad^en. 
©d^ubart mar unb blieb beutfdfer Patriot; er njar ^otriot afe 
3)id^ter, afe ftritifer, afe Sl^eaterbireftor, al« ©tilift unb SRcbner, 
afe SWufifer unb öor allem afe ^ßublijift. JBebenIt man, toic 
menige üieifen er gemacht, in meldten engen, fleinbürgcrlid^en 
Greifen er fidfi Qfa^re lang bcmegt unb wie er bie beften aRonncS* 
jalire in ber ©infamfeit beö Äerferg öerfeufjt l^at, fo fann man 
feinen warmen ^atrioti^mu^ unb feine Haren, trcffcnben Urteile 
nur bewunbem. @r ^at ba§ ^erj burd^aui^ auf bem redeten fjledt 
unb trifft in ber SRegel ben 9lagel auf ben Äopf. 3Ran lefc nur 
ben ?lbfdt)ieb, ben er am ©d^lu§ feiner SebeniJbefd^reibung öom 
Sefer nimmt; burdf) alle ©d^redfen ber ®efangenfd^aft, burd^ aßen 



XL ©d^ubart ald Patriot unb $oIitifer. 335 

Sturm bcr t)cvfd)icbenftcn (gmpfinbuugcn ringt fic^ bei ifjtn bic 

patriotifd^c ©cgciftcrung ficgrcicii ^inburci^. ©äl^rcnb puflg bic 

äicKgiöfcn nld^t patriotifd^ unb bic Patrioten nid^t rcligiöi^ finb, 

M ©d^ubart, afe er noc^ frei war, für fjriebrid^ ben ®ro§cn 

}ur 3cit bed tpcdffelnben ober ungetreuen Srtegi^glüdö gebetet; er 

f)at, tüte er im SSorberid^t ju feinen ®cbi(i|ten fagt, für feine lieben 

Deutfd^cn auf bem 3i«9ribobcn feinei^ ehemaligen engeren Serterö 

gelegen, gebetet unb gett)eint. ffir banft ®ott, bafe trog aller 

Rieden unb ÜÄängel bod^ nod^ fo au^erorbentlid^ öiel ®uteg am 

bcutfd^cn aSoBe ift; er weint Dor ffintjüden, wenn bie «Innung t)on 

Deutfd^Ianbö fernerer unb immer wad^fenber ^errlid^feit i^n 

burd^fc^auert. — ÜRel^rere unfrer größten Oeifter ^aben ju Griten 

einem abftraften äBeftbfirgertum gel^ulbigt; Slopftocf l^at unter 

«nbercm 1778 geträumt, im Qfa^r 1873 »erbe baö Wed&t ber 

SScrnnnft t)or bem ©d^toertrcd^t gelten. S5ei ©d^ubart ftnbet fid^ 

nid^td Stl^nlidfie^; im ^intergrunbe aller feiner ^läne unb ®e* 

banfen ftel^t S)eutfd^lanb. ÜJiit feiner Befreiung brad^ ber lange 

jurüdEgel^altenc ©trom ber patriotifd^en 95egeifterung mäd^tig l^er* 

t)or unb brängte alle übrigen ffimpfinbungen in ein eng begreujte^ 

SBett jurüd!. ®Ieic^ 1787 bei ber 3Bieberaufnal)me ber ffi^ronif 

l)at er ftd^ barüber entfd^ieben auögefprodfen unb biefem ®runb* 

fa| blieb er audt) nad^ feiner religiöfen (bogmatifd^en) Umwanb* 

lung getreu, „teine ®rünbe in ber SBelt," ruft er 1789 in ber 

(J^ronif auÄ, „red^tfertigen ben üJiann, ber gegen fein Saterlanb 

ftreitet. ®r ift mel^r, aU SJater* unb SWuttermörberj benn bem 

braDen ÜÄanne ift ba^ SSaterlanb me^r, ate SSater, SWutter unb JBraut. " 

©d^on 1774 l^at er bie mäl^renb be« legten Kriege mit f^anf* 

reid^ mel^rmate angefül^rten SQBortc gefprod^en: „SBeine nid^t, beut* 

f d^er ÜÄann, über bie Sffieid^lid^f eit unb «u^länberei beine^ aSolfö ! 

©ie fiöroen erwad^en, fie l^ören bag ©efc^rei be« ?lbler3, feinen 

^lügelfd^log unb @d[)lad^truf. ©ie ftürjen ^ert)or, mie bie S^e« 

rudfer aud ben Sßälbecn ftürjten, rei§ett dbgeriffene Sünber an^ 

ben Armen ber gtemben, unb unfer finb wieber i^re fetten 2^riften 

unb il>re Iraubenpgel. Über iljuen wirb fidfi ein beutfd^er Saifer^ 

tI)ron erl^eben unb fd^recflid^en ©d^atten auf bie ^roüinjen feiner 

5Wad^barn werfen." — ©enn l^ier @d)nbart im lone eines ©e^er« 



336 XI. @4ubart aU Patriot unb ^oUttfer. 

üon einem neuen bcutfd^en Saifertl^ron rebet gu einer Qdt, xoo 
Öfterreid^« Saifer nod| an ber ®pi|e Deutfd^lanbö ftanb, fo f)at 
er natürüd^ bem preufeifc^en Staat bie fjül^rerf(i^aft bc« bcutf(i^cn 
^olU jucrfannt. SBie fjriebrid^ ber ©rofee fein Qfbeal cine^ 
^crrfciierö war, fo ^reu^cn ba« Qid aller feiner Hoffnungen. 
(Sr tl^ut 1788 bie üon tiefer politifci^er ©nfid^t jeugenbe äufec^ 
rung, ein JBunb ^reu§enö mit Öfterreid^ märe ganj unnatfirlid^, 
weil erftereö babei immer verlieren müfete. tjriebric^ SBil^elm 
an ber ©^i|e beö beutfd^en JBunbed baucht il|m furciitbarer, aU 
an ber Seite :$50fep^i8. g^iebrid^ ber ®rofee ift it)m iCenfpfeiler 
einer ganj neuen Spod^e in ber S$eltgefd^id^te. (Sr lägt bem 
preufeifd^en ?tbter im ©treit mit bem öfterreid^ifd^en ba§ le^tc 
SaSort (1790, ®. 264): „©off ^riebric^ö aSJobanöabler mie eine 
fi^eud^e laube in euern ungel^euern greifen flattern unb jittern? 
ßieber töte mid) euer SKfer Srattenbli^, ba§ id^ mein Scben im 
©taube verblute unb e§ mir ewiger SRul^m fei, eurer aBe »er* 
fc^lingenben SWad^t wiberftanben ju l^aben." ^n bemfelben Qfa^r* 
gang bcmerh er ©. 619: „5)ie preugifd^e SDiad^t ift mel)r ®eift 
afö S'örper. S33enn bie traft unb Änftrengung biefed munber* 
baren Slationalgeifteö mit ber ^cit gefd^wäd^t werben foBte, fo 
fann pd^ ber ©taat unmöglid^ gegen bie fürd^terlid^en ÜÄäd^te 
galten, bereu Siferfuc^t er beflammt l^atte. ©cd^« SDÜBionen ÜRcn^ 
fd^en fönnen ben ©taat gegen 20 unb 25 ÜÄiKionen nic^t in bie 
Sänge l^alten. 1)a^er mug ^reufeen, wenn id^ mid^ fo auöbrüdfen 
barf, aud^ an förperlic^er ©tärfe wac^fcn; t^ mu§ an Sanb unb 
Seuten june^men unb feinen gegenwärtig nod^ jiemlid^ foupicrtcn 
©taaten 3^^fammenl)ang unb Slunbung geben." ©eine SBegeifte* 
rung für ^reu§en geljt fo weit, ba§ er 1790 @. 245 aui^ruft: 
„5)cr preufeifd^e Äbler foK nod^ bie ©onne begrüjsen, wenn fic 
baö le|temal über bem (Srbficeiö aufgellt." (^ier ^at in bem 
(gjemplar ber ©tuttgarter öffentlid^en Sibliot^ef fein ©o^n SJub*^ 
wig ba« preufeifd^e burd^ftrid^en unb auf bem SRanb bafür 
beutfd^e gefe|t.)*) 3)iefe Überzeugung ©d^ubarti^ fonnte and^ 



*) Sßrölat ^aU bcmcrft in feinen 2)en!tt)ärbigfettcn @, 425 über Öub« 
»ig ©cftubart: «®r fprad^ uic^t gern Don ber unerwarteten Unterbred^ung 



XL e^uhaxt aU $atru)t unb $olittfer. 337 

hnxd) bctt Umfd^iDung unter griebrid^ SSJtll^elm II. nur crfd^üttert, 
Aber nid^t umgcfto^cn werben. SSJentge $Üionate üor feinem SCobe, 
im 19. ;3!uU 1791 fd^reibt er nocii feinem ®of|ne: „^erjbcrgg ab* 
banfung fa^ x6) längft öorau«. Dein Sönig ift mit JBIinb^eit 
aefd^lagcn, ba§ er fo gro^e unb crfafircne aOfiänner fo gleichgültig 
ing @d leljut wie einen jerbrociienen @tod. 3)od^ aljub^ id^ 
mä)i» ©d^IimmejS für ^reufeen; üielme^r fe^' idf| bte ©onne fei* 
ner ^errlidffeit fd^öner aufftraljlen ate jemals. Der Süftling 
tt)irb nid^t fo lange leben, bi« er fein Sanb öerbanfettiert l^at. 
%m Sronprinjen mäd^ft eine föftlid^e Seber ^eran. Surj ^reu* 
§en tt>irb am europäifd^en ^immel nod^ lange ald eines ber l^eU* 
ften ©eftirnc leuchten." 

SBie fam ©c^ubart ju biefer ®efinuung? SSJir öermeifcn 
barüber auf fjrü^eres. ©ein ©d^idEfal, feine Qfugenbeinbrücfe 
i^atten il^n fo njeit gefül^rt. ?t. SSJo^lwilt in feiner ©dfirift: 
„SBcItbürgertum unb SSaterlanbSlicbe ber ©d^waben, insbefonbere 
mn 1789—1815" fagt barüber: „^uber unb ©emmingen be* 
»unbcrten ^riebrid^ ben ®ro§en. Sffiielanb fdfiwärmte in feiner 
3fugenb für ilju, namentlid^ bei feinem ^elbengebidfit S^ruS 
fd^webtc ii^m immer fjricbrid^ t)or; SSßel^erlin badt)te feiner im* 
mcr mit (S^rfurd^t. ÄbtS fiebenSelement war baS ^reu^entum, 
wie man aus bem „lob fürs SSaterlanb'' erfie^t. SWit SJerad^* 
tung fa^ er auf bie elenben fd^wäbifd^en ^^ftänbe l^erab. — 
@anj anberS ©d^ubart. Sbenfo ftarf als baS ^reußentum war 
t)ie fdfiwäbifd^e ©inneSart bei il|m ausgeprägt. Der fd^einbarc 
SBiberfprud^ warb auSgeglid^en burd^ ein überaus fräftigcs beut* 
fd^cS Siationalgefü^l. Dafe burd^ g^ebrid^S II. 2:l|aten ber 
beutfd^e 9lame wieber geeiert würbe, ent§üdte il^n." Allein war* 



feiner ßaufba^n; btc Slrbettcn bcS ©cfc^öftSlebenS unb bie SHüdefid^tcn, bie 
barin %n neunten finb, tearen t^m immer gutetben 1806 nac^ 3ena üerlor 
€x auc^ baS t^m gugebad^te Sßartgelb; er lebte fel^r etnfac!^ unb ft^arfam« 
ßubtoig toar ein SBerc^rcr SHapolconS. a;ro^ feiner 2;alentc unb 
mandfefad^en S3raud^batfeit fonnte er ftc^ nid^t in bie ?Jormen fügen, in benen 
ber ©cruf beS öffentlid^en S)icnfteS fi^ betocgt unb bie aud^ ber fenntnift« 
reid^fte aWann feiten ungeftraft abtoirft, tocnn er für bie äußeren SBer^ält* 
nijfe beS 2tbtnfi teine anbere ©eteä^rfd^aft ^at, aU fic^ felbfi'' 

$auff, 6<|uBatt in feinem Seben unb feinen äBetfen. 22 



338 XI. @^ubart aU Sßatriot «nb ^olitücr. 

um i)ai ©^ubart für ;3ofcp]^ II. unb Seopolb IL, fo fel^r er 
il)rc 35erbienftc ancrfcnnt, nirgenb^ SBortc fo toarmer SBegeifte^ 
rung, toic für ^m\>t\6) IL unb ^ßreu^cn? 93egctftcrung für 
®cutfd)Ianb unter ^reu^enS polittfdier SJor^errf^aft unb ein 
ftarf ausgeprägtes fd|tt)äbifd)eS SBemu^tfein lönnen red)t wo^l 
nebcneinanber beftel^cn; S^^S^iff^ Itelsen fid) genug anführen. 
Übrigens ift bie bei ©d^ubart fo ftarf l^erüortretenbe fd^n)äbtfd)e 
©inneSart ein SBemeiS gegen bic t)on bemfelben (äclcl^rten in 
©d^norrS Slrd)it) VI. auSgefprod)cne 9(nfid|t, ba§ ©djubart el^er 
äu ben g^ranfen, als ju ben @^tt)aben gehöre. 

5Wod| jn)ei SIRomente !ommen in SBetradjt. ©d)ubart ift 
©djwabe, aber burd^ unb bur^ proteftantifdier ©d^ujabc; pro* 
teftantifdier als mandEie, bie nie an einen 9?eIigionSn)ed|fcI bad^== 
ten; er betounbert baS Slltertunt unb baS SÄittelalter nur afe 
Reiten förperlidier ^aft unb ibealer Scgeiftcrung , aber nit^t in 
bem ©inn, als ob er bort fein ^htal t)on ^olitif unb Sfteligion 
fänbe. ÜDaburd^ unterfd^eibet er fid^ ni^t aHein Don ben nteiftcn 
©türmern unb ÜDrängcrn, fonbern au(^ üon \>tn fpäteren 9?o* 
ntantüern, mit benen il^n ^ru| jufammennjerfen möd^tc. @r 
fd^märmt ni^t für 9tomantif unb Rittertum; fein S5Iid ift nac^ 
9^orben, nad| bem proteftantif^en ?ßreu§en gerid[)tet. ^n ber 
®egenn)art n)aren il^m bie Staaten 3^riebrid|S auSreii^enb, um 
ben ®Iauben an bie unüerfiegte SebenSfraft beS beutfctien SSoIfe 
unb ein lebenbigeS Äuferftelien beSfelben lebenbig ju erl^alten. 

35aS jtt)eite SRoment ift ©d^ubarts politifdie |)eimatIofigfeit. 
®r felbft nennt fid) einen ^eimatlofen, eine t)om ©türm gejagte 
3Bolfe, bie in ber 333üfte gerflie^t, einen öerfdjoffenen SSogel, ber 
rings um fid^ l^er ^lut unb nirgenbs eine S(rdt|e l^at. „^(1^ bin/* 
fd^reibt er, „in ÜDeutfdjIanb geboren unb bin bod) in ÜDeutfd^Ianb 
ein g^rembbling — id) bin in @d|tt)aben erjogen unb bin bod^ 
in @d^tt)aben ein g^rembbling — id) bin ein §Reid|SftäbtIer, unb 
feine einjige Sleid^Sftabt erfennt mid^ für i^ren SBürger, fönnen 
©ie baS 9tätfel erraten?"*) SIRand^mal mod)ten fid^ ba ©ebanfen 
in it)m regen, tt)ie fie ?ßaul ^fijer in ben SBorten auSfprid)t: 



*) 3n einem »rief an 23öcfö öom 18. STprtl 1767 (@trau6 I, 122). 



XL ©c^ubart ali Patriot unb ^olitüer« 339 

Slblcr gricbcric^g bcd (Srofecnl 
©leic^ ber @onne becfe bu 
3)tc SJcrIafPncn, $ciinatIofcn 
ai'ht ber golbnen @(^tDinge gul 
Unb mit mädlf gern f^Iägelfc^Iage 
£riff bte ^len, ^ah' unb äBei^M 
@tetö empor gum neuen Sage, 
@onnenauge !ü^n unb frei. 

enbli^ mu§tc fid^ ©d^ubarti^ ^ettauf, fein feuriger, für 
otteg ®ro§e unb ^of)t etn^fängltd^er ®etft burd^ ben unter grieb* 
ni) bem ®roJ5en frifd^ unb fü^n cm^orftrebenben neuen beutfdjcn 
®ro§ftaat im ;j$nnerften angcfprod^en füllen. 

©d^ubart greift !©eutfd^Ianb, nennt aber aud^ bie beutfd^en 
Jc^Icr; bei beibent leitet tl^n bie patriottfd^e Äbfid^t ^n feinen 
Urteilen fd^wanft er. @r fprid^t für unb gegen bie Stufflärung 
unb ben gortfd^ritt; er unterfd^cibet jujifd^en wal^rer unb falfd^er 
Äufflärung, bleibt fid^ aber nid^t immer gleid^. @r ftiefe fid^ an 
3^riebrid^ IL Unglauben, geriet nad^l^er (öon 1787 an) oft in 
ben bidfften Äutoritäti^glauben, fam aber üon feiner öeujunberung 
be« aBöttnerfd^en SRegimenti^ immer me^r jurüdE. 3)er @runb 
liegt nad^ äBol^toiU in feiner erregbaren, t^om %ugenbIidE abl^ängi^^ 
gen Stimmung, feiner SReigung ju (Sjtremen, ber nötigen awidt* 
ftd^t auf SDiad^t^aber. Unwanbelbar aber, fäl^rt ©ol^toiK fort, 
ift fein ©fer füri^ SJaterlanb unb — fe|en wir l^inju — feine 
JBegeifterung für ben ^reu^ifd^en ©taat unb für ?ßreu|eni^ SSeruf. 
«iel hoffte er bärum üom gürftenbunb. Qfm Wc6)Xo VI, ©. 380 
fd^ilbert SBol^toill ©d^ubattd ber bamaligen beutfd^en ©eifte^ent« 
midtlung entfpred^enbe Steigung, fid^ ein ;3i>cal t?on fräftiger 3ßänn* 
lid^feit, |)elbentum unb fjrei^eit^leben ju bilben im ©egenfa^ ju bem 
tierfumpften, üerweid^Iid^ten ®efd^led^t feiner Qtii. ©o p^anta^^ 
fiert ©d^ubart üon Cäfar, JBrutu^, ^ermann al« Sftiefen, gegen 
bie wir ein aui^eartetei^ ®efd^mei§ feien. „3äJad würbe ber alte 
®ö^ fagen, wenn er au^'m @rab erwad^te, mit ©d^ilb, ©d^wert 
unb Äoüer angetl^an, mit^m eiferncn ^elm auf ^m ^aupt unb bem 
we^enben fjeberbufd^e?" (1774, @. 61). !Die ^araHele mit ©d^it 
Ux^ 9?äubern, in benen ffäfar, JBrutui^, ^ermann genannt wer* 



340 XI. @$ubart aU ^attxot unb ^olttifer. 

ben, liegt auf bcr ^anb, — „Ofmmer auf§ SWeuc," fagt SOSol^I* 
Toitt, „äußern fid^ |)o^n unb UntutHc über ha^ wcid^Iid^e, l^crab^ 
gcfomttienc ®t^6)U6)t, über bie ftubenl^odenben ©elel^rten, bie 
t)on il^ren ©tubierjimmern au§ ©taatöbeobad^tungcn tnad^en, bie 
(Sntfrenibung t)on ber SWatur, bie Httgeinbe eisfalte SSernunft, übet 
bie Sitteratur in 5Eafd^enbud|format unb in ?tlmanad^en." — 
@incn ?ßunft, bcn wir fd^on früher ernjäl^nt l^aben, Iä§t SEio\)U 
tüiH unberül^rt : ©^ubattö ^afe gegen ffieiberl^errfd^aft unb cman* 
silierte 2Bctber. @o erfennt er im SSorberid^t jum jmeiten SBanb 
feiner ®ebid|te an, ba§ bei allem !©ru(J unb 3^^^9 ^^^ ^^^I* 
fö<)figen |)errfd^aft, ber 3Äobe, ber finbifd^cn 9lad^äfferei frember 
©itte, ber ®^nar^ie unb beS minjigen ©ef^madeg immer 
nod^ ein ©igeneö allentl^alben burd^bli|e. 1788, ®. 71 lefen 
tt)ir : „Unfere feineren SRäbd^en tragen bie fd^önften |)embcn unb 
So^fpu|e, effen bie nieblid^ften ®^)eifen, ol^ne felbft beibe^ mad^en 
ober bereiten ju fönnen. 3)agegcn finb fie belefen in Did^tcm 
unb Sftomanen, fönnen tanjen mie bie Slfcn auf ®ra«fpi^en, 
ttjelfdie S3rat)ourarien fingen, bie harten mit gcf[ügelten g^ingem 
mifd^en; baS SSibellefen ift faum nod^ auf bcm Sanbe unter ben 
^farrerStöd^tem übli^." 1788, 203: „fjranfreid^ l^at mel^r burd^ 
feine 9Roben, afö burd^ feine SBaffen unfer SSaterlanb üermüftet." 
1788, 458: „®te^t auf, i^r dürften unb fteuert ber ®itelf eit ber 
ffieiber burd^ ^rad^t* unb ©ittengef e|e , el^e fie eud^ unb eure 
Untert^anen ju SSettlern mad^en." 1788, 565: „D SWänner, ptct 
eud^ t)or l^errfc^enben g^rauen; benn tlnftätigfeit in ®üte unb 
Strenge ift ber ?lbbrudE i^re« moralifd^en SBefeng." 1788, @. 888 
eifert er gegen geleierte getanen; im ^fal^r 1788 jäl^Ite man näm* 
Kd^ (S^ronif 1788, 506) in Deutfdjlanb 70 ©c^riftftellerinnen, 
im 17. i^al^r^unbert faum jmei. 5»ad^ 1789, ®. 168 waren 
unter biefen 70 ©d^riftfteHerinnen 20 !©id^terinnen. 1790, 373: 
„!Die SBelt tritt aui^ ben ^Jugen, wenn ffieiber fid^ bewaffnen 
unb ^riefter l^errfd^en." — SBeiberl^errfd^aft betrad^tet er ate 35or^ 
boten be§ Untergangs eines ©taateS. 

Älaffifc^ ift bie ©teHe 1789, 503: „®ott, ©^riftuS — aWann, 
SBeib ; bieS ift bie ewige Drbnung. SBer bief e üerrfidtt, feiert bie 
@d^ö^)fungsleiter um." 



XL 6c^ubart ol^ Patriot unb $olitifer. 341 

©djabe, baj5 ©d^ubart eine bcfonber^ fd^wad^e Seite jener 
^ctt, bie X^x&ntxu unb SRül^rfeligfeit, an ber er felbft litt, über«^ 
fe^cn l^at. 3)er ©tümtcr unb iCränger ift^ fo »einerlid^ wie 
irgenb ein |)ainbünbler. ^\i eg nic^t l&ä)til\6), menn er 5. SB. 
nod) 1790, ®. 424 2:l|ränen üergie^t, weil ber öon i^m unge-- 
bü^rlid) bewnnberte Eofegarten in feinen ©ebid^ten äußerte, er 
werbe balb l^inwelfen unb für fein SSaterlanb tot fein? SBeibi^ 
fd^en ÜRännem entfpred^en männifd^e SBeiber- 

^n ber SKitwirfung ftänbifd^er unb parlamentarifd^er gtifto'^ 
reu fal^ ©d^ubart, namentlid^ üor bem Stu^brud^ ber franjöfifd^en 
SReöoIution, feine wefentlid^e SBebingung für bag ^eil ber ®taa^ 
ten. SDa^er nal^m er an ber Sabinettöregierung g^ebrid^^ be^ 
@ro§cti, am aufgcflärten Defpoti^muiS feinen Slnfto§, wenn nur 
ber ÜDefpot, wie bied bei griebrid^ IL unb ;$$ofepl) II. jutraf, 
ein 3Wcnf d^enf reunb unb ein genialer So^f war ; benn einem ®e* 
nie, biei^ war ja ®Iaube unb SBefenntniiS ber Stürmer, war 
Wlt^ erlaubt unb SUIeg erreichbar, wenn eg fid^ barum ^anbelte, 
bad Sllte ju ftürjen unb wie mit einem ^^i^^^^lto^ ciw ^^^^^ 
bcfferei^ S^itolitx ^eraufjubefc^wören. @o befprid^t benn ©d^ubart 
gerne bie Qfefuiteuöerfolgung ?ßombaIg in Portugal, bie SBeftre* 
bungen ®uftat)ö in ©d^weben, bie freifinnigen ©taatöreformen 
^Jofepl^i^ II. JJreilic^ mu§ er g^nebrid^ ben ®ro§en wegen feiner 
weifen, bebäd^tig fortfc^reitenbcn iSefe^gebung unb ber SBe^arr* 
lid^feit in feinen ^ßlanen ^ö^er fteHen, ate ben Saifer, üon bem 
er 1790, 151 unb 408 urteilt, mand^c feiner großen ®ebanfen 
feien gauj untjorbereitet gefommen, ju rafd^ burd^gefü^rt worben 
unb fo ^abe ;3*^f^^ f^^^ ^^^^ ^^^^ betäubt ate gebeffert; er 
\)abt gleic^fam mit einer SBad^Sfacfel bie fd^warjen SBänbe einer 
^ulüermü^Ie erleud^ten woHen. Aber aud^ anbere bcutfd^e ^ixx^ 
ften erfennt er an, fo ben württembergifd^en Sari @ugen in ber 
legten ^eriobe feiner langen Regierung unb — 1774, 10. Oft. 
— ben SKarfgrafen Äarl g^iebrid^ öon SBaben, ber fein Sanb ju 
einem SKufterftaat für gauj 3)cutfd^lanb umgeftaltete. — 3Bot)l* 
wiö fa^t im «rc^iü VI. nur bie Qfa^rgänge 1774—77 ber ^xo^ 
nif iuiS äuge. SBfi^renb ©d^ubart in ben fpäteren Qfa^rgängen 
teite aui^ SSorfid^t, teil«, weil wirflid^ ÜDeutfc^lanb fpäter eine 



342 XI. @(^ubort aU Patriot unb ^oKtifcr. 

9lcit)e guter ^Regenten l^attc, bcr SBal^rl^cit gcmäfe bic beftelicnben 
^oHtifd)en ^i^ftänbe 3)eutfd^lanbö lobte, baö |)etl t?on jeitgcmäfeen 
Sieformen cmartetc unb t)or ber 5Wad^a]^mung ber franjöfifd^en 
3iet)oIution toaxntt, ^t er, ol^ne baö Sob wirlltd^ guter 9iegcntett 
auiSäuf diließen , in ben frül^eren l^^^^flängen bte Sel^rfeite im 
politif^en Seben 3)eutfc^lanbg, bai^ S^reiben ber fultanifd^ über 
Sanb unb Untert^anen gebictenbcn 35efpoten, bag Slenb unb bte 
©dimad) ber fleinen beutf^en S^erritorien gefdiübert, in 
benen bem ©enic unb beut SJiann Don Sl^arafter l^öd^ften^ bie 
ffreil^cit bleibt, mit einem ©eufjcr aug ber SBelt ju fd^eiben. 
SWitunter äußert ®d|ubart aud) in ber ©l^ronif feine (Erbitterung 
über foId)e ^wftänbe in SJerfen unb ?ßrofa mit einer fc^wungtjol* 
len Seibenfd^aft, bie ttjenig l^inter bem glutüoüen ^otn bcr ff ür- 
ftengruft jurüdbleibt, mitunter verbirgt er feinen Unmut in bem 
@ett)anbe fc^erjl)after unb ho6) nic^t minber treffenben ©atire. 
Slngeblic^ einer morgenlönbifd^en S^^ung entnimmt er feine ajiit:^ 
teilungen über bie Saunen orientaüfd^er Defpoten, nm in abfid^t^ 
lid^er Übertreibung an baö S^l^un unb treiben beutfd^er Duobej^ 
befpoten gu erinnern, „©eine fultanifd^e ^ol^eit finb feit einigen 
Slagen in tiefer JEraucr. @ie l^aben i^ren beften arabifd)en 
^engft burdi einen frül^geitigen 2^ob verloren. !©er ©ultan liefe 
biefen @aul prächtig begraben. 

"an ben Ufern beö SWeerö ftarb geftern in einer armfeligen 
fjifd^er^üttc ber grofee weife |)emir. @r erftidte an einem ^ar* 
ten Qtoithad, ben fein auögetrodneter ^ate nid^t me^r hinunter 
bringen fonnte. ©eine fultanif(^e |)ol^eit l^aben in ®naben 
geruht, ben Seid^nam bcs meifen |)emirö in^ SKeer werfen ju 
laffen. 

üDer ^önig t)on ?ßerfien läfet fid^ baö SBo^l feiner Untere 
tl^anen aufeerorbcntlid^ angelegen fein. @in fjranjo^, bcr fid) feit 
einigen Sagen in Qfi^pal^an aufhält, leierte il^n ba^ ^il^^ft^de^. 
©anj ;JJgpal^an ftaunt über ba§ grofee @cnie beö ©d^ac^«, ber 
e§ in furjer 3^it fo weit brad^te, bafe er feiner liebften SBeifd^lö* 
ferin ein ^alötud^ ftriden fonnte. SWan bel^auptet, bafe biefcr 
weife SKonard^ bie grofee Summe, weld^e fonft unnötiger SQSeife 
für bie Armen, SBitwen, SBaifen, Unterftä|ung tjerfattener §an* 



XL (S*ubart aU üJJatriot unb ^olitücr, 343 

befe^äufer, SBclo^nung bcr ©cleljrtcn unb tobaiiuiig bc^ iJanbeiS 
bcftimmt war, jur @md^tuug eineö prächtigen §aufeö für ©auf* 
Icr unb SEafd^enfpiclcr öernjcnbeu werbe". (1775, 18. ©ept.) 

©d^ubart felbft flagt über bai3 ewige (Sinerlei ber Leitungen 
mit ifjren JJeften, ^agben, ©atatagen, Dpern, Äoniöbien, BoU 
batenimifterungcn , mt)ftifd^en 3(ubienjen unb empfiehlt folgenben 
^rtifel afö eine Uniöerf almebijin : „©eine 51Äaieftät ober ©eine 
5)urrf)lau<]^t befinben fid& in aüerl^öc^ftem ober Ijödiftem Sßo^l- 
<irgct)en. ©ie laffen fid) ba« 9Bol^I iljrer Untert^anen au^eror^ 
icntlid) angelegen fein. 35ie Üruppen würben gemuftert. @in 
(Salatag würbe gefeiert, ©iefer ober jener grembe ift angefom* 
meu. ®§ war ©ewaltjagb. 3Äan ift tief im Sabinett befd^äftigt 
Mub arbeitet an ©ingen, bie bu nid)t e^er wiffen wirft, big in 
iHeutlingen ein Ü)iorbgefang barüber gebrudt wirb." — ©tatt 
bed roiebergefäuten ©ewäfc^eö Don 3(tttagi8gefd^id^tcn unb Sob- 
fprürfien auf aiegenten, bie wir nid^t einmal fenuen, ben g^^-ften 
mit ©ewitterberebfamfeit uor bem ^nblifum ^ei^e SBa^rl^eiten 
XM^ Äntlife fpred^en, ba^ burfte anö) er nid|t. (£r mufete StüdE* 
fid)teu nehmen; SRüdEfid^ten auf ben Aberglauben unb ben ^^ua* 
tidmui^ in feiner näd^ften S^iö^e, wie bie ©efc^id^te beö unglüdE* 
lid^en S^Jicfel bejeugt. ®ebanfenftrid{)e, Stuörufung«jeid)en , abge= 
brod^ene ©ft^e ju ergäujen mu^te er bem Sefer überlaffen. 
Siamentlid^ in ben Söetra^tungen beim ;$$at)regwed^fel fudljt er 
fid) unb feinen Sefern ein — Ijeüerei^ ober bunflereö — ®e* 
famtbilb feine« QdtalUx^ ju entwerfen. SBiöweileu ergebt er fid) 
^u ben lichten §ö^en bed ^umorö, wo er nur a\\^ ber ^^rue bie 
^rbfugel f^wimmen fietjt, bie mit SSergen, §ügeln, ©een lieblid) 
bemalt erfd^eint unb auf weld^er ba^ poffierlid^e ©emifd) ber ©e* 
fd^öpfe ^erumf riecht. (ä^nli(^ fc^on in bem ©ebic^t, in bem er 
ia^ ffirfd^einen ber ß^ronif anfünbigt.) 

SWa($ ber ©efangenfd^aft wirb bie K^ronif jal^mer; bie Stuf* 
füfee „5)eutfc^cr gfürftenfaal" (1787) unb „!Ceutfd)e prften^aHe" 
(1788) bei ©c^eible 8, 76. 13G führen un« ju ben Sic^tgeftalten 
beö preufeifd^en Sönig«, be§ Sanbgrafen t)on ^effenfaffel, ber 
fäd^fifd^en ^rtujen, be« Äurfürften üon ^ßfalibaiern, beö dürften 
fieopolb t)on üDeffau, Qfofep^j^, griebric^ Sarfe mit feinem weifen 



344 XL 8c^ubart al8 ^atüot «nb ^olitifcn 

©alberg an ber ©eite, Subwig^ üon ©aarbrücfcn. ©d^ubart 
l^atte ntd)t ntcl^r fo t)tel @runb ju ^jatriotifd^cn Slagcn. 1790, 
©. 613, wo er bic üDcutfd^cn tjor Stufru^r loarnt, ruft er aug: 
,,Sein Sanb in ber SÖelt l^at beffere ^M*^^/ tnilbere Dbrigf eitert 
(td) fag' es mit Uebergeugung unb nid^t ate friec^enber ©d^meid^^ 
ler) alö !©eutfd^lanb; fie ujerben atfo eure ©lagen Ijören, wenn 
fie geredt)t fmb." 

©0 fe^r er (im ;3^^^9^^9 1787) baüon überjeugt ift, bafr 
in einer n)o^Ieingeridt)teten SÄonard^ie weniger Ungered^tigfeiten 
gefd^el)en, als in SRe^jublif en , wo bie oft fo nnfelige SWel^rl^eit 
meiftenS entweber 3^faü ober Sabale ober Slrglift ift, fo ift er 
bo^ fein unbebingter ®egner ber SRepublifen. !©ie ©rljebung ber 
SWorbamerifaner gegen ©nglanb begrübt er mit Qfubel unb über 
itjre friegerifdien unb <)olitifdt|en ©rfolge erftattet er feinen Seferti 
mit möglid^fter StuSfü^rlid^feit unb fteigenbem ©ntl^ufiaSmuS S5e^ 
ridjt. SSon bem republifanifd^en ;3^c^t/ baS ©d^ubart in Ämerifa 
üerwirflidit ju fe^en fjoffte, erfd^einen freilid^ bie meiften ^xtU 
ftaaten SlmerifaS weit entfernt. S^iur ben SDWtteilungen aus ber 
©d^weij werben t)on i^m in ber Siegel begeifterte 3^fä^e unb 
SobeSertiebungen beS SanbeS unb feiner SSewo^ner l^in jugefügt ; 
eine Siufeerung erinnert faft wörtlidti an baS fpäter üon ©d^iüer 
namhaft gemad^te Sennjeidt)en beS beften ©taats, ba§ man üon 
\\)m, wie üon ber beften grau am wenigften f^jred^e (ÜD. Sl^ronif 
oom 4. ^Vili 1774 unb 23. m&xi 1775). @r »erfünbigt, ^ol- 
lanb, frütjer glüdElid^ unb blül^enb, werbe jur ©träfe für feine 
faufmännifc^e unb gewinnfüd^tige ^ßolitif balb in SSerfaü gera* 
ten (!©. S^ronif t)om 24. Stug. 1775, 10. Dft. 1776; 1787, 
©. 12. 313. 361.). ®enua, SSenebig, aud^ ben i^m fonft fo f^m^ 
<)atifd^en beutfd^en Öteid^Sftäbten prop^egeit er balbigen Untere 
gang ; bie f leinen g^eiftaaten, bel^auptet er mit <)olitif d^em ©e^er* 
blidE, werben in großen 9Äonard|ieen aufgeben. Über ben Untere 
gang beS unglüdElidiien ^olenS ftimmt er in ^rofa unb ?ßoefie 
bie we^mütigfte Slage an (SReclam ©. 190); er fie^t bie auf bie 
erfte folgenben Sletlungen unb baS ffinbfd^idEfal ^olenS jiemlid^ 
Mar ooraus ((S^roni! t)om 7. Slpril unb 19. SRai 1774), er fd^il* 
bert aber bie ^olen t)ollfommen rid^tig als ein unjuüerläffigeS 



XI. ®(^ubart aU Patriot unb Sßoltttfer. 345 

unb wautcImütigcÄ SJolf, ba^ 5^etl)cit unb wilbc Ungcbunbcu^cit 
oenoecl^dle unb bcffen ^Patrioten mcift ^6)\)tmn feien, unfäl^tg, 
itiren 9$orteiI bcn SJorteilen bc« SJaterlanbe^ aufjuo^fcrn; il^r 
$atriotiömuiJ fei befted^Iic^, mit ®clb fönnc man ben ?ßoIen ju 
«üem mad^en — (1790, bei ©d^eible 8, 192). 

©ermnud red^net ©d^ubart ol^ne SSieitered }u ben 9nglo« 

maucn^ wie Sidfo, SRabencr, Sid^tenberg, Ärd^enl^olj, ^ippd, ^a* 

mann. 9S3a^r ift e^, bajs ®^ubart oft (Snglanb aU bie ^eimat 

freier unb jeitiger SRenfd^en bewunberte. ©d^on in frühen ;3ö^^*cn 

toaxtn bie Griten, wie fi. S^bart berid^tet, feine Lieblinge; er 

fanb in il^rcn SBerfen unb in i^rer ?ß^^fiognomie eine gcwiffe 

Seife, bie i^m gegen bag ^albjeitige ber 3)eutfd^en auffaßenb 

abjufted^en fd^ien unb bie er einzig ilirer iBerfaffung unb ber bur^ 

i^r @olb erlangten Unabl^ängigfeit beimaß. 3)effenungead^tet üerbient 

er ben STitel „«nglomane" ni^t. Sr fagt 3. SB. 1788, 345: „^6) bin 

einer ber efftatif^eften SScrel^rer ber Griten. SBenn fie aber auf alle 

anbre SJölfer, aud^ auf uni^ Sieutfd^e, bie an ^aft unb Ü^at, !©emut 

unb JBefd^eibenl^eit, ffiinfalt unb ^erjigfeit weit größer ate fie finb, 

f alt unb üerad^tenb ^inblidten, fo empört fld^ mein beleibigter SSater* 

lanbigftolj unb id^ jürne ben ©riten." 1790, 489: „©ie «riten 

fpred^en fo oiel t)on ^rei^eit unb bod^ t^rannifiert niemanb mel^r 

bie SJöIfer ber ffirbe ju gßaffcr unb ju ßanb, afö fie." 1790, 

261: „©ie ©nglänber finb unftäte ^ämerfeelen, bie bem ©atan 

gegen ben ©rjengel ÜRid^ael ÜRunition oerfaufen würben, wenn 

ber Seufel mcl^r bejal^lte, ate ber ©rjengel." Äud^ finbet er 

(1791— bei ©c^eiblc 8, 310), bafe bie britifc^e Sirene ate eine 

fc^r gute aMutter i^rc ©öl^ne nid^t nur nä^re, fonbem aud^ mäfte, 

wie bie 48 öif^öfe bcweifen, bie jufammen 160,000 ?ßfb. ©ter* 

ling iä^rlid^e Sinna^me ^aben, wä^renb bie ^itf^prebiger unb 

aSifarien in Snglanb in ben bürftigften Umftänben leben. 

^rantreid^ war ber Sl^ronift urfprünglid^ nid^t gewogen, 
„gort mit ber 5Wad^äffung fjrantreid^«," ruft er aug, „be« aSoIfe, 
bei bem Si^ mel^r gilt, atö 93erftanb, bad in ^(Qem etwa^ unb 
im ©aujen nic^t« wei§, bag an SSJiffenfd^aften unb fünften nur 
fd^ni^elt, um fie ate ^orjeüanfiguren auf ben ?ßu|tifd^ ju fteHen, 
bai8 feine leid^tfertigen ®runbfä§e nod^ oerjudEert unb bem S^eufel 



346 XL ©c^ubort aU ^^Jalrtot unb g^olitifcr. 

bie |)örner üergulbct, ba§ man \iä) nid)t wx i^m fürd)ten foll! 
^n ©incm nur, !l)eutf($e, ahntet i^m nad^ — in bev Siebe jum 
35aterlanbe ! " ®nen ^aupttjertreter beö fraujöfif^en ®etfte§, 
SSoltairc , '"f onnte er nid|t loben unb nid^t Heben. 5Wur jeinen 
©anbibe lobt er einmal (©trauß II, 376) in einem ©d^reibcn an 
feinen ©ol^n aU öortrefflid^ nad^ innerem unb äujjerem ©ehalte. 
^Dagegen mürbe burd^ 3Äonte^quieu in ü)m ba§ SJerftänbnig für 
bie fonftitutioneße SJcrfaffnng gemedEt; ein neuer Söemeiö für @d^u^ 
bärtig JBelefenl^eit in ben üerfd^iebenften ®ebieten, ein SBemeiö 
gegen biejenigeu, bie it)m mit $ru^ Senntni^ ber ©efd^id^te unb 
©inn für ^ßolitif abfpredien. Saffen tt)ir nun l^ier ©trauB (II, 
313) fpred^en. „©o ftarl er frülier, namentlid^ in ber S^ronif, 
gegen g^ranfreidt) unb beffen entneröenben unb oerpeftenben ®in== 
ftu§ auf Denfart, ©itten unb Sitteratur ber Deutfd^en geeifert 
^atte : fo grünblid^ ttjurbe er invä) bie franjöfifd^e ©taatöumroäl' 
jung umgeftimmt, unb er t^at nun ber t)on il^m fo oft gefd^mä^teu 
SWation bei jeber ©elegenl^eit orbenttid^ abbitte. I)ie SÄenfd^^eit 
ift nid^t fc^mac^, nid^t alt geworben — ruft er — ba ein äJolf, 
baö tt)ir in SJlcinigfeiti^geift üerfommen glaubten, fold^e groben 
wn aWut unb ®röj5e giebt. ®r ift befd^ämt, feine Sanb^leute 
t?on i^ren meftlid^en 9iad|barn an ^^ei^eit unb Saterlanböliebe 
auf einmal fo meit überflügelt ju fe^en, unb bitterer ©arfaömu^ 
ift^ö, menn er t)on ben üDeutfdien rüljmt, fie feien bie beften Unter- 
tl^anen (1790, ©. 339). Unüerl^olen jaud^äte er öon ba an bzw 
5Weufranfen feinen JBeifalt unb bie beften SBünfd^e für i^r grofeeö 
Unternel^men ju; ttjenn er aud^ einjelne Äu^fd^meifungen tabelte 
(bie eigentlid^en ©reuel erlebte er nid^t me^r) ober nod^ öfter 
burc^ ein in ber Stnmerfung ^injugefe^te« Kontra feiner ©tellung 
ate beutfd^er, b. ^. unfreier 3^i^^^9^f^^^ib^^ genügte, ©enu 
barauf bittet er mieber^olt feine liberalen fiefer SlüdEfid^t jU 
nelimen, bafe er nid^t etwa in ©trafeburg, fonbern in ©tuttgart 
fd^reibe. Sin SKirabeau, ber i^m frülier, megen feiner befannten 
Angriffe auf ^reufeen« S^re, juwiber gemefen, l^atte er fd^on bei 
feinen erftcn Änreben an bie ©täube ber ^roöence eine bemoft^e* 
nifd^e traft erfannt. @^on ju ffinbe b. ^. 1789 ^atte er ben 
ÜÄä^ten, bie etwa Suft liaben möd^ten, fid) in g^^anfreid^g 9teüo* 



XL 6d)ubart al« Patriot unb üpolttücr. 347 

Itttiou ju mifd^en, üor^ergcfagt, bafe fie mit SBut würben surücfge* 

fd^Iagen tüctbcn: „!Dic ©onnc bcö ;JJa^rl^unbert« — rief er ju Än^ 

fang beS folgenben ;JJal|reg — wirb untergelien, t)ont wattcnben 

35ampfe ber ßeidien öerfinftert; aber au^ bem allgemeinen SBranbe, 

aud bem ©c^utte ber ^^tftömng wirb ffiuro^ja auffteigen in neuer 

©cftalt." üDiefe ©arfteHung mu§ infofern beriditigt werben, afö 

©d^ubart tcine im innerften ©runbe revolutionäre Oefinnung 

liegte. SBei längerem fieben l^ätte ©d^ubart gewi§ ben politifd^en 

enttoiciclungdgang beS üon i^m gefeierten Slo^)fto(f burc^gemad)t, 

ber jucrft für bie Meüolution fd&wärmte, um fie nac^^er ju öer* 

bammcn; überbieö finbcn wir in ber S^ronif ©teilen in ?ßoefie 

unb ^rofa genug, roeld^e nid^t blo§ einjelne Äugartungen biefer 

großen Gegebenheit tabeln, wie Strauß meint, ^n bem ®ebic^t 

fffjtci^cit" beflagt er bie SSerfel^rung ber grei^eit in ffiut unb 

SKotbgctümmel; fd^on in bem ©ebid^t ,S^iä)tn ber QtiV* nennt 

er bie fjrei^eit ein ©d^wert in ben Rauben rafenber SBöIfer 

(Sleclam ©. 191). ^n bem ,,poIitifd^en Oefpräd) im^abeö" Iä§t er 

^eittxid^ IV. jweifcin, ob bie mit SBIut getaufte greil^eit be« fraujö* 

fifd^cn SSoIte baueru fönne, legt griebric^ bem ©rofeen bie SÖorte 

in ben SÄunb, eine wol^lgeorbnete monardt)ifd{)e SSerfaffung fei bie 

befte, unb ruft ben ^^anjofen ben ©prud^ ju, ffiinigfeit fei ber grei* 

l^eit Ämme, burd^ fie werbe ein SSoIf gro^ unb reif, «ßeö bieiJ fc^on 

im ^ai)x 1789. !©ie 2(nfid|tcn unb ©timmungen fc^wanfen; aber 

im ©runb überwiegt bie pcffimiftifd^e Stuffaffung ber SRetJoIntion 

unb mit banger ©orge für bie 3'^funft erfüllt ben Slironiften 

namcntlid^ ber Job aKtrabeau«. (»gl. 1790, 193. 561. 716.). 

©d^ubart, ber fjcinb ber SBeiberl^errfc^aft, erfennt in feiner 

3eit blofe jwei gro^e ^errfc^erinnen an, SKaria J^erefia unb 

Katharina IL @r nennt jene (1787) gutl^crjig, fromm, ebel, 

unb nur bann ^anbeltc fie nid^t ganj il^rer grojscn ©ecle gemäfe, 

wenn fid^ bie §ol^e ju Sutten l^erabncigtc. (©d^ubart l^atte t^ 

an f\^ felbft erfal^ren.) Sat^arina IL öer^errlid^t er (1789) ate 

bie neue ®efe^gcberin i^rc« Äeid^g; fie mad^te bie ©itten i^red 

SSoIfe« milber, eroberte einen neuen Staat unb befiegte ©elim 

unb ®uftat?. SRufelanb ^ält er fc^on 1775 für eine a»ad^t, bie 

ben anbcren Staaten ffiuropag bie größte ®efal^r bro^e. „SJiel* 



348 XI. Bdiuhaxt al^ Patriot uub ^olttifcr. 

Ieid)t fd^on im 19. ;J^a^r^unbert i)at 9iu§lanb eine ÜÄonard^ie er- 
riditct, bie no(!^ gröjser unb bauernber ift, ate bie römifdie." „8lu§* 
Imib/' bcmcrft er im'$$al)r 1787, „ift jum erftcn 9icid)c ber äBelt 
beftimmt; jcber 3SJiberftanb ift ücrgcbli^." 

SBefonberö flünfttg urteilt ©c^ubart über feinen Siebling 
©uftaö III. öon ®d)n)eben. ffir greift il^n im ;J^a^rgang 1775 
alg einen großen unb weifen 9Äann, ate einen Dortrefflid^cn ®e^ 
fe^geber, bcn ffirjiel^er unb SBilber feinei^ SSoIfö, unb l^ebt befon^ 
berg \)tit)ox, ba§ man bie fdiroebifd^e ;$5wg^^i^ f^^n in bcn ©d^ulen 
in ber beutfc^en ©prad^e untcrrid^te unb i^r unfre beften ©d^rift* 
ftcllcr befannt ma^e. SBir erinnern un^, bafe ©d^ubart üon 
SWünd^en nad^ ©todt^olm ju ©uftat? ge^en wollte. 

Oft benft man, wenn man in ber S^rönif lieft, an bie S^^ 
ftänbe ber ©egenwart. SKan^eg, xoa^ ©d^nbart gefd^rieben ^at^ 
ift ^eute nod^ wal^r. Über baö SBene^men ber Ungarn gegen bie 
Deutfdien fd^reibt ©d^ubart in ber ei^ronif t)om 30. april 1790: 
„Die Ungarn f^jielen eine Slotte jum Äbfd^eu gegen aüe brauen 
üDeutf^en. ©ie wühlen unb toben gegen unfre fianb^Ieute in 
©iebenbürgen unb anberen Orten, jerftören mit tollem ®rimme 
Urfunben t)om t|öd)ften SEBerte, lieben bie 5ÄormaIfc^uIcn auf unb 
glauben, fd^on am beutfd^en äiodEe bcn ©d&urfen ju crfcnnen. 
aWan oerac^te fie wieber, bie ZoUtöp^t, bie gauj tjcrgcffcn ^aben^ 
wag fie bcn weit größeren 35eutf^en fd^ulbig finb. ;3iQWifd^cn 
mö^t' id^ weinen oor Unmut, ba§ wir Deutfd^e beim Äu^lanbc 
immer nod^ in fo ringem Stufe fte^en. Qfn g^anfreid^ ift bad 
SBort SlHemanb ein ©d)impfwort, in ffinglanb finb wir niebrigc 
fiofinf neckte , in l^tttlicn geiftlofc ^^legmatif er , in ^oöanb g^ci* 
^eit^feinbe, in Ungarn ©d)urfen." 5ßun folgen bie befannten 
klagen über SJiangel an ^Jationalftolj. @benba, ben 7. SRai 
1790, auö 2lnla§ ber ungarifd^en Srönung Seopolb^ II.: „35er 
Wlonaxö) t)at bem alten $alfi ))erf))rod)en , er wolle mit äBeib 
unb 4 ©ö^nen ju feinen brauen Ungarn fommen, ftolj barauf^ 
i^re ^Jlationaltleibung ju tragen. !X)ieg entflammte ben ^atrioti^« 
muÄ ber Ungarn für i^ren Äönig aufg ^öc^fte unb befeuert fie, 
bei ber Krönung in ber öoUften Slationaltrac^t ju erfd^einen." 
^aju bemerft ©d^ubart : „Wi gut, wenn nur biefer ^atriotidmui^ 



XL ©cftubart aU «Patriot unb $oIittfcr. 349 

nid^t in fo gar fdiänblid^en ^a% gegen bic 35cutfd|ett unb ^rote:* 

ftanten ausartete. ®te mögen tmmerl^in mit läd^erlidien ®ere^ 

montcn bic beutfd^e ®pxaä)t eine ;J^aunerfprad|e nennen, mögen 

unfre ?lutoren, and metdieu i^nen bod| fo mand^er »ol^It^ätigc 

Std^tftral^l gnfiel, im Dfen aufraud^en laffen. «6er ba jagen fie 

bte armen beutfd^en g^elbmeffer batjon ober fteden fie unter« 

SDWlität, fd^aben bie Stummem an ben |)äufern mit ©äbeln weg 

unb bebrol^en bic !öniglid^en f^reiftäbte , bie nid^t ein ®Ieidt|eS 

tl^un tDÜrbcn, mit einer fjiöfalflage. ^a in 9Eßien finb fd^on 

einige SCaufenbe, bie SJrot unb Untcrl^alt in Ungarn ücrlorcn 

l^aben, bIoJ5 weit fie Deutfd^c unb ^roteftanten finb, @in 3SoIf, 

ba« fo toa& tl^ut, t)erfünbigt fid^ an ®ott unb ber 3ßcnfd^]^eit ju 

fcl^r, ate ia% e« ba« ©efd^enf ber l^ciligcn Ji^eil^cit lange bcl^alten 

Wnnte." »gl. 1790, 22. ^\mx. 13. «uguft; 1791, 23. «uguft. — 

An bic ^lane ber ©ojialbemofratie benft man unwittfürlid^, wenn 

man 1790, 24. @e^)tbr. lieft: „(Sin allgemeiner SJerfd^wörung«* 

^)Ian foll, üon Äbrameled^ unb 3Äolodt| in ber |)ölle gefdtimiebet, 

bem Slubb ber ^ro^)aganba ju ^ari« mitgeteilt morbcn fein, um 

fid^ nun burd^ ganj ©uropa ju verbreiten, greil^eit unb ®leid^* 

l^cit follcn bie jwei ^aupträber biefe« infemalifd^en SÖiafd^inen* 

werf« fein. !©ie SJolf«betrüger braud^en biefe «rtifel, um bic 

nad^ 3^reil^eit unb ®leid^l^eit rafenben 5El^oren aufjngeißeln, ba§ 

ftc alle Drbnung jcrftören, aud^ im ©a^nfinn politifdtie ©elbft* 

mörber werben. !©iefe SBetrüger finb baran leidet ju erfennen, 

ba§ fie SRcligion unb ®efe^c ücrlad^en unb wie weilanb bie beut« 

fd^cn Säuern in ben unfeligcn SJauemWegen Mgemeinl^eit ber 

®fitcr prebigen. Alf o feine Ji^aujcn ! feine ^Religion ! ! feine ® e^ 

fe|c!!! Der ffieife, J^omme, 9leblid|e im fianbc ein SRaub ber 

@d^urfcn, ®otte«läfterer unb ®auner! Die« ^öllen^)ro|eft foff 

bal^in gelten, ganj ®uro^)a ju verwirren, alle Xl^rone ju erfd^üt* 

tcnt, alle Qtpttx ju jcrbrcd^en, alle 9Wl^e umjuftürjen, um felbft 

ber SSerbammung unb bem S^obc im allgemeinen SBranbe ju cnt* 

gelten. |)unbcrtmal fd^on fc^rieb man mir bie« au» Deutfd^lanb 

unb au« granfreid^ — unb id^ glaubte e« nid^t; benn fo ganj 

burd^teufelt fonnte id^ mir bie SÖienfd^l^eit nie benfen. Sinn aber 

bin id^ übcrjcugt, ba§ eine fold^c fd^warjc ©efcttfd^aft ba ift, ba§ 



350 XI. @(^ubort alg «patrtot unb Sßolttifcn 

fie fx6) tt)te SDHItong JEeufcI im ^ßanbäntonium ücrfamtneln, unb 
ba§ fie fid| rül)men, in aücn euro^)äifd^cn Sänbem grcunbc 
ju tjaben. Unb nun ift eg aud| meine ^flic^t, bic jal^Ireid^en 
Sefer meiner ßI)ronif ju warnen t)or biefen S^eufeln, bic man am 
©dinjefelgerud^e fennt, unb meine lieben SBrüber, bie !Dcutfd^en, 
auf^ neue ju ermal^nen, ba§ fie 9leIigion unb bürgerliche Drb^» 
nung über aUeö fd^ä^en unb fo unter bem ©d^atten fanfter @c* 
fe^e ein gerul)igeg unb ftiHeö Seben fül^ren in aller Oottfeligfeit 
unb Sl^rbarfeit." @o fd^rieb ©^ubart im ;JJa]^r 1790 nod^ öor 
ben fojialiftifd^en ©^ftemen eine^ ®racd^u§ SSabeuf u. Ä. SBaö 
bamafö noä) jum größten S^eil ein "än^p unb ©diredgefpcnft 
toat, baö ift na^ weniger afe ^unbert ij^al^ren im üoöcn Umfang 
jur 2:^tfad|e geworben. 

SSaterlanbiSliebe ju erwedEen, ba^ ^ielt ©d^ubart für feine 
|)auptaufgabe. „2Bo ift ber lebenbige ®eift/' ruft er au«, „ber uni^ 
allgewaltig unb ju einem ffinbjwedE ergreifen, ber unö an einer ^tttt 
I)alten foüte, wie ;3u^iter bie ©c^icEfale jiält? Söo ift fieibenfd^aft, 
ein Dpfcr ju werben für« 3Saterlanb? ^a, SJaterlanb, bu bift 
bie ©olbgrube be§ Sluölanb«, unb bu trittft nid|t mit l^ol^em 
^awpt im atiefengange einher unb fütjlft beine Urfraft? ÜDu fd^läfft, 
aber ben ©d[)laf ber ©umm^eit fannft bu nie fdinard^en; bu 
fd^läfft, aber bu wirft erwad^en, wie ber üKefe ^urluf*) in ber 
ebba, unb fdiüttelft ©tftbte unb fefte ©d^löffer wie ffirbftaub t)on 
bir." (1776, 45.) Slud^ afö ÜRufifer ift er beutfd^ geflnnt. „^6^ 
I)abe einen |)unb, ber 3Jijli^)Ujli l|ei§t unb l^eult, fo oft id^ ü^m 
eine franjöfif^e S^anfonette üorfinge. ^aben wir nid^t S5ad^? 
nidjt ®ludE? SÖa« foH ber SEonlunft nod^ länger baö ^an^wurft^ 
fleib? ^6) tjabe — fagt er faft pro^jl^etifd^ — eine Opera buffa 
geljört üon bem wunberbaren ®enie aWojart; fie l^eijjt La finta 
Gardiniera. (Senieflammen juden ba unb bort; aber ^^ ift nod^ nic^t 
baö ftiüe, ruljige Stltarfeuer, ba« in SBeil^raud^^wolfen gen |)immel 
fteigt — ben ®öttem ein lieblid^er ©crud). SBenn SKojart nid)t 
eine 2^reibl|au«pflanje ift, fo mu§ er einer ber größten Sontponiften 
werben, bie jemals gelebt l^aben." (^reffel a. a.D. ®. 21. 22.) 



*) $ttrlu! tija^rf(^etnltc6 ftatt Utgarb ßoft. 






XI. Sd^ubart afö Sßatrtot unb ^olitifcn 351 

i^n bcr Xi)ai mxh man bei ©djubart öcrgcblidi fud^en, um 
einen ?lu§fprud) ju finben, wie: „SSJenn fid) bie S5öKer felbft be* 
frci'n" 2C., ober: „^^r Station euc^ ju btiben" ac. !©ie ©prüd^e 
jtnb betannt; wie Wenige aber fennen ©d^ubartg Draf elfprüd^c ! 
„93?ie gewaltig/' fagt ^ßrefjel mit 9*ed|t, „mie gewaltig ^anbl^abt 
er btc <Bpxad)e, ein geborener 9tebner t)on feuriger ©nbilbung«* 
fraft iinb*t)olfötümIid|er Derbheit, ein treuer |)au§t|alter ht^ l^ei» 
mifd^en 9S3ortfd|a|eö ! Unb wie burd^weg cbel unb gro§ finb bie 
®ebanfcn, bie er im !©range feines ^erjenS raul^ unb glül^enb 
I)inu)ir^t, Ruberen bie Arbeit überlaffenb, bie feurige SWaffe ju 
füllen unb ju feilen." 

T)er 35ater ber neueren beutfc^cn £itteraturgcfd^id|te ift ®er* 
tjiuud. Unb wie urteilt biefer über bie S^ronü? „5Wid^t einmal 
fo t)icl aiüdfid^tglofigfeit geigt bie ©l^ronif, wie unfre fpäteren 
Oppofitionöbiatter in Sitteratur unb ^olitif. «lies g^reiere ift 
bei (Sd^ubart nod| gar ju t)orfidt|tig in g^abeln, Änefboten, SSifionen 
u. bergl. gefleibet, bie SBel^utfam!cit lauert jebem ©ebanfen, bcn 
bie g^ei^eit eingiebt" — ba wäre ®d)ubart nidjt gefangen wor* 
ben — ; „ber SBi^ fogar, ber oft gerühmt wirb, ift erftaunlid^ 
fpärlid^ ; cS ift t)ielf ac^ nur ber ^umor ber alten SBodienfd^riften ; 
t)ielfad^ liegt baS «ujiel^enbe nur, wie in ben S^uriofitäten t)on 
3SulpiuS, eben in Curiosis." Sll^nlid^ äußert fid^ ^ru| über ben 
S^roniften. @r wirft i^m äßangel an ÄenntniS ber öffentlid^en 
3uftänbe, Dilettantismus, Unfidtier^eit unb SBiberfprud^ in feinen 
3{nfid)ten t)or; er prebige unb üerbamme bie franjöfifdtie JRetJolu* 
tion gleid) wieber, er prebige männlid^e ^ßolitif unb greife fjriebrid^ 
ffiil^elm IT. ^ru^ fü^rt «uSfprüd^e aus ber S^ronif an, bie 
er nid^t üerfte^t ober t?on benen er — oft gauj perfib — baS 
SBid^tigfte wegläßt. @o lä§t er auS bem «uffa^: „^eitungS* 
fdireiber" im ;J^a^rgang 1776 ber Sl)ronif alles weg, was auf 
bie SBorte folgt: „ÄUe unfre ©d[)riften ^aben baS Gepräge unfereS 
fflatjif^en ^f^^^^l^nberts unb bie Leitungen am meiften." @r 
üerfd^weigt, ba§ ®d[)nbart ben ^at giebt, fid^ in «merifa umju* 
fe^en, wo eS nodf) 9Renfd)en gebe, bie eS füllten, baß il^re SBe* 
ftimmung nid^t ©flaüerei fei. „D, i^r ©roßen ber @rbe, laßt 
bod^ ben aWenfdien fein, was er fein fann; unb nur ba jeigt 



352 XL @c6ubart aU gJatrtot unb gjolttücr. 

eure ®emalt, mo er abarten toiff", lautet ber ®d^Iu§ beö ?[rtifete. 
:3ft ba« tti^t tenbeuätöö? — ^n bem «rtifel „«ber* im swciten 
SBanb tJOtt 1776 nimmt ficft ©d^ubart be§ «bete an; er be* 
äcidinet i^n ate 9Rauer gegen ben Defpotii^muiS eincö ©injigen, 
afe SSereinigungSbanb jtüifd^en bem S^l^ron unb ber |)üttc. Sinn 
lauten bie 2Borte: „!©a§ |)eilige im 2:em^)el be« Staate foll er 
fein, burdi bai8 man xn^ Stfferl^eiügfte fommt" jiemlid^ ftarf. 
SBarum läßt aber ^ru^ ben ©d^Iuß weg, ber lautet: „3Benn ber 
Stbel nid^t einer ^artei allein anl^ängt, fid^ nid^t burd^ ©tern 
unb Drben t)om 35olfe reißen ober burdi bai^ 3^1^^^^^^ i^^^ 
35olf^ t)om 5E]^ron abwenbig ma^en läßt, fonbern bie SRed^te be^ 
SJoHS unb beS ^ö^ften auf glei^er SBage wiegt, fo ift er mir 
eine golbene Sl^fe, um bie fid| bie öffentlid^e ©lüdEfeligfeit brel^t."? 
'J)od^ erfennt auc^ ^ru^ an: „SSie ja^m (!) unb unentfc^iebcn (!) 
bie ©d^ubartf^e ©l^ronif unö aud^ l^eutigen S^ageS üorfommt, für 
jene Qtxttn mar fic fdtion immer milb genug." 

3Äag ?ßru^ fid^ bran ftoßen, baß ©d^ubart feine ®^ronif 
im SSSirtöljaufe bütierte, — bieg war einmal feine ffiigenart, ent- 
fpradi feinem lebl)aften S^emperament, feinem SBebürfni^ nad^ ®e* 
felligfeit, feinem SRebnerberuf. „3Serfd|tebene, bie ©d^ubart genau 
lannten — erjäl^lt fein ©o^n — l^aben t)on il^m angemerft, baß 
er ganj ber 3Wttnn für eine 9iet)olution gcwefen wäre. Qn ber 
X^at fc^ien i^n fein tußereö, fein 9iebnertalent , feine !Dcflama* 
tion, fein fd^neller ÜberblidE, feine Sunft im ffijtemporieren, t)or 
Allem feine Popularität fe^r baju ju berufen." 3^^^/ ^^^^^ ^^^ 
©ol^n, um eine Hauptrolle ju fpielen, l^abe er meber S^iefe, nod^ 
©tetigfeit, Weber tälte, nod^ 3Serfdt|wicgenl^eit unb gl^iß genug 
gel^abt; aber um eine öor^er erwogene unb gel^eim befprod^ene 
©ad^e t)or bem SSolf ju üerl^anbeln, l^ätte il^n bie il^m eigene 
!©eutlid|feit im S5ortrag unb in ber Stu^fpradie, fein gefunbcr, 
burd^ fieftüre unb SBiffen nid)t erftidEter 3Äutterwi|, feine Siebe 
jum SSolf unb jur 9Rcnf^l^eit organifiert. Subwig ©c^ubart ^at 
fid^ l^ier offenbar getäufdtit. SWidjt einmal bie jweite 9iolle l^ätte 
©^ubart, biefe problematifd^e SWatur, mit Erfolg gcfpielt. @d 
gereid^t i^m jU l^o^er @^re, baß er bie SReüolution nid^t üom 
franjöflfd^en SSoben auf ben beutfd^en üerpflanjen wollte, wie fo 



XI. @c6ubart a(9 Patriot unb $oltti(er. 358 

35iclc nad) \i)m, ba§ er ben Äugbrud^ ber franjöfifd^cn Sleüolution 
jttjar mit frcubigcm (Srftauncn unb mit o^Jtimifttfd^cn Hoffnungen 
begrüßte, wie ^lopftod, aber bod^ nid^t fo bit^^rambifd^ über* 
fc^wcngltd^ , toxt bicfer, ba§ er bem beutfd^en SSoße nid^t burd^ 
9iad^at)mung be« franjöfifd^en ffiefen« gel^olfen »iffen woHte, fon^ 
bem einfal^, ba§ jeber einjelne ÜJienfd^ unb jebe« SSoIf feinen bc* 
fonbcrn ®^ara!ter liabe unb liaben muffe, ^ä) fann mir @d6u* 
bart im lientigen SReid^ötag ju SBerlin aU einen ber feurigftcn 
JRebner unb ^Parteigänger bei^ SReid^dfaujIerö beulen, aber nimmer* 
mel^r aU einen bemofratifd^en ©d^reier, fojiaIbemofratifd)en Auf» 
lieber, irrlid^telierenben Vermittler, am aUerwcnigften ate einen 
abrüftcr unb ^ro^jaganbiften be« allgemeinen SJöIferfriebenö. 95ci 
ber «bftimmung über Subwig XVI. I^ättc ©d^ubart gewife nid^t 
für, fonbcrn gegen bic ^inrid^tung be« Rönig« geftimmt. 

Subroig ©d^ubart fü^rt jur SBegrünbung feiner pjen Qfbee 
feines 95ater<^ auffaHenbe äußere ä^nlid^feit mit !lDanton an: 
„Ättc ^orträtö, bie id^ t)on ÜDanton fal)/' fagt er, „finb faum 
t)on benen meinei^ SJater« ju unterfd^eiben. SReifenbe, bie ben 
aictjolutioni^^elben fannten, erftaunten, ben SWamen ©d^ubart unter 
aWorace« ?ßorträt ju finben, unb riefen üon ferne fd^on : !lDanton ! 
(Sbcnfo bejeugten mir mehrere g^eunbe, »eld^c ÜDanton im Son* 
üent fallen unb reben Ijörtcn, ba§ fid^ biefe äil^nlid&fcit auf ben 
ganjen Sör^jer, auf ©timme, ÜDeflamation unb ben äußern An« 
ftanb jum (Srftaunen erftredft liabc." Über 3)antoni^ Äuöfe^cn 
fagt ©cber in ber ©eltgef^id^tc XIII, 766: „©eine at^Ietif^e 
^igur, feine 5Kebufenangen in bem breiten üon JBIattern befprengten 
©efid^te, bie aufgeworfenen Sttüftern unb Sip^jen, bie ©d^ilb^alter 
anmutlofer 3^öerfid^tlid^feit, üerfünbigten ben ange^enben SWira* 
beau be« gemeinen ÜJianne«." &)tn berfelbe XIII, 841 : „35er 
gewaltige 5Kann üon at^Ietifd^er ©eftalt unb mäd^tiger roeitljin 
tönenber ©timme — bie nad^gebornen ®efd^led^ter ^aben il^n balb 
mit einem 3fu^)iter SEonan«, balb mit bem ©atan ÜRilton« üerglid^en. 
©ein Ängefid^t war ber ©piegel feiner Seele: auf bem im)30« 
fantcn t)on SBIattern jerriffenen ©efid^t, ba« burd^ feine ^äfelid^* 
feit balb abftieß, balb anjog, unb in bem blifeartigen ®Ianj ber 
^ugen erfannte man ben 9(u«brudf einer üermegenen ^errfdier» 

Qauff, C^ttbart in feinem Qeben unb feinen SBerten. 23 



354 XI. ©d^ubart als Patriot unb ^olittfer. 

natur, bic aHeö wagt, um aUt^ ju getoinnen; in bem fdjarf gc^ 
fdjnittenen ÜKunb eine heftige ©inulid^fcit unb eine bämonifd^e 
©nergie, mit einem feinen QnQt üon ÜWilbe unb ©rofemut." 2Bie 
befd^xeibt nun Subnjig ©d^ubart feine« SSaterö Sluöfelien? „(£r 
toax breit tjon ©d^ultern unb 93ruft, fe^r pro^jortioniert gebaut, 
üon Hetnen unb fd^önen Rauben unb g^üjjen. Qfn feinem ®efid^te 
waren — Sinnf^ji^e, ÜKunb, 9lafe, Sluge unb Stugbrauen fclir 
nalie beifammen unb er führte bieiS oft f^erjweife al§ ein äußere« 
3eid^cn üon ber Sftafd^l^eit feiner ©eifteö* unb SBiIIen«o:perationen 
an. DaiS Sluge bef)ielt big an fein @nbe bai^ fjeuer feiner ©eele 
unb (eud^tctc ober fd^immerte, fomie er in Stffeft fam. iDie ©ttrne 
war ^od) unb weit; jwifd^en ben ?[ugbrauen eine g^alte, bie aud^ 
bei lieitcrcm ©cftd^t nid^t wid^; bie ^eri^)^erie be« gangen ftopf« 
fo gro|, ba| ber ^utmad^er feine feiner gewöl^nlidicn formen bei 
H)m brandneu fonnte: bag ^inter^aut)t fe^r flarf mit paaren be* 
wadjfen, auf bic er wn jel^er fo üiel l^ielt, ba§ er in feiner legten 
Sranf^eit S^l^ränen üergofe (!), afö i^m jemanb fagtc, er werbe 
fid^ nad^ feiner ©iebergenefung wol^I ben Sot)f rafieren laffen 
muffen." SSerglcid^cn wir bamit bie ©djilberung bei ^ermann 
^rj a. a. D. ®. 110: „@r war ein breitgebauter aWann mit 
l^o^cr ©timc, in feinen Singen lag eine ernfte ®Iut; bod^ ber 
unmäßig große fiopf Heß auf ein a)Wßt)erl|äItni<^ fd^ließen, unb 
ba« aufgeftül^Jte ®cftd)t, in weld^em baö Sinn einen tro^igcn, aber 
ftnnlid^en 3Jiunb ju tjerbeden unb fid^ ben ?(ugenbrauen ju näl^ern 
fud^te, ftimmtc ntc^t red^t ju bem auöbrudöüoHen Dberfo^jf." Diefe 
©d^ilberung ftimmt melir jum SBilb !J)antoni8. fiubwig ©d^ubart 
fd^etnt mir au« finblid^er ßiebe unb SSerel^rung ba« äiußere feine« 
SJater« nid^t ganj rid^tig gefd^ilbert ju ^ahtn. ^^ fenne mehrere 
SBilber üon ©d^ubart. Sin« fte^t tjorn im ©traußfd^en SBcrf 
mit bem SWotto: „^ä) würfe üiel unb braud) ml STOein ^erj 
ift ein ©d^wamm; Stjau be« |)immel« üerfd^luf id^ üiel; f:prij 
aber aud^ mel au« auf meine I. üKenfd^en." ©d^ubart.*) ©er 
aWaler ift nid^t genannt. Db ba^ gacfimile tjon ©trauß gcwäl^lt 



*) S)ie @te(Ie finbet ftc^ am @c^Iug be« abrief« an feine @atttn bom 
h Somiat 1787 (©ttauft II, 268\ 



r 



XL <S^haxt aU Patriot mb ^oHtiter- S56 

tft ober urj^jrünglid^ unter bem SBilb ftanb, weife id^ ntd^t. |)tcr 
ift ©(j^ubartg ©cfid^t )3ro)3ortiomerter, gelaffencr, ebler. @in an* 
bereit finbet fid^ in bcr ©auerfd^en ausgäbe ®. 292 mit ber 
Unterjd^rift: (£. ^. ©d^Iotterbed del. et sculp. ©üittg. 1785, 
malirfd^cinlid^ für ben erften SBanb bcr afabcmijd^en äui^gabe ber 
®ebid^te beftimmt. ^ter trägt fein ®efid^t ein gemeinerejg ©epräge; 
bic unteren ^artiecn treten mel^r l^erüor, bie SWafe ift aufgeftült)t, 
bie Sixtn, tjom |)aar umfd^attet, imponiert nid^t burd) ^'6^t, ha& 
Äuge l)at einen gett)öI)nIidE)en StuiSbrud!. 35ie jwei legten QÜQt 
fönnen nid^t ber SBal^r^eit entfpred^en. @inen üoHen, finnlid^en 
SKunb, ftarfe, offene SWüftern, ein gewölbtem, ^erüortretenbe«, bem 
SKunbc fel^r nal^e« Sinn geigt aud^ baiS SBilb in bem ©traufe* 
fd^en SQBerf. §ier ift aud^ bie SIeibung freier, origineller, unb 
bod^ forgfältig. ^n ber ©auerfd^en Sammlung fe^rt uni8 ©d^u» 
bart nur bie eine ©eite feineiS ®efid^tj8, bei ©traufe ba& ganje 
öoQe (Sefid^t ju. ©ine getoiffe tl^nlid^Ieit mit !Danton läfet fid^ 
nidt)t leugnen; bie SBewegungen unb bie ©timme laffen fid^ natür«* 
lid^ nid^t malen. !iDaraud folgt aber nid^t, bafe ©d^ubart }um 
SRct)oltttlon3mann berufen war, fonbem nur boiB Steuer ber Seele, 
bie SBerebfamfcit, ber ©inn für ^olitif, bie Energie, bie ©ftrem* 
fud^t, bie innere Unrul^e, ber „junger nad^ ffielebrität", worin 
beibe einanber gleid^en. Wlan mufe bei fold^en tl^nlid^iten fel^r 
t>orftd^tig fein. SBefanntlid^ war ber württembergifd^e ?ßrälat 
Sopff in feinem ®efid^t«aui?brndf bem erften SÄopoIcon fpred^enb 
äl^nlid^. g^olgt baraujg ein na^joleonifd^er ffil^arafter? SWein, fon* 
bem nur bie äD^nlid^feit im energifd^en SBirfen, bei bem einen für 
baS SReid^ ©otteg, wie er ej8 auffaßte, bei bem anbercn für fj'ranf^ 
reid^^ unb feine eigene äßad^t unb @röfee. 3Bte ©d^ubart auf 
bem ®ebiet ber ^oefie nid^t ein blinber ©türmer unb iDrän* 
ger, wie er ald Jl^eolog bei atten ©d^wanfungcn bod^ nie ein 
@otte«leugner, ein förmlid^er S^reigeift war, fonbem l^ier burd^ 
eine o))timiftifd^^ jum Xeil aud^ rationaliftifd^ gefärbte Sll^eofo^ie 
jwifd^en fjreigeifterei unb Sird^englauben, ben er tjom Sibelglauben 
unterfd|)ieb, mitten l^inburd^ ju fteuem ftrebte, wie er ate Äritifcr 
lieber lobte, afe tabelte unb fid^ eben baburd^ ate ed)ten ftrittfer 
bewie«, ba| er burd^ bie ^rajis ©oetl^e« SBort beftätigte : „SBenn 



356 XL 8(^ubart al^ Patriot unb ^ßolittfcr- 

man üon ©d^riften, wie tjon ^anblungen, nic^t mit einer lieber 
üoHen Jeitna^me ^rid^t, fo bleibt fo wenig baran, ba§ t^ ber 
SRebe gar nid^t wert ift," fo war er aud^ auf politifd^em ©ebiet 
fein Sieuolutionär, fein Umftürjer unb ®inrei§er, fein SBül^Icr unb 
$e|er, fein SSlaun, beffen Patriotismus üon ber ^olitif Der* 
fc^Iungen würbe, fonbcrn in erfter Sinie beutfd^er Patriot, ber 
an Deutfd^lanb nid^t einen fremben, fonbern bcn einlieimifd^en 
aWafeftab anlegte, btn ©d^aben bei ber SBurjel anfaßte unb fc^on 
burd^ beutfd^nationale ©räiel^ung ber ^ugenb unb ©rwedung ber 
äJaterlanbSliebe in btn ©d^ulen eine beffere 3^^^ft aujubalinen 
fud|te. ^Parallelen mit unfern Slaffifcm, parallelen aud^ mit 
$ru^ unb ®ert)inuS, namentlid^ mit ©erüinuS SSerl^alten ju ben 
erfolgen üon 1870 71 liegen auf ber .^anb, foHen aber l^ier blofe 
angebeutet werben. 

er war überl^au^Jt nic^t fowol^l txn 3let)olutionär, als ein 
Reformer, barum aud^ ^reunb unb SSerel^rer ßutl^erS. Äud^ in 
feiner ©lironif ift il^m feiner ber jal)lrcid^en, bem Qtitalttx eigen* 
tümlidjen 9ieformt)erfud^e entgangen; fein SBlid! war nid^t minber 
auf bie 3fuftijt)erbefferung SBeccariaS, als auf bic SSerwirflid^ung 
ber p^^fiofratifd^en fiel^ren gerid^tet, er würbigte bic in jener ^e* 
riobc aller Orten ^ert)ortretenbcn ©d^öpfungen auf bem ®cbiete 
ber ?ßolijei, bie ßöfd^orbnungen unb ©egebefferungen,-bie SBo^l* 
t^ätigfeitsinftitute, SBaifenanftalten unb ©itwenfaffen unb anbrer* 
feits bie ÜRaferegcln jur SBefferung bes ®rjiel^ungSwefenS unb jur 
^ebung ber gcifttgcn SBilbung. 

S)a§ ©d^ubart fein Äeüolutionär war, fie^t man aud^ aus 
feinen ®ebid^tcn, namentlid^ aus ber ^ürftengruft. er l^ält ben 
X^rannen i^re ©d^anbt^aten t)or unb — tröftct ftd^ mit bem jung* 
ftcn ®erid^t. ^ürma^r fel^r gutmütig! 

^reilid^ ift ein gcwiffcr Unterfd^ieb jwifd^cn ber crften unb 
ber jweiten ^eriobe ber Sl^ronif. ©d^on bie Xitel fmb ücrfd^ieben. 
3uerft l^ie§ fic 35eutfd^c e^ronif; t)on 1776 an fd^rieb fic fxd^ 
Seutfd^c ei^rottif, weil ©c^ubart fxö) t)on ^ulba ^atte weife 
mad^en laffen, Xcutfd^ bebeute bie Station, ®eutfd^ aber fotjtel 
als beutlid^ (Sl^ronif 1775, ©. 816). ^d^i erflanb fie als tjater* 
länbifd^e e^ronif wicber, warf aber mit Sieuja^r 1790 baS be* 



XII. 8*ubart alg ^ubligift unb ©ttlift 357 

fdirättfcnbe SBcitüort ab, um fortan, ot)nc SBecinträdjttguug her 

Srcuc gegen ba« beutfc^e i^aterlanb, ben 93Itcf üotjugi^weifc nac^ 

au§en tüenbcn unb bte franjöfifd)c 9tet)o(utton genauer betrad^ten 

ju fömien. (©äl^renb ©d^nbartö SSer^aftung l^atten SWiöer, 

Stäubltn unb anbere ^^cunbe bie ß^ronif fortgefe^t; ba^ ^ono* 

rar blieb ©d^ubart« ®atttn. 35iefe ^ortfe^ung bauerte bi« 1784.) 

fiubroig ©d^ubart bemerft mit 9ted^t, ba| in ben älteren ^af)X' 

gängcn weit me^r natürtid^e«, in ben fpäteren gleid)fam ein fünft* 

lid^eö ^euer brennt; bort entftanb Me« »ie üon fid^ felbft, ^ier 

merf t man weit me^r bie Stbfid^t ; bort ift ber 3tu3brud! bem ®e* 

banfen meift angemeffen, ^ier überragt unb üerfd^tingt er ii)n fcl^r 

l^äufig unb man ftö|t oft meljrere SJIätter ^inburc^ auf eine 

gctoiffe Äufgcbunfen^eit unb einen 93ombaft, ber mic ®eifte^franf* 

^cit auöfiel^t unb bei bem 3Jianne um fo miberlidier auffällt, ba 

in feinen ©ebanfen Sleid^tum, SDBa^rl)eit unb ®efunbl)eit genug 

liegt, um aller biefer Überlabung unb 3Jerbrämung entraten ju 

fönnen. — 35on üerfd^iebenen ©eiten auf biefen Übelftanb auf* 

mcrffam gemad)t, erfannte er i^n münbtid^ unb fd^rifttid^ mit 

öieler SSerleugnung an, fd^rieb eine jeitlang bcffer, geriet aber 

immer mieber in jenen poetifierenben ©dimulft, ben man bod^ in 

feineu ®ebid^ten faft gar nid^t (!) finbet. ^Bürger mad)tc ba^er 

(im ^. 1790) gegen \i)\x bie SBemerfung, feine S^ronif fomme 

it)m oft fo ftro^enb unb aufgebunfen üor, mie fein ®efid^t. ®r 

crwibcrte trod^en: „^ä) mittag glauben; ber?[«perg gä^nt baraui^ 

^crtjor, aber ber |)enfer benfe, cmpflnbe unb fd^affe aud^ immer 

md) bem ^ornftofe bei^ ^oftittoniS." 

Damit finb toir fd^on bei bem Sapitel üon 

XII. 
§it|ubart Hern |lublt;tpen unb $tUt^n 

angcfommen. SBir fönneu \)m mit ber Setrad^tung ber S^ronif 
fortfahren, ^m Qföl)^ 1788 erfd^ien bai^ „Senbfd^reiben an ^errn 
©d^ubart, .^erjoglid^ 3Bürtembergifd^en J^eaterbireftor unb ^of* 
bic^ter in Stuttgart, feine äJaterlanbdd^ronif bctreffenb. ®ine 



358 XII. <Bd)nhaxt als ^ßubltgift unb ©HUft 

nötige SBeitage ju biefer ßl^ronif." 5)er äJerfaffer nannte fid^ nt^t; 
naä) bem örief ©d^ubaxt^ an feinen ©ol^n üom 7. 2Wärj 1789 war 
er ein aufgeflärter Pfarrer bei Ulm, SWamen^ Sern, mit ©d^nbart 
öerüettert nnb üerfd^moHiert (f. ben SBrief tjom 18. 9tot). 1787 oben). 
®anj fd^ubartifd^ lautet ber Slbfd^nitt: „J)enf einmal: Sern 
ift ©efd^njifterfinb mit 35einer SDhittcr! — ®r ift mein ©d^üler 
bis in fein breigel^nteS ^al^r ! ^ä) tränt üor einem ;3fal|r ^rater* 
nität mit i^m ! ! Unb nun :pagquilliert er mid^ ! — §errlic^e 23er' 
geltung ! — ®u foHteft il^m bod^ unter frember äJia^fe ein^ über 
bic Dl^ren Ivanen. ®er Serl ift ©orf^jfaff, fauft wie ein |)ai), 
l^ält eine ©d^enfe in feinem eigenen |)aufe, unb türjlic^ befoff fid^ 
fein ©d^ulmeifter bei il|m fo wütig, ba§ er i^m ba§ |)aug in 
JBranb fe^te. Unb ber Witt mid^ moralifteren ! ! — 2Bie gefagt, 
gib il|m ein§ auf^ S)ad^, aber einen !lDonnertt)etterfc^lag." Sern 
war, wie ßubwig ©d^ubart bel^au^Jtet, burc^ einen ©arta^muS 
in ber S^ronif ju einer fo ftrengen Sritif biefeö 95latte§ gereigt 
worben. 35ag ^am^j^let tabelt baö ©eid^te unb ©runblbfe uon 
©d^ubart« SRäf bnnement^ , ba§ 5)reifte feiner SBel^au^Jtungen, bic 
Dberfl&d^lid^feit feiner Senntniffe, bie Sedftieit be« Urteile über 
Dinge, bie er nid^t üerftel^e. ©eiter l^ei§t e^, er wiberfprec^e 
fid^ in feinen Söel)auptungen; ba^ einemal fage er, bie 9ieligion 
fatte nid)t, bann, il|r Untergang fei nalie; ferner lobe er ba^ 
SBöHnerfd^e SRcligionöebift unb table griebrid^ ben ®roJ5cn aU 
grcigeift. Diefe le^teren Vorwürfe fmb begrünbet; 1788, ©. 557 
bebauert ©c^ubart namentlid^, ba§ ber üon il|m früher faft ücrgöt* 
terte ^^^l^^i^ )^wrd^ attjugrofee 9tad^fid^t 3ieligioni5licenä, ^riüo* 
lität, ©pottfud^t unb bie balier flie^enbe ^ügellofigfeit in ben 
©itten begünftigt l^abe; feine ®leid^gültigfeit gegen atte üieligion fei 
gewife ber einzige finftere i^kd in feinem Sid^tbilbe. ©in befon* 
berö fd^werer SSorwurf gegen ©c^ubart ift ber ber ^eud^elei unb 
3weijüngigfeit; er lobe bie ©rofeen öffentlid^ unb im ^ergen 'otv 
ad^te er fte. 35en äbbul^amib l^eifee er ia^ einemal einen ^o\)U 
fd^äbel, ÜÄol^nfopf, ^agobe; bann wieber berb unb tro^ig (1788, 
22. 519). 93alb nenne i^n ©d^ubart «d^meb IV. (1787, ©. 183), 
balb Stbbul |)amib (1787, ©. 185). @r ^abe über^au:pt f^wanfenbe 
^Begriffe oon ?[ufflärung, Soleranj, Stberglauben. ?lud^ biefe ?lu^' 



XIL ^nbait al« ^bltsift imb SHüft. 359 

ftelluiigcn fmb nic^t oiync @niiib ; fie erf lärcn fid) aber kicbt au<S 
bem &ifent^alt auf bem ^otiena^verg nnb au^ bet ü^iacbioirhuig 
ber früheren poKtifc^en unb reltytöfcn :iRid)tnug Sdiubartd äitf bic 
fpotete 3^i^- 

S$ettere Sonoiirf c finb : $erungludtc ^ei^fagungen, imfriti« 
f^ed 9tad^f|>re(i^en nnbegrfinbeter StjS^Iungeu, CrbnungiS nnb 
^(iinloftgfett mehrerer "Srtitel, nne benn ,,Sine Srfdbeinnng" 
1,1788, 220 1 Dermutlid^ im Sd^Iaf ober älanfd^ gei^rtcbcn fei, 
^uffollenb fei anäi, \>a% xf)vx immer ber Sein einfaOe. So erjäl^le 
€€^iibart 1788, €. 521, bie auf bem Sap angefommenen ^trt^ 
tembergifdjen Offiziere feien iion i^ren fianbiBlenten mit einem 
@Iafe blinfenben Sapn)eind bemiflfommt morben. ,,Ser mrb 
benn ond) gleich an SBein benfen?" ^ied ift fleinliij^, namentU($ 
toenn Sern ebenfalls ein SBeinliebl^aber war. — Der ^ampl)tctiil 
gicbt bem S^rontften ben 9tat, fänftig aDe »Ktterfa^rten unb 
^eusjüge gegen ^reigeifter unb Se^er p unterlaffen, fein ®teden« 
Pf erb, bie Deutfc^^eit, ein bifed^en weniger ju tummeln nnb jicft 
))or Uebertreibungen ju pten. 9ltö eine (Sc^erlid^ bombaftifc^e 
©tette wirb angefüljrt 1788, 123: „Die 9hiffen fd^Iafen auf einem 
^elfcnlager unb in ÜÄoräften füfecr, aU auf weidJen iöetten unb 
ba§ ^cnlen be^ ©turmi^ ift ir)nett SOBiegcngefang." ®r ruft i^m ju: 

Hi se beatos atque sublimes putaut. 
Vocabulorum quum tumore spumeo 
Strepituque anhelant futiles senteutias. 
Ut qui pusilli corporis statum juvaiit 
Grandi cothurno, festis aut farctu student 
Portes videri ac succulentis artubvis» 

(Deutfd^ : ^ür ein. ®enie öoH l^o^eu ®(^wung« IjÄlt SDiauc^er fid), 
Der aufgebunfen, wU Söombaft unb ?|5^rafenf(^wulft, ®ebauten au^* 
fd^äumt Don geringem SBife unb aBert. @o ^ilft ein Äuirpö bem 
Sörpericin burd^ ^o^e @d^u^', Unb ftopft fid^ Doli bei Sd^mauferci'n, 
bamitc« l^eißt: ®el)t, weld^ ein Serl t)on faf tgef d^wctttem ©liebcrbau.^ 
Denfclbcn §ang jum ?ßomp unb ©d^wulft tabelt ®trau§ 
unb bemerft namcntlid^: „Der 9Bibcrf^)ruc^ awifd^cn ©d^ubart« 
politifd^iem Sibcrali^mui^ unb feiner religiöfcn Söefangcn^ett; fei* 
nem gefunben aSerftanbc unb feinem trüben ®Iaubcndbcbttrfni«, 



360 XII. (Sc^ubart alg ^^Jubügift unb Stiltft 

bcn loir fd^on aui^ feiner üorai^pergifd^en ^eriobe fennen, ift feit* 
bem burdi frattfl^afte 9ieijung bei5 rcligiöfen ^unftei^ in feinem 
©emüte mä^renb ber ©efangenfd^aft noä) greller geworben. Stuf 
bie barodfte SBeife felien mir jefet oft feine apofal^ptifd^e ?ln* 
f(i^annng<^tt)eife in bie fiinicn feinet politifd^en 9iäfonnementg ein* 
brechen. 35ie Äbfc^affnng ber ©tanbei^nnterfd^iebc, ber Jitel nnb 
Drben im nenen ^anfenreic^e lobt er: „bod^ e§ giebt ja — mirft 
er fid^ ein — auä) im ^immel, lant ber l^eil. ©d^rift, @rj* unb 
gewöl^nlid^e Sngel, ältefte, bie nat) am S^^rone finb nnb eine 
ungel^eure üermifd^te ©d^aar, bie fern am SrtiftaHmeere frotilodtt; 
maS alfo ®ott nid^t xoxU, was nid^t in ber Statur ber !Binge 
liegt (^ier jeigt fid^ wieber SSernunft), ba« foH, bändet midi, ber 
SKenf^ au^ nic^t woHen (1790, ©. 453). ©elbft im auSbruct 
erjeugt biefe SSermifd^ung bes mobernen politifd^en ©toffs mit 
veralteten religiöfen ^^^rmeln bie abgefd^madfte|len 5IRi§gebnrten. 
Sud^efini fliegt mit E^eruböeile unb fe^t fid^ wie eine ^eucrfäule 
amifd^en Surfen unb ainffen (1791, 22); ben «ufftanb in ben 
SWieberlanben liaben ?lbrameled^ üan ber 9loot unb ^^ilo tjon 
ffiupen angeblafen (1790, 825); ÜJKrabeau unb ßafat)ette, bie bei^ 
bcn ©tilgen \>t^ neuen frangöfifd^en ©taatSgebäubeS , fann man 
fd^idlid^ mit ben jwo ©äulen ©oa§ nnb ;3ad^in im Ztmpd ©alo* 
moniS üergleid^en (1791, 233)." 

©old^e ®efd^mad!Iofigfeiten finb äujugeben; ju ©djubarts 
ffintfd^ulbigung ift aber aujufütiren: 1) ©d^ubart war S^colog, 
ba^er mifd^ten fid^ leidet biblifd^e SSorftellungen unb ttieologifd^c 
Stuj^brüde in feine 35arftellung. !DiefeIbe 93emerfung fönnen wir 
ja and) bei ©traufe mad^en. ©o fagt er eben in feinem SBerf über 
©d^ubart I, VIII ber SBorrebe: „SBie in jeber neuen SBrieffamm* 
hing an^ bem SBeimarfd^en ÜDid^terfreife ber ^errlid^e Äarl ?[uguft 
tierrlid^er auferfte^t, fo ift für ©ürttembergö ^erjog Rarl jcbeS 
neuentbedfte «ftenftüdf über ©d^illerg Qfugenb unb ©d^ubarts 
©d^icffal eine «uferftc^ung jum ®erid^t." — I, 302: „SBaicrn unb 
bag fatl^olifd^e ©d^waben war in jenen Qfa^ren ein wal^rei^ Sanb 
©cbulon unb Stta^j^tliali , beffen SSoK im 35unfel unb ©d^atten 
bc« lobe« fa§." — „SSeraltctc religiöfe Formeln!" Knute man il^m 
ba mit feinen eigenen ©orten jurufen. 2) ©trau§ ^ält fogar 



XII. acftubart alg ^puMigift unb 8tilift, 361 

nad)foIgenbcn JluiSfpruc^ ©c^ubartö für üeraltet, barod, apofa» 
It)ptifd): „^6) glaube, ba§ eine ooKfommene greitieit auf @rben 
md|t gcbci^c, ba^ nur berjenige frei fei, meldten ber ®o^n frei 
mad)i, b. i. berjenigc, beffen SBiKe mit bem SBiKen ®otted ganj 
gleid) ftimmt, unb ba§ bic« nur atöbann möglid^ fein »irb, wenn 
bag gange «tt entfünbigt ift" (1790, 767). 3) a»e^rcre biefcr 
Äudbrüdc unb 93orfteKungen finb an^ bem SBudi genommen, ha^ 
für iette Qnt unb namentUd^ für ®d)ubart bai^felbe mar, maö 
nad)^cr uni^ ®octt}e« ^auft, au« Sto^jftodig 5IKeffiag. 35ie Sitate 
aus bicfem SBud^ muffen bamals ganj gemölinlid^ gemefen fein, 
©pätcr ift freilid^ Äbrameled^ öon 3Kep^ifto^)^eleö üerbrängt 
n)orben. — 

3roeimal fe^te, um bieg gleich jeftt ju bemerfen, nad^ S. ©d^u* 
bartd SBerid^t ber Stjronift ben ®riffel jur Äntmort an, bie er 
ate eine Seilage geben moKte. „^6) riet it|m aber, nebft an* 
bereit g^rcunben, ia^ 3BaI)re in jenem Senbfd^reiben ju benu^en 
(tt>tc er t§ avi6) t^at), ba« ^alfd^e, Sieblofc unb ®el|äffige ba» 
gegen gu belad^en, unb ba« ^ubüfum entfd^eibcn ju laffen; — 
meld^eS aud^ entfdiieb unb i^m eben um biefe Qtit über 200 ©fem* 
plare me^r tjon feiner 3^i^"^8 cibnatim. (&^ mar in ber J^at 
nic^t me^r üon feiner SWäfeigung ju üerlangen, ate ba§ er eben 
bicfe« Seubfc^reiben , o^ne alle aianbgloff e , einfältiglid) in ber 
etironif anzeigte." am ©d^Iufe ber 5Wummer t)om 17. Februar 
1789 lieft man: änjeigc. ©enbfd^reiben an ©d^ubart, 
ba« Reifet an mid|, ben SJcrfaffer ber 3Saterlanbi8d^ronif, ift o^ne 
SJerf affer, SJerleger, Drud^ort, am (£nbe beö tjorigen Qfa^ri^ 
erfd^icnen, bereit« ^äufig gelefen morben unb ift mieber frifd^ ju 
^aben bei ÜKejler für 15 fr. — Qu ber I^at ^at ©d^ubart fid) 
ba« SEBatire in jenem ©enbfd^reibcn ju 5Wu^e gemad^t. Sie fpätcren 
JJa^rgänge ber ffi^ronif, namentlich ber üon 1790, finb roeniger 
fd^mülftig unb patl^etifd) gefd^riebcn, unb menn ©c^ubart mit bem 
JBifc^of8tt)erber*©öttnerfd)en 9iegiment immer uujufriebencr mürbe, 
fo fann bie« bem 93erfaffer be« ©cnbfd^reiben« nur angenehm 
gemefen fein. Senn freilid^ Submig ©d^ubart meint, in feinen 
®ebid)ten finbe man faft feinen poetifierenben ©d^mulft, fo miffen 
mir mot|l, ba§ leiber ein falfd^e« ^at^o« nid^t menigc feiner 



862 XII. ©dftubart als g^ublt^ift unb ©tiUft 

®ebid^te entfteHt. SBie in ber ?ßoefie, fo ift aud^ in ber ^rofa 
bei il^m eine hopptltt 9iid^tung ju unterfd^ciben; balb fd^rcibt er 
cinfad^, natürlid^, anfd^aulici^, balb fd^tpülftig, bombaftifd^ , übet^ 
trieben. Suftig ift e^, roie er am 14. ^uH 1787 bem Dberft 
©eeger jd)reibt: „!J)aö ^ßublifum ift fd|on an meine freien, oft 
in bunfte üßeta^j^ern gel^üttte, foIgIi$ gang nnfd^ftblid^e Äu^brüdEe 
gemöl^nt. SBenn id^ nun auf einmal ben Zon in älngftUd^feit 
unb g^urd^tfamfeit ftimmte, fo mürbe ber aus meiner Sl^ronif ju 
ermartenbe SJorteil in furgem üerfd^minben." — „ßum muftergül- 
tigen ?ßrofafd^reibcr fel^lte e« i^m, mie Strauß mit iRed^t be* 
merft, außer ber ted^nifd^en ©id^erl^eit in 9ied^tfd^reibung unb 
©rammatif, l^auptfäd^Iid^ an aiul^e unb ©tetigfeit. Sinen gleid^en 
2^on in bie Sänge auSgu^alten ift il^m nid)t möglid^. ®a^er fein 
auögebel^nteftej^ unb bcbeutenbfteS )3rofaifd^e§ SBerf, feine SebenS* 
gefd^id^te, ebenfo nur ftüdEmeife gelobt merben !ann, mie in ber 
Sl^ronif, je nad^ ben SBed^feln ber Stimmung, Stummer für S^ium^ 
mer unb SIrtifel einen fel^r t)erfd)iebcnen S33ert ^aben. ©injelne 
©d^ilberungen in jenem SJud^e — teite auö ber inneren SBelt, 
mie bie feiner 33erirrungen unb ©emiffeni^biffe, ber trüben Ä^nun* 
gen tjor feiner ®efangennel|mung, ber erften SBirfungcn ber ein* 
famen terfer^aft auf fein @emüt — teils avi^ bem äußern Seben, 
woüon id^ nur baS ©emälbe ber SBaöfa^rten gu bem äßnnber* 
tl^äter ©aßner beif^)ietemeife naml^aft machen miß, finb unüber* 
trefflid^ burd^ SBal^rl^eit unb Sebenbigfeit. 3^^!^^^^^^^^ ^^^^ 
fd^miHt immer mieber ber äusbrudf über ben ©ebanfen ^inauS, 
wot)on gleid^ bie ©ingangSroorte : „Di)m ©runbfä^e leben, ober 
in ben ^^ff^l^^ tjerberblid^er ®runbfä^e burd^S ßeben raffeln 2C.", 
einen äJorfd^madE geben. — ältinlid^eS gilt tjon bem fd^riftfteöeri* 
fd^en Stiarafter feiner Sf)roni!. ?lud^ Ijier fte^en neben mand^en 
?(rtifeln, bie burd^ lebenbige ©d^ilberung ober einbringlic^e Söe* 
rebfamteit auSgegeic^net finb, anbere — ober fommen fclbft in 
ben beftcn <Bi&dtn eingelne ©teilen oor, bie unfern ®efdt)mad 
belcibigen. Auf eine 2lrt biefer ©efd^madflofigfeiten, bie auf ber 
ffiinmifc^ung altmobifd^er religiöfer SSorfteHungen unb ?(usbrüde 
in bie neucftc ^ßolitif entftef)t, ift fd^on frül^er gelcgentlid^ üon 
uns ^ingcttiefen morben. (gine anbere ^orm finb bie m^t^ologifdi* 



XII. (Bä^uhaxt atö ghtblisift unb 6tiUft 363 

^cralbifd^ctt ^erfonififationcu unb SHIegoricn: 3)?ogcot)ia bit aiicfin; 
bcr ^olnifd^c SBär; SBrcnnu« ©oban; ^axl wn SBvaunfd^toeig, 
btcfcr .^)rcu§ifci^c Stn^, nimmt eine grofec ätija^I 35omterfdIc 
mit — 900 Sanoncn, üon fd^Iefifd^en SSulfanen gcfi^micbet unb 
gcgoffcn u. bgl. ^^m ZtH ift bte<^ Ungcfd^mad bcr 3«it; bod^ 
f)at bicfe« fd^mülftigc SBcfcn in bcn f^)ätcrcn ^Jal^rgängcn ber 
^l^romf el^er angenommen. 3)abet ift ed Inftig gn beobad^ten, mie 
mit bem ;3fal^re 1774, mit bcm SBefanntmerben üon ©octl^cd ®ö|, 
in ©d^ubart« <Spxa6)t, in ©riefen mie in ber ®f)ronif jene« bieberc 
SGBefen, ber furj angebunbene, abgeftofeene 2:on, jenei^ ^off'^ nnb 
^ab'«, 3Bcrb fommen unb SBiaft^i^ lefen? — ben ©ö^ifc^en aiuf 
burd^i^ Sanfter in fleißiger SBiebcrljolung nid^t ju üergeffcn — 
einbringt, um fiä) auf bem Äi^^jerg gu tjcriieren unb aud^ nad^l^er 
n)enigfteni8 in fo manierierter SBeife nid^t mieberjuf eieren." 

Wfo bod^ ein ^ortfd^ritt in ber fpätercn 3^^*- 35öfe ^^ j^^* 
timcntal unb patlietifd) merben fonnte, oljue in gefd^madflofen 
©d^wulft ju faöen, jeigt j. 95. bie S^arafteriftif ^o^tp^^ IL 
(1790, 151.) „©eine aftegierung," lautet ber ®d^Iu§, „tvax furj, 
aber tl^atenreid^. Sr tjeranla^te ben beutfd^en Söunb, bie« grofee 
@cfd^ö))f beg eiferfüd^tigen ?ßatrioti«mu§, er fteuerte bem ?ßfaffcn* 
Unfug, fa^ einen fte^enben ^ßopft in ©ien unb wid^ il^m burd^ 
©tanb^aftigfeit aui^, gab feinem ^cere biefc neue bemunberungS* 
wttrbigc ©eftalt, grünbete eine weife ©taatj^öfonomie, mad^te bie 
^^ilofo^jl^ie jur ®efe|geberin unb fränfte nie aU Saifer bie Siedete 
unb 5^ei^eiten ber Deutfc^en. SSicIe SBcgeben^citen in feiner ®e* 
fd^id^te finb mel)r ©treidle beö Unglüdfi^, afö folgen begangener 
fje^ler. Qfofe))^ ging gleid^fam unter ben S^rümmern gefd^citerter 
Entwürfe aui8 ber ©elt unb beftätigte an feinem 95eif))ielc Än^* 
tonim^ golbnen ?tudf))ru(^: ""iätnn ber beftauögebad^te * ?ßlan fd^ei* 
tert, bann mirb c3 merfbar, ba§ eine ^öl^ere ÜÄad^t bie ffielt 
regiert, ^^ebe fäu«Ie über beiner Jotengruft, nnfterblid^er 
:SDf e^^ ; baS @d^idEf al ^at bie dlute nun auf emig aus ber ^anb 
gelegt, bie fie fo em))finblid^ über bir fd^mang; unb bir ift nun 
xt)of)l — mol^I unter ben |)eroen ber SSorgeit, unter ben SBeifen, 
unter ben ®eiftern üoßcnbeter ©ered^ten. §eil unb Unfterblic^* 
feit bir!" — ^6) ^abe ben Qfal^rgang 1790 t)or mir liegen unb 



364 XII. ©c^ubart M ^ublisift unb StUtft 

finbe in ber Z^at n\6)i fo öiele ünb grelle Äu^brüd^c cineig faU 
fc^en ^att)0i8, alö man glauben fönnte. ©d^ubarti^ wa^xe ®rö§e 
crleibet baburd^ fo wenig Sintrag, alö ©l^afefpeare^ ®enie burd^ 
feine fd^wülftigen ®ef<3^madtIofigf eiten , felbft in bcn beften feiner 
ÜDramen. SJortrefflid^ ift bie S^arafteriftif ffiaglioftrog ©. 425, 
foroie beö ^farrerö ^i), SWatt^. |)a^n ©. 311: „2Bie gro§ fein 
®eift war, bemeifen feine med^anifd^en @rfinbungen, feine nac^^ 
geal^mt, alle in feiner ©eele empfangen unb auSgeboren. 355a^ 
er mad^te, ^atte ba^ ®e:präge be§ tiefen 3)enferi8, ber mit bewun- 
berung^mürbiger ©tetigfeit in bie 9^ad)t blid^te, big e« bämmerte 
unb bie neue ßid^tgeburt ^ertjorf^jrang. S33äre er ein SBrite ge* 
wefen/' fagt ©d^ubart in roörtlid^er Übereinftimmung mit |)crber, 
„fo mürbe längft fein 9lame öon ^ol ju ?ßol erfd^oHen fein, ©o 
aber mar er ein bemütigcr ©d^mabe unb über ade feine ©ciftcö* 
geburten mar ber ©d^Ieier ber ftrengften SBefd^ciben^cit verbreitet. 
®ro§ mar er alö ÜÄed^anif er *), nod^ größer aber afe J^eolog 
ober tjielme^r atö ©otteömeifer. ©eine ©efpräd^c, ^rcbigtcn, 
fated)etifd^c Untermeifungcn, ©d^riften, SBriefc finb ooD ©albung, 
üoH Überblid bei8 ®anjen, öoD ©d^riftüerftanb, unb felbft im 3Jor* 
trage, ben er bod) nie burc^ bai^ ©tubium ber äft^etif auöbilbetc, 
tJoD ©nfalt, Sic^t unb ^aft. ffir mor ein ficl^rer im aIta))ofto* 
lifd^en ©inne, üoD ©otte^cifcr, ^Jefu^Iiebe, SSBa^rl^eit^glut unb 
SDWtteilungiSbrattg. SBiele feiner geiftUd^en SH^^^Q!^ banfcu t^re 
Überjeugung, i^re ©lauben^fefttgfeit, i^re 9ht^e im fittlid^en £eben 
unb Si^anbel i^m ; Diele gingen il^m f d^ou Doran unb ftarben, ge« 
ftärft burd^ i^n, mit ^reubigteit. ©ein ^erj mar doH aQum^ 
faffenber ^ruberliebe, in bie iRä^e unb ^rne mit ben mo^It^ä« 
tigften ©npffen mirfenb. 2Bie er liebte, fo fönncn nur i^ünger 
S^riftud lieben, ^oä) ic| mu^ meinen unb fann fein @emalbe 
uic^t DoKenben; benn er mar mein Se^rer, ber mid^ ftärfte im 
@etlüfte meinet ®efängniffed; mein au^erforenfter ^reunb, in 
beffen Umgang id^ bie feligfteu ©eiftei^ftunben Derlebte. 3^^^ 
i)in, ^tBoQenbeter, in beiner ;perrlid^feit! Stide ind @ange, fd^au 

*) $a(n !am bur4 eigene^ 9la<16ben!en auf ben ^bauten ber ^en= 
bahnen unb baute für fid^ folc^e SRofc^nen im ftUinen« 



XII. ^c^ubart al9 ^ubligift unb @ttlift 365 

iim^cr unb gcncu§ ber namcnlofcn SBonne: ffiad ic^ al)ubete, 
glaubte, bcfanntc — ba^ fe^ id^ü" ®o fd&ilbert ©djubart ben 
„bcrüd^tigtcn" (Saffau) ?ßfarrer ^aljn, ben w\x üiieger befteHten 
geiftlic^en „Quadfalber" (©tranfe). 9Bo ift ^ier eine ®pnr üon 
©^toulft? 

„5Rtrgcnb«/' fagen Subwig ©d^ubart unb ©trau§ mit SRed^t, 
„f^rieb Sd^ubart bie ?ßrofa befter unb ungejwungener , afö in 
feinen Briefen. $)ter fiel bie ®nd)t ju glänjen nnb ju fra))))ieren 
^intoeg unb fein ®eift ergo§ fid^ frei unb natürlid^, wie t)on 
3Kunb äu SWunbe. «ud^ glaubt man il^n in biefen ©riefen oft 
ganj ju feigen unb reben ju l^ören: fie finb meifttjin unftreitig 
ber jc^ä|barfte ^Beitrag ju feiner geiftigen ©^aratteriftif . " — „SWur 
ba§ er," fe^t @trau§ baju, „felbft in ber münblid^en SRebe, unb 
bamit and) in feinen ©riefen, t)on feinem ^ang ju ©d^wulft unb 
|)^^erbel niemals ganj lodtam. SSflit rid^tiger Sudmal^I teilt 
fiubtöig ©d^ubart bort ate ^robe ben ©rief mit, in njeld^em fein 
SSater ba« tragifd^e ffinbe feinet ®önner^, be^ Dberften Debet, 
fd^ilbert. Ate ©eitenftüdf fönnen wir ben ©rief anfüliren, in 
toeld^em er bie 3leife befd^reibt, bie er wenige SKonate nad^ feiner 
©efreiung in feine alte ^eimat ju ©erwanbten unb greunben 
mad^te. ©eibe^ SKeifterftüdEe im erjäl^Ienben ©til. OTer wie 
lebenbig unb berebt fprid^t fid^ in ©d^ubart« ©riefen ferner bie 
ßm^finbung, ©d)merj unb 3orn wie greunbfd^aft unb Siebe auö ; 
wie frifd^ unb gutmütig ift fein ©d^erj; wie muffen wir felbft 
Derbl^eit unb S^niömu« feiner überqueHenben Äraft ju ®ute 
galten." 

Rlaffifd^ ift freilid^ feine ?ßrofa nid)t; aber bie wilben ©d^öß* 
linge, bie ü^jpigen Slu^wild^fe feines ©tilö wurjeln in einer Ueber* 
ffttte DOtt ®eift unb @enie ober, wie ©traufe fid^ auSbrüdft, feine 
^^ler finb ^^l^ler be§ gutmütigen UeberfCuffeö. ©or bem t)er* 
milberten ©til ber ©egenwart barf ftd^ @d)ubart« 3)entfd^ fedf* 
Ixä) fe^en laffen. Ott tabelt (©trau§ I, 80) feinen ©d^wager, 
ba§ er fein ©eHertfd^e« 2:em>)erament bem ©tile juweilen auf* 
opfere unb il^n etwa« ju weid^ unb jU järtlid^ ma^t; ber 
e^rafter ber beutfd^en ©prac^e fei SRann^eit, fie woße alfo aud^ 
mannhaft unb fömid^t gefd^rieben fein. 3fn ber ©aterlanböfprac^e. 



366 XII. @4ttbart als ^nUx%\ft unb ettlift 

ruft er 1787, 215 au^, ift «Qe« toid^tig, mä)t^ gicidigültig. ®o 
eifert er gegen bie g^rembmengerei unb fagt Slenner ftatt ©ourier 
(1789, 26. ^nli), ^w bemfelben ^a^rgang ©. 796 ftetjt oben 
im Sejt: ?ßenbant. Unten in ber Slnmerfung föKt if)m bei, ba§ 
biej^ fein üolfi^mä^igeg SBort fei; baß aber ©egenftüd, ©eiten^ 
ftüd baö beutfd^e ©ort bafür fei, bebenft er nid^t. ©ewalt* 
jagb fd^reibt er ftatt ^ßarforcejagb ; fonft aber l^at aud^ er, gerabe 
njie unfre erften tlaf fiter, mand^e unnötige 5^embtt)örter. ©tdtt 
Sritif fagt er 1788, 103 ©onbcrungiStraft, ftatt on dit ein „loan 
fagt". 1791, 61 flagt er, unfre gange gefe|Ii(^e ©prad^c trage 
nod^ immer baiS ©epräge ber finfterften ^Barbarei; 1796, 551 
befd^n^ert er fid^ über bie ^alb lateinifd^e @^rad^e bed beutfd^en 
JReid^gtag«. ÜDennod^ brandet er (Strauß I, 174) ÜDi^traftion ; 
1791, ©. 574 crayon. ©tatt Seftüre fagt er fe^r ^äufig: Sefe* 
rei; balb lobenb, balb tabelnb, balb in mittlerem ©inn. — 

®er ^am^)I^Ietift mirft ©d^ubort falfd^e SBilber unb ?&i3* 
brüdte t)or, wie ©id^enfrone (Stone unb Srang werben oft öer* 
wed^felt); SRepublifen aui^ne^men, wie JBubcn SSogelneftcr (bod^ 
tjergl. Qf^f^i^ 10, 19); bonnerfd^läd^tig (©uetjiömui^ ; Dergl. e^i- 
ß^6vT7]Tos). Unter ben Schnbartiana, bie man einjig unb attein 
bei ©d^ubart finben foö, fommen : »orm^ergig, l^od^finnig, ©treb^ 
famfeit, fräftigen, ©d^ugbunb, ba^ 2^ofen, ©roß^eit, l^od^l^crjig, 
Flugblatt, JJlugfd^rift, 3Sottfraft, |)eerfci^au, ®ebilb, JEagfd^reiber, 
eifenfopf. Qn ben Unwiffen^eit^fünben »erben gered^net: jftl^ren 
für gä^ren^ Stjonmeifter ftatt Jonmeifter, ©anj ftatt Xanj, ge* 
rod^en ftatt gerächt (befanntlid^ ift gerod^en nid^t unrid^tig). „ÜDen 
©r^l^ergog JJranj," l^eißt eg weiter, „nennen ©ie einen SBerbcr um 
ba§ beutfd^e ©iabem. ©oKte e^^ nidbt etwa Bewerber l^eißen? 
9Äit 35Jerber üerbinbet man gewö^nlid^i ben SBegriff, baß er für 
Stnbere wirbe." ©d^ubart ^at eine gewiffe 3SorIi.ebe für einfädle 
3?erba ftatt ber äufammengefegten, j. 58. feftigen; fd^leiern (Dbe* 
H«I); weinen = beweinen, (Dbelidf: weinen wir nur ben @ro§* 
geift in il^m?); im (groigen $J[uben: fnirfd^te = jerfnirfd^te, loi^mte 
= erlal^mte. äiiinlid^e^ finbet man M ®oetl)e am ©d^luß Don 
SEBertlierößeiben: tufd^en ftatt öertufd^en; bo^ Sränjel reißen 
ftatt j er reißen (im S^anft)^ . 



XIL ©d^ubart aliS $ubltgtft unb ®ttltft 367 

Qm Uebxigcn l^ei^t c3 aud^ bei ^d^ubart: Le style (unb 
le vocabulaire) c'est Thomme. ^öd^ft bejetdincnb für fein 
ganje^ ffiefen ift ba§ fubftantitJtfd^ gebraud^tc ©ort |)cnauf. 
ij^d^ ^abc c« fonft bei feinem ©d^riftfteller gefnnben; t§ be* 
jeidinet aber l^öd^ft glüdEIid^ ba§ anrcgenbc, ergreif cnbe öle* 
ment, bie encrgifd^e ^fd^e bei^ beutfd^cn Did^teri^ unb ?ßatrio=^ 
ten ©d^ubart. ®a« ©rimmfd^e ©örterbud^ ^at nur eine JBe» 
legfielle für biefeS ©ubftantiü, unb gmar eben auö ©d^ubart. 
„^cuer", fagt Subwig ©d^ubart, „war ba« ßlement feine« 
®eiftej8, ber l^ertjorfted^enbe Sl^arafterjug aHcr gelungenen Dpera* 
tionen feiner ©eele, bie ©pl)äre, worin er fid^, wie ber g^ifd^ 
in ber glut, am freieften unb beften bewegte." ©o ift benn aud^ 
^cucr (flamme) eine« feiner SieblingiSwörter, namentlid^ in Qw 
fammenfe|ungen toic: JJeuerungeftüm (©trau§ 11, 246), fjlam* 
menfcufaer (©trau§ II, 249), ^euergeift (1791, 673), ^eucr* 
f^jrad^c, @I)afefpeare« (1789, 43), geuerfeele (1789, 885), 
gcucrf opf (f)äufig, j, SB. ber genialifd^c 5cuerfo^)f ®uftaö 1790, 
712), g^cuerbufcn (an ©dritter), geuerfarbe (eine mit ber 
5. bej^ ®eniud ausgemalte ©arfteHung 1791, 486), bei^ fiicbc« 
5eucr))feil werfen (JJriebrid^ ber ®ro§e; ein^^mnu«), g^wer* 
ftrom — meine« ^^mnu« 5- (ebenba), geucrmufe — bie 
Slopftodffd^c (©trauB I, 208), ^eucrwefen — öon ®ott {SSM 
in« 811); ©celcnfcucr (ficben bei ©d^eiblel, 14), ^euer* 
gebirg (Dbeli«f), ^eucrantlife {an ©erafina), fjeuerflug 
Slopftodf« (©d^eible 5, 353), ®ottc« ??eucrgefefe («eben bei 
©c^ciblc 2, 20), ^cuerfd^wung (fommt bei ®rimm, aber o^ne 
gSeleg) 1789, 81: „!Der 8^., ben ber ®eift ber beutfd^en (Srj- 
bifd^öfc nimmt, mad^t bem l^ciligen SJatcr mel ju fd^affen." ^cuer* 
unb liebcüöU ift ©d^ubart nad^ ber ©c^ilberung feiner grau 
(2, 68). @ine feurige ©eele, fül^nc, meift fd^aurigc ?pi^antafie, 
©rang be« SWenfc^engcfü^fe legt er fx6) bei (Sieben bei ©c^ciblc 
2, 8). ^m ©rimmfd^en SBörterbud^ finbet fx6) unter geuer unb 
ben mit Steuer jufammengefe^ten SBörtem feine ©tcöe au« ©d^u* 
bart. (Sr, ber „treue .^au«l^alter be« l^eimifd^en S3Sortfd)a|c«" 
(^reffel) wirb ^icr gang ftiefmütterlid^ be^aubelt. ^m OueHen* 
öerjeid^ni« jum 1. ©anb fte^t: „©d)ubart, S^r. g^r. 35an., ®e* 



368 XII. @*uöart als ^ublisift unb ©tilift 

bid^tc"; bann tieft man jm Qncßcnöcrjcid^ni^ jum 3. Sanb bic 

„SSatcrlanbSd^roni!." Stuttgart 1787— 91; cnbltd^ t)or bcmö.SBanb 

lieft man: „K^r. ^r. D. ©d^ubavt, fämtli(^c ©cbid^tc, 3 Sbe., 

^ranff. a. 9». 1825, jurocilcn na^ bcr «uSgabc 1787 in 2 95bc.; 

bcutf(^c S^ronif, «ug^b. unb Ulm 1774 bi^ 78 (!); ©^ubart^ 

Scbcn 2C. t)on Strauß." — ©d^ubart war ein burd^au<^ origineller, 

urtümH(^er ü)Zenfd^. ©o erflärt fid^ feine SJorliebe für Ur, j. 95. t)on 

Ur an; Urni^t^ 1791, 23; Urlaut (Seben beiSc^eible 1, 189); 

Urlid^t (ebenba2, 91); Urgröfee (Obeliöf); Urbilb (ebenba); 

Urnad^t (SBIidE ins Ätt, t)on ©anberS angeführt; ^^mnus auf 

^riebrid^); Urma§ (ObeIi<^f); Urquell atter ©eligfeiten; Ur* 

grunbf a§ (©d^eible 5, 102) — ift beffer aU ©runbprinjip 2C. — 

ÜDeutfd^ unb bieber woßte @d)ubart fein; beibeS nennt er oft ju* 

fammen, j. 93. 1791, 513. ®r fagt aud^: biberb (1788, 271); 

93ieberfitte — beutfd^e ^erjlid|feit unb alte Söieberfitte (Sieuja^rS* 

lieb im SBaif enl^auö) ;93iebert)oIf (^alinobie an SBacd^u«) ; S i e b c r * 

Daterlanb (an ©eneral t). SSouming^aufen) ; 93ieb ergrufe (©traufe 

II, 147); SBieb ertön (beine Seele, Doß SSaterlanb, liebt beutfc^cn 

Sieberton — ^tifc^Iin); SBieber^er jig!eit; SBiebermut; Sie* 

berfinn; biebermännifd^ (Seben 1, 224. Patriot unb SSeit^ 

mann.). Da<^ SBort n)ar, namentlid^ fofern eS eine gewiffe ber&e 

Offenheit in fid^ fd^Iofe, bamalö fe^r beliebt; @rimm fd^weigt natür* 

lid| t)on ©d^ubart. — SSerroanbte Segriffe fmb l^er jig, l^er jlic^ ; ^erj, 

©efü^l u. bgl. ©d^ubart brandet ^erjgefü^l üon ber 3Rufi! 

(©d^eible 5, 372); ju ben S^arafterjügen beS mufitalifd^en ®cnieS 

red^net ©d&ubart äufeerft jartc« ^erjgefü^l, ba« mit «ttem 

f^mpatl^ifiert, roaS bie ÜRufi! (Sbleö unb @d|öneS ^eroorbringt. 

©eutfc^e ^erjen^fülle lieft man 1790, 880; |)er jt^at — ®ott, 

ber ©d^ü^er unb So^ner jeber |). (an Limburg bei ©traufe II, 251) ; 

|)erjlic^feit beö ©diwaben (beutfd^er ^romnjialwert). 3)ian 

fielet, mie |)erjigfeit unb |)erjlic^feit hti il^m gleid^bebeutenb fmb. 

|)erjig unb ^erjlid^ werben ebenfo unterfc^iebdloS gebraudbt; 

ber SRebenbegriff be§ Seid^ten, 9?ieblid^en, ben wir gerne mit ^erjig 

t)erbinben, fättt oft weg. Setannt ift „©o ^erjig, wie mein' 

Siefel" 2c., tjon ©anbcrS angeführt, ^erjig l^eifet Limburg 

(©traufe II, 278). ^riebric^ 9Bil^elm, feinen Sefreier, e^rt ©c^u* 



XII. Sc^ubart aU ^ubligtft unb Stiltft. 369 

bart burdi ba^ Seiwort: bcr ^etjtgc (©traufe II, 296. 305). 
<Statt ^crjlid^ fagt er aud^: ^erjüoll, a- ®- 1788, 305: SBie 
fd}ön, wie ^craüott, wiegro^I ajoll^erjig 1790, 360. ©trau§ 
II, 360. »oUl^eraigteit 1791, 10. SSon ^eraU^men ©d^ur* 
Icn f<)rici^t er 1788, 690. ©er |)eraton ift i^m (©d^eible 5, 
344) bie ©eele aller 2:öne, mel^r afe ^irnton, Sungenton 2C., jebeiS 
Sßerfaeug ber Stimme ift nur toter Slang, wenn il^m nid^t baö 
^era Seben unb SBärme erteilt, ©tatt ^eratl^at ftnbet man 
aud^ ^eraeniSt^at (©d^eible 5, 265). ©d^illeri8 ^eraenfeglerin 
(bie berül^mte fjrau) befommt ein ©eitenftüdf an ^riebrid^ SBil* 
l^elm, bem ^eraenfegler (©trau§ II, 278). ^eraenöfülle 

— beutfd^e 1790, 830 (fe^lt bei ®rimm). ^eraenöftimmung 

— gleid^e brüberlid^e 1791, 470 (fe^lt bei ®rimm). ^eraig^ 
feit (fe^lt bei ®rimm) 1787, 413. ^. eineiS biebern ©d^waben 
(@trau§ II, 363), @(^waben^eraig!eit (Strang II, 371: — 
umarme alle meine g'reunbe in Ulm mit bem SCrme ber innigften 
@d^. — fd^reibt ©d^ubart an ÜÄiller). ^eraig ^abe id^ bei 
©dtiiHer, Ul^lanb, ^ebel üergeblid^ gefud^t. SBill^elm ^aujf l^at 
€« ein paarmal, a« 85. I, 60; in ben ÜÄärd^en 354 (abüerbial). 
333il^. SWüller „ein liebeig, ein ^eraige« Sinb" in „ber ©ee^unb". 
©ai5 ©ort mu| bamatö in ©diroaben, befonber« in ©tuttgart, 
fe^r beliebt gewefen fein; lieft man bod^ in Qfuliui^ Slaiberig „©tutt^ 
gart üor l^unbert Qfcii^ten 1870" ©. 40: Über bie liebeni8roürbige 
2:reul^eraigleit ber ©tuttgarterinnen ift nur eine ©timme, unb bie 
ißorbbeutfd^en meinen, wenn man aud^ anfangi^ betroffen fei, öon 
fo fdjönen Sippen fo berbe 0änge, wie „bruffen" ober „ganget ©e" 
ober „äfe nod^" auöfpred^en au i^ören, fo fönne man i^r forgloi8 
unbefangeneis 98efen bod^ nur mit bem füjseften 993ort ber fd^wä« 
bifd^en ©prad^e beaeidinen, um baiS aße anberen ©tämme bie 
©d^waben beneiben fönnten, mit bem SBorte „^eraig". — !Die 
©efü^le unb (Smpfinbungen fpiclen natürlid^ bei bem ®e* 
fül^temenfd^en ©d^ubart eine große MoHe. SBie ÄlopftodE liebt er 
bei fold^en Äbftraften bie SDiel^raal^l; er fprid^t a. ö. öon (Sutaüdhingen 
(©trau§ I, 21. 204. 208. 284), üon ben fußen ffimppnbungen 
beiS ^eraeniS (©trauß I, 186), flagt aber aud| über bie au große 
ffimpfinblld^feit feiner SWeröen, bie i^n oft aut ©innlid^feit fort* 

4>auff, 6($ul&art in feinem Selben unb feinen aOBerlen. 24 



370 XU. 6c^ubart al3 ^Ui^ift mtb 6tüifL 

geriffen ^abe (©trau§ T, 278). ©cffi^I braud^t et gern ia 
3ufantmenfefeungcn, wie ^od^gefü^I, SEtefgefü^l. „Qc^ bin 
frei! — D ^errlid^er ÜRann, üoß f)od|* unb S^icfgefiil^l, — mit 
roeld^ trunfenem (Sntjüden erteile id^ ;$J^nen biefe SRad^rid^t!" 
fc^reibt er ben 11. ÜRai 1787 an ^offelt in Sarteni^e. Sief- 
geffi^l nnb ©rofegefü^T' (^alinobie an ®ac^u§). «n ®ro6- 
gefül^l ift^JuUe i^rem SUater gleid^ (ÜReiner Qulie) ; über ^erg* 
gefü^l f. oben. — 3Butter*=, SUatergeffil^l (^erjenöcrgüffe). SBir 
bemertten oben, ba§ Älopftod ^äujtg ben ^lural oon Äbftraftcn 
bringt; fo: ©ntjüdungen. ä^nlidie ^lurale finb: künftig* 
feiten (bie ©toigfeit). ©d^öpfungen — burdi ber ©d^öpfungen 
©ebiet (Sitte), «u^bli^nngen («. fe^It bei (Srimm) 1788, 
809: ®o SDienfd^en finb, finbet man «. ber ©ott^eit. — ©eligfet- 
ten (Sitte), ©rbarmungen, (^erjen^ergüffe), 2:ngenbgefü^le,. 
©mpfinbungen, ©ntjüdungen (©erap^ina an i^r Slamer), 
ffinjigf eiten (nad^ bem Ablauf oieler @.), Seben bti ©d^eible 2, 78,. 
in ben fünftigen Swigteiten ebenba 2, 85, in aBe ©wigfeiten eben*^ 
ba 2, 90. 3SgI. meinen 3luffa§ : fiefifalifdie^ (in ^errigö ärd^iu 
für neuere ©pradien unb Sitteraturen 1882, ©. 191 ff). — 
(SBag bie ÜReJ^rgal^I t)on ©efül^I betrifft, meint |)ilbebranb unter 
®efü^I im ©rimmfd^en SBörterbud^, biefelbe flnbe fid^ juerft in 
ein paar ©teßen be^ neuen Slmabiö t)om ^a\)x 1771; id^ l^abe 
in meinen „©d^iöerftubien" ©. 448 betoiefen, ba| 2:erftecgen in 
einem ©rief oom 6. Df tober 1744 üon ©efü^len rebet; barauf 
folgt ©palbing: Über ben 333ert ber ©efü^le im S^riftentum 
1761 2C.) 

„©d^ubart,'' fagt ©trauJ3 II, 467, „war mel^r ein ©aft* ate 
Sraftmann. @r ^atte mc^r Slut, ate Snod^en, me^r Sempera* 
ment, aU S^arafter, wie er me^r SEatent, als ®eift befaJ3." üDen* 
nodf) l^at ©df)ubart eine gro^e Vorliebe für „Sraft" unb „®eift" 
mit i^ren ^wf^^^^w^^^f^l^^^G^^/ fott^ic für ÄuSbrüdEe, wie SWann,, 
Serl, Sern 2C. (£r fagt ;3fungmann, j. S. {e^nenfd^raffe Q^ung* 
männer (1789, ©. 426), was mid^ am meiften frembete, war ber 
gefunbe, frifdfie 2:on, mit bem ber fiebeujigjä^rige Söarbe ®leim 
im S^ore oon Qfungmännern fingt (1788, 713). ®rimm ^at bai^ 
aSBort mit einer SöelegfteBe — aus bem SRenner. Sraftmann 



XU. ©(^ubart al8 ^uUm unb ©ttlift. 371 

— bartiger uon Sut^cr, fonft 1788, 81. ffiifcnmann — ©fcn* 

männcr l|ei§t et einmal bic aiuffcn. ßincn Sraftbeutfd^cn 

(bajg SBort fc^lt bei ®rimm) ^ei^t er ben ©efd^id^tfd^teiber ?ßoffcIt 

1789, 318, ®in ©ciftmann ift i^m ©c^itter, 1789, 193, toic 

^ilbcbranb, ber über^au^jt in ben üon il^m bearbeiteten SEeilen 

beg SBBörterbu(i^« ©d^ubart üiel häufiger anführt, ate bie anbeten 

SRitarbeiter, mit JRed^t bemerlt; aber aud^ Sut^er (©trau| II, 257). 

Serl ift ein gieblingiSwort ©d^ubart«. (gr l^eißt fidf) felbft ben 

off etiler jigften Serl t)on ber SBelt (Seben bei ©d^eible 1, 82). 

äBol^in, Äerl? fragt et fid^ nad^ feiner Äu^weifung au« 3Bünd^en 

(1, 217). 3)ie Äerfe — ©oet^e, SUnger, bie ©tolberg — ^aben 

mid^ alle liebgettjonnen (1, 328). SSon Sern bilbet er bie Qn^ 

fammenfegungen: Setnfinn (©d()eible 6, 78: ber SWame $Jefu« im 

biblifd^en Sernfinn), Sernmannfdiaft (1790, 739: baig ^eet ber 

SÄuffen befte^t au« einer Semmannfd^aft, t)on ben beften ^Jelb* 

t)crrn angefül^rt). ®eibe 3^f^^wtenfe|ungen fel^len bei ®timm. 

ät^nlid^: Setntuffen (1791, 109), Slßanntönig — bet gtöfete 

SR. unfter 3eit — ®uftat) (1791, 188). ©er «rtifel fe^lt bei 

@rimm. 

Da« aaBott ®eift brandet ©d^ubart oft = ©d^ufegeift, (Snget, 
®eniu«, fo ba§ biblifd^e unb altflaffifd^e SSorfteHungen mit ein* 
anber wed^feln. „SSoruffien« ®eniu«, ^reuj^en« ©d^u^geift" 2C. 
a»erftt)ürbig ift 1788, 149 ba« ®t^pic&6) jwifc^en SDiefec^ (5Ru§- 
lanb) unb Stürl mit ber Änmettung: rr^Sengel unb mel^rete ©d^rift* 
au«Ieger woBen im biblifd^en 3Befed^ ba« l^eutige aiuBIanb finben. 
3Wan wirb mir'« alfo t)etjeil^en, wenn id^ ben ©d^ufegeift ÜÄo«^ 
foüien« fo nenne. 5DaJ5 bie ^eilige ©d^tift unb bie gange otien* 
talifd^e Xi)to^opf)k ©d^u^geifter ber ffirbe annehmen, wirb wol^l 
meinen meiften Sefern befannt fein. Sßie etl^aben, folglid^ wie 
poetifd^ ift biefet ®ebanfe! Slopftodt betillirte i^n nur im ginge. 
aSenn aber ein ÜDid^tet eine SRationale^Jopöe fd^teiben wollte, nad^ 
ber ba« SSatetlanb fo lange fd^on ^inäd^jt, unb er wate wegen 
aßaf deinen oerlegen, wie trepd^ !äm' i^m biefe Qfbce gu ftatten! 
^ä) weit, ^^^ rin ÜDid^ter ben fiebenjä^rigen Srieg unter ber 
«uffditift gtiebeticia« witflid^ epifd^ be^anbelt; ber wirb bann 
bie ©d^ufegeifter ber ßtbe aud^ ftattlidi ju benufeen wiffen." Sine 



372 XII. (Sd^ubart aU ^ßuBIigift unb (Stilift 

<StcI(e, bie mit bem bcfttmmt gefaxten ^Begriff bcm ©rimmfd^cn 
aSörterbud^ entgangen ift. — äl^nlid^: 5Dcr ®eift be§ i^a^re^ (per- 
fonifijiert) war ein 9iiefe, ernft unb feierlid^ trat er auf. 1790, 
791. — ®eiftertrei§ nid^t nur ate Srei^ üon ©eiflern, ®e* 
nien, überirbifdien SBefen, wie ®rimm (b. f), |)ilbebranb) bas 
SBort citiert, fonbern 1790, 564: (ber für tot au^gcfagte) ^arl 
?luguft t)on SBeimar jog beutfdfie ©eiftmänner an feinen ^of unb 
bilbete um fid^ l^er einen ®eifterf rei^ , wie il^n fein ^ürft feiner 
3eit ^atte. ©eifterinfel ift nid^t bloJ3 „ij^nfel mit einem ©ei'^ 
fterreid^" (^ilbebranb) , fonbern 1788, 78: „2Bo erfd^eint ber 
SJienfd^ fo ganj in feiner SBürbe, wie in ^Britannien, biefer ®ei* 
fterinfel!" ä^nlic^ 1788, 88: „«orjüglidi bricht in unferem 
geifterreidfien 2Bürttemberg , ba^ mit feinen föftlid^en ^ftanjen 
audf) anbre ?ßrot)injen t)erfiel^t, ber Jag immer l^etter an." @ei* 
fterobem (fel^It hü ^ilbebranb): aJHnette, bie bir (bem Älamer) 
©eifterobem gab (an mein tiaöier). ®eifter^3öbel. Q;n ber 
unfid^tbaren SBelt unterfd^eibet ©^ubart ©d^u^geifter (fiel^e oben) 
unb ®. 1790, 454. !Cag Sßort fe^lt in biefem ®inn bei ^ilbe* 
branb. ©eifteröolf aßc Söewo^ner ber unfid^tbaren SÖelt (Auf" 
ruf); bai^ SBort fel^It bei ^ilbebranb. ®ro§geift — ©uftaü 
t)erbinbet fid^ mit Satl^arina — ein ©enie mit bem anbern ! @in 
®. mit bem anbern! 1790, 755. ©eiftegjwerg 1791, 152 
(fe^It hti ^ilbebranb). (Seiftergeflüft (»lict in« m) fommt 
hd |)ilbebranb ridf)tig. ©eiftgeftalt (fel^It bei ißilbebranb) : 
„©enfe nid^t an meine ©d^merjen, nid^t an meine ©eiftgeftalt — 
in ber „©elbftanflage". — Seiber fel^It in bem Ärtifel „®eift" 
bie fd^öne ©teöe: „Unb wie ein ®eift fdilingt um ben ^ate ba§ 
£iebd6en fid^ ^erum'' (Saplieb). Der Sinn ift offenbar: aufgelöft, 
t)on Summer abgegel^rt, förperlo^ (^ilbebranb 2629 f.). JBgl. 
©d^itteri^ ®eifterfel^er erfd^eint ^ier in metapl^^fifd^er ©uftgeftalt 
1790, 211. ^errfdfiergeift (fjriebrid^ ber ®ro|e am ©d^lul) 
©uftat) unb Satl^arina bie gwei größten ^. ber SBelt 1790, 721. 
35ai8 ©ort fel^It im ®r. SSörterbud^. S5on benfelben: bie jwei 
größten ^errfd^erfeelenunfrer 3eit 1790, 889. »ud^ bie« 
SBort fe^It im ®r. SBörterbud^. 

Äfe Stürmer unb Dränger nennt ©d^ubart fid^ felbft einen 



xn. ©d^ubart al8 SPubltgtft unb ©tiltft 373 

Sturmf o^)f (Scbcn 1, 36), ebcnfo bcu g^rci^crrn Don SErcnf 1791, 
669. :$^n bcr @l^c mit ^clcue fielet er bic SScrbinbung beg ©turnt« 
mit bcr ©tittc (Scbcn 1, 80). Seit bcr ©tunbc bc« «bfdiicbi^ 
öon feiner ®attin, bie i^n bcfudf)t ^atte, fd^reibt er, fei feine Siebe 
ein ©ttirm; „möä^t SBäume auön)urjeln, ^ügel njegblafen unb 
l^tnftüruien ju bir — bu ßrftc!" — SSgl. anä) ©trubelfopf 
1789, 431. 

?ln ©d^ubart« Siebe jum (Srl^abenen erinnern bie fielen Qn^ 
fammcnfeftungen mit ©onne, j. SB. Sonnen t^ron (gürftengrnf t) ; 
©onnen^unft = |)ö^epunft (ebenba); Oetinger ftanb auf einer 
©onnenl^ö^e (Scbcn 1, 122); ©onnenblid (anSd^iBer); ©on* 
neu äuge (©te^j^anuS) ; ©onncnberg — 3iong ®- (Detingeri^ 
Sotcnmal); ©onnennjelt (^rcujsenlieb) ; ©onncnferne — 
®<^uBartig ©onnenf. njar SDitind^en (Seben 1, 285); Sonnen* 
l)ügcl (an Sötte). 

SBte SIo^jftodE unb ©dritter rül^mt er bie fd^önen ©eelen, 
®eifter, |)erjen. 35gl. „feine fd|öne, im ^rieben ©otte« gewiegte 
©eele Derflärte f^on ^ier fein (^owarb«) «ngefic^t" 1790, 750; 
fi^iJn ift Suboöifaö ©eele 2C. (bie jwei ©dfinjefterfeelen) ; SKann 
üon fd^önem ®eifte unb fd^önerem ^ergen (Denfmal in äsingolfi^ 
^atte). @r rü^mt baö fd^öne ^erj feiner ®attin (©trau§ II, 
141); er freut fid^, feinen SDiiBer unb mandfie fo fd^öne, eble, 
gro|e ©eele im ^arabie« wieber ju finben (©trau§ II, 168). 
©d^ön war fein ®eift, nod^ fdiöner fein ^erj — ^ei§t t& 1787 
öon aRufäu«. — 83gl. barüber meine ©d^iQerftubien ©. 265 ff. 
?ln ben äöperg unb äll^nlid^eg erinnern Äui^brüdEe wie: 
$5ammergrotte (nad^ bcm 88. ?ßfalm); ijjammerflage; Qf^m* 
merberg (©elmar an feinen SBruber); Qfammermonb; ^am^ 
mergeäd^j; jammerftarr 2C. 

Sßir filieren nodf) einige Äui^brüdEe nad^ bem äbcan. 3(ugen, 
au« allen fjenftern äugten SDiäb^enföpfe 1790, 674; ögl. ®r. 
SBörterbud^ unter ?lugen. — SBufenrofe — eine« SDiäbdfien« — 
fe^lt im @r. äBörterb. (an ^iOa). — e^rtftet)angelifd| — 
nad^ feinen (^aug«) befannten d^rifteö. ®efinnungen (©trau§ I, 
276). 35a« ©ort fe^It bei ®rimm, ift aber al« ©eitenftüdE ju 
bem fo pufigen „d^riftfat^olifd^" gar nid^t übel. ÜDurd^bli^en — 



374 XII. ©c^ubart al9 spuBIigift unb ©tiftft. 

bcn ©inn beS 2?aterunferg blt^artig crfenncn, 1791, 454. — ®i* 
länbcr {Ux (Stimm eine ©teile auö ©tolberg) 1790, 728: biefe 
tro^igen ©ilänber (bte Snglänber). — ©ifenföpfig (bei @rimm 
mit einem Seleg auö — einer ®^afefpeareüberfe|ung) 1790, 711. 
!Die SBiberfefelidifeit be§ eifenf. Sftu^Ianb. — SReid^ ber SRul^c unb 
ctpigen g^reil^eit (Strauß II, 65) fcl^It in biefem ©inn, üom 
:J^enfeitS gebrandet, bei ®r. — ^od^gebanfe (hei ®rimm ein 
»eleg an^ ©oet^e) 1789, 98. ^unbenafe, !alt wie eine ^. — 
t)on jtpet ®elegen^eitögebidf)ten bei ©dinorr 1881, 191. — Stiegt* 
roman (fe^lt bei ®r.) 1790, 538: ®uftat) f))ielt feinen Stiegt* 
roman, mie Älejanber unb Sari XII., fonbern er ttjel^rt fid^ um 
feine S^re. Sürjen = furge Semerfungen, 3. SB. 1790, 718. 
(Diefe SBebeutung fel^It bei ®r.) t— ©id^ njonnen. ©oH mein 
©ol^n allein nic^t ha^ @IM l^aben, fid^ in biefem aufgel^enben 
Sid^te (ber ®enf* unb SRebefreil^eit) ju tponnen? fd^reibt ©d^ubart^ 
3D?utter an ben Äaifer. Sll^nlid^ ©d^ubart ein paarmal: fid^ in 
ettoa^ fonnen unb Wonnen. 

3Kan fielet: ©d^ubart ift nid^t bIo§ ein SBal^rer, fonbern aud^ 
ein anel^rer beiJ l^eimifd^en ©prad^fd^a^eS. ©injelne Unrid^tig* 
feiten, bie i^m ber ^ampl^Ietift üormirft, j. SB. ber unterfd^iebö* 
lofe ©ebraud^ öon wenn unb wann, benn unb bann, bcnnod^ unb 
bannod^, bie fcinblid^e unb feinblid^en ©d^aren, bat)or unb ba-^ 
für u. bgl., bürfen uns in biefem ®efamturteil nid^t beirren. 

„O, il^r ©d^riftfteller meines SJaterlanbeS," ruft er 1787 
aus, „fd^reibt ftarf unb gut, grünblid^ unb fd^ön, rein unb fräftig, 
wol^Iflingenb unb tJoHtönig, baß cS balb l^eijsen möge, wie el^e* 
mals t)on ben ©ried^en: Die Deutfd^en finb bie Se^rer ber S33elt 
geworben — unb fie üerbienen'S.*' 



XIII. ©c^ubart aU 9Jlufifcr. 375 



XIII. 

^itrubort al$ Pufttren $itrlu|^betrad|tims. 

95on ©d^ubavt bcm 3Kufifcr xoax fd^on mcl^rmalö bic Sftcbc. 
®r »ar ein gcborncr ÜRufücr, verleugnete aber aud^ l^ier ben 
Patrioten ni^t, fofern er j. S. in Submigi^burg beutfd^e JCejte 
ju beliebten italienischen «rien fe^te. ffiinft ^atte ©d^ubart ^ier 
eine Santate auf ein Sird^enfeft öerfertigt, tt)elc^e t)on ben Qfta-' 
Uenern ber Oper aufgeführt werben foffte. SBeil er baö 83or* 
urteil biefer Stuölänber gegen bie !J)eutfd^en fannte, fn t)olIbrad^te 
er feine arbeit gauj in ber ©title unb jog blo§ ben Saöetfom* 
^)ofiteur Deßer ini8 SSertrauen. 95ei ber ^robe legte er feine 
Kantate unter beut 9?amen eine« erbiditeten Qftalienerö Sirabufd^i 
auf; fie fanb großen SBeifall unb njurbe mit SBirfung audgefül^rt. 
QvLxn @d^lu§ ließ er ben :JJtalienern fagen, fie möd^ten bod^ ben 
iWamen i^rei^ Sanb<^manneö einmal umgefe^rt lefenj unb ba§ 
ganje Drd^efter flatfdite il^m SBeifalt. — ^n äugöburg unb Ulm 
wibmetc er fid^ jwar nid^t in bem ©rabe, wie in Subwigi^* 
bürg, ^eilbronn, SDiann^eim ber SDiufif, bod^ war fie neben 
ber ffi^ronit immer eine SieblingiSbefd^äftigung für il^n. Auf 
bem Äj^perg befud^te i^n ber große Orgelfpieler SJogler. ©er 
©eneral bcmog biefen, fid^ bei @df)ubart für einen reifenben @t^ 
leierten auj^jugeben, beffen Siebl^aberei bie ÜRufif fei. ©d^ubart 
warb alfo üorbef diieben , ließ fid^ mit bem gremben in ein ®e* 
fprädi über il)re beiberfeitigen 9ieifen ein unb würbe jule^t l^öf* 
lidift erfud^t, auf bem ^Iüqü t)or i^m ju fpielen. @r tl^at bie^ 
mit jiemlid^er ©orglofigfeit — wie eg bei ben häufigen 3ufprüd|en 
fcl^r natürlid^ war. Site aber ber g^embe einige uielbebeutenbe 
SBinfe über fein ©piel fallen ließ, brad^te i^n bie« in einige 
SBürme unb er trug ein paar üon i^m felbft gefefete Sl^öre aud 
Älopftodfö ^ermanni^fd^lad^t mit geuer unb ©mpfinbung üor. 
©er grembling war barüber entjüdEt; unb ba i^n ber ®eneral 
barauf erfuc^te, fid| gleid^fatts ^ren ju laffen, erflärte er, er 
^be nad^ bem Auftritt eines fold^en 9Reifter§ allen SRut Derloren. 



376 XIII. ©d^ubatt aU aRuftfcn 

!Dic ganjc ®efefffdf)aft brmtg nun in il^n, unb man meinte^ 
ba| t& bei einem blojscn fiiebl^aber nid^t fo genau genommen 
werben fönnte. ©nblid^ fe^te ftd^ SSogler — mad^te jur ^tobe 
einige Salti mortali burd^ ben ganjen S^Iügel l^in unb trieb fein 
SBefen fo arg, ba§ ©d^ubart nad^ ttjenigcn ÜÄinuten em^orful^r 
unb ausrief: „©ai8 ift enttoeber ber Seufel ober SJogler!" SSogler 
fprang nun aud^ auf; fie umarmten fid^ — unb SBeibe erfd^öj)f* 
ten nun abwedifelnb ben ganzen lag l^inburd^ fowol auf bem 
fjlügel afe auf ber Orgel bie gauje ©törfe il^rer Sunft. ©tür* 
menbe Äraft unb an ^^wberei grengenbe ©diwierigfcit — mar 
3SogIer« Sl^arafter; ©djubart^S S^arafter: (Smpfinbuug unb f euer* 
fprü^enbe ^ßl^antafie. 5Widf)t« bezauberte 3Soglern mel^r, ate wenn 
lefeterer ©teBen au« ber ÜReffiabe beüamierte unb fie fobann balb 
gleid^jeitig, balb affein auf ber Orgel auiJmalte — worin er e« 
gu einer feltenen fjertigfeit gebrad^t l^atte. — ©o erjftl^It Subwig 
©d^ubart. 2?ogIer, geb. ju ©ürgburg 1749, geft. ju ©armftabt 
1814, trat t)on SRann^eim auö, mo er 1776 eine S^onfd^ule an=^ 
gelegt l^atte, 1780 feine mufifalifd^en ^Reifen an, burd^ bie er 
einen großen SRuf ate Slaöier* unb OrgelfJ)ieler erlangte. !Der 
©eneral, ber bie ©jene mit ©diubart t)eranftaltete , ift berfelbe, 
ben wir t)on ©drittens Begegnung mit ©diubart auf bem ÄS^crg 
^er fennen, 9iieger. ©iefer f))rü^te ja, wie il^n ©^jittler fdiilbert, t)on 
einfallen ; fein ganjer ©inn unb äJerftanb war nur ©nfaK auf ®n* 
fall, mit fiuftigf eit getrieben, mit Suftigf eit gewed^felt. ffir wuJ3te, ba§ 
©diubart ein Serounberer 33ogler« war — unb ber ^lan war fertig. 

SRad^ Subwig ©diubarts Urteil waren feine« SSater« SSolU^ 
lieber tjorgtiglid^ fom^joniert; feine übrigen Slaöier* unb Orgel* 
fompofitionen waren nid^t üiel mel^r ate ©elegenl^eitöftüdte, meift 
in frember SÄanier gefd^rieben, unb trugen ba§ ©eprägc feine« 
®eifte« nur fd|Wad|. 

35on ©dEjubart« 3;been ju einer Stftl^etif ber lonfunft {bä 
©d^eible ba« fünfte SBänbd^en) war oben bie SRebe. ©diubart 
wollte in biefem a3ud^ ba« Sftefultat feine« ganjen mufifalifd^en 
Seben«, feiner ©rfal^rungcn unb feine« eignen 9iad|benfeu« nieber* 
legen, t)erfd^iebene gauj neue 3;been barin au«fäl^ren unb e« bi« 
auf unfere Qtittn fortfe^en. 33ierje^n ;3!al^re nad^ ©diubart« 



XIII. ©d^ubatt al8 aWiififer* 377 

S^obc, 1806, erfd^icn bad üou feinem ©ol^n Derbefferte, ergänjte 
unb berid^tigtc SBerf. Senner, benen Subtpig groben barau« üor* 
legte, fanben lant ber 33orrebe ba nnb bort neue Änfid^ten, ©gen* 
I)eit ber SDianier, Älarl^eit unb ?ßo<)uIarität bt^ SSortragiS, unb 
bei aller fd^einbaren Seid^tigfcit mand^e tiefgef d^öpfte , auf @rfa^* 
rung rul^enbe SBBal^rl^eit. Da§ SBerf jerfäfft in jtpei Seile. !Der 
erftc bel^anbelt bie ®efd|id^te ber S^onfunft t)on ben Hebräern, 
©ricd^en unb 8iöntern an bii^ auf bie großen mufifalifdien ©d^n* 
len ber ;3!taliener, ÜDeutfd^en unb fjranjofen. !J)ai8 «njiel^enbfte 
ftnb l^ter bie ©l^arafteriftifcn ber berü^mteften Somponiften unb 
SSirtuofen, eineg Raubet, ®lüdf, S8ad^ (SJater unb ©of)n), SBenba, 
OforneKi, SoBi, 3Rab. 3Äara, 5Raff unb Änberer. ®leid^ in ben erften 
feilen erfennt man fie tüieber nnb »irb bem Sefer i^r Sionbilb gleid^* 
fam t)crgegentt)ärtigt. Die ©ad^funbe bi& 83erfafferi8 fomol^I in ber 
mufifalifdien Äui^fü^rung, al« in ber Sompofition, leud^tet überall 
l^erüor, nnb feine poetifdie @prad)e fam il^m oft ungemein ju ftatten, 
bie feinften ©d^atticrungen be« ©eftt^fe ju erl^afd^en unb bunfeln 
Qfbeen SBorte ju leiten, bie man faum bei8 ?(u§brudEg fä^ig l^ält. Qu 
biefen (Sigenfd^aften fam ein njarmer bentfdicr ?ßatriotii8mui^, ber l^ier 
feine f öftlidifte SJial^rung fanb ; benn t)or bem mufifalifdien ®enie be« 
©eutfd^en beugen pd^ (Snglanb, ^ranfreid^, felbft Qftalien. Dai5 
©injige, n)ai8 Sub^ig ©d^ubart gegen biefe Sl^araftergeid^nungen 
einwenbet, ift eine getoiffe Allgemeinheit in Sob unb S^abel, eine 
genjiffe SKonotonie ber S^iraben, tueld^e ber Herausgeber nid^t 
immer abänbern burfte. Qvix @ntfdf)ulbigung bient einigermaßen, 
ba| er wenig SBtid^er um fid^ l^atte, ba er bai8 SDSerf unternat)m, 
unb fe^r asiele« a\x& bem Sopfe biftierte. ^an erftaunt über bie 
Selcfenl^eit nnb bie fJüHe üon Äenntniffen, »eld^e ©d^ubart l^ier 
ausbreitet, ©eine Sljarafteriftifen treffen in ben meiften ^unf* 
ten mit anberen Sudlern über bie ®efd|id^te ber äRnfif jufammen, 
tt)ien)ot)l ©d^ubartiS ffierf im Oaujen toenig befannt unb j. S. in 
|)einrid| Söftlinö ®efd^id^tc ber 3Äufif nirgenbiS angeführt ift. 
©ud^en wir SJogleriS ©l^arafteriftif auf, fo lefcn wir: „©eine gauft 
ift runb unb gläujenb. @r bringt bie ungel^euerften ^affagen, 
bie ^afebred^enbften ©prünge mit bewunberungiSWürbiger Seid^tig* 
feit l^eraug. ©eine 35ariationen finb janberifd^ unb feine tJugen 



378 XIII. (Sc^ubart aU 2RuPfet. 

mit tiefem 35erftanb bearbeitet. @r befi^t i^tnn unb ©enie, unb 
bod^ t)crrät er in feinen ©ä^en unb in feiner (Spielart ^eban* 
tiömuö. (gr f)at fid^ nämlid^ felbft ein @t)ftem gemad^t, bem er 
fid^ fflat)ifd^ unterwirft 2C." ®anj ä^nlid^ Söftlin a. a. D. 
©. 290: „Slbt SSoglcr, ein tpunberlid^ auig SEieffinn, ©elcl^rfam* 
feit unb ^ebanterie gemifd^ter SRann." — „SBac^§ 5ßame ift ba^ 
SWittelftüd feiner älft^etif bcr Jonfunft," fagt Subnjig ©c^ubart, 
unb biefe fel^r ind ©njelne einge^enbe ©l^arafteriftif feines Sieb* 
lingjS, ©ebaftian SSaä)^, bilbet ben ®Ianjpun!t ber ©d^rift. SBe- 
niger gelungen ift bie 3^i<^^iJ^9 |)änbete. yiaä) biefer müfete 
man ^änbel l^auptfäc^lid^ als Dpernbid^ter bctüunbern; bafe er 
ber S'laffifer bcS Oratoriums ift, njirb nac^ längerer ®^arafte== 
rifti! feiner Dpern mit ben wenigen SBorten abgemad^t: „äud^ 
bie Siri^enftüdte , weld^e ^änbel in Sonbon verfertigte, finb bis 
auf biefe ©tunbe t)on feinem anbern öerbrängt morben." ©el^r 
gelungen ift bie ©d^ilberung ber ^falj^Saierfd^en ©d^ulc, bie 
©djubart t)on feinem SBanbcrleben ^er fannte. öemerfenswcrt 
ift ^ier fein Urteil: „2Benn fid& SWeapel burd^ $rad|t, SSerlin 
burd^ fritifd^e ©enauigfeit, ©reSben burdi (Srajic, SBien burd^ 
baS tomifd^*SEragifd^e auSjeid^neten , fo erregt ÜRannl^eim bie 
SBetüunberung bcr SBelt burd^ 3Äand^f altigf eit. " ^n ber @e* 
fd^id^tc ber württcmbergifd^en SJiufif intcreffiert uns befonberS bie 
@pod^e unter ^erjog ^arl. SBir filieren ^ier nur baS ©d^lu§* 
urteil an: „I)aS Drd^efter am württembergifd^en |)ofe beftanb 
aus ben erften 3Jirtuofen bcr SBclt — unb then baS war fein 
g^e^ler. ij^eber bilbcte einen eigenen SreiS, unb bie änfd^miegung 
an ein ©^ftem war il^m unerträglid^. 5)a^er gab eS oft im 
lauten SSortrage 9Scrjierungcn, bie nid^t ins ®anje get)örten. @in 
Ord^efter, mit SJirtuofen befe^t, ift eine 2Belt t)on Königen, bie 
feine ^errfd^aft l^aben." Unter ben folgenben aJhififern lieben 
wir ©octl^es ^^eunb, ben granffurter Raffer, beffenJBilb befon* 
bers gelungen ift, l^erüor.*) SBir fe^en barauS, ba§ ©d^ubart 
nid^t allein loben, fonbern aud^ tabeln fann. 

*) ©et ber (^rtoäl^nung Äa^ferS bemerft (Soetl^e in ber italienifd^en Steife 
(gloeiter Slufentöalt in diom), ^u jener 3eit fei ©d^ubart als Älaüierfptelcr 
für uncrreid^bar gel^altcn loorbcn. 



\ 



XIII. (Sd^ubart alg Wln^xttx. 379 

^m jtücitcn Sicil bc§ SBerfg, ber bic @runbfä|e bcr SEon^ 
fünft entl^altcn foHte, liefert ber SSerfaffer crft eine S3efd^reibung 
affer Qfnftrnmente t)on ber Drgel bis jur SUianltrommel, nnb t)er* 
n)eUt befonberö bei ben 0at)ierarten , worin er fid^ felbft auö* 
jeid^nete nnb tpo er mand^eS aniB üierjigjä^riger ©rfal^rnng ge^ 
fdjöpfte ®el^eimniS beibringt. Dann gct)t er jum ®efang, jum 
mnfifalifd^en @til, jn ben Snnfttnörtern, jnm Kolorit, jum mnfi* 
falifd^en ®enie nnb jum ÄuSbrnd über nnb fd^Iie^t mit einer 
Sl^arafteriftif ber %önt, bie fd^on bei il^rer erften ©rfd^einung 
Stnfmerffantfeit erregte nnb feitbem üon einem ber erften Äenner 
ate ein ,,tief gefd^öpfteS, wal^reS nnb ganj origineffeö 2:on* 
gemälbe" bejeid^net wnrbe. Snbtüig ©d^ubart überfielet l^ier ben 
Änffal : 83om mnfifalifdfien ®enie, ber ein ©eitenftüdE jn ber fri* 
tifd^en ©fala ber üorjüglid^ften beutfd^en Did^ter bilbet. ©dfinbart 
fagt l^ier unter Änberem: „35aö mufifalifd^e ®enie l^at ba§ ^erj 
jnr SBafig nnb em^jfängt feine SinbrüdEe bnrd^j^ £)f)x. !J)er 25ir* 
tnoj^ fünbigt fid^ fd^on in feiner Qngenb an. ©ein ^erj ift fein 
^auptaftorb nnb mit fo jarten ©aiten befpannt, ba| fie wn jeber 
l^armonifd^en Serül^mng jufammenflingen. Äffe gro^e mufifa* 
lifd^e ®enie§ finb mitl^in ©elbftgelel^rte; benn baS Steuer, baS 
fie befeelt, reifet fie unaufhaltbar l^in, eine eigene 3^higbal)n gu 
fud^en. !J)ie SBac^e, ein ©alnppi, ^^omeffi, ®IudE nnb aWojart 
jeid^neten fid^ fd^on in ber Stnbl^ett burd^ bie l^errlid^ften $ro* 
bufte i^rcg ©eifteö aus. Der mufifalifd^e SBol^lflang lag in il^rer 
©eele nnb ben SrüdEenftab ber tnnft njarfen fte balb l^tnnjeg. 
Die ©l^arafterjüge be§ mufif alifd^en ®eniu§ finb alf o : 1 . Segei* 
fterung, entl^nfiaftifdfieS ©efül^l beS mufifalifd^en ©d^önen nnb 
®ro6en. 2. tufeerft jarteS |)erjgefü]ei , baS mit Äffem fgmpa* 
ttfiert, roa^ bie SDlufif ®ble§ nnb ©d^Bneig l^ertjorbringt. Daö 
^erj ift gleid^fam ber SRefonanjboben be§ großen S^onf ünftlerS ; 
taugt biefeS nid^tS, fo toirb er enjtg nid^ts @ro§eS fci^^ffc^ ^ö«* 
ncn. 3. @in l^ödift feine« Ol^r, baö jeben 2Bof)llaut tjerfd^lingt 
nnb ieben SDHfeton mit SBibertoiffen anprt. 4. SRatürlid^eS @e* 
fül^l für ben SRli^tiemuS nnb JCaft. 5. Untoiberfte^lid^e Siebe nnb 
Steigung jur S^onfunft, hk nnö affgetoaltig fortreifet." — ©e^r 
rid^ttg fe|t ©d^nbart Ijiuju: f,Of)nt Snltur nnb Uebung wirbv 



380 XIII. ©c^uBatt aU aWuftfen 

baö ttiujtfalifd^c ®cnie immer fcl^r unüoöfommcn bleiben. üDie 
Ätmft mu§ tJoKenben unb ausfällen, toa^ bie SRatur rol^ nieber- 
warf. !Denn gäbe eö 5IÄenfd^en, bie in trgenb einer ^nft tjoll* 
fommen geboren würben, fo bürften leidet g'Ieijs nnb änftrengung 
in ber Seit erfterben. — Die (Sefd^id^te ber großen Sünftler 
betüeift eö, wie t)iel ©d^wei^ bei itjren Übnngen troff, wie öiel 
Öl if)rc n&6)Üxä)t 2ampt tjergel^rte, wie ml nnöoBfommene S5er* 
fndie fie im Samin anfbam^fen liejsen, wie tief in ber ©infamfeit 
t)erborgen fie fjinger, £)f)x nnb ^erg übten, bi^ fie enblid^ auf* 
traten unb ber SBelt burdf) SDieifterwerfe ein jujand^jenbej^ Sraöo 
abnötigten. — ®ie t)alb aui^gebilbeten 3Rufifer, bie reifenben 
Staftmänner, bie l^eutjutagc wie ^eufd^redenfd^wärme bie mufifa^^ 
lifdie 325elt üerfinftern, mögen bid^, SögKng ber 2:onfunft, ab* 
fd^reden, ha% bu bid^ in bein Kämmerlein t)erfd^Iie|eft, bid^ in 
SRelobie, 5IÄobuIation unb Harmonie übeft; — unb bann in ber 
©lorie beö fultiöierten ®eniei8 unter beine ^^itgenoffen treten 
fönneft." SRur nod^ einige ©d^ritte weiter, unb ©d^ubart wäre 
bei einer Sritif feiner felbft afe SDiuftfer angefommen. Sin ful* 
tiüierteö @enie war er aud^ afe SKufifer nid^t. @r tl^at barin ju 
t)iel unb bod^ wieber üiel ju wenig, wie er felbft urteilt. 3K(^t 
aU SDhififer, fonbern aU Did^ter ift er unfterblid^ geworben, unb 
ate 3Äufifer lebt er nur fort burd^ bie Som))ofitionen ju meiere* 
reu feiner gelungenften ©ebid^te. 

2Öir eilen jum ©djluffe, muffen mx^ aber üorl^er mit @trau§ 
abfinben, ber ©eite 10 ber SSorrebe ju feinem SBerl ©djubart 
aU einen avL^ jenem Siitanengefd^led^t fd^ilbert, beffen ma^lofe^ 
Ungeftüm, i^m felbft öerberblid^ unb ol^ne bleibenbe gtud^t für 
baiS äBgemeine, ber milben ^errfd^aft ber SBeimarifd^en Dl^m* 
pier voranging. S)ie 95ergleid^ung l^inft; ©d^ubart liatte gar 
tjerfd^iebene ©eiten in feinem 2Befen. SBo liegt benn im 8a<)lieb 
unb in fo fielen Siebern im 3Solföton, wo in fo üielen nüd^tern 
t)erftänbigen Urteilen auf bem ®ebiet ber ^ßolitif unb ber äft^e* 
tifd)en ^tif — wo liegt ba ba« aWafelofe unb Sitanenl^afte ? 
feigen nid^t aud^ bie ©eimarifd^en Dltintpier in ^auj)twerfcn be§ 
angel^enben 3Äanne^alteri^ ben STitanii^muiS ? ©d^ubart gel^t über* 
f)anpt ben Dlt)mj)iern nid^t blo§ öoraui^, fonbern er gel^t au^ 



XIII. (B^lu^httta^tmq. 881 

neben il^nen Ijer. ©d^iBcr bilbcte fid^ an ®oetl^e, (Soetl^c an 
©exilier, Selbe befpvad^en mit einanbet i^re Did^tungen; ©d^u* 
bart ftanb öereinjelt, er bef am wenige Anregungen üon ^(nberen ; 
SWitter in Ulm fonnte il^n faum förbern. ©d^ubart ^at nidf)t 
umfonft gelebt, wie man nad^ ©traufe glauben fönnte. ©eine 
Siebet leben immer nod^ unb ©d^reiber biefeig red^net t& fid^ 
jum SSerbienft an, fo mand^eiS fd^öne ®ebid^t, baiS hx^f)iv unge« 
lefen in ber ffil^ronif »erborgen lag, an« iageölid^t gejogen ju 
]^aben. SBa« bie ©l^ronif betrifft, fo war ©d^ubart fein Sftetjo* 
lutionötitane ; rool^I aber ^at er, wie SBcber im Anfang ju ber 
gtanffnrter Äuj^gabe mit JRed^t fagt, burd^ t)iclfeitige SBerül^rigfeit, 
burd^ Anregen unb ©rgrünben üon ©injeln^eiten in ©taat^üer* 
waltung unb SJolf «leben, baburd^, ba| er ÜÄipräud^e alter Art 
mit ber g'reimätigfeit eine« reblid^en SWanne« unb <)atriotifd^en 
95firger« rügte, o^ne bie SBefd^eibenl^eit gegen bie Sfted^te ber gttr* 
ften ju üerle^en, unenblid^ öiel Äd^tbare« unb ®ute« gelciftet. 
^at er fid^ babei freilid^ ben ^a§ ber l^eimlid^en geinbe ber 
Slironen unb ber SJölfer iugejogen, ^at il^n namentlid^ bie ba* 
mal« nod^ mäd^tige Partei ber Qfefuiten al« einen ®otte«lftfterer, 
t^riebcn«ftörer, fjürftenfeinb ju üerfd^reien gefud^t, fo finb nun 
bergleid^en ge^äffige Stnflagen mit i^m begraben, bie wol^ltl^äti* 
gen folgen feine« SBirfen« aber bttrfen neiblo« anerfannt werben 
unb wir i^n J)reifen al« einen eifrigen ©al^r]§eit«freunb, ber bie 
SC^eilnal^me an öffentlid^en Dingen, weld^e ju feiner 3^i* i^t 
SSolfe nod^ gänjlid^ fd^licf^ »tit kräftigem Steuer aufjuregen, aber 
feine«weg« irre ju leiten unb ju öerfül^ren bemiil^t gewefen, öicle 
neue trefflid^e ®ebanfen über allgemein wid^tige wie über littera* 
rifd^e ®egenftänbe in Umlauf gebrad^t, im Sinjelnen SWandljc« 
üerfcl^en unb üerfel^lt, im ©anjen immer ein löblid^e« unb nü|* 
lid^e« ©treben be^au^Jtet ^at. 



382 XIV. Übnfvbt über bte @(t)ubartlitteiatur. 



XIV. 

■ 

itkrrfii^t nbtx ixt ^^vibaxtlrtttxatüx. 

1) ©d^ubart^ ficben unb ©cfinnungcn, öon i^m felbft im 
Scrf er aufgefegt. I. Jeil mit ©c^ubartö JBilbni« unb 2 ^i^fcrn. 
8. (Stuttgart 1791. Den II. Seil gab fein ©o^n 1793 unb im 
Qfal^r 1798 ©d)ubartg S^araftcr ^crau^.. 

^n ber @d|cible'f c^cn ©ammlung SSanb 1 unb 2. 

Der Sd|Iu§ lautet: „©d^abe, ba^ ©d^ubart feine beffere @r* 
jief)ung ju Jeil marb! ©d^abe, ba§ i^m ein f leiner 35efpot ben 
Sem feinei^ fiebernd rauben burfte! ©d^abe, ba§ er nie in einen 
großem, feiner njürbigern SBirhingiSfreig fam! er l^ätte afebann 
nidf)t blo§ r^apfobifd^ gearbeitet, fonbern SDieifterwerfe für bie 
5Wad^welt aufgefteöt : benn er war einer ber talentt)onften SDJänner 
feiner Qdt" 

©d^ubartö üon i^m felbft üerfa^te^ Seben, fo fd^ä^bar e^ 
ift, l)at bod| mand^e 3Bängel. Die Sl^ronologie ift mei^rmafö Der* 
f droben; über niid^tige fünfte ge^t ©d^ubart nid^t red^t mit ber 
©pradie f)erau^ — xoa^ er fagt, ift wa^r, aber er fagt nid^t 
aße^, tva^ todf)x ift unb wag er roei^; fid| felbft jeid^net er oft 
ju fd^roarj unb bie S^araftere Ruberer ju tt)ei§. 

Subroig ©d^ubart« ©dirift üerbient äße« Sob. @r oeri)ient 
baö 3^ugnig, ba§ er fid^ felbft giebt, ba§ er fiid^t unb ©d^atten 
gerabe fo gemifd^t ^abe, wie er fie in ber Siatur fanb. ®r l|at^ 
ba i^m feine fd^riftlidien 2luf jeid^nungen öon SSebeutung üorlagen^ 
aug freier ^anb, o^ne äße |)ilf ^mittel , fein SBilb im ®anjen 
gejeid^net, fo mie er e^ in feiner ©eele fanb. „(S^ fam l^ier 
barauf an, bie ^auptteile eineö oiell^altigen unb fel^r jufammen* 
gefegten (Sinbrudt^ ^eröorjufud^en, ju orbnen unb jufammenju* 
fteßen; bie 8etrad|tungen überaß mit änef boten unb S^l^atfad^en 
aug bem Seben be« ©efd^ilberten ju belegen unb burd^ge^enbi^ 
auf ein pftjd^ologifd^e^ ®anjeg ^inguarbeiten : ba§ ber, ber i^n 
fannte, bem ÄujSfteßer beim erften änblide jurufe : @r ift'« ! Der 



XIV. Übcrftd)t über bic ©c^ubortlittcrotun 383 

i^n nid)t fannte, menigfteni^ jagen miiffe: ®^ ift Statut — unb 
ni^t ^Iiantafiegemäd^t ! " 

fjrcilid^ täufd^t fid) ßubwig ©d^ubart in einigen ^ßunften. 
©0 j. SB. wenn er, worauf ber oben mitgeteilte ©d^Iu§ ^inweift, 
ber 3Reinung ift, fein SSater, biefeö fragmentarifc^e ©enie, Iiabe 
S5eruf ju einem ®pi!er geliabt, wä^renb er nad) feinem eigenen 
®eftänbnii^ (®. 174 in ßubroig ©d^ubart^ SBerf) nid^t einmal 
jum ©d^aufpiel, too bod^ bie ^äben otte ftraffer angezogen finb, 
ate in einem Spoö öon 10 ober 17 ®efängen, fonbern nur ju 
Ieid)ten ©ingfpielen unb Siebern 2:alent (mir bürfen I|injufe|en: 
S5emf unb Äuöbauer) in fid^ fanb. — 3)a§ er feine« SSaterö SBe* 
felirung auf bem Äi^perg einfeitig auffaßte, Iiaben wir fd^on 
gefelien. 

©. 142 lieft man: „3)en befannten 9?eujal|rgwunfd^ machte 
er wirflid^ auf bem SWünfterturme ju Ulm" unb ©. 152: „©eine 
beften ©ebid^te I|at er fämtlid^ auf bem Äfperg unter ben un» 
günftigften Umftänben öerfertigt; unb gerabe ber 3^ö^9/ i^^ter 
bem er ^ier feufjte, fd^ien bie Iiöd^fte ©laftijität feiner ©eele ge* 
mecft ju liaben." Qn biefen red^net ßubwig ©d^ubart unter an» 
bcren ben 3Bunf(^ auf bem SKünfter unb ben fterbenben ^Patrioten 
(öom ^a\)X 1788). 

©onj üerfeljrt ift feine 3Weinung, ©d^ubart wftre ber ^elb 
für eine poKtifd^e SWeüoIution gewefen. — 3»^"^^^ ^^^ immer wie» 
ber fommt ßubwig ©d^ubart auf bie Slage jurüdE, ba§ fein äJater 
im ®runbe fein ganjeö ßeben Iiinburd^ fein ®eiftegprobuft I|er* 
öorgebrad^t i)aht, öon bem er fagen fonnte: ,,@ie§e ba ben 5Ka§» 
ftab meiner Sraft!" @r fie^t nid^t ein, ba^ bieg nun einmal in 
©d^ubartö SWatur lag, unb ha^ er aud^ in „einem großem, feiner 
würbigen SBirfungdfrei«" nid^t lang aui^gel^arrt I|ätte. „Wit&, wa« 
er fd^rieb, waren ©rjeugniffe ht& SKomentö; flammen, bie er in 
bic SWad^t fd^leuberte, um fein 3)afein ju beurfunben; periobifc^e 
@rgie§ungen einer öottgefüHtcn ©eele, bie fi^ gleic^fam aui^ ^n^ 
ftinft bc« angeliäuften ©top ju entlebigen fud^te." Sann aud^ 
ein SKoIir feine ^aut wanbeln ober ein ?ßarbel feine fS^Udtn? — 
©d^ubartg 2:ugenben Iiingen mit feinen ÜKängcIn jufammen. 

$)o8 ©id^tigfte auö ßubwig ©^ubart« Sßerf glaube id^ in 



384 XIV. Übcrft^t über btc ©d^ubartlittcrotur- 

meinem SSJer! mitgeteilt ju §aben. ©ein Temperament, fein ß^a* 
rafter, feine ffiigentümlid^feiten unb ©onberbarfeiten, feine @rfln* 
bungggabe unb ©ftremfud^t, feine Seid^tgläubigfeit, ©utmütigfeit 
unb SBol^It^ätigfeit, feine nerööfe JÄeiäbarfeit unb ®mpfinblid^feit, 
feine periobifd^e SReigung jum ä^tn unb jur ^tipod^onbrie xotx^ 
ben fel^r gut gefd^ilbert. ^ti^i erft begreift man feine SSorliebe 
für 6nglanb; fold^e S^araftere gebeilien auf jener SWebelinfel; er 
felbft I|ätte einem englifd^en ^umoriften ben l^errli^ften ©toff 
geboten. SSJai^ aber hä Subwig ©d^ubart bei Seitem nid^t genug 
l^eröortritt , ift feine SBebeutung al§ ?ßatriot unb ?ßolitifer, afe 
tftl^etifer unb Sritifer, Sinem JBiograpl^en ©d^ubarti^ I|at er nod^ 
eine bebeutenbe Sfufgabe I)interlaffen. 

2) Qixx ©d^ubartlitteratur gehören aud^ bie öielen auiS An* 
la§ be^ ©a^nerfd^en ^anbete gegen ©d^ubart erfd^ienenen ©treit* 
unb ©d^mä^f d^riften ; fo baö ?ßai8quin „^anöttjurft unb ©d^u* 
bart" 1775. «gl. ^ot)lm\i im «rc^iö VI, 367. !X)iefe fmb 
jegt aHe üergeffen unb öerflungen unb üerbienen fc^tt)erlid^ ju 
neuem Seben erwedEt ju werben. Sßir ertt)ä^nen ^ier nod^ ba« 
oben l^inlänglid^ d^arafterifierte ©enbfd^reiben an ^errn 
©d^ubart 2C. — 1788. Stuf ber Ulmcr ©tabtbibliotlie! ift ein 
Sjemplar baöon öorrätig; im SBud^^anbel ift e« vergriffen. 

3) 3n ©e^bolb^ t)aterlänbif(^em ^iftorienbüd^lein 1801 
©. 48 §eiBt eg unter bem 26. aDfiärj: „@eb. Qf. ©. ©d^ubart 
1739." ^Darauf folgt eine furje E^arafteriftif. — „@itt SWann 
t)on ber leb^afteften ffiinbilbungöfraft, bal^er ein ©piel feiner Sei« 
benfd^aften, loie bie äöinbe ben SWad^en feineiS ßebenö trieben, 
t)on einem öftrem jum anbern fd^weifenb, ein aWeteor am pf^d^o* 
logifd^en ^immel 2C." 

4) ^n Qförbeng fiejifon beutfd^er !X)id^ter unb 5ßrofaifer, 
Seipjig 1809, IV, 639—658 fommt eine augfü^rlic^e ©^ilbe* 
rung t)on ©d^ubarti^ ßeben unb S^arafter mit einer Slngabe aller 
feiner SBerle. „Äein flaffifd^er ©id^ter, aber bod^ ein genialer 
Sopf. Sin günftigereö ©d^idEfal unb beffere Änwenbung feiner 
Gräfte l^ätten i^m öielleid^t eine ©teile unter ben flaffifd^cn S)id^* 
tern öerfd^afft. ffir ^atte ein meid^ei^, gute« |)erj. ÜÄan burfte 
i^m nur in« Stuge felien, um t)on feiner S^rlid^feit überjeugt ju 



XIV. Übcrfi^t über bic ©c^ttbörtltttcratut» B85 

tDcrbcn. — ©ein Umgang würbe t)on :J$ebetmann gefud^t; fer mar 
lebhaft, belel^renb, unterl^altenb. (S& fel^lte x\)m an Äui^btlbnng 
beö S^arafterö unb an feften ©runbfä^en; fönft tüäre er eiltet 
ber öortrefflid^ften SWenfd^en getoefen 2C." 

5) gfm 3[nl|ang ju ber ^ranffurter ?tii!^gabe öon ©ij^ubärtt 
©ebid^ten 1829 giebt ^ßrofeffor Dr. SB. @. ffiebct eine SebenS* 
befd^reibung unb g^arafteriftif ©d^ubartjJ unb feiner SBerle. ©er 
SScrfaffcr fd^liefet fxdi) ben SBerfen ©d^ubart« unb fdneS i^ol^ned 
an, l^ot aber über mand^e wid^tige fünfte feine eigene, tjo'n feitten 
SJorgfingern abwetd^enbe, in ber Sftegel n)o^Ibegrünbete Ä^nfid^t. 

6) gfm ansang ju Stl^omaö Earltile« Seben ©dritter« 1830 
crfd^ien ®. 1—20 eine Siograp^ie unb S^araftertjttf ©d^ubart§, 
mit «nfd^lul an Qförbeni^ pefpmiftifd^ auögematt. ©ein Unglaube 
tmrb bat)on abgeleitet, ba§ er anfing, SSoItaire ju lefen. Sü^u* 
bart l^atte fid^ öerbinblid^ gemad^t, Dor ®enerat äiieb ju f^ielen. 
©d^oO war ber Äuffelier be« Slofierö ju SJlaubeurett. 3Sottaire 
unb ^eitere ©efefffd^aft ^atle er t>erIoren, er fanb auf bem Iti^pcrg 
^rcube an ber ©infamfeit unb ^atob SBö^m. ©d|nbart ttirb ^ttb^ 
lid^ freigegeben — ujarum? weil ber ^erjög fid^ in erinnern ge* 
nil)tc, ba| ein Sterblid^er, ber gleiche ©ebfirfniffe unb Ö>efül)Ie 
mit i^m felbft l^atte, burd^ i^n gejwungen gcwefen War, jel^n ^af)xz 
in Summer unb Unt^ätigfeit jUjubringen. Sein 3Bort Don ber 
35ertt)enbttng ^reu^enö für ben ©efängenen. 5ftad^ feiner Se* 
freiung fdtireibt ©d^ubatt wieber feine Sl^ronif; er bid^tet, öer* 
öffentltd^t ben erften 2:eil feineö Scbenö unb fprid^t t)on feinem 
?ßlan }um Swigen ^nitn Dor einfältigen ©eelen k, „©eine 
SRemoiren finb aufbewahrt, unb, t)on einem @oI|n ©d^ubartö t)er* 
DoDftänbigt, bem 3)rudE übergeben worben; oft wünfd^ten wir, bie* 
felben ju felien, bod^ üergebeni^." 

7) Qfn ®ert)ittU8 ®efd^id^te ber poetifd^en SWationallitteratur 
ber S)eütfd^en 1835—42 ift ©d^ubart mit bem ^f^urnaliften 
SBef^erlin afe Driginalgenie jufammengenommen. ©d^ubart er* 
fd^eint ^ier al§ eine Äarifatur ber poetifd^genialen 9lid^tung, bie 
in ©oetl^eö unb tlo^ftod« <^ä)nk in ben 70cr ^ai)xtn ^errfd^tc. 
,©0 erflärt fid^ bie Bereinigung ber wüftett ©itten> ber Smpö* 
ung gegen alle tonöenienj unb 8W(igion (!) mit ber |)inneigung 

Qauff, Gd^uBart in feinem SeBen unb feinen äBeifen. 25 



386 XIV. Überfielt über btc ©d^ubartlittcratur- 

für SaDater unb Slaubiui^ unb bte fanftcn 3)id^ter SKiller unb 
Sraufcnef, ja mit ber 83orliebe für bte ^tetiften — (btc fid^ ho6) 
crft öom Sli^perg l^erfd^reibt). Unter beit ®ebid^tcit fted^en jeite 
l^erDor, bie er auf betrt Ä^perg getitad^t f)at; i^re gute Äufnal^me 
l^atten fte niel^r ber SBaI|rI|eit unb Unntittelbarfeit ber @efül|le, 
aU il^rem poetifd^en äöert, ntelir beut SRitgefü^l mit frember 5ftot^ 
aU \i)xtx innern @üte ju banfen." 3)oc^ wirb jugegeben, ba§ 
mand^c in jener aufgeregten 3cit überliaupt murjelten, unabhängig 
öon feinem ©d^idfal. Reifet bie« einen objeftiüen SKa^ftab an 
hit Beurteilung t)on @eifte«tt)erfen anlegen? ©erüinu« mu§ ju* 
geben, ha^ üiele gelungene ©ebid^te t)or feiitem ©d^idffal, b. i), 
ber SSerl^oftung inö SSoIf gebrungen waren. — 5ftatürlid^ war 
©d^ubart eine jerrüttete ©eele üoll ßeid^tftnn, ©d^wäd^e, ^alt* 
lofigfeit, er entfd^ulbigte feinen SSJanbel mit feinem weid^en, fü^* 
lenben ^crgen unb flagte, wenn e« il^m übel ging, bie SBelt unb 
bai5 ©IfidE on. — Stile bie ©elbftanflagen in bei^ ©id^terg fieben 
unb ©efängen finb für ®ert)inuiS nid^t üorlianben, au§er in 
bem ®inn, ba§ er biefe ©elbftd^arafteriftif für baare ÜJifiuje 
nimmt. — ©eine religiöfe (Sntwidelung wirb fo ungünftig ate 
möglid^ gefd^ilbert; eö wirb bebauert, ba§ er nidt)t ben fieberen 
ffieg jwifd^en Aberglauben unb Unglauben fanb — ben er fid^ t)ou 
bem beiftifd^ gefinnten ©eröinui^ l|ötte geigen laffen fönnen, wenn er 
beffen 3Kiffion bc§ 5Deutfd^fatl|olicigmujg gelefen t|ätte. — ®o wirb 
bem genialen ©d^ubart mit griesgrämiger 9Äiene ber ?ßroje§ gemacht. 

8) 3Silmar in fetner 1845 erfd^ienenen @efd()i(i^te ber beut*' 
fd^en Slationallitteratur fa§t ©d^ubart als SlopftodKaner , meint, 
er l^abe tlopftodEi^ ?ßatl^oö nur breiter unb l^anbgreiflid^er ju ftim* 
men gewußt unb fid^ baburd^ populär gemad^t. Die ^ürftengruft 
ift bem ®efd^öpf ^affenpflug« ein ?ßl^raf enge webe. „?lu§erbcm 
bid^tete er aber auc^ in 3Bielanb8 ®efd^mad^ bie laSciöften ©ad^en, 
unterbrüd^te fie aber fpäter meiftenö abficl)tlid^" — bi§l|er gloubte 
man, er liabe feine ©ebid^te — gleic^öiel, weld^eö Qf^lialtö -— 
gleid^gültig bel^anbelt. „©ä^renb feiner ^aft be!el)rte er fid^ unb 
bid^tete nun faft nur (!) geiftlid^e Sieber, ftar! 4)]^rafenl|aft unb 
ol)ne bid^terifd^en ffiert." 

9) ^m ^af)x 1845 erfd^ien baS SJttd^lein: Baur unb ©d^u* 



XIV. Übcrfid^t über bic ©^ubortlittcratur. 387 

bart ober ©d^iefcrbcder unb ^oct. Stuttgart, IWrtd^. 3)cr ©er:* 
faffcr ]^at fid^ ntd^t genannt, ^n ber SJorrcbe bemcrft er, er l^abe 
in fcinei^ öerftorbenen SSaterö Sibliotl^e! eine jiemlid^ unleferlid^ ge* 
fd^rieberie, I|alb öergilbte ^anbfd^rift gefunben, bic 3ÄitteiIungen 
über SBaur unb ©d^ubart entljielt. ©ai^ SBüd^Iein entl|ält eine ÜKenge 
Änefboten, in benen ©d^ubart, SBaur, Dr. SWoHwi^, ber 5Did^ter 
©c^lotterbed unb anbere ©lieber beö ?lblerfränjd^eng eine Motte 
fpielen. SBei biefer ©elcgcnl^eit bemerfe id^, ha% ber ®aftI|of jum 
abier feit einem ^ai)t ein ?ßrit)atl^aug ift. ^m ^af)x 1851 er* 
Ubtt bag genannte, 44 Seiten ftarfe SBüd^lein bie 2. ?tuflage. 

10) ®ne epod^emad^enbe Srfd^einung in ber Sd^ubartlittera* 
tur tt)ar ba« SBerf: „&)x. i^x. 3). ©d^ubart« Seben in feinen 
©riefen, ©efammelt, bearbeitet unb l^erauögegeben t)on 3). ffr. 
©trau|. 3tt)ei S3be. »erlin, $)unfer 1849." !Cer tftlietifer 
iMfd^er ^atte eine ?(njal|l SBriefe in ber Familie ht^ ©id^teri^ 
tS^' §öug gefunben unb feinem J^eunbe ©trau§ überlaffen. 
®trau§ bemül^te fid^, bie Sammlung ju öermeliren, unb ber ©r* 
folg mar überrafd^enb. Äud^ JBriefe, bic fd^on in ^^itfd^riften 
erfd^ienen waren, würben aufgenommen. ®trau§ Dcrbicnt 3)anf, 
ba^ er nid^t attc unb febc ÄftenftüdEc biefer 3(rt mitteilt; bic Äuö* 
waf)l ift mit glüdElid^em 2:afte gefd^el^en unb affci^ Unwefentlid^e 
weggelaffen. @r teilt ©d^ubart« Seben in brei ^auptabfd^nittc 
ein: 35or, auf, nad^ bem 3I«perg; bie beiben erften §auptabfd^nitte 
befommen ©inleitungcn unb jcrfatten in Unterabteilungen mit 
Überfid^ten; ber britte ^auptabfd^nitt : nad^ bem Stöperg crl^ält 
blo« eine ®inleitung olinc »eitere Sinteilungen. ®ine ©d^lu§* 
betrad^tung fud^t ©d^ubart« gaujc^ Seben unb SBcfen furj ju* 
fammenpfaffen. — Über bicfei^ 333crf l^abcn wir un« fattfam ge* 
äuftert. ©trau§ f)at ©d^ubartö Sebenöbefd^reibung nid^t gel^örig 
mit bcn SBriefen ücrfnüpft; bie« jeigt fid^ befonbcri^ in ber ©d^il* 
betung bcö ^ufcnt^altö in ®ei§lingen. 6r ift fobann bem Sri* 
tifer unb S^l^cologcn ©d^ubart nid^t geredet geworben ; er tjcrf ennt 
bcn 5)enfer unb ben S^riften. 

Stnl^angi^wcifc nennen wir ©trau^' 5lnffafe über JBarbara 
©treid^er: fiel|c oben ©. 84 unb „5Wad^lefe ju ©d^ubart'* in bcn 
«leinen ©diriftcn 1862. 



388 XIV. ÜBcrfid^t über btc ©d^ubartlittcratur. 

^Beurteilt tourbe baö Sßcrf Dott 83ifd^er in bcn Sritif^en ®än^ 
gen, 3. ^eft, 1861, ©. 21. «ifd^er ift blinb für bie mclen unb 
großen 50iängel be§ 3&txU unb bittigt aud^ @trau§' SBcl^auptung 
über ©d^ubartg Sitaniömu^ unb bie ®rfolglofig!cit feinet SBirfen^. 
©ie ® d^lupetrad^tung , meint SSifc^er, fajfe baö Urteil ernftlid^ 
jufammen unb gebe eine trefflid^e, in ber bequem flaren SBeife, bie 
mir fd^on fennen, üorgel^enbe S§ara!teriftif beö 3Kanneö unb öor* 
jüglid^ be§ Did^terö. Söequem lieft fid^ freilid^ ba§ SBerl; bie Dar^ 
jtettung beftridft burd^ Seid^tigfeit unb ©efättigfeit; atteö f^eint fid^ 
tion fell^ft ju mad^en unb ju üerfte^en; bie Dberp(^Iid^!eit fo 
mand^er Urteile jeigt fid^ erft bem tiefer bringenben SBIid^. 

11) „Slaffifd^" ^ei§t ©trauß' SBer! in htm »üc^Iein: ,,©c^u* 
bart in Ulm. ®in Vortrag t)on Dr. g^riebrid^ 5ßreffel. ^^m 
SBeften einer in Ulm aufjuftettenben ®ebäc^tni§tafel ©d^ubartä. 
Urm 1861." ©aö SBüd^lein geprt jum SJeften, m^ über ©d^u* 
bart gefc^rieben ift. SSei attcr Änerfennung öon ©d^ubart§ ^Jel^lern 
treten bod^ feine SSorjüge unb Serbienfte in ba§ ^ettfte Sid^t. ©er 
3Sortrag befd^äftigt fid^ nid^t attein mit ©d^ubartö Slufentl^alt in 
Ulm, fonbern aud^ mit bem in Geislingen, ba^ ja jum Ulmifd^cu 
(Sebiet geprte. ©d^ubarts SBefen unb SSJirfen tritt uns !lar unb 
anfd^aulid^ entgegen. 

12) ebenfatts unter bem JBann beS ©trau^fd^en SBerfS fte^t 
ber 3luffag t)on 9iobert ?ßrug über ©c^ubart in bem JBud^: 
„aJlenfd^en unb »üd^er, Seipjig 1862, ©. 167—266." ^m 
mirb ©c^ubart mit ^arl ^riebrid^ SSal^rbt, bem befannten Stuf* 
flärer, unb bem politifd^en ^am))]^letiften ßau!§arbt jufammen- 
geftettt; ©d^ubart fott ben Sampf beS SünftlerS, SBalirbt bie Son- 
flifte beS ©elel^rten, namentlid^ beS 2^l|eologen mit ber neu^if 
3eit t)orftetten; mit fiaufl^arbt foHen wir aus bem biSl^eriggu 
litterarifd^^tl^eoretifd^en &zbut in baS politifd^*pra!tifd&c übertreten. 
®ine ganj öerunglüdte ^iifanimenftettung. ©d^ubart war JCl^eolag 
fo gut als ber i^m perfönlid^ be!annte, ja befrcunbete Stuffläre;;. 
®r l^atte über tl^eologifd^e I)inge oft ein ganj treffenbeS Urteil 
):t)tm er es aud^ nic^t jnm ?ßrofefför ber 2:i^eologie brad^te unb 
nie eine ©ogmatif fd^rieb. Stts ^olit^!er nimmt er eS ganj ge* 
tt)i§ mit Saul^arbt auf unb mar üiel einflu^reid^er als biefcr. 



XIV. Übcrftcöt über bic ©^ubortlittcratur. 389 

©eine großen ^^^ler wiegt er iux^ 3?orjüge auf, bie mir bei 
bell bciben anbern üergeblid^ fud^en. SBä^renb biefe öergeffen fittb, 
taud^t ©d^ubart immer tüieber aug Set^e^ fluten empor. !DaS 
SBerf ift in ber übelften Saune, ol^ne jebe ©pur t)on ^umor unb 
tieferem 33erftänbnig be§ fübbeutfd^en SBefenö gcfd^rieben. (Segen 
ben ©dt|Iu§ lefen mir: „©einen bid^terif(^en S^arafter nod^ einer 
befonbern äft^etifd^en Sürbigung ju unterwerfen, ift überflüffig, 
feitbem bieg t)on ©trauß in fo öortrefflid^er SDBeife gefd^e^en ift." 

13) ©in furger biograpl)ifdf)er Abriß erfd^ien in bem SSBerf: 
„Sanb unb Seute SBürttembergS in geograp^ifd^en S3ilbenx bar* 
geftettt öon ^. ^^. @mUx. ©tuttgart, 1858" II, 320—322. 
©d^ubart l^eißt l^ier ein 5WaturaIift im f(^Iimmen ©inn beg SBortg, 
ein unrul^iger, über feine SBeftrebungen unflarer Sopf; bagegen 
n)irb feine Originalität unb bag ^euer feinet ®eifteg anerfannt. 
©einer Serferl^aft, ^eißt e§, machte bie bringenbe gürfprad^c 
ffricbrid^g be§ ®ro§en ein Snbe. 

©elungener ift bie ©fijje: „^elena ©c^ubart, eine bcutfd^e 
©id^terfrau, 1741—1819," in bem ffierf be^felben SJerfaffcr^: 
„©d^wdbifd^e grauen. Sebenöbilber aus ben brei legten i^alir* 
^unberten. ©tuttgart 1865." 3?on ©. 296—354 entwirft ®löfler 
t)om entfd^ieben religiöfen ©tanbpunft aus ein SebenS* unb Sl^a* 
rafterbilb t)on ©(^ubarts ®attin; ba§ babei ©(^ubart cbenfaHS 
gefdtjilbcrt unb nad^ feinem äußeren unb inneren Seben gejeid^net 
werben mußte, öerftel^t fid^ öon felbft. ®leid^ bie folgenbe S8io* 
grapljic mad^t uns mit Suboöüe ©imanowij, ber SRalerin, 1759 
bis 1827, befannt. Entnommen ift biefe ©d^ilberung bem 85ud^: 
Suboüife, ®in SebenSbilb aus ber näd^ften SSergangenl^eit, gefd^il* 
bert für d^riftlid^e SMtter unb SCöc^ter unferer ZaQt t)on ber 
^erauSgeberin beS ßliriftbaumS. ©tuttgart, SBelfer 1847. ^n 
biefem le^tgenannten SBud^ finbet fid^ aud^ ©. 352—388 bic 
SebenSbefd^reibung tjon fRegine SJoßler. (SlöHer l|at weber bei 
Suboöife nod^ bei Megine feine QueKe angegeben. JBei ber ©c^il* 
berung t)on ©d)ubarts &attxn l^at er nid^t nur bie SBriefe, fon* 
bem and) bie Überfid^ten unb ®inleitungen beS ©traußfd^en SBBerfS 
fel)r ftarf benugt, ol^ne ©trauß mit einem SBorte ju nennen. 

14) äuS einleud^tenben ®rünben fonnte bic ©d^iHcrlitteratur 



390 XIV. Überfielt über bic (Sc^ubartlitlcratur. 

unfern ©d^ubart nid^t ignorieren. §ier fommen namentlid^ in 
SSetrad^t : ^offmeifter:=35iel)off , ® d^iHer^ Scbcn, ©eifteöentwid clung 
unb SBerfe 1874. ®d^iller§ Qf^^genbialire öon ffibuarb SBoaö, 
l^erauög. wn SBenbcIin öon aKalgan 1856 — bcgeiftert, aber 
nid^t in Ättem juöerläfjig, bal^er mit 3Sorfid^t ju gebraud^en. 
@mil ^aöeöfe, ©d^iöerö ßeben unb SBerfe — 1882, geiftreid^, 
aber mit SSorfid^t ju gebraud^en, maä)t fid^ oft ju feinem 
©d^aben öon SBoa^ abhängig. ^. Dünger, ©d^itteri^ &tbt\\, 
©treid^er« SBerf, @df)iHerg SBriefwed^fel mit feiner ©d^mefter 
e^riftop^ine, t. ö. Söoljogen, Seben @d^itter§ 1830, ^oüen^ 
S(utoBiograpl^ie 1840 gel^ören ebenfaK^ Ijiel^er. 

15) 3Son Slrttfeln, bie in 3^itf^riften erf(^ienen, fenne id^ 
nur brei, meldte bie ©artenlaube gebrai^t l^at, unb jwar: „@in 
Opfer beutfctier prftenwiOfür" 1866, 9lr. 8, t)on SIßaj 3Kng; 
„Die njürttembergifd^e SBaftitte — ein ©tüdE au^ ber guten alten 
3eit" — 1873, 5«r. 1 üon @. 3B. (©d^mibt^SBei^enf efö) ; iulcgt: 
,,S)er ©efangene t)on §ol^ena§perg — mit SBenugung t)on nod^ 
nid^t üeröffentlidtiten «rd^iüaften" 1875, 18. 

16) ^ern^arb ©euffert lie^ in ber litterarifd^en SBeilage ber 
fiarterul^er 3^itung 1879, 5Wr. 27, eine trefflid^e „SSorgefd^id^te 
be^ 5ftationaIt§eater^ ju 9Äannl^eim erfd^einen", in ber ©d^ubort 
me^rmalö genannt wirb. 

17) ^. 3^. t)eröffentli(^te in ber befonbeven SBeilage jum 
württemb. ©taatöaujeiger 1878, 26. 27. einen «uffag über ©^u== 
bartj^ religiöfen ß^arafter — gegen ©trau§. 

18) ^ermann g^ifd^er gab in bem ^rad^twerf : „©ieben ©d^wa* 
ben, 1879", auf wenigen ©eiten eine üergleid^unggwcife gelungene, 
möglid^ft apologetifd^ gel^altene ©d^ilberung üon ©d^ubart§ fieben, 
Söirfen unb SSJefen. ®r überfielt aber ben tritifer ©d^ubart, 
fprid^t j. SS. bie alte SSeliauptung nad^, ©d^ubart fei bIo§ ein 
JBenjunberer tlopftodf« gewefen, wiU nid^tö öon ©d^ubart§ frü:' 
leerem ^ang jum 3^eifel unb Unglauben wiffen unb öerfennt ben 
inneren 3^fammenl|ang ber jwei 9iic^tungen in ©d^ubartö ?ßoefie. 

19) 3f' ®- S^ifd^erö SSortrag: ©d^ubart in feiner öoH^tüm* 
liefen SBcbeutung in ber bcfonberen Seilage jum ©taati^aujeiger 
1882, 16. 17. 



XIV. überfielt über bie (Sc^ubartHttcratur. 391 

20) Über 3^. Jr. ©c^oBS „Die legten Iiunbert ^ai)xt bcr 
i)eutfd)en Sitteratur" ügl. oben; ebenfo über ©d^äfer^ ^uffaffung 
t)on ©d^ubartö ?ßoefie. M. ^önig in feiner bentfd^en Sitteratnr* 
öcfd|id)tc ift in feinem Urteil über ©d^nbart öon SSilmar abl)ängig. 
<Sr Iä§t i^n 1743 geboren werben nnb be^anptet: „@r mnrbe 
©d^uUe^rer nnb Drganift gnerft in ©eiölingen, bann in Subroigi^* 
inrg." 5)iefe SBorte Mnnen bod) nnr fo üerftanben merben, 
©c^ubart fei in Snbwigöbnrg , wie in ©eii^lingen, ©d^nlle^rer 
nnb Drganift gewcfen. Qtf)n ^ai)xt lang, lieft man meiter, »nrbe 
«r t)on ber SBißfür bcg ®cnerafö JRieger gepeinigt. „SWeben ^o^em 
nnb Qaxttm begegnet man bei i^m nnr gn oft rollen nnb ge* 
meinen S(n§brü(^en. " ©d^abe, ba§ biefe niä)i genannt finb. S3ei 
©dritter nnb ®oet^e finbet fid^ natürlid^ nid^tö ber 9lrt (ügl. bie 
•«nt^ologie auf 1782, (Soet^e^: 3Jor ®erid^t nnb t^nlid^e^.) 
SBcrner §a^n in feiner Sitteraturgefd^id^te §. 102 faßt bai^ ori* 
^inelle Urteil: ©eine ®ebi($te finb ein feltfamei^ ®emifd^ üon 
frommen geiftlicl)cn ®efängcn, tro^igen ff ret^eitöliebem nnb fd^meid^* 
lerifd^en ®elegen^cit^gebid^ten. 5ftnr bai^ taplieb, bie g^ürften* 
gruft, ber ©roige ^ubt nnb ber ^timnuö auf ^ricbrid^ II. finben 
^nabe. — ©öbefe im @runbri§ 2C. meint, ©d^ubart fei 1743 
geboren nnb Mieger fei roä^renb feiner gangen ®efangenfd^aft fein 
3?orgefe^ter gemefen; ferner, ©dritter l^abe burd^ fein ®ebid^t: 
3)ic ©ruft ber Könige, ©c^nbart ju feiner (weit fpätcr erfd^ienenen 
nnb gebrud^ten) ffürftengmft angeregt, „^n feinen ®ebic^ten, lefen 
wir, mifd^t fid^ weiche Qfnnigfeit mit ber wilbeften ?lu«fd^weifnng 
ber ^ß^antafie.*' (SBie ift bie« ju üerfte^en? ^n benfelben @e- 
bid^ten mifd^en fid^ ffieid^^eit nnb SBilbl^eit? ober in einem Seit 
t)er ©ebid^te lierrfd^t äöeid^^eit, in anberen ffiilbl^eit?) „SRol^eö 
nnb Oemeine« liegt neben ^o^em nnb Qaxitm," ©d^abe, ba§ 
biefe SBel^auptung nid)t bewiefen ift. — ©dt)err in bcr allgemeinen 
©efd^id^te ber Sitteratur erfennt ©d^ubart al« einen außerorbent* 
lid^ genialen ÜKenfd^en an, bebauert aber, baß er t^ eigentlich 
t)oc^ nur ju einlaufen gebrad^t l)abe, frcilid^ mitunter ju gro§* 
<irtigen, wie feine JR^apfobie „Ä^aööer" jeige. „©ein Did^ten 
gipfelte in ber berülimten ©trafobe „3)ie ^ürftengnift". ©ein 
„RopUeb", einige feiner Siebei^liebcr unb ©legien, wie feine natur* 



392 XIV. Ühtxm über bie @*ubartlitterat«r. 

• * * 

frifc^cn SBaucrnlicber betraten überall bcn Did^ter, aber im ©anjcn 
ift if)m ha§ tocfcntUd^e 2:l|un ed^tcr ^oefie „bem rcolcn ©toff ha^ 
ibeajc ©cprägc aufjubrüden" ntd^t geluttgen." — äBörtlid^ nad^ 
©traul II, 450. 

21) ®anj abfonbcrtid^ ift baö ©crfd^cn: „Seffing, ®oetl|e, 
unb <^ubart. ©tubien im Sid^tc ber ^äbagogif t)on Sari Saf* 
jaUy Sel^rqr ber 3KitteIfd^uIe ju Lüneburg. Scipjig 1880." ^icr 
bcfommcn Juir @. 61—96 ju Icfen: „©er beutfd^e ^omctl^eu^. 
Sebengbilb bcig iSd^ulmeifter«, 3)id^ter§ unb Äom^joniften E^. g. 
5D. ©d^Hlbart." ^romet^eud wirb er genannt, meil er bie fjatfel 
ber äufüärung mutig f^mang unb jur ©träfe bafür an ben ^el* 
fen gefd^miebet mürbe. SSor biefem ©d^riftd^en ift ernftlid) ju 
marnen. (S» entl^ält blo^ ba§ Stptmenbigfte unb Scfanntefte 
über feine päbagogifd^e ^Begabung unb SBirf f amf eit , au^erbem 
eine 50ienge uuridiitiger Angaben, in benen Saffau ber Sfutorität 
beg 9*omanfd^reiberö Srad^öogel gefolgt ift. 5Diei? lie^e fid^ im 
©njelnen nad^meifen; aber ?ßapier unb Qtxt baucm mid|. 

22) ^n ©d^norrg «rd^iü für Sitteraturgef^id^te VI, 342— S91 
ueröffentlid^t äbolf SBo^ImiH, SBibliotl^efar in Hamburg, ^Beiträge 
jur Senntnig ®^. &. !©. ©d^ubartig. @r betrad^tet ©d^ubart in 
®eiiglingen, bann in Äugi^burg, hierauf in Ulm unb giebt jule^t 
^Beiträge jur S^arafteriftif ber beutfd^en El^ronif, ju benen er in 
ber Slnmerfung bemerft: „®ine tJoHftänbige Ausbeutung fämmt* 
lidfier SBänbe ber ©d^ubartfd^en ©^ronif im ^f^tereffe ber Äultur^ 
unb ßitteraturgefd)id^te barf aU ein überaus banfbareS Slieraa 
bejeid^net merben. Die im folgenben gebotene ©fijje mitt einer 
foId(en nid^t vorgreifen, fonbern bejtoed^t nur im änfd)lnfe an eine 
SBürbigung von ©d^ubarts publijiftifd^er Sljätigfeit benfelben als 
©türmer unb Dränger aud^ auf poIitifd(em ©ebiete jU d)arafte* 
rifieren. Demgemäß finb üorjugSmeife bie ;$JaI|rgänge ber beut* 
f(|ien e^ronif t)on 1774 bis Januar 1777 in SJetrad^t gebogen 
morben; bie na6) ber ®efangenfd^aft gefc^riebenen Sänbe ber 
etironi! nur ba, mo bieS auSbrüdEIic^ bemerft ift." Der ?luffa| 
ift belelirenb, geiftreid^, unparteiifd^. 

als ^Patriot unb ^olitifer wirb ©d^ubart öon bemfelben 
3Serfaffer gefd^ilbert in bem SBerf: „SBeltbürgertum unb SSater* 



XIV. überfielt über bic ©d^ubortlittcratur. 393 

lanbiSlicbc ber ©d^ttjabeu, ini^befoitbere t)on 1789—1815; ^am* 
bürg 1875." 

23) ^w feinem äJcrliältm« ju „Seopolb SSBagner, ®oetl)c§ 
;j^ugenbgenojfcn", roirb ©d^ubart bctrad^tct Don @rid^ ©d^nttbt in 
bem gleid^namigen SBerfd^cn, 2. Slnflagc 1879. 

!Die SJejie^nngcn jnm „aKaler aÄüBer" fd)ilbett S). SB. ©enf* 
fert fel^r einge^enb in ber fo betitelten SDionogvapl^ie, 2. Slni^gabe. 
»erlin 1883. 

24) Qu ©d^nbart« ffürftengrnft bringt ®öbefe in ©d^norr« 
Ärd^it) VIII, 164 eine fritifd^e Srörterung. ®öbefe verneint 
l^itr, baB ©d^nbart bnrc^ ©i^iHerö entf))red^enbcg ©ebid^t jn 
ber gürftengrnft öeranla^t tt)orben fei; im |)erbft 1780 miiffe e« 
gebrudft morben fein, ju einer 3^^*/ ^o ©d^tHer nod^ in ber 
SDhIitärafabemie mar, bie er erft am 14. Dejcmber 1780 öerlie§. 

ffibenbafelbft X, 189 bringt ©ric^ ©d^mibt einen »rief ©c^n* 
bart« an ©efretSr ©rieiSbad^ in ©arli^rulie, batirt Don Ulm 
19. 5Wot). 1775, gang in ber Sraftfprad^e ber ©türmer gefd^rie* 
ben, ein ©emifd^ öon ©d^märmerei nnb ®robianigmnS. ©benba 
282—284 bie minbige SSermntnng SB. Qxpptxtx^ über bie (SnU 
fte^ung beg Sapliebi^; enblid^ ein »rief Älopftod^S an 9Äitter in 
»etreff ©d^ubartö; t)gl. oben. 

25) ^n türfdjner« bentfd^er 5WationalHttcratur , 81. »anb, 
©türmer unb Dränger III, ©. 289—436 fd^ilbert $). ©auer ©d^u^^ 
hart« Seben nnb KI|aro!ter, giebt eine freilid^ fe^r furge Überfid^t 
über bie ©d^nbartlittcratnr , fobann ein SSergeid^nii^ aKer feiner 
©erfe nnb jnle|t 69 feiner S)id)tungen. ©d^ubart mirb fe^r treffenb 
gefd^ilbert. ©inige Unrid^tigfeiten i)ahtn fid^ eingefd^lid^en. ©tatt 
Geislingen lieft man ©eiftlingcn; ali^ »efreier ©^nbarts mirb 
^riebrid^ ber ®ro§c genannt; ^ranjiöfa t)on ^ol^enlieim mirb 
mit feiner ©ilbe ermäl^nt. ferner fdieint mir' bie »c^anptung, 
©cfiubart fei nad^ bem ©rfc^einen Don ®oet§eg ®ö^ aU ange*= 
Iienber Ulmer :$^ournaHft mit beiben ^ü^en in bie SEcnbenjen ber 
©türmer nnb Dränger Iiineingcfprungen, njcfentlid^er »efd^ränfnng 
bebürftig. Sllg Sritifer wirb er uorgefütirt, wenn eS l^eißt: 
„©eine fritifd^e ©timme in litterarifdfien Dingen ift öfteri^ in 
biefen »änben (ber ß^ronif) gn Derne^men. ;3mmer gie^t er bie 



394 XIV. Überfielt über bie (Sc^ubartlitteratur. 

t)oIIe ©d^ale, fei e^ feiner S?erl^intmelung ober feinet 3tbfd)eue§ 
über bie ©d^riftfteaer, bie er befprid^t, au^." ®a§ ©d^ubart 
nid|t fo im ©türm rejenfiert l)at, tuurbc wn un§ nad^gctuiefen. 
t^nlid^ 3B. ©d^erer in feiner ©efd^id^te ber beutfdfjen gitteratur 
1884 ©. 503: „©d^. fd^ujärmte für aUt er^eugniffe beö ©türmet 
unb !I)rangeö, bie er feinem ^ublifnm anpries." 

26) 3Son bem ©d^reiber biefeg, ber fid^ feit einer 9teit|e tion 
Qal^ren mit ©tnbien über ©d^nbart befd^äftigt, erfd^ienen in ber 
©d^roäbifdfien tronif, bem Seiblatt jnm ©dtiwäbifd^en 3Äerfur, 
mel^rere ?(nffä|e über ©(^nbart, fein SBefen unb feinen ß^araf* 
ter, namentlid^ aud^ über bie ©d^nbartlitteratur. 1880, 72. 
1881,161. 1883,18.101.190. ©ine Seben^befd^reibung ©d^u* 
bartg ift meiner ]^iftorifd^>fritifd^en Ausgabe t)on ©d^ubartö ®e^ 
bid^ten (9ieclam 1821—24) üorangcfd^idft. 

®S üerftel^t fid^ öon felbft, ba§ ©d^ubart t)on feiner beutfd^en 
fiitteraturgefd^id^te , öon feiner ttjürttembergifd^en ®efd^id^te, t)on 
feinem l^tjmnologifd^en Söerf, öon feiner beutfd^en Sulturgefd^id^te 
übergangen werben fann. ^n biefem ©inn eine ©d^ubartlitteratur 
ju fd^reiben, ift unmöglid^. ®S famen bal^er nur fold^e ©c^riften 
unb äuffäle in SBetrad^t, bie fid^ eiujig unb allein mit ©d^ubart 
befd^äftigen ober, wenn fie il^n aud^ nur gelegentlid^, im 3wfam* 
men^ang mit Sfnberem, nennen, neue, beac^tungSwerte ®efid|tö* 
punfte über il^n eröffnen. — ©onft würben im SSBerf felbft ge== 
nannt: !I)ie wenigen, jerftreuteu Sinterungen §erber§ unb SIop* 
ftodES; bie SBemerfungen 9licolai§; ;$Juftinu§ Serner in feinem „S5il* 
berbud^ aus meiner Snabeujeit 1849," baS mel^rereS Stujie^enbe 
über tarl ®ugen, ^raujisfa, ©pejial ^^ßi^fl/ aber ©d^ubart fel)r 
wenig bringt; bie wenigen 9?otijen aus aSJagnerS ®efd^id(te ber 
^ol^en SarlSfd^uIe; Sßat)U ©enfwürbigfeiten, ein paar gclegent- 
lid^e SWitteilungen über ©dt)ubart unb feinen ©o^n Subwig; bie 
äuSjüge aus ^a^S ®e§eimniffen eines me^r als fünfäigjä^rigen 
wfirttembergifd^en ©taatSbienerS ; unb bie S3emerfungen, bie ben 
13. SBanb t)on ©pittlerS fämtlid^en SBerfen entnommen finb. SBeibe 
©d^riften fd^ilbexn ^auptfäd^lidt) Äarl ffiugen unb ^ronjisfa. 

©(^ubartS Seben ift aud^ t)on fRomanfd^rcibern bearbeitet 
worben. SSßir nennen ^ier juerft: 



XIV. Übcrfid&t über bic e*ubartltttcratun 395 

1) ^ermann Surj, ©d^iHevg ^cimatjatire. 1843. 

©d^ubart tritt I|ter breimal auf, bei feiner ©efangeune^mung, 
wä^renb feiner ®efangenfc^aft unb julegt nad^ feiner JBefreiung; 
ber nad^ ©d^toaben jurüdgefelirte ©dritter untcrljält fid^ näntlid^ 
1793 bafelbft mit feinem greunb SWotter über ©d^ubart, ben 
Surg gauj unnötig, ba er ja nicf|t l^anbelnb auftritt, nod^ ju 
ben ßebenben jäl|lt. äbgefelien üon ein paar unnötigen ?lb* 
tt)eid^ungen t)on ber beglaubigten 3^i*fol9^ gehört baö äBerf 
in ben Ijie^er bejüglid^en ?lbfd^nitten jum JBeften, mag über 
@d)ubart gefd^rieben ift. Slüpfel im SBegmeifer burd^ bic Sit* 
teratur ber $)eutfd^en fagt: „S)er SWoman entpit mitten unter 
ben poetifd^en l^ngrebienjien unb glüdElid) i^nen öermä^lt foft* 
bare Slnefboten auö bem Seben ©d^ilterö unb feinet fürftlid^cn 
©rjielierg. SBaig er über ©d^itler enthält, ift au^ juüerläffigen 
münblid^en Überlieferungen gefdt)öpft unb ift pufig ate Ouelle 
benufet njorben. Die frifd^e lebenbige 3)arfteIIung biefer Q^it ift 
bem aSerfaffer trefflid^ gelungen nnb barf fidt) neben ben mand^erlei 
neueren biograpl^ifd^en unb romanhaften Bearbeitungen t)on ©d^il* 
Ux& Seben gar vooi)l feigen laffen." 

3)a« JBud^ enthält aud^ ifoftbare, auö ber Überlieferung ge* 
:fd^öpfte «nefboten t)on ©d^ubart. gr. 5ßreffel erjäl)lt nad^ 
^. ^urj bie SBette, meiere ©d^ubartiS SSerräter am Äbenb öor 
ter ®ntfül|rung i^m anbot. ©d[(oll warf einen 9?ing iniJ ®lai8 
alö ®egenftanb unb ?ßreig eines ©tegreiffprud^ö. Dl^ne fid^ ju 
Jbefinnen, begann ©c^ubart: 

Stotx ®ötter lönnen ftc^ sufammen nid^t i)ertragen, 
S)rum, $Iutu8, an bie $anb unb S9acd^u8 in ben SD'lagen, 

leerte baS ®lag auf einen Qvlq unb ftedtte ben fRing an ben g^inger. 
Slber ebenfo fd^neH jog er i^n mieber ab, gab il^n bem Amtmann 
unb fagte: 

9lid^t ba» mtiaU, baS glatt burd^ fc^mu^ge ^ftnbe roat, 
^em S)id^ter ^iemt bed äBeinS, ber @atten reines ®olb* 
^teS nur getoäl^re mir, WßoU, unb bleib mir l^olb! 
Unb nun, $en Slmtmann, l^ier! behalten @ie 3Ör ®olb. 



396 XIV. Überfielt üBer btc ©c^ubartrittcratun 

2) Stbolf SSJci^cr: „©d^ubart^ aBanberja^rc ober ©td^tcr 
unb ^faff, 1855." $)cr ^faff, mit bem ber ©id^ter ju fäm^fen 
^at, ift ®a§ner. ®tcfcr benunjiert tl^n bei Dftetreic^ unb betuirft 
feine SSerl^aftung. Dag SBud^ ift frifd^ unb anregenb gefd^rieben, 
barf aber ni(^t in bcm ®rab, wie ba§ erftgcnannte SBerf, afe 
ein getreuer ©piegel jener Qtit betrachtet tt)erben. ©tarf benu^t 
ift baS Söüd^Iein: SBaur unb ©d^ubart ober ©c^ieferbed^er unb ^oet. 
SD?and^e ?(ne!bote, bic I|ier an i^rer redeten ©teile ftel^t, ift öon 
SBei^er in eine frül^ere Qtit t)erlegt morben. 

3) 31. @. SSrad^Dogel, ©d^ubart unb feine ^eitgenoffen 1864. 
®in glängenbeS 3Berf tion Dier SBänben, in benen ©c^ubart afö 
^rometl^eug gefeiert mirb. 3)ag SBebenfUdtie ift, ba^ ba§ 39ud^, 
baö bod^ ein fRoman ift, mit bem 3lnfprud^ auf gefd^id^tlid^e 
®laubtt)ärbigfeit auftritt unb ju biefem Qtütd fogar feine 
Quellen angibt. Saffau l^at fid^ t)on bem ;$5rrn)ifd^glanj biefe§ 
8iomang täufd^cn unb ju ben abenteuerlidfiften SBel^auptungen 
öerfül^ren laffcn. ®ine SBenge t)on SBrad^Dogefe ?fngaben wiber* 
fprid^t ber beglaubigten ©efd^id^te. Dem öerunglüd^ten SBerf fel^It 
gauj bie fdt|tt)äbifd^e Sofalfarbe. ©injelne treffenbe ©d^ilberungen 
unb rid^tige SBemerfungen über ©d^ubarts SBefen unb Sl^arafter 
fönnen für ba§ mißlungene ©ange nid^t entfd^äbigen. 

3ur Erweiterung beg Scfer^ fül^re id^ anl^ang§tt)eife nod^ an: 
Slmelt) SBölte: f^rauji^ta tion ^ol^enl^eim — eine morganatifd^e 
g^e, 1863. Die SJerf äff crin , eine ©eiftei^fd^wefter ber @. SSelt), 
bereu 3Ber! über ^crgog Sari unb granji^fa J^inlänglid^ bef^^ro^ 
d^en tt)urbe, erjäl^lt, ba§ Epigramm t)on Dion^g fei in einem 
t)on ©d^ubart rebigierteu Sod^enblatt erfd^iencn, Iiabe i^n auf ben 
"ä^ptxQ gcbrad^t unb htn ^crgog, ber nun ein 3KiBtraucn gegen 
bie ©^riftfteHer faßte, bewogen, ©d^iHern bie Ergreifung (!) ber 
littcrarifd^en fiaufbal^n ju »erbieten. Die ©dt)tt)aben finb ber 3Ser* 
faffcrin ganj jutt)ibcr; benn fie finb geiftloS, maulfaul, formloö, 
baju ro^e SBirt^J^auisiäufcr. SScrgeblid^ öerfud^te ba§ l^erjoglid^e 
^aar, ben ©d^tuaben mel^r ©inn für bas Familienleben unb feine 
©itte beijubringen. — 3ln ©d^ubarts (bie Serfafferin fd^reibt 
balb ©d^ubart, balb ©d^ubert) SSerl^aftung ift ^ranjigfa ganj 
unfd^ulbig. ©d^ubart fpottete in jenem Epigramm über beö ^er* 



XV. ««oc^tragc- 397 

jog^ cingejogencg Sebcn, baö feine Drgien unb feine SQSein^nfer 
fannte, mäl^renb ©(^ubart beibeö nad^ wie t)or leibenfd^aftlid^ 
liebte. — 35a^ Sßirtgl^ani^lcbcn ber ©^waben ift ber SJerfajferin 
ein Dorn im S(nge. Der ®6)Voabt bringt bic ©tunben feiner 
@rf|oInng raud^enb nnb trinfenb im 3Birtħaufe p. ®o lebte 
man bort oor 100, fo t)or 200 Qf^i^^en, unb fo lebt man bort 
nod^ ie|t. Sari unb granjii^fa, bie, wie mit 9iad)bru(f bemerft 
mirb, feine ©d^waben waren, gaben burd^ if|r l^äuj^lid^ej^ Seben 
ben @d^ Waben ein wic^tigeg Seifpiel, i>a& nid^t o^ne folgen 
blieb. 2, 257 fagt bie @ef|eimrat SBü^ler ju ^Jranjii^fa: „;3c^t 
wagen bie fürftlid^en Diener nur feiten unb ganj Iieimlid^ ben 
?tbenb in einem fold^en fiofal jujubringen; bagegen befümmern 
fid^ alle um bie Srjie^ung il^rer Sinbcr. Der |)er8og ift bal^er 
red^t eigentlid^ ber SBegrünber beö fjamilienlebenij geworben unb 
uerbient, ba§ wir fd^wäbifd^en |)aui3frauen il^m ein @§renbenfmal 
errid^ten." Die rollen, bummen ©d^waben fönnen öon ber geift* 
reiben äJerfafferin, bie in ©d^waben eigentümlid^e ffirfal^rungen 
gemad^t fiaben mu§, immerhin mand^erlei lernen, ^at fie bod^ 
bie origineHe Sntbedung gemad^t, bafe ©d^Ioffer, ben ?ßrinj fjriebrid^ 
in 2:reptow jum Seigrer feiner ©ö^ne wäl^Ite, fein anbrer ift, 
a% wie bie Änmerfung fagt: „Der fpäter fo berül^mte ©ef^id^t«* 
fd^reiber unb ®atte öon Sornelia ©oet^c." Der ^eibelbergcr 
^rofeffor eine ^erfon mit ®oetf|eö ©d^wager — baö ge^t aller =« 
bingg über ben fd^wäbifd^en ^orijont. ©d^abe, ba§ ©d^ubart 
jur 3eit, ate bicfeiS ,,3eitbilb" erfd^ien, nid^t me^r lebte. @r 
^ätte barüber cineig feiner beifeenbften Epigramme gebid^tet. 



XV. 

|t u 1^ t r & e. 

I. Qvi ©d^ubart« Se^rerberuf. 

?ßalmer fd^reibt in feiner eöang. ?ßäbagogif (2. «ufl.) @. 467 : 
„(S& ift nid^tÄ SCrourigereö , ol« ba« Seben eine« Scl^rcrg^ beffeu 
5«atur feinem «mte fremb ift." Daju mad^t er bie «nmerfung 



398 XV. mad)ix'm. 

unter bem Scjt: Sin bcmerfenöttJcrteö Scifpiel bicfcr Art tft bcr 
unglücfKci^e ©id^ter ©d^ubart geroefen, in beffcn Scben wir ha^ 
Sbicrc fetncötücgö öerfcnncn, bem c« aber, toetl er jt(ä& burd^^ 
Stint ntd|t felber gießen unb bemütigen liefe, ate ein total öer* 
fcl^Iter SebemSjttjed erfd^ien, bafe er eine ©eile ( ! 6 Qfa^re = eine 
SBeile) mußte Sc^rer in ©eiiSlingen fein. ®r ^attc, wie au« 
feinen Briefen (^erauiSg. t)on Strauß 1849) j. SB. I, ©. 127. 
138. 173. 210. ^ert)orge^t, für bie eben auftretenbcn pl^ilantl^ro* 
^^iftifd^en Srjiel^ungöibeen ein lebl^afteS Qfntereffe, wie überl^au^^t 
für aUt^, wag ha^ geiftige Seben feiner Qtit unb be§ beutfd^en 
SSolfeiS in Seroegung fe|te. Stber wie er pcrfönlid^ fid^ jn feinem 
Sc^rerberuf fteöte, baöon ftc^e ^ier nur folgenbc« ©elbftgeugni«. 
®r fd^reibt I, ®. 148. Unb nun folgt ber »rief an ^Mf), öon 
bem wir ®. 39 ben ®d|luß mitgeteilt l^aben. 

©aö ift barauf ju antworten? Ul^Ianb fott für un« reben: 

^an fann in äBünfii^en fid^ Dergeffen, 
^an tDünfd^et leidet gum Überftuß; 
SS^tr aber toünfd^en nid^t Dermeffen, 
SS^ir tDünfd^en, toaS man tDünfi^en muß. 
^enn foH ber ä^enfd^ im 2dht leben, 
@o braud^et er fein tagltd^ S3rot, 
Unb foU er ftd^ gum (Seift erl^eben, 
@o ift il^m feine fjrcil^ctt not 

©ein ©infommen beftanb in 100 ft., freier SBol^nung, freier 
Sidtielmaft, einer Dungftätte üor bem |)auö, einigen ä^nlid^cn 
SSergünftigungen unb 5Webeneinna^men — ju t)iel für« ©tcrben, 
ju wenig jum Sebcn. Daju eine g^au o^ne SScrmögen unb eine 
äunel^menbe g^^milie. 35er SBrief, ben ^almer anfül^rt, ift üom 
10. 3funi 1767, alfo au« bem 5. ^af)x feine« ®ei«Iinger «uf* 
entl^alt«. 

^m Übrigen l^at ^almer bie Slußerungen ©d^ubart« in feinem 
üthtn nid^t mit ben ©riefen t)erglidt)en; ba^er ift feine gauje Auf* 
faffung üon ©djubart« ©tettung ju feinem Sel^rcrbemf einfeitig, 
ungcred^t. 

IT. Daß ©d^ubart aud^ bei ben tl^eatralifd^cn Stuffül^« 
rungen in Ulm in beutfd^em unb nationalem ©inn ju wirfen 



XV. ^ad&trägc. 399 

fud^te, fic{|t mau au« ber S^rouif unb auö me^rereu l^tefier ge* 
l^örcubeu ®cbid^tcu Sd^ubart«. 

IIL 5Wad^ ber ^iftortfd|*fritifd|eu ©d^ittcrauögabe 1, 373 iuurbe 
Saltfiafar |)aug 1766 ^rofcffor am ®t)mnafium in ©tuttgatt, 
1776 ^rofcffor ber ^l^ilofop^ic au ber aJKlitärafabemie uub ^ßre* 
biger an ber ©tift«fird|c. Witxn au« ®c|)ubartö ®d|ilbcruug ge^t 
J&ert)or, ba§ |)aug ju gleid^cr Qtxt mit ©d^ubart iu Submigöburg 
fid) auffielt. 

IV. 3fuliau ©d^mibt, ©efd^id^te ber beutfd^eu Sitteratur fett 
fieffiug« Job I, 181: 

„am 23. ^Jauuar 1777 Iie§ ber $erjog beu ÜDid^ter ©d|u* 
bart, ber Äujilglidie« gegcu bic ^ürfteu gefagt, uad) bem |)o6eu* 
aöperg fd^leppeu, eiu ^af)x in eiuem uuterirbifdieu, ftufteren, feud^* 
tcu Äcrfer l^alteu unb Qfa^rclang auf bic auögefuciitefte ffieife 
quäleu. ®r crretd^te feinen Qtotd ; ©d^ubart n)urbe fromm, fd^rieb 
Soblieber auf bie dürften unb fonnte enblid^ jum |)ofioumaIiftctt 
ernannt «werben. " 

V. Qn ©. 274. ^[nbeffen t)gl. ©. 132 über ©d^ubart« in 
Ulm t)erfa§te ®ebid^te. 35ie ^ßreffe auf bem Äöperg »ar benn 
bod^ gar JU ^art, befonber« für bie erfte 3^^*; i^öl^^r ift ber 
©ttau^fd^e ©a^ einsufdiränfen unb bie au« ©oetl^e beigebradjte 
parallele cum grano salis ju nehmen. 

VI. SSifc^er in ben Äritifc^ien ©äugen III, ©. 22 : 
„©d^ubart f)at in ber fiitteraturgefd^id^te feine Sebeutung 

al« ber Srfte, mit weld^em ©d^maben in bie 58cn)egung ber 
mobernen beutfd^en ^ßoefie t^ätig eintritt, al« ba« Drgan, burd^ 
toeld^e« ber Älo^jftodtifd^e @nt^ufia«mu« ftd^ nad^ biefem fianöe 
üerpflaujt, al« ber toic^itigfte unter ben Prägern, burd) toeld^e 
biefe ©timmung auf ©dritter übergebt, um in feinem ®eift eine 
neue gorm ju finben, um au« il^m al« bramatifd^er g^uerftrom 
Ijertjorjubred^en." 

VII. Qu ©d^ubart« Job. 

SBefanntlid^ mar unb ift nod^ jefet bie ÜÄeinung ftarf öer«- 
breitet, ©djubart fei lebenbig begraben ttjorben. ÜÄerfmürbig ift, 
ba§ »eber bie ffiitroe, nod^ ber ©o^n etwa« barüber öerlauten 
löfet. Sie ©traufe biefe ©age erflärt, ift oben angegeben. 



400 XV. dla^tx'dqt. 

©d^ubart beriditet in feiner Kl^ronif 1788, 441 über einen 
fold^en ^aU: 

Qn einem fjolfteinifd^en 35orf ili ein ^riefter, 5)?amen§ |)er^ 
felb, ber öftere a^o:pIeftif^e 3wföKe ^atte, lebenbig begraben wor* 
btn; ba^ ®ctöfe aber, ba§ er in feiner genjiJIbten ®ruft ntad^te, 
unb tüeld^eö ber ein neue^S @rab auff^anfelnbe 5Eotengräbet l^örte, 
rettete il^m tüieber baö Seben. ©ntfeglid) ift bie ©efd^retbung, 
roeldje biefer äWann t)on feinem äBiebererroad^en im @rabe madfite. 

!©ie größten iCtirannen, wie bie ftrengfte ©ered^tigfeit, fönnen 
feine größere Qual benfen, aU lebenbig begraben ju werben ! @r=^ 
wod^en im ©arge, über fid^ ben ©etf^l fül^Ien, unter fid^ ba^ 
Sftaufdien ber ^obelf^äne ^ören; fidt) retten wollen unb nid^t fönnen, 
unb bann öoö (SJraufen in ber gepre^teftcn dual ber SSerjWeif* 
lung fterben; i)al roa^ ift ©trang, ©d^wert, 9tab, bretinenbet 
|)oIjfto§ unb felbft ba§ ^ferbjerreigen gegen biefe 2:obei^art! 
©d^ubart bittet feine Sefer^ ba bie paraltjtifd^en unb a^^oplefttfd^en 
^ufätte immer l^äufiger unter unö werben, biefe l^öd^ft wid^tigc 
9D?enfd^enangeIegen]^eit in bie^ ernftlid^fte Jöetrad^tung ju jiel^en. 

ffir fagt, wir, fonberlii^ auf Dörfern unb in fleinen 8^eid^§* 
ftäbten, eilen mit unfern SEoten öiel ju frül^ ia^ ®rab, ol^ne }u 
bebenfen, ba§ bei l^tipod^onbrifd^en, an 9lert)€nfd^wäd|e unb fd^fag* 
Pfftgen Suftänben Seibenben 30, ja 40—50 ©tunben mUglid^ 
feien, wo ber SKenfd^ all feine« ®ewu§tfein« beraubt fei unb bod^ 
nod^ lebe unb nad^ feinem ©rwad^en nod^ lange leben fönne. 

Qfd) ^abe bei ©d^ubarts 2:ob angegeben, warum bie ©age 
öon ©djubarti^ ©d^eintob faum gtaublid^ fei. && fragt ftd^ aber, 
ttJie biefe ©age entftanb. SBäre e« nid^t möglid^, ba^ ©d^ubart 
gern unb mit ^at^oiS t)on biefem ®egenftanb fprad^, ©efd^id^ten 
öon Sebcnbigbegrabenen erjälilte unb baburd^ ?tnla§ gab, ba§ 
über i^n felbft eine fold^e ©age fid) verbreitete? Qfd^ l^örte in 
meiner Qfugenb bie ©age in einer anbern fform, afe ©trau§. 
©djubart, würbe bel^auptet, l^abe im ©arg fid^ umgebrel^t, ben 
©argbedel gef))rengt unb ben einen Arm l^inau^geftredEt; fo f)abt 
man il^n gefunben. — An Sieröenfd^wäd^e unb Steigung gu ©d^tag* 
Pffen litt ©d^ubart; aber äffe übrigen Umftänbe beS 2:obe« unb 
ber ©eerbigung fpred^en gegen bie ©age. 



XVI. SeittofcL 401 

XVI. 

§ f i 1 1 a f f U 

1739 24. m&xi e^v. ^r. ®. S^ubart in Dberfontfjeim 
geboren. 

1740 fommt mit feinem SJater uad) Steilen. 
1744 |)elene ^ü^Ier geboren. 
1751 öon SDialtife in ©d^nbart^ ^an'iii. 
1753 ©d^nbavt fommt nad) SWörblingen. 
1756 „ „ „ S^ürnberg. 
1758 im |)erbft anf bie ^oc^fd^ule jn Erlangen. 
1760 im ©ommer jnriicf nad^ Aalen. 
1763 in ffillmaugen beim ^ürftbifii^of. 
1763—69 ®($nbart in ©eiölingen. 

10. 3!an. 1764 t)crۤlic^t fii) mit ^elene ȟljler. 
17. gebr. 1766 Snbtoig ®^nbart geboren. 
1767 :3nlie ©d^ubart geboren. 

1765 Dbe auf fJ^anjiiSfn« I. ©d^ubart gcfrönter 3)id)ter. 

1766 Räubereien. 1767 ^obe^gefänge. 
1769 §erbft U^ 3)tai 1778 ©d)iibart in finbtDigöburg. 

Slo^ftod!« fleine poetifd^e nnb ^jrofaifd^e 
äöerfe 1771. 

1773 Dftober in aMiindden. 

1774 m&xi in «nggbnrg. 
35iafonn« ©d)nbart in Aalen ftirbt. 
31. SDIärj erfd^eint bie erfte $Wnmmer ber S^ronif. 
Sobrebe anf Slemeni^ XIV. 

1775 3fannar ©d^ubart in Ulm. 
1777 23. Qfannar ©c^nbart in Jölanbenren uer^aftet nnb 

nad^ |)o^enai8^jerg abgefül^rt. 
3. gebr. 1778 befommt er ein befferei^ Rintmer. 
13. Süiärs 1778 befommt er ba« ?lbenbma^l. 
K 1. gebr. 1779 ©^nbart in ber Äird^e. 

* |)erbft 1780 bie gttrftengrnft. 

\ ®nbe 1V80 geftnngöfrei^eit. 

< ^«ttff, ©dönbnrt In feinem Seben unb feinen aOBerte« 26 

r 



402 XVI. 3eittafcL 

1781 im 9?oücmber ©djillcr bei ©djiibart. 

1782 11. mai ftirbt ©eneral aiieger. 
1782—84 ®encral ©d^eeler geftung^fomntanbant. 

1784 fein 5Wad|folgev ü. ^ügcl. 

1785 im i^uli SBefud) ber ©djubartin uub i^rcr Siuber bei 
i^rcm ®attcit. 

1786 ©d^ubartg ®ebid)tc. 2 Sänbc. ©tuttgart. 

1787 16. SWärj gransi^fa fd^rcibt an bie Äarfd^in. 
Subtoig ©djubart gel^t aU ©efrctär ju |)crjberg. 
11. ü)iai ©d^ubart freij ^ofbidjtcr, J^catcrbircftor. 

1789 Submig ©^ubart Vteu§ifd)er ®cfanbtfd|aft§fcfrctär in 
iWürnberg. 

DbcrjoIIer Sü^Icr in ®ei§Iingcn ftirbt. 
1791, 92, 98 ©d^nbart« Sebcn nnb ®cftnnnngen. 

10. Dft. ©d^ubart ftirbt. 

1792 ©dt)ubart§ ©d^toager, ÜDiafonn^ ^ödf) in SÄörbüngcn 

ftirbt. 
Snbtt). ©d^nbart ^cnfionirtcr Scgation^rat in ©tuttgart. 

1793 S:arl ©ngen ftirbt. 

1799 J)efan ^iOing in Submig^burg ftirbt. 

1801 3fulie taufmann, geb. ©^ubart, ftirbt, 33 ^al)xt alt 

1811 grauäiSfa ftirbt. 

27. J)eä. Submig ©djubart ftirbt. 
1819 25. ^cbr. |)elenc ©d^ubart ftirbt. 

22. Quni ber «erräter ©djott ftirbt, 83 ;JJa^rc alt. 



Be0t|!ex\ 



Stalcu 6. 9. 19. 25 f. 30 f. 

34. 106. U7. 186. 230 f. 

234. 
Srbcicn 35. 39. 
Slbbul ©amtb 164. 358. 
mt 66. 337. 
md^mcb 164. 358. 
Srffingcn 106. 
^ffprung 145. 
mxt^t 166. 
b'Sttcmbcrt 99. 
Srffgötücr 34. 
^rtborf 5. 66. 
Slmftcrbam 145. 
Srn^bad^ 157. 
Slntoniui» SgnattuS 31. 

74. 80. 174. 
§trmbruftcr 222. 
Ölrnbt 173. 
^fd&affcnburg 105. 
Augsburg 113 ff. 123. 

177. 179. 193. 

»ad& 377. 
»aörbt 137. 388. 
iBalbingcr 42. 79. 
»aicttt 235. 
töartöolomai 30. 75. 
»afebott) 45 f. 
S3aumann 30. 
»aur 287 ff. 
mt^txn 107 ff. 119.157. 

207. 
lea^reutlg 26. 143. 
S3eccaria 356. 
»cÄ^ 94. 



^e^agfiel 295. 
SBcnba 377. 
»enget 24. 273. 
Söcrfm 10. 95. 378. 
löefferer 230. 
»tffart 216. 
ötifinger 214 ff. 
Öifc^ofStoerbcr 250. 361. 
»laubeuren 149. 194.259. 
»leüinger 30. 
iölumaucr 2. 
»oaS 182. 201. 204. 209. 
390. 

mdf^ 9. 25. 30. 33. 38 ff. 
43. 47. 49. 74. 81 ff. 84. 
106.111.120.254.312. 
865. 

SBobmcr 19. 810. 312. '' 

Söö^ncn 197. i 
»ölte 396. 

ööttiger 158. ! 

»outotngbaufen 219. ! 

SBogen^arb 96. ; 
»rac^öogcl 86. 89. 158. 1 

162. 896. ' 

SBranbcr 127. ' 

»ranbe» 227. 
Söraun 108. 

SBraunfc^meig 157. | 

mf)kx, ©e^etmrat 199.; 
DbersoCfer 34. 
79 ff. 131. 229. 402. 

SBürger 23. 42. 52. 54. 

125.136.172.208.258. 

260. 287. 322 ff. 332. 

357 
ȟrfli 263. 
aJ^ron 49. 



(Satnpe 186. 
(^aunabid) 98. 
(S^xm 7. 385. 
Gaffau 8. 158. 365. 392. 
(Sicero 78. 
(S:iaubtu9 322* 
dlaug 6. 

©letncitS XIV. 111. 127. 
Gramer 314. 
(Srurtn« 232 f. 

S)albcrg 105. 
^annecfer 251. 
SDante 83. 124. 272. 
2)anton 353 f. 
S)armftabt 104. 

„ ^rina ®eorg 

öou 186. 
2)ctnet 186. 
dentis 333. 
SDcutfd^Iaitb 62. 65. 68 f. 

103 f. 118.236.279.298. 

334 f. 339.341.343.349. 
^tlTiitgen 145. 
S)iäingcr 49. 
^oitaucr 17. 
2)re8ben 378. 
^ün^er 138. 185. 206. 

390. 
2)ufd^ 826. 

ebner 309. 
(^belmmm 109. 
(Slifabet ö. SHnfelanb 166. 
(Saipangen 31. 106. 147. 



404 



S^cgiftcr? 



englanb 157. 345. 
®n«nu 75. 
©n^toci^higcn 206. 
©rlanacn 8. 23 f. 29. 84. 
©rncftt 46. 
©Blinöcn 30. 39. 

faber 175. 

ftfdbart 332. 

fifdocr, ßcrmann 5. 55. 

276. 390. 
StfAer, 3. ®. 50. 72. 

320. 390. 
Stf^cr, 3of«»)]& 51. 53. 

63. 229. 
gran!rcid& 340. 345 ff. 
§ranat8fa 89. 9f. 153. 

158 f. 161. 170. 198 ff. 

2Ö6. 219. 224. 402. 
gricbric^ bcr ®to6c 14 f. 

20. 99. 15«: 166. 224. 

227. 336 ff. 341. 358. 
griebr. mifftlm II. 225. 

337. 
fjrif^ltn 5.. 26^. 
fjulba 356. 

i». 

(Sartcttlautrc 167. ^S f. 

29-1. 
@aröc 47. 

©afeuer 1&: 146. 155. 
©ct^ltngtiT 9'. 11. 30. 32. 

34 ff. 42. 52f. 68. 71 f, 

80 f. 130. 2129. 
©cOcrt 10 37.82.96.309=. 
©cmmliiöCTt 69. 337. 
©corcfi 152. 
(Serof 308. 

©crftcnbcrg 3«). 323.332. 
©cröinus 119: 124. 184. 

275.345.351.356.385. 
(Segner 324. 332. 
©retm 301. 831. 
©löfler 182. 389. 
©lucf 350. 377. 
©münb 34. 
©öbcfe 182. 275. 301. 

391. 393. 
©oct^c 1. 11 14 f. 21, 

23. 42 f. 48. 50. 65. 

102. 104 f. 109. 123. 



125. 137 f. 175. 185 ff. 

208.236.274.285.291. 

300. 307. 320 ff. 329. 

332 355.361.363.366. 

378. 
&otf)a 207. 
©ottfc^att 170. 284. 
©ottfdicb 309. 
©ö^ingcr 105. 
©raun 26. 
©ricgbacl 138. 393. 
(Srimmfd^cS SBörterbuc^ 

98. 269. 280. 367 ff. 
@ritfc§ 95. 
®xomiaQ 105. 
(Srübcl 21. 3^. 
©üntficr 6. 258. 287. 
©üngbura ISO. 
(3ufta4>m.lt3v 341.348. 

ta!6cl 36. 67. 130. 
önber ^7 f. 
©«^, ^fttrter 46. 76. 
78. 179 f. 185. 208. 
244. 364. 

ia^,£i^m.$^fl4)»))328. 
a^n, äßerner 3. ^91. 
aitibmh 54. 125. 281 f. 
M 19. 22. 108. 
\<mantt dlb^ 
amburg 104. 
•artmanit 1^5- 187. 243. 
>a5n 210. 
•äffe 26. 

lauff, ©uftaö- 183. 265. 
37a. 381. 394. 
lauff, SBtIlerm 5. 369. 
»aug, SBalt^afar 30. 33. 
74.81.90.93.142.399. 
•aug^^riebrid^ 211.240. 
augtot^ 138, 
cbcl 295. 300. 
eacl 32. 

ctbelbcrö 96. 185. 
cibcnl^etm 197. 
•eilbroim 94. 97. 
cfbig 2M. 

•erber 23. 66. 108. 124. 
158. 208. 286. 310. 
315. 330. 
•crel 21. 46. 
ermann 260. 
ertoig 106. 



^erabcrg 223. 225. 251. 
337. 

»effen^^affel 157. 
lettncr 1. 
•c^nc 97. 
Limburg 185. 193. 224 f. 
302. 

tifemann 309. 
offmann^Sßtcl^off 390. 
§ofmann öon ^aUcxS- 

leben 263. 
^ol^enaSperg 29. 46. 71. 

92. 153. 249. 401 f. 
$obenth)ieI 153. 181.215. 
$ölberlin 307. 

»oHanb 344. 

loM 282. 

»orner 29. 49. 124. 313. 
331 f. 

ßorag 72. 120. 155. 175. 
188. 312. 

toöcn 87. 144. 201. 350. 
oher 9. 

ȟber 184. 337. 
lügel 213. 2Sl2. 
>ügel8 ©aÜtn 2I4. 219. 
lüaelg Xoc^ter ^friebe* 
rife 214. 
©uttcr 18. 

3tfftabt 140 f. 

3a^n 74. 

3cna 23. 

3efutten 96. 102. 111. 

127 ff. 145. 155. 
3örben8 71. 3?^ 
3omem 377. 
3ofep^ II. 156. 197. 236. 

338. 341. 363. 

^ant 6. 60. 
^apff 255. 
^apoa 149. 230. 
^arl V. 99. 
^arI2luguft99.185.187. 

2Ö7. 
S:arl @ugen 75. 79. 83. 

88. 92. 101. 103. 154 f. 

157 f. 169 f. 181. 186 f. 

190 ff. 194 f. 206 f. 



\ 



3kgiftcr« 



405 



219. 223. 225 ff. 236. 

248. 297. 341. 
Star! ^riebric^ 341. 
f^axl äöeobor 96. 98 f. 

101. 103 f. 110, 157. 

235. 
J^arlSru^c 149. 
^arfc^iii 225. 312. 
^am 96. 
^atrjarina II. 347. 
J^aufmann 229 f. 248. 
.hausier 223. 
J^agner 95. 186. 
ÜtUn 4. 49. 
!^ern, SPfarrcr 230. 358. 

„ ^rofeffor 259. 
Denier, D»s5(mtinann 74, 

„ 3ufttnii8 5. 87. 

162. 253. 394. 
S^tbcrlcn 43. 230. 
^ir*§eim u. St. 152. 
maihtx, 3. 369. 
mtin ö. 104. 163. 
mingcr 1. 49. 137 f. 172. 

234. 
ßlopft'ocf 1. 9. 12. 14 f. 

20. 22 f. 32 f. 38. 45. 

49. 54, 65. 67. 72. 79. 

82. 95 f. 97 f. 102. 

123. f. 146. 171. 189 ff. 

193 f. 246. 272. 278. 

292. 311 ff. 332 f. 335. 

353. 369. 371. 375. 
^napp, i?I. 210. 308. 
^obcK 99. 
Coburg, ^riiiä ßubto. ö. 

212. 
Ülo« 15. 
Äod)cm 109. 
Slönig, 9^ürnbcrgcr ^{^^ 

tcr 21. 
^önig,fiittcrar]^tftorifcr3. 

391. 
S^öuig«bronn 30. 97. 
Äöftitn 376. 
J^onucrfationglciifon 

^et)erfd)eS 282. 

Sflcutlingcr 299. 
Sorn 80. 

Slofcgartcn 326. 341. 
Äricgf 166. 
Shtc^en 43. 
Äu^n 116. 
^ü^ne 92. 



ilura, ^, 156. 182. 203. 
328. 354. 394. 

ßaiige 312. 

ßappenbcrg III. 171. 190. 
i^auban 6. 
2au!^arbt 388. 
ßautcrburg 21. 30. 
i^aöatcr 52. 127. 137. 

179. 186. 212. 
«clfetüie 123. 
2tn 1. 49. 123. 325. 
£eo))oIb üon ^effau 343. 
ßcffing 23. 65. 69. 72. 

97. 103 f. 125. 146. 

311.314.316.322.326. 

333 f. 
Serben ö. 102. 105. 111. 
Sc^ifalifc^cg 27. 98. 307. 

316. 366. ff. 
ßimpurg 31. 
Sinbquift 211. 229. 
ßiSco» 332. 
ßi^niaim 6. 
ßom 377. 
ßonboii 170. 
«od 107. 109 f. 140. 
ßuboöifc(a3u*)217.221. 
ßubtotg öon S3al)cru 94. 
ßubtotgSburg 26. 48. 74. 

80 ff. 91. 97. 193. 215. 
fiutbcr 12. 30. 46. 310. 

331. 356. 

SK. 

Tlakx, preub. ®eneraI20. 

„ ©uperintenbent 

in SWörbltngcn 19. 
ajlaltiö 12. 14. 
a)knn^etm 95. 97. 103 f. 

149. 378. 
anara 377. 
2Rarc6anb 104. 
anaria2:§crcfial56.158. 

347. 
3Jiartiu 230. 
a^att^ifon 243. 
anasimiliau Sofep^ III. 

107. 140. 157. 
ma\)tx 243. 
mtmx^ 200. 
a^klait^t^on 18. 



SRcrtcn^ 127. 
mtxi 128. 147. 
^id)aert^ 82. 
2ntacrl35.149.153.165. 

171. 186. 189 ff. 192. 

196.213.226.230.254. 

313.322.331.357.373. 
aJltlton 49. 83. 98. 124. 

272. 330. 
anontmadtn 83. 
moxact 50. 353. 
anörife 5. 173. 
aWofer, 3, 3. 174. 184. 

187 
SWogart 350. 
amittcr, 3WaIcr 99. 263. 

277.282.321.324.393. 
3}^ünd)cu 105. 195. 
SWufäuS 373. 
anufif, iftr SBcfen 12. 92. 

9^apoIco« I. 6. 
maptl 378. 
aicffclrobc 97. 
9icuffcr 307. 

Snicolat 158. 181. 187.189. 
md 162. 
mdtl Üb f. 
«yiicbcrftofeingcn 30. 33. 
Dbrbatncrtfa 157. 
aiörblingcn 7. 16 ff. 
9iftrubcrg 5. 7. 20. 37. 
149. 

C. 

)berfontI)dm 3. 
ilenfiautj 50. 
ircnftcin 145. 
Offian 98. 331. 

gftcrtoalb 106. 140. 
tingcr 45. 94. 
Oöib 8. 67. 217. 

g^a^I 22. 91. 132. 215. 

336. 
^aaeSfe 114. 126. 204. 

209. 319. 390. 
Saliner 897. 
$aoIt 62. 
$an8 145. 170. 
'$at)tx 176. 



406 



Slcgiftcr. 



Sßctcröburfl 110. 145. 
Sßetcrfcn 201. 
SPfalgcr 95. 103. 
Sßfcffcl 323. 
5ßPgcr, 5ß. 339. 
$inbar 67. 70. 
traten 283. 
$i)Ien 344. 
$on 228. 
Combat 341. 
$ompabour 166. 
$ope 49. 333. 
^offclt 225 f. 370. 

Sßrcffcl, gfricbri* 3. 34. 
72. 145. 147. 184. 257. 
351. 367. 388. 

Sßrcffcl, 5ßaul 310. 

$ßrcu6cn 81. 94. 130. 157 
224 f. 248. 250. 336 ff. 

oon 225. 

SPrcufecn, jjriebcrifc, 
^rtngefftn t)on 225. 

$ßru^ 10. 13. 71. 119. 181. 
257.299.305.351.356. 
388. 

a. 

Dumtllmn 47. 50. 



a^abcner 309. 
SRaff 377. 

SRamler 225. 312. 333. 
mam^kx 238. 
man 38 f. 71. 
SRccIam, Sߧ. 2. 265. 
gflcinöl 238. 

SR^cintüalb 186. 207. 212. 
218. 

mth ü. 155. 158 f. 
aflicbcr 8. 9. 

SRtcbcfcI,a3aroucffcü.l44. 
SRicgcr 153. 171. 173. 

176 f. 180. 184. 188 f. 

201. 205. 209 f. 318. 

376. 402. 

mnqkx 227. 
9flina,aKaj204.252.390. 
Sflouffeau 216. 
gflftmclm 188. 



^aarbrucfen 95. 

)Subtvtg \). 6aarbrü(f en 

95. 
(Balk 107. 
@anber§ 316. 368. 
Sattler 21. 
©aucr 69. 222. 224. 265. 

269. 301. 355. 393. 
(Sd&äfer 275. 
©(^arfenftcin 207. 
(B^ttkx 213. 222. 402. 
„ @ugen D. 252. 
©cficiblc 2. 69. 224. 264. 
©^ciblin 179. 203. 221. 
©d^crr 391. 
(Sd^ittcr 5. 13. 23. 48. 52. 

65. 99. 104. 121. 124 f. 

142.166.171. 183. 200f. 

203. 205 ff. 212. 233. 

237.273.285.301.306f. 

316 f. 332. 339. 
©d^itterSSmittcr 207.212. 
„ @(ötöcftcr (S^ri- 

ftoD^inc 218. 390. 
©Älctcrmacfter 55. 308. 
@(Ötottcrbcrf,2)i(ötcr 242. 

ff Vi«, o« ö55. 

6(^mettau 101. 
©c^mibS f^toäb. SBörtcr* 

hndi 27. 165. 390. 
<o*mibt, ®x\d) 136. 325. 

393. 
(Scftmibt, Sultan 399. 
@(^mibt^SBet6enfeIiS 203. 
©d^ncibcr, Söatcr 37. 
@o^n 37. 
^d)oK, Amtmann 149. 

154 194. 259. 
(ödftoll, ßittcrar^iftorifcr 

165. 391. 
Sd^ubart aus ©d^Iefien 6. 
,, in SßariS 29. 
» ^räccptor in 

Oberfont^eim, bann 

2)ta!onuS in $la(en 6 ff. 

10. 15 f. 106. 130. 230. 

401. 

feine ©attin 6 ff. 15. 

25.106.186. 197.231. 
@(|iubart, (Sör. fjr. 2). 

Aberglauben, ^^nun^^ 
gen, Xräume 2C. 32. 
35. 77. 



©(^ubart, Gör. fjr. 35. 
2(mt8f*eu72. 76. 117. 
Slpatl&ie 117. 221. 
»elefcnl^eit 19. 49. 
^etpunbentng , ^tu 

gung gur 83. 14. 105. 

268. 
G^^arahergüge 384. 
S)enamator 22. 123. 

125 f. 
2)i(l&ter 21. 51. 71. 93. 

125. 262. 270 ff. 
2)n}bruberfd^af t, ^ang 

gur 2c. 100. 
^itelfett unb ®xoi' 

mannfud^t 12. 32. 

38. 150. 
©nttoidflung 10. 21. 

248. 
@r5ie^ung 7. 
®jtremfu*t 11. 14. 

112. 210. 227. 244. 

258 
^taliSmug 35. 40. 

222. 
greife 47. 
§ragmentarif(^eiJ ©e* 

nie 117. 383. 
fjreimut 32. 
SeburtSbatuut 3. 
©effi^lS' unb ^f)a\u 

tafiemeufd^ 11. 42. 

111. 
®eiftej»antagen 126. 
®eifta*feit, ©teffung 

äur ®. 38. 73. 101. 

130. 145. 
©efettigfeit unb WtiU 

teilungSbrang 173. 
@utniütig!cit,^erfö^n« 

lid&feit, fJfeinbcS^ 

liebe, opttmiftifc^e 

Beurteilung Slnberer 

5.105.135.315.384. 
gournalift (Sßubligift) 

116 ff. 
^5rj}erHd6e Befc^affen- 

f)txt 34. 353 ff. 
^ritifdde S3egabung u. 

(SigentOmitd^feit 15. 

33. 45 ff. 49. 72. 

103. 123 ff. 164. 

308. 314. 326. 355. 
a»ufifer 10. 12. 17. 20. 



iHcgiftcr. 



407 



©c^ubart, (^ftr. gr. 3). 
25 f. 30. 48. 48. 74. 
93. 97. 107. 128. 
212f.219. 273. 276. 
375 ff. 

9?cröofitöt 369. 
Slüc^tcrnc ©cfonncn» 

f)cit 380. 
$abagogifc^e Btqa^ 

bung 36 ff. 43. 51. 

57. 65. 398. 
^$omi!cr341.352.356. 
iprcbigcr 30. 45. 75 f. 
sproblcmattf^c dlatnx 

36. 42. 127. 352. 
^^JrofcfforStitcI 229. 
$rotcftantifd)c ©cfin« 

iiung 3. 111. 338. 
'Jlad)e 210. 

3lcbncr 62. 65 f. 117. 
>RcIigtöfc ©nltotrflung 

imb ®tgcntüntn^f eit 

15. 17ff. 30. 85. 40. 

45. 53. 77. 80. 83. 

88. 93. 100. 102. 

106. 109. 111. 149. 

173 f. 179 f. 210. 

244. 255. 257 f. 308. 

355. 360. 

ditnt 258. 
SHufnamc 3. 
SAcintob? 252. 399. 
S*mcic§crct 206. 237 
Sc^toermut, ^Pcfflmig* 

mug, Sftcue 2c. 11. 

93. 100. 109. 120. 

©clbftdEiaraftcnftif 45. 
114. 245. 259. 

StammcÄangcl^örtgfcit 
8 ff. 

@tcaretfbic§ter73.238. 

Stirn unb Söcrtoaltcr 
beiS @prad6fc^a(eS 
49. 62. 284. 357. 

Stimme 126. 
Xicrfreunb 130. 350. 
2:ruu!ticbc51.79.133. 
211. 359. 

Umgang mit @crtn= 
gercn 17. 32. 38. 

Umgang mit Offigicren 

»/7. 



8c^ubart, (£^r. ^r. S). 
UnÜug^eit, unprafti« 

fc^cg äöcfcn, Unorb= 

nunp 93. 114. 
Unrul^tge SSerönbe^ 

rung8fu4t72.74.76. 
Unborfi^tigfcit 44. 76. 

116. 120. 149. 
Söatcrianbgs unb $ei* 

matSlofigfeit 338. 
a5atcrranbSlicbc62.96. 

104. 335. 337. 350. 

875. 399. 
SBcrglidftcn mit ©ürger 

328, 
mit ©octöc 320. 380. 

391. 
mit ßcffing 329 f., 
mit mop^iod 278 f., 
mit ©Ritter 121. 319. 

880. 891. 
SSorlcfcr 126. 
2Bcibcr^crrfd&aft,t5ctnb 

bcr 2Ö. 112. 140. 

166. 340. 
SBeinerlic^eS äBefen 

226. 244. 249. 280. 
äBiltendfc^toäc^e 11.42. 
SBi^tooTte unb ^p'6U 

tcrcicn 72 f. 86. 177. 

200. 238. 395. 
äBobaniSartigeS in fei- 
nem SBefen 281. 
SBoblt^ätigfeit 32. 240. 
SBoÄuft 16. 21. 90. 94. 

134. 

iSdjubarts HOerke: 

a) ©ebid^te (mit htn 
3aubercien). 

S3erf(6iebene ^ludgaben 
ber®ebid^te222.261. 

2:obeSgefänge 71. 

3ciubcreien 67. 

Mht^ Stob, Obe auf 66. 

5lngft über fclbftöer» 
fd^ulbetes Reiben 28. 

STufruf 264. 

Sludfic^t bte 288. 

»abefur 67. 

23auer in bcr ®rnte, 
ber 290. 

SBittc 210. 289. 



©d&ubart, (£br. 8r. ^. 
mid \m m 180. 
S3outt)ingbaufen an 

219 f. 
(Sl&ronog an 121 f. 
S)anf für bie ßarfe 7. 
S)en!mal in SBingoIfS 
$aae 17.27.98.100. 
S)eutfc^er ^robingial« 

mert 3. 267. 
S)rci3c^nte Wdxi 1790, 

ber 268. 
©ntgauberte ®if erf uc^t, 

bic 67. 
®rfte ©dtinee, ber 288. 
©»ige 3ubc, bcr 291 f. 

305. 
g^Iud^ be8 Sßatermörs 
bcrS 143 202. 294. 
S^ranciiSfuiS beiS @rften 

Xoh 66. 273. 
gr. an 214. 224. 287. 
§ricbrid& bcr ®ro6c, 
ein $k)mnud 224. 
273. 303. 305 f. 
friebric^8Xob224.273. 
frifc^Iin 5. 266. 
frommen, ber t?. Sßic* 
berfe^en 50. 
grofc^fritif 4. 132. 
§ürttengruft, bic 50. 
170 ff. 191. 195 ff. 
201. 206. 296. 305. 
356. 393. 
Gattin, an meine 288. 
©cbct um 3ofep^« ®c» 

nefung 112. 
(befangene, bcr 306. 
©efangcncn Sänger, 

bic 806. 
©lüdlic^e ©bemann, 

bcr 36. 220. 
©uibal an 89. 160 f. 

164. 224. 287. 
©Ute Prft, ber 31. 
^ofmann, auf einen 

$. 86. 
3jion 44. 68. 
3cfu Steinen über Sc* 

rufafem 54. 
Äalte aWic^ef, ber 295. 
S^aplicb 50. 224. 267. 

278. 297 ff. 
ßajenburg 204, 



408 



Stcgiftcr. 



ßicbc im Äcrfcr 165. 
ßinbc, bic 288. 
ßottcug aöicQcnfcft 90. 

287 
afjac^t bcS ^lutug 67 f. 
3»örd&cn 123. 
anonb, an bcn 288. 
3Jluttcr§cn 7. 
^önic auf ba^ ßiffa- 

boncr ©rbbcbcn 19. 
$arobteberßttauci86. 
^JJafftonSlteb 50. 
^roöiforlicb 52. 
^fcuboKeift 69. 
madjt einer dlapta 67. 
3fled)tc® raub', bcr 295. 
SReid&gablcr 268. 
Sfltcgcr» Xob, auf 208. 
(Sotang SBieberfcl^r 

274. 291. 
^c^äd^er am ^reu^, ber 

274. 278 
^S^tffer, an 205. 209 f. 
@c^neiber auf S^leifen, 

ber 4. 20. 268. 
@Ah)abcn, an bie 4.140. 
<Sc9tt)abcnIicb 8. 
@c6tt)abenmäbcl^en, 

bad 3. 
<Sc§tt)ä6ifcl^e5 SBaucrn* 

lieb 4. 269. 
@elmar an feinen SBru- 

ber 179. 
eelbflanttage 28. 165. 

173. 
©eraftnaS SSki^ege- 

fang 217. 
<Simanoh)i3, an 214. 

237. 
@j)encer 68. 
SCöalia» DDfer 270. 
^eon an äBill^elminen 

287. 
Xroft eines ®ef angenen 

210. 
^ilrfengefang 164. 
S^erlorne ©ol^n, ber 

291. 
Sßifffomm 169. 
SQ3ud)ercr, bie 274. 
^unbert^ätige Ärugi* 

fij, baS 291. 
Sauber^ain, ber 67. 



(ödbubart, G^r. ^r. S). 
3eid)en ber 3cit 264. 

347. 
m, an 178. 
3too ©c^toefterfeelen, 

bie 217. 221, 

b) ©rgal^lungen. 

©efd^ic^te eines @enieS 

29. 114. 
3ur ©efc^lc^te beS 

menfc^Itc^en^erjenS 

29. 141 ff. 200. 
^eblöig, eine ^eirats^ 

gefeilteste 285. 
3Karj ber ©tra^Ibue 

26 ff. 234 f. 

tilfler, ber 112. 

Hnton üon ^aleu 232. 

235. 
Sßeiffagcn, 2lne!bote 

öom 295. 

c) ßebenSbefdjrei* 

bungen. 

mnum XIV. 140. 
£cben SrfftabtS 140. 
©d&ubarts 2tbm unb 

tSefinnungen ,6. 44. 

45. 81. 3S2. 

d) Briefe 45. 94. 120. 

I9h 365. 387. 

e) (Sl^ronif, beutfd&e2C. 

.62. 71.86.104. 114 ff. 
128. 131. 133. 144. 
148. 150. 156. 162. 
164. 208. 236 f. 
242. 250. 254. 266. 
341. 356. 

f) Stft^etifc^eg. 

äft^ett! ber $£:onfunft 
213. 876 

2)iebcutfd&e5abeI334. 

^rot)ftocf8 fletne ^)oe- 
tifc^e unb profatfc^e 
SBerfe 82. 124.311. 

^itifd^e @cala ber öor* 
güglic^ften beutfd^en 
SDic^ter 124. 330. 



©d^ubart, (^^r. gr. 3). 
Äur^^faftteS ßcörbud) 

ber fc^änen SSiffcn= 

fc^often 308 ff. 
Söorlefungcn über ^a- 

Ux<x 2C. 309. 
)ßom mufifalifc^cn ©e- 

nie 379. 



©c^ubartS ©attin 7. 34. 

36. 40 ff. 74. 79 f. 84. 

88 f. 113. 131. 134. 

150.158.166.173.187. 

189. 194 f. 219. 222. 

246. 249. 251. 254. 284. 

357. 401. 402. 
(ocöubartS ©o^ngriebrid^ 

Oiottlieb 82. 
©d^ubartS ©o^n ßubtoig 

7. 29. 67. 90. 128. 141. 

151.153.163.171.175. 

179.196.205.207.227. 

246.255.257.261.293. 

305 f. 321 336. 352 f. 

357.361.367.382.401. 

402. 
@d)ubürt8 Xo^ter Sulic 

153. 227. 229 f. 258 f. 

401. 402. 
@dEiubart8 trüber Äon= 

rab 3. 9. 29. 35. 133 f. 

148. 197 f. 232. 
a)effen ©attin eat^arina 

35. 230. 
©AubartS ©ruber 3o= 

^ann3afob 9. 30.79.82. 

©eine ©c^toeftcrn: 
3uliane ©d&ubart,«ödf §§ 

©attin 9. 106. 
3a&)bine ©d^ub., $oQerS 

©attin 9. 84 f. 230. 
(Sdbülen 21. 30. 
©dbuler 230. 
©dbulted 133. 138. 145. 
©dbunter 21. 
©cötoab (Söriftopö 307. 

©uftaö 5. 
©dbtoaben 3. 5. 119. 
@db»an 95. 103. 
©cnioeben 23. 157. 
©ättjeij 138. 144. 
(Sc^ttJeftingen 97. 102. 
8eeger 169. 199. 228. 

362. 



9flcg?ftcr. 



409 



(Scibltn 21. 
©cmlcr 45 f. 308. 
©cuffcrt 100. 103. 329. 

393. 
©c^bolb 884. 
e^ofcfpcorc 49. 98. 104. 

124. 331. 364. 
6ttnanott)tg £ubot)ife 

217 ff. 221. 237. 389. 
(Simon 230. 
©öflingcn 146. 
(Spalbtng 45. 
eptttlcr 199. 376. 
@t)onc(f 151. 
(Staac 113. 309. 
(Stöublin 253. 307. 357. 
(Stein 127. 
(Stcinl^ofcr 24. 
©tcttcn ö. 127. 
@tcub 177. 
(Stod^olm 110. 113 
(Stolbcrg, bcibc 137. 192. 
griö 125. 138. 
332. 
@trau6 1. 16. 31. 35 f. 

44. 48 f. 65 ff. 79. 81. 

84f. 90.110. 116.124. 

132 f. 137. 157. 163. 

166. 168. 171. 177. 

180 f. 184 f. 186. 188. 

193. 195. 198 f. 210. 

217. 222 f. 228. 232. 

235 f. 244. 247. 252. 

263.269.274.277.282. 

285.294.296.301.306. 

308.314.329.346.360. 

362.365.387.389.392. 
@trcic6cr 206. 390. 
(Strcid^crin Söarbara 84. 

89. 163. 
(Stübcr 230. 
(Stuttgart 10. 215. 



(Sucton 8. 

^nlibaä) am ^oc^er 5. 

(Suljcr 137. 

2. 

XtUtx 45 f. 
Si:btIo 16 ff. 19. 
SCöomag 26. 
Xöomfon 69. 163. 
Tübingen 145. 215. 
Stürf^cim ö. 90. 

U. 

Urlaub 5. 

Ulm 4. 34. 43. 72. 75. 

130 ff. 140. 195. 280. 

237. 270. 
Ulmcr Sntcttigcnsblatt 

131. 184. 138 f. 143. 
Ungarn 349. 
U^ 332. 

Sßa^rcnbü^Icr 151. 
Sßcl^ 160 ff. 166 ff. 
Sl^cncbig 344. 
mmax 278. 299. 386. 
aStf^cr 124. 258. 278. 

387 f. 399. 
Söoglcr 219. 375. 377. 
Söoftairc 97. 109. 118. 

146. 166. 217. 330. 
»o6 295. 322. 
»o6Icr 214 ff. 221. 

SS. 

maä)^ 94. 

SBagncr ßcopolb 1. 325. 
393. 



Sßagner^ ©cfd^td^tc bcr 
]&oben S?arl§fd)ure 134. 
252. 

Sßalbig »urfarb 832. 

SBebcr (3)cmofrtt) 4. 
„ 2B. ®. SProfcffor 
in g^ranffurt a. 3)1 78. 
136. 145. 226. 263. 
304. 380. 385. 

SBcbcrg SBeltgcfd^id&tc 3. 

171. 299. 353. 
SBcifecr 156. 395. 
SBef^erlin 385 f. 
SBcrt^ctm 30. 
Sßicianb 19. 33. 67. 69 f. 

98. 125. 146. 158. 814. 

330. 383. 337. 
SBien 110. 375. 
SBimpfcn ö. 90. 
aßinfclmann 97. 
Wi^of)M\i 4. 35. 60. 66. 

141. 155. 258. 270. 

282. 309. 387. 339 ff. 

341. 392 f. 
S^olbodö 72. 
Sßöttncr 339. 858. 361. 
SBoIjogcn .Caroline öon 

172. 207. 
SBunb 97. 
SBürgburg 106. 

goung 22. 98. 332. 

jad^arid 23. 69. 

APf 129. 

[imng 74. 87 f. 175 f. 

204 f. 220. 402. 
3tppcrcr 301. 
Bmetbrüdeu 207. 



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