ALBERT R. MANN
LIBRARY
New YorK STATE COLLEGES
OF
AGRICULTURE AND HOME ECONOMIcS
AT
CORNELL UNIVERSITY
EVERETT FRANKLIN PHILLIPS
BEEKEEPING LIBRARY
Moderne Bienenzucht
in Cinzeldarstellungen.
dedes Rett bildet ein abgeschlossenes Werk und ist für sich käuflich.
Herausgegeben von Carl Kriiger- Wi isdort (Mark).
heft |
Der Bienenkasten Sylviac
und seine Betriebsweise.
von Carl Krüger. Wünsdorf,
Kreis Teltow v (Mark). 232
Zweite n
23ꝗ68ꝙꝭ&l heller.
= Selbstverlag des Verfassers. =
Von der ,Modernen Bienenzucht* sind bis jetzt folgende
Mehr If 9
Hefte erschienen:
Heit I:
Heft Il:
Heft HI.
Heft IV.
Der Bienenkasten Sylviac und seine Betriebs-
weise. Zweite Ausgabe. Von Carl Krüger, Wünsdorf,
Kreis Teltow (Mark): Zu beziehen vom Verfasser.
Preis franko 70 Pfg., auch in Briefmarken.
Der Verfasser, in mehreren fremden Sprachen bewandert,
bietet dem Leser hiermit ein neues System der Bienenzucht, eine
neue Betriebsmethode, und einen neuen Bienenkasten. Diese
Methode und der dazu gehörige Bienenkasten Sylviac sind die
seit 1897 erprobte Erfindung eines französischen Imkers, Ober- és
forstmeister a. D. Ch. dé Villeneuve. Im Bienenkasten Sylviac
wird hauptsächlich auf Scheibenhonig in handlichen Einpfund-,
rahmchen geimkert; jede Fütterung ist darin unnötig, die Wannen
sind auf das geringste Mass beschränkt und weder Rauchgeber,, |
noch Schleier sind erforderlich. :
wy
Die Geflügel-, Obst- und Bienenfarm, Von
demselben. Zu beziehen vom Verfasser. Preis franko
30 Pig., auch in Briefmarken.
In dieser Schrift wird gezeigt, in welcher Art die genannten
drei Zweige landwirtschaftlicher Tätigkeit miteinander sich ver-
binden lassen und wie sie nutzbringend auszugestalten sind. Es
werden darin mehrere neue beachtenswerte Gesichtspunkte aus des
Verfassers eigener praktischer Erfahrung angeführt und werden
dieselben allen denen von Nutzen sein, die sich für die Anlage-
einer Farm für eines der drei Gebiete — Geflügel, Obst oder.
Bienen — interessieren.
W
*
Der Bienenkasten Sylviac und
seine Betriebsweise.
I. Die Misserfolge des modernen Mobilbetriebs.
Vor zwei Menſchenaltern noch war in den deutſchen Landen nur
ein Syſtem der Bienenzucht bekannt: der Betrieb mit feſtgebauten,
unbeweglichen Waben (Stabilbetrieb) ſei es in Klotzbeuten, Körben
oder Walzen. Dieſer Betrieb war einfach und leicht und verhältnis—
mäßig auch ſicher, denn er beruhte im weſentlichen auf feſten Ueber—
lieferungen vom Vater auf den Sohn, Ueberlieferungen, die in ihrer
Geſamtheit eine achtbare Summe praktiſcher Erfahrungen darſtellen,
wie ſie aus der landläufigen Tracht, Klima und Bienenart hervorge—
pe waren und denen ſich die höchſt einfachen und billigen Körbe
anpaßten.
Die Körbe ſtellte ſich der Imker faſt ohne Koſten ſelbſt her, da
er das Stroh aus ſeiner eigenen Wirtſchaft entnahm, und die einzelnen
Völker darinnen hatten nur einen geringen materiellen Wert. Im
Herbſt wurde daher „fett und mager“ dem Schwefelfaden geweiht, und
nur diejenigen Völker ſtehen gelaſſen, welche Ausſicht auf eine gute
Ueberwinterung boten.
Die Erträge waren darum auch zufriedenſtellend für die dama⸗
ligen Verhältniſſe dort, wo nach der Schwarmzeit noch Spättracht
vorhanden war. Im großen Durchſchnitt der Jahre mag der Ertrag
pro Jahr und Standvolk 10 Pfund geweſen ſein.
Dann kam der Mobilbetrieb auf. Dzierzon machte mit
Wort und Schrift Propaganda für die Bienenkäſten mit beweglichen
Waben und eine Reihe begabter und wortgewandter Imker folgte ihm
darin: Kleine, Dathe, Vogel, Berlepſch und ſo viele andere. Es war
ſchriftſtelleriſch und wiſſenſchaftlich betrachtet, eine glänzende
Epoche in der Geſchichte der deutſchen Imkerei. In der Praxis
ſelbſt ſtellte ſich die Sache vielfach anders. Man hatte, um dem
Mobilbetrieb überall Eingaug zu verſchaffen, große Erträge in Aus⸗
ſicht geſtellt. Oft ſind ja ſolche auch erzielt worden; aber bemerkens⸗
wert bleibt es doch, daß ſelbſt ein fo gewandter Berufsimfer wie
Gravenhorſt mehrere Jahre hindurch von ſeinen Mobilbeuten weniger
Honig erntete, als von ſeinen Korbvölkern. Dies änderte ſich erſt,
= Be 2:
als er ſeinen Bogenſtülper erfunden und mit ihm ſich eingearbeitet
hatte. Dabei iſt dieſer Bogenſtülper abweichend von allen übrigen
Mobilbeuten konſtruiert und ähnelt eher dem Korbe. Was den Be⸗
trieb darin anbelangt, ſo äußerte ein kompetenter Bogenſtülper⸗Imker
(ſolche werden immer ſeltener), daß nur 2% davon nach Gravenhorſt's
Vorſchrift behandelt werden.
Bekanntlich hat die deutſche Imkerei, anſtatt auch vom Auslande
zu lernen, es vorgezogen ihre eigenen Wege zu wandeln, indem wir
das ſchmale Normalmaß, und die von hinten zu behandelnden Käſten
annahmen, während die übrigen Imker der ganzen Welt (ſelbſt Italien
jetzt nicht mehr ausgenommen) das breite Langſtrothmaß annahmen,
ſowie Käſten mit der Behandlung von oben.
Wir gingen alſo unſeren eigenen Weg und die fremden Imker
gingen den anderen, den ihnen ihr „Vater Langſtroth“ und ſeine be-
redten Apoſtel (Dadant, Bertrand, Cowan) wieſen. Abgeſehen von
dieſen zwei Unterſchieden wurden alle folgenden Errungenſchaften und
Erfindungen gemeinſames Eigentum. Ich ſpreche von den Kunſtwaben,
der Honigſchleuder, dem Abſperrgitter. Auffallenderweiſe hat nun gerade
in Deutſchland, wo wir doch ein eigenes, nur für uns konſtruiertes
Syſtem beſitzen, der Mobilbetrieb immer den ſchlechteſten Durchſchnitts—
ertrag von allen Ländern der Erde gebracht. Trotz aller Hilfsmittel
der modernen Bienenzucht haben wir ganze Provinzen, wo der Mobil—
betrieb nicht mehr einbringt, als ehemals die Korbzucht. Ich verweiſe
auf die ſüdliche Mark Brandenburg und das Großherzogtum Heſſen
mit 10 Pfund Honig Durchſchnittsertrag pro Volk. Der Bezirks—
verein VII (Frankfurt a. O.) erntete 1905 von 3428 Völkern, wovon
nur 462 Körbe waren, 35688 Pfund Honig = 10 ½ Pfund und
verbrauchte 30000 Pfund Zucker; bei dem Imkerverein Kreis Teltow
wurden 1905 an Honig von 618 Mobil- und 57 Stabilvölkern
8872 Pfund = 13 ½ Pfund pro Volk geerntet und 9834 Pfund
Zucker verfüttert.
Das iſt doch gewiß kein Geſchäft, nicht wahr? Die 8872 Pfund
erntet allein (mit 100 Völkern in Langſtroth-Dadantkäſten) die
italieniſche Bienenzüchterin Comteſſe Ricciardelli in Ravenna, während
im Kreiſe Teltow ca. 80 Imker ſich in dieſen Ertrag teilen mußten.
Dabei läßt jene ihren Bienen einen reichlichen Vorrat von Honig über
egen während die deutſchen Imker ihre Völker auf Zucker zu ſetzen
pflegen. N
Durch die Werbearbeit der Bienenzuchtvereine ſind leider viele
Leute Imker geworden, welche hierzu garnicht das Zeug haben. Sie
kaufen zwar alle möglichen Geräte und ſind daher die beſten Kunden
der Imkergerätefabrikanten, aber ſie gebrauchen ſie ohne Verſtändnis
und daher auch ohne Nutzen.
Unſere Mobilkäſten, fo wie wir ſie gebrauchen, find ohne die
oben erwähnten Apparate nicht zu verwenden, und da der Durch—
ſchnittsimker die Apparate nicht richtig anwendet, auch kein Syſtem
dabei befolgt, ſo ſind Mißerfolge unausbleiblich.
5
Grundſätzlich habe ich gegen unſere fo höchſt verſchiedenartigen
und mannigfaltigen Beuten und Syſteme nichts einzuwenden, ich er—
kenne vielmehr gerne an, daß es genial ausgedachte Beuten ſind, welche
in den Händen ihrer Erfinder ſich durchaus bewährten. Aber in den
Händen gewöhnlicher Imker bringen fie die verſprochenen Erträge
nicht. Daran iſt freilich der Imker ſchuld, aber doch nicht er allein.
Je ſchwieriger die Behandlung iſt, je mehr Manipulationen er-
forderlich ſind, um ſo eher muß man ſich auf Mißerfolge ge—
faßt machen.
Je einfacher der Betrieb iſt, je weniger Manipulationen er er—
fordert, deſto mehr eignet er ſich für den Durchſchnitts—
imker und für jede Gegend und Tracht, und deſto höher
werden ſich auchſeine Durchſchnittserträgeſtellen gegenüber
den anderen Bienenkäſten in denſelben Händen.
Das wird wohl Widerſpruch erregen, aber es iſt doch wahr:
Weniger Manipulationen bringen höhere Erträge. Ich möchte eine
Erklärung verſuchen.
Der moderne Mobilbetrieb hat es verlernt, mit den Bienen
ſelbſt, mit ihren natürlichen Bedürfniſſen und Inſtinkten zu rechnen.
Die Herrſchaft des Imkers über das Bienenvolk artet dabei in
Tyrannei und Quälerei aus. Es iſt eine Herrſchaft der Gewalt und
Willkür. Welche Kunſtgriffe werden angewendet, um die Königin zu
einer größeren Eierlage zu reizen und nachher dieſe wieder einzu—
ſchränken! Welche Kunſtgriffe um die Bienen in die Honigräume zu
locken, ſo daß ſie ſelbſt die Schlitze des Abſperrgitters nicht ſcheuen!
Anſtatt ſich zu fragen, warum die Bienen noch nicht in die
Honigräume hinaufſteigen, ſucht man fie durch Manipulationen
dazu zu zwingen. Der Menſch meint es in der Hand zu haben, durch
eine Reihe von Kniffen die Tätigkeit und Triebe des Bienenvolkes
zu leiten nach ſeinem eigenen Wohlgefallen, und deshalb unterläßt er
es ſich über die Inſtinkte der Bienen zu unterrichten, über die Be—
dingungen, unter denen fie ſich am beſten entwickeln, über die An⸗
forderungen, die ſie an ihre Wohnung ſtellen, und wie die Umſtände
beſchaffen ſein ſollten, damit fie den höchſten Honigertrag bringen
können. Gewiß gibt es genug Forſcher, die ſich ſolche Aufgaben ſtellen;
aber man unterläßt es, die Konſequenzen für die Praxis daraus zu
ziehen, die praktiſche Nutzanwendung zu machen. Der Schwarmtrieb
wird nach Möglichkeit unterdrückt, anſtatt abgeleitet zu werden;
der Bautrieb wird vernachläſſigt: Man hat ja in den Kunſtwaben
ein beſſeres Baumaterial zur Hand; der Geſchlechtstrieb, der
ſich in der Erbrütung von zahlreichen Drohnen äußert, wird als direkt
verderblich angeſehen.
In die Zwangsjacke eines engen Brutneſtes gepreßt, der Mög⸗
lichkeit der Erzeugung von zahlreichen Drohnen beraubt, ſeine Mutter
hinter dem Abſperrgitter gefangen ſehend, Brutraum und Honigräume
mit Kunſtwaben ausgeſtattet, ſollen ſolche Inſekten wie die Bienen
ihr Höchſtes leiſten, will man ſie behandeln wie das Pferd, das Rind
und andere Haustiere!
Prey Gees
Aber ſchon erheben ſich Stimmen die dagegen proteſtieren!
Hören wir z. B. was J. Möhring in der „D. Ill. Bz.“ 1906 Heft 7
ſchreibt: „Der wahre Lehrmeiſter der Bienenzüchter muß die Natur
ſein und bleiben. Leider iſt aber der altbewährte Grundſatz: Alles
nach Lauf und Ordnung der Natur! heute ſo manchem Imker verloren
gegangen. Nur von Zeit zu Zeit, wenn über ſelbſtgewählte Wohnungen
wilder Bienen, ihren großartigen Bau, ihren gewaltigen Honigvorrat
berichtet wird, ſchüttelt mancher Imker ungläubig das Haupt. Ich
ſelbſt hatte mehrere Male beim Fällen von Bäumen Gelegenheit, mich
perſönlich von der Beſchaffenheit eines ſolchen Bienenvolkes zu über⸗
zeugen. Mit Bewunderung erfüllte mich der herrliche Bau,
der nur verhältnismäßig wenig Drohnenwachs zeigte, dazu
der große Honigvorrat. Es drängt ſich da unwillkürlich die
Frage auf: Hätten ſich dieſe Naturvölker unter den Händen eines auf⸗
merkſamen praktiſchen Imkers (alſo eines Mobilimkers, der nach den
Ueberlieferungen des modernen Mobilbetriebs imkert. D. Verf.) wohl
auch ſo oder noch beſſer entwickelt? Ich möchte dies bezweifeln. —
Und wenn nun gar Völker mit ſolchen gewaltigen Vorräten in Gegenden
gefunden werden, in denen die Imker ſtets über Unrentabilität der
Bienenzucht, über ſchlechte Trachtverhältniſſe klagen, fo iſt man faſt
gezwungen anzunehmen, daß der Bien in der Freiheit ohne menſch⸗
liche Behandlung mehr Honig einſammelt, als bei uns auf dem
Bienenſtande.“
Ferner ſchreibt Karl Mika im „D. Imker a. B.“: „Es iſt zufolge
meiner längeren, gründlichen Beobachtung für den Imker nützlich zu
wiſſen, daß bei ſonſt gleichen Umſtänden jene Völker am beſten ge-
deihen, deren Brutneſt ſtets unaugerührt blieb. Sind ſeine Stöcke der
geſtalt eingerichtet, daß im Herbſt eine Einengung nicht gut möglich,
im Frühjahr eine Erweiterung nicht notwendig iſt, — das Volk muß
fic) naturgemäß von ſelbſt entwickeln können — er ſeine züchteriſche
Hilfe blos auf den Honigraum beſchränkt und im Brut⸗
raum ſich nichts zu ſchaffen macht, jo wird ihm die Entwicke⸗
lung und das Gedeihen in dieſen Stöcken — es iſt da auch großes
Maß und Mobilbau im Sinne — die größte Freude bereiten
und den größten Nutzen bringen.“
Auch Reidenbach in Rehborn warnt vor Einengen und Erweitern
und ſchreibt: „Die geſundheitliche Behandlung der Bienen iſt durch
die Einführung der Mobilbienenzucht ſchlechter geworden.
Soll es wieder beſſer werden, ſo muß auch in den Kaſtenwohnungen
das Brutneſt eine gewiſſe Stabilität bekommen, geräumig ſein und
zu jeder Zeit die gleiche Anzahl Waben haben, um das
Verengern und Erweitern zu vermeiden.“
Ebenſo ſchreibt Stachelhauſen in den Gleanings 1906 Seite 1011:
„Der beſte Betrieb iſt, breite Waben in breitem Brutneſt zu verwenden,
das Brutneſt garnicht zu berühren und die Waben nicht zu bewegen.“
Das ſind doch genug Zeugniſſe, genug gewichtige Stimmen, welche
den modernen Mobilbetrieb eines gewiſſen Extrems beſchuldigen, eines
zu weit getriebenen Exerzierens mit den Bataillonen in den Bienen⸗
=
käſten. Der moderne Mobilimker behandelt die Bienen als wären fie
unmündige Kinder, die fortwährend dumme Streiche machen und
korrigiert werden müſſen, aus purer Dummheit und Eigenſinn Drohnen—
wachs bauen und Drohnen erzeugen, im Frühjahr zu wenig und im
Spätſommer zu viel Brut anſetzen, den Honig durchaus nicht da
ablagern, wo ihn der Imker am bequemſten entnehmen kann, eigen—
ſinnigerweiſe bauen wollen, wo ſie doch die ſchönſten Kunſtwaben vor
der Naſe ſtehen haben, und ſtreiken, wenn ſie arbeiten ſollten u. a. m.,
ſo daß einem richtigen Bienenvater, der ſeine Lehrbücher und ſeine
Bienenzeitungen redlich durchſtudierte, die Haare über ſolchen Un—
verſtand zu Berge ſtehen und er ſchon bei 30—40 Völkern feine Un—
maſſe Arbeit hat, das alles wieder in die gehörige Ordnung zu
bringen. Freilich die Bienen find nicht wie der Menſch, mit Ber-
nunft und gelehrtem Wiſſen begabt, wohl aber mit unfehlbarem
Inſtinkt, der ſie unter den verſchiedenſten Umſtänden doch das
Richtige treffen läßt. Namentlich verſtehen es die Bienen unſtreitig
beſſer als der geſcheiteſte Imker, fic) ein angemeffenes Brutneſt zu
bereiten und darin ihr Winterlager auf das zweckmäßigſte einzurichten.
Und dies iſt von enormer Bedeutung für die Entwickelung des Bienen—
volkes und für den Ertrag. Es muß daher mehr als bisher darauf
Bedacht genommen werden, die Bienenkäſten ſowohl als auch den Betrieb
darin ſo einzurichten, wie es der Natur der Bienen am beſten zuſagt.
II. Der Simplismus.
Die im vorigen Kapitel dargelegten Uebelſtände ſind, wie wir
geſehen haben, von verſchiedenen Seiten anerkannt worden. Aber
geſchehen iſt bei uns bisher wohl nichts, um ihnen abzuhelfen, ganz
im Gegenteil ſind gerade in der neuſten Zeit die komplizierteſten
Apparate und Methoden aufgetaucht, wobei z. B. das Brutneft furzer-
hand zum Honigraum gemacht oder die Königin auf wenige Waben
eingeengt wurde oder der Kanal des Flugloches ſo eingerichtet ward,
daß die Bienen ſich zu ihrer Ueberraſchung ſtets im Honigraum wieder⸗
fanden, wenn ſie zu „Muttern“ zu kommen vermeinten. Das iſt ja
alles ſehr intereſſant, es entfernt uns aber mehr und mehr vom
Naturgemäßen und Einfachen.
Von der ausländiſchen Imkerwelt unbeachtet und in Deutſchland
gänzlich unbekannt, hat nun in Frankreich ein Imker, ein naturwiſſen⸗
ſchaftlich geſchulter, akademiſch gebildeter Mann es ſeit über zehn
Jahren ſchon verſtanden, den Bienen ein angemeſſenes Heim zu bieten
und darin anſehnliche Ernten zu machen, trotzdem er mit den Bienen
weniger manipuliert als irgend ein anderer Imker, der bewegliche
Rähmchen in Gebrauch hat. ‘
Diefer Mann nennt ſich in den Bienenzeitungen Sylvigc. Es
iſt der franzöſiche Oberforſtmeiſter a. D. Ch. de Villeneuve in Sauvoy,
Departement Meuſe, Frankreich, der unter obigem Pſeudonym ſchreibt.
Herr de Villeneuve hat den von ihm erfundenen Bienenkaſten eben⸗
= 6,
falls Sylviac getauft, fo daß derſelbe „Bienenkaſten Sylviac“ ge-
nannt wird. Für deutſche Ohren mag das fremdartig klingen, aber,
liebe Freunde, daran werden wir uns gewöhnen müſſen. Haben wir
nicht in der Elektrizität, in der Arzneikunde pp. eine ganze Reihe
der fremdartigſten Namen?
Nachdem Herr de Villeneuve den Forſtdienſt verlaſſen, hatte er
ſich auf ſein von den Vätern ererbtes Gut zurückgezogen und ſich dort
— ſeit 1890 — der Bienenzucht ergeben. 1901 lernte ich ihn aus
ſeinen Schriften kennen und bin ſeitdem in ſtetem, lebhaftem Brief—
wechſel mit ihm geblieben.
Als er anfing, Bienenzucht zu treiben, beſchloß er, ſich auch
gründlich in der Bienenliteratur umzuſehen. Er hatte aber, damals
ſchon in den 50er Jahren ſtehend, gleich von vornherein Gelegenheit,
ſeine bisherigen Beobachtungen aus ſeiner Praxis als Forſtmann und
Naturfreund damit zu vergleichen. Je mehr er aber ſich in die Lehr—
bücher der Bienenzucht vertiefte, deſto weniger konnten ihm die Wider—
ſprüche zwiſchen den einzelnen Autoren verborgen beiben. Außerdem
fand er das Heer der Imker in zwei Lager geteilt, in Anhänger
der alten Korbbienenzucht (Fixismus oder Stabilismus genannt) und
Anhänger des Betriebes mit der beweglichen Wabe. (Mobilismus.)
Jede Partei wirft der anderen Mängel und Irrtümer vor. In ſolchen
Fällen entſcheidet am beſten die Erfahrung, und Sache der wiſſen—
ſchaftlich geſchulten Imker iſt es, dieſe Erfahrungen zu kontrollieren,
Experimente anzuſtellen.
Herr de Villeneuve ging alſo zu Verſuchen über, wo er Zweifel
hegte und unterzog ſich genauen und oft genug recht mühevollen Ex—
perimenten mit einer Ausdauer, die allgemein Erſtaunen erregte. In
dieſer Beziehung war er ſo hartnäckig, wie nur ein Deutſcher ſein
könnte. Die Ergebniſſe ſeiner Forſchungen und Experimente hat er
in einem 600 Seiten ſtarken Bande niedergelegt, dem , Guide pratique.“
Seinen Bienenkaſten und den Betrieb darin hat er in ein Syſtem
zuſammengefaßt, das er Simplismus nennt, was Einfachheit
bedeutet. Damit ſoll nicht nur geſagt ſein, daß dies Syſtem einfach
ſei, ſondern Herr de Villeneuve will es hierdurch ſowohl vom Mo—
bilismus als auch vom Fixismus genau unterſchieden wiſſen. Der
Simplismus will ſich eben als eine ſelbſtändige Methode der Bienen
behandlung zwiſchen beide ſtellen, und von jeder die Vorteile nehmen,
dabei aber nach Möglichkeit ihr Nachteile zu vermeiden ſuchen.
Die Grundzüge des Simplismus ſind folgende:
1, Die naturgemäßeſte Bienenwohnung, welche die Bienen jeder
anderen vorziehen, iſt der hohle Baum im Walde; dieſe Art von
Wohnung müßten wir uns zum Vorbilde nehmen, wenn wir einem
Schwarme ſeine Wohnung herrichten wollen — eine Beute alſo, die
nach oben hin vergrößerbar iſt. Eine ſolche Beute beſtimmen wir
zum Brutranm für das Bienenvolk und ſehen darauf, daß dieſelbe
nicht unter 70 Liter beträgt. Der Raum muß nämlich genügend groß
ſein, daß die Königin darin ihre Eier ohne Unterbrechung und ohne
Einſchränkung ablegen kann. Jede Einſchränkung der Eierablage
7
von ſeiten des Imkers, in welcher Jahreszeit es auch ſei, iſt
entweder ſchädlich oder unnötig. Die Königin legt im Maximum
3000 Eier pro Tag; die Wintervorräte ſollen etwa 18 kg betragen.
Eins ins andere gerechnet ergibt 40 Liter für die Brut und 30 Liter
für die Vorräte.
2. Dieſes Brutneſt von 70 Litern ſtatten wir mit 14 Rähmchen von
33 33 em, Innenmaß aus. Die Brutwaben ſollen nämlich fo
groß wie möglich ſein; damit ſie aber nicht herunterbrechen, erhalten
die Rähmchen 11cm unter dem Rähmchenoberteil eine Quer- oder
Verſtärkungsleiſte.
Die Rähmchen werden (am Oberteil und an der Querleifte)
nur mit Anfangsſtreifen ausgeſtattet. Wir bringen den
Schwarm von oben hinein, ſchließen den Brutraum und laſſen das
Volk in ſeiner neuen Wohnung bauen wo und wie es will, und
ſehen nur darauf, daß die Waben genau ſenkrecht in den Rahmen—
hölzern gebaut werden.
Das erſte Jahr kommen wir dem Volke nach Möglichkeit mit
Futter zu Hilfe und ſuchen das Bauen tunlichſt zu fördern; im zweiten
Jahre helfen wir dem Volke nur, wenn es ſolcher Hilfe bedürſtig iſt.
Sobald es aber ſein Neſt ausgebaut und mit hinreichenden Vorräten
angefüllt hat — was ſchon im erſten Jahre der Fall ſein kann —
überlaſſen wir es ſich ſelber und haben uns niemals mehr mit einer
Fütterung zu befaſſen.
3. Da wir das Brutneſt, ſtatt mit Kunſtwaben, nur mit An⸗
fängen ausgeſtattet, fo enthält es auch eine größere Anzahl Drohnen—
zellen als ſonſt. Wir zerſtören ſie aber nicht, um nicht die von den
Bienen ſelbſtgewollte Anordnung des Verhältniſſes zu ſtören, in dem
die beiden Gattungen Zellen zu einander ſtehen.
In dieſer Darlegung ſelbſt kann ich auf die Nützlichkeit
oder Schädlichkeit der Drohnen leider nicht eingehen. Bemerken möchte
ich aber, daß Drohnenbau im Brutneſt die Königin unten feſtzuhalten,
Mangel daran ſie in die Honigräume zu treiben ſcheint.
Wir entnehmen auch niemals Honigwaben aus dem Brutraum.
Niemals werden ihrer zu viel darin ſein, wenn nur die Honigräume
recht früh aufgeſetzt werden. Das Brutneft mit allem was darin iſt,
ſoll den Bienen ausſchließlich gehören. Eingriffe in das Brutneſt
würden das Bienenvolk wieder in einen unfertigen Zuſtand zurück⸗
werfen und dadurch ſeine volle Entwicklung verzögern. Das wäre eine
Situation ähnlich derjenigen eines Staates, der ſeinen Goldvorrat
exportiert. Er würde geſchwächt. Ohne die Gold- und Silberbarren der
Bank von England wäre der großartige Aufſchwung des britiſchen
Handels nicht möglich geweſen. Mit dem Bienenftaate iſt es ebenſo. Sein
Goldvorrat, das iſt der Honig. Ein reicher Honigvorrat im Brut⸗
raum wirkt ermutigend und belebend auf das Bienenvolk, ſein Reichtum
erlaubt ihm, eine zahlreiche Bevölkerung zu ernähren, es wächſt alſo
an Zahl; die Tätigkeit darin wird erhöht, die Geſchäftigkeit geſteigert
und neue Schätze werden über den alten aufgehäuft.
*
Kurzſichtig handelt daher derjenige Mobilimker, der das Bienen⸗
volk beſtändig unter dem Meſſer halten und alle Jahre beſchneiden
will. Ein ſoches Volk macht ſeine beſtändige Aufſicht und Hülfe er⸗
forderlich, und durch eine ſolche Methode wird der Imker zu fort—
währendem Arbeiten an ſeinen Stöcken gezwungen; unklug handelt
derjenige, der alle Jahre das Brutneſt revidiert, die Drohnen-
zellen zerſtört, Honigwaben aus dem Brutneft entnimmt,
und letzteres beliebigeinengtund erweitert. Der ſchwache Schwarm
im Walde, deſſen Leiſtungsfähigkeit und Honigreichtum Möhring be—
wunderte — wer hat bei dieſem revidiert, ausgeſchnitten, eingeengt
und erweitert? Nur allein der ungeſtörte Beſitz ſeiner Schätze hat
ihn ſo machtvoll und reich gemacht. N
4. Sobald alle Waben im Brutraum ausgebaut ſind — im
günſtigen Falle kann das ſchon in der erſten Saiſou geſchehen ſein
— werden bei Beginn der folgenden Saiſon die Aufſätze gegeben.
Man verfährt dabei folgendermaßen:
a) Jeder Aufſatz muß niedrig ſein (11,6 em) und warmhaltig
ausgeſtattet, indem ſich um je zwei einfachwandige Aufſätze eine
Enveloppe aus Brettern ſchließt. In den unterſten Aufſatz bringt
man die halbvollendeten, ſowie zwar vollendete, aber nur wenig mit
Honig gefüllte Honigrähmchen (Sections), und zwar nach franzöſiſchem
Maße. Dieſelben find billiger als unſere deutſchen Sections, und
zwar koſten fie 3½ Fr. per 100 Stück ab Frankreich. Ich kann fie
ebenfalls liefern und nenne Preiſe auf Anfrage inkl. Zoll.
In dieſem erſten Aufſatz arbeiten die Bienen ſchon frühzeitig,
und es folgen die andern Aufſätze möglichſt bald, ohne die Honig—
ablage abzuwarten.
b) Die Aufſätze werden ſtets übereinander gegeben, alſo
weder zwiſchen- noch untergeſetzt.
c) Der erſte Aufſatz wird gegeben, wenn erfahrungsmäßig die
Bauluſt zu erwachen beginnt. Manchmal gehen die Bienen gleich
hinein, manchmal zögern ſie noch. Ob nun aber die Bienen hinein—
gehen oder nicht — der Aufſatz bleibt. Abkühlend kann er nicht
wirken, denn im Gegenſatz zu den ſonſt bei uns gebräuchlichen Honig—
aufſätzen ſind die Sylviac'ſchen doppelwandig, und zudem wird ſtets
der oberſte, noch leere, warmhaltig ausgeſtopft.
cd) Der Honig in den Sections wird entweder als Scheiben⸗
honig verkauft in den Sectionsrähmchen, oder ausgeſchnitten. Das
richtet ſich nach der Qualität der Honigboxes. In letzterem Fall
läßt man einen kleinen Streifen ſtehen, an welchem die Bienen wieder
weiter bauen können. Jedes Jahr haben die Bienen von neuem in
den Aufſätzen zu bauen, mit Ausnahme des erſten, in welchen man,
wie unter a erwähnt, die halbausgebauten und die ganz ausgebauten
aber größtenteils leeren Sections bringt.
. 5. Bei dieſer Methode iſt die Honigſchleuder vollſtändig über⸗
flüſſig und die Kunſtwabe ein Luxus. Herr de Villeneuve hat durch
langjährige Beobachtungen feſtgeſtellt, daß wenn ſolche niedrige,
warmhaltige Aufſätze gegeben werden, die Bienen ſtets genügend
se er
Zellen im voraus bauen. Mau wird überraſcht fein, zu ſehen, daß
es den Bienen dabei niemals an Zellen mangelt, um ihre Honig—
ſchätze aufzunehmen.
Aber, wird man fragen: „Wenn die Bienen Zellen bauen, muß
nicht der Ertrag an Honig darunter leiden?“ Darauf erwiedere ich:
„Nein, das iſt nicht der Fall.“ Herr de Villeneuve ſchrieb mir dar—
über: „Bei einem Brutraum von 70—80 Litern, vermeidet man, wenn
er nur richtig eingerichtet iſt, die ganze Serie von Operationen der
Mobilimker, das ganze Arſenal der imkerlichen Hilfsmittel wird ent—
behrlich — und das iſt doch gewiß auch etwas — und man hat
ebenſoviel Honig, guten reifen Honig, wie beim Mobilbetrieb und
außerdem das Wachs noch obendrein. Ich kann mit ſolcher Be—
ſtimmtheit beſonders nach den Erfahrungen reden, die ich 1904, wo
ein ſehr gutes Bienenjahr war, gemacht habe. Bei Beginn der
Saiſon hatte ich damals noch nicht 10m Bienenbau in den Auf—
ſätzen gehabt und dennoch 55—65 kg in den Käſten von 80—90
Liter geerntet.“
6. Er überläßt es auch den Bienen, ihre Königinnen zu erneuern
und greift nur in Fällen von Weiſelloſigkeit ein. Er behauptet, daß die
Völker ihre Königinnen viel öfter umweiſeln als man glaubt. Dieſe
ſtillen Umweiſelungen ſind ſogar, ſeiner Meinung nach, die Regel.
Daß er bei 20 bis 30 Völkern in 10 Jahren nur einen Fall der
Weiſelloſigkeit mit den Bienenkäſten Sylviac erlebte, ſchreibt er
hauptſächlich dem Umſtande zu, daß er dieſelben frei aufſtellt und zu—
dem in Entfernungen von 2 m voneinander.
7. Nicht die ſpekulative Dienen nicht die Manipulationen ſind
die Hauptfaktoren, um ein Bienenvolk zu ſeiner vollſten Leiſtungs⸗
fähigkeit zu erheben, ſondern die Wärme. Nicht nur der Brutraum
muß warmhaltig ſein, ſondern auch der Honigraum. Die Wärme
veranlaßt das Bauen, ſie veranlaßt auch die Blumen, ihren Nektar
zu ſpenden. Deshalb hängt der Ertrag an Honig in fo hohem Maße
von einer warmen, möglichſt gleichmäßigen Temperatur ab. Die Wärme
in den Honigräumen zuſammenzuhalten, dazu iſt der Bienenkaſten
Sylviac am vorzüglichſten vor allen anderen eingerichtet, und darum
bauen hier die Bienen viel mehr als in anderen Käſten, wo die Auf⸗
ſätze jeder Warmhaltigkeit entbehren.
8. Was aber außerdem von beſonderer Bedeutung erſcheint, iſt
die Art und Weiſe, wie die Verbindung zwiſchen Brut- und Honig⸗
raum eingerichtet iſt. Bekanntlich muß es verhindert werden, daß die
Königin den letzeren betritt. Bis jetzt hat man ſich damit beholfen,
ein Abſperrgitter zwiſchen zu legen. Dadurch wird die Königin wohl
abgehalten (immer aber auch nicht). Doch auch die Arbeitsbienen
empfinden dieſes Abſperrgitter als ein unbegemes Hindernis. Im Bienen⸗
kaſten Sylviac iſt ein anderes Syſtem, ein ſicheres und für die Bienen
ſelbſt dennoch ohne jede Unbequemlichkeit. Schon allein hierdurch iſt
der Bienenkaſten Sylviac von beſonderem Wert für jeden Imker, der
erkannt hat, welche Unbequemlichkeiten und Mindererträge der Gebrauch
des Abſperrgitters mit ſich bringt.
die 165 mm lang, 110 mm hoch und
III. Der Bienenkasten Sylviac und seine Einrichtung.
In nachfolgenden Zeilen gibt Herr de Villeneuve eine Beſchreibung
ſeiner Beute. N n :
„Mein Bienenkaſten bezweckt, für immer die Notfütterung des
darin befindlichen Volkes überflüſſig zu machen, ſobald dieſes
ſämtliche Waben des Brutraumes ausgebaut hat, und alle Arbeiten
des Imkers auf das geringſte Maß zu beſchränken.
Dieſe in die Höhe vergrößerbare Wohnung beſteht aus einem
Brutraum und mehreren niedrigen Honigaufſätzen.
Der Brutraum nicht nur, auch die Aufſätze ſind doppelwandig.
Der Brutraum enthält bei 90 Liter Inhalt 18 Quadratwaben
pon ca. 33 X 33 cm Innenmaß. Er iſt im Lichten 36 cm breit,
36 em hoch und 70. em lang. Bei 70 Liter Inhalt enthält er 14
Waben und iſt im Lichten 53 cm lang. ;
Eine der Schmalwände ift mit einem Glasfenſterchen verſehen
(in der inneren Wand) und die Außenwand davor hat eine gleich
große Oeffnung, die als Tür dient und dazu beſtimmt iſt, das Licht
abzuhalten. Die Rähmchen ſelbſt können nur oben herausgenommen
und eingehängt werden.
Oben, direkt auf den Rähmchenoberteilen alſo ohne Zwiſchen⸗
raum für die Paſſage der Bienen, liegen Belagsbrettchen auf, möglichſt
breit, und 10—12 mm dick. Die Länge beträgt 38 em. In dieſe
Belagsbrettchen, genau über den Wabengaſſen, find Ausſchnitte aus—
geſägt; fie ſind 30 em lang und 8— 10 mm breit. Die beim
Ausſägen mit der Laubſäge erhaltenen kleinen Holzſtäbchen von der
gleichen Länge und Breite heißen Clavettes. Mann hebe ſie ſorgſam
auf, denn ſie dienen zum einſetzen und herausnehmen in die Ausſchnitte.
See ift dann der Brutraum nach oben hin geſchloſſen oder
geöffnet.
Bei den Honigräumen iſt folgendes zu beachten:
Die Honigaufſätze find alle in ganz den gleichen Dimenſionen
hergeſtellt und meſſen in der Höhe 116 mm.
Eine von den 4 Wänden (die hintere) iſt mit einem Glas—
fenſterchen verſehen. Hierdurch kann man ohne Störung zu verurſachen,
die Arbeit der Bienen beobachten.
Die Aufſätze werden mit Benn med e en (Sections) ausgeſtattet,
0 f 6 mm breit ſind, oder aber
mit Doppelſections, 330 mm lang, ſonſt ebenſo breit und hoch.
„Eine von den 4 Wänden iſt unten um 2 mm abgekürzt auf eine.
Breite von 360 mm hin. Hierdurch entſteht ein Spalt, der dazu
beſtimmt iſt, ein Sperrblech einzuſchieben, 353 inm breit, welches dem
unteren Aufſatz als Deckel dient; auch ſperrt man hierdurch leicht und
bequem — bei weggenommenen Clavetten — den Brutraum vom
a fat ba ;
an hat daher beim Aufſetzen oder Abnehmen der Honigaufſätze
weder Rauch noch Schleier nötig.“ 5 eile
Herr de Villeneuve hatte mir im Sommer 1906 einen Kaſten
geſandt, der aber nur einfachwandig und mit 9 Rähmchen ausgeſtattet
war, um mir das Syftem dieſer Art Käſten, beſonders aber die Art der
Anfertigung, ihre Ausſtattung mit Veranda, Futterapparat, die Art
der Aufſätze mit Sections und Doppelſections, vor allem aber die
innere Einrichtung deutlich vor Augen zu führen.
An der Hand dieſes Modelles habe ich doppelwandige Käſten zu
14 Waben, alſo 70 Liter Inhalt, hergeſtellt und genaue Zeichnungen
davon aufgenommen.
Beides — Käſten und Zeichnungen — entſtanden im Zeitraum
von mehreren Monaten unter dem ſteten Rat und der Anweiſung des
franzöſiſchen Bienenzüchters.
Dieſe von mir hergeſtellten Käſten haben (der Verſuche halber)
teils ein bewegliches Bodenbrett, teils iſt daſſelbe feſt und beſteht
dann aus untergenagelten Brettern. Für Imker, die in die Lage
kommen, umziehen zu müſſen, iſt ein feſtes Bodenbrett empfehlenswerter,
auch iſt es billiger. Ferner haben meine Käſten zum Teil ein Fenſter
hinten, zum Teil auch nicht.
Die 14 Waben ſtehen in Warmbau, das Flugloch befindet ſich
alſo in der Schmalſeite, während bei 18 Waben Kaltbau angezeigt
wäre.
Bei 18 Waben müßten auch zwei Honigaufſätze nebeneinander
geſtellt werden.
Die Honigaufſätze ſind genau wie die franzöſiſchen: Sie beſtehen
ans einfachwandigen Käſten von 116 mm Höhe, und um 2 Honig⸗
aufſätze kommt ein äußerer Holzkaſten, eine Art Enveloppe, 27 cm
hoch, und darauf das übergreifende Dach mit einem Bord von 7 em
Höhe, wovon 2½ cm über die Enveloppe oder bei abgenommenen
Honigräumen, über den Brutkaſten ſelbſt geſtülpt werden. Das Dach
wird mit Brettern abgedeckt und darüber entweder Zink, der rot an⸗
ee werden kann, oder Dachpappe oder noch beſſer Ruberoid
genagelt.
Das Flugloch iſt 36 em lang und etwa 1 em hoch. Davor iſt
ein Vorraum — den ich Veranda nenne — 28 cm hoch, 10 cm tief
und 47 cm breit, mit überſpringendem ſchrägen Dach. Sie dient
dazu, Regen, Schnee, Wind und Mäuſe, auch Spechte abzuhalten,
denn im Winter erhält ſie ein Vorſatzbrett, das nur ein kleines Flug⸗
löchlein für eine einzige Biene aufweiſt. Doch iſt unter dem Dach
der Veranda ein Spalt von 1 cm Höhe der ganzen Länge nach gelaſſen,
damit es innen niemals an friſcher Luft fehlt.
Dieſe Käſten ſind zur Einzelaufſtellung beſtimmt, und erhält
daher jeder einen Sockel von 50 — 60 cm Höhe, und wird außerdem
etwa 16 cm unter dem Bodenbrett noch ein Bretterboden innerhalb
des Sockels eingelaſſen, ſodaß zwiſchen dieſem Bretterboden und dem
Bodenbrett des Kaſtens ein Hohlraum von 16 cm entſteht der im
Winter warmhaltig angefüllt wird.
Die Enveloppe der Aufſätze bleibt über Winter auf dem Brutraum
(mit eingelegten Clavetten in den Deckbrettchen) und auch dieſe En⸗
veloppe wird dann warmhaltig ausgeſtopft. 8 ;
Auf allen ſechs Seiten vor der Kälte geſchützt, vor den Mäuſen,
a
Spechten und Meiſen geſichert, der Fütterung von feiten des Imkers nicht
bedürftig, mit dem lebhaften Anſtrich und den hohen Satteldächern
ihrer Häuſer eine Zierde des Bienengartens, gehen darin die Bienen—
völker ruhig dem langen deutſchen Winter entgegen, und haben
ſie darin auch die beſte Gewähr eines guten Gedeihens, wie im
nächſten Kapital noch beſonders gezeigt werden ſoll.
IV. Die Behandlung der Bienen darin nach dem Simplismus.
Nachdem ich in den vorſtehenden Kapiteln die Notwendigkeit
eines größeren Brutueſtes nachgewieſen, gehe ich jetzt zur Darſtellung
der Behandlung der Bienen in ſolchen Käſten über. Ich folge hierbei
den Ausführungen, welche Herr de Villeneuve auf mein Erſuchen
eigens für dieſes Büchlein verfaßt hat. Die Art und Weiſe der Be—
handlung, vom Einſetzen des Schwarmes an, iſt darin ſo anſchaulich
geſchildert, daß Mißgriffe hierbei garnicht möglich ſind.
Herr de Villeneuve ſchreibt:
Wir treten nunmehr ein in die Détails der Behandlung dieſes
Bienenkaſtens. Sie umfaßt folgende Punkte:
1. Das Beſetzen der Beute;
2. Das Aufſetzen eines Honigraums;
3. Die Honigentnahme;
4. Die Einwinterung.
Dies iſt das ganze Operationsgebiet des Simplismus in ſeiner
Anwendung.
1. Das Beſetzen der Beute.
Richtwachs. Bevor der Schwarm eingeſetzt wird, müſſen wir
die Rähmchen mit Richtwachs verſehen, und zwar ſowohl am Rähmchen⸗
oberteil als auch an der Querleiſte. Wir verwenden hierzu Kunſt⸗
wabenſtreifen, 2—3 cm breit und 32 cm lang.
Hierzu bedient man ſich eines Anklebebrettchens, 12 mm ſtark,
5 cm breit und ſchwach 33 cm lang. Ringsherum, auf der Unter
ſeite, iſt ein Zlechſtreifen genagelt, der um 4 mm an den vier Seiten
een Dies 1 le be Rähmchen gelegt, beides in
eine Hand genommen, der Kunſtwabenſtreifen angeſetzt und mit flüſſigem
Wachs auf beiden Seiten aufgelötet. ! 8 mn
So ift der Kaſten zum Beſetzen hergerichtet. Er wird nunmehr
auf den ihm beſtimmten Platz gebracht. Man nimmt die Clavetten
heraus und ſtellt einen Honigaufſatz (für Doppelſections) der leer iſt,
darauf. Dieſer Aufſatz ſoll den Schwarm aufnehmen.
Einſetzen des Schwarms. Haben wir einen Schwarm er—
halten, ſo warten wir bis gegen 6 Uhr des Abends, gegen Sonnen⸗
untergang. Wir öffnen das Fenſter des Brutraums und ſchließen
das Flugloch, und ſchütten den Schwarm in den Honigaufſatz. Die
Bienen ziehen ſich durch die Oeffnungen der Deckbretter in das Innere
des Kaſtens hinab, was nur wenige Minuten, höchſtens ein Viertel⸗
ſtündchen dauert. Die wenigen noch verbleibenden Bienen auf den
8
Rähmchen⸗Oberteilen werden mit einer Feder durch die Oeffnungen
hinunter gewiſcht, und der Aufſatz abgenommen. Daun können wir
in aller Ruhe die Clavetten wieder einſetzen, wobei man auf die
Nummern derſelben zu achten hat. Man deckt den Kaſten wieder mit
ſeinem Dache und öffnet jetzt das Flugloch.
Wenn das Jahr gut iſt, wird der Schwarm zum Herbſt genügend
Waben gebaut und Vorräte eingetragen haben, ſodaß wir uns nicht
um ihn zu ſorgen brauchen. Aber dies iſt eine Ausnahme in unſerem
Klima. Wenn das Jahr weniger gut iſt, ſo ſind wir genötigt dem
Schwarm durch Futtergeben zu Hilfe zu kommen.
Fütterung des Schwarms. Es kann ſich ereignen, daß
2—3 Tage nach Einſchlagen des Schwarmes für eine Reihe Tage
ſchlechtes Wetter eintritt. Wir müſſen dann füttern wenn das Volk
nicht verhungern ſoll.
Durch das Fenſter des Brutraums vermögen wir zu erkennen,
wo die Bienentraube ſich befindet. Zwei oder drei Clavetten werden
unmittelbar über dieſer Gruppe entfernt; wenn wir behutſam ver—
fahren, kommt keine Biene hervor. Ein Linnen wird über die Oeff—
nungen gebreitet und etwas in dieſelben hineingedrückt. Mit kleinen
Nägeln oder Nadeln wird das Linnen befeſtigt.
Man gießt nun in die Rinnen, die wir gebildet haben, etwas
Zuckerſyrup hinein, täglich etwa 30 gr pro Tauſend Bienen. Dieſe
Flüſſigkeit ſickert ſachte durch und wird von den Bienen ſchnell auf—
genommen.
Dieſes Syſtem bleibt an Ort und Stelle wenn es dem Imker
beliebt. Sind aber einige Waben gebaut und tritt gute Tracht ein,
ſo entfernen wir es wieder und legen die Clavettes wieder ein.
Vergeſſen wir aber nicht, daß wir dabei mit einer mäßigen
Tracht rechnen. Einige Tage vor dem Ende einer ſolchen mäßigen
Tracht müſſen wir daher noch weiter füttern. Wir machen das aber
anders, und nicht weniger einfach. N
Wir nehmen irgend eine Blechdoſe, die nicht höher als 5 em
iſt, und ½ bis 1 Liter faſſen kann (ſog. Biskuitdoſen). Dahinein
tun wir ein Stück Wabenhonig, und ſtülpen darüber ein kleines Kiſtchen
ohne Boden und Deckel, etwa 32 cm lang. Dies Kiſtchen wird oben
mit dem bekannten Maſchendrat für Bienenkäſtenfenſter abgedeckt.
Um nun mit dieſem höchſt einfachen Apparat zu füttern, entfernen
wir eine Clavette, gerade über dem Volke, und mit der Blechdoſe
bedecken wir — bis auf 2 oder 3 em — die Oeffnung und ſtülpen
darüber das Kiſtchen. So können keine Bienen entweichen und keine
Näſcher eindringen.
Nach einigen Stunden und ſelbſt erſt nach Tagen — je nach
Wetter und Temperatur — eutſchließt ſich das Volk, den Honig aus
der Doſe zu entnehmen und gewöhnt ſich ſchnell an dieſe Art Fütterung,
wenn wir durch den Maſchendrat Zuckerſyrup in die leer gewordene
Wabe träufeln, was wir ohne Umſtände und zu jeder Tageszeit tun
können, ohne von einer Biene beläſtigt zu werden.
.
Der Honigaufſatz für Doppelſectionen ſchützt und erwärmt das
Futter, da er oben und ringsherum mit Watte umgeben wird.
Ife es fo kalt geworden, daß die Bienen nicht mehr uach oben
ſteigen, ſo iſt der Winter da. Jetzt wird der Brutraum genügend mit
Winterfutter verſehen ſein, da die Bienen ein paar Monate Zeit gehabt
haben, ſich zu verproviantieren.
Der Futterapparatbleibt nun an Ort und Stelle ſo
lange bis die Bienen alle 14 Waben ihres Brutneſtes
ausgebaut haben. Sind ſie ſo weit, ſo hat man ſich ihretwegen
nicht mehr zu beunruhigen. Es werden ſtets genug Vorräte vorhanden
ſein, nicht nur für die Ueberwinterung, ſondern überhaupt.
Solange das Volk aber noch nicht ſo weit iſt, tut der Imker gut,
zu füttern, doch ohne Uebertreibung. In ſchlechten Jahren kann
ſolches 2 Jahre dauern. Es bleibt aber zu berückſichtigen, daß wir in
der ganzen Zeit keine Manipulationen vorzunehmen brauchen und weder
Rauch noch Schleier nötig haben.
2. Das Beſetzen des Honigraums.
Sift das Volk alſo fonftituiert, das Brutneſt eingerichtet und aus—
geſtattet, ſo können wir daran denken, von ihm einen Ertrag zu ver—
langen. Iſt das Jahr, wo wir den Schwarm einſchlugen, ſehr gut
geweſen, ſo wird ſchon dies zweite Jahr Ertrag zu bringen haben.
In gewöhnlichen Honigjahren äber würden wir uns zwei Jahre ge—
dulden müſſen, und in ſchlechten ſogar drei.“ Wie dem auch ſei —
der Brutraum iſt gefüllt. Der Erkräg kann beginnen, und es find
die aufzuſetzenden Honigränme, welche denſelben liefern ſollen.
Wann ſetzt man den erſten Honigraum auf? Wann man will;
aber doch weder zu ſpät, noch auch viel zu früh. Ein zeitiges Auf—
ſetzen bietet nichts Bedenkliches, da der Honigraum ja noch mit einer
Enveloppe umgeben und der Zwiſchenraum, ſowie der Raum darüber
mit Watte warmhaltig verpackt iſt. So ſinkt die Temperatur infolge
= deffen im Brutraum nur etwa 1½ Grad C, was keine Nachteile mit
„ ſich bringt, auch die Eierlage nicht herabmindert.
10 Nehmen wir die Zeit vom 1. bis 15. April zum Aufſetzen an.
Wir haben znerſt die Sectionen, einfache und doppelte, mit Anfängen
auszuſtatten. Dieſelben können verſchieden geartet fein. Wir ſelbſt
haben Anfänge von / cm Breite für das Praktiſchſte gefunden.
Man kann den Aufſatz zu jeder Tageszeit aufſtellen und braucht
weder Rauch noch Schleier dabei. Vorher ſind die Clavettes auszunehmen.
Dies geſchieht bequem und einfach, ohne daß es Stiche gibt.
Oeffnung des Brutraums. Die Clavettes ſind jetzt
mehr oder minder verkittet. Man nimmt nun ein Stück Leinwand
zur Hand, 36 cm breit und 60 cm lang, das um ein viereckiges
Stäbchen von 10X10 mm Dicke angenagelt und eingewickelt ijt. Das
Ende der Leinwand wird am oberen Rande des Brutraums leicht
befeſtigt. Man wickelt nun die Leinwand nach und nach auf, nach
Maßgabe, wie die Herausnahme der Clavetten fortſchreitet, ſodaß
alſo jede blosgelegte Oeffnung ſofort von einem Stückchen der Leinwand
sesso Sn ae
bedeckt werden kann. Iſt die Leinwand ganz aufgerollt, fo wird das
Stäbchen, worauf ſie genagelt iſt, am andern Ende des Kaſtens liegen,
dort, wo auch die 2 mm hohe und 360 mm breite Spalte des Honig—
aufſatzes ſich befindet.
Die entnommenen Clavetten ſind, zu einem Bündel verpackt,
ſorgfältig aufzubewahren.
Iſt der Honigraum, ausgeſtattet mit den Sectionen, aufgeſetzt,
fo wird die Leinwand durch den Spalt deſſelben, 3607 mm, heraus⸗
gezogen. Die Verbindung zwiſchen Brutraum und Aufſatz iſt ſomit
1 f. und die Bienen ſteigen ſofort nach oben, falls es nicht zu
alt iſt.
Der Aufſatz wird mit einer Zinkplatte oben abgedeckt und darauf
noch Watte gelegt.
Soll ein zweiter Aufſatz gegeben werden, ſo wird derſelbe auf
den erſten geſetzt, ebenfalls oben abgedeckt und nun die Ziukplatte
zwiſchen beiden Aufſätzen nach hinten herausgezogen, ganz wie man
zuerſt die Leinwand herausgezogen hat. Deshalb hat ja jeder Honig—
raum die Wand hinten um 2 mm verkürzt.
Ebenſo verfährt man für einen dritten ꝛc. Aufſatz. Wir kennen
nichts Einfacheres.
Der Imker tut gut, ſpäter denjenigen Aufſatz, welcher nur halb
ausgebaute Sectionen aufweiſt, zurückzuſtellen, um ihn im nächſten
Jahr als erſten zu geben. Wer aber erſt anfängt, nach dieſer
Methode zu imkern, muß ſich mit Anfängen begnügen.
3. Die Honigentnahme.
Dieſelbe findet zu Beginn des Herbſtes ſtatt, früher oder ſpäter,
wie es die Gegend angezeigt erſcheinen läßt, und an einem freund—
lichen Tage, denn man muß beſtrebt ſein, ſo wenig Bienen dabei zu
verlieren wie nur möglich. Die Honigaufſätze werden einzeln ab—
genommen, dabei iſt keine Hülfe erforderlich.
Am die Bienen in die Honigräume hin aufzubringen, haben
wir uns der Wärme bedient; umgekehrt bedienen wir uns der Kälte
um ſie wieder in den Brutraum hinunterſteigen zu laſſen.
1
29
3
a)
der Käſten untereinander gelöſt zu haben.
Die Tage ſind nun ſchon kühl und die Nächte oft recht kalt.
Am Abend des Tages der Honigentuahme entfernen wir die Enveloppe
der Aufſätze, und nehmen die Watteverpackung fort. Den Bienen
wird es jetzt in den Aufſätzen zu kühl und ſie begeben ſich daher in
den Brutraum, und am anderen Morgen zwiſchen 8 un r, nehmen
Wir den oberſten Aufſatz ab, und bedecken den verbleibenden mit einer
Serviette. .
Es iſt zweckmäßig, am Abend vorher auch ſchon die Verkittungen
Die wenigen Bienen, die ſich noch in den Aufſätzen befinden,
nt ind leicht durch Klopfen vertrieben.
Wir beeilen uns nunmehr, den Brutraum wieder zu ſchließen.
„Dies iſt die einzige Operation, bei der wir uns des Rauches,
ſowie Schleier und Handſchuhe bedienen.
a {eee
Die Clavetten, gut geſäubert, liegen zur Hand.
Wir entfernen mit einem Ruck die Serviette. Mal ſind nur
wenige Bienen darunter zu finden, mal auch wieder; Hunderte. n
Man wiſcht ſie fort, hält in der einen Hand die Rauchmaſchine,
und mit der andern wird mit einem beſonders angefertigtem Kratzeiſen
jede Oeffnung der Deckbrettchen vom Kitt befreit, ſo daß die Cla⸗
vetten ſich leicht einſetzen laſſen. Iſt dies geſchehen, fo wird gelegentlich
die Oberfläche der Deckbrettchen gereinigt. n
Man nimmt nur immer einen Aufſatz ab, da zwei zu ſchwer wären.
4. Die Einwinterung.
Man kann ſie vornehmen ſobald man die Aufſätze abgenommen,
und einen derſelben geleert hat. Letzterer wird dann auf den Brut—
raum geſtellt, und mit Stroh und Watte ꝛc. gefüllt. Dadurch wird
nach oben ein warmhaltiger Abſchluß erzielt, und gleichzeitig die Luft⸗
erueuerung ermöglicht, weil die Bienen die Clavetten im Herbſt nicht
mehr verkitten.
Sobald es kalt wird und die Ausflüge aufhören, wird das
Wintervorſatzbrett der Veranda angebracht.
Dies ſind, bis auf unweſentliche Einzelheiten, die Grundzüge der
ii im Bienenkaſten Sylviac nach den Grundſätzen des Sim—
plismus.
Wie wir geſehen haben, gibt es hier kein Einengen und Er—
weitern des Brutneſtes, wodurch der Raum ſoweit eingeengt werden
ſoll, wie ihn der Schwarm ausgebaut hat (z. B. auf die Hälfte)
keine Frühjahrs- und Herbſtreviſionen, die bei dem von uns gebrauchten
Brutraum von 70 Liter auch völlig unnötig find, da die Vorräte
darin ſtets ausreichend erſcheinen, und keine Serie von Manipulationen
ſamt dem ganzen Arſenal von Bienenzuchtgerätſchaften, welche das
charakteriſtiſche Merkmal des modernen Mobilbetriebes darſtellen. Wir
dürfen daher behaupten, daß es eine neue Methode iſt, die wir dem
Publikum bieten.
V. Die Vorzüge des Bienenkasten Sylviac.
Wie wir im zweiten Kapitel geſehen haben, baſiert der Sim—
plismus auf der naturgemäßen Haltung und Pflege der Bienenvölker,
und hierzu iſt keine Bienenwohnung geeigneter als eben die unſere,
die ganz dem Syſtem des Simplismus gemäß eingerichtet iſt.
Ueberblicken wir die Vorzüge dieſes Kaſtens, ſo finden wir
folgende:
1. Die leichte Behandlung. Hier iſt keine ſchwer ausführbare,
nur auf dem Papier kinderleicht auszuführende Anweiſung zu befolgen
und hier gibt es die wenigſten Manipulationen. Deshalb gibt es
keine beffere Bienenwohnung für ſolche Imker, denen nur eine bez
ſchränkte Zeit zu Gebote ſteht (Förſter, Lehrer, Chauſſeeaufſeher und
andere Beamte, Geſchäftsleute, Handwerker, Landleute). In den
wenigen Mußeſtunden, die er erübrigt, kann ein ſolcher dennoch eine
größere Anzahl Bienenvölker bewirtſchaften als bei jedem anderen
os ee
Syſtem mit beweglichen Waben. Selbſt der Villenbeſitzer, der nur
in der ſchönen Jahreszeit auf dem Lande wohnt, vermag einige
Bienenkäſten in ſeinem Garten aufzuſtellen und ihnen die nötige Sorg⸗
falt angedeihen zu laſſen. Er iſt des Fütterns (das oft im März
{cou erfolgen muß) enthoben, und er vermag im Sommer oder Herbſt
zu verreiſen; er hat ſich um ſeine Bienen nicht zu ſorgen.
2. Es iſt ein Vorteil, der regelmäßigen Fütterung im
Herbſt und Frühjahr enthoben zu ſein, die der Mobilbetrieb ſonſt mit
ſich bringt, da bei dieſem das Brutneſt eine Einengung im Herbſt
und eine allmähliche Erweiterung im Frühjahr erfährt. Das große
Brutneſt im Bienenkaſten Sylviac, wenn es unangetaſtet bleibt,
ſichert die Exiſtenz des Bienenvolkes für eine ganze Reihe von Jahren,
und veranlaßt die Bienen, ihre Tätigkeit in die Honigaufſätze zu ver⸗
legen. Wer aber anders handelt, und den Bienen zum Winter nur
das Notwendige laſſen will, darf ſich nicht wundern, wenn er außer
der ſteten Arbeit im Frühjahr auch noch häufig ganz unerwartet ſich
genötigt ſieht, zu füttern; er darf ſich nicht wundern, wenn ſeine Er—
träge hinter denen des Simpliſten zurückbleiben, weil dem Letzteren
die Bienen in den Honigräumen bauen und Honig darin eintragen,
während fie bei dem Erſteren genötigt find, erſt die Lücken im Brute
neſte wieder auszufüllen.
3. Das Unangenehmſte an der modernen Mobilbienenzucht iſt
die Fütterung mit Zucker. Sie hat den kränkenden Verdacht des
Betrügens auf die modernen Imker geworfen. Ueberlegen wir einmal:
Zuerſt füttern wir die Schwärme (Juni) und unmittelbar darnach
ſchleudern wir den Muttervölkern, die nicht geſchwärmt, den Honig
aus, weil Schwarmzeit und Volltracht nahe beiſammen liegen. Im
September füttern wir abermals, und darnach bringen wir den
Scheibenhonig aus den Körben und den Heidehonig aus den Auf—
ſätzen zu Markt. Ein ſolches Zuſammentreffen muß doch das Publikum
kopfſcheu machen — und macht es auch tatſächlich kopfſcheu. Die
Imker verſichern zwar alle mit großem Pathos, ihr Honig ſei reiner,
natürlicher Bienenhonig; aber wenn einer von ihnen ſich genötigt
ſieht, Honig ſelber zuzukaufen, dann iſt gerade ſein Mißtrauen am
größten. Das Publikum kauft daher immer noch lieber den ſchlechten
ausgelaſſenen Honig des Korbimkers, als den Schleuderhonig des
Mobilimkers. 8
4. Mit dem Bienenkaſten Sylviac erſpart der Simpliſte
die Ausgabe für die Kunſtwaben, und erntet mehr Wachs.
Wenn wir dieſe beiden Punkte in Betracht ziehen und berückſichtigen,
daß er den einmal etablierten Muttervölkern keinen Zucker zu kaufen
braucht, ſo leuchtet ein, daß der Reingewinn größer ſein muß
bei dem Bienenkaſten Sylviac, als bei den Beuten anderer Syſteme.
5. Der Bienenfaften Sylviac verhindert die Entſtehung der
Faulbrut und leiſtet ihrer Ausbreitung keinen Vorſchub. Die Faul⸗
brut wird gerade durch den modernen Mobilbetrieb mit ſeinen Mani—
pulationen und ſeiner Fütterung der Völker zu unpaſſenden Zeiten
hervorgerufen, indem z. B. im Frühjahr durch die ſpekulative Fütterung
die Inſtinkte der Bienen irre geleitet werden, fo daß fie den Brute
anſatz zu frühzeitig ausdehnen. Auch durch Verwendung von Wachs
unbekannten Urſprungs kann die Faulbrut auf dem Bienenſtande ein⸗
geſchleppt werden.
6. Bei dem Bienenkaſten Sylviac iſt das Abſperrgitter eine
überflüſſige Einrichtung. Das Abſperrgitter iſt und bleibt ein Hinder⸗
nis für die Bienen, in den Honigraum zu gehen, darüber hilft kein
Ableugnen hinweg. Statt der Abſperrgitter hat unſer Bienenkaſten
die Deckbrettchen mit den Clavetten.
7. Die künſtlichen Mittelwände find im Bienenkaſten Sylviac
auch nur reiner Luxus. Die Ausgabe dafür kann der Imker ſparen.
Es gibt viele Imker, denen gerade das Ausſtatten der Rähmchen
mit Kunſtwaben zu viel Umſtände macht, ganz abgeſehen von den
Koſten und von den Unannehmlichkeiten, die es mit ſich bringen kann,
einen ſtarken Schwarm auf ganze Mittelwände zu ſetzen. Mit dem
Bienenkaſten Sylviac ift auch ſolchen Imkern gedient. Statt die
Koſten für Mittelwände aufzuwenden, zieht es der Simpliſte vor, den
Schwarm angemeſſen zu verſtärken; und der Schwarm mag ſo ſtark
ſiin wie er will — die Naturwaben reißen nicht ab, fie bauſchen
und dehnen ſich nicht.
. 8. Und was nützen künſtliche Mittelwände in Gegenden, wo
das Heidekraut wächſt? Was nützt da eine Honigſchleuder? In
Gegenden mit Heidekraut kann vom Aufbewahren von leeren Waben
aus einem Jahre ins andere keine Rede ſein. Der Heidehonig
wird als Scheibenhonig am teuerſten bezahlt, ausgelaſſen
aber iſt er einer der minderwertigſten Honigſorten.
Scheibenhonig ſollte aber auch nicht die allerdünnſte künſtliche Mittel-
wand haben. Der Simpliſte erntet im Bienenkaſten Sylviac den
beſten, köſtlichſten Scheibenhonig, und bekommt ihn daher beſſer bezahlt.
9. Pfarrer Ludwig in Herbsleben erklärte öffentlich, es gehe —
und mit Unrecht — das Beſtreben der Bienenwohnungsfabrikanten
dahin, die Käſten immer kleiner zu machen; der Preis falle nicht im
gleichen Verhältnis, und die Herſtellung in den ſchmalen Dimen—
ſionen ſei bedeutend billiger. Herr de Villeneuve aber macht darauf
aufmerkſan, daß jedes Bienenvolk um ſo mehr produziere,
je größer der ihm gegebene Brutraum ſei. Ein Volk in
45 Liter produziert ½ mehr Honig als ein folded in 25 Liter. Für
ſeine Gegend hat er 100 Liter noch rentabel gefunden: ich habe für
unſere deutſche Verhältniſſen 70 Liter angenommen. Denn wir
haben ſelten nur hohe Sommertemperaturen, und zudem iſt das Wetter
bei uns ſehr veränderlich. Nehmen wir die allgemeine Behauptung
als richtig an, eine Gegend könne nur einer beſchränkten Anzahl
Bienenvölker Nahrung bieten, ſo muß uns doch daran liegen, daß
jedes einzelne Volk ſein höchſtes und beſtes leiſten könne. Es
iſt daher gewiß beſſer die Völker in großen, als in kleinen Beuten
zu halten.
10. In ſolchen großen Beuten iſt auch das Schwärmen viel
ſeltener. Es iſt ohne Zweifel ein wahrer Spruch: Viele Schwärme,
wenig Honig! Ein Amerikaner hat das noch draſtiſcher ausgedrückt,
indem er ſagte: Das Schwärmen iſt für den Ertrag an Honig daſſelbe,
was die Aufzucht von Kälbern für den Ertrag au Butter und Eiern.
Der Bienenkaſten Sylviac hält das Schwärmen ſoweit hintenan, wie
jede große Beute es eben vermag; infolge des frühzeitigen Aufſetzens
doppelwandiger Honigräume — auch wieder eine ſeiner ſpeziellen
oe — ſchwärmen die Bienen in die Honigauffage
inein.
11. Der Bienenkaſten Sylviac iſt ſolide und feſt gebaut.
Er iſt, ſozuſagen, auf allen ſechs Seiten doppelwandig, und das
Flugloch iſt für den Winter geſichert, ohne doch die friſche Luft ab—
zuſperren. Es iſt alles ſolide, und geeignet, den Unbilden der Witterung
zu trotzen. Dies iſt keine zugige Beute aus dünnen Brettchen, ſondern
ſie iſt für den Freiſtand geeignet, und macht den koſtſpieligen Bienen—
ſchuppen entbehrlich.
12. Der Bienenkaſten Sylviac geht daher vom Vater auf den
Sohn über, und kann von letzterem ohne viele Kenntniſſe bewirt—
ſchaftet werden. Stirbt der Imker, ſo brauchen ſeine Witwe, ſeine
Töchter die Bienen nicht zu verkaufen; ohne Rauch, ohne Schleier
vermögen auch ſie die Bienenzucht zu betreiben, und das angelegte
Kapital iſt nicht verloren. Dies bezüglich ſprach der Imker A. Tonelli
in Coccaglio bei Brescia die ſchönen Worte: „Der Bienenkaſten
Syviac ... hätte dann auch die gute Seite, daß der Bienen—
ſtaud ein wirklich wertvoller Beſitz von bleibendem Werte für die
Familie des Imkers ſein würde, vererbbar vom Vater auf den Sohn,
während im Gegenteil mit dem modernen Betrieb der Bienenſtand
nur einen auf die Perſon des Imkers begründeten Wert beſitzt; denn
nur, wer die Betriebsweiſe verſteht und ſich dafür intereſſiert, kann einem
modernen Mobilbienenſtande Ertrag abgewinnen. Und wenn nun der
Imker aus irgend einem Grunde ſeine Bienen verlaſſen muß. ..
ja, wenn er ſterben ſollte. . arme Bienen! Selbſt wenn man
3 oder gar 4 Jahre warten müßte, ehe der Bienenkaſten Sylviac
Ertrag gäbe, ſo wäre das noch nicht ſo ſchlimm. Iſt es bei den
Weingärten nicht ebenſo der Fall? Aber einmal eingerichtet, hat
man bei denſelben auch nur die etwa eingegangenen Weinſtöcke neu
zu erſetzen.“
VI. Eine Mahnung.
Wer nun, nachdem er die vorſtehenden Kapitel durchgeleſen hat,
zu dem Entſchuße gekommen iſt, es mit dem Bienenkaſten Sylviac zu
probieren, dem kann ich hierzu nur Glück wünſchen; hat doch ſelbſt
ein Rauſchenfels anerkannt, daß der Bienenkaſten Sylviac ſich für
meine arme Gegend, des heiligen Römiſchen Reiches Streuſandbüchſe,
eigne. Und ich habe ihm hierauf erwiedert, daß dieſe Beute um ſo
mehr noch für Gegenden mit mittelmäßiger und guter Tracht paſſe.
Herr de Villeneuve aber bleibt dabei, daß ſie auch in Gegenden mit
reicher Bienenweide hingehöre.
a Dy =
Es wäre aber bedauerlich, wenn Jemand nach den vorſtehenden
Beſchreibungen, ohne erſt das Original geſehen oder ausprobiert zu
haben, daran gehen wollte, ſich eine beliebige Beute mit „ähnlicher“
Einrichtung auszutifteln, dies und jenes an den Einzelheiten weglaſſen,
und andere Einzelheiten an deren Stelle ſetzen wollte. Da können
die Reſultate den Erwartungen unmöglich entſprechen. Syſtem und
Kaſten ſind ein Werk aus einem Guß. Alles iſt ausprobiert,
Alles iſt zweckentſprechend eingerichtet worden. Zwar weicht auch
mein Kaſten in Aeußerlichkeiten von dem Originale ab, aber nichts
iſt ohne Genehmigung meines franzöſiſchen Freundes geſchehen, und
die weſeutlichen Teile: Clavetten, Aufſätze, Wintervorbau, Einrichtung,
Fütterungsapparat, ſind genau nach den Originalen.
Ich wünſche, daß dies Büchlein eine gute Aufnahme finden, und
dem Werke des franzöſiſchen Bienenzüchters bei den deutſchen Imkern
den Weg ebnen möge; ſollte dies der Fall ſein, ſo werde ich in dem
nächſten Hefte die Selbſtanfertigung des Bienenkaſtens Sylviac an—
ſchaulich zu ſchildern verſuchen.
Der Hebung der deutſchen Bienenzucht ſind meine ſchwachen
Kräfte vornehmlich gewidmet, ohne Eigenutz und ohne Hintergedanken.
Mich für dieſe hohe Aufgabe intereſſiert zu haben, iſt auch mit das
Werk Herrn de Villeneuve's der mir unermüdlich ſeine helfende
Freundeshand gereicht hat, vergeſſend den Hader der Nationen unſerer
beiden Länder, vergeſſend die Verſchiedenheit des Glaubens und den
Unterſchied des Standes, denn, ſo ſchrieb er, die gemeinſame Liebe zur
Biene iſt das Band, das Angehörige verſchiedener Nationen in Freund—
ſchaft verbindet.
VII. Eignet sich der Bienenkasten Sylviac für Deutschland?
Als ich im Jahre 1907 die erſte Auflage dieſer Schrift heraus⸗
gab, da blieben die Anſichten nicht unbeachtet, die in Vorſtehenden
entwickelt worden. Sie haben vielfache und begeiſterte Zuſtimmung
gefunden, und das Büchlein iſt in alle Gauen unſeres Vaterlandes,
auch nach Oeſterreich und Ungarn und bis an das Adriatiſche Meer
gedrungen. Vom Bodenſee, vom Rhein, von der Memel und aus
Schleswig⸗Holſtein erhielt ich Briefe mit näheren Erkundigungen.
Aber im Allgemeinen verhielt man ſich dennoch ungläubig, mindeſtens
aber abwartend. Iſt das ein Wunder? Wie Viele ſind nicht ſchon
aufgetreten mit der Bekanntgabe einer neuen Bienenwohnung, und
immer noch haben die Leute ſich enttäuſcht wieder abgewendet, die
ihnen Anfangs Vertrauen entgegengebracht hatten.
Man ſagte mir daher auch: „Ja, die Ideen des Simplismus,
die Sie da entwickeln, ſind wohl recht ſchön, und in der Theorie auch
ganz einleuchtend; aber wie ſtellt ſich die Sache in der Praxis bei
uns in Deutſchland? Iſt nicht das Rähmchenmaaß für den Brutraum
mit 33 K 33 cm im Lichten zu groß gewählt? Iſt nicht der Brutraum
ſelbſt mit 14 bis 18 ſolcher Waben zu geräumig für unſere Verhält-
niſſe? Wird es angehen, in Deutſchland, das ſo viel kälter iſt als
Frankreich, wo Sylviac wohnt, alle Waben über Winter im Brutraum
zu belaſſen? Wird nicht bei uns, mit unſern mageren Honigtrachten,
aller Honig im Brutraum verbleiben, anſtatt in die Aufſätze getragen
zu werden, und müßte daher nicht der Brutraum kleiner ſein, damit
deſto mehr Honig nach oben kommt? Und dann, wird es möglich
ſein, auch bei uns in Deutſchland den Honig in Einpfundwaben
zu gewinnen, ohne eine beträchtliche Minderernte gegenüber dem
Schleuderhonig, und endlich, was allen Ihren unbewieſenen Behaup⸗
tungen die Krone aufſetzt, können wir ſogar in den Honigräumen die
Bienen an bloßen Anfängen bauen laſſen, ohne am Ertrag eine
Einbuße zu erleiden, da doch ſelbſt die Amerikaner ihre Sections
mit Kunſtwaben ausſtatten und dennoch eine Minderernte von ½
gegenüber dem Schleuderhonig conſtatiren?
Demgegenüber ſei zunächſt darauf hingewieſen, daß das Departe -
ment der Meuſe, wo Herr de Villeneuve lebt, noch vor 150 Jahren
ein von Frankreich unabhängiger Staat war, und mit dem jetzigen
deutſchen Lothringen das Herzogtum Lothringen bildete, mit Nancy
als Hauptſtadt. Es iſt daher nicht ganz richtig, das ehemalige
Herzogtum Lothringen in jeder Beziehung dem übrigen Frankreich
gleich zu ſtellen. Die Nähe der Ardennen übt einen unverkennbaren
klimatiſchen Einfluß aus, und muß das Klima von Sauvoy noch als
beſonders rauh bezeichnet werden. Sauvoy, 6 km im Norden von
Bar-le-duc, iſt durch ſeine Lage in einem von N. W. nach 8. O.
ſtreichenden Tale klimatiſch jo ungünſtig geftellt, wie etwa Johann⸗
Georgenſtadt, das fog. Sächſiſche Sibirien, zu dem übrigen Sachſen.
>
Folgendes find die kälteſten und die heißeſten Temperaturen,
ſowie die Monatsmittel (in Celſius) für Sauvoy:
min. max. Mittel
1905 Januar — 20,0 + 7,0 — 65
1906 5 — 200 +100 — 5,0
1905 Februar — 12,5 +100 — 15
1906 — 15,5 +125 — 20
1905 März — 75 +200 + 60
1906 „ — 12,5 +200 + 4,0
1905 April — 11,0 +230 + 60
1906 „ — 9,5 +240 + 60
1905 Mai — 60 +330 +135
1906 „ — 40 +295 +130
1905 Juni + 3,5 +810 +17,0
1906 „ =v +345 +165
1905 Juli +40 7350 4195
1906 „ — 20 +345 +160
1905 Auguſt +20 +8335 +180
1906 „ — 05 +360 4175
1905 September — 3,5 -+31,0 +135
1906 ‘ — 65 +350 1145
1905 Oktober — 110 77 140 + 15
1906 N — 3,0 +230 -+10,0
1905 November — 14,0 + 13,0 — 0,5
1906 1 — 10,5 +180 + 2,0
1905 Dezember — 10,5 + 10,5 0
1906 f — 26,0 +80 — 90
Man beachte bei dieſen Ziffern, daß von 24 Monaten nur drei
ohne Nachtfröſte waren! Die Tagestemperaturen ſind in Sauvoy
in allen Monaten höher als bei mir in Wünsdorf, aber gerade
hierdurch werden dortſelbſt die rieſigen Extreme zwiſchen Nacht- und
Tagestemperaturen hervorgerufen, während hier dieſe Spannung
geringer iſt, alſo eine größere Gleichmäßigkeit herrſcht. Was dies in
der Bienenzucht zu bedeuten hat, iſt noch lange nicht genug gewürdigt
worden. Dieſe tiefen Temperaturen nötigten Herrn de Villeneuve
geradezu, Brutraum und Aufſätze nach Möglichkeit warmhaltig aus⸗
zuſtatten. Herr de Villeneuve bemerkt daher mit Recht zu obiger
Tabelle: „So kurz und unzulänglich dieſe Angaben auch ſind, ſie
beweiſen, daß die Monate März und April, welche ſo mächtig auf
die Entwickelung der Bienenvölker einwirken, in Wünsdorf wärmer
und regelmäßiger ſind als in Sauvoy. Es iſt daher nicht überraſchend,
daß in Wünsdorf die Schwärme mehrere Tage früher erſcheinen.
Bezüglich der Behauptung, daß mein Syſtem ſich wohl für das ſchöne
Weinland Frankreich eigne, daß es aber für das viel kältere Deutſch⸗
land nicht paſſe, iſt gerade das Gegenteil richtig. Der Simplismus
iſt entſtanden in einer Gegend, deren Jahresdurchſchnittstemperatur
um 2 Grad niedriger iſt als die der Umgegend von Berlin.
„Der Bienenſtand in Sauvoy liegt in einem 500 bis 600 Meter
breiten Tale, das von kleinen, 40 bis 50 Meter hohen Hügeln
gebildet wird; die Abhänge derſelben ſind bewaldet, und die Höhen
ſelbſt teils bewaldet, teils feldmäßig beſtellt. Der Boden iſt durchweg
kalkig, ohne Lehm, wenig tiefgründig und wenig fruchtbar. In
manchen Jahren wuchert dort der gelbe Steinklee (Melilot) in großen
— 23 —
Mengen auf den Ackern und iſt dann die Quelle einer ſehr ergiebigen
Honigernte. Das ſchmale Tal, wo Sauvoy eingebettet liegt, beſteht
aus Wieſengründen, wo ſehr viel Kleegrasgemenge zu finden iſt.
Sowie dieſe Wieſen gemäht werden, iſt die Tracht für das ganze Jahr
wie abgeſchnitten. Es iſt alſo eine reine Frühtrachtgegend, da es
dort auch nur wenig Kaſtanien und Linden giebt.“
Wünsdorf dagegen liegt in einer nur ganz leicht gewellten
flachen Gegend, 40 km ſüdlich von Berlin, in einer teils ſandigen,
teils moraſtigen Gemarkung, ohne jeden Kalkgehalt. Das Dorf ift
umgeben von Wäldern, Wieſen und Seen. Aber der Wald iſt arm⸗
ſeliger Kiefernwald ohne Unterholz, ohne Beerenfrüchte, ohne Farren⸗
kraut, arme Bauernhaide, von der alljährlich die Streu abgeharkt
wird. Die Wieſen liegen im 8. des Dorfes zwiſchen und an den:
Seen; ſie enthalten mehr ſaure als ſüße Gräſer. Ein Teil iſt zu
Feld niedergelegt und wird mit Rüben, Hafer und Gerſte beſtellt. Die
Wieſen bieten im Verein mit etwa 100 Akazien eine wertvolle
Frühtracht, nachdem die Entwickelung der Völker durch den Pollen
der Weiden und Schwarzpappeln und den Nektar der Obſtbäume
und Beerenſträucher ſoweit gefördert iſt, als es die Temperatur im Früh⸗
jahr eben geſtattet. Der Acker iſt ſandig und wird mit Roggen, Kar⸗
toffeln und Lupinen beſtellt. Serradella bietet einige Nachtracht, ebenſo
die Ackerwinde, während Kornblume und Hederich ſich nur wenig findet.
Durch die Wieſen zieht ſich eine Chauſſee mit herrlichen jungen Linden dahin.
Wenn nun der geneigte Leſer ſeine Gegend mit der von Sauvoy
und von Wünsdorf vergleicht, ſo kann er ſich ganz gut ſagen, ob das,
was in Wünsdorf möglich geweſen iſt, auch bei ihm möglich ſein
wird, juſt ſo, wie mir Herr de Villeneuve 1905 ſchrieb: „Was in
meiner Gegend möglich geweſen, muß auch in der Ihren möglich ſein.“
Die Jahre 1907 und 1908 werden mir daher immer denkwürdig
bleiben, denn da habe ich die Probe auf das Exempel gemacht. Ich
habe die Theorie meines Freundes von den Bienen in die Praxis um-
ſetzen laſſen, und ſiehe — es hat geklappt.
* *.
*
In den Jahren 1905 und 1906 hatte ich mehrfache Verſuche
angeſtellt die Grundſätze des Simplismus auf unſere deutſchen Bienen⸗
käſten zu übertragen, aber der Erfolg blieb weit hinter meinen Er⸗
wartungen zurück. Es gehört nicht nur ein ſtarkes Volk, ſondern auch
eine ſtarke Tracht dazu, um die Bienen zu bewegen, in den deutſchen
Normalhalbrähmchen an Anfängen zu bauen. Ich kann deshalb nur
vor ſolchen Verſuchen warnen. Herr de Villeneuve ſandte mir daher
1906 einen Kaſten, der aber nur einfachwandig und nur mit 9 Brut⸗
rähmchen 33 433 cm ausgeſtattet war. Er betonte ausdrücklich, daß
ſolche kleine und einfachwandige Beuten nur einen geringeren Ertrag
gegenüber den großen, doppelwandigen liefern könnten, daß ich aber
daran nicht nur das Syſtem der Clavetten und Aufſätze ſtudieren
könne, ſondern auch den Ertrag in meiner milderen Gegend damit
vergleichen ſolle. Er fügte noch zwei Aufſätze für einfache und
doppelte Sections bei, ferner 100 neue Sektionsrähmchen, Veranda,
Pe ee
Futterapparat und alles was fonft dazu gehört — ein Geſchenk, das
ich dankbar annahm, das ich ihm aber auch zu vergelten ſuchte, indem
ich 10 Käſten danach bauen ließ, aber doppelwandig und zu je
14 Bruträhmchen, und auch mit Enveloppe um die Honigaufſätze, ſo
wie wir es in unſerem Briefwechſel hierüber feſtſtellten.
Der erſte Schwarm, der Anfang 1907 auf meinem Stande fiel,
wurde in die Sylviac-Originalbeute (die ich fortab den blauen Kaſten
nennen werde) eingebracht. Er wog 1 Kg. Zum Einbringen be⸗
nutzte ich einen der beiden Aufſätze, denjenigen zu Doppelſektions.
Dieſes ſind niedrige lange Honigrähmchen zu je 2 Pfund. Der leere
Aufſatz wurde auf den Kaſten geſetzt, nachdem alle Clavetten heraus⸗
genommen waren, die Bienen aus dem Fangkorb hineingeſtoßen und
die Blechtafel darüber gedeckt. Das Flugloch ließ ich zwar offen,
öffnete aber das Fenſter, um Licht in den Brutraum fallen zu laſſen
und erwartete mit Spannung das Hinunterſteigen des Schwarms
durch die Oeffnungen. Aber eine geraume Weile verging und der
Brutraum blieb leer. Ich hob die Blechtafel empor und ſah, daß
die Bienen ſich in dem leeren Aufſatz an allen vier Wänden an⸗
geklammert hatten — dasſelbe Schauſpiel, das man nach Einfangen
eines Schwarms auch im Korbe erblicken kann. Ich gab nun ein
bischen Rauch und wiſchte die Bienen mit einem naſſen Gänſeflügel
nach unten. Sobald erſt ein Teil unten war, ging alles von ſelbſt
hinunter und ich konnte gemächlich die Clavetten wieder einſetzen.
Dann packte ich den Aufſatz mit Watte und Zeitungspapier voll, legte
den Deckel wieder auf und ſchloß das Fenſter.
Herr de Villeneuve empfiehlt für ſolche Fälle Maſchendraht
über den Aufſatz zu ſpannen und Rauch hindurch zu geben.
In der Folge habe ich noch 7 Sylviackäſten bevölkert, und
zwar ſtets in derſelben Weiſe, daß die Bienen, ſobald ſie im Fang⸗
korb ihre Traube gebildet hatten, in einen leeren Aufſatz ge—
ſtoßen und dann mit dem Blech zugedeckt wurden. Da ich dann
meiſtens noch zu Rauch und Gänſeflügel greifen mußte, ſo halte ich
für beſſer, den Aufſatz mit einem Maſchendrahtrahmen zu bedecken
und auch das Flugloch zu verengern, wenn nicht ganz zu verſchleißen.
Am andern Tage konnte ich beim Schwarm im blauen Kaſten
denn auch beobachten, daß die Bienen in den oberen Compartimenten
11X33 cm bauten, und zwar füllte der Schwarm 6 oder 7 Com-
partimente an. Als alle 9 fertig waren, begann der Bau der unteren
Compartimente 22X33 em. Doch halten ſich die Bienen nicht immer,
wie ich glaubte, an dieſen Vorgang, ſondern ſteigen in den Käſten mit
14 Rähmchen ſchon nach unten, wenn oben noch 5 oder 6 Comparti-
mente auszubauen wären.
Meine Schwärme wogen 3150, 3650, 2500, 2000 gr. Unter
1750 gr. bin ich nicht gekommen, ſondern habe ſchwächere Schwärme
lieber in Körbe geworfen. Der Grund iſt nicht darin zu ſuchen, daß
ſchwächere nicht auch in den Sylviac's u entwickeln könnten. Sie
können es ganz gut und es brauchen durchaus nicht zwei oder drei
zuſammengeworfen werden, wie behauptet worden iſt. Der ganze Bienen-
ſtand in Sauvoy iſt durchſchnittlich aus Schwärmen von 600 bis 1500 gr
a
hervorgegangen. Aber bei Verſuchen will man doch fo ſchnell wie möglich
vorwärts kommen, d. h. die Bienen in den Aufſätzen bauen ſehen.
„Schwärme von 3150 gr und darüber bieten ſelbſt in dem ge⸗
räumigen Brutueſt meiner Bienenkäſten Sylviac einen imponierenden
Aublick mit der ſchwarzen Maſſe Bienen, die in dem Raume hängt.
Wie wenig es nötig iſt, ſolchen Schwärmen mit ganzem Bau zu Hilfe
zu kommen, wie man mir ſo oft vorgeſchlagen hat, habe ich hier zu
ſehen Gelegenheit gehabt. Bei meinem Imkerfreunde W. Wörner in
Gau⸗Köngerhein, Rheinheſſen, war ein Schwarm von 4 Kilo nach
8 Tagen faſt ans Fenſter gerückt. Ich ſage an und für ſich nichts
gegen das Umlogieren von Brutwaben aus einem abgetrommelten
Korb in einen Sylviackaſten. Wem es aber darum zu tun iſt, erſt
einmal den ganzen Gang der Entwicklung zum mächtigen und leiſtungs⸗
fähigen Volke beobachtend zu verfolgen, der gebe nur Anfänge.
Zwiſchen ausgebauten Waben dagegen verſchwinden 3—4 Kilo Bienen
noch vollſtändig und dem Beobachter ſcheint es dann, als ſtocke das ganze
Leben des Volkes. Er ſieht hinten nur leere Waben und vermag
ſich für ein paar Wochen nicht recht für den Schwarm zu intereſſieren.
Meinen Schwarm im blauen Kaſten habe ich denſelben Sommer
1907 recht oft gefüttert, weil dies ſo bequem war. Ich brauchte nur
den Deckel vom Aufſatz abzunehmen, die Watte emporzuheben und
durch die Maſchen des Futterapparates Syrup einzugießen. Auch der
Schwarm von 3150 gr (Nr. 1) erhielt ab und zu ein Futter. Hier ſtand
der⸗FJutterapparat innerhalb der Enveloppe und brauchte ich nur die
Tür derſelben zu öffnen oder aber das Dach nach vorwärts zu ſchieben,
um mittels einer Weinflaſche den Syrup einzugießen. Der Schwarm
von 3650 gr erhielt dieſen Sommer kein Futter, da ich von oben her
verdeckelte Zellen im Brutraum bemerkte. Ebenſo fütterte ich von
den andern fünf Schwärmen nur einen; ſie bauten trotzdem 5—9 Waben
vollſtändig aus. Ich finde es entſchieden bemerkenswert, daß die
Schwärme je nach ihrer Stärke mehrere Waben vollſtändig her⸗
unter bauen und die anderen Rähmchen für dies Jahr unbeachtet
laſſen. In dieſem Umſtande ſehe ich einen gewichtigen Grund dafür,
möglichſt ſtarke Schwärme zu verwenden, denn Nr. 1 baute alle 14
Waben aus, Nr. 2 immerhin 12 Waben und die anderen im Ver⸗
hältnis. Je früher aber das Neſt ausgebaut iſt, um ſo eher kann
man natürlich die Aufſätze geben (ſchon bei 12 Waben) und um ſo
weniger Koſten hat man bezüglich Fütterung. Es iſt alſo ein reeller
Vorteil, ſtarke Schwärme aufzuſtellen. .
Leider mußte ich am 25. Auguſt 1907 Wünsdorf anf mehrere
Monate verlaſſen und konnte erſt am 1. Februar 1908 zurückkehren.
Der Herbſt war bis zum November milde und ſonnig geweſen und
veranlaßte die Bienen zu ſteten Ausflügen. Herr de Villeneuve dagegen
meldete Ruhe von ſeinem Bienenſtand, obgleich das Wetter in Sauvoy
gleicherweiſe herrlich war. Die Urſache iſt wohl in der Verſchiedenheit
der Bienenraſſen zu ſuchen. In Sauvoy lebt die alte einheimiſche
ſchwarze Raſſe, die von Generation zu Generation ſich dort rein fort⸗
gepflanzt hat. Dieſe einheimiſche Bienenart iſt derjenigen ganz gleich,
die der Redakteur Roth in ſeinem Blatte: „Die. Biene und ihre
udt” im Septemberheft 1908 wie folgt lobt: „Die ſchwarzen Bienen
1 ſchon 0 Juli das Brüten beizeiten eingeſchränkt und dadurch
die knappen Vorräte geſpart. Dieſe haushälteriſche Eigenſchaft wird
ihnen weitere Freunde zuführen.“ ;
Dieſes Lob der ſchwarzen Biene kann Herr de Villeneuve auch
für ſich in Anſpruch nehmen. Ich dagegen habe durch den Import
von Staliener- und Banater⸗Schwärmen in den Jahren 1905 und 1906
eine brütluſtigere Raſſe erhalten, die darum, weil ſie ſich der hieſigen
Gegend, d. h. Klima und Tracht, uoch nicht völlig angepaßt hat, mit
der Natur ihrer neuen Heimat noch nicht gleichen Schritt hält und
nicht halten mag, da das ſüdliche Blut zu mächtig treibt. Die Brüt⸗
luſt bleibt alſo in dieſen Raſſen und ihren Kreuzungen länger lebendig,
die einheimiſche ſchwarze Biene dagegen ſteht mit der deutſchen Natur
in innigſten Zuſammenhang, ſie fühlt ihren Pulsſchlag und ſchafft ſich
frühe ihr Winterlager und läßt ſich auch im heißen Juli dort wo die
Natur keinen Honig mehr ſpendet zu keinen neuen großen Brutein⸗
ſchlägen mehr reizen. Ein Zeichen der beginnenden Winterruhe iſt
ohne Zweifel das Abtreiben der Drohnen, das in Sauvoy ſchon Mitte
Juli erfolgt, ſelbſt wenn ſich die Temperatur auf 34° C ſtellt.
Die Folgen der warmen Herbſtwitterung waren für meinen
Bienenſtand höchſt verderblich, denn als ich im Februar 1908 nach
Wünsdorf zurückkehrte, waren von 33 Völkern und Schwärmen nur
noch 12 am Leben. Von 8 Schwärmen in Sylviackäſten behielt ich
nur 3, nämlich den blauen Kaſten, Nr. 1 von 3150 gr und Nr. 2
vou 3650 gr Gewicht. Ich mußte nun natürlich die Ueberlebenden
füttern. Ich hätte ſchon im Auguſt reichlich füttern ſollen. Daß ich
es unterlaſſen, hatte ich nun ſo ſchmerzlich zu büßen.
Die Brutneſter der fünf eingegangenen Schwärme in den Sylviacs
wurden durchgeſehen. Nur ein Kaſten wies wirklich viel Drohnenbau
auf; in zwei Käſten fand ich Weiſelzellen vor. Die oberen Compartimente
11X33 waren faſt alle ſehr regelmäßig ausgebaut und hörten 8 mm
vor der Verſtärkungsleiſte auf. Die Bienen konntendieſe 8 mm Zwiſchen⸗
raum benutzen als Durchgang von einer Wabe zur anderen und auf
dieſe Weiſe dem Honig bequem nachrücken, ohne erſt die bekannten häßlichen
Durchgangslöcher bohren zu müſſen, welche die Waben ſo verunſtalten.
Ich fütterte meine drei Schwärme von Februar bis Mai, aber
im Ganzen nur mäßig. Sowie der erſte Pollen und der erſte Nektar
ſich zeigte, erſtarkten die Völker ſichtlich. Schon am 27. April hatte
ich dem blauen Kaſten den erſten Aufſatz gegeben. Am 20 Mai er⸗
hielt Nr. 1 gleichfalls einen Aufſatz mit 24 tadelloſen franzöſiſchen
Sektions gefüllt, die ſelbſtredend alle nur mit 8 mm breiten Anfangs⸗
ſtreifen verſehen worden waren.
Die Aufſätze ſind aus vier Brettern, davon drei 116 mm breit,
zuſammengenagelt; das hintere Brett iſt nur 114 mm breit,
um unten den Spalt für das Abſperrblech frei zu laſſen. Dies
hintere Brett hat einen Ausſchnitt, das Fenſter, welches ich innen mit
Maſchendraht benagelte. Das ausgeſchnittene Brettchen paßt in die
Oeffnung und dient als Tür, zum Einſetzen und Ausnehmen. Nach
Wegnahme konnte ich durch die Drahtmaſchen die Bienen bei ihrer
Arbeit in den Sections beobachten. Nur muß man ſich hüten, dies
Türbrettchen zu dicht anzuſchieben, weil die Bienen es ſonſt feſt an den
Maſchendraht ankleben und danach alle Maſchen zu verkleben ſuchen,
ſo daß man um den Einblick kommt. Auch ſonſt erkenne ich es an,
daß ich einen Fehler begangen habe, Maſchendraht ſtatt Fenſterglas
zu verwenden. Am Fenſter entſtand Zug und infolgedeſſen wurden
die dort befindlichen Sections teilweiſe mangelhaft ausgebaut, teil⸗
weiſe mangelhaft gefüllt und überhaupt mangelhaft verdeckelt. Der
Raum zwiſchen Maſchendraht und Tür hat noch den Nachteil, daß ſich
hier die Wachsmotten einniſten können, ohne daß die Bienen ſich
wehren können. Ich rate alſo von Maſchendraht ab.
In jedem Aufſatz meiner vierzehnrähmigen Käſten find, wie ge-
ſagt 24 Sektions, und zwar in zwei Reihen von je 12 Sections; bei
15 Brutrahmen ziehe ich aber doch 28 Sections für jeden Aufſatz vor.
Es beſteht für mich nämlich kein Zweifel mehr darüber, daß man um
ſo mehr fertig ausgebaute Einpfundrähmchen erzielt, je mehr Sections
ſich in einem Aufſatz befinden und hat Herr de Villeneuve daher bei
ſeinen achtzehnrähmigen Käſten in jedem Aufſatz nicht weniger als
32 Sections und dennoch iſt dies den Bienen nicht zu viel. Er ſchrieb
mir darüber: „Je mehr Sections der erſte Aufſatz enthält, um ſo
größer iſt die Ausſicht, dieſelben auch ausgebaut zu ſehen und daß ſie
ihre prächtige weiße Farbe behalten. Es iſt die Erfahrung von zehn
Jahren, die mich dies hat erkennen laſſen. Verſuchen Sie es nur
einmal mit kleineren Aufſätzen und dafür in größerer Zahl aufein—
ander und ich ſage Ihnen gleich eine Verminderung des Honigertrages
voraus. Ein Aufſatz mit 32 Sections iſt keineswegs zu lang, denn
die Bienen zirkulieren auf den letzten Sections, die über Honigwaben
im Brutraum ſtehen, genau ebenſo zahlreich wie auf den vorderſten
oder denen in der Mitte und ich bin überzeugt, daß dies bei allen
Bienenkäſten ſo ſein wird, die nach meiner Vorſchrift angefertigt und
nicht einfachwandig, auch nicht ohne Enveloppe find.“
Da die Sections an allen vier Teilen rechts und links aus⸗
geſchnitten ſind, ſo können die Bienen durch vier Ausſchnitte, alſo von
allen Seiten, von oben, von unten, von rechts und von links zu jeder
Section gelangen; zudem bilden 12 bis 16 Sections einen viereckigen
wagerechten Raum von 16 em Breite, 11 em Höhe und 42 bis
56 em Länge. Man ſieht alſo, bei zwei Reihen in einem Aufſatz,
durch das Fenſter in zwei ſolche Hohlräume hinein und kann be⸗
obachten, wie die Bienen durch die Oeffnungen der Deckbrettchen in
die Sections gelangen, wie ſie erſt vereinzelt darin herumſpazieren
und die Einrichtung zu prüfen ſcheinen, bis ſie an einem ſchönen Tage
plötzlich zu Tauſenden darin hängen und als ein kleiner länglich ge⸗
ſtreckter Schwarm mit zauberhafter Schnelle zu bauen beginnen. Hier⸗
durch erkennt man die Ueberlegenheit ſolcher Sectionsreihen gegenüber
den Halbetagen der Honigräume unferer deutſchen Käſten, die für eine
ſo frühe Jahreszeit (April— Mai) noch zu hoch und daher zu kalt ſind,
auch keine ſolche impoſante Maſſe Baubienen nach oben ſenden können.
Man erkennt aber auch, welche ausſchlaggebende Bedeutung die warm⸗
haltige Verpackung beſitzt: Alſo um die Aufſätze eine Enveloppe und
ean OS a
in der Enveloppe wieder warmhaltiges Material (Holzwolle, Watte,
Papier, Lumpen) dicht um die Aufſätze geſtopft. Man erkennt aber
auch drittens, daß, je länger und breiter die Aufſätze find, um, ſo mehr
Bienen hineingehen können und um ſo beſſer die Wärme der bauenden
Bienentraube ausgenutzt wird. Es leuchtet daher ein, wie ſehr die
16 cm breiten franzöſiſchen Sections den nur 11—12 em breiten, aber
dickeren amerikaniſchen Sektions überlegen ſein müſſen.
Die Sektions müſſen erſt zuſammengefaltet werden, da der
Fabrikant, Albert Mathien in Chateaurour (Indre) fie, wie üblich, in
Streifen ausgebreitet verſendet. Jeder Sectionsſtreifen iſt auf der
inneren Seite mit drei Einſchnitten verſehen. Zum Zuſammenfalten
der Enden iſt der Gebrauch von heißem Waſſer unbedingt erforderlich.
Man nimmt jeweils die Hälfte der Sections eines Aufſatzes vor und
feuchtet zuerſt bei allen die Einſchnitte auf der inneren Seite mit
kochend heißem Waſſer an. Danach geſchieht dasſelbe auf der anderen
Seite. Nun ergreift man wieder den erſten Streifen und biegt die
Kanten vorſichtig um, die Schnitte nach innen, und zwar unter Ein⸗
tauchen in das kochend heiße Waſſer. Hierdurch allein wird ein Bruch
vermieden. Hat man alle drei Kanten rechtwinklig umgebogen, ſo fügt
man die beiden gezahnten Enden zuſammen. Sofort nachdem ein Rähmchen
zuſammengeſtellt iſt wird es in den Aufſatz geſteckt, umdarin zu erkalten
und ſeine gehörige Form bleibend zu behalten. Wenige Stunden ſpäter
kann man mit dem Ankleben der Anfänge aus Kunſtwaben beginnen.
Derart wird Aufſatz nach Aufſatz, mit Sections ausgeſtattet,
aufeinander getürmt, um ſpäter verwendet zu werden, und iſt dies eine
hübſche Arbeit für Mann und Frau an langen Winterabenden, ge-
eignet die Langeweile zu vertreiben und die Herzen mit der Hoffnung
auf ein geſegnetes Honigjahr zu erfüllen. Es empfiehlt ſich ferner
den Aufſätzen Nummern zu geben, weil man dann bei der Ernte, die
anch im Ganzen erfolgen kann, feſtzuſtellen vermag, welche Völker
die beſten Sections hergeſtellt haben, welche Farbe die Verdeckelung
hat und wieviel oder wenig Verkittung fie verwendet haben — Um-
ſtände, die nach der individuellen Beſchaffenheit der Bienenvölker verſchieden
ſind. So beſtätigen auch die Amerikaner ſchon längſt die Beobachtung
Herrn de Villeneuve's, daß unſere ſchwarzen einheimiſchen Bienen die
weißeſten Verdeckelungen liefern — eine Beobachtung, welche wir auch
an den Haidhonigſcheiben, die ſo teuer bezalt werden, feſtſtellen können.
Meine Bienen ließen ſich indeſſen Zeit, in die Aufſätze zu gehen.
Der Urſachen davon waren mehrere. Erſtens waren ſie alte Schwärme
vom vorigen Jahr und zweitens war dasſelbe ſo ſchlecht geweſen, daß von
einem Honigvorrat im darauffolgenden Frühjahr (1908) keine Rede
ſein konnte. Bei dem blauen Kaſten kam noch hinzu, daß die einfach⸗
wandigen Aufſätze ohne Enveloppe im Mai noch zu kalt zum bauen
waren. Plötzlich — es war Mitte Juni und mitten in der Akazien⸗
blüte — wurde friſcher Nektar auf der hinterſten Brutwabe von Nr. 1
ſichtbar und zu gleicher Zeit wurde oben der Aufſatz ſchwarz von
Bienen. Eine freudige Bewegung bemächtigte ſich meiner: das Volk
hatte von dem Aufſatze Beſitz genommen, es ſing an darin zu bauen.
In dieſem, der von einer Enveloppe und einer Maſſe Zeitungspapier
— 99 —
wärmend umgeben war, gab es kein Zögern, gab es keine Rückſchläge,
keinen Rückzug in kalten Nächten wie im blauen Kaſten, dai rai
rückte der Bau nach dem Fenſter vor. Die beiden Endſektionen
hier ſchienen allerdings nicht fertig werden zu wollen. Die Urſachen
habe ich oben angegeben. Ich wartete mehrere Tage, es fand hier
Ablagerung von Nektar ſtatt, aber die Sektions blieben nur halb aus⸗
gebaut. Ich hatte noch ein paar Aufſätze bereit, ſie warteten nur auf
die Verwendung. So kam der 18. Juni heran; da hielt es mich nicht
länger. Ich nahm von Nr. 1. das Dach ab und lüftete den Bled:
deckel. Ah — welche Ueberraſchung für mich, als ich durch die Gin-
ſchnitte der Sectionen die paraffinweißen Wäbchen ſchimmern ſah, die
zum größten Teil verdeckelt waren. Getreu der Anweiſung de Ville-
neuve’s wurde nun der zweite Aufſatz auf den erſten geſtellt, nicht
etwa darunter, wie ſonſt bei uns in Deutſchland üblich. Dann legte
ich das Blech darüber, ſtülpte die Enveloppe wieder über, legte die
Verpackung wieder ein und ſetzte das Dach wieder auf. Mein Werk
war getan, ohne daß eine Biene ſich aufgeregt hätte und ohne daß ich
vom Rauch hätte Gebrauch machen müſſen.
Schon am 24. Juni bauten die Bienen im zweiten Aufſatz, genau
wie vorher den erſten aufüllend als zwei längliche Schwarmkörper. Am
28. war dieſer Aufſatz ebenfalls ausgebaut und wieder waren es die
zwei letzten Sektions am Drahtfenſter, die unbollendet und unver—
deckelt blieben. Vom 1. Juli ab ſah ich täglich nach; ich hatte ge—
hofft, daß wenigſtens im erſten Aufſatz die letzten Sections verdeckelt
wurden. Das war aber ebenſowenig der Fall und am 5. Juli be⸗
ſchloß ich eine erneute Reviſion. Diesmal begleitete mich meine Gattin.
Ich nahm abermals Dach, Zeitungspapier und Enveloppe ab und hatte
nunmehr die beiden Aufſätze nackt vor mir. Ich machte hiervon eine
photographiſche Aufnahme (Nr. 2 meiner Serie) und lüftete dann den
Blechdeckel. Lauter verdeckelte paraffinweiße Waben lachten mir ent⸗
gegen. Es war mir eine innige Genugtuung, das erfreute, überraſchte
Geſicht meiner Gattin zu ſehen; mittelſt eines Meißels hob ich den
oberen Aufſatz ab, ſtellte ihn auf einen Schemel, legte den Blechdeckel
auf den unteren Aufſatz und ſchloß den Kaſten wieder wie das erſte
Mal. Den abgenommenen Honigraum aber, deſſen Bruttogewicht
über die 15 Kilo hinausging, welche die Tafelwage höchſtens auf⸗
wies, brachte ich in einen dunklen Raum. Dort löſte ich die Sections
aus den noch weichen Verkittungen, kehrte die noch daran haftenden
Bienen ab und ſtellte fie in kleine Transport- und Aufbewahrungs⸗
kiſten für je 12 Sections. Binnen wenigen Tagen hatte ich alle
Sections an die Sommergäſte verkauft. Ich war noch beſcheiden, als
ich nur 1 Mark pro Stück forderte. Nachdem ich einige Tage ſpäter
auch den erſten Aufſatz abgenommen, kam mir der Gedanke ein
Kiſtchen nach Berlin zu einem Honighändler zu bringen und muß
ich fagen, daß ich von demſelben mit großer Freude empfangen wurde.
Der Preis von 1 Mark pro Stück wurde mir auſtandslos bewilligt.
Im Geſpräch mit großen Delikateſſenhändlern, die auch Honig führten,
überzeugte ich mich nachher, daß ſie alle 1 Mark ohne weiteres be⸗
willigen würden, und daß die Nachfrage nach Sections a 1 Pfund in
— 30 —
Berlin faſt unerſchöpflich iſt. Es iſt alfo hierdurch meinen Imker⸗
kollegen ene eden, auch Sectionshonig, wenn ſie ſolchen
zu erzeugen beabſichtigen, ohne alle Umſtände direkt an Zwiſchen⸗
händler abzuſetzen, ohne noch ferner auf ihre Privatkundſchaft an⸗
gewieſen zu ſein. Von jenem denkwürdigen Tage ab habe ich alle
Verſuche eingeſtellt, meinen Sectionshonig an Private und Sommer⸗
gäſte abzusetzen und jeden Verſuch, mich im Preiſe zu drücken, habe
ich kalt lächelnd mit der Bemerkung abgelehnt, daß ich nicht auf den
Verkauf im Hauſe angewieſen ſei. 2
Dem Kaſten Nr. 1 gab ich nachher noch einen dritten Aufſatz.
Dem blauen Kaſten entnahm ich im ganzen 12 gefüllte und
verdeckelte Sections. Auch er baute einen zweiten Aufſatz teil⸗
weiſe aus. 5 ae
Kaſten Nr. 2 erhielt nacheinander zwei Aufſätze. Hier iſt be⸗
merkenswert, daß das Volk im Vorjahre nur 12 Brutwaben ausgebaut
hatte. Im Sommer 1908 baute es die dreizehnte aus und daneben
2 Aufſätze 4 24 Sections. Den Aufſätzen entnahm ich 16 Sections,
wovon ich drei wieder zurückgab.
So hatte ich im Ganzen 66 Sections geerntet, davon 42 von
Nr. 1, und noch fünf zurückgeſtellt.. Ausgebaut aber waren alle
100 Sectionsrähmchen, die ich beſaß, dazu eine Anzahl Doppelſections
(à 2 Pfund), zu denen ich in der Not gegriffen hatte.
Erwähnen muß ich noch, daß das Jahr 1908 für meine Gegend
noch lange kein beſonders gutes war, denn zwei Schwärme von je
1250 gr bauten nur, der eine 8, der andere 4 Brutwaben, und beide
mußten gefüttert werden. Die Tracht aus der Linde war nur knapp.
Hätte ich im Juli noch gute Tracht gehabt, ſo würde ich noch mindeſtens
20 Sections pro Volk mehr geerntet haben, ebenſo wenn das Jahr
1907 die Bruträume ſchon gefüllt gehabt hätte. Es iſt wenigſtens
aber hierdurch bewieſen, daß man nicht ſchlecht fährt bei einer Methode,
welche das Hauptgewicht darauf legt, den Bienen ein zweckmäßiges
Heim zu geben und ſie darin ſich naturgemäß entwickeln zu laſſen.
Es iſt alſo bewieſen: .
1. daß das Rähmchenmaß 33X33 nicht zu groß iſt,
daß der Brutraum mit 14 Waben nicht zu geräumig iſt,
daß wir alle Waben über Winter im Brutraum belaſſen können,
. daß keineswegs, ſelbſt bei mittelmäßiger Tracht, aller Honig
im Brutraum verbleibt, ſondern auch nach oben getragen wird,
bevor der Brutraum vollſtändig ausgebaut iſt,
5. daß es auch bei uns möglich iſt, Honig in Sections zu
gewinnen ohne Minderernte gegenüber dem Schleuderhonig
und endlich, 55 i
6. daß wir die Bienen in dieſen Sections auch an bloßen An⸗
fängen bauen laſſen können, da ſie ſtets im Vorrat bauen und
mehr Sections bauen, als ſie Honig eintragen können.
Es möge deshalb ein jeder, der von der Mobilbienenzucht nicht
befriedigt worden iſt, einmal einen Verſuch mit dem Simplismus und
den Bienenkäſten Sylviac machen. Er wird ſehen, daß ſeine
Er
Schwärme, geſtützt auf Pollentracht neben Honigtracht
reſp. neben Zuckerfütterung, den Brutraum je nach ihrer
Stärke ausbauen und, ſobald ſie den Brutranm ausgebaut und einiger⸗
maßen mit Honig gefüllt, ohne Zögern in die warmhaltigen Aufſätze
gehen, und er wird konſtatieren können, daß ſolche Völker, erſt einmal
ſoweit gebracht, an ſeinen Beutel gar keine und an ſeine Arbeitszeit ganz
unerhebliche Anſprüche mehr ſtellen, ſondern aus eigener Kraft ſich am
Leben erhalten und ihrem Herrn und Meiſter auch einen Ueberſchuß ab⸗
geben können und daß der Reingewinn nicht geringer iſt, ſondern eher
höher, als bei der Mobilbienenzucht, weil ſelbſt in ungünſtigen Gegenden
und Jahren doch Wachs geerntet wird und die Fütterung fortfällt.
VIII. Der Frühjahrshonig und der Sommerhonig.
Ein Imkerfreund ſchrieb mir, daß es doch ſchade ſein würde um
den prachtvollen Frühjahrshonig aus Akazien und Wieſenblumen, aus
Esparſette etc. wenn derſelbe von den Bienen in den noch leeren
Brutraum ſtatt in die Aufſätze eingetragen und dann über Winter
verzehrt werde, und dann abermals Frühjahrshonig das Brutneſt fülle,
ſo daß dem Imker nur der nachher eingetragene Honig verbliebe. Der
Frühjahrshonig ſei ja bekanntlich der feinſte und jeder Imker ſei
beſtrebt, ſolchen für ſich zu gewinnen und den Bienen dafür den
dunkleren Sommerhonig zu belaſſen.
In dieſer Bemerkung iſt wieder einmal zu erkennen, wie ſehr
Theorie und Praxis in der Imkerei doch von einander abweichen, denn
die Erfahrung mit dem Frühjahrshonig hat mich eines ganz Andern
belehrt. Es iſt überhaupt falſch, ſeine Meinungen und Urteile auf
einem Gebiete, welches, wie das der Bienenzucht, ein ſo eminent
praktiſches iſt, nach Theorien, ſtatt nach Erfahrungen zu bilden. Bei
dem Bienenkaſten Sylviac zudem, und bei dem Simplismus, womit
uns in der Praxis etwas Neues geboten wird, müſſen wir auch erſt
neue Erfahrungen ſammeln. Nachdem ich im erſten Teile dieſes
Büchleins die Theorien und Lehrſätze des Simplismus glaube genügend
dargelegt zu haben, bin ich beſtrebt, die Behandlung des Bienenkaſtens
Sylviac nach den von mir ſelbſt gemachten Erfahrungen darzulegen,
und kann ich dann der Hoffnung Raum geben, daß annähernd dieſelben
Erfahrungen auch anderwärts gemacht werden, abgeſehen davon, daß
in Gegenden mit beſſerer Tracht als die meine iſt, die Erfahrungen
noch günſtigere als bei mir ſein werden. N
Was nun den Frühjahrshonig anbelangt, ſo trifft obige Behaup⸗
tung, derſelbe würde im Brutneſt verbleiben, nur auf die Schwärme
zu, welche entweder daſſelbe noch nicht vollſtändig ausgebaut, oder
noch keine Aufſätze erhalten haben. Man könnte den Schwärmen
wohl dieſen Honig entnehmen und ihnen Zuckerſyrup dafür einfüttern,
wie das leider ein Imkerfreund von mir gemacht hat. Ich aber
mache ſeine Methode nicht mit, und ich vermute ſogar, daß er ſie nicht
zum zweiten Male wiederholen wird. „Um ſich einbilden zu können,
ſchrieb mir Herr de Villeneuve, daß das Volk durch Zuckerſyrup gar
keinen Schaden nehme, muß man ja nicht die geringſte Kenntnis der Phy⸗
ſiologie der Biene beſitzen. Nur mit gutem und reichlichem
eg: pee
onig hat man auch ſtarke und fleißige Völker. Es iſt dies
hs 10 1 Kapital und zudem eine der beſten Kapitalsanlagen.
Verſuchen Sie, und Sie werden mir beiſtimmen.
Ein zweckmäßig conſtruirter Bienenkaſten, ein tadelloſes lebens⸗
fähiges Bienenvolk, und reichliche Vorräte an gutem Honig, das ſind
die drei unentbehrlichen Grundlagen einer gedeihlichen Bienenzucht.
Ich werde nachher auf dte Freudenſteinſche Zuckerfütterungstheorie zu
ſprechen kommen n
Herr de Villeneuve ſchreibt dann weiter: „Sobald aber das
Volk konſtituirt und ſein Brutraum ausgebaut iſt, dann iſt obiger
Vorwurf völlig unbegründet. Das Volk hat auf den vorderen zwölf
Waben meiſtens Brut, es iſt alſo nicht dort, wo es ſeinen Frühjahrs⸗
honig ablagert, ſondern in die nach hinten folgenden Waben, welche
dem Imker zur Verfügung ſtehen, wenn er die Blechtafel bei der
Ernte von oben her einſchiebt. Folgendes Verfahren iſt hierbei an-
gängig: „In jedes hintere Bruträhmchen kann er drei Doppelſections
einfügen, ſie ausbauen laſſen, und im Oktober oder September durch
6 Sections erſetzen, die in den Aufſätzen ausgebaut waren, und er
hat im nächſten Jahre wieder Frühjahrshonig zu ſeiner Verfügung.“
Dennoch entuimmt Herr de Villeneuve ſeit langer Zeit keinen
Honig mehr aus dem Brutneſt und ich bin gleich von Anfang an
ſeinem Beiſpiele gefolgt. Die obige Anweiſung ſoll alſo nur auf die
Möglichkeit einer Entnahme des Frühjarshonigs hinweiſen. Zwei
Gründe ſind es, die mich abgehalten haben. Erſtens der Umſtand,
daß die Bienen, wenn mau ihnen die hinteren Waben entnimmt und
ausſchleudert oder durch Sectious erſetzt, dieſe Waben alsdann zuerſt
wieder anfüllen müſſen, ehe fie in die Aufſätze gehen, fo daß dadurch
das hinaufſteigen der Bienen zum Ausbauen der Sections verzögert
und verſpätet wird, zum Nachteil der ganzen Ernte in den Aufſätzen,
ein Nachteil, der beſonders in Gegenden mit Frühtracht bedenklich
in die Wagſchale fällt. Hier kann ein ſolches Vorgehen die ganze
Ernte in Frage ſtellen. Zweitens die Beobachtung, daß die Bienen
um ſo mehr in die Aufſätze hinauftragen, je reicher ihr Brutneſt ver⸗
proviantiert iſt. Denn wenn man 3. B. die drei hintern Waben
fortnimmt, ſo nimmt man ihnen damit mindeſtens 18 Pfund Honig
fort, und ſie müſſen den übrigen Honig des Brutneſtes über Winter
verbrauchen. Sie haben alſo auch an ihren Sitz im Frühjahr, zu
Häupten ihrer Brut, erſt wieder Honig einzutragen, alsdann die hin⸗
teren Waben reſp. Sctions zu füllen, und tragen demgemäß ſpäter
erſt in die Aufſätze ein. Laſſe ich ihnen aber allen Honig, ſo beſteht
die Hoffnung für mich, daß ſie die hinteren Reſervevorräte dazu ver⸗
wenden, jedem Mangel an Honig in der Nähe ihrer Brut zu begegnen,
daß ſie daher viel früher nach oben gehen, weil ſich unten die Brut —
dank den reichen Vorräten — raſch ausdehnt. Dies iſt ſo wahr, daß
man gerade bei einem reich gefüllten Brutneſt auf eine reiche Honig⸗
ernte in den Aufſfätzen hoffen darf, und bei einem minder gefüllten
auf eine mindere Ernte gefaßt ſein muß — der Zuſtand des Volkes
ſelbſt nicht in Betracht gezogen, der alle Vorausſagungen angenehm
oder unangenehm enttäuſchen kann. Es darf daher nicht unter Ziel
fein, allen erreichbaren oder uns überflüſſig erſcheinenden Honig aus
dem Brutneſte zu entnehmen, ſondern daß daſſelbe noch im Frühjahr
reiche Vorräte aufweiſen ſollte.
Ein anderer Imker, Herr Pfarrer Hoffmann — Glindow, kam
hingegen auf dem Sommerhonig zu ſprechen und fragte: (Prakt.
Wegweiſer für Bienenzüchter, Auguſt 1907) „Und ſoll denn auch der
Honig darin bleiben, der ungeſund iſt, verzuckerter Honig, Blatthonig,
Honig vom Rohr, von der Haide?“ Sicher geht der geehrte Imker⸗
freund in ſeiner Beſorgnis zu weit, denn wenn ſolche Gefahren ſo
allgemein zu befürchten wären, fo gäbe es läugſt keine Bienen mehr.
Ich leugne es nicht, eine ſolche Gefahr, durch ſchädlichen Honig über
Winter Völker zu verlieren, beſteht tatſächlich, aber 1. nur für kleine
Beuten, denn in dem großen und unberührten Brutraum des Bienen-
kaſten Sylviac iſt eben von allen Honigarten etwas vorhanden,
die Bienen ſind alſo nicht auf eine Honigart allein angewieſen; und
2. nur für Beuten ohne abnehmbare Honigräume, wo alſo
Honigraum und Brutraum nur eine unbeſtimmte, leicht verwiſchbare
Grenze haben. In ſolchen Lagerbeuten greift der Imker leicht zu
tief in den Brutraum mit hinein, und dieſe leergeſchleuderten Waben
in der Nähe des Winterſitzes werden dann auch am erſten mit dem
ſchädlichen Fichten⸗ reſp. Haidehonig angefüllt. Im Bienenkaſten
Sylviac aber iſt es anders. Hier geht der Fichtenhonig, der den
Bienen fo leicht die Ruhr verurſacht, ganz ebenſo wie der Haidehonig
zum allergrößten Teile mit in die Aufſätze und kann daher abgenommen
werden, ohne daß wir in das Brutneſt zu greifen brauchen. Eine
Beobachtung, die ich kürzlich gemacht habe, beſtätigt dies. Bekannt⸗
lich werden die großen Rähmchen des Brutraums durch eine Verſtär⸗
kungsleiſte in ein oberes Compartiment von 11433 em und in ein
unteres von 22 c 33 cm getrennt:
38 em
[== — 3
5
(>)
= A
.
i>)
8
a
a
33 cm
Die Wabe im oberen Compartiment nun macht in 8 mm Gnt-
fernung von der Verſtärkungsleiſte A Halt. Hierdurch würde, wie
ein trefflicher Beobachter mir erklärte, das Aufſteigen der Königin,
wenigſtens in einem ſchwachem Volke erſchwert, während ein
ſtarkes Volk in ſeinem Gewimmel durch ſeine Leiber eine lebendige
Brücke für die Königin bildet. Auf jeden Fall trägt die Verſtärkungs⸗
leiſte A dazu bei, daß faſt ſtets der Honig mehr in den oberen
Compartimenten anfgeſpeichert wird. Nimmt gegen den Herbſt hin
der Umfang des Brutkörpers ab, ſo werden zuerſt dieſe kleinen Com⸗
— 34 —
partimente mit dem Honig angefüllt, der zur Winternahrung dienen
ſoll, und dieſer Honig — dieſe Beobachtung habe ich gemacht — wird
aus den hinteren Waben entnommen. Mein Volk in Nr. 1, das
mir im Jahre 1908 ganze 42 Sections gegeben mit einem Gewicht
von 50 Pfund, was eine erſtaunliche Ernte in meiner armen Gegend
darſtellt, hatte auch alle hintern Waben, die gänzlich von Honig
entblößt waren, ſchon im Vorſommer gefüllt und verdeckelt. Im
September 1908 wurden auf der letzten, total verdeckelten Wabe am
Fenſter, welche im Sommer bis Ende Auguſt, trotz der enormen
Volksmaſſe, unberührt geblieben war, täglich einige Zellen entbdecelt .
und geleert, und Ende deffelben Monats war die vordem 6 Pfund
ſchwere Honigwabe total entleert. Dieſer Honig iſt alſo umge⸗
tragen worden und zwar in die Nähe des Winterſitzes. Dieſer
köſtliche, heilſame und geſunde Akazien-und Wieſenhonig wird dem
Volke alſo als Winternahrung dienen. Angeſichts der Tatſache, daß
dieſes Volk einen halben Centner Honig in die Sections getragen
hatte, trift alſo die Behauptung auch nicht zu, daß die Bienen auf
Sommerhonig allein oder zum größten Teil überwintern würden.
Deßhalb bin ich auch der vollen Zuverſicht, daß jede Art Sommer—
honig, alſo auch der Fichten- und der Haidehonig, nur zu einem
geringen Bruchteil im Winterneſte aufgeſtapelt wird, und daß daher
in Gegenden, wo ſolche Honigarten eine Gefahr für die Bienenzucht.
bedeuten, gerade mit dem Bienenkaſten Sylviac umfangreichere Verſuche
angeſtellt werden ſollten, ebenſo wie in den Rapsgegenden.
Deshalb eben, weil eine ſolche Gefahr für die in Sylviacs
gehaltenen Bienenvölker, wie ich zuverſichtlich behaupte, nicht beſteht,
iſt die Freudenſteinſche Zuckerfütterung für uns überflüſſig, während
ſie bei kleineren Bruträumen faſt eine Notwendigkeit ſein kann. Es
iſt dies auch ein Grund mehr, der für die großen Bruträume ſpricht.
Bekanntlich wird in armen Gegenden, die Bienenzucht noch nach dem
Grundſatze betrieben: „Nimm allen Honig, den du kriegen kannſt,
und ſetze deine Völker dafür auf Zucker. Denn wenn du ihnen allen
Honig im Brutraum läſſeſt, ſo ernteſt du im beſten Falle nur wenig
Honig, meiſt aber gar nichts. So aber ernteſt du 10, vielleicht auch
20 Pfund und fütterſt dafür regelmäßig ebenſo viel Zucker ein.“
Dieſes Verfahren iſt aber ein zweiſchneidiges Schwert, inſofern, als
man dabei ſtark auf gute Jahre rechnen muß, und dennoch freſſen
im allgemeinen die ſchlechten Jahre die Reinerträge der gu-
ten Jahre wieder auf und die Notfütterung mit Zucker wird
ein ſtehendes Übel. Die Bienenzucht nach dem Simplismus be⸗
ſeitigt vorerſt dieſes ſtehende Übel alljährlich ſich wiederholender
Zuckerfütterungen; ferner aber erſtarken bei ihr die Bienenvölker ganz
anders eben weil ſie auf reichlichem Honigvorrat ſitzen. Es iſt ja
gar kein Zweifel darüber, daß der Honig in ſeinem Nährwert weit
uber dem Zucker ſteht, und daß eine ſpekulative Fütterung mit dem
letzterem nicht ſo wirkſam iſt wie das einfache Vorhandenſein eines
reichen Honigvorrats. „Wir leben, ſchreibt Gerſtung (Bienenzucht in
Theorie nud Praxis, April 1908) noch immer der Überzeugung, daß
die Zuckerbienenzucht Bienen und Bienenzüchter verdirbt.“ Und der
— 35 —
Amerikaner Doolittle ſchreibt (Gleanings 1908 Seite 1120): „Ich
habe die ſpekulative Zuckerfütterung im Frühjahr oft verſucht, indem
ich eine Anzahl Völker damit fütterte und daneben eine ebenſolche
Anzahl ebenſo ſtarker Völker, aber mit reichem Honigvorrat, aufſtellte,
und ich finde, daß letztere die beſten Reſulate ergeben. Wenn der
natürliche Pollen (der beſte Stimulant in Verbindung mit rei⸗
chen Honigvorrat) einkommt, 37 Tage bevor die Honigtracht beginnt,
und keine Unterbrechung erfährt, welchen Nutzen hat es da, noch
verdünnten Honigſyrup aufzufüttern?“ Louis Scholl in Texas ſchreibt
über den Nutzen großer Honigvorräte (Gleanings 1908 Seite 872): „Wenn
man die verſchiedenen Bienenſtände durchmuſtert, findet man, daß die
ſtärkſten und fleißigſten Völker ſolche ſind, welche reiche Vorräte
beſitzen. Dieſe haben viel zu tun mit der Volksſtärke, denn ſie üben
einen belebenden Einfluß aus und befördern den Brutanſatz;
ein Volk ohne dieſe reichen Vorräte beginnt die Brut zwar ebenſo
früh, gibt aber bald das Mitrennen auf und bleibt zurück.“ Herr
de Villeneuve führt ein anderes gewichtiges Argument zugunſten
des Honigs an. Er ſchreibt: „In welcher Proportion iſt das nähren⸗
de Princip im Zucker geringer als im reifen Honig? Ich weiß es
nicht, und niemand hat es näher beſtimmt, aber ich weiß, nach erperi-
mentalen, wiſſenſchaftlichen Studien, daß ein Liter Zuckerſyrup während
ſeiner Abſorption 5 Grad Celſius Wärme weniger entwickelt
als der Honig. Für jeden, der die Wichtigkeit der Wärme für den
Brutanſatz würdigen gelernt hat, iſt damit ſchon die Minderwertigkeit
des Syſtems Frendenſtein gegenüber demjenigen Syſtem gegeben, das
dem Bienenvolk ſeine natürliche Nahrung beläßt.“
Kein Wunder daher, daß bei der Methode des Simplismus die
Völker auch in ärmeren Gegenden Erträge bringen, die man vorher,
in anbetracht der großen Bruträume und der großen Bruträhmchen,
gar nicht erwartet hatte. f
Daß der Sommerhonig minderwertig ſei gegenüber dem Früh⸗
jahrshonig, dieſe Behauptung gilt ſchlechterdings in unſerm Falle
auch nicht mehr, eher möchte ich das Gegenteil behaupten, ſo ſehr
dies auch den bisherigen Erfahrungen ſchnurſtracks gegenüberſteht.
Aber meine Erfahrungen ſind eben andere. Zuächſt erntet der
Sylviac⸗Imker ſeinen Honig in den herrlichen und handlichen Sections
und verkauft dieſe ſo, wie ſie ſind, zu einem hohen Preiſe, während
der Mobilimker ſeine Waben ausſchleudern muß, weil er ſie zu ſeinem
Betriebe nicht entbehren kann, und nun die Erfahrung machen muß,
daß ſein Honig verſchieden in Farbe und Aroma ausfällt und daher
verſchieden bewertet wird. Zu einem guten Preiſe, der denjenigen
der Sections erreicht, wird er uur ſeine allerbeſte Sorte los, die
andern Sorten bringen nur geringe Preiſe. Meine Sections aber
werden mir alle aus den Händen geriſſen und gerade von den Händ—
lern. Für dieſe macht es gar keinen Unterſchied, ob ich ihnen Früh⸗
jahrs⸗ oder Sommerhonig bringe. Ja, ich behaupte und will es
beweiſen, daß letzterer ſich noch beſſer für die Sections eignet, weil
er dicker iſt, während der Frühjahrshonig, wenn er gleich nach der
Verdeckelung aus den Aufſätzen genommen wird, erſt zu flüſſig unter
ai BG =
dem Meffer iſt und danach ſchnell verzuckert. Der beſte, reifſte, aro⸗
matiſchſte Honig iſt ohne Zweifel derjenige, der im September erſt
geerntet wird. Man wird es mir nicht glauben, man muß ihn eben
probiert haben, um zu wiffen, welch' fades Zeug der Schleuderhonig
daneben iſt. Durch das längere Verbleiben auf den Bruträumen
verbeſſert ſich der Sectionshonig von Woche zu Woche. Die Ver⸗
deckelungen, anfangs ſo dünn, daß ein Fliegenſtich ſie öffnet, werden
von den Bienen verdickt und daher noch mehr gegen ungünſtige
Einflüſſe von Luft und Feuchtigkeit abgeſchloſſen. Selbſt der Früh⸗
jahrshoͤnig, wenn über dem Brutraum belaſſen, verzuckert nicht ſo
ſchnell wie im Magazin des Honighändlers und der Sommerhonig ift
von prachtvollerer, geſättigterer Farbe, von erleſenem Aroma und
hochfeinem Geſchmack. Wenn man ſolche Waben mit dem Meſſer
ſchneidet, kommen wenige Tropfen langſam und dickflüſſig heraus. Es
wird deshalb nichts verloren und nur gewonnen, wenn die Aufſätze
recht lange auf den Bruträumen belaſſen werden. Die Ernte iſt
alſo nicht an einen kurzen Zeitraum gebunden und braucht nicht
im Galopp abgetan zu werden. Man braucht daher auch nicht ſeinen
Honig, aus Furcht, daß er kandiere, zu verſchleudern. Nach Maßgabe
der einlaufenden Beſtellungen nimmt man die Aufſätze ab, tut die
unvollendeten Sections in einen beſonderen Aufſatz und gibt dieſen
einem Volke, das noch nicht ſeine Honigräume bezogen hat. Später
geerntete Sections enthalten zwar gelblichere, aber feſtere Verdeckelung
und dickeren Honig, an Konſiſtenz dem teuer bezahlten Haid—
ſcheibenhonig nahezu gleich, aber ohne ſeinen kratzenden Geſchmack,
der nicht jedermanns Sache iſt. Er iſt ein ebenbürtiger Konkurrent
deſſelben, aber mehr noch: der neue, konſiſtente Sectionshonig,
Septemberernte, iſt noch eine Seltenheit auf dem deutſchen
Honigmarkte. W. Z. Hutchinſon in Michigan, U. S. A.
ſchreibt: „Ein anderer Grund, warum ich einen guten Preis für
meinen Honig verlange, iſt die Art und Weiſe, wie er gewonnen
wird. Er wird noch für Wochen auf den Bruträumen gelaſſen,
nachdem er verdeckelt worden iſt und hierdurch erhält er jene Reife,
jenen ſüßen vollen Geſchmack, dieſe Dicke, dieſe reiche Köſtlichkeit (that
finish, that smooth, oily richness, that thick, rich oblicionsnes),
welche auf keinem andern Wege erreicht werden kann.“ N
Da wird man es gewiß begreifen, daß mein Herz vor Freude
und Dankbarkeit Herrn de Villeneuve gegenüber erfüllt iſt, dem
genialen franzöſiſchen Imker, dem wiſſenſchaftlich geſchulten Forſcher,
dem Manne voller unbeſtechlicher Wahrhaftigkeit, der unbeirrt
durch Zurufe von rechts und links mit eiſerner Geduld der Bienenzucht
ſeit 18 Jahren ſeine beſten Kräfte gewidmet hat. Man wird es mir
daher vielleicht auch nicht verübeln, daß ich meine Bruſt ſchwellen
fühle in dem freudigen Bewußtſein, durch Eingehen in die Gedanken⸗
welt meines franzöſiſchen Freundes mittels eines unterbrochenen Brief⸗
wechſels, wie er in ſolcher Vollſtändigkeit wohl ſelten iſt, der deutſchen
Imkerwelt einen Dienſt geleiſtet und ihr die Bahn gewieſen zu haben,
auf der ſie Erfolge erringen kann, welche ihr keine Zuckerhonig—
fabrikanten und keine Honigfälſcher— ſtreitig machen können.
Kritiken von Helft l.
Carl Krüger gilt längst in Imkerkreisen als hervorragender Fachmann.
Mit einer glänzenden Darstellungsweise verbindet er eine scharfe Beobachtungs-
gabe und einen aufs Praktische gerichteten Sinn. Wir empfehlen vorliegende
Schrift bestens. (Bohnenstengel, Pommerscher Ratgeber.)
Ihre Broschüre habe ich mit vielem Interesse gelesen. Ob Ihre Ansichten,
die ja manches für sich haben, zum Durchbruch kommen, wird die Zukunft
lehren. Beachtenswert sind sie jedenfalls. Ihr Unternehmen betr. „Moderne
Bienenzucht“ verdient Anerkennung und Unterstützung.
Seeholz (Schleswig-Holstein). H. Theen.
„Zurück zur natürlichen Betriebsweise!“ Das ist die Parole, die ich
jedem Bienenzüchter zurufen möchte. Mit Recht. sagen Sie, dass die heutige
-Bienenzucht in falsche Bahnen gekommen ist. Hier in den Alpen trifft man
oft Bienenvölker in hohlen Bäumen und Felsenhöhlen, da sieht man feine Wunder.
J. v. in Oesterreich.
*
Seit wie lange ich lhnen meinen Dank für die übersandte Broschüre
schulde, weiss ich nicht; bündig, überzeugend und sehr schön und fliessend ge-
schrieben, wird das Heft nicht verfehlen, anregend zu wirken. Was über den
Mobilbetrieb (Kap. I) gesagt ist, wird für Deutschland schon zutreffen. Not-
fütterung im Herbst und eventl. im Frühjahr, die als besonderer Nachteil des-
selben hervorgehoben wird, ist bei uns in Italien selbst in mageren Jahren
unnötig. Ich wünsche Ihnen aus vollem Herzen einen recht glücklichen Erfolg
Ihres Unternehmens. ö
(Andrea Ritter von Rauschenfels, Redakteur des Apicoltore, Milano.)
><
Wer einen unmittelbaren Einblick in das Streben und. Forschen Sylviacs
gewinnen will, dem sei, falls er der französischen Sprache mächtig ist, dessen
bedeutendes Werk empfohlen, der *
Guide prafique
de l’Apicultgur amateur.
Dasselbe umfasst 600 Seiten und kostet nur 4 Mark bei franko Zusendung.
Dieses gross angelegte Werk zerfällt in zwei Teile.
Der erste Teil enthält vier Abschnitte, nämlich:
L’Abeille. — La Ruche. — Les Operations. — Le Miei.
Darin wird auf 826 Seiten der Charakter und das Temperament, die Er-
nährung, die Wohnung und das Arbeiten der Bienen geschildert, die Anfertigung
des Bienenkastens Sylviac (mit vielen Illustrationen aller einzelnen Teile) dann
die Manipulationen vom Einsetzen des Schwarms an und die Entwickelung
desselben darin. Endlich wird über den Honig und die daraus zu gewinnenden
Produkte ausführlich gesprochen.
Der zweite Teil enthält die Darlegung der Studien und Experimente
Sylviacs, — eine Darlegung, die ihresgleichen in der Bienenliteratur nicht mehr
hat, darunter die hochwichtige grosse Arbeit: La chaleur dans les ruches et les
consequences de ses variations. Darin wird über, den Einfluss doppelwandiger
und dünnwandiger Beuten, über den Einfluss der Temperatur auf Ueberwinterung
und Brutansatz gesprochen; eine andere wichtige Studie ist der Wachsab-
sonderung und der angeblichen Ruhe der Bienen zum Zweek derselben gewidmet.
In diesem Buche werden manche Irrtümer der bisherigen Lehren auf-
gedeckt; es hat bei jedem, der es gelesen, Bewunderung hervorgerufen. So
schrieb zB, einer derselben: „Keiner unserer Imkerschriftsteller ist bisher so.
wie Sylviac in den Kern jeder Frage mit solcher Pracision und Genauigkeit ein-
gedrungen. Man kann mit vollem Recht sagen, dass seine naturgeschichtlichen
Aufsätze das Werk eines Belesenen, eines Gelehrten seien, besonders aber
eines Forschers, dem eine seltene Ausdauer eignet und der jedem
Ding auf den Grund gehen will. Er hält nicht inne vor den Worten der
Autoritäten, die als ein Evangelium zu betrachten wären, er will sie selber nach-
prüfen und wenn sie seinen Experimenten widersprechen, dem was er persönlich
entdeckte, so scheut er sich doch trotz seiner Bescheidenheit nicht, zu sagen:
Das ist ein Irrtum! Er ist also auch ein unabhängiger Charakter.
Druck Alb. Messerschmidt, Spandau.
Photomount Cornell University Library
Pamphlet —
inder
Gaylord Bros., Inc, Sylviac und sein
Makers
Syracuse, N. v. iil ll
PAT. JAN 21. 1908
—
mann
DATE DUE
DEMCO 38-297