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Full text of "Cryptogamen"

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Cryptogamen 

Von 

Dr.  Heinrich  Schenck. 


Abdruck 

aus  dem 

Lehrbiicli  der  Botanik 

für  Hochschulen 


Dr.  Eduard  Strasl)urger 

0.  ö.  Professor  an  der  Universität  Bonn. 

Dr.  Fritz  Noll  Dr.  Heinrich  Schenck 

Professor  a.  d.  Landw.  AKad.  Bonn-Poppelsdorf,  Professor  an  der  Technischen  Hochschule 

a.  0.  Prof.  a.  d.  Univ.  Bonn.  in  Darmstadt. 

t  Dr.  A.  F.  W.  Schiniper 

0.  Professor  an  der  Universität  Basel. 


5.  verbesserte  Auflage. 


Verlag  vou  Gustav  Fischer  in  Jena. 
1902. 


Druck  von  Brnitkopf  &  Härtel  in  Leipzig. 


C  r(7 
/  90  ^ 


ZWEITER  THEIL. 

Specielle  Botanik. 


BOTANlCAiL 
•    GARDHN 


Die  specielle  Botanik  ist  die  specielle  Morphologie  und  Physiologie  der 
Gewächse.  Während  der  allgemeinen  Botanik  die  Aufgabe  zuüel,  uns  mit 
den  Gesetzen  bekannt  zu  machen,  welche  die  Gestaltung  und  die  Lebens- 
vorgäuge  im  ganzen  Pflanzenreich  beherrschen,  soll  uns  die  specielle  Botanik 
in  die  Gestaltung  und  die  Lebensvorgänge  der  einzelnen  Abtheilungen  des 
I^flanzenreiches  einführen.  In  der  allgemeinen  Morphologie  waren  wir  bestrebt, 
die  äussere  und  innere  Gliederung  des  Pflanzenkürpers  phylogenetisch  ab- 
zuleiten imd  die  Mannichfaltigkeit  der  Gestalten  auf  die  Grundformen  zurück- 
zuführen, aus  welchen  sie  hervorgingen.  In  der  speciellen  Morphologie  wird 
es  unsere  Aufgabe  vor  Allem  sein^  der  Ausbildung  zu  folgen,  welche  die 
Gestalt  in  den  einzelnen  Abtheilungen  des  Pflanzenreichs  erlangte  und  die 
Form  bestimmter  Pflanzen  zu  begreifen,  indem  wir  sie  in  Verbindung  mit 
anderen  Formen  bringen.  So  ist  auch  die  Aufgabe  der  speciellen  Morpho- 
logie eine  phylogenetische  und  liefert  uns  den  Schlüssel  zur  Aufstellung 
eines  natürlichen  Systems  der  Organismen;  denn  als  ein  natür- 
liches System  der  Organismen  kann  nur  jenes  gelten,  das  auf  der  wirk- 
liclien  Verwandtschaft  der  Organismen  fusst.  Freilich  wird  jedes  von  uns 
aufgestellte  natürliche  System  der  Organismen  nur  ein  sehr  unvollkommenes 
sein,  da  wir  den  phylogenetischen  Zusammenhang  nicht  direct  feststellen, 
sondern  nur  indirect  aus  dem  morphologischen  Vergleich  erschliessen 
müssen.  Die  Aufgabe,  die  wir  uns  stellen,  ist  aber  au  sich  eben  so  richtig 
als  berechtigt. 

Einem  solchen  natürlichen  System  der  Organismen,  welches  nach  dem 
wirklichen  Zusammeidiang  zwischen  den  Wesen  sucht,  stehen  die  künst- 
licjien  Systeme  gegenüber,  welche  von  vorne  herein  nur  ein  praktisches 
Ziel  in's  Auge  fassen  und  die  Wesen  so  gruppiren  wollen,  dass  man  jedes 
derselben  möglichst  leicht  auffinden  oder  bestimmen  könne.  Von  allen  künst- 
lichen Systemen  früherer  Zeiten  kommt  für  uns  nur  noch  das  von  Carl  Lixxe 
im  Jahre  IT/iö  aufgestellte  sogen.  Sexualsvstem  in  Betracht. 

LixNE  verwcrtlit'tc  uusHcliliosslicli  Merkiiiale,  welche  sich  auf  die  Verhältnisse  der 
Geschlechtsorf^ane  beziehen  nml  unterschied  danach  in  seinem  Sc.xualsystem  im  Ganzen 
24  Klassen  von  l'flanzcii.  In  der  letzten  24.  Klasse  vereinifi'te  er  alle  Gewächse  olme 
deutlich  sichtbare  (icscldeclitsorji-ane  und  nannte  sie  Cryptoganien:  es  waren  von 
denselben  damals  nur  relativ  wcnifj^e  Formen  bekannt  und  die  complicirten  Fortpfianzunfjs- 
vcrhältnisse  dieser  f,'-rossen  GcwiiclisuTUpitc  lagen  nocli  in  tidViii  l)iiiik('l.  T>i'n  ("ryi)to- 
gamen  stehen  die  übrigen  2:5  Klassen  als  riianerogaiucn  oder  l'tianzcii  mit  deutlich 
sichtbaren  (ieschlechtsorganen  in  liliithen  ge.ireniil»er.  Die  Phanerogamenklassen  unter- 
sdiied  LixNK  zunächst  nach  der  A'citlicilinig  der  (Jeschlechter  in  den  F.lütheu  in  solche 
ndt  Zwitterbliithen  fKlasse  I  — XX  und  solche  nnt  eingeschlechtigen  oder  ))olygamcn 
niiithen  XXl  —  XXIII,.  Die  zwitterbliithigen  tlicilte  er  weiter  in  drei  Grujjpen  ein, 
l'Hanzen  mit  freien  Staubgefässen  (I-XV),  solclir  mit  verwachsenen  Staubgefässen 
(XVI — XIX)  und  solche,  deren  Staubgefiisse  mit  dein  l'iiiciitloiotcn  verwachsen  sind  (XX  ; 
die  erste  dieser  drei  (jrupjieu  wcitcrliin  nach  der  Zalii.    der  Insertion  und  den  Längen- 


Cryptogamen.  257 

Allgemeiu  verbreiten  imd  vermebreu  sieb  die  Tballopbyteu  durcb  im- 
g-escblecbtlicb  erzeugte  Sporen  von  verscbiedener  Ausbildungsweise  bei  den 
einzchicn  Gruppen;  daneben  tritt  aber  aueb,  allerding^^  nicbt  bei  sämmt- 
licben  Kkissen,  g-escblecbtlicbe  Fortptianzung-  auf.  Diese  Fortpflanzung-  be- 
steht im  einfachsten  Fall  in  der  Vereinigung-  oder  Copulation  oder  Con- 
jugation  zweier  gleichgestalteter  Sexualzellen  oder  Gameten  zu 
einer  einzigen  Zelle,  der  Zygospore  oder  Zygote.  Bei  manchen  höher 
stehenden  Formen  aber  erscheinen  die  Gameten  differenzirt  in  kleine  männ- 
liche Zellen,  Spermatozoiden  und  grössere  weibliche  Zellen,  Eier  oder 
Oosphäreu,  und  aus  der  Verschmelzung  eines  Eies  mit  einem  Spermato- 
zoid  geht  eine  sogen.  Oospore  hervor.  Die  erstere  Form  der  sexuellen 
Fortptianzung  oder  Befruchtung  wird  Isogamie,  die  letztere  Oogamie  ge- 
nannt; beide  sind  durch  Uebergangsformen  mit  einander  verbunden.  Man 
nimmt  au,  dass  die  Sexualzellen  aus  ungeschlechtlichen  Sporen  phylo- 
genetisch hervorgegangen  sind,  und  dass  die  ungeschlechtliche  Vermehrung 
aus  der  einfachen  Zelltheilung  entstanden  ist. 

"Wälirend  bei  gewissen  Tliallopliyteu  ausschliesslich  ungeschlechtliche,  bei  anderen 
nur  geschlechtliche  Fortpflanzung  stattfindet,  kommen  bei  vielen  beide  Formen  der 
Fortptianzung  vor,  sei  es  an  derselben  Pflanze  neben  oder  nach  einander,  oder  sei  es 
in  aufeinanderfolgenden  getrennten  CTcnerationen.  Im  Allgemeinen  ist  aber  bei  den  Thallo- 
phyten  keine  regelmässige  Aufeinanderfolge  von  ungeschlechtlichen  und  geschlechtlichen 
CTcnerationen  vorhanden,  da  äussere  Factoren  für  die  Art  der  Fortpflanzung  von  wich- 
tigem Einfluss  sind  V-  Nnr  bei  einigen  wenigen  Gruppen  den  Rothalgen  und  gewissen 
Fadenpilzen^  folgt  regelmässig  auf  eine  geschlechtliche  Generation  (Gametophyt)  eine 
ungeschlechtliche  (Sporophyt)  in  ähnlicher  Weise  wie  bei  allen  Bryophyten  und  Pteri- 
dophyten  ein  solcher  Generationswechsel  vorhanden  ist. 

LIBRART 

Klasse  I.  NEW  YORK 

Flagellata,  Flagellaten(-).  ROTamcal. 

Die  Flagellaten  bilden  eine  sehr  formenreiche  Gruppe  einzelliger  meist  wasser- 
liewohnender  Organismen,  welche  pflanzliche  und  thierische  Eigenschaften  in  sieh  ver- 
einigen und  als  Ausgangsformeu  einerseits  für  einzellige  Thallophyten,  andererseits  für 
Protozoen  betrachtet  werden  können. 

Der  contractile  oder  amöboid  sich  bewegende  Protoplast  dieser  Organismen  ist 
nach  aussen  durch  eine  dichtere  Plasmameinbran.  nicht  durch  eine  feste  abgeschiedene 
Zellliaiit.  abgegrenzt.  Er  besitzt  eine  oder  mehrere  Cilieu  (Geissein,  Flagellen)  als  Be- 
wegungsorgane, fiUirf  einen  Zellkern,  pulsirende  Vacuoleu  und  bei  vielen  Arten  wohl- 
ausgebildete grüne,  gelbe  oder  gelbbraune  Cliromatophoren.  vermag  also  dann  selbst- 
ständig zu  assimiliren,  ist  aber  gleichzeitig  zu  saprophytischer  oder  auch  animalisclicr 
Lebensweise,  die  den  farblosen  Arten  ausschliesslicli  zukommt,  befähigt.  Die  Aufnaliuie 
fester  Xalirungspartikelchen  kann  entweder  an  jeder  Stelle  der  Körperoberflächc  oder 
nur  an  besonderen  in  Ein-  .oder  Zweizahl  vorhandenen  Mundstellen  erfolgen. 

Für  gewisse  Arten  ist  festgestellt,  dass  sie  sowohl  in  chlorophyllführenden  als  auch 
in  farblosen  Formen  mit  reducirten  Chromatophoren  je  nach  dem  Wechsel  der  Ernäh- 

*  rungsbedingungen  auftreten,  so  z.B.  für  die  grüne  Einjlmn  gracilis.^,. 

^     ^     Die  Vermehrung  geschielit   auf  rein  vegetativem  Wege  durch  Längstheihmg.     Bei 
vielen  werden  dickwandige  Dauercysteu  als  ruhende  Sporen  erzeugt,  während  sexuelle 

O  Fortpflanzung  fehlt. 

Klasse  IL 
g  Myxomycetes,  Schleinipilze('). 

Die  Schleimpilze  bilden  eine  selbstständige  Gruppe  von  niederen  Thallo- 
phyten;   sie    nehmen   ebenfalls   eine    Mittelstellung    zwischen   Pflanzen    und 

S  t  ras  bürg  er,  Lehrbuch  der  Botanik.     .'>.  Autl.  \'J 


258  Schenck: 

Thiereu  ein  und  wurden  daher  auch  als  Mycefoxoa  oder  Püxthiere  bezeichnet. 
Sie  sind  in  zahlreichen  Arten  über  die  ganze  Erde  verbreitet.  Im  vege- 
tativen Zustande  bestehen  die  Schleimpilze  aus  nackten,  saprophytisch  sich 
ernährenden  Protoplasmamassen,  den  Plasmodien,  welche  zahlreiche  kleine 
Zellkerne  enthalten,  des  Chlorophylls  vollständig  ermangeln  und  als  Keserve- 
stoff  keine  Stärke,  sondern  Glukogen  führen.  Die  Plasmodien  (S.  46]  finden 
sich  mit  Vorliebe  auf  dem  Boden  der  Wälder,  auf  abgefallenen  Blättern, 
auf  und  in  faulendem  Holz.  Sie  kriechen  unter  Formänderung  im  Substrat 
umher,  indem  sie  Pseudopodien  oder  Fortsätze  an  ihrer  Peripherie  aus- 
senden, die  wieder  mit  einander  verschmelzen  können.  Ihre  Bewegungen 
werden  ausgelöst  durch  das  Licht,  die  Wärme,  die  Feuchtigkeitsverhältnisse 
und  die  Nahrungszufuhr  im  Substrat.  Während  sie  im  vegetativen  Zustand 
negativ  heliotropisch  und  positiv  hydrotropisch  sind,  ändern  sich  diese 
Eigenschaften,  wenn  sie  zur  Sporenbildung  übergehen.  Dann  kriecht  das 
Plasmodium  aus  dem  Substrat  zu  Licht  und  Luft  empor,  kommt  zur  Ruhe 
und  wandelt  sich  je  nach  den  Gattungen  in  einen  einzigen  oder  in  zahl- 
reiche, dicht  neben  einander  stehende  Fruchtkörper  um.  Jeder  Fruchtkörper 
bildet  an  der  Peripherie  ein  Hülle,  Peridinm;  sein  vielkerniges  Proto- 
plasma theilt  sich  durch  Zerklüftung  in  zahlreiche  kleine,  mit  Membran 
umkleidete  und  je  einen  Zellkern  führende  Sporen,  entweder  erst  nach 
Abschluss  der  Kerntheilungen  (bei  Trichia),  oder  aber  noch  während  der 
Kerntheilung  zunächst  in  mehrkernige  Segmente,  die  dann  schliesslich  in 
einkernige  Sporen  sich  weiter  zerklUften  (so  bei  Faligo).  Die  Sporen  ent- 
stehen somit  auf  ungeschlechtlichem  Wege.  Im  Innern  der  Sporenbehälter 
oder  Sporangien  kommt  es  bei  vielen  Gattungen  auch  zur  Ausbildung 
eines  Capillitiums  (Fig.  224:  B)  d.h.  isolirter  oder  netzförmig  verbundener 
feiner  Röhrchen  oder  Fasern,  die  neben  den  Sporen  aus  dem  Plasma  ent- 
stehen. Bei  der  Fruchtreife  bricht  das  Peridium  des  Sporangiums  auf,  das 
Capillitium  streckt  sich  hervor  (Fig.  223  B)  und  die  Sporen  werden  durch 
den  Wind  ausgestäubt.  Die  Gattung  Ceratiomyxa  verhält  sich  in  so  fern 
einfacher,  als  die  Fruchtkörper  hier  nicht  mit  einer  Hülle  bedeckt  sind, 
sondern  ihre  Sporen  frei  auf  kleinen  Stielchen  sitzend  erzeugt  werden. 
Sexuelle  Fortpflanzung  fehlt  den  Schleirapilzen  vollständig. 

Die  Ent^Yiekln^o■  der  Plasraodieu  aus  den  Sporen  sei  an  dem  IV'ispiel  von  Chnu- 
drioderma  difforme  erläutert,  einem  sehr  liäufigen,  auf  faulenden  Blättern,  Mist  u.  s.  w. 
lebenden  Schleimpilz.  Die  Sporen  (Fig.  59  a]  können  in  einem  Decoet  von  Kohlblättern 
oder  anderen  Pflanzentheilen  ziu-  Keimung  gebracht  werden.  Der  aus  der  Sporenhaut 
austretende  Protoplast  erzeugt  an  seinem  vorderen  Ende  eine  lange  Cilie  oder  Geissei 
als  Bewegungsorgan  und  wird  so  zu  einer  Schwärmspore  (Fig.  59  e—^),  welche  einen 
deutlichen  Zellkern  am  vorderen  Ende,  am  hinteren  Ende  eine  pulsirende  Vacuole  er- 
kennen lässt  und  im  Wasser  umher  schwimmt.  Tsach  einiger  Zeit  wird  die  Cilie  einge- 
zogen und  die  Schwiirmspore  geht  in  den  Zustand  der  Myxamöbe  über.  Die  Amöben 
können  sich  durch  Theilung  vermehren.  Unter  ungünstigen  Entwicklungsbedingungen 
timgoben  sie  sich  mit  :\rrmbran  und  bilden  Ruhezustände,  sogen.  Microcysten,  welche 
unter  günstigen  Bedingungen  wieder  Scliwärmsporen  austreten  lassen.  Die  Myxamöben 
treten  nach  einiger  Zeit  zu  mehreren  dicht  zusammen  (Fig.  59 ;)  und  v(>rsclimelzen  so  zu 
kleinen  Plasmodien  (Fig.  59w).  diese  zu  gn'isscren  (Fig.  59  ;^ .  wobei  aber  die  Kerne 
nicJit  mit  einander  copuliren.  Amö])en  und  Plasmodien  ernähren  sich  aus  aufgenommenen 
Nahrungskörperchcn  und  zeigen  lebhafte  Plasmaströmungen.  Nach  einigen  Tagen  kommt 
das  Plasmodium  zur  Pulie  und  wandelt  sich  in  die»  kleinen  weissen  Fruclitköri)er  um. 
deren  doitpelte  Wandung  aus  einem  äusseren  kalkhaltigen,  brüchigen  Peridium  und  einer 
inneren  dünnen  Haut  liesteht  und  ausser  den  zahlreichen  Sporen  ein  schwach  entwickeltes 
Capillitium  umschliesst. 

In  ähnlicher  Weise  verläuft  auch  die  Entwicklung  der  übrigen  Schleimpilzc.  Die 
stattlichsten  Plasmodien,  oft  von  über  einen  Fuss  Durchmesser  von  lebhaft  gelber  Farbe 


Cryptog^amen. 


259 


-^\ 


und  ralimai'tiger  Beschaffenheit,  bildet  Fuligo  varians  [Aethalium  septicitm),  die  als  sogen. 
Lohblüthe  im  Sommer  auf  feuchter  Gerberlohe  sehr  verbreitet  ist.  Auf  trockenem  Sub- 
strat künuen  die  Plasmodien  dieses  Schleirapilzes  zu  kugeligen  oder  strangartigen  Dauer- 
zuständen, sogen.  Sclerotien  sich  umwandeln,  um  bei  Zutritt  von  Feuchtigkeit  aus 
diesen  wieder  in  Plasmodienform  auszutreten.  Schliesslich  wird  das  ganze  Plasmodium 
zu  einem  weisslichen.  gelblichen  oder  braunen,  kuchenförmigen.  trockenen  Fruchtkörper, 
welcher  eine  stark  kalkhaltige  Hülle  besitzt,  im  Innern 
durch  zahlreiche  Wandungen  gefächert  ist,  von  einem  fädi- 
gen Capillitium  mit  unregelmässigen,  Kalkkörnchen  ent- 
haltenden Blasen  durchzogen  wird  und  zahlreiche  violett- 
schwarze Sporen  umschliesst.  Dieses  sogen.  Aethalium  ist 
somit  ein  aus  zahlreichen  verschmolzenen  Einzelsporangien 
zusammengesetzter  Fruchtkörper.  wälirend  bei  den  meisten 
übrigen  Schleimpilzen  die  Sporangien  getrennt  ausgebildet 
werden. 

Bau  und  Beschaffenheit  der  Sporangien  geben  die  wich- 
tigsten Merkmale  zur  Unterscheidung  der  einzelnen  Formen  ab. 
Die  meist  braunen 
oder  ockergelben 
Sporangien  sind  ku- 
gelig, oval  oder  auch 
cylindrisch,  gestielt 
(Fig.  223.  225)  oder 
ungestielt  (Fig.  224). 
(lewöhnlich  öffnen 
sie  sich  durch  Ab- 
sprengung  oder  Zer- 
fall des  oberen  Thei- 
les  der  Wandung, 
während  der  untere 
als  Becher  zurück- 
bleibt (Fig.  223  B, 
Fig.  224  JL);  bei  Cri- 
braria  (Fig.  223  (7), 
deren  Fruchtkörper 
kein  Capillitium  ent- 
hält, wird  der  obere 

Theil  gitterartig  durchbrochen,  bei  Stetnonitis  (Fig.  223  Ä)  hin- 
gegen zerfällt  das  ganze  Peridium  und  das  stehen  bleibende 
Capillitium  entspringt  einer  Columella,  der  Fortsetzung  des 
Stiels. 

Zu  den  wenigen  parasitären  Myxomyceten  gehört  die 
Plasmodiophora  Brassicae[^),  welche  die  sogen.  Kohlhernie  an 
Brassica-Arten.  kuollenartige  Verdickungen  am  Strunk  und  an 
den  Nebenwurzeln  der  befallenen  Kohlptianzen  verursacht.  Ihre 
mehrkernigen  Myxamöben  ■  leben  in  grösserer  Anzahl  in  den 
Zellen  dieser  Wucherungen  und  zwar  in  den  Vacuolen  des 
lebendigen  Plasmas  derselben,  verschmelzen  schliesslich  nach 
Aufzehrung  des  Inhalts  der  Wirthzellen  zu  l'lasmodien.    Diese 

theilen  sich  dann  nach  wiederholter  Kerntheilung  in  zahlreiche  behäutete  Sporen,  die 
bei  der  Verwesung  der  Pflanzen  frei  werden.  Die  Sporen  keimen  wie  bei  Chondrio- 
derma.  die  Myxamöben  dringen  wieder  in  die  Wurzeln  junger  Pflanzen  ein.  Eine 
Peridiumbildung  findet  also  nicht  statt,  so  dass  der  Pilz  einen  einfacher  organisirten 
oder  in  Folge  der  parasitären  Lebensweise  in  der  Sporangienbildung  reducirten  Schleim- 
pilz vorstellt. 


Fig.  223.  Eeife  geöffnete  Fruchtkörper 
nach  Entleerung  der  Sporen  A  von  Ste- 
monitis  fusca.  Vergr.  10.  B  von  Arcyria 
punicea.  Vergr.  12.  C  von  Cribraria  rufa. 
Vergr.  32. 


Fig.  224.  Trichia  varia.  A 
Geschlossenes  und  geöff- 
netes Sporangium.  Vgr.  6. 
UCapilllitiumfaser.  Vergr. 
240.  C Sporen.  Vergr.  240. 


Fig.  225.    Leocarpus  fra- 
Gesellige    Einzel- 
sporangien auf  Moos. 

Nat.  Gr. 


gilis 


17=* 


260  Schenck: 

Klasse  III. 
Bacteria,  Bacterieni 


6\ 


Die  Pjacterien  stellen  sehr  einfach  gebaute,  einzellige  oder  fadenförmige 
niedere  Organismen  dar,  Avelche  im  Allgemeinen  wie  die  Schleimpilze  des 
grünen  Farbstoffes  ermangeln  und  meist  saprophytische  oder  parasitische 
Lebensweise  führen.  Sie  sind  in  enormer  Arten-  und  Individuenzahl  über 
die  ganze  Erde,  in  der  Atmosphäre,  im  Wasser,  im  Roden,  ferner  auf  und 
in  todten  oder  lebenden  rttauzcn  und  Thiereu  verbreitet.  Mau  bezeichnet 
sie  auch  als  Spaltpilze  oder  Schizomycetes,  weil  die  Vermehrung  ihrer 
einzelligen  Formen  nur  durch  Zweitheilung  oder  Spaltung  der  Zellen  sich 
vollzieht,  eine  Vermehrungsweise,  die  übrigens  auch  bei  den  anderen  ein- 
zelligen l'ilauzen  wiederkehrt. 

Die  Zellen  der  Bacterien  sind  von  einer  dünnen  Membran  umgeben  und 
enthalten  ein  meist  farbloses  Protoplasma,  welches  bei  Plasmolyse  sich  von 
der  Wand  ganz  oder  theilweisc  zurückzieht,  und  im  Innern  des  Wand- 
belegs einen  einzigen  Saftraum  oder  auch  mehrere  Vacuoleu  umschliesseu 
kann.  In  den  Protoplasten  sind  zwar  körnige  Gebilde  in  Ein-  oder  Mehr- 
zahl, sogen.  Chromatinkörner,  die  sich  durch  Farbstoffe  intensiv  ftirben  lassen, 
und  von  verschiedenen  Autoren  als  Zellkerne  gedeutet  werden,  beobachtet, 
indessen  ist  es  l)is  jetzt  noch  nicht  gelungen,  unzweifelhafte  Karyokinese  an 
ihnen  nachzuweisen,  so  dass  das  Vorhandensein  von  Kernen  noch  nicht  sicher- 
gestellt ist. 

Die  Bacterien  sind  zum  grössten  Theil  ausserordentlich  winzige  Orga- 
nismen und  es  gehören  zu  ihnen  überhaupt  die  kleinsten  bekannten  Lebe- 
wesen. So  messen  die  kugeligen  Zellen  der  kleinsten  Micrococcus-Arten  im 
Durchmesser  nur  0,0005  mm,  die  stäbchenförmigen  Zellen  des  Tuberkel- 
bacillus  nur  0,002— 0,W4  mm  Länge,  der  Querdurchmesser  der  meisten  Arten 
etwa  0.rX)l  mm. 

Die  einfachste  Form  der  Spaltpilze  wird  durch  winzige  kugelrunde  Zellen, 
Coccen,  repräsentirt.  Formen  mit  stäbchenförmigen  Zellen  werden  als 
Bacterium  oder  als  Bacillus  bezeichnet,  Stäbchen  mit  schw^ach  schraubiger 
Krümmung  heissen  Vibrio,  stärker  gekrümmte  S))irillum,  längere  Schrauben- 
fäden Spirochaete,  gerade  Zellfäden  Le}itotlirix.  Die  höchste  Entwick- 
lungsstufe der  Spaltpilze  stellen  Zcllfäden  dar,  welche  eine  unechte  Ver- 
zweigung aufweisen.  Die  einzelligen  Coccen,  Stäbchen,  Vibrionen  können 
nach  der  Theilung  in  Zellketten  vereinigt  bleiljen.  Häufig  kommt  es  vor, 
dass  nie  Zellmembranen  gallertartig  auf(|uellen  und  dass  so  die  Zellen  oder 
Zellketten  in  (iallerte  eingebettet  erscheinen.  Solche  Entwicklungszustände 
heissen  Zoogloea. 

Viele  Bacterien  sind  durch  Eigenbewegung  ausgezeichnet,  w'clche  durch 
Schwingungen  und  CVnitractidnen  von  feinen  Plasmacilien  ^crlllittelt  wird. 
Diese  Oeisseln  sind  nach  A.  Fi.-ciii:r  entweder  peritrich  über  die  ( >berflä('he 
vertiieilt  flleubacilhis  Fig.  228  a,  d\  Typhusbacillus  22ß  c;  Tetanusbacillus 
231  ej,  oder  sie  entspringen  von  einem  Punkte  aus,  entweder  als  Einzel- 
geissel,  m<»iiotrich,  oder  als  Geisseibüschel,  lo])hotrich.  l'olare  Einzelgeissel 
hat  der  ("holerabacillus  (Fig.  22(5  a],  ein  polares  Geissclbüschel  Spirillum 
undula  l^'ig.  220  //,  ri),  ein  seiteiiständiges  Geisselbüschei  die  Schwärmzelleii 
von  ("ladothrix  (Fig.  227).  Die  Geisselbüschei  können  sich  zu  zöpfchen- 
artigen  Gebilden  zusamnicndrchen,  sie  werden  niemals  eingezogen,  sondern 
gehen  vor  der  Sporenljilduiig  oder  durch  ungünstige  Einflüsse,  oft  unter 
vorheriger  Eiurollung  'Fig.  220  ej  zu  (Grunde. 


Cryptogameu. 


261 


Die  Vermehrung"  gescliielit  auf  vegetativem  Wege  durch  eine  sehr  aus- 
giebige Zweitheilung  der  Zellen,  die  Erhaltunu-  der  Art  und  die  Verbreitung- 
durch  nngeschlechtliche  Bildung  von  Dauersporeu,  welche  als  Endo- 
sporen  (Fig.  228  c;  230  e, /"]  entstehen,  wohl  tiberall  in  der  AVeise,  dass 
im  Innern  des  Protoplasmas  in  der  Mitte  oder  an  einem  Ende  der  Zelle 
die   Spore   von  dem  peripherischen,    unverbrauchten    Plasma   sich   abgrenzt 


Fig.  226.  Geisseitypen,  a  Vibrio  cholerae. 
h,  d  Spirillum  undula.  d  Entwicklunji'  eines 
neuen  Geisselbüschels  bei  der  Theilung. 
c  Bacillus  Typhi.  c  Bacillus  subtilis. 
VergT.  2250.     Xach  A.  Fischer. 


1         W-^         --^      E 


Fig.  229.  Leuconostoc  mesenterioides.  *l 
Zellen  ohne  Gallerthülle.  B,  C  Bildung  der 
Gallertkörper.  JJ  Theil  einer  erwachsenen 
Zoogloea.  E  Eosenkranzartige  Fäden  der 
Zoogloea.   Vergr.  520.   Nach  VAX  TiECiHEii. 


Fig.  227.     Cladothrix  dichotoma.    Bildung 

der  Schwärmstäbchen  aus  den  Fadenzellen. 

Vergr.  lOOiJ.     Nach  A.  Fischer. 


Fig.  228.  Bacillus  subtilis.  a ,  d  Beweg- 
liches Stäbchen  und  Kette,  b  unbewegliche 
Stäbchen  und  Kette,  c  Sporen  aus  der 
Kahmhaut  n.  Vergr.  a  —  d  1500 ,  e  250. 
Aus  A.  Fischer,    Vorles.    über  Bacterien. 


und  mit  derber  ]\[embran  uingiebt.  Die  Muttcrzellmembran  geht  nach  der 
Reife  der  Sporen  durch  Verquellen  zu  Grunde.  Sporen  sind  aber  nicht  bei 
allen  Arten  nachgewiesen. 

Als  Beis])iel  für  den  Entwicklungsgang  einer  Bacterie  sei  der  lleubacillus.  Bacillus 
subtilis  Fig.  228 .  gewählt,  welcher  sich  in  dem  E.\tract.  den  man  durch  Kochen  von 
Heu  gewinnt,  in  der  Regel  einstellt.  Die  Sporen  bleiben  trotz  des  Kochens  lel^cusfäliig 
und  keimen  zunächst  zu  peritrich  begeisselteu  schwärmenden  Stäbchen,  die  sich  theileu 
und  auch  in  kurzen  Ketten   zusammenhaften.     An  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit  gehen 


262 


Schenck : 


c:^ 


8 


die  schwh'rmeiifleii  Stäbchen  über  in  ruhende  g'eissellose,  die  sieh  in  lano-e  geschlängelte 
Ketten  weitertheilen.  Die  Zellketten  legen  sich  zu  einer  sogen.  Kahmhaut,  eine  beson- 
dere Form  von  Zoogloeabildung.  zusammen.  Nach  Erscliöpfuug  der  Nährstoffe  tritt 
dann  die  Sporeubiklung  ein. 

Obwohl  der  Formeukreis  der  Bacterien  ein  sehr  einfaclier  ist,  weisen  die  einzelnen, 
morphologisch  oft  kaum  zu  unterscheidenden  Arten  eine  ungemeine  Mannichfaltigkeit  in 
ihrem  Stoff\\eclisel.  in  ilirer  Ernälirungsweise  auf.  Die  meisten  Bacterien  haben  Sauer- 
stoff" zu  ihrer  Athmung  nöthig  wie  die  übrigen  Pflanzen,  sind  also  aerob;  manche 
können  aber  auch  oJine  Sauerstoff"  sich  weiterentwickeln,  während  gewisse  Arten,  wie 
z.  B.  die  Buttersäurebacterien,  der  Starrkrampf bacillus  streng  anaerob  nur  bei  Abschluss 
von  Sauerstoff"  gedeiheu  (vgl.  S.  185). 

Wir  unterscheiden  saprQphytische  und  parasitische  Arten,  obwohl  eine 
scharfe  Trennung  oft  niclit  möglich  ist  und  die  letzteren  in  Cultiircn  auf  geeigneten  Sub- 
straten auch  die  Lebensweise  der  ersteren  führen  können. 

Zu  den  saprophy tischen  Bacterien  gehören  zunächst  die  wasserbewohneudeu 
Formen,  an  deren  Spitze  die  überall  verbreitete  morphologisch  am  höchsten  stehende 
Cladothrix  dichotovia  zu  nennen  ist.    Ihre  feinen  aus  stäbchenförnugen  Zellen  bestehenden, 

unecht  verzweigten  festsitzen- 
den Fäden  bilden  schleimige 
Ueberzüge  an  Algen,  Steinen, 
Holzwerk  in  iiureinen  Ge- 
wässern. Die  Vermehrung 
geschieht  durch  cilientragende 
Schwärmzellen,  die  durch  Thei- 
lung  aus  den  Fadenzellen  ent- 
stehen und  durch  Verquellen 
der  Fadenscheide  frei  werden 
(Fig.  227;.  Nach  dem  Schwär- 
men setzen  sich  die  Zellen 
fest  und  wachsen  zu  neuen 
Fäden  heran. 

Sehr  häufig  ist  ferner  der 
Brunnenfaden.  Cre»o/Ar/.rZ'«7^- 
niana,  aus  unverzwcigteu  fest- 
sitzenden, aber  leicht  zer- 
brechlichen Fäden  bestehend. 
Er  entwickelt  sich  oft  in 
solchen  Massen  in  Wasser- 
leitungen, dass  die  Röhren 
sichversto])fen  und  das  Trink- 
wasser ungeniessbar  wird.  Bei  Crenothrix  zerfallen  die  Fadcnzellen  in  der  Sclieidc  diircli 
'J'heilung  in  zaldreiche  geissellose  rundliche  Zellen,  welche  die  Vermehrung  besorgen. 
In  Schwcfehjuclleii  und  am  Boden  von  rJewässern,  wo  durcli  Fäuliiiss  organisclicr 
Stoffe  Schwefelwasserstoff  auftritt,  siedeln  sich  die  zahlreichen  Scliwe  fei  bacterien 
an,  unter  denen  die  fadenförmige  Beygiatoa  alba  am  verbreitetsteu  ist.  Die  Schw^efel- 
bucterien  o.wdircn  den  Schwefelwasserstoff  zu  Schwefel  und  si^eicheru  diesen  in  Form 
von  rundlichen  Körnclien  in  iliren  Zellen. 

Die  in  Wiesensümpfen  und  Bächen  häufige  fadenförmige  Lrptofl/rix  ochracea  oxydirt 
dagegen  als  sogen.  Eisenbacterie  kohlensaures  Eiseintxydul  zu  l'-isenoxydliydrat.  das 
in  den  Fadenscheiden  aufgesi)eichert  wird. 

Zu  ilrii  saprophytischen  Bacterien  gehören  ferner  die  zy  möge  neu  oder  Gährungs- 
bactericii  und  die  saprogenen  oder  Fäulnissbactcrien.  Erstere  oxydiren  oder  ver- 
gähren  lianptsächlich  Kohlehydrate.  letztere  <lagegen  si)alten  stickstotVlialtige  thierische 
und  idhinzliclic  Substanzen,  l'^iweiss,  Fleiscli  etc.  unter  Absch('i(hnig  iiliclricclicnder  Gase. 
So  vermittelt  Lr/iconostoc  mrnpiiterioides  (Fig.  22!))  die  Schleimgähning  des  Küben- 
ziickcrs.  Ils  liildet  grosse  Froschlaich  äliidiche  Schlcinikhnnpen,  indem  die  rosenkranz- 
artigen Zellkctten  sicli  mit  (ialleitliiillen  umgeben.  I>ie  F.ssiiili(trlrr!i'ii  V'vj:,.  2'M  (i.  h.  r 
oxydiren  den  .Mknlml  /n  Essigsäure.  Die  Vergälirung  von  Zucker  zu  I\Iilclisäure  wird 
durch    die    Stäbfln'U    des    li(ifill/is  rtrifli  lactici  (Fig.  2IJ0  d    bewirkt,    die    Bildung    von 


Fig.  230.  Gährungsbacterien.  a  —  c  Essigbacterien.  a 
Bacillus  aceti.  h  Bac.  Pasteurianus.  c  Bac.  Kützigianus. 
d  Bac.  acidi  lactici,  Milchsäurebacillus.  c  Clostridium  bu- 
tyricum,  Buttersäurebaetcrie.  f  Plectridium  paludosum, 
Gährungsbacterie  aus  Sumpfwasser.  Vergr.  1000. 
Aus  A.  Fischer,  Vorles.  üb.  Bact. 


Cryptogamen. 


263 


„cP° 


°c?lo 


Buttersäure  aus  verscliiedeneu  Kohlehydraten  bei  Abschluss  von  Sauerstoff  durch  Clostri- 
dium hidyricimi  (Fig.  230  c)  vermittelt,   während  gewisse   Sumpfbacterien  (Fig.  230  f)  die 
Vergähruug  der  Cellulose  bei  Sauerstoffabschluss  zu  Methan  besorgen.    Der  häufigste 
Fäuluisserreger    auf  Fleisch, 
Eiweiss  etc.  ist  Bacilhts  vul- 
garis. 

Von  den  zahlreichen  pa- 
thogen en  Bacterieu,  deren 
schädliche  Einwirkung  auf  die 
Gewebe  und  das  Blut  des 
thierischen  und  menschlichen 
Körpers  durch  Abscheidung 
von  giftigen  Substanzen,  To- 
xinen, bedingt  ist.  sind  als 
wichtigste    Erreger   von    In- 


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fectionskrankheiten  folgende 
zu  nennen: 

Staphylococciis  pyogenes 
(Fig.  231  a).  regellose  oder 
traubenförmige  Haufen  von 
runden  Coccen  bildend,  ist  der 
häufigste  Eitererreger,  ebenso 
der  regelmässig  bei  Wundrose 
oder    Erysipel    und    anderen 

Eiterungen  auftretende,  in  Ketten  wachsende  Streptococcus  pyogenes  (Fig.  231  6),  während 
Micrococcus  Diplococcus)  Gonorrhocae  (Fig.  231  c  u.  232  r/),  dessen  semra eiförmige  Coccen 
paar«-eise  neben  einander  liegen,  den  Tripper  verursacht.  Im  Blut  und  in  den  Organen 
milzbrandiger  Thiere  findet  sich  der  durch  E.  Koch  bekannt  gewordene  Bacillus  An- 
thracis   Fig.  231  d,  232  c],  dessen  relativ  grosse  Stäbchen   auch   in  kurzen   Ketten  vor- 


Fig.  231.  Pathogene  Bacterien.  a  Eitercoccen.  b  Erysipel- 
coccen.  r-  Trippercoccen.  d  Milzbrandbacillcn.  e  Starr- 
krampfbacillen.  f  Diplitheriebacillen.  g  Tuberkelbacilleu. 
li.  Typhusbacillen.  i  Colonbacillen.  /.•  Cholerabacillen. 
Aus  A.  Fischer,  Vorles.  üb.  Bact. 


Yergr.  ca.  1500. 


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Fig.  2.32. 


Färbungspräparate  aus  Ziegler's  Lehrbuch  d.  allg.  Pathologie. 


a  Trippercoccen  im  Trippersccrot.  Schleim  und  Eitcrkürperchen  mit  Coccen  Methylenblau- 
Eosin  .  Vergr.  700.  —  b  Tuberkelbacilleu  im  Sputum  eines  Lungenkranken  (Fuchsin- 
Methylenblau).  Vergr.  400.  —  c  Milzbrandbacillcn  in  Milzbraiidpustel  (Methylenblau-Vesuvinj. 

Vergr.  350.     Aus  A.  Fischek,  Vorles.  üb.  Bact. 


kommen  und  in  Culturcn  reichlich  Endosporen  ähnlich  wie  der  lloubacilhis  bilden.  Der 
im  Erdboden  verbreitete  Bacillus  Tctaiii  Fig.  231  r  ist  der  Erreger  des  Wundstarrkrampfes. 
Seine  geraden  peritrich  begeisselten  Stäbchen  wachsen  nur  in  den  Wunden  selbst:  sie 
bilden  die  Sporen  in  ihren  keulig  angeschwollenen  Enden. 


264  Sehende: 

Der  LüFFLER'sche  Bacülns  Diphtheriac  (Fig.  231  f]  bestellt  aus  kleinen  zuweilen 
kolbig  an  den  Enden  verdickten  Stäbchen,  der  KocH'sche  Bacillus  tuberciilosis  (Fig.  231  g, 
232  i'.  der  sich  in  allen  tuberculösen  Organen  und  Secreten.  im  Sputum,  findet,  ist  ein 
schlankes,  leicht  gekrümmtes  Stäbchen.  Der  Unterlcibtyiilius  wird  durcli  die  peritrich 
begeisselten  Stäbchen  des  Bacillus  typhi  (Fig.  231  A)  verursacht.  Die  grüsste  Aehnlich- 
keit  mit  letzteren  hat  der  meist  unschädliche,  stets  im  Darm  des  Menschen  anwesende 
Koloubacillus.  Bacillus  coli  Fig.  231  f.  Ebenfalls  durch  E.  Koch  entdeckt  wurde  der 
Kommabacillus    der  asiatischen  Cholera,    Vibrio  cholerae  (Fig.  231  k).     Derselbe  findet 

sich    nur   im  Darm    in   Form   kurzer,    schraubig   ge- 
.  (  _  kriimmter  Stäbchen  mit   polarer  Einzelgeissel,  nicht 

•  -    /  .J/T'o.  selten  auch  in  längeren  Schraubenketten.    Spiroehaefe 

0\  J  \\  '  ^--rW.'-i»  Obef-tneirri  eudlicli,  lange  zarte  geissellose  aber  den- 

.?■?■-  '        noch  lebhaft  bewegliche  Schraubeufäden  vorstellend, 


vegetirt  als  Erreger    des   Recurrensfiebers   im  Blute 

während  der  Fieberanfälle. 

Ausser  diesen  bösartigen  Parasiten  giebt  es  aber 
_.     „„„     c^  ■,     j    ^     ,    •  1        auch  zahlreiche,  mehr  oder  weniger  liarmlose,  auf  den 

^^^J^'^Ü'^luZr^^t      Schlci,.l,ii„ten.  in  de,-  MuuC.Ohle  .Fi«-.  4),  i,„  Da™ 
europaea  von  Zürich,    b  Nitroso-      lebende  Arten,  so  z.  B.  die  im  Magen  und  Darm  des 
monas    javanensis    von    Java,     c      Mensehen  auttretende  Sarcnia  renirtcith .  welche  aus 
Nitrobacter    aus    Quito.     Vergr.      würfelförmigen  Klumpen  von  Coccen  besteht. 
1000.     Aus  F18C11ER,   Vorles.  üb.  Sehr     eigenartigen     Stoffwechsel     besitzen     die 

Bacterien.  unter   dem   Namen   Bacillus  radicicola    =  Khizobium 

Leguminosarum)  zusammengefassten  Bacterien,  welche 
in  den  Wurzelkuöllclien  der  Leguminosen  lel)en  und  ^^ie  auch  gCAvisse  Bodenbacterien 
den  freien  Stickstoff  assimiliren  fvgl.  S.  177). 

Ausser  den  sapropliytischen  und  parasitischen  Formen  giebt  es  aber  auch  gewisse  Bac- 
terien. welche,  trotzdem  sie  kein  Chlorophyll  enthalten,  ganz  selbstständige  Ernälirung  aus 
anorganischen  Verbindungen  aufweisen.  Es  sind  dies  die  im  Boden  lebenden  Nitrit- 
bacterien  (X'ifrosouioi/as)  und  Nitratbacterien  (Nifrobactrr),  die  Ammoniak  zu  sali)etrig(>r 
Säure  und  <liese  zu  Salpetersäure  oxydiren  und  als  Kohlenstoffquelle  die  Kohlensäure  be- 
nutzen, also  ü.'änzlicli  olme  organische  Sulistanzen  auskommen    Fi^-.  233.  vi:-l.  S.  KUi". 


Klasse  IV. 

Cyanophyceae,  Blaugrüne  Algen  ('). 

Die  Cyauopliyceen  sind  einfach  orgnnisirte,  tlieils  einzellige,  tlicils  fadon- 
förmige,  blaug-rün  gefärbte  Tliallopliyten,  deren  Zellen  oder  Fäden  häutig 
durch  Gallerte  zu  Colonien  vereinigt  ersclieinen.  In  zahlreichen  Arten  iil)cr 
die  ganze  Erde  verl)reitet,  l)ewohnen  sie  die  Gewässer  oder  vegetiren  ;uil 
feuchtem  Schlammboden,  an  feuchten  Felsen,  IWuimriiiden  in  gallertartigen 
oder  feinfädigen  Ueberzügcn. 

Ilire  Zellen  ciitlinlten  innerhalb  der  Zellwand  einen  Protoplasten,  welcher  in  seiner 
Diffcrenzirung  sich  atiw cicliend  von  demjenigen  der  übrigen  Algen  verhält.  3Ian  kann 
in  demselben  eine  peripherische  gefärbte  l.'indenscliielit  unterscheiden,  die  als  Cliro- 
matophor  fungirt  und  ausser  Chlorophyll  aneii  einen  blaugriinen  Farbstoff,  das  Phy- 
cocyan.  nach  welchem  die  Cruppe  ihren  Namen  erhalten  hat.  ei'hält.  Innerlialb  <ler 
gefärbten  Zone  liegt  der  farblose  Centralkörjt  er,  der  vielleiclit  einem  Zellkern  ent- 
spricht. Indessen  sind  die  für  typische  Kerne  charakteristischen  Structuren  und  Theiluugs- 
figuren,  mit  Sicherheit  wenigstens,  nicht  nachzuweisen.  In  der  Zelle,  namentlich  in  der 
])eri])herischen  Zone  treten  verschiedenartige  (Jranulationen  auf  ('yauoi)hyciiikörner, 
Centralkörner ,  denen  wohl  die  Jfolle  als  Reservestoff  zukommt. 

Die  Vermehrung  geschieht  ausschliesslicli  auf  rein  vegetativem  AVege  durch  Zell- 
tlieilung.  Bei  vielen  werden  Sporen  als  Dauerzustände  gebildet  dnrcli  Vergrösserung 
und  starke  AVandverdickung  einzelner  Zellen  (Fig.  23(li. 


Cryptogamen. 


265 


Wie  die  Bacterien  als  Spaltpilze,  Scliizoinyceten.  so  wurden  die  blaugrüueu  Algeu 
als  Spaltalgeu ,  Schizophyceeu.  in  Folge  ihrer  Vermehrung  durch  Theilung  oder 
Spaltung  bezeichnet.  Beide  Gruppen  wurden  zu  einer  Klasse  der  Spaltpflanzen,  SclVizo- 
pliyta,  vereinigt;  indessen  ist  die  Ableitung  der  Bacterien  von  den  Spaltalgeu  zweifel- 
haft, die  Geissein  und  Endosporen  der  ersteren  fehlen  den  letzteren. 


Fig.  234.     Gloeocapsa  polj'clermatica. 
Ä  Beginn  der  Theilung,  B  links  kurz 


nach  der  Theilung. 


Vergr.  54Ü. 


Fig.  236.  Nostoc  Linckii.  Im  Wasser 
freischwimmende  Art.  A  Fadenstück 
mit  zwei  Heterocysten  h  und  einer 
grösseren  Zahl  von  Sporen  sp.  B  iso- 
lirte  Spore,  die  Keimung  beginnend. 
C  junger  Faden  aus  der  Spore  hervor- 
Vergr.  650.    Nach  Bornet. 


Fig.  235.  A  Oscillaria  princeps,  a  Endzelle,  b,  c 
Stücke  au.s  dem  Innern  des  Fadens.  In  e  ist  eine 
abgestorbene    Zelle    zwischen    den    lobenden    zu 


sehen.     B  Ose.  Froelichii. 


Vergr.  540. 


Die  einfachsten  Cyanophyceen  bestehen  aus 
blaugrünen  rundlichen  Zellen,  so  die  Arten  der 
Gattung  Chroocoecas.  Bei  Gloeocapsa  (Fig.  234), 
deren  Arten  meist  in  gallertigem  blaugrünem 
Ueberzuge  an  feuchten  Felsen  und  Mauern  auf- 
treten, bleiben  die  Zellen  nacli  der  Theilung 
durch  geschichtete  GallertliüUeu  zu  mehrzelligen 
Colonien  verbunden. 

Unter  den  fadenförmigen  Arten  siud  die 
überall  im  Wasser  oder  auf  Schlammboden  häu- 
figen Oscillaria-Arten  die  einfachsten,  da  sich 
hier  die  meist  von  einer  dicken  Scheide  einge- 
schlossenen Fäden  aus  gleichartigen  scheiben- 
förmigen Zellen  zusammensetzen  (Fig.  235).  Die 
Fäden  zergliedern  sich  in  kurze  Fadenstücke, 
Hormogonien,  die  durch  den  Druck  der 
Scheide    nach    aussen   gelangen   und   zu   neuen 


Fäden  heranwachsen. 

Bei  anderen  fadenförmigen  Cyan()])liyceen  kommt  es  zur  Ausbildung  von  besonderen 
Zellen,  Grenzzellen  oder  Heterocysten,  mit  degeuerirtem  Zellinhalt,  deren  Bedeutung 
nicht  aufgeklärt  ist,  so  z.  B.  bei  den  A"oÄ-/oc-Arten  (Fig.  236),  deren  rosenkranzähnliche 
Fäden  durch  Gallerte  in  rundlichen  oder  unregelmässigeu  Colonien.  auf  feuchtem  Boden 
oder  in  Wasser  lebend,  verbunden  bleuten. 

Manche  Cyanophyceen  betheiligen  sich  an  der  Zusammensetzung  der  aus  Pilzen  und 
Algen  bestehenden  Flechten.  Einige  Arten  leben  endophytisch  in  (Jewebehöhluugen 
anderer  Pflanzen,  so  Anahaetia  in  A^ollrr.  Xosfoc - AYten  in  gewissen  Lrhrrinoostii,  in 
WassrrllnsrH  'Leiiina).  in  den  Wurzeln  von  Cijcas  und  (Junncra. 


266 


Schenck: 


Klasse  V. 
Diatomeae,  Kieselalgen -). 


Die 


zelligeu 


reichhaltige 


theiis 


Diatomeen    bilden    eine    ungemein 
Algen,   welche  thcils  im  süssen   Wasser, 
auf  nassem  Boden  vegetiren  und  meist   in 
auftreten. 

Die    Zellen    leben    entweder    einzeln    oder    in    Colonien, 


grosser  ludividuenzahl 


Klasse    von    ein- 

im  Meere,    theils 

gesellig 


entweder    frei 


schwimmend  oder  auf  dünnen,    aus  Poren  ausgeschiedenen   Gallertstielchen 


labellatu. 


mit  vorzweif^- 


Fig'.  287.     Licmophorii 
Diatomcon-Koloiii« 
ton  Gallortsticlon.     Nach  S.\iirii 
aus  GoKiJKL,  üryanograiihu'. 


Standekommen  auf  ein  aus 
des  Plasmal)and  zurückgcfü 
belangt,  so  Ijefindet  sich   in 


fest  sitzend  (Fig.  237).  Bei  anderen  Formen 
bleiben  die  Zellen  in  Bändern  oder  Zickzack- 
ketten durch  kurze  Gallertstiele  oder  Polster 
vereinigt  oder  sie  sind  in  fest  sitzende  schlauch- 
förmige Gallertröhren  eingeschlossen;  bei  der 
im  Meere  lebenden  Gattung  Sckixonema  end- 
lich sind  die  zahlreichen  Zellen  eingebettet  in 
ein  oft  über  1  dem  grosses  Gallertlager  von 
zierlicher  büschelig  verzweigter  Form.  Die 
äussere  Gestalt  der  Zellen  ist  höchst  raannich- 
faltig,  kreisrund,  elliptisch,  stabförmig,  keil- 
förmig ,  gerade  oder  gebogen ,  meist  regel- 
mässig bilateral  symmetrisch.  In  hohem  Maasse 
charakteristisch  ist  die  Beschatfenheit  der 
Zellwaud,  die  aus  zwei  Schalen  besteht, 
von  denen  die  eine  wie  der  Deckel  einer 
Schachtel  über  die  andere  übergreift  (Fig.  3  B). 
Die  Zelle  bietet  daher  zwei  verschiedene  An- 
sichten dar,  je  nachdem  man  sie  von  der 
Schalenseite  (Fig.  3^4)  oder  von  der  Gür- 
telseite (Fig.  3  B]  betrachtet.  Beide  Schalen- 
hälften enthalten  meist  viel  Kieselsäure, 
die  beim  Glühen  der  Zelle  auf  einem  Glimmer- 
plättchen  als  Skelet  zurück  bleibt  und  dabei 
die  äussere  Form  und  Skulptur  der  Membran 
vollkommen  beibehält.  Häutig  ist  die  Membran, 
besonders  auf  den  Schalenseiteu  in  zierlicher 
Weise  mit  feinen  Querrippen,  Leisten,  AVarzeu 
oder  Gruben  l)csetzt  oder  auch  mit  Höhlungen 
oder  mit  (»tfenen  Porcncanälen  durchsetzt,  und 
bei  manchen  (Fig.  3)  verläuft  über  die  Schalen- 
seite eine  von  zwei  Endknoten  ausgehende 
und  in  der  Mitte  zu  einem  IMittelknoteu  an- 
schwellende Läugslinie,  welche  einem  feinen 
Spalt  in  der  IMembran  entspricht.  Die  Formen 
mit  solcher  Mittelnaht  (]\aj)he)  zeichnen  sich 
durch  eine  cigcnthümliclie  ruckweise  krie- 
(;hende  Fortbewegung  aus,  deren  Zu- 
der  lla])]ie  hervortretendes  rückwärts  strömen- 
lirt  wird  (vgl.  S.  207).  Was  den  Zellinhalt  an- 
der Mitte  stets  ein   deutlicher  Zellkern  und  in 


dem   wandständigcii  JMasm.'i  entweder  ein   'Fig.  3)  oder  zwei   grosse,    Haelie, 
oft  gelappte  oder  bei  anderen  Gattungen  zahlreiche  kleinere  Chromatophoren 


Cryptogamen. 


267 


von  braungelber  Farbe.  Diese  sogen.  Endochromplatten  enthalten  ausser 
dem  grünen  Chorophyllfarbstoff  das  braune  Diatom  in.  Im  Zellinlialt  finden 
sich  gewöhnlich  einige  Tropfen  von  fettem  Oel,  das  an  Stelle  von  Stärke 
als  Assimilationsproduct  auftritt. 

Die  Diatomeen  vermehren  sich  auf  vegetative  Weise  durch  Längstheilung, 
die  sich  immer  nur  nach  einer  Kichtung  hin  vollzieht.  Die  beiden  Schalen 
werden  dabei  durch  den  sich  vergrössernden  Plasmakörper  an  den  Gürtelbän- 
dern aus  einander  geschoben;  jede  der  beiden  Tochterzellen  erzeugt  je  eine  neue 
Schale,  welche  unter  die  von  der  Mutterzelle  übernommene  Schale  mit  ihren 
Eändern  eingreift,  und  alsdann  trennen  sich  die  Tochterzellen  von  einander. 
Die  beiden  Schalen  einer  Zelle  sind  so- 
mit ungleichalteria'.  Diese  Art  der  Mem- 
branbildung  hat.  da  die  verkieselten 
Wände  nicht  wachsthumsfähig  sind,  zur 
Folge,  dass  die  Tochterzellen  successive 
kleiner  werden  und  dies  geht  so  fort  bis 
zur  Erreichung  eines  gewissen  Minimum 
der  Zellgrösse.  Alsdann  findet  die  Bil- 
dung von  sogen.  Auxosporen  statt,  die 
gewöhnlich  zwei-  [bis  dreimal  grösser 
sind  als  die  Zellen,  aus  denen  sie  her- 
vorgegangen und  die  bei  ihrer  Weiter- 
entwicklung somit  die  Anfangsgrösse  der 
Zellen  wieder  herstellen. 

Die  Bildung-  der  Auxosporen  vollzieht  sich 
in  manuichfaltiger  Weise.  Nach  G.  Karstex 
sind  4  Haupttypen  zu  unterscheiden,  welche 
sich  indessen  sämmtlich  auf  den  ersten  ur- 
sjjrüng-liclien  Typus  von  Bhahdonema  arcuatnm 
zurückführen  lassen.  Bei  dieser  Art  theilt  sich 
eine  Mutterzelle  in  zwei  Tochterzellen,  welche 
aus  den  beiden  Schalenhälften  lieraustreten 
und  direct  zu  zwei-  bis  dreifach  gTösseren 
Auxosporen  auswachsen.  Bei  vielen  Diatomeen 
herrscht  der  zweite  Typus  (Fig.  238) :  zwei  Zellen 
legen  sich  neben  einander,  ihr  Inhalt  theilt  sich 
quer  in  zwei  Tochterzellen,  die  sicli  abrunden, 
aus  den  Schalen  heraustreten  und  paarweise  zu 
zwei  Auxosporen  copuliien.  Der  dritte  Typus 
zeigt  Bildung  von  nur  einer  Auxospore  durch 
Copulation  des  Inhalts  von  zwei  Mutterzellen 


Fig'.  238.  Auxosporenbildung  von  Navi- 
cula  viridula.  A  Zelle  von  der  Schalen- 
seite. B  zwei  Zellen  neben  einander 
liegend ,  ihr  Inhalt  in  je  zwei  Tochter- 
zellen mit  zwei  Kernen  getheilt.  G,  D 
paarweise  Copulation  der  Tochterzellon 
zu  zwei  anfangs  vierkernigen  Auxospo- 
ren. E  Die  beiden  herangewachsenen 
Auxosporen.  Von  den  vier  Kernen  einer 
jeden  sind  die  zwei  grösseren  zu  einem 
verschmolzen,  die  beiden  kleinereu  auf- 
gelöst.   Vergr.  500.     (Nach  Karsten.) 

[Cocconeis],   der  vierte  Typus  endlich  Bildung 

einer  Auxospore  aus  einer  ]\Iutterzelle  ohne  irgend  welclie  C'o])ulatiou  lMclosira\  Es 
lässt  sich  aber  in  dem  letzten  Falle  noch  ein  unterdrückter  Tlieilungsvorgang  in  der 
Muttcrzelle  nachweisen  und  es  scheint  überhaupt  allen  Auxosporenbildungsarten  eine 
vorausgehende  Zelltlieilung  ursprünglich  zu  Grunde  zu  liegen. 

Zahlreiche  Diatomeen  leben  im  Meere  und  betlieiligeu  sicli  in  liervorragendem 
Maasse  an  der  Zusammensetzung  des  Plankton  O;,  d.h.  der  an  der  Meeresoberfläche 
frei  sclnviniraendeu  Lebewelt.  Die  Planktondiatoraeen  sind  mit  besonderen  Schwinim- 
und  Schwebeeinrichtungen  versehen,  oft  mit  horufürmigen  Fortsätzen  oder  Membran- 
flügeln ausgestattet,  welche  an  die  Flugvorrichtungen  der  Samen  erinnern.  Es  sind  lauter 
Formen  ohne  Mittelnaht  oder  Baplic  auf  der  Schalenseite. 

Viele  Diatomeen  siedeln  sicli  mit  Vorlieln;  anstellen  an,  wo  verwesende  Substanzen 
reichlich  vorhanden  sind.  Solche  Arten  können  zu  sai)roi)liytischer  Lebensweise  übergehen. 
Ihre  Cliromatophoren  erleiden  dabei  eine  bedeutende  Verkleinerung  uird  eine  Ijitfärbung. 
Für  einige  marine  farblose  Nitzschia- Arten  ist   sogar   ausschliessliche    Enialirnug   von 


268 


Schenck: 


fH'u'anisc-lieii  8iibstan/,cu  und  volbtäiidiii'c  Ivcductiou  der  ('lii\)matui)lioi'eu  uud  Tarbstoffe 


iiac-lio-ewieseu 


'lÖ' 


in  fossilem  Zustande  finden  sieh  die  Kieselselialen  der  Diatomeen  als  ITaui)tbestand- 
tlieil  der  Kieseli;'uhr  i.l>eri;mehl  oder  Infusorienerde,,  welche  zur  Dynamitfabrikatiou 
A^erweuduug  findet. 

Wegen  der  oft  ausserordentlich  feinen  Sculptur  der  I\Iembran  dienen  gewisse  Arten 
als  Testobjecte  zur  Trüfung  von  Mikroskopobjeetiven,  so  namentlich  PlcHrosigma 
anrjidatum.  dessen  l  -förmig  gekrümmte  .Schaleuseite  bei  starker  Yergrösseruug  rechts 
uud  links  vou  der  ]\Iittelnaht  eiu  sehr  feines  Gitterwerk,  aus  sechsseitigen,  aussen  uud 
innen  wahrsclieiulich  durch  Poren  geölfneteu  Kammern  zusammengesetzt,  erkennen  lässt. 


wichtigen  Bestaudtheil 


Klasse  VI. 
Peridineae,  Peridineenf' 

Die   Peridineeu  sind  einzellige  Thallopliyten .    welche   zum   geringeren  Theil  in 
Süsswasser,   meist  aber  im   Meere  leben,  wo  sie   zusammen  mit  den  Diatomeen  einen 

des  Plankton  abgeben.  Dir  Zellplasma  enthält  einen  Zellkern, 
einen  complicirten  Vacuolenapparat  und  zarte  gelbe,  platten- 
förmige  Chromatophoren.  Charakteristisch  sind  ferner  zwei 
lange  Plasmacilien  oder  Geissein,  die  auf  der  Bauchseite 
entspringen,  sich  in  zwei  zu  einander  senkrechte  Furchen  der 
Oberfläche  legen  uud  die  Bewegung  der  Zellen  vermitteln 
(Fig.  239).  Nur  wenige  Peridineeu  sind  nackt ,  die  meisten 
mit  einer  eigenthümlich  scnlptirten,  aus  Platten  bestehenden 
Cellulosemembrau  umgeben.  Die  Vermehrung  geschieht  durch 
Theilung.  Im  Herbst  bilden  sie  dickwandige  Cysten  als 
Dauerzustand  für  den  Winter.  Conjugation  ist  nicht  be- 
obachtet. 

Ausser    den    wie   Algen    sich    ernährenden   Formen    mit 

assimilirenden    gelben   Chromatoi)horen    giebt   es    aber  auch 

farblose  Formen,  deren  Chromatophureu   als  farblose  Leuco- 

plasten  ausgebildet  siud.    Diese  Arten,  die  mit  den  Farbstotf 

fülirenden   sehr  nahe  verwandt  sind  uud   sich  aus  letzteren 

entwickelt   haben   mögen,    leben    somit    saprophytisch    oder 

nach  Art  der  Thiere.     Bei    Gynmodinmm   liyaliniim,   einer 

farblosen  und   nackten  Siisswasserform,   ist   eine  den  Älyxo- 

myceteu  ähnliclie   Lebensweise  nachgewiesen.     Der  Protoplast  verliert  zum  Zwecke  der 

Nahrungsaufnahme  seine  Geissein  uud  wird  zu  einer  Amöbe,  welche  kleine  Algenzclleu 

in  sich  aufinmiiit  uud  xcrdaiit. 


Fig.  239.  Peridinium  bipes 
von    der  Bauchseite   ge- 
sehen. Vergr.  750.    Nach 
Schilling. 


Klasse  VII. 
Conjugatae,  Conjugaten 


'12^ 


Die  Conju!j;'ateii  l)il(leii  eine  foniieiireiche,  selbststäiuliii-e  ('■  nippe  von  frei- 
zelligen  oder  einlach  la(leni(»rniig-en,  im  Süsswasser  lebenden  i;riinen  Algen. 
Von  den  übrigen  grünen  Algen,  den  Cliloropliyceen,  sind  sie  scharf  imter- 
schieden  durch  ihre  eigenartige  sexuelle  Fortpflanzung,  die  in  der  Con- 
jugation zweier  gleiclnverthiger  Zellen  zu  einer  Zygospore  besteht  und 
zur  l')cz('i('hnung  der  Orn])])e  geführt  hat,  ferner  durch  den  Mangel  unge- 
schlechtlicher .Sporenbildung  und  endlich  auch  durch  ihre  complicirt  gestal- 
teten grünen  (Jhromato})lioren.  In  den  einzelligen  Formen  zeigen  sie  ge- 
wisse Achnlichkeiten  mit  den  Diatomeen. 

1.  Die  Dcstnidiffcecn  umfassen  die  einzelligen  I'ormen;  sie  gcliiucn  mit  zu  den 
zierlichsten  Algen  und  weisen  ebenso  wie  die  Diatomeen  eine  ungemeine  Maiinichfaltigkeit 


Cryptog'amen. 


269 


der  (testalt  auf  Fig.  241  u.  242.  Ihre  Zellen  bestehen  aus  zwei  symmetrischen  Hälften,  die 
in  der  Eegel  durch  eine  Einschnürung,  den  Isthmus,  sich  von  einander  abgrenzen.  Jede 
Hälfte  enthält  ein  grosses  strahliges,  unregelmässig  umgrenztes  oder  aus  mehreren  Platten 
zusammengesetztes  Chromatophor  mit  einigen  Pvrenoiden  oder  Stärkeheerden;    in   der 


Fig.  242.    Closterium  mouiliferum. 
p  Pyrenoide  der  beiden  Chromato- 
phoren.    K  krystallführende   End- 
bläschen.    Kern  in  der  Mitte. 
Vergr.  240. 


Fig.  240.  A  Copulation  von  Spirogyra  quinina. 
s.  Zygosporen.  Vergr.  240.  B  desgl.  von  Sp.  longata. 
Yer'gr.  150.  C  Zelle  von  Sp.  jugalis.  /.;  Kern,  cit 
L'hromatophor,   p    Pyrenoide     oder    Amylumheerde. 


Vergr.  256. 


^j. 


B%.u 


C 


'''»t'iÄ*-  - 


Mitte  der  Zelle,  in  der  Einschnü- 
rung, ist  der  Kern  gelegen.  Die 
Gesammtform  ist  sehr  verschieden, 
bald  abgerundet  eckig  (z.  B.  Cos- 
mm-iimi.  Fig.  241  A,  B  .  bald  stern- 
förmig [Micradterias,  Fig.  241  D). 
Häutig  ist  die  Membran  mit  stachel- 
oder  warzenartigen  Prominenzen 
besetzt.  Einige  Gattungen  weisen 
keine  Einschuürung  zwischen  den 
beiden  Hälften  der  Zelle  auf,  so 
z.  B.  das  mondsichelfürmige  do- 
st eriuni  monilifcruin  'Fig.  242). 
dessen  zwei  Chromatophoren  aus 
je  sechs  mit  einander  in  der  Längs- 
achse verbundenen  Platten  be- 
stehen und  an  dessen  Zellenden 
je  eine  Yacuole  mit  winzigen  in 
Bewegung  betindlichen  Gipskry- 
stallen  vorhanden  ist.  Manche 
Desmidieen  zeichnen  sich  durcli 
heliotaktische  Bewegungen  aus. 
sie  stosseu  aus  ihren  Enden  feine 
Schleimfäden  durch  die  Membran 
hindurch  aus.  mittels  deren  sie  sieh 
fortscliieben  und  in  die  IJichtung 
des  einfallenden  Lichtstrahles  stel- 
len können. 
Die  Vermehrung  geschieht  durch  Theilung,  die  durch  eine  in  der  Mitte  der  Zelle,  in 
der  Einschnürung,  auftretende  Querwand  nach  der  Kerntlieilung  vollzogen  wird.  Jede 
Tochterzelle  wächst  sodann  zur  Grösse  und  Gestalt  der  Mutterzelle  heran,  indem  sie 
nach  der  Tlieilungsfläche  zu  eine  neue  Zellhälftc  ausl)ildet  'Fig.  242  A.  Nacli  Beendigung 
dieses  „Ergäuzuugswachsthums"  trennen  sich  die  Zellen  von  einander. 


Fig.' 241.     A   Cosmarium   coelatura   in  Theilung.     B 

Cosmarium  Botrytis.    C  desgl.  mit  fertiger  Zygospore. 

D  Micrasterias  Crux  melitensis.    Nach  Ralfs. 


270  Schenck: 

Bei  deu  Desmidieen  findet  die  Copulation  ausserhalb  der  Zellliülleu  statt,  zwei 
Zellen  legen  sich  neben  einander,  umgeben  sich  mit  Gallerte,  die  Zellwand  bricht  in 
der  Einschnürung  auf  und  beide  heraustretende  Protoplasten  vereinigen  sich  zur  Zygo- 
spore,  deren  Wandung  häufig  durch  Stachelbildungen  ausgezeichnet  ist  (Fig.  241  C). 
Neben  den  reifen  Sporen  liegen  die  vier  leeren  Meuibranhälften. 

2.  Unter  den  fadenförmigen  Conjugaten,  welche  zu  der  Familie  der  Zygnemaceen 
vereinigt  werden,  ist  am  bekanntesten  die  Gattung  Spirogyra,  deren  zahlreiche  Arten 
als  frei  schwimmende  fiidige  grüne  "Watten  in  stehenden  Gewässern  häufig  auftreten. 
Die  aus  längeren  oder  kürzeren  Zellen  bestehenden  Fäden  wachsen  in  die  Länge  durch 
Theilung  und  Streckung  aller  Zellen.  Jede  Zelle  f  ülirt  in  der  Mitte  einen  Kern  und  ein 
oder  mehrere  wandständige,  baudfürmige  spiralige  C'hromatophoren  (Fig.  240  c,.  Bei 
der  Gattung  Zijgnema  sind  zwei  sternförmige  vielstrahlige  Chlorophyllkörper  vorhanden. 

Wenn  Spirogyra  sich  zur  Conjugation  anschickt,  so  treiben  die  Zellen  zweier 
dicht  neben  einander  liegenden  Fäden  je  eine  Hervorstülpung  nach  dem  anderen  Faden 
zu,  derart,  dass  die  Fortsätze  je  zweier  gegenüber  liegender  Zellen  auf  einander  stossen 
(Fig.  240  A).  Die  Querwand  der  so  entstehenden  Verbindungsbrücke  wird  alsdann  resor- 
birt  und  der  gesammte  sich  abrundende  Inhalt  einer  Zelle  wandert  in  die  gegenüber 
liegende  Zelle  hinüber,  riasrna  und  Kerne  versclimelzen  mit  einander,  während  dagegen 
die  Chlorophyllbänder  nicht  in  Vereinigung  treten,  sondern  in  der  ruhenden  Zelle  er- 
halten bleiben,  in  der  übertretenden  aber  desorganisirt  werden.  Aus  den  conjugirten 
Protoplasten  wird  eine  sich  abrundende,  mit  dicker  Membran  umkleidete,  dicht  mit  Fett 
lind  rothbraunen  Schleimkugeln  sich  anfüllende  Zygospore  erzeugt,  welche  später 
bei  der  Keimung  zu  einem  neuen  Faden  schlaucliförmig  austreibt.  Diese  Art  der  Con- 
jugation bezeichnet  man  als  leiterförmige  (Fig.  240.1;,  sie  ist  den  meisten  Arten  eigen- 
thümlich,  während  bei  anderen  Arten  sogen,  seitliche  Conjugation  eintritt,  indem  an  ein 
und  demselben  Faden  je  zwei  auf  einander  folgende  Zellen  durch  Austreiben  von  Fort- 
sätzen in  der  Nähe  der  sie  trennenden  Querwand  in  Verbindung  treten  (Fig.  240  B). 


Klasse  VIIT. 
Chlorophyceae,  Grünalgen^"" 


Zu  deu  Clil(iro|tliyceen  geliijrt  die  Mehr/.alil  der  mit  g-rüneu  Cliroinato- 
plioren  verselieiien  Algen.  Nach  der  Beschaffenheit  des  Thallus  gliedern 
sie  sich  naturgemäss  in  drei  Ordnungen,  von  denen  die  Protococcoideen  die 
einfachsten  Formen,  einzellige  oder  Zcllcdlouien  hildende,  umfasst;  die  Con- 
ferroifleen  dagegen  solche  mit  einfachen  oder  verzweigten  Zellfäden  oder 
Zellflächen  enthält;  wälirend  die  Siphoneen  einen  sehr  verschiedenartig  ent- 
wickelten Thallus  aufweisen,  welcher  meist  aus  einer  einzigen  vielkernigen 
verzweigten  Schlauclizellc  besteht. 

Die  geschlcclitliche  Fortplhmzung,  die  übrigens  bei  manchen  Arten  bis- 
lang noch  nicht  nachgewiesen  worden  ist,  besteht  im  einfaclistcn  Fall  in 
der  Copulation  von  gleich  gestalteten  Gameten,  und  zwar  im  Unterschied 
von  den  Conjugaten,  von  sogen.  Planogameten,  d.  li.  nackten  mit  Cilien 
versehenen  b(!wcglic]ien  Protoplasten,  bei  anderen  Oattungen  aber  findet 
eine  Differenzirung  der  Gameten  statt  in  ruhende  weil)liclie,  Eier  oder 
Oosphäreii,  und  cilientragende  bewegliche  männliche  oder  Spermato- 
zoideii.  Innerhalb  einer  jeden  der  drei  obigen  Ordnungen  hat  dieser  Fort- 
schritt V(m  der  Isogamie  zur  Oogamie  (Eibcfruclitiuigi  stnttgefiniden. 

Ausser  der  gosciib-clitliclioi  Fortpflanzung  lindet  ziemlich  allgemein  auch 
eine  ungesclileclitliche  ^^ixtrenbildiiiig  sl:itt,  in  Gestalt  b(;weglicher  cilien- 
tragender,  den  Planogameten  ähnlicher  Schwärmsporen  (Zoosporen). 

Die  Zellen,  i)i  denen  die  Schwärmsporen  erzeugt  werden,  heissen 
Sporaii'gien,  die  gametenbildendcn  G  ;nnetangien ,  die  Spermatozoiden 
erzeugenden  Antheridicn,   die  Eizellen  bildenden  Oogonien.     Wenn  wir 


Cryptogamen. 


271 


die  geschlechtliche  Fortpflanzung  ans  der  ungeschlechtlichen  ableiten,  so 
müssen  alle  diese  Gebilde,  auch  die  gleichnamigen  bei  den  übrigen  Klassen 
der  Thallophyten,  als  homologe  angesehen  werden. 

Ausser  den  drei  oben  genannten  Ordnungen  der  Chlorophyceen  besitzen  auch  die 
Klassen  der  Conjugatcn  und  der  Characcen  grüne  Chromatoplioren,  können  also  auch 
als  Grünalgen  im  weiteren  Sinne  bezeichnet  werden.  Die  Conjugaten  sind  aber  scharf 
charakterisirt  durch  ihre  besondere  Art  der  sexuellen  Fortpflanzung;  die  Characeen 
bilden  ebenfalls  eine  scharf  abgegrenzte  Gruppe,  welche  sich  von  den  Chlorophyceen 
durch  die  viel  höher  stehende  Gliederung  dos  Thallus  und  den  complicirteren  Bau  der 
mit  Hülle  A^ersehenen  weiblichen  Organe  oder  Eiknospen  und  der  Antheridien  unter- 
scheiden, während  bei  den  Chlorophyceen  die  Oogonien-  und  Antheridienzellen  stets 
ohne  eine  Hülle  steriler  Zellen  sind. 


1.  Ordnung.    I*i'otocoecoideae{^^). 

Zu  den  Protococcoideen  gehören  aiisschliesslich  einzellige,  meist  frei 
im  Süsswasser  schwimmende,  in  einigen  Arten  aber  auch  an  feuchten 
Stellen  sich  aufhaltende  Algen,  deren  Zellen  entweder  einzeln  leben  oder 
mittels  Gallertabschcidung  zu  Zellfamilien  von  unbestimmter  oder  be- 
stimmter Anordnung  vereinigt  werden.  Die  Zellen  sind  von  einer  Membran 
umgeben  und  enthalten  ein  oder  mehrere  grüne  Chromatophoren  und  einen 
Zellkern.  Die  Vermehrung  geschieht  bei  den  einfachsten  Formen  nur  durch 
Theilung  auf  vegetativem  Wege,  bei  den  meisten  aber  werden  ungeschlecht- 
liche, mit  zwei  Cilien  versehene  Schwärmsporen  gebildet.  Sexuelle  Fort- 
pflanzung ist  bislang  nur  bei  einem  Theil  der  Gattungen  beobachtet  worden 
und  besteht  in  der  Copulation  zweier  gleicher  Planogameten  zu  einer  Zygo- 
spore  oder  Zygote;  nur  bei  zwei  Gattungen,  Eudorina  und  Volvox,  findet 
Eibefruchtung  statt. 

Die  einfachsten  Formen  stellen  freüebende  Zellen,  meist  von  ruudliclier  Gestalt,  dar, 
die    sich  nur    dnrch  Theilung  vermehren.     So   verhält  sich   z.  B.    die    in   ökologischer 
Hinsicht  interessante  Gattung  Ghlnrella,   deren  kleine  grüne 
Plasma  von  Infusionsthierchen,   in  den  Zellen  von   Hydra 
und  anderen  niederen  Thieren  leben. 

Zellfamüien  einfachster  Art,  aus  je 
vier  Zellen  zusammengesetzt,    sind    der 
Gattung  Scenedcsmus  eigenthümlich.  Die 
in  allen  Gewässern  verbreitete 


häufigste 


Zellen  symbiotisch   in   dem 
viridis,   Spongilla  fluviatilis 


Fig.  243.  .1  Scenedesmus  acutus,  i? Desgl.. 

in  Theilung.      C  Scenedcsmus    caudatus. 

Vergr.  1000.     Nach  Senx. 


Fig.  244.  Pediastrum  granulatum.  .1  alte  Zell- 
familie, entleert  bis  auf  die  drei  Zellen  n.  die 
Zelle  b  entlässt  IG  Schwärmzellon.  B  Zcllfamilie 
nach  der  Geburt.  C  Zellfamilio  4V.2  Stunden 
später.  Vergr.  ,300.     Nach  Al.  Bkaux. 


Art,  Sc.  acutus,  hat  8i)ind<"lföfmige  Zellen,  während  Sc.  candahis  an  den  Endzellen  sich 
durch  vier  lange  hornförmige  Membranfortsätze  auszeichnet  (Fig.  243;.  Jede  Zelle  theilt 
sich  der  Länge  nach  in  vier  Tochterzellen,  welche  die  alte  Membran  verlassen  und 
eine  neue  Famüie  bilden. 


272 


Schenck: 


'^,* 


Währeud  bceuedei^mus  sirli  nur  durch  'J'lieihmg  vermehrt .  findet  dagegen  bei 
Pediastrum  (Fig.  244),  dessen  Zellen  zu  zierlichen  freischwimmenden  tafelförmigen  Zell- 
faniilieu  verbunden  sind.  Bildung  ungeschlechtlicher  Schwiirmsporcn  statt,  in  der  "Weise 
dass  der  Inhalt  einer  Zelle  in  eine  Anzahl  bei  dem  abgebildeten  P.  (jranidatum  in  16) 
von  je  zwei  Cilien  tragenden  nackten  Schwärmsporen  zerfällt,  welche,  von  einer  ge- 
meinsamen Blase  umgeben,  durch  einen  Kiss  in  der  Wandung  austreten  (Fig.  244  A.  b). 
sodann  in  der  Blase  lebhaft  sich  bewegen  und  schliesslich  zu  einer  neuen  heranwach- 
senden Zellfamilie  sich  zusammen  legen.  Neben  der  ungeschlechtlichen  tritt  bei  Pedia- 
strum auch  geschlechtliche  P'ortpflanzung  auf  Die  Gameten  sind  den  Schwärmsporen 
ganz  ähnlich,  nur  kleiner  und  entstehen  in  den  Zellen  in  grösserer  Zahl,  sie  schwimmen 
frei  im  Wasser  und  copulircn  paarweise  zu  Zygoten.  Beide  (Jameten  sind  gleichgestaltet. 
Die  Weiterentwicklung  der  Zygoten  zu  den  Zellfamilien  ist  noch  nicht  ganz  lückenlos 
bekannt. 

Während  die  bisher  genannten  Typen  und  ihre  Verwandten  im  vegetativen  Zustand 
ruhende  cilienlose  Zellen  vorstellen,  umfasst  dagegen  die  Familie  der  Volvocaeeen  Formen 
mit  einzeln  lebenden  oder  zu  Colonien  vereinigten  Zellen,  die  von  einer  zarten  Hülle 
umgeben  werden  und  aus  derselben  Plasmacilien  (meist  zwei)  hervor  strecken,  mittels 
deren  sie  frei  umher  schwimmen.  Sie  beharren  somit  während  ihres  vegetativen  Daseins 
auf  dem  Stadium,  das  die  meisten  Protococcoideen  als  Schwärmsporen  vorübergehend 

einnehmen.  Zu  den  einfachsten  Vol- 
vocaeeen gehört  die  Gattung  Sphae- 
rella  (=  Harnuifococc/ts).  deren  wenige 
Arten  theils  in  Wasserlachen  ver- 
breitet auftreten  (besonders  S.  x>lu- 
malis]  und  dieselben  in  Folge  des 
Hämatochromgehalts  ihres  Plasma 
oft  lebhaft  rotli  färben,  theils  auf 
Schneefeldern  im  hohen  Norden  und 
auf  den  Alpen  den  sogen,  rotheu 
Schnee  bilden  (S.  nivalis).  Die 
schwärmenden  Zellen  haben  eine 
weit  abstehende  Hülle  (Fig.  245^1) 
und  zwei  C'ilieu.  Die  ungeschlecht- 
liche Vermehrung  vollzieht  sich 
durch  Thcilung  der  Zellen  in  vier 
ausschwärmende  Tochterzellen  (B), 
die  geschlechtliche  Fortpflanzung 
dagegen  durch  paarweise  Copulation  von  kleineren  zweiciligen  Planogameten,  welche  in 
grösserer  Zahl  (32  oder  64)  aus  einer  Zelle  durcli  Tlieilung  entstehen,  zu  einer  dickwan- 
digen Zygote  (C-  G). 

Bei  Volvox[^^')  dagegen,  die  als  liiichst  stehende  Form  der  ganzen  Ordnung  be- 
trachtet werden  kann  und  freischwimmende  hohlkugelförnuge  Colonien  bildet,  sind  die 
Geschleclitszellen  in  Eier  und  Si)ermatozoideu  differenzirt.  Die  Eizellen  entstehen  durch 
Vergrösseruug  einzelner  Coloniezellen,  sind  gross,  grün,  unbeweglich  und  von  Gallerte 
umgeben,  während  die  viel  kleineren  langgestreckten,  hellgelben  Speniiatozoiden  an  ihrem 
schmalen  farblosen  Vorderende  2  lange  Cilien  tragen  und  durch  i'lieilung  von  Colonie- 
zellen in  zahlreiche  'i'ochterzellen  entstehen.  Nach  der  Copulation  mit  einem  Spermatozoid 
im   Iiincni  der  ('(ilmiickiigcl   wird   die  Eizelle  zu  eiiiei- derbwandigen  i-ulieudcn  dosiiore. 

2,  OrdinuHj.     Coiifert'oldeiH'. 

Die  Confervoidecn  bezciclmen  den  einzelliii'en  Protococcoideen  gegenüber 
einen  Fortschritt  in  der  äusseren  (Tlicderiuii;-  des  Tliallus.  wclclier  stets  mehr- 
zellig erscheint  und  in  der  Mehrzahl  der  (lattungen  aus  t'infachen  oder  ver- 
zweigten Zellrcihen  besteht.  Die  Zrllfäden  sitzen  entweder  mit  einer  farb- 
losen Fusszelle  am  Su])strat  unter  Wasser  fest  (Fig.  246  Ä)  oder  schwimmen 
frei.  P>ei  der  im  Meere  lebenden  Gattung  Ulra  (Ulm  hiclHca,  Mcersaint) 
besteht  der  Tliallus  aus  grossen  blattartigen  grünen  Zellflächen  (Fig.  5, 
Keimpllunze,.    Die  (,'uniervoideen  leben  im  Flusswasser  oder  im  Meere.    Nur 


Fig.  245.  A  —  B  Sphaerella  pluvialis.  A  schwär- 
mende Zelle.  B  Bildung  der  Schwärmsporen.  Vergr. 
360.  C—  G  Sphaerella  Bütschlii.  C  Gametcnbil- 
dung.  Vergr.  400.  D  Gamet.  E  Copulation  zweier 
Gameten.  F,  G  Zygoten.  Vergr.  800.  C-  G  nach 
Blochmann. 


Cryptog'amen. 


273 


einige  Formen  (Chroolepldeen)  waclii^en  als  Luftalgen  an  Felsen,  Baum- 
stämmen, in  den  Tropen  auch  auf  Blättern.  Hierzu  gehört  die  auf  Steinen 
in  Gebirgen  wachsende  TrentepohUa  (oder  Cliroolepus)  JolitJms,  deren  Zell- 
fäden in  Folge  Hämatochromgehalts  roth  erscheinen  und  die  einen  veilchen- 
artigen Greruch  besitzt  (Veilcheustein). 

Die  ungeschlechtliche  Fortpflanzung  vollzieht  sich  bei  den  Confervoideen 
durch  Bildung  von  cilieutragenden  Schwärmsporen.  Daneben  können  auch 
ungeschlechtliche  ruhende  Dauersporen  auftreten. 


Fig.  246.  Ulothrix  zonata.  J  junger  Faden  mit  Ehizoidzelle 
/■.  Vergr.  300.  7>  Fadenstück  mit  ausschlüpfenden  Schwärm- 
sporen, zu  zwei  in  jeder  Zelle.  C  einzelne  Schwännspore, 
D  Gametenbildung  und  Entleerung  eines  Fadenstücks. 
E  Gameten.  F,  O  Copulation.  der  Gameten.  //  Zygote. 
•/  Zygote  nach  der  K'uheperiode.  K  Zygote,  deren  Inhalt 
in  Schwärmsporen    sich   getheilt  hat.'^  B  —  K  Vergr.  -482, 

nach  DoDEL. 


Fig.  247.     Stück  einer  Clado- 
phora  glomerata.      Vergr.  48. 


Die  geschleclitliche  Fortpflanzung  besteht  entweder  in  Copulation  von 
Planogameten  oder  es  sind  die  fTCSchlechtszellen  in  ruhende  Eizellen  und 
bewegliche  Spermatozoiden  differenzirt. 

Ulothrix  xonata  (Fig.  246  A]  und  Cladophora  rjlomerata  (Fig.  247)  sind  zwei  der 
häufigsten  Fadenalgen.  Erstere  besteht  aus  unverzAveigteu,  mit  einer  Rliizoidzelle  fest- 
sitzenden Fäden  ohne  ansgesproclienes  Spitzenwachsthuni :  ihre  kurzen  Zellen  enthalten 
einen  Zellkern  und  ein  bandfriruiige.s,  die  Zellen  fast  vollständig  auskleidendes  ClironKi- 
tophor.  Cladophora  dagegen  bildet  bis  fusslange  festsitzende  Büschel  aus  verzw^eigten 
Fäden  mit  Spitzenwachsthum.     Die  Verzweigung  vollzieht   sich  aus   den  oberen  Enden 


strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     .5.  Aufl. 


18 


274 


Schenck: 


der  lauji'g-estreckteu,  zahlreiche  Kerne  Fig.  61)  und  zahlreiche  polygouale  Chromatophoreu 
enthalteude  Zellen.     Beide  Arten  sind  isogam. 

Bei  Ulothrix  ';Mnafa\^'',  i-'j  {Fig.  246)  geschieht  die  ungeschlechtliche  Fortpflanzung 
durch  viercilige  Sclnvärinsporen  (C),  welche  zu  1  bis  8,  bei  grösseren  Formen  sogar  zu 
16  bis  32  durch  Theilung  in  einer  Fadenzelle  gebildet  \yerden  und  durch  ein  seitlich 
entstehendes  Loch  aus  der  Zellniembran  ausschlüpfen  [B],  umher  schwärmen  und  dann 
zu  neuen  Fäden  auswachsen.  Die  geschleclitliclieu  Schwärmzellen,  Planogameteu,  bilden 
sich  in  gleicher  Weise  aus  anderen  Fadenzellen,  aber  in  viel  grösserer  Zahl,  sie  sind 
kleiner  [E'':  und  besitzen  nur  zwei  Cilien.  ausserdem  einen  rothen  Augenfleck  und  ein 
C'hromatophor  wie  die  .Schwärmsporeu:  sie  copuliren  paarweise  zu  Zygoten  F—H), 
welche  die  Cilien  einziehen,  sich  abrunden  und  mit  Membran  umkleiden.  Die  Zygote 
stellt  einen  Tvuhezustand  dar.  sie  wird  zu  einem  kleinen  einzelligen  Keimpflänzchen  i'J), 
erzeugt  dann  mehrere  Schwärmsporen  (K),  aus  denen  die  neuen  Ulothrixfäden  wieder 
heranwachsen.  Uebrigens  können  die  Planogameteu  unter  Umständen  sich  auch  direct 
parthenogenetisch  ohne  Copulation  weiter  entwickeln.  Damit  ist  die  Mannichfaltigkeit 
der  Scliwärmerbildung  noch  nicht  erschöpft,  denn  die  Fäden  können  ausser  den  oben 
genannten  Schwärmsporen  mit  4  Wimperu  auch  kleinere  ungeschlechtliche,  aber  ganieten- 


Fig.  24S.  ^1,  B  Oedogonium.  -1  Schwärmsporen  beim 
Ausschlüpfen.  B  freie  Schwärmspore.  C,  D  Oed.  cilia- 
tum.     C  vor  der  Befruchtung.    B  während  der  Befruch- 

Spermatozoid. 

Nach   PUINGSUEIM. 


tung. 


0  Oogonien.    a  Zwergmännchen, 
Vergr.  350. 


Fig.  249.  Bulbochaetc  inter- 
media. ^1  Oospore.  B  Bildung 
von  vier  Schwärmsporen  aus 
der  keimenden  Oospore.  Vergr. 
250.     Nach  Pia.NGsiiEni. 


ähnliche  Microzoos])oren  mit  4  oder  2  Wimpern  erzeugen,  welche  bei  Temperaturen 
über  10"  meist  zu  Oninde  gelicn.  bei  solchen  unter  10"  nach  einigen  Tagen  zur  Ruhe 
kommen  und  dann  laugsam  keimen.  Die  Alge  ist  insofern  von  Interesse,  als  bei  ilir 
die  sexuelle  Differenzirung  der  Gameten  noch  in  einem  Anfangsstadimn  steht. 

Als  Beis))iel  oogamer  Confervoidcen  sei  die  (^lattuug  Orr/or/o///^//// (i";  genannt,  an  die 
sich  mit  äiuilichem  A'erhalten  Bnlbijcliudc  auschliesst.  Während  letztere  verzweigte 
Zellfäden  aufweist,  liaben  die  zahlreichen  Arten  der  ersteren  Gattung  unverzweigte 
Fäden,  deren  Zellen  nur  Je  einen  Kern  und  Je  ein  einziges,  aus  zahlreichen  zusammen- 
iiängenden  Bändern  bestehendes  wandständiges  Cliromatoi)hor  besitzen.  Die  ungescldecht- 
lichen  Schwärmsporen  (Fig.  248  B)  sind  bei  Oedogonium  besonders  gross,  haben  ein  aus 
Kiiioidasma  bestehendes,  farbloses  Vorderende,  an  dessen  unterm  Kande  zahlreiche 
Cilien  in  Form  eines  Kranzes  entspringen.  Sie  entstehen  in  Einzahl  aus  dem  ganzen 
Inhalt  einer  FadenzcUe  fFig.  i^48J)  und  schlüpfen  unter  Aufbrechen  dieser  Zelle  aus. 
Was  die  sexuelle  Fortpflanzung  anbelangt,  so  werden  einzelne  Fadenzellen  zu  Oogonien, 
indem  sie  tonnenförmig  anschwellen  und  ilircn  Inhalt  zu  einer  sich  abrundenden  grossen 
Kiz(;lle  ausbililen.  Am  obercMi  Ende  des  Oogoninms  entsteht  in  der  Membran  ein  Loch 
und  unter  diesem  ein  farldoser  Erapfängnissfleck  an  der  Eizelle.  Au  anderen  Stelleu 
desselben  oder  eines  anderen  Fatlens  werden  die  Spermatozoiden  erzeugt  und  zwar 
meist  zu  Je  zwei  in  i'eiativ  niedrii;-  hleibendiMi  i'adenzelleii.  den  Antiieridien.  i>ie  Sperma- 
t(i/.iiidcii   sind   kleiner  als   dir    iinL;cs(lihM'litlicli('ii    SchwiiniisiMiri'n.    alirr    wie   diese   auch 


Cryptogamen.  275 

mit  eiuem  Cilienki-anz  versehen.  Sie  schlüpfen  durch  die  Oeffnung-  in  das  Oogoninm 
und  verschmelzen  mit  der  Eizelle,  die  dann  zu  einer  grossen  derbwandigen  Oospore 
wird.  Bei  der  Keimung  der  Oosporen  theilt  sich  ihr  Inhalt  in  vier  grosse  Schwärmsporen, 
welche  ausschlüpfen  vmd  neue  Fäden  bilden.  Fig.  249  stellt  die  Pjilduug  dieser  Sporen 
für  Bulbochaete  dar,  mit  welcher  Uedogouium  nahe  verwandt  ist. 

Bei  gewissen  Arten  von  Oedogonium  liegen  die  Verhältnisse  complicirter.  Die 
Spermatozoiden  werden  nämlich  bei  diesen  in  besonderen  kleinen  nur  aus  wenigen 
Zellen  bestehenden  Pfläuzchen,  sogen.  ..Zwergmännchen"  erzeugt.  Diese  Pflänzchen 
entwickeln  sieh  aus  ungeschlechtlichen  Schwärmsporen  'Androsporen;,  welche  sich  nach 
dem  Ausschwärmen  auf  die  weiblichen  Fäden,  ja  sogar  auch  direct  auf  die  Oogonien 
festsetzen,  zu  den  wenigzelligen  Zwergmännchen  heranwachsen,  dann  aus  ihren  oberen 
Zellen  die  Spermatozoiden  erzeugen  und  sich  mit  einem  Deckel  öflneu,  um  dieselben 
zu  entlassen.  Fig.  248  G  zeigt  ein  reifes  Zwergmännchen  auf  einem  noch  geschlossenen 
Oogonium,  D  den  Eintritt  der  Befruchtung,  das  Spermatozoid  auf  dem  Empfängnissfleck 
bei  Oedogonium  ciliatuin. 

'Die  oogamen  Confervoideen  sind  in  Folge  der  complicirten  sexuellen  Vorgänge  als 
die  höher  entwickelten  im  Vergleich  zu  den  isogamen  zu  betrachten. 

3.  Ordnung.    SipJioneae. 

Die  Siphoneen  oder  Sclilauchalgeii  uiitersclieideu  sich  von  allen  übrigen 
Cliloropliyceen  und  Algen  überhaupt  durch  die  besondere  Beschaffenheit  ihres 
Thallus,  welcher  äusserlich  mehr  oder  weniger  reich  gegliedert  ist,  aber 
meist  aus  einer  einzigen  grossen  Zelle  besteht,  oder,  wenn  er  mehrzellig  ist, 
wenigstens  sich  aus  grossen  vielkernigen  Zellen  aufbaut.  Die  Zellhaut  um- 
schliesst  somit  im  ersten  Falle  eine  einzige  Plasmamasse,  in  deren  Wand- 
belag zahlreiche  Zellkerne  und  zahlreiche  kleine  grüne  Chromatophoren  sich 
vorfinden.  Dieselbe  Form  des  Thallus  kehrt  unter  den  Hyphomyceten  bei 
den  Phycomyceten  oder  Algenpilzen  wieder,  so  dass  die  Letzteren  vielleicht 
als  abgeleitete  Formen  der  Siphoneen  angesehen  werden  können. 

Die  Siphoneen  umfassen  ca.  40  nicht  sehr  artenreiche,  grösstentheils  im 
Meere  lebende  Gattungen.  Im  Süsswasser  oder  auf  feuchtem  Erdboden  ge- 
deihen die  Arten  von  Vaucheria,  terrestrisch  ferner  Botrydium  und  Proto- 
siphon,  einige  Formen  endlich  leben  endophytisch  in  den  Blättern  höherer 
Pflanzen. 

Die  sexuelle  Fortpflanzung  besteht  meist  in  Copulation  gleicher  Gameten 
und  ist  nur  bei  der  Gattung   Vaucheria  zu  Oogamie  vorgeschritten. 

Die  einfachste  Form  der  Siphoneen  wird  durch  die  Gattung  Bofrydmm{^^)  (mit  einer 
kosmopolitischen  Art  B.  (jranulatum)  dargestellt.  Diese  Alge  wächst  auf  feuclitcni 
Lehmboden  an  der  Luft  und  bildet  heerdenweise  grüne  etwa  2  mm  dicke  Bläschen, 
deren  Basis  sich  in  ein  chromatophorenfreies,  im  Substrat  steckendes  verzweigtes  fädiges 
Rhizoidsystem  fortsetzt  (Fig.  250^1.  Die  Zellwand  der  Blase  und  des  Ehizoids  um- 
schliesst  nur  einen  einzigen  Protoplasten  mit  zahlreichen  kleineu  Zellkernen  und  im 
oberen  Theile  mit  zahlreichen  einzelnen  Chloroiiliyllkörnern,  die  nur  in  ganz  jungen 
Pfläuzchen  Pyrenoide  enthalten  und  keine  Stärke,  sondern  fettes  Oel  bilden.  Die 
Pflänzchen  können  sich  auf  vegetativem  Wege  durch  Sprossung  vermehren,  indem  am 
oberirdischen  Theile  eine  zur  Grösse  der  Mutterzelle  heranwachsende  Ausstülpung  ent- 
steht, die  ein  Rhizoid  in  den  Boden  treibt  und  unter  Querwandbildung  sich  schliesslich 
isolirt.  Die  Fortpflanzung  geschieht  durch  ungeschlechtliche  Schwännsporon,  zu  deren 
Bildung  sich  die  ganze  Pflanze  in  ein  einziges  Sporangium  verwandelt  und  ihren  Inhalt 
in  zahlreiche  durch  ein  Loch  am  Scheitel  ausschlüpfende  Schwärmsporen  zertheilt.  Die 
Schwärmsporen  Fig.  250  i?j  tragen  am  vorderen  farblosen  Ende  nur  eine  einzige  Cilie. 
Die  Bildung  der  Schwärmsporeu  geht  nur  dann  vor  sich,  wenn  das  Pflänzclieu  mit  Wasser 
bedeckt  ist.  Die  ausgeschlüpften  heliotaktischen  Schwärmer  setzen  sich  zur  Ruhe,  nm- 
geben  sich  mit  Membran  und  keimen  auf  feuchter  Erde  zu  neuen  Pflänzchen.  Ob  auch 
sexuelle  Planogameten  unter  Umständen  gebildet  werden,  ist  noch  nicht  nacligcwiesen. 

Wie  Kleb.s  gezeigt  hat,  kommt  meist  in  Gemeinschaft  mit  Botrydium  und  bislang 
zu  diesem  gerechnet  eine  ganz  ähnliche  kleinere  Art.  Protosiplion  botryoides,  \o\\  mit  meist 

IS* 


276 


Schenck: 


imverzweigtem  Rliizoid  und  nur  einem  einzigen  netzförmigen  Cliromatoplior.   Diese  Art 
erzeugt  Planogameten ,   ■welche  paarweise   zu  sternfürmigeu  ruhenden  Zygoten  coi^uliren 
Fig.  250  c]. 

Oogamie  tritt  unter  den  Siphoneen  bei  der  Gattung  Vaue/ierta{-^)  auf,  deren  Arten  einen 


Fig.  250.  .  l  und  B  Botrydinm  granulatum. 
Ä  ein  freigelegtes  PHänzchen  mittlerer 
Grösse.  Vergr.  28.  B  eine  Schwärmspore 
mit  Jodlösung  fixirt.  Vergr.  540.  C  Pro- 
tosiplion  botryoides.  Planogameten  und 
zwar  bei  a  ein  einzelner  Planogamet, 
bei  h  zwei  Planogameten  in  der  ersten 
Berührung,  bei  e,  r/  und  e  in  seitlicher 
Verschmelzung,  bei  f  die  Zygospore. 
Vergr.  Ö4Ü. 


B  Anlage  der 


Fig.  251.  Vaucheria  sessilis.  ^1 
Sporangien.  G,  D,  E  Ausbildung  der  Schwärm 
sporen.  Vergr.  95.  F  Schwärmspore.  Vergr.  25. 
G  ein  Stück  der  äusseren  farblosen  Plasmaschicht, 
dem  vorderen  Ende  der  Schwärmspore  entnommen. 


Vergr.  95U. 


rasenartig 


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','2.'?  ,-''?i^'^'^i*"o" 


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wachsenden,  aus  einer  einzigen 
fadenförmigen  verästelten  Zelle  bestellenden 
und  ebenfalls  mit  farblosen  llhizoiden  im  Sub- 
strat befestigten  Thallus  aufweisen. 

DiePdldungderungesehleehtlichenSchwärni- 
sporen  geschieht  hier  in  anderer  Weise  als 
bei  I5otrvdiuni.  Einzelne  Zweigenden  schwel- 
len zur  Bildung  des  Sporangiunis  etwas  an 
und  grenzen  dasselbe  ndt  einer  (Querwand  ab 
(Fig.  251  A — E).  Der  ganze  Inhalt  der  Endzelle 
verwandelt  sich  nun  in  eine  einzige  sehr  grosse 
grüne,  nut  blossem  Auge  schon  sichtbare 
Schwärmspore  [F),  welche  einen  farblosen,  die 
znidreichen  Kerne  enthaltenden  Saum  besitzt 
und  vor  jedem  Kern  Je  zwei  ( 'ilien  hervor- 
streckt (Ö).  Bei  der  Entleerung  reisst  der  Spo- 
i-angiunis(dieit('l  auf  und  die  Spore  zwängt  sich 
unter  l'relaing  um  »lic  l.iingsaclise  aus  der  (JcH'nung  heraus.  Mr)ri>liologiscli  entspricht  die 
Vautdieriaspore  der  (Jesainnitheit  der  zahlreichen  Einzelscliwärnis])oren  eines  Botrydium- 
pliänzchens. 

Die  sexuelle  FortpHanzung  von  Vaucheria  weicht  bedeutend  \i»ii  der  (Janietencopu- 
lation  der  übrigen  Si])hon('en  ab,  ist  aber  von  dieser  als  der  ursprünglichen  Befru(ditungsart 
abzuleiten.  Oogonien  und  Antlieridien  entstellen  an  den  Thallusfäden  als  Ausstülpungen, 
die  dnrcli  ciiic  Sfdieidr'wand  abgegrenzt  werden   Fig.  252  o  und  u].    Die  Oogonium-Anlage 


Fig.  252.  Vaucheria  sessilis  forma  repens. 
Fadenstück  mit  Oogonium  o.   Antheri- 
diuni    n;    Hi    ('hrornatophi)rcn,    //   Zell- 
kerne, iil  Oeltropfen.     Vergr.  240. 


Cr}T)tog'amen. 


277 


enthält  nach  Oltjianns  anfang-s  zahlreiche  Kerne,  die  aber  alle  bis  auf  den  zurück- 
bleibenden einzigen  Eikern  vor  der  Scheidewandbildung  wieder  in  den  Tragfaden  zurück- 
wandern. Im  reifen  Zustand  besitzt  das  Oogon  eine  schnabelartige,  mit  farblosem  Plasma 
angefüllte  Vorstülpung.  an  welcher  das  Oogonium  geötiuet  wird,  während  sich  die 
Eizelle  abrundet.  Das  in  seiner  Anlage  ebenfalls  vielkernige  Antheridium  ist  mit  seinem 
Tragast  ein  hornförmig  gekrümmtes  Gebilde  'a, ,  es  öffnet  sich  bei  der  Eeife  au  seiner 
Spitze  und  entleert  seinen  schleimigen  Inhalt,  aus  dem  die  winzigen  farblosen  Sperma- 
tozoiden  herausschwärmen,  um  an  dem  farblosen  Empfängnissfleck  des  Oogoniums  sich 
anzusammeln.  Ein  Spermatozoid  dringt  ein  und  vollzieht  die  Befruchtung  durch  Ver- 
schmelzung seines  Kerns  mit  dem  Eikern.  Die  befruchtete  Eizelle  umgiebt  sich  als 
Oospore  mit  einer  :\lembran  und  geht  in  Euhezustand  über. 

Die  marinen  Siphoneen  zeigen  meist  eine  viel  complicirtere  Gliederung  des  Thallus 
und  gehören  in  dieser  Hinsieht  zu  den  interessantesten  Algentypen.  So  besitzt  die  in 
vielen  Arten    in  wärmeren  ]\Ieeren  vertretene  Gattung  Caulcrpa  (-ij  eine  kriechende,  an 


Fig.  253.      Caulerpa  prolifera.     Die  feinen  Linien   aut    den 

Thallusblättern  bezeichnen  die   Plasmaströmungen,      a   fort-  Fig.  254.  Aeetabulariame- 

wachsende  Spitze  der  Thallusachse,   hh  junge  Thalluslappen,  diterranea,  Kalkalge.    Nat. 
r  Ehizoide.     V-2  nat.  Gr.  Grösse. 


der  Spitze  i'ortwachsende  Hauptachse,  welche  nach  unten  'reichverzweigte  farblose 
Ehizoide  in  den  Boden  entsendet .  nach  oben  dagegen  grüne ,  bei  den  einzelnen  Arten 
sehr  verscliieden  gestaltete  Thalluslappen  trägt.  Bei  der  mediterranen  G. prolifera  (Fig.  253) 
sind  diese  Lappen  blattartig,  von  begrenztem  Wachsthum  und  häufig  i)roliferirend.  Dabei 
umschliesst  die  ganze  Pflanze  nur  einen  einzigen  Zellrauni,  welcher  von  netzförmig  ver- 
bundenen ZellstoiVbalken  durchsetzt  wird. 

Die  Gattung  Bnjopais  hat  dagegen  einen  zierlich  federförmig  verzweigten  Thallus, 
der  ursprünglich  ebenfalls  einzellig  ist.  sclilaucliförmige  Seitenäste  bildet  und  diese  später 
durch  (Querwände  abgliedert. 

Andere  marine  Siphoneen  incrustiren  ihre  Membranen  mit  kohlensaurem  und  oxal- 
saurem  Kalk,  so  z.  B.  Ilalimeda  Opnntia,  welche  eine  Opuntia  im  Kleinen  nachalimt. 
Sehr  eigenartigen  Habitus  hat  unter  den  Kalksiplioneeii  die  im  .Mitreluieer  heimische 
Acetabularia  mediterranca (-')  nnt  gestieltem  schirmförmigeni  llialhis  (Fig.  254).  Der 
dünne  Stiel  sit55t  im  Substrat  mittels  einiger  Eliizoide  fest.  Der  Huf  besteht  aus  dii'lit 
zu  einer   Fläche  zusammenschliesseuden,    von   der  Stielspitze   ausstrahlenden,   sclilaudi- 


278 


Schenck: 


förmigen  Ausstülpungeu,  in  denen  unbewegliche  Sporen,  sogen.  Aplanosporen ,  gebildet 
Averden.  Diese  werden  durch  Zerfallen  des  Schirmes  frei,  entwickeln  sich  zu  Gametangien 
und  erzengen  zahlreiche  copulirende  Planogameten. 


Klasse  IX. 
Phaeopliyceae,  Braunalgen  (^^'  ^^ 

Mit  Ausnahme  einiger  weniger  Süsswasserarten  sind  die  zahlreichen 
Brauntange  fest  sitzende  Meeresalgen,  die  ihre  grosste  Entwicklung  in  den 
kälteren    Oceanen    erreichen.      In    der    Gestalt    des   Thallas    herrscht    eine 


"^^ 


Fig.  256.  Macrocystis  pyrifera 
Ag.  Sehr  stark  verkleinert. 
Nach  Hooker   und  Hakvey. 

ungemeine  Mannichfaltigkeit.  Abgesehen  von 
einigen  einzelligen  Formen  gleichen  die  ein- 
fachsten Vertreter  (z.  B.  die  Gattung  Ectocarpus) 
im  Bau  des  Thallus  den  Confervoideen,  sind 
unverzweigte  oder  verzweigte  festsitzende  Fäden 
aus  einfaclien  Zellreihen  bestehend.  Sodann  giebt 
es  Formen  mit  cylindrischem,  reich  verzweigtem 
vielzelligem  Thallus  (z.  B.  CladostcjjJms,  dessen 
llauptzweige  mit  dichtem  Filz  von  kurzen  viel- 
zelligen Seitenzweigen  l)edcckt  sind, (Fig.  7),  oder 
mit  bandförmig  abgeplattetem,  dichotomisch  ver- 
zweigtem vielzelligem  Thallus  (z.  B.  Dictyota, 
Fig.  8).  Diese  Vertreter  wachsen  an  ihren 
Thallusenden  vielfach  mittels  grosser  Sclieitel- 
zellcn  weiter  (Fig.  7  und  Fig.  161).  Andere  Arten  haben  Scheiben 
blasenformigen  Thallus. 

Die  l)(Jcliste  Entwicklung  erfahren  die  Braunalgen  in  den  Familien  der 
Laminariaceen  und  Fumceen.  Zu  den  ersteren  gehört  die  in  den  nördliclien 
Meeren  verbreitete  TJüttung  Jjiiiihiiirhi,  deren  Arten  einem  grossen  gestielten 
ungetheilten  oder  liandi'örmig  gespaltenen  lUatt  gleichen,  das  an  seiner  Stiel- 
basis mittels  eines  verzweigten  wurzelähuliclien  Haftorgans  befestigt  ist. 


Fig.  255.  Laminaria  digitata. 
forma  Cloustoni.  Nordsee.  Auf 
verkleinert.     Officineli. 


V3 


oder 


Cn-ptogamen. 


279 


Bei  Laminarld  digitata    ;Fig.  255)   besitzt  das  handförmig  getheilte  Thallusblatt  ein 
sehr  eigenartiges  Wachsthnm .   indem  es   an  seiner  Basis  eine  intercalare  wachsthums- 


0  /^.■^9(g.i^lJ 


Fig.  257.  Cladostephus  verticillatus ,  Schwärmsporenbildung. 
^1  geschlossenes  Sporangium.  Vergr.  280.  B  Entleerung  der 
Sporen.  Vergr.  28Ü.  G  einzelne  "Schwärmspore  mit  rothem 
Augenpunkt  ap  und  gelbem  Chromatophor  dir.    Vergr.  ca.  2000. 

Xach  PrixCtSheim. 


Fig.  258.  Cladostephus 
verticillatus.  Theilweise 
entleertes        Gametau- 

gium.     Vergr.  500. 

Nach  Princisheim. 


fähige  Zone  besitzt,  die  nach  einander  neue 
Thallusbliitter  erzeugt.  Das  alte  wird  dann 
jedesmal  emporgehoben  und  stirbt  allmählich 
ab,  das  neue  si)altet  sich  aber  in  mehrere  zu- 
gespitzte Laiipen.  Die  Laminarien  erreichen 
riesige  Dimensionen,  so  wird  der  Zuckertang 
L.  sacclifirina  Xordsee)  mit  imgetheiltem  eben- 
falls sich  jährlich  erneuendem  Thallusblatt  bis 
3  m  lang  und  der  Stiel  über  1  cm  dick. 

Die  grüssten  Dimensionen  unter  den  Phaeo- 
phyceen  erreichen  gewisse  antarktische  La- 
minariaceen,  vor  Allem  die  Macrocystis  pyrifrra 
(Fig.  256j ;  der  Achsentheil  derselben  erhebt 
sich  an  den  Küsten  vom  Meeresboden  bis  zur 
Oberfläche  und  erreicht  flottirend  eine  Länge 
von  200 — 300  m :  er  ist.  abgesehen  von  einem 
nackten  unteren  Tlieile.  dicht  mit  grossen  langen 
herabhängenden .  an  der  Basis  mit  je  einer 
grossen  liiftfiilirenden  Schwimmblase  versehenen 
Thalluslappeii  besetzt.  Selir  bemerkenswert!! 
sind  ferner  die  antarktischen  Lessoma-Arten, 
welche  eine  schenkeldicke  verzweigte  Haupt- 
achse mit  überhängenden  langen  Tliallusblättern 
an  den  Zweigen  entwickeln  und  mehrere  Meter 
Hölie  erreichen,  also  Algen  mit  baumartigem 
Habitus  vorstellen. 

Die  Fucaeeen  sind  ebenfalls  stattliche 
Meeresalgen,  bleiben  aber  hinter  den  Lami- 
narien an  Grösse  zurück.  Am  bekanntesten 
sind  von  nordeuropäischen  Formen  die  Fuois- 
Arten,  Fmus  vesiculosus,  der  Blasentang,  mit 
rundliclien  Inftfiihrenden  Blasen  in  !dt'm  scliwan 


Fig.  259.  Ectocarpus  silicuiosus.  1  Weib- 
licher Gamet  von  vielen  männlichen  Ga- 
meten umgeben,  von  der  Seite  gesehen. 
2— .5  Verschmelzung  der  Gameten.  '/Keim- 
ling nach  24  Stunden.  "— .'>  Vereinigung 
der  Zellkerne  bei  der  Co]>nlation ,  nach 
üxirtem  und  gefärbtem  Material.  1—5 
nach  Beiithold,  IJ — i)  nach  Olt.maxx.s. 


r/.braunen 'bandförmigen,  sicli  gabiig  ver- 
zweigenden    1  liallus    Fig.  260,  und  F.  pluhjrdrpiis  olmc  Blasen.     IJeiile  sitzen  mit  Haft- 


280 


Schenck : 


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Fig.  261.      Fucus    platycarpus.     Monöcisches 
Fig.  2r)0.    Fucus  vesiculosus,  Blasentang.       Conccptaculum    mit    Oogonicn    verschiedenen 
/;  Blasen,  f  Conceptakelstände.     Auf  Vn       Alters    o    und    Antheridienbüschcln    a.    Para- 
vcrklcinert.  physen  j).    Vergr.  ca.  25.     Nach  Thuket. 


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l-'ig,  2()2.  .1  -  /•'  Fucus  ]ilatycar]ius.  .1  der  entleerte  Inhalt  des  Oogoniinns,  B  des  An- 
theridiums,  von  der  inneren  Membranscliirht  iniigelicn.  ('  ein  .\ntheridium.  />  Schnitt 
durch  ein  Uogonium.  K  entleerte  Eier  und  der  Ivest  der  Oogoniundiülle.  _  F  ein  Ei  mit 
anhaltenden  Sperniatozdiden.  (i  und  //  l''ucus  vesiculosus.  (i  Sjierniatozoiden.  7/  ein  Ei 
jiiit  .Speriiiato/.oiden.      '     und   ö  Vergr.  Ö4Ü,  die  übrigen  Vcrgr.  240. 


Cryptogamen.  281 

Scheiben  au  dem  Substrat  fest .  wacliseu  g-eselliy-  iu  der  Braudiiuii'szoue  ;  ilir  Tliallus 
erreicht  über  1  m  Länge.  Die  höchste  Gliederung-  erlangt  der  Thallus  bei  den  Braun- 
algen, ja  den  Algen  überhaupt,  in  der  verwandten  (lattung  Sarf/ass>/»i  durch  eine  scluirfe 
Sonderung  in  verzweigte  dünne  cylindrische  Achsen  und  in  Seitenäste ,  die  je  nach 
ihrer  Function  als  laubblattartige,  als  hocliblattartige  oder  als  fructiticirende  Seitenäste 
oder  endlich  als  Schwimmblasen  ausgebildet  erscheinen.  Bemerkenswerth  sind  gewisse 
Sargassum-Arten  dadurch,  dass  sie  von  den  Küsten  durch  Meeresströmungen  weggeführt 
und  'an  ruliigen  Stellen  des  Oceans  zu  grossen  tluthcnden  Massen  Sargassomeer)  zu- 
sammengetrieben werden. 

Die  Zellen  der  Phaeopliyceeu  enthulten  meist  nur  einen  Zellkern  und 
mehrere  oder  viele  tlaelie  scheibenförmig-e  gelbbraune  Chromatoplioren,  welche 
ausser  Chlorophyll  einen  braunen  Farbstoff,  das  Phycophaeiu  enthalten 
und  den  Algen  eine  gelbbraune  oder  dunkelbraune  Gesammtfärbung  ver- 
leihen. Als  Assimilationsproduct  sind  zahlreiche  halbflüssige  sogen.  Fucosan- 
körner  nachweisbar,  welche  wohl  zu  den  Kohlehydraten  gehören  und  nach 
Haxsteen ("-■')  ihren  Bildungsheerd  an  den  Chromatophoren  liaben.  liei 
den  höhereu  Formen  zeigt  sich  bereits  eine  ziemlich  weitgehende  anato- 
mische DiÖerenzirung  des  Thallus.  Die  äusseren  Zellschichten  sind  in  der 
Regel  als  Assimilationsgewebe  ausgebildet,  die  inneren  als  Speicherzellen. 
Bei  gewissen  Arten  hnden  sich  axile  Zellstränge  mit  siebröhrenähnlichen 
Elementen  und  auch  mit  echten  Siebröhren  (^s). 

Nach  der  Art  der  ungeschlechtlichen  und  geschlechtlichen  Fortpflanzung- 
zerfallen  die  Phaeophyceen  in  drei  Ordnungen. 

1.  Ordnung.     PJiaeosjyoreaeC^^). 

Hierher  gehört  die  Mehrzahl  der  Formen,  u.  a.  auch  die  Laminarien.  Sie  vermehren 
sich  durch  ungeschlechtliche  Schwärmsporen,  die  in  grosser  An/.ald  in  einfächerigen 
oder  uuiloculären  Sporangien  erzeugt  werden,  einen  rothen  Augenpunkt,  ein  Chroma- 
tophor  und  zwei  seitlich  inserirte  Cilien  aufweisen  (Fig.  257). 

Ausser  den  einfächerigen  Sporangien  werden  von  den  Phaeosporeen  auch  viel- 
fächerige oder  multiloculäre  Sporangien  erzeugt  Fig.  258).  Jede  Zelle  derselben  bildet 
nur  eine,  selten  melirere  ausschlüpfende  Schwärmsporen.  Bei  einigen  Gattungen  ist 
Copulation  dieser  Schwärmsporen  beobachtet  worden.  Wir  haben  dieselben  demnacli 
als  Flanogameten  und  ihre  Sporangien  als  Gametangien  zu  bezeichnen.  Allerdings 
ist  die  Sexualität  verschieden  stark  ausgeprägt  und  unter  Umständen  keimen  die  (iameteii 
auch  ohne  Copulation  zu  neuen  Pflanzen,  wie  dies  unter  den  Chlorophyceen  auch  fiii' 
Ulothrix  bemerkt  wurde. 

Als  Beispiel  für  Copulation  sei  Ectocarpus  siliculosits  (Fig.  259)  genannt,  bei  welclicm 
bereits  ein  Unterschied  in  dem  Verhalten  der  im  übrigen  gleichgestalteten  Gameten  zu 
constatiren  ist.  derart  dass  männliche  und  weibliche,  beide  in  besonderen  dicicisch  fxlei' 
mouöcisch  vertheilten  Gametangien  erzeugt,  zu  unterscheiden  sind.  Die  weiblichen 
Gameten  setzen  sich  fest  und  zahlreiche  männliche  Gameten  berühren  dieselben  mit 
ihren  Cilien  (Fig.  259.  7).  Schliesslich  verschmilzt  ein  männlicher  Gamet  mit  dem  weib- 
lichen zu  einer  Zygote  (Fig.  259,  .:^— .9),  welche  zuletzt  nur  einen  Kern,  aber  zwei  ('hroma- 
tophoren  enthält,  sich  festsetzt,  mit  einer  Membran  sich  umgiebt  und  zu  einer  neuen 
Pflanze  heranwächst. 

Bei  anderen  Phaeo])hyceen  ist  der  Unterschied  zwischen  den  zweierlei  Gameten  auch 
in  Form  und  Grösse  ausgeprägt  und  besonders  in  der  Familie  der  Cutlcriuccrn  ist  ein 
entschiedener  Uebergang  von  Isogaraie  zu  Oogamie  festzustellen  (2';. 

2.  Ordnung.    FiicaceaeC^^). 

Bei  den  Fucaceen  fehlt  die  ungeschlechtliche  Schwärmsjjorenbildung  gänzlicli.  da- 
gegen ist  die  sexuelle  Fortpflanzung  als  ^»nganiie  scliarf  ausgeprägt,  l'.ci  Fkciih  vealeiihiüHs 
und  platijfurpu^  sitzen  die  Oogonien  und  Antlieridieu  in  besonderen  krugförmigen  Ver- 
tiefungen, sogen.  Conceptacula,  die  zu  vielen  in  die  letzten  angeschwollenen  Auszweigungen 
des  Thallus  eingesenkt  sind  (Fig.  200/';.  Bei  F.  platyfarpKs  enthalten  die  Conceptakclii 
Fig.  2G1)  sowohl  Oogonien  als  Anth(>i-idien,  bei  F.  vesie/dosits  dagegen  herrscht  Dioecie. 


282  Schenck 

Der  Innenwand  der  Conceptacula  entspringen  zahlreiche  uuverzweigte  sterile  Haare, 
sogen.  Saftfäden  oder  Paraphysen,   die   zum  Theil  als  Büschel  nach  aussen  vortreten 

Fig.  261 2i  ■  Zwischen  denselben  befinden  sich  die  Oogonieu  und  Antheridien.  Die 
Letzteren  sitzen  als  ovale  Zellen  in  büscheliger  Anordnung  an  besonderen  reich  ver- 
zweigten kurzen  Fäden  (Fig.  2ßl  a  und  262  C].  Der  Inhalt  des  Antheridiums  zerfällt  in 
zalilreiche  .Spermatozoiden.  er  wird  als  Ganzes,  von  der  dünnen  inneren  Wandschicht 
umgeben,  entleert  ,Fig.  262  B  und  entlässt  dann  die  gestreckt  eiförmigen,  mit  zwei  ver- 
schieden langen  seitlichen   Cilien  und   rothem   Augenfleck  versehenen  Spermatozoiden 

Fig.  262  G.  Die  Oogonien  (Fig.  261  o,  sind  grosse  rundliche,  auf  einzelligem  Stiel 
sitzende  gelbbraune  Gebilde,  deren  Zellhaut  im  Inneren  acht  grosse,  aus  der  Oogonium- 
mutterzelle  durch  Tlieilung  entstandene  Eizellen  umschliesst.  Dieselben  treten,  ebenfalls 
von  einer  dünnen  Hülle  umgeben,  aus  der  aufplatzenden  Oogoniumwand  heraus  'Fig.  262  J.), 
die  Hülle  verquillt  am  oberen  Theil.  stülpt  sich  theilweise  zurück  und  die  nackten  Eier 
werden  nun  frei  ins  Wasser  entleert  Fig.  262  Ts' .  Dort  haften  die  Spermatozoiden  in 
grosser  Menge  an  denselben  an,  versetzen  sie  durch  ihre  Cilien  in  rotirende  Bewegung, 
wobei  die  Befruchtung  durch  ein  Spermatnzoid  erfolgt  (Fig.  262  F.  II .  Nach  der  Be- 
fruclituug  umgiebt  sicli  das  Ei  mit  Membran,  setzt  sich  fest  und  wächst  unter  Thcilung 
zu  einer  neuen  Pflanze  heran. 

Bei  anderen  Fucaceen  werden  in  dem  Oogonium  nur  4.  2  oder  schliesslich  auch  nur 
1  befruchtungsfähiges  Ei  erzeugt,  immer  aber  theilt  sich  der  eine  Kern  der  Oogonium- 
anlage  nach  Oltmanxs  in  8  Kerne,  wovon  dann  in  diesen  Fällen  nur  4,  2  oder  1  zu 
Eikerncn  ausgebildet,  die  übrigen  als  reducirte  befruchtungsunfähige  Eikerne  bei  Seite 
geschoben  werden. 

3.  Ordnung.    Dictijotaceae. 

Hierlier  geliören  nur  wenige  Formen,  z.  B.  Dictyota  dicliotoma  Fig.  8 .  Die  un- 
geschlcchtliclicn  Sporen  entstehen  zu  zwei  oder  vier  in  Sporangien.  ähnlich  wie  bei  den 
Kothaigen,  und  sind  bewegungslos,  ohne  Cilien.  Die  Geschlechtsorgane  sind  in  Oogonien 
und  Antheridien  differenzirt;  die  Oogonien  enthalten  nur  je  eine  Eizelle,  welche  nach 
aussen  entleert  wird,  die  vielzelligen  Antheridien  erzeugen  aus  jeder  Zelle  je  ein 
Spermatozoid,  welches  im  Unterschied  zu  den  übrigen  Braunalgen  nach  Williams  (-") 
nur  eine  einzige  lange  Cilie  besitzt.  Indessen  ist  der  Befruchtungsact  bis  jetzt  noch 
nicht  beobachtet  worden. 

Nutzpflanzen  der  Phaeophyceen  sind:  die  officinelle  Laminaria  digitata  forma 
Cloustoni  (Pharm,  germ.j,  deren  Thallusstiele  getrocknet  als  Quellstifte  in  der  Chirurgie 
Verwendung  finden.  —  Verschiedene  Laminariaceen  und  Fucaceen  liefern  aus  ihrer 
Asche  ;Varec,  Kelp)  Jod,  früher  wurde  auch  Soda  aus  ihnen  gewonnen.  Viele  Lami- 
narien  sind  reich  an  Mannit  (z.  B.  Lam.  saccharina),  dienen  zur  Gewinnung  desselben 
und  werden  auch,  besonders  von  Chinesen  und  Japanern,  als  Nahrung  genossen. 

Klasse  X. 
Rhodophyceae,  Rothalgen  (^^' ^*^). 

Die  Kotlialgeu,  IMiodophyceen  oder  Florideen,  l)ildeu  ebenso  wie  die 
Pjniunalgen  eine  selbstständige  Grnppe  höherer  Algen,  für  deren  ])hylogene- 
tisehe  Ableitung  aus  nieder  stehenden  Algen  sicliere  Anhaltspunkte  noch 
fehlen.  Sie  sind  ebenfalls  fast  ausschliesslicli  festsitzende  Mceresalgen  und 
l)ewohnen  vorzugsweise  die  unteren  tiefsten  Algenregionen  an  den  Küsten 
aller  Oceane,  besonders  der  gemässigten  und  tropischen  Zonen.  Nur  wenige 
Gattungen  {Batraeliospcninini  z.  1>.)  wachsen  im  Süsswasser,  am  Boden 
Üiessender  Gewässer. 

Der  Thallus  der  Kothai  genweist  grosse  Mann  ich  faltigkeit  auf  Die  ein- 
fachsten Formen  stellen  aus  einfachen  Zellreilu-n  bestehende,  zierlich  ver- 
zweiiite  Fäden  dar  (z.  !>.  ('(lUiDKUiinioii).  Bei  anderen  l);nion  sich  die 
Ijüschclig  \(;rz\veigten  Thallusfäden  aus  mehreren  Zellen  im  (Querschnitt  auf. 
Zahlreiche  Formen   besitzen  einen  vielzelligen,   breiter  oder  sclimäler  band- 


Crj'ptogamen. 


283 


förmigen  uud  oft  reich  verzweigten  Thallus  (z.  B.  Cho)idnis  crispns  Fig.  263, 
Gigarfina  mammillosa  Fig.  264).  Sodann  giebt  es  Arten,  die  in  Form  von 
Zellfläelien  dem  Boden  oder  einer  anderen  Unterlage  aufsitzen.  Alle  Flori- 
deen sitzen  an  der  Basis  mittels  Haftfäden  oder  Haftscheiben  fest.  Eine 
der  complicirter  gegliederten  Formen  ist  z.  B.  die  Delcsseria  [Hydrolapathum] 
saiiguinea  (Fig.  9)  des  atlantischen  Oceans.  Der  blattartige  zunächst  einer 
Basalscheibe  entspringende  Thallus  ist  hier  mit  Mittel-  und  Seitenrippen 
versehen.  Im  Herbst  fallen  die  Spreiten  ab,  die  Hauptrippen  bleiben  als 
Achsen  stehen,    um    im   nächsten   Frühjahr  neue  Thallusblätter  zu   treiben. 


Fisr.  263.     Chondrus  crispus.     s  ovale 

Fruchtkörper  im  Thallus.  V-'  nat.  Gr.  — 

Officinell. 


Fig.  264.  Gigartina  mammillosa.   s  warzenförmige 
Fruchtkörper.     3/4  nat.  Gr.  —  Officinell. 


I     l/|t"§'>r^  ^"^^.fi«^^         ^^^    Familie     der    Corallmaceen,     deren 

'J^iä^ffihW      .»-^''"'^x  Jr.t%  Gattungen  theils  einen  zierlich  gegliederten, 

verzweigten,  theils  einen  krustenfiirmigen 
oder  korallenartigen  Thallus  aufweisen, 
zeichnet  sich  dadurch  aus,  dass  in  und 
um  die  Membranen  kohlensaurer  Kalk 
massenhaft  abgelagert  wird,  so  dass  diese 
Algen  etwa  den  Eindruck  von  Korallen 
machen.  Die  KalkHorideen  vegetiren  haupt- 
sächlich an  Küsten  mit  starker  Brandung, 
ganz  besonders  in  den  Tropen. 

Die  Rothalgen  sind  meist  rotli  oder 
violett,  nuch  purpurschwarz  oder  braun- 
roth  gefärbt.  Ihre  Chromatophoren,  welche 
als  flache,  scheibenförmige,  ovale  oder  gebuchtete  Gebilde  in  grösserer  Zahl 
und  dichter  Lagerung  in  den  Zellen  auftreten,  enthalten  einen  rothen  Farb- 
stoä",  das  Phycoerythrin,  durch  den  der  ebenfalls  vorhandene  Cldoro- 
phyllfarbst(»tf  verdeckt  wird.  Echte  Stärke  wird  nicht  als  Assimilations- 
product  erzeugt,  sondern  eine  stärkeähnliche  Substanz,  die  Floridecnstärke,  in 
Form  von  rundlichen,  oft  geschichteten,  mit  Jod  sich  röthlich  färbenden  Körn- 
chen. Auch  Oeltröpfchcn  kommen  vor.  Die  Zellen  sind  einkernig  oder 
auch  mehrkernig. 

Die  Fortpflanzung  geschieht  bei  den  Florideen  einerseits  ungeschlechtlich 


Fig.  265.    Callithamnion  corymbosum. 

Tetrasporenbildung,    ^i  geschlossenes, 

B  entleertes  Sporangium  mit  den  vier 

ausgetretenen  Tetrasporen. 

(Nach  Thuret.) 


284 


Sclienck : 


durcli  Sporen,  andererseits  geschlechtlich  durch  Befruchtung  weiblicher 
Organe  durch  männliche  Zellen. 

Die  ungeschlechtlichen  Sporen  sind  nackte  runde  unbewegliche  Zellen  ohne  Cilien. 
welclie  zu  vier  durcli  'riieiluiig  in  einem  Sitorangiura  entstehen.  Die  Sporangien  sitzen 
als  rundliche  Körper  au  den  Thallusl'ädeu  oder  sind  dem  Thallus  eingesenkt,  sie  ent- 
lassen die  vier  nackten  Sporen  aus  einem  Querriss  ihrer  Wandung.  In  Folge  der  Ent- 
.'^tehung  zu  vieren  nennt  man  die  Florideensporen  Tetrasporen  Fig.  26ö  .  Sie  ver- 
treten die  Rolle  der  Sclnvärms])oren  der  übrigen  Algen  und  ünden  sich  in  ähnlicher  Weise 
nur  bei  den  Dictyotaceen  unter  den  Braunalgen  wieder. 

Die  Ausbildung  der  Sexualorgane,  besonders  der  weibliclien,  ist  eine  sehr  eigen- 
artige und  von  dem  Verhalten  der  übrigen  Algen  sehr  abweichende.  Sie  sei  an  dem 
Beispiel  von  Batracl/ospcrmxm  momliformc,  einer  einheimischen  Süsswasserfloridee,  er- 
läutert. Diese  Alge  besitzt  einen  in  Gallerte  gehüllten,  bräunlichen,  aus  wirtelig  ver- 
zweigten Fäden  bestehenden  Thallus.  Die  Sexualorgane  treten  im  Herbst  auf  und  bilden 
Glomeruli  oder  kugelige,  aus  radial  gehäuften  kurzen  Zweigen  gebildete  Köpfchen  in 
den  Zweigquirlen. 


Fig.  26ß 


Batrachospermum  moniliforme.  A  einzelne  durch  Druck  isolirte  Wirtelzweige 
mit  Antheridien.  Bei  .s*  ein  Spormatium,  bei  .s  ein  solches  im  Augenblick  der  Entleerung, 
bei  r  ein  leeres  Anthoriilium.  B  ein  isolirter  Wirtelzweig  mit  einem  noch  unbefruchteten 
(Jarpogonium.  Bei  r-  Basaltheil,  bei  t  Trichogyn  desselben.  C  ein  Wirtelzweig  mit 
befruchtetem  Carpogonium,  s   ein   entleertes  mit  dem  Trichogyn  copulirtes  Spermatium, 


beginnende  Sprossung  aus  dem  Basaltheile  des  Carpogons  bei 


e. 


Vergr.  540. 


Die  Antheridien,  auch  Spermataugien  genannt  (Fig.  266  J.),  schliessen  meist  in  Zwei- 
zahl die  Enden  der  Wirtelzweige  im  Glomerulus  ab.  Jedes  Antheridium  besteht  aus 
einer  einzelnen  zartwandigen  Zelle,  deren  gesammtes  Plasma  bei  dvn  iJdthalgen  meist 
in  die  Bildung  nur  eines  einzigen  Spermatiums  aufgeht.  Die  Spermatien  werden  aus 
der  zurückbleibenden  Zellhaut  .1  ?•.  .s-  entleert,  sind  nnidlieh.  einkernig,  anfangs  mem- 
branlos, si)äter  jedocli  mit  dünner  Membran  undvieidet,  können  sich  nielit  selbststiindig 
bewegen,  wie  die  mit  Cilien  versehenen  Spermatozoideu  der  übrigen  Algen,  und  ver- 
danken diesem  Unterschied  ihre  besondere  Bezeichnung.  Die  weiblichen  Organe,  hier 
('ar])Ogonicn  genannt,  sitzen  ebenfalls  an  den  Zweigenden  zwischen  den  Antheridien 
tragenden  Aesten.  Das  Cari)ogon  (Fig.  266  B)  besteht  aus  einer  lang  gestreckten,  im 
unteren  'Hieil  (c)  flaschenförmig  angescliwolleneu,  im  oberen  'J'lieil  7  fadenförmig  ge- 
stalteten Zelle.  Der  Basaltlujil  enthält  das  Ei  mit  grossem  Zellkern  und  Chroniatoijlioren, 
der  fadenförmige  'J'heil  wird  als  Trichogyn  bezeichnet  und  fungirt  als  Empfängniss- 
organ für  die  Spermatien.  die  zu  einem  oder  mehreren  mit  dessen  Spitze  copuliren  IG], 
imleni  iJir  Inhalt  durch  eine  entstehende  OeÜnung  in  den  Zellinhalt  des  Car))ogons  unter 
Zurüeklassung  der   entleerten  Membran    übertritt.     Der  Zellkern   eines  Spermatiums   be- 


Ciyptogamen. 


285 


fruchtet  die  Eizelle.  Die  alsdann  vom  Tricliogyu  sich  abgrenzende  Eizelle  wird  nun  nicht 
direct  zu  einer  Oospore,  in  Folge  der  Befruchtung  wachsen  vielmehr  aus  den  Seitenflächen 
des  Bauehtlieils  des  Carpogons  sich  weiter  verzweigende  Pchläuehe  hervor,  die  sporogenen 
Fäden.    Zugleich  sprossen  aus  den  Tragzellcn  des  befruchteten  Carpogous  Hüllzweige  her- 


Fig.  267.  Dudresnaya  coccinea.  A  Carpogonast,  Carpogon  c  mit  Trichogyn  f.  7?  Nach 
iler  Befruchtung,  Carpogon  zum  sporogenen  Faden  sf  ausgewachsen.  C  Verbindung  dieses 
Fadens  mit  der  ersten  Auxiliarzelle  «,.  D  Verzweigung  des  sporogenen  Fadens  und  Ver- 
bindung mit  6  Auxiliarzellen  U] — «r,.  Die  Zellen  a:^- a^  sind  Aestcn  eingefügt,  die  von 
der  Achse  ha  entsjiringen.  Schema.  E  Eeifer  Carposporeninäuel,  aus  einem  Ast  hervor- 
Vcrgr.  A—C  ca.  öOO,  D  250,  i;300.    {A—D  nach  Ultmanns,  E  nach  Borxet. 


vor,  die  sicli  um  die  letzteren  lagern  und  mit  diesen  eine  sogen.  HülltVucht,  Cystocar]». 
bilden.  Die  sich  reich  verzweigenden  sporogenen  Fäden  erzeugen  aus  ihren  anschwellen- 
den Endzellen  die  kugelrunden,  einen  Kern  und  ein  Chromatophor  führenden  Sporen, 
die  man  Iner  als  Car])Osporen  bezeichnet.  Sie  werden  aus  den  zurückbleibenden 
Hüllen    der  Endzellen    entleert.     Aus   den  Carposporen   entwickelt   sich   bei  Butracko- 


286  Schenck: 

spermian  zunächst  ein  au8  ZellfUden  bestelieuder  Vorkeim,  der  aus  seinen  Endzellen 
ungeschlechtliche  einzellige  Sporen  erzeugt.  Dieselben  dienen  der  Vermehrung  des 
Vorkeims.  Schliesslich  wachsen  einzelne  Zweige  des  Vorkeims  zu  den  geschlechtlich 
dirt'erenzirten  Thallusfäden  heran.  Die  Si)orenbildung  am  A^orkeira  entspricht  der  Tetra- 
sporenbildung der  übi'igen  Floridceu. 

Bei  anderen  Florideengattungeu  verläuft  die  Bildung  der  Cystocarpien  und  Carpo- 
sporen  in  noch  coraplicirterer  Weise  wie  bei  den  Batrachosiiermen.  überall  aber  lassen 
sich  die  Carposporen  nach  Or/rrviAxxs  in  ihrer  Entstellung  als  Abköuiinlinge  der  be- 
tVuchteten  Eizelle  nachweisen.  Wir  Juiben  somit  bei  den  Florideen  zwei  Generationen 
zu  untersclieiden.  einmal  die  geschlechtliche  riametophyt;,  welche  Eizellen  und  Sper- 
matieu  bildet,  und  dann  die  aus  der  befruchteten  Eizelle  hervorgehende,  mit  der  Mutter- 
pflanze in  Verbindung  bleibende  ungeschlechtliche,  Carposporen  erzeugende  Generation 
Sjjorophyt ,  also  eine  Art  von  Generationswechsel,  vergleichbar  demjenigen  der  Moose 
und  Farne.  Die  Tetrasjjorenbildung  stellt  eine  ungeschlechtliche  Form  der  Vermehrung 
der  geschlechtlichen  Generation  vor  und  geht  der  Bildung  der  Sexualorgane  voraus. 

Als  Beispiel  für  complieirtere  Ausbildung  der  aus  der  befruchteten  Eizelle  hervor- 
gehenden sporenbildenden  (iencration  sei  die  au  den  wärmereu  europäischen  Küsten 
verbreitete  Dudresnaya  coccinea^  mit  cylindrischem,  reich  verzweigtem  Thallus,  gewählt 
(Fig.  2f)7;.  Die  Carpogonäste  bestehen  aus  ca.  7  Zellen;  die  eudständige  Carpogonzelle 
trägt  ein  sehr  langes  Trichogyn.  Nach  der  Befruchtung  treibt  die  Carpogonzelle  einen 
Zellfadeu  nach  unten,  der  sich  weiterhin  verlängert  und  verzweigt  und  successive  mit 
bestimmten,  dichten  Inhalt  führenden  vegetativen  Zellen,  den  Auxiliarzellen,  durch 
Fusion  in  Verbindung  tritt.  Die  ersten  Auxiliarzellen  liegen  in  dem  Garpogonast.  die 
folgenden  in  anderen  Seitenästen.  Alle  Kerne  des  sporogenen  Fadens  sind  durch 
Theilung  des  befruchteten  Eikerns  hervorgegangen.  Die  Fusionen  mit  den  Auxiliar- 
zellen führen  niclit  zu  Kernverschmelzungen,  sondern  dienen  nur  der  Ernährung  der 
sporogenen  Fäden.  Aus  der  Carpogonzelle  kann  noch  ein  zweiter  und  dritter  sporo- 
gener  Faden  in  gleicher  Weise  entspringen.  Aus  den  blasenförmig  angeschwollenen 
Zellen  der  sporogenen  Fäden,  welche  mit  den  Auxiliarzellen  fusionirten.  sprossen  nun 
je  2  Ausstülpungen  hervor,  welche  sich  weiter  theilen  zu  den  rundlichen  Sporenhaufen. 
aus  denen  die  Carposporen  schliesslich  entlassen  werden  (Fig.  267  E). 

Besonderes  Interesse  verdient  eine  kleine  Nordseefloridee,  Harveyella  mirahilit;  f3i\ 
welche  auf  einer  anderen  Rothalge,  der  Rhodomela  subfusca.  als  echter  Schmarotzer  in 
Form  von  kleinen  weisslichen  Polstern  auftritt.  In  Folge  der  parasitischen  Lebensweise 
ist  die  Chromatophorenbildung  ganz  unterdrückt,  so  dass  diese  Floridee  sich  wie  ein 
echter  Pilz  verhält. 

Officinell  sind  Gifjartina  mavimillosa  (Fig.  264)  mit  zäpfchenförmigen,  2—5  mm 
langen  Cystocarpien  auf  dem  Thallus  und  Ghondrus  crispus  (Fig.  263)  mit  ovalen,  dem 
Thallus  eingesenkten,  ca.  2  mm  langen  Cystocarpien  auf  der  Thallnsfläche  und  älinlichen 
Tetrasporenlagern  an  den  'J'hallusendsegmenten.  Beide  leben  in  der  Nordsee  als  ])ur]nir- 
rothe  oder  jturpurbraune  festsitzende  Algen:  getrocknet  sind  sie  von  hellgelblicher 
Farbe  und  liefern  das  officinelle  Carragecn  oder  irländische  Moos  Pharm,  germ.,  austr..  lieh-, 
das  zu  Callertbereitung  verwandt  wird.  —  Verschiedene  Florideen  liefern  das  ebenfalls 
zur  Calicrtbercitniig  Ijenutzte  Agar-Agar;  so  Qraeilarta  Ucliennidoi  das  Agar  von 
Ceylon  aucli  Fucus  amylaceus  genannt);  Eucheuma  spmostcm,  Agar  vcm  .Ia\  a  und 
Madagaskar. 

Klasse  XI. 
Characeae,  Armleuchtergewächse  (^^). 

Die  Chunicccii  bilden  eine  is(jliit  stellende  (Jruppe  von  grünen  Tliallu- 
phyten  mit  coniplicirtc^ii  Sexuahtr^ancn.  Sie  vej^etircn  in  Form  von  oft  über 
fussholien  subnierseu  Wiesen  in  Teichen  und  liächen.  Sie  sind  ausgezeichnet 
durch  ihren  regelmässigen  Aufbau;  die  eylindrischeu  Hauptachsen  des 
Tballus  sind  gegliedert,  bestehen  aus  langen  Internodien  und  kurzen  Knoten, 
an    denen   kürzere   begrenzte,   aus   wenigen    (Gliedern  bestehende,   ebenfalls 


Crj'ptogamen. 


287 


cylindrische  Seitenäste  in  Quirlen  entspringen  (Fig.  268).  Diese  Seiten- 
a'chsen  sind  entweder  einfach  oder  tragen  au  ihren  Knoten  kurze  Aus- 
strahhmgen  zweiter  Ordnung.  In  der  Achsel  eines  Seitenastes'"  in  jedem 
Quirl  entspringt  eine  der  Hauptachse  ähnliche  Seitenachse.  So  kommt  ein 
armleuchterartiger  Habitus  zu  Stande.  Am  Grunde  sind  die  Achsen  mittels 
farbloser  Aerzweigter  Ehizoidfäden  im  Substrat  befestigt.  Letztere  entspringen 
aus  den  Knoten. 


^M:-'] 

m^.- 


Fig.  268.    Chara  fragi- 
lis.    Ende  eines  Haupt- 
sprosses.    Nat.  Gr. 


Fig.  269.  Chara  fragilis.  -L  medianer  Längsschnitt  durch  eine 
Seitenachse  r,  a  Antheridium  und  zwar  na  Basilarknotenzelle, 
j)  Stiel,  m  die  Griffzellen,  aus  deren  aufsitzenden  Zellen  die  Sper- 
matozoidenmutterzellfäden  entspringen,  ob  Eiknospe  und  zwar 
po  Stielzelle,  ?io  die  Knotenzelle,  v  die  Wendungszelle,  c  das 
Krönchen.    Vergr.  60.     B  ganze  Seitenachse.     Vergr.  6.     ^  j 


Sowohl  die  Haupt-  als  die  Seitenachsen  wachsen  an  ihren  Spitzen  mittels 
je  einer  Scheitelzelle  heran,  die  sich  durch  Querwände  successive  in  Seg- 
mente theilt,  jedes  Segment  theilt  sich  nochmals  durch  eine  Querwand  und 
es  entwickelt  sich  mm  aus  der  unteren  Zelle  die  langgestreckte,  ungetheilt 
bleibende  Internodienzelle;  aus  der  oberen  Zelle  entwickeln  sich  dagegen 
unter  weiterer  Theilung  die  Knotenscheibe,  ferner  die  Seitenachscn  und  an 
der  unteren  Partie  der  Hauptachsen  auch  die  lihizoiden.  Während  bei  der 
Gattung  Xifdla  die  lange  Zelle  eines  jeden  Internodiums  nach  aussen  hin 
frei  bleibt,  wird  sie  bei  der  Gattung  Chara  dagegen  mit  einer  einsehiclitigen 
Rindenlage  aus  längs  verlaufenden  Zellreihen,  die  aus  den  Ikisilarzclleu  der 
Seitenachsen  an  den  Knoten  liervorwachsen,  dicht  umscldossen. 

Die  Internodialzellen  der  Characeen  enthalten  zahlreiche  durch  Frag- 
mentation  sich  vermehrende  Kerne  in  dem  wandständigen,  lebhafte  Strömung 
aufweisenden  Plasma  und  zahlreiche  grüne  Chromatophoren. 


288  Schenck: 

UDgeschleehtliclie  Fortpflanzuug-  durch  schwärmende  oder  andere  Sporen 
fehlt  bei  den  Characeen  vollständig.  Die  sexuelle  Fortptianzimg'  dagegen 
besteht  in  Eibefruchtung.  Die  weiblichen  Organe,  hier  als  Eiknospen  be- 
zeichnet, sind  eiförmig  und  ebenso  wie  die  kugeligen  rothgefärbten  An- 
theridien  an  den  Knoten  der  vSeitenachsen  inserirt  und  mit  blossem  Auge 
sichtbar.     Meist  sind  die  Pflanzen  mouücisch,  einige  Arten  auch  diöcisch. 

Die  Eiknospen  Fig.  269  o  h]  enthalten  eine  grosse  mit  Oeltropfen  und  Stärkekörnern 
vollgepfropfte  Eizelle,  welclie  Aon  spiralig  gewundenen  Ilüllscliläuclien  dicht  umschlossen 
wird.  Dieselben  endigen  in  dem  Krönchen  c,  zwischen  dessen  Spalten  die  Spermatozoiden 
eindringen.  Die  Autlieridien  (Fig.  269  a)  besitzen  eine  aus  8  tlachen,  innen  durch  vor- 
si)ringende  Wände  gefächerten  Schildern  bestehende  Wandung  und  erzeugen  die  zahl- 
reichen korkzieherartig  gewundenen,  mit  2  Cilien  versehenen  Si)ermatozoiden  (Fig.  97  J.;, 
die  in  ihrer  Form  von  allen  übrigen  Algen  abweichen  und  sich  denen  der  Brj'ophj^ten 
nähern,  aus  den  Zellen  langer  quergefächerter,  im  Innern  entspringender  Zellfäden. 

Xach  der  Befruchtung  umgiebt  sieh  die  Eizelle  mit  einer  dicken  farblosen  Haut 
und  aucli  die  Innenwände  der  Schläuche  verdicken  sich,  werden  braun  und  mit  einer 
Schicht  von  amorphem  kohlensaurem  Kalk  bedeckt,  während  die  äusseren  weichen  Zellwände 
der  Scliläuche  bald  nach  dem  Abfallen  der  Frucht  vergehen. 

In  seltenen  Fällen,  so  bei  Chara  crinita,  kommt  es  vor,  dass  die  Eizellen  partheno- 
genetisch,  ohne  Befruchtung,  zu  Sporen  sich  weiter  entwickeln.  In  unserer  Flora  treten 
nur  weibliche  Exemplare  dieser  Art  auf 

Bei  der  Keimung  der  Eisporen  entsteht  zunächst  ein  einfach  gestalteter,  faden- 
förmiger mehrgliederiger  Vorkeim,  an  dessen  erstem  Knoten  Ehizoide  entspringen,  wäh- 
rend am  zweiten  einige  einfache  Seitenachsen  stehen  sowie  eine  oder  mehrere  Haupt- 
achsen, aus  deren  weiterer  Verzweigung  die  fertige  Pflanze  heranwächst. 

Einige  Characeenarten  zeiclinen  sich  durch  die  Bildung  besonderer,  mit  Stärke  dicht 
erfüllter  Knöllchen  an  der  unteren  Partie  der  Achsen  aus.  Dieselben  dienen  als  Ueber- 
winterungsorgane  und  gehen  entweder  aus  Knoten  mit  verkürzten  Ast(piirlen  hervor  so 
bei  Tulijpdlupitis  stdlicjcra ,  wo  sie  sternförmige  Gestalt  haben)  oder  entsprechen  moditi- 
cirten  Rhizoiden  (z.  B.  bei  Chara  aspera,  wo  sie  kugelige  weisse  Grebilde  vorstellen'. 


Klasse  XII. 
Hyphomycetes,  Fadenpilze  P' ^*' 


Die  Fadenpilze,  lly})homycetes  oder  Eumycetes,  welche  früher  mit  den 
Sclilcimpilzen  und  Spaltpilzen  als  Fungi  Ijezeichnet  wurden,  aber  von  diesen 
beiden  Khissen  scharf  zu  scheiden  sind,  dürften  phylogenetisch  von  Algen 
als  saprophytisch  oder  parasitisch  lebende  Formen  abzuleiten  sein.  Aus 
ihrer  Lebensweise  erklärt  sich  der  vollständige  Verlust  des  Chlorophylls  und 
der  flironiatophoren.  Ihre  Zellen  besitzen  eine  meist  dünne  chitinhaltige 
Membran  und  im  farblosen  Plasma  zahlreiche  winzige  Zellkerne  (Fig.  62); 
sie  führen  häulig  Fetttröpfchen,  nie  echte  Stärke,  an  deren  Stelle  viel- 
mehr Glukogen  oft  in  sehr  beträchtlicher  Menge.  Unter  den  Hyphomy- 
ceten  zeigt  die  (iruj)j)e  der  Wasser-  oder  Algenpilze,  J^lnicoiHiiccIcii,  noch 
die  meisten  Ijcziehungen  zu  gewissen  Chlorophyceen,  besonders  den  Sipho- 
neen,  indem  der  vegetative  Thallus  bei  ihnen  aus  einer  einzigen  einfach 
gestalteten  oder  fadenförmigen  rcichverzweigten  vielkernigen  Zelle  besteht. 
Bei  den  übrigem  Fadenpilzen  dageg(m,  den  Ascoiz/f/cr/cu  und  r>(/sft//oi)///ceten, 
ist  der  Thallus  zwar  auch  aus  vielfach  verzweigten  Fäden  zusammengesetzt, 
dieselben  bestehen  ;il)er  aus  eintacdien  Zellreihen.  Die  Pilzfäden  bezeichnet 
in;ui  als  llyplieii  und  unterscheidet  demnach  ungegliederte  und  gegliederte 
Jly|ilieii.  Die  Uesammtheit  des  fädigen  vegetativen  Thallus  heisst  Myce- 
liuni.  Die  Mycelhvjthen  sind  in  der  Pegel  unter  sich  frei  oder  nur 
lose  verfilzt,   sie  durchziehen  nach  allen   Pichtungen  hin  das  Substrat  und 


Crj'ptogamen.  289 

saugen  aus  clemselbeu  ihre  g-esammte  Nahrung  auf.  Bei  manchen  Pilzen 
mit  gegliedertem  Myeel  können  aber  die  Hyphen  Gewebekürper  durch  reiche 
Verzweigung  bilden.  Wenn  die  Fäden  dabei  dicht  zusammenlagern  und 
sich  in  kurze  Zellen  theilen,  so  entsteht  auf  diese  Weise  ein  Seh  ein - 
parenchym,  Pseudoparenchym.  Solches  dichtes  Hyphengewebe  wird 
bei  gewissen  Arten  erzeugt,  wenn  dieselben  aus  ihren  Mycelien  vegetative 
Piuhezustände,  sogen.  Sclerotien  bilden,  knollige  oder  strangartige  feste 
pseudoparenchymatische  Körper,  die  unter  bestimmten  Bedingungen  wieder 
auskeimen  (Fig.  106).  Ferner  bestehen  die  Fruchtkörper  aus  lockerem  oder 
dichterem  Hyphengewebe  (Fig.  105). 

Ungeschlechtliche  und  geschlechtliche  Fortpflanzung  treten  uns  bei  den 
Fadenpilzen  in  so  mannichfaltigen  Formen  entgegen,  wie  sie  bei.  den 
anderen  Thallophytenklasseu  nirgends  wiederkehren.  Die  folgende  Ueber- 
sicht  über  diese  verschiedenartigen  Fructiticationen  ergiebt  zugleich  die 
Charakterisirung  der  3  Hauptgruppen. 

1.  Beiden  P//i/coni//ceten  oder  Algenpilzen,  bei  denen  allein  das  vegetative 
Mycelium  bis  zur  Bildung  der  Reproductionsorgane  einzellig  ist,  sind 
Sexualorgane  vorhanden,  entweder  dift'ereuzirt  in  Oogonien  und  Antheri- 
dien,  also  Oosporen  liefernd,  oder  die  beiden  copnlirenden  Sexualzellen, 
Gameten,  von  gleicher  Beschaffenheit  und  Zygosporen  liefernd.  Jedoch  ist 
bei  manchen  Arten  ein  Zurücktreten  der  Sexualität  erwiesen,  die  Bildung 
der  männlichen  Organe  oder  auch  die  Copulation  unterbleibt  und  die  Sporen 
entstehen  parthenogenetisch. 

Von  ungeschlechtlichen  Sporen  sind  drei  verschiedene  Formen  zu  unter- 
scheiden. Bei  den  meisten  Phycomyceten  werden  Sporangien  erzeugt  in 
der  Regel  aus  den  Endzellen  bestimmter  Myceläste  oder  Sporangienträger, 
Das  gesammte  Protoplasma  des  Sporangiums  zerklüftet  sich  in  zahlreiche 
Sporen,  Endosporeu,  welche  bei  den  wasserbewohnenden  Gattungen  als 
cilientragende  Schwärmsporen  aus  den  Sporangien  entlassen  werden,  bei  den 
terrestrischen  dagegen  mit  Membran  umkleidet,  der  Verbreitung  in  der  Luft 
angepasst  sind. 

Neben  den  Sporangien,  oder  auch  ausschliesslich,  tritt  bei  gewissen  Gat- 
tungen die  Bildung  von  Conidien  oder  Exosporen  ein,  welche  durch  Her- 
vorsprossung  und  Abschnürung  vun  Sporenzellen  aus  den  Enden  von 
Mycelzweigen,  die  dann  meist  zu  besonderen  Conidienträgern  ausgebildet 
sind,  entstehen.  Die  Conidien  sind  behäutete,  vorzugsweise  an  die  Verbrei- 
tung in  der  Luft  angepasste  Sporen. 

Die  dritte  nur  vereinzelt  bei  Phycomyceten  vorhandene  Form  von  Sporen 
sind  die  Chlamydosporen  (bekleidete  Sporen)  oder  Gemmen.  Sie  ent- 
stehen in  einfachster  Weise,  meist  in  Reihen,  direct  aus  den  Hyphen  durch 
Quertheilung  und  Loslösung  der  so  gebildeten  Zellen. 

2.  Die  grosse  Gruppe  der  Schlauchpilze  oder  Asconuicetcn  im  weiteren 
Sinne  weist  in  ihren  typischen  Formen  als  Sexualorgane  Oogonien  (hier 
Carpogone  genannt)  und  Antheridien  auf.  Die  befruchtete  Carpogonzelle 
wird  aber  nicht  zu  einer  ruhenden  Oospore,  sondern  entwickelt  sich  im 
Zusammenhang  mit  der  ^Mutterpflanze  weiter,  sprosst  Fäden  aus,  deren 
Enden  schliesslich  zur  Bildung  von  eigenartigen  Sporangien,  den  Sporen- 
schläuchen oder  Asci  übergehen.  Wie  bei  den  Florideen  entsteht  also  aus 
der  befruchteten  Eizelle  eine  iiiii:(schlechtlichc  Generation. 

Der  für  diese  ganze  Gruppe  sehr  charakteristische  Ascus  (Fig.  276)  ist 
ein  meist  langgestrecktes  Sporangium,  in  welchem  die  Sporen  durch  freie 
Zellbildung  gewöhnlich  in  ganz  bestimmter  Zahl,  vorherrschend  zu  8, 
gebildet    werden.      Im    Gegensatz    zu    den    Sporangien    der   Phycomyceten 

S tra st urger,  Lehrbuch  der  Botanik.     5.  Aufl.  19 


290  Schenck: 

wird   hier    nicht   das   gesammte   Plasma   zur  Bildung   der  Ascosporeu  ver- 
braucht. 

Die  aus  den  Carpogonen  entstehenden  Asci  sind  bei  den  meisten  Grup- 
pen der  Ascomyceten  zu  besonderen  Fruchtkürpern  vereinigt,  an  deren 
Zusammensetzung   sieh  auch  vegetative  Hyphen  des  Myceliums  betheiligen. 

Aber  nicht  bei  allen  Ascomycetengruppen  sind  bis  jetzt  solche  Sexual- 
organe nachgewiesen  und  bei  gewissen  Ordnungen  fehlen  sie,  vielleicht  durch 
ßeduction,  vollständig,  so  dass  die  Asci  direct  aus  dem  Mycelium  hervorgehen. 

Bei  vielen  Ascomyceten  werden  auch  Conidien,  selten  dagegen  Chla- 
mydosporen  als  ungeschlechtliche  Sporen  erzeugt,  bevor  es  zur  Bildung  von 
Sexualorganen  oder  von  Asci  kommt. 

3.  Die  dritte  grosse  Gruppe,  die  Basidiomyceten  im  weiteren  Sinne, 
ermangelt  der  Sexualorgane  vollständig.  Hier  scheinen  sie  aus  dem  Ent- 
wicklungsgang vollständig  ausgeschaltet  zu  sein.  Die  ungeschlechtliche 
Vermehrung  vollzieht  sich  nicht  durch  Asci,  sondern  nur  durch  Conidien  und 
vielfach  auch  durch  Chlamydosporen,  welche  letztere  bei  den  Ordnuügen 
der  Brand-  und  Rostpilze  besonders  typisch  auftreten.  Die  Basidiomyceten 
sind  ausgezeichnet  durch  eine  besondere  Form  der  Conidienbildung,  auf 
sogenannten  Basidieu,  das  sind  ein-  oder  vierzellige  Conidienträger  von 
bestimmter  Form,  an  denen  die  Basidiosporen  in  bestimmter  Zahl,  gewöhnlich 
zu  4,  hervorsprossen  (Fig.  288).  Die  Basidien  sind  ferner  auch  dadurch 
von  den  übrigen  Conidienträgern  unterschieden,  dass  in  ihre  Anlage  2  Zell- 
kerne eintreten,  welche  mit  einander  copuliren,  worauf  erst  die  Kerntheilung 
für  die  Basidiosporen  erfolgt.  Neben  diesen  Basidien  können  aber  auch 
noch  andere  Formen  von  Conidienträgern  in  den  Entwicklungsgang  sich 
einschieben.  Bei  den  complicirteren  Basidiomyceten  sind  die  Basidien  an 
oder  in  besonderen  Fruchtkörpern,  deren  Anlage  sich  nicht  auf  Sexual- 
organe zuzUckfiihren  lässt,  angeordnet. 

Die  Systematik  der  Faclenpilze  ist  noch  iiit-lit  zu  ciuem  sicheren  Abscliluss  gediehen. 
Wahrspheinlicli  ist  die  Klasse  keine  einhcitliclie.  und  niuss  in  mehrere  selbstiindige 
Klassen  zerlegt  werden,  wenn  es  gelingt,  für  die  Ableitung  der  Gruppen  von  bestimmten 
Algenordnungeu  sichere  Anhaltspunkte  zu  gewinnen.  Die  Phycomyceten  weisen  auf 
Grünalgen  als  Ausgangsformen  liin,  die  Ascomyceten  zeigen  gewisse  Beziehungen  zu 
den  liotlialgen,  führend  für  die  Basidiomyceten  der  Anschluss  direct  an  Algen  oder  an 
die  anderen  Fadenpilze  unsicher  ist. 

O.  BjtEFELi),  dessen  Untersuchungen  wir  die  Erweiterung  unserer  Kenntniss  von 
der  Entwicklung  so  vieler  Eadenpilze  verdanken,  fasst  die  ganze  Klasse  als  einheitliche 
auf  und  leitet  die  Ascomyceten,  deren  sexuelle  Fortptlunzung  er  nicht  anerkennt,  von 
den  sporangientragenden ,  die  Basidiomyceten  dagegen  von  den  conidientragenden 
Phycomyceten  als  höhere  apogame  Stufen  ab.  Diese  Ableitungen  sind  aber  durcli 
neuere  Arbeiten  über  die  Sexualorgane  dei'  Ascomyceten  und  dni'cli  ilen  Nachweis 
wesentlicher  l'nfci-scliicclc  zwischen  Siiorangicn  und  Sporenscliliiiichi'ii  in   l'i'age  gestellt. 


1.  Unterklasse.     Phycomycetes,  Algenpilze  P'). 

Die  durch  ihr  einzelliges  ungegliedertes,  an  Siphonecn  Vaucheria)  er- 
innerndes Mycel  charakterisirten  Algenpilze  gliedern  sich  nach  der  Beschaffen- 
heit der  Sexualorgane  in  zwei  Gruppen.  Die  OodiiiccIcii  erzeugen  Oogonien 
und  Antheridien,  die  Z/j(/oni//ccien  dagegen  gleichgestaltete  Sexualzellen,  die 
sich  hier  aber  vielleicht  von  urs])rünglich  dittcrcnten  Sexualorganen  ableiten. 

7.  Ordnmif/.     Ooniycetes. 

Die  hierher  gehörigen  (Jattungen  leben  theils  sa])ro])liytisch  auf  faulenden 
Pflanzen  oder  Thiereii,  theils  parasitisch  in  den  Geweben  höherer  Pflanzen 
oder  ;iuch  auf  lusecten. 


Cryptogamen. 


291 


Als  wichtigste  Vertreter  seien  die  folgenden  drei  Familien  erwähnt. 

1.  Nur  bei  der  kleinen  Familie  der  Munohlrpltarideen'i^i  entlassen  die  Antheridien 
freie,  cilientrageude  Spermatozoiden.  während  dagegen  bei  den  übrigen  Oomyceten  der 
vielkernige  Autlieridiuminbalt  sich  nicht  mehr  in  freie  Spermatozoiden  sondert,  vielmehr 
durch  Ausstiil) Hingen  des  Antheridiums  direct  in  die  Eizellen  eingeführt  wird. 

Die  Monnblcpharis-XxtQ-ü  finden  sich  an  faulenden  Pflanzenresten  im  Wasser,  ver- 
mehren sich  ungeschlechtlich  durch  Schwärmsporen,  die  in  grösserer  Zahl  in  Spo- 
rangien  erzeugt  werden.  Die  meist  terminal  stehenden  Oogonien  entlialten  nur  eine 
Eizelle  (Fig.  270 .  die  den  Sporangien  ähnlichen  Antheridien  entlassen  eine  Anzahl  von 
mit  einer  Cilie  versehenen  Spermatozoiden,  welche  zu  den  Oogonien  gelangen  und  durch 
die  Oeffnung  derselben  zur  Eizelle  hineinkriechen,  die  dann  zu  einer  stachelig  be- 
häuteten Oospore  wird.  Eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  der  Algengattung  Oedogonium 
Fiff.  248   ist  nicht  zu  verkennen. 


2.  Au  die  erste  Familie  schliessen  sich  die  Sapi-olegniaceeni^"')  an,  die 


meist    sapropln'tisch 
lebenden  Fisclien 


an 


vegetiren 


mit  ihren  reich 
der   Oberfläche 
Sie   besitzen 


verzweigten  Mycelien  ebenfalls  im  Wasser 
faulender  Pflanzen.  Insecten  und  selbst  auf 
als  ungeschlechtliche  Frucht- 
form an  ihren  Mycelfädeu  ter- 
minale keulentVirmige  Sporan- 
gien,in  denen  zalilreiche  mit  zwei 
Cilien  begabte  Schwärmsporen 
erzeugt  und  nach  aussen  entleert 
werden.  Als  Geschlechtsorgane 
treten  auch  hier  kugelige  Oo- 
gonien als  Endzeilen  vonMycel- 
schläuchen  auf,  sie  enthalten 
gewöhnlich  mehrere  oder  viele 
Eizellen  (bis  50),  selten  nur  eine 
einzige.  Die  Antheridien  sind 
ebenfalls  schlauchförmig  und 
sprossen  meist  unter  den  Oogo- 
nien hervor,  legen  sich  an  die- 
selben an  und  treiben  PJefrucli- 
tungsschläuche  in  sie  hinein  bis 
zu  den  Eizellen.  Hierauf  bilden 
sich  ilie  Eizellen  zu  derbwan- 
digen  Oosporen  um.  Bei  eini- 
gen Formen  dieser  wie  auch  der 
folgenden  Familie  kann  sogar 
die  Bildung  der  Antlieridien  ge- 
legentlich oder  auch  stets  ausbleiben,  so  dass  also  hier  Parthenogenesis  vorliegt. 

3.  Die  Peronosporecn  p  sind  parasitische  Pilze,  welche  mit  ilirem  reicliverzweigten 
einzelligen  Mycel  in  den  Geweben  höherer  Pflanzen  schmarotzen  und  dieselben  zum 
Absterben  bringen.  Gewisse  Arten  bewirken  in  nassen  Jahren  epidemische  Erkrankungen 
^■on  Gulturgewächsen  und  sind  daher  in  holiem  Maasse  schädlich,  so  vor  Allem  die  /'////- 
toplitliora  infrstaits,  der  Pilz  der  sogen.  Kartofl'elkrankheit.  Seine  Mycelfäden  leben 
intercellular  in  den  Blättern  und  Knollen  der  Kartotfelpflanze.  sie  senden  kurze  Saug- 
schläuche oder  Haustorien  in  die  Zellen  hinein  und  verursachen  die  Braunfärbung 
und  das  Absterben  des  Laubes  und  der  Knollen.  Bis  Jetzt  sind  Geschlechtsorgane  bei 
dieser  Art  noch  nicht  beobachtet,  sondern  nur  die  ungeschleclitliclien  S^jorangien.  welche 
als  ovale  Gebilde  zu  mehreren  auf  langen  verzweigten,  vorzugsweise  auf  der  Blattunter- 
seite aus  den  Spaltöffnungen  herauswachsenden  Sporangieuträgern  gebildet  werden 
Fig.  271).  Die  Letzteren  erscheinen  dem  lilossen  Auge  als  weisser  Schimmel.  Die 
Sporangien  werden  endständig  angelegt  und  durcli  eine  Querwand  abgegliedert,  dann 
wächst  der  Träger  neben  dem  Sporangium  vorbei,  so  dass  dasselbe  dann  eine  seitliche 
Stellung  erhält.  Xoch  vor  der  Theilung  des  Inhaltes  lösen  sich  die  Sporangien  B,  ab. 
werden  durch  den  Wind  verbreitet  und  tragen  so  zur  raschen  Ausdehnung  der  Epidemie 
bei.     Die  Kiitw  ickhiiig   der  Schwärmsporen  aus   den  Sporangien   erfolgt  nur   in    Wasser 

19* 


Fig.  270.  Monoblepharis  sphaerica.  Ende  eines  Fadens 
mit  einem  Oogonium  o  und  dem  darunterliegenden  An- 
theridium  a ,  in  1  vor  der  Bildung  der  Eizelle  und  der 
Spermatozoiden ,  in  2  die  letzteren  .s'  austretend  und 
nach  der  ofi"enen  Mündung  des  Oogoniums  hinkrieehend, 
in  :j  reife  Oospore  osp,  das  Antheridium  entleert.  Vergr. 
800.     ;Nach  CoRXU.)     Aus  \.  Tavel,  Pilze. 


292 


Schenck: 


und  ist  somit  nur  bei  nassem  Wetter  möglich.  Der  Sporeninhalt  theilt  sich  in  mehrere, 
mit  zwei  Cilien  A-ersehene.  ausschlüpfende  Schwärmsporeu  [C,  D,  die  zu  einem  neuen  in 
das  Blatt  eindringenden  Mycelfaden  auskeimen.  Die  Sporangien  können  aucli  direct 
ohne  Thcilung  des  Inhaltes  und  Bildung  von  Schwärmsporen  zu  Keimschläuchen  aus- 
wachsen.  nehmen  in  diesem  Falle  den  Werth  einer  einzigen  vom  Träger  abgegliederten 
Spore  au  und  können  dann  auch  als  Conidien  bezeichnet  werden.  Es  lässt  sich  bei 
dem  Kartolteli>ilz.  wie  auch  bei  anderen  Peronosporeen  somit  der  Uebergang  von  Spo- 
rangien zu  Conidien  verfolgen,  eine  Umliildung.  die  mit  dem  Uebergang  von  der  aqua- 
tischen  zur  terrestriselien  Lebensweise  hier  zusammenhängt. 

Piasmoparn  mtieola,  mit  reich  verästelten 
Sporangienträgern.  ist  ein  ebenfalls  sehr 
schädlicher  Parasit,  der  Pilz  des  sogen,  fal- 
schen Mehlthaues  der  Blätter  und  Trauben 
des  Weinstockes.  Eine  sehr  häufige  Art  ist 
ferner  Albugo  Candida  [=  Cystopus  candidusj 
auf  Cruciferen.  besonders  Capsella  bursa  pasto- 
ris,  weisse  Auftreibungen  der  Stengel  ver- 
ursachend. Die  Sporangien  werden  bei  dieser 
Art  in  langen  Ketten  an  Mycelästen  unter 
der  Epidermis  der  Nährpflanze  erzeugt  und  ent- 
,    ,....,.,       leeren  im  Wasser  zahlreiclie  Scliwärmsnoren. 


B 


Fig.  271.  ^1  Oberflächenansicht  der 
Blattepidermis  von  Solanum  tuberosum 
mit  den  aus  den  Sjniltntthungen  hervor- 
tretenden Sporangienträgern  der  Phyto- 
phthora  infestans.  Vergr.  90.  B  ein 
reifes  Sporangiuiii.  (J  ein  solches  mit 
getheilteni  Iidudt.  D  eine  Schwärm- 
spore.   B—D  Vergr.  540. 


Fig.  272.  Befruchtung  der  Peronosporeen.  iPerono- 
spora  parasitica.  Junges  vielkernigcs  Oogoninm  og 
und  Antheridium  an.  2  Albugo  Candida.  Oogo- 
ninm mit  der  centralen  einkernigen  Oosphäre  und 
dem  Befruchtungsschlauch  a  des  Antheridinm, 
welcher  den  männlichen  Kern  einführt.  3  desgl. 
Befruchtete  Eizelle  o  umgeben  von  dem  Peri- 
plasma  p.    Vergr.  ÜöG.     (Nach  Wager.) 


l)ie  So.\  ualu  rga  iir  der  Peronosporeen,  wclclic  au  \'aurlicria  Fig.  2.J2,  erinnern, 
entstehen  meist  im  Innern  der  Xährpflanze,  die  Oogonien  als  kugelige  Anschwellungen 
von  Hyphenenden.  die  Antheridien  als  sclilauchförmige  Ausstiilp\ingen  meist  dicht  unter 
den  Oogonien.  Beide  sind  durch  Querwände  abgegrenzt  und  vielkernig  Fig.  272  .  Im 
Verhalten  der  Kerne  zeigen  sich  bei  den  einzelnen  Arten  interessante  Verschiedenheiten. 
Bei  Peronospora  parasitica,  Albugo  Candida,  Pythium,  difl'erenzirt  sicli  im  Plasma  des 
Oogoninm  eine  einzige  grosse  centrale  Eizelle  oder  Oos]diäre,  welche  einen  Eikern  in 
der  Mitte  enthält.  Avälirend  die  übrigen  Kerne  sämmtlich  in  das  periidierische  sogen. 
Periplasma  hineinwandern.    Die  Antheridien  treiben  nun  einen  Fortsatz  in  das  Oogoninm, 


Cryptogamen. 


293 


der  sich  au  der  Spitze  iu  die  Eizelle  öffnet  und  den  männlichen  Spermakern  eintreteu 
lässt  (Fig-.  272  2].  Die  Oosphäre  grenzt  sich  sodann  durch  eine  Membran  ab  (Fig.  272  3). 
die  Kerne  verschmelzen  uud  das  Periplasma  wird  zur  Bildung  der  äusseren  Sporen- 
membran, des  Episporium,  verbraucht.  Bei  Peronospora  parasitica  ist  die  reife  Oospore 
einkernig,  bei  Albugo  durch  Kerntheilung-  vielkeruig.  Albugo  Bliti  und  A.  Portulacae 
legen  zwar  ebenfalls  eine  centrale  Oosphäre.  von  Periplasma  umgeben,  an,  in  dieselbe 
treten  aber  zahlreiche  Kerne  ein  und  auch  der  Antheridiumschlaucli  führt  zahlreiche 
Kerne  ein,  welche  paarweise  mit  den  weiblichen  Kernen  copuliren.  Aus  dieser  zu- 
sammengesetzten Eizelle  geht  dann  eine  vielkernige  Oospore  hervor.  Eine  vermittelnde 
Stellung  nimmt  nun  Albugo  Tragopogonis  ein,  dessen  Oosphäre  zwar  vielkernig 
angelegt,  aber  schliesslich  doch  nur  einen  weiblichen  Kern  infolge  Degenerirens 
der  übrigen  enthält.  Die  überzähligen  Kerne  in  den  Oogouien  und  Antheridien  können 
als  functionslos  gewordene  Gameteukerue  phylogenetisch  betrachtet  werden,  ähnlich 
wie  die  überzähligen  Eikerne  bei  gewissen  Fucaceen  (cf.  p.  282;.  Die  Oosporen  keimen 
entweder  direct  zu  einem  Mycelium  aus  oder  erzeugen  zunächst  Schwärmsporen. 


Ordnung.    Zygo)nycetes[^^'  ^^). 


Zu  den  Zygomyceten  oder  Mucorineen  gehören  eine  Anzahl  der  gewöhn- 
lichsten   Schimmelpilze,    die    vorwiegend    auf   faulenden    pflanzlichen    und 

thierisehen  Stoffen  saprophytisch  vegetiren 
und  terrestrische  Lebensweise  führen.  Die  un- 
geschlechtliche Vermehrung  geschieht  durch 
unbewegliche,  behäutete  Sporen  aus  Sporan- 
gien  oder  durch  Conidien.  Die  sexuelle  Fort- 
pflanzung besteht  in  der  Copulation  zweier 
gleich werthigerGametenzellen  zu  einer  Zygo- 


Fig.  273.  Ehizopus  nigricans  =  Mu- 
cor  stolonifer  .  Theil  eines  Myceliums 
mit  8  Sporangien,  das  recht-s  befind- 
liche die  Sporen  entleerend  mit  stehen- 
bleibender halbkugeliger  Columella. 


Vergr.  38. 


Fig.274.  iMucorMucedo.  Sporangium  im  optischen 
Längsschnitt,  c  Columella,  m  Membran,  sp  Sporen. 
2  Mucor  mucilagineus,  Sporangium  in  der  Sporen- 
entleerung begriffen,  die  Membran  vi  zerÜiessend, 
die  Zwischensubstanz  x  stark  aufquellend.  1  Vergr. 
225.  2  Vergr.  300.  (Nach  Bkefkli).. 
Aus  V.  Tavel,  Pilze. 


Eine  der  verbreitetsten  Arten  ist  der  Kopfschimmel.  ^lucor  mitcalo^  dessen  zierlicli 
verzweigtes  Mycel  weisse  Schimmelrasen  auf  feuchtem  Brod,  Mist,  Fruchtsäften  bei  Ab- 
schluss  von  frischer  Luft  bildet,  ferner  auf  gleichen  Substraten  der  Ausläufer  treibende 
Mucor  stolonifer  {==  Rhixopiis  ni(jricans]  mit  bräunlichem  Mycelieu.  Bei  den  Mucor-Arten 
entstehen  die  kugeligen  Sporangien  (Fig.  273;  an  den  Enden  von  senkrecht  sich  er- 
hebenden dicken  Mycelschläuchen  durch  Abgrenzung  mittels  Querwand,  welche  sich  als 
sogen.  Columella  (Fig.  274  le)  vorwölbt.  Das  Plasma  des  Sporangiums  zerfällt  durcli 
fortgesetzte  Zerklüftung  in  zahlreiche  Sporen,  die  durch  Zerfliessen  der  Sporangiumwaii- 
duug  unter  Aufiiuclluiig  einer  zwischen  ilinen  liegenden  Zwiscliensubstanz  entleert  werden. 


294 


Schenck : 


Bei  den  auf  Excrementeu  häufig  sich  eutwickelndeu  rZ/o/yo/^^s-Arten  wird  das  Sporau.ü-ium 
durch  den  stark  turgescireudeu  und  an  der  Columelhi  scldiesslich  aufphitzouden  Träger 
weit  abgeschleudert. 

Unter  gewissen  Bedingungen  wird  die  ungescldcchtliche  Sporangienfructitication  ali- 

gelöst  durch  die  sexuelle  FortpHanzuug,  die  darin 
besteht,  dass  an  den  Mycelschläuchen  seitliche 
keulenförmige  Aeste  hervorkommen,  paarweise 
mit  den  Enden  auf  einander  stossen  Fig.  275, 
und  dort  die  conjirgirenden  Zellen  oder  Gameten 
durcli  je  eine  Querwand  abgrenzen.  Die  letzteren 
verschmelzen  nun  zu  einer  Z  y  g  o  s  p  o  r  e  mit 
a  warzenbesetzter  Membran.  Die  Zygosporen  kei- 
men nach  längerer  Euhe  und  es  können  dann 
direct  an  den  Keinischläuchen  Sporangien  ge» 
bildet  werden  (Fig.  275  5).  Sowohl  die  Gameten 
als  auch  die  Zj'gosporen  (wenigstens  bei  der 
Gattung  Sporoäinia  nach  Gruber  sind  viel- 
kernig. Das  Verhalten  der  Kerne  bei  der  Copu- 
lation  ist  nicht  bekannt. 

Auch  innerhalb  der  Gruppe  der  Zygomyceten 
ist  eine  Eeduction  der  Sexualität  zu  verfolgen. 
Bei  gewissen  Mucorineen  werden  zwar  die  Con- 
Jugatiousschläuche  paarweise  angelegt,  es  rindet 
aber  keine  Verschmelzung  mehr  statt,  sondern 
die  Endzellen  werden  direct  zu  Sporen,  die  man 
dann  als  A  z  y  g  o  s  p  o  r  e  n  bezeichnet,  und  endlicli 
bei  anderen  Formen  werden  die  an  ihren  Enden 
Azygosporen  bildenden  Schläuche  einzeln  am 
Mycelium  angelegt.  Auch  stellt  sich  bei  vielen 
Arten  nur  selten  die  Zygosporenbildung  ein. 

Bei  Miicor  Diucrdo  unterliegt  die  (< rosse  und 
die    Sporenzahl    der     Si:»oraugien     auffallenden 
Schwankungen.    Bei    der    Gattung    Thauntldiinii 
nun  hat  sich  ein  Dimorphismus  der  Si)orangien 
ausgebildet,   ein  grösseres  vielsporiges  steht  am 
Ende   des  Trägers  und  zahlreiche  kleine  wenig- 
sitorige,    sogen.   Sporangiolen,   an  wirtelig  ver- 
zweigten Seitenästen  des  Trägers.   Letztere  kön- 
nen  sogar  unter    bestimmten    Ernälirungsliedin- 
gungen  nur  eine  einzige  Spore  ausbilden  und  auf 
diese  Weise   zu  Conidien   werden.  Bei  der  tro- 
pischen Gattung  Choa)ie})hora  ist  der  Dimorphis- 
mus  am  weitesten  gegangen,   indem  hier   neben 
auf   anderen    besonderen   Trägern   Conidien    erzeugt   werden, 
es  Zygomyceten    /..  I!.  f'/taefocladiiui/),  bei  denen   ausschliesslich  Conidien 
itliclic   Fructiticatioii    auftreten.     So    haben   wir   also    in   derselben   Filz- 
griippe  alle  rebergüiige  vom  \  iels])origeii  Sporangium  bis  zur  einzelligen  Conidie. 


Fig.  275.  Zygosporenbildung  von  Mucor 
Mucedo.  i  die  Conjugatiunsäste.  .1:' Ab- 
grenzung der  conjugirenden  Zellen  a 
von  den  Suspcnsoron  h.  -i  weiteres  Sta- 
<liuni.  die  eonjugirten  Zellen  a  sind  als 
solche  noch  zu  erkennen,  dieWarzen  der 
Membran  beginnen  ihre  Bildung,  /reife 
Zygospore  b  zwischen  den  Suspensoren 
a.  ■')  Keimung  der  Zygospore  mit  einem 
Sporangium  am  Keimschlauch.  1  —  4 
Vergr.  225,  ü  Vergr.  ca.  (10.  NachBRE- 
EELD.;     Aus  \-.  Tavel,  Pilze. 


ileu   grossen    ,'~>])iir;uigicii 
liinllich  giebt 
als   Uli 


reschlecl 


2.  Uiilcrlilasse.     Ascoinycetcs,  Schlauchpilze^''  "'^''). 

Cliarakteristiscli  für  die  Ascomyceten,  deren  Myccl  geg-liedert  ist,  sind 
die  Si)()ren8elii;i  iiclic  oder  Asci  (Fig".  27(5).  Der  juiiii'C  Ascus  ist  zu- 
nächst zweiiceniij.,^,  wird  dann  durch  Fusion  l)eider  Kerne  einkeruic,'.  Dieser 
Kern  tlieilt  sich  successive  in  acht  Kerne,  um  die  sicli  die  aclit  S})oren  in 
der  in  V'vj;.  95  dargestellten  Weise  durch  freie  ZcllIiiUlung  abgrenzen.  Die 
mit  Membran  unigel)enen  S]»oren  liegen  gewöhnlich  in  einer  Ivängsreihe  und 
werden  durch  Vcr(|uellen  des  übrigen  Tlasnuis  aus  dem  aufgeplatzten 
Scheitel  des  Schlauches  entleert. 


Cryptogamen. 


295 


Die  meisten  Ascomyceten  bilden  mehr  oder  weniger  complicirte  Frucht- 
körper, Ascusfr lichte,  in  oder  auf  denen  die  Asci  sich  vorfinden.  Als 
erste  Anlage  dieser  Fruchtkörper  sind  vielfach  besondere  Organe,  Carpo- 
gone  nachgewiesen.  Für  bestimmte  Gattungen  (Sphaerotheca  Fig.  277, 
Tyronema  Fig.  281)  ist  durch  Harper  die  bereits  von  De  P)Ary  angenom- 
mene Befruchtung  dieser  Carpogone  durch  Antheridien  festgestellt,  sodass 
eine  weitere  Verbreitung  dieser  Vorgänge  innerhalb  der  Gruppe  wahrschein- 
lich ist;  möglich  ist  aber  auch,  dass  in  der  That  bei  manchen  Ascomy- 
ceten die  schwierig  nachweisbaren  Sexualorgane  nicht  mehr  zur  Ausbildung 
gelangen. 

Aus  den  Carpogonen  gehen  nun  durch  Aussprossen  ascogene  Fäden  her- 
vor, die  schliesslich  die  Sporenschläuche  als  letzte  Auszweigungen  liefern. 
An  der  Zusammensetzung  der  Früchte  betheiligen  sich  auch  sterile,  die 
Hülle  liefernden  Hyphen,  welche  unterhalb  der 
Carpogone  entspringen.  Beide  Hyphenarten  sind 
immer  scharf  geschieden.  In  vieler  Beziehung 
erinnern  also  die  Ascomyceten  an  die  Florideen, 
bei  denen  ebenfalls  eine  ungeschlechtliche,  die 
Carposporen  liefernde  Generation  aus  der  be- 
fruchteten Eizelle  hervorgeht. 

Nach  der  Beschaffenheit  der  Ascusfrüchte 
imterscheiden  wir  die  Ordnungen  der  Ascomy- 
ceten. 

Bei  den  Perisporiaceen  sind  die  kleinen  kuge- 
ligen Früchte  (Perithecien)  allseitig  von  einer  Hülle 
umschlossen,  die  erst  durch  Verwesen  oder  Auf- 
brechen die  Ascussporen  frei  lässt. 

Bei  den  Discomf/cefen  treffen  wir  offene  becher-, 
keulen-  oder  hutförmige  Fruchtkörper  an,  sogen. 
Apothecien,  an  denen  die  SporenschUiuche  parallel 
neben  einander  in  einer  oberÜächlichen  Schicht, 
dem  Hymenium,  angeordnet  sind. 

Bei"  den  Pi/reno)n//ceteu  sind  die  Perithecien 
krugförmig  und  die  Asci  stehen  im  Grunde  des 
Hohlraums. 

Bei  den  Tuheraceen  sind  die  reifen  unterirdi- 
schen knollenförmigen  Fruchtkörper  geschlossen. 

Diesen  Ordnungen  reihen  wir  die  Exoasci  an 
ohne  Fruchtkörpcrbildung  aus  den  Mycelzcllen  hervorgehen,  ferner  die  sehr 
einfachen  Saccharomijcden  oder  Hefepilze.  Beide  Gruppen  können  als 
reducirte  Ascomyceten  aufgefasst  werden,  andererseits  werden  sie  auch  viel- 
fach mit  einer  Anzahl  einfach  gestalteter,  von  Brefeld  als  He})iiasci{^^) 
zusaramcngefasster  Gattungen,  bei  denen  die  Sporen  in  unbestimmter  grosser 
Zahl  in  den  Schläuchen  erzeugt  werden,  als  einfachste  Formen  an  den  Be- 
ginn der  ganzen  Klasse  gestellt. 

Erwähnt  sei  ferner  die  durch  Th axter (42)  genauer  l)ekannt  gewordene 
interessiuite  Ordnung  der  Lnbou/bei/iacce)/,  winzige  auf  Insecten  schmarotzende, 
wenigzellige  Pilze,  deren  Carpogone  sehr  an  die  gleichnamigen  Organe  der 
Florideen  erinnern  und  wie  diese  durch  Spermatien  befruchtet  werden. 

1,  Oi'diiu)tfj.    JPet'isporUiceae^''''''^'^). 

r  Orduiini;-  >;eliöreii  als  Ascoiincci-cii  mit    "■psolilosseiicn   AHcusfriicliten  die 


Fig.  276.  Partie  aus  dem  Hy- 
menium von  Morehella  escu- 
lenta.  a  Asci.  p  Paraphj^sen, 
sJi  subliymeniales  Gewebe. 
Yergr.  240. 

bei  denen   die  Asci   frei 


Zu 


(ii('S{ 


zwei  Faniilieu  der  Krijsephccii  oder  .Mehltluuipil/.e  und  der  Pirisporkcii. 


296 


Schenck : 


1.  Die  Erysifheen  leben  als  schädliche  Parasiten  mit  ilirem  Mycel  auf  der  Ober- 
fläche, besonders  auf  den  Blättern,  höherer  Pflanzen,  überziehen  dieselben  spinnwebartig 
und  entsenden  aus  ihren  Mycelfädeu  Haustorien  oder  Saugfortsätze  in  die   Epidermis- 


zellen   der  Nährpflanze.     Die  reifen  Ascusfriichte 


an 


Fig.  277.  Sphaerotheca  Castagnei,  Befruchtung  und 
Peritheciiunentwicklung.  1  Oogonium  og  mit  ange- 
schmiegtem  Antheridiumzweig  f/;Y  ,  2  Abgrenzung 
des  Antheridiums  an,  3  Uebertritt  des  Antheridium- 
kernes  zum  Oogoniumkern ,  4  Verschmelzung  der 
Kerne,  5  Befruchtetes  Oogonium  mit  zwei  Lagen 
Hüllfäden  aus  der  Sticlzelle  st,  G  Mehrzelliges 
Ascogon  durch  Theilung  des  Oogonium  hervor- 
gegangen, die  vorletzte  zweikernige  Zelle,  as,  lie- 
fert den  Ascus.     (Nach  Harper.) 


iPerithecien)  sind  in  diesen  weissen 
Ueberzügen  als  kleine  schwarze  Kör- 
perchen zu  erkennen.  Im  einfach- 
sten Fall  (z.B.  bei  der  Gattung  Sphae- 
rotheca) umschliesst  das  rundliche 
Perithecium  nur  einen  einzigen 
Ascus  mit  acht  »Sporen,  welcher  von 
sterilen  Ilyphen  oder  Ilüllfäden  in 
mehreren  pseudoparenchymatischen 
Schichten  dicht  umwachsen  ist.  Bei 
der  Gattung  Erysiphe  dagegen  lin- 
den sich  in  jedem  Perithecium  meh- 
rere Asci  vor.  Durch  iiuregel- 
mässiges  Aufbrechen  des  Perithe- 
ciums  werden  die  Sporen  schliess- 
lich frei.  Wie  Harper  nachge- 
wiesen hat,  besteht  die  erste  An- 
lage des  Peritheciums  aus  einem 
Oogonium  und  einem  Antheridium. 
Beide  werden  an  Hypheuästen  als 
einkernige  Sexualzellen  durch  je 
eine  Scheidewand  abgegrenzt,  stehen 
dicht  neben  einander  und  der  männ- 
liche Ivern  tritt  durch  ein  Loch  in 
der  Zellwand  in  das  Oogon  über 
(Fig.  277  1—4].  Nach  der  Befruch- 
tung des  Oogoniums  wird  dieses 
von  Hüllfäden,  welche  aus  der 
Stielzelle  entspringen,  umgeben  (5) 
und  das  Oogonium  selbst  wird  zu 
einem  mehrzelligen  Gebilde,  dem 
Ascogon  (6),  aus  dessen  vorletzter 
mehrkerniger  Zelle  bei  Sphaero- 
theca der  achtsporige  Ascus  ent- 
steht, während  bei  Erysiphe  diese 
Zelle  ascogene  Schläuche  treibt,  die 
ihrerseits  die  hier  in  Mehrzahl  vor- 
handenen Asci  bilden.  Die  Meld- 
thaupilze  vermehren  sicli,  bevor  sie 
zur  i'eritheciumbildung  übergehen, 
zunächst  durch  Conidien,  welche  an 
besonderen  aufrechten  ]\Iycelzweigen 
in  Form  von  Ketten  von  der  Spitze 
nach  abwärts  abgegliedert  werden. 
Nur  in  Form  solcher  Couidieuträger 
fructificirend  tritt  der  Älehltliaupilz 
des  AVeinstocks  Knjtiiphc  Tudccri 
auf.  ein  in  holiem  i\Iaasse  schädlicher 
Parasit,  dessen  Ascusfrüchte  in 
Europa  bis  jetzt  noch  lücht  gefun- 
den sind.    Seine  Conidienform  wird  aucli  a^s  Oidium  Tuckeri  bezeichnet. 

2.  Die  Perisporieen  sind  mit  den  Erysipheen  nahe  verwandt,  leben  aber  sapro- 
phytisch  auf  faulenden  organischen  Stollen.  Es  gehören  hierher  zwei  der  gemeinsten 
Sciiiinincli.ilze,  Karotlaui  hrrl>ar'iorinir  und  Pcnicillmm  glancum.  Beide  vermehren  sich 
anfangs  in  reiclili.licin  Maasse  nur  diinl.  Conidien,  bevor  sie  zur  l'.ihluiig  der  Perithecien 
übergehen. 


Fig.  278.  Conidionträgcr  von  Eurotium  herbarioruni. 
links,  von  Pcnicillium  orustaceum,  rechts. 


Cn'ptogamen. 


297 


Die  Couidien  vou  Etirotium  herhariorum  sind,  unter  dem  Namen  Giesskannenscliimmel 
bekannt,  eine  Bezeichnung',  die  von  der  eigenthümlichen  Gestalt  der  Conidienträger  mit 
ihren  radial  ausstrahlenden  Conidieureiheu  herrülirt  Fig.  278;.  Diese  Conidienträger 
stehen  reihenweise  neben  einander  und  bilden  so  einen  anfangs  weissen,  später  blau- 
grünen Schimmel  auf  feuchten  Vegetabilien,  Früchten,  Brod  u.  s.  w. 

Die  ebenfalls  blaugrünen  Schimmelrasen  von  PeniciUium  crusfaceum,  dem  überall 
verbreiteten  Pinsel-  oder  Brodschimmel,  bestehen  dagegen  aus  quirlig  verzweigten  auf- 
rechten Conidienträgern  (Fig.  278;. 

Die  kugeligen  Perithecien  von  Eurotium  und  PeniciUium  erscheinen  später  am 
Mycel,  bei  letzterer  (Tattung  treten  sie  nur  selten  auf.  Sie  sind  complicirter  gebaut  als 
bei  den  Erysipheen.  Ihre  erste  x\.nlage  ist  ein  schraubig  gewundenes  Carpogon,  welches 
bald  (nach  einer  Befruchtung?)  von  Seitensprossen  dicht  umhüllt  wird,  sich  später  in 
dem  dicht  umschliessenden  pseudoparenchymatischen  sterilen  Peritheciumgewebe  ver- 
zweigt und  zahlreiche  kleine  rundliche  achtsporige  Asci  erzeugt.  In  den  reifen  Früchten 
erscheinen  die  Schlauchwanduugen  und  das  Pseudoparenchym  bis  auf  die  einschichtige 
Fruchtwand  aufgelöst;    letztere  platzt  unregelmässig  auf  und  entlässt  die  Sporen. 

2.  Ordnung.    DiscomyceteSf  Sc7ieibenpll^e{^^  ^^). 

Die  Discomyceten  sind  eine  selir  formenreiclie  Gruppe  a'ou  Schlauclii)ilzeu:  sie 
unterscheiden  sich  von  den  übrigen  ürduungeu  dadurch,  dass  ihre  Schlauchfrüchte  zur 
Reifezeit  das  aus  den  Sporenschläuchen  und  aus  sterilen  Saftläden  oder  Paraphysen 
bestehende  Hymenium  offen  an  ihrer  Oberseite  tragen  Fig.  280;.  In  der  Ausbildung  der 
Fruchtkörper  machen  sich  bei  den  einzelnen  Gruppen  Verschiedenheiten  geltend. 

Die  überwiegende  Mehrzald  der  Discomyceten.  als  deren  Typus  die  Gattung  Pexixxi 
im  weiteren  Sinne  mit  einigen  hundert  Arten  gelten  kann,  vegetiren  meist  mit  ihrem 
Mycel  auf  lebenden  oder  todten  PHanzentheilen,  besonders  auf  faulendem  Holz,  zum 
Theil  aber  auch  als  Erdpilze  in  Humusboden.  Sie  besitzen  napf-,  becher-,  trichter-  oder 
kreiseiförmige,  fleischige  oder  lederartige  Ascusfrüchte.  meist  von  geringem  Durchmesser. 
Eine  der  grössten  Formen  ist  die  erdbewohnende  Pczixa  aurantiaca  'Fig.  279  mit  bis  7  cm 
breiten  unregelmässig  becher- 
förmigen Früchten,welche  leb- 
haft Orangeroth  gefärbt  sind, 
während  die  Mehrzahl  der  Ar- 
ten graue  oder  braune  Färbung 
aufweist.  Solche  Becherfrüchte 
bezeichnet  man  als  Apothe  - 
cien. 


Fig.   279.      Peziza    auran-       Fig.  280.    Lachnea  pulcherrima.    Sporenreifes  geöffnetes  Apo- 

tiaca.       Nat.    Gr.       (Nach      thocium.      Zwischen   den  Paraphysen    sind    alte    und   junge 

KtvOmbiiolz.)  Schläuche   vertheilt.    (Nach  Woroniis-.)    Aus  v.  Tavel,  Pilze. 


Die  Apotheciumentwicklung  sei  an  dem  Beispiel  des  durdi  P.  IIarpek  ein- 
gehend untersuchten  Pyronema  conflKens  dargestellt,  dessen  etwa  1  mm  breite,  fleischige, 
gelbliche  oder  röthliche,  gesellig  beisammenstehende  Fruchtkörper  häutig  auf  Brand- 
stellen in  Wäldern  gefunden  werden.  Diese  Art  erzeugt  besonders  grosse  Carpogone, 
gew()hnlicli  melirere  als  Anlage  eines  Apotheciuni  (Fig.  281JL).  Das  Carpogon  besteht 
aus  dem  kugeligen  vielkeruigeu  Oogonium,  auf  dessen  Scheitel  eine  viclkernige.  schnabel- 
förmig gebogene  Zelle,  das  Trichogyn,  aufsitzt.  Unter  dem  Oogonium  entspringt  das 
schlauchförmige,  vielkernige  Antheridium,  dessen  Spitze  mit  dem  Trichogynschcitcl 
mittels  Durclibrechung  der  Wandung  in  offene  Verbindung  tritt.    Die  mänidiclien  Kerne 


298 


Sehen ck : 


wandern  zunächst  in  die  Triehogynzelle  ein,  dann  nacli  Durchbrechung  der  Basahvand 
derselben  in  das  Oogoniuni,  wo  sie  paarweise  mit  den  zaidreiclien  Eikernen  coi)uliren, 
während  die  Trichogynlverne  zu  (^  runde  gehen,    xsun  grenzt  sich   die  Eizelle  wieder  ab 


/T-IC 


Fjg.  281.  Pyronema  confluens.  -1  Anlage  eines  Apothociums.  ?■>  Oogonien  ng  mit  Trichogyn  /, 
3  Antheridien  a.  B  Fusion  des  Antheridiums  mit  der  Trichogynspitze.  C  Basalwand 
des  Trichogyns  aufgelöst,  männliche  und  weibliche  Kerne  im  Centrum  des  Oogoniums. 
J>  Abgrenzung  des  Oogoniums  durch  neue  Scheidewand  gegen  das  Trichogyn.  Bildung 
der  ascogenen  Fäden  auf.  K  Längsschnitt  durch  junges  A])othecium,  ase  Asci.  A,  E 
Vergr.  ca.  150,  B—D  ca.  300.      Nach  I\.  Hakper.) 


und  treibt  zahlreiclie   ascogene  Scldäuche,   die   die  conjugirten   Kerne   aufnehmen,  sicii 
verzweigen  und  schliesslich  in  den  Asci  endigen  [E],  während  die  sterilen  Hyphen  und 

die  l'araphysen   zwischen   den  Schläuchen  aus  den  Hyphen 

unterhalb  der  Ascogone  entspringen.    "Wälirend  bei  den  Ery- 

sipheen    Fig.  277    das  befruchtete  Oogonium  erst  zu  einem 

uielirzelligeu  Organ,  dem  Ascogon  sich  tlieilt  und  aus  einer 

Zelle  desselben  schliesslich  die  Schläuche  hervorgehen,  wird 

J^V09^WW^£^  "'*^**  '''^'^  '''^'^  Oogon  direct  zum  Ascogon.   Bei  der  verwandten 

mH^Wä«    a»)!!?^'  fJattung  Äscohol/is  wird  das  Ascogon   erst  mehrzellig,  alle 

(mÜiW^SÄ'^      ~^^^^  Zellen  entleeren  aber  ihren  Inhalt  in  eine  grosse,    die  dann 

'.^ftMoM^^A-jf    -^'^  ,ii(.  ascogenen  Jlyjihen  treibt.     Im  Bau  der  Carpogone  und 

Ascogone  kommen  also  mancherlei  Moditicationen  vor;  bei 
den  flechteubildeuilen  Asconiyceten  Fig.  311  ist  wiederum 
ein  anderer  Ty])us  der  Carpogone  ausgeprägt.  AVeitere  Unter- 
sucliungen  werden  wolil  die  verbindenden  Glieder  dieser 
dilferenten  Bildungen  ans  Licjit  ziehen. 

Die  eigenartigste  und  höchste  Entwicklung  erfährt  der 
i"ruchtköi])er  der  Discomyceteu  in  der  Grui)])e  der  Ilelvella- 
rmi  oder  Morchelpilze,  welche  mit  ihrem  .Alycel  unter  der 
Erde,  in  humoscm  Boden  vegetiren,  ihre  mannichfach  ge- 
stalteten Frnciitk(iri>er  aber  über  die  Oberlläche  hervor- 
8tre(d<en.  Bei  der  (Jattuug  Morchrlln.  j\Iorchel  Fig.  282j  be- 
stellt der  grrtsse  Fruclitköi-pcr  aus  einem  aufrechten  dicken 
Stiel,  auf  welcheui  ein  Ucgclfrirmigcr  oder  abgerundeter  Jlut 
mit  grubiger,  runzelig  vertiefter  <  »hcitläche  sich  crliclit,  Pas  ilynienium  Fig.  276;  nnt  den 
aclitsporigen  Asci  breiti't  sich  auf  der  Obertlächc  des  Hutes  aus.    Die  ]\I(ircli('ln  sind  vor- 


Fig.  282. 
lenta. 


Murrheila  escu- 
Vö  nat.  Gr. 


(l'ryptogamen. 


299 


ziig-liche  Speisepilze  ^■' ,  besonders  21.  esculenfa,  die  Si)eiseinorcliel ,  mit  blassi^-elb- 
braunem  ruudlicli  eifürmiyeni  Hut,  bis  12  cm  iiocli,  M  conica.  die  Spitzmorcliel.  mit 
dunkell )rauuem  kegelförmigem  Hut.  bis  15  cm  hocli,  u.  A.  Ebenfalls  essbare  l'ilze  sind 
die  ähnlich  gestalteten  Lorcheln,  deren  Hut  aber  mützeufürmig  lierabgesclilageu.  un- 
regelmässig gelappt  und  blasig  aufgetrieben  ist.  so  Gyronritra  cscuhnta .  mit  schwarz- 
braunem Hut  und  Aveisslichem  Stiel,  u.  A.  In  der  äusseren  Form  ilirer  Fruchtkörper 
gleichen  diese  liüclist  entwickelten  Discomyceten  vielfach  den  Basidiomyceten. 

3.  OrdnuHf/.    JPyrenomt/cetes,  Kerni^'dze. 

Ausserordentlich  formenreiche  Gruppe  von  Pilzen,  welclie  tlieils  parasitisch  aufPflanzen- 
tlieilen.  besonders  Pvinde  und  Blättern,  tlieils  saproi)hytisch  auf  faulem  Holz.  Mist  u.  s.  w. 
leben.  Einige  wenige  Gattungen  leben  parasitiscli  in  Insectenlarven.  Die  Pyrenomy- 
ceten  charakterisiren  sich  durch  die  krugförmige  Gestalt  ihrer  Ascusfrüchte  oder  Peri- 
thecien,  welche  an  der  Spitze  eine  offene  Mündung  und  in  ihrem  Grunde  ein  Hymenium 
aus    Asci    und   haarförmigen    oft   verzweigten    Safttäden    oder    Paraphysen    (Fig.   283) 

besitzen.  Die  Seitenwände  des  Peritliecium  sind 
bis  zur  Mündung  ausgekleidet  mit  ähnlichen  Hy- 
phenhaaren.  den  Periphysen.  Die  Ascussporeu 
werden  durcli  den  Porus  nach  aussen  entleert, 
es  streckt  sicli  ein  Ascus  nach  dem  anderen  in 
•^  '       '  -^  Folge  Wasseraufnainne  in  die  Länge  und  ejaculirt 

nun  durcli  den  Porus  die  Sporen  oder  die  Ent- 
leerung geschieht  im  Innern  des  Perithecium  und 
die  Sporen  werden,  in  aufquellendem  Schleim  ein- 
gebettet, nacli  aussen  hervorgepresst. 


Fig.  283.  Perithecium  von  Podo- 
spora  fimiseda  im  Längsschnitt. 
Ä  die  Asci,  a  die  Paraphysen,  c 
die  Periphysen .  m.  Mycelfäden. 
Vergr.  90.    (Nach  v.  Tavel.) 


Fig.  284.  1  Conidienabscbnürung  an  den  Conidien- 
trägern  aus  der  Pyknide  vonCryptospora  hypodermia. 
Vergr.  300.  (Nach  Brefeld.)  2  Pyknide  von 
Strickeria  obducens ,  im  Durchschnitt.  Vergr.  70. 
(Nach  TuLASNE.)    Aus  v.  Tavel,  Pilze. 


Die  einfachsten  Pyrenomyceten  besitzen  freie,  dem  Jlycel  aufsitzende  Perithecien 
Fig.  283),  die  in  Form  von  meist  scliwarz  gefärbten  kleinen  Körperchen  auf  dem  ptianz- 
lichen  Substrat  auftreten,  so  bei  den  Gattungen  Sphaeria  und  Podospora.  Bei  vielen 
anderen  Kernpilzen  aber  com])licirt  sich  die  Ascusfruchtbildung,  die  Perithecien  er- 
sclieinen  zu  mehreren  oder  vielen  dicht  neben  einander  eingebettet  in  rundliclie  polster- 
förmige  oder  keulenförmige,  zuweilen  verzweigte  Mycelkörper  von  dicliter  pseudo- 
parenchymatischer  Structur.     ^laii  liezeiclniet  dieselben  als  Stroma. 

Der  Peritlieciumbildung  voraus  gehen  in  dem  Entwicklungsgang  der  meisten  l'yre- 
nomyceten  ijiannichfache  Nebenfructificationen,  hauptsächlich  Conidien,  welche  in  ver- 
schiedener Weise  von  den  Mycelfäden  tlieils  direct,  tlieils  auf  besonderen  Trägern  ab- 
gegliedert werden  und  zur  Ausbreitung  des  Pilzes  beitragen.  Häufig  erscheinen  die 
Conidienträger  zu  Fruclitkörpern  vereinigt.  Eine  besondere  Form  solcher  Früchte  sind 
die  bei  vielen  Ciattungen  auftretenden  Pykniden,  kleine  kugelige  oder  tlasclienförmige 
Gebilde,  welche   als  AnskU'idung   verzweigte   Ilyphenfäden   besitzen,   an    deren  S])itzen 


300 


Schenck : 


die  Conidieu,  hier  Pyknosporen  (oder  Pyknoconidien)  genannt,  abgegliedert  werden 
(Fig.  284  1,  2].  Die  verscliiedeueu  Frucbtforineu  der  Pyreuomyceten  erscheinen  in  der 
Eegel  zeitlich  nach  einander. 

Wichtig  als  officinelles  Gewächs  und  als  Schiidliug  der  Roggenfelder  ist  Clariceps 
jmrjnirea,  der  Pilz  des  Mutterkorns.  Derselbe  lebt  parasitisch  in  den  jungen  Fruchtknoten 
von  Gramineen,  hauptsächlich  des  Eoggens.  Die  Fruchtknoten  werden  im  Frühsommer 
durch  die  Ascussporcn  iuticirt.  mit  Pilzmycel  überzogen  und  dadurch  deformirt.  Das  Mycel 
geht  bald  zur  Bildung  von  Couidien  über,  welche  auf  kurzen  seitlichen  Trägern  in  kleineu 
Köiifchen  vereinigt  abgegliedert  werden  (Fig.  285  Ä].  Zugleich  findet  Ausscheidung  eines 
süssen  Saftes  statt,  mit  dem  die  massenhaft  erzeugten  Conidieu  zu  Tropfen  zusammen- 
fliesseu.     Dieser  sogen.   Ilonigthau   des    Getreides  wird  von    Insecten  gesucht  und 


Fig.  285.  Claviceps  purpurea.  ^1  Conidienbildender  Myeelfaden.  B  Eoggenähre  mit  mehreren 
reifen  Sclerotien.  C  gekeinites  Sclerotium  mit  gestielten  zusammengesetzten  Fruchtkörpern. 
D  Längsschnitt  durch  einen  Fruchtkörper  mit  zahlreichen  Perithecien.  J'J  einzelnes  Peri- 
thecium  stärker  vergrösscrt.  F  geschlossener  Ascus  mit  acht  fadenförmigen  Sporen. 
Cr  Austreten  der  Sjioren.  Jf  einzelne  Sporen.  ^1  nach  Bki:i'i;i>d.  C—JI  nach  Tulasne. 
B  phüt.  nach  der  Natur.  —  Officinell  und  giftig. 


80  auf  andere  Fruchtknoten  übertragen.  Die  Conidienfructification  des  Pilzes  wurde 
früher  als  besondere  Piizgattuug  S]ilnierlia  scrjrtnN>  bezciclmct.  j\lit  der  Ersc]M"(])fung 
dieser  Fructification  und  der  Jiesorption  des  Fruchtknotciigewebes  durch  das  .Mycel 
entsteht  schliesslich  an  Stelle  des  Fruchtknotens  ein  Sclerotium,  dadurcli,  dass  die 
Ilyplienfäden  diclit  zusainmenwaclisen  und  namcntlicli  in  der  Peri])li('rie  unter  Quer- 
tlieilung  zu  einem  gesclWosseuen  Pseudoijarencliym  sich  umbilden  (Fig.  106).  Diese 
langgestreckten,  scliwarzviolett  gefärbten,  aus  der  Kornähre  mit  schwach  horn- 
fönniger  Kiiinimung  liervorragenden  Sclerotien  werden  als  Mutterkorn,  Seeale 
cor nu tum  bezeiclmet  Fig.  2HoBj.  Die  nnt  Keservestoffcn  Fett)  diclit  angefüllten 
Sclerotien  fallen  schliesslich  zu  Boden,  und  keimen  erst  im  nächsten  Frühsommer  zur 
Zeit  der  lioggenblüthe.  Es  brechen  ITyphenbündel  aus  ihnen  hervor,  welche  zu  lang- 
gestielten, blassroth  gefiirliten    KTijjfclicn  lieranwachsen  ^C).     In   letzteren   Averden   zahl- 


Cr}'ptogamen. 


301 


reiche  eingesenkte  Perithecien,  gleichmässig  über  die  Oberfläche  vertheilt,  erzeugt  [D,  E). 
Jedes  Perithecium  enthält  in  seinem  Grund  eine  Anzahl  Asei  mit  acht  langen  faden- 
förmigen Ascosporen.  Dieselben  werden  durcli  den  Porus  ejaculirt  und  gelangen,  durch 
den  Wind  verbreitet,  auf  die  Grasähren. 

Officinell   ist  Seeale   coruutum    Pharm,  germ.,  airstr.,  lielv..\  Mutterkorn, 
das  Sclerotium  von  Claviceps  purpurea. 

4.  Ot'dnung.     Tuheraceae,  TrüffelpiUei^^ 

Die  Tuberaceen  oder  Trüffelpilze  sind  saprophytische,  unterirdisch  mit  ilirem  Mycel 
im  Humus  oder  unter  der  faulenden  Laubdeeke  der  Wälder  lebende  Ascomyceten.  Die 
Ascusfrüchte,  unter  der  Bezeich- 
nung Trüffeln  bekannt,  stellen  unter- 
irdische knollenförmige  Körper  vor 
iFig.  286 .  welche  von  einer  dicken 
Hülle  umgeben  sind  und  im  Innern 
die  keulenförmigen  Asci  bergen 
(Fig.  286  2 .  Die  Sporen  werden 
zu  wenigen  in  den  Asci  erzeugt, 
bei  den  echten  Trüffeln  (Gattung 
Tube?']  meist  zu  vier  und  meist  mit 
stacheligem  oder  netzförmig  ver- 
dicktem Epispor  versehen.  Bei  völ- 
liger Eeife  der  Früchte  sind  das 
sterile  Gewebe  des  Innern  und  die 
Schlauchwandungen  aufgelöst,  die 
reifen  Sporen  liegen  frei  im  Innern 
der  Fruchthülle. 

Manche  Tuberaceen  haben  ess- 
bare  Fruchtkörperv^ö)  von  aro- 
matischem Geruch  und  Geschmack. 
Sie  werden  besonders  in  Frankreich 
und  Italien  gesammelt  xmd  in  den 
Handel  gebracht.  Die  wichtigsten 
sind  die  vier  als  schwarze  Trüffeln 
bezeichneten  Arten  der  Gattung 
Tuher,  nämlich  Tiiher  brumale,  viela- 
nosporum,  aestivum  und  mcsentcri- 
f-utJi,  welche  aussen  schwarz,  roth- 
braun oder  schwarzbraun  gefärbt 
und  mit  Warzen  versehen  sind,  fer- 
ner die  weisse  Trüffel,  Clioirotmjcoi 
meandriformis. 

o.  Oi'diiung.  Exoasci'^''}. 

Die  wichtigste  Gattung  dieser 
Ascomyceten  ist  Taphrina  iincl. 
Exoascus),  deren  Arten  als  para- 
sitische Pilze  auf  verschiedenen 
Bäumen  leben  und  theils  als  ein- 
jährige Pilze  sich   subcutieular  nur 

den  Blättern  entwickeln  und 
Erkranken  derselben  be- 
wirken, theils  mit  ihrem  Mycel  im 
Gewebe  der  Nälirpflanzen  über- 
wintern,  somit  Jährlich   wiederkeli- 

rende  Krankheiten  an  denselben  verursachen.  Das  Mycel  veranlasst  dann  die  be- 
fallenen Sprosse  zu  reichlichen  anomalen  Verzweigungen,  die  man  als  Hexenbesen 
bezeichnet.    So   erzeugt   Taplirina   Curpini  Hexenbesen  auf  der  Weissbuche,    Taphrina 


in 
fleckiges 


Fig.  286.  Tuber  rufum.  1  ein  Fruchtkörper  in  Ver- 
ticalschnitt.  Vergr.  5.  a  die  Kinde,  d  lufthaltiges 
Gewebe,  c  dunkle  Adern  lückenlosen  Gewebes,  h 
das  ascusbildende  Gewebe.  2  ein  Stückchen  des 
Hymeniums.  Vergr.  460.  (Nach  Tulasne.)  Aus 
V.  Tavel,  Pilze. 


302 


Schenck: 


epiphylla    yolrlio    auf    Aliiiis    iucaua. 
heit  der  Pfirsicliblätter.    TapJirina  Pruni 


'^4 


Fig.  287.  Taphrina  Pruni.  Querschnitt 
durch  die  Epidermis  einer  inflcirten 
Pflaume.  Vier  reife  Asci.  a^ ,  a-i  mit 
acht  Sporen,  a^,  a4mit( 'onidiensprossung 
aus  den  Sporen,  st  Stielzelle  des  Ascus. 
m  Mjcel  quer  durchschnitten,  oit  Cuti- 
cula,  ep  Epidermis.  Vergr.  600.  [Nach 
Sadkükck.) 


Tdplirlitd    ilrfuriiKiits  bewirkt  die  Kräuselkrank- 

(lagegen  sclimarotzt  in  den  jungen  Fiuclitkuoteu 

der  Pflaumen,   in  Folge   dessen  die  Pflanmen- 

früclite  zu  liülden  sackartigen  Pilzgallen,  sogen. 

Taschen,  umgebildet  werden. 

Die  Ascusbildung  vollzieht  sich  ohne  vor- 
herige Bildung  von  Sexualorgauen  in  der 
Weise,  dass  das  Mycelium  zwischen  die  Epi- 
dermis und  die  Cuticnla  der  Blätter  oder  (1er 
l'ruchtknoten  eindringt  und  sich  hier  reichlich 
verzweigt.  Die  einzelnen  Mycelzellen  schwellen 
an  und  bilden  meist  unter  Abgliederuug  einer 
basalen  Sticlzclle  je  einen  die  Cuticnla  nach 
aussen  durcliltreclienden  Ascus  mit  acht  Sporen 
Fig.  287  .  J)ie  zahlreichen  Asci  stehen  dicht 
neben  einander.  Die  Si)oren  werden  aus  den  in 
Folge  Wasseraufnalime  stark  turgescirenden 
und  am  Scheitel  aufplatzenden  Schläuchen 
hinausgespritzt. 

Die  Sporen  sprossen,  häutig  sogar  schon  in 
den  noch  geschlossenen  Asci  Fig.  287  «^ ,  fii 
direct  zu  Conidien  aus,  eine  Form  der  Coni- 
dienvermehrung.  die  als  Hefesprossung  be- 
zeichnet wird,  so  bei  Taphrina  Pnmi. 

Die  Exoasci  sind  vielleicht  als  reducirte 
2\.scomyceten  aufzufassen,  bei  denen  die  Sexual- 
organe vollstiiiidig  riickgebildet  wurden. 


6.  Ordnung.    Saccharoinycetes,  Hefeiiilr^e. 

Die  zur  Gattung  Saccliaroniyces  vereinigten  Blei--.  Branntwein-  und  Weinhefen  stellen 
sehr  einfache  einzellige  Pilze  vor.  welche  niii'  in  Foim  \o\\  kugeligen,  ovalen  oder  cy- 
lindrischen  ('ouidien.  die  im  Tiiiicrii  einen  Kern  enthalten  und  in  Conidien  weitersjjrossen 
Fig.  2  .  auftreten.  jAlycelbildnng  feiilt,  liüchstens  bleiben  die  Zellen  in  Ketten  eine  Zeit 
lang  vereinigt.  Nach  Erschöpfung  des  Substrats .  bei  freiem  Zutritt  von  Sauerstoft"  und 
bei  günstiger  l'emperatur  bilden  die  Hefen  Sporangien.  die  äusserlicli  den  Conidien 
gleich,  im  Innern  aber  einige  wenige  Sporen  erzeugen.  Diese  Pilze  sind  in  pliysio- 
logiseher  Beziehung  bemerkenswerth ;  sie  bewirken  als  Cährungserreger  die  Spaltung 
der  Zuckerarten  in  Alkohol  unter  Kohlensiiureabscheiduiig.  T)ie  Bierhefe  ist  nur  in  der 
cultivirten  Form  bekannt,  der  Weinliefenjjilz  dagegen  kommt  in  der  Xatur  schon  im 
Boden  der  AVeiidierge  vor  und  gelangt  von  dort  auf  die  Trauben  und  in  den  Most. 

Die  Hefen  sind  selbstständige  Pilze,  wenigstens  ist  bis  jetzt  der  Nachweis  niclit 
geführt,  dass  sie  in  den  Enwicklungsgang  anderer  Faden])ilze  gehören,  wenn  aucli  bei 
verschiedenen  Gattungen  der  ]\Iucorineen.  Exoasci,  Fstilagineen  solche  Conidienhefe- 
SproSSUng  zu    lieoliMchten  ist.    "N'ielleidit   srellen    die  ilel'e|Hl/,c    l-c(|iii-ii'te  .\sc(imj'ceten  vor. 


:>.  l  nlerkhisse.    Basidioiuycetes p*  ^^'  ^^'  ^''). 

Die  grosse  Gruppe  der  Busidiomyceten  im  weiteren  Sinne,  deren  Mycel 
wie  bei  den  Ascomyceten  gegliedert  ist,  zeieliuet  sich  aus  durch  vollständigen 
^'erh^st  der  sexuellen  Fortptlnnzuiig.  Die  typisehen  hierher  gehörigen  Til/.e 
sind  eharaktcrisirt  durch  die  Hildung  der  IJasidien,  das  sind  Conidicnträger 
von  hestininiter  Form,  Grösse  und  Sj)orenzaId.  Diese  Zahl  l)eträgt  4  (ver- 
einzelt auch  2,  ()  oder  H).  Die  Basidien  begegnen  uns  in  verschiedenen  Formen. 

P>ei  den  (»rdnungt-n  der  JJrecUncen  und  Auric//lnn'een  ist  der  obere  Theil 
der  llasidie  dureli  (.»iierwände  in  vier  Zellen  getlieilt  und  jede  Zelle  erzeugt 
an  ihrem  oberen  Ende;  je  eine  auf  einem  dünnen  Stielelien  (Sterigma)  sitzende 
Spore  (Fig.  2S8yi  .     I»ei  den   Trenifllhiccii.  dagegen  theilt  sich  die   Basidie 


Cryptogamen. 


303 


durch  zwei  Läiigswäude  in  vier  mit  laugen  schlauclifürmigeu  Sterigmen  ver- 
sehene Zellen  (Fig.  288  B).  Bei  den  Hi/menomyceten  und  Gasieromyceten 
ist  der  Basidienträger  einzellig,  ungetheilt,  und  bildet  an  seinem  Gipfel  auf 
Sterigmen  oder  sitzend  in  der  Eegel  vier  Sporen  (Fig.  288  c,  294).  Die 
Anlage  der  Basidien  enthält  zwei  Kerne,  welche  mit  einander  verschmelzen 
und  dann  erst  durch  weitere  Theilung  die  Sporenkerne  liefern. 

Die  getheilten   Basidien  nennt  Brefeld  Protobasidien,  die  ungetheilten 
Autobasidien. 

,  Von  Interesse  ist  das  Verhalten  der  Ustilagineen  oder  Brandpilze,  indem 
bei  der  einen  Familie  derselben  quergetheilte  nicht  immer  gerade  vierzellige 
]>asidien,  bei  der  anderen  dagegen  ungetheilte  Basidien  auftreten.  Die  Zahl 
der  gebildeten  Sporen  ist  hier  nicht  eine  scharf  begrenzte,  sondern  oft  eine 
sehr  grosse.  Daher  nennt  Brefkld 
diese  Conidienträger  Hemibasidien  und 
fasst  diese  Ordnung  unter  dem  Namen 
Hemibasidii  als  Vorläufer  der  typischen 
Basidiomyceten  auf,  unter  denen  die 
(n-uppen  mit  Protobasidien  die  Vor- 
stufen zu  denen  mit  Autobasidien  re- 
präsentiren  sollen. 

Ausser  den  als  Basidien  ausgebil- 
deten Conidienträgern  treten  noch  an- 
dere Conidienformen  als  Nebenfructi- 
ficationen  in  dem  Entwicklungsgang 
mancher  Arten  auf  Chlamydosporen 
s] fielen  bei  den  beiden  ersten  Ord- 
nungen der  VstUngineeu  oder  Brandpilze 
alsBrandsp<»ren  und  der  Uredineenoder 
Eostpilze,  als  Rostsporen,  hier  sogar 
in  dreifacher  Ausbildungsweise,  eine 
wichtige  Bolle.  Bei  diesen  beiden 
Gruppen  gehen  die  Basidien  direct 
aus  keimenden  Chlamydosporen  (Fig. 
2SSä,289B)  hervor,  während  sie 
bei  den  übrigen  Basidiomyceten,  abgesehen  von  einigen  einfacheren  Formen, 
stets  an  mehr  oder  weniger  complicirt  gebauten  Fruchtkörpern,  bei  den 
(jrastero»iycete)t  oder  Bauchpilzcu  im   Innern  von  solchen,    gebildet  werden. 

J.  Ofdniing.  Istllaghieaef  BrandpUze^^^  ^% 

Die  Brandpilze  leben  mit  ihrem  Mycel  })arasitisch  in  höhereu  Ptianzeu 
meist  in  bestimmten  Organen,  entweder  in  den  Blättern  und  Stengeln 
oder  in  den  P'rüchten  oder  in  den  Staubgefässen.  Besonders  dienen  die 
Gramineen  als  Nährpfianzen.  Gewisse  Arten  sind  dem  Getreide  in  hohem 
Maasse  schädlich,  sie  erzeugen  in  den  Fruclitständen  von  Hafer,  Gerste, 
Weizen,  Hirse,  Mais  die  als  Getreidel)rand  bekannten  Krankheiten. 

Das  Mycelium  der  Brandpilze  bildet  auf  der  Nährpflanze  als  Abschluss 
seines  vegetativen  Lebens  die  sogen.  Ih'andsporen,  indem  die  reich  ver- 
zweigten lly])lien  sich  durch  (Querwände  in  kurze  anschwellende  Zellen 
theilen  (Fig.  2S9J.).  Die  Zellen  runden  sich  ab,  lassen  ihre  Membran  auf- 
quellen und  umgeben  sich  als  Sporen  innerlialb  der  später  Acrscii windenden 
Gallertliiillen  mit  einer  neuen  dicken  doppelten  Membran.  So  zerfällt  das 
Mycel  in  Sporen,  die  eine  dunkelbraune  oder  schwarze  staubige  Masse  vor- 
stellen.    Ihrer  Bildung  nach  sind  die  Brandsporen  als  Chlamydosporen  auf- 


Fiff. 


A 

288.  Basidien.  A  einer  Uredinee 
(Endophyllum  Euphorbiae  silvaticae;.  (Nach 
TuLASXE.)  B  einer  Tremellinee  Tremella 
lutescens  .  Vergr.  450.  Nach  Bkefeld.) 
C  eines  Hymenomyceten  Tomentella  gra- 
nulata).  Vergr.  35Ü.  Nach  Bkefeld.'  Aus 
V.  Tavel,  Pilze. 


304 


Schenck: 


zufassen.  Sie  sind  Dauersporen,  werden  von  den  AVirtbspflanzen  aus  durch 
den  Wind  verstreut  und  keimen  nach  der  Winterruhe  zu  den  basidien- 
ähnlichen  Conidienträgern  aus.  deren  Bihlung  hei  den  beiden  Familien  der 
IJrandpilze,  den  Ustilaginaceen  und  den  Tületiaceeii,  nach  verschiedenen  Typen 
erfolgt. 

Als  wichtigster  Vertreter  der  Ustilaginaceen  ist  die  Gattung  TJstilago  zu  erwähnen. 
Ust.  segetum  [=■  U.  Carbo)  verursacht  den  Staubbrand  an  Hafer,  Gerste,  Weizen.  Das  Mycel 
durchsetzt  die  Fruchtknoten  und  erzeugt  hier  massenliaft  die  Brandsporen  als  schwarz- 
braunes ausstaubendes  Pulver.  Ui<t.  Mmjdis  bildet  an  den  Halmen,  Blättern  und  lu- 
fiorescenzen  des  Mais  grosse  sackartige,  mit  dem  schwarzen  Brandsporenpulver  erfüllte, 
geschwürartige  Beulen  und  Blasen.  Andere  Arten  leben  auf  den  Blättern  von  Gräsern, 
Ust.  violaeea  [=  U.  anllterariim),  dagegen  in  den  ^Staubbeuteln  verschiedener  Caryo- 
phyllaceen  (Lychnis,  Saponaria)  und  erfüllt  dieselben  an  Stelle  des  Pollen  mit  Brandspor-en. 


m/ 


Fig.  289.  Ä  Ustilago  olivacea.  In  der 
Bildung  von  Brandsporon  bctindlicher  My- 
celfaden.  Vergr.  400.  B—D  Ustilago  sege- 
tum. B  in  Nährlösung  keimende  Brand- 
spore cl  mit  dem  quergetheilten  Conidien- 
träger  t,  den  Conidien  c.  Vergr.  450.  G  in 
Nährlösung  liegender,  von  abgefallenen 
sprossenden  Conidien  iimgcbener  Keimling. 
Vergr.  200.  D  Sprossverband  von  Conidien. 
Vergr.  350.  iNach  Bkeff.ld.) 
Aus  v.  Tavel,  Pilze. 


Fig.  290.  Tillctia  Tritici.  1  keimende  Brand- 
spore mit  ungetheiltem  Conidienträger  t  und 
den  scheitelständigcn  Conidien  c.  Vergr.  3(K). 
2  keimende  fadenförmige  Conidie  mit  einer 
sichelförmigen  <  'oiiidie.  Vergr.  400.  3  Mycel- 
abschnitt  mit  sichelförmigen  Conidien.  Vergr. 
350.    (Nach  Brefeld.)    Aus  v.  Tavel,  Pilze. 


Die  Brandsporen  von  Ustilago  keimen  nach  ilcr  IJuliezeit  auf  dem  l>oden  zu  einem 
kurzen  Schiaucli.  der  sich  durch  3  bis  4  Querwände  theilt  (Fig.  2.S9  />'  und  den  basidieu- 
ähnlichen  Conidienträger  vorstellt:  er  bringt  seitlich  am  oberen  Ende  der  einzelnen 
Zelk'n  sowie  au  seiner  Spitze  die  eiförmigen  Cfinidien  licrvor.  Wenn  reichlich  Nährstoffe 
dem  Pilz  zur  Verfügung  stehen,  also  bei  Cultur  in  Nährlösungen,  so  werden  beständig 
Conidien  in  grosser  Zahl  abgegliedert  (C)  und  die  Conidien  vermehren  sich  dann  durch 
Sprossung  in  Hefeforin  [C,  D).  Sind  die  Nälirstoffe  im  Substrat  crsdiöpft.  so  wachsen 
die  Conidien  zu  3Iycelfäden  aus.  Auf  den  (ietreidcäckern  findet  die  Conidieubildung 
in  dem  feuchten  gedüngten  Boden  statt,  also  bei  sajiropliytischer  Ernährungsweise,  und 
die  schliesslich  aus  den  Conidien  hervorgelienden  Fäden  gehen  zur  parasitisclien  Lebens- 
weise über,  dringen  in  die  ganz  jungen  Getreidekeimlinge  ein  bis  zur  Vegetationsspitze, 
wo  später  die  Iiitlorescenzeii  angelegt  werden.     In  Letzteren  entwickelt  sicli  das  Mycel 

Auf  der  Nährpflan/.e  selbst 


Aveiter  und  schliesst  mit  i\vY  Erzeugung  dci- 
werden  keine  Conidien  ireluldct. 


>r;iii(ls|Mi|-cii  all. 


Die    Tillctiacrrn    führen   ganz   iiliuliche   Lebensweise   wie   die   Ustilagineeu.     Am 


Cryptogamen. 


300 


bekanntesten  sind  Tilletia  Tritici  (aucli  T.  Caries  genannt,  und  Till,  lacvis,  die  Pilze 
des  Stein-  oder  Stinkbrandes  des  Weizens.  Die  Brandsporen  erfüllen  das  Innere  der 
Weizenkörner  mit  schwärzliclien,  nach  Heringslake  riechenden  Brandsporen,  welche  bei 
ersterer  Art  mit  netzförmigen  Verdickungsleisten  versehen,  bei  letzteren  dagegen  glatt- 
wandig  sind.  Im  Gegensatz  zu  den  Ustilagineen  erzeugt  der  Keimschlauch  die  faden- 
förmigen Conidien  nur  an  seinem  Scheitel,  in  wirteliger  Anordnung  zu  4  bis  12 
Fig.  290  i;.  Die  Conidien  zeigen  hier  die  Eigenthümlichkeit.  dass  sie  paarweise  H-förmig 
mit  einander  verschmelzen,  d.  h.  in  der  Mitte  durch  eine  Brücke  in  offene  Verbindung 
ihrer  Zellen  treten.  Solche  Zellfusionen  kommen  auch  paarweise  zwischen  den  sprossen- 
den Conidien  der  Ustilaginaceen  vor,  und  sind  nicht  mit  Kernverschmelzung  verbunden. 
Die  fadenförmigen  Conidien  keimen  leicht  aus  und  erzeugen  nun  an  der  Spitze  des 
Keimschlauches  wiederum  eine  Conidie.  aber  von  sichelförmiger  Gestalt  (Fig.  290  2). 
Bei  reichlicher  Ernährung  wachsen  die  Keimschläuche  aber  zu  saprophytischen  grösseren 
Mycelien  heran,  an  denen  in  reichem  Maasse  solche  sichelförmige  Conidien  in  Form 
von  Schimmelrasen  an  der  Luft  abgegliedert  werden.  Tilletia  weist  somit  im  Gegensatz 
zu  Ustilago  zweierlei  Formen  von  Conidien  auf.  Im  Uebrigen  ist  die  Entwicklung  bei 
beiden  Gruppen  dieselbe. 

2.  Ot'dnuuff.     XTredhieae,  Itostpilze{^^]. 

Die  liostpilze  leben  als  schädliche  Parasiten  mit  ihrem  Mycel  in  den  Intercellular- 
räumen  der  Gewebe  hauptsächlich  der  Blätter  liölierer  Pflanzen  und  sind  die  Erreger 
der  Rostkrankheiten.     Am  nächsten  schliessen  sie   sich  an   die  Brandpilze   an  und  er- 


Fig.  291.     Puccinia   graminis.     Aocidium   auf  Berberis  vulgaris,     ep  Epidermis  der  Blatt- 
unterseite, ))i  intercellularos  Mycel,  p  Peridie,  s  Sporenketten.     Vergr.  142. 


zeugen  wie  diese  Chlamydosporen.  die  in  Form  von  kleinen  Pusteln  oder  Sporen- 
häufchen aus  dem  Gewebe  der  NährpHänzen,  als  sogen.  Kost,  hervorbrechen.  Die 
ChIamydosi)orenbildnng  erfälirt  innerhalb  der  Familie  eine  weitgehende  Com|i]ication. 
Bei  der  Mehrzald  der  Uredineen  treten  nämlich  diese  Sporen  in  dreierlei  Form  neben 
oder  nach  einander  auf: 

1.  als  Teleutosporen.  Wintersporen,  oder  typische  Chlamydosporen:  sie  sind 
wohl  sämmtlichen  Arten  ursprünglich  eigenthümlich,  sind  mit  dicker  Membran  umkleidet 
und  repräsentiren  in  der  Regel  Dauersporen,  welche  den  Winter  überdauern.  Sie  ent- 
stehen in  kleinen,  die  Epidermis  durchbrechenden,  meist  rundlichen  fjagern  an  den  Enden 
zahlreicher,  dicht  neben  einander  stellender  Mycelendcn.   liäiitig  zu  zwei  oder  mehreren 

strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     .5.  Aufl.  20 


306 


Sehen ck: 


verbimdeu  Fig.  292  1.  5  t]  und  werden  im  Späts^^oimner  gegeü  Ausg-ang  der  Vegetations- 
periode gebildet.  Bei  der  Keimung  geht  aus  ihnen  direct  die  4  zellige,  4  Sporen  Ijildende 
Basidie  hervor  (Fig.  288  .1:  292  K 

2.  als  Uredo Sporen.  Sommersporen;  sie  entstehen  in  denselben  oder  in  ähnlichen 
Lagern  wie  die  Teleutosporen,   gehen   aber  deren  Bildung  voraus,   keimen  nach  ihrer 

Ablösung  direct  vegetativ  auf 
der  Niihrpflanze  aus  und  A'er- 
mitteln  die  Ausbreitung  des 
Pilzes  im  Sommer.  Sie  sind 
einzellig  und  mit  dünner  Mem- 
bran umgeben  (Fig.  292  5  u.  6]. 
3.  als  Aeeidiosporen, 
welche  den  Uredo-  und  den 
Teleutosporen  vorangehen, 
nach  ihrer  Ablösung  vege- 
tativ auskeimen  und  in  be- 
sonderen Fruchtkörpern  oder 
Aecidien  entstehen.  Die 
Aecidien  Fig.  291)  sind  kleine 
anfangs  geschlossene,  später 
sich  öffnende  becherförmige 
Gebilde,  brechen  aus  der  Epi- 
dermis der  Niilirpflanze  hervor 
und  tragen  in  ilu-em  Grunde 
ein  Hymenium  aus  dicht- 
stehenden Mycelästen ,  an 
denen  in  langen  Ketten  die 
rundlich  polj^edrischen  Sporen 
abgegliedert  Averden.  Die 
Hülle  des  Aecidiums,  Pe- 
ridie  genannt,  besteht  aus 
den  perijjherischen,  steril  blei- 
benden Zellfäden. 

Uredo-  und  Aeeidiosporen 
weichen  in  ihrer  nur  vege- 
tativen Keimung  von  den  Te- 
leutosporen ab,  sind  aber 
ihrer  ganzen  Bildung  nach 
ebenfalls  als  Clilamydos])oren 
aufzufassen,  welche  eine  lie- 
stinimte  biologische  Polle  für 
die  AusbrcMtung  des  Pilzes 
übernonnu  en  liaben  und  ausTe- 
leutosi)oren  hervorgegangen 
sein  dürften,  zumal  Ueber- 
gangsfonnen  zwischen  Te- 
lento-  und  l'redosporen  ge- 
legentlich vorkommen. 

In  den  Entwicklungsgang 
dieser  jnit  trimorphen  Cldamy- 
dosporen  versehenen  Uredi- 
neen  schiebt  sich  ferner  noch  eine  andere  ungeschlechtliche  Sporenfructitication  und  zwar 
von  Conidien  ein.  weiche  stets  in  l"ruchtkr>r))ern  entstehen,  nändich  in  l'ykniden  von 
gh'iclier  l'orin  iiiid  Itcschaffenheit,  wie  sie  sich  ,im  li  Im!  in.iiiciicn  höjieren  Ascomyceteu 
voiHnden.  J)iese  l'ykniden  friilier  Sperniogonien  gcuannti  eiv.engen  im  Innern  auf  faden- 
för)nigen  Conidienträgern  winzige  Conidien,  .sogen.  Pyknosporen  oder  i'ykno- 
conidien  frülier  Spermatien  genannt,  Aveil  man  sie  für  iniiiinliehe  Sexualzcllcu  hielt. 
die  aus  der  ^Mündung  des  krngförmigen  Organs  ansgestossen  werden  Fig.  29;5!.  Die 
weitere  Entwicklung  dieser  S))()re)i  auf  der  Nährplianze  ist  noch  unbekannt,  sie  können 


Fig.  292.  pQccinia  gniminis.  7  Querschnitt  durch  ein  Stück 
eines  Getreidehalms  mit  einem  'releutosporenlager.  'J  kei- 
mende Teleutospore  mit  zwei  Basidien.  -V  vegetativ, 
/  l'ructiücativ  keiiiiendo  Basidienspore.  Letztere  mit  Secun- 
där.^pore,  welche  geltildet  wird,  wenn  zur  Infection  einer 
Pflanze  keine  Gelegenheit  geboten  ist.  J  eine  Grui»])e 
von  Urcdosporen  i>.  untermischt  mit  einer  Teleutospore /; 
]i  die  Keimporen.  (>  keimende  l'redospore.  [1  Vergr.  150; 
2,  3,  4  nach  Tilasxe,  2  Vergr.  ca.  230,  :i,  4  Vergr.  370; 
ü,  6  nach  de  Bauy,  5  Vergr  300,  (J  Vergr.  390.) 
Aus  V.  Tavel,  Pilze. 


Cryptogamen. 


307 


z 


»aber  in  Nälivlüsung-en  zur  Keimuiiü:  g'ebraclit  werden.  Die  Pykuiclen  erseheinen  im 
Frühjahr  in  Gemeinscliaft  mit  Aecidien.  aber  etwas  früher  an  der  Oberseite  der  Blätter, 
während  die  Aecidien  auf  der  Unterseite  entstehen. 

Die  Uredineen  weisen  somit,  da  sie  ausser  den  drei  Clüamydosporenformen  zweierlei 
Couidien,  nämlieh  die  in  Pyknideii  und  die  an  Basidien  gebildeten,  besitzen,  eine 
grosse  Mannichfaltigkeit  der  ungeschlechtlichen  Sporenl)ilduug  auf.  Die  verschiedenen 
Sporen  folgen  im  Allgemeinen  in  der  Jahreszeit  auf  einander,  Aecidien  und  Pykniden 
im  Frühjahr,  im  Sommer  die  Uredosporen.  im  Herbst  die  Teleutosporen,  die  dann  im 
nächsten  Frühjahr  zu  Basidien  austreiben.  Die  Basidiosporen  keimen  alsbald  und  das 
aus  ihnen  hervorgehende  Mycel  dringt  in  die  Nährpflanze  ein  und  erzeugt  dann  zunächst 
Aecidien  und  Pykniden  u.  s.  f.  Aecidio-  und  Uredosporen  besorgen  die  Ausbreitung 
des  Pilzes  während  der  A'egetatiousperiode. 

Entweder  treten  diese  verschiedenen  Sporenformen  im  Laufe  des  Jahres  an  ein  und 
derselben  XälirpHanze  auf  und  man  bezeichnet  solche  Uredineen  als  autöcisch,  oder 
Pykniden  und  Aecidien  finden  sich  auf  der  einen  Nährspecies,  Uredo-  und  Teleuto- 
sporen dagegen  auf  eiuei-  anderen,  der  ersteren  im  System  oft  sehr  ferne  stehenden 
Pflanze.  Bei  diesen  letzteren  h  e  t  e  r  ö  c  i  - 
sehen  Arten  liegt  also  ein  Wirthswechsel 
des  Parasiten  vor. 

Als  Beispiel  für  letzteres  Verhalten  und 
zugleich  für  den  Entwicklungsgang  der  Ure- 
dineen sei  Pnccinia  graininis.  der  Getreiderost 
erwähnt,  welcher  seine  Uredo-  und  Teleuto- 
sporen an  Blättern  und  TIalmen  von  Gräsern, 
besonders  Koggen,  Weizen.  Gerste  erzeugt. 
Die  Aecidien  und  Pykniden  dieser  Art  ent- 
wickeln sich  auf  den  Blättern  der  Berberitze 
;Berberis  vulgaris .  Im  Frühjahr  treiben  zu- 
nächst die  überwinterten,  zu  zweien  vereinig- 
ten Teleutosporen  ihre  quergetheilten  Basidien, 
von  denen  successive  die  vier  Basidiosporen 
sich  ablösen  (Fig.  292  2).  um  auf  die  Berbe- 
ritzenblätter durch  den  Wind  verbreitet  zu 
werden.  Nur  hier  können  sie  keimen,  der  Keim- 
schlauch dringt  durch  die  Cuticula  ein  und 
entwickelt  sich  zum  Mycel,  aus  dem  bald  an 
der  Blattoberseite  die  Pykniden  (Fig.  293 ,  auf 
der  Unterseite  die  Aecidien  (Fig.  291)  hervor- 
gehen. Die  letzteren  werden  als  Becherrost  (Aeci- 
dium   Berberidis";   bezeichnet.     Die   rothgelben 

Aecidiosporen  stäuben  aus  der  geöffneten  Peridie  aus  und  gelangen  auf  die  Halme  und 
Blätter  von  Gräsern,  auf  denen  allein  sie  zu  keimen  vermögen.  Das  aus  ihnen  hervor- 
gehende Mycel  bringt  im  Sommer  zunächst  die  Uredosporen  (Fig.  292  5]  hervor.  Die 
Uredosporen  sind  einzellig,  mit  vier  äquatorialen  Keimporen  in  der  aussen  mit  kleinen 
Warzen  bedeckten  Wandung  versehen  und  enthalten  rothgelbe  Fetttröpfchen  in  ihrem 
Plasma,  erscheinen  daher  als  rothe  strichförmige  Häufchen  auf  der  Epidermis  (früher 
Uredo  linearis  genannt'.  Die  Uredosporen  sind  sofort  auf  Getreide  wieder  keimfällig 
und  verbreiten  rascli  in  verderbenbringender  Weise  die  Rostkrankheit  Im  Ausgang 
des  Sommers  werden  in  denselben  Lagern  (Fig.  292  J,  t)  die  schwarzen,  stets  zu  zwei 
vereinigten  dickwandigen  Telcutos])oren,  mit  je  einem  Keimporus,  erzeugt,  von  denen 
im  näclisten  Jahr  <lie  Entwicklung  von  neuem  anhebt. 

Auch  kann  in  dem  durch  Ircilo  inficirten  Wintergetreide  das  Mycel  überwintern 
und  dann  den  Getreiderost  mit  Lebergchung  von  Basidiosporen  und  Berberis-Aecidium 
im  nächsten  Sommer  hervorrufen. 


0 


0 


0 


:i 


Fig.  293.  Puccinia  graminis.  Pyknide 
aufBerberis  im  Längsschnitt,  bei  r  die 
ausgestossenen  Pyknosporen.  Vergr.  150. 
2  ein  Stück  des  Hymeniums  aus  der 
Pyknide.  Vergr.  225.  P»  keimende  Pykno- 
sporen, im  längeren  Keinischlauch  einige 
Oeltrüpfchen.  Vergr.36ü.  Nach  v.Tavel.) 


noch 


Mit  Puccinia  graminis  nahe  verwandt  sind 
(ietreideroste  von  ähnlichem  Entwicklungsgang, 
dem  Aecidium  Asperifoliorum  auf  Boragineen 
lihamni  auf  Ehamnus. 

Nicht   alle   Uredineen   weisen   einen   derartig  complicirteu 


ige  andere  häufige  Gras-  oder 

so  P.  Tiuhigovera    =  P.  straminis)   mit 

und   P.    coronata    mit    dem   Aecidium 


Entwicklungsgang   wie 
20* 


308 


Schenck: 


Puccinia  graminis  auf.  Gewisse  7\.rteii  erzeugen  nur  die  zu  Basidien  keimenden  Teleuto- 
sporen.  andere  ausser  den  Teleutosporen  nur  Uredosil^ren  auf  derselben  Niihrpfianze, 
oder  andere  erst  Pykniden  und  Aecidien  und  dann  Teleutosporen.  aber  keine  Uredo- 
sporen. 

Bei  den  lieteröcisolien  Arten  gelingt  es  nur  durch  entsprechende  Aussaatversuche, 
die  Zusainniengehörigkeit  der  verschiedenen  Öporenbildungeu  nachzuweisen.  So  lange 
dieser  Zusammenhang  für  die  einzelnen  Formen  noch  nicht  bekannt  Var.  bezeichnete 
man  die  drei  Sporenformen  mit  besonderen  riattungsnamen .  die  T'redosporenhäufchen 
als  Uredo  ,  die  Aecidien  Je  nach  ihrer  Beschalfenheit  als  Aecidium,  lioestdia,  I'eridrr- 
niium  u.  s.  w.  Die  Gattungsbezeichnung  geschieht  jetzt  nach  der  Beschaffenheit  der 
Teleutosporen,  weil  diese  Sporen  die  charakteristischsten  Unterschiede  aufweisen. 

3,  Ordninif/.    Aiiriciilarieae, 

Basidien  A\ie  bei  den  Uredineen  quergetheilt,  mit  ^•ier  Sporen.  Hierher  nur  wenige 
Formen ,  unter  denen  am  bekanntesten  der  Hollunderschwamm  oder  das  Judasohr, 
Auricidnria  scnidtiicina.  mit  gallertartigen  dunkelbraunen  musclielförmigeii  Fi-uchtkör])ei-ii. 
die  auf  ihrer  Innenseite  das  Basidienhymenium  tragen  und  ans  alten  HoUunderstämmen 
hervorbrechen. 

4.  Ordnung.     Treniellineae,  ZitterinlT^e' 

Basidien  der  Liinge  nach  getheilt  Tig.  288  B.  Die  Fruchtkürper  der  Zitterpilze  sind 
von  gallertartiger  Beschaffenheit,  lappig  oder  runzlig  gefaltet  und  auf  ihrer  Oberseite 
mit  dem  Basidienhymenium  überkleidet.  Nur  wenige  Gattungen,  saprophytisch  in  fau- 
lenden Baumstämmen,  aus  deren  Oberfläche  die  Fruchtkfiiper  hervorkommen. 


ö.  Ordnung.     Sgnienomyeetes. 

Die  Basidien  sind  ungetheilt  und  tragen  an  der  Spitze  auf  schmalen  Sterigmen  vier 
Sporen  Fig.  294  ap).  Bei  den  einfaclisten  Formen  entspringen  diese  Autobasidien  direct 
dem  Mycel ,   bei   der  überwiegenden  Mehrzahl   aber  kommt  es  zur  Bildung  von  Frucht- 

kfJrpern.  auf  denen  an  bestimmten 
Stellen  die  Basidien  in  Schichten 
oder  Hymenien  auftreten.  An  der 
Zusammensetzung  der  letzteren  be- 
theiligen sich  die  Saftfäden  oder 
Parai)hysen  Fig.  294  p)  und  die 
elKMifalls  sterilen  Cjstiden  [c,  oder 
Schläuche,  welclie  sich  durch  grösse- 
ren l'mfang  auszeichnen  und  meist 
stark  verdickte  Membran  aufw  eisen. 
Chlamydosporenbildung  tritt  inner- 
halb der  Ordnung  nur  vereinzelt 
auf.  hat  also  im  (iegensatz  zu  den 
Uredineen  ganz  untergeordnete  Be- 
deutung. 

Die  meisten  ITymenomyceten 
leben  mit  ilirem  reich  verzweigten 
weissen  Mycelium  im  humushaltigen 
Boden  der  "Wälder  oder  in  faulen- 
dem Hol/,,  in  absterbenden  l)aum- 
stämmen  und  ei'lieben  ihic,  oft 
bedenfende  (Jrösse  erreichenden 
massigen  Fruchtkörper,  die  ge- 
über    die    Oberfläche    des    Substrats. 


^-.vÄ 


Fig.  294.  Kussula  rubra.  Partie  aus  dem  Hymenium  : 
sli.  subhymeniale  Schicht,  h  J5asiilien,  -s  Sterigmen. 
sp  S])oren,;/  l'araphysen,  c  eine  Cystide.  Vergr.  ö40. 

meiuiglicli     als    Schwämme     bezeiclinet    werden . 


Das  Mycel  der  im  Boden  vegetirenden  Foi'nien  breitet  sich  an  der  I'eri)»herie  immer 
weiter  aus  und  nimmt,  indem  es  von  der  Mitte  aus  nach  FrscJiöpfung  der  Nährstoffe 
im  Substrat  abstirbt,  eine  von  Jahr  zu  Jahr  immer  grösser  werdende  ringfiJrmige  Zone 
ein.     In  Folge   dessen   erscheinen    dann   auch   die  jälirlich  im   Herbst  liervorkommcndeu 


Cryptogamen. 


309 


Schwämme  bei  ungestörter  Entwicklung  in  Ringen  angeordnet,  welche  vom  Volk 
Hexenringe  genannt  werden.  Die  Minderzahl  der  Hymenomyceten  vegetirt  i)arasitisch 
in  der  Kinde  oder  dem  Holze  von  Holzgewächsen,  so  z.  B.  unter  den  Hutschwämmen 
der  Hallimasch,   Armülaria  inellea    (Fig.  295;,   dessen  Mycel  zwischen   Rinde  und  Holz 


Fig.  295.  Armülaria  mellea. 
Stück  einesEhizomorphastranges 
mit  reifen  a]  und  jungen  [b] 
Fruchtkörpern.  Vs  nat.  Gr. 
(Nach  Hartig.)  Aus  v.  Tavel, 
Pilze. 


Fig.  296.  Exobasidium  Vaccinii.  Querschnitt  durch  die 
Stengelperipherie  von  Vaccinium,  ep  Epidermis,  p  Ein- 
denparenchym,  m  Mycelfäden  in  den  Intercellularräumen, 
h  die  nach  aussen  hervorbrechenden  Basidien ,  h'  noch 
ohne  Sterigmen,  //'  Anlage  der  Sterigmen,  h'"  mit  vier 
Sporen.     Vergr.  620.     (Nach  Woronin.) 


von  Laub-  oder  Nadelhölzern  wächst  und  daselbst  flache,  verästelte,  aussen  schwarze 
Stränge,  sogen.  Rhizomorphen  bildet,  aus  denen  später  die  Fruchtkörper  als  gestielte  Hüte 
hervorkommen.  Ausser  diesen  subcorticalen  Rhizomorphen  werden  vom  Mycel  auch 
noch  unterirdische  lange  Rhizomorphen  gebildet,  welche  von  einer  "Wurzel  ausgehend 
andere  Wurzeln  mit  dem  Pilz  inficiren  können.  Die  Rhizomorphen  können  als  eine 
Sclerotiumbildung  aufgefasst  werden. 


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Fig.  297.     Ciavaria  Botrytis.    Nat.  Gr. 


Fig.  298.    Hydnum  repandum.    Verkleinert. 


Die  fortschreitende  Complication  im  Aufbau  der  manniclifaclieu  BusidienlVuclit- 
körper  dient  zur  weiteren  EiiitlieiJung  der  Hymenomyceten. 

1.  Bei  einer  kleineren  Anzahl  von  Gattungen  kommt  es  nicht  zur  Fruchtkörper- 
bildung, vielmehr  entstehen  die  Autobasidicn  noch  frei  aus  den  Mycelfäden  in  Lagern 
von    unbestimmter   Form.     Als   Vertreter    derselben    sei   Exobasidium    Vaccinii''^-) 


310 


Schenck: 


geuaunt,  ein  auf  Ericaceeu,  besonders  Preissei-  und  Heidelbeeren  auftretender  parasiti- 
scher Pilz,  dessen  Mycel  Auftreibung-en  der  befallenen  Pflanzentheile  verursacht.  Die 
Basidien  werden  in  Lagern  unter  der  Epidermis  gebildet  und  brechen  durcli  dieselbe  an 
die  Obertiiiche  hervor  (Fig.  296 .  Als  Nebeufructiiication  treten  bei  dieser  Gattung,  wie 
bei  vielen  anderen .  Conidien  auf,  die  als  schmalspindelfönnige  Zellen  vom  Mycel  abge- 
gliedert werden  und  an  der  Oberfläche  der  N;ihri)rianze  der  Basidienbilduug  vorausgehen. 

2.  In  der  Grui)i)e  der  Thelephoreen  treten  bereits  echte  Fruehtkörper,  aber  noch 
von  einfacher  Bescliaflenheit ,  auf.  Dieselben  sind  von  korkig  lederartiger  Beschaften- 
heit  und  bilden  auf  Baumstümpfen  theils  flache  Krusten  von  rundlichem  oder  gelapptem 
Uniriss.  und  das  Basidieuhymeniura  überzieht  die  glatte  Oberseite  dieser  Krusten;  oder 
die  flaclien  FruchtkfJrper  heben  sich  in  horizontaler  Eichtung  vom  Substrat  ab,  bilden 
halbkreisförmige  Hüte,  die  oft  dachziegelartig  gruppenweise  über  einander  gelagert 
sind,  und  das  Hymenium  ist  auf  ihrer  Unterseite  entwickelt,  so  bei  dem  an  Laubholz- 
stiimmen  häuligen  Stereuin  hirsiifiuii. 

3.  In  der  Gruppe  der  Clararieen  haben  die  Fruchtkörper  die  Form  von  weiss- 
licheu  oder  gelben,  aus  dem  Boden  sich  erhebenden  fleischigen  kleinen  Keulen  oder  sind 
mehr  oder  weniger  reich  coralleuartig  verzweigt.  Die  grösseren,  fleischigen,  reich  verästelten 
Formen  dieser  Gruppe  liefern  Speiseschwämme,  so  Ciavaria  flava  mit  bis  10  cm  hohem, 
fleischigem,  orangegelbem  Fruchtkfirper.  iind  Glararia  Bofrytis  (Fig.  297),  beide  als  Bären- 
tatze, lländliug,  Hahnenkamm  oder  Korallenschwamm  bezeichnet,  von  blassröthlicher 
Farbe,  ferner  der  krause  Ziegenbart,  Sporassis  crispa. 
auf  Sandboden  in  Nadelwä'ldern  auftretend,  mit  blatt- 
förmig zusammengedrückten,  reich  verzweigten  Aesten. 
bis  V-j  ^^  i"i  Durchmesser  erreichend. 


Hg.  299.     Polyporus    igiiiarius.      Durchschnitt    durch 

einen  mohrjährigen   Fruchtkürper  mit  Zuwachszonen. 

a  Befestigungsstcllo  des  halbkreisförmigen  Hutes. 

Vi'  nat.  Gr. 


Fig.   300.      Psalliota    campestris 
(=  Agaricus  campestris).     Cham- 
pignon,    rechts    junger    Frucht- 
körper.   Verkleinert. 


4.  Die  Jlydnrrn  oder  Stachelschwämme  besitzen  Fruchtkörper  mit  stachelartigen 
Auswüchsen,  auf  denen  die  Hymenien  als  Ueberzug  entwickelt  werden.  Die  einfachsten 
llydneen  haben  krustentVirmige  FruclitkfH-per.  auf  deren  Oberseite  diese  Stacheln  stellen, 
andere  dagegen  entwickeln  wnldansgcbildcte.  gestielt  hutförmige  fleischige  Frnchtk()ri)er. 
die  auf  der  Hutiiuterseite  die  lierabliängenden  Staclieln  tragen.  Zu  letzteren  gehfiren 
verschiedene  essbare  Scliw  iiimiie.  so  JlyJnum  rmhricdliiuK  d(M'  llabiclitscliwniiiiu .  in 
Kieferwäldern,  mit  braunem,  oben  schwärzlicli  beschupptem,  liis  \h  cm  breitem  Mut. 
ferner  Hydiium  rcpamlxiu.  der  Stop])elscliwanim  Fig.  29Sj,  mit  fleischfarbig  gelblichem  Hut. 

5.  Bei  den  artenreichen  Polyporeen  oder  Lik-herschwämmen  besitzen  die  grossen 
gestielten  oder  sitzenden  Hüte  anfilirer  Cnterseitc  oftene  röhrenfrirniige  ^'e^tiefnngen  oder 
tief  gewundene  Gänge  oder  diclit  zusammenstehende,  herabliängende  iLÖlirclien  und  das 
Basidienhyinenium  ist  in  diesen  offenen  Poren  auf  der  Innenseite  entwickelt.  Hierlier  gehört 
die  (iattnng  Boletus  mit  grossen  fleischigen,  auf  Waldboden  auftretenden  dickstieligen  Hüten, 
deren  Unterseite  mit  einer  dicken  Sdiicht  von  feinen  Pfihrchen  bekleidet  ist.  Die  Arten 
sind  tlieils  vorziigli<'lie  Siieisepilze.  so  //.  n/nlis.  der  Steini)ilz.  tlieiis  aber  sehr  giftig,  wie 
der  Satanspilz,  Boletus  Satanas  (Fig.3(»l.  mit  gelblir.miK m,  bis  20  cm  breitem  Hut,  gelb 
bis  i)nr|iurr(it]i  gefärbtem,  oder  mit  rother  Netzzeiclminig  \ ersehenem  Stiel  und  erst  blnt- 
rotlier.  <lann  orangerother  ilntunterseite.     \'on    den  zaidreiclien  Arten  der  (Gattung  Poly- 


Cryptogamen. 


311 


jjorus  ist   der  Feuer-   oder  Zunderschwamm.   P.  fomentm-ius,   offieinell. 
lebt   i)arasitisch  iu  Laubbäumen,   besonders  Buchen,   und  erzeugt 


Sein  Mvcelium 


grosse  consoltorraige. 


Fig.  301.     Boletus  Satanas,  Satanspilz.     1/2  ^^^-  Gr.     Nach  Krombholz. 


—  Giftig. 


bis  30  cm  breite  und  lö  cm  dicke  melirjiilirige  Friichtküri)er  mit  harter  grauer  liinde  uud 
weicher  flockiger,  den  Zunderschwamm  liefernder  Innenmasse.    Auf  der  Unterseite  stehen 
die  engen  Hynieniuinröliren   in  über  einander  lagernden  Jahresschichten.     Der  ähnliche 
Polyp,  ign/an'us.   unecliter  Zunderschwamm 
(Fig.  299 ,   besonders  an  Eiclien   auftretend, 
ist  rostbraun  gefärbt,  viel  härter  und  liefert 
nur  einen  schlechten  Zunder. 

Manche  Polyi)oreen  sind  sehr  schädliche 
Parasiten  der  Waldbäume,  so  Heterobasidion 
anuosu))}.  das  oft  ganze  Bestände  von  Kie- 
fern und  Fichten  vernichtet.  Eine  sehr 
schädliche  saprophj'tische  Art  ist  Merulius 
lacrynnms.  der  Hausschwamm  ;•''■*;,  dessen 
Myceliuui  in  feuchtem  Bauholz,  iu  erster  Linie 
in  Nadelholz,  vegetirt  und  dieses  zerstört. 
An  der  Oberfläclie  des  Holzes  und  an  dem 
Mauerwerk  bildet  das  Mj'cel  grosse  grau- 
weisse  Watten  mit  derben  sich  verzwei- 
genden Strängen .'  welche  zur  Leitung  von 
Wasser  und  Xährstoften  dienen.  Scldiess- 
licli  entstehen  aus  dem  Mycel  die  aus 
Ritzen  hervorkommenden  uni-egelmässig  lap- 
pigen Fruc]itkür])er  mit  rostbrauner  gru- 
biger Obertläclie.  Trockenh'gung  und  gute 
Durchlüftung  der  infieirten  Eäume  ist  das 
sicherste  Büttel  zur  Bekämpfung  des  Haus- 
schwamms. 

6.  Als  artenreichste  Gruppe  sind  schliess- 
lich die  *l.f/«/•^e^«e  eji  oderBlätterschwämme 
zu   nennen,    deren   gestielte  Hüte    auf  der 


Fig.  302.    Amanita  muscaria,  Fliegenpilz. 


nat.  Gr.  —  Giftig. 


Unterseite    radial  ausstrahlende,    senkrecht 

stehende  Lamellen,   die  mit  dem  Hymenium 

überzogen  sind,   tragen.     Die  Agaricineenfruclitkörper  bilden  iu  ihrer  Anlage  rundliclie. 

aus   Hyphengetlecht   bestehende    Körper,   in    denen    sich    bald   der   Stiel   und  der  Hut 


Q 


12  Schenck: 


dififereuziren.  Stiel-  und  Ilutaulageu  siud  von  einer  lockeren  Hülle  umschlossen,  der 
Yolva.  welche  bei  der  Strecknu«:  des  Stiels  als  Scheide  am  Grnnde  zurückbleibt,  bei 
manchen  Bllitterpilzen,  so  beim  Fliegenschwamm  (Fig.  302),  aucli  in  weissen  Fetzen  auf 
dem  Hut  zurückbleibt. 

Ausser  der  Yolva  entwickelt  sich  bei  vielen  Blätterpilzen  noch  ein  sogen.  Schleier, 
Velura,  eine  dünne  Hyphenhaut.  welche  sich  an  dem  jungen  Fruchtkörper  vom  Hut- 
rand quer  zum  Stiel  ausspannt,  später  aber  einreisst  und  nun  als  ringförmiger  Hautlappen 
am  Stiele  sitzen  bleibt    Fig.  300 . 

Manche  Hutpilze  unserer  Wälder  und  Wiesen  werden  als  vorzügliche  Speise- 
schwämme  geschätzt,  so  vor  Allem  auch  der  in  Cultur  genommene  Champignon. 
Psalliofa  campestris  (Fig.  300).  mit  weisslichem  Hut  und  erst  weissen,  dann  rosenrothen, 
zuletzt  braunschwarzen  Lamellen,  ferner  der  Pfifferling  oder  Eierschwamm.  CanthareÜKs 
cibaröis.  mit  dottergelbem  kreiselfürmigem  Plut,  der  Eeizker.  LaHarius  delir-iosus.  mit 
rothgelbem  Hut  und  rothgelbem  Milchsaft  in  besonderen  Hyphenschläuchen,  der  Parasol- 
schwamm.  Lcpiota  procera,  mit  weissem  braunbeschupptem  Hut. 

Zu  den  giftigen  Blätterschwämmen  geliören  vor  Allem  der  Fliegenschwamm,  Amanita 
iniiscaria  (Fig.  302,;,  der  mit  dem  Champignon  oft  verwechselte  Kuollenblätterschwamm 
Amanita  hulhosa  mit  weisslichem  oder  gelblichem  Hut  und  dickknolligem  Stielfuss.  der 
Spciteufel.  livssula  emetica ,  mit  rüthlichem  Hut  und  weissen  Lamellen,  der  Gift- 
reizker, Lactariits  torminnsus.  mit  gelbem  oder  rothbraunem  zottigem  Hut  und  weissem 
Milchsaft. 

Biologisch  sehr  interessant  ist  ein  südbrasilischer  Hutpilz,  die  Agaricinee  Roxites 
(fongylophnra.  deren  ]\Iycel  nach  A.  jMöli.er  von  den  Blattschneiderameisen  in  ihren 
Nestern  regelrecht  cultivirt  wird.  Das  Mycel  erzeugt  in  denselben  kugelige .  dicht 
mit  Plasma  erfüllte  Anschwellungen  seiner  Hyphenenden,  die  sogen,  Kohlrabiköpfchen, 
welche  den  Ameisen  zur  Xalirung  dienen.  Die  Ameisen  verliindern  die  Entwicklung 
der  Conidien,  die  als  Nebenfructification  dem  Pilz  eigenthümlicli  sind  und  nur  bei  Cultur 
des  Mycels  ohne  Ameisen  gebildet  werden,  erhalten  also  den  Pilz  in  ihren  Nestern  stets 
in  seinem  vegetativen  Zustand.  Die  Fruchtkürper  finden  sicli  nur  selten  auf  den  Nestern: 
sie  liaben  in  ihrer  Form  Aehnlichkeit  mit  denen  des  Fliegenscliwamms,  in  dessen  Ver- 
wandtschaft Eozites  gehört.  Im  tropischen  Asien  wird  nach  Holtermann  das  Mycel 
von  Afiaririia  I?ajap  von  Termiten  in  deren  Nestern  cultivirt (-4; . 

0  f  f  i  c  i  n  e  1 1 :  Polyporiis  fomenfarius  [==  Fomes  fomentariuss  liefert  F  u  n  g  u  s  C  h  i  r  u  r  - 
gorum  (Pharm,  germ.,  austr.  .  —  Polypori/s  officmah's  '=  Boletus  laricis;.  Lärcheuschwamm. 
liefert  Agaricus  albus  Pharm,  helv.).  Agaricinum  l'harm.  germ.)  und  Acidum 
agaricinum    Pharm,  helv.). 

6*.  Oi'dnuitfj.     Gasteroniycetes,  BaiichirUi^e[^^). 

Die  Gasteromyceten  liaben  geschlossene  mannichfacli  gestaltete  Fruchtkörper,  welche 
sicJi  erst  nach  der  Sitoreureife  öffnen,  indem  die  als  J'eridie  bezeichnete  feste  äussere 
Hyphenrinde  in  charakteristischer  Weise  aufplatzt.  Die  von  der  Peridie  umschlossene 
sporenltildcndc  Tniiciiiiiasse  wird  iiisgcsaiiimt  als  Gleba  bezeichnet.  Die  Gleba  ist 
vf)n  zalili'cii'licn  Kaiiniiern  oder  Hohlriiinncii  durclisetzt,  weh-lie  entweder  von  dem 
iUisidienliyiiii'iiiuiii  ausgekleidet  oder  vnn  lockci-  ^(■^Hochtenell  llyplicn.  deren  Zweige  in 
Basidieii  endigen,  angefüllt  sinil. 

Die  (Gasteromyceten  vegetiren  mit  ihrem  .Mycel  saiirupliytiseli  im  Humusboden  der 
Wälder  und  Wiesen  und  erheben  ihre  Fruchtkör])er  über  <lie  Oberfiäche  nach  Art  der 
niätterschwäiiiine.  Nur  die  (irupjje  der  Hymenogastreeu  besitzt  uiiterirdiselie  kiiullen- 
fönuige,  triifleliilinliclie  Fruclitköri)er. 

Verhältnissmässig   einiach    gebaut    ist    der    l'ruciitkörper    \on    Scleroderuia    ruhjare, 

dem   Hartbovist,   dessen  breitkugelige   meist  5  cm   dicke  ]>asidienfruc]it   eine   weisslicli- 

branne    lederartige    dicke   eiiifaclie.    später   am   Scheitel   rissig  gefelderte  Peridie  besitzt 

l'ig.  303  7.     Die   im   reifen  Zustande  schwarze  (Meba  ist  gekammert   und   die  Kammern 

sind  ausgefüllt  mit  i)irnförmigen  Basidien.    welche  \  ier  sit/,<'nde  kugelige  Sporen  tragen 

Fig.  303  j";.     Der  Hartbovist  gilt  als  giftig  und  wii'd  zuweilen  mit  'l'rüll'eln  verwechselt. 

Die  Gattungen  liorista  und  Lijropcrdoii  Fig.  303  .V  .  IJoviste  und  Stäublinge.  haben 
ebenfalls  kugelige,  bei  letzterer  Gattung  auch  gestielte,  anfangs  weissliche,  später  bräun- 
liche Fruclitk(irper.  Sie  erreichen  bei  dem  Piesenbovist  f.i/r(ijirn/(in  Borlsta  sogar  bis 
'  >  Meter  Durchmesser,     llire  Peridie   ist   in  Form    von   zwei  Schichten    entwickelt,   von 


Cryptogamen. 


313 


denen  sich  die  iinssere  mit  der  Eeife  gewühnlicli  ublüst  und  die  innere  am  Sclieitel  sich 
öffnet.  Die  Kammern  der  Gleba  werden  hier  von  einem  regelmässigen  Hj-meninm  aus 
Basidien  ausgekleidet.  Eine  Eigentliümliclikcit  der  Boviste  besteht  ferner  in  dem  x\uf- 
treten  sogen.  Caiiillitiumfasern  in  den  Kammern  der  Gleba,  d.  h.  brauner  dickwandiger 
veräsfelter  Hyphen.  welche  von  den  Wänden  ausgehen  und  die  Auflockerung  der  Sporen- 
masse besorgen.     Die  jungen  noch  weissen,  fleischigen  Boviste  sind  essbar. 

Bei.  der  verwandten  Gattung  Gcastn-  (Fig.  303  4),  Erd- 
stern, ist  die  Peridie  der  rundlichen  Fruchtkörper  eben- 
falls als  doppelte  Hülle  ausgebildet  Die  äussere  ?Iülle 
breitet  sich  bei  der  Eeife  in  sternförmigen  Lappen  aus. 
die   innere   öffnet   sich  am  Scheitel  mit  einem  Loch. 

Die  höchste  Entwicklung  erreicht  der  Gasteromyceten- 
fruchtkörper  in  der  Grupjie  der  P/inlloidren{=^^),  als  deren 
bekanntester  Vertreter  l'haUus  iinpudiciis,  die  Stink-  oder 
Gichtmorchel,  in  Wäldern  in  Deutschland  einheimisch, 
zu  nennen  ist.  Dieser  Pilz  gilt  vielfach  als  giftig,  doch 
sind  giftiü'e  Wirkungen  nicht  constatirt.    Früher  wurde  er 


.,A 


'^"<J^^■»•^■y»  .-v.-^ . 


Fig.  303.  1  Scleroderma  vulgare,  Fruchtköriier.  2  Basidien 
aus  domsolhen.  Nach  Tulasne.)  H  Lycoperdon  gemmatum. 
4  Geastor  granulosus.     1.  3,  4  in  nat.  Gr.    2  vergrössert. 


Cu5 


7)  ' 


Fig.  304.     Phallus  impudicus 
72  iiat.  Gr.  (Nach  Kiiojihiiolz. 


zu  (uchtsalbeu  verwendet.  Sein  Fruclitkörper  gleicht  liabituell  den  echten,  zu  den  Dis- 
comyceten  gehörenden  Morch(dn,  liat  aber  eine  ganz  anden;  Entwicklungsgeschiclite. 
Er  ist  etwa  15  cm  hoch,  hat  einen  langen  dicken,  innen  holden,  netzförmig  gekammerten 
weissen  Stiel  und  einen  glockenförmigen,  mit  der  braungrünen,  im  reiten  Zustand  zu 
Schleim  verHüssigtcu  Glebamasse  bedeckten  Hut  I'ig.  304.  Der  junge  Fruclitkörper 
bildet  einen  eiförmigen  weissen  Körper  (Hexenei  oder  Teufelsei  genannt  iind  wird  von 
einer  doppehvandigen  Hülle  mit  gallertartiger  Mittelscliicht  ganz  uinsclilosscii.  Im  Innern 
der  Hülle  oder  Peridie  ,aucli  ^'olva  genannt,    differenzirt   sich   das  llypiiengewebe    in 


314 


Schenck: 


den  axilen  Stiel  imd  in  den  glockeuföniiigeu  Hut.  Im  Umkreise  des  Hutes  wird  die 
Gleba  als  ein  gekammertes.  die  Basidienhymeuien  enthaltendes  Gewebe  ausgebildet. 
Bei  der  Eeife  streckt  sieh  der  Stiel  enorm  in  die  Länge,  sprengt  dabei  die  an  seiner 
Basis  als  Scheide  zurückbleibende  Hülle  und  liebt  den  glockenförmigen  Hut  mit  der  an- 
haftenden Gleba  empor.  Letztere  zerüiesst  alsbald  zu  einer  abtropfenden  schleimigen. 
die  Sporen  enthaltenden  Masse,  welche  einen  ekelhaften  aasartigen  Geruch  verbreitet, 
und  dadurcli  Aasinsecten  zur  Verbreitung  der  Sporen  anlockt. 


Klasse  XIII. 


Lichenes,  Flechten  (^^'  ^'''  ^*). 

Die  Flechten  sind  symbiotische  Organismen,  sie  bestehen  aus  Faden- 
pilzen,  und  zwar  aus  Ascomycefen,  nur  in  ganz  vereinzeltem  Falle  aus 
Basidionajceten,   welche  mit  gewissen    einfacheren  einzelligen  oder  fädigen 

Algen,  entweder  Cija- 
uoplniceen  oder  CJilo- 
roplnjceen ,  gemeinsam 
vegetiren  und  so  einen 

zusam  mengesetzten 
Thallus,  ein  Consor- 
tium  bilden.  Die  Flech- 
tenpilze und  Flechten- 
algen sind  im  natür- 
•  liehen  System  in  die 
Gruppen  der  nächst- 
verwandten Pilze  und 
Algen  einzureihen.  Die 
Flechten  besitzen  aber 
unter  einander  so  viel 
Uebereinstimmendes  in 
Bau  und  Lebensweise 
und  liaben  sich  als 
Consorticn  idivlogeue- 
tisch  weiter  entwickelt, 
so  dass  sie  hier  zweck- 
mässiger als  besondere 
Klasse  behandelt  wer- 
den müssen. 

Was  das  Verhältniss 
von  Pilz  zu  Alge  anbe- 
langt, so  umspinnt  der 
Pilz  mit  seinem  Mycel  die  Algenzellen  (Fig.  305],  schliesst  sie  in  ein  llyphen- 
gcwcbe  ein  und  crnälirt  sich  von  den  durcli  die  assimilirenden  grünen  Algeu- 
zcllen  erzeugten  organischen  Stoffen;  er  kann  aber  auch  Ilaustorien  in  die 
Algenzellen  hinein  entsenden  und  sogar  deren  Tiilialt  aufzehren.  Anderer- 
seits gewährt  der  Pilz  den  in  seinem  Gewebe  lebenden  Algenzellen  bestimmte 
Vortheile,  liefert  ilinen  die  anorganischen  Stoffe  und  Wasser  (vgl.  S.  179).  Die 
Symbiose  der  liechtenbildenden  Pilze  mit  Algen  führt  so  zur  P>ildung  von 
zusainmeiigesetzten  Organismen  mit  eigenartiger  Form  des  Thallus,  welcher 
ents})rechend  seiner  durcli  die  Algen  bedingten  selbstständigen  Ernährungs- 
weise andere   Gestalten   als  bei    den    nicht    flechtenbildenden   Fadenpilzen, 


Fig.  80.5.  Xanthoria  ])arictina.  /  keinicndc  Ascussporc  [sp], 
deren  Keimschlauch  die  grünen  Algcnzellen  a  der  Gattung 
Cjstococcus  umsjdnnt.  2  beginnende  ThallusbiMung,  in  sj) 
zwei  Ascussporcn,  n  die  Cy.stococcuszellcn.  Tn  der  Glitte  des 
Mycels  beginnt  durch  Fusionen  an  den  kurzglicdorigen  Hyphcn 
die  Bildung  einer  pseudoparenchymatischcn  Ivindenschicht. 
Vergr.  5(H).     Nach  Bonmejj.      Aus  v.  Tavkl,  Pilze. 


Cryptogamen.  315 

deren  Thalliis  ein  reich  verzweigtes  Mycelium   darstellt,    aufweist,   vielmehr 
die  Formen  der  Alg-en  und  Lebermoose  vielfach  wiederholt. 

.  Der  Flechtcnthallus  kann  sehr  verschiedene  Aushildunu-  erfahren.  Man 
unterscheidet  folgende  Formen,  welche  früher  auch  zur  Eintheilung  benutzt 
wurden,  aber  nicht  den  natürlichen  Yerwandtschaftsgruppen  entsprechen. 

Die  einfachsten  Flechtenformen  sind  die  Faden  flechten,  bestehend  aus 
Algenfädeu,  welche  mit  Pilzhyphen  der  Länge  nach  umsponnen  sind.  Als 
Beispiel  sei  Eplielie  pnhesceiis  genannt,  eine  an  feuchten  Felsen  in  Form 
von  zierlichen  verästelten  niedrigen  Raschen  auftretende  Flechte. 

Sodann  unterscheidet  man  Gallertflechten,  mit  gallertigem  laubartigem 
Lager.  Die  Algen  derselben  sind  Chroococcaceen  und  Xostocaceen  mit 
gallertig  aufgequollenen  Membranen.  Li  der  Algengallerte  verlaufen  die 
Pilzhyphen.     Von  einheimischen  Gattungen  gehört  z.  B.   CoUenia  hierher. 

Sowohl  bei  den  Faden-  als  Gallertflechten  sind  Algen  und  Pilzhyphen 
gleichmässig  im  Thallus  vertheilt  und  wird  dieser  daher  als  ungeschiclitet 
oder  homoeomer  bezeichnet. 

Die  übrigen  Flechten  weisen  dagegen  einen  geschichteten  oder  hetero- 
meren  Thallus  auf.  Die  Algenzellen,  die  man  bei  den  Flechten  überhaupt 
als  Gonidien  bezeichnet,  treten  im  heteromeren 
Thallus  in  bestimmten  sogen.  Goni dienschichten 
auf,  welche  nach  aussen  von  einer  algenfreien  und 
aus  pseudoparencbymatisch  dicht  verflochtenen  Pilz- 
hyphen bestehenden  sogen.  Rindenschicht  bedeckt 
werden.  Man  unterscheidet  unter  den  heteromeren 
Flechten  im  Alla-emeinen  drei  Yeii'etationsformen,  näm- 
lieh  die  Krustenflechten,  deren  Thallus  in  Form 
von  Krusten  an  Baumstämmen,  Felsen  oder  auf  dem 
Erdboden  auftritt  und  dem  Substrat  fest  anhaftet,  Fig.  306.  Xanthoriapa- 
mittels  Pilzhvphen  etwas  in  dasselbe  eindringt,  ferner  rietina.  auf  Baumrinde, 
die    Laubflechten    (Fig.  306),    deren   Thallus   laub-  Nat.  Gr. 

artig  klein-  oder  grosslappig,  mit  zerschlitzten  Lappen 

ausgestaltet  und  auf  der  Unterseite  entweder  nur  in  der  Mitte  oder  bis  auf 
die  freien  Ränder  mittels  rhizoidartiger  Pilzhyphen  (Rhizinen)  angewachsen 
ist,  endlich  die  Strauchflechten  (Fig.  3Ü7],  mit  verzweigtem  faden- 
förmigem oder  bandförmigem,  an  der  Basis  angeheftetem,  zuweilen  auch 
frei  auf  dem  Substrat  liegendem  Thallus. 

An  den  natürlichen  Standorten  scheinen  die  Flechtenpilze  sich  nur  dann 
aus  den  Sporen  weiter  zu  entwickeln,  wenn  sie  die  ihnen  zusagenden  Algen- 
zellen zur  Verfügung  haben.  Xur  für  ganz  wenige  Flechtengattungen  ist 
festgestellt,  dass  ihr  Pilz  auch  ohne  Algen  in  der  Natur  existenzfähig  ist, 
so  für  die  tropische  Cora  pavonia  (Fig.  313),  deren  Pilz  zu  der  Ordnung 
der  Hymenomyceten  gehört  und  auch  algenfreie  Fruchtkörper,  welche  denen 
der  Pilzgattung  Tlidpphora  in  der  Form  entsprechen,  erzeugen  kann.  Wohl 
aber  ist  es  gelungen,  aus  den  Sporen  gewisser  flechtenbildender  Ascomyceten 
unter  Zufuhr  geeigneter  Xährlösung  auch  ohne  Algen  in  der  Cultur  Mycelien 
und  kleine  Thalli  zu  ziehen. 

Viele  Flechten  vermögen  sich  auf  rein  vegetative  Weise  zu  vermehren, 
dadurch,  dass  losgerissene  Tlieile  des  Thallus  weiter  wachsen  und  sich  wieder 
mit  Rhizinen  festsetzen.  Die  meisten  heteromerischen  Flechten  besitzen  ferner 
in  der  Bildung  von  Soredien  ein  ausgezeichnetes  Mittel  vegetativer  Ver- 
mehrung. Dieselbe  vollzieht  sich  in  den  Gonidienschicbtcn.  Kleine  Grup]i('ii 
von  sich  theileuden  AlgeuzcUen  werden  dicht  umsponnen  von  Mycelfäden, 
lösen  sich  los  und  bilden  isolirte  Körpercheu,  die  in  grosser  Masse  erzeugt 


316 


Schenck: 


und  imter  Aiifreisscii  der  Thallusriude  als  staubartig-e  Masse  frei  werden,  um 
durch  deu  Wind  verbreitet  sieb  anderswo  wieder  zu  einer  Flechte  weiter 
zu  entwickeln. 

^Yas  die  Fructification  der  Flechten  anbelangt,  so  ist  dieselbe  nur  an 
die  Flechtenpilze,  nicht  an  die  Aegetativ  bleibenden  Flechtenalgen  gebunden. 
Die  Flechtenpilze  gehören  ihrer  natürlichen  Verwandtschaft  nach  zu  den 
Äscomi/cefeii^  nur  eine  einzige  Gattung  zu  den  IlyDieiwmyceten. 

1.  Ascolichenes. 

Nur  wenijjre  Flechteugattimgen  haben  krugförmige  Perithecieu:  ihre  Pilze  gehören 
daher  zu  den  Pyrenomyceten,  so  die  Laubflechte  Endocarpon.  die  Krusteuflechte  Vcrmcaria. 
Die  meisten  Gattungen  aber  entwickeln  als  AscustVüclite  ihrer  Pilze  offene,  meist 
Schüssel-  oder  scheibentTirniige.  dem  Thallus  aufsitzende  oder  in  ihn  etwas  eingesenkte 
Apothecien,  welclie  in  ihrem  Aufbau  wie  bei  deu  Discomyceten.  speciell  den  Pezizeen 
(vgl.  Fig.  280)    beschaffen  sind,  also   auf  ihrer  Oberseite  ein  Hymenium  aus  Asci  und 


Fig.  307.     Usnea  barbata.     ap  Apothe- 
cium.    Nat.  Gr. 


Fig.  308.  Cetraria  islandica.  ap  Apothecium. 
Nat.  Gr.  —  Officinell. 


Paraphysen  tragen.  Von  Strauchflechten  gehört  hierher  als  eine  der  häufigsten  Arten 
die  an  Baumstämmen  festsitzende  Usnea  barbata,  die  sogen.  Bartflechte  mit  grossen, 
am  Bande  bewimperten  Apothecien  'Fig.  307  .  ferner  die  an  l'elsen  der  afrikanischen 
Küsten  und  Ostindiens  weit  verbreitete  Roccdhi  tinctoria  mit  aufrechtem  wurmförmigem. 
gabelig  getheiltem  Thallus.  aus  welchem  Lackmus  und  Orseille  gewonnen  werden.  Eine 
Mittelstellung  zwischen  .Strauch-  und  Blattflechten  nimmt  Crlraria  iiüauilica.  das  isländi- 
sche Moos  Fig.  308j  ein,  mit  vieltheiligen.  aufsteigenden,  blattartigen  T]ialluslai)pcn. 
welche  braun,  auf  der  Unterseite  weisslich  gefärl»t  sind  und  die  Apothecien  schief  rand- 
ständig  tragen.  Diese  Flechte  ist  auf  den  Gebirgen  und  im  Norden  der  nördlichen 
Hemisphäre,  sowie  auch  am  Cap  Hörn  weitverbreitet  und  dient  als  offi  eine  lies  Ge- 
wächs zur  Bereitung  der  Licheningallerte.  Eine  der  gewöhnlichsten  einheimischen  Blatt- 
flcchten  ist  die  orangegelbe  Xantiwria  parirtina  IMg.  30ß  mit  zahlreichen  Apothecien 
auf  der  Thallusmitte.  —  Unter  den  Krustenflechten  ist  als  häufige  Form  die  Schrift- 
flechte. Grophis  scriphi  zu  nennen,  deren  grauwcisscr  Thallns  auf  Ba\imrinden,  besonders 
Buclicn  lebt  und  deren  Ajiotliecicn  die  Form  von  schwarzen  schmalen  strichförmigen 
oder  gegabelten,  an  Scliriftziigc  erinnernden  iJinnen  haben.  Z\i  den  Krustenflechten 
gehört  auch  die  in  Stej^ien  und  Wüsten  NordatVikas  und  Asiens  verbreitete  t^pharro- 
Ihallia  csciilenta,  deren  felsbewohneiider  Thallus  in  erbsengrosse  Stücke,  die  durch  den 
AViiid  verbreitet  werden,  leicht  zerfällt.  Diese  rundlichen  (iebilde  sind  essbar  und  wer- 
ilen  von  den  Tartaren  zur  l>ereitung  von  ..Krdbrr»d"  verwandt. 


Cryptogamen. 


317 


Eiue  sehr  eigenartiii-e  Eut-\vicklimg  erfährt  der  Flechteuthallus  bei  der  vielgestaltigen 
erdbewohneuden  (lattuug  Cladonia  {^~),  deren  Thallus  /Ainäohst  aus  horizontalen,  kleinen, 
dem,  Substrat  aufsitzenden  gekerbten  Scliüp])eheu  besteht.  Auf  diesem  'rhallus  erheben 
sich  nun  die  zusammengesetzten  Fruchtkorper  (Podetien),  die  bei  den  einzelnen  Arten 
sehr  verschiedene  Gestalt  haben  und  in  ihrer  Form  auch  sehr  stark  variiren.  Sie  sind 
bei  manchen  Arten,  so  bei  Cladonia  pyxidafa.  der  Becherflechte,  und  bei  Cladonia  coccifera 
(Fig.  309)  gestielt  kreiselförniig  und  tragen  am  Becherrand  oder  auf  Aussprossungen 
desselben  die  bei  ersterer  Art  braunen,  bei  letzterer  lebhaft  rothen  Apothecien  in  Form 
von  rundlichen  Knöpfcheu.  Bei  anderen  Arten  sind  die  Podetien  aufrecht  schmal 
cylindriscli  eiutach  oder  gegabelt:  bei  Ciadon /'a  rangiferina,  der  Rennthicrflechte,  welche 


dm 


Fig.  309.  Cladonia  coccifera.  rrhallusschüpp- 
chen.     Xat.  Gr. 


^/ig» 


Fig.  310.  Cladonia  rangiferina.  ^4  steril,  7i  mit 
Ascusfrüchtcheu  an  den  Astenden.    Nat.  Gr. 


Fig.  311.  Collema  crispum.  A  Carpogon, 
c  mit  Trichogyn  f.  Vergr.  400.   B  Spitze 
des  Trichogyn  mit  Spermatium 
1125.    Nach  E.  Baue 


.S-.  Vergr. 


über  die  ganze  Erde  verbreitet  und  in  grosser  Menge  rasenbildciid  in  den  nordischen 
Tundren  auftritt,  sind  die  l'odetien  (Fig.  310)  zierlich  verästelt  und  tragen  an  den  Ast- 
enden die  kleineu  braunen  Apothecien.  Oft  bleiben  aber  die  Podetien  dieser  Art  wie 
auch  der  anderen  Cladonien  steril,  indem  die  im  Innern  vorhandenen  ascogenen  Hyphen 
nicht  zur  Bildung  der  Asci  gelangen. 

Die  Ascusfrüchte.  Apothecien  oder  Perithecien.  nehmen,  wie  Stahl  P)  zuerst  nachAvies, 
auch  bei  den  Flechten  ihren  Ursprung  aus  befruchteten  Carpogoncn.  die  in  jungen  Thallus- 
lapjicn  oft  in  sehr  grosser  Anzahl  angelegt  werden.  Das  Cari)ogon  (Fig.  311;  ist  hier  ein 
vielzelliger,  im  unteren  Theil  inclirfach  sclirauiiig  gewundener  Faden,  der  sich  in  ein 
langzelliges,  aus  dem  Thallus  luif  der  Spitze  hervorragendes  Trichogyn  fortsetzt.  Die 
Z(4len  eutlialtcii  je  1  Kern,  fiiliicn  im  unteren  Theil  des  Carpogous  (liclit(>res  Plasma  und 
sind  durch  U'üitfel  verbunden.  Abgesehen  Aon  der  Vielzclligkeit  erinnern  diese  Gebilde  an 
die  Carpogone  der  Florideen.  Als  mäunliclie  Sexualzellen  fungiren  wahrscheinlich  die  in 
besonderen  krugförungeu  Beliiiltern,  den  Spermogonien  Fig.  312  erzeugten  Sper- 
ma tien,    die  von  den  Enden    der   diese  Organe  auskleidenden  llyphenfädeu  als   rund- 


318 


Sehen ck : 


liehe  oder  stäbchenförmige  Zellen  abgegliedert  werden  und  nacli  der  Entlassung  mit  den 
klebrigen  Spitzen  der  Trichogynen  copuliren  (Fig.  311  Z?,.  Die  Spermatien  erscheinen 
nach  der  Copulation  leer,  ohne  Kern:  darauf  collabireu  die  Zellen  des  Trichogyns.  gehen 
später  zu  (xrunde,  während  die  mittleren  Zellen  des  schraubigen  Carpogons  anschwellen, 
sich  auch  noch  weiter  theilen  und  zu  einem  Ascogon  werden,  das  nun  durch  Aussprossung 
die  ascogenen  Ilyphen  und  aus  diesen  die  Asci  liefert.  Die  vegetativen  Ilyphen  und 
die  Paraphysen  der  Früchte  entspringen  aus  den  unter  dem  Ascogon  betindliclien 
Hvphen.    Entweder  nur  ein  oder  auch  mehrere  Ascogone  zusammen  geben  eine  Frucht. 


c- 


^^  ■<-  .-7-1  ["/»»-r- 


Fig.  312.   Schnitt  durch  denThallus  von  Ana- 
ptychia  ciliaris  mit  einem  Spermogonium  sp, 
c  Eindenschieht ,   vi  Markschicht,  g  Algen- 
schicht.    Vergr.  90. 


Fjg.  313.    Cora  pavonia.   A  von  oben,  B 
von  unten ,  Injm  Hymenium.     Nat.  Gr. 


Das  Verhalten  der  Sexualkerne  bedarf  noch  eingelicnder  Untersuchung.  Vergleicht  uinii 
die  Sexualorgane  der  Flechten  mit  denen  der  Schlauchpilze,  so  ist  hervorzuheben,  das» 
bei  den  ersteren  schlaucliförmige  Antheridien,  wie  sie  bei  Erysijdieen  und  Pyronema  auf- 
treten, nicJit  beobaclitet  sind,  die  männlichen  Sexualzellen  vielmehr  ganz  anders  ent- 
stehen, andererseits  aber  mit  den  Spermatien  der  Florideen  sich  vergleichen  lassen. 
Sperniogonien  und  Spernuitien  entsprechen  ferner  in  ihrer  Bildung  ganz  den  Pykniden 
und  Pyknosporen  der  Ascomyceten  und  auch  der  Uredineen.  Dazu  kommt,  dass  durch 
A.  ^AIÖLLEH  festgestellt  ist.  dass  die  Flechtenspermatien  auch  vegetativ  zu  Mycelien  aus- 
keimen können.  Brefeld  und  Möller  fassen  dalier  die  Spermatien  als  Conidieu  auf 
und  bestreiten  die  Sexualität  der  Flechten. 

2,  Mynienolichenesi^'^). 

Die  lIiimriKilidicjini  werden  durch  die  in  den  Tropen  weitverbreitete,  auf  Erdboden 
oder  auf  Bäumen  lebende  Cora  jiciruina  vertreten,  zu  welcher  auch  die  (Jattuiigen 
Diciyonema  und  Laudatea  als  besondere  Wuchsformen  zu  rcclnieu  sind.  Der  VW/,  der 
Cora  ist  eine  Tli('lei)lioree  (vgl.  S.  310 ,  deren  halljkreisfcirmige  gelappte  Üaclie.  dacli- 
ziegelartig  gruppirte  l'ruchtkörper  auch  ganz  ohne  Algen  gefunden  werden.  Tritt  der 
Pilz  in  Sym])iose  nut  einzelligen  Cliroococcusalgen,  so  resultirt  als  Fruchtkörper  die 
Cora  pavonia  (Fig.  313;,  welche  wie  eine  'J'lielc]iliorafnicht  auf  der  Unterseite  ein  (hircli 
Risse  gefeldertes  Basidienhymenium  entwickelt.  Tritt  dagegen  derselbe  i'ilz  mit  deu 
l'iiden  der  blaugriinen  Alge  Scytonema  in  Symbiose,  so  biklet  sich,  wenn  der  Pilz  nl)er- 
wiegt,  die  Flechte  zu  strahlig  fädigen,  halltkreisffh-migen  oder  kreisfcirmigen.  au  Baum- 
ästen abstehenden  Scheiben  mit  dem  Hymenium  auf  der  Unterseite  aus  DlHiionniHi- 
Form  .  und  wenn  die  .\lgc  formbcstimnieud  ist,  in  Form  von  feinfiidigen  tilzigen  Uebcrziigen 
auf  nauiiiiindc  mit  inn-egelniässigen.  an  dem  Lichte  abgewaiidtcii  Stellen  des  'Jliallus 
erscheinenden   llynienicn    L(tnihiic(i-V>.ix\\\  . 


Officineli    ist  unter  den   l'leeliteii   nur   Cilrarhi   islainllcd.    Liehen    islaiidicus 
Pharm,  genn.,  aiisti'..   lieh.). 


Cryptogamen. 


319 


IL 


Bryophyta,  Moospflanzen f"-'). 


Die    Bryophyteu,    Moospflaiizen 
Klassen  der  Lebermoose  (Hepaücae) 
scheideu   sich  von    den  Thallo- 
phyteii  zunäcbst  durch  den  cha- 
rakteristischen   Bau    ihrer    Ge- 
schlechtsorgane,   der   Antheri- 
dien  und  Archegonien,  welche 
in    ganz    ähnlicher    Ausbildung 
auch    hei    den    höchststehenden 
Cryptogamen,  den  Pteridophyten 
wiederkehren.     Bryopliyten  und 
Pteridophyten  dürften  daher  von 
gemeinsamen  Stammformen  den 
Ausgang  ihrer  Entwicklung  ge- 
nommen haben  und  werden  den 
Thallophyten  gegenüber  auch  als 
Arcliegoniaten  zusammengefasst. 
DieAntheridien  oder  männ- 
lichen   Organe    sind    besondere, 
auf    einem    mehrzelligen    Stiele 
sitzende     ovale,    kugelige    oder 
keulenförmige     Gebilde ,     deren 
dünne  Wandung   aus  einer  ein- 
zigen   Zellschicht    besteht    und 
zahlreiche     kleine    Zellen     um- 
schliesst ,    von   denen  jede    ein 
Spermatozoid  erzeugt  (Fig.  314). 
Bei  der  Reife  trennen  sich  die 
Spermatozoidenmutterzellen,   die 
Wandung  des  Antheridiums  platzt 
am  Scheitel  auf,  und  nun  werden 
die  zahlreichen  Spermatozoiden- 
mutterzellen  entleert,    aus  wel- 
chen    durch     Verquellung     der 
Wandung  die  Spermatozoiden  als 
kurze,    etwas  gewundene,    nahe 
am  Vorderende  zwei  lange  feine 
Cilien  tragende  Fäden  frei  werden. 
Die     Archegonien     stellen 
sitzende  oder  kurzgestielte,  zu- 
weilen auch  in  das  Gewebe  ein- 
gesenkte flaschenförmige  Organe 
vor,    deren   Wandung    ebenfalls 
einschichtig  ist  und  einen  Piauch- 
theil  und  einen  Hals  untersclieiden 
lässt.  Der  Bauchtheil  umschliesst 
eine   grosse  Centralzelle,    deren 
Inhalt  kurz  vor  der  Keife  in  die 


oder    Muscineen    umfassen    die    beiden 
und  der  Laubmoose  (Mitsei).    Sie  unter- 


,^' 


r 
jy9    ff 


/ 


Fig.  314.  Marchantia  polymorpha.  A  ein  fast  reifes 
Antheridium  im  optischen  Durchschnitt,  p  Para- 
physen.  B  Spermatozoiden  mit  Iproc.  Ueber- 
osmiumsäure  flxirt.     Ä  Vergr.  90.     B  Vergr.  600. 


pr- 


"'^-n-' 


Fig.  31.5.  Marchantia  polymorpha.  .1  junges,  B  ge- 
öffnetes Archegoniura,  G  befruchtetes  Archogonium 
nach  erfolgtem  Beginn  der  Keinibildung,  k'  Hals- 
canalzelle,  /,"  Baiichcanalzelle,  o  Ei,  pr  Pseudo- 
perianth.     Vergr.  540. 


320 


Schcnck: 


Eizelle  (Fig.  315  .1,  o)  und  in  eine  am  Grunde  des  Halses  gelegene  sogen. 
Bancbcanalzelle  (/."j  zeriallt.  Au  diese  seliliesst  im  Halse  selbst  eine  cen- 
trale Reihe  von  Halseaualzellen  A')  au.  Ikiucli-  und  Canalzellen  wandeln 
sich  bei  der  Reife  in  Schleim  um.  Bei  Wasserzutritt  weichen  die  Zellen 
am  Scheitel  des  Halses  aus  einander  (B)  und  der  Schleim  wird  aus  dem 
Archegonium  entlecM't.  Bestimmte  in  diesem  vertretene  Stoffe  (Rohrzucker  bei 
LaubmooseUy  dirt'undiren  in  das  umgebende  Wasser  und  bestimmen  die  Be- 
wegungsrichtung  der  Spermatozoideu,  die  auf  den  Archegöuiumhals  zu- 
steuern. Sie  gelangen  in  den  Hals  und  durch  diesen  bis  zum  Ei,  in  welches 
ein  Spermatozoid  eindringt.  Da  der  Befruchtungsvorgang  sich  nur  im  Wasser 
vollziehen  kann,  so  erfolgt  er  bei  deu  Laudformen  nur  nach  Benetzung 
durch  Regen  oder  Thau.  Nach  der  Befruchtung  stellen  sich  Theiluugeu  in 
der  Eizelle  ein  und  sie  entwickelt  sich  direct  weiter  zum  Embryo  (C'j,  ohne 
erst  zu  einer  Oos])ore  zu  werden  und  als  solche  eiuen  Dauerzustand  durch- 
zumachen. 


l\r.  316. 
Exine.    B 
s  Spore 


ex 


Funaria  h\'f;Toniotrica.  J  kcimondo  Spore,  .. 
l'rotonema  mit  Knospen  tu  und  Khizoiden  r, 
Vergrössert.     (Nach  Müller-Thurgau  ' 


Fig.  317.  Antheridien  (in  und 
Archegonien  ar  an  deu  Enden 
des  gabclig"  verzweigten  Moos- 
stäiumcliens  von  Phascum  cuspi- 
datum,  /'  Blätter,  )>  Parapliysen. 
Vergr.  45.    (Nach  Hofmeister.) 


Ausser  der  sexuellen  Fortpflanzung  findet  allgemein  bei  den  Moosen  wie 
auch  bei  den  Pteridophytcn  eine  ungesclilcclitliche  F(irt])t1anzung  durch  ein- 
zellige mit  Membran  urnkU^idete,  an  die  Verbreitung  in  der  Luft  angepasste 
Sporen  statt.  Kcidc  F(n-tj[)lhiuzungsweisen  wechseln  in  regclmässigster  Weise 
mit  einander  ab  und  sind  auf  zwei  scharf  geschiedene  Generationen,  eine 
geschlechtliche,  welche  die  Sexualorgane  erzeugt,  und  eine  ungeschlechtliche, 
welche  die  Sporen  hervorbringt,  vertheilt.  Die  geschlechtliehe  (lenerntion 
geht  aus  den  Sjtoren  her\or.  die  ungeschlechtliche  aus  der  liefruchteteu  Ei- 
zelle. Dieser  regelmässige  Generationswechsel  ist  charakteristisch  für 
alle  Archegoniaten. 

Was  zunächst  die  geschlechtliche  Generation  anlx'langt,  so  keimt 
die  einzellige  Spore  unter  S]»rengung  ihrer  äusseren  cutinisirten,  als  Exine 
bezeichneten  Haut  zu  einem  Selilauche  aus,  der  bei  den  Lebermoosen  als- 
bald zur  Ausbildung  der  definitiven  I^flanze  schreitet,  während  er  bei  deu 
meisten  Laubmoosen  zunächst  ein  Protonema  erzeugt,  das  in  seiner  Gestalt 
an  den  'Hialhis  der  Gonfervoideen  erinnert  (Fig.  31ö  .i,  />).    Die  Protonema- 


Cryptogamen.  321 

Zellen  enthalteu  grüne  Chlorophyllkörner.  Von  den  grünen  Fäden  gehen 
farblose  verzweigte  Khizoiden  oder  Wurzelliaare  ab  nud  dringen  in  den 
Boden  ein  (Fig.  316  r).  Unter  den  Yerzweignngsstellen  des  Protonema  ent- 
stehen nunmehr  kleine  Knospen  (Ä-w),  aus  denen  die  definitive  Moospflanze 
hervorwächst.  Protonema  und  Moosptlanze  stellen  aber,  auch  wo  sie  in 
solcher  Weise  von  einander  abgesetzt  sind,  nur  die  eine  geschlechtliche 
Generation  der  Pflanze  vor.  Viele  Lebermoose  weisen  noch  einen  aus 
dichotomisch  verzweigten  Lappen  bestehenden  Thallus  auf,  welcher  an  seiner 
Basis  oder  an  seiner  Unterseite  mittels  Pihizoiden  festgeheftet  ist,  und  wieder- 
holen somit  den  vegetativen  Aufl»au  mancher  Algen  (vgl.  Fig.  8  mit  10). 
Bei  anderen  Lebermoosen  und  bei  allen  Laubmoosen  dagegen  ist  eine  scharfe 
Grliederung  in  Stengel  und  Blätter  durchgeführt  (Fig.  329),  dagegen  sind  noch 
keine  echten,  aus  Gewebe  bestehenden  Wurzeln  vorhanden,  deren  Stelle 
ül)erall  Khizoiden,  also  verzweigte  farblose  Zellfäden,  die  hauptsächlich  die 
Function  der  Befestigung  der  Pflanze  verrichten,  einnehmen.  In  diesem 
Punkte  unterscheiden  sich  die  Bryophyten  wesentlich  von  den  mit  echten 
Wurzeln  ausgestatteten  Pteridophyteu.  Auch  sind  die  Moosstämmchen  und 
Blätter  von  einfacher  anatomischer  Structur,  sie  werden,  wenn  überhaupt, 
nur  von  sehr  einfachen,  aus  gestreckten  Zellen  gebildeten  Leitbündeln  durch- 
zogen. Die  fertig  entwickelte  geschlechtliche  Generation  erzeugt  die  Sexual- 
organe, die  in  der  Pegel  zu  mehreren,  bei  thalloiden  Formen  dem  Bücken 
des  Thallus  entspringen,  bei  cormophyten  auf  den  Scheitel  des  Stämmchens 
oder  dessen  Aeste  rücken  (Fig.  317). 

Aus  der  befruchteten  Eizelle  (Fig.  315  C]  geht  durch  Theilung  ein  viel- 
zelliger Embryo  hervor,  welcher  heranwächst  und  die  zweite  oder  unge- 
schlechtliche Generation,  die  von  dem  Sporogon  oder  der  gestielten 
Mooskapsel  vorgestellt  wird,  liefert.  Das  Sporogon  besteht  aus  einem 
meist  rundlichen  oder  ovalen,  kapselartigen  Sporenbehälter,  in  dessen  innerem 
Gewebe  die  zahlreichen  einzelligen  Sporen  erzeugt  werden,  die  bei  der  Keife 
aus  der  sich  öffnenden  Kapsel  entleert  werden.  Allgemein  entstehen  die 
Sporen  bei  den  Bryophyten  wie  auch  bei  allen  Pteridophyteu  zu  4,  in 
Tetraden,  durch  zweimalige  Theilung  aus  den  Sporenmutterzellen,  welche 
sich  vorher  von  einander  loslösen  und  abrunden  und  den  eigentlichen  Aus- 
gangspunkt der  geschlechtlichen  Generation  vorstellen.  Die  Sporenkapsel 
sitzt  meist  auf  einem  kürzeren  oder  längeren  Stiel,  dessen  unteres  Ende, 
der  sogen.  Fuss,  in  dem  erweiterten  Archegoniumbauch  stecken  bleibt  und 
von  dem  unterliegenden  Gewebe  scheidenartig  überwuchert  wird,  daher  in 
dasselbe  eingesenkt  erscheint.  Obwohl  also  das  Sporogon  eine  besondere 
Generation  der  Moosi)flanze  darstellt,  bleibt  es  zeitlebens  mit  der  anderen 
Generation  verbunden  und  bezieht  von  dieser  zum  Theil  die  zu  seiner  Ent- 
wicklung nöthigeu  Substanzen. 

Die  beiden  scliarf  geschiedenen  Klassen  der  Bryophyten  charakterisiren 
sich  kurz  folgendermaasseu: 

1.  Hepatkae^  Lehernioose.  Geschlechtliche  Generation  mit  schwach  ent- 
wickeltem und  meist  nicht  scharf  abgesetztem  Protonema,  ist  entweder  als 
gabeltheiiiger  Thallus  oder  als  beblätterter,  mit  einigen  Avenigen  Ausnahmen 
dorsiventraler  Stengel  ausgebildet.  Der  Sporenbehälter  erzeugt  bei  den 
meisten  ausser  den  Sporen  auch  Elateren  d.  h.  sterile  Zellen,  welche  in  den 
typischen  Fällen  zu  langen  mit  spiraligen  Verdicknngsleisten  versehenen 
Zellen  auswachsen  (Fig.  321  F),  anfangs  die  Stoflzufuiir  zu  den  sporogenen 
Zellen  vermitteln  und  bei  der  Reife  und  nach  dem  Oeffnen  der  Kapsel  zur 
Auflockerung  oder  zum  Wegschleudern  der  Sporen   dienen.     Kur  bei  einer 


322 


Sehen ck: 


Orfliinn^'.  den  Aiitliocoi-ntaceeii.  ATircl  in  der  Kapsel  eine  Coluniella,  d.  li.  ein 
axiier  Körper  aus  sterilen  Zellen,  welcher  ebenfalls  die  Stotl'zufulir  zu  den 
sich  entwickelnden  Sporen  besorgt,  ausgebildet. 

2.  Musci,  Laubmoose.  Vorkeim  der  geschlechtlichen  Generation  meist 
kräftig  entwickelt,  scharf  abgesetzt.  Pflanze  stets  in  Stengel  und  Blätter  ge- 
gliedert. Die  Blätter  in  spiralig  mehrzelliger,  seltener  in  zAveizeiliger  An- 
ordnung, Stengel  also  poly-  oder  bisymmetrisch  beblättert.  Sporenbehälter 
stets  ohne  Elateren,  aber  mit  Columella,  welche  nur  bei  einer  Gattung  fehlt. 


Klasse  I. 
Hepaticae,  Lebermoose  ^^^ 


Die  Lebermoose  zerfallen  nach  dem  Bau  der  Sporogone  und  der  Glie- 
derung der  geschlechtlichen  Generation  in  vier  Orduungen,  von  denen  die 
Bicc/aceen,  MarcJ/a>/tiacee)i  und  Authoccroiaceen  ausschliesslich  thallöse 
Formen,  die  Junger nuoiniaceen  theils  thallöse,  theils  foliose  Formen  um- 
fassen. 

1.  Or(7nil71f/.  Die  Jtir.claceen  yveisenimter  a\\enlle\-)nticne  die  einfachste 
Ausbihlung  auf.  Es  gehöi-en  zu  ilinen  die  Arten  der  Gattung  liiccia,  deren  dichotomisch 
gelappter  Thalhis  auf  Scldamraboden  am  Ufer  der  Gewässer  oder  auf  feuchten  Aeckern 
kleine  Rosetten  bildet  (Fig.  318  A).    Biceia  natans  schwimmt  mit  ihren  breiten  Thalhis- 

lappen  frei  auf  der  Oberfläche  des  Wassers  nacli  Art  der 
Lemuaceen.  Biceia  fhiitans  lebt  dagegen  ganz  unterge- 
taucht und  hat  schmale  reicher  verästelte  Thalluslappen 
Fig.  10,.  sie  kann  aber  auch  auf  iSclilammboden  nieder- 
liegende Rosetten  bilden.  Die  Riccien  tragen  auf  der 
Unterseite  des  Thallus  feine  Rhizoiden  (Fig.  3181?;  und 
besitzen  ausserdem  daselbst  eine  Reihe  von  quergestellten 
einschichtigen  Zelllamellen,  sogen.  Ventralschuppen.  welche 
wie  erstere  sich  an  der  Nährstoffaufnahme  betheiligen. 
Beide  Organe  fehlen  vollständig  der  submersen  Form  von 
Biceia  fhiitans.  die  somit  die  einfachste  Form  eines  Leber- 
mooses darstellt. 

Antheridien  und  Archegonien  treten  auf  der  Ober- 
seite auf  und  sind  eingesenkt.  Aus  der  Eizelle  entwickelt 
sich  nach  der  Befruchtung  ein  ungestieltes  kugeliges  Spo- 
rogon  mit  einschichtiger  Wandung,  das  im  Innern  nur 
mit  grossen  tetraedrischen  SjioriMi  erfüllt  ist.  Die  Wan- 
dung wird  vor  der  Sporenreife  aufgelöst  und  die  Sporen 
werden  durch  Verwitterung  und  Zerreissung  des  sie  um- 
gebenden Archegoniuuibauches  uinl  der  umgebenden  Zellen 
des  Thallus  frei. 

2.  OrdnuntJ.  Die  3Iarch antiaeeen  sind  weit  hölier  organisirt  und  in 
manchen  (Gattungen  von  recht  coniplicirtem  Aufbau.  Als  Beispiel  sei  die  auf  feuchtem 
P>rdboden,  an  (^uelh'n  bei  uns  selir  liäutige  M/irrltaitfia  pohinmrplia  geschildert.  Sie 
bildet  bis  2  cm  bn-ite.  an  den  Enden  sich  gabelig  verzweigende  niederliegende  'J'hallus- 
lappen  (Fig.  320  .1,  Fig.  321  A]  mit  undeutlich  ausgeprägten  I\Iittellinien.  —  An  der  Unter- 
seite ents])ringen  lange  einzellige  Rhizoiden.  welche  zum  Theil  glattwandig  sind  und 
vorzugsweise  der  Befestigung  des  'J'hallus  dienen,  zum  Theil  jilier  zai)fenfürmige,  in  das 
Lumen  hineinragende  Wandverdickungen  aufweisen  mid  di(   \Va88erzuführung  vermitteln 

Zäjifclienrliizoiden  .  ansser(leni  einsehiclitige  Schuppen.  Die  I  »orsiventralität  des  Thallus 
macht  sich  auch  in  dem  com|)li(-irten  anatomischen  Aufbau  geltend.  Auf  der  (»bertläche 
des  Thallus  bemerkt  man  schon  mit  blossem  Auge  eine  zierliche  rhombische  Felderung. 
Jedes  Feld  entsi)richt  einer  unter  der  obersten  Zellschicht  oder  Epidermis  befindlichen. 
von  geschlossenen  seitlichen  Wänden    abgegrenzten  J.,uftkammer,    welche  durch  eine 


Fig.  318.  Eiccia  minima.  A 
Thallus  mit  eingesenkten 
Sporogonien  am  (irunde  der 
La])pen.  Nat.  Gr.  li  Schnitt 
durch  einen  Thallusla]ipen, 
schwach  vcrgr. 
(Nach  BiscHOFF.) 


Cryptogamen. 


323 


Fig.  319.  Marchantia  polymorpha.  A — C 
aufeinander  folgende  Stadien  der  Brutkörper- 
bildung, st  Stielzelle.  D  Brutkörper  von 
der  Fläche.  E  im  Querschnitt  x  Ablösungs- 
stelle. 0  Oelzellen,  r  farblose,  körnigen  In- 
halt führende  Zellen,  aus  denen  die  Ehizoiden 
später  entspringen,  ^i — C  Yergr.  275. 
D—E  Vergr.  65.     \Nach  KxY.) 


Athemüffnung  in  der  Mitte  des  Feldes  nach  aussen  führt  (Fig.  159  .4,  B,  S.  121\  Die 
Oeffuunü:  besteht  aus  einem  kurzen  Caual  mit  einschichtiger,  aus  mehreren  ringförmigen 
Etagen  von  je  vier  Zellen  gebildeten  Wandung.  Vom  Boden  der  Kammer  erheben  sich 
zahlreiche  kürze,  aus  rundlichen  Zellen  bestehende  Fäden,  welche  die  Chlorophyllkörner 
enthalten  und  das  eigentliche  Assimilationsgewebe  vorstellen.  Auch  in  den  Kammer- 
wäuden  und  in  der  Epidermis  befindet  sich 
Chlorophyll,  aber  in  geringerer  Menge.  Im 
Uebrigen' besteht  der  Thallus  unter  den  als 
grübcheuartige  Einsenkuugeu  augelegten 
und  dann  durch  Wachsthum  bestimmter  Epi- 
dermiszellen  überdachten  Luftkammern  aus 
grossen  chlorophyllarmen,  als  Speicherzellen 
fungirenden  Parenchymzellen.  die  nach 
unten  von  einer  einschichtigen  Epidermis 
abgeschlossen  werden.  Auf  die  Ausbildung 
der  Luftkammern  ist  die  Belichtung  von 
grossem  Einfluss.  Bei  sehr  schwacher  Belich- 
tung kann  ihre  Bildung   ganz  unterbleiben. 

Auf  der  Oberseite  des  Thallus  und  zwar 
auf  den  Mittelrippeu  sitzend  treten  in  der 
Regel  zierliche  kleine  otfene  becherförmige 
Auswüchse  mit  gezähntem  Raud,  die  Brut- 
becher oder  Brutkörbchen  (Fig.  320  6), 
auf.  in  deren  Mitte  eine  Anzahl  von  ge- 
stielten flachen  grünen  Brutkörperchen  von 
biscuitförmigem  Umriss  sich  befinden.  Sie 
entstehen,  wie  Fig.  319  zeigt,  durch  Hervor- 
wölbung und  weitere  Theilung  einzelner 
Epidermiszellen  und  sitzen  mit  einer  Stiel- 
zelle [st]  bis  zu  ihrer  fertigen  Ausbildung  fest,  um  sich  dann  von  derselben  [D  bei  x]  abzu- 
lösen. Sie  besitzen  an  den  beiden  Einschnürungsstellen  zwei  Vegetationspunkte,  von 
denen  aus  sie  sich  nach  der  Ablösung  zu  neuen  Pfläuzchen  weiter  entwickeln,  und 
bestehen  aus  mehreren  Schichten  von  Zellen,  unter  denen  eine  Anzahl  mit  Oelkörpern 
erfüllt  sind  [D.  o\  andere,  farblose,  als  Anlagen  der  späteren  Rhizoide  dienen.  Oel- 
haltige  Zellen  treten  auch  im  fertigen  Thallus  zerstreut  auf  und  sind  überhaupt  bei 
Lebermoosen  sehr  verbreitet.  Mit  Hülfe  der  Brutkörperchen  kann  sich  Marchantia  in 
reichlichem  Maasse  vegetativ  vermehren. 

Die  Sexualorgane,Antheridien  und  Arche- 
gonien,  werden  von  besonderen  aufstreben- 
den Zweigen  des  Thallus  getragen.  Im 
unteren  Theile  sind  diese  Zweige  stielartig 
zusammengerollt,  im  oberen  Theile  ver- 
zweigen sie  sich  reichlich  und  breiten  sich 
wieder  aus.  Antheridien .  und  Archegonien 
treten  auf  verschiedenen  Pflanzen  auf.  die 
Art  ist  somit  diöcisch.  Die  iiiiiuiilit  hcii 
Zweige  schliessen  mit  einer  lajipig  gerande- 
ten  Scheibe  ab.  an  deren  'Oberseite  die  An- 
theridien eingesenkt  sind  und  zwar  ein 
jedes  in  einen  flaschenförmigen  Behälter, 
der  mit  einer  engen  Oeönung  nach  aussen 
mündet  Fig.  .320  5,.  Diese  Behälter  werden 
von  Luftkammern  führendem  Cewebe  ge- 
trennt. Gestalt  der  Antheridien  und  Sper- 
matozoiden  ist  ans  Fig.  314  ersichtlich. 

Die  weiblichen  Zweige  (Fig.  321  Ä;  schliessen  mit  einem  neunstraidigen  Scliirm  al). 
Die  Oberseite  des  Schirmes  ist  zwischen  den  Strahlen  umgeschlagen  und  trägt  an  den 
umgeschlagenen  Theilen  die  Archegonien,  welche  sonnt  der  Unterseite  des  Schirmes  zu 
entspringen   scheinen.     Sie  bilden    dort   zwischen   den  Strahlen    radiale   Reihen.     Jede 

strasburger,  Lehrbuch  der  Botanik.     .5.  Aufl.  21 


Fig. 320.  A  männliche  Pflanze  von  Marchan- 
tia polymorpha,  h  Brutkörbchen.  Nat.  Gr. 
B  Anthoridiumstand  mit  den  eingesenkten 
Antheridien  a  vergrössert,  f  Thallus,  s  Vcn- 
tralschuppen,   r  Ehizoiden.     Etwas   vergr. 


324 


Schenok: 


dieser  Eeiben  wird  von  eiuer  zierlich  gezälmteu  Lamelle   oder  Hülle  [B,  C,  h)   umgeben. 


Die  Gestalt  der  Arcbegonien  ist  aus  Fig.  315  ersicbtlicb. 


/'—/ 


m,f 


Fig.  321.  Marchantia  polymorpha.  A  weibliche  Pflanze 
mit  vier  verschied  onalterigenArfbogoniumständon.Aiirut- 
körbchcn.  Nut.  (»r.  /)  Keceptaculum  von  unten, .s7 Strahlen, 
li  Hülle,  sp  vortretende  Sjtorogone.  Vorgr.  3.  C  Ivccepta- 
culum  halb  durchschnitten.  Vergr.  5.  i)  junges  Sj)orog()n 
im  Längsschnitt,  mit  dem  Fuss  spf,  dem  sporenbilden- 
den Gewebe  sj),  der  Kapselwandung  /.vr,  der  Archego- 
niumwandung  r//r,  dem  Archegoniumhals  li,  dem  Fseudo- 
])erianth  p.  Vergr.  70.  /'>  Aufgesprungenes  Sporogon  mit 
Kapsel  /.',  Sjiorcn  mit  Elaterenmasse  .s.  Pseudoperianthy^, 
Archegoniumwand  c.  Vergr.  10.  F  Elatere.  (1  reife 
Sporen.  Vergr.  310.  II  gekeimte  Spore  .s  mit  Vorkeini  rk 
und  Keimscheibc  //,  Letztere  mit  der  Scheitclzelle  r  iiml 
dem  Ehizoid  rh.  Ver^r.  100.  C,  E  nach  Bischoff,  B, 
D,  F-  II  nach  Kxv. 

kommen  solclie  Hüllen  vor,  werden  aber  dort  als  eclitcs 
Marcliantia  war  friilicr  als  Mittel    gegen   Lcbci'ki'ankli 
Bezeicluumg  Lcebcrmoose. 


Nach  der  Befriuditung  ent- 
wickelt sich  die  Eizelle  zu 
einem  vielzelligen  Embryo  (Fig. 
315  C) ,  dieser  unter  weiterer 
Theilung  und  Diflerenzirung  zu 
einem  gestielten  ovalen  Spo- 
rogon. Die  Kapsel  derselben 
hat  eine  einschichtige  Wan- 
dung, deren  Zellen  Eiugfaser- 
verdickung  aufweisen.  Nur  am 
Scheitel  ist  die  Wandung  zwei- 
schichtig, hier  beginnt  auch 
das  Einreissen  der  Kapsel,  in- 
dem das  Deckelstück  zerfällt 
und  die  Wandung  in  Form 
mehrerer  Zähne  sich  zurück- 
krihnmt.  Charakteristisch  für 
die  Marchantien  sowie  für  die 
meisten  Lebermoose  sind  die 
sogen.  Elateren  oder  Schleu- 
dern, langgestreckte  mit  zwei 
si)iraligen  Verdickungsleisten 
versehene  Faserzellen,  die  zwi- 
schen den  Sporeumutterzellen 
in  der  Kapsel  durch  Auswachsen 
bestimmter  Zellen  entstehen. 
Die  Elateren  treten  mit  den 
Sporen  zusammen  als  flockige 
Masse  ans  der  am  Scheitel  sicdi 
öffnenden  Kapsel  hervor  und 
dienen  hier  zur  Auflockerung* 
der  Sporenmasse,  ähnlich  wie 
das  Capillitium  der  Myxomv- 
ceten  (Fig.  321  £",  F,  G).  Die 
reife  Kapselfrucht  ist  vor  der 
Streckung  des  Stieles  noch 
eingeschlossen  von  der  eine  Zeit 
lang  mitwachsenden  Archego- 
niumwandung  [D ,  a/r,  A>,  der 
sogen.  Haube,  die  nun  bei  der 
Streckung  des  Stiels  dnrchbro- 
clien  wird  und  an  der  Basis 
als  Sclieide  zurückbleibt  (K  c). 
Ausserdem  wird  die  Kapsel 
von  einer  vier-  bis  fiinfs])alti- 
gen  dünnhäutigen  Hülle,  dem 
Pseudo]terianth,  umgeben,  wel- 
ches schon  V(M-  der  Befruch. 
tung  ans  dem  kurzen  Stiel  des 
Archegoniums  ringsum  alssacdc- 
artige  Hülle  hervorsprosst  (Fig. 
315  (\}n-.  3217;,  E,  p\  Audi 
bei  den  hölieren  Lebermoosen 
l'ciiaiitli  \'ou  Blättern  gebildet. 
rilcn   (ifliciiicll,    daher  aucli    die 


Cryptogamen. 


325 


o 


Ordnung.  Die  Anthocerotaceen  umfassen  nur  weuig-e  Formen, 
deren  Tliallus  meist  die  Gestalt  einer  krausen  Scheibe  zeigt  und  auf  dem  Boden  mittels 
Ehizoiden  festgewacbsen  ist.  Seine  Zellen  enthalten  zum  Unterschied  von  allen  anderen 
Moosen  nur  einen  einzigen  grossen  Chlorophyllkörper.  Die  Antheridien  entstehen  zu 
zwei  bis  vier  durch  Theilung  einer  unter  der  Epidermis  liegenden  Zelle  im  Innern  ge- 
schlossener Höhlungen  an  der  Oberseite  des  Thallus  Die  Decke  der  Höhlung  wird  erst 
bei  der  Eeife  der  Antheridien  gesprengt.  Die  Archegonien  sind  in  die  Oberseite  des 
Thallus  eingesenkt  und  werden  nach  der  Befruchtung  durch  Wucherung  des  Thallus- 
gewebes  von  einer  mehrschichtigen  Hülle  überwölbt,  die  später  von  der  Kapselfrucht 
durchbrochen  wird  und  als  Scheide  an  der  Basis  zurückbleibt.  Das  Sporogon  besitzt 
einen  angeschwollenen,  mit  rhizoiden-ähnliclien  Schläuchen  im  Thallus  befestigten  Fuss 
und  eine  ungestielte,  lauge  schotenförmige,  mit  zwei  Läugsklappeu  aufspringende  Kapsel, 
in  deren  Längsachse  ein  haarfeines  Mittelsäulchen,  Columella,  aus  wenigen  sterilen 
Zellreihen  bestehend,  gebildet  wird  (Fig.  322).  Dieselbe  reicht  aber  nicht  bis  zur  Spitze 
der  Kapsel,  sondern  wird  kappenförmig  von  der  schmalen  sporogenen  Zellschicht  be- 
deckt. Ausser  den  Sporen  finden  sicli  Schleudern  vor;  sie  sind  mehrzellig,  vielgestaltig, 
oft  gegabelt.  Im  Gegensatz  zu  allen  übrigen  Lebermoosen  reift  dieses  Sporogon  nicht 
in  seiner  ganzen  Länge  gleichzeitig  heran,  sondern  von  der  Spitze  ausgehend  unter 
andauernder  Fortentwicklung  an  seiner  Basis  nach  dem  Heraustreten  aus  dem  Arche- 
gonium.    Auch  enthält  die  Sporogonwand  Chlorophyll  und  besitzt  Spaltöfluungen. 

An  der  Unterseite  des  Thallus  der  Anthocerotaceen 
werden  durch  Auseinanderweichen  angrenzender  Zellen 
Sjjalten  erzeugt,  die  in  Höhlungen  führen,  welche  Schleim 
enthalten.  In  diese  dringen  häufig  Nostocfäden  ein,  um 
sich  dort  zu  endophytischen  Colonien  zu  entwickeln. 

d.  Ordnung.  JDie 
Jungernianniaceen  wei- 
sen in  ihren  einfacheren  Formen 
einen  breitlaiipigen  Thallus  wie 
Marchantia  auf,  z.  B.  die  auf 
feuchtem  Erdboden  häufige  Pellia 
epiphi/Ila.  oder  einen  sclimal  band- 
förmig dichotom  verzweigten  ähn- 
lich wie  Riccia  fluitans,  so  die 
an  Baumstämmen  oder  Felsen  le- 
bende Mdxgcria  furcata  iVgl.  Fig. 
162,  S.  123).  Sodann  giebt  es  For- 
men, deren  breitlappiger  mit  Mittel- 
rii)pe  versehener  Thallus  bereits 
eine  schwache  Ausbildung  von 
blattähnlichen  Gliedern  am  Rande 

aufweist,  so  die  erdbewohnende  Blada  pusilla  Fig.  11,  S.  10  .  Die  Mehrzahl  aber  be- 
sitzt eine  deutliche  Gliederung  in  einen  Stengel  und  einschichtige  Blättchen  olme  Mittel- 
nerv, welche  in  zwei  Zeilen  an  den  Flanken  des  Stengels  mit  schiefer  Stellung  ihrer 
Spreite  angeordnet  sind.  Bei  gewissen  Gattungen  tritt  zu  diesen  zwei  Zeilen  Riicken- 
blätter  aucli  noch  eine  bauchständige  Reihe  von  kleineren  und  anders  beschalfenen 
Blättchen,  Ampliigastrien  oder  Baucliblätter,  hinzu,  so  bei  Frullania  Tamarisci  (Fig.  323«,, 
einem  zierlich  verzweigten,  an  Felsen  und  Bauuistämmen  häufigen  Lebermoos  von  bräun- 
licher Farbe.  Die  Rückenblätter  gliedern  sich  häutig  in  einen  Oberlappen  und  einen 
Unterlappen.  Der  Letztere  erscheint  bei  gewissen,  trockene  Standorte  bewohnenden 
Arten  sackartig  ausgebildet  und  dient  als  capillarer  Wasserbehälter,  so  bei  Frullania 
Tamarisci.  Die  Rückenblätter  sind  entweder  oberschlächtig,  wenn  der  Ilinterrand 
eines  Blattes  von  dem  Vorderrand  des  nächstunteren  überdeckt  wird  (Fig.  323  Frullania), 
oder  unterschlächtig,  wenn  der  Hinterrand  eines  Blattes  über  dem  Vorderrand  des 
nächstuntcren  liegt  (Fig.  12.  S.  10  Placjinehihi'. 

Der  sich  verzweigende  Stengel  der  beblätterten  Jungermanniaeeen  ist  niederliegeud 
oder  aufstrebend  und  in  Folge  seiner  Beblätterung  ausgesprochen  dorsiventral  beschaffen. 

Charakteristisch  für  die  Jungermanniaeeen  ist  die  langgesticlte  Sporenkapsel.     Das 


Anthoceros 
laevis.  sp  Sporogon, 
c  Columella.    Nat.  Gr. 


Frullania  Tama- 
risci, von  unten,  /•  Eücken- 
blatt,  irs  als  Wassersack 
ausgebildeter  Unterlappen 
des  Eückenblattes ,  a  Am- 
phigastrien.  Vergr.  36. 


21* 


326  Schenck: 

Sporogon  ist  schon  fertig  ausgebildet,  ehe  es  bei  der  Streckung  des  Stiels  die  Arche- 
goniumwand  durchbricht  und  als  häutige  Scheide  au  seinem  Grunde  zurücklässt,  es  weist 
eine  kugelige,  meist  in  vier  Klappen  aufspringende  Kapsel  (Fig.  11  u.  12,  auf,  bildet 
keine  Columella  aus  und  erzeugt  stets  neben  den  Sporen  auch  Elateren,  die  hier  in  den 
meisten  Fällen  durch  ihre  Bewegungen  beim  Austrocknen  die  Sporen  wegschleudern. 
Der  Kapsclstiel  ist  stets  zart  und  weich.  Die  selten  ein-,  meist  zwei-  bis  vielschichtigen 
Kapselwandzellen  sind  mit  ringförmigen  oder  leistenartigen  Verdickungen  versehen  oder 
gleichmässig  verdickt  bis  auf  die  dünnen  Aussenwäude.  Das  Aufspringen  erfolgt  durch 
die  Cohäsion  des  schwindenden  Fülhvassers  unter  Einbiegung  der  dünnen  Aussenwände. 
Die  Si^orogone  stehen  entweder  aiif  der  Oberseite  des  Thallus  oder  des  Stämmchens 
und  werden  an  ihrer  Basis  von  einem  scheideuähnlichen  Auswuchs  des  Thallus  oder 
des  Stengels,  einem  sogen.  Involucrum.  umgeben  z.  B.  Blasia  jmsiUa  Fig.  11)  oder  aber 
die  Archegonien  bezw.  Sporogoue  gehen  aus  dem  Scheitel  des  Stengels  oder  seiner 
Aeste  hervor,  sind  gipfelständig  und  werden  von  einem  aus  besonders  gestalteten  Blättern 
gebildeten  Perianth  umhüllt  Fig.  12 .  Die  meisten  Jungermanniaceen  sind  kleine  auf 
Erde  oder  an  Baumstämmen,  in  den  Tropen  auch  auf  den  Blättern  von  Waldpflanzen 
lebende  Moose. 

Klasse  IL 
Musci,  Laubmoose  f^). 

Das  reich  verzweigte  Protonema  der  Laubmoose  erscheiut  dem  blossen 
Auge  als  ein  feiner  grüner  Filz  (Fig.  316).  An  demselben  entstehen  die 
Knospen,  die  mit  dreiseitigen  Scheitelzellen  wachsen  und  die  Moospflänzchen 
erzeugen.  Letztere  sind  stets  in  Stengel  und  Blätter  gegliedert.  Die  Laub- 
moose unterscheiden  sieh  habituell  leicht  von  den  beblätterten  Jungermannia- 
ceen durch  die  spiralige  Anordnung  der  kleinen  lilättchen.  Kur  selten  tindet 
sich  zweizeilige  Anordnung.  Bei  solchen  Laubmoosen,  welche  niederliegeude 
Stengel  haben,  sind  die  Blättchen  häufig  einseitswendig  oder  gescheitelt,  bei 
spiraliger  Anordnung,  so  dass  auf  diese  Weise  auch  ein  Gegensatz  von 
Oberseite  und  Unterseite,  aber  in  anderer  Weise  als  bei  den  Lebermoosen 
zu  Stande  kommt. 

Der  Moosstengel  wird  von  Zellen  aufgebaut,  die  nach  der  Oberfläche  zu  enger 
und  dickwandiger  \\  erden.  Bei  verscliiedenen  Gattungen,  z.  B.  bei  Mnium  (Fig.  IfiO) 
tindet  sich  in  der  Achse  des  Stengels  ein  centrales  Leitbündel  aus  englumigen 
langgestreckten  Zellen  vor.  Diese  Leitbündel  stehen  noch  nicht  auf  derselben  Stufe 
der  Differenzirung  wie  die  Gefässbündel  der  Farnpflanzen  (vgl.  S.  89).  Sie  fehlen  z.  B. 
den  Splui(]nrtfccn  oder  Torfmoosen,  welche  an  sum])flgen  Standorten  leben.  Der  Stengel 
derselben  zeigt  eine  eigentliümliche  Aufsbilduug  der  peripherischen  Zellschichten,  deren 
Zellen  plasmaleer  sind,  mit  grossen  offenen  Foren  unter  einander  und  mit  der  Atmosphäre 
in  Verbindung  stehen  und  spiralige  Verdickuugsleisten  als  Aussteifungen  auf  ihrer 
Wandung  besitzen.  Sic  saugen  Wasser  mit  Begierde  auf  und  dienen  als  cai)illare 
Wasserbehälter  und  Leiter  (P'ig.  324  G). 

Die  r.lätt<'r  der  Laubmoose  sind  in  der  TJegcl  sehr  einfach  gebaut,  bestehen  meist 
nur  aus  einer  Scliii'lif  \ on  polygonalen  cliloropJiyUfiiiirenden  Zellen  Fig.  (vi  und  Fig.  99 
Funaria  um!  wenlcii  in  iWr  Regel  in  der  Mediane  von  einem  Leitbündel  langgestreckter 
Zellen  durchzogen.  Den  'Forfmoosblättern  geht  letzteres  ab.  dagegen  sind  dieselben 
eigenartig  dililcrenzirt,  indem  in  der  eiuscliichtigen  Blattfläche  ähnliche  plasmaleere 
wasserspeichernde  Zellen  auftreten  wie  an  der  Stengelperipherie.  Diese  sind  hier  gross 
und  langgestreckt,  mit  ipiiTcn  Vcnlickungsleisteii  und  offenen  l'oren  versehen  Fig.  324  A 
und  B,.  Zwischen  iimen  verlaufen  die  langgestreckten  chl<»roj)hyllhaltigen  Zellen  in 
Form  eines  zusamnienhängenden  Xetzes.  Ausser  den  Torfmoosen  zeigen  auch  noch 
einige 'Laubmoost!  eine  ähidiclK!  DilVerenzirung  der  Blattzellen  [Lcucohryiim  imlgare  z.B.) 

C'oniplicirteren  Blattbau,  welcher  sich  als  Anpassung  an  die  Wasseraufnahme  dar- 
stellt, besitzt  unter  den  ].,aulinioosen  Pahilrir-liinii,  cmiuntnir,  der  gemeine  Widertlion, 
u.  A.,  (l(;ssen  melirscliiclitige  Hlätter  auf  der   Innenseite   zahlreiche   einscliichtige   dicht- 


CrjTjtog-amen. 


327 


stehende  LUngslamellen  aus  chlorophyllhaltigen  Zellen  entwickeln,  welche  das  assimi- 
lirende  Gewebe  vorstellen  und  in  den  Zwischenräumen  Wasser  speichern  können.  Bei 
Tr.ockeulieit  faltet  sich  das  Blatt  rinnig  zusammen  und  bringt  die  zarten  Lamellen  da- 
durch in  eine  vor  übermässiger  Transpiration  geschützte  Lage. 


Fig.  324.  A  aus  dem  Blatt  von  Sphagnum  cjmbifolium ,  a  chlorophyllhaltige  Zellen,  w 
Wasserzellen  mit  Verdickungsleisten  r  und  Löchern  /,  von  der  Fläche.  Vcrgr.  300.  B 
Querschnitt  durch  das  Blatt  von  Sph.  flmbriatum.  C  Theil  eines  Querschnitts  durch  den 
Stengel  von  Sph.  cjmbifolium ,  c  Mitte,  sl:  sklerenchj'matische  Eindenzellen,  ic  Wasser- 
zellen mit  Löchern  und  Verdickungsleisten,  e  Epidermis. 


Vergr.  120. 


em 


Fig.  3"2r).  Sjihagnum  tinibriatum  J  mit  vier  reifen  Sporogonen.  Nat.  Gr.  —  Sphagnum  acu- 
tifolium.  ß  Archegonium  mit  dem  mehrzelligen  Embryo  des  Sporogons  cii/.  ('  junges 
Sporogon  im  Längsschnitt,  pti  Pseudojjodiura,  ca  Archegouiumwand  oder  Calyptra,  ah  Arche- 
goniumhals,  spf  Sporogonfuss,  /■  Xapsel,  ro  Columella,  spo  Sporensark  mit  Sporen.  K  ge- 
öffnetes Antheridium  mit  den  entleerten  Spermatozoiden.  F  einzelnes  Spcrniatozoid  stark 
vergrössert.  —  Sphagnum  s(|uarrosum.  />>  Beifes  Sporogon  am  Emlo  eines  kleinen  Zweiges, 
ca  durchrissene  Calyptra,  d  Deckel,    Vergr.  —  Nach  W.  P.  Sciiimi-eu.) 


328  Schenck: 

Am  Grunde  des  Stengels  entspringen  die  mehrzelligen  verzweigten  farblosen  Wurzel- 
liaare  oder  Rhizoiden  (Fig.  327  5),  welche  ganz  ähnlichen  Aufbau  aufweisen  wie  das 
Protonema  und  auch  gelegentlich  zu  solchem  auswachsen  und  neue  Moosptlänzchen  in 
derselben  "Weise  wie  dieses  erzeugen  können. 

Die  Sexnalorgane  sitzen  bei  den  Laubmoosen  stets  gruppenweise  bei- 
sammen an  der  Spitze  der  Hauptachsen  oder  am  Ende  kleiner  Seiten- 
z\Yeiglein,  umgeben  von  den  obersten  Blättern.  Mau  bezeichnet  diese  Anthe- 
ridium-  und  Archegoniumstände  in  nicht  zutreffender  Weise  als  MoosblUthen, 
welche  aber  nichts  mit  den  echten  Blüthen  der  GefässpHanzen  gemeiu  haben, 
und  nennt  die  oft  besonders  ausgestalteten  Hüllblättchen  Perichaetium. 
Zwischen  den  Sexualorganen  stehen  gewöhnlich  eine  Anzahl  von  mehr- 
zelligen Safthaareu  oder  Paraphysen.  Entweder  linden  sieh  beiderlei  Sexual- 
organe in  demselben  Stand  vereinigt  oder  getrennt  in  verschiedenen  Ständen 
auf  derselben  Pflanze  oder  auf  getrennten  Pflanzen. 

Das  Sporogon  der  Laubmoose  weist  in  seiner  Kapsel  ein  centrales 
Säulchen  oder  Cohimella  aus  sterilem  Gewebe  auf,  in  deren  Umkreis 
der  Sporensack  mit  den  Sporen  liegt.  Die  Columella  fungirt  als  Nähr- 
stoff- und  Wasserspeicher  für  die  sich  bildenden  Sporen.  Elateren  werden 
nie  gebildet.  Ln  Einzelnen  weist  die  Gestaltung  des  Laubmoossporogons 
bei  den  vier  Ordnungen  der  Laubmoose,  nämlich  den  Spliagnacecn .,  den 
Andreaeacecn  1  den  Phascaceoi  und  den  Brijinen  mancherlei  Verschieden- 
heiten auf.  Am  nächsten  stehen  den  Lebermoosen  die  Spliagnaceen  und 
Andreaeaceen. 

1.  Ordnmiff.  Sp7iagnaceae{^*).  Die  Sphagnaceen  oder  Torfmoose  ent- 
halten nur  eine,  allerdings  sehr  formenreiche  Gattung,  Spitagnum.  Die  Torfmoose  leben 
an  sumpfigen  Orten,  häufig  in  Quellen,  und  bilden  grosse  Polster,  die  an  ihrer  Ober- 
fläche von  Jahr  zu  Jahr  weiterwachsen,  während  die  tieferen  Schicliten  absterben  und 
schliesslich  in  Torf  übergelien.  Die  Stämmchen  verzweigen  sich  reichlich,  ein  Theil 
ihrer  Zweige  wächst  aufwärts  und  bildet  das  gipfelständige  Köpfchen,  ein  anderer  ab- 
wärts und  umhüllt  den  unteren  Theil  des  Stämmchens  (Fig.  325  A).  Diese  abwärts 
wachsenden  Zweige  sind  peitschenförraig  gestreckt.  Ein  Zweig  unter  dem  Gipfel  ent- 
wickelt sich  alljährlich  ebenso  stark  wie  der  Mutterspross,  der  damit  eine  falsche 
Gabelung  erhält.  Indem  nun  die  Stämmchen  von  unten  her  allmählich  absterben, 
werden  die  successive  erzeugten  Tochtersprosse  zu  selbststäudigen  Pflanzen.  Einzelne 
Zweige  des  Köpfchens  fallen  durch  ilire  besondere  Gestalt  und  Färbung  auf;  sie  er- 
zeugen die  Geschlechtsorgane.  Die  männlichen  Zweige  tragen  neben  den  Blättern  die 
runden  gestielten  Antlieridien.  welche  sich  bei  der  Reife  an  der  Spitze  mit  zurück- 
gerollten Kla])pen  öft'nen  und  die  Samenfäden  entlassen  (Fig.  325  E,  F),  die  weiblichen 
Zweige  weisen  an  ihrer  Spitze  die  Archegonien  auf.  Die  Sporogone  entwickeln  nur 
einen  kurzen  Stiel  mit  angeschwollenem  Fuss  [B  C),  sind  längere  Zeit  von  der  Arche- 
goniumwand  oder  Calyptra  eingescldossen  und  sprengen  dieselbe  an  deren  Spitze,  lassen 
sie  also  an  ihrer  Basis  als  Scheide  zurück,  Avie  es  auch  bei  den  Lebermoosen  der  Fall 
ist.  In  der  kugeligen  Kapsel  wird  eine  centrale  halbkugelige  Columella  ausgebildet, 
die  von  dem  sporenbildenden  Gewebe  (^7^)  überlagert  wird.  Die  Kapsel  öffnet  sich 
mittels  eines  Deckels,  welcher  abgeworfen  wird.  Das  reife  Sporogon  ersclieint  wie 
bei  Andreaea  auf  einem  Pseudopodium,  der  Verlängerung  des  Zweiges,  emporgehoben 
und  \i^i  mit  dem  Fuss  in  das  angeschwollene  obere  Ende  desselben  eingesenkt.  Auf 
den  cigciithiimliclien  Bau  der  Blätter  und  der  Stengelrinde  ist  bereits  oben  hingewiesen 
(S.  326).  Eigenartig  sind  die  Vorkeime  der  Torfmoose  gestaltet.  Die  Sporen  keimen 
zunächst  zu  kurzen  l'äden  aus,  welche  sich  zu  ilächenförmigcn  Vorkeimen,  auf  denen 
die  Stammkiiospcn  entstehen,  erbrciteru. 

2.  Ordnung.  Andreaeaceae.  Die  Andreaeaceen  oder  spaltfrüchtigcn 
Laubmoose  (Schizocarpae)  werden  von  der  (Jattung  Audreara  gebildet,  deren  Arten  kleine 
bräunliche  Moosjjolstcr  an  I'clscn  vorstellen.  Die  Sporogone  steluMi  an  der  Sjjitzc  des 
Stengels,  ilirc  von  einer  mützcnförniigcn  Galyptra  anfangs  beth'i'ktc  Kapsel  (iffnet  sich 
in   eigeiitliiiiiiliclni-  Weise  mittels   vier  an   der  Sjjitze  und  Basis  verbundenen  Klappen 


Cryptogamen. 


329 


(Fig.  326)   und  besitzt  nur  einen  kurzen  Stiel  mit  einem   basalen   erweiterten  Fuss  Sjyf. 


der  Befruchtung  der  Archegonien  sich  empor- 
der    Stengelspitze,    dem    Pseudopodium    (j>s), 


welcher  an  dem  oberen  Ende  einer  nach 
streckenden  stielförmigen  Verlängerung 
eingesenkt  ist. 

3.  Ot'dminff,  PhasCClCeae'  Die  Phascaceen  oder  schliessfrüchtigen  Laub- 
moose (auch  Cleistocarpae  genannt;  umfassen  winzige  wenigbeblätterte  erdbewohneude 
Formen,  an  denen  der  fädige  Vorkeim  bis  zur  Kapselreife  erhalten  bleibt  (Fig.  333). 
Die  mit  der  Haube  bedeckte  entständige  Kapsel  ist  nur  kurzgestielt  und  öffnet  sich 
nicht  mittels  eines  Deckels,  sondern  die  Sporen  werden  durch  Verwesung  der  Kapsel- 
wand frei.     Die  Pliascaceen  stellen  sehr  einfach  gebaute  Laubmoose  dar. 


Fig.  326.  An- 
dreaea  petro- 
phila.  ps  Pseu- 
dopodium, Spf 
Sporogonfuss, 
/.;  Kapsel,  c  Ca- 
lyptra.  Vgr.  12. 


Fig.  327.  Mnium  liornum.  A  Pflanze  mit 
Sporogon,  dessen  Kapsel  noch  von  derCa- 
lyptra  c  bedeckt  ist.  B  mit  reifem  Spo- 
rogon,  .s  Seta,  Ic  Kapsel,  (/  Deckel,  rh 
Ehizoide.  C  Kapsel  aufgesprungen.  ^? 
Peristom.  D  zwei  äussere  Peristomzähne. 
E  inneres  Peristom.  ^1,  B  nat.  Gr.  C 
Vergr.  3.     U,  E  Vergr.  58. 


Fig.  328.  Mnium  hornum.  Quer- 
schnitt durch  den  Kapselrand 
in  der  Höhe  des  Ringes.  «  Zellen 
des  Einges,  1-4  aufeinander 
folgende  Zellschichten,  d'  die 
in  der  dritten,  d"  die  in  der 
vierten  Zellschicht  entstandene 
Verdickungsmasse  der  Zähne. 
d'"  vorspringende  Querleisten, 
e  verschmolzene  Wimpern. 
Vergr.  240. 


4:.  Ordnunff,  JBryinae  {^^).  Bei  den  Bryinen  oder  deckelfrilchtigen  Laub- 
moosen fauch  Stegocarpae  genannt ,  zu  denen  die  überwiegende  Mehrzahl  der  zahlreichen 
Gattungen  und  Arten  gehört,  erreicht  die  Moosfrucht  ihre  complicirteste  Ausbildung. 
Das  reife,  nach  der  Befruchtung  aus  der  Eizelle  hervorgegangene  Sporogon  besteht 
aus  einem  langen  Stiel,  der  Seta  (Fig.  327  B  s),  die  am  Grunde  mit  ihrem  Fuss  in  das 
Gewebe  der  Mutterpflanze  eingesenkt  ist,  und  aus  der  Kapsel  [k],  die  im  jugendliclien 
Zustand  von  der  Haube  oder  Calyptra  lAc]  bedeckt  wird.  Die  Calyptra  wird  vor 
der  Sporenreife  abgeworfen,  sie  besteht  aus  einer  bis  zwei  Schichten  gestreckter  Zellen 
und  geht  hervor  aus  der  den  Embryo  umschliessenden  und  anfangs  mitwachsenden  Arche- 
goniumwandung,  welche  bald  an  der  l'.asis  abgesprengt  und  bei  der  Streckung  der  Seta 
von  der  Kapsel  mit  emporgehoben  wird,  wälireud  bei  den  Lebermoosen  die  Haube  stets 
an  der  Spitze  von  dem  sich  streckenden  Sporogon  durchgerissen  wird,  also  an  der  Basis 


330 


Scheuck: 


als  Scheide  zurückbleibt.  Der  oberste  Tlieil  der  Seta  unter  der  Kapsel  -wird  als 
ApopliTse  bezcicliuet.  Sie  ist  hei  Mnitnn  kaum  ausji'epriiii't,  das'egen  bei  Poli/frichiim 
conununc  in  Form  eines  Eingwulstes  (Fig.  329  ap)  und  am  auffälligsten,  als  rotli  oder 
gelb  gefärbter  Kragen,  bei  den  nordischen  Splachmtm-Arten  entwickelt.  Der  obere 
Theil  der  Kapselwandung  ist  in  Form  eines  Deckels  Fig.  327  d]  mit  oder  ohne  sclmabel- 
artige  Spitze  ausgebildet.    Unterhalb  des  Deckelrandes  ist  eine  schmale  Zone  der  Kapsel- 


AB 


Fig.  330.     Schistostega 

osmundacea.    A  sterile, 

B  fertile  Pflanze. 

Vergr.  5. 


Fig.  332.    Hj'pnum  purum. 
Nat.  Gr. 


Fig.  331.  Protoncma  von  Schistostega 
osmundacea.  Yergr.  'JO. 


Fig. 


;i29. 

commune, 
.s  Sota,   c 


Polytrichum 
rh  lihizoido, 
Calyjitra,  a}) 
Apophyse ,     d    Deckel 
Nat.  Gr. 


Fig.  333. 


^,j,.  ,...„.      Ephemcrum  sorra- 

tuni.^^Frotonema,  />  Laubblatt, 

Ä'  Sporogon,  r  Calyptra.  rit  Khi- 

zoidc.  Vergr.  200.    (Nach 

W.  P.  SCHIMPER.) 


wandungszellen  als  sogen.  Ring  j  diflfercnzirt.  Der  Ring,  dessen  Zellen  autquelleiuleu 
Schleim  führen,  vermittelt  das  Absjtrengen  des  Deckels  bei  der  Keife.  Am  J\ande  der 
Kapselöffuung,  zunächst  von  dem  J)eck(!l  bedeckt,  befindet  sich  bei  den  meisten  stego- 
carpen  Laubmoosen  ein  in  der  Regel  von  Zähnen  gebildeter  Mundbesatz,  das  Peristom, 
das  bei  den  übrigen  Moosen  feldt. 

l'.ei  M/ri/i/n  hnrnnm  (Fig.  327  C p)  ist  das  Peristom  doppelt,  das  .■iusscre  besteht  aus 


1() 


am 


Iiiiieiiraiidc    der    Kapsclw  aiidung    iiiscrirteu,    keilförmig   zugespitzten    und    (puT- 


Cni)togamen.  331 

gestreiften  Zähnen  ,D .  Das  innere  Peristom  liegt  dem  äusseren  dicht  an  und  besteht 
aus  flachen  wimperartigen  Lamellen  und  Wimperiäden,  die  mit  Leisten  an  der  Innen- 
fläclie  besetzt  und  daher  quergestreift  erscheinen,  in  ihrem  unteren  Theile  aber  zu  einer 
coutiuuirlichen  Membran  verschmolzen  sind  [E].  Zwischen  zwei  äusseren  Peristomzähnen 
stehen  jedesmal  zwei  Wimpern  des  iunerea  Peristoms.  Die  Wimpern  vermitteln  liier 
durch  ihre  hygroskopischen  Bewegungen  das  Wegschleuderu  der  Sporen. 

Verfolgt  mau  die  Entwicklungsgeschichte  dieses  Peristoms,  so  ergiebt  sich,  dass  die 
Zähne  und  Wimpern  aus  einer  der  an  die  Innenseite  des  Deckels  anschliessenden  Zell- 
schichten durch  stellenweise  Verdickung  der  e;egenüberstelienden  Wände  angelegt  werden 
Fig.  328  und  zwar  die  Zähne  aus  den  Ausseuwänden,  die  Wimperu  aus  den  inneren 
Wänden  dieser  Zellschicht.  Die  Querleisten  entsprechen  den  Ausatzstellen  der  Quer- 
wände. Bei  dem  Oeft'neu  der  Kai)sel  trennen  sich  die  Zähne  und  WimiDcrn  in  den 
dünubleibenden  Wanduugsstelleu. 

In  der  Ausgestaltung  des  Peristoms  herrscht  bei  den  Bryinen  eine  grosse  Mannich- 
faltigkeit.  Durch  seine  Form  und  seine  hygroskopischen  Bewegungen  bewirkt  es  ein 
allmähliches  Ausstreuen  der  Sporen  aus  der  Kapsel. 

Die  Mitte  der  Kapsel  wird  der  Länge  nach  von  der  grosszelligen  Columella 
durchzogen.  Das  sporenbildeude  Gewebe,  der  sogen.  Sporensack,  umgiebt  dieselbe 
mantelförmig.  Von  der  Kapselwanduug  und  vielfach  auch  der  Columella  trennt  ilm  ein 
lockeres  chlorni)hyllhaltiges  Gewebe.  Die  Epidermis  der  Kapsel  führt  Spaltöffnungen. 
Entsprechend  ihrer  auatomisclieu  Structur  betheiligt  sich  die  junge  Moosfrucht  auch 
an  der  Assimilation.  Sie  reift  ausserhalb  des  Archegouiums  langsam  heran,  während 
bei  fast  allen  Lebermoosen  das  Sporogou  bis  zur  lieife  in  dem  Archegouium  einge- 
schlossen bleibt. 

Gestalt  der  Kapsel,  des  Peristoms.  des  Deckels  und  der  Haube  geben  die  wichtig- 
sten Gattuugsuuterschiede  ab.  Die  Bryinen  zerfallen  zunächst  in  zwei  grosse  Unter- 
ordnungen nach  der  Stellung  der  Archegonien  beziehungsweise  der  Kapseln: 

a)  Bei  den  Bryinae  acrocui-jjae  stehen  die  Archegonien  und  somit  auch  die 
Sporogone  am  Ende  des  Hauptstengels.  Von  häufigeren  Arten  gehören  hierher  Mnium 
hornum,  Polytrichiim  comnmne  (Fig.  329  ,  Ftmaria  hygrometrica.  Eine  sehr  eigenthüm- 
liche  Ausbildung  des  Protonema  treuen  wir  bei  dem  in  Erdlöchern  oder  in  Höhleu 
lebenden  Leuchtmoos  Schistostega  osmundcicea.  Die  fertilen  Sprosse  dieses  Mooses  siud 
spiralig  beblättert  und  tragen  auf  langer  Seta  eine  peristomlose  Kapsel,  die  sterilen 
Sprosse  dagegen  sind  zweizeilig  beblättert  (Fig.  330  A,  B).  Der  Vorkeim  allein  leuchtet 
mit  smaragdgrünem  Licht  (S.  189).  Seine  aus  dem  Substrat  sich  erhebenden  Fäden  ver- 
zweigen sich  in  einer  zum  einfallenden  Licht  senkrechten  Ebene  und  bilden  so  eine 
kleine  dorsiventrale  Fläche.  Die  Fadenzellen  in  derselben  sind  linsenförmig  gestaltet  mit 
konisch  ausgesacktem,  mehrere  Clüorophyllkörner  enthaltendem  Boden  und  wirken  wie 
Blendlaternen,  indem  sie  die  einfallenden  Lichtstrahlen  brechen  und  reflectiren  Fig.  331). 

b)  Bei  den  Bryinae  pleurocarpae  wachsen  die  Hauptachsen  unbegrenzt  weiter 
und  die  Archegonien  bezw.  Sporogone  stehen  auf  besonderen ,  ganz  kurzen  Seiten- 
zweiglein  (Fig.  332,:.  Hierher  gehören  zahlreiche,  meist  reich  verzweigte,  Käsen  oder  Polster 
bildende  Arten,  darunter  unsere  grössten  Waldmoose,  die  den  Gattungen  Hylocomium, 
Xeckcra  und  Hypnum  entstammen,  ferner  auch  die  in  den  Bächen  und  Flüssen  submers 
fluthende  Fontinalis  antipyretica. 


III. 

Pteridophyta,  Farnpflanzen  (*'^'^-'). 

Die  rt('rido])liyteii  niiifasscn  die  Farne,  Wai^scrfanie ,  Scharlitellialme 
und  Ijärlappgewächse  und  stellen  die  biJchsteutwiekelten  (Jryj)t(»i;'auien  vor. 
Wie  bei  den  Bryopliyten  vollzieht  sich  auch  hier  der  Entwickhingsgang  in 
zwei  scharf  geschiedenen  Generationen.     Die  erste   Generation  ist  die   ge- 


332 


Schenck : 


sclileclitliclie,  sie  trägt  Aiitberidien  und  Archegonien,  die  zweite  ist  die  un- 
gesclilechtliche,  sie  geht  aus  der  befrucliteteu  Eizelle  hervor  und  erzeugt 
ungeschlechtliche  einzellige  Sporen.  Aus  der  Keimung  der  letzteren  entsteht 
wieder  die  geschlechtliche  Generation.  Die  Ausbildung,  welche  die  ge- 
schlechtliche und  die  ungeschlechtliche  Generation  bei  den  Pteridophyten 
erfährt,  zeigt  weitgehende  Verschiedenheiten. 

Die  geschlechtliche  Generation  wird  als  Prothallium  (auch  als 
Gametophyti  bezeichnet,  sie  erreicht  keine  bedeutende  Grösse,  bei  einzelnen 
Formen  höchstens  einige  Centimeter  im  Durchmesser  und  gleicht  dann  in 
ihrem  Aufbau  einem  einfachen  thallösen  Lebermoos,  d.  h.  sie  besteht  aus 
einem  kleinen  grünen  blattartigen,  auf  der  Unterseite  mit  Ehizoiden  am 
Boden  befestigten  Thallns  (Fig.  334  A).  In  einigen  Fällen  ist  das  Prothallium 
verzweigt  fadenförmig  ausgebildet,  in  anderen  Fällen  halb  oder  ganz  unter- 
irdisch in  Form  von  knollenförmigen,  ungefärbten  Gewebekörpern  mit  sapro- 

phytischer  Lebensweise;  in  ge- 
Avissen  Abtheilungen  der  Pterido- 
phyten endlich  erleidet  es  eine 
Reduction  und  bleibt  in  der  Spore 
mehr  oder  weniger  eingeschlossen. 
An  dem  Prothallium  entstehen  die 
Geschlechtsorgane,  Antheridien 
(Fig.  340)  mit  zahlreichen  cilien- 
tragenden,  meist  schraubig  gewun- 
denen Spermatozoiden ,  welche 
entweder  zahlreiche  oder  nur  zwei 
Cilien  tragen  undArchegonien(Fig. 
341)  mit  je  einer  Eizelle.  Die 
Befrachtung  ist  wie  bei  den 
Moosen  nur  in  Wasser,  also  bei 
Benetzung  derProthallien  möglich. 


Nach  der  Befruchtung  ent- 
Avickelt  sich  aus  der  Eizelle  wie 
bei  den  Bryo])hyten  zunächst  ein 
mehrzelliger  Embryo,  welcher  zur 
ungeschlechtlichen  Generation 


Fig.  .334.  Aspidium  filix  mas.  Ä  Prothallium  von 
der  T'ntcrseite  mit  Ardiej^onieri  ar,  Antheridien 
an,  Wurzelhaarcn  r//.  JJ  Prothallium  mit  junj^em, 
aus  einer  befruchteten  Eizelle  entstandenem  Farn- 
pflänzchen,  />  erstes  Blatt,  /v  Wurzel  desselben. 
VergT.  ca.  8. 

heranwächst.  Bryophyten  und 
Pteridophyten  werden  daher  von  Exgler  als  Embryophyta  bezeichnet,  und 
zwar  als  Eml)ryopliyta  zoidiogama,  weil  die  männlichen  Zellen  als 
Spermatozoiden  ausgebildet  sind. 

Die  ungeschlechtliche  Generation,  die  auch  als  Sporophyt  bezeichnet 
wird,  ist  bei  den  l't('rid()))hyten  eine  in  der  äusseren  Gliederung  und  inneren 
Structur  hochditferenzirt(!  Pflanze  mit  Gliederung  in  Stengel,  Blätter  und 
Wurzeln.  Bei  der  Mehrzahl  der  Pteridophyten,  so  bei  den  Farnen  und 
Schachtelhalmen,  theilt  sich  die  befruchtete  Eizelle^  nachdem  sie  sich  mit 
einer  Cellulosemembran  umgeben  hat,  im  Archegonium  zunächst  durch  eine 
Quer-  oder  Basalwand  in  zwei  Zellen  nnd  dann  durch  zwei  zu  dieser  senk- 
recht stellende  AN'äiide  in  Getauten,  l'uter  weiterer  Tlieiliing  dieser  acht 
Zellen  entsteht  ein  Gewebekörper,  an  welchem  der  Stammscheitel,  das  erste 
Blatt,  die  erste  Wurzel  und  neben  dieser  ein  der  Kcinii)flanze  des  Pterido- 
pliyten  eigenthiiniliclics  Drgan,  der  sogen.  Fnss  angelegt  werden  (Fig.  3.')5 /*). 
Der  Fuss  ist  ein  liöckerartig  vorsjiringender  Ge^vebekijrper,  durch  welclien 
die  junge  Keimpflanze   mit  dem  anfangs  mitwachsenden,   sich   erweiternden 


Archegoniumbaucli    in  Verbindung   bleibt;   er 


sorgt 


als  Saugorgan   für  ilire 


Crj-ptogamen. 


333 


m    ein- 
st enge!  11 
werden 


Ernährung-,  bis  die  Wurzel  in  den  Boden  gedrungen  ist,  die  ersten  Blätter 
sich  entfaltet  haben  und  die  Keimpflanze  somit  selbstständig  sieh  ernähren 
kann.  Das  Prothallium  geht  dann  in  der  Eegel  bald  zu  Grunde.  Aus  dem 
Stammscheitel  des  P^mbryo  entwickelt  sich  ein  einfacher  oder  sich  gabelig, 
ohne  Beziehung  zu  den  P)iätteru  verzweigender  aufrechter  oder  niederliegender 
Stamm,  welcher  in  spiraliger,  quirliger  oder  dorsiventraler  Anordnung  die 
Blätter  erzeugt.  Statt  Rhizoiden  wie  bei  Moosen  werden  echte,  aus  Geweben 
aufgebaute  Wurzeln,  wie  wir  sie  auch  bei  den  Phauerogamen  vorfinden, 
erzeugt  (vgl.  Fig.  166).  xA.ucli  die  Blätter  stimmen  im  Wesentlichen  in  ihrer 
Structur  mit  denen  der  Phanerogamen  überein.  Stämme,  Wurzeln  und 
Blätter  werden  von  wohldifferenzirten  Gefässbündeln  durchzogen  und  daher 
bezeichnet  man  auch  die  Pteridophvten  als  Gefässcry])togamen.  Die 
Gefässbündcl  der  Pteridophyten  sind  überwiegend  nach  einem  besonderen 
Typus  gebaut  (vgl.  Fig.  124,  129,  130).  Secundäres  Dickenwachsthum  durch 
Cambiumthätigkeit  kommt  bei 
den  jetzt  lebenden  Familien  nur 
ganz  vereinzelt  vor,  zeichnete 
aber  die  Stämme  von  gewissen 
fossilen  Pteridophytengruppen 
aus. 

An    den    Blättern , 
zelnen  Fällen  au  den 
in    den    Blattachselu, 
an  der  ungeschlechtlichen  Ge- 
neration auf  ungeschlechtlichem 
Wege     die     Sporen     erzeugt 
und    zwar   in    besonderen   Be- 
hältern oder  Sporangien.  Die 
sporangientragenden        Blätter 
heissen    Sporophylle.      Die 
Sporangien    umschliessen     mit 
einer  mehrschichtigen  Wandung 
das  sporogene  Gewebe,  dessen 
Zellen  sich  abrunden,  von  ein- 
ander loslösen  und  als  Sporen- 

mutterzellen  je  vier  tetraedrische  Sporen  (Sporentetraden 
innerste  Schicht  der  Wandung  besteht  aus  plasmareiehcn  Zellen, 
Tapetenzellen,  die  im  Laufe  der  Sporangiumausbildung  bei  den  Lyco- 
podiueen  erhalten  bleiben,  bei  Farnen  und  Schachtelhalmen  aber  ihre  Selbst- 
ständigkeit aufgeben,  ihre  Membranen  auflösen  und  zwischen  die  Sporen- 
mutterzellen  einwandern,  so  dass  die  Sporen  in  eine  schleimige,  sie  er- 
nährende Plasmamasse,  das  Periplasma,  eingebettet  erscheinen.  In  den 
reifen  Sporangien  ist  dann  nur  die  äussere  Schicht  der  Wandung  erhalten. 
Die  einzelligen  Sporen  besitzen  eine  aus  mehreren  Häuten  bestehende 
Wandung. 

Bei  der  Mehrzahl  der  Pteridophyten  sind  die  Sporen  unter  sich  alle 
von  gleicher  Beschafifenlieit  und  Ijci  der  Keimung  geht  aus  ihnen  ein  Pro- 
thallium hervor,  an  welchem  zugleich  Antheridien  und  Archegonien  entstehen. 
In  gewissen  Fällen  können  aber  auch  die  Prothallien  diöcisch  sein.  Diese 
Trennung  der  Geschlechter  erstreckt  sich  bei  einigen  Pteridophytengruppen 
auch  schon  auf  die  Sporen  und  führt  zur  Ausbildung  von  zweierlei  Formen 
von  Sporen,  Macrosporen,  in  Macrosporangien  erzeugt,  aus  denen  bei 
der  Keimung  nur  weibliche  Prothallien  hervorgehen,  und  Microsporen,  in 


Fig.  3:55.  ^1  Pteris  serrulata.  Aus  dem  Archegonium 
befreiter  Embryo  im  Längsschnitt.  /  Basalwand,  11 
senkrecht  zu  dieser  stehende  Quadrantenwand,  /"An- 
lage des  Fusses,  s  des  Stammscheitels,  b  des  ersten 
Blattes,  w  der  Wurzel.  (Nach  Kiexitz-Gerloff.) 
B  Pteris  aquilina.  Weiterentwickelter  Embrjo,  mit 
dem  Fuss  f  noch  im  erweiterten  Archegoniumbauch, 
aii\  steckend,  pr  Prothallium.  Vergr.  (Nach  Hof- 
meister.) 


erzeugen. 


Die 


sogen. 


334  Schenck: 

Micro sporangien  erzeugt,  aus  denen  männliche  Protballien  hervorgehen. 
Danach  hat  man  also  zwischen  gleichsporigen  oder  homosporen  und  ver- 
schiedensporigen  oder  heterosporen  Gefässcryptogamen  zu  unterscheiden, 
ein  Unterschied,  der  aber  nicht  zur  Gesammteintheilung  verwerthet  werden 
kann,  da  er  sich  in  gleichem  Grade  in  systematisch  getrennten  Gruppen, 
also  mehrmals  herausgebildet  hat. 

Vergleichen  wir  den  Entwicklungsgang  der  Pterido])hyten  mit  dem  der 
Bryophyten,  so  entspricht  die  ungeschlechtliche  cormophyte  Generation  der 
FarnpÜanzen  dem  Sporogon,  das  Prothallium  dagegen  der  Moosptlanze 
sammt  dem  vorausgehenden  Protonema.  Obwohl  beide  Gruppen  gemein- 
samen phylogenetischen  Ausgangspunkt  besitzen  mögen,  haben  sie  sich  nach 
ganz  verschiedenen  llichtungen  gesondert  weiterentwickelt.  Auf  ihre  Ver- 
wandtschaft weist  vor  Allem  die  Uebereinstimmung  im  Bau  der  Geschlechts- 
organe hin,  während  dagegen  die  ungeschlechtliche  Generation  die  weit- 
gehendsten Unterschiede  darbietet,  so  dass  es  nicht  statthaft  erscheint,  die 
Farnpflanze  von  dem  Moossporogon  als  Weiterbildung  abzuleiten. 

Die  jetzt  lebenden  Pteriduphyten  gliedern  sich  in  folgende  Klassen: 

1.  FiUcinae^  Farne.  Stengel  einfach  oder  verzweigt  mit  wohlentwickelteu 
abwechselnden,  meist  reichgefiederten  Blättern.  Sporangien  zu  mehreren  in 
sogen.  Sori  vereinigt,  oder  zu  vielen  frei  auf  der  Unterseite  der  Sporophylle, 
oder  in  besonderen  Blattabschnitten  eingeschlossen. 

1.  Ordnung.     Filices  Farne  im  engeren  Sinne.     Homospor. 

2.  Ordnung.     Hydropterides  Wasserfarne.     Heterospor. 

2.  Equisetinae,  Schachtelhalme.  Stengel  einfach  oder  quirlig  verzweigt, 
mit  quirlig  gestellten  schuppenartigen  zu  geschlossenen  Scheiden  verwach- 
senen Blättern.  Sporophylle  am  Ende  der  Zweige  zu  einem  ährenfürmigen 
Sporangienstand  vereinigt,  schildförmig,  auf  der  Unterseite  mit  vielen  Spo- 
rangien. 

3.  Ordnung.     Equisetaceae  Schachtelhalme.     Homospor. 

3.  Lt/copodinoe,  Bärlappartige  Gewächse.  Stengel  entweder  gestreckt 
dichotomisch  verzweigt  und  zwar  gabelig  oder  sympodial  ausgebildet,  mit 
kleinen,  in  manchen  Fällen  sehr  reducirten  Blättchen,  selten  gestaucht  knollig 
mit  pfriemlichen  Blättern.  Sporangien  derbwandigc  Kapseln,  einzeln  in  den 
Blattachseln  am  Stengel  oder  auf  dem  Blattgruud  entspringend.  Tapeten- 
zellen bleiben  erhalten. 

4.  Ordnung.     Lt/copodtaceae  Bärlappe.     Homospor. 

5.  Ordnung.     Sr/of/ineUaceae  Selaginellcn.     Heterospor. 

6.  Ordnung.     i.so//accae  Brachsenkräuter.     Heterospor. 

Im  fossilen  Zustande  bekannt  sind  ausserdem  verschiedene  Gruppen, 
welche  theils  zu  den  drei  genannten  Klassen  gezählt  werden,  theils  beson- 
dere Klassen  bilden. 

Klasse  I. 
Filicinae,  Farne. 

J.  Ordnung.    Tilices{^'^). 

Die  Filices  oder  Farne  im  engeren  Simie  umfassen  die  Hauptmasse  der 
Gefässcryptogamen.  Sie  sind  in  ausserordentlifher  F.ülle  von  Gattungen 
und  Arten  in  allen  Erdtheilen  vcrljreitet;  ihre  llini])t('iit\vicklnng  erreichen 
sie  in  den  Tropen,  liii-r  treHen  wir  auch  die  stattlielisteu  Vertreter  der 
Ordnung  an,  die  l>aunifarne  iCyatltea,  ÄlsophiktM.  A.),  welche  die  besondere 
Familie  der  Ciiatlieacecn  bilden.    Der  einfache  holzige,  meist  etwa  armdicke 


Cryptogamen. 


335 


Stamm  der  Baumfarue  (Fig-.  337)  ist  unverzweigt  und  trägt  an  seinem  Ende 
eine  Rosette  von  riesigen  mehrfach  gefiederten  Blättern  oder  Wedehi,  die 
successive   von    der    Stammknospe   erzeugt  werden    und   mit   Hinterlassung 


Fig.  336.    Aspidium  filix  mas.     7  Habitusbild,    a  junge  Blätter  noch  eingerollt.    2  Ehizom 

quer  durchschnitten  mit  den  Gefässbiindeln  a.     3  Blattfiedcr  mit  Sori.  a  Schleier,  1>  Spo- 

rangien.     4  Fruchthäufchen  im  Längsschnitt.     .7    dasselbe   c[uer   durchschnitten,   a  Blatt, 

h  Schleier,  c  Sporan;:ien.     (Nach  W'ossidlo.i  —  Officincll. 

grosser  Blattstiehiarben  später  absterben  und  abfallen.  Der  Stamm  ist  mittels 
zahlreicher  Adventivwurzeln  im  Boden  befestigt.  Er  gleicht  im  Habitus  einer 
Palme.  Die  Mehrzahl  der  Farne,  so  auch  alle  unsere  einheimischen,  leben 
dagegen   als  krautartige  bodenständige  Pflanzen,    besitzen   ein  kriechendes 


336 


Schcnck: 


wenig  verzweigte;^  Ehizom  und  meist  am  Ende  desselben  eine  Rosette  reich- 
getiederter  Blätter.  So  verhält  sich  u.  A.  der  in  unseren  Wäldern  sehr  häufige 
Wurmfarn,  Äspidiuni  fdix  mas^  dessen  Ehizom  als  wurmtreibendes  Mittel 
officinell  ist.  Wie  Fig.  336  7«  zeigt,  sind  die  Blätter  in  der  Jugend  mit 
der  Spitze  eingerollt,  eine  Eigeuthümlichkeit,  welche  sämmtlichen  Blättern 
der  Farne  und  auch  der  Wasserfarne  zukommt.  Im  Gegensatz  zu  den 
Phanerogameublättern  vollzieht  sich  bei  den  Farnblättern  das  Wachsthum 
an  der  Spitze  bis  zur  vollen  Grösse. 

Bei  dem  gewöhnlichsten,  einheimischen  Farnkraut,  dem  Engelsüss,  Poly- 
podiinn  vulgare,  sind  die  Blätter  einfach  gefiedert   und   entspringen   einzeln 

auf  der  Oberseite  des  zwi- 
schen Moos  oder  an  Felsen 
kriechenden  verzweigten 
Rhizoms.  Auch  giebt  es 
manche  Farne,  welche 
ganz  einfache  ungeheilte 
Blätter  aufweisen,  so  die 
Hirschzunge ,  Scolopcn- 
drium  vulgare. 

In  den  Tropen  wachsen 
zahlreiche  krautige  Farne 
als  Epiphyten  auf  den 
Waldbäumen. 

Die  meisten  Farne  sind 
an  ihren  Stämmen,  Blatt- 
stielen und  zum  Tlieil  auch 
den  Blättern  mit  ))räun- 
lichen  einschichtigen,  oft 
gefransten,  sogen.  Spreu- 
schuppen (Paleael  beklei- 
det, welche  zu  den  Tri- 
chomen  zu  rechnen  sind. 
Im  Allgemeinen  wer- 
den die  Sporangien  in 
grosser  Zahl  auf  der  Unter- 
seite der  Blätter  erzeugt. 
Die  Sporophylle  sind  in 
der  Regel  nicht  von  den 
sterilen  Laubblättern  in 
der  äusseren  Form  ver- 
schieden. Nur  bei  einigen 
Gattungen  findet  eine  aus- 
gej)rägte  llctcrophyllie 
statt.  Als  cinheiniischor 
Vertreter  ist  liier  der  Straussfarn,  Stmlhiojtleris  geriuauica,  zu  nennen,  dessen 
gedrungene,  dunkelbraune  Sjjorophylle  zu  mehreren  im  Innern  der  grossen 
I>];ittrosette  stehen. 

Bezüglich  der  Ausliildung  der  Sporangien    machen    sich    bei   den    ein- 
zelnen Familien   Unterschiede  geltend. 

Es  sei  zunächst  das  Verhalten  der  Mehrzahl  unserer  einheimischen  Farne, 
wclclie  zu    der  umfangreichen  Familie   der  Polypodiaceen   gehören,    dar- 
Die  Sporangien  erscheinen  hier  in  versclueden  gestalteten  Iläufelicn. 


Fig.  ?)il.    Alsophiki  crinita,  JJauiularn  von  Ceylon.    Vcrkl. 


gestellt 
sogen. 


S  0  r  i , 


\ereiuigt,   an   den  Enden   oder   zwischen  den  Auszweigungen 


Cryptogamen. 


337 


der  Blattnerven  auf  der  Unterseite.  Sie  entsprino;eu  auf  einem  hervor- 
tretenden Blattgewebepolster,  dem  Keceptaculum  (Fig.  336  5],  und  werden 
bei  vielen  Arten  von  einem  häutigen  Auswuchs  der  Blattfläche,  dem  sogen. 


Schleier,   Indusium,    vor  der  Keife  bedeckt  und  geschützt 


:Fig.  336  ö—ö) 


Das 


einzelne    Sporangium    geht    aus    einer    einzigen   Epidermiszelle    durch 


Theilung  hervor, 


besteht  im  reifen  Zustand  aus  einer  kleinen,  mit  mehr- 
zelligem dünnem  Stiel  dem  Polster  aufsitzenden  Kapsel  mit  einschichtiger 
Wandung  und  umschliesst  in  derselben  eine  grössere  Anzahl  von  Sporen 
(Fig.  338  Ä).  Sehr  charakteristisch  für  die  rolypodiaceen  ist  der  Bing, 
Annulus,  welcher  hier  über  den  Rücken  und  Scheitel  der  Sporangien- 
wanduug  bis  zur  Mitte  der  Bauchseite  als  vortretende  Zellenreihe  mit  stark 
verdickten  Radial-  und  Innenwänden  verläuft. 

Beim  Austrocknen  der  Kapsolwand  werden  durch  den  Coliäsionszug  des  scliwin- 
denden  Wassers  in  den  Annuluszellen  deren  dünne  Aussenwände  nacli  innen  eingestülpt 
der  Ring-  also  aussen  verkürzt  und  dadurch  das  Aufreissen  der  Sporangieu  in  eine  Quer- 
spalte zwischen  den  breiten  Endzellen  des  Ringes  verursacht.  Ist  der  Cohäsionszug 
des  Wasserrestes  schliesslich  überwunden,  dann  erfolgt  ein  elastisches  Zurückschnellen 
des  Ringes,  das  die  Ausstreuung  der  Sporen  befördert.     (Vgl.  Ö.  211.) 


Fig.  338.  Sporangion.  A  von  Aspidium  Filix  mas.  Am  Stiel  ein  Drüsenhaar.  B  und 
C  von  Alsophila  armata,  von  zwei  entgegengesetzten  Seiten  gesehen.  D  von  Aneimia 
caudata,  ^von  osmunda  regalis.  ^1 — D  Vorgr.  70,  nach  der  Natur,  /-/' Vergr.  40  (nach  Lürssen.) 


Die  Form  und  Insertion  der  Sori,  das  Vorhandensein  und  die  Gestalt  oder  das 
Fehlen  der  Indusien  geben  die  wichtigsten  Gattungsunterschiede  ab.  Bei  Scolopendrmm 
sind  die  Sori  strichförraig,  parallel  zu  den  Seitennerven,  bestehen  aus  zwei  über  je  einen 
Blattnerven  laufenden  Streifen  und  werden  an  beiden  Seiten  von  einem  lippenförmigen 
einschichtigen  Indusium  bedeckt,  das  bei  der  Reife  zurückklappt.  Bei  Aspidium  da- 
gegen treffen  wir  zahlreiclie  rundliclie  Sori,  bedeckt  mit  ciuciii  weissliclien  nieren- 
fijrmigen,  dem  Receptaculumscheitel  eingefügten  Indusium,  und  die  Sporangien  tragen 
öfters  an  ihrem  Stiel  ein  gestieltes  köpfchcnförmiges  Drüsenliaar.  Bei  PoIypodiiDn 
vulgare,  sind  die  ruudlidien  Sori  ganz  ohne  Schleier.  Bei  dem  Adlerfarn.  Pteris  (Kpdlliid, 
stehen  die  Sporangien  an  den  Rändern  der  Blattfiedern  in  continuirlicher  Linie  und 
werden  von  dem  nacli  unten  eingeschlagenen  Blattrand  bedeckt. 

Ausser  den  l'olypodiaceen  umfassen  die  Farne  noch  andere,  vorwiegend  tropische 
Familien,  deren  Sporangien  in  der  Ringbildung  Verschiedeidieiten  zeigen.  So  besitzen  die 
C ijnfhrafren  oder  Baumfarne  Sjtorangien  mit  vollständigem,  in  schiefem  Verlauf 
über  den  Scheitel  ziehenden  Ring  Fig.  338  B  G\,  ebenso  haben  die  Hyincnop/i/jllaceeii, 
deren  zierliche  kleine  Formen  vielfach  als  Epi[)hyten  an  Baumfaruen  angetroffen  werden, 
einen  vollständigen  schief  oder  (|uer  über  das  Sporangium  laufenden  Ring,  die  tropischen 
Sch'ixacacecn  dagegen  einen  geschlossenen  sclieitelständigen  Ring  (Fig.  338 i>),  wälirend 
die  Osmundaceen.  die  bei  uns  durch  den  Königsüirn,  OsimdKht  rrfpih's,  vertreten  werden, 
auf  dem  Rücken  unter  dem  Scheitel  des  Sporangiums  nur  eine  kleine  Gruppe  dick- 
wandiger Zellen  aufweisen  (Fig.  338  A',. 


338 


Schenck : 


h 


Alle  diese  und  aucli  noch  andere  Familien  besitzen  freie  Sporang^ien  mit 
in  der  Eeife  einschichtiger  Wand  imd  stets  gehen  die  Sporangien  aus  einer 
einzigen  Epidermiszelle  hervor.    Sie  werden  als  Filices  leptosporangiatae 

zusammengefasst.  Ihnen  stehen  die  Eusporangiatae 
gegenüber,  zu  denen  die  Marattiacecn  und  die  Opliio- 
ylossaceeii  gehören.  Bei  diesen  entstehen  die  Sporangien 
aus  einer  ganzen  Gruppe  von  Epidermiszellen  und  dar- 
unter gelegenen  Zellschichten,  sind  derbwandig,  ohne 
Ring,  und  springen  mit  Querriss  auf. 

Die  Maraif inceeii  sind  grosse  stattliche  tropisolie  Farne 
mit  dicker  Stammknolle  und  riesigen  an  der  Basis  mit  zwei  Sti- 
pulae  versehenen  Wedeln.  Ihre  Sporangien  sind  im  reifen  Zustand 
mit  derber  mehrscliichtiger  Wand  versehen,  entweder  frei  [Aurjio- 
pteris]  oder  alle  Si)orangien  eines  Sortis  mit  einander  zu  einem,  in 
ebenso  vielen  Fächern  aufspringenden  kapselartigen  ovalen  Ge- 
bilde verwachsen. 

Eigenartige  Farne  sind  die  OpJiioglossaceen,  zu  denen 
nur  wenige  Arten  gehören.  Bei  uns  einheimisch  sind  Opliio- 
glossum  vulgafimi,  die  Natternzunge  und  verschiedene  Arten  der 
Mondraute.  BofrycJiiNm  (Fig.  339).  Beide  haben  einen  kurzen  Stamm, 
an  dem  Jedes  Jahr  nur  ein  einziges  mit  Blattscheide  versehenes 
Blatt  sich  entfaltet.  Dasselbe  ist  bei  ersterer  Gattung  einfach 
zungentormig,  bei  letzterer  gefiedert.  Die  Blätter  beider  Gat- 
tungen sind  eigenthümlich  verzweigt,  sie  tragen  auf  ihrer  Ober- 
seite einen  unterhalb  der  Spreite  aus  dem  Stiel  entspringenden 
fertilen  Blattabschuitt,  welcher  bei  0})h(oglossi(m  einfach,  schmal 
cylindrisch  ist  und  die  Sporangien  in  zwei  Keihen  in  das  Gewebe 
eingesenkt  trägt,  bei  Botrychium  dagegen  im  oberen  Theile  fieder- 
artig verzweigt  und  daselbst  mit  grossen  rundlichen  Sporangien 
auf  der  Innenseite  dicht  besetzt  ist. 

Alle  Filices  sind  homospor.  Das  Prothallium  hat 
meist  die  Glestalt  eines  flachen,  herzförmigen,  kleinen 
Thallus  von  der  für  ÄspicUum  in  Fig.  334  dargestellten 
Form.  Antheridien  und  Archegonien  entstehen  an  der 
Unterseite.  Bei  Bofrt/chiuDi  dagegen  bildet  das  Pro- 
thallium eine  unterirdische  saprophytische  kleine  Knolle, 
welche  die  Sexualorgane  an  der  Oberseite  eingesenkt  entwickelt  und  end- 
lich bei  gewissen  HijmenopliijUaceen  [Tricl/onmnes)  ist  das  Prothallium  fädig 
verzweigt  und  trägt  an  seinen  Aesten  die  Antheridien  und  auf  besonderen 
mehrzelligen  Seitenästen  die  Archegonien.  Im  Aufbau  erinnern  diese  Pro- 
thallien  ganz  an  das  Protonema  der  Laubmooc. 

Die  Antheridien  und  Archegonien(68]  sind  ziemlich  übereinstimmend 
bei  allen  Farnen  gebaut  und  können  daher  die  Abbildungen  von  Pohipodimn 
vulgare  Fig.  340  und  341  als  Tyi)us  gelten.  Die  Antheridien  werden  an 
jungen  Prothallien  angelegt  und  sind  kugelig  vorgewölbte  (Jebilde,  die  mitten 
auf  einer  Protlialliuuizelle  (Fig.  340  Ap))  aufsitzen  und  aus  derselben  durch 
papillenartige  Vorwölbung,  Al)grenzung  durch  eine  Querwand  und  \\  eitere 
Theilung  hervorgegangen  sind.  Im  reifen  Zust;ind  enthalten  sie  innerhalb 
einer  eiiiscliichtigcn  Wandung  eine  grössere  Zahl  von  kleinen  kugeligen 
Spermatozoidinutterzelicn.  Die  AVandzellen  bestehen  aus  zwei  ringförmigen 
Zellen  [A  1,  2)  und  der  Deckelzelle  [S).  Die  Spermatozoidmutterzellen  gehen 
aus  der  centralen  Zelle  durch  Tlicilung  hervor.  Die  Entleerung  der  Antheridien 
gescliicht  durch  den  Druck  der  aiiscliwellenden  Kingzellen  unter  Sprengung 
der  Deckelzellc.     So  gelangen   die   rmulliehen  Spermatozoidmutterzellen  ins 


^ 


Fig.  339.  Botrychium 
Lunaria.   1/2  n^t.  Gr. 


Cryptogamen. 


339 


Wasser  und  entlassen  nach  einiger  Zeit  die  pfropfzielierartig  gewundenen, 
mit.  zahlreichen  Cilien  an  den  vorderen  Windungen  besetzten  Samenfäden, 
an  deren  Hinterende  ein  Bläschen  befestigt  ist,  das  einige  kleine  Körnchen 
fuhrt  und  einen  unverbrauchten  liest  des  Inhaltes  der  Mutterzelle  darstellt 
(Fig.  340  D  C,  Fig.  97  B). 

Die  Archegonien  entstehen  an  älteren  Prothallien,  in  der  mehrschichtigen 
Mediane  derselben.  Sie  gehen  aus  einzelnen  Prothalliumzellen  hervor  und 
lassen  einen  eingesenkten  Bauchtheil  und  einen  Halstheil  unterscheiden.  Der 
Halstheil  ragt  hervor,  besteht  aus  einer  einschichtigen  Wandung,  die  von 
vier  Zellreihen  gebildet  wird  (Fig.  341  A,  B)  und  schliesst  eine  centrale  lang- 
gestreckte Halscanalzelle  ein. 

Im  Bauchtheile  betindet  sich  die  grosse  Eizelle,  über  ihr  die  Bauch- 
canalzelle.  Die  Canalzellen  werden  aufgelöst  und  erfüllen  den  (Jaual  mit  einer 
stark  liehtbrechenden   quellbaren  Substanz.     Diese    quillt  bei  Wasserzutritt, 

öffnet  an  der  Spitze  das  empfängnissfähige  Arche- 
3  gonium  und  tritt  hervor.    Eine  in  das  umgebende 

A  yOzS.  j^        Wasser  dittundirende  Substanz  (Aepfelsaure  Salze) 


Fig.  340.  Polypodium  vulgare. 
A  reifes,  B  entleertes  Antheri- 
dium.j:»Prothalliunizelle,  /  und 
2  Eingzellen,  S  Deckelzelle.  A 
und  B  Vergr.  240.  C  und  B 
Spermatozoiden  Vergr.  540. 


Fig.  341.  Polj'podium  vulgare.  A  unreifes  Archegonium, 

K'  Halscanalzelle,  K"  Bauchcanalzelle,  o  Ei.    B  reifes 

geöffnetes  Archegonium.   Vergr.  240. 


inducirt  den  Spermatozoiden  die  Bewegungsrichtung  nach  dem  Archegonium 
Nach  der  Aufnahme  eines  Spermatozoids  in  das  Ei  umgiebt  sich  die  Eizelle  mit 
Membran  und  entwickelt  sich  in  der  schon  angegebenen  Weise  (vgl.  Fig.  335), 
ohne  einen  Ruhezustand  durchzumachen,  zum  Eml)ryo  der  ungeschlechtlichen 
Generation. 

Ausnahmsweise  kann  bei  gewissen  Farnkräutern  der  Sporophyt  auf  dem 
Prothallium  durch  directe  vegetative  Knospung  sich  entwickeln,  ohne  dass 
Sexualorgane  mitwirken  oder  ausgebildet  werden  (Apogamie),  und  umgekehrt 
kommt  es  auch  vor,  dass  an  den  Farnwedeln  direct  die  Prothallien  ohne 
Zwischentreten  von  Sporen  producirt  werden  (A])Osporie)  (*''*). 

Officinell  ist  unter  den  Farnkräutern  Aspidium  filir  u/as,  Rhizoma 
Filicis  (Pharm,  germ.,  austr.,  helv.),  ferner  das  südeuropäische  Adiantum 
Capülus  Vener is^  Frauenhaar,  dessen  Blätter  benutzt  werden:  Folium  Adi- 
anti  s.  Herba  Capilli  Veneris  (Pharm  austr.,  helv.).  Auch  das  nord- 
amerikanische Adiantuiii  jK'ddtaiii  liefert  Folium  Adianti  (Pharm,  helv.). 
Die  seideähnlichen  glänzendbraunen  langen  Gliederhaare  am  Grunde  der 
Blattstiele  verschiedener  Baumfarne,  besonders  von  Cibotium  Ikirnuietz 
und  niuleren  Arten  dieser  (Inttnng  in  Ostindien  und  auf  den  pacifischen 
Inseln  liefern  die  als  Wundwatte  l)euutzten  Paleae  haemostatica  e  (Pe- 
nawar  Djarabi,  Pulu)  (Pharm,  austr.]. 

st  ras  b  11  rg  er.  Lehrbucli  iler  Botanik.     S.  Auli.  22 


340 


Sclienck: 


2,  Ordnung.    Hyd} 

Zu  den  Wasserfariien  g 
oder  sumpfbewohneudeii  k 


rig.342.  Marsilia  quadrifoliata. 
(I  junges  Blatt,  s  Sporocarpien. 
Verkleinert.    Nach  Bischoff.) 


il-il\'  ! 


Fig:.  343.  Pilularia  globulifera. 

s   Sporocarpien.     Verkleinert. 

'Nach  BisriioiF.) 


opterideSf  Wasserfarne. 

eliören  mir  einige  wenige  Gattungen  von  wasser- 
rautigen  Gewächsen.  Sie  sind  sämmtlicb  hctero- 
spor.  Die  Macro-  uudMicrosporangicn  entspringen 
nicht  wie  die  Sporangien  der  Filices  frei  an 
der  Unterseite  der  Blätter,  sondern  sind  in  be- 
sondere, an  der  Basis  der  Blätter  sitzende  Behäl- 
ter, sogen.  SporangienfrUchte  oder  Sporocarpien 
eingeschlossen. 

Die  Wasserfarne  werden  in  zwei  Familien  mit  je 
zwei  Gattungen  uuterscliieden,  die  Marslliaeccn  und  Sal- 
riniaceen.  Zu  erstereu  gehört  die  ca.  50  Arten  zählende 
Gattung  Marsilia,  die  bei  uns  durch  M.  quadrifoliata 
vertreten  ist  (Fig.  342>  Dieselbe  wächst  auf  sumpfigen 
Wiesen,  hat  eine  kriechende  dünne  verzweigte  Achse  mit 
einzeln  stehenden  langgestielten  Blättern,  deren  Spreite 
ans  zwei  dicht  au  einander  gerückten  Fiederblattpaaren 
sich  zusammensetzt.  Ueber  der  Basis  des  Blattstiels  ent- 
springen paarweise,  bei  anderen  Arten  in  noch  grösserer 
Anzahl,  die  gestielten  ovalen  Sporocarpien,  von  denen 
ein  jedes  seiner  Anlage  nach  dem  assimilirenden  4  fied- 
rigeu  sterilen,  hier  aber  ungegliedert  bleibenden  Blatt- 
theil  entspricht.  Die  Sporangiensori  finden  sich  im 
Innern  der  Kajjselu  in  2  Eeihen  von  Ilohlräumeu,  die 
eine  Zeit  lang  durch  je  einen  nach  der  Bauchseite  aus- 
mündenden Canal  nacji  aussen  führen,  zuletzt  aber  ganz 
geschlossen  sind;  es  entstehen  nändicli  die  Sporangien 
wie  bei  allen  übrigen  Farnen  auch  hier  ursprünglicli  aus 
Oberflächenzellen,  die  dann  durch  Umwallung  des  iim- 
gebenden  Gewebes  in  die  Holdräume  zu  liegen  kommen. 
Wie  die  Abbildung  zeigt,  sind  die  jungen  Blätter  [a]  an 
der  Spitze  schneckenförmig  eingerollt,  sie  entwickeln 
sich  somit  bei  den  Marsiliaceen  in  derselben  Weise  wie 
bei  den  Farnen. 

Die  zweite  Gattung  Pilnlar/a .  zu  (U'r  als  ciuliei- 
raische  Art  P.  fjlohiilifera .  ebenfalls  auf  sumpfigen 
Wiesen  wachsend,  gehört,  unterscheidet  sich  von  Mar- 
silia durch  einfache  lineale  Blätter,  an  deren  Grunde  die 
kugeligen  in  der  Anlage  dem  sterilen  Blatttheil  ent- 
sprechenden Sporocarpien  einzeln  entspringen    Fig.  343). 

Die  zweite  Familie,  ISalriiiiacrn/ .  enthält  frei- 
schwimmende Wasserpflanzen.  Die  erste  Gattung  Sal- 
riiiia  ist  in  unserer  Flora  durch  S.  Hdtaiis  vertreten, 
deren  wenig  verzweigter  Stengel  an  jedem  Knoten  drei 
lUätter  trägt;  die  beiden  oberen  sind  als  ovale  Schwimm- 
l.)lätter  ausgebildet,  das  untere  dagegen  ist  in  zahlreiche 
in  das  "Wasser  herabliängende  fadenförmige  behaarte 
Zipfel  gefheilt  und  überniiinnt  die  Function  der  fehlen- 
den Wurzeln.  An  diesen  Wasserblättern  sitzen  am 
(hMinde  der  basalen  Zipfel  zu  mehreren  die  kugeligen 
Sporocarpien  (Fig.  344;.  welclie  bei  den  Salviniaceeu 
eine  andere  Entwickhuigsgeschichte  zeigen  wie  bei  den 
Marsiliaceen.  Die  Siiorangicn  entsiiringen  am  (iruude 
des  S])orocarps  auf  einem  (fäulcnförmigcn  IJeccptaculum, 
das  seiner  Anlage  nach  einem  niodificirtcn  ^Vasser- 
hlattziitfel  entsiiricht.  Die  Hülle  dagegen  ist  als  In- 
dusium    aufzufassen,     sie    entsteht    als    Neubildung    in 


Crj'ptogamen. 


341 


Form  eines  Tiingwalles,  der  krugfürmig  und  schliesslich  hohlkugelförmig  über  dem 
Receptaculum  mit  seinem  Sporangiensorus  zusammenwächst.  Die  zweite  Gattung  Äxolla 
ist  A^orwiegend  tropisch  und  stellt  kleine  zierliche  reichverzweigte  Schwimmpflänzchen 
vor,  mit  diclit  auf  einander  folgenden  Blättchen  in  zweizeiliger  Anordnung.  Jedes  Blatt 
besteht  aus  zwei  Lappen,  von  denen  der  obere  schwimmt  und  assimilirt,  der  untere  ins 
Wasser  taucht  uud  an  der  Wasseraufuahme  sich  betheiligt.  Der  obere  Lappen  enthält 
eine  Höhlung,  die  mit  enger  Oeffnung  nach  aussen  mündet  uud  stets  Nostocfädeu  be- 
herbergt. Zwischen  diese  wachsen  aus  der  Waud  der  Höhlung  Haare  hinein,  eine 
Erscheinung,  die  auf  das  Bestehen  eines  symbiotischen  Verhältnisses  zwischen  Azolla 
und  Nostoc  hindeutet.  Azolla  besitzt  zarte  lange  echte  Würzelchen  an  der  Unterseite 
des  Stengels  uud  rundliche  Sporeufrüchte  meist  zu  zwei  unterseits  am  ersten  Blatt 
einzelner  Seitenzweige. 

Der  Bau  der  Sporaugien  und  Sporen  und  die  Entwicklung  der  Protliallien  zeigen 
manche  Unterschiede  den  Filices  gegenüber.  Sie  mögen  an  dem  Beispiel  von  Saln'ma 
)iafans{'0)    erläutert    werden.     Die    Sporocarpien    enthalten  entweder    Microsporangien 


Zahl 


Tig. 


345  Ä    ma, 


mi). 


Salvinia  natans.    ,1  von  der  Seite. 


von 


Vergr.  15. 


in  grösserer  Zahl  oder  Macro^porangien  m  geringerer 
Beiderlei  Sporangien  erinnern  in 
ihrem  Bau  am  ehesten  an  die 
Sporangien  der  leptosporangiaten 
Farnkräuter,  sie  sind  gestielt,  be- 
sitzen im  reifen  Zustand  eine  ein- 
schichtige dünne  Wandung,  aber 
keinen  Eing  [B  D).  Die  Micro- 
sporangien umschliessen  eine 
grössere  Anzahl  von  Microsporen, 
welche  in  eine  schaumige  erhärtete 
Zwischensubstanz  eingebettet  lie- 
gen und  zwar  ihrer  Entstehung  in 
Tetraden  aus  den  Sporenmutter- 
zellen  entsprechend  zu  je  vier  ge- 
nähert [G].  Die  schaumige  Zwi- 
schensubstanz geht  hervor  aus  dem 
Plasma  der  Tapetenzellen,  welche 
auch  hier  ihre  Selbstständigkeit 
aufgeben  und  zwischen  die  Spo- 
renmutterzellen  einwandern. 

Die  Microsporangien  platzen 
nicht  auf.  die  Microsporen  kei- 
men vielmehr  innerhalb  derselben 
uud    entwickeln    nur    ein    kurzes 

schlaucliförmiges  männliches  Prothalliinn.  das  nacli  aussen  durch  die  Sporangiumwand 
hervortritt.  Durch  auf  einander  folgende  Theilungen  Averden  in  diesen  die  Antheridien 
erzeugt  (Fig.  346.  Jedes  Antlieridium  erzeugt  im  Ganzeu  vier  Spermatozoidmutterzellen, 
welche  nach  aussen  durch  Auf  breclien  der  Zellwände  gelangen.  Obwohl  somit  das  ganze 
männliche  Protliallium  sehr  reducirt  erscheint,  lässt  es  sich  in  seinem  Aufbau  unschwer 
auf  die  Prothallien  der  Filices  zurückführen. 

Die  Macrosporangien  sind  grö.sser  als  die  Microsporangien  und  besitzen  ebenfalls 
eine  einschichtige  Wandung  (Fig.  345  i»),  enthalten  aber  nur  eine  einzige  grosse  Macro- 
spore, indem  nur  eine  der  zalilreich  angelegten  Sporen  auf  Kosten  der  übrigen  sicli 
weiter  entwickelt.  Die  Macrospore  ist  mit  grosseu  eckigen  Proteiuköruern,  mit  Oel- 
tröpfclien  und  Stärkekörnern  dicht  erfüllt;  an  ihrem  Scheitel  liegt  dichteres  Plasma  und 
der  Kern.  Die  Membran  der  Spore  \\'m\  von  einem  derben  braunen  Exiuium  bedeckt 
und  dieses  ist  von  einer  dicken  schaumigen  Hülle,  dem  Perinium,  überlagert,  welclie  der 
Zwischensubstanz  des  Microsporangiums  entspricht  und  wie  diese  aus  den  Tai)etcn- 
zellen  hervorgeht,  also  der  Spore  aufgelagert  |wird.  Die  Macrospore  bleibt  von  der 
Sporangiumwand  umschlossen,  wird  mit  dieser  von  der  Mutterpflanze  frei  und  scliwimmt 
an  der  Wasseroberfläche.  Bei  ihrer  Keimung  wird  in  dem  Plasma  am  Scheitel  durcli 
Theilung  ein  kleinzelliges  weibliches  Protliallium  gebildet,  während  die  darunter  ge- 
legene grosse  Zelle  mit  ihrem  Reiclithum  au   lleservestoffen  zu  dessen   Ernühniug  dient 

22* 


oben.  Verkleinert.  (Nach  Bischoff.)    G  Keimpflanze, 
■m.^p  Macrospore,  p  Prothallium,  a  Stengel,  b\  bo  b.^  die 
drei  ersten  Blätter,  ii  das  sogen.  Schildchen. 
(Nach  Prixgsheiji.) 


342 


Scheuck : 


uud  sich  uiclit  weiter  tlieilt.  Die  .'Sporeuliaut  platzt  in  drei  Kla])i)eu  auf,  ebenso  yprini^t 
die  SporangieuAvaiid  auf,  und  das  grüne  Protliallium  ragt  uun  als  kleines  sattelförmiges 
Gebilde  etwas  hervor.  Es  entwickelt  drei  Archegonien;  aber  nur  die  befruchtete  Ei- 
zelle des  einen  derselben  kommt  zur  Weiterentwicklung  und  zur  Anlage  eines  Embrjo, 
welcher  mit  seinem  Fuss  im  erweiterten  und  schliesslich  ge- 
sprengten Archegoniumbanch  steckt  fFig.  Ml].  Das  erste  Blatt  j). 
derKeimptiauze  Fig. 844  (' ,  hat  schildförmige  Gestalt,  es  schwimmt 
auf  der  Obertiäche  des  Wassers. 


J 


mi 


ma 


Fig.  345.    Salviuia  natans.    A,  ?^^r^  Macrosporocarpium,  ;»/ Microsporocarpinm  in  medianem 

Längsschnitt.    Vergr.  8.     B  ein  Microsporangium  von   aussen  gesehen.     Vcrgr.  55.     ( '  in 

schaumige  Zwischensubstanz  eingebettete  Microsporen.     Vergr.  250.     IJ  Macrosporangium 

nnd  Macrospore,  in  medianem  Längsschnitt. 


Vergr.  55. 


Fig.  :)4ß.  Salvinia  natans.  i\lännliclie 
l'rothallien.  .1  'J'hcilung  iler  Micro- 
sporen in  drei  Zollen,  /  -  III.  Vergr. 
8(j0.  B  fertiges  Protluillinin  von  der 
Flanke.  C  von  der  Bauchseite.  Vergr. 
(;40.  Zolle  /  hat  sich  in  die  Pro- 
thaüiuni/.ollen  n  und  ]>  gotheilt, 
p  ist  als  Ehizoidzollc  zu  deuten, 
Zelle  //  in  die  sterilen  Zellen  h,  c 
und  dieboidonspermatogcnen  Zellen 
.Si,  von  denen  jodo  zwei  ^iiorniato- 
zoidmutterzcllen  bildet.  Zelle  /// 
in  die  sterilen  >l,  r.  und  die  beiden 
siiormatogenen  Zellen  .so.  Die  Zel- 
len .s'i  .V|  und  .sj  .v.j  stellen  zwei  An- 
tiioridien  vor.  die  Zellen  //,c,'/,r' deren 
Wandun-'-szcllen.    Nach  BEi.A.iErF.i 


unu 


Fig.  ;')47.  Salvinia  natans.  Fniliryo  im  Ijängsschnitt. 
I'rothalliuni /*/•,  -s-  S])oronzolle,  e  Exinium,  p  Pcri- 


luiim,  .s/y//- Sporangi umwand,  r ?/////•  P^mbryo,  /"Fuss, 

/;/,.  ///.,,  /'/,  die  drei  ersten  lilättcr,  .sV  Stammscheitel. 

Vcrgr.  100.     (Nach  Piuxo.siikim.) 


Cryptogamen. 


343 


Bei  ^UollaJ^:  verläuft  der  Entwickhmgsg-ang  iu  älmliflier  Weise,  aber  die  Spo- 
rangien  und  Sporen  zeigen  eine  Eeihe  von  Besonderheiten.  In  den  Microsporangien 
werden  die  Sporen  durch  die  von  dem  Plasma  der  Tapetenzellen  stammende  Zwischen- 
substauz  zu  mehreren  rundlichen  Ballen,  den  sogen.  Massulae,  vereinigt.  Jede  Massula 
umschliesst  eine  Anzahl  von  Sporen  und  ist  an  der  Oberfläche  mit  gestielten  Wider- 
häkclien.  sogen.  Glochiden,  Auswüchsen  der  Zwischensubstanz,  besetzt.  Die  Sporangium- 
waud  platzt  auf  und  entlässt  die  Massulae,  welche  im  Wasser  zu  den  Macrosporen  ge- 
anü'en.  In  den  Macrosporangien,  welche  zu  je  1  in  jeder  Frucht  stehen,  wächst  nur 
eine  Spore  weiter,  verdrängt  alle  anderen  Sporenzellen,  und  presst  schliesslich  aucli 
die  Wandung  des  Macrosporangiums  selbst  flach  zusammen,  so  dass  dieselbe  dicht  an 
die  eiförmige  Sporenfruchtwandung  zu  liegen  kommt;  auch  kann  die  Sporangium- 
wandung  dabei  theilweise  aufgelöst  werden.  Das  Perinium  umgiebt  die  Macrospore  als 
scliaumiire.  mit  Vertiefungen  und  fadenförmigen  Verlängerungen  versehene  Haut  und  bildet 
an  deren  Scheitel  einen  Aufsatz  von  drei  birnförmig  gestalteten  Körperu.  Die  Massulae 
haken  sich  in  das  Perinium  fest.  Die  Sporenfrucht  reisst  am  unteren  Theile  auf.  ihr 
Scheitel  verbleibt  an  der  frei  gewordenen  Macrospore  in  Form  eines  Schirmes.  Die 
Prothalliumbildung  ist  im  Wesentlichen  mit  Salvinia  übereinstimmend;  au  den  kleinen 
wenigzelligen  männlichen  Prothallien,  die  aus  den  Massulae  hervorgestreckt  werden, 
entsteht  aber  nur  ein  einziges  Antheridium  mit  acht  Spermatozoiden. 

Die  Si)orocarpien  der  Marsiliacccn  sind  complicirter  gebaut,  enthalten  bei  Pilularia 
globulifera  vier  Fächer,  jedes  mit  einem  Sorus,  bei  Marsilia  zahlreiche  Sori  (14 — 18)  in 
zwei  Eeihen  über  einander  gelagert.  Die  Sori  beider  Gattungen  enthalten  zugleich 
Macro-  und  Microsporangien,  wälirend  bei  den  Salviniaceen  die  Sori  immer  nur  eine  Art 
von  Sporangien  umschliessen. 

Auch  bei  den  Marsiliaceen  ist  im  Grossen  und  Ganzen  der  Entwicklungsgang  ein 
ähnlicher,  jedoch  erscheinen  hier  die  Prothallien  noch  mehr  reducirt.  Die  weiblichen 
kleinen  Prothallien,   die   sich   am  Scheitel   der  Macrosporen  ausbilden,  bringen  nur   ein 


einziges  Archegonium  hervor. 


Klasse  IL 


Equisetinae,  Schachtelhalme  ''-]. 

Die  Schachtelhalme  stellen  eine  ganz  selbstständige  Klasse  vor  und  umfassen  nur 
die  Gattung  Equisetum,  die  mit  ihren  20  Arten  eine  weite  Verbreitung  auf  der  Erde 
aufweist.  Die  Arten  sind  theils  Land-  theils 
Sumpfpflanzen.  Sie  zeigen  einen  sehr  cha- 
rakteristischen Habitus  und  Aufbau  ihrer 
ungeschlechtlichen  Generation.  Aus  einem  im 
Boden  ki'iechenden,  sich  verzweigenden  Rhi- 
zom  entspringen  aufrechte  oberirdische  Halme 
von  meist  nur  einjähriger  Lebensdauer.  Bei 
Equisehun  arceme,  dem  Ackerschachtelhalm, 
sowie  auch  bei  anderen  Arten  werden  seit- 
liche kurze  Phizomäste  in  Form  von  rundliclien 
Knollen  als  Reservestoffbehlilter  und  Ueber- 
winterungsorgane  ausgebildet  (Fig.  349  2  «). 
Die  oberirdisclieu  Halme  bleiben  entweder 
einfach,  oder  sie  verzweigen  sich  iu  quirlig 
gestellte  Aeste  zweiter,  dritter  u.s.  w.  Ordnung. 
Alle  Achsen  sind  aus  gestreckten  Internodien 
zusammengesetzt,  innen  von  einem  centralen 
Luftgang  und  von  peripherischen  Luftgängen 
sowie  von  einem  Kreis  von  collateralen  Ge- 
füssbündeln  durchzogen  (Fig.  348  . 

Eigenartig  ist  die  Beblätterung  der 
Schaclitelhalme.  An-  jedem  Knoten  stellt 
ein  Quirl  von  kleinen  zugespitzten,  unter- 
wärts  in   eine  mauschettenartig  den  Stengel 


Fig.  348.  Equisetumarveiise.  Querschnitt 
durch  den  Stengel,  m  lysigene  Markhühle, 
r  Idndodermis.  <-l  Carinalhühlon  in  den  bi- 
coUatcralen  Gcfässliünileln.  rl  Vallecular- 
hühlen,  hp  Slvlerenchymstränge  in  den 
Kiefen  und  l\ipi)en,  ch  "^chlorHphyllführen- 
des  Gewel)C  der  primären  Pinde.  .-^t  Spalt- 
üfthungsrcihcn.   Vergr.  11. 


344 


Schenck: 


umschliessende  Scheide  verwachsenen  Schuppenblättern.  Die  Internodien  sind  mit  ihrer 
IJasis  somit  in  diese  Scheiden  eingeschachtelt.  Die  aufeinander  folgenden  (.^»uirle  wech- 
seln mit  einander  ab.    Die  Seitenzweige  werden  in  den  Achseln  der  Quirlscheidenblätter 


It-^n'-tii.ait  uj]ilf 


Fig.  349 


Equisetum  arvense.     7  fertilcr  Halm  mit  der  Blüthe  a.     2  unfruchtbarer,  vege- 
tativer  Halm,    (I   Iv'hizonikiioUcn.    H   Sporoiiliyll  mit   Sporangicn.     •/   die  Sporangien  mit 
\  [Läiigsriss  aufgesprungen.     J,  6',   1  Sporoii  mit  den  Spiralbändern  des  Perinium.s. 

(Nach  Wos.siDLo.) 


angelegt  und  lireelien,  da  sie  aii.s  der  engen  Scheide  nielit  nacli  oben  lierauswachscn 
können,  durch  dieselbe  nach  aussen  hervor.  Entsprechend  der  Tieduction  der  Blatt- 
spreiten überneliinen  die  Halme  die  Function  der  Assimilation  und  bilden  unter  ihrer 
Epidermis  das  chloropliyllfiilirende  Gewebe  aus. 


Cr3"ptogamen. 


345 


Die  Sporangieu  der  Schachtelhalme  werden  vou  besonders  gestalteten  Blättern, 
Sporophyllen,  erzeugt.  Dieselben  stehen  in  dicht  auf  einander  folgenden  Quirlen  am 
Gipfel  der  aufrechten  Sprosse  in  Form  eines  ovalen  oder  kugeligen  Sporangiumstandes 
oder  Sporophyllstaudes  (Fig.  349  1  a).  welcher  in  seinem  Aufbau  der  männlichen  Blüthe 
der  Coniferen  entspricht  und  demgemäss  auch  als  Blüthe  zu  bezeichnen  ist.  Der  unterste 
Quirl  ist  steril,  bildet  einen  kurzen  Kragen.  Die  Sporopliylle  selbst  haben  die  Form 
eines  gestielten  Schildes,  an  dessen  Unterseite  o— 10  sackförmige,  mit  Längsriss  auf- 
springende Sporangieu  sitzen  'Fig.  349  5,  4).  Das  sporenbildende  Gewebe  ist  im  jüngeren 
Sporangium  von  einer  mehrschichtigen  Wandung  umgeben.  Während  die  inneren  Lagen 
als  sogen.  Tapetenzellen  aufgelöst  werden  und  mit  ihrem  Plasma  zwischen  die  sich  ab- 
rundenden Sporen  eindringen,  bleibt  bei  der  Reife  nur  die  äussere  Schicht  als  definitive 
Wandung  erhalten ;  ihre  Zellen  erhalten  Spiral-  und  Ringfaserverdickungeu  iind  gleichen 
die  Sporangieu  darin  ganz  den  ihnen  homologen  PoUensäckeu  der  Phanerogamen.  Das 
geöffnete  Sporangium  entleert  zahlreiche  rundliche  grüne  Sporen  mit  höchst  eigenthüm- 
lich  l)eschaÖener  Membranbilduug.  Ausser  der  eigentlichen,  aus  Intine  uud  Exino  be- 
stellenden Sporenmembran  ist  ein  dieser  von  dem  Plasma 
der  Tapeteuzelleu  aufgelagertes  Perinium  (Ejuspor;  vorhanden. 
Dasselbe  besteht  'Fig.  349  5—7]  aus  zwei  spiralig  ge- 
wundenen, an  einem  Punkt  sich  kreuzenden  Bändern,  die 
sich  beim  Austrocknen  der  Sporen  ablösen  und  ausbreiten. 
bei  Zutritt  von  Feuchtigkeit  aber  wieder  zusammenlegen  und 
durch  ihre  hygroskopischen  Bewegungen  dazu  dienen,  die 
Sporen,  welche  eingeschlechtliclie  Prothallien  bilden,  in 
einander  zu  haken. 

Bei  gewissen  Schachtellialmarten  hat  sich  ein  Unter- 
schied in  der  Ausgestaltung  der  oberirdischen  Halme  heraus- 
gebildet. Theils  bleiben  dieselben  steril,  verzweigen  sich 
reichlich,  theils  tragen  sie  an  ihrem  Ende  die  Blüthen  und 
verzweigen  sich  dann  später  sparsamer  oder  überhaupt 
nicht  in  unfruchtbare  Seiteuzweige.  Am  ausgeprägtesten 
ist  dieser  Unterschied  bei  Equisetum  arvense  und  E.  Telma- 
trja ,  bei  denen  die  fertileu  Halme  ganz  einfach  sind,  an 
ihrem  Ende  mit  einer  einzigen  Blüthe  abschliessen  (Fig.  349  1) 
und  sich  auch  durch  den  Mangel  des  Chlorophylls  und 
ihre  blassgelbliche  Färbung  von  den  vegetativen  Halmen 
unterscheiden.  Sie  verhalten  sich  also  gleichsam  wie  auf 
dem  Rhizom  lebende  parasitische  Sprosse. 

Die  Sporen  sind  sämmtlich  von  gleicher  Beschaffen- 
heit und  keimen  zu  thallösen  Prothallien  aus.  Die  Pro- 
thallien sind  meist  diöcisch.  Fig.  350  stellt  ein  männliches 
Prothalliura  von  Equisetum  arvense  dar  mit  den  zuerst  gebildeten  in  das  Gewebe  etwas 
eingesenkten  Antheridien  a.  Die  weiblichen  Prothallien  erreielien  bedeutendere  Grösse 
und  verzweigen  sich  reichlicher  in  dorsiventrale  krause  Lappen,  an  deren  Grunde  die 
Archegonien  sitzen.  Letztere  sind  ganz  älmlicli  wie  bei  den  Farnen  beschaffen,  nur 
sind  die  obersten  Zellen  des  aus  vier  Zellreilieu  bestehenden  PLalses  stark  verlängert 
und  biegen  sich  bei  der  Oeffiiung  des  Archegoniums  stark  nach  aussen  um.  Auch  die 
Embryoentwicklung  stimmt  im  Wesentlichen  mit  den  Farnen  überein,  nur  treten  die 
ersten  Blätter  gleich  in  einem  Quirl  angeordnet  auf  und  umwallen  ringförmig  den 
Stammscheitel,  welcher  mit  dreiseitiger  Scheitelzelle  weiterwäclist  (Fig.  103,  1(54,  S.  123». 
Die  äusseren  Membranen  der  Stengelepidermis  sind  bei  den  Schachtelhalmen  mehr 
oder  weniger  stark  mit  Kieselsäure  imprägnirt,  in  besonderem  Maasse  bei  Equiseünu 
hiemnle,  welches  ebenso  wie  auch  E.  arvense  in  Folge  dessen  z\un  Scheuern  von 
metallenen  Gefässen,  zum  Polireu  von  Holz  und  zu  ähnliclien  Zwecken  Verwendung 
findet. 

Das  im  tropischen  Amerika  einlieiniische  EquiscUini  fil(inntru))i.  ist  die  grösste  Art 
der  Gattung,  sie  erhebt  sicii  lialbklettemd  im  Gesträuch  mit  ilireu  bis  2  cm  dicken 
quirlig  verzweigten  Halmen  bis  über  12  m  llölie. 


Fig.  350.  Equisetum  ar- 
vense. Männliches  Pro- 
thallium mit  drei  Anthe- 
ridien a.  Yergr.  200.  (Nach 
Hofmeister.) 


346 


Schenck : 


Klasse  III. 

Lycopodinae,  Bärlappgewächse. 

Zu  den  Lycopodinae  gehören  als  wichtigste  und  verbreitetste  Gattungen 
Lycopodiuni,  SeJagindla  und  Isoeies.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  übrigen 
Pteridophyten,  unter  denen  sie  sich  am  ehesten  noch  an  die  eusporangiaten 

Filices  anschliessen  lassen, 
durch  iliren  Habitus  und 
ihre  SporaugienentWick- 
lung. 

Wälirend  bei  Filicinen 
und  Equisetinen  die  Sporo- 
phylle  stets  zahlreiche  Spo- 


rangien 


erzeugen,    tragen 


■ä 


t4# 


Sie  hier  diese  Organe  in 
der  Einzahl  am  Grunde  der 
Blattoberseite  oder  in  ihrer 
Achsel.  Bei  manchen  Ly- 
copodinen  sind  die  Sporo- 
phylle  von  den  sterilen 
Blättern  kaum  verschieden, 
bei  den  meisten  aber  an- 
ders gestaltet  und  an  den 
Sprossenden  zu  ährenför- 
niigen  Sporopliyllständen 
oder  BlUthen,  ähnlich  wie 
bei  Equisetum,  vereinigt. 
Die  Sporangien  der  Lyco- 
pddiaceen  sind  im  Verhält- 
niss  zu  den  Blättern  relativ 
gross ,  sie  entstehen  aus 
einem  sich  vorwölbenden 
Gewel)ehöcker,  welcher  aus 
der  Epidermis  und  den 
darunter  gelegenen  Zellen 
hervorgeht,  also  in  der- 
selben Weise  Avie  bei  den 
eusporangiaten  Filices  und 
den  E(iuisetinen ,  während 
bei  allen  übrigen  Pterido- 
pliyten  das  Sporangium 
stets  aus  einer  Epidormis- 
zelle  aUein  seinen  Ursprung  nimmt.  Die  innerste  Schicht  der  Wandung, 
Tapetenschiclit,  wird  niclit  aufgelöst.  Ivingbildung  feldt.  Die  S])orangien 
ötthen  sieb  durch  eine  über  den  Scheitel  laufende  S])altc  mit  zwei  Kbii)i)en. 
Die  Spalten  sind  durcli  zwei  Beilicn  dünn  blci])ender  Zellen  vorgebildet.  Nur 
bei  Isoetes  werden  die  S])oren  durcii  \'erwesung  der  Sporangiumwand  frei. 
Während  Lycupddium  lioinospore  Sixtrangien  aufweist,  trcfien  wir  bei  den 
übrigen  Lycop(»dinen  Jleteros])orie  au  und  zugleich  eine  weitgehende  lleduction 
und  sehr  eigenartige  Ausbildung  des  Protlialliunis;  bei  Lyc(i]i(idiuni  dagegen 
sind  die  Protliallien  avoIiI  entwickelt  und  zeigen  unter  allen  l'teridopliyten 
die   comi)liciiteste  Structur.     Im  Verhalten   der   geschlechtlichen   Generation 


^i^^y. 


Fig.  351.  Lycopodium  clavatum.  1  Sporangien  tragende 
Pflanze.  2  schu]jj)enfiirraigcs  Sporophyll  mit  dem  Spo- 
rangium.   •!>'  Sporen  stark  vergrüssert.    (Nach  Wossiülo.) 

Oificinell. 


Cryptogamen. 


347 


erimieni  die  heterosporeu  Lycopodinen  vielfach  un  die  ebenfalls  heterosporeu 
Hydropteriden. 

Charakteristisch  filr  die  Lycopodinen  ist  die  dichotome  Verzweigung- 
ihrer  Stengel  (Fig.  18,  19,  S.  15)  nnd  Wurzeln.  Nur  die  Gattung  Isoetes 
hat  einen  uuverzweigten  knolligen  Stamm. 

1.  Ordnung.    Ijycopodiaceae['^). 

Die  zalilreichen  über  die  ganze  Erde  verbreiteten  Arten  der  Gattung  Lycopodium, 
Bärlapp,  sind  krautige,  meist  erdbewolmeude  Gewächse;  in  den  Tropen  giebt  es  aber 
auch  epiphytische  Formen.  Eine  der  häufigsten  Arten  unserer  Flora  ist  Lycopodium 
elaratiDii.  Der  Stengel  dieser  wie  auch  anderer  Arten  kriecht  weit  über  den  Boden  hin, 
verzweigt  sich  gabelig  in  aufsteigende  Seitenäste  und  ist  dicht  mit  liueali)tnemlichen 
kleinen  Blättchen  besetzt.  Auf  der  Unterseite  der  Stengel  entspringen  dichotom  ver- 
zweigte Wurzeln  (Fig.  351).    Die  ährenfürmigen  Blütheu   stehen   zu  zwei  oder  melircren 


Fig.  352.     Lycopodium   cernuum.     .1   Prothallium  mit   zwei  Archegonien    nr   und    einem 

Antheridium    an.      Vergr.   70.      B   älteres    Prothallium   p    mit    ansitzender   Keimpflanze. 

Vergr.  15.     G  Schnitt    durch    ein  Antheridium.     Vergr.  250.     I)  Archegonium,    o   Eizelle. 

be  Bauchcanalzelle,  lie  aufgelöste  Halscanalzelle.    Vergr.  250.     (Nach  Tiieüb.) 


an  den  Enden  von  aufrechten  dichotom  verzweigten  Stengeln  und  setzen  sicli  aus  dicht 
auf  einander  folgenden  S])or(»pliylIen  zusammen.  Die  Letzteren  liaben  andere  P'orm 
wie  die  sterilen  Stengelblätter,  sind  breit  schuppenförmig,  laufen  in  eine  lange  Spitze 
aus  und  tragen  am  Grunde  ihrer  Oberseite  je  ein  grosses  nierenförmiges,  durcli  eine 
Quersi)alte  zweiklappig  aufspringendes  Sporangium  mit  zahlreichen  winzigen  Sporen 
(Fig.  351  2). 

Das  einheimische  Lycopodium  Selayo  weicht  in  seinem  Habitus  von  den  übrigen 
Arten  ab,  seine  gabelig  verzweigten  Stengel  sind  alle  aufreclit  und  die  Sporophyllstände 
sind  von  der  vegetativen  Kegion  der  Zweige  nicht  abgesetzt. 

Die  Lycopodiumsporen  sind  alle  gleichgestaltet,  in  Folge  ilirer  Entstehung  in 
Tetraden  von  kugeltetraedrischer  Gestalt,  llire  Exine  ist  mit  nctzfriniiigeu  Verdickungs- 
leisten  versehen. 

Die  aus  den  Sporen  hervorgehenden  Prothallien  sind  erst  für  eine  klciiicrc  .\ir/.ahl 
von  Arten  bekannt  geworden  und  zeigen  bemerkenswerthe  Verscliiedenlieiten.  Bei 
Ij.  flfirntitm  und  dem  nahe  verwandten  L.  annofiiuDn  stellen  sie  uiitcrii'disclic,  sajiro- 
pliytiscli  lebende,  kleine  weissliche  Kuöllchen  dar,  welche  anfangs  kreisclfiirinig  gestaltet. 


348  Sehen  ck: 

später  durcli  Auswachsen  der  IJandpartie  zu  vielirestaltisi-en .  becherförmigen,  wulstigen, 
buchtig  gelappten,  bis  ca.  2  cm  grossen  Gewebekürpern  werden,  die  mit  langen  Wurzel- 
haaren besetzt  sind  und  auf  ilirer  oberen  Fläche  zahlreiche  Antheridien  und  Archegonien 
tragen.  Bei  L.  coiiqilninihiiii  sind  diese  unterirdischen  Gewebekörper  rübenförniige.  bei 
L.  Selaijo  dagegen  rundliche  oder  cylindrisch  langgestreckte  und  gekrümmte  Knüllchen. 
welche  bei  letzterer  Art  auch  an  der  Oberfläche  des  Erdbodens  sich  entwickeln  können 
und  dann  ergrünen.  Anders  dagegen  verhält  sich  das  auf  feuchtem  Torfboden  lebende 
kleine  L.  inundatum  unserer  Flora  und  das  troijische  mit  aufrechten  reichverzweigteu 
Sprossen  versehene  L.  cernuum  (Fig.  352),  deren  Prothallien  kleine  im  Boden  steckende 
und  mit  Rhizoiden  befestigte  chloropliyllarme  Gewebekörper  vorstellen,  die  am  ol)ej-en 
Ende  grüne  oberirdische  Thalluslappen  entsenden.  Die  Archegonien  entspringen  am 
Grunde  dieser  Thallusla])pen,  die  Antheridien  auch  auf  den  Lappen  selbst. 

Die  Prothallien  sind  alle  monöcisch.  Die  Antheridien  (Fig.  352  C .  sind  in  das  Ge- 
webe etwas  eingesenkt  und  umsehliessen  zahlreiche  Spermatozoidmutterzelleu.  aus  denen 
die  kleinen  ovalen,  unter  ihrer  Spitze  zwei  Cilien  tragenden  Spermatozoiden  frei  werden. 
Die  Archegonien  (Fig.  352  D)  sind  ähnlich  wie  bei  den  Farnen  beschaffen,  haben  aber 
einen  kürzeren  TTalstheil.  dessen  oberste  Zellen  beim  Oeffnen  zu  Grunde  gehen.  Die 
Zahl  der  Ilalscaualzcllen  ist  bei  den  einzelnen  Arten  verschieden  (1,  3 — 5,  oder  6 — 10). 
Die  Embryoeutwicklung  verläuft  in  anderer  Weise  als  bei  den  Farnkräutern  und  zeigt 
gewisse  Aehnlichkeit  mit  derjenigen  von  Selaginella  Fig.  357).  Es  Mird  ein  Embryo - 
träger  oder  Suspensor  gebildet,  der  aber  auf  dem  Fussende  des  Embryos  oder 
zwischen  Fuss  und  Stammknospe  steht. 

Officinell  sind  die  Sporen  von  Liicopodhnn  davatum  und  anderer 
Arten  (Lyeopodium,  riiarm.  oerra..  aiistr.,  helv.).  Sie  werden  als  Hexen- 
mehl bezeichnet. 

2.  Ordnung,    Sela(jmellaceaei^% 

Die  (Gattung  SdcKjuwUa  ist  bei  uns  nur  durch  einige  wenige  Arten,  in  den  Trojien 
dagegen  durch  zahlreiche  Formen  vertreten.  Sie  besitzen  tlieils  niederliegende  am  Boden 
kriechende,  reich  gabelig,  mit  sympodialer  Ausbildung  verzw-eigte,  theils  aufrechte  ver- 
zweigte Stengel,  einige  sind  rasenbildend,  andere  klettern  sogar  mit  mehrere  j\Ieter 
langem  Stengel  im  Gesträuch  empor.  Im  Allgemeinen  haben  die  Selaginellen  äliulicheu 
Habitus  wie  die  Lycopodiuen,  ihr  Stengel  ist  mit  kleinen  schuppenartigeu  Blättchen  und 
zwar  meist  in  dorsiventraler  Anordnung  besetzt,  so  bei  der  in  den  Alpen  einheimischen 
Srhiffinrlla  lieh-rtica  Fig.  353),  deren  Stengel  zwei  Eeihen  kleiner  sogen.  Oberblätter,  und 
zwei  Reihen  diesen  gegenüberstehender  grösserer  Unterblätter  trägt.  Die  Blätter  der 
Selaginellen  sind  ausgezeichnet  durch  eine  der  Blattoberseite  am  Grunde  entspringende 
kleine  häutige  I>igula. 

Die  Sporopliyllstände  üderiUüthen  verhalten  sich  ähnlich  wie  beiLycoi)udiuui,  sind  rnd- 
ständig,  einfach  oder  verzweigt,  radiär,  seltener  dorsiventral.  Jedes  Sporophyll  trägt  nur  ein 
über  der  Blattachsel  aus  dem  Stengel  entspringendes  Sporanginm.  In  derselben  Blüthe 
treten  sowohl  Macro-  als  auch  Microsporangien  auf.  In  den  erstcren  (Fig.  354,1 — C 
gehen  die  angelegten  Sporenmutterzellen  alle  zu  Grunde  bis  auf  eine,  welche  die  vier 
grossen  paarweise  gekreuzten  und  die  Sporangienwand  buckelig  vorwölbenden  Sporen 
liefert.  Das  Aufspringen  vollzieht  sich  auf  vorgezcicJineten  Dchiscenzlinien  in  zwei  auf 
einem  basalen  kalinförmigen  Theile  stehenden,  sich  zurückkrümmenden  Klajjpcn  :  durch 
den  Druck  des  sich  verengernden  Kahntheils  und  der  Klappen  werden  die  Sporen  heraus- 
geschleudert. In  den  flachen  (Microsporangien  sind  zahlreiche  kleine  Sjjoren  vorhanden. 
Die  OctViiung  geschieht  hier  in  ähnlicher  Weise,  nur  ist  der  kahnförmigc  'l'iieil  viel 
kürzer,  die  Klappen  reichen  fast  bis  zur  Basis. 

Die  Micro  Sporen  beginnen  ihre  Weiterentwicklung  schon  innerhalb  des  Sporanginms. 
Die  Sj)orenzelle  theilt  sicii  zuiiäclist  in  eine  kh'iue  linsenförmige,  der  IMiizoidzelle  von 
Salvinia  (Fig.  346)  entsprechende  Zelle  un<l  in  eine  grosse  Zelle,  welche  successive  in 
acht  sterile  rrothallien-  oder  WandzeHeii  \\w\  zwei  oder  vier  centi-ale  spermafngene 
Zellen  sich  \\citer  tlieilt  'l'ig.  355  J.  Durcli  weitere  Theilung  der  letzteren  Zellen,  die 
ein  einziges  Anrlieridium  \  (»rstellen,  entstehen  die  sicli  .ihinndenden  Spermatozoidmutter- 
zellcn  in  grösserer  Anzahl  7/ — D).  Die  Wandzellcn  lösen  alsdann  ilire  Wände  auf  und 
werden  zu  einer  Schleimschicht,  in  welcher  die  centrale  Masse  der  Spermatozoidmutter- 


Cryptogamen. 


349 


zelleu  eingebettet  liegt  {E,.  Die  kleine  Protliallinmzelle  bleibt  hingegen  erhalten.  Das 
ganze  männliche  Prothallinm  ist  bis  zu  diesem  Stadium  von  der  Microsporenhaut  noch 
umschlossen:  schliesslich  bricht  diese  auf  und  die  Mutterzellen  werden  frei,  um  die 
keulenförmigen,  an  der  Spitze  mit  zwei  langen  Cilien  versehenen  Samenfäden  zu  ent- 
lassen. Die  Bildung  dieses  reducirten  Prothalliums  erinnert  an  die  gleichartigen  Vor- 
gänge bei  den  Hydropteriden. 


Fig.  353.  A  SelagineJla  helvetica.  Nat.  Gr. 

(Nach  der  Natur.)    B  S.  denticulata,  Keim- 

pflänzchen  mit  der  Macrospore.  Vergr. 

;Xach  Bischoff., 


Ö^M^Ä 


Fig.  354.  Selaginella  helvetica.  A  Macro- 
sporangien  von  oben  mit  Dehiscenzlinie  d. 
B  geöffnet  von  der  Seite,  die  vier  Macro- 
sporen C  ausgeschleudert.  D  Microsporan- 
gien  in  der  Achsel  des  Schuppenblattes  von 
innen,  E  geöffnet,  F  Microsporen. 
Yerg-r.  ca.  15. 


Fig.  3Ö5.  .1 — 7i7  Selaginella  stolonifera.  Vergr.  040. 
Keimung  der  Micro.sporen,successive  Stadien, 7^  Pro- 
thalliumzolle als  Khizoidzelle  aufzulassen,  ir  An- 
theridiumwandzellen,  s  spermatogcne  Zellen.  ^1,  B, 
D  von  der  Seite,  G  vom  Kücken.  In  E  die  Pro- 
thalliumzelle nicht  sichtbar,  die  Wandzellcn  auf- 
gelöst, umgeben  die  Spermatozoidniutterzellon. 
F  Sei.  cuspidata.  Spermatozoiden.  Vergr.  780. 
Nach  Belajeff., 


Fig.  356.  Selaginella  Martensii.  Weib- 
liches Prothaliium,  aus  der  am  Scheitel 
geöffneten  Macrosporeninembran  s])iih 
hervortretend,  ar  unbefruchtet  geblie- 
benes Archegonium,  rinlj\,  cmh-i  zwei  in 
das  Prothalliumgcwcbc  eingesenkteEm- 
bryoncii  mit  doii  Embryoträgeni  d. 
Vergr.  124.    Combinirt  nach  Pfeffer.) 


350 


Schenck: 


Auch  die  Macrosporen  beginuen,  allerdings  nicht  bei  allen  Arten,  ihre  Weiter- 
entwicklung schon,  wenn  sie  noch  im  Sporaugimn  eingeschlossen  liegen.  Der  Zellkern 
theilt  sich  in  Tochterkerne,  die  in  dem  Wandplasma  am  Scheitel  sich  vertheileu,  und 
nun  beginnt  hier  die  Ausbildung  von  Zellwiinden.  So  wird  vom  Scheitel  bis  zur  Basis 
fortschreitend  die  Spore  durch  Vielzellbildung  ganz  mit  grossen  Prothallienzellen  an- 
gefüllt; zugleich  beginnt  aber  auch  in  derselben  Richtung  die  weitere  Theilung  dieser 
Zellen  in  kleinzelliges  Gewebe.  In  dem  kleinzelligen  Gewebe  werden  am  Scheitel  einige 
wenige  Archegonien  angelegt  und  zwar  manchmal  bereits,  wenn  die  Spore  noch  nicht 
vom  Prothalliumgewebe  ganz  ausgefüllt  ist.  Meist  werden  die  Archegonien  erst  ge- 
bildet, wenn  die  Sporen  ans  dem  Sporangium  entleert  sind. 

Die  Sporenwand  platzt  schliesslich  am  Scheitel  auf  und  das  kleinzellige  farblose 
Prothalliura  tritt  etwas  hervor  und  bildet  auch  einige  Rhizoiden.  Es  erfolgt  dann  die 
Befruchtung  von  ein  oder  zwei  Archegonien  und  die  directe  Weiterentwicklung  der 
befruchteten  Eizellen  zum  Embryo  (Fig.  356). 


Fig.  357.  Selaginella  Martensii.  Längsschnitt  durch 
einen  noch  nicht  aus  der  Spore  hervorgebrochenen  Em- 
bryo, et  Embryoträger,  ^r  Wurzel,  /"Fuss.  W  Blätter,  lig 
Ligula,  d  Stammseheitel.    Yergr.  165.    [Nach  Pfp:ffer. 


Fig.  358.   Isoetes  lacustris. 
1/.,  nat.  Gr. 


In  der  Entwicklung  des  Embryo  erinnert  Selaginella  mit  einigen  Unterschieden 
am  meisten  an  Lycopodium.  Das  Ei  theilt  sich  durch  eine  Querwand  in  zwei  Zellen 
und  die  obere  derselben  vergrössert  sich  stark,  geht  in  ihrer  unteren  Partie  noch  einige 
'J'heilungen  ein  und  wird  auch  hier  zu  dem  Embryotriiger  oder  Suspeusor  Fig.  357  d), 
^\;illreud  aus  der  unteren  Zelle  durch  weitere  Tlieiluugen  der  sich  in  das  erste  Blatt- 
paar, den  Stammscheitel,  Wurzel  und  Fuss  gliedernde  Embryo  hervorgeht  (w,  /",  bl,  st). 
Der  Fuss  hat  hier  eine  andere  Lage  als  bei  Lycopodium.  Schon  an  dem  ersten  Blatt- 
Ijaar  treten  die  l^ignlargebilde  als  Aussprossungen  der  Blattbasis  auf  [//'(j). 

Der  Embryoträger  steht  senkrecht  zur  Achse  des  Keimlings  und  dient  dazu,  den 
sich  entwickelnden  Embryo  in  das  Prothalliumgewebe,  aus  dem  er  seine  Xährstoffc 
mittels  des  Fusses  bezieht,  vorzuschieben.  Schliesslich  wächst  der  Sprossscheitel  mit 
dem  ersten  Blattpaar  nach  oben,  die  Wurzel  nach  unten  aus  der  Macrospore  hervor; 
die  junge  Keimpflanze  bleibt  mit  dem  Fuss  in  dem  Prothalliumgewebe  derselben 
stecken,  so  dass  das  Ganze  den  Eindruck  eines  keimenden  Pliauerogamensamens  her- 
vorruft (Fig.  353  Bj. 

3.  Ordufim/.    Isoetaceae{'^). 

Hierher  gehört  nur  die  isolirt  stehende  Gattung  Jsoc/^s,  Brachsenkraut,  die  als  selbst- 
ständiger Zweig  der    in    iViilien  Erd])eriodcn  viel  formenreicheren  Klasse  anzusehen   ist, 


Crj'ptogamen.  351 

übrigens  auch  einige  Bczieliuugen  zu  den  eusporangiaten  Filices  aufweist.  Die  Isoetes- 
Arten  sind  tlieils  untergetauchte,  theils  auf  feuchtem  Boden  lebende  perennirende  Kräuter 
mit  knolliger  gestauchter  Achse,  die  nach  unten  ein  Büschel  von  dichotom  sicli  gabelnden 
Wurzeln,  nach  oben  eine  dichte  Eosette  von  langen  pfriemfürmigen,  steifen,  von  vier 
Luftcanälen  durchzogenen  Blättern  trägt  (Fig.  358).  Die  Blätter  verbreitern  sich  am 
Grunde  zu  einer  breiten  Scheide  und  sind  an  der  Innenseite  über  der  Insertion  mit 
einer  länglichen  grubenartigen  Vertiefung,  der  Fovea,  versehen,  auf  deren  Grunde  ein 
einziges  sitzendes  grosses  Sporangium  erzeugt  wird.  Ueber  der  Fovea  ist  die  Ligula 
als  dreieckiges  Häutchen  mit  eingesenkter  Basis  inserirt.  Im  Habitus  weicht  also  Isoetes 
von  den  übrigen  Gattungen  bedeutend  ab,  mit  Selaginella  ist  ihr  die  Ligula  gemeinsam. 

Die  Macrosporangien  sitzen  an  den  äusseren  Blättern  der  Eosette,  die  ihnen  ähn- 
lichen Microsporangien  an  den  inneren.  Beide  sind  hier  von  querverlaufenden  sterilen 
Gewebesträngen  durchsetzt  und  unvollständig  gefächert.  Die  Sjjoren  werden  erst  durch 
Verwesung  der  Behälter  frei. 

Die  Entwicklung  der  geschlechtlichen  Generation  geschieht  in  ähnlicher  Weise  wie 
bei  Selaginella.  Das  reducirte  männliche  Prothallium  entwickelt  sicli  bereits  in 
der  Spore.  Es  Mird  auch  hier  die  Sporeuzelle  in  eine  kleine  linsenförmige  Prothallium- 
zelle und  eine  grössere,  als  Anlage  eines  einzigen  Antheridiums,  zerlegt.  Die  grosse 
Zelle  theilt  sich  weiter  in  vier  sterile  Wandzellen,  welche  allseitig  zwei  centrale  si)er- 
matogene  Zellen  umscliliessen.  Aus  jeder  der  letzteren  entstehen  zwei  Spermatozoid- 
mutterzellen,  im  Ganzen  also  vier,  die  nun  nach  dem  Aufplatzen  der  Sporeuhülle  nach 
aussen  gelangen  und  die  spiralig  gewundenen,  mit  Anhang  versehenen  und  am  vorderen 
Ende  mit  einem  Cilienbüschel  besetzten  Samenfäden  entlassen.  Wie  bei  Selaginella 
bleibt  auch  hier  das  weibliche  Prothallium  in  der  Macrospore  eingeschlossen  und 
ist  nicht  zu  selbstständigem  Wachsthum  befähigt.  In  seiner  Bildung  zeigt  es  wäe  bei 
Selaginella  Annäherung  an  die  Coniferen,  indem  zunächst  der  Kern  der  Macrospore  in 
zahlreiche  freie  wandständige  Tochterkerne  sich  theilt,  bevor  die  Zellwände,  vom  Scheitel 
der  Sjiore  zur  Basis  längs  der  Wandung  fortschreitend,  angelegt  werden.  Die  ganze 
Spore  wird  so  mit  einem  Prothallium  erfüllt,  an  dessen  Scheitel  die  Archcgonien  zur 
Entwicklung  kommen.  Der  Embrj'o  besitzt  keinen  Embryoträger.  Im  Bau  des  Embryos 
und  der  Spermatozoiden  entfernt  sich  Isoetes  von  den  übrigen  Lycopodineen. 


Die  fossilen  Cryptogamen  ('''). 

Die  aus  früheren  Erdperioden  in  fossilem  Zustand  erhaltenen  Eeste  von  C'rypto- 
gamen  geben  uns  über  die  phjiogenetischen  Beziehungen  der  Klassen  der  Thalloph\teu 
und  Bryojihyten  keinerlei  Aufscliluss.  Verbindende  Formen  zwisclien  Algen  und  Moosen 
wie  auch  zwischen  Moosen  und  l'teridophyteu  sind  bis  jetzt  nicht  nachgewiesen  worden: 
dahingegen  liat  die  Phytopaläontologie  uns  mit  interessanten,  schon  frühzeitig  aus- 
gestorljenen  Typen  der  -Pteridopliyten  l)ekannt  gemacht,  welche  das  Sj'Stem  der  jetzt 
lebenden  Farne,  Schachtellialme  und  Bärlapiie  wesentlich  ergänzen  und  zum  Theil  auch 
den  üebergang  von  den  Farnen  zu  den  Gymnospermen  vermitteln. 

.  Weitaus  die  meisten  Thallophyten  sind  in  Folge  ihrer  zarten  Structur  zu  fossiler 
Erlialtung  ül»erhaui)t  nicht  geeignet.  Aus  dem  Mangel  von  Pesten  manclier  Tlialloi)hyten- 
klassen  in  älteren  Scliicliteu  ist  also  der  Schluss  auf  die  damalige  Nichtexistenz  derselben 
nicht  zulässig.  Eeste  von  Algen  unbestimmbarer  Verwandtschaft  sind  schon  im  Silur 
gefunden.  Unter  den  Algenresten  lassen  sich  am  sichersten.  Dank  ilir(n-  guten  F.rhaltung, 
die  zu  den  Siphoneen  geliörigen  Kalkalgen  bestimmen,  von  denen  man  zahlreiche 
Formen  aus  dem  Tertiär,  bis  hinab  zum  Silur,  nachgewiesen  hat,  während  die  mit  Kalk 
incrustirten  Oorallinern,  zu  den  Eothalgen  gehörend,  vom  obern  .Iura  aufwärts  ersclieiiien. 
Unter  den  einzelligen  Algen  sind  die  mit  verkieselter  Membran  verseheneu  Diatomeen 
ebenfalls  gut  erhalten,  vom  .Iura  an  aufwärts,  besonders  in  Kreide  und  Tertiär  oft  in 
miicliti.i;-en  Lagern  von  Kieselgulir  vertreten,  und  sämmtlicli  nocli  jetzt  lebenden  (Jattungeii 
angeliörend.    Die  Characccii  ersclieinen  ziemlicli  häutig  vom  Tertiär  ab,  und  geiien  liinalj 


352  Schenck: 

in  einzelnen  liegten  bis  zum  ^Muschelkalk,    l'ie  meisten  jetzt  lelienden  Al;^ensip]ien  sind 
erst  vom  Tertiär  an  sicher  nachweisbar. 

Bacterien  dürften  seit  den  ältesten  Zeiten  ihre  Zersetzung-sarbeit  an  organischen  Sub- 
stanzen verrichtet  haben  und  konnten  zum  Beispiel  in  rflanzenresten  aus  dem  Carbon 
erkannt  werden.  Audi  die  lhjith(niiijcctcn  und  wahrscheiulicli  aucli  die  Mijxoinycetcn  waren 
im  Carbon  schon  vertreten;  so  sind  Ascomyceten  in  Blättern  und  Stämmen  in  allen 
Schichten  vom  ('arlion  an  gefunden.  Reste  von  Flerldm  Jetzt  noch  lebender  Gattungen 
ersclieincn  im  Tertiär. 

II.  Von  Bryophyfen  entstammen  die  meisten  der  im  Allgemeinen  sparsam  fossil 
erhaltenen  Formen  dem  Tertiär  und  zeigen  die  grösste  Aehulichkeit  mit  recenten  Gattungen. 
Nur  vereinzelte  Ueste  von  Leber-  und  Laubmoosen  fanden  sich  in  älteren  Schichten,  im 
Jura,  in  der  oberen  Trias. 

III.  Die  Pteriflophyten  reichen  in  der  Eeihe  der  Formationen  bis  in  das  Silur 
zurück,  herrschen  im  Carbon  vor,  indem  sie  die  Hauptmasse  der  Landvegetation«  der 
Steinkohlenflora  lieferten,  und  treten  dann  weiterhin  zurück  gegenüber  den  hiJheren 
Stufen  der  (Jymnospermen  und  schliesslich  der  Angios})ernien. 

1.  Die  Klasse  der  Filicinae  ist  in  der  Ordnung  der  FiUceti,  Farnkräuter,  schon 
vor  dem  Ende  des  Silurs  und  besonders  reich  im  Carbon  vertreten.  Sie  zeigten  in  den 
paläozoischen  Schichten  bereits  im  Wesentlichen  dieselbe  Organisation;  die  meisten 
der  heute  lebenden  Familien  waren  vertreten,  und  einzelne  derselben  z.  B.  die  Marat- 
tiaceen)  sogar  in  grösserem  Artenreichthum.  xVus  den  Filicinen,  welche  ^g'^^w  die 
übrigen  Klassen  scharf  abgesetzt  sind,  dürften  durch  Vermittlung  der  allerdings  nur  in 
ihren  vegetativen  Organen  bekannten  Cyeadofilicrs,  Farn-ähnlichen  Gewächsen  mit  secun- 
därem  Dickenwachsthum  der  Gefässbündel,  die  Phanerogameu,  zunächst  die  Cycadaceen 
hervorgegangen  sein,  während  die  übrigen  Klassen  der  Pteridophyten  keine  Weiterbildung 
zu  höheren  Stufen  erfuhren. 

Die  Wadnerfurur  sind  mit  Sicherheit  meist  erst  im  Tertiär  nachweisbar,  Salvinia 
und  Marsilia  lassen  sich  aber  auch  bis  in  die  Kreide  zurückverfolgen. 

2.  Die  Klasse  der  EquiseUnae,  heute  nur  noch  in  der  einzigen,  bis  in  die  Trias 
zurückreichende  (Jattung  Equisctum  vertreten,  war  im  I'aläozoicum  sehr  reich  entwickelt 
in  der  grossen,  l)esonders  im  Carbon  sehr  häufigen  Ordnung  der  Calamarieen ^  haltituell 
den  Schachtelhabiien  äliidicJie,  in  einzelnen  Arten  wohl  bis  80  m  hohe  baumartige  Ge- 
wächse, deren  mit  l'eriderm  bedeckte,  hohle,  monojjodial  quirlig  verzweigte  Stämme 
{Calamites)  secundäres  Dickenwachsthum  aufwiesen.  Ihre  Blätter  {Annulariä)  standen  in 
abwechselnden  (Quirlen,  waren  schmallanzettlich,  anfangs  zu  einer  Scheide  verl)unden, 
S])äter  sich  trennend,  und  in  dem  ältesten  Typus  ArchacocaJamitcs  noch  dichotom  ge- 
tlieilt.  Die  Sporangienstände  oder  Blüthen  Cdlumostachijs)  hatten  theils  denselben  l>au 
wie  Equisetum,  bei  den  meisten  aber  complicirteren,  indem  sie  sich  aus  abwechselnden 
l^tuirlen  von  Schu])penblättern  und  SiK)ro])hylIen  zusammensetzten.  Interessant  ist  die 
Thatsache,  dass  die  Calamaricen.  z.  Tli.  Aveiiigstens.  lietcrospor  waren. 

H.  Auch  die  Klasse  der  JjycopoiJ Inae  war  in  den  |)nläozoisehen  Epo<-li('u  uiigcmcin 
reich  A-ertreten  und  zwar  in  erster  Linie  in  den  zwei  grossen  ausgestorbenen  Onlniiiigcn 
der  SicjiHarircn  und  der  Lfjndudmdrmi.  Die  SiyiUurltiii  sind  vom  Cuhn  ab  geriiiMlcii, 
im  Carbon  am  artenreichsten  und  reichen  mit  einer  Art  ihhIi  in  den  Buntsandstein  liiuciu. 
Es  waren  stattliche  baumartige  (iewächse  mit  mäclitigen  in  die  Dicke  wachsenden  süiilcn- 
förmigen,  meist  einfachen  oder  nur  wenig  gegabelten  Stännnen,  oben  mit  langen  plViem- 
liclien  Blättern  versehen,  am  Schafte  bedeckt  mit  den  Längszeilen  sechseckiger  Blatt- 
narben, mit  stanimbiirtigeii.  langgestielten  zapfenförmigcMi  Ulüthen,  deren  Sporangien  nur 
einerlei  Sporen  enthielten. 

Die  Lepidodendrrrn ,  vom  Ilnterdcvctn  Ms  in  das  Eothliegende,  besonders  aber  im 
Carbon  verbreitet,  waren  elK-nfalls  baumartige  Pflanzen,  aber  mit  dichotom  verzweigten 
rhombisch  gefelderten,  in  die  Dicke  wachsenden  Stännnen,  an  denen  oben  die  meist 
sjtiralig  angeordneten,  schmalen,  bis  15cm  langen  Blätter  auf  rlioml)isclieu  Blattkisseu 
sassen.  Die  za]»fenförmigen  Blütln^n  (Lepnlostrobtts)  entsprangen  endständig  oder  am 
Stamme  selbst  und  entliielten  Macio-  iiud  Micros]iorangien,  je  eins  auf  jedem  Sporo])liyll. 

.Schon  im  Carlion  waren  ai»er  auch  krautige  Lycnpodiaceen  vorliamlen,  die  ^'ol•i;iuf(■r 
der  heutigen  lyi/ropod/t/iN  -  Avtvn,  wälirend  hoiitcs  erst  ans  dci-  iintcicii  Kreide  sicher  be- 
kannt wurile. 

4.  Die  Ulciiic  \\\a>:H'  i\tv  SpIn'tiopJty  (linde,  welche  vom  Ocnom  bis  Perm  vertreten 


Cryptogamen.  353 

war.  dauü  aber  ausstarb,  hat  iusofern  ein  besonderes  phylogenetisches  Interesse,  als 
sie  .eine  vermittelnde  Stellung  zwischen  Lycopodiuen  und  Equisetineu  einnimmt  und 
vielleicht  den  gemeinsamen  Ausgaugsformen  dieser  drei  Gruppen  am  meisten  sich  nähert, 
besonders  in  dem  ältesten  Typus  Cheh-ostrohus  aus  den  untersten  C'arbonschichten,  deren 
Blüthen  selir  complicirten  Bau  besasseu  und  am  ehesten  an  die  Calamarienblüthen  erinnern, 
während  im  anatomischen  Verhalten  dieser  Gattung  eine  Annäherung  an  Lepidodendrou 
zu  constatiren  ist. 

Die  Sphefiophylhtm- Arten  waren  langstengelige  Pflanzen  mit  superpouirten  Quirlen 
keilförmiger  oder  gabelig  getheilter  Blätter,  mit  ziemlich  grossen  ährenfürmigen  end- 
ständigen Equisetum-älmliclien  Blüthen.  deren  Sporophylle  zwei  oder  drei  homospore 
Sporangieu  trugen.  Man  hat  diese  Gewächse  als  schwimmende  Wasserpflanzen  he- 
trachtct,  indessen  weist  die  Structur  des  dünnen  laugen  Stengels  mit  seinem  axilcii  drei- 
strahligen.  secundär  verdickten  Xylem  eher  auf  kletternde  Laudpflanzeu  iiiu. 


New   York  Botanical  Garden  Library 

QK505.S29  1902  gen 

Schenck,  Heinrich/Cryptogamen 


3    5185   00008   2931 


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